Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Die in der 131. Sitzung am 24. Juni 1971 durch den Bundestag erfolgte Wiederwahl von Herrn Stiller in den Verwaltungsrat der Lastenausgleichsbank ist hinfällig, weil er auf seinen eigenen Wunsch am 18. Juni 1971 von der Hauptversammlung der Lastenausgleichsbank als Vertreter der Organisation der Kriegssachgeschädigten in den Verwaltungsrat gewählt worden ist und von einem Verwaltungsratsmitglied nicht zugleich zwei Vertretungen wahrgenommen werden können.
Die Fraktion der CDU/CSU schlägt an Stelle von Herrn Stiller den Abgeordneten Dr. Althammer vor. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch. Damit ist der Abgeordnete Dr. Althammer als Mitglied des Verwaltungsrates der Lastenausgleichsbank gewählt.
Wir kommen nunmehr zur
Fragestunde
— Drucksachen VI/2603, VI/2625 —
Ich rufe zunächst die Dringliche Mündliche Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf:
Hat die Bundesregierung den Waffendiebstahl bei Darmstadt am vergangenen Wochenende zum Anlaß genommen, Sofortmaßnahmen zur Verhinderung weiterer Diebstähle dieser Art einzuleiten, und hält sie die Vorschriften über die Bewachung von Waffentransporten und Waffeniagerungsstätten der Bundeswehr für ausreichend, ist sie insbesondere der Auffassung, daß es sachgerecht sei, Waffentransporte der Bundeswehr durch Bahnpolizisten bewachen zu lassen?
Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Berkhan zur Verfügung. Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Schneider! Die beteiligten Bundesressorts und die Deutsche Bundesbahn haben nach dem Waffendiebstahl bei Darmstadt — Abstellgleis Bickenbach — sofort eine Überprüfung eingeleitet, inwieweit Waffendiebstählen dieser Art in Zukunft vorgebeugt werden kann. So werden unter anderem Verbesserungen im Beförderungsablauf vorgesehen, die insbesondere die rechtzeitige Voranmeldung, einen zügigen Lauf des Transports und die sofortige Abnahme umfassen.
In der Prüfung wird auch die Frage einbezogen, ob es sachgerecht ist, die Bahnpolizei in die Bewachung solcher Transporte einzuschalten.
Dieser Vorfall hat keinen Anlaß gegeben, die Bestimmungen über die Bewachung von Bundeswehrdepots — wie das in Ihrer Frage anklang — erneut zu überprüfen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung mit mir die Auffassung, daß es sich bei diesem Waffendiebstahl um einen äußerst ernsten Vorgang handelt, der eine unmittelbare und in ihrem Ausmaß gar nicht überschaubare Gefährdung der inneren Sicherheit unseres Landes darstellt,
Herr Kollege, allmählich kommt das berühmte Zeichen für die Frage!
und hält sie es für an der Zeit, die Zusammenarbeit der Bundesressorts in diesem Falle zu verbessern?
Herr Kollege, das sind zwei Fragen. Erstens. Die Bundesregierung hält das für einen sehr ernsten Fall.
Zweitens. Meiner Antwort konnten Sie entnehmen, daß die beteiligten Bundesressorts in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbahn sofort überlegt haben, wie der Ablauf solcher Transporte in Zukunft noch besser gestaltet werden könne.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schneider.
8022 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 13d. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. September 1971
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung die Auffassung vertritt, es sei nicht nötig, Waffentransporte der Bundeswehr durch militärisches Personal generell begleiten zu lassen?
Herr Kollege Dr. Schneider, wir sind in eine Überprüfung eingetreten, und es wäre nicht gut, schon jetzt zu sagen, wir hätten diese oder jene Auffassung. Am Ende der Überprüfung wird entschieden werden müssen, ob solche Transporte durch Soldaten begleitet werden oder nicht.
Ich glaube, Sie unterliegen einem Irrtum. Dieser Waffentransport ist kein Transport der Bundeswehr gewesen. Der Diebstahl ist auf dem Wege von der Firma zur Bundeswehr erfolgt. Dennoch müssen wir alle zusammen — daher kann ich Ihre Frage durchaus verstehen — ernste Sorgen haben, wenn es Möglichkeiten gibt, so große Stückzahlen von Handfeuerwaffen zu stehlen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Professor Dr. Schäfer.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, diese Fragen neu zu durchdenken und unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung der inneren Sicherheit ein Konzept zu entwickeln, das Sie dem Innenausschuß des Deutschen Bundestages vortragen, so daß gemeinsam erwogen wird, was gemacht werden muß?
Herr Kollege, wir sind selbstverständlich bereit Überlegungen anzustellen. Wir sind sogar verpflichtet, Überlegungen anzustellen. Aber ob es zweckmäßig ist, viele parlamentarische Ausschüsse mit der Frage zu beschäftigen, muß vorher entschieden werden.
Ich glaube, man muß bei diesen Fragen auch daran denken, daß den Tätern keine Möglichkeit gegeben wird, sich durch ein Studium von Vorschriften und Akten auf solch einen Diebstahl gut vorzubereiten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wörner.
Herr Staatssekretär, wie lange brauchen Sie zur Prüfung und wann wollen Sie dem Ausschuß - ich würde vorschlagen, dem Verteidigungsausschuß — das Ergebnis vortragen?
Herr Kollege Dr.
Wörner, ich kann zusichern, daß wir selbstverständlich bereit sind, vor einem Ausschuß zu berichten. Ob der Verkehrsausschuß, der Verteidigungsausschuß oder der Innenausschuß zuständig ist, will ich nicht entscheiden. Aber ich nehme dankbar entgegen — so lege ich Ihre Frage aus —, daß Sie sich mit einem Ausschuß zufriedenstellen. Die Zeit der Überprüfung vermag ich nicht abzuschätzen. Es sind mehrere Ressorts und die Bahn beteiligt. Ich glaube dennoch, daß wir in absehbarer Zeit ein Ergebnis vorlegen können.
Eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, dürfen wir nach Ihren Ausführungen davon ausgehen, daß Sie Ihren formalen Standpunkt vielleicht aufgeben, daß die Verantwortung der Bundeswehr erst am Bestimmungsort des Waffentransportes beginnt?
Herr Kollege, ich glaube nicht, daß der Standpunkt formal ist. Man muß sich überlegen, wer die Verantwortung für so gefährliches Gerät hat. Die Bundeswehr kann nicht für Bereiche verantwortlich gemacht werden, in denen sie nichts zu sagen hat. Wir werden überprüfen, was für die Transporte von Waffen notwendig ist. Wir haben das im Einvernehmen mit dem Parlament ja auch bei der schrecklichen Katastrophe getan, die sich in der Gegend von Hannover mit Sprengmunition ereignet hat.
Damit ist die Dringlichkeitsfrage beantwortet. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen und fahren in der Beantwortung der Fragen im Anschluß an die letzte Fragestunde fort. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Börner zur Verfügung. Ich rufe die Frage 65 des Herrn Abgeordneten Haase auf. — Ich sehe den Herrn Abgeordneten nicht im Saal. Dann werden seine beiden Fragen, die Fragen 65 und 66, schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 67 des Herrn Abgeordneten Dr. Sperling auf:
Ist der Bundesregierung die Zahl der jährlich verlorengehenden Einschreibebriefe bekannt
Herr Staatssekretär!
Herr Präsident, ich wäre dankbar, wenn ich die beiden Fragen 67 und 68 gemeinsam beantworten könnte, sofern der Fragesteller damit einverstanden ist.
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe dann auch die Frage 68 des Herrn Abgeordneten Dr. Sperling auf:
wie hoch belauten sich die Beträge, die von der Deutschen Bundespost Dir verlorengegangene Einschreibebriefe jährlich ausgegeben werden müssen, und welche Maßnahme unternimmt die Deutsche Bundespost gegen die Zunahme der Verlustsendungen?
Vielen Dank. Herr Kollege, im Jahre 1970 betrug die Verlustquote für Einschreibesendungen im In- und Auslandsdienst 193 Stück je 1 Million eingelieferter Sendungen. Im gleichen Jahr wurden für verlorengegangene eingeschriebene Sendungen Ersatzbeträge in Höhe von 1 376 000 DM gezahlt.
Die Deutsche Bundespost bemüht sich ständig, die Verluste durch gezielte Maßnahmen im Rahmen der Betriebssicherung zu senken. Außerdem weist sie ihre Kunden immer wieder darauf hin, daß sich die eingeschriebene Sendung nicht zur Versendung von Bargeld oder Wertgegenständen eignet; dafür gibt es die Wertsendung. Die eingeschriebene Sendung ist von ihrer Zweckbestimmung her lediglich eine Nachweissendung, deren Ein- und Auslieferung bescheinigt wird. Außerdem hat die Deutsche Bundespost eine Arbeitsgruppe mit der Untersuchung der Frage beauftragt, inwieweit sich im Rahmen einer weiteren Rationalisierung des Briefdienstes dem höheren Sicherheitsbedürfnis der eingeschriebenen Sendung gegenüber der gewöhnlichen Sendung Rechnung tragen läßt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, hat sich die Zahl der verlorengehenden Sendungen in den vergangenen Jahren erhöht?
