Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung ergänzt werden um die in der Ihnen vorliegenden Liste bezeichneten Vorlagen, außer der unter Ziffer 2 aufgeführten Vorlage, von der ich soeben erfahre, daß sie von dieser interfraktionellen Vereinbarung wieder ausgenommen worden ist, weil, wie ich höre, der Herr Berichterstatter heute morgen nicht anwesend sein kann. Ist das Haus mit der Ergänzung ,der Tagesordnung einverstanden? — Dann ist so beschlossen.Die Punkte 3 und 17 der Tagesordnung — 14. Rentenanpassungsgesetz und Graduiertenförderungsgesetz — sind nach einer Vereinbarung im Ältestenrat abgesetzt.Es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:Vorlage des Präsidenten des BundesratesBetr.; Vorschläge zur Ausgestaltung der Rechtsverordnungen zu Il 5 und 53 BBesG sowie Material für GesetzesänderungenBezug: Beschluß des Bundestages vorn 3. März 1971 — Drucksache VI /2256 —zuständig : Innenausschuß
HaushaltsausschußVorlage des Bundesministers des Innern Betr.: Internationale Polizeikonvention Bezug: Beschluß des Bundestages vom 26. Juni 1969— Drucksache VI /2258 —zuständig: Innenausschuß Auswärtiger AusschußVorlage des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung sowie des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und ForstenBetr.: LandabgabeBezug: Beschluß des Bundestages vom 11. November 1970 — Drucksache VI /2238 —zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten HaushaltsausschußVorlage des Sprechers der Deutschen Delegation bei der Beratenden Versammlung des EuroparatesBetr.: Bericht über die Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates vom 11. bis 14. Mai 1971 in Straßburg— Drucksache VI /2288 —zuständig Auswärtiger Ausschuß Erhebt sich gegen die beabsichtigte Überweisung Widerspruch? — Das ist nicht der Fall; dann ist so beschlossen.Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dein Beschluß des Bundestages vom 25. .Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:EG-VorlagenVerordnung des Rates zur Festsetzung der Grundregeln für die Finanzierung der Interventionsausgaben auf dem Binnenmarkt für Obst und GemüseVerordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 988/68 des Rates vom 15. Juli 1968 über die Finanzierung der Interventionsausgaben und der Erstattungen für Obst und Gemüse- - Drucksache VI /2294 —uberwiescn an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates über die im Zusatzprotokoll zum Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei sowie im Interimsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vorgesehenen Schutzmaßnahmen- Drucksache VI /2293 --überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung Nr. 1083,71 des Rates vom 25. Mai 1971 zur Verlängerung des Zeitraums für die Destillation von Tafelwein bis zum 14. Juli 1971überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte uni Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werdenWir kommen damit zur Tagesordnung. Ich rufe den ersten Zusatzpunkt auf:Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Wagner , Dr. Schmitt-Vockenhausen, Mertes und den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesministergesetzes— Drucksache VI /1935 —a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der GeschäftsordnungDrucksache VI /2316 —Berichterstatter:Abgeordneter Dr. Riedl
b) Schriftlicher Bericht des Innenausschusses
Drucksache VI /2164
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7438 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971
Präsident von HasselBerichterstatter:Abgeordneten Dr. Schmitt-VockenhausenAbgeordneter Wagner
Ich danke den Herren Berichterstattern für die Vorlage ihres Berichts. Ich frage die Herren Berichterstatter, ob sie zusätzlich das Wort wünschen. —Das ist nicht der Fall.Wir treten damit in die Aussprache zur zweiten Lesung ein. Das Wort hat der Abgeordnete Wagner .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wollte man allein die Dauer der Behandlung des Bundesministergesetzes im Bundestag messen und werten, müßte man es in die Reihe der schwierigsten Vorhaben einordnen. Allein in drei Legislaturperioden wurde versucht, dieses Gesetz zu novellieren. Es ist bis heute nicht gelungen; Einigkeit in den Grundpositionen konnte in der Vergangenheit nicht erzielt werden.
Dabei beinhaltet das geltende Gesetz Regelungen, die als absolute Härten bezeichnet werden müssen und mit der gegebenen Wirklichkeit nicht übereinstimmen. Wer will es beispielsweise als gerecht bezeichnen, daß ein Bundesminister trotz langjähriger Amtszeit keine Versorgung erhalten kann, und zwar nur deshalb, weil er im Zeitpunkt seines Ausscheidens das 55. Lebensjahr nicht vollendet hatte? Ich meine, niemand kann wollen, daß wir Regierungen haben, deren Durchschnittsalter immer über dieser Grenze liegt.
Wer will es als gerecht bezeichnen, daß ein Bundesminister deshalb in seiner Versorgung günstiger gestellt ist, weil er aus dem Beamtenstand kommt und dort tätig war? Heute sind im Kabinett Vertreter der verschiedensten Berufsgruppen. Ich meine, das ist gut so, und deshalb ist das alte Privileg ungereimt und ungerecht.
Der vorliegende Entwurf, der auf einen interfraktionellen Antrag zurückgeht, beseitigt diese Ungereimtheiten. Für die Versorgung wird nach zwei Amtsjahren ein entsprechender Anspruch begründet. Er ruht in der Regel bis zum 55. Lebensjahr und lebt erst dann auf. Die Gleichbehandlung aller wird durch diesen Entwurf gesichert.
Meine Damen und Herren, es war natürlich, daß ein Schwerpunkt der Auseinandersetzung in der Frage lag, welche Mindestdienstzeit diesen Anspruch begründen sollte. Wer ja sagt zum Machtwechsel in der Demokratie, der muß auch unterstellen, daß ein Minister nicht immer auf mehrere Amtsperioden als Dienstzeit zurückblicken kann, und er muß auch einkalkulieren, daß gegebenenfalls eine volle Amtsperiode nicht zurückgelegt wird. Der Vorschlag, die Mindestdienstzeit auf zwei Jahre festzusetzen, scheint mir ein brauchbarer Kompromiß zu sein. Er zielt auf den wahrscheinlichsten Fall eines Regierungswechsels während der Wahlperiode ab.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz wird nach meiner Überzeugung der Verantwortung des Ministeramtes und der Wirklichkeit im Bund gerecht. Es berücksichtigt die veränderten Verhältnisse bei den Regelungen in den Bundesländern, und es beseitigt Ungerechtigkeiten und Ungereimtheiten, die in den letzten Jahren schwelten. Ich bitte Sie aus diesen Gründen um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetz.
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Dr. Schäfer.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Art. 66 unseres Grundgesetzes sagt folgendes:Der Bundeskanzler und die Bundesminister dürfen kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch ohne Zustimmung des Bundestages dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.Die Vorschriften, die bislang im Bundesministergesetz die Versorgung ausgeschiedener Bundesminister regeln, werden dieser Bestimmung des Grundgesetzes nicht gerecht. Sie werden ihr nicht gerecht, weil sie einen Unterschied machen zwischen denjenigen Ministern, die aus der Beamtenlaufbahn kommen und ohnedies gesichert sind, und anderen Ministern, die aus der rein politischen Laufbahn kommen.Der vorliegende Gesetzentwurf will die Bundesminister gleichbehandeln, und zwar will er sie politisch behandeln. Das heißt, die bevorzugte Stellung der Minister, die aus der Beamtenlaufbahn kommen, bei der Entstehung des Anspruchs und bei der Berechnung des Rugegehalts soll beseitigt werden. Sie sollen alle gleichstehen. Das ist ein Punkt der Novelle; er ist richtig und notwendig und entspricht der politischen Forderung unserer Tage.Der zweite Punkt bezieht sich darauf, daß bisher ein Minister nur dann Ruhegehalt beziehen konnte, wenn er beim Ausscheiden 55 Jahre alt war. Aber auch dort waren, wie ich schon erwähnte, die Beamten bevorzugt. Nun müssen wir es als einen normalen Vorgang betrachten, daß man Bundesminister im Alter zwischen 40 und 50 Jahren ist und daß man, auch wenn man zwölf Jahre Minister gewesen ist, was eine sehr lange Zeit ist, beim Ausscheiden nicht unbedingt das 55. Lebensjahr erreicht hat. Wer aber in der Mitte des Lebens den Schwerpunkt seiner Tätigkeit dem öffentlichen Wohl gewidmet hat, für den muß auch der Gesetzgeber die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Minister zu sein ist kein Lebensberuf, sondern ist eine politisch hervorragende Tätigkeit, auf die man für einige Jahre verpflichtet wird und aus der man auch wiederum ausscheiden soll.Nahezu noch schwieriger als für denjenigen, der eine volle Legislaturperiode der Bundesregierung angehört, ist die wirtschaftliche Situation für denjenigen, der — aus welchen Gründen auch immer — nur zwei oder drei Jahre Minister ist; denn er muß genauso aus seinem wirtschaftlichen Bereich aus-
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971 7439
Dr. Schäfer
scheiden, die Brücken hinter sich abbrechen und sich nachher wieder in den wirtschaftlichen Vorgang einfügen. Für ihn ist es nicht leichter als für denjenigen, der eine volle Legislaturperiode der Bundesregierung angehört hat. Deshalb halten wir es für richtig, daß der vorliegende Gesetzentwurf auch eine Ruhegeldregelung für diejenigen vorsieht, die nur zwei oder drei Jahre der Bundesregierung angehört haben,Allerdings sind wir der Meinung, daß es sich dabei um eine echte Altersruhegeldregelung handeln sollte. Wir haben deshalb vorgesehen, die Verwirklichung des Anspruchs an die Vollendung des 60. Lebensjahres zu knüpfen.Seither bestand im Versorgungsrecht für die Bundesminister eine große Lücke. Wenn ein Minister im Amt starb, hatten die Angehörigen keinen Anspruch, wenn der Verstorbene in seiner Person noch nicht die Anspruchsvoraussetzungen erfüllte. Das ist nicht nur eine Härte, sondern auch eine Ungerechtigkeit; denn niemand weiß, ob der Betreffende nicht nachher die entsprechende Möglichkeit noch gehabt hätte.Wenn man bei der Berechnung der Versorgungsbezüge die vollen Jahre zugrunde legt, muß man sich auch mit der Frage beschäftigen: Was geschieht, wenn jemand sieben Jahre und zehn Monate Minister gewesen ist? Kann man dann sagen: Wir rechnen ihm nur sieben Jahre an, oder muß man nicht gerechterweise sagen: Wir rechnen acht Jahre an? Wir Abgeordnete haben für uns selbst im Diätengesetz die Regelung geschaffen — § 5 Abs. 2 —, daß die Mitgliedschaft zum Bundestag von mehr als einem halben Jahr als volles Jahr gilt, und zwar sowohl bei der Anspruchsbegründung wie auch bei der Berechnung. So weit geht der Entwurf nicht, sondern er sieht vor, daß bei neuen Monaten ein volles Jahr anzurechnen ist, selbstverständlich sowohl bei der Anspruchsbegründung als auch bei der Ruhegeldberechnung. Um es ganz offen zusagen, bei einer Amtszeit von mehr als drei Jahren gilt ein Rest der Amtszeit von mehr als neuen Monaten ,als volles Amtsjahr.Wir von der sozialdemokratischen Fraktion sind der Auffassung, daß dieses Gesetz die notwendigen Konsequenzen aus den Bestimmungen des Grundgesetzes zieht und daß es die Versorgung der Minister gerechter ,gestaltet. Wir werden deshalb diesem Gesetz zustimmen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kirst.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da über diese Vorlage zwischen den drei Fraktionen Übereinstimmung besteht, kann ich mich darauf beschränken, festzustellen, daß auch die FDP-Fraktion die hier gefundene Regelung sowohl für erforderlich als auch in ihrer Einzelgestaltung für vertretbar hält. Im übrigen kann ich mich auf die detaillierten Ausführungen der Kollegen Wagner und Schäfer beziehen.
Die FDP-Fraktion stimmt diesem Gesetz zu.
Keine weiteren Wortmeldungen.Wir kommen zur Abstimmung in zweiter Lesung. Ich darf Sie bitten, die Drucksache VI /2164 zur Hand zu nehmen. Wird zu Art. I das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem Art. I zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.— Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei Gegenstimmen und 3 Enthaltungen angenommen.Wird zu Art. II das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem Art. II zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. Enthaltungen? — Bei gleichen Mehrheitsverhältnissen angenommen.Ich rufe Art. III und gleichzeitig Einleitung und Überschrift auf. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei gleichen Mehrheitsverhältnissen angenommen.Wir kommen zurdritten Beratung.Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung in dritter Beratung. Wer den Art. I bis III sowie Einleitung und Überschrift in der Schlußabstimmung zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit bei Gegenstimmen und einigen Enthaltungen angenommen.Wir haben über die Ausschußempfehlung Nr. 2 auf Seite 3 der Vorlage zu befinden. Es handelt sich darum, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Gegenstimmen angenommen.Meine verehrten Damen und Herren, bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, darf ich ein paar Bemerkungen zu den Fragen machen, die uns seit langem im Zusammenhang mit unserer Abstimmungsanlage beschäftigen. Wie Sie wissen, haben wir im Ältestenrat beschlossen und durch die Änderung der Geschäftsordnung festgelegt, daß wir uns jetzt in einem bestimmten Umfang der Abstimmungsanlage bedienen und nach der Sommerpause Abstimmungen damit vornehmen. Ich hoffe, daß Sie das Rundschreiben zu der Bedienungsanleitung erhalten haben. Ich würde es deshalb begrüßen, wenn Sie von jetzt an Ihre eigenen Wortmeldungen mit Hilfe der Anlage abgeben und auch Zwischenfragen möglichst mit ihr anmelden.Meine Damen und Herren, Sie können sich von jedem einzelnen Platz aus zu Wort melden oder eine Zwischenfrage stellen. Sie brauchen dabei lediglich zweierlei zu tun: Erstens müssen Sie Ihre Identitätsnummer einstellen. Das ist die Nummer, die in Ihrem Abgeordnetenausweis eingetragen ist, nicht die Nummer auf den Tischen; diese hat eine
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7440 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971
Präsident von Hasselandere Funktion, nämlich hier für das Schaubild des Präsidenten. Also die in Ihrem Abgeordnetenausweis eingedruckte Nummer ist Ihre Identitätsnummer. Stellen Sie sie ein, und drücken Sie entweder „WM" — Wortmeldung — oder „ZF" — Zwischenfrage —. Dann gehen Sie bitte an das nächstgelegene Mikrophon.Ich habe volles Verständnis dafür, daß es in der Psyche von uns allen liegt, daß wir mit etwas Neuem gern spielen. Das können Sie sehr gut machen. Sie können den Knopf für Wortmeldungen drücken, wenn Sie mir eines zusagen: daß Sie anschließend zeigen, daß Sie es nur mal probiert haben; drücken Sie also die Stornotaste, dann wird die gedrückte Wortmeldung nämlich wieder aufgehoben. Ich darf Sie darum bitten. Sie erleichtern es damit uns hier oben, weil wir nicht alle Kollegen kennen und vor allem über größere Entfernungen nicht im einzelnen erkennen können, wer sich zu einer Zwischenfrage meldet. Ich darf anregen, daß wir heute einmal beginnen.Ich rufe nunmehr den Zusatzpunkt zur Tagesordnung auf:a) Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen über den Verkehrsbericht 1970 der Bundesregierung hier: Dritter Abschnitt,Kapitel I und VI betreffend Eisenbahnen und kombinierter Verkehr— aus Drucksache VI/ 1350, Drucksache VI /2279 —Berichterstatter: Abgeordneter Tönjesb) Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen über den Verkehrsbericht 1970 der Bundesregierung hier: Dritter Abschnitt,Kapitel II, VII und VIII betreffend Straßenverkehrswirtschaft, Angleichung der Wettbewerbsbedingungen — Wegekosten und Tarifpolitik— aus Drucksache VI/ 1350, Drucksache VI /2280 —Berichterstatter: Abgeordneter Schmitt
c) Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen über den Verkehrsbericht 1970 der Bundesregierung hier: Dritter Abschnitt,Kapitel III über Binnenschiffahrt— aus Drucksache VI/ 1350, Drucksache VI /2281 —Berichterstatter: Abgeordneter Mursch
d) Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen über den Verkehrsbericht 1970 der Bundesregierung hier: Dritter Abschnitt,Kapitel IV über Luftfahrt— aus Drucksache VI /1350, Drucksache VI /2282 —Berichterstatter: Abgeordneter Mursch
e) Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen über den Verkehrsbericht 1970 der Bundesregierung hier: Dritter Abschnitt,Kapitel V über Seeverkehr— aus Drucksache VI/ 1350, Drucksache VI /2283 —Berichterstatter: Abgeordneter Mursch
Die Aussprachen über die einzelnen Unterpunkte verbinden wir miteinander. Ich eröffne diese Aussprache. — Das Wort hat der Abgeordnete Mursch für die CDU/CSU-Fraktion. Als Redezeit sind 16 bis 17 Minuten angemeldet; das hören wir sehr gern.Mursch (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich heute zunächst mit den Abschnitten „Seeschiffahrt", „Binnenschiffahrt" und „Luftfahrt" des Verkehrsberichts befassen.Unterzieht man den Abschnitt „Seeschiffahrt" des Verkehrsberichts einer kritischen Würdigung, kommt man zu einer bemerkenswerten Feststellung. Ich meine nicht, daß manches, was da geschrieben steht, inzwischen durch neuere Entwicklungen überholt ist, ich meine vielmehr die Tatsache, daß die Möglichkeiten zur Lösung der im Verkehrsbericht angesprochenen Probleme keinen hinreichenden Niederschlag finden in den Maßnahmen, die im Verkehrsbericht für die 6. Legislaturperiode angekündigt worden sind. Es ist deshalb keineswegs verwunderlich, daß der Entschließungsantrag des Verkehrsausschusses hier wesentlich konkreter ist. Hierzu möchte ich noch einige grundsätzliche Anmerkungen machen.Sie wissen, meine Damen und Herren, daß die Seeschiffahrt auf die internationalen Seeverkehrsmärkte angewiesen ist und sich hierbei in einem harten Wettbewerb befindet. Der Bericht der Deutschen Revisions- und Treuhandgesellschaft läßt allerdings erkennen, daß sich die Lage der deutschen Seeschiffahrt seit dem Bericht im Verkehrsausschuß verschlechtert hat. Die Treuhandgesellschaft stellt fest, daß die Ertragslage im Jahre 1969 — wörtlich — „nicht voll ausreichend" und im Jahre 1970 „unzulänglich" gewesen ist. Die kürzlich erfolgte Freigabe der Wechselkurse hat die Situation in der deutschen Seeschiffahrt noch schwieriger gestaltet, weil eben die Preise in der Seeschiffahrt in fremder Währung festgesetzt werden, insbesondere in US-Dollars. Hinzu kommt, daß die Belastungen die deutsche Seeschiffahrt in einem Zeitpunkt treffen, in dem sich auf den internationalen Trampmärkten die Raten nach unten entwickeln. Es erscheint uns in dieser Situation deshalb mehr denn je notwendig, Maßnahmen zur Bekämpfung der sogenannten Flaggendiskriminierung zu treffen. Die Zusammenarbeit in den überstaatlichen Organisationen muß sich nun endlich auch dahin gehend auswirken, daß eine Lösung dieses Problems gesucht und gefunden
