Protokoll:
6167

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 6

  • date_rangeSitzungsnummer: 167

  • date_rangeDatum: 28. Januar 1972

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 12:30 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 167. Sitzung Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 9557 A Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Sofortprogramm zur Verbesserung der beruflichen Bildung (Drucksache VI/ 2979) Dr. Martin (CDU/CSU 9557 D Arendt, Bundesminister 9561 C Wurbs (FDP) 9566 A Lampersbach (CDU/CSU) 9568 C Engholm (SPD) 9571 D Müller (Remscheid) (CDU/CSU) 9574 C Dr. Rohwedder, Staatssekretär . 9577 A Folger (SPD) . . . . . . . . 9578 B Burger (CDU/CSU) . . . . . . 9579 C Fragestunde (Drucksachen N/3033, VI/3073) Frage des Abg. Dr. Martin (CDU/CSU) : Entlassung des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft Frau Dr. Focke, Parlamentarischer Staatssekretär 9581 B, C, D, 9582 A, B, C, D, 9583 A, B, C, D, 9584 A, B, C, D, 9585 A, B, C, D, 9586 A, B, C, D Dr. Martin (CDU/CSU) . . . . . 9581 C Höcherl (CDU/CSU) 9582 A von Thadden (CDU/CSU) . . . 9582 B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 9582 B Dr. Hammans (CDU/CSU) . . . 9582 C Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) . 9582 D Rösing (CDU/CSU) 9583 A Breidbach (CDU/CSU) 9583 B Rommerskirchen (CDU/CSU) . 9583 D Dr. Sperling (SPD) 9584 A Engholm (SPD) . . . . . . . 9584 B Dr. Frerichs (CDU/CSU) 9584 B Prinz zu Sayn-Wittgenstein- Hohenstein (CDU/CSU) . . . . 9584 D Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) . . . 9585 A Hansen (SPD) . . . . . . . . 9585 B Zoglmann (CDU/CSU-Gast) . . 9585 C Rawe (CDU/CSU) 9585 C Grüner (FDP) 9586 A Dr.-Ing. Bach (CDU/CSU) . . . 9586 A Dr.-Ing. Oetting (SPD) 9586 B Dr. Kotowski (CDU/CSU) . . . 9586 C Dr. Hermesdorf (Schleiden) (CDU/CSU) 9586 D II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 Frage des Abg. Dr. Schmude (SPD) : Erwerb der Vertriebeneneigenschaft durch Kinder von Vertriebenen Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 9587 A, B, C Dr. Schmude (SPD) 9587 B Dr. Mende (CDU/CSU) . . . . 9587 B Fragen des Abg. Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) : Verbesserung der Versorgung der nachgeheirateten Witwen von Beamten Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 9587 C, D, 9588 A Brück (Köln) (CDU/CSU) 9587 D, 9588 A Fragen des Abg. Varelmann (CDU/CSU) : Anteil der Rentner, deren Rente in den Jahren 1957 und 1970 nach der Höchstbemessungsgrundlage von 200 % berechnet wurde — Beitragsbemessungsgrenze Dr. Ehrenberg, Staatssekretär 9588 B, C, D, 9589 A Varelmann (CDU/CSU) 9588 C, D, 9589 A Fragen der Abg. Frau Stommel (CDU/ CSU) : Anspruch berufstätiger Mütter auf Freistellung von der Arbeitstätigkeit im Falle notwendiger häuslicher Pflege eines kranken Kindes Dr. Ehrenberg, Staatssekretär . 9589 B, C, D, 9590 A, B Frau Stommel (CDU: CSU) . . . 9589 C, D, 9590 A Killat-von Coreth (SPD) 9590 A Frage des Abg. Hansen (SPD) : Anzeige der Bundesanstalt für Arbeit im „Deutschen Studentenanzeiger" Dr. Ehrenberg, Staatssekretär 9590 B, C, D Hansen (SPD) 9590 C Rawe (CDU/CSU) 9590 D Frage des Abg. Anbuhl (SPD) : Charakterisierung der Wehrdienstverweigerer durch Konteradmiral Jung Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär . . 9590 D, 9591 A, B, C Anbuhl (SPD) . . . . . . . . 9591 A Dr. Jaeger, Vizepräsident . . . . 9591 B Dr. Sperling (SPD) . . . . . . . 9591 B Dr. Mende (CDU/CSU) . . . . . 9591 C Fragen des Abg. Killat-von Coreth (SPD) : Einsatz von Obus-Linien im Nahverkehr der Gemeinden — Förderung durch die Bundesregierung Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . 9591 D, 9592 A, B, C Killat-von Coreth (SPD) . . . . 9592 A, B Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . . 9592 C Frage des Abg. Dr. Mende (CDU CSU): Erfahrungen bezüglich der Weihnachtsund Neujahrspost 1971/72 im innerdeutschen Postverkehr Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 9593 A Frage des Abg. Dr. Mende (CDU/CSU) : Verlustquote bei Päckchen- und Paketsendungen in die DDR Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . 9593 A, C, D, 9594 A Dr. Mende (CDU CSU) . . . . 9593 B, C Müller (Berlin) (CDU/CSU) . . . 9593 D Frage des Abg. Lenzer (CDU, /CSU) : Zusammenarbeit des südafrikanischen Atomic Energy Board mit europäischen Staaten auf dem Gebiet der Uran-Anreicherung Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär 9594 B, C Lenzer (CDU/CSU) 9594 B, C Frage des Abg. Seefeld (SPD) : Einschränkung des Umfangs und der Aufgabenstellung der Schule für Kerntechnik des Kernforschungszentrums Karlsruhe Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 9594 D, 9595 B, C Seefeld (SPD) 9595 A, C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 9595 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 9597 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU CSU) betr. besoldungsmäßige Einstufung der Lehrämter . . . . . . . 9597 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 III Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU) betr. Förderung von Sportvereinen besonderer Struktur 9597 D Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU) betr. den organisatorischen Unterbau der Bundesleistungszentren . . . . . . . 9598 A Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Höcherl (CDU/CSU) betr Höhe der Tarifabschlüsse seit September 1971 9598 C Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Höcherl (CDU/CSU) betr. Sperrung der Haushaltszuweisungen für das Budget der Freien Universität Berlin 9598 D Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Hauff (SPD) betr. Möglichkeiten zur Förderung der „Beschützenden Werkstätten" für Behinderte 9599 A Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Engelsberger (CDU/CSU) betr. Aktionen der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend gegen die Bundeswehr . . . . . . . . . . . 9599 C Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. höhere Beiträge eines Studienassessors für die private Krankenversicherung infolge Absolvierung des Wehrdienstes 9599 D Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Büchner (Speyer) (SPD) betr. Einführung der bei der Kraftfahrzeugüberwachung durch die Polizei üblichen Mängelberichte auch im TÜV-Verfahren 9600 C Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Büchner (Speyer) (SPD) betr. Verkauf von Bahnsteigkarten . . . 9601 A Anlage 12 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Apel (SPD) betr. Benutzung öffentlicher Straßen durch langsam fahrende Bau- und Schwergutfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . 9601 B Anlage 13 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) betr. Verlegung des Transitverkehrs von der Strecke Magdeburg-Helmstedt auf die Strecke Stendal-Oebisfelde 9601 B Anlage 14 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Storm (CDU/CSU) betr. Beteiligung des Bundes am Bau der Autobahn Hamburg-Berlin . . . . . . . . 9601 C Anlage 15 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Storm (CDU/CSU) betr. Annahme der Euroschecks an den Fahrkartenschaltern der Bundesbahn . . . . 9601 D Anlage 16 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Schulte (Schwäbisch Gmünd) (CDU/CSU) betr. Übertragung der Straßenbaulast auf Gemeinden als Behinderung der Gemeindereform . . . . 9601 D Anlage 17 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Schmidt (München) (SPD) betr. Einteilung in eine 1. und 2. Klasse in den S-Bahn-Zügen der Region München 9602 A Anlage 18 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Schulte (Schwäbisch Gmünd) (CDU/CSU) betr. Koordination der Rationalisierungsmaßnahmen der Bundespost mit der Gemeindereform . . 9602 C Anlage 19 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Gierenstein (CDU/CSU) betr. Erwerb eines Grundstücks zur Errichtung einer Postakademie . . . . . 9602 C Anlage 20 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Ott (CDU/CSU) betr. Beurteilung des Zwischenfalls vom 14. Dezember 1971 bei Brochthausen durch die Bundesregierung . . . . . . . . . 9602 D IV Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 Anlage 21 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Hansen (SPD) betr. Schaffung der Voraussetzungen für einen optimalen Unterricht der Kinder ausländischer Arbeitnehmer und Aussiedler in berufs- und allgemeinbildenden Schulen . 9603 B Anlage 22 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Engelsberger (CDU/CSU) betr. Äußerung des Bundesministers Eppler über die Gesellschafts- und Wirtschaftsstruktur der Bundesrepublik . . . 9603 D Anlage 23 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Meister (CDU/CSU) betr. Beteiligung der Bundesländer an der Entwicklungshilfe 9604 A Anlage 24 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Lenzer (CDU/CSU) betr. Maßnahmen zur Eingliederung zurückkehrender Entwicklungshelfer in das Berufsleben 9604 C Anlage 25 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert (SPD) betr. Verbesserung der politischen Beziehungen zu den arabischen Staaten durch Intensivierung der Sport- und Jugendkontakte 9604 D Anlage 26 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Müller-Emmert (SPD) betr. verstärkte Einbeziehung der arabischen Staaten in die Sportentwicklungshilfe 9605 A Anlage 27 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Pieroth (CDU/CSU) betr. Änderung und Ergänzung der Laufbahn-und Besoldungsordnungen — Aufstieg der Fachhochschulingenieure in die Laufbahnen des höheren Dienstes 9605 C Anlage 28 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) betr. Feststellung von durch Drogengenuß den Straßenverkehr gefährdenden Personen 9606 A Anlage 29 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Engelsberger (CDU/CSU) betr. Ableitung des Wasser der Tiroler Ache in den Inn . . . . . . . . . 9606 D Anlage 30 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Schiller (Bayreuth) (SPD) betr. Ansprüche der ehemaligen Offiziere des Truppensonderdienstes, die ohne ihr Zutun als Beamte übernommen wurden . 9607 A Anlage 31 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Fellermaier (SPD) betr. Bestimmungen über die Ausrüstung von Feuerwehrgeräten und -fahrzeugen in den Bundesländern 9607 B Anlage 32 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr. Auslegungsschwierigkeiten nach dem Inkrafttreten des Viermächteabkommens vom 3. September 1971 bezüglich der Tätigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und des BGH-Strafsenats in Berlin . . . 9608 B Anlage 33 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) betr. Zahlung von Auslandskrediten nach der Neufestsetzung der Währungsparitäten . . . . . . . . 9609 A Anlage 34 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Ott (CDU/CSU) betr. Vermietung eines bundeseigenen Hauses an den Bundeswirtschafts- und -finanzminister 9609 C Anlage 35 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Weber (Heidelberg) (CDU/CSU) betr. Zuwachsrate des Preisindexes für das Bruttosozialprodukt . . 9609 C Anlage 36 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Meister (CDU/CSU) betr. Anteil der Entwicklungshilfe am Bruttosozialprodukt 9610 A Anlage 37 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Müller (Mülheim) (SPD) betr. Spenden an Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes 9610 B Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 V Anlage 38 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Burger (CDU/CSU) betr. den aus dem Ausland in die Bundesrepublik eingeschmuggelten Sprit 9611 A Anlage 39 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr. Abgeltung von Sprengschäden in Randgemeinden des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr 9611 B Anlage 40 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Wuwer (SPD) betr. Beseitigung der nachteiligen Folgen der Molkereisubventionen 9611 D Anlage 41 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Wuwer (SPD) betr. eine Untersuchung der Forschungsgesellschaft für Agrarpolitik 9612 C Anlage 42 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Schröder (Sellstedt) (CDU/CSU) betr. Gewährung von Landabgaberente 9613 A Anlage 43 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Link (CDU/CSU) betr. Krankenversicherungsschutz von Altersrentnern . 9613 C Anlage 44 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU) betr. Durchführung militärischer Übungen in Zusammenarbeit mit den für den Bevölkerungsschutz zuständigen Dienststellen 9613 D Anlage 45 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Zebisch (SPD) betr. Ausbau des Unfallrettungsdienstes der Bundeswehr und Verzahnung mit den zivilen Unfallrettungsdiensten 9614 A Anlage 46 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) betr. Verbot der Zigarettenreklame in Rundfunk und Fernsehen 9614 C Anlage 47 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Weber (Heidelberg) (CDU/CSU) betr. finanzielle und organisatorische Gestaltung des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg 9614 D Anlage 48 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Dr. Häfele (CDU/CSU) betr. Elektrifizierung der Schwarzwaldbahn zwischen Offenburg und Villingen 9615 A Anlage 49 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. Busverbindung zwischen Wildsachsen und Wiesbaden an Wochenenden 9615 B Anlage 50 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) betr. Verbesserung der Bahnsteiganlagen im Hauptbahnhof Schweinfurt 9615 C Anlage 51 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) betr. Neugestaltung des Bahnhofs Schweinfurt-Sennfeld 9615 D Anlage 52 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU) betr. Zustand der Bundesstraße 3 innerhalb der Ortsdurchfahrt Schallstadt-Wolfenweiler 9616 A Anlage 53 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) betr. Personalanforderungen des Luftfahrt-Bundesamts und Bearbeitung der dem Luftfahrt-Bundesamt vorliegenden Anträge 9616 B Anlage 54 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Fellermaier (SPD) betr Ausrüstung von Feuerwehrfahrzeugen mit Lenkhilfen 9616 D Anlage 55 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Wichert (SPD) betr. Eilzustellungen im ländlichen Bereich 9617 B VI Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 Anlage 56 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Link (CDU/CSU) betr. Ermäßigung der Grundgebühr für Fernsprechanschlüsse von Schwerbeschädigten, Sozialhilfeempfängern, alten und pflegebedürftigen Menschen 9617 C Anlage 57 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. Verbesserung der Bestimmungen zur Gewährleistung der Sicherheit in Hochhäusern, Warenhäusern und Hotels 9617 C Anlage 58 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage der Abg. Frau Dr. Walz (CDU/CSU) betr. Einrichtung der Fachzentren für Hochschuldidaktik 9617 D Anlage 59 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage der Abg. Frau Dr. Walz (CDU/CSU) betr. Vorbereitungen zur Entwicklung von Testverfahren als Hilfsmittel bei der Studienwahl 9618 B Anlage 60 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen der Abg. Frau Dr. Orth (SPD) betr. Forschungs- und Ausbildungsprogramm des Rates der Europäischen Gemeinschaften . 9618 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 9557 167. Sitzung Bonn, den 28. Januar 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Adams * 28. 1. Dr. Ahrens ** 29. 1. Dr. Aigner * 28. 1. Dr. Arndt (Berlin) 29. 1. Dr. Arnold 28. 1, Dr. Artzinger 28. 1. Bals ** 28. 1. Bartsch 28. 1. Dr. Barzel 1. 2. Behrendt * 29. 1. Biechele 28. 1. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 28. 1. Dr. von Bismarck 28. 1. Blank 5. 2. Dr. Burgbacher * 28. 1. Dasch 5. 2. Dr. Dittrich * 28. 1. Dr. Dollinger 5. 2. von Eckardt 14. 2. Dr. Erhard 28. 1. Fellermaier * 28. 1. Flämig * 28. 1. Frehsee 28. 1. Dr. Furler 28. 1. Gerlach (Emsland) * 28. 1. Dr. Giulini 28. 1. Freiherr von und zu Guttenberg 5. 2. Junghans 28. 1. Kienbaum 28. 1. Dr. h. c. Kiesinger 28. 1. Dr. Kley 28. 1. Dr. Kliesing (Honnef) 31. 1. Klinker * 28. 1. Dr. Koch 28. 1. Frau Krappe 28. 1. Dr. Kreile 28. 1. Kriedemann * 28. 1. Lautenschlager * 28. 1. Dr. Dr. h. c. Löhr * 28. 1. Logemann 29. 1. Lücker (München) * 28. 1. Frau Meermann 28. 1. Meister * 28. 1. Memmel * 28. 1. Mick 15. 2. Dr. Mikat 28. 1. Müller (Aachen-Land) * 28. 1. Ott 28. 1. Peters (Norden) 28. 1. Dr. Reischl * 28. 1. Richarts * 29. 1. Riedel (Frankfurt) * 28. 1. Rinderspacher ** 28. 1. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Roser 28. 1. Schmitt (Lockweiler) 28. 1. Dr. h: c. Schmücker 28. 1. Dr. Schober 28. 1. Schulhoff 28. 1. Schulte (Unna) 28. 1. Dr. Schulz (Berlin) 28. 1. Dr. Schwörer * 28. 1. Dr. Seume 28. 1. Sieglerschmidt 28. 1. Dr. Siemer 28. 1. Springorum * 28. 1. Dr. Warnke 28. 1. Weber (Heidelberg) 28. 1. Werner 28. 1. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage A 3) : Wie gedenkt die Bundesregierung das mit dem 1. BesVNG übergangsweise geregelte Problem der besoldungsmäßigen Einstufung der Lehrämter künftighin zu lösen, nachdem die Länder ihre Bemühungen um die Vereinheitlichung der Lehrerausbildung bis zum 31. Dezember 1971 nicht abschließen konnten und eine diesbezügliche Einigung in absehbarer Zeit wohl auch nicht zu erreichen ist? Wie mir der Vorsitzende der Ständigen Konferenz der Kultusminister mitgeteilt hat, konnten die Länder bisher noch keine abschließende Einigung über die Vereinheitlichung der Lehrerausbildung erzielen. Eine abschließende Konzeption der Ausbildung aber ist Voraussetzung für eine weitere bundesgesetzliche Vereinheitlichung der Lehrerbesoldung im Anschluß an die Übergangsregelung des § 53 Abs. 4 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom 18. März 1971. Die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern läßt keinen anderen Weg zu. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache VI/3031 Frage A 4) : Ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen der Sportförderung durch den Bund Modellfälle von Vereinen besonderer Struktur - im Rahmen der Zuständigkeiten des Bundes - finanziell zu fördern? 9598 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 Die Bundesregierung ist bereit, Modellfälle von Vereinen besonderer Struktur zu fördern. Sie hat hierzu gemeinsam mit den Vertretern des Sports, der Länder, der kommunalen Spitzenverbände und der Parteien insbesondere im Fachausschuß Verbands- und Vereinshilfe der Deutschen Sportkonferenz eine Reihe von Einzelfragen aufgegriffen. Die erörterten Modelle sind zum Teil den Strukturen der Sportführung und -verwaltung nachgebildet, die mit Hilfe der finanziellen Unterstützung des Bundes in vielen Bereichen der Bundessportfachverbände bereits verwirklicht wurden und die sich dort gut bewährt haben. Ich meine hier vor allem die Beschäftigung hauptamtlicher Führungskräfte, deren Aus- und Weiterbildung durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden muß. Im Gegensatz zu der erwähnten Förderung zentraler Verwaltungsmaßnahmen der Bundessportfachverbände ist jedoch eine finanzielle Hilfe des Bundes für regionale und örtliche Vorhaben, zu denen die Förderung von Vereinen gehört, nach der verfassungsmäßigen Finanzierungskompetenz des Bundes nicht möglich. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage A 5) : Stimmt die Bundesregierung der Ansicht zu, daß die Bundesleistungszentren der verschiedenen Sportarten in der Bundesrepublik Deutschland dringend eines organisatorischen Unterbaues bedürfen und dara zum Unterschied zu dem z. B. in den Vereinigten Staaten von Nordamerika praktizierten sogenannten Collegesystem in der Bundesrepublik Deutschland die gleiche Aufgabenwahrnehmung hinsichtlich einer wirkungsvollen Erstförderung der Leistungssportler nur von modern strukturierten Sportvereinen gewährleistet werden kann? Die Bundesregierung stimmt der Ansicht zu, daß Bundesleistungszentren verschiedener Sportarten in der Bundesrepublik eines organisatorischen Unterbaues bedürfen. Diesen bieten zum Teil die Sportfachverbände, die die qualifizierten Sportler in die Bundesleistungszentren entsenden. Da aber auch die Sportfachverbände auf den geeigneten Nachwuchs aus den Vereinen angewiesen sind, haben die Vereine für eine effektive Nutzung der Bundesleistungszentren ebenfalls eine erhebliche Bedeutung. Die Bundesregierung teilt die Auffassung, daß im Unterschied zu dem z. B. in den Vereinigten Staaten von Nordamerika praktizierten Collegesystem in der Bundesrepublik der Verein der Träger einer wirkungsvollen Erstförderung der Leistungssportler ist. Daß der Verein hierbei der ihm gestellten Aufgabe am ehesten gerecht werden kann, wenn moderne Strukturen die Ausschöpfung aller seiner Möglichkeiten gewährleisten, dürfte uneingeschränkt zu bejahen sein. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Emde vom 27. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Höcherl (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage A 28) : Wie hoch sind die Tarifabschlüsse seit September 1971, wenn alle Nebenabreden - auf Jahresbasis bezogen — quantifiziert sind, und ist die Bundesregierung der Meinung, daß die Tarifabschlüsse im Rahmen ihrer Lohnleitlinien verblieben sind? Die Bundesregierung wertet nicht alle Tarifabschlüsse, sondern nur die für die gesamte Entwicklung repräsentativen Vereinbarungen aus. Ihre Frage kann ich deshalb nur in bezug auf die Tarifabschlüsse in der Metallindustrie und im öffentlichen Dienst beantworten. Die von der Bundesbank veröffentlichten Monatszahlen sind wegen des ungelösten Problems der Saisonbereinigung für tarifpolitische Aussagen nicht geeignet; denn die von Jahr zu Jahr schwankende Zahl der Abschlüsse für verschieden große Tarifbereiche läßt das nicht zu. Die Tariferhöhungen betrugen — einschließlich der Nebenabreden — in der Metallindustrie gut 7 v. H. und im öffentlichen Dienst unter 6 v. H. Die Bundesregierung hat es bisher abgelehnt, Lohnleitlinien aufzustellen, weil dies eine Einschränkung der Tarifautonomie darstellen könnte. Ihre Frage, ob die Bundesregierung der Meinung ist, daß die Tarifabschlüsse im Rahmen ihrer Lohnleitlinien verbleiben, kann ich deshalb nicht beantworten. Die Höhe der erwähnten Tarifabschlüsse entspricht jedoch annähernd den Stabilitätsvorstellungen der Bundesregierung hinsichtlich der Kosten-und Preisentwicklung. Mit der Jahresprojektion der Bundesregierung wäre eine Anhebung der Effektivlöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer von 6 bis 61/2 v. H. im Rhythmus der Tarifabschlüsse vereinbar. Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß in der Tatsache, daß die Tarifabschlüsse nicht sofort auf das von der Bundesregierung festgestellte Stabilitätsziel heruntergehen, sondern sich diesem Ziel nur stufenweise annähern, auch eine stabilitätspolitische Wirkung liegt. Auf der einen Seite werden dadurch in gewünschter Weise die Unternehmen kostenmäßig entlastet, auf der anderen Seite geht aber die Nachfrage nur langsam zurück, so daß nicht durch plötzlichen großen Nachfrageausfall etwa eine Rezession ausgelöst wird. Die Bundesregierung kann nur an einem allmählichen Anpassungsprozeß interessiert sein, um Schockwirkungen zu vermeiden. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Emde vom 27. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Höcherl (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage A 33): Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 9599 Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die allgemeinen Haushaltszuweisungen an das Land Berlin insoweit zurückgehalten werden sollten, als sie in das Budget der Freien Universität fließen, so lange nicht gewährleistet ist, daß der Lehr- und Lesebetrieb sowie die Freiheit der Forschung garantiert werden? Die Bundesregierung teilt diese Auffassung nicht. Es gibt keine allgemeinen Finanzzuweisungen des Bundes, die unmittelbar in den Haushalt der Freien Universität fließen. Mit der im Bundeshaushalt veranschlagten Bundeshilfe für Berlin übernimmt der Bund nur global die ihm nach § 16 des Dritten Überleitungsgesetzes obliegende Defizitdeckung des Berliner Landeshaushalts, Besondere Zuschüsse für die Freie Universität sind hierbei nicht veranschlagt. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Ehrenberg vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hauff (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage A 44) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um die „Beschützenden Werkstätten” für Behinderte in Zukunft besser als bisher in die Lage zu versetzen, im Konkurrenzkampf der Wirtschaft erfolgreich bestehen zu können, insbesondere im Hinblick auf die Beschaffung von Arbeitsaufträgen, die ja Voraussetzung sind für die Beschäftigung der Behinderten? Die Bundesregierung sieht in der Schaffung eines Netzes von lebens- und leistungsfähigen Werkstätten für Behinderte einen Schwerpunkt ihres Aktionsprogramms zur Förderung der Rehabilitation. Sie hat gemeinsam mit der Bundesanstalt für Arbeit und allen beteiligten Stellen Koordinierungsgespräche geführt, um zu einheitlichen Vorstellungen über Aufgaben, Organisation und Finanzierung der Werkstätten zu gelangen. In einer ersten Ausbaustufe ist die Schaffung von 40 Modellwerkstätten geplant. Zur Verwirklichung dieses Ziels haben Bundesregierung und Bundesanstalt für Arbeit im Jahre 1971 rund 23 Millionen DM eingesetzt. Diese Investitionshilfen sind deshalb erforderlich, weil die Ertragslage der Werkstätten eine Finanzierung aus Rücklagen oder aus Mitteln des Kapitalmarktes nicht zuläßt. Neben den Investitionshilfen richtet sich unsere Aufmerksamkeit aber auch auf jene Hilfen, die den laufenden Betrieb der Werkstätten sicherstellen. Dazu gehört — neben der richtigen Organisation, dem richtigen Standort und dem richtigen Personal — in erster Linie die in Ihrer Frage angesprochene Beschaffung von Arbeits- und Lieferaufträgen. Hier eröffnet bereits das geltende Schwerbeschädigtengesetz erste Ansatzpunkte. Nach § 9 Abs. 4 des Schwerbeschädigtengesetzes können die Hauptfürsorgestellen Arbeitgebern einen Teil der Ausgleichsabgabe erlassen, wenn sie den sogenannten Schwerbeschädigtenbetrieben, d. h. den Betrieben mit mindestens 50 % Schwerbeschädigten, Lieferaufträge erteilen. Darüber hinaus sind nach § 37 Abs. 2 des Schwerbeschädigtengesetzes bei der Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand Schwerbeschädigte bevorzugt zu berücksichtigen. Allerdings sind nicht alle Werkstätten für Behinderte bisher als Schwerbeschädigtenbetriebe anerkannt; auch sind nicht alle in den Werkstätten beschäftigten Behinderten Schwerbeschädigte. Deshalb beabsichtigt unser Haus bei der zur Zeit vorbereiteten Novellierung des Schwerbeschädigtengesetzes, die Hilfen zum laufenden Betrieb der Werkstätten für Behinderte noch stärker auszubauen. Hierbei sollen insbesondere die in den §§ 9 Abs. 4 und 37 Abs. 2 vorgesehenen Hilfsmöglichkeiten künftig in erster Linie den Werkstätten für Behinderte zugute kommen. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache VI/ 3033 Frage A 48) : Welche Aktionen der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend gegen die Bundeswehr sind bisher bekanntgeworden, und mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung der gesteigerten Aktivität der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend innerhalb der Bundeswehr begegnen? Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend, die als Jugendorganisation der Deutschen Kommunistischen Partei anzusehen ist, bei Flugblattverteilungen, Demonstrationen und auch sonstigen Aktionen gegen die Bundeswehr in Erscheinung getreten ist. Innerhalb der Bundeswehr - und darauf zielt doch sicherlich Ihre Frage, Herr Kollege Engelsberger — können Maßnahmen nur dann ergriffen werden, wenn Soldaten gegen Dienstpflichten, insbesondere gegen das Verbot der politischen Betätigung, verstoßen (§ 15 Soldatengesetz). Vorbeugend können nach Auffassung der Bundesregierung die Disziplinarvorgesetzten die Soldaten nur belehren und über die einschlägigen Gesetze und Erlasse unterrichten. Abschließend darf ich jedoch feststellen, daß die Einsatzbereitschaft der Truppe durch die Tätigkeit der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend und auch anderer radikaler Organisationen nicht gefährdet ist. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 27. Januar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache VI/3033 Fragen A 50 und 51): Was soll ein Abgeordneter außer allgemeinen Ausführungen antworten, wenn ihm ein Studienassessor sagt, daß er an seine 9600 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 Wehrdienstzeit bis an sein Lebensende dadurch erinnert werde, daß er, weil er erst nach Vollendung des 30. Lebensjahrs in die private Krankenkasse eintrat, entsprechend mehr zahlen muß als sein früherer Mitschüler, der keinen Wehrdienst abgeleistet hat und sich entsprechend früher anmelden konnte? Was kann zu dem Hinweis gesagt werden, daß ein Vater, der privat versichert ist, zwei Jahre länger für ihn — und zwar bis zu seinen 27. Lebensjahr — zahlen mußte, während die Väter ungedienter Kollegen solchen Belastungen nicht ausgesetzt waren? 1. In der privaten Krankenversicherung müssen die Prämien risikogerecht kalkuliert werden. Da das Risiko altersabhängig ist, erhöhen sich die Versicherungsprämien mit zunehmendem Eintrittsalter. Würde man das Eintrittsalter für Wehrpflichtige um die Dauer der Wehrdienstzeit verringern, würde der Wehrpflichtige keine seinem Risiko entsprechende Prämie zahlen und damit zum Nachteil der Gesamtheit der Versicherungsnehmer bevorzugt sein. Eine solche Ungleichbehandlung wäre mit dem Wesen der Privatversicherung nicht vereinbar und dürfte selbst wenn ein Versicherer einen entsprechenden Tarif zur Genehmigung vorlegen sollte — aufsichtsrechtlich nicht gebilligt werden. Es bliebe die Möglichkeit, dem Wehrpflichtigen die durch den Wehrdienst bedingten Mehraufwendungen vom Bund zu erstatten. Eine derartige — möglicherweise erst viele Jahre nach dem Wehrdienst beginnende und sich bis zum Tode des Wehrpflichtigen hinziehende — Maßnahme wäre sicherlich mit einem erheblichen — und gemessen an dem Umfang der Leistungen unvertretbaren — Verwaltungsaufwand verbunden. Entscheidend aber ist, daß eine solche Regelung sachlich nicht gerechtfertigt erscheint. Soweit die Ableistung der Wehrpflicht mit unzumutbaren finanziellen Nachteilen verbunden ist, sind Ausgleichsregelungen in den einschlägigen Wehrgesetzen, in erster Linie im Unterhaltssicherungsgesetz, getroffen. Die Maßnahmen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz stellen den Lebensunterhalt sicher und gehen davon aus, daß der Wehrpflichtige infolge seiner entfallenden Einkünfte dazu selbst nicht in der Lage ist. So werden u. a. auch die Aufwendungen für eine private Krankenversicherung während des Wehrdienstes erstattet. Die gesetzlichen Leistungen sind ausreichend, sie schließen aber nicht aus, daß die Wehrpflichtigen, insbesondere die Ledigen und diejenigen mit höheren Einkommen, zum Teil erhebliche finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. Gemessen an diesen vom Gesetzgeber für vertretbar gehaltenen finanziellen Opfern sind die möglichen Mehraufwendungen für eine spätere private Krankenversicherung unverhältnismäßig gering und im Hinblick darauf, daß der Wehrpflichtige in diesem Zeitpunkt wieder im vollen Erwerbsleben steht, auch zumutbar. Dafür spricht auch, daß seit Bestehen der Bundeswehr Forderungen in dieser Richtung nicht bekanntgeworden sind. Es handelt sich um eine Folge, die sich wie viele andere mittelbar daraus ergibt, daß sich der Abschluß der Ausbildung infolge des Wehrdienstes verzögert. In ihrer Vielschichtigkeit entziehen sich diese Folgen einer detaillierten gesetzlichen Regelung und sind, da sie in dieser oder jener Form jeden Wehrpflichtigen treffen, vom Gesetzgeber bewußt in Kauf genommen worden. Die Gerichte haben anerkannt, daß es mit der Sozialstaatlichkeit vereinbar ist, wenn nicht jeder durch die Ableistung der Wehrpflicht entstehende Schaden ersetzt wird. Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß den Wehrpflichtigen am Ende des Wehrdienstes ein beachtliches Entlassungsgeld zusteht, das dazu bestimmt ist, die Eingliederung in das Berufsleben zu erleichtern und eventuelle, nicht erfaßbare Benachteiligungen auszugleichen. Schließlich ist zu beachten, daß die Mehraufwendungen sich zum Teil dadurch kompensieren, daß der Wehrpflichtige während des Grundwehrdienstes freie Heilfürsorge erhält, während vergleichbare ungediente Kollegen in dieser Zeit Prämien für eine Krankenversicherung aufbringen müssen. 2. Die Mehrbelastungen des Vaters des Wehrpflichtigen können entfallen, da der Sohn als Grund-wehrdienstleistender freie Heilfürsorge erhält. Im übrigen gilt grundsätzlich das unter 1. Dargestellte. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Büchner (Speyer) (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage A 65) : Ist die Bundesregierung bereit, die bei der Kraftfahrzeug-Überwachung durch die Polizei üblichen Mängelberichte auch im TUVVerfahren einzuführen, so daß sich bei für jedermann kontrollierbaren Mängeln ein nochmaliges Vorfahren beim TÜV erübrigt und statt dessen der Halter des Kfz die Bescheinigung einer beliebigen Polizeidienststelle über die Beseitigung der Mängel an den TÜV einsenden kann, und wäre es nicht sinnvoll, den zu erheblichen Auslegungsschwierigkeiten führenden Ausdruck „geringe Mängel" in § 29 Abs. 2 Satz 3 StVZO durch „leicht kontrollierbare Mängel" zu ersetzen, um bei solchen Mängeln die Prüfplakette erteilen zu können, da ja durch den Mängelbericht die Kontrolle unverzüglich vorgenommener Reparatur sichergestellt wäre? Beim Vorliegen geringer Mängel, deren unverzügliche Beseitigung zu erwarten ist, wird bereits jetzt auf die Wiedervorführung des Fahrzeugs verzichtet. Die Überwachung der Beseitigung solcher Mängel, die nicht mehr gering sind, sollte jedoch den dafür ausgebildeten und geschulten Sachverständigen und Prüfern überlassen bleiben. Darüber hinaus würde die Verwirklichung Ihres Vorschlags bedeuten, daß die Polizeidienststellen Prüfplaketten vorhalten und zuteilen, sowie den Anmeldetermin in die Fahrzeugpapiere eintragen müßten. Bei der derzeitigen Belastung der Polizei erscheint mir das nicht zumutbar. Mein Haus erarbeitet z. Z. zusammen mit den Ländern eine Richtlinie über die Abgrenzung geringer Mängel, die demnächst bekanntgemacht wird. Es ist zu erwarten, daß dadurch die angedeuteten Auslegungsschwierigkeiten herabgemindert werden. Ich halte dieses Verfahren für zweckmäßiger als eine Änderung des Ausdrucks, zumal leichtkontrollierbare Mängel keine geringen Mängel zu sein brauchen, sondern durchaus auch schwere Mängel sein können. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 9601 Anlage 11 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vorn 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Büchner (Speyer) (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage A 66) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Verkauf von Bahnsteigkarten unterschiedlich praktiziert wird, so daß an manchen Bahnhöfen überhaupt keine Bahnsteigkarten mehr zum Verkauf angeboten werden und der Bahnsteig ohne Karte betreten werden kann, hingegen bei anderen Bahnhöfen das Betreten des Bahnsteigs nur mit einer Bahnsteigkarte gestattet wird, und ist die Bundesregierung bereit, eine generelle Regelung zu treffen, wobei auf die Ausgabe von Bahnsteigkarten überall verzichtet wird? Nach dem Gesetz regelt die Deutsche Bundesbahn ihren Bahnsteigsperrdienst selbst. Die Bundesregierung kann ihr darin keine Vorschriften machen. Ich darf dazu auf die Antwort Bezug nehmen, die Herr Minister Leber Herrn Kollegen Cramer auf dessen gleichartige Frage in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 2. Dezember 1970 erteilt hat. Wie ich hörte, wird sich der Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn, dem ja auch einige Mitglieder dieses Hohen Hauses angehören, in seiner nächsten Sitzung am 9. Februar 1972 mit diesem Thema beschäftigen. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Apel (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage A 67) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Benutzung öffentlicher Straßen durch langsam fahrende Bau- und Schwergutfahrzeuge, die nicht die vorgeschriebenen Gewichte und Abmessungen der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung überschreiten, während der Hauptverkehrszeiten im Interesse des Verkehrsflusses einzuschänken? Der Verkehr mit Kraftfahrzeugen, die nicht den Abmessungen und Gewichten der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung entsprechen, ist erlaubnispflichtig. Ob allgemeine Verkehrsbeschränkungen für langsam fahrende Fahrzeuge, die den Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung entsprechen, durch eine Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung eingeführt werden sollen, muß sorgfältig geprüft werden. Dazu ist zunächst notwendig, die Stellungnahmen der Länder einzuholen. Das werde ich veranlassen. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 28. Januar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Fragen A 70 und 71): Trifft es zu, daß die Bundesregierung in Verhandlungen mit der „DDR" die Verlegung des Transitverkehrs von der alten Interzonenstrecke über Magdeburg/Helmstedt auf die alte Reichsbahnstrecke über Stendal/Oebisfelde vorgeschlagen hat? Welche Gründe hat die Bundesregierung für ihre Entscheidung? Die Verhandlungsdelegation der Bundesrepublik Deutschland hat einen derartigen Vorschlag nicht gemacht. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Storm (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage A 72) : Treffen Mitteilungen zu, daß im Rahmen des geplanten Verkehrsabkommens mit der DDR eine intensive Beteiligung des Bundes am Bau der Autobahn Hamburg -Berlin angestrebt wird, die angeblich zu Lasten des norddeutschen Autobahnnetzes gehen soll? Die Antwort auf Ihre Frage lautet: Nein. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Storm (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage A 73): Kann die Bundesregierung sagen, welche Gründe die Deutsche Bundesbahn veranlassen, die neu eingeführten Eurocheques bei gleichzeitigem Vorlegen der Euroscheckkarte an ihren Fahrkartenschaltern nicht zu akzeptieren, und wann ist eine Änderung dieser Einstellung zu erwarten? Ab 24. Januar 1972 werden an den Fahrkartenschaltern der Deutschen Bundesbahn und der nichtbundeseigenen Eisenbahnen auch Euroschecks im Einzelbetrag bis zu 300 DM angenommen. Vorzulegen ist in jedem Falle die Kreditkarte einer deutschen Bank oder sonstigen Kreditanstalt. Anlage 16 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schulte (Schwäbisch Gmünd) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage A 74) : Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß die Übertragung der Straßenbaulast im Sinne von § 5 Abs. 2 des Bundesfernstraßengesetzes auf Gemeinden, die erst durch Eingemeindungen oder Zusammenschlüsse die Einwohnerzahl von 50 000, zurückgerechnet auf den Stichtag vom 13. September 1950, erhalten (vergleiche Erlaß vom 9. September 1970), eine Behinderung der Gemeindereform darstellt? 9602 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 Die Bundesregierung teilt diese Ansicht nicht. Durch Eingemeindung oder Zusammenschluß von Gemeinden werden größere kommunale Einheiten geschaffen, die ihre Aufgaben durch die Konzentrierung der Kräfte besser erfüllen können. Größere Gemeinden haben auch größere Aufgaben. Wenn eine Gemeinde mit mehr als 50 000 Einwohnern — gerechnet nach der Volkszählung 1950 — entsteht, besteht kein Grund, sie anders zu behandeln als andere Gemeinden mit der gleichen Einwohnerzahl. Die neue Gemeinde muß daher grundsätzlich ebenfalls die Baulast für die Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen nach dem Bundesfernstraßengesetz übernehmen. Eine andere Frage sind die Modalitäten der Übernahme. Hierzu wird eine ausdrückliche gesetzliche Regelung vorbereitet. Der Gemeinde muß selbstverständlich Gelegenheit gegeben werden, sich auf die neue Aufgabe vorzubereiten. Das wird bisher in der Praxis schon 'so gehandhabt. Laufende Baumaßnahmen werden in der Regel noch vom Bund beendet. Anlage 17 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 28. Januar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schmidt (München) (SPD) (Drucksache VI/3033 Fragen A 75 und 76) : Hält es die Bundesregierung für richtig, daß die Deutsche Bundesbahn in den S-Bahnzügen der Region München eine Unterteilung in eine erste und eine zweite Klasse vornimmt? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß diese Einteilung bei einem Nahverkehrsmittel eine gleichmäßige Auslastung der vor allem im Berufsverkehr überlasteten Züge unmöglich macht, und ist sie bereit, auf die Deutsche Bundesbahn im Sinne einer Aufhebung der Klasseneinteilung einzuwirken? Die Aufstellung eines Fahrplan- und Zugangebots fällt in die Zuständigkeit der Deutschen Bundesbahn. In den Verhandlungen zur Vorbereitung des Münchner Verkehrs- und Tarifverbundes haben sich die Landeshauptstadt München und die Deutsche Bundesbahn darauf geeinigt, der Region München ebenso wie den anderen Regionen eine S-Bahn mit 2 Klassen anzubieten. Die Bundesregierung sieht daher keine Gründe, die dagegen sprechen. Die Deutsche Bundesbahn und die Landeshauptstadt München gingen bei ihrer Entscheidung über die Einführung einer 1. Klasse davon aus, daß die Einführung einer 1. Klasse nach den Erfahrungen in allen Ballungsgebieten geeignet ist, ein Angebot attraktiver zu machen, insbesondere um Autofahrer zu veranlassen, sich der öffentlichen Verkehrsmittel zu bedienen. Durch die Umstellung der Münchener S-Bahn-Strecken auf den modernen Triebwagen des Typs ET 420 haben sich allerdings im Raume München gewisse Verschiebungen im Platzangebot ergeben. Die Deutsche Bundesbahn beobachtet die Entwicklung genau und wird ggf. Änderungen vornehmen. Anlage 18 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schulte (Schwäbisch Gmünd) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage A 77) : Ist die Deutsche Bundespost bei ihren Rationalisierungsmaßnahmen uni eine Koordination mit der in den Ländern laufenden Gemeindereform bemüht? Die Deutsche Bundespost wird von den in den Bundesländern in Gang befindlichen kommunalen Neugliederungsmaßnahmen in vielfältiger Weise betroffen. Sie machen Anpassungsmaßnahmen im Bereich der Post erforderlich, die allerdings nur zum Teil auch Rationalisierungsmaßnahmen sind. Bei allen Anpassungsmaßnahmen ist die Deutsche Bundespost um eine Koordination mit Ländern und Gemeinden bemüht. Die nachgeordneten Dienststellen haben entsprechende Anweisungen erhalten. Anlage 19 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 28. Januar 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Gierenstein (CDU/CSU) (Drucksache H/3033 Fragen A 80 und 81) : Von wem, zu welchem Preis und in welcher Größe hat der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen ein Grundstück zur Errichtung einer Postakademie erworben? Welche anderen Grundstücke waren zum Kauf angeboten bzw. in Betracht gezogen worden und zu welchen Bedingungen? Es trifft nicht zu, daß die Deutsche Bundespost ein Grundstück für den Bau der Führungsakademie erworben hat. Richtig ist, daß in dieser Angelegenheit Verhandlungen geführt werden. Insgesamt wurden neun Grundstücke im Großraum Bonn angeboten, von denen vier Objekte in die engere Wahl kamen. Unter diesen ist kein Grundstück, das nach den Feststellungen der Bauabteilung des Bundespostministeriums den Anforderungen der Führungsakademie hinsichtlich Preis, Lage, Größe und Bebauungsmöglichkeit günstiger ist als das in Bad Honnef-Süd gelegene Grundstück des Kaufmanns Bosse. Ich bitte um Ihr Verständnis, daß ich über Einzelheiten der Verhandlungen auch im Interesse der Grundstücksanbieter keine Angaben machen kann. Anlage 20 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Herold vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeorneten Ott (CDU/CSU) (Drucksache VI/ 3033 Frage A 86) : Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 9603 Wie beurteilt die Bundesregierung angesichts ihrer innerdeutschen Bemühungen um menschliche Erleichterungen den Vorgang vom 14. Dezember 1971, wo bei Brochthausen einer jungen Mutter durch Minen beide Beine und dem Ehemann das Augenlicht verlorengingen? Zur Beantwortung Ihrer Frage verweise ich auf die Erklärung, die Bundesminister Franke wenige Stunden nach dem Vorfall gegenüber der Presse abgegeben hat und die folgendermaßen lautet: „Am frühen Abend des 14. Dezember geriet eine Familie von 3 Personen bei dem Versuch, in der Nähe von Brochthausen bei Duderstadt die Grenzsperranlagen der DDR zu überwinden, in ein Minenfeld. Durch eine Minenexplosion wurden der Mann und die Frau schwer verletzt. Das verletzte Ehepaar konnte sich mit seinem Kind auf das Bundesgebiet in Sicherheit bringen. Die Verletzten befinden sich im Krankenhaus. Die Bundesregierung bedauert diesen schweren Zwischenfall zutiefst. Die Tatsache, daß Vorfälle dieser Art noch immer Teil der deutschen Wirklichkeit sind, unterstreicht die dringende Notwendigkeit von Regelungen, wie sie die Bundesregierung zur Beseitigung der Ursachen immer wiederkehrenden menschlichen Leidens anstrebt." Anlage 21 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Hansen (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage A 87) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, zusammen mit den Ländern die notwendigen personellen, materiellen und inhaltlichen Voraussetzungen für einen optimalen Unterricht der Kinder ausländischer Arbeitnehmer und Aussiedler in berufsbildenden und allgemeinbildenden Schulen zu schaffen? Die Ständige Konferenz der Kultusminister hat angesichts der Zuständigkeit der Länder am 3. Dezember 1971 einen Beschluß zum Unterricht der Kinder ausländischer Arbeitnehmer verabschiedet, der von dem Grundsatz ausgeht, die ausländischen Kinder zu Bildungsabschlüssen zu führen, wie sie deutschen Kindern und Jugendlichen angeboten werden. Die Ausführung dieser Beschlüsse obliegt den einzelnen Bundesländern. Zur Unterstützung der besonderen Bemühungen wurden bereits 1971 von Bundesseite Modellversuche und Projekte der Bildungsforschung in Zusammenarbeit mit einzelnen Bundesländern gefördert; für 1972 ist der Bereich „Modellversuche zur Integration von Gastarbeiterkindern" als ein Schwerpunkt für das Modellversuchsprogramm von Bund und Ländern nach Artikel 91 b GG aufgenommen worden. Für die deutschen und ausländischen Lehrer von Gastarbeiterkindern werden vom Kultusministerium des Landes Nordrhein-Westfalen zusammen mit der Pädagogischen Hochschule Neuß unter Beteiligung von Wissenschaftlern und Schulpraktikern aus anderen Bundesländern in allernächster Zeit Lehrgänge im Rahmen der Lehrerfortbildung entwickelt und durchgeführt, welche unter Berücksichtigung der besonderen soziokulturellen Probleme der Gastarbeiterkinder die Lehrer besonders auch in die Lage versetzen sollen, den deutschsprachigen Unterricht durch Einsatz von Medien effektiver zu gestalten. Ein ähnliches, jedoch im Hinblick auf eine dauernde soziale Integration der Kinder anders geartetes Programm für Lehrer von polnischen Aussiedlerkindern wird demnächst ebenfalls vom Kultusministerium des Landes Nordrhein-Westfalen zusammen mit der Universität Dortmund durchgeführt. Beide Vorhaben sollen zum größten Teil aus Bundesmitteln finanziert werden. Gefördert werden ferner Versuche mit dem Einsatz von Sprachlehranlagen und besonderen Programmen im Unterricht für Gastarbeiterkinder. In bezug auf die unterrichtliche Förderung der jugendlichen Spätaussiedler darf ich auf die Antwort des BMJFG zur kleinen Anfrage vom 23. Juni 1971 (Drucksache VI/2381) verweisen. Zur materiellen Förderung kann noch folgendes gesagt werden: Die Bundesregierung prüft im Rahmen der mittelfristigen Finanz- und Wirtschaftsplanung, welche Möglichkeiten bestehen, die Ausbildungsförderung für Ausländer nach § 8 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes in Kraft zu setzen. In diesem Zusammenhang wird die Frage geprüft, § 40 Abs. 2 AFG so zu ergänzen, daß auch Ausländer außerhalb des EWG-Bereiches mit einer betrieblichen Berufsausbildung gefördert werden können. Die Förderung jugendlicher Aussiedler wird durch individuelle Beihilfen und institutionelle Angebote vorgenommen (Drucksache VI/ 2381). Anlage 22 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Eppler vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache VI/3133 Frage A 91): Teilt die Bundesregierung die Ansicht von Bundesminister Eppler im Fernseh-Interview „Zu Protokoll" am 19. Dezember 1971, „die Gesellschafts- und Wirtschaftsstruktur der Bundesrepublik Deutschland wird die nächsten 20 Jahre nicht überleben", und ist dieser Strukturwandel gleichbedeutend mit einer Veränderung unserer Wirtschaftsordnung, der sozialen Marktwirtschaft? Es ist nicht Sache einer Bundesregierung als Institution, langfristige Prognosen zu geben. Aber es ist das Recht jedes Politikers, wenn er zu Grundsatzfragen der Gesellschaft interviewt wird, auch den langfristigen Aspekt einzubeziehen. Im übrigen, Herr Kollege, haben Sie mich in Ihrer Frage nicht exakt zitiert. Nach dem Protokoll der Sendung habe ich folgendes gesagt: „Ich bin überzeugt, Herr Gaus, daß unsere Gesellschaftsstruktur, auch unsere Wirtschaftsstruktur, was immer wir tun wollen, die nächsten zwanzig Jahre in der jetzigen Form nicht überlebt. Sie wird sich ändern. Die Frage ist nur, sind wir Manns ge- 9604 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 nug, haben wir Mut genug, diese Änderung selbst zu steuern, und wenn ja, wohin? Und da bin ich etwa der Meinung, daß wir die ganze Freiheit und Flexibilität dieser Gesellschaft erhalten müssen, aber daß wir das nur tun können, wenn zum Beispiel in der Vermögensschichtung sich einiges ändert, und wenn in der Verfügungsgewalt über Produktionsmittel siehe Mitbestimmung — sich auch einiges ändert." Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Anlage 23 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Eppler vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Meister (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage A 92) : Wieweit sind die Bundesländer an der Entwicklungshilfe beteiligt, und welche Mittel sind haushaltsmäßig ausgewiesen? Die Beteiligung der Bundesländer an der Entwicklungshilfe ist freiwillig und hat zur Grundlage einen Beschluß der Ministerpräsidenten-Konferenz vom Mai 1962. Der Beitrag der Bundesländer besteht insbesondere in: 1. Aus- und Fortbildungsstipendien für Fach- und Führungskräfte sowie Hochschulstudenten. 2. Anteilige Finanzierung der Landesstellen der Carl Duisberg-Gesellschaft (48 % Länder, 52 % Bund). 3. Zurverfügungstellung von Gebäuden für die Zentralstellen der Deutschen Stiftung für Entwicklungsländer (Zentralstelle für öffentliche Verwaltung, Zentralstelle für gewerbliche Berufsförderung, Zentralstelle für Ernährung und Landwirtschaft, Zentralstelle für Auslandskunde). 4. Übernahme von 50 % der Kosten für das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik durch das Land Berlin. 5. In Einzelfällen Finanzierung und Durchführung von Technische Hilfe-Projekten in Entwicklungsländern (z. B. Baden-Württemberg: Betrieb eines Gewerbeförderungszentrums in Tunesien (Menzel-Bourgiba) sowie Errichtung und Betrieb eines Instituts für Meisterausbildung in Indien/Bangalore). 6. Freistellung von Länderbediensteten für Aufgaben in Entwicklungsländern. 7. Universitätspartnerschaften (vom Bund aus Einzelplan 23 Titel „Bildungshilfe" finanziert). Die Haushaltsansätze der Bundesländer für obige Maßnahmen beliefen sich in den vergangenen Jahren insgesamt auf rund 40 Millionen DM jährlich. Darin sind nicht enthalten die anteiligen Ausbildungsplatzkosten für die Aus- und Fortbildung von Fachkräften und Studenten aus Entwicklungsländern an den Bildungseinrichtungen der Länder, die mit rd. 20 Millionen DM jährlich zu veranschlagen sind. Die Zusammenarbeit mit den Bundesländern hat sich bewährt. Jedoch haben die Länder zu erkennen gegeben, daß sie sich wegen Haushaltsschwierigkeiten künftig nicht mehr im bisherigen Umfang an der Finanzierung von Entwicklungshilfemaßnahmen beteiligen können. Anlage 24 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Eppler vom 28. Januar 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage A 93) : Welche Maßnahmen trifft die Bundesregierung, um zurückkehrenden Entwicklungshelfern die Eingliederung in das Berufsleben zu erleichtern? Im DED besteht ein Referat, das sich um die umgehende Wiedereingliederung der Rückkehrer in den Arbeitsprozeß bemüht. Den Entwicklungshelfern wird acht Monate vor Beendigung ihrer Dienstzeit Informataionsmaterial zugestellt, das unter anderem Fragebogen der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung sowie Informationen über die berufliche Wiedereingliederung und Fortbildung enthält. Unmittelbar nach seiner Ankunft wird jeder Rückkehrer vom DED, der eng mit den zuständigen Arbeitsämtern zusammenarbeitet, betreut und über berufliche Förderungsmöglichkeiten informiert. Der in Übersee gewonnenen persönlichen Erfahrung steht zum Teil — insbesondere bei Ärzten, Technikern und Lehrern — ein Verlust an fachspezifischem Wissen gegenüber, der häufig die individuellen beruflichen Arbeitsmöglichkeiten behindert. Hier setzen gezielte Fortbildungsmaßnahmen an (Arbeitsförderungsgesetz, Berufsausbildungsgesetz), auf die der DED die Entwicklungshelfer hinweist. Das seit Anfang 1970 für zurückgekehrte Entwicklungshelfer mit Unterstützung des BMZ tätige Förderungswerk der Kübelstiftung hat 1971 153 Stipendien an zurückgekehrte Entwicklungshelfer zum Studium an Fachhochschulen und Universitäten vergeben. Es wird von zurückgekehrten Entwicklungshelfern immer stärker in Anspruch genommen. Aufgrund der vorliegenden Erfahrungen kann festgestellt werden, daß — bis auf wenige Ausnahmen — die zurückgekehrten Entwicklungshelfer innerhalb eines Zeitraums von maximal drei Monaten einen angemessenen Arbeitsplatz finden. Anlage 25 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 26. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Ab- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 9605 geordneten Dr. Müller-Emmert (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage B 1) : Können die politischen Beziehungen zu den arabischen Staaten auch dadurch verbessert werden, daß die Sport- und Jugendkontakte zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den arabischen Staaten intensiviert werden? Ja. Das Klima der politischen Beziehungen hängt von einer Fülle von Einzelbeziehungen in den verschiedensten Bereichen zwischenstaatlicher Kontakte ab. Dazu gehören selbstverständlich auch die Sport- und Jugendkontakte. Die Intensivierung solcher Kontakte zu den arabischen Staaten würde ganz gewiß auch den politischen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu den arabischen Staaten zugute kommen. Anlage 26 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 26. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage B 2) : Wie beurteilt die Bundesregierung — auch unter Berücksichtigung der erheblichen sportpolitischen Bemühungen der DDR — die Möglichkeiten, durch eine verstärkte Einbeziehung der arabischen Staaten in die Sportentwicklungshilfe der Bundesrepublik Deutschland einen Beitrag zur Forderung der Sport-und Jugendbeziehungen zu diesen Staaten zu leisten? Die Bundesregierung beurteilt diese Möglichkeiten sehr positiv. Im Rahmen der Pflege der kulturellen Beziehungen mit dem Ausland hat die Förderung der Sport- und Jugendbeziehungen einen sehr hohen Stellenwert. Die letzten Jahre haben gezeigt, welch großes Interesse in der Dritten Welt besteht, die eigene sportliche Entwicklung zu fördern. Entsprechende Bitten um Unterstützung wurden auch von den arabischen Staaten an die Bundesregierung gerichtet. Trotz angespannter Haushaltslage sind die Mittel aus dem Bundeshaushalt für die Förderung des Sports in Entwicklungsländern von 1970 auf 1971 um 80 %, von 1971 auf 1972 um 133 % erhöht worden. Im Jahre 1971 haben sich die Sportförderungsmaßnahmen auf Afrika südlich der Sahara konzentriert. Arabische Staaten mit Beziehungen zur Bundesrepublik wurden bereits in dieses Programm, das hauptsächlich Entsendung von Trainern, Ausbildung von Sportlehrern und Sportlern des Partnerlandes in der BRD und Sportgerätespenden umfaßte, miteinbezogen. Die Sport- und Jugendbeziehungen zu denjenigen Staaten, die die diplomatischen Beziehungen abgebrochen haben, wurden nie ganz unterbrochen. Es sind einige, zum Teil auch mit öffentlichen Mitteln unterstüzte Begegnungen zustande gekommen. Die Bundesregierung ist jetzt bereit, den Bedürfnissen dieser Staaten entsprechend die Zusammenarbeit im Sport- und Jugendbereich zu intensivieren und zu verstärken. Einzelheiten über Programme und Vorhaben der Partnerländer sind der Bundesregierung bereits bekannt. Auch wenn sie einen Wettbewerb mit der DDR nicht zu scheuen braucht, denkt die Bundesregierung jedoch nicht daran, in Konkurrenz zu den politisch motivierten Sportförderungsmaßnahmen der DDR zu treten. Sie will den Sport als Teil der gesellschaftlichen Struktur fördern, nicht aber den freien Sport beeinflussen und damit in den Dienst der Politik stellen. Anlage 27 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 27. Januar 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Fragen B3 und 4) : Ist sichergestellt, daß die Laufbahn- und Besoldungsordnungen bis Februar 1972, dem Termin, an dem die ersten Fachhochschulingenieure vorhanden sind, entsprechend geändert bzw. ergänzt werden? Ist sichergestellt, daß die Fachhochschulingenieure innerhalb ihres beruflichen Werdegangs im öffentlichen Dienst die heutige Lehrerbesoldung und bei Bewährung den Aufstieg in die Laufbahnen des höheren Dienstes erreichen können? Nach Kenntnis der Bundesregierung sind im Februar 1972 noch keine Ingenieure vorhanden, die einen auf der Fachhochschulreife aufbauenden, in ihrer Studienprägung bereits im wesentlichen dem Ausbildungsziel und -niveau der Fachhochschulen entsprechenden Fachhochschulstudiengang absolviert haben. Die Fachhochschulreife als neue Grundlage des Studiums wirkt sich erst seit etwa Herbst 1971 nach Maßgabe der Regelungen der einzelnen Länder für die Neugestaltung der Studiengänge aus. Bei der im allgemeinen dreijährigen Dauer des Fachhochschulstudiums wird also erst im Laufe der nächsten Jahre im Zuge der Umgestaltung der Studiengänge ein Fachhochschulabschluß erreicht werden können, der dem vorgesehenen neuen Ausbildungsniveau entspricht. Die Bundesregierung muß sich hier nach dem künftigen Stand der Entwicklungen in den Ländern richten. Demnach kommen Änderungen des Laufbahn- und Besoldungsrechts als Folge der institutionellen Umwandlung der Ingenieurschulen und Ingenieurakademien in Fachhochschulen für Februar 1972 noch nicht in Betracht. Das geltende Laufbahnrecht geht von dem Prinzip der Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Laufbahngruppen aus. Damit ist grundsätzlich sichergestellt, daß hervorragende Fachkräfte des gehobenen Dienstes in die entsprechende Laufbahn des höheren Dienstes aufsteigen können. Das gilt uneingeschränkt auch für den Aufstieg in den höheren technischen Dienst. Zu der von Ihnen aufgeworfenen besoldungsrechtlichen Frage darf ich festhalten: Nach § 53 Abs. 4 BBesG ist das Lehramt an Grund-und Hauptschulen übergangsweise in die Besoldungsgruppe A 12 einzustufen. 9606 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 Ingenieure im öffentlichen Dienst können in der Laufbahn des gehobenen Dienstes bis zur Besoldungsgruppe A 13 aufsteigen. Ergänzend darf ich auf die Antworf der Bundesregierung vom 13. Dezember 1971 (Drucksache VI/2944) auf die Kleine Ansrage der Abgeordneten Dr. Evers, Stücklen, Volmar, Köster und Genossen (Drucksache VI/2786) Bezug nehmen. Anlage 28 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 27. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage B 5) : Reichen nach Ansicht der Bundesregierung die der Polizei und den gerichtsmedizinischen Instituten zur Verfügung stehenden technischen und medizinischen Einrichtungen sowie die rechtlichen Möglichkeiten der Strafprozeßordnung aus, ui Personen festzustellin, die im Verdacht stehen, infolge Drogengenusses den Straßenverkehr zu gefährden? Der Genuß von Betäubungsmitteln setzt die Fahrtüchtigkeit herab. Der noch anhaltende Anstieg des Betäubungsmittelgenusses in der Bundesrepublik namentlich in Kreisen jüngerer Menschen läßt vermuten, daß Fahruntüchtigkeit infolge von Betäubungsmittelgenuß bei Straßenverkehrsunfällen zunehmend eine Rolle spielt. Die polizeilichen Beobachtungen bestätigen diese Vermutung. Statistisches Zahlenmaterial liegt über diese Entwicklung jedoch nicht vor. Dies beruht darauf, daß bisher noch keine zuverlässigen und praktikablen Methoden zum Nachweis und zur Intensitätsmessung des Betäubungsmittelrausches bei Verkehrsteilnehmern entwickelt worden sind. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr hat hierzu in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 15. Dezember 1971 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Seefeld (SPD) ausgeführt, daß der Bundesregierung kein Verfahren bekannt ist, das eine dem Blutalkoholnachweis ähnliche routinemäßige und die Konzentration im Körper wiedergebende Erfassung von Drogen und Rauschgiften ermöglicht. An diesem Zustand werde sich wegen der Vielfalt der in Betracht kommenden Stoffe — es gibt allein rd. 80 Stoffe, die in der Wirkung dem Heroin ähnlich sind und wegen der Unkenntnis des Verhältnisses von Konzentration und Wirkung eines Stoffes in absehbarer Zeit nichts ändern. Die Antwort stützt sich auf ein Beratungsergebnis, zu dem der Gemeinsame Beirat für Verkehrsmedizin bei den Bundesministern für Verkehr und für Jugend, Familie und Gesundheit gekommen ist. Dabei hat sich ergeben, daß 1. eine routinemäßige quantitative Erfassung von Arzneimitteln und psychotropen Stoffen in Körperflüssigkeiten — mit Ausnahme von Aethanol (Alkohol) — bisher nicht möglich ist, 2. psychologische Maßnahmen zwar für die Forschung brauchbar, für die Routine aber zu aufwendig sind. Der Beirat hat daher die Förderung der Grundlagenforschung zum Zweck des Nachweises der unter Ziffer 1. genannten Stoffe empfohlen. Eine zwischenzeitlich beschaffte amerikanische Untersuchung „Driving Records of Heroin Addicts" der NARCOTIC ADDICTION CONTROL COMMISSION NEW YORK zeigt, daß auch in den USA noch keine Möglichkeiten bekannt sind, durch Tests den Drogengenuß bei Verkehrsteilnehmern nachzuweisen. Die Bemühungen in der Forschung dauern an. Würde es gelingen, ein geeignetes Nachweisverfahren zu entwickeln, mit dessen Hilfe Art und Menge der konsumierten Betäubungsmittel durch körperliche Untersuchung (z. B. Blutproben und andere körperliche Eingriffe) festgestellt werden könnten, so könnten diese Untersuchungen unter den Voraussetzungen des § 81 a der Strafprozeßordnung durchgeführt werden. Ob die Möglichkeiten des § 81 a der Strafprozeßordnung ausreichen, kann jedoch abschließend erst beurteilt werden, wenn die Wissenschaft Klarheit über die in Frage kommenden Untersuchungsmethoden geschaffen hat. Anlage 29 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 27. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage B 6) : Ist die Bundesregierung bereit, gegen die Absicht der österreichischen Behörden, das Wasser der Tiroler Ache zum Zwecke des Baus eines Kraftwerks in den Inn ableiten zu lassen, Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, daß der Chiemsee seines wichtigsten Zuflusses beraubt wird? Wie mir das Bayerische Staatsministerium des Innern mitteilte, sind die Absichten der Stadt Kufstein, Wasser der Ache zur Kraftwerksnutzung in den Inn abzuleiten, auch der Bayerischen Staatsregierung bekannt und am 17. Dezember 1971 mit Vertretern der Tiroler Landesregierung in der Bayerischen Staatskanzlei erörtert worden. Nach Mitteilungen der Vertreter der Tiroler Landesregierung handele es sich bis jetzt lediglich um erste Untersuchungen der Stadt Kufstein; ein wasserrechtliches Verfahren sei noch nicht durchgeführt worden. Den bayerischen Behörden wurde von Tiroler Seite eine möglichst frühzeitige Beteiligung zugesichert, sofern die weitere Planung überhaupt eine Realisierbarkeit erkennen lasse. Wegen der aus einer Wasserüberleitung der Ache etwa zu befürchtenden Auswirkungen auf den Chiemsee und die Alz werden die auf beiden Seiten beteiligten Stellen weiterhin im Gespräch bleiben. Zu weiteren Schritten sieht die Bundesregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Anlaß. Viel- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 9607 mehr sollten die Untersuchungs- und evtl. Planungsergebnisse der österreichischen Seite abgewartet und diese im einzelnen dann daraufhin geprüft werden, ob für das Einzugsgebiet des Chiemsees und des Inn nachteilige Folgen aus einem solchen Projekt zu erwarten sind. Anlage 30 Schriftliche Antwort des Parlametarischen Staatssekretärs Dorn vom 27. Januar 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schiller (Bayreuth) (SPD) (Drucksache VI/3033 Fragen B 7 und 8) : Wie groß ist der Personenkreis der ehemaligen Offiziere des Truppensonderdienstes, die ohne ihr Zutun als Beamte übernommen wurden und deshalb keine Ansprüche nach dem Vierten Änderungsgesetz (§ 54 Abs. 1 Satz 2) G 131 geltend machen können? Ist daran gedacht, in naher Zukunft für diesen Personenkreis eine finanzielle Regelung herbeizuführen, die dein Rechnung trägt? Diese ehemaligen Offiziere des Truppensonderdienstes (TSD) sind aus ihrer früheren Rechtsstellung nach dem G 131 ausgeschieden. Sie sind nur noch gegenüber ihren neuen Dienstherren versorgungsberechtigt und werden deshalb auch nicht mehr statistisch erfaßt. Die Größe des betroffenen Personenkreises wird auf 2 700 Personen geschätzt. Diese Frage behandelt der vom Innenausschuß des Deutschen Bundestages erbetene Bericht zum G 131 unter Nr. 2.18. Die vorgesehene Beratung dieses Berichts durch den Innenausschuß hat noch nicht begonnen. Das Beratungsergebnis bleibt abzuwarten. Anlage 31 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 27. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Fellermaier (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage B 9) : Hält es die Bundesregierung für sinnvoll, daß die Bestimmungen über die Ausrüstung von Feuerwehrgeräten und -fahrzeugen in den Bundesländern völlig unterschiedlich sind? Ihre Frage beantworte ich mit Nein. Ich bin mit Ihnen der Auffassung, daß im Interesse einer effektiven Verwendung der öffentlichen Mittel eine Vereinheitlichung der Brandschutzausstattung dringend geboten ist. Der Bund besitzt jedoch rechtlich nur begrenzte Einwirkungsmöglichkeiten, da der friedensmäßige Brandschutz in die Kompetenz der Länder fällt. Er kann seinen Einfluß nur mit den Mitteln geltend machen, die das Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes vom 9. Juli 1968 (BGBl. I S. 776) und die dazu ergehenden Verwaltungsvorschriften vorsehen. In diesem Rahmen wird die Bundesregierung gemäß dem ausdrücklichen gesetzlichen Auftrag in § 5 Abs. 2 KatSG alles unternehmen, um über die zusätzliche, für die besonderen Aufgaben des V-Falles zur Verfügung gestellte Ausstattung auf eine Angleichung des friedensmäßigen Ausstattungspotentials hinzuwirken. Dabei wird sie auch eine Vereinheitlichung der Ausstattung der Feuerwehren anstreben, die kraft Gesetzes im Katastrophenschutz mitwirken. Zur Erreichung dieses Zieles bieten sich im einzelnen folgende Möglichkeiten an: 1. Nach Nr. 12 Buchstabe f des Entwurfs der KatSOrganisation-VwV, einer Ausführungsbestimmung zu § 5 Abs. 2 KatSG, wird der Bund zusätzliche Ausstattung vorrangig den Einheiten und Einrichtungen zuteilen, deren vorhandene friedensmäßige Ausrüstung mit der zusätzlichen Ausstattung abgestimmt und möglichst vereinheitlicht ist. Die zusätzlichen und die friedensmäßigen Ausstattungsgegenstände können aber nur dann zueinander passen, wenn zuvor das verschiedenartige friedensmäßige Ausstattungspotential angeglichen worden ist. 2. Ein weiteres Instrument zur Vereinheitlichung stellen die Stärke- und Ausstattungsnachweisungen (STAN) für die Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes dar, die hinsichtlich der friedensmäßigen Ausstattung Richtliniencharakter haben. In gemeinsamen Beratungen mit den Vertretern der Länder und Feuerwehren ist bereits der Entwurf einer STAN für den Löschzug erarbeitet worden, der künftig auch eine Angleichung der friedensmäßigen Ausrüstung der Feuerwehren in den Ländern erwarten läßt. 3. Ein Beitrag des Bundes zur Vereinheitlichung besteht ferner darin, daß er den Ländern seinen Beschaffungsapparat, insbesondere die Beschaffungsstelle des BMI, für die Beschaffung der friedensmäßigen Ausstattung zur Verfügung stellt (§ 5 Abs. 2 S. 2 KatSG). Auch hier wird die Gelegenheit wahrgenommen, auf eine Angleichung der Friedensausrüstung hinzuwirken. 4. Ein Ansatzpunkt für eine Einflußnahme des Bundes bietet außerdem Nr. 24 Abs. 2 des Entwurfs der KatS-Ausstattung-VwV. Danach können die Zentralwerkstätten ebenso für die Instandsetzung der friedensmäßigen Ausstattung der Einheiten und Einrichtungen genutzt werden. Hierbei ist vorgesehen, bevorzugt die Wartung standardisierter Ausstattung durchzuführen. Von diesem Aspekt dürfte ein weiterer Impuls zur Vereinheitlichung des friedensmäßigen Ausstattungspotentials ausgehen. 5. Möglichkeiten zu einer Einflußnahme auf die künftigen friedensmäßigen Ausstattungsplanungen ergeben sich für den Bund durch seine Vertretung in den Normenausschüssen. Darüber hinaus ist der Bund intensiv bemüht, durch verstärkte Zusammenarbeit mit allen Beteiligten zu einem einheitlichen, auch die friedensmäßige 9608 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 Ausstattung umfassenden Ausstattungskonzept zu gelangen. In dem Zusammenhang darf ich auf die bisherigen STAN-Besprechungen im BzB verweisen, die weitgehende Übereinstimmung zwischen den Ländern, Organisationen, kommunalen Spitzenverbänden und dem Bund zu Fragen der gesamten Ausstattung erbracht haben. 6. Schließlich werde ich auch in der Konferenz der Innenminister der Länder und im Ständigen Ausschuß für zivile Verteidigung auf eine Vereinheitlichung der friedensmäßigen Katastrophenschutzausstattung, insbesondere der Brandschutzausrüstung, hinwirken. Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß eine solche Vereinheitlichung nur schrittweise erreicht werden kann. Ihre Bestrebungen sind zunächst darauf gerichtet, im Rahmen der vorstehend geschilderten Möglichkeiten einen Vereinheitlichungstrend herbeizuführen. Die Bundesregierung kann bei ihren Bemühungen um Vereinheitlichung erfreulicherweise feststellen, daß sie bei den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden positiven Widerhall findet. Anlage 32 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 27. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage B 10) : Können bezüglich der Tätigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und des BGH-Strafsenats in Berlin Auslegungsschwierigkeiten auftreten, da das Viermächteabkommen nicht definiert, was im Einzelfall als Durchführung von Amtsakten bzw, was als „Regieren" West-Berlins durch die Bundesrepublik anzusehen ist? Die von Ihnen befürchteten Auslegungsschwierigkeiten nach dem Inkrafttreten des Viermächteabkommens vom 3. September 1971 können nach Auffassung der Bundesregierung nicht auftreten. In Teil II Abschnitt B des Viermächteabkommens ist niedergelegt, daß die Bindungen zwischen den Westsektoren Berlins und der Bundesrepublik Deutschland aufrechterhalten und entwickelt werden, wobei die drei Westmächte berücksichtigen, daß diese Sektoren „auch weiterhin nicht" von der Bundesrepublik Deutschland „regiert werden". In der Anlage Ir des Abkommens werden diese Ausführungen zunächst wiederholt; in Absatz 2 heißt es dann: „2. Der Bundespräsident, die Bundesregierung, die Bundesversammlung, der Bundesrat und der Bundestag, einschließlich ihrer Ausschüsse und Fraktionen, sowie sonstige staatliche Organe der Bundesrepublik Deutschland werden in den Westsektoren Berlins keine Verfassungs- oder Amtsakte vornehmen, die in Widerspruch zu Absatz 1 stehen." In einem Brief der drei Botschafter der Westmächte an den Herrn Bundeskanzler, der den Zweck hatte, den Inhalt der in der Anlage II des Viermächteabkommens enthaltenen Erklärungen klarzustellen und zu interpretieren, heißt es unter a) : „Der Satz in Anlage II Absatz 2 des Viermächteabkommens, der lautet , ... werden in den Westsektoren Berlins keine Verfassungsoder Amtsakte vornehmen, die den Bestimmungen von Absatz 1 widersprechen, ist so auszulegen, daß darunter Akte in Ausübung unmittelbarer Staatsgewalt über die Westsektoren Berlins verstanden werden." Unter d) und e) dieses Briefes ist ausgeführt: „d) Geltende Verfahren bezüglich der Anwendbarkeit der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland auf die Westsektoren Berlins bleiben unverändert. e) Der Ausdruck „staatliche Organe" in Anlage II Absatz 2 bedeutet: der Bundespräsident, der Bundeskanzler, das Bundeskabinett, die Bundesminister und die Bundesministerien sowie die Zweigstellen dieser Ministerien, der Bundesrat und der Bundestag sowie alle Bundesgerichte." Die drei Westmächte hatten diesen Interpretationsbrief vorher mit der Sowjetunion abgestimmt. Sie haben den Text vereinbarungsgemäß auch der sowjetischen Regierung übersandt, die Empfang und Kenntnisnahme vor der Unterzeichnung des Viermächteabkommens bestätigt hat, so daß dieser Brief in den Zusammenhang dieses Abkommens zum Zwecke der Interpretation gehört. Aus alledem ergibt sich folgendes: Die Sowjetunion hat grundsätzlich anerkannt, daß die bestehenden Bindungen zwischen Berlin (West) und der Bundesrepublik Deutschland weiter aufrechterhalten und entwickelt werden. Zu diesen Bindungen gehören auch Sitz und Tätigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und eines Strafsenats des Bundesgerichtshofes in Berlin auf der Grundlage nach Berlin übernommener Gesetze. Zwischen den drei Westmächten und der Bundesrepublik Deutschland bestand seit jeher Einigkeit darüber, daß dies mit dem Berlinvorbehalt der Westmächte, nach dem Berlin nicht durch den Bund „regiert" werden darf, nicht in Widerspruch steht. Daran hat sich durch das Viermächteabkommen nichts geändert. Durch das Wort „weiterhin" haben die Westmächte eindeutig an ihr bisheriges Verständnis des Begriffs „regieren" angeknüpft; die Tätigkeiten der genannten Gerichte sind demnach keine Ausübung unmittelbarer Staatsgewalt über Berlin (West) im Sinne des oben zitierten Interpretationsbriefes. Dieser tatsächliche und rechtliche Zustand hat Eingang in das Viermächteabkommen gefunden: Gemäß Absatz 2 der Anlage II ist es staatlichen Organen der Bundesrepublik Deutschland lediglich verwehrt, in den Westsektoren Berlins Verfassungs- oder Amtsakte vorzunehmen, die in Widerspruch zu Absatz 1 stehen, die also als „regieren" im Sinne der bisherigen und nach wie vor gültigen Auslegung dieses Begriffs durch die Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 9609 Westmächte anzusehen sind. Die Tätigkeiten des Bundesverwaltungsgerichts und eines Strafsenats des Bundesgerichtshofes in Berlin fallen, wie bereits dargelegt, nicht hierunter. Soweit Einschränkungen der Bundespräsenz in Berlin (West) in Betracht kommen, sind diese in dem bereits erwähnten Interpretationsschreiben der drei Botschafter der Westmächte an den Herrn Bundeskanzler unter b) konkret und abschließend genannt. Die hier zur Erörterung stehenden Bundesgerichte gehören nicht dazu. Demnach hat nunmehr auch die Sowjetunion Sitz und Tätigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und eines Strafsenats des Bundesgerichtshofes in Berlin (West) akzeptiert. Anlage 33 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schöllhorn vom 26. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage B 11) : Kann die Bundesregierung bereits jetzt angeben, in welchem Umfang sogenannte Auslandskredite seit der Neufestsetzung der Währungsparitäten in das Ausland zurückgezahlt worden sind und welche Währungs- und Zinsdifferenzgewinne dabei erzielt wurden? Die Bundesregierung hat keine eigenen Unterlagen über die Rückzahlung von Auslandskrediten seit der Neuordnung der Wechselkurse im Dezember 1971 und über erzielte Währungs- und Zinsdifferenzgewinne. Ich habe deshalb Ihre Anfrage an die Deutsche Bundesbank weitergeleitet, da diese aufgrund der gesetzlichen Meldevorschriften am ehesten über entsprechende Zahlen verfügt. Die Antwort der Bundesbank lautet wie folgt: „1. Es sind Anzeichen dafür vorhanden, daß deutsche Unternehmen nach der Neufestsetzung der Wechselkurse (18. Dezember) im Dezember kurzfristige Kredite an das Ausland zurückgezahlt haben. Diese Rückzahlungen dürften aber das saisonübliche Maß nicht überschritten haben, sie sind überdies wie um die Jahreswende stets üblich — Anfang Januar 1972 von erneuten Kreditaufnahmen abgelöst worden. Dafür spricht, daß die zusammengefaßte Nettoauslandsposition von Bundesbank und Kreditinstituten (,erweiterte Devisenbilanz‘) in den letzten beiden Dezemberwochen ein Defizit von 5,2 Mrd. DM aufwies und in den ersten beiden Januarwochen mit einem Überschuß in Höhe von 7,1 Mrd. DM (ohne zugeteilte Sonderziehungsrechte) abschloß. Per Saldo scheint es daher seit dem Realignment nicht zur Rückzahlung kurzfristiger Unternehmenskredite gekommen zu sein. 2. Gegenwärtig liegen noch keine Informationen über das genaue Ausmaß und die währungsmäßige Zusammensetzung der Finanzkredittransaktionen seit dem Realignment vor. Aussagen über erzielte Währungs- und Zinsdifferenzgewinne lassen sich daher nicht machen." Anlage 34 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 26. Januar 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Ott (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Fragen B 12 und 13) : Treffen Presseberichte zu, wonach Bundeswirtschafts- und -finanzminister Schiller demnächst in Köln ein von seinem Ministerium verwaltetes bundeseigenes Haus mit 10 Zimmern zu einer Monatsmiete von 972 DM beziehen wird? Ist diese Miete im Verhältnis zur Nutzfläche, zum Baujahr, zu den Baukosten des Hauses, zum Zweck, zu dem es erbaut wurde, zum Grundstückswert und zur Grundstücksfläche angemessen? Bundesminister Schiller, der eine neue Wohnung sucht, hat vor einigen Wochen u. a. auch die von Ihnen angesprochene Wohnung in Köln besichtigt. Er hat sich jedoch schon vor einiger Zeit entschlossen, diese Wohnung nicht zu mieten. Damit entfällt die Beantwortung Ihrer weiteren Frage. Anlage 35 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schöllhorn vom 26. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Weber (Heidelberg) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage B 14) : Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß die Zuwachsrate des Preisindexes für das Bruttosozialprodukt, die im zweiten Quartal 1971 7,8 % betiug, die höchste Zuwachsrate in den westeuropaischen Industrieländern darstellt und daß dieser für die Beurteilung der Gesamtwirtschaft adäquate Preisindex einen höheren Aussagewert besitzt als die Zuwachsrate des Preisindexes für die Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte? Bei der Beantwortung des ersten Teils Ihrer Frage kann es sich nicht um eine Ansichtsäußerung der Bundesregierung handeln, sondern nur darum, ob die der Fragestellung zugrunde liegende statistische Aussage bestätigt werden kann oder nicht. Dies muß verneint werden. Die Bundesregierung kann Ihre Aussage schon deswegen nicht bestätigen, weil ihr keine statistischen Veröffentlichungen bekannt sind, in der die Deflationierungsfaktoren des Bruttosozialprodukts für die westeuropäischen Industrieländer vierteljährlich ausgewiesen werden. Auch für die Bundesrepublik Deutschland werden amtliche vierteljährliche Daten nicht publiziert. Die von Ihnen genannte Steigerungsrate von 7,8 % entspricht neuesten Ergebnissen einer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin, vierteljährlich durchgeführten Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die am 20. Januar 1972 veröffentlicht wurden, allerdings nur vorläufigen Charakter haben. Entwicklungsvergleiche gesamtwirtschaftlicher Deflationierungsfaktoren in einigen westeuropäischen Ländern lassen sich aber für das erste Halbjahr 1971 durchführen. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes hat sich der Preisindex des Bruttosozialprodukts vom ersten Halbjahr 1970 zum ersten Halbjahr 1971 auf der Preisbasis 1962 = 100 um 9610 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 7,6 % erhöht. Im gleichen Zeitraum betrug nach einer Veröffentlichung der OECD, in der allerdings nur Werte für vier europäische Länder angegeben sind, die Preisrate des Bruttosozialprodukts, berechnet auf der Preisbasis 1970 = 100, in Frankreich + 6,0 %, in Italien + 7,6 % und in Großbritannien + 9,0 %. Für die Bundesrepublik wird auf dieser Preisbasis eine Steigerung von + 7,1 % angegeben. Schon hieraus läßt sich ableiten, daß die Bundesrepublik Deutschland — zumindest im ersten Halbjahr 1971 — nicht die höchste Zuwachsrate des gesamtwirtschaftlichen Deflationierungsfaktors in den westeuropäischen Ländern aufwies. Im übrigen ist die Bundesregierung in Übereinstimmung mit dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der Auffassung, daß der Preisindex für die Lebenshaltung besser geeignet ist, die Geldwertenwicklung wiederzugeben als der gesamtwirtschaftliche Deflationierungsfaktor. Die Gründe hierfür hat sie wiederholt ausführlich dargelegt, zuletzt am 10. und 14. September 1971 bei der Beantwortung von Anfragen der Abgeordneten Leicht und Strauß (vgl. zu Drucksache VI/2556, Seite 21-25). Anlage 36 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Eppler vom 27. Januar 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Meister (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Fragen B 15 und 16) : Wie hoch ist prozentual der Anteil der Entwicklungshilfe in den Jahren 1970, 1971 und 1972 am Bruttosozialprodukt? Wie errechnen sich diese Beträge, wenn man den Anteil der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Gemeinschaft mit hineinbezieht? Der prozentuale Anteil der Entwicklungshilfe am BSP (nur öffentliche Leistungen zu Vorzugsbedingungen) lag im Jahre 1970 bei 0,32 % und 1971 bei 0,31 % (vorläufiges Ergebnis). Der Anteil für 1972 läßt sich noch nicht errechnen. Die Beiträge der BRD zum EWG-Entwicklungsfonds sowie die sonstigen Leistungen an die Europäischen Gemeinschaften, die den Entwicklungsländern zufließen, sind in den Prozentsätzen zu Frage 1 enthalten. Anlage 37 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 26. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Müller (Mülheim) (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage B 17) : Ist daran gedacht, die Bemühungen im Umweltschutz dadurch zu unterstützen, daß Spenden an Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes in Zukunft von der Steuer abgezogen werden können, bzw. welche Gründe bestehen gegen eine Aufnahme des Umweltschutzes in die Anlage 7 zu § 10 b des Einkommensteuergesetzes und der Einkommensteuerrichtlinien? Ihre vorbezeichnete Frage beantworte ich wie folgt: Nach § 10 b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes — EStG — sind Ausgaben für gemeinnützige Zwecke als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn diese Zwecke als besonders förderungswürdig anerkannt worden sind. Auf dem Gebiet des Umweltschutzes hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates aufgrund des § 48 Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung — EStDV — folgende gemeinnützige Zwecke als besonders förderungswürdig anerkannt: 1. Die Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege, 2. die Förderung des Tierschutzes, 3. die Bekämpfung der Tierseuchen, 4. die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des Reichsnaturschutzgesetzes. Darüber hinaus sind Zuwendungen an folgende Organisationen, die sich die Bekämpfung nachteiliger Einwirkungen auf die natürliche Umwelt zum Ziel gesetzt haben, als steuerbegünstigt anerkannt worden (Anordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund des § 48 Abs. 4 EStDV, Abschnitt 111 Abs. 2 der Einkommensteuerrichtlinien) : 1. Die Vereinigung Deutscher Gewässerschutz e. V., 2. der Deutsche Naturschutzring e. V., 3. der Verein Naturschutzpark e. V., 4. der Deutsche Rat für Landespflege. Auf Grund dieses Katalogs ist es dem einzelnen Bürger schon jetzt möglich, Spenden zur Förderung des Umweltschutzes auf Teilbereichen unter Beachtung der Höchstbeträge steuermindernd geltend zu machen. Die Bundesregierung hält es jedoch in Anbetracht der besonderen Bedeutung des Umweltschutzes für die Allgemeinheit für erforderlich, über diese Möglichkeiten hinaus weitere Anreize zur Förderung des Umweltschutzes zu schaffen. Die von Ihnen aufgeworfene Frage wurde deshalb mit den obersten Finanzbehörden der Länder erörtert. Auch die Länder waren allgemein der Auffassung, daß eine Anerkennung des Umweltschutzes als besonders förderungswürdiger Zweck zu bejahen sei. Es sei aber notwendig, genau festzulegen, was in diesem Zusammenhang unter „Umweltschutz" zu verstehen sei, damit eine klare Abgrenzung möglich sei. Wegen der Abstimmung der Formulierung ist mit dem für den Umweltschutz zuständigen Bundesminister des Innern und mit dem Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Verbindung aufgenommen worden. Es ist u. a. daran gedacht, die Reinerhaltung von Wasser und Luft, die Lärmbekämpfung und die Abfallbeseitigung als beson- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 9611 ders förderungswürdige Zwecke anzuerkennen. Sobald hierüber Einigung erzielt ist, wird die Angelegenheit nochmals mit den Ländern erörtert, weil die Anerkennung durch eine Verwaltungsanordnung erfolgt, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Ergänzend möchte ich noch bemerken, daß die Bundesregierung auch bei der Steuerreform die Förderung des Umweltschutzes durch steuerliche Anreize vorgesehen hat. Anlage 38 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 26. Januar 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Burger (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Fragen B 18 und 19) : Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Menge des aus dem Ausland in die Bundesrepublik Deutschland eingeschmuggelten Sprits? Wie hoch ist der Steuerausfall für die Bundesrepublik Deutschland? Beim Alkoholschmuggel ist es nicht möglich, die Menge des eingeschmuggelten Alkohols zutreffend zu schätzen. Auf den Umfang des Schmuggels könnte nämlich nur aus der aufgedeckten Zahl von Schmuggelfällen und deren Ausmaß geschlossen werden. Die Aufgriffe beschränken sich aber beim Alkoholschmuggel auf typische Einzelfälle in großen Mengen, aus denen leider keine zuverlässigen Schlüsse auf den gesamten Schmuggel mit Alkohol gezogen werden können. Deshalb kann auch der Steuerausfall nicht näher beziffert werden. Anlage 39 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 26. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) Drucksache VI/3033 Frage B 20) : Trifft es zu, daß Zivilgerichtsprozesse über die Abgeltung von Detonationsschäden in Randgemeinden des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr, z. B. der Prozeß Ficker, Eschenbach-Bundesrepublik Deutschland, dauernd verschoben werden müssen, da sich US-Armee und Bundeswehr über den Verursacher des Schadens nicht einigen können, und kann dies vermieden werden? Es trifft zu, daß es in den Randgebieten des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr zu Erschütterungsschäden infolge von Sprengungen kommt und daß es in manchen Fällen Schwierigkeiten macht festzustellen, ob die einzelne Sprengung von der Bundeswehr oder den amerikanischen Streitkräften vorgenommen worden ist. Die Bearbeitung des Einzelfalles ist Aufgabe der bayerischen Landesbehörden, die dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen unterstehen. Ich bin daher in früheren Fällen von Sprengschäden beim Truppenübungsplatz Grafenwöhr, deren Behandlung Schwierigkeiten bereitete, vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen um Rat gebeten worden und habe ihm bereits im Jahre 1969 folgendes mitgeteilt: Sollte es der Landesbehörde insbesondere wegen sich widersprechender Auskünfte der Dienststellen der Bundeswehr und der amerikanischen Streitkräfte nicht möglich sein, in Schadensfällen dieser Art die Verantwortung für den Schaden mit Bestimmtheit einer der beiden Streitkräfte zuzurechnen, so hätte ich (in meiner doppelten Funktion als Sachwalter der Bundesfinanzen und der Interessen der ausländischen Streitkräfte) keine Bedenken dagegen zu erheben, daß solche Schäden unter Beachtung des Artikels VIII Abs. 5 (e) des NATO-Truppenstatuts reguliert werden. Eine solche Regulierung des Einzelfalles bedeutet folgendes: Kann nach gebührender Prüfung nicht geklärt werden, wer den Schaden verursacht hat, so kann die Landesbehörde die Frage schließlich dahingestellt bleiben lassen und ohne Rücksicht auf die Einlassung der Bundeswehr und der ausländischen Streitkräfte eine Entschädigung zahlen, die dann im Innenverhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den amerikanischen Streitkräften von den beiden Partnern je zur Hälfte zu tragen ist. Ich glaube, damit Ihre Frage beantwortet zu haben, ob solche Schwierigkeiten nicht vermieden werden können. Daß in solchen Zweifelsfällen auch Zivilprozesse nicht vorankommen, ist mir - Ende Dezember bisher nur in einem Fall bekannt geworden. Es handelt sich dabei um den auch schon von anderer Seite an mich herangetragenen Fall des Herrn Georg Ficker. Ich habe das Bayerische Staatsministerium der Finanzen Ende Dezember um eine Äußerung hierzu gebeten. Eine Antwort hierauf ist mir noch nicht zugegangen; ich nehme aber an, daß die Sache bald bereinigt sein wird. Anlage 40 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Griesau vom 25. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wuwer (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage B 21) : Welche Vorstellungen bestehen bei der Bundesregierung, die nachteiligen Folgen der Molkereisubvention zu beseitigen und damit volkswirtschaftlich unerwünschte Überkapazitäten abzubauen? Die Gewährung von Beihilfen zur Strukturverbesserung der Molkereiwirtschaft wurde — beginnend mit dem Jahre 1956 — in verstärktem Umfang seit 1967 notwendig, um die deutsche Milchwirtschaft im Zuge der schrittweisen Überführung in den Gemeinsamen Markt auf ein völlig neues Marktordnungssystem und einen größeren Wettbewerb vorzubereiten. Gleichzeitig sollte damit eine Ausschöpfung des technischen Fortschritts und eine Anpassung an die Änderungen auf der Nachfrageseite ermöglicht werden. 9612 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 Für die Förderung sind Richtlinien in Abstimmung mit den Ländern erlassen worden. In diesen sind das Verfahren und die Förderungsvoraussetzungen im einzelnen festgelegt. Die Zuständigkeit für die Förderung liegt bei den Ländern, die Strukturpläne unter Hinzuziehung eines Strukturbeirates aufzustellen haben. Das Einzelvorhaben muß sich in den Strukturplan einfügen. Im übrigen ist vor Baubeginn bei Vorhaben, die mehr als 1 Million DM an Beihilfen erfordern, eine obergutachtliche Stellungnahme der Bundesanstalt für Milchforschung, Kiel, oder der Süddeutschen Versuchs- und Forschungsanstalt für Milchwirtschaft in FreisingWeihenstephan einzuholen. Dabei ist insbesondere die Wirtschaftslichkeitsverbesserung nachzuweisen. Die strukturelle Anpassung brachte erhebliche Investitionen mit sich, die in der Mehrzahl der Fälle noch nicht oder erst in jüngster Zeit zum Abschluß gebracht werden konnten. Die in Teilbereichen durchgeführten Untersuchungen zum Beispiel hinsichtlich der Auszahlung oder der Kapazitätsauslastung erlauben daher noch keine umfassende und abschließende Aussage über den Erfolg. Die seit etwa einem Jahr zu verzeichnenden Veränderungen im Rohstoffaufkommen und der unterschiedliche Stand der Entwicklung in den einzelnen Regionen erfordern — das zeigt sich bereits jetzt — für die Zukunft eine stärkere Differenzierung. Ich habe daher die Anwendung der Richtlinien 1971 auf Neuvorhaben außer Kraft gesetzt, um — wie auch in den Vorjahren — die Förderungsvoraussetzungen der wirtschaftlichen Entwicklung anzupassen. Die für die Richtlinien 1972 vorgesehenen Änderungen werden eine weitere Straffung des Förderungsprogramms bewirken. Unter anderem sollen eine Ober- und Untergrenze festgelegt werden und künftig nur diejenigen kapazitätswirksamen Folgeinvestitionen beihilfefähig sein, die durch die Bereinigung des Produktionsprogramms der beteiligten Betriebe erforderlich werden. Den Ländern ist im übrigen mit den jeweils gültigen Richtlinien ein ausreichendes Instrumentarium in die Hand gegeben, die Einzelvorhaben unter Berücksichtigung der regionalen Gegebenheiten und unter Fortschreibung der Landesstrukturpläne an der Zielsetzung des Gesamtprogramms auszurichten. Ab 1973 soll das Programm — vorbehaltlich der Entscheidung des Planungsausschusses — als Gemeinschaftsaufgabe weitergeführt werden; es dürfte bis 1975 im wesentlichen seinen Abschluß gefunden haben. In einzelnen Regionen, z. B. in Schleswig-Holstein, Bayern und Hessen, ist ein späterer Abschluß nicht auszuschließen. Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß die Beihilfen zur Strukturverbesserung der Molkereiwirtschaft aufgrund der einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen nicht wie Eigenkapital behandelt werden, wie dies z. B. bei Maßnahmen der regionalen Wirtschaftsförderung der Fall ist. Hieraus resultiert, daß langfristig gesehen der Strukturwandel von der Milchwirtschaft finanziert werden muß. Daher kann der Milchwirtschaft selbst nicht an der Schaffung von Überkapazitäten gelegen sein. Anlage 41 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Griesau vom 25. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wuwer (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage B 22) : Wie ist der Standpunkt der Bundesregierung gegenüber einer Untersuchung der Forschungsgesellschaft für Agrarpolitik, derzufolge die Bundesrepublik Deutschland an hauptberufliche Bauern eine jährliche Apanage von 5000 DM bis 6000 DM zahlen könnte, ohne dadurch höhere Kosten als durch die bislang geübte Subventionspraxis zu haben und damit gleichzeitig zu erreichen, daß die personellen Einkommen in der Landwirtschaft fühlbar verbessert würden, was bei der bisherigen Subventionsregelung nicht der Fall ist? Die in Ihrer Frage genannte Untersuchung ist der Bundesregierung bekannt. Die in der Untersuchung geäußerte scharfe Kritik an der EWG-Agrarmarktpolitik hält die Bundesregierung für ungerechtfertigt. Dennoch sollten die Ergebnisse dieser Untersuchung eingehend diskutiert werden, um mögliche Ansätze für eine Verbesserung der Markt- und Preispolitik und damit der Einkommenspolitik zu prüfen. Die von Ihnen im Zusammenhang mit dieser Studie angeschnittene Frage ist sehr komplex. Im einzelnen sind dabei folgende Gesichtspunkte der Markt-, Preis- und Einkommenspolitik zu beachten: Direkte Einkommensübertragungen anstelle von Ausgaben für indirekte Maßnahmen können nicht für die Bundesrepublik isoliert, sondern nur im Rahmen der EWG gesehen werden. Der Fortfall wichtiger Marktstützungsmaßnahmen, wie Interventionspreise, Exporterstattungen, Denaturierungsprämien, hätte zur Folge, daß die Preise bei den Produkten, bei denen Überschüsse anfallen, beträchtlich zurückgehen würden. Infolge der Abhängigkeit der Agrarmärkte untereinander würde sich dies auch preissenkend auf die übrigen Agrarprodukte auswirken. Die Einkommenseinbußen der Landwirtschaft dürften in einem solchen Fall erheblich sein. Geht man davon aus, daß das landwirtschaftliche Angebot kurz- und mittelfristig insgesamt sehr unelastisch auf Preisänderungen reagiert, so dürfte der Rückgang der Einkommen größer sein als die Einsparung der Marktordnungsausgaben. Mit anderen Worten, die als Direktsubventionen gezahlten Marktordnungsausgaben könnten den Einkommensrückgang nicht ausgleichen. Zur Beseitigung der Überschüsse hat die Bundesregierung wiederholt Vorschläge unterbreitet (vgl. auch Agrarbericht 1971, S. 71 f.), die sie auch in Brüssel nachhaltig vertreten hat. Es muß allerdings zugegeben werden, daß der Spielraum der Markt- und Preispolitik zur Erhöhung der landwirtschaftlichen Einkommen immer enger wird. In der EWG ist bei den meisten Agrarprodukten die Selbstversorgungsgrenze erreicht oder sogar überschritten. Die EWG wird außerdem ab 1973 um drei Niedrigpreisländer erweitert und die USA haben harte handelspolitische Forderungen gegenüber der Gemeinschaft gestellt. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 9613 Aus diesen Gründen wird überlegt, wie Herr Bundesminister Ertl am vergangenen Mittwoch hier angedeutet hat, ob und inwieweit direkte Einkommensübertragungen in Ergänzung zu den bestehenden Maßnahmen zweckmäßig sind. Es muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß mit der Einführung von Einkommensübertragungen — abgesehen von der Höhe solcher Übertragungen - einige schwer lösbare Probleme verbunden sind, wie z. B. die Abgrenzung der Betriebe und der Verteilungsschlüssel. In der Untersuchung der Forschungsgesellschaft wird als wichtigste Voraussetzung für die Einführung direkter Einkommensübertragungen die Herstellung des Marktgleichgewichts auf den Agrarmärkten mit Hilfe von Produktionsregelungen gefordert. Wie bereits im Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim BML über Kontingentierung der Agrarproduktion eingehend dargelegt wurde, sind in der EWG die Voraussetzungen für eine Marktregelung mit Hilfe von Kontingenten u. a. mit Ausnahme bei Zucker z. Z. nicht gegeben. Anlage 42 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Ehrenberg vom 26. Januar 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schröder (Sellstedt) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Fragen B 23 und 24) : Entspricht es dem agrarstrukturellen Anliegen der rechtlichen Bestimmungen über die Gewährung von Landabgaberente (§§ 41 und 42 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte), wenn eine landwirtschaftliche Alterskasse einen Antrag auf Gewährung von Landabgaberente bei Erfüllung aller sonstigen Bedingungen allein mit der Begründung ablehnt, daß der Pächter der aufnehmenden Flächen noch nicht ein Jahr landwirtschaftlicher Unternehmer ist, obgleich feststeht, daß dieser landwirtschaftliche Unternehmer als Pächter und Hoferbe mit sehr großer Wahrscheinlichkeit den von ihm seit kurzem bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betrieb, dem landwirtschaftlich genutzte Flächen auf dein Pachtwege hinzugeschlagen werden sollen, auch in Zukunft bewirtschaften wird? Wie will die Bundesregierung sicherstellen, daß junge landwirtschaftliche Unternehmer, die durch vorweggenommene Erbfolge, gesetzliche Erbfolge oder durch Pachtung landwirtschaftliche Unternehmer geworden sind, ohne diesen Status bereits ein Jahr zu besitzen, die Möglichkeit erhalten, Flächen im Sinne der §§ 41 und 42 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte aufzunehmen, ohne daß dem Landabgeber die Gewährung von Landabgaberente verweigert wird? Die von Ihnen angesprochene Entscheidung einer landwirtschaftlichen Alterskasse entspricht dem geltenden Recht. Die Bundesregierung hat aber bereits für die nächste Novellierung des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte eine Änderung dahingehend in Aussicht genommen, daß eine Abgabe dann strukturverbessernd ist, wenn das aufnehmende Unternehmen seit einem Jahr bestanden hat. Dann wird es einem Hofnachfolger möglich sein, unmittelbar nach der Hofübernahme Flächen mit der Folge anzupachten, daß dies für den Verpächter als strukturverbessernd anerkannt werden kann. Anlage 43 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Ehrenberg vom 25. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Link (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage B 25) : Trifft es zu, daß ein Altersrentner, der während seiner aktiven Arbeitstätigkeit von der gesetzlichen Krankenversicherung befreit war und nunmehr eine Tätigkeit als Arbeiter oder Angestellter unterhalb der Versicherungspflichtgrenze aufnimmt, insofern doppelte Nachteile erleidet, als er zusätzlich zu einem privaten Krankenversicherungsschutz Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung werden muß und der Rentenversicherungsträger seinen Beitragszuschuß für die private Krankenversicherung einstellt? Es trifft zu, daß die Vorteile der Krankenversicherung der Rentner dann entfallen, wenn der Renten- Bezieher eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Arbeiter oder als Angestellter aufnimmt. Er wird dann so gestellt wie jeder andere Versicherungspflichtige Arbeitnehmer, der für seinen Krankenversicherungsschutz Beiträge zu zahlen hat. Für versicherungspflichtig beschäftigte Rentenbezieher entfällt daher die beitragsfreie Versicherung oder, wenn sie von der gesetzlichen Krankenversicherung befreit sind, der Beitragszuschuß für die private Krankenversicherung. Was Sie als Nachteil ansehen, ist eine Folge der Gleichbehandlung der Arbeitnehmer, zu denen auch ein Rentenbezieher zu rechnen ist, der eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Arbeiter oder als Angestellter ausübt. Eine andere Regelung wäre auch deswegen nicht vertretbar, weil der Arbeitnehmer, der neben seinem Arbeitsentgelt noch eine Rente bezieht, nicht besser gestellt werden kann als ein Arbeitnehmer, der nur auf sein Arbeitseinkommen angewiesen ist. Anlage 44 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 27. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage B 26) : Hat die Bundesregierung die organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen dafür geschaffen, daß bei Manövern der Bundeswehr die militärischen Übungen in Zukunft nur noch in Zusammenarbeit mit den Ämtern und Dienststellen des Bevölkerungsschutzes durchgeführt werden, um sicherzustellen, daß die angenommenen Situationen auch die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung einschließen und dem Gedanken des Schutzes der Zivilbevölkerung Rechnung getragen wird? Bereits in der Vergangenheit sind die größeren Manöver und Übungen der Bundeswehr, z. B. die Übungen der FALLEX/WINTEX-Serie, in Zusammenarbeit mit den zuständigen zivilen Behörden durchgeführt worden, um die Auswirkungen militärischer Aktionen auf die Zivilbevölkerung festzustellen und zu berücksichtigen. Eine Ausdehnung dieser Zusammenarbeit auf alle Manöver und Übungen der Bundeswehr er- 9614 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 scheint wegen der verschiedenen Zielsetzungen und der beträchtlichen finanziellen Aufwendungen nicht angebracht. Die Bundesregierung ist jedoch bemüht, bei Manövern und Übungen der Bundeswehr die Zusammenarbeit mit den Organen der Zivilverteidigung zu intensivieren. Bei dieser Gelegenheit darf ich auf die gute und verständnisvolle Zusammenarbeit hinweisen, die bei gemeinsamen Übungen auf ziviler und militärischer Seite stets anzutreffen war. Anlage 45 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 27. Januar 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache VI/3033 Fragen B 27 und 28) : Inwieweit ist der Unfallrettungsdienst der Bundeswehr bereits ausgebaut und mit den zivilen Unfallrettungsdiensten verzahnt? Bis wann ist mit dem Ausbau des Unfallrettungsdienstes beim Bundeswehrkrankenhaus Amberg in der Oberpfalz zu rechnen? Der Sanitätsdienst der Bundeswehr trägt bereits seit Jahren durch den Einsatz von Personal und Material zu einer Verbesserung des Unfallrettungsdienstes bei. Auf die Hilfeleistungen des Such- und Rettungsdienstes der Luftwaffe und Marine und die Unterstützung der Hilfsorganisationen durch Sanitätspersonal der Bundeswehr darf ich in diesem Zusammenhang ebenfalls hinweisen. Um die Beteiligung der Bundeswehr am zivilen Rettungsdienst noch stärker zu intensivieren wurde am 2. November 1971 am Bundeswehrkrankenhaus Ulm ein Testrettungszentrum in Betrieb genommen, welches an den vom Deutschen Roten Kreuz getragenen Rettungsdienst der Stadt Ulm angeschlossen wurde. Darüber hinaus hat der Bundesminister der Verteidigung die Beschaffung von Unfallrettungswagen (Notarztwagen) sowie den Einsatz von speziell ausgerüsteten Rettungshubschraubern angeordnet. Die Unfallrettungswagen werden an den Bundeswehrkrankenhäusern, die Hubschrauber an den Rettungszentren der Bundeswehr stationiert. Sie werden nicht nur kranken und verletzten Bundeswehrangehörigen, sondern auch zivilen Notfallpatienten zur Verfügung stehen. Es sei nochmals ausdrücklich betont, daß der Einsatz des Sanitätsdienstes der Bundeswehr im Rahmen des Unfallrettungsdienstes mit Rücksicht auf den Verteidigungsauftrag der Bundeswehr und den Verantwortungsbereich der Länder und Gemeinden nur unterstützenden Charakter haben kann. Der Einsatz des Sanitätsdienstes der Bundeswehr soll daher nur über die zivile Rettungsleitstelle, der auch die zivilen Organisationen angeschlossen sind, erfolgen. Zu Ihrer weiteren Frage hinsichtlich des Ausbaus des Unfallrettungsdienstes am Bundeswehrkrankenhaus Amberg bemerke ich, daß beabsichtigt ist, noch in diesem Jahr einen Rettungswagen an diesem Bundeswehrkrankenhaus zu stationieren. Dieses Fahrzeug, das mit Personal der Bundeswehr besetzt wird, soll dem zivilen Unfallrettungsdienst der Stadt Amberg angegliedert werden. Anlage 46 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 25. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage B 29) : Halt die Bundesregierung es nicht für notwendig, die Zigarettenreklame in Rundfunk und Fernsehen für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu verbieten, nachdem folgende Länder ein solches Verbot ausgesprochen haben: Dänemark, Großbritannien, Frankreich, Italien, die Niederlande, Norwegen, Schweden, die Schweiz, die Tschechoslowakei, Rumänien, die Sowjetunion, Argentinien, Neuseeland, Burma, Somalia und in Bulgarien sogar das Rauchen an einem Arbeitsplatz untersagt ist, an dem einer der Beschäftigten Nichtraucher ist? Die Bundesregierung hält ein absolutes gesetzliches Verbot der Werbung für Zigaretten in Rundfunk und Fernsehen zur Zeit für nicht erforderlich, da bereits auf Grund der freiwilligen Vereinbarung der Deutschen Zigarettenindustrie zur Beschränkung der Werbung auf dem Zigarettenmarkt die Fernseh- und Rundfunkwerbung für Zigaretten ab 31. Dezember 1972 eingestellt wird. Anlage 47 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 25. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Weber (Heidelberg) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage B 30) : Welche Schritte hat die Bundesregierung seit November 1971 unternommen, um die zukünftige finanzielle und organisatorische Gestaltung des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg zu gewährleisten? Die Bundesregierung leistet auch im Jahre 1972 entsprechend einer Vereinbarung mit dem Land Baden-Württemberg aus dem Jahre 1964 einen Anteil von 50 % an den Betriebskosten des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg (8 103 500 DM). Unabhängig davon ist beabsichtigt, 1972 eine einmalige Sonderleistung in Höhe von 1 252 400 DM zur Verfügung zu stellen, um den Übergang der ersten Betriebsstufe in die Betriebsendstufe zu erleichtern. Die Beratungen hierüber finden in Kürze Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 9615 im Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages statt. In der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung sind gegenwärtig Verhandlungen im Gange, in denen das Beteiligungsverhältnis bei Forschungseinrichtungen, die bisher von Bund und Ländern gemeinsam finanziert wurden, geregelt werden soll. Ob und inwieweit sich dies in Zukunft auf einen anderen Finanzierungsschlüssel auch beim Deutschen Krebsforschungszentrum auswirkt, hängt von dem Ausgang der Verhandlungen ab. Anlage 48 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 26. Januar 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Häfele (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Fragen B 31 und 32) : Treffen Pressemeldungen zu, wonach die Arbeiten zur Elektrilizierung der Schwarzwaldbahn zwischen Offenburg und Villingen umgehend in Angriff genommen werden sollen? Wie erklärt die Bundesregierung den Widerspruch zwischen diesen Pressemeldungen und den Antworten des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 10. November 1971 auf meine Schriftlichen Anfragen (Drucksache V1/2792, Fragen B 19 und 20), wonach mit den Elektrifizierungsarbeiten voraussichtlich frühestens 1973 begonnen werden kann? Es kann nach Mitteilung der Deutschen Bundesbahn bestätigt werden, daß auf Grund des dringenden Wunsches des Landes Baden-Württemberg nach einem baldigen Elektrifizierungsbeginn für die Schwarzwaldbahn neue Überlegungen zur Terminfrage angestellt werden. Eine abschließende Behandlung durch die Organe der Deutschen Bundesbahn ist jedoch noch nicht erfolgt. Die Angaben vom 10. November 1971 entsprechen dem bisher vorliegenden Wirtschaftsplan 1972 der Deutschen Bundesbahn. Falls sich hierzu noch nachträgliche Änderungen ergeben sollten, werde ich Sie gerne sofort unterrichten. Anlage 49 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 26. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmidt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage B 33) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um durch entsprechende Verkehrsbedienungen der Deutschen Bundespost oder auch der Deutschen Bundesbahn (Ausbau der Linie Wiesbaden—Hofheini) der Bevölkerung von Wildsachsen an Wochenenden eine Busverbindung nach Wiesbaden zu schatten? Die Bundesregierung sieht z. Z. keine Möglichkeit, eine Bahn- oder Postbusverbindung an Wochenenden von Wildsachsen nach Wiesbaden zu schaffen. Das Verkehrsaufkommen ist zu gering; deshalb mußten im Jahre 1971 die Bahnbusfahrten an den Wochenenden eingestellt werden. Anlage 50 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 26. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage B 34) : Welche Verbesserungen der Bahnsteiganlagen in Schweinfurt-Hauptbahnhof sind angeordnet oder unverzüglich zu erwarten, uni vor allem den zahlreichen Arbeitern der Industriestadt, die täglich die Deutsche Bundesbahn benutzen, den Wetterschutz zu bieten, der ansonsten auch auf weit kleineren Bundesbahnhöfen selbstverständlich ist? Die Bahnsteige im Bahnhof Schweinfurt Hbf sind - wie mir die Deutsche Bundesbahn (DB) mitteilte - im Bereich der Bahnsteigunterführungen auf eine Lange von 40 m in einfacher Holzkonstruktion überdacht. Eine Erneuerung und Erweiterung der Überdachung ist z. Z. nicht geplant. Ein solches Vorhaben könnte auch z. Z. nicht finanziert werden, weil die zur Verfügung stehenden Mittel für dringlichere Maßnahmen (z. B. zur Erhaltung der Betriebssicherheit) verwendet werden müssen. Die DB wird jedoch prüfen, ob mit geringen Mitteln zusätzliche Wetterschutzanlagen einfacher Art geschaffen werden. Die Bahnsteige selbst sind in gutem Zustand. Sie wurden im letzten Jahr mit neuen Bahnsteigkanten und einer Schwarzdecke versehen. Anlage 51 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vorn 26. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage B 35) : Kann die Bundesregierung die Zusicherung des Präsidenten der Bundesbahndirektion Nürnberg in bezug auf den Bahnhof Scliweinfurt-Sennfeld bestätigen und konkretisieren, daß „die Neugestaltung für diesen Bahnhof bereits geplant sei", und weiter, daß für dieses Projekt in absehbarer Zeit Mittel zur Verfügung stehen und mit der Errichtung eines ordentlichen, wenn auch nicht aufwendigen Gebäudes begonnen werden kann? Das baufällige Empfangsgebäude in Schweinfurt- Sennfeld mußte im letzten Jahr wegen Einsturzgefahr z. T. abgebrochen werden. Die Planung für ein neues Gebäude ist fertiggestellt. Die Baukosten betragen einschließlich Vorplatzgestaltung etwa 220.000,— DM. Sofern die zur Verfügung stehenden Wirtschaftsmittel nicht ausschließlich für dringlichere Vorhaben verwendet werden müssen, wird die DB mit dein Neubau noch in diesem Jahr beginnen. 9616 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 Anlage 52 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vorn 26. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage B 36) : Ist der Bundesregierung der katastrophale Zustand der Bundesstraße 3 innerhalb der Ortsdurchfahrt durch die Gemeinde Schallstadt-Wolfenweiler im Landkreis Freiburg bekannt, und kann die Bundesregierung mitteilen, wann mit der Zurverfügungstellung der für das Haushaltsjahr 1971 bereits bewilligten, aber später gesperrten Bundeszuschüsse für den Ausbau dieser Ortsdurchfahrt gerechnet werden kann? Die Verkehrsverhältnisse innerhalb der Ortsdurchfahrt Schallstadt-Wolfenweiler im Zuge der Bundesstraße 3 sind dem Bundesminister für Verkehr bekannt. Ausbaumaßnahmen dieser Größenordnung an Bundesstraßen werden allerdings von der Landesstraßenbauverwaltung in eigener Zuständigkeit im Auftrag des Bundes durchgeführt, so daß der Bundesminister für Verkehr damit im einzelnen nicht befaßt ist. Ich bin jedoch von dem örtlich zuständigen Regierungspräsidium Südbaden davon unterrichtet, daß die Arbeiten im kommenden Frühjahr anlaufen und nach Möglichkeit noch in diesem Jahre zum Abschluß gebracht werden. Anlage 53 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 26. Januar 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Fragen B 37 und 38) : Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, oh und in welchem Umfange Personalanforderungen des Luftfahrtbundesamts seit 1968 nicht bewilligt worden sind? Treffen Informationen zu, daß einige hundert beim Luftfahrtbundesamt vorliegende Anträge aus Gründen des Personalmangels nicht bearbeitet werden können, und, wenn ja, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die zügige Bearbeitung sicherzustellen? Die Zahl der seit dem Jahre 1968 dem Luftfahrt-Bundesamt nicht bewilligten Stellen bitte ich folgender Gegenüberstellung zu entnehmen: Anforderung Bewilligung 1968 10 4 1969 12 8 1970 21 14 1971 13 11 1972 76 noch offen Dabei ist darauf hinzuweisen, daß in der Größenordnung der Personalanforderung neben den fachlichen Notwendigkeiten auch die aus der jeweiligen allgemeinen Haushaltslage folgenden Gründe und die Situation auf dem Arbeitsmarkt zum Ausdruck kommen. Dem Luftfahrt-Bundesamt obliegt die Wahrnehmung einer Vielzahl unterschiedlicher Aufgaben. Dabei wird das Luftfahrt-Bundesamt teils auf Antrag, teils von amtswegen tätig. Zu dem Bereich, in dem für das Verwaltungshandeln eine Antragstellung erforderlich ist, gehören u. a. die Aufgabengebiete der Verkehrszulassung, der Prüfung von Luftfahrtpersonal, der Musterprüfung und Musterzulassung sowie der Stück- und Nachprüfung und nicht zuletzt die flugbetriebliche, technische und wirtschaftliche Begutachtung für die Genehmigung von gewerblichen Unternehmen als Luftfahrtunternehmen. Die Behandlung der Anträge dauert in den einzelnen Fachgebieten nach der Natur der Sache unterschiedlich lang. Dabei ist festzustellen, daß die Anträge bisher in der Regel noch in angemessener Zeit erledigt werden konnten; andererseits ist nicht zu verkennen, daß trotz verschiedener Maßnahmen (Rationalisierung, Einsatz von Aushilfskräften, Schwerpunktbildung) die Wartezeiten für die abschließende Behandlung der Anträge in den letzten Jahren größer geworden ist. Dieser durch die Zunahme des Luftverkehrs eingetretenen Entwicklung kann über die Erhöhung des Personalbestands nur mit einer zeitlichen Phasenverschiebung Rechnung getragen werden. Zu dem Bereich, in dem das Luftfahrt-Bundesamt von amtswegen tätig wird, gehören insbesondere die laufende Unternehmensüberwachung in technischer, flugbetrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht, die Unfalluntersuchung, Unfallverhütung, die Herausgabe von Lufttüchtigkeitsanweisungen und die Bearbeitung von Bau-, Prüfungs- und Betriebsvorschriften. Der auch in diesem Bereich zunehmend wachsende Arbeitsanfall zwingt jedoch ebenfalls zu einer unverzüglichen Vermehrung der mit diesen Aufgaben betrauten Kräfte. Anlage 54 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 26. Janunar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Fellermaier (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage B 39) : Hält es die Bundesregierung für zweckmäßig, Feuerwehrfahrzeuge mit Lenkhilfen auszurüsten, und ist sie bereit, in dieser Richtung auf die Länder einzuwirken, nachdem beispielsweise in Bayern der Einbau von Lenkhilfen bisher nicht gestattet ist? Nach den z. Z. geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften (§ 38 StVZO) muß die Lenkvorrichtung ein leichtes und sicheres Lenken des Fahrzeugs ge- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 9617 währleisten, und sie ist, wenn nötig, mit einer Lenkhilfe zu versehen. Die Frage, wann die Notwendigkeit gegeben ist, eine Lenkhilfe einzubauen, konnte in der Vergangenheit nicht immer zweifelsfrei beantwortet werden, zumal die gleichen Vorschriften speziell bei Kraftomnibussen auf die Achslast der Vorderachse als Bezugsmerkmal abstellen. In Anlehnung an die EWG-Richtlinie des Rates vom 8. Juni 1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Lenkanlagen von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 133 vom 18. Juni 1970) soll in den Bau- und Ausrüstungsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) künftig die Betätigungskraft als Bezugsmerkmal gewählt werden. Sinngemäß werden die Vorschriften dann fordern, daß die Betätigungskraft (z. B. am Lenkrad) beim Übergang von der Geradeausfahrt zum Lenkeinschlag, der zur Erzielung des Wendekreises von 12 m Halbmesser erforderlich ist, 25 kg nicht überschreiten darf. Mit welchen konstruktiven Maßnahmen (entsprechende Übersetzung, Lenkhilfe usw.) dieser Wert eingehalten wird, ist dann freigestellt, d. h. man wird nicht generell den Einbau von Lenkhilfen fordern können. Die Bestimmungen der StVZO gelten auch für Feuerwehrfahrzeuge. Ausnahmen sind nur zulässig, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dringend geboten ist (§ 70 Abs. 3 StVZO). Anlage 55 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 26. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Wichert (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage B 40) : Halt es die Bundesregierung für vertrelbar, daß bei Eilzustellungen im ländlichen Bereich diese Eilzustellung nur im Rahmen der üblichen einmaligen Postzustellung erfolgt, so daß die Zeitersparnis durch Eilbotenzustellung allenfalls den üblichen Postausleilungsweg verkürzt, aber sonst keine nennenswerte Beschleunigung mit sich bringt? Das Sonderverlangen „Eilzustellung" bewirkt, daß die Sendung nach der Ankunft bei der Bestimmungs-Postanstalt (z. B. auch einer Poststelle im ländlichen Bereich) unabhängig von der allgemeinen Zustellung durch besonderen Boten zugestellt wird. Seiner Rechtsnatur und seiner betrieblichen Ausgestaltung nach bezieht sich dieser Sonderdienst allerdings nur auf die Zustellung, d. h. auf die Auslieferung der Sendungen am Bestimmungsort. Dorthin befördert werden die Sendungen mit regelmäßigen Postverbindungen. Das gilt auch für die Orte im ländlichen Bereich. Anlage 56 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vorn 26. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Link (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage B 41) : Ist geplant, bei der angekündigten Erhöhung der Grundgebühr für Fernsprechanschlüsse Schwerbeschädigte, Sozialhilfeempfänger, alte und pflegebedürftige Menschen von der Erhöhung auszunehmen? Das ist nicht geplant. Die Deutsche Bundespost ist als wirtschaftliches Unternehmen im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages nicht zur Wahrnehmung von Sozialmaßnahmen berufen. Sie muß ihre Ausgaben aus ihren Einnahmen bestreiten und sieht daher keine Möglichkeit, Sozialtarife einzuführen und dabei auf Einnahmen zu verzichten. Anlage 57 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Ravens vom 27. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache VI/3033 Frage B 42) : Sieht die Bundesregierung im Hinblick auf die jüngsten Vorfalle im In- und Ausland und unter Berücksichtigung auch meiner mündlichen Anfrage vom 16. August 1971 Veranlassung, die Bestimmungen zu verbessern, die die Sicherheit in Hochhäusern, Warenhäusern und Hotels garantieren sollen? Seit der Anfrage vom 16. August 1971 haben sich keine neuen Gesichtspunkte hinsichtlich einer Änderung oder Ergänzung der Schutzforderungen in Wohnhochhäusern ergeben. Die in den Bauordnungen der Länder vorgesehenen Maßnahmen für Warenhäuser und Hotels werden als ausreichend erachtet. Im übrigen darf ich nochmals, wie auch schon in meiner Antwort zur Anfrage vorn 16. August 1971, auf die Zuständigkeit der Länder im Bauordnungsrecht verweisen. Anlage 58 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 26. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Walz (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage B 43) : Sind — gegebenenfalls wo — die 12 Fachzentren für Hochschuldidaktik mit insgesamt 120 Stellen für Wissenschaftler und 120 Stellen für technisches Personal usw. eingerichtet worden, die nach dem 4. Entwurf für einen Bildungsgesamtplan vom 27. September 1971 „sofort einzurichten sind"? 9618 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 Auf staatlicher Seite fällt aufgrund der verfassungsmäßig geregelten Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern die Initiative auf diesem Gebiet zunächst den Ländern zu, die bereits Vorstellungen für ein Institutionalisierungskonzept entwickelt haben, das eine größere Zahl fachorientierter Institute vorsieht. Mir ist aber bekannt, daß sich die Westdeutsche Rektorenkonferenz sowie eine Reihe von Hochschulen bereits mit der Institutionalisierung der Hochschuldidaktik befassen. Auf die Einhaltung des Zeitplans durch die Länder hat die Bundesregierung keinen Einfluß. Sie nimmt aber an, daß im Jahre 1972 die Institutionalisierung der Hochschuldidaktik in den Hochschulen fortschreiten wird. Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß der Zwischenbericht über den Bildungsgesamtplan und ein Bildungsbudget im rechtlichen Sinne eine Empfehlung der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung an die Regierungschefs von Bund und Ländern darstellt und diesen gemäß Artikel 9 des Verwaltungsabkommens zwischen Bund und Ländern über die Errichtung einer gemeinsamen Kommission für Bildungsplanung vom 25. Juni 1970 zur Beratung und Beschlußfassung vorgelegt werden muß. Ein Beschluß, der die Zustimmung von mindestens neun Regierungschefs voraussetzt und nur diejenigen bindet, die ihm zugestimmt haben, ist bisher nicht gefaßt. Anlage 59 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 26. Januar 1972 auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Walz (CDU/CSU) (Drucksache VI/3033 Frage B 44) : In welchem Stadium befinden sich die Vorbereitungen zur Entwicklung von Testverfahren als Hilfsmittel bei der Studienwahl, wie sie als Maßnahmen zur Reform des Hochschulzugangs im revidierten 4. Entwurf für einen Bildungsgesamtplan genannt werden? Da die Testforschung und -entwicklung in der Bundesrepublik noch am Anfang steht, konzentrieren sich die Maßnahmen der Bundesregierung gegenwärtig auf die Förderung von Grundlagenuntersuchungen. So werden derzeit im Auftrag des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft im Rahmen eines empirischen Forschungsvorhabens die Ursachen untersucht, die zu Orientierungsproblemen und erfolgsbeeinträchtigenden Schwierigkeiten bei Studierenden führen. Ferner werden an Hand einer repräsentativen Stichprobe diagnostische Untersuchungsverfahren (Persönlichkeitstests) auf ihre Anwendungsmöglichkeiten als Hilfsmittel bei der Studienwahl untersucht. Die Ergebnisse werden insbesondere bei der Beratung von Absolventen der Sekundarstufe II (Oberstufe der Gymnasien) zu berücksichtigen und hinsichtlich ihrer prognostischen Gültigkeit empirisch zu überprüfen sein. Die Bundesregierung beabsichtigt, sich im Rahmen von Modellversuchen auf der Grundlage von Vereinbarungen nach Artikel 91 b GG daran zu beteiligen. Sie ist zuversichtlich, daß im Jahre 1972 eine Reihe entsprechender Modellversuche gefördert werden kann. Anlage 60 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. von Dohnanyi vom 27. Januar 1972 auf die Schriftlichen Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Orth (SPD) (Drucksache V:3033 Fragen B 45 und 46) : Sieht die Bundesregierung keine Gefahr für die auf der Haager Gipfelkonferenz im Dezember 1969 erneut als notwendig proklamierte Forschung in dem vom Rat entgegen dem Vorschlag der Kommission beschlossenen Forschungs- und Ausbildungsprogramm nur für 1972, und welche Maßnahmen gedenkt sie im Rat zu ergreifen, damit jede Gefahr für den Fortbestand der Euratom beseitigt wird? Warum hat die Bundesregierung dem Ratsbeschluß der Europäischen Gemeinschaften zugestimmt, der den Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Form einer Ergänzung zum Haushaltsvorschlag 1972 zwecks Erhöhung des Personals der Euratom-Sicherheitskontrolle so abänderte, daß die beantragte Zahl von 32 Beamten auf die Hälfte reduziert und für diese noch nicht einmal die Mittel in dem Haushalt 1972 eingesetzt wurden? Zur ersten Frage: Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat am 20. Oktober 1971 einen Nachtragshaushaltsplan vorgelegt, mit dem sie den Personalbestand der Direktion Sicherheitskontrolle von 57 Personen um 32 auf 89 Personen verstärken wollte. Zur Begründung wies sie auf die seit 1968 um 25 % gestiegene Zahl der zu kontrollierenden Anlagen und um 100 % gestiegene Menge des zu kontrollierenden Materials sowie auf künftige Verpflichtungen aus dem noch abzuschließenden Verifikationsabkommen mit der IAEO hin. Während zunächst einige Staaten angesichts der mit der IAEO anlaufenden Verhandlungen jede und noch dazu eine derart massive Personalerhöhung für politisch inopportun hielten, ist die deutsche Delegation, ausgehend von der gestiegenen Zahl der Anlagen, für eine Erhöhung des Personals um 25 % eingetreten. Der Hinweis auf die um 100 % gestiegene Menge des Materials konnte bei Kenntnis des Kontrollverfahrens nicht überzeugen. Die deutsche Auffassung hat sich im Rat durchgesetzt. Zur zweiten Frage: Die Bundesregierung hat die Kommissionsvorschläge für ein neues Mehrjahresprogramm von Euratom nahezu vollinhaltlich unterstützt. Erst als die Ratstagung vom 6. Dezember gescheitert war, weil andere Mitgliedstaaten keine Möglichkeit sahen, ein solches Programm anzunehmen, sah sich die Bundesregierung am 20. Dezember 1971 gezwungen, im Kompromißwege zur Vermeidung eines programmlosen Zustandes einem einjährigen Übergangsprogramm zuzustimmen, um nicht den gesamten Haushalt der Gemeinschaft (und indirekt jede Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 167. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. Januar 1972 9619 künftige Forschungstätigkeit) zu gefährden. Dieses einjährige Übergangsprogramm und eine dazu verabschiedete Resolution enthält jedoch bereits die Ansatzpunkte für die nach Auffassung der Bundesregierung wichtigsten Merkmale eines künftigen Mehrjahresprogramms, die allein ,die Aufrechterhaltung einesgemeinschaftlichen Forschungspotentials rechtfertigen: Sinnvolle Einbettung in die Forschungstätigkeit der (künftig 10) Mitgliedstaaten durch Betonung der Aufgaben im öffentlichen Interesse (z. B. Zentralbüro für Kernmessungen, Reaktorsicherheit etc.) bei gleichzeitiger Öffnung zum nichtnuklearen Bereich (insbesondere Umweltschutz) und langfristige Aufgaben, vor allem auch im Bereich der reinen und angewandten Grundlagenforschung (z. B. Festkörperphysik, Materialforschung).
Gesamtes Protokol
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616700000
Die Sitzung ist eröffnet.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vorn 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
EG-Vorlagen
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über verstärkte Kunststofftanks für die Beförderung gefährlicher Stoffe auf der Straße
— Drucksache VI/3036 —
überwiesen an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (federführend), Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit, Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Gestaltung des Innenraums von Kraftfahrzeugen betreffend die im Fahrgastraum befindlichen inneren Teile außer dem (den) Innenrückspiegel(n), die Anordnung der Betätigungsteile, das Dach oder das Schiebedach, die Sitzteile und den rückseitigen Teil des Sitzes
Drucksache VI/3037 —
überwiesen an den Ausschuß für Verkehr und für das Post-und Fernmeldewesen mit der Bitte uni Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates (EWG) zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Gewichte von 1 mg bis 50 kg von höheren Genauigkeitsklassen als der mittleren Genauigkeit
— Drucksache VI/3038 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe
— Drucksache VI/3039 —
überwiesen an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend), Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit mit der Bitte urn Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung von Zubereitungen gefährlicher Stoffe (Lösemittel)