Diese Beobachtungen, Herr Kollege, sind angestellt worden. Es hat sich im Laufe der letzten Jahre eine kleine Erhöhung ergeben. Sie ist aber in diese Prüfung mit einbezogen worden, die ich soeben angedeutet habe.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 69 des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt auf:
Hält die Bundesregierung die durch den Beschluß des Gemeinsamen Senats der Obersten Bundesgerichte vom 15. März 1971 — GmS OGB 1/70 — festgestellte Rechtslage über den bei Anfechtung von Fernmeldegebühren nach § 9 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über Fernmeldeanlagen vom 14. Januar 1928 gegebenen Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für sachlich zweckmäßig?
Herr Präsident, auch hier wäre ich dankbar, wenn ich beide Fragen gemeinsam beantworten könnte.
Der Herr Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe dann auch die Frage 70 des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt auf:
Tst die Bundesregierung bereit, dem Deutschen Bundestag im Interesse des rechtsuchenden Publikums eine Änderung des Fernmeldeanlagengesetzes vorzuschlagen, durch die die Verwaltungsgerichte für die Anfechtung von Fernmeldegebührenbescheiden der Deutschen Bundespost zuständig werden?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Danke schön. Herr Kollege, auf Grund der bisherigen Erfahrungen besteht kein Anlaß, an der Zweckmäßigkeit der neuen Rechtslage zu zweifeln. Damit kommt eine Änderung des Fernmeldeanlagengesetzes zur Zeit nicht in Betracht. Die Bundesregierung wird jedoch die neue Lage weiter beobachten und ihre abschließende Entscheidung unter Beachtung der Grundsätze des Beschlusses des Gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte davon abhängig machen, ob es bei der praktischen Anwendung der neuen Regelung zu Unzuträglichkeiten kommt. Das Interesse der rechtsuchenden Kunden wird dabei gebührend berücksichtigt werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, teilen Sie nicht meine Meinung, daß die Erfahrung der Verwaltungsgerichte für die Entscheidung von Streitigkeiten über Verwaltungsgebühren — um solche handelt es sich ja hier — größer ist als die Erfahrung der ordentlichen Gerichte, die ja mit Verwaltung nur insoweit zu tun haben, als sie über Schadensersatzansprüche bei Amtshaftung entscheiden?
Herr Kollege, demgegenüber meint die Deutsche Bundespost, daß der Weg über die Zivilgerichte u. a. folgende Vorteile hätte.Erstens. Der Verwaltungsaufwand wird dadurch verringert, daß die Oberpostdirektionen nicht mehr als Widerspruchsbehörden eingeschaltet werden müssen. 1970 mußten bei zirka 100 Millionen Fernmelderechnungen zirka 200 000 unbegründete Widersprüche bearbeitet werden.Zweitens. Nach der geplanten Reform der Zivilprozeßordnung sind die Amtsgerichte für die Rechtsuchenden ortsnäher als die weniger breitgestreuten Verwaltungsgerichte. Andererseits werden die ohnehin überlasteten Verwaltungsgerichte entlastet, während die Belastung der Zivilgerichte aus Gründen des Streitwertes nicht im gleichen Umfang zunehmen wird.Das sind einige Gründe, die ich Ihnen hier aus der Erfahrung bzw. aus der Meinungsbildung innerhalb der Bundespost berichten wollte. Ich möchte noch hinzufügen, daß der Kunde selbstverständlich auch dort auf den Rechtsweg hingewiesen wird, wo keine gesetzliche Verpflichtung dazu besteht.
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8024 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. September 1971
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Arndt.
Herr Staatssekretär, können Sie mir nicht auf Grund Ihrer Erfahrungen darin zustimmen, daß gerade das Widerspruchsverfahren die Gerichte entlastet, weil in vielen Streitfällen ein Fall gar nicht erst vor das Gericht kommt?
Das mag für andere Bereiche zutreffen, Herr Kollege. Ich kann Ihnen aber in diesem Fall nicht zustimmen, weil das Argument der Nähe des entsprechenden Gerichts für die Entscheidung des Kunden, ob er sich auf eine Anfechtungsklage einlassen soll, von entscheidender Bedeutung ist.
Bitte schön!
Herr Staatssekretär, welche Vorkehrungen hat die Deutsche Bundespost getroffen, um ihre Kunden darüber aufzuklären, daß die jetzt noch auf allen Fernmelderechnungen vorhandenen Rechtsmittelbelehrungen, die nicht der Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte entsprechen, nun nicht mehr zutreffen?
Herr Kollege, ich habe bereits angedeutet, daß das geändert wird, und wir werden auf die veränderte Situation natürlich auch schriftlich hinweisen.
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage. Bitte, Herr Kollege!
Herr Staatssekretär, haben Sie auch Vorsorge dafür getroffen, daß in den in der Zwischenzeit anhängigen Fällen, in denen Gebührenschuldner noch beim Verwaltungsgericht klagen, weil sie durch die Rechtsmittelbelehrung irregeführt worden sind, die Schäden — Gerichtskosten usw. —, die dadurch entstehen, in angemessener Weise zugunsten der Gebührenschuldner ausgeglichen werden?
Herr Kollege, ich habe Ihnen gesagt, daß die Deutsche Bundespost immer bemüht ist, ihren Kundendienst zu optimieren. Ich werde Ihre Zusatzfrage zum Anlaß nehmen, die verantwortlichen Herren der Oberpostdirektionen auf diesen besonderen Sachverhalt noch einmal hinzuweisen.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär!
Hat der frühere Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Reinhard Gehlen, vor Veröffentlichung seiner Erinnerungen um die beamtenrechtlich erforderliche Genehmigung nachgesucht, und ist diese erteilt worden?
Herr Minister!
Herr Kollege, der frühere Präsident des Bundesnachrichtendienstes hat im Zusammenhang mit der Veröffentlichung seiner Erinnerungen nicht um eine Genehmigung nachgesucht. Eine solche Genehmigung ist auch nicht von Amts wegen erteilt worden.
Da ich als Chef des Kanzleramtes letzter Dienstvorgesetzter des ehemaligen BND-Präsidenten bin, habe ich Herrn Gehlen unter dem 6. September geschrieben, ich ginge davon aus, daß sich seine Aufzeichnungen im Rahmen der durch § 61 des Bundesbeamtengesetzes gezogenen Grenzen hielten. Ich habe ihn gebeten, mir dies zu bestätigen. Herr Gehlen hat mir diese Bestätigung gegeben, indem er mir mit Schreiben vom 14. September mitteilte, daß in seinen Memoiren — ich zitiere wörtlich —„keine Angelegenheiten behandelt werden, die noch der Geheimhaltung unterliegen und nicht schon irgendwie in Presse- oder sonstigen Veröffentlichungen behandelt wurden".
Diese Antwort trifft zwar nicht genau den Tatbestand; denn es kommt nicht nur darauf an, daß nichts Neues bekanntgegeben wird, sondern es darf unter Umständen auch schon Bekanntes von einem Beamten nicht veröffentlicht werden. Der Präsident wird sich jedoch darüber im klaren sein, zumal er ausdrücklich von mir auf § 61 des Beamtengesetzes hingewiesen worden ist.
Eine Prüfung der Veröffentlichung ist mir bisher nicht möglich, da mir weder der Autor noch der Verleger ein Manuskript oder ein Vorwegexemplar zur Verfügung gestellt haben. Bis zum Beweis des Gegenteils gehe ich aber davon aus, daß ein hoher ehemaliger Beamter seine Pflichten kennt.
Zusatzfrage!
Herr Minister, hat der ehemalige Präsident des Bundesnachrichtendienstes für die direkte oder indirekte Unterrichtung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt über seine nachrichtendienstlichen Erkenntnisse im Fall Bormann Sorge getragen, oder wurde der Generalstaatsanwalt erst durch die Presseveröffentlichungen aufmerksam?
Herr Kollege, ich kenne die internen Vorgänge der Staatsanwaltschaft nicht. Mir ist nur bekannt, daß sich die Staatsanwaltschaft nach den Zeitungsberichten über diese Passagen mit der Bitte an mich gewandt hat, im Fall Bormann eine Aussage-
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. September 1971 8025
Bundesminister Dr. Ehmkegenehmigung für den früheren Präsidenten zu erteilen. Dieser Bitte bin ich umgehend nachgekommen. Ich glaube auch, daß die Vernehmung inzwischen erfolgt ist. Das kann ich aber nicht mit Sicherheit sagen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Dann darf ich also davon ausgehen, daß der Tod des gesuchten Martin Bormann im Jahre 1968 bis zur Veröffentlichung der Gehlen-Memoiren eine geheime Erkenntnis war?