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Mursch
wird. Insbesondere bietet sich hier die EWG an, und zwar allein schon auf Grund ihres großen handelspolitischen Gewichts.Nach § 84 a der Römischen Verträge ist die Seeschiffahrt bisher ausgenommen, und es bedarf eines einstimmigen Beschlusses der EWG-Verkehrsminister, wenn man sie einbeziehen will. Wenn nun in absehbarer Zeit England und Norwegen in die EWG eintreten werden, wird sich die Dringlichkeit dieses Problems noch weiter erhöhen, einfach deswegen, weil dann ein ganz erhebliches Schiffahrtsvolumen neu hinzukommt. Es handelt sich dabei immerhin um etwa 44 Millionen Bruttoregistertonnen. Wir sind der Meinung, daß die Schiffahrt in die EWG einbezogen werden sollte. Sicherlich wird es zweckmäßig sein, zunächst damit zu beginnen, die Wettbewerbsbedingungen und ähnliche Dinge mehr anzugleichen. Dann aber müssen in die Handelsverträge, die die EWG abschließt, die Schifffahrtsbelange mit einbezogen werden, wobei es natürlich in besonderem Maße darauf ankommt, Nichtdiskriminierungsklauseln in die Verträge aufzunehmen. Das ist der Sinn der Ziffer 2 a unseres Entschließungsantrags.Die gleiche Zielsetzung verfolgt auch die Ziffer 2 b des Entschließungsantrags; den zur Zeit treten ja bedauerlicherweise die Vertragspartner zahlreicher Länder bei Verhandlungen über Schiffahrtsabkommen oder über Ladungsaufteilungsabkommen mit Regierungsdeckung auf und verschaffen sich damit natürlich bei den Verhandlungen eine wesentlich stärkere Position als diejenigen, die das nicht können. Wenn wir nun zumindest die Möglichkeit schaffen, auch einen Genehmigungsvorbehalt für den Bundesverkehrsminister einzuführen, stärken wir die Position der deutschen Vertragspartner bei diesen Verhandlungen in der gleichen Weise, wie es eben auch sonst im Ausland üblich ist. Wie gesagt, es handelt sich um eine Möglichkeit, die besonders dann ihre Bedeutung bekommt, wenn von der anderen Seite unangemessen hohe Anteile an der Ladung gefordert werden.Die Bundesregierung hat in ihrem Bericht zum Ausdruck gebracht, daß mit den im Haushalt vorgesehenen Neubauhilfen wegen der stark angestiegenen Neubaupreise nur ein geringeres Bauvolumen gefördert werden kann. Das ist zutreffend. Langfristig gesehen steigt jedoch der seewärtige Handel der Bundesrepublik stärker an als die Seeschiffstonnage und ihre Transportleistung. Hinzu kommt, daß die internationale Konkurrenz dazu zwingt — ebenso wie in der Luftfahrt — hier mitzuhalten und moderne und leistungsfähige Tonnage zur Verfügung zu haben. Die Bundesregierung wird deshalb sehr ernsthaft alle Möglichkeiten zu erwägen haben, um die notwendigen Modernisierungsinvestitionen aufrechtzuerhalten und zu fördern, wie dies ja auch in den meisten anderen vergleichbaren Ländern, meist sogar in verstärktem Maße, geschieht. Wir müssen aufhören, in dieser Frage von der Hand in den Mund zu leben. Deshalb sollten wir von der Bundesregierung erwarten, daß sie bis zur Vorlage des nächsten Verkehrsberichts ein Konzept vorlegt, wie sie sich langfristig den weiteren Ausbau unserer Handelsflotte vorstellt.Auch die Personallage der deutschen Seeschiffahrt ist kritisch geworden. Auf der Brücke fehlen zur Zeit 21 % der Patentinhaber, in der Maschine sind es etwa 17 % Sie wissen, daß ein Seeschiff nur dann fahren und auslaufen kann, wenn die entsprechenden Besetzungsvorschriften erfüllt sind. Sonst muß es im Hafen liegenbleiben und fällt damit insgesamt aus. Wir haben deshalb diese Fragen sehr eingehend erörtert und entsprechende Vorschläge in den Entschließungsantrag aufgenommen.Darüber hinaus wird auch in Zukunft das besondere Augenmerk aller beteiligten Stellen darauf zu richten sein, daß der Seemann einen angemessenen Anteil am sozialen Fortschritt erhält.In der Binnenschiffahrt ist die Personallage ähnlich wie in der Seeschiffahrt. Der sich dort vollziehende Strukturwandel erfordert eine Verbesserung der Berufsausbildung und der Arbeitsbedingungen. Beides ist auch notwendig, um geeignete Arbeitskräfte an den Beruf des Binnenschiffers heranzuführen. Das Gewerbe — wir müssen das anerkennen -- ist bemüht, durch entsprechende Ein-führungs- und Fortbildungslehrgänge seinen Beitrag zu leisten. Doch der Verkehrsbericht der Bundesregierung geht in seiner Zielsetzung weiter. Er fordert eine zweistufige gründliche Schulung, und zwar eine allgemein verbindliche Schiffsjungenausbildung und eine weiterführende Ausbildung mit einem Abschluß ähnlich wie eine Meisterprüfung. Allerdings vermissen wir in dem Verkehrsbericht konkrete Darlegungen darüber, wie und wann diese Zielsetzung, die im Verkehrsbericht gestellt worden ist, verwirklicht werden soll. Wir hoffen, im nächsten Jahr von der Bundesregierung darüber Näheres zu hören.Wie bereits angedeutet, vollzieht sich in der Binnenschiffahrt eine durchgreifende Modernisierung des Betriebsmittelparks, der Angebotsstruktur und ihrer Organisationen. Der alte Schleppzug — Sie kennen ihn vom Rhein — ist fast völlig verschwunden, er ist ersetzt worden durch moderne Motorschiffe. Aber auch hier werden diese modernen Motorschiffe bereits zu einem Teil ersetzt durch große Schubeinheiten. Auf dem Niederrhein werden zur Zeit Versuche mit Großschubverbänden unternommen in der Größenordnung von 16 000 t pro Schubeinheit. Wie in der Seeschiffahrt wird auch die Schiffsführung in fortschreitendem Maße automatisiert. Einem solchen Modernisierungsprozeß müssen natürlich auch die Organisationsformen in der Binnenschiffahrt angepaßt werden. Insbesondere muß die Partikulierschiffahrt in die Lage versetzt werden, sich im Wettbewerb zu behaupten. Dieser Zielsetzung dienen die Ziffern 2 a und b des Entschließungsantrages des Verkehrsausschusses, die wir, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, bejahen.Auch die Ziffer 2 c befaßt sich mit der Frage einer zeitweiligen Stillegung von Schiffsraum. Sie wissen, daß die Transportkapazität in der Binnenschifffahrt außerordentlichen Schwankungen unterworfen ist. Das hängt damit zusammen, daß die Wasserstände auf den Flüssen außerordentlich unterschiedlich sind, und mit der großen Bandbreite in der Nachfrage nach Binnenschiffahrtstransportleistungen. Es ist also eine zeitweilige Stillegung notwendig,
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7442 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971
Mursch
um vorübergehende Überkapazitäten aus dem Markt zu ziehen. Aber hier kann man aus Wettbewerbsgründen natürlich nicht allein national vorgehen. Deshalb hat die EWG beschlossen, diese Frage durch eine Verordnung zu regeln. Sinn des Entschließungsantrages ist es, die besondere Vordringlichkeit dieser Verordnung der EWG zu unterstreichen.Meine Damen und Herren, noch einige Worte zum Luftverkehr. Sie wissen, der sogenannte Bummelstreik der Fluglotsen ist beendet. Aber die Verhandlungen zwischen dem Bundesverkehrsminister und den anderen beteiligten Stellen sind noch im Gange. Zu einem solchen Zeitpunkt ist es nicht tunlich, Herr Bundesverkehrsminister, sich kritisch zu äußern, obwohl schon heute manches hierzu zu sagen wäre. Ich möchte mich darauf beschränken, den Fluglotsen zu sagen, daß auch wir nicht unter Zwang verhandeln, wie sie aus der Absage des Hearings im Verkehrsausschuß wohl bemerkt haben werden. Den Bundesverkehrsminister möchte ich an das erinnern, was er selbst zu Beginn des Abschnitts „Luftfahrt" im Verkehrsbericht der Bundesregierung gesagt hat:Die arbeitsteilige Weltwirtschaft benötigt mehrund mehr internationale Flugverbindungen zurBeförderung von Fluggästen, Post und Fracht.Das ist sicher richtig, und weil es richtig ist, HerrBundesverkehrsminister, sollte auch ein vorübergehendes Ausscheiden der Bundesrepublik aus dem Luftverkehr nicht in Erwägung gezogen werden. Ich meine, beide Seiten sollen sich hier davor hüten, zu überziehen.Ich habe bereits im Januar im Verkehrsausschuß zum Ausdruck gebracht, daß es in Deutschland heute Flughäfen gibt, deren Flugbetriebskapazität voll ausgelastet ist, und solche, deren Kapazität noch nicht ausgelastet ist, wo noch erhebliche Reserven vorhanden sind, z. B. in Köln/Bonn. Es liegt deshalb auf der Hand, daß hier statt Konzentrierung eine Verteilung angestrebt werden muß. Das gilt insbesondere für den Charterverkehr in der Luftfahrt. Als ich damals diese Frage ansprach, habe ich selbstverständlich nicht nur an die wirtschaftliche Seite des Problems gedacht, sondern auch an die Situation in der Flugsicherung. Aber im Augenblick sieht es ja so aus, als ob sich die Dinge auch in dieser Richtung weiterentwickeln.Meine Damen und Herren, es ist im Verkehrsausschuß gelungen, daß die Entschließungsanträge zu den Abschnitten „Seeverkehr", „Binnenschifffahrt" und „Luftfahrt" wie die anderen auch die Zustimmung aller Mitglieder gefunden haben. Wir begrüßen dies ganz besonders.Bedauerlicherweise hat jedoch der für den Verkehrsbericht verantwortliche Bundesverkehrsminister durch sein Verhalten in letzter Zeit dazu beigetragen, die ganz natürlichen Auseinandersetzungen über die optimalen Wege in der Verkehrspolitik zu erschweren. Diejenigen von Ihnen, meine Damen und Herren, die damals dabei waren, werden sich noch an seine Ausführungen anläßlich der Haushaltsdebatte erinnern, Ausführungen, die sich durch Unsachlichkeit und durch eine verletzende Schärfe auszeichneten.Wir haben daraufhin zwei Kleine Anfragen gestellt. Die erste hat der Bundesverkehrsminister unbefriedigend beantwortet, die zweite in der Sache gar nicht. Das ist ohne Zweifel ein ganz neuer Stil. Er ist bezeichnend für die Einstellung des Bundesverkehrsministers gegenüber diesem Parlament. Aber hier ist keine Antwort auch eine Antwort. Der Bundesverkehrsminister bestätigt damit grundsätzlich die Richtigkeit derjenigen Punkte, die in den an ihn gerichteten Fragen angesprochen worden sind.Der Bundesverkehrsminister bestätigt erstens damit, daß er sich aus dem weiten Mantel seines Vorgängers Stücke herausgeschnitten hat, als er bei seiner Amtsübernahme im Dezember 1966 behauptete, es seien nur wesentliche Vorarbeiten für den 3. Vierjahresplan geleistet worden. Tatsächlich ist es so, daß dieser 3. Vierjahresplan im Herbst 1966 fix und fertig vorgelegen hat,
in gedruckter Form vorhanden war — das Drucken dauert mehrere Wochen — und mit Kabinettsvorlagen vom 30. November 1966 von Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm dem Kabinett zur Beschlußfassung zugeleitet worden ist.
Der Bundesverkehrsminister hat zweitens bestätigt, daß er zumindest stark übertrieben hat, als er behauptete, es hätten Ende 1966 für einige hundert Millionen DM unbezahlte Rechnungen dagelegen, für die kein Geld mehr dagewesen sei. Es waren nur 150 Millionen DM, und im übrigen handelt es sich um einen Zustand, der ihm selber, wenn auch aus anderen Gründen, ebenfalls passiert ist, und zwar um die Jahreswende 1969/70. Es handelt sich auch um einen Zustand, der sich mit Sicherheit weder heute noch in den kommenden Jahren ganz ausschließen lassen wird. Wenn sich aber die Beträge in solchen Relationen halten wie hier, ist das bei einem Volumen des Straßenbauetats von mehr als 5 Milliarden DM doch noch erträglich, so unerfreulich es im einzelnen sein mag.Der Bundesverkehrsminister hat drittens durch seine Verweigerung der Antwort auch noch bestätigt, daß seine Äußerung von der Kasse, die bei seiner Amtsübernahme nicht gestimmt habe, von den Büchern, die angeblich nicht in Ordnung waren, von den verluderten öffentlichen Finanzen Ende 1966 eben nicht, wie er gesagt hat, einen erkennbaren bildhaften Vergleich ausdrückt. Diese Äußerung drückt ein erkennbar negatives Werturteil mit einem verletzenden und beleidigen Akzent aus. Bedauerlicherweise hat der Bundesverkehrsminister nicht den Mut gehabt, zu sagen, wen er eigentlich damit gemeint hat.Herr Bundesverkehrsminister, ich habe nicht die Absicht, mit Ihnen in einen Wettstreit im Gebrauch dieser erkennbar bildhaften Sprache einzutreten. Ich bin der Meinung, daß Sie mir in dieser bildhaften Sprache, zumindest was das Verletzende anlangt, weit überlegen sind. Aber es würde mich gewissermaßen aus sportlichen Gründen doch einmal interessieren, ob Ihr bildhafter Sprachschatz ausreicht, auch
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971 7443
Mursch
die Lage der Bundesfinanzen im Jahre 1970 oder gar im Jahre 1971 zu schildern, alles natürlich im Zusammenhang mit dem Straßenbau. Aber dann werden Sie wahrscheinlich sagen, hier handle es sich um übergeordnete Gesichtspunkte.Herr Bundesverkehrsminister, Sie müssen es aber nachher vertreten, wenn Ihnen vorgerechnet wird — wir werden das tun —, daß es seit 1970 im Straßenbau erstmals bergab geht, weil man mit Geld, das weniger wert geworden ist, oder bei Preisen, die höher gestiegen sind als die Haushaltsmittel, nicht mehr, sondern weniger Straßen bauen kann. Mehr Straßen bauen kann dann niemand, auch nicht Bundesverkehrsminister Leber. Aber er sollte auch nicht den Anschein erwecken, daß er es könnte. Herr Bundesverkehrsminister Leber, da helfen Ihnen auch solche Tricks nicht, wie Sie sie hier vor dem Deutschen Bundestag vorgeführt haben, als Sie behaupteten, im Jahre 1969 seien 200 km Autobahn gebaut worden, im Jahre 1970 seien dagegen 350 km neu gebaut worden. Abgesehen davon, daß die Zahl für 1969 auch noch falsch ist — es waren nur 143,7 km, Herr Bundesverkehrsminister; das wäre Ihrem Vorgänger nicht passiert --, haben Sie hier, obwohl Sie es eigentlich besser wissen müßten, das Fertigstellungsdatum mit der Bauleistung verwechselt. — Das ist gar nicht zum Lachen. Die 350 km Autobahn, die im Jahre 1970 fertiggestellt worden sind, sind nämlich in den vier bis fünf Jahren davor wirklich gebaut worden. Herr Bundesverkehrsminister, Sie sollten jetzt eigentlich an Wilhelm Busch denken:
Mancher hat sich schon beklagt: Ach, hätt ich das doch nicht gesagt!Sie könnten natürlich auch an Rousseau denken. Rousseau hat gesagt: Beleidigungen sind die Argumente derer, die unrecht haben. Ich meine, Sie wären gar nicht so schlecht beraten, wenn Sie das erste täten und dabei an das zweite dächten.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Apel. Für ihn sind 20 Minuten angemeldet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Mursch, ich habe nicht die Absicht, die Verkehrsdebatte in diesem Stil zu führen. Es kann ja nicht bestritten werden, daß der Verkehrsausschuß in Einmütigkeit diese Entschließung angenommen hat. Die von der CDU hier stets geübte Praxis, Debatten aus der Vergangenheitsbewältigung heraus zu führen, sollten wenigstens wir Sozialdemokraten nicht mitmachen.
Der Verkehrsausschuß — ich glaube, das kann ich für den gesamten Ausschuß sagen — hat versucht, einen neuen parlamentarischen Stil zu schaffen, indem wir das Demokratiebegehren, das in dem Verkehrsbericht zum Ausdruck kommt, sehr ernst genommen haben, Punkt für Punkt durchgegangen sind und dann Forderungen an die Bundesregierung gerichtet haben, die in der Tat richtungweisend sind.Dabei wird zweierlei deutlich, einmal, daß wir als Fachausschuß nicht der Gefahr erlegen sind, Helfershelfer der Interessenverbände zu werden. Wenn Sie sich die Berichte genau ansehen, werden Sie feststellen, daß wir eine ganze Reihe von Forderungen aller Verbände abgewiesen haben. Wir sind auch nicht der Gefahr erlegen, nun zu versuchen, uns an die Stelle der Bundesregierung zu setzen. Die Bundesregierung bekommt von uns klare politische Aufträge. Wie sie sie erfüllt, ist ihre Sache. Die Bundesregierung wird in einem Jahr berichten, und dann werden wir den produktiven Dialog mit dem Herrn Bundesverkehrsminister fortsetzen.Herr Kollege Mursch, eins kann natürlich trotz ihrer Attacken nicht übersehen werden. Die Tatsache, daß wir einstimmig beschlossen haben, daß die Opposition nirgends in eine Minderheit gedrängt worden ist, zeigt doch wohl, daß es zu der rational angelegten Verkehrspolitik der Bundesregierung keine Alternativen gibt.
Ich will allerdings mit meinem heutigen Beitrag die Opposition nicht auf die Verkehrspolitik der nächsten Jahre festlegen. Man kann sich über Facetten streiten. Wir werden immer wieder aktuelle Anlässe haben, die Dinge anders zu sehen. Aber eins steht nach der Beschlußfassung fest: der Verkehrsausschuß und alle Fraktionen billigen das Konzept der Bundesregierung, entwickeln es konstruktiv fort und erwarten von der Bundesregierung, daß sie auf dem von uns und von ihr gebilligten Wege fortfährt. Das wird in Zukunft die Debatten versachlichen; das wird uns in Zukunft derartige Tiraden, wie wir sie eben gehört haben, ersparen.