— Drucksache VI/3040 —
überwiesen an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung (federführend), Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit mit der Bitte urn Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates (EWG) zur Ergänzung der Verordnung Nr. 1009/67/EWG über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker
über den Absatz von Zucker aus Beständen der Interventionsstellen für Nahrungsmittelhilfsmaßnahmen durch Internationale Organisationen und für Eilmaßnahmen
zur Ergänzung der Verordnung (EWG) Nr. 2334/69 über die Finanzierung der Interventionskosten auf dem Binnenmarkt für Zucker
- Drucksache VI/3041 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend), Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Düngemittel
— Drucksache VI/3042 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Mitteilung der Kommission an den Rat und Entwurf einer Entschließung des Rates für die Gestaltung der Währungs-und Finanzbeziehungen in der Gemeinschaft
— Drucksache VI/3045 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte urn Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 213/67/EWG zur Festsetzung des Verzeichnisses der repräsentativen Märkte für den Schweinefleischsektor in der Gemeinschaft
— Drucksache Vl/3046 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Bereich des Verkehrs- und Wettbewerbsrechts der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
Drucksache VI/3050 —überwiesen an den Rechtsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/ CSU betr. Sofortprogramm zur Verbesserung der beruflichen Bildung
— Drucksache VI/2979 —Wünscht ein Mitglied der CDU/CSU-Fraktion das Wort zur Begründung? — Bitte schön, Herr Martin!