Nein. Über den Fall ist verschiedentlich geschrieben und es sind verschiedene Theorien darüber in Umlauf gesetzt worden. Ich habe für die Bundesregierung schon erklärt, daß die Erläuterungen oder Erklärungen, die Herr Gehlen in seinem Buch gibt, von ihr nicht bestätigt werden können.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Sperling.
Herr Minister, ist die Auffassung richtig, daß bestimmte Erkenntnisse des Herrn Gehlen über Herrn Bormann privater Natur sind, und zwar von der Art, daß der frühere Präsident dieses Amtes sie dienstlich zu verfolgen nicht für wert hielt?
Darüber kann ich Ihnen für die frühere Zeit keine Auskunft geben, Herr Kollege. Offenbar war bis jetzt das Wissen des Präsidenten der Staatsanwaltschaft nicht mitgeteilt worden.
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Arndt.
Herr Bundesminister, sind Sie der Meinung, daß auch einschlägige, aber noch nicht bekannte Tatsachen aus der Zeit, bevor Herr Gehlen Präsident des Bundesnachrichtendienstes wurde, also aus früheren öffentlichen Dienstzeiten, z. B. aus seiner Zeit als Wehrmachtgeneral, einer Aussagegenehmigung oder sonst der Dienstverschwiegenheit unterliegen?
Herr Kollege, ich habe die Frage beim besten Willen akustisch nicht verstehen können.
Herr Abgeordneter Arndt, wiederholen Sie bitte die die Frage!
Ich brauche mich für die Technik nicht zu entschuldigen. Meine Frage ging dahin, ob Teile der Memoiren, die sich auf dienstliches Wissen des Herrn Gehlen aus der Zeit,
bevor er Präsident des Bundesnachrichtendienstes wurde, gründen, insbesondere aus seiner Dienstzeit als General der früheren Wehrmacht, nach Ihrer Meinung ebenfalls der Notwendigkeit einer Aussage- oder Äußerungsgenehmigung unterliegen.
Ich bin der Meinung, daß alles im Sinne des § 61 geheimzuhaltende Wissen den Bindungen des Beamtengesetzes unterliegt.
Bei den Fragen 83 und 84 hat der Fragesteller um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden in der Anlage abgedruckt.
Herr Bundesminister, ich danke Ihnen.
Ich rufe die Frage 85 des Herrn Abgeordneten Reddemann auf:
Handelt es sich bei den Publikationsorganen, die nach neuerer Ansicht des Bundeskanzlers die Pressefreiheit „mißbrauchen", auch um Zeitungen oder Zeitschriften, die der gegenwärtigen Bundesregierung und der sie tragenden Koalition nahestehen, oder glaubt die Bundesregierung, einen angeblichen Mißbrauch nur bei Publikationen zu sehen, die ihre Politik kritisch begleiten?
In meinen Unterlagen steht, daß Herr Staatssekretär Ahlers diese Frage beantwortet. Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, ich möchte die Frage des Herrn Abgeordneten Reddemann wie folgt beantworten.Ihre Frage, Herr Abgeordneter, enthält in der Tat zum Schluß eine falsche Alternative. Der Herr Bundeskanzler macht sich selbstverständlich auch Gedanken über die Lage unserer Presse und unserer Publizistik, auch in inhaltlicher Beziehung. In diesem Zusammenhang hat der Bundeskanzler auf Einladung der NRZ anläßlich der 25. Jubiläumsfeier dieses Blattes unter anderem folgendes erklärt, was ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten kurz zitieren möchte:Ich bin der Meinung, daß die verfassungsrechtlich geschützte Meinungsfreiheit die Einhaltung gewisser Spielregeln erwarten läßt.Es werden dann einige Punkte genannt, und dann fährt der Kanzler fort:Es ist für mich klar, daß der Staat die Einhaltung solcher Regeln nicht erzwingen kann. Dies könnte die Pressefreiheit in Gefahr bringen. Deshalb können nur die Journalisten selber sich darum bemühen, daß solche Regeln eingehalten werden. Die garantierte Presse- und Meinungsfreiheit ist ein für die Demokratie zu hohes Gut, als daß es von irgendeiner Seite beeinträchtigt werden sollte.Niemand wird, Herr Abgeordneter — wie es geschehen ist —, behaupten können, daß diese Äußerungen die Pressefreiheit beeinträchtigen. Niemand wird aber auch sagen können, daß ein derartiger Appell an das Berufsethos der Journalisten völlig unberechtigt sei. Es ist klar, Herr Abgeordneter,
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8026 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. September 1971
Staatssekretär Ahlersdaß dabei keinerlei Unterschiede zwischen Zeitungen oder Zeitschriften gemacht werden können je nachdem, ob sie der Bundesregierung gegenüber positiv oder negativ eingestellt sind.Ich habe im übrigen vorgestern mit dem Deutschen Presserat eine offene und, wie ich glaube, für die meisten Beteiligten jedenfalls zufriedenstellende Aussprache darüber gehabt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen nicht bekannt, daß der Bundeskanzler ausgerechnet in West-Berlin, und zwar vor seiner Rede in Essen, sehr deutlich das Wort vom Mißbrauch der Pressefreiheit in Ausführungen vor Betriebsräten ausgesprochen hat, und zwar in einem Zusammenhang, bei dem jeder annehmen mußte, daß er bestimmte, und zwar nicht nur West-Berliner, sondern auch westdeutsche Zeitungen meinte?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, das ist mir bekannt. Diese Problemstellung, ob schon die Benutzung des Begriffs „Mißbrauch der Pressefreiheit" gewissermaßen eine Gefahr für die Pressefreiheit auch im verfassungsrechtlichen Sinne mit sich bringen könnte, hat, wie gesagt, bei meinem Gespräch mit dem Presserat eine Rolle gespielt. Ich habe aber den Herren dort ganz klar gemacht — und ich möchte es auch hier sagen , daß es sich hier nicht um einen auf irgendein Verfassungsrecht gestützten Angriff gegen die Pressefreiheit handelt, sondern eben nur um einen Appell an das Berufsethos der Journalisten. Was Berlin angeht, so haben wir dort leider die Lage, daß sich jede Äußerung über die Presse fast immer nur auf einen großen Konzern beziehen kann.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie nicht wenigstens in dem Punkt mit mir überein, daß man ausgerechnet in Berlin, wo seit Jahr und Tag von der anderen Seite versucht wird, alle journalistischen Erzeugnisse gleich welcher Gattung als „Mißbrauch der Pressefreiheit" hinzustellen, mit einem solchen Wort — zumal an einem Tag, an dem das Wort „Mißbrauch der Zufahrtswege" auf der anderen Seite geprägt war — sehr vorsichtig sein sollte?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Selbstverständlich, Herr Abgeordneter. Ich kann Ihnen sagen, daß sich der Bundeskanzler, ganz abgesehen davon, daß wir in der letzten Zeit zwei derartige Äußerungen des Kanzlers zu diesem Thema gehabt haben, in seinen Ausführungen und seinem Nachdenken über die Presse — wie Sie aus dem Zitat, das ich verlesen habe, ersehen können immer sehr abgewogen äußert.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Sperling.
Herr Staatssekretär, hat sich der Bundeskanzler bei dem Wort vom Mißbrauch der Pressefreiheit nicht vielleicht die Ansicht bestimmter Blätter zu eigen gemacht, die diesen Mißbrauch gegeben sahen, als in Amerika verschiedene Zeitungen die sogenannten Pentagon-Papiere veröffentlichten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, das ist sicher richtig.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten von Eckardt.
Herr Ahlers, darf ich Ihnen die Frage stellen, ob Sie schon Gelegenheit gehabt haben, dem Herrn Bundeskanzler zu sagen, daß eine weitgezogene, umfassende Information der Presse die beste Garantie dafür ist, daß die Presse ihrerseits die Regeln der Pressefreiheit einhält?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, wie Sie wissen, stimme ich mit Ihnen vollkommen überein.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt.
Herr Staatssekretär, war zu einer solchen Bemerkung, wie sie hier erwähnt worden ist, nicht deswegen gerade in Berlin besonderer Anlaß, weil dort mehrfach Zeitungen, von denen man keineswegs sagen kann, daß sie der Regierung nahestehen, Praktiken von Zeitungen jenes Verlages — und zwar nicht bezüglich der Kommentierung, sondern hinsichtlich der Berichterstattung —nachdrücklich kritisiert haben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Natürlich, Herr Abgeordneter. Der Herr Bundeskanzler hat diese Pressesituation, die ich ja vorhin schon kurz gestreift habe, bei seiner Äußerung vor Augen gehabt.