Lassen Sie mich für die SPD-Fraktion, bevor ich zu den einzelnen Verkehrsträgern komme, einige grundsätzliche Bemerkungen machen.Die Politik, die Bundesminister Leber seit der Übernahme seines Ministeramtes verfolgt, entspricht völlig den sozialdemokratischen Vorstellungen zur Verkehrspolitik, die sich in vier wesentlichen Punkten zusammenfassen lassen.Erstens. Wir bleiben dabei, daß es Besonderheiten für den Verkehrssektor gibt. Hier kann es keinen unbegrenzten Wettbewerb geben. Hier bleibt es bei der Aussage des Godesberger Grundsatzprogramms der SPD: Soviel Wettbewerb wie möglich, soviel Planung wie nötig.Zweitens. Unsere Verkehrspolitik will die Entscheidungsfreiheit der Unternehmen stärken, dafür sorgen, daß sie im Marktwettbewerb — insbesondere die mittelständischen Unternehmen — eine faire Chance haben.Drittens. Wir müssen wissen, daß der Verkehrsraum, insbesondere auf unseren Straßen, begrenzt
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Apelist und daß — wiederum im Interesse aller — Eingriffe notwendig sind.Viertens. Sie, Herr Kollege Mursch, haben auch von der EWG geredet. Wir wollen Verkehrspolitik machen, die in die Richtung EWG geht. Wir müssen aber nationale Regelungen vorschalten, weil wir nicht noch weitere Waggons auf den Verschiebebahnhof EWG stellen können. Der Versuch, sich mit EWG-Regelungen herauszureden, heißt sich um Entscheidungen drücken zu wollen. Wir werden das ja in der nächsten Woche auch noch sehen, wenn wir über das Bleigesetz reden.Ich mache noch einige wenige Anmerkungen zu den einzelnen Verkehrsträgern, wobei ich darauf hinweisen möchte, daß mein Kollege Haar das Thema Bundesbahn abdeckt.Bei der Binnenschiffahrt sind wir in der Tat der Meinung, daß die öffentlich-rechtlichen Schifferbetriebsverbände zu wirtschaftlich arbeitenden Unternehmen umgewandelt werden müssen. Wir sind der Meinung, daß Selbsthilfe an erster Stelle steht, daß aber die staatliche Wirtschaftspolitik diese Selbsthilfe abschirmen und wirksam unterstützen muß. Deswegen ist es richtig, was der Herr Kollege Mursch gesagt hat; hier ist die EWG im Wort, die EWG muß etwas tun.Lassen Sie mich zwei Ergänzungen machen.Wir können im Bereich der Binnenschiffahrt mit Freude feststellen, daß die EWG-Kommission zu neuen Überlegungen kommt. Ich darf Ihnen aber auch sagen, daß wir in der letzten Woche eine Anfrage vorgelegt haben, die deutlich macht, daß wir auch hinsichtlich der Investitionsneigung in der Binnenschiffahrt neue Wege gehen wollen.Einige Anmerkungen zum Straßengüterverkehr. Hier sind wir ja in einer etwas kuriosen Situation. Dasselbe Gewerbe, das noch im letzten Bundestagswahlkampf mit aller Entschiedenheit die sogenannten Leber-Pfennige angegriffen hat — wir alle erinnern uns noch an eine sehr unsachliche und unfaire Auseinandersetzung mit dem Herrn Bundesverkehrsminister —, weint heute diesen nun bald auslaufenden Leber-Pfennigen nach. Für uns ist das ein Beweis dafür, daß die Große Koalition, aber insbesondere der Herr Bundesverkehrsminister, mit seiner damaligen Konzeption recht hatte. Daß das Gewerbe es etwas später erkannt hat als der Minister selbst, spricht nicht unbedingt gegen das Gewerbe, mindestens aber für den Minister. Wir stehen vor der Situation, daß wir nun wirklich diese Leber-Pfennige auslaufen lassen müssen. Sie wissen das genausogut wie ich. Die EWG zwingt uns dazu. Wir halten das nicht länger durch.Wir wollen deswegen mit allem Nachdruck dafür sorgen, daß durch ein Lizensierungsverfahren im Werkfernverkehr die mittelständische Struktur dieses Güterfernverkehrsgewerbes erhalten bleibt. Wir sind froh darüber, daß wir einstimmig ein Lizensierungsverfahren beschlossen haben, das nicht nur das Marktgespräch vorsieht, sondern auch im Notfall eine Ablehnung durch die zuständige Instanz in Aussicht nimmt.Mit einigem Erstaunen, meine lieben Kollegen, erhalte ich heute morgen Nachricht davon, daß der Haushaltsausschuß in seiner Mitberatung zu unseren Resolutionen zu diesem Thema einen Änderungswunsch hat. Als Vorsitzender des Ausschusses kann ich dies nicht akzeptieren. Der Haushaltsausschuß ist dazu da, zu den Haushaltsproblemen unserer Entschließungsentwürfe Stellung zu nehmen. Der Verkehrsausschuß kümmert sich auch nicht um Familienpolitik. Insofern ist dies nicht akzeptabel. Ich bitte das Haus sehr darum, die Formulierungen des Verkehrsausschusses zu akzeptieren.
Denn, meine Damen und Herren, dieses Lizensierungsverfahren hindert keinen Unternehmer daran, Werkfernverkehr zu betreiben, wenn er es möchte. Es bringt mehr Durchsichtigkeit und Transparenz in das System hinein, es verhindert aber, daß unsere Straßen mit Lastwagen überfüllt werden. Gerade wenn der Haushaltsausschuß meint, hier etwas modifizieren zu müssen, muß er wissen, daß eine derartige Politik die Bundesbahn und damit den Bundeshaushalt über höhere Defizite trifft.
Zum Güternahverkehr verweise ich auf den Bericht. Wir wissen, daß dies ein Gewerbezweig ist, der besondere Sorgen hat und mit einer hohen Konkursrate arbeitet. Die Sozialdemokraten wollen hier ordnen. Wir wollen aber auch vernünftig ordnen. Aus diesem Grunde ist die Bundesregierung jetzt im Wort.Ich kann mich den Äußerungen von Herrn Kollegen Mursch zum Seeverkehr anschließen. Die Liste der Sorgen des Seeverkehrs ist bekannt und ist in den Bericht aufgenommen worden. Hier sind allerdings auch die deutschen Reeder, ist die Unternehmerseite selbst im Wort. S i e müssen rationalisieren, s i e müssen ihre Personalpolitik in Ordnung bringen. Das können wir nicht für sie tun.Wir wollen den Flaggenprotektionismus bekämpfen und wir sind der Meinung, daß dazu EWG-Regelungen erforderlich sind. Wir sind dafür, daß wir ernsthaft erörtern, ob die Neubauzuschüsse erhöht werden müssen, und alles das, was Sie, Herr Mursch, hier vorgetragen haben. Aber wir Sozialdemokraten müssen den deutschen Reedern auch eines ins Stammbuch schreiben. Wenn sie durch Tatarenmeldungen über das mögliche Aussteigen aus der deutschen Flagge und das Wechseln unter liberianische oder andere billige Flaggen die Öffentlichkeit wie die Politiker beunruhigen, dann müssen sie wissen, daß sie damit die Chancen unserer Einsatzbereitschaft für ihre berechtigten Forderungen mindern.
Man kann nicht die Vorteile, die wir den deutschen Reedern bieten, hinnehmen wollen, zu einem Zeitpunkt aber, der einem genehm ist, umsteigen wollen. Wir wenden uns gegen hot money, gegen das umlaufende Geld, das bei der Währungsspekulation uns Schwierigkeiten macht. Wir wenden uns aber
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Apelauch dagegen, daß in anderen Bereichen ähnliche Praktiken einreißen könnten.
Meine Fraktion hat sich der Sorgen der Küstenschiffer angenommen. Wir bereiten eine Kleine Anfrage vor, um die Schiffsbesetzungsordnung hinsichtlich der Küstenschiffahrt zu durchleuchten. Diese Kleine Anfrage wird dem Hohen Hause in der nächsten Woche vorliegen, weil wir wirklich der Meinung sind, daß wir hier unter Umständen, im Gegensatz zur Schiffsbesetzungsordnung für die große Fahrt, im Wettbewerb mit Dänemark und den Niederlanden gegen die Bundesrepublik zu Lasten unserer Küstenschiffahrt Schwierigkeiten haben.Ich habe heute morgen mit Befriedigung gehört, daß der Finanzausschuß gestern dem Petitum des Verkehrsausschusses und der Küstenschiffer gefolgt ist, die Küstenschiffahrt aus dem Bereich der Sonderabschreibungen und Verlustzuweisungen nach dem Steueränderungsgesetz herauszunehmen, weil wir in der Tat der Meinung sind, daß das Kapital, das dort hineingegangen ist, Überkapazitäten geschaffen hat, die denen, die von ihrem Schiff leben, Schwierigkeiten machen. Das Reedereigeschäft ist ein schwieriges Geschäft; es darf keine Steueroase werden. Sie sehen also, wir haben hier alles vernünftig im Griff.Gestatten Sie mir einige letzte Bemerkungen zur Luftfahrt. Ich stelle mit Befriedigung fest, Herr Mursch, daß Sie für die Opposition akzeptiert und sogar unterstrichen haben, daß wir das illegale Verhalten der Fluglotsen nicht hinzunehmen bereit sind, daß wir der Meinung sind, die harte, aber flexible Haltung des Ministers sei richtig gewesen. Ich denke nicht, daß der Verkehrsausschuß das vorliegende Gesetz zur Herabsetzung der Pensionsgrenze bei den Fluglotsen in Arbeit nehmen kann, bevor alles klar ist. Und ist noch die Drohung von Herrn Kassebohm im Ohr, daß dies alles nur die Generalprobe für die Olympiade 1972 sei. — Wir lassen uns derartige Generalproben nicht aufs Auge drücken;
wir verhandeln nicht unter Druck. Dies ist, denke ich, die einheitliche Meinung dieses Hauses.
Mit Befriedigung haben wir zur Kenntnis genommen, daß die Bundesregierung bis 1975 im Bereich der Flugsicherung 680 Millionen DM investieren will. Damit werden dann sicherlich auch die Arbeitsbedingungen für die Fluglotsen besser werden, und es werden dadurch Klagen, die zweifelsohne mit Recht erhoben werden, abgebaut werden können.Lassen Sie mich abschließen. Als Sprecher meiner Fraktion, aber auch als Vorsitzender des Ausschusses bin ich der Meinung, daß unser Experiment, das Angebot des Verkehrsministers im Verkehrsbericht aufzunehmen, konstruktiv weiterzuentwikkeln und eigene politische Meinungen zu bilden, gelungen ist. Dies verdanken wir nicht nur uns selbst — das natürlich auch, denn wir sind ja tüchtige Leute —, sondern nicht zuletzt auch der Tatsache, daß wir in Herrn Börner wie in Herrn Leber Verhandlungs- und Gesprächspartner gehabt haben, die stets voll rational mit uns diskutiert haben, und daß wir damit hoffentlich die Verkehrspolitik aus der zu engen tagespolitischen Polemik herausgezogen haben.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schmitt .
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wir haben uns bereits am 12. Dezember des vergangenen Jahres ausführlich zum Verkehrsbericht 1970 der Bundesregierung geäußert; wir können uns heute deshalb kurz fassen.
Wir sind darüber befriedigt, daß es möglich war, im Ausschuß bei einer Reihe von praktischen Fragen praktikable Lösungen zu finden, und wir sind zufrieden damit, daß diese von allen Fraktionen des Hauses getragen werden.Wenn wir auf dem Gebiet des Straßenverkehrs die sehr schwierige Frage der Lizenzierung des Werkfernverkehrs angeschnitten haben, dann sind wir zur Lösung dieser Frage dadurch gezwungen, daß am 31. Dezember die Straßengüterverkehrsteuer wegfällt und die eine Seite befürchtet, daß es nun zu einer Ausuferung des Werkfernverkehrs kommt, während die andere Seite sagt: das hat mit der Besteuerung nichts zu tun; hier geht es um den Sachzwang der Unternehmen. Hier stehen wir als Parlamentarier in der Mitte und können keine Antwort geben, weil niemand für seine These den Beweis antreten kann.Wir glauben, daß es deshalb gut ist, einerseits der notwendigen Ausweitung des Werkfernverkehrs keine Barriere in den Weg zu legen, auf der anderen Seite aber der Regierung sozusagen als Ultima ratio die Möglichkeit in die Hand zu geben, die Ausdehnung zu steuern, wenn es zu einer nachhaltigen Störung des Verhältnisses der Verkehrsträger zueinander kommen sollte.Wir haben darüber hinaus im Ausschuß zum Ausdruck gebracht, daß es erforderlich ist, dafür zu sorgen, daß man sich bei der Festsetzung der Verkehrspreise mehr an den Kosten orientiert und daß hier sozusagen der Selbständigkeit der Tarifpartner Rechnung getragen wird. Wir haben bei der Tarifrunde 1971 erlebt, daß die Momente der Konjunkturpolitik stärker zum Tragen gekommen sind als das kostenorientierte Denken. Das Ergebnis ist eine Tarifgestaltung, die allseits unbefriedigend ist. Sie ist einmal aus der Sicht der Tarifvertragspartner, also der Verlader und der Unternehmer, unbefriedigend, und sie ist darüber hinaus im Verhältnis der Verkehrsträger zueinander unbefriedigend, weil man befürchten muß, daß die Relationen verändert werden. Hier sollte also eine andere Lösung gefunden werden.
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Schmitt
In diesem Zusammenhang hat sich der Ausschuß damit beschäftigt, daß Mitte nächsten Jahres die Preisbindung beim Stückgutverkehr ausläuft. Das ist ein sehr gewichtiger Teil des Verkehrsaufkommens. Hier stellt sich die Frage, ob man zur vollen Liberalisierung übergehen soll oder ob weiterhin eine Preisbindung erforderlich ist. Ich persönlich und meine Fraktion sind der Meinung, daß es, wenn wir eine Ordnung im Verkehr praktizieren, zwar erforderlich ist, diese Ordnung auf die EWG-Erfordernisse hin zu entwickeln, daß man sie dann aber konsequent bei allen bestehen lassen muß. Es geht uns also nicht darum, eine starre Ordnung zu vertreten, sondern wir wollen sehr wohl diese Ordnung zu EWG-Lösungen hin modifizieren. Wir wollen aber auch nicht die volle Liberalisierung auf einem Sektor, weil das wiederum die Beziehungen der einzelnen Verkehrsträger untereinander nachhaltig zu stören geeignet ist.Darüber hinaus haben wir eine Reihe von Vorschlägen gemacht, die sicherlich nicht von so großem Gewicht sind, daß sie hier behandelt werden müßten. Aber sie haben natürlich große Bedeutung für die Betroffenen. Ich hoffe, daß es möglich sein wird, im Ausschuß den Dialog mit der Regierung über diese Frage fortzusetzen.Meine Damen und Herren, wenn wir bei diesen Fragen zu einer übereinstimmenden Auffassung gekommen sind, so heißt das nicht, daß nunmehr Lösungen für die Verkehrsprobleme gefunden worden seien. Wir als Opposition haben im Ausschuß angeregt, auch den Ersten Abschnitt des Verkehrsberichts zu behandeln. Die Kollegen von den Koalitionsfraktionen haben zum Ausdruck gebracht, daß sie darauf keinen Wert legten. Auch ich bin der Meinung, daß es in der Tat wenig sinnvoll ist, über einzelne Formulierungen des Ersten Abschnitts zu diskutieren. Dort heißt es nämlich u. a. — und darüber lohnt es sich wirklich nicht zu reden —, daß nunmehr eine Wende in der deutschen Verkehrspolitik eingetreten sei, daß verhängnisvolle Entwicklungen aufgehalten worden seien
und nunmehr die Basis für zukunftsfrohe Erwartungen geschaffen sei. Denn, meine Damen und Herren, bei aller Übereinstimmung in sekundären Fragen können wir nicht darüber hinweggehen, daß die zentralen Probleme unserer Verkehrspolitik nach wie vor der Lösung harren.
Ich denke z. B. an die Angleichung der Wettbewerbsbedingungen, eine Frage, die sicherlich nicht allein im nationalen Rahmen gelöst werden kann. Sie wird Gegenstand intensiver Bemühungen auf europäischer Ebene sein müssen. Zum zweiten haben wir auch das uns gesteckte Ziel der Verbesserung der Sicherheit auf unseren Straßen, wie die Unfallzahlen im Jahre 1970 und die Entwicklung im Jahre 1971 zeigen, nicht erreicht. Das muß uns anspornen, noch mehr Nachdruck auf die Lösung dieser Frage zu legen. Was das dritte Ziel, nämlich die Schaffung einer gesunden wirtschaftlichen Basis für die Deutsche Bundesbahn betrifft, so zeigen uns auch hier die Zahlen von 1970 und die Entwicklung1971, daß wir uns in der falschen Richtung bewegen.Wir wollen das heute nicht weiter behandeln. Die Opposition wird die ihr zur Verfügung stehenden parlamentarischen Mittel benutzen, um den Immobilismus, den wir im Hinblick auf die Lösung all dieser Fragen bei der Regierung feststellen, abzubauen. Sollte das nicht nützen, so werden wir durch eigene Vorschläge die Diskussion in Gang bringen.Wir können nur hoffen — das ist fernab von jeder parteitaktischen Überlegung unser Wunsch —, daß es erstens gelingen möge, nun wirklich etwas im Kampf gegen den Tod auf der Straße zu erreichen. Zum zweiten geht es darum, auch auf dem Gebiet der Verkehrspolitik unseren Beitrag zur europäischen Einigung zu leisten. Zum dritten ist es unser Bestreben, das Bundesunternehmen Deutsche Bundesbahn sinnvoll in unsere Verkehrswirtschaft einzuordnen, so daß die Menschen dort in Ruhe und Frieden ihrer Arbeit nachgehen können.