Dr. Berthold Martin (CDU):
Rede ID: ID0616700100
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der CDU/CSU legt Ihnen heute in Form eines Antrags ein Sofortprogramm zur Verbesserung der beruflichen Bildung vor, das erstens die Förderung überbetrieblicher Betriebseinrichtungen, zweitens die Weiterentwicklung des Berufsbildungsgesetzes sowie drittens die Förderung schulisch Benachteiligter und Leistungsschwacher als die zur Zeit in diesem Bereich dringendsten Probleme einer Lösung zuführen will. Wir haben uns bewußt große Beschränkungen auferlegt, um nicht ein Programm vorlegen zu müssen, das in absehbarer Zeit doch nicht verwirklicht werden kann. Die von uns vorgesehenen Maßnahmen müs-



Dr. Martin
sen bis 1975 verwirklicht werden, wenn wir nicht wollen, daß, wie es der Zentralverband des Deutschen Handwerks ausgedrückt hat, die Berufsbildung bei der Reform des Bildungswesens wie bisher benachteiligt bleibt.
Die CDU/CSU ist zwar mit der Bundesregierung der Ansicht, daß eine grundlegende Neuordnung der beruflichen Bildung erst dann erfolgen kann, wenn die vom Deutschen Bundestag 1969 eingesetzte Kommission Kosten und Finanzierung der beruflichen Bildung festgestellt sowie ihre Ergebnisse und Empfehlungen vorgelegt hat. Wir wissen aber, daß diese Ergebnisse erst 1973 vorliegen werden und daß die Umsetzung in gesetzliche Maßnahmen noch Jahre beanspruchen wird, so daß kaum vor 1975/76 mit der Realisierung einer solchen Neuordnung gerechnet werden kann. Für dieses Haus darf dieser Umstand aber nicht bedeuten, daß dieser wichtige Bereich - für die Mehrheit der Bevölkerung ist es der wichtigste — bis dahin auf Eis gelegt wird.
Der Deutsche Bundestag hat sich in den letzten Jahren intensiv mit bildungspolitischen Problemen beschäftigt. Wir können aber nicht umhin einzugestehen, daß wir die 1,3 Millionen Lehrlinge gegenüber den 400 000 Studenten an wissenschaftlichen Hochschulen zu sehr vernachlässigt haben. Der Deutsche Bundestag sollte heute unmißverständlich klarstellen, daß es uns bei den in der Berufsausbildung befindlichen Jugendlichen ernst ist mit der Forderung nach Chancengleichheit, Selbstverwirklichung der Person und Anrecht auf eine qualifizierte Ausbildung.
Wenn wir uns einigen Fakten in der beruflichen Bildung zuwenden, dann wird klar, daß es an der Zeit ist, unsere Anstrengungen auf diesem Gebiet zu vervielfachen. Die Hälfte aller Ausbildungsvorschriften, nach denen die Lehrlinge ausgebildet werden, ist über 30 Jahre alt. Über die Hälfte der Auszubildenden absolviert ihre Lehre in Klein- und Mittelbetrieben. Ein Drittel der Jugendlichen wechselt kurz nach Abschluß ihrer Lehre den Beruf. 50 % der Auszubildenden sind unzufrieden mit dem Beruf, den sie erlernen wollen. Die Zahl derjenigen, die bei den Jahresabschlußprüfungen durchfallen, beträgt in einigen Berufen bis zu 40 %.
Ähnlich alarmierend ist auch die Situation im schulischen Bereich. 40 % der Stellen für Berufsschullehrer sind nicht besetzt. Insgesamt fehlen in der Bundesrepublik 15 000 Berufsschullehrer.

(Abg. Dr. Nölling: Eine schöne Bilanz Ihrer Politik in der Vergangenheit!)

— Wir sind nicht 30 Jahre lang an der Regierung gewesen. Das sollten Sie einmal bedenken. — Wir stehen hier vor der Tatsache, daß oft nicht einmal die Mindestzahl von acht wöchentlichen Unterrichtsstunden erteilt werden kann. Hinzu kommt, daß die Lehrpläne der Berufsschulen und die Ausbildungspläne der Betriebe nicht ausreichend aufeinander abgestimmt sind. Die Folge dieser Mängel ist: die Auszubildenden erhalten viel zu oft keine zeitgemäße und fundierte Ausbildung. Bei vielen von ihnen ist schon bei Beginn der Lehre klar, daß sie einen Beruf erlernen, den sie in absehbarer Zeit
nicht mehr ausüben können. Wir sind uns alle darüber im klaren, daß insbesondere die Berufsbildung über Aufstieg, Erfolg, Verdienst und Ansehen des einzelnen entscheidet, und wir wissen auch, daß die Qualität der beruflichen Bildung langfristig auch die Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft bestimmt. Dieser Leistungsstand kann jedoch nicht bei sinkendem Niveau der Berufsausbildung garantiert werden.
In den vergangenen Jahren, meine Damen und Herren, haben wir alle erlebt, in welche Krise eine Radikalisierung auch nur eines kleinen Teiles der Studentenschaft die deutschen Hochschulen geführt hat. Wir wollen nicht etwas Ähnliches bei einem anderen Teil unserer Jugend erleben. Das heißt aber, wir dürfen die Probleme der beruflichen Bildung nicht vor uns herschieben, sondern müssen schrittweise versuchen, die größten Mißstände zu beseitigen. Die Verbesserung der beruflichen Bildung wird für uns ein wichtiger Prüfstein für die Reformwilligkeit und die Anpassungsfähigkeit unseres demokratischen Staates. Unserer Ansicht nach sollten die ersten Schritte für eine Verbesserung des beruflichen Bildungswesens dazu führen, den Lehrlingen durch Bereitstellung von überbetrieblichen Einrichtungen eine bessere Möglichkeit zur Ausbildung zu schaffen, die Ausbildung durch eine Weiterentwicklung des Berufsbildungsgesetzes zu intensivieren sowie die schulisch Benachteiligten und Leistungsschwachen sinnvoll in den Arbeitsprozeß einzugliedern.
Zur Förderung überbetrieblicher Bildungseinrichtungen schlagen wir vor, daß die Bundesregierung die Bundesanstalt für Arbeit auffordert und in den Stand setzt, zusammen mit den interessierten und betroffenen Organisationen einen Bedarfsplan für den Zeitraum bis 1975/76 zu erstellen, wobei insbesondere auf eine ausgewogene regionale und berufsfachliche Struktur geachtet werden muß. Dabei muß sichergestellt werden, daß alle Auszubildenden im Durchschnitt mindestens drei Monate ihrer Ausbildung in einer überbetrieblichen Bildungseinrichtung oder in einer gleichwertigen betrieblichen Einrichtung geschult werden. Diese Forderung erscheint uns unerläßlich, da von den rund 1,3 Millionen Lehrlingen lediglich 0,4 Millionen in betrieblichen Lehrwerkstätten ausgebildet werden. Es muß aber dafür gesorgt werden, daß auch für die bleibenden 900 000 Lehrlinge eine angemessene Ausbildung gesichert wird. Wir haben errechnet, daß hierfür etwa 75 000 überbetriebliche Ausbildungsplätze errichtet werden müssen. Dieses Programm erfordert Investitionen in Höhe von 2,25 Milliarden DM bis 1975. Bei einem gedachten Eigenanteil der Träger von beispielsweise 20 % wären mithin 1,8 Milliarden DM an Förderungsmitteln in einem Zeitraum von fünf Jahren bereitzustellen, also 360 Millionen DM pro Jahr.
Eine vernünftigere Ausbildung unserer Lehrlinge sollte die Bundesregierung und das Parlament veranlassen, mehr Mittel aus dem Bundeshaushalt als bisher für die berufliche Bildung bereitzustellen, zumal wichtige Ziele für die weitere Reform der Berufsbildung dadurch erleichtert werden: Erstens. Die



Dr. Martin
institutionellen Voraussetzungen für die Einführung des Berufsgrundbildungsjahres werden verbessert. Zweitens. Durch ein engeres Zusammenwirken zwischen Schulen und Beruf wird das Ausbildungsniveau insgesamt angehoben. Drittens. Die regionale und berufsfachliche Struktur wird verbessert, und Modellversuche zur Mehrzwecknutzung überbetrieblicher Bildungseinrichtungen, die neben der Ausbildung auch der Fortbildung dienen, können ausreichend gefördert werden. Bisher werden überbetriebliche Lehrwerkstätten aus den verschiedensten Etats gefördert: Bundesanstalt für Arbeit, Gewerbeförderung des Bundes, Ländermittel usw. Alles in allem dürften im vergangenen Jahr aber noch nicht einmal 100 Millionen DM für diesen wichtigen Zweck eingesetzt worden sein.
Die CDU/CSU sieht jedoch auch die Gefahr, daß angesichts der beengten Finanzmasse der öffentlichen Hand eine solche umfassende Förderung überbetrieblicher Einrichtungen scheitert oder nur bruchstückhaft verwirklicht wird. Deshalb fordert sie, daß die Haushaltsmittel von der Bundesanstalt für Arbeit eingesetzt und bis zur Höhe der benötigten Förderungsmittel ergänzt werden. Auf Grund ihrer bisherigen Erfahrungen und Kenntnisse ist die Bundesanstalt für Arbeit die geeignete Einrichtung zur Durchführung des Bedarfsplanes. Sie fördert schon heute überbetriebliche Bildungseinrichtungen in zunehmendem Maße, mit etwa 200 Millionen DM im Jahre 1972, davon etwa ein Drittel für Einrichtungen, die der Ausbildung dienen. Sofern die Bundesregierung nicht in der Lage ist, die verbleibenden Mittel zur Realisierung des Bedarfsplanes zur Verfügung zu stellen, muß nach Ansicht der CDU/CSU die Finanzkraft der Nürnberger Anstalt so weit gestärkt werden, daß die Verwirklichung des Bedarfsplans nicht gefährdet wird. Ob dies durch eine Erhöhung des Beitragssatzes zur Bundesanstalt für Arbeit oder besser durch Kreditfinanzierung geschehen soll, muß unter Berücksichtigung der konjunkturellen Situation und der Haushaltslage der Bundesanstalt für Arbeit in dem Zeitpunkt entschieden werden, in dem die zügige Durchführung des Bedarfsplans das erfordert. Die Finanzierungsfrage sollte nicht überschätzt werden. Eine Erhöhung des Beitragssatzes zur Nürnberger Anstalt um lediglich 0,1 Prozentpunkte hätte für 1971 bereits Mehreinnahmen von rund 300 Millionen DM erbracht.
Aber die Ausbildungsqualität, meine Damen und Herren, ist nicht nur durch die Unterrichtung in Lehrwerkstätten zu erhöhen. Ebenso wichtig erscheinen uns die Verbesserung des geltenden Rechts zugunsten der Lehrlinge sowie eine verbesserte Abstimmung von schulischer und praktischer Ausbildung. Darum liegt ein zweiter Schwerpunkt unseres Sofortprogramms auf der Weiterentwicklung des Berufsbildungsgesetzes.
Vordringlich sind in diesem Bereich nach unserer Ansicht folgende Maßnahmen:
1. Über eine Bund-Länder-Vereinbarung muß sichergestellt werden, daß zusammen mit den Ausbildungsordnungen Rahmenpläne für den Berufsschulunterricht erlassen werden. Auch sollten die
in der Berufsschule erbrachten Leistungen bei der Abschlußprüfung mit berücksichtigt werden.
2. Die Zahl der Ausbildungsberater muß gesetzlich erhöht werden.
3. Auszubildende sollten in bestimmtem Umfang für fördernde Bildungsmaßnahmen freigestellt werden.
4. Jeder Auszubildende soll in die Lage versetzt werden, allgemeinbildende Abschlüsse, insbesondere im Rahmen des zweiten Bildungsweges zu erwerben.
5. Die Berufsbildungsforschung muß als Grundlage einer modernen beruflichen Bildungspolitik verstärkt werden.
Die dritte Intention unseres Antrags ist ein Förderungsprogramm zugunsten schulisch Benachteiligter und Leistungsschwacher. Zu dieser Anregung sind wir durch die Tatsache veranlaßt worden, daß es in der Bundesrepublik heute über 240 000 Jugendliche im Ausbildungsalter gibt, die ohne Ausbildungsverhältnis leben. Es sollte selbstverständlich sein, auch diesen Jugendlichen durch eine ihren Fähigkeiten angemessene Ausbildung ein Höchstmaß an beruflichen Bildungschancen zukommen zu lassen. Bestimmte, auf die Bedürfnisse dieser Jugendlichen zugeschnittene Förderkurse und Ausbildungsprogramme müssen verstärkt werden, um ihnen die Chance zu geben, nicht zwangsläufig ungelernte Arbeiter zu werden.
Das Förderungsprogramm der CDU/CSU setzt sich daher zum Ziel, die leistungsschwachen und schulisch benachteiligten Jugendlichen über Förderkurse entweder in ein normales Ausbildungsverhältnis zu vermitteln oder zumindest durch eine berufliche Grundbildung zu schulen. Hierbei sollte an die Erfahrungen, die die Bundesanstalt für Arbeit bereits gesammelt hat, angeknüpft werden.
Die CDU/CSU-Fraktion legt dieses Sofortprogramm vor, da uns das seit November 1970 vorliegende Aktionsprogramm „Berufliche Bildung" enttäuscht hat. Es kündigt zwar alle Maßnahmen an, die lang-, mittel- oder kurzfristig auf diesem Gebiet möglich sind. Das Ergebnis ist bisher aber wenig ermutigend. Bis jetzt ist es leider nur bei diesen Ankündigungen geblieben, und nicht einmal die Ausbildungsordnungen und Rechtsverordnungen, die das in der Großen Koalition verabschiedete Berufsbildungsgesetz erst voll wirksam machen würden, kommen zügig voran.
Zu der schleppenden Behandlung dieses Aktionsprogramms durch die Bundesregierung nur ein Beispiel. Sie versprach in dem Programm eine besondere Förderung überbetrieblicher Lehrwerkstätten. Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat diese Förderung erst kürzlich erneut als Reformschwerpunkt bezeichnet und erklärt, daß sein Haus 1972 für diesen Zweck 5 Millionen DM eingeplant habe. Aber mit 5 Millionen DM können bestenfalls 340 Ausbildungsplätze geschaffen werden. Verglichen mit den dringend benötigten Plätzen können diese Ankündigungen der Bundesregierung nur als Augenwischerei bezeichnet werden. Bevor wir allen



Dr. Martin
alles versprechen, sollten wir konkret die gröbsten Mängel auf das Unumgängliche beschränken und das heute bereits Mögliche tun.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen und Zurufe bei der SPD.)

Unser Sofortprogramm basiert auf dem dualen System, das sich in der Vergangenheit nicht nur bewährt hat, sondern in zunehmendem Maß auch im Ausland übernommen wird. Ein enges Zusammenwirken von Betrieb, Berufsschule und überbetrieblichen Ausbildungsstätten garantiert eine optimale Nutzung der beruflichen Chancen.
Ich möchte an dieser Stelle eindringlich vor dem Glauben warnen, eine weitgehende Verschulung der beruflichen Bildung würde gleichfalls auch die heute noch bestehenden Mängel im Berufsbildungswesen lösen. Die Probleme würden nicht weniger, sondern mehr. Wie sollte allein die öffentliche Hand die notwendigen riesigen Investitionen aufbringen, wenn sie den Stand der Ausbildung garantieren wollte, wie sie schon heute in den Betrieben geleistet wird! Auch kann eine Vernachlässigung der praktischen Ausbildung im Betrieb nur zu einer Praxisferne führen, die im Interesse einer leistungsfähigen Wirtschaft nicht zu verantworten ist. Hinzu kommt, daß eine Verschulung der beruflichen Bildung allein ein Investitionsvolumen von rund 15 bis 20 Milliarden erfordern würde, eine Summe, die bei der gegenwärtigen Finanzlage mit Sicherheit nicht aufgebracht werden kann.
Hier sei auch davor gewarnt, von der totalen Verschulung Wunderdinge zu erwarten. Sie würde vielmehr dem internationalen Trend entgegenlaufen und die negativen Erfahrungen anderer Länder wiederholen. Seit 1968 werden in Amerika immer wieder Vorschläge und Experimente diskutiert, die eine enge Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen und Betrieben zum Ziele haben. Dies ist im Grunde ein Vorgriff auf die Wiedereinführung einer betrieblichen Lehre, ergänzt vor allem durch überbetriebliche Zentren, also ein Schritt auf das duale System. In der Sowjetunion sind ähnliche Bestrebungen festzustellen.
Ein kochindustrialisiertes Land wie die Bundesrepublik benötigt optimal ausgebildete Kräfte, und jeder einzelne hat das Recht auf eine optimale Ausbildung, um sich in dieser Industriegesellschaft zurechtzufinden. Das Ihnen vorgelegte Sofortprogramm soll ein erster Schritt in dieser Richtung sein. Wir können es uns nicht leisten, die Mängel der beruflichen Bildung länger zu übersehen oder sie durch Pläne beseitigen zu wollen, die nicht realisierbar und auch nicht finanzierbar sind.
Meine Damen und Herren, die heutige Debatte findet in einer besonderen Situation statt.

(Abg. Baron von Wrangel: Das kann man wohl sagen!)

Der bisherige Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, zu dessen Aufgaben auch die Berufsbildung gehörte, ist zurückgetreten, und zwar in einer Phase, in der es darum geht, die Bildungsreform
durch konkrete Schritte, wozu dieser Antrag ein Beitrag ist, voranzutreiben.

(Abg. Rösing: Der ist in Südamerika! — Abg. Dr. Luda: Für zwei Monate in Südamerika!)

Gestatten Sie mir, aus diesem Anlaß namens der CDU/CSU-Bundestagsfraktion dazu einiges zu sagen. Die CDU/CSU wertet den Rücktritt des parteilosen Bundesministers für Bildung und Wissenschaft, Professor Dr. Leussink, als einen schweren Schlag nicht nur für die Bildungspolitik, sondern für die Reformpolitik dieser Bundesregierung überhaupt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Die Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 maßt der Bildungspolitik und der Bildungsreform einen hohen Stellenwert bei, was auch äußerlich dazu führte, daß das Ministerium in ein Bildungs-und Wissenschaftsministerium umbenannt wurde. Nach den bereits zurückgetretenen sozial-liberalen Kulturpolitikern Evers, Holthoff, Hamm-Brücher muß auch Leussink erkennen, daß es mit dem Aufstellen von Plänen allein nicht getan ist.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Dazu gehört vielmehr auch die Bereitschaft, diese Pläne nicht zuletzt auch durch die Bereitstellung entsprechender finanzieller Mittel zu realisieren. Diese Bundesregierung war aber nicht bereit und nicht fähig, ihren großen Worten auch die entsprechenden Taten folgen zu lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Der Rücktritt Professor Leussinks ist keine persönliche Angelegenheit, wie dies die Bundesregierung und die SPD-Fraktion hinstellen wollen, sondern ein eindeutiges Symptom für die Krise, in der sich die Reformpolitik dieser Bundesregierung befindet.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Diese Krise ist einmal darauf zurückzuführen, daß diese Bundesregierung nicht die finanziellen Möglichkeiten zur Durchführung der Bildungsreform geschaffen hat, zum anderen ist dieser Rücktritt ein Zeichen für den Machtkampf zwischen pragmatisch denkenden und ideologisch fixierten Politikern innerhalb dieser Koalition.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Die CDU-Bundestagsfraktion erkennt an dieser Stelle einen bestimmten Teil der Bemühungen des zurückgetretenen Ministers ausdrücklich an.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD. — Abg. Wehner: Das steht Ihnen so gut!)

— Eben darum! — Der Minister hatte klar erkannt, — —(Abg. Wehner: Das glaubt Ihnen auch jeder!)

— Herr Wehner, ich weiß, daß das Salz in der Wunde ist.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: In welcher Wunde? Den Körperteil sollten Sie mir einmal nennen!)




Dr. Martin
— Ich verstehe auch, daß Sie sich erregen. Der Minister hatte klar erkannt, daß für ein einheitliches Bildungswesen in der Bundesrepublik eine Verständigungsplattform zwischen den großen Parteien unerläßlich ist.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Daher bedauern wir, daß es den Kräften innerhalb der sozial-liberalen Koalition, die ihren utopischen Vorstellungen den Vorrang geben, gelungen ist, eine realistische und auf Ausgleich bedachte Politik vorerst zu verhindern.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Sie müssen langsamer lesen!)

Der Rücktritt Professor Leussinks offenbart gleichzeitig in eindeutiger Weise die Führungsschwäche des Bundeskanzlers dieser Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU/CSU. Abg. Wehner: Sie feiern ja in der nächsten Woche den Geburtstag eines inzwischen zum Ehrenvorsitzenden Avancierten! Über Bundeskanzlerbehandlung wissen Sie einigermaßen Bescheid!)

— Herr Wehner, ich würde Ihnen empfehlen, die Presse von heute zu lesen;

(Abg. Wehner: Das habe ich alles schon gemacht!)

da steht überall drin, daß es die Schwäche dieses Kanzlers war, die diese Krise herbeigeführt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Rösing: Deswegen ist der Wehner heute morgen auch so munter — Weitere Zurufe und Gegenrufe.)

Dieser Kanzler war weder imstande, der Bildungspolitik die Priorität einzuräumen, die er in seiner Regierungserklärung versprochen hat, noch dem Minister innerhalb der Koalitionsfraktionen den notwendigen Rückhalt zu verschaffen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Nach Ansicht meiner Fraktion ist es an der Zeit, daß der Bundeskanzler diesem Hause klar und offen die Gründe darlegt, die zum Rücktritt des Ministers geführt haben, sowie eine Erklärung über den zukünftigen Kurs dieser Bundesregierung in der Bildungspolitik abgibt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU erwartet nach diesem Rücktritt, der einer Bankrotterklärung in der Bildungspolitik gleichkommt, einen neuen Anfang.

(Zustimmung bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Luda und Abg. Baron von Wrangel: Wo ist der Bundeskanzler?)

Dieser neue Anfang kann nur gelingen, wenn die Bundesregierung ihre Bildungspolitik an folgenden Leitlinien orientiert.

(Abg. Wehner: Sehr gut, jetzt kommt es endlich!)

Erstens. Eine Reform des Bildungswesens kann nur schrittweise

(Abg. Wehner: Nach rückwärts!)

auf Grund eines nach klaren Prioritäten aufgebauten Maßnahmenkatalogs verwirklicht werden, der gleichzeitig finanziell abgesichert sein muß.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Zweitens. Die Einheitlichkeit des Bildungswesens in der Bundesrepublik und eine gemeinsame Bildungsplanung von Bund und Ländern müssen gewahrt werden. Drittens. Die Leistungsfähigkeit des Bildungswesens muß gewahrt und die Rechtsstaatlichkeit, insbesondere im Hochschulbereich, wiederhergestellt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir erwarten, meine Damen und Herren, daß der Bundeskanzler dem neuen Minister auf Grund dieser Leitlinien die Unterstützung zukommen läßt, die er dem zurückgetretenen Minister versagt hat. Er ist es, der für die Krise und das Scheitern der Bildungs- und Reformpolitik allein verantwortlich ist.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: War das alles?)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616700200
Das Wort hat Herr Bundesminister Arendt.

(Abg. Dr. Luda: Er spricht über Ruhrkohle!)


Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0616700300
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihr Antrag lautet: Sofortprogramm zur Verbesserung der beruflichen Bildung.

(Abg. Dr. Luda: Wollen Sie über Ruhrkohle sprechen, Herr Arendt?)

Davon wissen Sie doch gar nichts, Herr Luda!

(Abg. Reddemann: Wollen Sie auch zurücktreten? — Weitere Zurufe und Gegenrufe.)

Die Frage nach dem Stand der beruflichen Bildung schließt für die große Mehrheit der Bevölkerung die Frage ein, wie in unserer Gesellschaft die sozialen Chancen verteilt sind. Dieser Teil der Gesellschaftsordnung stand jahrelang überhaupt nicht zur Debatte,

(Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

sicher nicht, weil auf diesem Feld alles in Ordnung gewesen wäre. Als vor mehr als einem Jahrzehnt in der Bundesrepublik die Bildungsdiskussion einsetzte, blieb die berufliche Bildung wiederum nahezu unbeachtet hinter den Auseinandersetzungen um Hochschulen, Akademien und Studenten zurück.

(Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Wie war das denn möglich?)

— Darüber sollten Sie einmal nachdenken, Herr Schulze-Vorberg.

(Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Das hat die Opposition in den letzten Jahren getan!)




Bundesminister Arendt
Erst in den letzten Jahren ist ins öffentliche Bewußtsein eingegangen, daß auch die Berufsbildung verbesserungsbedürftig ist, und erst in jüngster Zeit ist es gelungen, die Gleichrangigkeit der beruflichen mit der allgemeinen Bildung zu einem politischen Grundsatz zu erheben, den niemand mehr übersehen kann. Jetzt steht die Berufsbildung auf der Stufe, auf die sie gehört. Ich halte das für einen beträchtlichen Fortschritt.

(Beifall bei der SPD.)

Deshalb sollten wir jede Gelegenheit nutzen, die sich zur Diskussion über die berufliche Bildung bietet. Denn in ähnlichen Debatten der Vergangenheit hat sich gezeigt, daß die Opposition und die Regierung auf diese Fragen gleich großes Gewicht legen. Dies wird sich, wie ich hoffe, trotz aller Unterschiedlichkeit der Auffassungen und der Blickrichtungen auch heute wieder bestätigen.
Aber Diskussionen allein genügen nicht. Wir wollen und wir müssen die Wirklichkeit der beruflichen Bildung verändern. Dazu ist in vielerlei Hinsicht Umdenken notwendig. Die Reform der beruflichen Bildung wird nicht gelingen ohne die Aufgeschlossenheit und die Unvoreingenommenheit aller Beteiligten.
Die Bundesregierung hat ihre Stellung zum Komplex Bildung und Ausbildung schon in der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 klar umrissen. In dieser Regierungserklärung Ist ausdrücklich von „Bildung und Ausbildung" die Rede, von den vier Hauptbereichen unseres Bildungswesens „Schule, Hochschule, Berufsausbildung und Erwachsenenbildung".
Bildung, Ausbildung und Forschung — so heißt es an dieser Stelle weiter —
müssen als ein Gesamtsystem begriffen werden, das gleichzeitig das Bürgerrecht auf Bildung und den Bedarf der Gesellschaft an möglichst hochqualifizierten Fachkräften und an Forschungsergebnissen berücksichtigt.
Auf dieser Linie hat der „Bildungsbericht 70" der Bundesregierung die Zielvorstellungen konkret bestimmt. Auch im Zwischenbericht der Bund-LänderKommission für Bildungsplanung an die Regierungschefs steht die berufliche Bildung im gleichen Rang neben den anderen Bildungsbereichen als unentbehrlicher Teil einer umfassenden Bildungskonzeption.
Die Bundesregierung hat sich jedoch nicht damit begnügt, den Zusammenhang zwischen beruflicher und allgemeiner Bildung theoretisch herzustellen und eine Anzahl von Forderungen und Erwartungen an die Zukunft aufzustellen. Die Bundesregierung hat gehandelt, soweit ihr die Kompetenz der Länder und das System der Berufsbildung Handlungsfreiheit geben. Sie hat gehandelt in zweierlei Richtungen: einmal entsprechend den Aufträgen aus dem Berufsbildungsgesetz und zum anderen in der Richtung, die sie selbst in ihrem Aktionsprogramm „Berufliche Bildung" festgelegt hat. Alle Aktivitäten kennzeichnen, wie die Bundesregierung ihre Verantwortung für die berufliche Bildung wahrnehmen will.
Nach dem Berufsbildungsgesetz hatte ich den Bundesausschuß für Berufsbildung zu berufen. Das ist wenige Monate nach Amtsübernahme geschehen. Der Ausschuß hat seine Beratungsfunktion aufgenommen und der Bundesregierung wichtige Empfehlungen vorgelegt.
Weiterhin habe ich mich mit Nachdruck um den organisatorischen und personellen Aufbau des Bundesinstituts für Berufsbildungsforschung in Berlin bemüht. Ich wünschte, das Institut wäre schon in einer früheren Legislaturperiode geschaffen worden.

(Abg. Wehner: Sehr wahr!)

Dann. könnten wir uns schon heute in so bedeutenden Frage wie nach den Inhalten und Zielen der Berufsbildung oder nach ihrer Anpassung an die technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung auf Ergebnisse der Forschung stützen.

(Abg. Wehner: Sehr richtig! — Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wir werden aber versuchen, die Versäumnisse aufzuholen.
Das Aktionsprogramm „Berufliche Bildung" macht gründlich und systematisch Vorschläge für konkrete Maßnahmen auf allen Stufen der beruflichen Bildung, angefangen bei der vorberuflichen Bildung über die berufliche Ausbildung, die Fortbildung und Umschulung bis schließlich zur Berufsbildungsförderung.
Ich will hier, meine Damen und Herren, gar nicht im einzelnen wiederholen, was inzwischen geschehen ist.
Aber der Gegenstand dieser Debatte, der Antrag der Oppositionsfraktion, veranlaßt mich, einige Punkte zu erwähnen.
Eines unter anderen Mitteln, der Berufsausbildung eine der Zeit und der Zukunft angemessene Form zu geben, ist die Neufassung der Ausbildungsordnungen. Schon im vergangenen Jahr haben wir, selbstverständlich im Einvernehmen mit den beteiligten Verbänden der Arbeitgeber und den Gewerkschaften, im Bereich der Textil- und Bekleidungsindustrie vier Ausbildungsordnungen erlassen. Dabei sind 29 technisch veraltete durch 11 neue Ausbildungsberufe ersetzt worden. Außerdem ist die Ausbildung zum Schriftsetzer, zum Glaswerker, zum Sozialversicherungsfachangestellten, zum Notars-, Rechts- und Patentanwaltschaftsgehilfen neu geordnet worden. Bis zum Ende dieses Jahres hoffen wir neue Ausbildungsordnungen für 250 000 Auszubildende erlassen zu können; das ist knapp ein Fünftel aller Auszubildenden. Darunter sind die Berufe Chemielaborant, Fernmeldehandwerker und Berufskraftfahrer und die wichtigen Stufenausbildungen in den elektrotechnischen und feinschlosserischen Berufen.
Gleichzeitig haben wir Planungsdaten erarbeitet und in einer mehr als 550 Ausbildungsberufe umfassenden Dokumentation niedergelegt. Diese Daten werden uns die Neuordnung der noch zu zahlreichen und überständigen Ausbildungsberufe erleichtern helfen.



Bundesminister Arendt
Ich möchte betonen, daß neben die neuen Ausbildungsordnungen auch eine Überprüfung der Lehrinhalte der beruflichen Schulen treten muß. Dazu ist die Abstimmung der Ausbildungsordungen mit den Rahmenlehrplänen der Länder notwendig. Diese wichtige Aufgabe ist Gegenstand von Gesprächen mit der Ständigen Konferenz der Kultusminister. Ich habe die Hoffnung, daß die Einsicht aller Beteiligten schnelle Fortschritte auf dem Gebiet der theoretischen Fundierung der beruflichen Bildung möglich machen wird.
In diesen Teilbereich gehört auch das Berufsgrundbildungsjahr, das für die künftige Berufsausbildung wichtig werden wird. In Abstimmung mit den Ländern bereiten wir Rechtsverordnungen vor, die sicherstellen, daß das Grundbildungsjahr, wenn es in den Schulen vermittelt wird, ebenso wie der Berufsfachschulbesuch auf die Ausbildungszeit anzurechnen ist.

(Abg. Dr. Martin: Richtig!)

Eine bundeseinheitliche Regelung soll verhindern, daß neues Ungleichgewicht der Bildungschancen entsteht. Diese Linie verlängern wir in vorbereitenden Überlegungen auf der einen Seite zum vorberuflichen Unterricht, auf der anderen Seite zur Berufsberatung. Auf beiden Seiten besteht Nachholbedarf.
Meine Damen und Herren, in der Reform der beruflichen Bildung spielt eine zentrale, ja, ich möchte sagen, eine entscheidende Rolle die Ausbildung der Ausbilder. Über die berufs- und arbeitspädagogische Einigung der Ausbilder in der gewerblichen Wirtschaft haben wir eine Rechtsverordnung vorbereitet, von der ich hoffe, daß sie bald in Kraft treten kann. Danach werden Ausbilder einschlägige Kenntnisse entsprechend den Prüfungsanforderungen nachzuweisen haben.
Zusammen mit der Bundesregierung, den Gewerkschaften und den Wirtschaftsverbänden erarbeiten gegenwärtig die Fernsehanstalten einen Lehrgang im Medienverbund, der auf diese Ausbilderprüfung vorbereiten soll.
Schließlich gibt auch das neue Betriebsverfassungsgesetz im § 98 dem Bertiebsrat die Möglichkeit, der Bestellung ungeeigneter Ausbilder zu widersprechen oder ihre Ablösung zu verlangen.
Dieses Mitbestimungs- und andere Mitwirkungsrechte werden mit dazu beitragen, Mängel der Berufsausbildung an Ort und Stelle zu beheben,
Ein dritter bedeutender Punkt ist, im Antrag der Opposition ebenso wie im Aktionsprogramm der Bundesregierung, die Förderung der überbetrieblichen Bildungseinrichtungen. Das Aktionsprogramm der Bundesregierung hat die Errichtung und den Ausbau solcher Ausbildungsstätten angekündigt.
Auf diese Ankündigung, Herr Martin, sind inzwischen Taten gefolgt. Im vergangenen Jahr hat die Bundesanstalt für Arbeit einschließlich von Verpflichtungsermächtigungen 85 Millionen DM zur Förderung von Einrichtungen der beruflichen Bildung bereitgestellt. In diesem Jahr wird sich diese Summe voraussichtlich auf 200 Millionen DM erhöhen.
Diesen Beträgen muß natürlich das Geld hinzugerechnet werden, das die Bundesregierung der Bundesanstalt zur Förderung von Berufsbildungszentren für Datenverarbeitung übergeben wird, wie sie im 2. Datenverarbeitungsprogramm beschlossen hat. Vorgesehen sind dafür in den Jahren 1972 bis 1975 162 Millionen DM.
Speziell zur Förderung von Einrichtungen der beruflichen Bildung im sogenannten Zonenrandgebiet hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr erstmals 15 Millionen DM bereitgestellt. Sie will diese Förderung fortsetzen. Auch diese Absicht muß in die Übersicht aufgenommen werden.
Selbstverständlich haben wir uns bei der Vorbereitung dieser Teilpläne die Erfahrungen zunutze gemacht, die die Bundesanstalt für Arbeit und andere, die überbetriebliche Bildungseinrichtungen schon fördern, gesammelt haben.
Aber, meine Damen und Herren, es geht nicht um Finanzierungen allein. Notwendig ist auch Klarheit darüber, nach welchen Kriterien solche Einrichtungen künftig gefördert werden sollen. Notwendig ist Klarheit darüber, in welchen Beziehungen überbetriebliche, betriebliche und schulische Einrichtungen der beruflichen Bildung zueinander stehen sollen. Die Bundesregierung geht von der Überzeugung aus, daß Entscheidungen am grünen Tisch allein nicht genügen. Sie konsultiert die Beteiligten und erwartet z. B. einen Beitrag des Bundesausschusses für Berufsbildung, der diese Fragen zur Zeit berät.
Meine Damen und Herren, schon aus diesen wenigen Hinweisen geht hervor, wie komplex die Finanzierung der beruflichen Bildung ist. Dazu brauchen wir eine Konzeption, die wir gegenwärtig vorbereiten. Zu ihrer Unterstützung hat die Bundesregierung im vergangenen J an eine Sachverständigenkommission berufen. Diese Kommission untersucht die Kosten und die Finanzierung der beruflichen Bildung in den Berufs- und Wirtschaftszweigen und schafft damit unentbehrliche Entscheidungsgrundlagen.
Und damit komme ich ein zweites Mal auf die bedauerliche Tatsache zu sprechen, daß wir wesentliche Voraussetzungen für die Modernisierung der Berufsbildung erst noch schaffen müssen. Im Aktionsprogramm „Berufliche Bildung" hat die Bundesregierung einige Vorhaben angemeldet, mit denen ein zuverlässiger Überblick über die tatsächlichen Verhältnisse in der Berufsausbildung gewonnen werden kann. Eine wissenschaftlich abgesicherte Befragung von Auszubildenden ist inzwischen eingeleitet.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616700400
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg?

Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0616700500
Bitte sehr!

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0616700600
Herr Bundesminister, der Sprecher der Opposition, Herr Dr. Martin, hat scharfe Angriffe gegen die Bundesregie-



Dr. Schulze-Vorberg
rung, vor allen Dingen gegen den Bundeskanzler wegen seiner Führungslosigkeit in diesen entscheidenden Fragen der Bildungspolitik im Zusammenhang mit dem Rücktritt Ihres Kollegen Leussink, gerichtet. Kann man die Tatsache, daß Sie nicht mit einem einzigen Wort darauf eingehen, so werten, daß Sie im Grunde die Auffassungen der Opposition teilen?

(Beifall bei der CDU/CSU. Unruhe bei den Regierungsparteien. — Abg. Wehner: Guten Morgen, Herr Schulze-Vorberg! Aufgewacht, was?)


Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0616700700
Herr Schulze-Vorberg, auf der Tagesordnung dieser Sitzung und damit heute zur Debatte steht der Antrag der Oppositionsfraktion zum Sofortprogramm für die berufliche Bildung.

(Abg. Wehner: Die Wurst zu Ihrem Senf kriegen Sie noch, Herr Schulze-Vorberg!)

Und wenn Herr Martin, der Sprecher der Opposition, den Rücktritt des Kollegen Leussink zum Anlaß genommen hat, im Rahmen dieser Debatte längere Ausführungen zu machen, und wenn er außerdem eine Dringlichkeitsfrage eingebracht hat, dann zeigt das nur, daß zu diesem Antrag, den Sie vorgelegt haben, in der Sache recht wenig zu sagen war.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616700800
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine zweite Frage des Herrn Abgeordneten Schulze-Vorberg?

(Zuruf von der CDU/CSU: Da kann man nur sagen: Wir haben die besseren Männer!)


Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0616700900
Herr Bundesminister, teilen Sie meine Auffassung, daß durch einen so gravierenden Vorgang wie den, daß unmittelbar vor einer Debatte, die sich mit Bildungs-und Ausbildungsfragen —

Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0616701000
Mit beruflicher Bildung!

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0616701100
— mit beruflicher Bildung befaßt, der Minister, der für Wissenschaft, Bildung und Ausbildung in diesem Bundeskabinett zuständig ist,

(Abg. Wehner: Ihre berufliche Bildung hat auch nicht ausgereicht!)

zurückgetreten ist, Sie mit keinem Wort auf diesen Rücktritt einzugehen in der Lage sind, und die Krise unserer Bildungspolitik in diesem Augenblick vor der ganzen Weltöffentlichkeit klar wird?

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD. — Abg. Haase [Kassel] : Er ist nicht in der Lage!)


Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0616701200
Herr Schulze-Vorberg, ich glaube, wir
sind nicht verpflichtet, Ihren Wünschen nachzukommen.

(Abg. Haase [Kassel] : Ach, seit wann nicht? — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: War im Manuskript nicht vorgesehen!)

Sie können persönlich sicher den Versuch unternehmen, von diesem mageren Inhalt Ihres Antrags — das muß ich noch einmal sagen — abzulenken. Von seiten der Bundesregierung wird aber sicher bei der Beantwortung der Dringlichkeitsfrage gleich noch einiges dazu gesagt werden.

(Abg. Dr. Nölling: Er weiß doch schon alles!)