Eine letzte Zusatzfrage. Bitte, Herr Abgeordneter Breidbach!
Herr Staatssekretär, nachdem Sie auf die Frage von Herrn von Eckardt geantwortet haben, daß Sie mit ihm darin übereinstimmen, daß die Pressefreiheit nicht mißbraucht
Deutscher Bundestau — 6. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. September 1971 8027
Breidbach
wird, wenn die Informationen möglichst breit gestreut sind, möchte ich Sie konkret fragen, ob Sie in diesem Zusammenhang die Auffassungen teilen, die in Kreisen von Journalisten zunehmend geäußert werden, daß dies offensichtlich Ihre Meinung und nicht die des Bundeskanzlers ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich kann aus persönlicher Kenntnis dieser Vorgänge genau sagen, daß dies — nämlich mein Einverständnis mit Herrn von Eckardt — der Meinung auch des Herrn Bundeskanzlers entspricht, unbeschadet der Tatsache, daß es natürlich unter jeder Regierung einzelne Vorgänge im Regierungsbereich gibt, die einen gewissen besonderen Vertrauensschutz auch gegenüber der Presse genießen müssen, solange es sich um ein politisch schwebendes Verfahren handelt.
Ich rufe Frage 86 des Abgeordneten Reddemann auf:
heißen die Presseerzeugnisse, die muh Auffassung des Bundeskanzlers die im Grundgesetz garantierte Pressefreiheit „mißbrauchen" und weiche konkreten Mißbrauchtatbestände sind nach Meinung des Bundeskanzlers vorhanden?
Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, es liegt nicht im Interesse guter Beziehungen zwischen der Bundesregierung und der Presse, öffentlich einzelne Zeitungstitel zu nennen. Ich habe, wie Sie wissen, Herr Abgeordneter, diesbezüglich meine eigenen Erfahrungen einmal gemacht. Der Weg der persönlichen Aussprache ist zweckmäßiger. Von dieser Möglichkeit machen der Bundeskanzler und die Mitglieder des Kabinetts auch ausgiebig Gebrauch.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß die Bundesregierung diese für meine Begriffe skandalöse Äußerung des Bundeskanzlers deswegen nicht konkretisiert, weil sie fürchtet, daß sie in ähnlicher Weise wie im vergangenen Jahr, als versucht wurde, den hier bereits zitierten Pressekonzern der pauschalen Nachrichtenfälschung zu beschuldigen, nicht in der Lage ist, Titel und Beweise zu nennen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, Herr Abgeordneter, ich kann dieser Auffassung nicht zustimmen. Aber ich habe schon im vergangenen .Jahr gesagt und möchte dabei bleiben, daß es nicht gut wäre, wenn sich die Bundesregierung oder in diesem Falle das Bundespresseamt — jeden Morgen daransetzen würde, die deutsche Presse daraufhin zu untersuchen, ob sie vollkommen richtig, halb richtig oder sogar manchmal falsch berichtet.
Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Reddemann.
Herr Staatssekretär, ich unterstreiche das, was Sie in diesem Zusammenhang sagen, durchaus, muß jedoch meine leider letzte Frage stellen und mich bei Ihnen erkundigen, ob es dann nicht besser ist, Pauschalbehauptungen zum Thema „Mißbrauch der Pressefreiheit" überhaupt zu unterlassen und vor allem nicht in einem merkwürdigen Zusammenhang von sogenannten Schreibtischtätern zu sprechen, so daß in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen mußte, es handele sich dabei um oppositionelle Journalisten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Jawohl, Herr Abgeordneter, nicht nur ich stimme Ihnen zu, sondern auch der Bundeskanzler. Der Bundeskanzler hat mit seiner von Ihnen eben angesprochenen Äußerung vor dem Kongreß der IG-Metall in bezug auf den Münchner Zwischenfall klarmachen wollen, daß nicht solche irregeleiteten jungen Menschen die primäre Gefahr für unsere Demokratie darstellen, sondern diejenigen, die den Nährboden dafür bereiten, wie z. B. die „Deutsche Nationalzeitung". Die notwendigerweise oft kritische Arbeit der Presse war natürlich nicht gemeint. Und selbstverständlich besteht keinerlei Zusammenhang zwischen dieser Arbeit und der durch die nationalsozialistische Vergangenheit bestimmten Gedankenverbindung mit diesem Wort.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Breidbach.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie hier die Auffassung des Bundeskanzlers und auch die Ihre verteidigen, daß es offensichtlich statthaft ist, pauschal von Pressemißbrauch zu sprechen, frage ich Sie: Steht Ihre letzte Aussage — nämlich die Nennung einer konkreten Zeitung — nicht in Widerspruch zu dem, was Sie vorhin gesagt haben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Jawohl, Herr Abgeordneter, aber ich glaube, dieser Widerspruch ist berechtigt, weil es sich bei der „Deutschen Nationalzeitung" um ein — Gott sei Dank — singuläres Presseerzeugnis in unserem Lande handelt,
das auch hier eine Sonderbehandlung verdient.
Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.
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8028 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. September 1971
Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenIch rufe Frage 87 des Herrn Abgeordneten Müller auf:Wie hoch ist die Auflage der vorn Presse- und Informationsamt der Bundesregierung herausgegebenen Broschüre „SozialReport '71", und nach welchen Gesichtspunkten erfolgte die Verteilung?Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, ich möchte die Frage wie folgt beantworten. Die Auflage, Herr Abgeordneter, beträgt 1,1 Millionen Exemplare. Bisher sind rund 400 000 Stück gedruckt worden; der Rest wird bis Mitte Oktober ausgedruckt sein.
Bei dem Sozial-Report handelt es sich um den Versuch, die Bürger in möglichst lesbarer Form über die für sie wichtigen Fragen auf dem Gebiet der Sozialpolitik zu unterrichten. Der Report ist selbstverständlich auf die Aktivität der Bundesregierung abgestellt, soll aber der Breitenarbeit im Bereich der politischen Öffentlichkeitsarbeit dienen.
Deshalb ist es um auf den zweiten Teil Ihrer
Frage zu kommen — notwendig, daß sich das Bundespresseamt bei der Verteilung in erster Linie auch der Organisation der Regierungsparteien bedient. Andere Vertriebsmöglichkeiten sind in einem solchen Falle entweder nicht vorhanden oder viel zu kostspielig. Auch der Opposition stehen selbstverständlich ausreichend Exemplare für die politische Arbeit zur Verfügung, wenn dies gewünscht wird.
In einzelnen Fällen ist davon auch Gebrauch gemacht worden. Abgesehen von der Verteilung über Parteiorganisationen erfolgt die Verteilung durch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung selbst, ferner durch das Bundespresseamt, und schließlich ist an eine Beilage im „Vorwärts" gedacht.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller .
Herr Staatssekretär, halten Sie es für die richtige Form bei der von Ihnen so betonten wichtigen Aufklärung der schwierigen Fragen der Sozialpolitik — ich spreche jetzt von der Sozialversicherung -, wenn Sie der Rentenversicherung hier eine ganze Spalte widmen? Das geschieht mit sehr einfachen, primitiven Ausführungen über die Rechte, die Rentner haben, Sie sprechen aber nicht über die Kosten. Sie teilen auf Seite 22 das 100-Milliarden-DM-Haushaltsgesetz auf, und ganze 7,684 Milliarden DM Zuschuß für die Rentenversicherung sind aufgeführt, während nach dem Sozialbericht für 1971 allein 46,9 Milliarden DM von den Versicherten und ihren Arbeitgebern aufgebracht sind. Ist damit das Ganze nicht mehr eine Irreführung als eine Information?
Herr Kollege Müller, Fragen und Zusatzfragen müssen knapp und klar sein. Wir stimmen wohl überein, daß Sie trotz aller Bemühungen das nicht geschafft haben. — Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich räume gern ein, daß einmal ein solcher Report nie vollständig im Sinne der Kenner einer solchen Materie sein kann, und daß zweitens bei der notwendigen Vereinfachung, die durch Popularisierung der Darstellung erfolgt, auch manchmal falsche Eindrücke erweckt werden können. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß der Sozial-Report mit einem Coupon gekoppelt ist, durch dessen Einsendung an das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung jeder Interessierte sich die einzelnen Komplexe ausführlich erläutern lassen kann durch eine entsprechende Broschüre oder einen Prospekt.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller .
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob Sie sich in Zukunft bemühen würden, etwas mehr Genauigkeit bei solchen Aufklärungsschriften walten zu lassen, damit auch die Opposition in der Lage ist, diese in ihren Mitgliederkreisen zu vertreiben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich möchte erst einmal sagen, daß wir uns wirklich immer nach bestem Wissen und Gewissen bemühen, so genau wie möglich zu sein. Das andere Problem, das Sie angeschnitten haben, nämlich die Herstellung eines Produkts, das von vornherein darauf angelegt sein könnte, von allen Parteien für die politische Arbeit benutzt zu werden — unbeschadet der jeweiligen Regierungstätigkeit einer Partei —, ist etwas, was wir uns immer wieder überlegen und in vielen Fällen auch praktizieren.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Vogt.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß einige Angaben im Sozial-Report 1971 schon deswegen überholt sind, weil das nur Absichtserklärungen der Bundesregierung waren, die inzwischen durch Beschlüsse, etwa im Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung, überholt worden sind, und halten Sie es nicht für fragwürdig, in Anbetracht dieser Situation so viel Geld für einen Bericht auszugeben, der nicht mehr up to date ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, das ist eine Situation, die für den Hersteller unvermeidlich ist. Die Herstellung eines solchen Reports braucht eine gewisse Zeit, und -- Gott sei Dank kann man sagen — in dieser Zeit geschehen auch viele Dinge. So fehlt z. B. in der Beilage, die in diesen Tagen über die Halbzeit
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. September 1971 8029
Staatssekretär Ahlersbilanz auf den Markt gekommen ist, die Fertigstellung des Berlin-Abkommens unvermeidlicherweise.
Eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Raffert!
Herr Staatssekretär, entspricht die Anforderung der speziellen Informationen, die Sie anbieten, der Verbreitung der Auflage, d. h. steht sie in einer entsprechenden Relation dazu, die Anregung aus den allgemeinen Darstellungen des Reports, sich über spezielle Fragen zu unterrichten und ist diese spezielle Unterrichtung auf den Faltblättern des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung dort steht sie ja meist — leichter auf den neuesten Stand zu bringen als ein allgemeiner Report?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das ist selbstverständlich richtig, Herr Abgeordneter; denn die Herstellungsdauer solcher Broschüren ist eben ziemlich lang, während die Beantwortung der Couponanschriften natürlich mit einem Material erfolgt, das viel einfacher herzustellen ist und immer auf dem neuesten Stand gehalten werden kann.
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Reddemann.
Herr Staatssekretär, kann, da den Lesern des „Vorwärts" eo ipso unterstellt werden muß, daß sie diese Bundesregierung unterstützen, nicht der Eindruck entstehen, daß mit der geplanten Beilage im „Vorwärts" weniger die Leser dieses Blattes informiert als das sozialdemokratische Blatt subventioniert werden soll?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, erstens würde ich Ihre Hypothese akzeptieren, obwohl ich nie ganz sicher bin und Gott sei Dank auch andere Menschen den „Vorwärts" lesen. Zweitens kann von einer Subvention des „Vorwärts" in diesem Fall gar keine Rede sein. Das sind ja, gemessen an dem Gesamtumfang und der Gesamtbilanz des „Vortwärts", nur ganz bescheidene Mittel, die da hereinströmen. Schließlich können wir damit aber einem Problem zu Leibe rücken, mit dem wir alle bei der politischen Offentlichkeitsarbeit ringen, dem schwierigen Problem, das, was hier in diesem Hause geschieht, außerhalb der Massenkommunikationsmittel an die breite Masse der Bevölkerung heranzubringen, und dafür ist der „Vorwärts", weil er in die Schichten der Parteiorganisation hineinreicht, ein gutes Vehikel.
Ich rufe die Frage 88 des Abgeordneten Müller auf:
Wie hoch waren die Kosten der Gestaltung und Drucklegung einschließlich Verteilung, und wie wurden diese Kosten auf die im Impressum aufgeführten Beteiligten aufgefeilt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die Gesamtkosten belaufen sich auf insgesamt 340 000 DM. Davon entfallen auf Druckkosten plus 5,5 0/0 Mehrwertsteuer 277 750 DM, Kosten für Gestaltung und Fotos rund 40 000 DM, Satzkosten 7 000 DM und Kosten für die Verteilung etwa 15 000 DM. Die Finanzierung erfolgte aus Tit. 53 103 — Offentlichkeitsarbeit im Inland —.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller.
Herr Staatssekretär, sind diese Kosten zu rechtfertigen, wenn Sie — um noch einmal darauf zurückzukommen — im wesentlichen Absichtserklärungen der Regierung darin bekanntmachen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja, Herr Abgeordneter, ganz bestimmt.
Sie haben keine weitere Zusatzfrage. - Herr Abgeordneter Baier zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß zwar die Bundesregierung im Sommer beschlossen hat, in den verschiedensten Bereichen des Bundeshaushalts 1971 über 1 Milliarde DM zu kürzen, jedoch ausdrücklich die Titel für Öffentlichkeitsarbeit von dieser Kürzung ausgenommen hat? Womit wollen Sie diesen Beschluß begründen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, das kann ich Ihnen in dieser Form wirklich nicht bestätigen. Das Bundespresseamt hat selbstverständlich seinen Beitrag zur Konsolidierung und zur Beeinflussung der Konjunktur geleistet. Bis in den Herbst hinein haben wir unter der restriktiven Haushaltsführung gelitten. Sie ist jetzt Gott sei Dank etwas gelockert worden. Aber auch was die Offentlichkeitsarbeit im Inland angeht, habe ich mich an die entsprechenden Wünsche des Herrn Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen gehalten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hansen.
Herr Staatssekretär, wieviel Mehrkosten würde es verursachen, wenn man auch dem „Rheinischen Merkur" oder dem „Bayernkurier" eine solche Beilage beigäbe? Oder bedeutet
Metadaten/Kopzeile:
8030 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. September 1971
Hansender Verzicht darauf, daß diese beiden Presseerzeugnisse ihre Leser genügend informiert hätten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, Herr Abgeordneter. Die Mehrkosten würden sich schätzungsweise auf — was weiß ich - 20 000 oder 30 000 DM belaufen. Das ist aber nicht das Problem. Sie wissen, daß wir in den genannten Blättern zur Zeit mit Anzeigen werben, nicht mit einer Beilage. Die Beilage ist, wie ich eingangs ausgeführt habe, für die Breitenarbeit in der Bevölkerung gedacht, und dafür scheint uns, wie gesagt, der „Vorwärts" ein gutes Vehikel zu sein.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Vogt.
Herr Staatssekretär, in der Zwischenbilanz des „Sozial-Reports" sind auch gesetzliche Maßnahmen aufgeführt, die auf eine Initiative der CDU zurückgehen, ohne daß dies ausdrücklich gesagt wird, so daß beim Leser der Eindruck entstehen muß, diese gesetzlichen Maßnahmen seien das Verdienst der Regierung. Liegt darin nicht eine Irreführung der Öffentlichkeit, und sind die Kosten dann noch zu verantworten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich würde es für ein bedauerliches Versehen halten.
Die Frage 89 des Abgeordneten Röhner wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet; die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes beantwortet; ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zur Beantwortung steht Herr Minister Genscher zur Verfügung. Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Varelmann auf:
Ist es mit lern Gleichheitsgrundsatz vereinbar, daß deutsche Angestellte, die bei Auslandsvertretungen arbeiten, nicht gleichwertig gestellt sind mit den in Deutschland tätigen Angestellten bezüglich der Zusatzversorgung?
Herr Abgeordneter, ich nehme an, daß sich Ihre Frage auf nichtentsandte deutsche Arbeitnehmer bei diplomatischen und berufskonsularischen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland bezieht, die von den Auslandsvertretungen an Ort und Stelle eingestellt und allgemein als deutsche Ortskräfte bezeichnet werden. Für diese Personen werden Arbeitsverträge nach Vertragsbedingungen abgeschlossen, die vom Auswärtigen Amt unter Beteiligung des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen und meines Hauses — natürlich auch unter Mitwirkung der Gewerkschaften — erlassen werden.
Die Vertragsbedingungen sehen unter anderem vor, daß Ortskräfte auf Antrag nach näherer Maßgabe von Versorgungsbestimmungen, die Bestandteil der Vertragsbedingungen sind und die sich an die bestehende Versorgungsregelung für im Bundesgebiet beschäftigte Arbeitnehmer des Bundes anlehnen, bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder pflichtversichert werden.
Danach sind diese Ortskräfte hinsichtlich ihrer Zusatzversorgung, von dem Erfordernis des Antrages abgesehen, den im Inland beschäftigten Arbeitnehmern des Bundes grundsätzlich gleichgestellt.