Das Wort hat der Abgeordnete Haar.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das verkehrspolitische Programm der Bundesregierung für den Zeitraum von 1968 bis 1972 hat weittragende Impulse ausgelöst. Die heute vorliegenden Entschließungsentwürfe sind das Ergebnis eingehender Beratungen über den Verkehrsbericht 1970. Für die nächste Phase der Entscheidungen ist sicher nicht ohne Bedeutung, daß die mit Sorgfalt und auch mit Gründlichkeit geführte Diskussion der Verkehrspolitiker aller Fraktionen zu einem übereinstimmenden Votum in den Bereichen Eisenbahnen und kombinierter Verkehr in der Straßenverkehrswirtschaft wie in der Luft- und Binnenschiffahrt einschließlich des Seeverkehrs geführt haben.Oberstes Ziel dieser Verkehrspolitik bleibt für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion die am Gemeinwohl ausgerichtete umfassende Neuordnung unseres Verkehrswesens. Die gegen das Konzept des Leber-Plans vorgebrachten grundsätzlichen Einwände sind inzwischen nahezu verstummt.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich an die Koalitionsvereinbarungen vom 25. Juni 1968 erinnern, die unter anderem zur Förderung des kombinierten Verkehrs und zur Besteuerung des Straßengüterverkehrs geführt haben.Als eigentliches Kernstück aller Überlegungen darf wohl auch heute noch die gemeinsame Vorstellung gelten, die wirtschaftliche Lage der Verkehrsträger durch Annäherung der Ausgangsbedingungen für den Wettbewerb so zu verbessern, daß sie langfristig die Nachfrage der Bevölkerung und der Wirtschaft nach Verkehrsleistungen zu angemessenen Bedingungen aus eigener Kraft erfüllen können. Das gilt insbesondere auch für die Deutsche Bundesbahn. Der von der Bundesregierung beschrittene Weg
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Haar
einer schrittweisen Liberalisierung und damit eines Mehr an Marktwirtschaft im Verkehr findet unsere Unterstützung.Deshalb ist es folgerichtig, auch der Deutschen Bundesbahn größere unternehmerische Selbständigkeit zu geben. Höchste technische Leistungen und organisatorische Maßnahmen auf dem Gebiet der Reorganisation, der Konzentration und der Rationalisierung dieses Unternehmens erfordern Bewegungsfreiheit und im scharfen Wind des Wettbewerbs auch eine flexible Tarifpolitik. Die Erfahrungen mit der letzten Tarifanhebung zeigen bereits heute, daß hier ein Weg gewiesen wurde, der für alle gangbar ist. In den Entschließungsantrag zum Kapitel Eisenbahnen und kombinierter Verkehr wurde daher auch ein entsprechender Punkt aufgenommen, wonach die Bundesregierung ersucht wird, das Bundesbahngesetz in dieser Richtung zu novellieren.Die nicht wegzudiskutierende Tatsache von Überkapazitäten, die außerhalb der Spitzenverkehrszeiten brachliegen, bereitet allen mit verkehrspolitischen Problemen vertrauten Fachleuten große Sorge. Der volkswirtschaftliche Luxus eines überdimensionierten Wettbewerbs auf einem Feld nicht speicherbarer Dienstleistungen hat schon in der Vergangenheit zu ruinöser Konkurrenz geführt. Die Erfahrungen seit 1968 beweisen, daß staatliche Maßnahmen zum Abbau chronischer Überkapazitäten in Teilbereichen unseres Verkehrswesens notwendig waren und volkswirtschaftlich gesehen auch von entscheidender Bedeutung bleiben.Auch in Zukunft fällt der Eisenbahn die entscheidende Aufgabe zu, als ein in jeder Lage und zu jeder Jahreszeit leistungsfähiges Verkehrsmittel die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Im Gegensatz zu anderen Verkehrsträgern muß die Bundesbahn auch künftig beträchtliche Reserven im nationalen Interesse und für saisonale Verkehrsspitzen vorhalten. Unwirtschaftlicher Streuverkehr muß bedient und im Rahmen der Betriebs- und Beförderungspflicht manches Stückgut angenommen werden, für das konkurrierende Verkehrsträger keine Kapazität bereithalten. In seinen nachteiligen Auswirkungen für die Ertragssituation der Bundesbahn sind das nur einige Aspekte, die ich ergänzen darf mit dem Hinweis, daß die ungelösten Wegekosten zu den folgenschwersten Belastungen und Benachteiligungen der Bahn bis zur politischen Lösung dieses auf europäischer Ebene anstehenden Fragenkreises gehören.Bei Straßen, im Kanalbau oder im Luftverkehr ist die Eigenwirtschaftlichkeit bis heute nicht das alleingültige Kriterium für die Investitionsentscheidung der Baulastträger. Lediglich bei den Schienenbahnen ist das Postulat, die Fortentwicklung aller öffentlichen Fahrwege nach dem Grundsatz der Eigenwirtschaftlichkeit zu bestimmen, zu verwirklichen. So konkurrieren auch die sämtlich der öffentlichen Hand gehörenden Verkehrswege gegenseitig, wobei sich die Eisenbahnen, weil sie selbst dringend Modernisierungsinvestitionen über den Preis zu finanzieren haben, von vornherein in einer schwierigen Position befinden.Der Mangel einer praktikablen Verkehrsordnung mit ihren unzuträglichen Folgen aus der Zeit der Verantwortung von Herrn Seebohm wird nicht nur durch dieses Beispiel deutlich, sondern auch durch das veränderte Leistungs- und Ertragsbild der Bundesbahn im Vergleich vor und nach 1967. Wir wissen, wie entscheidend die wirtschaftliche Gesundung der Deutschen Bundesbahn und die Verbesserung der Situation der nicht bundeseigenen Eisenbahnen, die im regionalen Bereich wichtige Aufgaben wahrnehmen, sind. Auch unter diesem Gesichtspunkt braucht die Bundesbahn eine größere Unabhängigkeit von den auf sie einwirkenden politischen Instanzen.Formale Regelungen ersetzen aber nicht die notwendigen weiterführenden Entscheidungen in der Verkehrspolitik. Die unzureichende Kapitalausstattung, das noch nicht voll geregelte Ersatzanspruchs-problem in jenen Fällen, in denen die Bundesbahn auf Grund einer Auflage oder gesetzlichen Verpflichtung Leistungen erbringen muß, gehören zum Katalog der noch nicht befriedigend gelösten Fragen. Zur Zeit befindet sich die Bahn auf dem Weg der Stabilisierung, aber noch ist die Phase ihrer Sanierung als Voraussetzung voller kaufmännischer Beweglichkeit nicht erreicht. Der Wiederaufbau der durch Kriegseinwirkung zerstörten Bahnanlagen ist eine stolze Leistung, aber die Milliardenlast durch Fremdmittel bleibt eine Hypothek, die sich bis heute äußerst ungünstig auf die Ertragslage auswirkt. Die Bereinigung der Kapitalstruktur durch die Schuldübernahme durch den Bund, wie sie in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 28. Oktober 1969 angekündigt wurde, muß bald über die Bühne gehen. Das Eigentümerverhältnis BundBundesbahn ist endgültig zu bereinigen.Ich glaube, wir sind uns darin einig, daß die Bundesbahn und vor allem ihre Beschäftigten gezeigt haben, zu welchen Leistungen sie fähig sind. Der große Transportboom im vergangenen Jahr ist bewältigt worden. Die Produktivität ist von 1960 bis 1970 um 145 % gesteigert worden. Natürlich stehen höheren Erträgen auch steigende Ausgaben auf der Aufwandseite gegenüber. In diesem personalintensiven Dienstleistungsbetrieb sind eben 70 % der Ausgaben Personalkosten. Das haben alle Fraktionen zu Beginn dieses Jahres auch mit beschlossen, und insoweit ist auch der Vorwurf zur Frage der Deckung des Defizits in der Sache heute eigentlich nicht angebracht. Eine Million Mehrleistungsschichten und erhebliche Urlaubsrückstände sind das Ergebnis der Leistungsbereitschaft von 400 000 Eisenbahnern im letzten Jahr. Damit ist auch das Zerrbild der damaligen Gesundschrumpfungspolitik überholt.Lassen Sie mich abschließend noch eine Bemerkung zur Frage der Sicherheit im Schienenverkehr machen. Wie immer auch Ursache und Schuld an der letzten schweren Eisenbahnkatastrophe verteilt sein mögen, fest steht, daß wirksame Maßnahmen, die sich nicht nur auf Nebenstrecken konzentrieren, eingeleitet werden müssen. Durch die geplante Ausrüstung aller Strecken- und Triebfahrzeuge mit Zugbahnfunk und die weitere Modernisierung der Si-Haar
gnale und sonstigen Sicherheitseinrichtungen kann zwar sicher kein lückenloses technisches Sicherheitssystem geschaffen, aber menschliches Versagen als mögliche Unfallursache weitgehend ausgeschaltet werden. Die Diskussion über Fragen der Sicherheit im Schienenverkehr war und ist notwendig, aber sie darf nicht isoliert geführt werden; denn im Straßen- und Luftverkehr sind ebenso dringend umfassend angelegte Maßnahmen erforderlich, um der Gefährdung und Beeinträchtigung menschlichen Lebens Einhalt zu gebieten.Wenn hier von der Oppositionsseite vorher formuliert worden ist, daß die Steigerung der Unfallhäufigkeit mit zu den Mißergebnissen der Verkehrspolitik der letzten zwei Jahre gehöre, so darf ich doch auf die Leistungen hinweisen, die in den letzten drei Jahren nachweisbar erzielt worden sind.
Die Bundesregierung hat in einem Sechs-PunkteProgramm deutlich gemacht, wie sie versuchen will, den Problemen, auch der Unfallhäufigkeit auf unseren Straßen, zu begegnen. Die Behauptung, wir würden uns in der falschen Richtung bewegen, wird durch den Verkehrsbericht 1970 und die Übereinstimmung in den wesentlichen Fragen von selbst widerlegt.Wir Sozialdemokraten sind überzeugt, daß es der Bundesregierung gelingen wird, die Ziele des Leber-Plans, Wettbewerbsverhältnisse und damit auch die Gesundung der Verkehrsträger in diesem Lande, schrittweise zu erreichen.
Das Wort hat der Abgeordnete Graaff.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da im Ausschuß Einstimmigkeit über die hier zu behandelnden Themen bestanden hat, kann ich es mir versagen, auf alle Einzelheiten, die den Ausschuß bei der Behandlung des Verkehrsberichts der Bundesregierung beschäftigt haben, einzugehen.Wir haben davon auszugehen, daß die Verkehrspolitik in sich eine Einheit bildet und daß trotzdem die Interessen der einzelnen Verkehrsträger dabei gebührend berücksichtigt werden müssen. Natürlich stellen die Interessenverbände an uns weitgehende Forderungen, die weder die Politik noch die diese Politik tragende Bundesregierung bewilligen könnte, wenn sie nicht in einen Widerspruch zu der gesamten Konzeption geraten sollte. Oberste Maxime wird bleiben: Soviel Wettbewerb im Verkehr wie möglich, aber auch soviel Rücksichtnahme auf die Sonderheiten des Verkehrs wie notwendig. Eine dritte Maxime kommt hinzu: die Sicherheitsvorschriften im Verkehr müssen so verbessert werden, daß bei allen Verkehrsträgern — nicht nur bei der Eisenbahn oder auf der Straße die Unfallgefahren auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben.Eine wesentliche Rolle spielt im Verkehr die Abgrenzung der mittelständischen Interessen gegenüber beispielsweise den Interessen der Deutschen Bundesbahn, die ja das Rückgrat des gesamten deutschen Binnenverkehrs darstellt. Ich brauche nicht erneut im einzelnen auszuführen, wie sich die Leistungen der Deutschen Bundesbahn in den letzten Jahren zu ihren Gunsten verbessert haben. Mir scheint aber auch eine größere Entscheidungsfreiheit der Bundesbahn und ihres Vorstandes notwendig zu sein. Sie muß weit mehr von politischen Einflüssen gelöst werden, als es uns bisher gelungen ist. Es kann doch nicht Rechtens und vernünftig sein, daß der Vorstand der Bundesbahn vor einem Jahr ganze Industriezweige aufforderte, Kapazitäten in bis dahin ungekannter Größenordnung bereitzustellen, um ein halbes Jahr später zu erklären: Schönen Dank, die ganzen Kapazitäten werden nicht benötigt; wir haben kein Geld mehr. Das kann weder eine zyklische noch eine antizyklische Konjunkturpolitik sein, sondern eben nur aus der Abhängigkeit von dem Kapitalgeber und von den sich laufend verändernden Verhältnissen in der Finanzpolitik des Bundes begründet werden. Hier wäre also, wie der Ausschuß einmütig feststellt, eine größere Entscheidungsfreiheit des Vorstandes nach der Ordnung der Kapitalverhältnisse dieses Bundesunternehmens sicherlich von Vorteil.Zum Straßenverkehr nur zwei ganz kurze Anmerkungen. Wir würden es begrüßen, wenn es uns gelänge, die Konzessionierung im Verkehr flexibler zu gestalten, weil wir der Meinung sind, daß die Anpassung an die Verkehrsbedürfnisse und die Forderungen der verladenden Wirtschaft durch ein flexibleres Konzessionierungssystem mit Sicherheit besser gelöst werden können, als es bisher der Fall ist.Der Seeverkehr unterliegt erheblichen internationalen Wettbewerbsverzerrungen. Es ist leider bis heute nicht gelungen — auch nicht im Rahmen internationaler Zusammenarbeit —, fremde Regierungen davon zu überzeugen, daß die Unterstützung und die Subventionierung ihres Seeverkehrs nur weltweite Verzerrungen hervorrufen, die zwangsläufig zu Gegenmaßnahmen führen. Hinzu kommt für die deutsche Seeschiffahrt, daß durch die notwendigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen im Bereich unserer Währungspolitik Verluste eintreten, die in die Millionensummen gehen, über die irgendwo und -wann wegen eines Ausgleichs wird gesprochen werden müssen.Es ist sicherlich auch unumstritten, daß die Modernisierung und der Ausbau unserer Flotte durch entsprechende Finanzhilfen gesichert werden müssen, dies um so mehr, als in einer größeren EWG die Probleme unserer Seeschiffahrt mit Sicherheit nicht leichter werden, als sie heute sind.Was die Binnenschiffahrt angeht, meine Damen und Herren, unterstützen wir die Vorschläge, die im Verkehrsausschuß erarbeitet worden sind. Nur haben wir erhebliche Bedenken: Wir sehen, daß auf der einen Seite mit enormem finanziellen Aufwand Kapazitäten der Binnenschiffahrt stillgelegt werden müssen, was der Steuerzahler tragen muß, und auf der anderen Seite lassen wir uns auf dem Umweg über die Sonderabschreibungen neue Schiffsbauten
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Graaffgefallen, die weiß Gott verkehrsmäßig nicht notwendig gewesen wären.
-- Ich weiß, Herr Kollege.Nun zum Luftverkehr. Wir alle in diesem Hause sind, glaube ich, einer Meinung, daß das Verhalten der Fluglotsen unsere Sympathie nicht hat finden können und sie sich auch nicht der Sympathie des fliegenden Publikums erfreuen dürfen. Man kann durchaus Verständnis für gewisse Forderungen der Fluglotsen haben, nur scheint mir die Art, wie versucht wurde, sie durchzusetzen, die ungeeignetste zu sein. Sicherlich sind die Verkehrsbelastungen im Luftverkehr unterschiedlich gelagert. Man sollte sehr sorgfältig untersuchen, ob nicht gewisse Spitzenbelastungen in einigen Verkehrsknotenpunkten des Luftverkehrs dadurch abgebaut oder gemildert werden können, daß Verkehrsströme, die nicht fahrplangebunden sind, umgeleitet und anderen Verkehrsflughäfen zugewiesen werden.Ein letztes Wort! Verkehr, so hat man immer wieder gesagt, kennt keine Grenzen. Wir erleben das im Zuge der weltweiten Verflechtung immer mehr. Das bedeutet aber auch, daß nationale Entscheidungen immer stärker Rücksicht nehmen müssen auf internationale Entscheidungen, und das zwingt zu einer weit größeren internationalen Verständigung und einer weit größeren verkehrlichen Ordnung auf internationaler Ebene, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Ich brauche nur daran zu erinnern, daß das Problem der Wegekosten, das wir in den Griff zu bekommen versucht haben, ohne internationale Verständigung einfach nicht zu lösen ist. Wir möchten hoffen und wünschen, daß es der Bundesregierung alsbald gelingt, hier international praktikable Lösungen zu finden.
Das Wort hat der Abgeordnete Jobst.
Meine verehrten Damen und Herren, die Geschäftslage sieht so aus, daß außer dieser noch zwei Wortmeldungen vorliegen. Ich möchte nicht zu weiteren Wortmeldungen ermuntern, sondern nur sagen, daß man sich jedenfalls darauf einrichten sollte, daß es wohl schneller gehen wird, als wir es erwarteten. — Bitte schön, Herr Kollege Jobst!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den dem Hohen Hause vorliegenden Entschließungsanträgen wird die Bundesregierung aufgefordert, alsbald gesetzliche Maßnahmen in der Verkehrspolitik dem Parlament vorzulegen. Wir stimmen mit den Koalitionsfraktionen darin überein, daß die Regierung aufgefordert werden muß, alsbald zu handeln. Ich glaube, es ist wirklich dringend notwendig, daß die Regierung zum Handeln aufgefordert wird. Die von uns gemeinsam getragenen Entschließungsentwürfe machen deutlich, daß die Regierung auf diesem Gebiet künftig von Propagandareden Abstand nehmen will
und bereit zu sein scheint, die Probleme endlich wirklich ernsthaft anzufassen.
Die Verkehrsprobleme werden immer drängender. Die Wende in der Verkehspolitik, von der der Bundesverkehrsminister noch am 2. Dezember 1970 gesprochen hat, ist leider nicht eingetreten. Wir stimmen dem Kollegen Haar zu, wenn er für die SPD ausführt, daß eine umfassende Neuordnung des Verkehrswesens notwendig sei. Tatsache ist doch, daß die Verkehrsprobleme geblieben sind und heute in verschärfter Form vor uns stehen und daß sich eben auf diesem Gebiet wenig geändert hat. Deshalb hätten wir es begrüßt, wenn der Berichtstermin, der der Bundesregierung auferlegt ist, vorverlegt worden wäre, damit die angekündigten Maßnahmen bei der mittelfristigen Finanzplanung im Herbst dieses Jahres berücksichtigt werden könnten.
Herr Kollege Apel, Sie haben heute in Ihren Ausführungen behauptet, die Regierung mache eine rationale Verkehrspolitik. Ich habe den Eindruck, daß sich diese Politik weniger an der Ratio als an Gefühlen orientiert und stark von Gefühlen geleitet ist. Für unsere moderne, arbeitsteilige Wirtschaft ist der Verkehr von großer Bedeutung. Er ist heute nicht mehr Diener, sondern ein Kernstück der' Wirtschaft. Die Verkehrsprobleme können nicht gelöst werden, ohne daß wir eine leistungsfähige und gesunde Bundesbahn haben. Die finanziellen Sorgen der Bundesbahn haben ihre Ursache nicht in unzureichenden Anstrengungen der Unternehmensführung oder der 400 000 Eisenbahner, vielmehr liegen diese Ursachen in der Verkehrspolitik, die die offenliegenden Probleme bisher nicht zu lösen vermochte.
In den Verkehrsdebatten — auch heute — ist man sich einig darin, daß und mit welcher Zielstellung gehandelt werden müsse. Die entsprechenden Entscheidungen werden aber jeweils vor sich her geschoben.