Meine Damen und Herren, zusammen mit dem Bundesinstitut für Berufsbildungsforschung bereiten wir eine Erhebung vor, die uns helfen soll, die Überwachung der Berufsausbildung durch die zuständigen Stellen zu verbessern. Ich möchte hier wiederholen, was ich andernorts schon gesagt habe: Wenn wir nach dem Willen des Gesetzgebers verfahren und den Geist des Berufsbildungsgesetzes verwirklichen wollen, kommt es darauf an, die positiven Ansätze, die von diesem Hohen Haus gemeinsam geschaffen worden sind, auch tatsächlich in die Praxis umzusetzen. Und das wird nicht ohne Kontrolle gehen. Ich verweise noch einmal auf das neue Betriebsverfassungsgesetz und auf die Kontrollfunktion, die es dein Betriebsrat in der betrieblichen Berufsausbildung einräumt.
Berufliche Ausbildung und berufliche Weiterbildung wachsen zum „lebenslangen Lernen", sowohl tatsächlich als auch im Bewußtsein der Menschen, allmählich zusammen. Zur Weiterbildung hat die Bundesregierung den Vorschlag gemacht, sie zu einem eigenständigen Bildungsbereich auszubauen. Diesen Gedanken hat die Bund-Länder-Kommission in den Zwischenbericht aufgenommen.
Im Bereich der beruflichen Weiterbildung bemüht sich die Bundesregierung um ein Mindestmaß an Ordnung. Dazu möchte ich den Erlaß von Rechtsverordnungen nennen, durch die Bildungsgänge und Abschlüsse geregelt werden sollen. Zum Thema der beruflichen Fortbildung und Umschulung arbeitet auch der Bundesausschuß für „Berufliche Bildung" an Empfehlungen.
Welche Bedeutung die berufliche Weiterbildung jetzt schon einnimmt, läßt sich an der wachsenden Bildungsbereitschaft und am wachsenden finanziellen Volumen ablesen, mit dem die Bundesanstalt die Weiterbildung nach dem Arbeitsförderungsgesetz unterstützt. Darauf möchte ich jetzt nicht eingehen. Wir werden ohnehin bei der Vorlage des Berichtes nach § 239 des Arbeitsförderungsgesetzes darüber sprechen müssen.

(Abg. Katzer: Noch ein halbes Jahr! — Abg. Müller [Berlin] : Warum nicht heute?)

Der letzte Teil des Antrages der Opposition befaßt sich mit der beruflichen Förderung von schulisch behinderten und leistungsschwachen Jugendlichen.
Meine Damen und Herren, ich freue mich, Ihnen berichten zu können, daß wir für lernbehinderte, körperlich, geistig oder seelisch benachteiligte Ju-



Bundesminister Arendt
gendliche vielerlei Hilfen teils eingerichtet, teils eingeleitet haben. Die Bundesanstalt für Arbeit hat Förderkurse zur Erreichung der fehlenden Berufsreife und Lehrgänge zur Verbesserung der Vermittlungsmöglichkeiten gebildet. An beiden Kursen haben in den Jahren 1969/70 2600 Jugendliche teilgenommen. Diese Zahl hat sich im laufenden Jahr verdoppelt. Viele Jugendliche werden aber nur dann eine berufliche Ausbildung durchlaufen können, wenn sie während dieser Zeit ständig psychologische, pädagogische und ärztliche Hilfe zur Seite haben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616701300
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Katzer?

Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0616701400
Bitte sehr!

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0616701500
Herr Kollege Arendt, Sie haben vorhin so großen Wert darauf gelegt, daß zur Tagesordnung gesprochen wird. Der Tagesordnungspunkt heißt: Antrag der CDU/CSU-Fraktion betr. Sofortprogramm zur Verbesserung der beruflichen Bildung. Ich würde es dankbar begrüßen, wenn Sie sich auf diesen Antrag, den wir hier eingebracht haben, und nicht auf ein Aktionsprogramm der Bundesregierung von vorgestern bezögen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0616701600
Herr Kollege Katzer, das Aktionsprogramm der Bundesregierung zur beruflichen Bildung stammt aus dem Jahre 1970.

(Abg. Müller [Berlin] : Es sind nur Ankündigungen!)

Darin steht genau das, was Sie jetzt in Ihrem Antrag (Abg. Dr. Nölling: Abgeschrieben haben!) vorbringen.

(Abg. Dr. Martin: Papierkorb!)

Wenn Sie sagen: das sind nur Ankündigungen, kann ich Ihnen nur antworten: Dann hätten Sie zuhören müssen; Sie hätten dann gehört, was wir auf diesem Felde schon in Ordnung gebracht haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616701700
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine weitere Frage? Ich würde aber bitten, es auch wirklich eine Frage sein zu lassen.

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0616701800
Herr Kollege Arendt, darf ich Sie fragen, ob Sie dann unseren Antrag vollinhaltlich billigen?

Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0616701900
Nein, ich würde anders sagen, Herr Kollege Katzer. Wenn Sie in Ihren Antrag hineingeschrieben hätten: wir unterstützen damit das Aktionsprogramm der Bundesregierung zur beruflichen Bildung, dann wäre das ein positiver Beitrag gewesen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Im Aktionsprogramm Rehabilitation hat die Bundesregierung den Bau eines ganzes Netzes von überbetrieblichen Berufsbildungswerken beschlossen, in denen Jugendliche in gestuften Abschlüssen bis zur vollen Berufsausbildung gelangen können. Wir planen derzeit den Bau von zunächst 6000 solcher überbetrieblicher Ausbildungsplätze. Das erste Berufsbildungswerk in Husum wird noch in diesem Jahr eröffnet werden.
Die Bundesregierung wird einen maßgeblichen Teil der Baukosten für Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation finanzieren. Im vergangenen Jahr sind diese Ausgaben auf 39 Millionen DM erhöht worden. Das sind nur 5 Millionen DM weniger als in den vorhergegangenen neun Jahren zusammen.

(Hört! Hört! bei der SPD.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616702000
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Katzer?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0616702100
Herr Bundesminister, sind Sie auch bereit, den Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung zu erhöhen?

Walter Arendt (SPD):
Rede ID: ID0616702200
Das haben wir durch Verordnung schon gemacht.

(Abg. Katzer: Nicht für die allgemeine Arbeitslosenversicherung, sondern für diesen Zweck der beruflichen Bildung!)

— Das ist ein sehr komplexes Gebiet.

(Lachen bei der CDU/CSU.)

- Herr Katzer, so leicht können Sie sich das doch
nicht machen.

(Zuruf des Abg. Katzer: Sagen Sie doch wenigstens ein einziges, grundsätzliches Wort dazu!)

— Nicht weil Sie das verlangen. Sie wissen ganz genau, daß wir einen Bericht vorlegen müssen, und da werden wir Gelegenheit haben, über diesen Bericht zu sprechen.

(Abg. Katzer: Wir reden doch heute darüber, nicht nächstes Jahr!)

— Aber doch nicht, weil Sie das wollen.

(Lebhafte Zurufe von der CDU/CSU. Abg. Katzer: Entschuldigen Sie, wenn die Opposition fragt, sollte die Regierung antworten! Das sollten Sie endlich lernen!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassend sagen: Der Antrag der Opposition „zur Verbesserung der beruflichen Bildung", den wir heute hier behandeln, enthält überwiegend Anregungen, die sich auf die berufliche Aus Bildung beziehen.

(Abg. Müller [Berlin] : Also doch Anregungen!)




Bundesminister Arendt
Innerhalb dieser selbstgewählten Beschränkungen aber spannt der Antrag einen weiten Bogen. Dennoch fühle ich mich berechtigt zu der Bemerkung, daß der Bogen, den die Aktivitäten der Bundesregierung spannen, noch weiter reicht.

(Abg. Dr. Martin: Ja, aber ihr macht doch nichts! Das ist doch ein Regenbogen!)

Ob es sich um Berufsausbildung und die Neufassung von Ausbildungsordnungen handelt, ob um die Ausbildung der Ausbilder, um überbetriebliche Bildungseinrichtungen, um die Weiterbildung oder um die Förderung benachteiligter Menschen — das Sofortprogramm, das die Opposition beantragt, ist überall schon in Arbeit und an nicht wenigen Punkten schon weit vorangekommen. Diese Tatsache sollte auch für die CDU/CSU-Fraktion eine erfreuliche Tatsache sein.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616702300
Das Wort hat der Abgeordnete Wurbs.

Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0616702400
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freien Demokraten stimmen durchaus der in der Begründung zum Antrag der Opposition vertretenen Ansicht zu, daß eine moderne berufliche Bildungspolitik den gestiegenen Anforderungen an eine zeitgerechte Ausbildung Rechnung tragen muß. Unsere Auffassung zu diesem Problem ist von dieser Stelle von meinen Fraktionskollegen verschiedentlich vorgetragen worden, zuletzt in der Mittelstandsdebatte vom 8. Dezember 1971.
Die CDU/CSU-Fraktion hat in ihrem vorliegenden Antrag eine Fülle von Forderungen erhoben, die einer eingehenden Betrachtung und Wertung bedürfen, vor allem was die finanzielle Seite anlangt.
Im übrigen sind nicht alle Vorschläge, die in dem Forderungskatalog enthalten sind, neu. Neu ist höchstens, daß Vorstellungen, die seit Jahren andernorts praktiziert werden, Eingang in Ihren Antrag gefunden haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Es erscheint daher erforderlich, eine Reihe von Fragen zu stellen, um festzustellen, was Sie konkret mit Ihrem Antrag meinen.
Ihre Forderungen stellen zum einen Teil auf Übergangslösungen ab. Wenn aber Übergangslösungen eine spätere Zielsetzung nicht verbauen sollen, müssen für diese Zielsetzung entsprechende Mehrheiten im Bund und in den Ländern vorhanden sein. Um nur ein Beispiel zu nennen: Man kann nicht fordern, den Auszubildenden die Chance einer bestmöglichen Ausbildung zu geben und die Durchlässigkeit des Bildungswesens zu erhöhen, und gleichzeitig am Prinzip überkommener Schulsysteme festhalten wollen. Man kann nicht zusätzliche Einrichtungen für schulisch Benachteiligte und Leistungsschwache fordern, 75 000 überbetriebliche Ausbildungsplätze als nötig bezeichnen, das Thema „Erwachsenenbildung" ansprechen, ohne konkret zu
sagen, wie die Finanzierung institutionell gesichert und wie das personelle Problem gelöst werden sollen.
Sie glauben doch selber nicht, daß irgendwo
beim Bund, bei den Ländern, bei den Kammern, bei der Bundesanstalt für Arbeit, bei den karitativen Einrichtungen oder wer sonst noch in Ihrem Antrag genannt worden ist — in stiller Reserve Milliardenbeträge herumliegen. Nach Ihren eigenen Angaben würden allein die überbetrieblichen Maßnahmen und Bildungseinrichtungen bis 1975/76 2,25 Milliarden DM erfordern, und dies wäre ja nur ein Teil der gesamten Kosten.
Wenn Sie den Bund und die Länder mit entsprechenden zusätzlichen Kasten belasten wollen, milssen Sie hier konkret sagen, durch welche haushaltsmäßigen Einsparungen oder welche Steuererhöhungen Sie diese Vorhaben finanzieren wollen. Wenn Sie der Bundesanstalt für Arbeit neue, zusätzliche Aufgaben zuweisen wollen, müssen Sie darlegen, um wieviel der Beitragssatz der Arbeitslosenversicherung angehoben werden soll. Wenn die Kammern und andere Institutionen einen Teil dieser Kosten tragen sollen, dann hätten wir gern gewußt, in welcher Form und in welcher Höhe dies geschehen soll. Wenn Sie zu all dem wirklich bereit sind —Vizepräsident Frau Funcke: Herr Abgeordneter Wurbs, gestatten Sie eine Zwischenfrage? — Bitte schön!

Dr. Karl Fuchs (CSU):
Rede ID: ID0616702500
Herr Kollege Wurbs, ist Ihnen entgangen, daß der Herr Bundesminister eben gesagt hat, daß sich ,der Antrag der CDU/CSU-Fraktion weitgehend mit dem Aktionsprogramm 1970 der Bundesregierung deckt, und stimmen Sie mir zu, daß dann offensichtlich auch eine Deckung vorhanden sein muß?

(Zustimmung bei der CDU/CSU. — Abg. Geiger: Deswegen haben Sie den Antrag ja bloß eingebracht!)


Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0616702600
Wenn Sie genau wissen, wie die Deckungsmöglichkeiten sind, hätten Sie doch den Antrag nicht in dieser Form einzubringen brauchen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Dann ist es doch nur eine Farce, mit solchen Anträgen zu operieren, wenn bekannt ist, was im einzelnen finanziert werden soll. Also: wir hätten das auch gerne mal von Ihnen gehört. Denn es geht nicht an, draußen in der Öffentlichkeit, wo Sie erwarten, daß Sie Beifall bekommen, mit diesen Dingen hausieren zu gehen und auf der anderen Seite uns dann, wenn Steuerbelastungen oder -erhöhungen kommen, vorzuwerfen, wir verfolgten sozialistische Tendenzen und wir huldigten der Staatsallmacht. So geht es nicht. Da muß mit gleicher Zunge gesprochen werden.

(Beifall bei den Regierungsparteien. - Zurufe von der CDU/CSU.)





Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616702700
Herr Kollege, gestatten Sie eine zweite Frage des Herrn Abgeordneten Fuchs?

Dr. Karl Fuchs (CSU):
Rede ID: ID0616702800
Herr Kollege, haben Sie den Eindruck, daß Sie meine Frage beantwortet haben?

Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0616702900
Durchaus.

(Heiterkeit bei der SPD. — Abg. Wehner: Bedecken Sie Ihr Haupt! — Abg. Reddemann: Herr Kollege, lernen Sie demnächst einmal, Fragen zu verstehen! — Zurufe von der CDU/CSU.)

— Dann stellen Sie doch eine Zwischenfrage; es ist doch hier schlecht, zwischendurch zu sprechen.
Ich darf noch auf die Bemerkungen des Herrn Kollegen Martin eingehen. Herr Kollege Martin, Sie haben die allgemeinen Aussagen nicht allzusehr durch konkrete Darstellungen aufhellen können. Sie sind über Allgemeinplätze nicht hinausgegangen, wie beispielsweise „Zusammenarbeit aller Beteiligten", „angemessene Eigenleistung" — Sie haben da von 20 % gesprochen —,

(Abg. Dr. Martin: Geben Sie doch Zahlen! Das ist unfair, Herr Wurbs, das ist unfair!)

„alle Möglichkeiten ausschöpfen". Das hört sich alles sehr gut an. Aber sagen Sie doch einmal, was Sie sich hier im einzelnen vorstellen.
Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie die Tatsache angesprochen haben, daß das Wissenschaftsministerium bloß 5 Millionen DM für gewerbefördernde Einrichtungen eingestellt habe. Ich glaube, man darf diese im Bildungsministerium eingesetzten Mittel nicht isoliert von Mitteln betrachten, die in anderen Ressorts eingesetzt worden sind.
An dieser Stelle möchte ich etwas klarstellen. Im „Bayernkurier" war zu lesen, daß die FDP-Fraktion in der Sitzung des Haushaltsausschusses die Erhöhung der Gewerbeförderungsmittel abgelehnt habe. Das entspricht nicht den Tatsachen. Ich möchte hier richtigstellen, daß in den interfraktionellen Gesprächen, auch mit Kollegen Ihrer Fraktion, ausdrücklich Einigkeit darüber erzielt wurde, daß die Gewerbeförderungsmittel erheblich aufzustocken seien. Mein Kollege Gallus hat im Haushaltsausschuß einen Antrag gestellt. Der Haushaltsausschuß hat beschlossen, 3 Millionen DM in den ordentlichen Haushalt einzustellen, darüber hinaus 2 Millionen DM Verpflichtungsermächtigungen zu geben und 6 Millionen DM in den Eventualhaushalt einzustellen. Dabei sind sich die Koalitionsfraktionen darüber klar, daß diese 6 Millionen DM, wenn der Eventualhaushalt nicht oder nur zum Teil gefahren wird, in jedem Fall im ordentlichen Haushalt zur Verfügung stehen. Mit dieser Mittelbereitstellung in Höhe von 11 Millionen DM sind wir noch über die Forderung des deutschen Handwerks, das 10 Millionen DM beantragt hat, hinausgegangen. Diese Klarstellung scheint mir notwendig zu sein, um die Diskussion zu versachlichen.
Für uns Freie Demokraten hat es nie einen Zweifel darüber gegeben, daß die unterschiedlichen Formen schulischer und beruflicher Ausbildung keine Aussage über die menschlichen Qualitäten beinhalten können, genausowenig wie die Ausübung der jeweiligen Berufe. In diesem Zusammenhang muß gesehen werden, daß in vielen Fällen Prestigegesichtspunkte, nicht aber Neigungen und Fähigkeiten für den Ausbildungsgang bzw. das Berufsziel maßgebend geworden sind. Man sollte etwas mehr Verständnis für die Sorge in vielen Wirtschaftsbereichen, speziell auch im Handwerk, aus dem ich komme, aufbringen, daß eine mißverstandene Bildungspolitik und eine Konzentration auf bestimmte Ausbildungsgänge nicht nur unerfüllbare berufliche und einkommensmäßige Erwartungen nähren, sondern gleichzeitig in anderen Bereichen Engpässe schaffen, weil es dort dann an einem qualifizierten Nachwuchs fehlt. Der zweite Bildungsweg und gewisse sonstige Möglichkeiten sind jedoch meistens nur mit einem enormen zeitlichen Verlust verbunden, der viele einfach abschreckt.
Wir Freien Demokraten gehören nicht zu denen, die glauben Fehlentwicklungen durch Konservierung bestehender Zustände meistern zu können. Wir setzen uns daher für ein System schulischer und beruflicher Ausbildung ein, bei dem nicht bereits mit dem 10. oder 15. Lebensjahr die beruflichen Möglichkeiten mehr oder weniger endgültig entschieden sind. Die berufliche Bildung und Ausbildung gewinnt nicht dadurch an Attraktivität, daß andere Ausbildungsgänge zahlenmäßig beschränkt sind, sondern nur dadurch, daß sie keine Endstation, sondern Durchgangsstation auch für diejenigen darstellen, die ein weiteres Berufsziel erreichen wollen.
Die gegenwärtige Diskussion ist einseitig von Mangelerscheinungen bestimmt, die es in der Praxis überall gibt. Manchmal hat man den Verdacht, daß der zwangsweise nicht vollkommenen Welt der Praxis die heile Welt der Theorie oder theoretischer Modelle entgegengesetzt wird. Teilweise scheint man auch zu glauben, alle Brücken, selbst die des Altbewährten, abbrechen zu können. Keiner von denen, die in der Praxis stehen, behauptet ernsthaft, daß alle Dinge, die sich in der Vergangenheit bewährt haben, sich zwangsläufig auch in der Zukunft bewähren müßten. Wer heute auf einem bestimmten Stand fachlichen und theoretischen Könnens und Wissens stehenbleibt, bleibt auf der Strecke. Gerade der Bereich der beruflichen Bildung, der hier speziell angesprochen ist, befindet sich nicht in dem Zustand und auf dem Niveau, wie es an Hand extremer und atypischer Fälle oft dargestellt wird, sondern in einer ständigen Weiterentwicklung.
Die CDU erklärt, die Bundesregierung müsse in stärkerem Maße als bisher darauf hinwirken, „daß die Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes voll wirksam werden". Hier ist die Frage zu stellen, was die CDU unter einer nicht sinngemäßen oder ausreichenden Anwendung oder Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen versteht. Kritik um der Kritik willen hilft uns hier nicht weiter. Wir richten an die Opposition die Frage, was sie unter „voll wirksam werden" des Gesetzes versteht. Wenn sie der Auffassung ist, daß die Institutionen und die für die



Wurbs
Berufsausbildung Verantwortlichen ihre Verpflichtungen und Aufgaben nicht voll nachkommen, dann muß das hier gesagt werden. Wenn dies nicht gemeint ist, müssen Sie uns sagen, was sonst damit gemeint ist.
Die CDU fordert, das jeweilige Verhältnis von Ausbildungsberatern zu den Auszubildenden festzulegen. Der Berufsausschuß auf Bundesebene hat dazu gewisse Vorschläge gemacht, die aber meines Erachtens, wenn man die Dinge in der Praxis sieht, nicht zu realisieren sind. Ich gaube, praxisnah wird sein, daß künftig auf etwa 2000 bis 3000 Auszubildende ein Ausbildungsberater kommen muß. Eine Forderung, wie Sie sie gestellt haben, bleibt wie bei anderen Stellen und Plänen, die nur teilweise ,besetzt bzw. verwirklicht werden können, im wesentlichen Theorie, weil es an geeigneten Personen und an den erforderlichen Mitteln fehlt.
In dem Antrag wird ein Bedarfsplan für überbetriebliche Bildungseinrichtungen für den Zeitraum von 1975 bis 1976 gefordert. Niemand wird sich bei der Forderung nach Zusammenarbeit der Beteiligten einer vernünftigen Vorschau und ähnlichem widersetzen. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur vor einer Verwischung einer klaren Verantwortlichkeit in dem jeweiligen Bereich warnen.
Wir haben heute die gesetzliche Zuständigkeit für die Berufsbildung und die praktische Entwicklung. Wer sie in dieser Form prinzipiell oder partiell für unzureichend hält, sollte entsprechende andere Vorschläge machen. Überbetriebliche Berufsbildungseinrichtungen sind nichts Neues. Es gibt genügend Beispiele für vorbildliche Leistungen auf diesem Gebiet. Ich wäre der Opposition dankbar, wenn sie hier auch einiges dazu sagen würde, wie die Verantwortlichkeiten in Zukunft aussehen sollen. Die Ausführungen zu der Trägerschaft sind nach meiner Auffassung so unbestimmt, daß daraus ein konkretes Bild nicht abgeleitet werden kann.
Wir wären auch für ein klares Wort dankbar, wie die Mitbestimmungsrechte, die indirekt angesprochen sind, aussehen sollen. Meinen Sie damit ein Anhörungsrecht, ein Beratungsrecht oder ein Vetorecht?
Ich darf feststellen, daß es nach unserer Meinung kein theoretisches Modell und auch keine praktischen Versuche gibt, die es rechtfertigen würden, die betriebliche Ausbildung zu beseitigen und prinzipiell durch ein anderes System oder mehrere Systeme zu ersetzen. Wir sehen die betriebliche und schulische Ausbildung nach wie vor als gleichwertige Faktoren beruflicher Ausbildung an.
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch eine kurze Bemerkung zum Nachwuchs machen. Ohne Nachwuchs im gewerblichen Bereich, speziell im handwerklichen und Dienstleistungsbereich, wird unsere gesamtwirtschaftliche Entwicklung Schaden erleiden, weil sonst eine qualitativ hochstehende und quantitativ ausreichende Versorgung mit Gütern und Leistungen nicht in dem erforderlichen Umfang gewährleistet ist. Den Schaden hätten nur die Verbraucher, d. h. wir alle. Für die Wirtschaft
ist es nicht nur entscheidend, daß die Berufsausübung einen weiteren beruflichen Durchstieg ermöglicht, sondern auch, daß die Chance zur Gründung und Erhaltung einer lohnenden selbständigen Existenz gewahrt bleibt. Auch dies muß in diesem Zusammenhang gesehen werden. Berufe, die keine dieser beiden Chancen, Durchstieg und Selbständigkeit, mehr bieten, verlieren ihre Anziehungskraft, auch dann, wenn an entsprechenden Leistungen noch ein großer Bedarf vorhanden ist. Es gibt gesellsch aftspolitische Zusammenhänge, die nicht immer mit der nötigen Konsequenz gesehen werden, weil Großunternehmen einen starken Sog ausüben und auch die wirtschaftliche Konzentration in manchen Branchen eine gewisse Resignation verbreitet. Eine qualifizierte schulische und fachliche Ausbildung ist aber auch für die Zukunft das beste Marschgepäck, das dem jungen Menschen für seine berufliche Entwicklung und bei entsprechender Qualität der Erziehung auch für seine menschliche Entwicklung mit auf den Weg gegeben werden kann.
Wir Freien Demokraten werden bei der Beratung im Ausschuß die aufgeworfenen Fragen prüfen, insbesondere dort, wo sie uns noch zu unbestimmt und zu wenig konkret gestellt sind.

(Beifall bei den Regierungsparteien.) Vizepräsident Frau Funcke: Das Wort hat der Abgeordnete Lampersbach.


Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0616703000
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat bereits am 5. November 1970 ihr sogenanntes Aktionsprogramm für die berufliche Bildung vorgelegt. Herr Minister Arendt, ich bedauere außerordentlich, daß Sie hier stellvertretend und sehr alleingelassen sowohl von Ihrem Kanzler als auch von dem nicht mehr vorhandenen Wissenschaftsminister diese Debatte durchstehen müssen.

(Zurufe von der SPD.)

Herr Raffert, daß Ihnen das weh tut, ist mir klar. Aber hier dreht es sich ja nicht darum, daß wir vor einem nur mäßig besetzten Haus eine Debatte führen, um die Zeit auszufüllen, sondern darum, daß wir hier mit der Regierung über ihr Aktionsprogramm und über unsere Vorstellungen, die Herr Dr. Martin heute für die Fraktion der CDU/CSU vorgetragen hat, diskutieren wollen. Das ist doch der Sinn dieser Beratung.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir könnten es uns alle erleichtern, indem jeder von uns kluge Artikel schreibt, die dann vielleicht abgeschrieben werden — oder auch nicht — und gelesen werden können. Hier geht es doch darum, daß der Bundesminister Arendt ganz allein im Saal sitzt, während seine Ministerkollegen nicht anwesend sind, während sein Bundeskanzler, der für die verfehlte Politik verantwortlich ist, nicht da ist und ihn deckt.

(Abg. Wehner: Es geht um Ihren Antrag! Wollen Sie Herrn Katzer desavouieren?)




Lampersbach
— Herr Kollege Wehner, Sie können sich ja melden und können hier oben sprechen. Es würde sicher sehr interessant sein, zu hören, was Sie hier sagen.

(Abg. Wehner: Herr Katzer mußte wohl auch schon fort? Machen Sie doch kein Theater, dann ist die Sache ganz einfach! Streiten wir in der Sache!)

— Dabei sind wir. (Abg. Wehner: Na gut!)

— Ihre Zwischenrufe hindern doch, Herr Wehner, daß wir schneller vorankommen.

(Zuruf des Abg. Wehner.)

— Versuchen Sie mal, schön ruhig zuzuhören, Herr Wehner!

(Beifall bei der CDU/CSU. Abg. Rösing: Er ist heute morgen sehr nervös!)

— Ja natürlich, das tut weh. Das ist ein alter Hut, das ist schon gelaufen.
Meine Damen und Herren, es bleibt auf diesem Gebiet wie auf vielen anderen bei ständigen Deklamationen und Ankündigungen der Regierung. Die Realisierung der in die Ankündigung gesetzten Erwartungen bleibt jedoch fragwürdig. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat diesen Eindruck soeben leider nicht entkräften können. Durch Ihre Rede, Herr Minister Arendt, ist der negative Eindruck, den wir haben, noch verstärkt worden.
Dagegen haben wir Ihnen heute ein Programm vorgelegt, das nach unserer Auffassung realisierbar ist, das die Chancengleichheit, die so oft gefordert wird, herstellt und bei den bewährten Grundsätzen und Notwendigkeiten bleibt. Wir treten deshalb, meine Damen und Herren, für die Erhaltung und die Entwicklung des dualen Systems in der beruflichen Bildung ein, die auf zwei Säulen ruht, dem Betrieb auf der einen und der Berufsschule auf der anderen Seite. Diese beiden Bereiche müssen zur Erzielung eines höchstmöglichen Erfolges in der Ausbildung eng zusammenarbeiten. Dem Auszubildenden werden so einerseits die berufliche Praxis und das tatsächliche Betriebsgeschehen, andererseits aber auch das theoretische Grundwissen, das zum Verständnis der betrieblichen Vorgänge unerläßlich ist, nahegebracht. Die ständig mit verschiedener Motivation gegen das bisherige Ausbildungssystem vorgetragenen Angriffe nehmen einzelne Mängel
— die nicht bestritten werden zum Anlaß, sie zu
verallgemeinern, um das jetzige Ausbildungssystem abzuschaffen.
Hierzu muß jedoch mit aller Klarheit folgendes festgestellt werden: Das duale System, um das uns viele Länder beneiden, ist sehr, sehr viel besser als sein Ruf. Ich frage Sie daher: Warum überlegen es sich andere Länder z. B. Frankreich oder die USA —, Ausbildungsmodelle der in der Bundesrepublik praktizierten Ausbildung zu übernehmen? Für eine vernünftige, berufsbezogene Ausbildung ist es geradezu unerläßlich, daß die Auszubildenden zumindest einen überwiegenden Teil der gesamten Ausbildung im betrieblichen Bereich absolvieren,
nämlich in dem Bereich, in dem sie später auch ihrem Beruf nachkommen müssen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616703100
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wurbs?

Richard Wurbs (FDP):
Rede ID: ID0616703200
Herr Kollege Lampersbach, wenn Sie unser Berufsbildungssystem hier so loben und als Vorbild für andere Staaten hinstellen, dann verstehe ich Ihre Kritik nicht.

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0616703300
Herr Wurbs, ich habe Ihre Frage wirklich nicht verstanden, und zwar nicht etwa akustisch nicht, sondern dem Inhalt nach nicht. Eigentlich schade! Wir beide verstehen uns sonst so ausgezeichnet.

(Abg. Raffert: Das ist aber schön!) Ja, Herr Raffert, das tut Ihnen richtig leid.

Bleiben wir bei der Sache! Nur in den Betrieben ist die Gewähr gegeben, daß die jungen Menschen ihren zukünftigen Arbeitsplatz richtig erlernen und begreifen können. Auf Grund dieser Erfahrungen erscheint es unabdingbar notwendig, daß Fachleute der Wirtschaft auch in Zukunft an allen bildungspolitischen Entscheidungen beteiligt werden.
Ich frage Sie, Herr Minister Arendt: Was wäre denn in der Vergangenheit geschehen, wenn sich die Wirtschaft nicht selber so stark engagiert und Milliardenbeträge für die Ausbildung junger Menschen bereitgestellt und ausgegeben hätte?

(Abg. Raffert: Und zu ihrem eigenen Nutzen!)

In der Vergangenheit sind auf dem Gebiet der Ausbildung allein für die Ausgestaltung von Plätzen in Lehrwerkstätten 6,4 Milliarden DM aufgebracht worden. Die laufenden Kosten der Lehrlingsausbildung belaufen sich zur Zeit auf jährlich schätzungsweise 600 bis 700 Millionen DM. Die Zahlen beweisen doch, meine Damen und Herren, welche enormen Anstrengungen die Wirtschaft unternimmt und welche große Bedeutung sie der beruflichen Ausbildung und Bildung zumißt.
Herr Raffert, Sie fragten: Warum macht die Wirtschaft das? Das ist doch völlig klar. Aber die gleiche Frage kann ich zurückgeben: Warum machen wir Gesetze? Nicht um uns hier selbst zu befriedigen, sondern um bessere Voraussetzungen für die Menschen draußen zu schaffen. Das ist die Frage, die uns bei diesem Punkt der beruflichen Bildung und Ausbildung interessieren muß. Die Wirtschaft ist selbstverständlich verpflichtet, für den Nachwuchs die Mittel bereitzustellen, die erforderlich sind, damit diese Wirtschaft auch nachher laufen kann.
ich frage Sie aber, meine Damen und Herren von der Koalition: Wenn man schon das duale System durch ein Vollzeitschulsystem ablösen will, wie soll es dann aussehen? Wie soll die Praxis, soll der Betriebsablauf dem jungen Menschen klargemacht werden, der aus dem Betrieb herausgelöst in einer total verschulten Berufsausbildung zwar eine Fülle theoretischen Grundwissens lernt, aber hinterher, wenn er in das Berufsleben eintritt, die in



Lampersbach
der Praxis nicht erfolgte Ausbildung im Prinzip nachvollziehen muß?
Es ist auch interessant, wenn man sich einmal den Bereich der Hochschulausbildung vor Augen führt, wo gerade der umgekehrte Weg der Ausbildung eingeschlagen wird. Dort will man in vielen Bereichen — ich denke z. B. an die juristische Fakultät — eben eine betriebsnähere oder lebensnähere Ausbildung, praxisbezogen also, durchführen. Das System, mit dem wir jahrelang gearbeitet haben, ist also richtig und ermöglicht bei einer systemgerechten Weiterentwicklung die größtmöglichen Erfolge, um das Können und die Fähigkeiten der Auszubildenden anzuheben und zu steigern.
Darüber hinaus richte ich an die Bundesregierung die Frage: Wie soll denn eine Verschulung überhaupt durchgeführt werden? Die derzeitige Situation an den Berufsschulen zeigt doch schon heute, daß eine Verwirklichung sowohl aus personellen, sachlichen, fachlichen wie auch aus finanziellen Gründen nicht möglich ist. Das ist eine reine Illusion. Auch hier ist die Forderung der Bundesregierung eine reine Deklamation. Der Plan, von Herrn Dr. Martin vorgelegt, ist hier realistischer. Das Sofortprogramm meiner Fraktion zur Verbesserung der beruflichen Bildung geht gegenüber dem Programm der Regierung von vorhandenen Realitäten aus, indem es eine abgewogene Konzeption für die Ausbildung sowohl im Betrieb als auch in der Schule fordert und der überbetrieblichen Ausbildung den ihr gebührenden Rang einräumt. Diese überbetriebliche Ausbildung darf und soll nach dem Sofortprogramm nicht die betriebliche Ausbildung ersetzen, sondern diese ergänzen und vertiefen. Sie darf jedoch nicht in eine Vollzeitschulausbildung ausarten, da diese, wie ich bereits dargestellt habe, zuwenig oder überhaupt nicht praxisbezogen ist und zu betriebsfern durchgeführt wird. Eine solche auf rein theoretischer Grundlage aufgebaute Ausbildung hat nach meiner Auffassung die untragbare Folge, daß bei Eintritt in das Wirtschaftsleben, in den Beruf, die praktische Lehrzeit nachgeholt werden müßte.
Daher befürworten wir von unserer Fraktion als ergänzende Maßnahmen zum bisherigen Ausbildungssystem die Blockausbildung in überbetrieblichen Ausbildungsstätten. Wir wissen von dem Kollegen Schulhoff, der heute leider nicht hier sein kann, weil er erkrankt ist, ,daß vom Zentralverband des deutschen Handwerks, von der Hauptgemeinschaft des deutschen Einzelhandels, vom Deutschen Industrie- und Handelstag, um hier nur einige Einrichtungen aus der Wirtschaft zu nennen, welch hohe Bedeutung gerade dieser überbetrieblichen Ausbildung als Blockausbildung beigemessen wird.
Meine Damen und Herren, hiermit steht allerdings die Frage nach den Ausbildern in engem Zusammenhang. Wir wissen ganz genau und sind uns hoffentlich darüber einig: wenn wir diese Frage nach den Ausbildern nicht in jeder Beziehung vernünftig lösen können, wird die Effizienz der Ausbildung, auch der überbetrieblichen Ausbildung, in Frage gestellt sein. Es ist daher nach meiner Auffassung erforderlich, daß ein stufenweiser Aufbau dieser Einrichtungen Hand in Hand mit der Einrichtung
von Ausbildungsplätzen und der Heranbildung einer entsprechenden Anzahl Ausbilder vor sich geht.
Hinsichtlich der Ausbilder möchte ich aber doch folgendes hinzufügen. Bei den auf Grund des Berufsbildungsgesetzes aufzustellenden Ausbildungsverordnungen muß darauf geachtet werden, daß diese Verordnungen nicht an den betrieblichen Notwendigkeiten vorbei konzipiert werden. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang z. B. die Verordnungen über die Qualifikation der Ausbilder und der Ausbildungsbetriebe, die selbstverständlich zu einer Verbesserung der Ausbildung führen sollen und müssen, die aber nicht dazu führen dürfen, daß plötzlich eine Vielzahl von Betrieben nicht mehr als Ausbildungsbetriebe in Betracht kommen kann.
Bei der Erweiterung der überbetrieblichen Ausbildungsstätten stellt sich allerdings auch die Frage ihrer Finanzierung. Herr Kollege Wurbs hat diese Frage vorhin hier mit angeschnitten, und das ist ganz selbstverständlich. Herr Kollege Wurbs, wenn Sie heute morgen meinem Kollegen Dr. Martin zugehört hätten: er ist auf diese Frage speziell eingegangen und hat auch in einem Stufenplan dargelegt, wie die Finanzierung mit einer 20 %igen Selbstbeteiligung sowohl der Betriebe, der Wirtschaft als auch der öffentlichen Hand durchgeführt werden kann. Wir kennen die Problematik aus der Vergangenheit und machen uns hier in keiner Weise irgendwelche Illusionen. Wir wissen um die großen Schwierigkeiten der Mittelaufbringung, die wir insgesamt haben, die insbesondere diese Regierung hat.
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat auch dazu heute leider geschwiegen. Herr Minister, ich habe Ausführungen zur Finanzierung mit Bedauern vermißt; ich kann mich leider nicht des Eindrucks erwehren, daß auch bei Ihrem Aktionsprogramm für berufliche Bildung wie bei so vielen anderen Reformen Ankündigungen gemacht worden sind, die draußen gut ankommen, weil sie jeder wünscht, weil sie jeder haben möchte, bei denen aber die Realisierung von vornherein in Frage gestellt ist, weil nämlich die wichtige und wesentliche Frage, woher das Geld kommt und in welcher Größenordnung es aufgebracht werden kann, nicht beantwortet wird.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Illusionen, Illusionen, meine Damen und Herren! Wer die Chancengleichheit der beruflich Auszubildenden mit den Schülern und Studenten wieder und wieder postuliert, kann sich schwerlich der finanziellen Aussage entziehen. Der derzeitige Finanzierungsplan in der mittelfristigen Finanzplanung sieht für das Jahr 1974 für die dann 600 000 Studenten Mittel in Höhe von ca. 8,3 Milliarden DM vor; Sie haben diese Mittel ja auch schon gekürzt. Im gleichen Jahr 1974 sollen jedoch für die 1,3 Millionen Auszubildenden die Mittel des Bundes für die berufsbegleitende Bildung wie für Handwerk, Handel und sonstige mittelständische Gewerbe insgesamt 45 Millionen DM betragen. Ich würde sagen, hier ist eine ganz erhebliche Disparität. Meine Da-



Lampersbach
men und Herren, Herr Kollege Wurbs, Sie sollten sich auch einmal im Kammerwesen mit der Regierung darüber sehr ernsthaft unterhalten. Herr Minister Arendt, ich frage Sie: Glauben Sie tatsächlich, daß diese Mittel für 1,3 Millionen Auszubildende ausreichend sind, um den Effekt, den Sie hier ankündigen, zu erreichen? Ich bezweifle das außerordentlich. Auch die Mittelstandsdebatte hat gezeigt, daß hier bei der Bundesregierung ein wunder Punkt ist. In diesem Zusammenhang kann ich nur noch einmal bedauern, daß Sie heute allein auf der Regierungsbank sitzen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Fünf andere hätten auch nichts gewußt! — Weitere Zurufe und Gegenrufe.)

Ich möchte zusammenfassend feststellen: die kontinuierliche Anpassung der Berufsbildung an die Erfordernisse ,der Zukunft erfordert nicht nur die Entwicklung neuer Gedanken und Konzeptionen, wie sie nunmehr heute von der CDU/CSU vorgelegt worden sind, sie erfordert auch die Bereitschaft zu wesentlich höheren Förderungsmitteln. Der bisher als Stiefkind behandelten beruflichen Bildung müssen im Rahmen der staatlichen Förderung endlich gleiche Chancen wie der Schul- und Hochschulausbildung eingeräumt werden. Allerdings möchte ich nochmals betonen, daß einseitig an der gehobenen Allgemeinbildung orientierte Bildungsprogramme nicht die Probleme lösen helfen. Solche Planungen sind nicht nur kostspielige Fehlinvestitionen, sondern können eines Tages auch zu ernsten arbeitsmarkt- und wachstumspolitischen Problemen werden sowie gesellschaftspolitische Konflikte heraufbeschwören.

(Abg. Dr. Nölling: Deshalb wird auch zum erstenmal reagiert, weil Sie Angst davor haben, daß solche Konflikte entstehen könnten!)

— Aber Herr Kollege Dr. Nölling, wir beide kennen uns doch so gut. Ich bin über Ihren Zwischenruf wirklich enttäuscht, ich hatte etwas mehr erwartet. Na ja, es ist Freitag, man wird müde, der Denkvorgang klappt nicht mehr so ganz. Ich habe dafür durchaus Verständnis.
Meine Damen und Herren, was erwarten denn .Jugendliche, wenn sie in das Arbeitsleben eintreten? Sie wollen im Arbeitsleben bestehen können.

(Abg. Dr. Nölling: Und nicht ausgebeutet werden!)

Dieses Ziel kann man jedoch nicht mit der Weckung von Neidkomplexen erreichen. Das möchte ich sehr deutlich sagen.

(Zuruf von der SPD: „Lehrjahre sind keine Herrenjahre ! ")

— Ich würde das an Ihrer Stelle nicht so abwertend sagen. Es ist Mode geworden, auf Lehrlingskongressen und in Massenmedien der Öffentlichkeit ein Bild darzustellen, das die berufliche Ausbildung in den Zustand des finstersten Mittelalters zurückversetzt. Man mag mit Bedauern zur Kenntnis nehmen, daß Ausbildung mit Lernen verbunden ist. Aber ich frage Sie, meine Damen und Herren, meine Kolleginnen und Kollegen: Müssen wir uns als Abgeordnete nicht auch täglich einem Lernprozeß unterziehen, wenn wir unserer Aufgabe gerecht werden wollen?

(Abg. Wehner: Den Eindruck habe ich auch!)

— Sie ja nicht mehr, Herr Wehner, Sie haben das ja früher schon gekonnt.

(Heiterkeit.)

Und müssen wir uns nicht auch täglich, ob uns das paßt oder nicht, disziplinieren — mit Ausnahme des Kollegen Wehner natürlich; der hat das nicht nötig —,

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU/CSU — Abg. Wehner: Sie sind unübertrefflich!)

wenn wir nicht in einer selbstgewählten Ordnung verharren, sondern zu Erfolgen kommen wollen?!
Das von der CDU/CSU vorgelegte Aktionsprogramm weist hier einen Weg. Wir sollten uns, meine Damen und Herren, nicht länger in Deklamationen über Programme aufhalten, die nicht realisierbar sind,

(Beifall bei der SPD — Abg. Wehner: Sehr gut! Sehr gut!)

sondern sollten darangehen, in ernsthafter Arbeit das Problem zu lösen, das sicherlich vom ganzen Haus als Problem anerkannt ist, nämlich das Problem einer verbesserten Ausbildung der jungen Menschen für den Beruf.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616703400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Engholm.

Björn Engholm (SPD):
Rede ID: ID0616703500
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Martin hatte heute morgen den, wie ich finde, wenig ehrenvollen Auftrag der Oppositionsparteien, der Regierung wieder einmal ein bißchen Arsen in den Kaffee zu schütten.

(Abg. Dr. Gölter: Was soll denn das? — Abg. Rawe: Das tun Sie doch selber jeden Tag!)