Einige Abweichungen von dem für inländische Arbeitnehmer geltenden Zusatzversorgungsrecht lassen sich allerdings nicht vermeiden. Sie sind ausschließlich dadurch bedingt, daß auf die tatsächlichen und rechtlichen ortsüblichen Verhältnisse der einzelnen Auslandsvertretung Rücksicht genommen werden muß. Aus diesem Grunde sind Ortskräfte nicht in den Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 einbezogen, der eine Verpflichtung des Bundes zur Versicherung seiner Arbeitnehmer bei der VBL enthält, und deshalb mußte die Versicherung bei der VBL für solche Ortskräfte ausgeschlossen werden, für die neben oder an Stelle einer an sich möglichen Versicherung in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung ein Versicherungsverhältnis zu einer ausländischen gesetzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung begründet wurde. Diese Abweichungen können, weil sie auf anderen als den üblichen arbeitsrechtlichen Voraussetzungen beruhen, nicht als eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes angesehen werden.
Die Gewerkschaften haben inzwischen gefordert, die Vertragsbedingungen für die deutschen Ortskräfte durch einen Tarifvertrag zu ersetzen. Es wurde vereinbart, daß der Bund mit den Gewerkschaften über die Arbeitsbedingungen der deutschen Ortskräfte am 19. 11. 1971 ein Gespräch führt. Dabei werden gewiß auch Probleme der Zusatzversorgung zur Sprache kommen. Sollte dieses Gespräch begründete Änderungswünsche ergeben, so werde ich mich für eine sachgerechte Lösung einsetzen.
Zusatzfrage.
Herr Minister, ist die Bundesregierung bereit, sofern es sich um deutsche Angestellte handelt, auch für eine zurückliegende Zeit eine Nachversicherung dieser Angestellten zu tätigen? Bisher ist das noch nicht geschehen.
Herr Kollege, diese Frage kann man nicht allgemein beantworten. Das wäre nur dann der Fall, wenn in der Vergangenheit eine solche Versicherung unter Verletzung vertraglicher oder gesetzlicher Bestimmungen nicht stattgefunden hätte. Man müßte den Einzelfall kennen.
Eine weitere Zusatzfrage.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. September 1971 8031
Herr Staatssekretär — —
Herr Kollege, darf ich Ihnen sagen: es ist der Herr Bundesminister des Innern.
Herr Kollege, wenn Sie mich mit meinem Namen anreden, wird das Problem leichter.
Herr Minister, aus welchen Gründen werden hochqualifizierte Angestellte,
die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, über eine entsprechende Ausbildung auf dem Gebiet der Wirtschaft, der Finanzen oder auf kulturellem Gebiet verfügen und zusätzlich große Sprachkenntnisse haben, nicht ins Beamtenverhältnis berufen?
Herr Kollege, das hat etwas mit der Beweglichkeit der Personalführung im Auswärtigen Dienst zu tun.
Ich rufe die Frage 7 des Abgeordneten Varelmann auf:
Ist des gerechtfertig, daß bei den Beamten, die in den Tropen im Auswärtigen Dienst tätig sind, die Dienstzeiten doppelt bewertet Werden, nicht dagegen bei den Angestellten?
Bitte, Herr Minister!
Die Frage der erhöhten Berücksichtigung von Zeiten einer Verwendung in Ländern mit gesundheitsschädlichen klimatischen Einflüssen in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes hat schon die Kommission für die Reform des Auswärtigen Dienstes aufgegriffen. Auch die Gewerkschaften haben unter Hinweis auf die Vorschrift des § 117 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes eine entsprechende Regelung für die in den Tropen beschäftigten Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes gefordert. Aus diesem Anlaß habe ich inzwischen den hauptbeteiligten Bundesressorts einen Vorschlag für eine die Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder ergänzende Vorschrift mit der Bitte um Stellungnahme zugeleitet und auch die ebenfalls betroffene Tarifgemeinschaft deutscher Länder sowie die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände entsprechend unterrichtet. Sollten die beteiligten Bundesminister dem Vorschlag zustimmen, so wird er auf dem dafür vorgesehenen Wege dein für Satzungsänderungen zuständigen Verwaltungsrat der Anstalt mit der Bitte zugeleitet werden, eine entsprechende Regelung zu beschließen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Varelmann.
Herr Minister, kann man auf Grund Ihrer Ausführungen damit rechnen, daß das derzeit noch bestehende Unrecht in der Zukunft beseitigt wird?
Soweit es sich um Unrecht handelt, ja.
Die Frage 8 wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 9 des Abgeordneten Becker auf:
Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, daß die „Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Erholungsurlaub der Bundesbeamten und Richter im Bundesdienst" vom 8. September 1970 gegen den Wortlaut des § 34 des Schwerbeschädigtengesetzes verstößt, da für schwerbeschädigte Beamte ein Zusatzurlaub von fünf Arbeitstagen vorgesehen ist. während das Schwerbeschädigtengesetz Anspruch auf einen jährlichen Zusatzurlaub von (mindestens) sechs Arbeitstagen gibt?
Herr Minister!
Die Bemessung des Zusatzurlaubs für Schwerbeschädigte in § 14 der Verordnung über den Erholungsurlaub der Bundesbeamten und Richter im Bundesdienst in der Fassung vom 11. Oktober 1970 berücksichtigt die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Schwerbeschädigtengesetz. Nach § 34 dieses Gesetzes in der Fassung vom 14. August 1961 beträgt der Zusatzurlaub 6 Arbeitstage im Jahr. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu die vor kurzem in einer weiteren Entscheidung bekräftigte Auffassung vertreten, der Arbeitnehmer habe keinen Anspruch darauf, daß die arbeitsfreien Samstage bei der Berechnung des Zusatzurlaubs unberücksichtigt bleiben. Mit der in Ihrer Frage zitierten Änderungsverordnunq vorn 8. September 1970 wurde die Bemessungsgrundlage für den Erholungsurlaub der Bundesbeamten und Richter im Bundesdienst im Hinblick auf den dienstfreien Samstag von Werktagen auf Arbeitstage umgestellt. Dabei ist auch eingehend geprüft worden, ob der Zusatzurlaub für Schwerbeschädigte in § 14 der Verordnung von bisher 6 Werktagen auf 5 oder auf 6 Arbeitstage umzustellen war. Mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wurde der Zusatzurlaub in § 14 der Urlaubsverordnung im Bundesdienst auf 5 Arbeitstage festgesetzt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Becker.
Herr Minister, sind Sie nicht trotz dieser gerichtlichen Entscheidung mit mir der Auffassung, daß wir hier zu einer einheitlichen Regelung kommen sollten, wie wir sie bei der früheren Verwendung des Begriffs „Werktage" hatten?
Ich erkenne ein solches Bedürfnis.
Die Frage 10 des Abgeordneten Becker lautet:Wann ist mit einer entsprechenden Änderung der Verordnung zu rechnen?An sich haben Sie diese Frage schon mit beantwortet, Herr Minister.
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8032 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. September 1971
Ja, die Anwort war eigentlich schon in dem enthalten, was ich soeben gesagt habe. Herr Kollege, der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung strebt an, das Schwerbeschädigtengesetz dahin zu ändern, daß den Schwerbeschädigten ein Zusatzurlaub von sechs Arbeitstagen ohne Anrechnung der arbeitsfreien Samstage zu gewähren ist. Bei einer solchen Klarstellung im Schwerbeschädigtengesetz würde der Zusatzurlaub für Bundesbeamte selbstverständlich entsprechend erhöht werden.
Die nächste Frage, die Frage 11, ist von dem Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann gestellt. Sie wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die nächste Frage, die Frage 12, ist von dem Herrn Abgeordneten Niegel eingebracht:
Trifft die Behauptung der Zeitung „Die Welt" vom 23. September 1971 zu, daß „bedeutende Amtsträger im heutigen Kabinett Brandt" . . . „seit 1967/68 bei großen kommunistischen Parteien des Auslandes im Wort sind," . . . „sich ihnen und über sie der SED verpflichtet" , „bei Fortbestehen des KPD-Verbotes eine kommunistische Partei in der Bundesrepublik Deutschland zu tolerieren", und war das der eigentliche Anlaß, daß die Bundesregierung darauf verwies, „aus Gründen der Staatssicherheit" die entsprechende Frage in der Kleinen Anfrage der CDU/CSU-Fraktion nach der DKP nicht zu beantworten, während Bundeskanzler Brandt auf entsprechende Fragen des Generalsekretärs der kommunistischen Partei der UdSSR, Breschnew, antwortete, die DKP sei „legal"?
Herr Minister.
Herr Abgeordneter, die von Ihnen zitierte Behauptung der Tageszeitung „Die Welt" vom 23. September 1971 ist unzutreffend. Schon deshalb ist auch die zweite Frage, ob dies Einfluß auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU nach der DKP gehabt habe, zu verneinen.
Die Bundesregierung weist im übrigen die Unterstellung, daß sie insoweit in ihrer Entscheidung nicht frei sei, mit Entschiedenheit zurück.