Die Deutsche Bundesbahn als wichtigster Verkehrsträger der deutschen Wirtschaft kann eine gute Leistungsbilanz vorweisen. Sie hat in den letzten Jahren hohe Verkehrsleistungen erbracht. Sie hat eine beachtliche Steigerung der Produktivität aufzuweisen und kann mit einem ansehnlichen Anstieg der Verkehrseinnahmen aufwarten. Trotz alledem ist die finanzielle Situation nicht verbessert worden, sondern sie hat sich eher verschlechtert. Trotz der Rekorde, in die die Deutsche Bundesbahn in den vergangenen Jahren gefahren ist, ist das finanzielle Ergebnis unbefriedigend geblieben. Wir wissen, daß die Schuld nicht bei der Bundesbahn liegt, sondern daß andere Gründe hier ursächlich sind. Insbesondere die Lohn- und Kostenexplosion hat zu einem weiteren Anstieg des Fehlbetrages geführt. Gerade die Verkehrswirtschaft hat die konjunkturelle Welle der Lohnerhöhungen mit einer überdurchschnittlichen Wucht getroffen, weil der Verkehr, und insbesondere der Schienenverkehr, nach wie vor zu den überaus personalintensiven Wirtschaftsbereichen zählt. Der Fehlbetrag bei der
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Dr. Jobst
Deutschen Bundesbahn ist deshalb kein echtes Defizit. Ich meine, wir sollten von diesem Begriff ganz wegkommen, weil die Bundesbahn nicht die Möglichkeit hat, den von außen herrührenden Faktoren auf Grund der gesetzlichen Auflagen und den Vorbelastungen zu begegnen.
Wir haben über diese Probleme ein sehr langes Hearing im Verkehrsausschuß gehabt. Ein Konzept für eine langfristige Gesundung der Bundesbahn vermochte auch dort nicht überzeugend gegeben werden, so daß die Verkehrsprobleme nach wie vor auf dem Tisch liegen und es deshalb Aufgabe der Verkehrspolitiker ist, diese Dinge jetzt endlich zielgerecht in die Hand zu nehmen.
Welches sind die Hauptprobleme bei der Deutschen Bundesbahn? Die Deutsche Bundesbahn unterhält im Gegensatz zu ihren Konkurrenten den Fahrweg selbst. Hier muß eine Lösung gefunden werden, um der Bundesbahn diese Last abzunehmen. Es wird immer wieder von einem Bundesverkehrswegeprogramm geredet, das dieses Problem einer Lösung zuführen solle. Auch im Verkehrsbericht sind daüber einige Andeutungen gemacht worden. Ich meine, hier ist der Verkehrsminister im Wort, gerade in dieser Frage endlich dem Hohen Hause geeignete Vorschläge zu unterbreiten.
Ein zweites Moment. Der Güterverkehr unterliegt in der heutigen Marktwirtschaft den marktwirtschaftlichen Gesetzen. Auch der Güterverkehr der Deutschen Bundesbahn muß in diese marktwirtschaftliche Ordnung eingebettet sein. Aber alle Anstrengungen der Unternehmensführung und der Eisenbahner können sich nicht voll auswirken, wenn der Bundesbahn administrative Preise auferlegt sind, wenn ihr die Beförderungs- und die Tarifpflicht obliegt, wenn sie also in ein Korsett eingezwängt ist, das die anderen Verkehrsträger bei weitem nicht in diesem Maße haben.
Ein weiteres Beispiel ist der Personennahverkehr der Deutschen Bundesbahn, in dessen Bereich sie eine Aufgabe der Daseinsvorsorge erfüllt. Der Fehlbetrag von 1,4 Milliarden DM ist der Deutschen Bundesbahn bisher nur zum Teil abgenommen worden. Wenn wir der Meinung sind, daß es sich hier um Aufgaben für die Allgemeinheit handelt, dann müßte einem wirtschaftlichen Unternehmen eben auch diese Last abgenommen werden.
Ein viertes Moment ist, daß sich die Deutsche Bundesbahn mit einer sehr hohen Fremdverschuldung herumschlagen muß, die sie nicht zu vertreten hat, weil diese durch die Folgen des zweiten Weltkrieges verursacht wurde. Diese 12 Milliarden DM Fremdverschuldung, die allein jährlich Zinsen von etwa 900 Millionen DM erfordert — das sind tägliche Zinsen von 2 bis 3 Millionen DM —, sind ein Klotz am Bein der Bundesbahn, der endlich abgenommen werden sollte. Wenn die Deutsche Bundesbahn ihre Aufgaben künftig erfüllen soll, müssen ihr auch die Mittel für die Rationalisierung und die weitere Technisierung zur Verfügung gestellt werden. Das Streckenausbauprogramm für die Verbesserung des Fahrwegs ist ein geeignetes Konzept, das die
Deutsche Bundesbahn dazu vorgelegt hat. Aufgabe der Verkehrspolitik ist es, die Deutsche Bundesbahn in die Lage zu versetzen, dieses Programm durchzuführen.
Es ist heute das Problem der Sicherheit angesprochen worden. Ich stelle hierzu fest, daß die Sicherheit bei der Eisenbahn in keiner Weise in Frage gestellt ist. Wir wissen, daß dort ein höchstmöglicher Sicherheitsgrad vorhanden ist. Wir müssen aber auch wissen, daß menschliche Fehlhandlungen bei aller Technik auch bei der Deutschen Bundesbahn nicht ganz ausgeschlossen werden können.
Meine Damen und Herren, die jetzige gesamtwirtschaftliche Phase wird den weiteren Rationalisierungs- und Anpassungsprozeß verzögern. Dies bedeutet, daß das grüne Licht für die Eisenbahn noch weiter in die Ferne gerückt wird. Aufgabe der Verkehrspolitik ist es aber, zu verhindern, daß dieser Prozeß, ausgelöst durch die derzeitige Wirtschaftspolitik, auf dem Rücken der Bahn oder der Eisenbahner ausgetragen wird.
Wir müssen leider trotz aller schönen Worte, die von den Kollegen der Koalition gemacht wurden, und trotz der Schönfärberei im Verkehrsbericht feststellen, daß in der Verkehrspolitik das Barometer leider Gottes keine Schönwetterperiode anzeigt und die Verkehrspolitik doch weiter in eine Sackgasse geraten ist. Die brennenden Probleme erfordern es daher, daß der Verkehrsminister endlich die notwendigen Maßnahmen einleitet und eine neue Konzeption in der Verkehrspolitik, insbesondere in dem Bereich der Deutschen Bundesbahn, ins Auge faßt.
Das Wort hat der Herr Bundesminister Leber.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe der Debatte heute hier sehr aufmerksam zugehört und habe auch die Diskussionen über den Verkehrsbericht im Ausschuß für Verkehr und für das Post-und Fernmeldewesen aufmerksam verfolgt. Ich habe Veranlassung, für die Sachlichkeit, die kritische und die konstruktive Art, mit der das geschehen ist, persönlich meinen Dank zu sagen. Dies gilt auch für die Debatte, die heute hier stattgefunden hat.Ich glaube, ich trage der Geschäftslage und der Atmosphäre des Hauses am besten dadurch Rechnung, daß ich mich auf diese Bemerkungen beschränke und noch zwei Gedanken hinzufüge. Ich sehe zwei Komplexe, um die es in der Verkehrspolitik geht.Erstens haben wir es mit einer Auseinandersetzung über den Weg zu tun, den wir gehen wollen und den wir für richtig halten. Dann gibt es einen zweiten Komplex, der in zwei Unterabschnitte zerfällt: solche Aufgaben, die man an sich für richtig hält; die einen kann man finanzieren, die anderen nicht oder noch nicht. Was in diesem Rahmen Priorität hat, kann ebenfalls Gegenstand kritischer Auseinandersetzun-
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Bundesminister Lebergen sein. Ich glaube, wenn wir uns darauf beschränken, bleibt auch die Sachlichkeit der Atmosphäre erhalten, und dann können wir am konstruktivsten miteinander verhandeln.Es ist auch kein schlechtes Zeichen für die Verkehrspolitik, soweit sie von der Regierung konzipiert wird, daß sie einen solchen Widerhall im Parlament findet. Ich bin sehr zufrieden und sehr ermutigt durch die Tatsache, daß der Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen fünf Entschließungen beschlossen hat, wobei es keinen Dissens gegeben hat; sie sind einmütig von allen Parteien angenommen worden. Ich hoffe, das Hohe Haus wird dem folgen. Das wird uns den Mut geben, auch weiter konstruktiv in der Arbeit fortzufahren.
Meine Damen und Herren, wir haben über die Anträge der Ausschüsse zu den Punkten a bis e zu befinden. Ich glaube, wir können über alle fünf Ausschußanträge gemeinsam abstimmen. Die Anträge sind jeweils unterteilt erstens in die Empfehlung, Kenntnis zu nehmen, und zweitens in Empfehlungen, die sich auf den Sachgegenstand der einzelnen Punkte beziehen. Sind Sie damit einverstanden? — Das ist der Fall.Wer den Ausschußanträgen in den Drucksachen VI /2279, VI /2280, VI /2281, VI /2282 und VI /2283, jeweils in den Ziffern 1 und 2, zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.Meine Damen und Herren, zur weiteren Geschäftslage sieht es inzwischen so aus, daß zum Punkt 7 a, b, c eine Debatte stattfinden soll, vorausgesetzt, die Herren, die daran teilnehmen, sind anwesend.Ich mache zweitens darauf aufmerksam, daß man sich inzwischen verständigt hat, Punkt 10, die Einführung von Vorschriften des Lastenausgleichsrechts im Saarland, ohne Erklärungen zu behandeln. Das bedeutet, daß in den allernächsten Minuten bereits Punkt 12, die Änderung des Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films, aufgerufen wird, zu dem eine Debatte vorgesehen ist.
Keine Debatte. Es wird immer besser. Danachkommt bereits Punkt 13, das Soldatenversorgungsgesetz. Ich darf bitten, daß diejenigen, die dazu sprechen wollen, sich bereits in der Nähe halten.Da der Berichterstatter zu Punkt 7 a, b, c zwar im Saale war, aber im Moment nicht anwesend ist, sind Sie sicher damit einverstanden, daß wir mit einigen anderen Tagesordnungspunkten fortfahren.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzeszur Änderung des Gesetzes zu der Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten KonfliktenDrucksache VI/ 1658 —a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung- Drucksache VI /2234 —Berichterstatter:Abgeordneter Dr. Riedl
b) Schriftlicher Bericht des Innenausschusses
— Drucksache VI /2142 —Berichterstatter: Abgeordneter Biechele
Ich danke den Berichterstattern. Begehren die Berichterstatter das Wort zur mündlichen Ergänzung? — Das ist nicht der Fall.Ich eröffne die Aussprache in der zweiten Beratung. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung. Wir können sie wohl gemeinsam vornehmen. Wer Art. 1, Art. 2, Art. 3, der Einleitung und der Überschrift in zweiter Beratung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.Ich eröffne diedritte Beratung.—Das Wort wird nicht begehrt. Ich schließe die Aussprache.Wer dem Gesetz insgesamt zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen. Punkt 9 der Tagesordnung ist erledigt.Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Einführung von Vorschriften des Lastenausgleichsrechts im Saarland— Drucksache VI/ 1905 —a) Bericht des. Hushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung— Drucksache VI /2260 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Riedl
b) Schriftlicher Bericht des Innenausschusses
— Drucksache VI /2259 —Berichterstatter: Abgeordneter Hofmann
Ich danke den Berichterstattern und frage, ob sie das Wort zur Ergänzung wünschen. — Das ist nicht der Fall.
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Präsident von HasselIch eröffne die zweite Beratung. Das Wort wirdnicht begehrt. Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung. Wir können wohl auch hier gemeinsam abstimmen. Wer Art. I, Art. II, Art. III, der Einleitung und der der Überschrift zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig beschlossen.Ich eröffne diedritte Beratung.Das Wort wird nicht begehrt. Ich schließe die dritte Beratung. Wer dem Gesetz in seiner Gesamtheit zustimmt, den bitte ich, sich zu erhebn. —Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1971
— Drucksache VI/ 1810 —Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft
— Drucksache VI /2270 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Frerichs Abgeordneter Kater
Ich danke den Berichterstattern. Wünschen sie zusätzlich das Wort? — Das ist nicht der Fall.Ich eröffne die Aussprache in der zweiten Beratung. — Das Wort wird nicht begehrt. Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung in zweiter Beratung. Können wir gemeinsam abstimmen? — Keine Bedenken. Wer den §§ 1 bis 10, der Einleitung und der Überschrift zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.Ich eröffne diedritte Beratung.Wer dem Gesetz im ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig beschlossen.Wir haben nunmehr über die Ausschußanträge abzustimmen. In der Drucksache VI /2270 finden Sie auf der letzten Seite zwei Entschließungsanträge, über die wir abzustimmen haben. Wer diesen Entschließungsanträgen unter Ziffer 2 und Ziffer 3 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs einesFünften Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Häftlingshilfegesetzes
— Drucksache VI /1999 —a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung— Drucksache VI /2272 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Riedl
b) Schriftlicher Bericht des Innenausschusses
— Drucksache VI /2217 —Berichterstatter: Abgeordneter Freiherr von Fircks
Ich danke den Herrn Berichterstattern. Wünschen diese das Wort für eine mündliche Ergänzung? — Das ist der Fall. Herr Abgeordneter Freiherr von Fircks hat als Berichterstatter das Wort zur mündlichen Ergänzung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Schriftlichen Bericht wäre nichts hinzuzufügen, wenn nicht der Zeitablauf eine geringfügige Änderung des Gesetzestextes notwendig machte. Im Art. 3 des Gesetzes ist bestimmt, daß das Gesetz am 1. Juli 1971 in Kraft tritt. Da die Ausschußberatungen erst zu einem späteren Zeitpunkt als ursprünglich geplant abgeschlossen werden konnten, ist eine Verkündung des Gesetzes noch vor dem 1. Juli nicht mehr möglich. Ich beantrage deshalb auf Beschluß des Innenausschusses, in Art. 3 die Worte: „Dieses Gesetz tritt am i . Juli in Kraft" durch die Worte: „Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Juli 1971 in Kraft" zu ersetzen und erbitte hierfür Ihre Zustimmung.
Nach dem Nicken, das ich auf allen Seiten feststelle, scheint man damit einverstanden zu sein. Wir haben das zur Kenntnis genommen; wir kommen nachher zur Abstimmung.
Ich eröffne nunmehr die Aussprache in zweiter Beratung. — Das Wort hat der Abgeordnete Müller .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur eine kurze Erklärung zu der Vorlage abgeben.Die zur zweiten Beratung anstehende Vorlage auf Drucksache VI /2217 enthält für politische Häftlinge, die wegen ihrer persönlichen Haltung als freiheitliche Demokraten nach der Besetzung ihres Aufenthaltsortes oder nach dem 8. Mai 1945 in Gewahrsam genommen wurden, Leistungsverbesserungen. Aus diesem Grunde stimmen wir der Vorlage selbstverständlich zu.Der Deutsche Bundestag hat aber bei der Verabschiedung der dritten Novelle zum Häftlingshilfegesetz im April 1969 zwei Entschließungsanträge angenommen, in denen die Bundesregierung aufgefordert wurde, zu prüfen, ob die Möglichkeit be-
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Müller
steht, erstens die Nachteile im Rentenfall zu beseitigen und zweitens die Anerkennung der Gesundheitsschäden zu verbessern. In dem zweiten Fall haben meine politischen Freunde im Innenausschuß einen entsprechenden Antrag gestellt. Dieser Antrag wurde aber mit den Koalitionsstimmen abgelehnt. Weitergehende Anträge in dieser Beziehung wurden aus finanziellen Gründen nicht gestellt. Wir sehen aber in der Verabschiedung dieser Vorlage nicht die volle Erfüllung der im April 1969 verabschiedeten Entschließungsanträge. Daher behalten wir uns vor, zu einer späteren Gelegenheit eventuell darauf zurückzukommen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hofmann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die sozialdemokratische Fraktion darf ich die Erklärung abgeben, daß wir erfreut sind, daß die Bundesregierung in dieser kurzen Zeit das Häftlingshilfegesetz in dieser Weise verbessert hat. Es ist erfreulich, daß wir hier einem Personenkreis helfen konnten, der wohl mit zu den leidtragendsten unseres Volkes gehört. Deshalb begrüßen wir die Einstimmigkeit im Ausschuß und erhoffen sie auch hier. Wir danken noch einmal der Regierung und bitten das gesamte Hohe Haus, diesem Gesetz zuzustimmen.
Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache in der zweiten Lesung.
Wir kommen zur Abstimmung in zweiter Lesung. Wir können gemeinsam über Art. 1, 2 und 3 in der hinsichtlich des Inkrafttretens geänderten Fassung, Einleitung und Überschrift abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Wer dem Gesetz in der vorliegenden Fassung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Wir müssen noch über die Ausschußempfehlung unter Ziffer 2 befinden. Wer dieser Empfehlung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe nun Punkt 13 der Tagesordnung auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes
— Drucksache W1681 — aa) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache VI /2277 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Althammer
blij Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses
— Drucksache VI/2276 —
Berichterstatter: Abgeordneter Haase
b) Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes
— Drucksache VI /10 —Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses
— Drucksache VI /2276 —
Berichterstatter: Abgeordneter Haase
c) Zweite Beratung des von den Abgeordneten Dr. Klepsch, Ernesti, Damm, Dr. Zimmermann, Stahlberg, Dr. Marx und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes
— Drucksache VI /530 —
Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses
— Drucksache VI /2276 —
Berichterstatter: Abgeordneter Haase
Ich danke den Berichterstattern für die Berichterstattung. Zur mündlichen Ergänzung hat als Berichterstatter Herr Abgeordneter Haase das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will den Schriftlichen Bericht nicht ergänzen, sondern nur einen Hinweis auf ein mögliches Mißverständnis geben. Im Bericht des Haushaltsausschusses sind die Mehrkosten für 1971 mit 44 Millionen, für 1972, 1973 und 1974 mit 47, 47,5 und 49 Millionen DM ausgewiesen. Im Bericht des Verteidigungsausschusses hingegen sind diese Mehrkosten für 1971 bis 1974 mit 61,9, 56,1, 56,5 und 58 Millionen DM ausgewiesen.Ich will nur darauf hinweisen, daß dies darauf zurückzuführen ist, daß im Bericht des Verteidigungsausschusses die Mehrkosten für die Änderung des § 38 des Soldatenversorgungsgesetzes hinzugerechnet wurden, während diese Mehrkosten von 18 Millionen DM für 1971 sowie — rückwirkend — für
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Haase
1970 und von 9 Millionen DM für die kommenden Jahre im Bericht des Haushaltsausschusses nicht mehr berücksichtigt sind, weil der § 38 des Soldatenversorgungsgesetzes durch das Bundesbesoldungsvereinheitlichungs- und -neuregelungsgesetz bereits geändert worden ist. Diese Kosten sind also hier in unterschiedlicher Höhe ausgewiesen. Ich bitte, das zu entschuldigen.