Und ich meine, wenn man sich hier anguckt, mit welch einer Unverfrorenheit und mit welch einem Mangel an profunder Sachkenntnis und Information hier heute morgen der Regierung wieder Unterstellungen gemacht worden sind, dann entsinne ich mich, Herr Dr. Martin, eines Buches, das Sie sicherlich auch kennen, des nicht ganz unberühmten Wissenschaftlers Walter Badgehot, der einmal gesagt hat, das Parlament müsse eine „teaching function" haben, d. h. eine Lehrmeisterfunktion. Was Sie heute morgen geboten haben, hat Walter Badgehot in seinem Katalog nicht drin, nämlich die Abschrekkungsfunktion, die die Opposition in diesem Parlament ausübt.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Reddemann: Und Sie glauben wohl, der Lehrmeister des Parlaments sein zu müssen!)

— Herr Reddemann, das, was Sie hier sagen, sagen
Sie doch besser im „Greinischen Merkur". Zum zwei-



Engholm
ten wollte ich angesichts der Unterstellungen, die Sie der Regierung zur Bildungspolitik gemacht haben, und angesichts der Art, wie Sie sie aufbereitet haben, Ihnen doch einmal, meine Damen und Herren von der Opposition, die Frage stellen: Wo sitzen denn eigentlich die Bremser? Sie wissen doch im Ernst besser als wir, daß die in Schleswig-Holstein, in Bayern und in den Bundesländern sitzen, in denen christ-demokratische Kultusminister die Bildungspolitik bestimmen.

(Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

Sie wissen auch ganz genau, wie die Bildungspolitik der christ-demokratischen Kultusminister aussieht. Sie sieht genau so aus, daß diese Kultusminister — wie der Herr Braun in Schleswig-Holstein — drei Schritte zurück machen und dann als Alibi einen Schritt vorwärts. Ich meine, wenn man eine solche Politik als Bildungspolitik bezeichnen will und jeder genau weiß, wo die Leute sitzen, die Reformen verhindern, dann scheint mir das, was Sie heute morgen getan haben, nicht ganz vernünftig zu sein.

(Abg. Rawe: Dann gucken Sie sich mal die Berufsausbildung in Hessen an! Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616703600
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Martin?

Björn Engholm (SPD):
Rede ID: ID0616703700
Bitte schön.

Dr. Berthold Martin (CDU):
Rede ID: ID0616703800
Erinnern Sie sich an das Protokoll der SPD, in dem von Ihren eigenen Leuten gesagt worden ist, daß das, was Sie als Bildungspolitik in der Bundesrepublik vortragen, utopisch und nicht realisierbar ist? Haben Sie davon Kenntnis genommen, daß die Finanzminister, vorwiegend Ihre eigenen,

(Abg. Dr. Gölter: Rudi Arndt!)

sagen, daß diese utopischen Pläne nicht realisierbar sind?

(Abg. Wehner: Sind Sie jetzt aufgewacht oder sind Sie müde? — Gegenruf des Abg. Rawe: Vor allen Dingen disziplinierter als Herr Wehner! — Abg. Wehner: Das ist nicht konzentriert, was Sie sagen!)

— Herr Wehner, eines bin ich auf alle Fälle nicht: ich bin nicht aufgeregt, sondern ich rede zur Sache, im Unterschied zu Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf des Abg. Wehner.)


Björn Engholm (SPD):
Rede ID: ID0616703900
Nun ist das schwierig zu ordnen, ob dies eine parlamentarische Frage an den Redner war, oder ob dies mehr ein „statement” eines CDU-Bildungspolitikers war. Ich kann das nicht genau trennen. Ich will nur sagen, daß ich aufmerksam den Zwischenbericht der Bund-Länder-Kommission und auch die Ausführungen gelesen habe, die dort mit Zustimmung von CDU-Leuten zur Reform der beruflichen Bildung — etwa im Rahmen der Sekundarstufe II — gemacht worden sind. Ich muß sagen, Herr Dr. Martin, daß Sie mit Ihrem Antrag weit hinter dem zurückbleiben, was Ihre Kollegen in den Ländern machen.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Rawe: Fahren Sie doch mal nach Hessen!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616704000
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Raffert?

Joachim Raffert (SPD):
Rede ID: ID0616704100
Herr Kollege Engholm, sind Sie bereit, Herrn Kollegen Dr. Martin daran zu erinnern, daß er am Montag Gelegenheit hatte, den Sprecher der Finanzminister zu dieser Frage zu hören, der dort gesagt hat, dieses Programm sei zu finanzieren, und daß er dem bei dieser Gelegenheit nicht widersprochen hat?

Björn Engholm (SPD):
Rede ID: ID0616704200
Ich bin gern bereit, dieser Bitte nachzukommen, Herr Kollege.

(Abg. Dr. Martin meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

— Ich darf bitten, dies dann die letzte Zwischenfrage sein zu lassen, weil ich gern etwas zur beruflichen Bildung sagen wollte.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616704300
Eine Zwischenfrage, Herr Kollege Martin.

Dr. Berthold Martin (CDU):
Rede ID: ID0616704400
Sind Sie bereit, auf folgende Frage zu antworten? Ich habe Herrn Arndt gefragt, ob es beim Wachstum von 4,5 %, was er voraussetzt, bleibt und ob das möglich ist. Das war seine Prämisse. Die Finanzminister haben in ihrer Sitzung gesagt, daß diese Voraussetzung falsch und optimistisch ist. Damit bricht das zusammen, was Herr Raffert gesagt hat.

Björn Engholm (SPD):
Rede ID: ID0616704500
Dies ist doch nicht das Problem der Bildungsdebatte, die wir zu führen haben. Das Grundproblem existiert doch darin, daß wir eine geschlossene Bildungskonzeption dieser Gesellschaft vorlegen. Was Ihr Antrag deutlich macht — um damit auf Ihre Frage einzugehen —, ist doch die Tatsache, daß Sie über kein Bildungsgesamtkonzept verfügen.

(Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren — Herr Gölter, hören Sie gut zu —, daß Sie wieder einmal — das ist nicht das erste Mal in diesem Hause — den bildungspolitischen Berg ein bißchen haben kreißen lassen, und herausgekommen ist wider ein Mäuschen, das völlig zu Unrecht den Namen Berufsbildungsreform trägt. Das Grundproblem Ihres Papiers existiert darin, daß Sie an den Problemen, die uns hier zu beschäftigen haben, vorbeigehen. Es ist großartig, die Offenheit zu sehen, mit der Sie die Frage der Verbindung von allgemeiner und beruflicher Bildung in dieser Gesellschaft verschweigen. Ihr Papier weist keinen Weg, wie wir die große Kluft, die diskriminierende Kluft zwischen der allgemeinen



Engholm
und der beruflichen Bildung beseitigen können. Dies eben ist das Ziel.

(Beifall bei der SPD.)

Lassen Sie mich in wenigen Worten sagen, von welcher Situation wir heute auszugehen haben.
Zunächst einmal sind wir sicherlich darin einig, daß die Berufsbildung heute keine öffentliche und keine öffentlich kontrollierte Aufgabe ist. Sie ist de facto eine Selbstverwaltungsangelegenheit der Wirtschaft, im Gegensatz zur allgemeinen Bildung, und dies muß stufenweise reformiert werden.

(Beifall bei der SPD.)

Das zweite, was für die Berufsbildung nicht zuträglich ist, ist die Tatsache, daß bei uns allein die Betriebe bestimmen, ob überhaupt Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden, wie viele zur Verfügung gestellt werden und welcher Qualität diese Ausbildungsplätze sind.

(Abg. Wehner: Sehr wahr!)

Das heißt, rund 1,5 Millionen junger Leute sind auf das Wohlwollen der Wirtschaft angewiesen, ob sie einen Platz kriegen und wie gut dieser Platz ist. Das werden wir in dieser Form ebenfalls zu beseitigen haben.

(Beifall bei der SPD.)

Das dritte Markante an der Situation: Die Durchführung der Ausbildung in den Betrieben richtet sich bis zum heutigen Tage eben nicht nach pädagogischen Erfordernissen, also nach bildungspolitipolitischen Gesichtspunkten. Sie richtet sich nach den aktuellen Erfordernissen des jeweiligen Produktionsprozesses. Das heißt, die Interessen der Jugend für die Zukunft, ihre Stellung in der Gesellschaft werden von dem abhängig gemacht, was der Betrieb zur Zeit gerade von ihnen verlangt, von den Erfordernissen seiner Produktion. Auch das ist nicht in Ordnung.
Zum letzten — ich habe dies bereits gesagt —: Uns fehlt der Weg zur Verknüpfung und Verzahnung der beruflichen mit der allgemeinen Bildung, damit es ein Optimum an Chancengleichheit, an Durchlässigkeit und damit an Bildungsaufstieg auch für die bisher benachteiligten Auszubildenden gibt.
Deswegen will ich sehr kurz sagen, worüber wir bei der Beratung Ihres Antrags sehr konkret, mit Fakten und nicht nur mit Floskeln auf dem Papier, zu reden haben werden und was wir — wenn Sie wollen, gemeinsam — tun können.

(Abg. Dr. Martin: Unqualifiziertes Geschwätz!)

Zunächst einmal sollten wir darangehen — und die Regierung hat dies bereits auf den Weg gebracht —, eine umfassende Reform der Ausbildungsordnungen in dieser Gesellschaft auf die Beine zu stellen, und das heißt: die Ausbildungsordnungen, die wir heute haben, zu konzentrieren, sie zu stufen, ihre Dauer zu überprüfen und eine ganze Reihe von anderen Reformen in sie hineinzubringen.

(Abg. Dr. Martin: Lauter Floskeln! — Abg. Rawe: Sagen Sie mal einen konkreten Satz! Dieses Blabla hört sich wirklich lächerlich an!)

Wir brauchen zum zweiten die Einführung des Berufsgrundschuljahres und seine volle Anrechnung auf die Ausbildung.
Wir brauchen zum dritten — und in dieser Frage wenigstens werden wir einig sein können — eine Abstimmung der Ausbildungsordnungsreform mit den Lehrplänen der jeweiligen Länder, damit beides sich verhakt. Dies ist einer der wenigen Punkte, wo wir vielleicht gemeinsam arbeiten können.

(Abg. Dr. Gölter: Sind wir beim Berufsgungsbildungsjahr verschiedener Meinung?)

Etwas, wozu Sie so gut wie nichts gesagt haben, ist die Frage der Berufsberatung, die Frage: wie zeigen wir jungen Menschen langfristig schon durch die Struktur ihrer ersten Ausbildungsphase, welchen Beruf sie wählen sollen, was zu ihren Neigungen und Fähigkeiten paßt? Es geht um die Frage der Einführung einer Berufskunde, einer Berufswahlkunde, und wesentlich um die Fortbildung der Berufsberater.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ein konkretes Programm!)

Der letzte Punkt, über den wir sehr arg werden streiten müssen, ist die Qualifikation der Ausbilder. Sie haben nicht gesagt, woher Sie mehr Ausbilder nehmen wollen, wie Sie sie ausbilden wollen und welche Stellung diese Ausbilder im Betrieb haben werden.

(Abg. Dr. Martin: Sagen Sie es uns doch!)

Sollen sie genauso abhängig sein wie die Lehrlinge oder nicht?

(Abg. Dr. Martin: Sagen Sie etwas dazu! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Sagen Sie es doch!)

— Wir werden bei der Beratung konkrete Vorstellungen unterbreiten, wie man so etwas machen kann.

(Abg. Rawe: Schon wieder eine Vertröstung!)

— Das ist doch nur die erste Runde! Was wollen Sie? Sie haben doch im Grunde genommen den politischen Schlagabtausch gesucht und können ihn bekommen.

(Abg. Rawe: Wer ist eigentlich der dafür zuständige Minister?)

Und dann will ich Ihnen sagen, daß das, was Sie in Ihrem Papier völlig verschwiegen haben, das Hauptproblem unserer Reformpolitik und der Reformpolitik dieser Regierung

(Zurufe von der CDU/CSU: Welcher?)

sein wird. Das ist die Frage der Einrichtung überbetrieblicher Lehrwerkstätten oder überhaupt der Konzipierung einer überbetrieblichen Berufsausbildung. Wir glauben, daß die Überbetrieblichkeit der Berufsausbildung nicht etwa, wie Sie es gesagt haben, zum Wohle der Wirtschaft da ist, sondern daß sie ein Instrument zur Verbesserung der Chancen der jungen Generation ist.

(Beifall bei der SPD.)




Engholm
Deshalb werden wir diese Überbetrieblichkeit, die Sie in Ihr Papier auch aufgenommen haben, nicht als dritte Säule in einem ohnehin schon zweisäuligen System haben wollen; wir wollen aus der Dualität keine Tripolarität machen. Wir wollen die Überbetrieblichkeit dazu benutzen, das zu koppeln, was heute getrennt ist, nämlich die allgemeine und die berufliche Bildung.
Und dann werden wir Ihnen sehr ernsthaft die Frage stellen müssen, ob der Status der Gemeinnützigkeit überbetrieblicher Lehrwerkstätten allein ausreicht. Mein Verdacht geht dahin, daß Sie diesen Gemeinnützigkeitsstatus nur deshalb gewählt haben, weil Sie den industriellen Trägern Steuervorteile verschaffen wollen.

(Abg. Dr. Gölter: Wenn das für die ganze SPD-Fraktion gesagt ist!)

Das reicht mir bei weitem nicht. Ich meine, wir müssen uns darüber unterhalten, daß gemeinnützige Träger mit Sicherheit nicht zugleich Gewinne machen dürfen, daß in diesen Einrichtungen eine demokratische Willensbildungsstruktur vorhanden sein muß — das heißt: Beteiligung der Lehrkräfte und der Lehrlinge — und daß wir zum dritten darauf zu achten haben, daß diese Einrichtungen eben nicht überwiegend spezifischen Unternehmenszwecken dienen sollen.

(Abg. Dr. Gölter: Ob das wohl auch die Meinung der SPD-Fraktion ist?)

Das ist etwa das Programm, über das wir mit Ihnen bei der Beratung Ihres Antrages reden können.
Lassen Sie mich abschließend noch einen Satz sagen. Sie haben in Ihrem Papier, besonders in der Begründung, mehrfach gesagt, daß Ihre Vorstellungen — speziell bezüglich der überbetrieblichen Einrichtungen für die kleinen und mittleren Betriebe — der Industrie, der Wirtschaft dienen sollen.

(Abg. Dr. Gölter: Lesen Sie es doch einmal durch!)

Der Unterschied zwischen Ihnen und uns besteht eindeutig darin, daß wir sagen: wenn wir Reformpolitik auf dem Gebiete der Berufsausbildung machen, dann tun wir das für die heranwachsende, für die junge Generation, damit sie morgen ihre Chancen in dieser Gesellschaft mit aller Sicherheit wahrnehmen kann. Und ich sage Ihnen auch ganz deutlich: Erst wenn das Wohl der Wirtschaft in dieser Gesellschaft mit dem Wohl der Arbeitnehmer und damit auch mit dem der Auszubildenden identisch sein wird,

(Abg. Dr. Martin: Reine Phraseologie!)

haben wir das, was wir als humane Gesellschaft bezeichnen.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

Daß Sie sich bis zum heutigen Tage nicht genügend daran beteiligt haben, diesen Weg zu gehen,

(Abg. Dr. Gölter: Das sind einfach unverschämte Behauptungen!)

brauche ich nicht hervorzuheben.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Rawe: Vorher schaffen wir noch die Betriebe ab!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616704600
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Engholm hat seine Jungfernrede gehalten. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall. Zurufe von der CDU/CSU: Das hat man gemerkt! — Eine ganz schwache Rede!)

Als nächster hat Herr Abgeordneter Müller (Remscheid) das Wort.

Adolf Müller (CDU):
Rede ID: ID0616704700
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Darf ich Ihnen, Herr Kollege Engholm, zunächst sagen: wir haben — vielleicht war das ein Versprecher von Ihnen — kein umfassendes Berufsbildungsreformprogramm vorgelegt, sondern wir haben ein Sofortprogramm zur Verbesserung der beruflichen Bildung vorgelegt, wobei wir uns darüber klar sind, daß eine umfassende Verbesserung, eine umfassende Reform des gesamten Berufsbildungswesens dann notwendig sein wird, wenn die Kommission zur Frage der Finanzierung konkrete Ergebnisse vorgelegt hat.
Ich möchte Ihnen als zweites gerade zu Ihrem letzten Satz, den Sie glaubten sagen zu müssen, daß nämlich unsere Vorstellungen nur von den Bedürfnissen der Industrie und des Handwerks ausgingen, sagen: ich darf Sie vielleicht bitten, einmal unseren Antrag zur Hand zu nehmen. Dort ist nach dem einleitenden Absatz als erstes Ziel, als erste Forderung an die Bundesregierung folgendes zu lesen:
die Chancengleichheit innerhalb der beruflichen Bildung und im Verhältnis zur allgemeinen Bildung zu verbessern.
Wenn Sie das lesen, können Sie einen solchen Vorwurf meines Erachtens nicht aufrechterhalten.
Ich möchte eine dritte Vorbemerkung machen. Ich glaube, im Interesse der jungen Menschen, um die sich die Reform des beruflichen Bildungswesens dreht, sollte die Problematik möglichst breit — sowohl hier im Parlament als auch draußen — innerhalb unserer Gesellschaft diskutiert werden. Es handelt sich hier nicht um eine Problematik, bei der man unter allen Umständen auf Konfrontationskurs zu gehen hat. Es geht vielmehr darum, eine möglichst breite Übereinstimmung zu finden.
Ich möchte hier Herrn Professor Rosenthal, den Leiter des Instituts für Berufsbildungsforschung zitieren. Er hat in seiner Einführungsrede, als das Institut errichtet wurde, von dem beruflichen Bildungswesen unter dem Einfluß dreier Kraftfelder gesprochen.
Das erste Kraftfeld ist die Berufsbildungspolitik: Dort werden die Normen gesetzt, Zielsetzungen gegeben und Werturteile gebildet.
Das zweite Kraftfeld ist die Berufsbildungspraxis. Die Forschung im Rahmen dieser Berufsbildungspraxis hat die Aufgabe, Unterrichtsmittel für das betriebliche Ausbildungswesen und für das berufliche Schulwesen zu entwickeln. Er nennt als drittes Kraftfeld die Berufsbildungsforschung, die ja durch das neu errichtete Bundesinstitut für Berufsbildungsforschung in Berlin wahrgenommen wird.



Müller (Remscheid)

Nun hat der Bundesarbeitsminister davon gesprochen, daß die berufliche Bildung jetzt erstmalig als Teil der Bildung ganz allgemein angesehen werde. Herr Bundesarbeitsminister, ich hatte eigentlich nicht vor, nachzukarten. Wenn Sie aber einmal das Protokoll über die Sachverständigenanhörung des Ausschusses für Arbeit und des Ausschusses für Jugend und Familie in Berlin vom Juni 1967 zur Hand nehmen, werden Sie feststellen, daß ich am Schluß dieser Sachverständigenanhörung als damaliger Ausschußvorsitzender gesagt habe:
Die Berufsausbildung kann nicht aus ihrem Zusammenhang getrennt gesehen werden. Sie ist ein Teil der Bildung ganz allgemein.
Wir hatten damals auch gesagt, daß durch ein Berufsbildungsgesetz nicht ein unzureichender Zustand zementiert werden dürfe und man daher nicht den Versuch einer perfektionierten Regelung machen sollte. Man sollte den großzügigen Rahmen abstecken, damit die Entwicklung der Berufsbildung nicht gehemmt werde. Man sollte entscheidende Gremien schaffen, die in der Entwicklung und bei der Erforschung der Berufsausbildung Motor sein könnten. Das haben wir versucht, meine Damen und Herren. In der vergangenen Legislaturperiode ist am 30. August 1966 ein Gesetzentwurf der SPD vorgelegt worden, der wie folgt überschrieben war: „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Arbeitsmarktes an die Entwicklung von Wirtschaft und Technik (Arbeitsmarktanpassungsgesetz)". Ein Teil dieser Vorlage sollte Berufsbildungsgesetz sein. Am 25. Oktober 1966 wurde dann der Entwurf der damaligen Kleinen Koalition von CDU/CSU und FDP vorgelegt. Diese beiden Entwürfe standen bei der von mir zitierten Sachverständigenanhörung zur Debatte. Ich sage das jetzt, damit hier nicht etwa Prioritätsansprüche geltend gemacht werden. Ich möchte objektiverweise auch sagen, daß die meisten Sachverständigen 1967 erklärt haben, daß beide Entwürfe — sowohl der Entwurf der damaligen Opposition, der SPD, als auch der Entwurf der Kleinen Koalition — im Prinzip unzureichend sind. Deshalb wurde nach vielen Gesprächen, die ich mit den Staatssekretären der zuständigen Ministerien geführt habe, dann eine Formulierungshilfe erstellt. Dafür bin ich Herrn Minister Katzer und auch — in der Zwischenzeit hatten sich die politischen Verhältnisse geändert; wir hatten die Große Koalition — Herrn Minister Schiller noch heute dankbar, weil so die Grundlage für die Arbeit des Ausschusses gelegt wurde. Der Ausschuß hat dann in monatelangen intensiven Beratungen in gemeinsamer Arbeit 1969 das Berufsbildungsgesetz geschaffen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616704800
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kohlberger?

Adolf Müller (CDU):
Rede ID: ID0616704900
Bitte!

Richard Kohlberger (SPD):
Rede ID: ID0616705000
Herr Kollege Müller, waren Sie 1969 nicht auch der Meinung, daß es mit dem Berufsbildungsgesetz nicht so schnell zu gehen brauche, und haben Sie als Ausschußvorsitzender die
Verabschiedung des Berufsbildungsgesetzes, des Arbeitsmarktanpassungsgesetzes nicht um über ein Jahr verzögert?

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch unerhört!)


Adolf Müller (CDU):
Rede ID: ID0616705100
Herr Kollege Kohlberger, ich darf Sie vieleicht daran erinnern, daß die Arbeitsmarktsituation in unserem Lande in der Zwischenzeit etwas anders geworden war und dann das Arbeitsförderungsgesetz als Mittel einer aktiven Arbeitsmarktpolitik absoluten Vorrang hatte. Ich will Ihnen aber auch noch etwas anderes sagen: Im nachhinein darf man sicher froh darüber sein, daß wir dieses Gesetz erst 1969 verabschiedet haben. Wenn wir auf der Basis der damals vorliegenden Entwürfe beraten hätten, wäre dieses Gesetz von 1969, glaube ich, nicht so zustande gekommen, wie wir es in der Großen Koalition erreicht haben. Ich meine, auf das, was wir gemeinsam erarbeitet haben, sollten wir auch heute noch gemeinsam stolz sein.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616705200
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schmidt (Kempten)?

Adolf Müller (CDU):
Rede ID: ID0616705300
Bitte sehr!

Hansheinrich Schmidt (FDP):
Rede ID: ID0616705400
Herr Kollege Müller, darf ich Sie in Ihrer damaligen Eigenschaft als Vorsitzender des Arbeitskreises, dem ich angehört habe, und auch der Untergruppe Berufsausbildung fragen: Trifft es zu, daß ein Großteil der Dinge, die heute in Ihrem Sofortprogramm stehen, damals am Widerstand der CDU/CSU — bis zu den Abstimmungen hier im Bundestag selbst — gescheitert ist?

Adolf Müller (CDU):
Rede ID: ID0616705500
Herr Kollege Schmidt, ich kann Ihnen das in dieser Form nicht bestätigen. Wir haben sehr hart gerungen um diese Frage. Ich selbst habe dem Unterausschuß, wie Sie wissen, nur sporadisch angehört, weil gleichzeitig die Beratungen des Arbeitsförderungsgesetzes liefen. Aber manches braucht eben auch in der Entwicklung seine Zeit.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616705600
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Müller?

Adolf Müller (CDU):
Rede ID: ID0616705700
Bitte sehr!

Johannes Müller (CDU):
Rede ID: ID0616705800
Herr Kollege Müller, würden Sie mir bestätigen, daß die Mitglieder des Ausschusses, insbesondere aber die Mitglieder des Unterausschusses sehr glücklich waren, eine Einigung gefunden zu haben, nachdem man fünfzig Jahre lang dieses Thema diskutiert hatte?

(Lachen und Zurufe von der SPD.)


Adolf Müller (CDU):
Rede ID: ID0616705900
Herr Kollege Müller, ich kann bestätigen, daß wir allesamt damals



Müller (Remscheid)

eine enorme Arbeit geleistet haben. Aber wir konnten in dem 1969 verabschiedeten und in Kraft getretenen Gesetz zwei wesentliche Fragen nicht lösen. Das eine war die Frage der Finanzierung der Berufsausbildung. Diese Frage ist auch heute noch nicht gelöst. Sie wissen, daß die Bundesregierung eine Kommission eingesetzt hat, die diese Finanzierungsfrage prüft. Die zweite Frage, die wir nicht lösen konnten, betraf die verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten, die Kompetenzen von Bund und Ländern, die Geltung des Gesetzes auch für die berufsbildende Schule.
Herr Kollege Engholm, Sie haben versucht, einen Seitenhieb auf die Kultusminister der CDU, überhaupt auf die CDU-regierten Länder, zu führen. Wenn Sie es wünschen, bin ich gern dazu bereit, aus meinen damaligen Verhandlungen auch mit sozialdemokratischen Kultusministern zu berichten, in denen wir versucht haben, auch die berufsbegleitende Schule zumindest über einen Bund-LänderVertrag in den Geltungsbereich dieses Gesetzes einzubeziehen. Ich bin damals gemeinsam mit Herrn Liehr bei Herrn Senator Evers gewesen. Es ist uns nicht gelungen. Und später hatten wir auch noch im Bundesrat darauf zu achten, daß das Berufsbildungsgesetz nicht noch an der Haltung der Länder scheiterte. Ich glaube, wir sollten dieses Hin- und Herspielen wirklich aufgeben. Die Frage eines Abkommens zwischen Bund und Ländern auf diesem Gebiet ist überfällig. Es ist höchste Zeit, daß das, was in der Berufsbildungsforschung, in der Frage der Ausbildungsordnungen gesagt wird, auch für die berufsbegleitende Schule gilt.
Wir hatten dann aber als wesentlichen Fortschritt das Institut für Berufsbildungsforschung. Ich glaube, wenn die Anlaufschwierigkeiten vorüber sind, wird sich immer mehr zeigen, daß dieses Forschungsinstitut gute Arbeit leistet. Es wurde konzipiert, Herr Kollege Arendt, von Ihrem Vorgänger und dem Wirtschaftsminister. Sie haben es dann auf Grund des Gesetzes errichtet. Aber der Gesetzgeber, nämlich dieses Haus, hat die Errichtung des Instituts für Berufsbildungsforschung beschlossen. Das war sicherlich eine gute Maßnahme.
Ich habe schon davon gesprochen, daß die umfassende Reform der Berufsbildung dann notwendig ist, wenn die Finanzierung klar ist. Aber unser Sofortprogramm hat zum Ziel, daß jetzt das getan wird, was aktuell notwendig ist, daß keine weiteren Planspiele getrieben werden, sondern daß möglichst praxisnah begonnen wird.
Dazu nenne ich die Berufsbildungspraxis als das zweite Kraftfeld. Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, daß in dem Dreiklang von Betrieb, Theorie und Schule der Begriff der theoretischen Ausbildung in seiner Bedeutung zunehmen muß, wahrscheinlich auch in der zeitlichen Aufteilung der Berufsbildung zunehmen muß. Ich habe die Hoffnung, daß der Bundesausschuß für Berufsbildung uns dabei helfen wird, innerhalb der betrieblichen Ausbildung der theoretischen Ausbildung einen höheren Rang einzuräumen.
Ich wäre auch dankbar, wenn der Bundesausschuß für Berufsbildung — den wir ja in unserem Antrag mit angesprochen haben unter den Institutionen, die an der Berufsbildung beteiligt sind — uns helfen würde, den Antrag zu verwirklichen. Es scheint ja die allgemeine Auffassung zu sein, daß die Ausbildungsberaterstellen vermehrt werden sollten. Ihre Zahl reicht nicht, und meines Erachtens reicht auch noch nicht die Aufgabenstellung für den Ausbildungsberater. Das, was ich jetzt sage, ist sicherlich zum Teil umstritten. Aber ich persönlich glaube, daß der Ausbildungsberater mehr als bisher den Berufsbildungsausschüssen bei den zuständigen Stellen verantwortlich sein sollte und daß die Berufsbildungsausschüsse bei den Kammern mehr Einfluß auf die Einstellung und die Tätigkeit der Ausbildungsberater haben sollten.
Wir sind weiterhin der Meinung, daß es zu einer Verkürzung der Ausbildungszeiten kommen muß, wo der Beruf es erlaubt. Ich meine auch, daß der Bundesausschuß für Berufsbildung, gestützt durch das Institut für Berufsbildungsforschung, Kriterien für die Eignung aller Ausbildungsstätten aufstellen sollte und daß eine intensivere Überwachung von Ausbildern und Ausbildungsstätten notwendig ist.
Bezüglich der überbetrieblichen Ausbildungsstätten, wo wir 75 000 Ausbildungsplätze fordern, ist vor allen Dingen hervorzuheben, daß wir sowohl fachlich als auch regional eine Streuung wünschen. Das, was bisher durch die Bundesanstalt für Arbeit gefördert worden ist, ist zu sehr vorn Zufall bedingt, nämlich von den jeweiligen Initiativen örtlicher Stellen.
Was die Frage der Finanzierung angeht, wird man darüber auch noch im Zusammenhang mit dem Arbeitsförderungsgesetz und dem Bericht der Bundesregierung zur Entwicklung der Finanzsituation zu reden haben. Aber lassen Sie mich eine Zahl nennen. Wir haben 1,3 Millionen Auszubildende. Ich glaube, deren Forderungen sind genauso ernst zu nehmen wie die Forderungen — die berechtigten Forderungen — der 0,4 Millionen Studenten.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das glaube ich aber auch!)

Tatsächlich aber ist das Verhältnis umgekehrt. Während die öffentliche Hand 1972 allein für den Hochschulbau 3,5 Milliarden DM ausgeben will, sind für überbetriebliche Ausbildungseinrichtungen gerade 50 Millionen DM veranschlagt. Ich glaube, daß steht in keinem angemessenen Verhältnis zueinander.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Wir sind darüber hinaus der Meinung, daß die Berufsbildungsforschung als das dritte Kraftfeld stärker als bisher an die Ausbildungsordnungen herangehen muß. Man kommt zur Zeit noch nicht nach. Das ist aber dringend notwendig. Ich sagte schon, daß diese Ausbildungsordnungen dann auch für die schulische Ausbildung gelten sollten.
Die Uhr leuchtet auf. Man hätte sicherlich zu diesem Problem noch viel zu sagen. Wir werden es im Ausschuß zweifellos weiter beraten. Insgesamt muß man hier aber die Notwendigkeit einer rechtzeiti-



Müller (Remscheid)

gen Abstimmung aller Stellen betonen, die mit der Berufsbildung zu tun haben, einschließlich der Arbeitsverwaltung als der Stelle, die die Berufsberatung durchführt. Denn alle guten und verbesserten Ausbildungsstätten, wie wir sie hier — wohl insgesamt — fordern, sind nicht richtig eingesetzt, wenn der Jugendliche nicht vorher durch die Berufsberatung in einen Beruf vermittelt wurde, der seiner Eignung und seiner Neigung entspricht.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0616706000
Das Wort hat der Herr Staatssekretär Rohwedder.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616706100
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte gegen Schluß dieser Debatte einige Worte aus der Sicht des Bundesministers sagen, der für den Gegenstand der heutigen Unterhaltung in der gewerblichen Wirtschaft zuständig ist, nämlich für den Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen.
Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion enthält in seinem ersten konkreten Teil die Anregung eines Bedarfsplans. Dieser Bedarfsplan ist im Ministerium für Wirtschaft und Finanzen längst erstellt worden. Es ist eine gründliche Arbeit geleistet worden. Wir wissen, wovon wir sprechen und wohin wir wollen. Wir kennen die Zahlen für jeden Regierungsbezirk und für jeden Schwerpunkt der Berufsausbildung. Es bedarf also nicht etwa der Einschaltung der Bundesanstalt für Arbeit. Die Bundesregierung hat hier die Arbeit selbst gemacht und kann die Ergebnisse vorlegen. Selbstverständlich haben wir dieses Programm in enger Fühlungnahme mit den Ländern, den Organisationen der Wirtschaft, den Gewerkschaften, der Bundesanstalt für Arbeit und mit den Vertretern der beruflichen Schulen vorbereitet.
Nun zum zweiten Punkt des Antrags der CDU! CSU-Bundestagsfraktion, der Finanzierung. Die Bundesregierung hat 1971 auf Anregung dieses Hohen Hauses eine Sachverständigenkommission zur Untersuchung der Kosten und der Finanzierung der beruflichen Bildung berufen. Vor der Festlegung langfristiger Finanzierungsformen für die weitere Ausgestaltung der beruflichen Bildung sollte das Arbeitsergebnis dieser Kommission abgewartet werden.
In diesem Zusammenhang ein zweiter Hinweis: Die Bundesregierung hat bis zum 31. Dezember dieses Jahres nach dem Arbeitsförderungsgesetz darüber zu berichten, wie sich die Förderung der beruflichen Bildung durch die Bundesanstalt für Arbeit bewährt hat. Auch dieser Bericht wird zu den Möglichkeiten der Finanzierung der Pläne, die heute hier diskutiert werden, eine, wie wir hoffen, entscheidende Aussage machen.
Als dritten Punkt behandeln Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU-Fraktion, die Frage der Trägerschaft. Hierzu ist von unserer Seite nicht sehr viel zu sagen. Ihre Thesen oder Sätze sind so
allgemein formuliert, daß sie wohl nicht mehr recht griffig sind. Aber das ist auch nicht schädlich; denn wir wissen genau genug, was wir wollen. Zu betonen ist, daß wir eine stärkere Berücksichtigung der bildungspolitischen Ziele für erforderlich halten. Die berufliche Bildung muß nach unserer Auffassung als wesentlicher Teil des gesamten Bildungswesens gesehen werden. Deshalb darf auch die Verbindung zum Schulwesen, Herr Abgeordneter Lampersbach, durch Kooperation in der Sache und durch Auswahl der Standorte nicht vergessen werden. Das ist im übrigen auch ökonomischer; denn bei einer gegenseitigen Nutzung der vorhandenen Fazilitäten kommt es auch zu einer besseren Auslastung der Einrichtungen.
Nun zu dem Erlaß von Ausbildungsordnungen. In der Debatte ist angeklungen, daß die Bundesregierung damit doch wohl sehr im Verzuge sei. Das ist natürlich nicht der Fall. Ganz konkret: in diesem Jahr werden wir etwa 45 % der gesamten Lehrlinge in neue Ausbildungsordnungen überführt haben, darunter 87 000 junge auszubildende Menschen aus den feinschlosserischen Berufen und 43 000 Berufsanfänger aus den elektrotechnischen Berufen. Das sind konkret die Arbeiten, die bei uns im Hause gemacht werden. Sie sind deshalb so wertvoll, weil die Neuformulierung der Ausbildungsordnungen zu einer unmittelbaren Verbesserung der Ausbildung führt. Diese Ausbildungsordnungen beseitigen wesentliche Gründe für die Unruhe unter der betroffenen Jugend, und sie bewirken das, was wir alle wollen, nämlich eine höhere Qualifikation der Ausbildung auf dem Berufsbildungssektor.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch eine Bemerkung zu dem Kongreß der Unternehmer machen, der vor einigen Tagen in München stattgefunden hat. Ich glaube, daß die Bundesregierung auf dem Gebiet der beruflichen Bildung eine beachtliche Offerte gemacht hat. Diese Offerte scheint mir nicht von allen in München vertretenen Sprechern der Unternehmensverbände in der rechten Weise angenommen worden zu sein. Immerhin ist es verdienstvoll, daß sich die Unternehmer auf einem Grundsatzkongreß mit diesen Fragen eingehend beschäftigen, einem Fragenkomplex, der nicht unmittelbar mit Soll und Haben etwas zu tun hat. Um so wichtiger und begrüßenswerter ist es, daß sich die Unternehmerschaft nun gegenüber dieser Problematik öffnet und bereit zu sein scheint, aktiver an diese Dinge heranzugehen. So selbstverständlich, Herr Abgeordneter Lampersbach, ist die Aufgeschlossenheit der Unternehmer nicht;

(Abg. Lampersbach: Das ist eine Unterstellung! — Abg. Rawe: Das ist eine Frechheit, was Sie da sagen! — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist wirklich unerhört! — Abg. Rawe: Hoffentlich ist bei Ihrer Regierung soviel Aufgeschlossenheit wie bei den Unternehmern!)

denn sonst hätte es nicht des Appells der Unternehmer an die eigene Adresse bedurft, der beruflichen Bildung einen angemesseneren Platz einzuräumen. Ich zitiere nur einen Sprecher der Unternehmer in München.




Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616706200
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616706300
Bitte sehr!

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0616706400
Herr Staatssekretär, Sie werden doch sicherlich objektiv genug sein, um zuzugeben, daß die Entwicklung in der beruflichen Ausbildung nicht erst in den letzten zwei oder drei Jahren eingetreten ist, sondern schon im vergangenen Jahrhundert festzustellen war, daß sich alle Beteiligten dieser Entwicklung nicht entziehen können, aber ausreichend Zeit haben müssen, sich darauf einzustellen. Das ist die erste Frage. Dem werden Sie doch sicherlich zustimmen.
Die zweite Frage: Glauben Sie wirklich, daß die Wirtschaft so dumm ist, bei der Ausbildung von Jugendlichen nur an ihren Profit zu denken? Glauben Sie nicht, daß sie auch an die Notwendigkeit denkt, die Märkte der Zukunft zu erhalten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616706500
Herr Lampersbach, ich stimme Ihrer generellen Aussage zu. Was jedoch die konkrete politische Arbeit betrifft, so ist es wichtig, daß sich die Bundesregierung und dieses Hohe Haus mit der Wirtschaft verbunden wissen und sich durch sie gestützt fühlen; denn wir wollen, wie Sie aus unseren Unterhaltungen wissen, am dualen System unbedingt festhalten.

(Abg. Rawe: Vorhin haben Sie es ein bißchen anders gesagt! — Abg. Lampersbach: Ich danke Ihnen für diese Bestätigung! — Abg. Dr. Martin: Würden Sie das, was Sie soeben gesagt haben, einmal Herrn Engholm mitteilen!)

Das bedeutet ein aktives Miteinander von Staat und Wirtschaft.
Die Bundesregierung hat bei verschiedenen Gelegenheiten, besonders im „Aktionsprogramm berufliche Bildung" und auch in den „Grundsätzen für die Strukturpolitik der kleinen und mittleren Unternehmen" deutlich gemacht, wie sehr es ihr auf die Zusammenarbeit mit den beteiligten Gruppen ankommt und welche Bedeutung einer Verbesserung der beruflichen Bildung auch volkswirtschaftlich zukommt. Die Interdependenz zwischen dem Ausbau des Bildungswesens und der wirtschaftlichen Entwicklung wird heute mehr und mehr gesehen. Ich hoffe, daß die heutige Debatte und die nachfolgenden Erörterungen in den Ausschüssen dazu beitragen werden, daß wir auf diesem Gebiet weiterkommen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616706600
Das Wort hat der Abgeordnete Folger.

Erwin Folger (SPD):
Rede ID: ID0616706700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine sehr geehrten Herren! Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion, der hier zur Debatte steht, müßte eigentlich lauten: Sofortprogramm zur
Beseitigung der Versäumnisse der CDU/CSU auf dem Gebiet der Berufsbildung.

(Beifall bei der SPD.) Dann wäre er korrekt.


(Zurufe von der CDU/CSU.)

Ich respektiere die Vorbehalte, die z. B. mein Kollege Engholm gemacht hat. Trotzdem muß ich sagen, daß eine Reihe von Formulierungen, die der Antrag enthält, und auch eine Reihe von Bemerkungen, die Sie, Herr Dr. Martin, gemacht haben, auf mich wie frische Luft in einem vorher schlecht gelüfteten Klassenzimmer wirken. Ich denke z. B. an Worte wie „spätere umfassende Neuordnung der beruflichen Bildung", „Chancengleichheit", „bestmögliche Ausbildung und Durchlässigkeit", „schulische Ausbildung mit praxisbezogener Ausbildung" oder „überbetriebliche Bildungseinrichtungen".

(Abg. Dr. Martin: Das ist alles gut!)

Wie ich Ihren Antrag zum erstenmal angeschaut habe, ist mir die Redensart eingefallen: Spät kommt ihr, doch ihr kommt. Die Redensart stammt aus dem Jahre 1800 und trifft auf Ihren Antrag im Jahre 1972 absolut zu. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU-Fraktion, wieweit wären wir mit der rechtlichen Gestaltung der Berufsbildung, wenn Sie nicht zehn Jahre lang ständig gebremst und unsere Forderungen und Anregungen immer wieder gestützt hätten, so daß schließlich nicht mehr viel dabei herauskommen konnte!
In unserem Antrag vom 11. April 1962 — das war das Anfangsstadium der ins Rollen gekommenen Debatte und Auseinandersetzungen über die Berufsbildung — und in der Begründung dazu am 27. Juni 1962 sind unsere Grundsätze enthalten, die da lauten: Chancengleichheit, Grundausbildung, Gemeinschaftslehrwerkstätten. Sie haben diese Grundsätze mit Ihrer damaligen Mehrheit abgelehnt, und jetzt sind sie auf einmal Schwerpunkte in Ihrem sogenannten Sofortprogramm.
Es gibt aber auch ein Beispiel aus der jüngsten Zeit, wie Sie ständig bremsen, meine Damen und Herren. Das geht zwar nicht auf Ihr Konto — das muß ich ehrlicherweise zugeben —, aber Sie müssen es schlucken, weil es aus der gleichen Küche kommt. Dem bayerischen Kultusministerium sind von der Bundesregierung 200 000 Faltblätter über das „Aktionsprogramm berufliche Bildung" zur Verteilung an alle Berufsschüler angboten worden. Das bayerische Kultusministerium hat diese 200 000 Exemplare nicht abgerufen. Nachdem es im Bayerischen Landtag wiederholt bedrängt worden ist, hat es an jede Schule ein oder zwei Exemplare versandt mit der Bemerkung, daß die Schule damit vertraut gemacht werden soll und daß das am Schwarzen Brett angeschlagen werden soll.

(Heiterkeit bei der SPD.)

Das ist doch direkt ein Hohn! Wie sollen sich Berufsschüler am Schwarzen Brett über eine so komplizierte Materie informieren können? Wahrscheinlich hat das das bayerische Kultusministerium deshalb getan, weil in dem Aktionsprogramm vieles enthal-



Folger
ten ist, was Sie jetzt in Ihrem Antrag fordern. Ich vermute, das bayerische Kultusministerium hat den Antragstellern die Schau nicht stehlen wollen.

(Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

Es hat nicht schuld daran sein wollen, daß die Berufsschüler in Bayern vielleicht auf den Gedanken kommen: Das hat ja die Bundesregierung schon lange gefordert und in die Wege geleitet, und da sind Sie zu spät dran.
In der Regierungserklärung des damaligen Herrn Bundeskanzlers Dr. Erhard vom 18. Oktober 1963 hat es geheißen:
Ich erinnere nur an unser Berufsausbildungssystem, das als mustergültig angesehen werden kann.