Der Bundeskanzler hat, Herr Abgeordneter, gegenüber dem sowjetischen Parteichef Breschnew nur zum Ausdruck gebracht, daß sich die DKP in der Bundesrepublik Deutschland seit ihrer Gründung im Jahre 1968 legal betätigen kann, d. h. gegen sie keine Verbotsmaßnahmen ergangen sind. Er handelt sich dabei also weder um eine rechtliche noch um eine tatsächliche Bewertung, sondern um die Wiedergabe des in der Bundesrepublik jedermann bekannten Sachverhalts, daß gegen die DKP weder in der Amtszeit der Regierung Kiesinger noch in der Amtszeit der Regierung Brandt Verbotsmaßnahmen ergangen sind.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel.
Herr Bundesminister, trifft dann genauso die Meldung des „Rheinischen Merkurs" vom 24. September 1971 - also einen Tag nach der Meldung der „Welt" — nicht zu, daß es sich bei diesen Gesprächspartnern der Kommunistischen Partei Italiens, wo es um die Zulassung der DKP in Deutschland gegangen ist, um die Herren Leo Bauer, Egon Franke und Egon Bahr gehandelt habe?
Herr Abgeordneter, ich muß davon ausgehen, daß das so gilt. Ich möchte aber für die Bundesregierung feststellen — und das ist das Entscheidende , daß sie völlig frei in ihrer Entscheidung in diesen Fragen ist. Das heißt also, daß sie ihre Entscheidung, wie sie nach Verfassung und Gesetz gegen Organisationen und Parteien vorzugehen hat, die verfassungswidrig sind oder sich gegen die verfassungsmäßige Grundordnung richten, nicht nach irgendwelchen anderen Erwägungen, sondern ausschließlich nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Erwägungen trifft.
Eine weitere Zusatzfrage.
Schließen Sie folglich nicht aus - und ich bestreite nicht, Herr Bundesminister, daß sich die Bundesregierung frei betätigt — , daß auf jeden Fall derartige Vorgespräche mit heute führenden Mitgliedern des Bundeskabinetts Brandt, also Egon Bahr und Egon Franke, stattgefunden haben können?
Soweit es sich urn ein Mitglied der Bundesregierung handelt, kann ich das ausschließen, weil das bereits in meiner ersten Antwort enthalten war. Ob sich eine andere von Ihnen genannte Persönlichkeit, Herr Abgeordneter, die in der ersten Frage nicht genannt war und wo ich deshalb nicht rückfragen konnte, irgendwann irgendwo mit irgendwem über Fragen der DKP unterhalten hat, kann ich verständlicherweise aus dem Stegreif nicht sagen. Aber ich glaube, das allein Entscheidende ist, ob davon die Entscheidungen der Bundesregierung beeinträchtigt würden. Das kann ich definitiv hier erklären.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, wäre die Bundesregierung bereit, die eben zitierten Pressemeldungen gegenüber diesen Organen ausdrücklich zu dementieren?
Herr Abgeordneter, wenn Sie Wert darauf legen, können Sie gern in der nächsten Fragestunde diese Frage noch einmal stellen. Dann werde ich auch noch hinsichtlich dieser Personen eine Antwort erteilen können.
Ich rufe die Frage 13 des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt auf. — Ich sehe den Herrn Abgeordneten nicht. Die Fragen 13 und 14 werden dann schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
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Vizepräsident Dr. Schmitt-VockenhausenDie nächste Frage ist die Frage 15 des Herrn Abgeordneten Engelsberger:Treffen Pressemeldungen zu - beispielsweise in der Süddeutschen Zeitung vom 20. September 1971 -, daß Bundeskanzler Brandt gegenüber dem sowjetischen Parteichef Breschnew die Partei Bachmanns, nämlich die DKP, als legal bezeichnet habe, während im sogenannten Schrübbers-Bericht festgestelltworden war, daß die DKP die Arbeit der verbotenen KPD fortsetze, und daß es ferner die Bundesregierung abgelehnt hat, zuder Frage der Opposition nach der Verfassungsmäßigkeit derDKP Stellung zu nehmen?Bitte, Herr Minister!
Herr Abgeordneter, wie ich bereits auf die Frage des Herrn Abgeordneten Niegel ausführte, hat der Bundeskanzler gegenüber dem sowjetischen Parteichef Breschnew nur zum Ausdruck gebracht, daß sich die DKP, wie jeder weiß, in der Bundesrepublik Deutschland legal betätigen kann, d. h. daß gegen sie Verbotsmaßnahmen nicht ergangen sind. Ich wiederhole: Es handelt sich dabei weder um eine rechtliche noch um eine tatsächliche Bewertung, sondern um die Wiedergabe des in der Bundesrepublik jedermann bekannten Sachverhalts, daß gegen die DKP weder in der Amtszeit der Regierung Kiesinger noch in der Amtszeit der Regierung Brandt Verbotsmaßnahmen ergangen sind.
Was die Frage nach dem sogenannten SchrübbersBericht angeht, so ist festzustellen, daß das Bundesamt für Verfassungsschutz, wie der Präsident des Amtes selbst bestätigt hat, die in Rede stehende Äußerung in seinem Bericht über den Linksradikalismus im Jahre 1970 auch nicht als Terminus technicus im rechtlichen Sinne, sondern als Darstellung des ermittelten Tatsachenkomplex es verstanden wissen wollte. Der Bericht beschränkte sich darauf, die tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Übereinstimmung der politischen Ziele der DKP mit denen der KPD darzulegen. Eine rechtliche Subsumtion war darin nicht enthalten.
Die Bundesregierung hat es im übrigen, Herr Abgeordneter, nicht abgelehnt, zur Frage der Verfassungsmäßigkeit und der Zielsetzung der DKP Stellung zu nehmen. Ich habe, wie bekannt ist, im Innenausschuß dieses Hohen Hauses in der Sitzung vom 24. Juni dieses Jahres über die tatsächliche und rechtliche Beurteilung der DKP eingehend berichtet. Insofern entsprach übrigens die Anfrage der CDU/CSU keinem echten Informationsbedürfnis. Ich bin bereit, eine solche Berichterstattung gegebenenfalls auch zu wiederholen. Aber ich bin nicht bereit, derartige Feststellungen in der Öffentlichkeit zu treffen, weil ich nicht die Absicht habe, mich als Rechtsberater der Deutschen Kommunistischen Partei zu betätigen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Engelsberger.
Herr Bundesminister, ist es nicht eine Mißachtung des Parlaments und der deutschen Öffentlichkeit, wenn die Bundesregierung der Opposition die Antwort auf die Frage nach der
Verfassungsmäßigkeit der DKP angeblich aus Sicherheitsgründen verweigert, während der Bundeskanzler dem Parteivorsitzenden der KPdSU Breschnew eine diesbezügliche Antwort erteilt?
Herr Abgeordneter, ich habe bei der Beantwortung zweier Fragen den Versuch unternommen, in einfacher Darstellung verständlich zu machen,
daß der Herr Bundeskanzler keine rechtliche und tatsächliche Würdigung vorgenommen hat, sondern daß er etwas bekanntgegeben hat, was in diesem Lande jedermann weiß, nämlich daß gegen die Deutsche Kommunistische Partei keine Verbotsmaßnahmen ergangen sind; mehr nicht.
Ich bin unverändert. der Meinung, Herr Abgeordneter, daß die Frage, ob Parteien als Ersatz- oder Nachfolgeorganisationen zu betrachten sind, ob mithin gegen sie Maßnahmen zu ergreifen sind, ob man Verbotsmaßnahmen einleitet, nicht Gegenstand öffentlicher Erörterungen sein kann, wenn nicht das scharfe Schwert der Demokratie - das Parteienverbot - auf diese Weise stumpf gemacht werden soll.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Engelsberger.
Herr Bundesminister, stimmt dann die Meldung des „Spiegels" in dieser Woche, wonach Sie im Hotel „Tulpenfeld" erklärt haben sollen:
Ich habe eine Antwort gefunden, die mich weder dazu verpflichtet, gegen die DKP vorzugehen, noch mir bei der Opposition eine Rüge einbringt,
nämlich: aus Gründen der Staatssicherheit dem Parlament die Antwort zu verweigern?
Nein, das stimmt so nicht, Herr Abgeordneter.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Bundesminister, darf ich aus Ihrem Hinweis auf die frühere Regierung schließen, daß auch Ihr Amtsvorgänger Herr Benda keinen Anlaß sah, einen Verbotsantrag gegen die DKP zu stellen?
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8034 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 138. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. September 1971
Herr Abgeordneter, diese Frage ist Gegenstand eines Fernsehgesprächs gewesen, das ich mit dem Herrn Rollegen Benda gehabt habe. Fest steht - das kann
jedermann feststellen -, daß der damalige Bundesminister des Innern gegen die DKP weder als Ersatz- noch als Nachfolgeorganisation vorgegangen ist; denn sonst würde sie ja nicht mehr tätig sein.