Ich eröffne die Aussprache in zweiter Lesung. Das Wort dazu hat der Abgeordnete Stahlberg gewünscht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Achte Gesetz zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes liegt nach Beratung in den Ausschüssen und den zuständigen Gremien nunmehr .dem Bundestag in der zweiten Lesung zur Verabschiedung vor. Dieses Gesetz soll nach der Begründung des Regierungsentwurfs Härten in der Versorgung der Berufs- und Zeitsoldaten beseitigen. Es hat dazu — dies sei ausdrücklich positiv hervorgehoben — mit zahlreichen Änderungen für die Berufs- und Zeitsoldaten auch weitgehend beigetragen.Allerdings bin ich der Auffassung, daß der Regierungsentwurf zwei Punkte nur unzulänglich regelt. Ich denke dabei erstens an das Problem der Soldaten auf Zeit, die 12 bis 15 Jahre dienen und anschließend eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst aufnehmen; sie müssen nach wie vor mit unverhältnismäßigen Kürzungen ihrer Dienstzeitversorgung rechnen
Ich denke weiter — dies ist der zweite Punkt —an die Nichtanrechnung von Zeiten im Ruhestand nach § 70 Abs. 4 des Soldatenversorgungsgesetzes mit den daraus folgenden Härten.Gestatten Sie mir zu beiden Punkten einige Ausführungen. Ich bin der Aufffassung, daß der mit dem Regierungsentwurf verfolgte Zweck, Schwächen in der Versorgung an Hand der praktischen Erfahrungen der letzten Jahre in angemessener und abgewogener Weise zu beseitigen, im erstgenannten Punkt in keiner Hinsicht erfüllt wird. Im Gegenteil werden die Kürzungsregelungen zuungunsten der Soldaten auf Zeit, die 12 und 15 Jahre dienen, nach § 79 Abs. 2 des Soldatenversorgungsgesetzes aufrechterhalten. Dies trägt dazu bei, daß die Neuregelung wieder auf Jahre hinaus zu Unzufriedenheit und Verärgerung bei den Betroffenen selbst führt.
Jährlich scheiden Tausende von Soldaten auf Zeit, die 12 bis 15 Jahre in der Bundeswehr gedient haben, aus der Bundeswehr aus. Im Jahre 1971 sind es nach meinen Informationen 7800, 1972 werden es 8300 und 1973 6200 sein. 40 bis 50 % dieser Soldaten werden vermutlich in den öffentlichen Dienst gehen wollen. Auf Grund der unbefriedigenden Regelung mit der Kürzung der Dienstzeitversorgung bei Aufnahme einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst werden diese Soldaten mit großer Verärgerung aus der Bundeswehr ausscheiden. Gerade diese für den Bereich der Bundeswehr so wichtige Personengruppe wird damit zu einem Abwerbungsfaktor ersten Ranges werden können.
— Das ist richtig, Herr Kollege Buchstaller. Aber ich ging von der Vermutung aus, daß etwa 40 bis 50 % von ihnen in den öffentlichen Dienst wollen.
Was nutzen alle Erkenntnisse darüber, daß diese längerdienenden Soldaten auf Zeit für die Bundeswehr am wichtigsten sind, wenn man die Gruppe der 12 bis 15 Jahre Dienenden hier in eklatanter Weise gegenüber anderen Gruppen benachteiligt?Gestatten Sie mir wegen der Kompliziertheit der Materie wenige Bemerkungen. Der ausscheidende Zeitsoldat erhält nach dem Soldatenversorgungsgesetz laufend Übergangsgebührnisse bis zu einer Dauer von drei Jahren und eine Übergangsbeihilfe als einmalige Leistung, gestaffelt nach der Länge der Dienstzeit. Diese finanzielle Unterstützung soll ihm die Wiedereingliederung in das Zivilleben erleichtern. Übergangsgebührnisse und Übergangsbeihilfen belaufen sich beispielsweise für einen Soldaten auf Zeit, der 8 Jahre dient, immerhin auf 26 000 DM, für einen Soldaten, der 12 bzw. 15 Jahre dient, immerhin auf rund 50 000 DM.Während diese Dienstzeitversorgung an die ehemaligen Zeitsoldaten bei der Aufnahme einer Tätigkeit in der Privatwirtschaft ungekürzt ausgezahlt wird, unterliegt sie bei der Aufnahme einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst Kürzungen bzw. Ruhensregelungen. Je nachdem, ob es sich um einen Soldaten auf Zeit, der 8, oder um einen Soldaten auf Zeit, der 12 bis 15 Jahre gedient hat, handelt, je nachdem, ob derjenige, der 12 bis 15 Jahre gedient hat, den Zulassungsschein oder Eingliederungsschein in Anspruch nimmt oder nicht, ergeben sich bei der späteren Tätigkeit im öffentlichen Dienst völlig unterschiedliche Kürzungsbeträge, die von der Sache her kaum verständlich sind.Beispielsweise erhält der Soldat auf Zeit, der 8 Jahre dient und der sich für den Eintritt in den öffentlichen Dienst entscheidet, in der Regel seine Dienstzeitversorgung ungekürzt. Das ist das Ergebnis der Verlängerung der günstigeren Ruhensregelung des § 79 a des Soldatenversorgungsgesetzes zugunsten dieses Personenkreises bis zum Jahre 1975. Auch die Übergangsbeihilfe wird in keinem Fall gekürzt.Demgegenüber erleiden die Soldaten auf Zeit, die 12 bis 15 Jahre dienen, sowohl bei der Übergangsbeihilfe als auch bei den Übergangsgebührnissen empfindliche Kürzungen, die zum Teil bis zu 50 % der gesamten Dienstzeitversorgung ausmachen. Die Schlechterstellung der Soldaten auf Zeit, die 12 bis 15 Jahre dienen, gegenüber den Soldaten auf Zeit, die 8 Jahre dienen, ist von der Sache her in keiner Weise gerechtfertigt, insbesondere auch nicht mit der Begründung, daß ihnen Eingliederungshilfen zur
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StahlbergVerfügung gestellt werden, da viele Soldaten auf Zeit, die 12 bis 15 Jahre dienen, diese Eingliederungshilfen überhaupt nicht in Anspruch nehmen. Dafür, daß sie dem Staat länger gedient haben, werden sie letztlich bei der Dienstzeitversorgung meiner Meinung nach wesentlich bestraft.Die Ungleichbehandlung ist aber nicht nur zwischen dem Soldaten auf Zeit, der 12 Jahre dient, und dem, der 8 Jahre dient, gegeben. Noch schlimmer ist der Umstand, daß der Gesetzgeber im Bereich des Bundesgrenzschutzes die Vorschrift, die dem § 79 a des Soldatenversorgungsgesetzes entspricht, nämlich den § 27 a des Bundespolizeigesetzes, auch für diejenigen Angehörigen des Bundesgrenzschutzes, die 12 und mehr Jahre Dienstzeit haben, verlängert hat. Die unterschiedliche Behandlung dieses Personenkreises gegenüber den Zeitsoldaten mit 12 und 15 Jahren Dienstzeit ist noch weniger verständlich. Das Bundesverfassungsgericht wird sicherlich hierzu bemüht werden. Ich bin der Auffassung, daß es feststellen wird, daß hier eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gegeben sein könnte. Wie mir bekannt ist, hat auch der Berufsverband der Soldaten einen Musterprozeß eingeleitet.Die vorgesehenen Verbesserungen des Regierungsentwurfs zu § 79 des Soldatenversorgungsgesetzes sind nicht geeignet, die gegebenen Ungerechtigkeiten aus der Welt zu schaffen. Vielmehr potenzieren sie noch die schon jetzt nicht mehr verständliche Differenzierung. Der Regierungsentwurf klammert diejenigen von der strengen Ruhensregelung aus, die als Soldaten auf Zeit — 12 bis 15 Jahre eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst aufnehmen, die vom Stellenvorbehalt nicht erfaßt wird. Das sind im wesentlichen der Dienst bei der Länderpolizei, der Schuldienst sowie die Tätigkeit bei Gemeinden mt weniger als 10 000 Einwohnern. Ich frage Sie: Wer von den Betroffenen wird es wohl verstehen, wenn er bei einer Gemeinde mit 11 000 Einwohnern 15- bis 20 000 D-Mark mehr an Übergangsgebührnissen verliert als derjenige Soldat auf Zeit, der ebenfalls 12 bis 15 Jahre dient, aber bei einer kleineren Gemeinde von beispielsweise 9800 Einwohnern eine Tätigkeit aufnimmt?
Ich bin der Auffassung, daß die jetzige Regelung in diesem Bereich eigentlich nicht einmal als Übergangslösung hingenommen werden dürfte. Soll dem Anliegen des Regierungsentwurfs hinreichend Rechnung getragen werden, nämlich Härten und Schwächen in der Versorgung zu beseitigen, so muß dieses Problem befriedigender gelöst werden; andernfalls werden sich mit Sicherheit Auswirkungen hinsichtlich der Weiterverpflichtungsbereitschaft der Soldaten auf Zeit — auf 12 und mehr Jahre — ergeben.Ich möchte noch kurz auf folgendes eingehen. Nach der jetzigen Regelung wird die Zwischenzeit nach § 70 Abs. 1 und 2 für solche Soldaten nicht angerechnet, die sich in dieser Zeit nach dem Gesetz zu Art. 131 GG im Ruhestand befanden. Diese Fälle gibt es in dieser Form überhaupt nur in der Bundeswehr. Es sind ganze 20 Personen, die in dieser Hinsicht überhaupt in Frage kommen.
Handelt es sich hier schon im Bereich der Bundeswehr um eine verschwindend kleine Zahl von 20 Betroffenen, denen im Interesse der Gerechtigkeit endlich geholfen werden sollte, so ist die entsprechende Zahl im übrigen öffentlichen Dienst verschwindend gering. Fälle außerhalb der Bundeswehr treten praktisch gar nicht auf, da nur in der Bundeswehr eine Wiederverwendung erst ab 1956 möglich war.
Die Fraktion der CDU/CSU hat unbeschadet ihrer eigenen Initiativen zur Verbesserung der Soldatenversorgung Kompromißbereitschaft in den Ausschüssen gezeigt, nicht zuletzt deshalb, weil unser Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes als Initiative nahezu ein Jahr die Ausschüsse bzw. dieses Haus beschäftigt hat. Wir wollten eine uns notwendige erscheinende Verbesserung nicht noch weiter hinauszögern. Wir sind jedoch der Meinung, daß bei der nächsten Gesetzesnovellierung die aufgezeigten Ungereimtheiten und Ungerechtigkeiten beseitigt werden müssen, damit das Soldatenversorgungsgesetz mit der Grundsatzerklärung des Regierungsentwurfs, nämlich Härten zu beseitigen, in jeder Weise übereinstimmt.
Das Wort hat in der Aussprache zur zweiten Lesung der Abgeordnete Haase.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte eigentlich die Absicht, zur dritten Lesung für die Koalitionsfraktionen eine Erklärung abzugeben. Ich bitte aber, der Reihenfolge wegen damit einverstanden zu sein, daß ich das jetzt mit der Debatte zur zweiten Lesung verbinde und in der dritten Lesung auf eine Erklärung verzichte.Wir stehen vor der Verabschiedung eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes. Das bedeutet, daß nach der Verabschiedung des ersten, des eigentlichen Soldatenversorgungsgesetzes, des Soldatenversorgungsgrundgesetzes, bereits fünf Änderungen vorgenommen worden sind. Dabei hat es sich immer um Zwischenlösungen, Einzellösungen, Korrekturen gehandelt, die sich in der Zwischenzeit als notwendig erwiesen.Diesmal ist uns von der Bundesregierung, ergänzt durch zwei CDU/CSU-Anträge, ein ganzes Bündel von Neuerungen und Verbesserungen im Soldatenversorgungsrecht vorgelegt worden. Wir haben dieses Bündel an Änderungen des Soldatenversorgungsrechts im Verteidigungsausschuß und in den mitberatenden Ausschüssen sachlich beraten und verhandelt. Wir haben im Verteidigungsausschuß eine Unterkommission gebildet, und ich möchte an dieser Stelle den Kollegen, die in dieser Kommission „Soldatenversorgungsgesetz" mitgearbeitet
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haben, für die sachliche und zügige Mitarbeit recht herzlich danken. Ich glaube, wir haben damit den Gesetzgebungsgang nicht nur vereinfacht, sondern auch verkürzt. Diese Verkürzung des Gesetzgebungsgangs war auch der Ausgangspunkt für die Bildung dieser kleinen Kommission. Es sollte endlich einmal in einem größeren Zusammenhang eine Korrektur änderungsbedürftiger Vorschriften vorgenommen und damit gewissermaßen ein Rückstand aufgeholt werden. Freilich, Herr Kollege Stahlberg, ist auch diese Korrektur in einigen Punkten noch nicht voll befriedigend, z. B. was gewisse Gruppen der Zeitsoldaten betrifft. Darauf komme ich noch zu sprechen. Wir werden also davon ausgehen müssen, daß dies kein Abschluß ist, sondern ein gebündelter Anfang einer Novellierung unseres gesamten Soldatenversorgungsrechts.Es ist an dieser Stelle und zu dieser Zeit notwendig, auf einige wenige, aber wichtige Dinge hinzuweisen, die dieses Gesetz beinhaltet. Das erste ist, daß erstmalig durch diese Novelle der Rechtsanspruch auf Berufsförderung auch für Zeitoffiziere eingeführt wird, die ja bisher, wenn sie sich z. B. als Abiturienten für sechs oder acht oder zwölf Jahre verpflichteten, ohne die Absicht kundzutun, Berufsoffizier zu werden, nach dieser Zeit zwar mit der materiellen Ausstattung, mit Versorgungsbezügen ausgeschieden sind, aber keine anderweitige Übergangshilfe angeboten bekamen, die es ihnen erleichtert, den Weg vom militärischen Dienst in den zivilen Beruf zu finden. Das halten wir für einen wesentlichen Fortschritt, auch im Hinblick auf das, was sich im Bereich von Bildung und Ausbildung in der Bundeswehr anbahnt, im Zusammenhang mit den veränderten Verhältnissen in der zivilen Wirtschaft auf der Grundlage des jetzt vorliegenden Berichts der Ellwein-Kommission. Wir werden uns ja in der nächsten Zeit im Verteidigungsausschuß und anderen zuständigen Ausschüssen mit diesem Komplex sehr intensiv befassen müssen.Wir haben in den Personenkreis der Anspruchsberechtigten auf Berufsförderung erfreulicherweise die Strahlflugzeugführer einbezogen, die ja seit einiger Zeit einen besonderen Status hinsichtlich der Altersgrenze für das Ausscheiden haben, eine Regelung, die im Hinblick auf das allgemeine Beamtenrecht eine Konstruktion ganz eigener Art ausmacht. Sie scheiden schon sehr frühzeitig aus, nachdem sie ihren schweren Dienst als Jet-Piloten in der Bundeswehr geleistet haben. Auch ihnen wird jetzt der Rechtsanspruch gewährt, Institutionen der Bundeswehr und auch andere Institutionen zu nutzen, um sich für den Übergang in das zivile Berufsleben vorzubereiten.In Übereinstimmung mit den Kollegen im Innenausschuß und im Haushaltsausschuß ist es uns gelungen, den von der Bundesregierung vorgeschlagenen anrechnungsfreien Betrag der Übergangsbeihilfe bei Inanspruchnahme eines Eingliederungsoder Zulassungsscheines von 50 % auf 75 % anzuheben, so daß für den davon betroffenen Personenkreis die Spanne zwischen dem vollen Betrag der Übergangsbeihilfe und dem ermäßigten Betrag auf 25% zusammengeschrumpft ist. Diese 25 °/o sollten wir, Herr Kolle Stahlberg, zunächst einmal — ohne daß ich damit in eine Einzeldebatte einsteigen möchte -- als einen Unterschied sehen zwischen denjenigen, die im vollen Risiko stehend in das zivile Berufsleben überwechseln, und denjenigen, die auf Grund von bestehenden Rechtsvorschriften von vornherein die Sicherheit haben, nach Ablauf ihrer Dienstzeit ohne Schwierigkeiten und mit besonderen materiellen Absicherungen in den zivilen Bereich des öffentlichen Dienstes überwechseln zu können.
Wesentlich ist ferner folgende Regelung, wenn sie auch für den einen oder anderen nicht voll befriedigend sein mag — bei jedem Gesetz gibt es Härtefälle, die dann wieder Anlaß und Anstoß zu Überlegungen über weitere Verbesserungen geben —: Die Ruhegehaltskala nach § 26 haben wir immerhin insoweit verbessert, als für die vom Lebensalter her gesehen frühzeitig ausscheidenden Berufssoldaten, soweit sie die Höchstgrenze der Altersversorgung nicht erreicht haben, eine Anhebung um 3 p Platz greift, sowie dadurch, daß die Kriegsdienstzeiten nicht mehr wie bisher mit einem Drittel, sondern zur Hälfte angerechnet werden, was in der Regel 2 % ausmacht, so daß in diesen Fällen das bisherige Ruhegehalt um insgesamt rund 5 % aufgestockt wird.Ich habe vorhin bemerkt, daß wir davon ausgehen, daß dieses Novellierungsgesetz kein Abschlußgesetz ist, sondern der Anfang einer Modernisierung des Soldatenversorgungsrechts im Rahmen des Versorgungsrechts des Öffentlichen Dienstes; denn aus diesem Komplex, bezogen auf die derzeitigen Verhältnisse kann es nicht voll herausgelöst werden. Im Zuge einer Änderung und Verbesserung der Personalstruktur und bei der Realisierung dessen, was die Personalstruktur-Kommission in ihrem zu erwartenden Bericht vorschlagen wird, wird es notwendig sein, das Versorgungsrecht an diese dann veränderten personalrechtlichen Verhältnisse in Form einer nochmaligen Novellierung anzugleichen. Dabei können wir uns, Herr Kollege Stahlberg, über einige Ungereimtheiten unterhalten, die Sie hier herausgestellt haben.Ich habe schon gesagt: es gibt einige unbefriedigende Dinge. Gut, Herr Stahlberg, wir sind uns darüber einig: es befriedigt keinen, daß die Z 8- und die Z 15-Soldaten in der Anrechnung ihrer Versorgungsbezüge unterschiedlich behandelt werden.