(Lachen bei der SPD.)

Mustergültig war es damals schon lange nicht mehr. Es war damals längst reformbedürftig.
Auch im CDU/CSU-Entwurf vom Oktober 1966 sind noch keine Spuren von einem modernen Berufsausbildungssystem enthalten. Dieser Entwurf enthielt nur eine Addition von Vorschriften, die in verschiedenen Gesetzen verstreut waren und nun zusammengefaßt werden sollten.
Wir haben dann im Jahre 1969 ein Berufsbildungsgesetz verabschiedet; Herr Kollege Müller (Remscheid) hat daran erinnert. Wir Sozialdemokraten waren und sind damit nicht zufrieden. Wenn ich mich recht erinnere, waren es 21 Sozialdemokraten, die damals dagegen gestimmt haben. Darunter waren die meisten der Kollegen, die Jahr für Jahr fleißig und konkret an diesem Entwurf mitgearbeitet haben. Aber sie konnten dann nicht mehr mitmachen, weil der Entwurf dieses Berufsausbildungsgesetzes im Laufe der Beratungen immer mehr verschlechtert wurde. Ich brauche Sie bloß an die Annahme eines Antrags in der dritten Lesung zu erinnern. Noch im letzten Augenblick ist eine Verschlechterung hineingekommen, bei der man einfach sagen mußte: Da können wir nicht mehr mitmachen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, ich habe nicht aus Rechthaberei daran erinnert — die Kollegen, die mich seit vielen Jahren kennen, werden mir das glauben und sicher bestätigen —, sondern nur deshalb, um Sie zu ermutigen, im Interesse der Sache und der Bevölkerung in Zukunft den Sozialdemokraten gleich und nicht erst viele Jahre später zu folgen.

(Beifall bei der SPD.)

Sie rennen mit Ihrem Antrag in Wirklichkeit offene Türen ein. Der Herr Bundesarbeitsminister Arendt hat schon darauf hingewiesen. Siehe dessen Aktionsprogramm! Von diesem haben Sie anscheinend einiges in Ihrem Antrag aufgenommen. Außerdem sind darin auch Spuren von der Denkschrift des Handwerks für eine Fortentwicklung der Berufsbildung.
Außer dem Aktionsprogramm ist das Institut für Berufsbildungsforschung mit diesen Dingen beschäftigt. Wenn Sie sich früher dazu entschlossen hätten, es zu installieren, wäre es sicher schon sehr viel weiter. Auch die Kommission der Sachverständigen, die
auf Grund eines Beschlusses des Bundestages gebildet worden ist, beschäftigt sich mit dieser Materie.
Obwohl Sie mit Ihrem Antrag also offene Türen einrennen, sind wir bereit, der vorgeschlagenen Überweisung an die Ausschüsse zuzustimmen. Vielleicht läßt sich aus Ihrem Antrag während der Beratung noch etwas machen, was uns weiterhilft.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616706800
Das Wort hat der Abgeordnete Burger.

Albert Burger (CDU):
Rede ID: ID0616706900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu meinem Vorredner, Herrn Kollegen Folger, will ich mich bemühen, mich nicht nur in verbalen Kraftakten zu ergehen.

(Lachen und Zurufe von der SPD.)

Es kommt nicht nur darauf an, Aktionsprogramme zu entwickeln, sondern vor allem darauf, die Praxis zu verbessern. Aber gerade im Umsetzen in die Pratis fehlt es hei der derzeitigen Bundesregierung.
Die Regierungskoalition muß erst noch beweisen, daß sie es besser machen kann. Ich darf nur auf ein einziges Beispiel hinweisen. Es gibt eine interessante Statistik, die ausweist, daß von den Flächenstaaten das Land Bayern die meisten Berufsschulstunden gibt, während das Land Hessen am Ende dieser Aufstellung erscheint.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Dies, meine Damen und Herren, ist die Praxis.

(Abg. Matthöfer: Dafür haben wir mehr Oberschüler! — Weiterer Zuruf von der SPD: Das sind doch ostfriesische Argumente! — Heiterkeit.)

— Herr Kollege, Sie erinnern an die Diskriminierung der Ostfriesen. Ich könnte Ihnen den neuesten Ostfriesenwitz gern erzählen. Wissen Sie, warum die Ostfriesen alle — —

(Abg. Wehner: Sie wollten doch verbale Kraftakte vermeiden! — Heiterkeit.)

— Herr Kollege Wehner, warum denn gleich an die Decke fahren. Beinahe hätte ich gesagt: Rauchen Sie doch lieber eine Zigarre.

(Zuruf von der SPD: Was für eine? — Weitere Zurufe von der SPD.)

Herr Kollege Folger, ich wollte Ihnen den neuesten Ostfriesenwitz erzählen. Wissen Sie, warum die Ostfriesen alle den Kopf in den Sand stecken? Weil sie keine Ostfriesenwitze mehr hören können.
Meine Damen und Herren, nun aber zur Sache. Die sich häufenden Rücktritte führender Bildungspolitiker der SPD sind nicht gerade ermutigend für die Zukunft der Bildungspolitik.
Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt wenige Minuten zu einem sehr ernsten Problem sprechen. Es geht um die schulisch Benachteiligten und Leistungsschwachen. Obwohl ein ausreichendes An-



Burger
gebot an Ausbildungsverhältnissen zur Verfügung steht, bleiben gegenwärtig über 240 000 Jugendliche ohne berufliche Ausbildung. Sie sind die ungelernten Arbeiter von morgen, deren Arbeitsplatz erfahrungsgemäß bei wirtschaftlichen Rückschlägen zuerst bedroht ist.
Diese Zahl ist einfach schockierend. Es gibt Ausbildungsplätze genug. Woran fehlt es eigentlich? Hier stellt sich zunächst die Frage, die schon von Vorrednern gestellt wurde: Ist die Berufsberatung nicht effektiv genug? Ist sie nicht in der Lage, alle jungen Menschen anzusprechen und ihnen klarzumachen, daß die harten Konditionen der Leistungsgesellschaft einfach eine umfassende Ausbildung verlangen? Warum gelingt es nicht oder gelang es nicht, dieser großen Gruppe in der Leistungsgesellschaft einen besseren Platz zu verschaffen? Es werden doch so viele Menschen gebraucht. Auch diese Jugendlichen wären zufriedener — und sie haben einen Anspruch auf ein berufliches Erfolgserlebnis —, wenn man ihnen ihrer Eignung und Neigung entsprechende mögliche Ausbildungsangebote macht.
Nun stellt sich zunächst einmal die Frage: Welche Jugendlichen verbergen sich denn hinter dieser großen Zahl? Ich fürchte, es ist die große Gruppe der behinderten Jugendlichen. Hier hat Professor Dr. Bracken eine Statistik vorgelegt. Er kommt auf über 700 000 Lernbehinderte, Erziehungsschwierige und körperlich und geistig Behinderte. Die größere Zahl stellen die Lernbehinderten. Professor Bracken kommt zu dem Ergebnis, daß etwa 500 000 dieser Kinder sonderschulberechtigt sind. Wir hatten im Jahre 1970 zuletzt 319 430 Sonderschüler. Es ist also bereits eine Verbesserung zu verzeichnen, das ist aber noch nicht ausreichend. Damit diesen Jugendlichen die Grundlagen geboten werden können, muß zunächst einmal das Sonderschulwesen intensiv weiterentwickelt werden.
Dann aber kommt ein schwieriger Punkt. Wenn diese Jungen und Mädchen aus den Sonderschulen entlassen werden, sind sie alleingelassen. Nach einer Auskunft des Statistischen Bundesamtes gab es im Jahre 1970 1,593 Millionen Berufsschüler, es gab aber nur 6633 Berufssonderschüler. Diese Zahlen zeigen, daß es dringlich notwendig ist, den Ausbau der beruflichen Bildungsmaßnahmen für diesen besonderen Personenkreis voranzutreiben. Die berufliche Bildung sollte also nicht nur an der Spitze reformiert werden, sondern auch zugunsten derer, die bisher besonders benachteiligt sind. Es ist möglich, eine Lehre ohne Hauptschulabschluß einzugehen.
Die bestehenden Förderungsmaßnahmen sind meines Erachtens zur Zeit noch nicht ausreichend. Die Bundesanstalt für Arbeit führte in Zusammenarbeit mit interessierten Trägern im Berichtsjahr 1969/70 für insgesamt 3500 Jugendliche Lehrgänge zur Erreichung der fehlenden Berufsreife bzw. der Verbesserung der Vermittlungsmöglichkeiten durch. Für das Jahr 1970/71 ist mit der Schulung von etwa 5000 Jugendlichen zu rechnen.
Hier, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Regierungskoalition, möchte ich darauf hinweisen, daß es auf der Grundlage des AFG doch möglich war, wenigstens etwas zur Lösung dieses brennenden Problems zu tun. Im übrigen gibt es einige wenige Institutionen und Firmen, die minderbegabte oder milieugeschädigte Jugendliche in ein bis zwei Jahren zu Betriebswerkern ausbilden, darunter auch einige Firmen, also Vertreter der so oft und so viel gerügten Wirtschaft.
Ein Programm für Retardierte gibt es als politische Konzeption bisher leider nicht. Selbst bei Gewerkschaften und Verbänden kann kaum Material abgefragt werden. Folgende Maßnahmen erscheinen mir jedoch sinnvoll: ein Ausbau der Förderungskurse der Bundesanstalt für Arbeit auf der Basis psychologischer Eignungsuntersuchungen. Ziel muß es sein, die behinderten Jugendlichen mit Aussicht auf Erfolg in eine normale Lehrstelle oder zumindest in eine Anlernstelle zu vermitteln. Nur diejenigen Jugendlichen, die einer solchen Ausbildung nicht gewachsen sind, sollen die Möglichkeiten zu einer weniger anspruchsvollen Ausbildung als Betriebswerker oder ähnliches erhalten. Daran kann sich eine verkürzte oder normale Ausbildung anschließen. Den bisher vorwiegend karitativen Trägern einer solchen Grundausbildung sollte die Bundesanstalt für Arbeit die benötigten Mittel zur Verfügung stellen. Dies ist unser Vorschlag.
Meine Damen und Herren, aber auch wir, Bundesregierung und Bundestag, sollten hier mit gutem Beispiel vorangehen. Ich habe vor vielen Monaten die Bundesregierung gefragt, ob sie nicht endlich in ihren Laufbahnrichtlinien für die Beamten die Möglichkeiten geben sollte, daß auch Sonderschüler in den einfachen Dienst aufgenommen werden können. Meiner Information nach ist dies bis zum heutigen Tag nicht möglich. Das erscheint mir einfach skandalös.

(Abg. Dr. Nölling: Tragen Sie das doch einmal in Bayern vor!)

Der Bundesinnenminister hatte damals erklärt, daß es zunächst darauf ankomme, daß Maßstäbe oder typisierende Merkmale ermittelt werden, wie der Leistungsstand und die berufliche Leistungsfähigkeit von Sonderschülern bewertet und zu dem Bildungsstand von Hauptschülern in Beziehung gesetzt werden können. Ich bin der Auffassung, daß man Sonderschülern die einfachen Laufbahnen öffnen müßte.
Zum Schluß nur noch einige Sätze an Sie, Herr Minister Arendt. In einer Mitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung wird berichtet — Sie haben diese Zahlen heute im Plenum wiederholt —, daß für die Förderung von Einrichtungen zur Eingliederung von Behinderten in das Berufsleben durch den Bund im Jahre 1971 39 Millionen DM aufgewendet worden seien. Mit dem Hinweis, daß in den neun vorausgegangenen Jahren nur 5 Millionen DM mehr für diesen Zweck ausgegeben worden seien, wird die Förderung von Rehabilitationseinrichtungen früherer Bundesregierungen als unwesentlich hingestellt. Herr Minister, diese Kritik ist nicht fair, weil sie die Zusammenhänge nicht aufzeigt. Jedem Richtfest und jeder Übergabe einer Einrichtung, die Sie, Herr Bundes-



Burger
arbeitsminister, vornehmen, ging eine Grundsteinlegung von Ihrem Vorgänger, Minister Katzer, voraus. Wie Sie genau wissen, bedürfen Rehabilitationseinrichtungen einer vorausgehenden Planung von etwa vier bis sechs Jahren oder noch länger. Was heute vollendet wird, wurde also bereits vor Jahren sorgsam vorbereitet. Auf diese Zusammenhänge muß man einfach hinweisen. Die gesetzlichen Grundlagen für eine moderne, sinnvolle und umfassende Eingliederung wurden von früheren Bundesregierungen geschaffen.
Die derzeitige Bundesregierung hält an diesem gegliederten System ausdrücklich fest und strebt in Übereinstimmung mit der Opposition eine gleichwertige Rehabilitationschance für alle an. Auch die institutionelle Förderung von Einrichtungen wurde in früheren Jahren intensiv in Angriff genommen. Die vorgesehenen Haushaltsmittel wurden in früheren Jahren nicht in voller Höhe abgerufen, weil die Planung durch die Träger sehr viel Zeit in Anspruch nahm. Aber mit Mut zum Experiment wurden damals Modelle geschaffen, die, wie das moderne Zentrum in Heidelberg zeigt, für die ganze Bundesrepublik beispielhaft wurden. Die vorbereitenden Arbeiten der vergangenen Bundesregierungen und insbesondere des damaligen Arbeitsministers Katzer versetzen die jetzige Bundesregierung in die Lage, das weiter fortzuführen und auszubauen, was damals risikobeladen von Herrn Katzer begonnen wurde.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616707000
Meine Damen und Herren! Liegen noch Wortmeldungen vor? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache. Ich schlage Ihnen vor, den Antrag dem Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung — federführend —, dem Ausschuß für Wirtschaft sowie dem Ausschuß für Bildung und Wissenschaft und dem Haushaltsausschuß — mitberatend — zu überweisen. Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, komme ich zum letzten Punkt der heutigen Tagesordnung, der
Fragestunde
— Drucksachen VI/3033, N/3033 —
Als erstes rufe ich die Dringliche Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Martin auf:
Welches sind die Gründe, die den Bundeskanzler veranlaßt haben, dem Bundespräsidenten vorzuschlagen, den Bundesminister für Bildung und Wissenschaft zu entlassen?
Ich nehme an, Frau Staatssekretärin Dr. Focke wird antworten.

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616707100
Herr Kollege Dr. Martin, der Herr Bundeskanzler hat dem Herrn Bundespräsidenten noch nicht vorgeschlagen, den Bundesminister für Bildung und Wissenschaft zu entlassen. Vielmehr hat er mitgeteilt, daß er diese Absicht für Anfang März habe. Die Gründe hierfür hat der Bundeskanzler gestern vor der sozialdemokratischen Fraktion genannt. Sie sind der Öffentlichkeit mitgeteilt
worden. Danach respektiert der Bundeskanzler die Entscheidung des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft, Hans Leussink, der gebeten hat, ihn aus seinem Amt zu entlassen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616707200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Martin.

Dr. Berthold Martin (CDU):
Rede ID: ID0616707300
Darf ich fragen, welche Rolle die Streichung der Planungsreserve bei der Motivation von Herrn Leussink gespielt hat, und welche Rolle die Tatsache gespielt hat, daß er das Ergebnis der Bund-Länder-Kommission als tragfähige Grundlage bezeichnete, während die SPD-Minister dem widersprachen.

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616707400
Herr Kollege, der Bundesminister Leussink hat, wie gestern auch der Bundeskanzler mitgeteilt hat, für seinen Wunsch persönliche Erwägungen geltend gemacht und betont, daß sein Rücktritt nicht in Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Politik der Bundesregierung begründet ist.

(Lachen bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616707500
Eine zweite Zusatzfrage.

Dr. Berthold Martin (CDU):
Rede ID: ID0616707600
Frau Staatssekretär, sind Sie der Meinung, daß die ganze deutsche Presse sich hinsichtlich der Motive von Herrn Leussink im Irrtum befindet?

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616707700
Herr Kollege Martin, natürlich können über diese Motive in der deutschen Presse und auch sonstwo Spekulationen angestellt werden. Aber ich muß mich hier an das halten, was der Bundesminister Leussink dem Bundeskanzler als Begründung für seinen Wunsch, zurückzutreten, mitgeteilt hat und was im Einvernehmen mit Herrn Leussink der Bundeskanzler bekanntgegeben hat. Ich kann dem daher nur — wenn Sie so wollen, aus meiner persönlichen Kenntnis von Herrn Leussink — gewisse Vermutungen hinzufügen, die in die Richtung gehen würden, Herr Kollege Martin, daß Bundesminister Leussink ein unabhängiger Mann ist, ein Mann, der nicht aus der Politik kommt, der nie die Absicht bekundet hat, lange Zeit in diesem Geschäft zu bleiben. Er ist, wie Sie wissen, ein Mann mit sehr vielen Neigungen und Fähigkeiten, ein Mann, bei dem es einen eigentlich nicht verwundern sollte, daß er auch an eine Perspektive der persönlichen Lebensgestaltung denkt, die offenbar in diesem Beschluß mit zum Ausdruck gekommen ist.

(Abg. Dr. Martin meldet sich zu einer weiteren Zwischenfrage.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616707800
Eine dritte Zusatzfrage steht Ihnen leider nicht zu. — Herr Abgeordneter Höcherl zu einer Zusatzfrage.




Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0616707900
Frau Staatssekretärin, bin ich richtig informiert, wenn ich hier mitteile, daß der Herr Bundeskanzler gesagt hat, er werde diesem Wechsel zustimmen, weil er vor allem erwarte, dadurch bessere Ergebnisse zu erzielen? Ist das so aufzufassen, daß die bisherigen Ergebnisse der Bildungspolitik der Regierung Brandt/Scheel nicht zufriedenstellend sind?

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616708000
Herr Kollege Höcherl, mir ist eine solche Äußerung des Bundeskanzlers nicht bekannt; im Gegenteil. Der Bundeskanzler hat den Rücktritt bedauert und zum Ausdruck gebracht, daß er es gern gesehen hätte, wenn Herr Leussink länger in seinem Amt bis zum Ende dieser Legislaturperiode geblieben wäre. Er hat öffentlich und vor der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion sehr nachdrücklich und positiv das bisher von Bundesminister Leussink Geleistete gewürdigt. Er hat — darauf möchte ich besonders im Zusammenhang mit Ihrer Frage hinweisen — betont, daß dieses die Grundlage ist, auf der kontinuierlich weiter gearbeitet wird.

(Abg. Höcherl meldet sich zu einer weiteren Zwischenfrage.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616708100
Es steht Ihnen keine zweite Zusatzfrage zu; ich kann da nichts machen.
Bitte sehr, Herr Abgeordneter von Thadden!

Franz-Lorenz von Thadden (CDU):
Rede ID: ID0616708200
Ist dem Herrn Bundeskanzler bekannt, daß in der SPD-Bundestagsfraktion nach übereinstimmenden Meldungen zahlreicher deutscher Presseorgane — um es gelinde auszudrücken — keinerlei Freude über seine Nachfolge-Entscheidung herrscht?

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616708300
Herr Kollege, in der SPD-Bundestagsfraktion ist gestern mit großer Mehrheit der Absicht des Bundeskanzlers, dem Wunsch von Minister Leussink Anfang März zu folgen und der von ihm vorgeschlagenen Nachfolgeregelung zugestimmt worden. Freilich ist dabei auch zum Ausdruck gekommen, daß gerade auch die Bildungspolitiker der Fraktion es gern gesehen hätten, daß Minister Leussink länger im Amte bleibt, und sie ihm dies auch mitgeteilt haben. Dies ist der Öffentlichkeit auch mitgeteilt worden.

(Abg. Rawe: Aber die geteilte Freude bleibt!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616708400
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0616708500
Frau Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die Bundesregierung mit den bisherigen Ergebnissen ihrer Bildungspolitik, die ja wohl in der ersten Regierungserklärung des Bundeskanzlers begründet war, zufrieden ist?

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616708600
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß von dem, was sie sich für diese Legislaturperiode in der Bildungspolitik vorgenommen hat, ein beachtlicher Teil, dem abgelaufenen Zeitraum von 2 1/4 Jahren entsprechend, auch hat verwirklicht oder in Angriff genommen werden können. Ich brauche Sie nur an das zu erinnern, was durch die Schaffung der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und den dort inzwischen erarbeiteten Zwischenbericht mit aktivem Anteil der Bundesregierung erfolgt ist, an die überproportionalen Steigerungen in Haushalt und mittelfristiger Finanzplanung, an den Anteil des Bundes am ersten Rahmenplan für den Hochschulbau, an das vorgelegte Hochschulrahmengesetz, an das Schnellbauprogramm, an das Graduiertenförderungsgesetz. Das ist eine große Liste von Dingen, die bereits konkret abgehakt werden können, so daß die Bundesregierung durchaus mit dem zufrieden ist, was bisher vorgelegt worden ist.

(Abg. Rawe: Die Länge der Antwort macht deutlich, wie wenig das ist!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616708700
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hammans.

Dr. Hugo Hammans (CDU):
Rede ID: ID0616708800
Frau Staatssekretär Focke, trifft es zu, daß Herr Bundesminister Leussink gesagt hat: Mit diesen Leuten der Koalition kann man keine große Politik machen?

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616708900
Mir ist ein solcher Ausspruch von Herrn Bundesminister Leussink nicht bekannt. Ich weiß, daß insgesamt in der Kooperation in Bildungsfragen, sowohl was die Fraktion betrifft wie auf dem sehr wichtigen Terrain der Abstimmung zwischen Bundesregierung und Ländern, ein sehr enges Einvernehmen bestanden hat. Ja, aus meiner persönlichen Erfahrung in der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung z. B. habe ich gelegentlich den Eindruck gehabt, daß das sehr enge Einvernehmen zwischen Bundespolitikern und Politikern der von der SPD geführten Länder den CDU-Bildungspolitikern geradezu unheimlich geworden ist.

(Lachen bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616709000
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Wagner (Trier).

Dr. Carl-Ludwig Wagner (CDU):
Rede ID: ID0616709100
Frau Staatssekretär, nachdem Sie vorhin die bildungspolitischen Maßnahmen aufgezählt haben, die bereits abgehakt werden konnten, wie Sie sagen, und nachdem auch die Planungsreserve, allerdings in einem negativen Sinn, abgehakt worden ist, möchte ich fragen, ob nicht 'dieser Verlust an finanziellen Mitteln in der mittelfristigen Finanzplanung, den, wie bekannt ist, der Bundesminister Leussink sehr beklagt hat, der Anfang für eine gewisse Resignation war, die schließlich zu seinem Rücktritt geführt hat?




Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616709200
Herr Kollege Wagner, Sie wissen genausogut wie alle, die sich um Bildungsreform bemühen, daß sie sich gegen einen Hintergrund — auch das ist gestern vor der Bundestagsfraktion betont worden — der bestehenden Kompetenzen von Bund und Ländern und finanzieller Beengtheit abspielen muß. Es ist eine objektive Tatsache, daß, wer immer in Bund oder Ländern für Bildungspolitik verantwortlich ist, ein schweres Geschäft in diesem Gesamtzusammenhang zu leisten hat, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Zeiträume so lang sind, die man braucht, um von einem Anfang her zu den Ergebnissen zu kommen. Ganz sicher sind einfach die besonderen Schwierigkeiten dieses Geschäfts im Zusammenhang zu sehen mit, ja, nennen wir es noch einmal: den persönlichen Erwägungen, die Bundesminister Leussink veranlaßt haben, früher, als er es ursprünglich vorgesehen hatte, um die Entlassung aus seinem Amt zu bitten. Aber diese Schwierigkeiten sind objektiv vorhanden, gelten für sämtliche Bildungspolitiker in Bund und Ländern und sind nicht der kausale Zusammenhang für diesen Rücktritt.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616709300
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Rösing.

Josef Rösing (CDU):
Rede ID: ID0616709400
Fan Staatssekretärin, der als Nachfolger vorgesehene Parlamentarische Staatssekretär, Herr von Dohnanyi, hat gestern erklärt, er würde die Bildungspolitik seines Vorgängers fortsetzen. Ich frage Sie, welche Gründe haben den Bundeskanzler dann bewogen, Herrn Leussink zu entlassen?

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616709500
Ich darf wiederholen, daß für den Bundeskanzler der Wunsch von Bundesminister Leussink ausschlaggebend gewesen ist.

(Abg. Dr. Martin: Wie ist der Wunsch entstanden?)

Die Tatsache, daß es kontinuierlich weitergehen wird, läßt sich durch nichts anderes besser verdeutlichen als dadurch, daß eben 'derjenige, der bisher Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft gewesen ist und der ,auf das engste mit Bundesminister Leussink zusammengearbeitet hat, als Nachfolger vorgesehen ist.
Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß es sich hier überhaupt nicht um die Bildungspolitik eines Mannes, sondern um die Bildungspolitik dieser Bundesregierung handelt,

(Beifall bei der SPD)

für die sich gerade auch Bundeskanzler Brandt ganz besonders nachdrücklich engagiert hat.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616709600
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Breidbach.

Ferdinand Breidbach (CDU):
Rede ID: ID0616709700
Frau Staatssekretärin, besteht das Motiv des Wunsches des Ministers, zurückzutreten, nicht darin, daß die Bildungskonzeption, die er einmal in Übereinstimmung mit der Bundesregierung vertreten hat, offensichtlich nicht mehr realisierbar ist, wenn man z. B. daran denkt, daß die Planungsreserven nicht freigegeben sind und daß die Widerstände in der eigenen Bundestagsfraktion und bei Bildungsexperten der Sozialdemokratischen Partei gegen die Realisierung der Vorstellungen von Herrn Leussink ständig wachsen?

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616709800
Ich habe schon einmal zu dem Punkt. „Widerstände in der eigenen Fraktion" Stellung genommen, Herr Kollege, und kann Sie nur noch einmal auf die gestrige Mitteilung verweisen, daß gerade die Bildungspolitiker in der eigenen Fraktion Bundesminister Leussink gerne länger in seinem Amt gesehen hätten.
Die Streichung der Planungsreserve fällt in den Gesamtzusammenhang der Frage der Verteilung der Mittel zwischen Bund und Ländern. Sie wissen genau, daß nach der Absicht der Bundesregierung den Ländern im Zusammenhang mit der Umsatzsteuerneuverteilung für Bildungsaufgaben ebensoviel, wenn nicht mehr Mittel zufließen sollen.
Im übrigen ist Bundesminister Leussink sicher auch Ihnen als ein nüchterner, den Realitäten aufgeschlossener Mann bekanntgeworden,

(Lachen und Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe aus der Mitte: Eben!)

der sich — ebenso wie die übrigen Mitglieder des Kabinetts — hinter ein Arbeitsprogramm der Bundesregierung gestellt hat, das Zielvorstellungen und Ressourcen in Einklang zu bringen versucht.

(Zurufe von der CDU/CSU: Jetzt wissen wir es!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616709900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rommerskirchen.

Josef Rommerskirchen (CDU):
Rede ID: ID0616710000
Frau Staatssekretärin, nachdem Sie wiederholt betont haben, daß der Herr Bundeskanzler die SPD-Fraktion und über diese die Öffentlichkeit informiert hat, darf ich fragen: soll das der neue Stil sein, daß durch Information seitens der SPD-Fraktion das Informationsbedürfnis dieses Hohen Hauses befriedigt wird?

(Abg. Killat-von Coreth: Sie führen doch einen neuen Stil ein!)


Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616710100
Herr Rommerskirchen, durch diese Fragestunde wird ja bewiesen, daß das Informationsbedürfnis dieses Hohen Hauses auch auf andere Weise und sehr direkt befriedigt wird. — Im übrigen ist das Ganze ja erst die Vorerwägung eines Schrittes, der, wie Sie wissen, erst für Anfang März vorgesehen ist.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616710200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Sperling.




Dr. Dietrich Sperling (SPD):
Rede ID: ID0616710300
Frau Staatssekretär, ist es richtig, daß sich der Rücktritt von Bundesminister Leussink in völliger persönlicher und sachlicher Loyalität gegenüber der Politik dieser Regierung vollzogen hat und sich damit vorteilhaft gegenüber den Rücktritten halber Kabinette in früheren Regierungen abhebt?

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616710400
Dies kann ich nachdrücklich bestätigen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sie denken wohl an Herrn Rosenthal? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

Dies ist ein Vorgang, der in vollem Einvernehmen, in voller Loyalität erfolgt ist.
Im übrigen, meine Damen und Herren von der Opposition, glaube ich, Sie müßten sich daran gewöhnen, daß solche Bitten um Entlassung aus dem Amt oder Umbesetzungen dieser Art während einer Legislaturperiode ein höchste normaler Vorgang für eine parlamentarische Demokratie sind

(Beifall bei den Regierungsparteien)

und daß solche Vorgänge auch in unseren westlichen Nachbarstaaten ganz ohne die Dramatik, die Sie daran zu knüpfen versuchen, zur Kenntnis genommen werden.

(Abg. Dr. Martin: Der achte Rücktritt! Abg. Rösing: Eine Rücktrittsinflation ist es!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616710500
Eine Zusatzfrage, Herr Engholm.

Björn Engholm (SPD):
Rede ID: ID0616710600
Frau Staatssekretärin, wenn Sie meine Auffassung teilen, daß es in demokratisch strukturierten Staaten zur Normalität gehört, daß ein Minister geht oder ausgewechselt wird, stimmen Sie mir dann auch zu, wenn ich sage, daß Parlamentariern, die diese Kenntnis nicht haben, ein Mangel an demokratischem Verständnis vorgeworfen werden muß?

(Lachen bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616710700
Ich will die Frau Staatssekretärin nicht in die Situation bringen, sich auf diese Frage äußern zu müssen.

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616710800
Herr Abgeordneter, ich stimme Ihnen gern darin zu, daß hier offenbar gewisse Perzeptionen im Zusammenhang mit parlamentarischer Demokratie noch etwas besser gelernt werden müßten.

(Oho-Rufe und Lachen bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616710900
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Frerichs.
Dr. Frerichs (CDU, CSU) : Frau Staatssekretärin, haben Sie nicht auch den Eindruck, daß Ihre Antworten die Dinge etwas sehr stark verniedlichen?
Es ist bereits der dritte Rücktritt: Finanzminister Möller, Parlamentarischer Staatssekretär Rosenthal und nun Minister Leussink. Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, daß Ihre charmante und verehrte Kollegin, Frau Staatssekretärin Hamm-Brücher, aus dem gleichen Ministerium die Absicht hat, dieses Haus zu verlassen. Glauben Sie nicht, daß das ein Indiz dafür ist, daß es eben nicht persönliche, sondern sachliche Gründe und Schwierigkeiten in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik sind, die markante Persönlichkeiten, Minister Leussink und — ich wiederhole es — Ihre verehrte, charmante Kollegin Frau Hamm-Brücher, dazu bewegen, das Haus fluchtartig zu verlassen?

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)


Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616711000
Herr Abgeordneter, es freut mich sehr, daß Sie mehrfach den Charme meiner Kollegin unterstrichen haben.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ihren auch!)

Ich weise darauf hin, daß der Vorgang um Staatssekretärin Hamm-Brücher ein von diesem hier völlig getrennter ist. Die Rücktrittsabsichten von Frau Hamm-Brücher sind bereits vor einiger Zeit bekanntgegeben und begründet worden. Sie kennen den Konflikt, in dem Frau Hamm-Brücher zwischen ihren Aufgaben in Bonn und denen, die sie auf Grund eines sehr beachtlichen Wahlerfolges in Bayern übernommen hat, stand.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das war doch nicht neu!)

Es gibt außerdem, wie ich weiß, familiäre Gründe durch heranwachsende Kinder. Ich bitte, es bei dem, was Frau Hamm-Brücher selbst zu dieser Frage geäußert hat, zu belassen. Ich kann mich in diesem Zusammenhang hierzu nicht näher äußern.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616711100
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein.

Prinz Botho zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (CDU):
Rede ID: ID0616711200
Frau Staatssekretärin, könnte die Entlassung des Herrn Bundesministers Leussink nicht auch damit zusammenhängen, daß die Bundesregierung es nicht für einen normalen Vorgang hält, daß ein aktiver Bundesminister in einer politisch sehr bedeutsamen Zeit in einer Zeit, in der sein Haushaltsplan im Haushaltsausschuß beraten und das Hochschulrahmengesetz bsprochen wird — einen überlangen Urlaub von neun Wochen antritt?

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616711300
Herr Kollege, Ihre Frage nach der Entlassung klingt wieder einmal so, als wäre der Spieß hier umgedreht worden. Es ist aber so, daß Herr Bundesminister Leussink gebeten hat, ihn aus seinem Amt zu entlassen. Der Bundeskanzler und die Bildungspolitiker der Fraktion haben sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, daß sie es



Parlamentarischer Staatssekretär Frau Dr. Focke
gerne gesehen hätten, wenn er länger im Amt geblieben wäre. Schon von daher ist Ihre Frage als in sich keineswegs stichhaltig widerlegt.
Im übrigen erinnere ich daran, daß Bundesminister Leussink eine sehr lange Zeit überhaupt keinen Urlaub gehabt hat. Er war den ganzen Sommer über damit beschäftigt, die schwierigen Verhandlungen der Bund-Länder-Kommission über den Gesamtplan zu führen. Es ist höchst normal, daß ihm nun ein längerer Urlaub zugestanden hat.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616711400
Eine Zusatzfrage des Abgeordeneten Dr. Arndt (Hamburg).

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0616711500
Frau Staatssekretärin, finden Sie es nicht aufschlußreich im Hinblick auf den Teil dieses Hauses, der die Opposition bildet, daß ein Mitglied dieser Regierung für diese Damen und Herren erst dann „markant" und unterstützungswürdig wird, wenn es aus dieser Regierung ausscheidet?

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Widerspruch und Lachen bei der CDU/CSU.)


Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616711600
Herr Kollege, ich verstehe die Frage sehr wohl. Mir fällt hier auch auf, daß heute ein Engagement für die Person von Bundesminister Leussink sichtbar wird, das wir in anderen Sachzusammenhängen hier gern öfter erlebt hätten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616711700
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hansen.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0616711800
Frau Staatssekretärin, würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, daß diejenigen Parlamentarier in diesem Hause, denen man ein unterentwickeltes, parlamentarischer Perzeptionsvermögen bescheinigen muß und die in den vergangenen Jahren daran gewöhnt waren, Regierungswechsel immer hektisch und dramatisch ablaufen zu sehen, sich offenbar nicht vorstellen können, daß Veränderungen sehr ruhig und sachlich vor sich gehen können?

(Abg. Windelen: Das sieht man an Herrn Rosenthal! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616711900
Ich bitte doch, der Frau Staatssekretärin die Möglichkeit zu einer Antwort zu geben.

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616712000
Herr Kollege, ich glaube, daß sich auch die anwesenden Damen und Herren der Opposition wohl kaum dem Eindruck entziehen können, daß dieser Ablösungsvorgang allerdings in ganz bemerkenswerter Ruhe und Kontinuität vor sich geht.

(Zurufe von der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616712100
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Zoglmann.

Siegfried Zoglmann (CSU):
Rede ID: ID0616712200
Frau Staatssekretärin, nachdem Sie hier erklärt haben, daß die Bildungspolitik dieser Regierung genau nach den Intentionen verläuft, mit der sie angelegt wurde, und nachdem Sie weiter erklärt haben, daß die SPD-Fraktion, insbesondere die Kollegen, die sich mit Bildungsfragen befassen, die Tätigkeit des Herrn Ministers Leussink als sehr angenehm empfindet, darf ich an Sie die Frage richten, warum eigentlich Herr Leussink von seinem Posten zurücktritt.

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616712300
Herr Kollege, ich glaube, daß wir auf diese Fragestellung im Laufe dieser Diskussion schon mehrfach eingegangen sind. Ich kann noch einmal darauf verweisen, daß Bundesminister Leussink seinen Wunsch mit persönlichen Erwägungen begründet hat und daß der Bundeskanzler im Einvernehmen mit ihm dies so der Öffentlichkeit bekanntgegeben hat.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616712400
Jeder Abgeordnete hat nur eine Zusatzfrage, Herr Kollege Zoglmann. Herr Abgeordneter Rawe!

Wilhelm Rawe (CDU):
Rede ID: ID0616712500
Frau Staatssekretärin, nachdem Sie gerade gesagt haben, daß die Ablösungen in dieser Regierung in so schöner Kontinuität erfolgen, werden wir ja möglicherweise noch Gelegenheit haben, Anpassungsvorgänge hier kennenzulernen, wie dies Herr Engholm gerade verbreitet hat. Ich darf Sie fragen, was Sie eigentlich auf die Frage des Kollegen Prinz zu Sayn-Wittgenstein antworten wollen, der gesagt hat, daß in einer wichtigen Situation -- nämlich Beratung des Haushaltes, Beratung entsprechender Gesetze aus diesem Ressort — der Minister einen Antrag auf Entlassung vorlegt, und dann gefragt hat, was den Bundeskanzler eigentlich bewegt, diese Entlassung dann erst im März, nachdem er also seine Entscheidungen schon getroffen hat, durchführen zu wollen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ein ungewöhnliches Verfahren!)

Frau Dr. Focke: Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Herr Kollege, ich darf darauf verweisen, daß derselbe Mann, der als der Nachfolger von Bundesminister Leussink vorgesehen ist, nämlich der Parlamentarische Staatssekretär Herr von Dohnanyi, derjenige ist, der ihn auch jetzt während seiner Abwesenheit vertritt. Das dürfte ja für die Kontinuität und für die Qualität der Vertretung von Bundesminister Leussink in seiner Abwesenheit sprechen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616712600
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Grüner.




Martin Grüner (FDP):
Rede ID: ID0616712700
Frau Staatssekretärin, darf ich Sie bitten, die Kollegen der CDU/CSU daran zu erinnern, daß die CDU/CSU es war, die im Zusammenhang mit der Berufung von Frau Staatssekretärin Hamm-Brücher in dieses Amt die Streichung dieser Stelle im Hinblick darauf beantragt hat, daß sie dieser doppelten Belastung nicht gewachsen sei, und merkwürdigerweise Frau Hamm-Brücher, nachdem sie nun dieser Doppelbelastung Rechnung getragen hat, in einem Atemzug und mit großem Bedauern in den Kreis derer einbezieht, die diese Regierung verlassen haben, was das Scheitern der Bildungspolitik anzeige.

(Abg. Rawe: Stimmt doch genau! Sie haben doch durch Ihre Frage bestätigt, daß das richtig war!)

Frau Dr. Focke: Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Herr Kollege, ich kann dies bestätigen und hoffe, daß die Kollegen sich auf Grund Ihres Diskussionsbeitrages auch wirklich daran erinnern.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616712800
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Bach.

Dr. Franz Josef Bach (CDU):
Rede ID: ID0616712900
Frau Staatssekretärin, glauben Sie, daß es mit der Würde dieses Hauses vereinbar ist, wenn im Zusammenhang mit diesem Vorgang Teilen dieses Hauses mangelndes Demokratieverständnis vorgeworfen wird?
Frau Dr. Focke: Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Herr Kollege, das bezog sich ganz konkret auf diesen Punkt, den wir heute hier zur Diskussion haben, nämlich die Frage: Wie normal ist eigentlich in einer parlamentarischen Demokratie ein solcher Ablösungs- oder Umbesetzungsvorgang? Ich muß allerdings sagen, daß ich die Dramatik, die Sie diesem Vorgang beimessen, sehr schwer in Einklang bringen kann mit dem, was ich in anderen parlamentarischen Demokratien an Haltung zu einem solchen Vorgang sonst kenne.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616713000
Herr Abgeordneter Dr. Oetting!

Dr. Hermann Oetting (SPD):
Rede ID: ID0616713100
Frau Staatssekretärin, würden Sie mir in der Beurteilung recht geben, daß es auch den stärksten Mann im Amt des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft zermürben muß, wenn er die Politik dieser Bundesregierung gegenüber CDU/CSU-Kultusministern und gemeinsam mit ihnen zu betreiben hat?

(Lachen bei der CDU/CSU.)

Frau Dr. Focke: Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeskanzleramt: Ich bin nicht mit Ihnen der Auffassung, Herr Kollege, daß es ihn zermürbt hat.

(Abg. Dr.-Ing. Oetting: Müßte! Müßte!)

Aber ich bin allerdings der Meinung, daß die Schwierigkeiten, die in dem Felde der Bildungspolitik liegen, mehr, als das notwendig ist, dadurch vergrößert werden, daß wir es im Zusammenhang mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, aber auch mit den Bildungs- und Kulturpolitikern der CDU/CSU-regierten Länder mit Auffassungen zu tun haben, die unseren Vorstellungen von dem, was für bildungspolitische Reformen notwendig ist, Schwierigkeiten in den Weg legen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616713200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kotowski.

Dr. Georg Kotowski (CDU):
Rede ID: ID0616713300
Frau Staatssekretär, wenn Sie — wohl mit Recht — darauf hinweisen, daß Frau Staatssekretär Dr. Hamm-Brücher wegen der Unvereinbarkeit der Funktion eines beamteten Staatssekretärs in Bonn und der Wahrnehmung eines Landtagsmandats in München ihr Amt nicht mehr weiterführen kann, warum hat dann die Bundesregierung bei entsprechenden Anfragen oder Diskussionsbeiträgen der CDU/CSU stets behauptet, das sei überhaupt kein Problem?
Frau Dr. Focke: Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeskanzleramt: Ich kann mich nicht entsinnen, daß stets behauptet worden ist, es sei überhaupt kein Problem.

(Widerspruch bei der CDU/CSU.)

Meiner Erinnerung nach ist gesagt worden, daß von meiner Kollegin zunächst versucht werden würde, beides miteinander zu verbinden. Dies sind Dinge, bei denen man nicht von vornherein sagen kann, ob man es zugleich schafft, und wo sich erst im Laufe der Entwicklung eine Erkenntnis herausstellen kann, wie sie sich bei meiner Kollegin herausgestellt hat.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616713400
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hermesdorf.

Dr. Herbert Hermesdorf (CDU):
Rede ID: ID0616713500
Frau Staatssekretärin, sind Sie nicht mit mir der Ansicht, daß das Ausscheiden der Staatssekretärin und die Entlassung des Ministers in einem so wichtigen Ressort und innerhalb von zwei Jahren keinen normalen Vorgang darstellen, sondern etwas ganz Außerordentliches sind und daß dies nur begründet sein kann in zermürbenden Auseinandersetzungen innerhalb der Regierungskoalition über die Bildungspolitik, in Mißerfolgen und schließlich in Resignation der Betroffenen?

Dr. Katharina Focke (SPD):
Rede ID: ID0616713600
Ich bin nicht mit Ihnen dieser Meinung.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616713700
Ich danke Ihnen, Frau Staatssekretärin.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zunächst



Vizepräsident Dr. Jaeger
zur Frage 3 des Abgeordneten Wagner (Günzburg). Der Fragesteller hat um schriftliche Beantwortung seiner Frage gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Dann die Frage 4 des Abgeordneten Dr. Evers. Ist er im Saale? — Das ist nicht der Fall. Dann werden seine beiden Fragen schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen zur Frage 6 des Abgeordneten Dr. Schmude:
Erwägt die Bundesregierung angesichts des erheblichen Zeitablaufs seit der Vertreibung eine Änderung des § 7 des Bundesvertriebenengesetzes, nach dem auch jetzt und künftig geborene Kinder von Vertriebenen noch die Vertriebeneneigenschaft mit der Geburt erwerben?
Herr Staatssekretär Dorn, ich darf bitten.