Hier wird der Zuruf gemacht, er wurde überstimmt. Das kann ich nun genau dementieren. Das ist schon deshalb nicht möglich, Herr Kollege, weil in der früheren Regierung die Parteifreunde des damaligen Bundesministers des Innern Benda bekanntlich die Mehrheit hatten.
Aber unabhängig davon möchte ich feststellen, daß für die Anordnung von Maßnahmen gegen Ersatz- und Nachfolgeorganisationen nicht die Bundesregierung in ihrer Gesamtheit zuständig ist, sondern ausschließlich der Bundesminister des Innern. Kein anderes Kabinettsmitglied kann ihn von der Verantwortung vor dem Gesetz entlasten. Wenn also ein Bundesminister des Innern zu dein Ergebnis kommt, eine bestimmte Partei sei Nachfolge- oder Ersatzorganisation, dann muß er handeln.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Vogt.
Herr Minister, nachdem Sie gesagt haben, daß die Meldung des „Spiegels" nicht zutrifft und daß Sie diese Worte nicht gesagt hätten, möchte ich Sie fragen, ob Sie bereit sind, eine offizielle Korrektur der Meldung des „Spiegels" zu verlangen.
Herr Abgeordneter, ich kann mir für einen Parlamentarier und ein Mitglied der Bundesregierung keine offiziellere Form der Korrektur vorstellen als die vor dem Deutschen Bundestag.
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Bundesminister, glauben Sie nicht, daß nach dem Übertritt von Herrn Reimann von der Kommunistischen Partei Deutschlands zur DKP die Frage der Verfassungsmäßigkeit der DKP erneut einer sehr intensiven Prüfung unterzogen werden müßte und daß dem Hohen Haus ein entsprechendes Ergebnis alsbald vorgelegt werden sollte, da doch die Organisation personell durch den Übertritt von Herrn Reimann in einem sehr wesentlichen Punkt fortgesetzt wird?
Herr Abgeordneter, Sie wissen aus der Beantwortung der schriftlichen Anfrage Ihrer Fraktion, daß eine weitgehende personelle Identität zwischen den Führungskadern der DKP und der verbotenen Kommunistischen Partei schon bestanden hat. Daran kann sich durch den Übertritt des Herrn Reimann nichts Wesentliches ändern, so daß sich jedenfalls die Person von Herrn Reimann nicht als Entscheidungspunkt für die Frage, ob es sich um eine Nachfolgeoder eine Ersatzorganisation handelt, anbietet.
Ich rufe die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Dr. Althammer auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich die Notlage der Flüchtlinge aus Pakistan neuerdings sehr zugespitzt hat und eine Hungerkatastrophe droht?
Bitte!
Zur Zeit, Herr Abgeordneter, befinden sich nach amtlichen Angaben 6,4 Millionen Flüchtlinge auf indischem Gebiet in Westbengalen; davon sind 4,4 Millionen in 604 Lagern untergebracht. In den südlichen Bezirken ist die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten zur Zeit gewährleistet. Wegen starken Hochwassers, das vor etwa 14 Tagen die Verkehrsverbindungen unterbrochen hat, herrscht noch Knappheit an Lebensmitteln in Nordbengalen. Daß eine Hungersnot größten Ausmaßes drohe, ist aus den vorliegenden Berichten nicht zu entnehmen. Es besteht jedoch weiterhin großer Bedarf an Nahrungsmitteln für kleine Kinder. Daneben genießt die Versorgung der Flüchtlinge mit Decken und warmer Kleidung für die bevorstehenden Wintermonate besondere Priorität.
Eine Zusatzfrage wird nicht gestellt.
Ich rufe die Frage 17 des Abgeordneten Dr. Althammer auf:
was hat die Bundesregierung bisher unternommen, um Hilfe zu leisten, und ist die Bundesregierung bereit, angesichts der wachsenden Not ihre hilfe wesentlich zu verstärken?
Bitte schön!
Die Bundesregierung hat bisher für ostpakistanische Flüchtlinge in Indien 16,6 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Sie steht mit diesem Beitrag in der Spitzengruppe — an vierter Stelle nach den USA, Großbritannien und Japan - der helfenden Nationen. Daneben haben die deutschen Organisationen in enger Koordinierung mit der Bundesregierung für mehr als 20 Millionen DM Hilfe geleistet.
Ein Teilbetrag wurde dem Hohen Flüchtlingskommissar der UNO für seine Maßnahmen überwiesen. Im übrigen werden Hilfsmaßnahmen nach den jeweiligen Prioritäten in Abstimmung mit dem Hohen Flüchtlingskommissar und der indischen Regierung geleistet. Die Abwicklung wird bis Ende Oktober 1971 abgeschlossen sein.
Dringend benötigte Güter wurden mit Flugzeugen der Bundeswehr und Chartermaschinen in das Notgebiet gebracht. Zur Zeit befindet sich ein Schiff mit 1700 t Hilfsgütern des Bundes und der Organisationen auf dem Seeweg nach Kalkutta. Schwer-
Bundesminister Genscher
punkte der bisherigen Hilfe sind Unterkunftsmaterialien, Medikamente, Nahrungsmittel — davon etwa 1000 t Milchpulver für das Kindernahrungsprogramm Lkws, Krankentransportfahrzeuge, Transportkosten und Zuschüsse für deutsche Hilfsorganisationen.
Der Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars hat mitgeteilt, daß man die Hypothese eines sechsmonatigen Planungszeitraums aufgeben müsse. Jetzt werde ein neues Hilfsprogramm auf langfristiger Grundlage ausgearbeitet, das in etwa zwei Wochen den Außenministern mit der Bitte urn neue Hilfe zugeleitet werde.
Die Bundesregierung wird sorgfältig prüfen, welche weiteren Hilfen nach der bevorstehenden Abwicklung der laufenden Maßnahmen erforderlich und für sie möglich sind. Dabei wird sie das angekündigte Hilfsprogramm berücksichtigen.
Herr Kollege Josten zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, nachdem ich vor kurzem Gelegenheit hatte, ein Flüchtlingslager von zirka 160 000 Flüchtlingen bei Kalkutta zu besuchen, darf ich Sie fragen: Wären Sie bereit, überprüfen zu lassen, inwieweit von uns noch mehr Medikamente und Kindernährmittel geliefert werden könnten? Denn gerade auf diesem Gebiet ist doch besonders für die Kinder ein Mangel vorhanden.
Ich bin sehr gern bereit, diese Überprüfung anzustellen, Herr Abgeordneter.
Ich rufe die Frage 18 des Abgeordneten Vogt auf:
Wie erklärt sich die Bundesregierung die Tatsache, daß bei Katastrophen — wie zuletzt noch beim Flugzeugunglück in Hamburg - die Tätigkeit der Hilfssorganisationen durch Schaulustige stark behindert wird, obwohl nach Meinung der Bundesregierung Ausreichende gesetzliche Bestimmungen bestehen, die es gestalten, den Einnetz und die Tätigkeit der Hilfsorganisationen sicherzustellen?
Bitte, Herr Minister!
Herr Abgeordneter, wie ich schon in der schriftlichen Antwort vom 9. Juni 1971 auf Ihre Frage ausgeführt habe, obliegt es den Bundesländern auf Grund ihrer Zuständigkeit für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um Behinderungen der Rettungseinheiten durch Schaulustige zu vermeiden oder zu beseitigen. Die Erfahrungen aus den großen Unglücksfällen der letzten Zeit sind daher von den Ländern auszuwerten und, soweit erforderlich, in Durchführungsmaßnahmen umzusetzen. Die Bundesregierung hat hierauf keinen Einfluß.
Entsprechend der Kompetenz der Länder hat sich die Innenministerkonferenz der Länder kürzlich mit diesem Problem befaßt und verschärftes Vorgehen gegen Schaulustige vorgesehen. Der Hamburger Innensenator hat mitgeteilt, auf Grund der Erfahrungen aus dem von Ihnen angesprochenen Flugzeugunglück am 6. September 1971 werde künftig bei Störungen der Rettungsarbeiten durch Schaulustige mit scharfen polizeilichen Maßnahmen durchgegriffen. Auch wird erwogen, die Massenmedien zu bitten, bei Katastrophenmeldungen für einige Zeit keine genauen Ortsangaben zu machen. Das ZDF will nach Pressemittlungen künftig bereits so verfahren.
Keine weitere Zusatzfrage.
Meine Damen und Herren, damit stehen wir am Ende der Fragestunde. Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Ich schließe die heutige Sitzung und berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 1. Oktober 1971, 9 Uhr.