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0616713800
Herr Kollege Dr. Schmude, nach § 7 des Bundesvertriebenengesetzes erwerben Kinder, die nach der Vertreibung oder der Flucht ihrer Eltern geboren sind, ebenfalls die Vertriebenen- oder Flüchtlingseigenschaft. Dieser Regelung liegen vor allem soziale Erwägungen zugrunde, die auch durch den erheblichen Zeitablauf seit dem Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen ihre Bedeutung nicht völlig eingebüßt haben. Gleichwohl wird auch diese Frage im Zusammenhang mit anderen einer abschließenden Regelung bedürfenden Fragen des Bundesvertriebenengesetzes erneut zu prüfen sein.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616713900
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schmude.

Dr. Jürgen Schmude (SPD):
Rede ID: ID0616714000
Herr Staatssekretär, welche sinnvolle Folge kann der rechtliche Erwerb der Vertriebeneneigenschaft für z. B. jetzt geborene Kinder in Zukunft noch haben?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0616714100
Herr Kollege, ich habe darauf hingewiesen, daß es sich überwiegend — entsprechend dem damaligen Gesetzestext — um sozialpolitische Fragen handeln kann. Aber die Bundesregierung wird den gesamten Fragenkomplex — wie man auch viele Regelungen in anderen Gesetzen gleichermaßen dem heutigen Rechtszustand anpaßt — in ihre Überprüfungen einbeziehen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616714200
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Mende.

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0616714300
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der in der Frage des Abgeordneten Dr. Schmude zum Ausdruck kommende Wunsch gleichzeitig eine Forderung des stellvertretenden polnischen Außenministers Willmanns ist, der in einer Rede erklärte, daß die Bundesregierung als eine Konsequenz des Warschauer Vertrages eine Vielzahl gesetzesmäßiger Änderungen in der Bundesrepublik Deutschland zu unternehmen habe, und teilt Bundesregierung meine Auffassung, daß sie einer solchen Einflußnahme in die innerdeutsche Gesetzgebung entschieden zu widersprechen habe?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0616714400
Herr Dr. Mende, die Bundesregierung wird die deutschen Interessen und die Interessen der Bewohner der Bundesrepublik Deutschland in jedem Falle ganz entschieden vertreten. Sie hat das bisher getan, und sie denkt nicht daran, diesen Standpunkt zu ändern.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616714500
Ich rufe die Frage 7 des Abgeordneten Dr. Wagner (Trier) auf:
Teilt die Bundesregierung die in der Oktoberausgabe 1971 der Zeitschrift „Der Beamte im Ruhestand" zum Ausdruck gebrachte Auffassung, daß die beamtenrechtliche Versorgung der sogenannten nachgeheirateten Witwen verbessert werden muß?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0616714600
Herr Präsident, ich bitte mir zu gestatten, die beiden Fragen wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam zu beantworten.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616714700
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe ferner die Frage 8 des Abgeordneten Dr. Wagner (Trier) auf:
Ist die Bundesregierung bereit, eine Verbesserung dieser Versorgung, zunächst durch eine Änderung der Richtlinien Nummer 2 zu § 125 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes, herbeizuführen?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0616714800
Die Frage einer gesetzlichen Verbesserung der beamtenrechtlichen Versorgung der nachgeheirateten Witwen gehört zu den Problemen, die im Rahmen der beabsichtigten künftigen Vereinheitlichung des Versorgungsrechts in Bund und Ländern geprüft werden sollen. Insoweit darf ich auch auf meine Schriftliche Antwort vom 8. Juli 1971 auf ,die Fragen des Kollegen Pensky verweisen.
Um eine Verbesserung der Versorgung der nachgeheirateten Witwen durch Änderung der Richtlinie Nr. 2 zu § 125 des Bundesbeamtengesetzes ist die Bundesregierung bemüht. Dabei ist an eine angemessene Erhöhung der in dieser Richtlinie festgesetzten Freibeträge gedacht, die bei der Anrechnung anderer Einkünfte auf die Versorgung unberücksichtigt bleiben.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616714900
Herr Abgeordneter Brück zu einer Zusatzfrage.

Valentin Brück (CDU):
Rede ID: ID0616715000
Herr Staatssekretär, nachdem Sie davon gesprochen haben, daß gemeinsam mit den Ländern eine Überprüfung stattfinden soll, darf ich Sie fragen, ob diese Überprüfung in absehbarer Zeit erfolgen wird, wann wir in diesem Hause gegebenenfalls mit einer Vorlage rechnen können und ob Sie auch daran denken, die §§ 123 bis 132 des Bundesbeamtengesetzes, wo es um den Witwen- und Waisengeldanspruch geht, in die Betrachtungen mit einzubeziehen.

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0616715100
Herr Kollege Brück, dabei handelt es sich um ein sehr altes Problem, das in den letzten 20 Jahren nicht zur Zufriedenheit der betroffenen Beamten geregelt worden ist. Die Bun-



Parlamentarischer Staatssekretär Dorn
desregierung bemüht sich jetzt darum, eine zufriedenstellende Regelung zu erreichen. Das kann nicht einseitig, allein auf der Bundesebene, sondern muß in Abstimmung mit den Ländern geschehen. Inwieweit die notwendige Übereinstimmung mit den Ländern zu einer vernünftigen Regelung dieser Frage führen wird, vermag ich heute noch nicht endgültig zu sagen. Deshalb ist es mir auch nicht möglich, einen Zeitpunkt zu nennen. Ich möchte Sie bitten, damit zufrieden zu sein, daß ich Ihnen sage: wir führen diese Verhandlungen und bemühen uns mit den Ländern um eine vernünftige Regelung.

Valentin Brück (CDU):
Rede ID: ID0616715200
Auch hinsichtlich des Punktes, den ich angesprochen habe?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0616715300
Ob diese Paragraphen konkret in die Verhandlungen mit einbezogen werden, kann ich im Augenblick nicht sagen. Das muß ich erst überprüfen.

Valentin Brück (CDU):
Rede ID: ID0616715400
Ich möchte Sie darum bitten.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616715500
Keine Zusatzfrage. Ich danke Ihnen Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich rufe die erste Frage des Abgeordneten Varelmann auf.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616715600
Herr Präsident, ich bitte, die beiden Fragen gemeinsam beantworten zu dürfen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616715700
Ich rufe die Fragen 42 und 43 des Abgeordneten Varelmann auf:
Wie hoch war der Anteil der Rentner, deren Rente im Jahr 1957 in der Rentenversicherung der Angestellten und in der Rentenversicherung der Arbeiter nach der Höchstbemessungsgrundlage von 200 berechnet wurde und wie hoch dagegen im Jahre 1970?
Ist es gerechtfertigt, daß Renten von einer Bemessungsgrundlage von 200 und darüber gezahlt werden, und auf der anderen Seite seit 1957 die Spitzenbeiträge nur Bemessungswerte zwischen 154 und 179 hatten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616715800
Herr Abgeordneter, der Anteil der Rentner, deren Rente die Höchstbemessungsgrundlage von 200 v. H. zugrunde gelegt ist, betrug in den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten zusammen beim Rentenzugang im Jahre 1957 5 v. H. und im Jahre 1970 2,1 v. H.
Der mit Ihrer zweiten Frage angesprochene Sachverhalt betrifft die Beitragsbemessungsgrenze. Die damit zusammenhängenden Fragen wurden in diesem Hohen Hause schon wiederholt, nämlich sowohl bei der Neuregelung des Rentenversicherungsrechts im Jahre 1957 als auch bei der Beratung des Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes im Jahre 1965 und des Finanzänderungsgesetzes im Jahre 1967, eingehend erörtert, ohne daß jedoch eine Änderung
beschlossen wurde. Wenn sich in dieser Hinsicht die Auffassung Ihrer Fraktion geändert haben sollte, wird Gelegenheit sein, diese Frage im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung bei den gegenwärtigen Beratungen erneut aufzugreifen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616715900
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Varelmann.

Franz Varelmann (CDU):
Rede ID: ID0616716000
Herr Staatssekretär, muß man da nicht davon sprechen, daß in Zukunft, aber auch schon jetzt eine relativ breite Verarmung der Rentner eintreten wird? In der Zukunft wird kein Rentner mehr eine Rente beziehen, die von einer individuellen Bemessungsgrundlage von 200 ausgeht. 1957 war man allgemein der Meinung, daß 200 die Mindestgrundlage sein müßte. Ist man, wenn man nun nachträglich feststellt, daß dies mit der derzeitigen Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht wird, nicht verpflichtet, hier eine Änderung herbeizuführen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616716100
Herr Abgeordneter, das ist eine Frage des allgemein gestiegenen Einkommensniveaus und des allgemein gestiegenen Rentenstandards. Ich kann Ihre Frage nicht mit Ja beantworten.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616716200
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Varelmann.

Franz Varelmann (CDU):
Rede ID: ID0616716300
Müssen die Bezieher kleiner Renten nicht den Eindruck haben, daß ihre minimalen Renten zum Teil dadurch zustande kommen, daß die Spitzenrenten aus den übrigen Beiträgen relativ hohe Aufwendungen erfordern?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616716400
Mit Sicherheit nicht, Herr Abgeordneter; der Sachverhalt ist vielfach anders, zum Teil sogar genau umgekehrt.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616716500
Eine weitere Zusatzfrage.

Franz Varelmann (CDU):
Rede ID: ID0616716600
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung überhaupt bereit, den Beziehern guter Einkünfte auch in Zukunft eine ausreichende Rente zu sichern, die dem Ziel der Rentenreform von 1957 gerecht wird? In ihrer sogenannten Vorlage zur Rentenreform sind solche Vorstellungen nicht enthalten.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616716700
Solche Vorstellungen sind in der Vorlage des Rentenreformprogramms der Bundesregierung deshalb nicht enthalten, weil dies kein grundlegender struktureller Mangel ist. Die Vorlage der Bundesregierung wendet sich gezielt an die Bezieher von Kleinrenten; dort sollen strukturelle Verbesserungen vorgenommen werden.




Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616716800
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Varelmann.

Franz Varelmann (CDU):
Rede ID: ID0616716900
Herr Staatssekretär, erfordern die Spitzenrenten, die von einer Bemessungsgrundlage von 200 und von 50 Versicherungsjahren ausgehen, nicht derzeitig einen monatlichen Bundeszuschuß von 450 DM, weil der überschießende Teil im Umlageverfahren nicht durch Beiträge abgedeckt ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616717000
Herr Abgeordneter, es gibt keinerlei Detailberechnungen für Bundeszuschüsse, die sich auf einzelne Rentenarten oder einzelne Einkommensgruppen beziehen.
Vizepräsident 'Dr. Jaeger: Keine weiteren Zusatzfragen.
Wir kommen zur Frage 44 des Abgeordneten Dr. Hauff. — Er ist offenbar nicht im Saal. Dann wird die Frage schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen zur Frage 45 der Abgeordneten Frau Stommel:
Welche Ergebnisse haben die von der Bundesregierung im August 1970 (Drucksache VI/1123) zugesagten Prüfungen der Möglichkeiten, berufstätigen Müttern im Fall der unumgänglich notwendigen häuslichen Pflege eines kranken Kindes einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeitstätigkeit ohne unangemessene Minderung des Arbeitsentgelts zu ermöglichen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616717100
Herr Präsident, ich bitte, auch die Fragen 45 und 46 gemeinsam beantworten zu dürfen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616717200
Bitte sehr! Dann rufe ich noch die Frage 46 der Abgeordneten Frau Stommel auf:
Innerhalb welchen Zeitraums wird die Bundesregierung konkrete Rechtsregelungen anbieten, um durch einen Einkommensausgleich im Fall der Pflege eines kranken Kindes einen überfälligen Schritt zur familiengerechten Integration der berufstätigen Frau und Mutter in das Arbeitsleben zu vollziehen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616717300
Frau Abgeordnete, die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf die von Ihnen genannte Kleine Anfrage verschiedene Möglichkeiten einer Lösung der angesprochenen Frage dargelegt und Erörterungen mit den Krankenversicherungsträgern und den Tarifvertragsparteien angekündigt. Diese Erörterungen haben begonnen, sind aber noch nicht beendet. Das Problem ist vielschichtig und mit weiteren Fragen verzahnt, so daß eine Entscheidung weitergehende Auswirkungen berücksichtigen muß. Ein bestimmter Zeitpunkt, zu dem die Bundesregierung einen Lösungsvorschlag vorlegen wird, kann noch nicht genannt werden. Die Bundesregierung wird die Angelegenheit aber mit Nachdruck verfolgen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616717400
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Stommel.

Maria Stommel (CDU):
Rede ID: ID0616717500
Herr Staatssekretär, verfügt die Bundesregierung über quantitative Anhaltspunkte, gegebenenfalls aus welchen Materialien, in welchem Umfang in unserer gegenwärtigen volkswirtschaftlichen Situation für eine anderweitig nicht zu gewährleistende Pflege kranker Kinder eine Inanspruchnahme bezahlter Arbeitszeit durch die Mutter möglich wäre, und im Rahmen welcher konkreten Zielvorstellungen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616717600
Frau Abgeordnete, exakte Unterlagen darüber gibt es nicht. Die Bundesregierung hat sich in dieser Frage mit Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung in Verbindung gesetzt. Aus Mitteln der Krankenversicherung wird sich aber das ist heute schon zu sehen — eine Lösung dieses Problems nicht finden lassen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616717700
Eine zweite Zusatzfrage, bitte!

Maria Stommel (CDU):
Rede ID: ID0616717800
Herr Staatssekretär, nach der Rede, die er am 11. November 1971 vor dem Deutschen Frauenrat gehalten hat, bejaht Herr Minister Arendt durchaus die alternative Möglichkeit, statt der berufstätigen Mutter auch den Vater zur Pflege eines kranken Kindes ohne Einkommensminderung freizustellen. Gibt es für seine Zielvorstellungen erkennbare Realisierungsmöglichkeiten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616717900
Diese Zielvorstellung ist innerhalb der Bundesregierung unbestritten. An entsprechenden Überlegungen wird gearbeitet. Ich darf aber um Verständnis dafür bitten, daß solche Überlegungen einer sehr gründlichen Prüfung bedürfen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616718000
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Stommel.

Maria Stommel (CDU):
Rede ID: ID0616718100
Sind der Bundesregierung die Vereinbarungen des Manteltarifvertrags der Berliner Metallindustrie vom 1. April 1971 bekannt, der einen Rechtsanspruch auf Weiterzahlung des Arbeitsentgelts bis zu 16 Stunden Arbeitszeitversäumnis für die Versorgung eines kranken Kindes enthält, wenn eine anderweitige Versorgung des Kindes nicht sichergestellt ist — diese Regelung gilt für Männer und Frauen , und wie beurteilt sie diese Regelung z. B. am Maßstab ihrer eigenen Zielvorstellungen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616718200
Dieser Manteltarif und andere sind der Bundesregierung bekannt. Wir sehen hierin einen bedeutsamen Ausfluß der tarifpolitischen Erfolge und fühlen uns in unseren Zielvorstellungen dadurch bestätigt.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616718300
Eine letzte Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Stommel.




Maria Stommel (CDU):
Rede ID: ID0616718400
Herr Staatssekretär, welche Pflegemöglichkeiten sehen Sie als anderweitige Möglichkeiten im Sinne eines Ausschlußgrundes für eine Freistellung der Mutter an, und sind Sie angesichts der nachgewiesenen Heilungsverzögerung, der vor allem kleine Kinder im Krankenhaus durch die Trennung von der Mutter ausgesetzt sind, mit mir der Auffassung, daß die Möglichkeit einer Krankenhauspflege im Sinne Ihrer und auch unserer Bemühungen nicht als anderweitige Versorgung gelten soll?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616718500
Ich kann Ihnen in der Beurteilung des Tatbestandes nur zustimmen. Ich darf Sie nochmals um Verständnis dafür bitten, daß diese bis 1969 nicht gelösten Probleme von uns auch nicht in zwei Jahren gelöst werden können.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616718600
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Killat.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616718700
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß die Lösung der Fragen, die Frau Kollegin Stommel aufgeworfen hat, differenziert gesehen werden muß, je nachdem, ob es sich beispielsweise um eine berufstätige Mutter mit Kindern handelt, die allein erwerbstätig ist, oder ob es sich um Mütter in Familien handelt, in denen beide Ehegatten erwerbstätig sind, wenn die Frage aufgeworfen wird, ob die Krankenkassen Lasten zu übernehmen haben, weil einer der beiden Ehegatten nicht erwerbstätig sein kann?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616718800
Ich stimme Ihnen zu. Der von Ihnen aufgezeigte Tatbestand zählt zu den von mir in der Antwort genannten „vielschichtigen Problemen", die eine zufriedenstellende Lösung so schwierig machen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616718900
Ich rufe die Frage 47 des Abgeordneten Hansen auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß der „Deutsche Studentenanzeiger", über den es im Verfassungsschutzbericht 1969i1970 unter der Überschrift „Rechtsradikale Presse" u. a. heißt, daß er von einem NPD-Kreisvorsitzenden herausgegeben wird und „mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen" habe (Seiten 11/12), in seiner letzten Ausgabe eine ganzseitige Anzeige der Bundesanstalt für Arbeit enthält?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616719000
Herr Abgeordneter, zunächst darf ich darauf hinweisen, daß die Bundesanstalt für Arbeit als Selbstverwaltungskörperschaft in ihren Entscheidungen weitgehend autonom ist.
Zum Sachverhalt darf ich folgendes bemerken. Die Bundesanstalt für Arbeit bedient sich zur Aufklärung der Öffentlichkeit über ihre Dienste und Leistungen mehrerer Werbeagenturen. Diese Agenturen arbeiten auch die Pläne für die Werbekampagnen der Bundesanstalt in Zeitungen und Zeitschriften aus.
Die von Ihnen beanstandete Anzeige ist in der Ausgabe des „Deutschen Studentenanzeigers" vom November 1971 erschienen. Der Verfassungsschutzbericht ist am 11. Januar 1972 veröffentlicht worden. Bei dem Bemühen, möglichst viele Personen anzusprechen, hat die von der Bundesanstalt beauftragte Werbeagentur die rechtsradikale Tendenz der genannten Zeitung zunächst übersehen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß rechtsextreme Zeitschriften nicht dazu dienen sollen, die Bevölkerung durch Anzeigen öffentlich-rechtlicher Stellen zu informieren. Die Bundesanstalt für Arbeit teilt diese Auffassung. Sie hat deshalb dafür gesorgt, daß Anzeigen aus ihrem Bereich in Zukunft nicht mehr im „Deutschen Studentenanzeiger" oder in anderen politisch extremen Publikationsorganen erscheinen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616719100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hansen.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0616719200
Ich darf also davon ausgehen, daß es in Zukunft weitgehend ausgeschlossen sein wird, daß ein in finanzielle Schwierigkeiten geratenes rechtsradikales Blatt mit Steuermitteln saniert wird?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616719300
Jedenfalls werden die Bundesregierung und im Falle Ihrer Frage die angesprochene Bundesanstalt für Arbeit dafür sorgen, daß das nicht geschieht.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616719400
Herr Abgeordneter Rawe zu einer Zusatzfrage.

Wilhelm Rawe (CDU):
Rede ID: ID0616719500
Herr Staatssekretär, da Sie Ihre Stellungnahme nur auf rechtsradikale Blätter bezogen haben, darf ich Sie bitten, mir zu folgen, wenn ich das auch für linksradikale Blätter fordere?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616719600
Wenn der Tatbestand so eindeutig ist wie in diesem Falle, ja.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616719700
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär, und komme zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Ich rufe die Frage 48 des Abgeordneten Engelsberger auf. — Er ist nicht im Saal, Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 49 des Abgeordneten Anbuhl auf:
Teilt die Bundesregierung die in schleswig-holsteinischen Zeitungen verbreitete Meinung des Konteradmirals Jung, daß etwa drei Viertel aller Wehrdienstverweigerer „Drückeberger und Opportunisten" seien?
Herr Staatssekretär Berkhan, bitte!

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0616719800
Die Bundesregierung teilt die von Konteradmiral Jung im Interview des Nordschau-Magazins vom 14. Januar 1972 vertretene Auffassung, daß etwa drei Viertel aller Wehrdienstverweigerer Drückeberger und Opportu-



Parlamentarischer Staatssekretär Berkhan
nisten seien, nicht. Der Offizier hat seine persönliche Meinung geäußert. Ob Antragsteller das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung mißbrauchen, kann — das liegt in der Natur der Sache — nicht festgestellt werden.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616719900
Eine Zusatzfrage.

Jürgen Anbuhl (SPD):
Rede ID: ID0616720000
Herr Staatssekretär, wird es nach der politischen Entgleisung des Konteradmirals irgendwelche personellen Konsequenzen für ihn geben?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0616720100
Nein.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616720200
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Anbuhl.

Jürgen Anbuhl (SPD):
Rede ID: ID0616720300
Herr Staatssekretär, halten Sie es für möglich, daß Ihr Haus für die Zukunft höheren Offizieren mehr Zurückhaltung bei öffentlichen Auftritten anempfehlen wird?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0616720400
Herr Kollege Anbuhl, ich weiß, daß der Vorgesetzte des Admirals, der Inspekteur des Heeres, mit ihm über seine Äußerung gesprochen und ihm gewisse Empfehlungen nahegebracht hat. Ich gehe davon aus, daß die öffentliche Diskussion, auch diese Fragestunde, dazu beiträgt, Soldaten daran zu erinnern, daß sie unter der Pflicht des Soldatengesetzes stehen und sich bei politischen Äußerungen in der Öffentlichkeit Zurückhaltung aufzuerlegen haben.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616720500
Herr Staatssekretär, ist wirklich der Inspekteur des Heeres der Vorgesetzte eines Admirals?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0616720600
Herr Präsident, es handelt sich um einen Befehlshaber. In diesem Fall ist der Inspekteur des Heeres Vorgesetzter eines Admirals. Ich kann verstehen, daß das für einen Präsidenten aus Bayern ein schwieriges Problem ist.

(Heiterkeit.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616720700
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (SPD):
Rede ID: ID0616720800
Herr Staatssekretär, wäre es nicht gut, wenn sich die Offiziere nicht nun Zurückhaltung auferlegen, sondern auch etwas besser informiert würden? Und wäre es unter diesem Gesichtspunkt nicht sinnvoll, in den „Informationen für die Truppe" einmal einen Bericht aus dem Arbeitsalltag eines Kriegsdienstverweigerers abzudrucken, der in einem Krankenhaus dient und als erstes wahrscheinlich mit Leichen zu tun hat?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0616720900
Ich teile Ihre Auffassung nicht, Herr Kollege Sperling.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616721000
Herr Abgeordneter Dr. Mende!

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0616721100
Ist nicht auch die Bundesregierung wie die gesamte deutsche und internationale Öffentlichkeit von der großen Zahl der Kriegsdienstverweigerer in der Bundesrepublik Deutschland überrascht? Und glaubt die Bundesregierung, daß tatsächlich bei allen Betroffenen jene Gewissengründe vorhanden sind, die bei der Einfügung des betreffenden Artikels in das Grundgesetz damals im Parlamentarischen Rat Gegenstand der Beratung und der Feststellung waren?

(Abg. Killat-von Coreth: Die Bandbreite ist unterschiedlich!)


Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0616721200
Herr Kollege Mende, ich würde in den gleichen Fehler verfallen wie der Admiral, wenn ich hier äußerte, was ich glaube und vermute. Ich habe hier über Tatsachen zu berichten. Das Verfahren, nach dem ein junger Mann vom Wehrdienst freigestellt wird, ist gesetzlich geregelt. In den Ausschüssen arbeiten Beisitzer mit, die aus der Öffentlichkeit bestimmt werden. Es ist ein gerichtsähnliches — ich wiederhole: ein gerichtsähnliches — Verfahren. Es steht mir nicht an, Herr Kollege Dr. Mende, hier eine Schelte gegenüber diesen Ausschüssen auszusprechen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616721300
Eine zweite Zusatzfrage steht Ihnen nicht zu, Herr Dr. Mende.
Die Fragen 50 und 51 des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen sollen auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen. Zuerst rufe ich die Frage 61 des Abgeordneten Killat-von Coreth auf:
Ist die Bundesregierung bejahendenfalls bereit, den Gemeinden, die sich zur Aufrechterhaltung oder Erweiterung bestehender bzw. Einrichtung neuer Obus-Betriebe entschließen, eine Förderung zuteil werden zu lassen, die sich im besonderen auf die Kosten der stationären Anlagen für solche Betriebe erstreckt?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0616721400
Herr Kollege, die Bundesregierung vertritt die Auffassung, daß im Interesse eines wirksamen Umweltschutzes alle Anstrengungen zur Förderung des Oberleitungsomnibusses im Nahverkehr der Gemeinden unternommen werden müssen. Dieser Unterstützung bedarf es mindestens so lange, bis durch die technische Entwicklung elektrische, ohne Fahrleitung betriebene Fahrzeuge bei ausreichender Wirtschaftlichkeit für diese Aufgaben zur Verfügung stehen.




Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616721500
Eine Zusatzfrage, bitte sehr!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616721600
Herr Staatssekretär, sehen Sie eine Möglichkeit für die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, daß über den Förderungskatalog nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz Mittel zur Verfügung gestellt werden? Und ist das Ministerium bereit, werbend für die Erhaltung und vielleicht sogar für die Neuerrichtung solcher Obus-Linien einzutreten?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0616721700
Herr Präsident, da diese Zusatzfrage auch den Inhalt der Frage 62 berührt, würde ich jetzt gern diese Frage beantworten.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616721800
Einverstanden. Ich rufe demnach auch die Frage 62 des Abgeordneten Killat-von Coreth auf:
Hält die Bundesregierung den Einsatz von Obus-Linien im Nahverkehr der Gemeinden wegen ihrer Abgasefreiheit und Geräuscharmut nicht für zweckmäßiger als etwa den Einsatz von diesel- oder benzingetriebenen Omnibussen?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0616721900
Herr Kollege, nach Verabschiedung des Gesetzes über die weitere Finanzierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden und des Bundesfernstraßenbaus — Verkehrsfinanzgesetz 1972 — wird es möglich sein, durch Finanzhilfen des Bundes auch den Bau und den Ausbau von Betriebshöfen und zentralen Werkstätten des öffentlichen Personennahverkehrs im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes vom 18. März 1971 zu fördern. Zu diesen Einrichtungen werden angesichts der Eigenheiten des Obus-Betriebes auch dessen besondere stationäre Anlagen gezählt werden können.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616722000
Eine Zusatzfrage.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0616722100
Darf ich das so verstehen, Herr Staatssekretär, daß damit dann auch die Obus-Leitungen, die den teuersten Teil der Investition ausmachen, gemeint sind?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0616722200
Herr Kollege, ich nehme an, daß Sie einen besonderen Fall, und zwar den von Solingen, mit dieser Frage ansprechen wollen. Nach der Auffassung der Bundesregierung besteht diese Förderungsmöglichkeit auch für den Teil der Betriebsanlagen, den Sie eben angesprochen haben.

(Abg. Killat-von Coreth: Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616722300
Eine Zusatzfrage, bitte sehr!

Walter Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0616722400
Herr Staatssekretär, haben Sie in Ihrem Hause Erfahrungen sammeln können, welche Entwicklung sich beim Betrieb von Obus-Linien angesichts des starken Verkehrs in den Städten abzeichnet?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0616722500
Herr Kollege, leider muß festgestellt werden, daß nach unseren Informationen, die sich im wesentlichen auf Berichte des Verbandes öffentlicher Verkehrsbetriebe stützen, die Zahl der Obusse in der Bundesrepublik zurückgegangen ist. Das hat verschiedenartige Gründe. Die Bundesregierung hat darauf keinen Einfluß. Sie wissen, daß Betriebe dieser Art in der Regel von den Gemeinden oder von Zweckverbänden betrieben werden. Wir halten aber aus den Gründen, die in der ersten Frage von Herrn Killat-von Coreth zum Ausdruck kamen, den Obus durchaus für förderungswürdig und würden es begrüßen, wenn sich die entsprechenden Träger zur Verwendung dieses Fahrzeuges entschließen könnten, und zwar mit Rücksicht auf die Vorteile, die es im Hinblick auf die Probleme der Umweltverschmutzung gegenüber anderen Bussen bietet.

(Abg. Killath-von Coreth: Und Lärm!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616722600
Keine Zusatzfrage.
Die Fragen 63 und 64 sind vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Die Fragen 65 und 66 des Abgeordneten Büchner werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Das gleiche gilt für die Frage 67 des Abgeordneten Dr. Apel.
Die Fragen 68 und 69 sind vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Die Fragen 70 und 71 des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) und die Fragen 72 und 73 des Abgeordneten Storm sollen auf Bitten der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Dasselbe gilt für die Frage 74 des Abgeordneten Schulte (Schwäbisch Gmünd).
Ich komme damit zu den Fragen 75 und 76 des Abgeordneten Schmidt (München). — Der Abgeordnete ist nicht im Saal; die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Bei der Frage 77 bittet der Fragesteller, der Abgeordnete Schulte (Schwäbisch Gmünd), um schriftliche Antwort. Auch diese Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich komme zur Frage 78 des Abgeordneten Dr. Mende:
Welche Erfahrungen hat die Bundesregierung bezüglich des Weihnachts- und Neujahrspostverkehrs 1971/72 im innerdeutschen Postverkehr?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!




Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0616722700
Herr Kollege, der Austausch der Postsendungen mit der DDR im Weihnachts- und Neujahrsverkehr 1971/72 vollzog sich im allgemeinen flüssig. Nennenswerte Stauungen traten nicht ein. Obwohl noch keine genauen statistischen Angaben vorliegen, läßt sich folgendes feststellen: Im Briefverkehr wurden gegenüber dem Verkehrsumfang in dem vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres keine größeren Schwankungen festgestellt. Die Zahl der aus der DDR eingegangenen Pakete und Päckchen hat sich gegenüber dem Vorjahr leicht erhöht; dagegen war der Verkehr in die DDR leicht rückläufig.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616722800
Eine Zusatzfrage? Dr. Mende (CDU/CSU) : Zu dieser Frage nicht.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616722900
Dann bitte die Frage 79 des Abgeordneten Dr. Mende:
Entsprechen Meldungen den Tatsachen, daß eine erhebliche Verlustquote bei Päckchen- und Paketsendungen in die DDR zu beklagen ist, und was gedenkt die Bundesregierung gegen diese Verunsicherung des innerdeutschen Postverkehrs zu unternehmen?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0616723000
Herr Kollege, leider trifft es zu, daß die Verlustquote im Paket- und Päckchenverkehr in die DDR im Verhältnis zu dem Verkehr innerhalb der Bundesrepublik Deutschland einerseits und dem Verkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Ausland andererseits unverhältnismäßig hoch ist. Diese bedauerliche Entwicklung, die auf Beschlagnahmemaßnahmen der DDR-Zollverwaltung zurückgeführt werden muß, begann mit dem Bau der Berliner Mauer im Jahre 1961 und dauert bis heute an.
Bei den Postverhandlungen mit der DDR wird seitens der Bundesregierung alles versucht, um eine Normalisierung des Postverkehrs mit der DDR herbeizuführen. Im übrigen hat der Leiter der DDR-Delegation in den Verhandlungen der beiden Postministerien laut Ziffer 5 des Protokolls vom 30. September 1971 ausdrücklich erklärt:
Die Versandbestimmungen für Geschenksendungen auf dem Postwege sind Gegenstand der inneren Gesetzgebung der Deutschen Demokratischen Republik. An der Lösung wird mit dem Ziel einer positiven Regelung gearbeitet.
Die Bundesregierung erwartet, daß die DDR sich an diese Absprache halten wird.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616723100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Mende.

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0616723200
Ist die Bundesregierung bereit, die Geschädigten durch Aufforderungen über die Postämter zu bitten, Verlustanzeige zu erstatten, um durch die Mobilisierung der öffentlichen Meinung in der Bundesrepublik Deutschland gewissermaßen eine moralische Handhabe gegenüber den
Postverwaltungen im anderen Teil Deutschlands zu haben?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0616723300
Herr Kollege, diese Frage wird erwogen. Ich darf aber darauf hinweisen, daß sich Regierungen wie die, die in der DDR besteht, von diesen Aspekten sicher wenig beeindrucken lassen. Wir sind der Meinung, daß es in den Verhandlungen auch andere Wege gibt, um dieses Problem zu bereinigen, und ich bin gern bereit, im zuständigen Ausschuß entsprechend über die Zusammenhänge dieser Verhandlungen zu berichten.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616723400
Eine zweite Zusatzfrage.

Dr. Erich Mende (CDU):
Rede ID: ID0616723500
Ist die Bundesregierung bereit, diese Verunsicherung des innerdeutschen Postverkehrs, insbesondere in den letzten Monaten, in einen Zusammenhang mit den großen Zahlungen zu bringen, die die Bundesrepublik Deutschland und damit die Steuerzahler an den anderen Teil Deutschlands geleistet haben, nämlich 250 Millionen DM für zurückliegende Postleistungen und jetzt pro Monat 30 Millionen — das ist im Laufe eines Jahres eine Summe von über einer halben Milliarde DM —, und kann die Bundesregierung bei Zahlung dieser Beträge nicht von der anderen Seite eine adäquate Erfüllung der Postverpflichtungen erwarten, und ist die Bundesregierung bereit, ihrer Forderung auf einen korrekten Postverkehr vielleicht unter Einschaltung des Weltpostvereins Nachdruck zu verleihen?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0616723600
Herr Kollege, ich habe Ihnen ja in der Antwort auf Ihre erste Frage angedeutet, daß die Bundesregierung erwartet, daß sich die andere Seite hier auf Grund gewisser Abmachungen an gewisse Versprechen hält. Ich bin gern bereit, auch die zuletzt gestellte Frage nach der Einschaltung des Weltpostvereins mit in die Erörterungen einzubeziehen, die ich Ihnen für den zuständigen Fachausschuß angeboten habe. Im übrigen sind Sie ja mit diesen Dingen und ihrer Kompliziertheit früher vertraut geweren, so daß Sie wissen, daß solche Abmachungen, um die es hier geht, in schwierigen Verhandlungen zustande kommen und eine gewisse Zeit der Eingewöhnung bei bestimmten Leuten sicher vorausgesetzt werden muß.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616723700
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller (Berlin).

Johannes Müller (CDU):
Rede ID: ID0616723800
Herr Staatssekretär, Sie sprachen von Ihren Bemühungen um die Normalisierung des Postverkehrs. Würden Sie es als Normalisierung ansehen, wenn nach einer solchen Übereinkunft auch weiterhin nur ein beschränkter Postverkehr — und nur an eine Person im Laufe eines Monats — möglich ist wie jetzt?




Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0616723900
Herr Kollege, ich habe Ihnen deutlich gesagt, daß es hier nach Auffassung der anderen Seite um sogenannte zollrechtliche Bestimmungen geht und daß der gesamte Fragenkomplex sehr eng mit der Regelung aller Fragen zusammenhängt, die für die Menschen in beiden Teilen Deutschlands von Interesse sind. Ich verstehe Ihre Zusatzfrage so, daß Sie die Bundesregierung in dem Bemühen, das Leben der Menschen im geteilten Land erträglicher zu machen, unterstützen wollen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616724000
Die Fragen 80 und 81 werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich danke Ihnen Herr Staatssekretär.
Ich komme zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen. Die Fragen 82, 83, 84 und 85 sind vom Fragesteller zurückgezogen worden. Für Frage 86 wird um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich komme damit zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Die erste Frage ist die Frage 87 des Abgeordneten Hansen. Ist Herr Hansen nicht mehr im Saal? - Dann wird die Frage schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 88 des Abgeordneten Lenzer auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung das Angebot des Präsidenten des Südafrikanischen Atomic Energy Board, Dr. A. Roux, mit europäischen Staaten auf dem Gebiet der Uran-Anreicherung zusammenzuarbeiten?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär von Dohnanyi!

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0616724100
Herr Kollege Lenzer, ein offizielles Angebot Südafrikas an die Bundesregierung liegt nicht vor. Der Bundesregierung ist allerdings bekannt, daß wohl inoffizielle Sondierungsgespräche — auf Industrieebene stattgefunden haben. Die Bundesregierung kann verständlicherweise ein nicht vorliegendes Angebot auch nicht beurteilen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616724200
Eine Zusatzfrage.

Christian Lenzer (CDU):
Rede ID: ID0616724300
Herr Staatssekretär, wäre denn die Bundesregierung bereit, diesen Dingen einmal nachzugehen, die doch immerhin im Mitteilungsblatt des Deutschen Atomforums „Atominformation" vom .Januar 1972 veröffentlicht worden sind, um damit sicherzustellen, daß sich die Bundesrepublik unter Umständen an neuen Verfahren, die möglicherweise irgendwo entwickelt worden sind, beteiligen könnte, oder sind Sie bereit, sich auf diese drei von Ihnen einmal in anderem Zusammenhang genannten Verfahren zu beschränken und dabei in Kauf zu nehmen, doll ein Verfahren selbst bei größerer Wirtschaftlichkeit und größerer Marktnähe nicht zum Zuge käme?

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0616724400
Herr Kollege, die Bundesregierung würde sich bestimmt nicht auf irgendwelche Verfahren festlegen, obwohl zu einem bestimmten Zeitpunkt die Investitionsentscheidungen fallen werden. Aber wir sind offen, und Sie wissen auch aus unseren Verhandlungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, daß wir auch für Verfahren offen sind, die nicht unmittelbar mit der Gas-Ultrazentrifuge zusammenhängen. Wir sind aber nicht über das informiert, was in Südafrika als ein neues Verfahren bezeichnet wird. Wir haben auch den Eindruck, daß die Verfahren, um die es dort offenbar geht, mit großer Geheimhaltung umgeben sind. Ich glaube nicht, daß es zweckmäßig wäre, wenn die Bundesregierung ihrerseits nun die Initiative ergriffe; man müßte da warten, bis die Dinge sich gegenüber der Bundesregierung konkretisieren.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616724500
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lenzer.

Christian Lenzer (CDU):
Rede ID: ID0616724600
Ich darf also aus Ihrer Antwort schließen, Herr Staatssekretär, daß, wenn sich ein konkretes Angebot ergäbe, die Bundesregierung nicht zurückstehen würde, dieses Angebot auch zu prüfen?

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0616724700
Die Bundesregierung wird jedes Angebot in aller Breite und hinsichtlich aller allgemeinen politischen Implikationen, die damit verbunden sind, prüfen.

(Abg. Lenzer: Ganz gleich, aus welchem Land es kommt?)

— Ganz gleich, aus welchem Land es kommt, unter Berücksichtigung aller politischen Implikationen, die damit verbunden sind.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616724800
Herr Abgeordneter Dr. Schneider (Nürnberg) hat seine Frage zurückgezogen.
Ich rufe die Frage 90 des Herrn Abgeordneten Seefeld auf:
Entspricht es den Tatsachen, daß die Schule für Kerntechnik des Kernforschungszentrums Karlsruhe im Umfang und in der Aufgabenstellung eingeschränkt werden soll und — wenn ja -
aus welchen Gründen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0616724900
Herr Kollege Seefeld, die Schule für Kerntechnik der „Gesellschaft für Kernforschung" in Karlsruhe ging aus radiochemischen und reaktorphysikalischen Kursen des Kernforschungszentrums hervor, die schon seit 1957 durchgeführt werden. 1960 nahm diese Schule ihren Betrieb in erweiterter Form auf. 1970 wurden 75 Kurse durchgeführt, an denen 1400 Interessenten teilnahmen. Nachdem sich die Kernforschung und die kerntechnische Entwick-



Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Dohnanyi
lung in den 12 Jahren des Bestehens der Schule in ihren Schwerpunkten erheblich verändert haben, ist es nunmehr notwendig, die zukünftige Ausrichtung der Schule zu überdenken. Diese Überprüfung von Zielsetzung und Arbeitsweise ist Teil der Erfolgskontrolle in Forschungseinrichtungen überhaupt, die erforderlich ist, um die Wirksamkeit der durchgeführten Tätigkeiten zu überprüfen. Die Geschäftsführung der „Gesellschaft für Kernforschung" hat deshalb eine Kommission aus Mitarbeitern des Kernforschungszentrums einberufen, die zur gegenwärtigen Lehrtätigkeit der Schule Stellung nehmen soll. Außerdem soll diese Kommission untersuchen, ob die Schule mehr als bisher für die Fortbildung der Mitarbeiter des Zentrums selbst eingesetzt werden könnte. Die Kommission hat ihre Arbeit erst vor wenigen Wochen aufgenommen. Erst nach Abschluß der Untersuchung und Prüfung des Ergebnisses wird zu entscheiden sein, ob die Tätigkeit der Schule in Umfang und Aufgabenstellung verändert werden muß.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616725000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Seefeld.

Horst Seefeld (SPD):
Rede ID: ID0616725100
Herr Staatssekretär, sind Sie darüber informiert und halten Sie es für sinnvoll, daß im Zusammenhang mit der von Ihnen genannten beabsichtigten Maßnahme bei der Einsetzung der von Ihnen ebenfalls erwähnten Kommission die Schule für Kerntechnik selbst durch keinen einzigen ihrer Fachleute vertreten ist, und halten Sie es für richtig, daß erforderliche Maßnahmen sozusagen im Wege der Geheimniskrämerei getroffen werden, Geheimniskrämerei gegenüber denjenigen, die doch eigentlich zur Lösung mit beitragen könnten?

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0616725200
Herr Kollege Seefeld, ich bin ganz sicher, daß hier keine Geheimniskrämerei beabsichtigt war. Ich kann die Zusammensetzung der Kommission im Augenblick nicht beurteilen. Aber ich kann Ihnen versichern, daß all diejenigen, die hier betroffen sind, gehört werden. Ich weiß nicht, auf welcher Grundlage die Kommission ihre Zusammensetzung, so, wie sie heute ist, erfahren hat. Ich werde aber auch der Frage nachgehen, ob eventuell eine Erweiterung der Kommission zweckmäßig erscheint. Hierzu will ich aber im Augenblick keine Zusagen machen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616725300
Eine zweite Zusatzfrage.

Horst Seefeld (SPD):
Rede ID: ID0616725400
Würden Sie bei den anstehenden Überlegungen bitte mit in Erwägung ziehen, daß die Schule für Kerntechnik eine immer größer werdende Nachfrage zu verzeichnen hat und daß man daher auch eine Erweiterung der Schule, sowohl was die Mitarbeiter als auch was die Aufgaben angeht, in Erwägung zieht?

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0616725500
Das ist, glaube ich, der Sinn dessen, was ich vorgetragen habe. Aber ich kann natürlich das Ergebnis nicht vorwegnehmen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0616725600
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir stehen am Ende der Fragestunde. Ich berufe die nächste Sitzung auf Mittwoch, den 2. Februar 1972, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.