Nun haben aber diese beiden Zeitsoldaten auch einen unterschiedlichen Status. Es ist nicht vor der Hand zu weisen, daß der Z 8-Soldat, wenn er ausscheidet, keinen Anspruch auf einen Eingliederungsschein hat; er hat keinen rechtlichen Anspruch darauf, im öffentlichen Dienst beschäftigt zu werden. Ich sage das so, wie es ist, Herr Stahlberg, ohne Leidenschaft und ohne politische Wertung, wenn Sie so wollen. Demgegenüber braucht der Z 12- oder der Z 15-Soldat von dem Tage an, an dem er seinen Dienst in der Bundeswehr beginnt und die Absicht äußert, nach Ablauf seiner Dienstzeit im öffentlichen Dienst weiter beschäftigt zu werden, sich die ganzen 12 oder 15 Jahre keine Gedanken darüber zu machen, wie das denn nun geschehen soll; denn er hat
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Haase
einen absoluten Rechtsanspruch. Das gleiche gilt in ähnlicher Form für den Inhaber eines Zulassungsscheins, der eine Vorbehaltsstelle nach der gesetzlichen Regelung in Anspruch nimmt. Das ganze ist sicherlich unbefriedigend, aber ich meine, wir sollten nicht dazu übergehen, etwa den § 79 a — ich sage das hier ganz offen, Herr Kollege Stahlberg; vielleicht stimme ich da mit den Kollegen von der FDP nicht ganz überein — völlig zu streichen; denn das würde bedeuten, daß es dann für keinen Teil der Zeitsoldaten einen absoluten Rechtsanspruch auf Weiterbeschäftigung in irgendeinem Bereich außerhalb der Bundeswehr gäbe. Eine Streichung des § 79 a würde konsequenterweise auch zu der Überlegung führen, das Eingliederungsgesetz abzuschaffen und auch die Vorschriften über den Stellenvorbehalt zu beseitigen, weil dann alle mit gleichen Ansprüchen auf Versorgungsbezüge ausgestattet werden und im gleichen Risiko stehen müßten. Das würde wieder zu Ungerechtigkeiten führen, die wir alle sicherlich nicht wollen. Aber darüber kann man noch reden.Noch eine Bemerkung zu § 63 des Soldatenversorgungsgesetzes. Ich darf für die Koalitionsfraktionen erklären, daß wir froh darüber sind, daß es hier in dieser abschließenden Beratung im Plenum des Deutschen Bundestages nicht zu einer kontroversen Auseinandersetzung über die Anhebung der ersten Gruppe der Anspruchsberechtigten an die höherliegende Gruppe gekommen ist. Wir alle wissen, daß das Problem der zusätzlichen Unfallversorgung für alle Soldaten der Bundeswehr, die in einem besonderen Risiko stehen, unbefriedigend gelöst ist.
Diese unbefriedigende Lösung ist aber — das möchte ich hier offen zum Ausdruck bringen — letztlich darauf zurückzuführen, daß wir für eine bestimmte Gruppe einen Sprung nach oben gemacht haben, der sicherlich nicht auf der Erkenntnis einer Notwendigkeit von der dienstlichen Position her beruht, sondern seine Grundlage in einer Erscheinung hatte, die wir alle nicht für glücklich gehalten haben und die uns dann gezwungen hat, hier etwas zu tun, was beamtenrechtlich schwer durchsetzbar war. Es gibt ja auch im zivilen Beamtenrecht solche zusätzlichen Unfallversorgungsvorschriften, so für Sprengmeister und andere, die im zivilen Bereich des öffentlichen Dienstes beschäftigt sind. Ich will hier nur darstellen, wie wir die Dinge sehen.Ich meine, wir sollten der Bundesregierung insgesamt dankbar sein, daß sie uns dieses Paket an novellierten versorgungsrechtlichen Vorschriften vorgelegt hat.
— Herr Kollege Dr. Klepsch, sollen wir jetzt wieder in die hoffentlich vermeidbare Polemik verfallen, Ihnen den Vorwurf zu machen, als Sie dran waren, hätten Sie auch Zeit genug gehabt, die Dinge vorzutragen? Ich will darauf verzichten.
Zwischenfrage!
Herr Kollege Haase, ich will gern einräumen, daß dieser Gesetzentwurf — das hat auch unser Sprecher zum Ausdruck gebracht — wesentliche Verbesserungen enthält. Deswegen stimmen wir ihm auch zu. Mein Zwischenruf, Herr Kollege Haase, war so zu verstehen, daß wir es bedauert haben, daß unser Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes, den der Verteidigungsausschuß ja verabschiedet hat, über ein Jahr im Haushaltsausschuß lag, der keine Stellungnahme abgeben mochte, weil es ihm nicht so eilig war.
Herr Kollege Dr. Klepsch, ich bin Ihnen dankbar, daß Sie Ihren Zwischenruf so ausgelegt haben, daß es kein Vorwurf gegenüber dieser Bundesregierung und dem Bundesverteidigungsminister, sondern ein interner Vorwurf gegen eine andere Gruppe in diesem Hause war. Aber das müssen Sie dann mit den Kollegen vom Haushaltsausschuß ausmachen. Ich stehe hier für die Regierungskoalition.
Ich attestiere der Bundesregierung, daß sie uns ein insgesamt gutes Gesetz vorgelegt hat und daß wir, so meine ich, auch einmütig zur Verabschiedung dieses Gesetzes kommen. Ich möchte darum bitten.
Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesverteidigungsminister, Berkhan.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will Sie nicht lange aufhalten. Ich will hier nur einmal darauf hinweisen, daß es in diesem Gesetzentwurf gelungen ist, allen drei Gruppen von Soldaten, den Berufssoldaten, den auf Zeit dienenden Soldaten und den Wehrpflichtigen, Verbesserungen in ihrer Versorgung zu verschaffen. Die Einzelheiten sind hier aufgeführt, und die Differenzen sind aufgezeichnet.
Ich möchte aber den Kollegen Stahlberg und seine Fraktionskollegen darauf hinweisen, daß man dabei immer noch zu berücksichtigen hat, daß Soldaten in einem inneren Zusammenhang mit dem sonstigen öffentlichen Dienst zu sehen sind. Es hat also keinen Zweck, diese Lösung zu früh und zu einschneidend zu vollziehen, weil, insgesamt gesehen, die Soldaten in dieser Verklammerung bisher große Vorteile gehabt haben.
Ich würde Sie daher bitten, Herr Kollege Dr. Klepsch — trotz der Schelte, die Sie dem Haushaltsausschuß hier haben angedeihen lassen —, Ihr Herz über die Hürde zu werfen. Sie dienen damit nämlich den Soldaten. Aber Sie sind klug genug, um zu wissen, daß Sie auch sich selbst dienen.
Keine Wortmeldungen mehr.Vizepräsident Dr. SchmidWir kommen zur Abstimmung in zweiter Beratung. Ich rufe Art. 1, - 2, - 3, - 4, - 5 sowie Einleitung und Überschrift auf. - Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.Damit schließe ich die zweite und eröffne diedritte Beratung.Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Änderungsanträge liegen nicht vor.Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.Wir stimmen nunmehr über die weiteren Anträge des Ausschusses ab. Bei den Anträgen Nrn. II und III handelt es sich darum, die Initiativanträge und die Petitionen für erledigt zu erklären. Antrag Nr. IV ist ein Entschließungsantrag. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch hier einstimmige Annahme.Dann rufe ich nach der Reihenfolge, die die Fraktionen vereinbart haben, Punkt 12 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films- Drucksache VI /508 a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache VI /2157 Berichterstatter: Abgeordneter Röhnerb) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft
- Drucksache VI /2144 -Berichterstatter: Abgeordneter Gewandt
Wird von den Berichterstattern das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.Wir treten in die zweite Beratung ein. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Auch nicht zur Begründung des Antrags Umdruck 194? -Dann kommen wir zu Art. 1. Hierzu ist ein Änderungsantrag auf Umdruck 194 ') gestellt. Das Wort wird nicht gewünscht. Wir stimmen über den Änderungsantrag Umdruck 194 ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen eine Stimme angenommen.Art. 2, - Art. 3, - Art. 4 - sowie Einleitung und Überschrift! -- Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ende der zweiten Beratung.Dritte Beratung.Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Eine Enthaltung. Ich stelle im übrigen einstimmige Annahme fest.Wir kommen zu Ziffer 2 des Ausschußantrags. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Regelung der Rechtsverhältnisse bei baulichen Maßnahmen auf ehemals in Anspruch genommenen Grundstücken - Wertausgleichsgesetz- Drucksache VI/ 1615 Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses
- Drucksache VI /2275 Berichterstatter: Abgeordneter Baack
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.Wir kommen zur Abstimmung über die §§ 1, -2, - 3, - 4, - 5, - 6, - 7, - 8, - 9, - 10, -11, - 12, - 13, - 14, -- 15, - 16, - 17, - 18, -19, - 20, -21, - 22, - 23, 24, - 25, - 26, -27, - 28, - 29, - 30, - 31 - sowie Einleitung und Überschrift. - Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. -- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ende der zweiten Beratung.Ich rufe auf zurdritten Beratung. - Keine Wortmeldung.Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! -- Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes- Drucksache VI /2255 --a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung- Drucksache VI /2331 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Tamblé*) Siehe Anlage 2
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Vizepräsident Dr. Schmidb) Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses
— Drucksache VI /2289 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Weber
Die Herren Berichterstatter wünschen ihren Bericht nicht mündlich abzustatten. — Das Haus ist damit einverstanden.Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe Art. 1 bis 9 sowie Einleitung und Überschrift auf. — Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Ich rufe zurdritten Beratungauf. Anträge sind nicht gestellt. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich von seinem Sitz erheben. —Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Weitere Anträge liegen nicht vor. Ich rufe den folgenden Zusatzpunkt zur Tagesordnung auf:Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Mick, Erpenbeck, Geisenhofer, Baier und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten WohngeldgesetzesDrucksache VI /2162 —a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung— Drucksache VI /2332 —Berichterstatter: Abgeordneter Müller
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Städtebau und Wohnungswesen
— Drucksache VI /2298 —Berichterstatter: Abgeordneter Schmidt
Mündliche Berichterstattung wird nicht gewünscht.Ich rufe auf die §§ 1, — 2 und 3, — Einleitung und Überschrift. — Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Ich rufe auf zurdritten Beratung.Anträge liegen nicht vor. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich von seinem Sitz erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung:a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des BundesSeuchengesetzes— Drucksache VI/ 1568 —Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit
— Drucksache VI /2176 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Jungmann
b) Zweite Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachtenn Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des BundesSeuchengesetzes— Drucksache VI /387 —Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit
— Drucksache VI /2176 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Jungmann
c) Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des BundesSeuchengesetzes— Drucksache VI /1562 —Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich darf den interfraktionellen Antrag ganz kurz begründen. Aus der Drucksache VI /2176 können Sie entnehmen, daß der zuständige Ausschuß eine Fülle von Änderungen gegenüber den Vorschlägen der Bundesregierung vorgenommen hat. Aber der vorliegende Umdruck beweist, daß dem Parlament auch bei noch so vielen Änderungen im Ausschuß immer bessere oder noch bessere Erkenntnisse zuwachsen können.Dieser Antrag hat zwei Teile:Durch die Änderung in Art. 1 soll sichergestellt werden, daß die Selbstständigen, deren Betrieb oder Praxis während ihrer Absonderung ruht, keinen Schaden erleiden, sondern ebenso Ersatz bekommen, wie das bei den Unselbständigen der Fall ist.Art. 2 Abs. 4 regelt für Impfschäden aus der Zeit vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vier Fälle*) Siehe Anlage 3
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7460 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971
Vizepräsident Dr. Schmid— zur Abkürzung will ich nicht aufzählen, welche Fälle das sind , aber für den Fall, daß ein Entschädigungsantrag wegen eines Impfschadens bisher nicht gestellt worden ist, ist eine ausdrückliche Übergangsregelung im Gesetzentwurf nicht enthaltetn. Es war deshalb strittig, ob in diesen Fällen Versorgung nach dem Gesetz gewährt wird. Durch eine entsprechende Ergänzung des Abs. 4 in Art. 2 soll insoweit eine rechtliche Klarstellung erfolgen. Dann sind die Übergangsbestimmungen nach interfraktioneller Meinung wirklich geschlossen, und es können keine Zweifelsfragen mehr auftreten.Wir bitten um Zustimmung zu diesem Antrag.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Änderungsantrag Umdruck 193 Ziffer 1. Wer für diesen Änderungsantrag ist, der möge das Handzeichen geben. —Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme.
Dann Art. 1 in der so geänderten Fassung. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme.
Art. 2. Hier ist über Ziffer 2 des Änderungsantrags Umdruck 193 abzustimmen. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme.
Nun Art. 2 in der so geänderten Fassung. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme.
Art. 3, — 4, — 5 und 6, — Einleitung und Überschrift. — Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme. .
Ende der zweiten Beratung. Ich eröffne die dritte Beratung.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Glombig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die schrecklichen Vorgänge in Westbengalen und im Tschad zeigen uns, daß Seuchen ihre Aktualität leider noch nicht verloren haben. Das ist nicht nur ein Problem Afrikas und Asiens, sondern natürlich auch ein Problem Europas, wenn es um Vorbeugung, um Schutz vor Seuchen geht. Wir haben eine weitgehende Pflicht zur Schutzimpfung gegen bestimmte Erkrankungen. Es handelt sich hier um eine Vorleistung der Staatsbürger für die Allgemeinheit, und wenn diese Vorleistung zu Schäden führt, müssen diese von der Allgemeinheit auch wiedergutgemacht werden, soweit das im materiellen Bereich überhaupt möglich ist.Das, was sich an schrecklichen Vorgängen draußen in der Welt heute abspielt, kriegen wir durchs Fernsehen gratis ins Haus geliefert, und jeder macht sich seine Gedanken darüber, was infolge des modernen Massentourismus und des Näher-Aneinanderrückens der Kontinente vielleicht auch uns passieren könnte. Deshalb haben auch wir uns darüber Gedanken gemacht und' gemeint, daß das BundesSeuchengesetz einer Änderung zugeführt werden muß.Ich möchte deswegen zur dritten Lesung im Namen der SPD-Fraktion folgende Erklärung abgeben.Der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes ist das Ergebnis der Beratungen über die drei von den Fraktionen der SPD, FDP und CDU/CSU sowie der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes. Diese drei Gesetzentwürfe wurden im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zu einem Gesetzentwurf zusammengefaßt, der nunmehr die Bezeichnung „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Seuchengesetzes" trägt.Dieser Gesetzentwurf behandelt im wesentlichen die Verdienstausfallentschädigung bei Berufsverbot und Absonderung sowie die Regelung der Entschädigung von Impfschäden. Er bringt gegenüber dem geltenden Recht bedeutende Verbesserungen und Änderungen, und zwar aus einem Anlaß, der uns sicherlich noch im Gedächtnis haftet, nämlich auf Grund der Ereignisse in Meschede vor mehr als einem Jahr.Die jetzt geltende Fassung des Bundes-Seuchengesetzes sieht eine starre Höchstgrenze für die Verdienstausfallentschädigung von 660 DM vor. An die Stelle dieses festen Betrages tritt künftig eine flexible, an der Entwicklung der Einkommensverhältnisse orientierte Regelung. Diese Regelung sieht folgendermaßen aus.Erstens. Die Entschädigungsbehörde zahlt Personen, die aus seuchenhygienischen Gründen Berufsverboten unterliegen oder abgesondert werden, ihren Verdienst- bzw. Einkommensverlust in den ersten sechs Wochen voll, dann entsprechend den Krankengeldsätzen, die arbeitsunfähige Versicherte auf Grund der Reichsversicherungsordnung beanspruchen können.Zweitens. Bei grundsätzlicher Verpflichtung der Entschädigungsbehörde zur Leistung ist der Arbeitgeber in den ersten sechs Wochen vorleistungspflichtig, damit die Entscheidungen über die Anträge nicht auf dem Rücken der Antragsteller ausgetragen werden.Drittens. Für den Fall, daß durch Berufsverbot oder Absonderung die Existenz gefährdet wird, werden im Härteausgleich Mehraufwendungen in angemessenem Umfang erstattet. Selbständige, deren Betrieb oder Praxis während ihrer Absonderung ruht, sollen neben der Verdienstausfallentschädigung auf Antrag von der zuständigen Behörde Ersatz der während der Absonderung weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben in angemessenem Umfang erhalten. Das ist eine Anpassung an die Regelung für Arbeitnehmer, bei denen die Werbungskosten von der Entschädigung mit abgedeckt werden.Viertens. Um sozialversicherungsrechtliche Nachteile zu vermeiden, wird festgelegt, daß für die Dauer der Entschädigung eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversiche-
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Glombigrung sowie eine Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung zu Lasten des Kostenträgers fortbestehen.Besonders erfreulich, meine Damen und Herren, ist die Neuregelung der Entschädigung von Impfschäden, und zwar deshalb, weil das Bundes-Seuchengesetz jetzt keine Vorschriften über die Höhe der Entschädigungsleistungen enthält. Das hat zu unerträglich unterschiedlichen Schadensregelungen in den einzelnen Bundesländern geführt. Außerdem war allen Beteiligten klargeworden, daß der begünstigte Personenkreis zu eng gefaßt ist. Nunmehr soll eine bundeseinheitliche Schadensregelung durch entsprechende Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erreicht und der Kreis der anspruchsberechtigten Impfgeschädigten erweitert werden. Das ist ein sehr großer Fortschritt.Von großer Bedeutung ist zweifellos die Annahme des interfraktionellen Antrags, wonach Geschädigte, die bisher noch keinen Entschädigungsantrag gestellt haben, auch nach Inkrafttreten dieses Änderungsgesetzes noch einen Antrag stellen können. Diese Vorschrift dient der notwendigen Klarstellung im Interesse der Betroffenen.Meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten, diesem Gesetzentwurf Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Jungmann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie auch mir, im Namen meiner Fraktion, aber zugleich auch in meinem eigenen Namen als Berichterstatter meinem Schriftlichen Bericht noch einige mündliche Ergänzungen hinzuzufügen.Durch diese Novelle zum Bundes-Seuchengesetz sollen zunächst einmal die Entschädigungen für die von den Quarantänebestimmungen, genauer müßte man sagen: von Berufsverbot und Absonderungsbestimmungen des Bundes-Seuchengesetzes Betroffenen, vor allem aber die Verpflichtungen gegenüber den Impfgeschädigten, grundlegend verbessert werden. Davon ist soeben schon die Rede gewesen. Es ist für alle Beteiligten besonders wohltuend gewesen, daß bei der Vorbereitung und Ausarbeitung dieses Gesetzes weder sachliche noch politische Kontroversen eine Rolle gespielt haben, um so mehr aber ein gemeinsamer Wetteifer um die Erreichung eines gemeinsamen Zieles festzustellen war. Das gilt für die beiden interfraktionellen Änderungsanträge ebenso wie für den gesamten Gesetzentwurf, der Ihnen nun zur endgültigen Entscheidung vorliegt.Durch dieses Gesetz wird der Aufopferungsanspruch der Impfgeschädigten ausdrücklich und stärker als bisher anerkannt. Die Gleichstellung der Impfgeschädigten mit anderen Versorgungsberechtigten im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes bedeutet nicht nur eine wesentliche materielle Verbesserung, sondern vor allem auch eine Verbesserung gegenüber der überaus peinlichen Rechtsunsicherheit in der bisherigen Entschädigungspraxis. Es bedeutet für uns alle eine Erleichterung unseresGewissens — ich glaube, das gilt nicht nur für diejenigen, die an dem Gesetz mitgearbeitet haben, sondern auch für Sie —, daß mit der Einführung des Versorgungsrechts in die Entschädigung von Impffolgen, abgesehen von der ausdrücklichen Erleichterung der Beweislast — in Zukunft wird schon die Wahrscheinlichkeit eines Impfschadens ausreichen, um den Entschädigungsanspruch auszulösen — auch alle bisher abschlägig beschiedenen Ansprüche wiederaufleben können.Die Zuständigkeit der Sozialgerichte wird, so will es der Gesetzgeber jedenfalls, wesentliche Vorteile gegenüber der bisher zuständigen ordentlichen Gerichtsbarkeit mit sich bringen.Nach dem Gesetzentwurf sollten die obersten Gesundheitsbehörden der Länder für die öffentliche Empfehlung von Impfungen zuständig sein. Wenn der Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit dem formalrechtlich begründeten Wunsch des Bundesrates gefolgt ist, für diese Aufgabe nicht ausdrücklich die obersten Landesbehörden, sondern die in den Ländern zuständigen Behörden — so heißt es im Gesetzestext — verantwortlich zu machen, so ist der Ausschuß doch davon ausgegangen, daß die obersten Landesbehörden für diese Aufgaben verantwortlich sein werden; nicht, weil sich der Ausschuß damit auch nur gedanklich in die Verwaltungshoheit der Länder einmischen möchte, sondern weil eine andere Regelung im Interesse der Staatsbürger nicht vertretbar wäre. Der impfwillige Staatsbürger und auch der Arzt dürfen nicht im unklaren bleiben, welche Behörde für die öffentliche Empfehlung von Impfungen mit ihrer außerordentlich weitreichenden Konsequenz zuständig ist. Das kann von der Sache her nur die oberste Landesgesundheitsbehörde sein, von der erwartet werden muß, doll sie die Bürger und die Ärzte ihres Landes klar und eindeutig über ihre Entscheidungen in Impffragen informieren wird. Das ist für den Staatsbürger auch dann von wesentlicher Bedeutung, wenn bestimmte Impfungen, wie eine Grippeschutzimpfung, die ich nur als Beispiel nenne — vielleicht stimmt das Beispiel gar nicht nicht öffentlich empfohlen werden sollten.Es muß auch erwartet werden, daß die obersten Gesundheitsbehörden der Länder um einheitliche Empfehlungen bemüht sein werden, soweit es sich nicht um zeitlich und örtlich begrenzte Maßnahmen handelt. Von dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministerium schließlich muß eine entsprechende Koordination auch dann erwartet werden, wenn es ihm an der formalen Kompetenz dazu fehlt. Das ist in der Vergangenheit so geschehen. Aber ich möchte nochmals ausdrücklich betonen, daß das die Vorstellung ist, von der der Ausschuß ausgegangen ist, als er dieses Gesetz erarbeitet hat.Erlauben Sie mir schließlich noch einige wenige Worte zu den allgemeinen Impfproblemen. Es gibt bekanntlich Impfgegner aus Prinzip und Impfgegner auf Grund eigener bitterer Erfahrung, während sich die überwiegende Mehrzahl der Staatsbürger auf die Richtigkeit der gesetzlichen Vorschriften und auf das Verantwortungsbewußtsein der Gesundheitsbe-
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Dr. Jungmannhörden verläßt und tatsächlich auch verlassen muß; eigentlich müßte ich sagen: verlassen können muß. Die mangelhafte Regelung der Entschädigung von Impfschäden ist bisher eine überaus schwere Belastung des Vertrauens der Bevölkerung sowohl in die Richtigkeit der Vorschriften als auch in das Verantwortungsbewußtsein der Gesundheitsbehörden gewesen. Dieser Vorwurf trifft nicht die Gesundheitsbehörden, er trifft und traf den Gesetzgeber. Die berechtigte Kritik an den sehr unbefriedigenden Entschädigungsregelungen hat das Verhältnis zwischen den Vorteilen von Schutzimpfungen und den damit verbundenen Risiken schwer belastet und die Erkennung ihrer nicht zu übersehenden Vorteile, wie zum Beispiel bei der Bekämpfung der Kinderlähmung, erschwert.Ich möchte der Hoffnung Ausdruck geben — und darf das auch namens meiner Fraktion tun —, daß die Beseitigung der Ärgernisse der unbefriedigenden Versorgung der Impfgeschädigten nun den Weg frei machen wird für die längst fällige offene Diskussion über das Für und Wider von Impfungen überhaupt, insbesondere der Pockenschutzimpfung.Es würde über das gebotene Maß dieser mündlichen Ergänzung des von mir schriftlich gegebenen Berichts hinausgehen, wenn ich hier auf weitere Einzelheiten eingehen wollte; das liegt auch nicht im Interesse der Sache.Ich erkläre für meine Fraktion, daß wir diesem Gesetz mit den Änderungen, denen inzwischen schon zugestimmt worden ist, unsere Zustimmung geben werden.
Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär Westphal.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf für Frau Bundesminister Strobel einige Sätze zu diesem Gesetz sagen.Herr Präsident, Frau Strobel wäre gern hier gewesen. Durch die Änderung im Ablauf der Tagesordnung war es ihr jedoch nicht möglich, anwesend zu sein. Ich bitte, das zu entschuldigen.Gestatten Sie mir ein paar Sätze zu dem Gesetz. Der Teil des Gesetzes, der von der Bundesregierung eingebracht wurde, dient der Verbesserung der Impfschadensregelung. Die Zahl der Familien, die ein impfgeschädigtes Kind haben, ist in der Bundesrepublik nicht groß. Aber das Leid, das dadurch über sie gekommen ist, daß sie einen solchen Impfschaden in der Familie bei einem Kinde haben, ist unermeßlich. Sie gehören zu denen, von denen der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung vom Oktober 1969 gesagt hat: „Wir werden besonders für die Mitbürger sorgen, die trotz Hochkonjunktur und trotz Vollbeschäftigung immer noch im Schatten leben müssen."Es sind nicht allein die Geschädigten selbst, es sind vor allem die Mütter und Väter, aber auch dieGeschwister, die dieses harte Los mit trifft. Wenn man weiß, wie belastend manche Prozesse um die Anerkennung eines Impfschadens waren, wie unerbittlich manchmal um die kleinste materielle Verbesserung gestritten werden mußte, dann atmet man über diesen Beschluß, den das Hohe Haus jetzt hier faßt, auf. Dann atmet man darüber auf, daß die Entschädigung künftig in der ganzen Bundesrepublik, also in allen Ländern, nach dem Bundesversorgungsgesetz erfolgen wird, daß der Nachweis des Impfschadens erleichtert wird und schon die Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs mit der Impfung genügt, daß die Anmeldefristen für Impfschäden entfallen und daß auch die Möglichkeit eröffnet wird, einen neuen Antrag in solchen Fällen zu stellen, in denen der Antrag wegen eines ungenügenden Nachweises des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Impfung und Gesundheitsschaden oder wegen Fristversäumnis abgelehnt worden war.Über den Kreis der bisher bereits entschädigungsberechtigten Personen hinaus werden nunmehr anspruchsberechtigt sein:1. Personen, die durch Impfungen auf Grund der Durchführungsverordnung zu den internationalen Gesundheitsvorschriften geschädigt wurden;2. hinterbliebene Eltern von Impfgeschädigten, die in bestimmten Fällen eine Elternrente erhalten können;3. Deutsche, die im Ausland durch eine Pockenschutzimpfung, zu der sie bei einem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet gewesen wären, geschädigt wurden;4. im früheren deutschen Reichsgebiet außerhalb der Bundesrepublik oder in der DDR impfgeschädigte Deutsche, die dort auf Grund des Impfgesetzes von 1874 oder der Gesetze der DDR gegen Pocken geimpft wurden und jetzt ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik haben;5. Personen, die, ohne selbst geimpft zu sein, durch Aufnahme von ausgeschiedenen Erregern geimpfter Personen geschädigt wurden.Meine Damen und Herren, wir sind über die Verabschiedung dieser grundlegenden Neuerungen im Bundes-Seuchengesetz froh. Das gilt selbstverständlich auch für die anderen Teile des Gesetzes, die die Entschädigung bei Berufsverbot und Absonderung betreffen und über die Entschädigung bei Entseuchungsmaßnahmen, über die gerade Herr Kollege Glombig und auch der Vorredner gesprochen haben.Frau Strobel, die, wie ich sagte, in diesem Augenblick einer anderen Verpflichtung nachgehen muß, kann damit für sich feststellen, daß eine der ganz wichtigen Aufgaben im Interesse der Bedrängtesten in unserer Gesellschaft, die Frau Strobel sich zu lösen vorgenommen hatte, seitdem sie der für die Gesundheit in diesem Lande verantwortliche Bundesminister ist, als gelöst betrachtet und auf der Habenseite der Reformen dieser Bundesregierung gebucht werden kann.
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Wird noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Schlußabstimmung, da Anträge nicht vorliegen. Wer dem Gesetzentwurf in der durch die Annahme von Umdruck 193 abgeänderten Fassung zustimmen will, möge sich von seinem Sitz erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Nunmehr stimmen wir über Ziffer 2 des Antrags des Ausschusses ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe nunmehr Punkt 16 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Bundesstatistik für das Hochschulwesen
— Drucksache VI /2115 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache VI /2330 — Berichterstatter: Abgeordneter Picard
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft
— Drucksache VI /2296 —Berichterstatter: Abgeordnete Frau Dr. Walz Abgeordneter Dr. Hauff
Wird mündliche Berichterstattung gewünscht? Das ist nicht der Fall. Dann gebe ich in der Aussprache das Wort zunächst dem Abgeordneten Pfeifer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU-Fraktion wird diesem Gesetz zustimmen. Ich darf das ganz kurz begründen, ohne Sie lange aufzuhalten.
Wir versprechen uns von diesem Gesetz für die Zukunft umfangreichere und detailliertere Kenntnis statistischen Materials und anderer Daten und Fakten, die Grundvoraussetzungen für eine sachgerechte Hochschulplanung und damit für die Vermeidung von Fehlinvestitionen sind. Wir versprechen uns von diesem Gesetz weiter eine permanente Nutzungsmessung von den Hochschulen und damit Auskunft über die tatsächlichen Kapazitätsnutzungen und Kapazitätserhöhungen im Hochschulbereich. Wir versprechen uns von diesem Gesetz schließlich genauere Kenntnis zum Beispiel über den Verlauf individueller Studiengänge und deren statistische Verteilung im Hochschulbereich, Kenntnisse also, die für Maßnahmen zur Intensivierung des Studiums und zur Verkürzung der Studienzeiten notwendige Voraussetzungen sind. Kapazitätserhöhungen und Studienreform sind wichtige Voraussetzungen für den Abbau des Numerus clausus; und genau darum geht es uns in dieser Legislaturperiode im besonderen.
Ich möchte diesen Gründen noch ganz kurz zwei Erwartungen anfügen. Erstens. Mit unserer Zustimmung erwarten wir, daß wir künftig durch dieses
Gesetz ein Erhebungs- und Aufbereitungsprogramm bekommen, das die erhobenen Daten für die Verwaltungs- und Planungszwecke der Hochschulen und der Länder besser nutzbar macht. Das bedeutet, daß wir nochmals an unsere wiederholt vorgetragene Forderung nach einem Planungsstab an jeder Hochschule erinnern müssen, ein Ziel, das wir auch bei den Beratungen zum Hochschulrechtsrahmengesetz genannt haben.
Zweitens geht unsere Erwartung dahin, daß die Erhebung und Aufbereitung des stastischen Materials nicht nur in einem längerem Aufbereitungszeitraum erfolgt, sondern kurzfristig den sich verändernden Bedürfnissen der Benutzer angepaßt wird. Das wird meines Erachtens eine der wichtigsten Aufgaben des neuen Ausschusses für Hochschulstatistik beim Statistischen Bundesamt sein. Wir erwarten, daß der Ausschuß dies als eine seiner wichtigsten Aufgaben begreift und daß er möglichst schnell über Kompetenzerwägungen und dergleichen hinwegkommt.
Dieses Gesetz bringt noch keine effizientere Hochschulplanung. Aber wir hoffen, daß wir mit diesem Gesetz Voraussetzungen geschaffen haben, welche die Bundesregierung, die Länder, die Hochschulen und uns alle in dem Bemühen um eine effizientere Hochschulplanung ein Stück weiterbringen. Deswegen werden wir diesem Gesetz zustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Hauff.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Hochschulstatistikgesetz dient dazu, für die Planung unserer Hochschulen eine umfassende und solide Grundlage an Daten zu schaffen. Ich möchte nicht die sachlichen Ausführungen des Herrn Kollegen Pfeifer wiederholen. Wir stimmen hier völlig überein.Das Hochschulstatistikgesetz ist kein Gesetz zur Produktion von Zahlenfriedhöfen. In diesem Gesetz werden nicht nur die zu erhebenden Daten festgelegt, sondern zugleich wird auch die Art ihrer Aufbereitung bestimmt. Beim Statistischen Bundesamt wird eine Datenbank für die Hochschulplanung gebildet. Sie wird das Kernstück eines arbeitsteiligen Verbundsystems der Hochschulplanung sein, an dem der Bund, die Länder und in der Tat auch die Hochschulen zu beteiligen sind. Diese Datenbank steht allen in der Bildungsplanung tätigen Organisationen, wie z. B. dem Hochschulinformationssystem, und auch allen interessierten Personen zur Verfügung, selbstverständlich nur unter Beachtung der geltenden Geheimhaltungsvorschriften.Außerdem wird ein Ausschuß für Hochschulplanung gebildet, dem ein weitgehendes Vorschlagsrecht im Hinblick auf die Erhebung und Aufbereitung der Daten eingeräumt wird. Wir hoffen in der Tat, daß dieses Vorschlagsrecht vom Ausschuß auch materiell entsprechend ausgefüllt wird. Wir sehen darin ein neues Verfahren, das auch für andere Bereiche der Statistik beispielgebend sein kann, um
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7464 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971
Dr. Hauffdie sinnlose Sammlung irrelevanter Daten einzudämmen.Es wäre sicherlich gut gewesen, wenn wir dieses Gesetz schon vor 20 Jahren verabschiedet hätten. Ich will nicht auf die rechtlichen Grundlagen und ihre Entwicklung in den vergangenen Jahren im einzelnen eingehen. Jedenfalls hat die jetzige Bundesregierung gehandelt, um eine einheitliche und planungsbezogene Statistik für den Hochschulbereich zu ermöglichen. Viele Fragen werden sich in Zukunft leichter beantworten lassen. Das gilt auch für viele Anregungen, die gerade in diesen Tagen von der Opposition in die bildungspolitische Debatte mit dem Ziel eingeführt wurden, den Bildungsplan zahlenmäßig zu untermauern. Wir deuten die Zustimmung der Opposition, die wir befriedigt zur Kenntnis nehmen, auch als ein Stück Gemeinsamkeit, was die Beurteilung von bildungspolitischer Planungsfeindlichkeit in der Vergangenheit angeht.Die Hochschulplanung tappt heute noch — darüber kann es gar keinen Zweifel geben — manches Mal im dunkeln, weil die für die Planung erforderlichen Daten fehlen. Das wird mit diesem Gesetz geändert, nicht von heute auf morgen, aber mittelfristig. Sicher ist: dieses Gesetz schafft die Grundlagen für eine verbesserte Hochschulplanung. Das Hochschulstatistikgesetz ist ein weiterer Baustein der Bundesregierung, um die Reformen in Bildung und Wissenschaft durch ein solides und realistisches Planungsprogramm beharrlich voranzutreiben.Wir werden diesem Gesetz zustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung in der zweiten Beratung.
Ich rufe die §§ 1 bis 23 sowie Einleitung und Überschrift auf. — Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme!
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, der möge sich erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir treten ein in die
Fragestunde
— Drucksache VI b/2286 —
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes auf. Die Frage 114 des Abgeordneten Höcherl und die Frage 115 des Abgeordneten Dr. Riedl werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Frage 116 des Abgeordneten Rainer! — Ist der Abgeordnete nicht im Saal? — Dann wird die Frage schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frage 117 des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg:
Welche Vorschläge hat die Delegation der Bundesregierung auf der Experten-Konferenz des Internationalen Roten Kreuzes in Genf vorgelegt, und welche Völkerrechtsnormen, insbesondere zu einem verbesserten Schutz der Zivilbevölkerung, sollen damit erreicht werden?
Herr Präsident, die Antwort lautet wie folgt: Die vier von der Bundesregierung entsandten Sachverständigen haben im Verlauf der Konferenz vom 24. Mai bis 12. Juni 1971 zahlreiche Vorschläge gemacht, von denen folgende Vorschläge die wichtigsten sind.a) Unsere Sachverständigen haben mehrere Vorschläge zur Definition des zu schützenden Personenkreises und der zu schützenden Sanitätseinrichtungen gemacht. Diese Vorschläge sind von der Konferenz weitgehend berücksichtigt worden. Darüber hinaus haben sich unsere Sachverständigen dafür eingesetzt, daß dieser Personenkreis, das zivile Sanitätsmaterial und die zivilen Sanitätsformationen über die bisherige Regelung hinaus mit dem Schutzzeichen des Roten Kreuzes gekennzeichnet werden dürfen.b) Im Zusammenhang mit der Frage der Hilfeleistung für die in einem nicht internationalen Konflikt in Mitleidenschaft gezogene Zivilbevölkerung haben unsere Sachverständigen vorgeschlagen, den kämpfenden Parteien eine ausdrückliche Verpflichtung zur Annahme dieser Hilfeleistung aufzuerlegen. Dieser Vorschlag konnte bisher nicht durchgesetzt werden. Jedoch ist der Vorschlag unserer Sachverständigen berücksichtigt worden, daß die Hilfeleistung, die ein Staat oder eine unparteiische humanitäre Organisation für die Opfer eines solchen Konflikts anbietet, nicht als unfreundlicher Akt angesehen werden und auch keinen Einfluß auf die Rechtslage der an dem Konflikt beteiligten Parteien haben darf. Damit können wesentliche Einwände, die bisher gegen Hilfeleistungen Dritter erhoben werden können, ausgeräumt werden.c) Im Zusammenhang mit der Prüfung der Errichtung von Sanitäts- und Sicherheitszonen zum Schutze der Zivilbevölkerung haben unsere Sachverständigen vorgeschlagen, über die Errichtung solcher Zonen hinaus die Möglichkeit zur Einrichtung offener Städte zu schaffen. Die völkerrechtliche Verankerung einer solchen Möglichkeit, die in der Praxis schon mehrfach realisiert worden ist, könnte dazu beitragen, der Zivilbevölkerung im Verlauf der Kampfhandlungen einen wesentlichen Schutz zu gewähren.d) Im Zusammenhang mit den Versuchen der Konferenz, eine möglichst eindeutige Abgrenzung zwischen den Kombattanten und der Zivilbevölkerung sowie zwischen militärischen Zielen und nicht militärischen Objekten zu finden, wurden von unseren Sachverständigen detallierte Vorschläge gemacht. Eine einhellige Meinung hat sich insoweit jedoch bisher nicht bilden können.e) Die Konferenz hat erneut bestätigt, daß die Verbreitung der Kenntnisse des bisher schon in den Genfer Abkommen festgelegten Rechts eine wesent-
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971 7465
Parlamentarischer Staatssekretär Moerschliche Voraussetzung für die Anwendung seiner Schutzbestimmungen auch auf die Zivilbevölkerung ist. In diesem Zusammenhang wurden von unseren Sachverständigen zahlreiche Einzelvorschläge gemacht, die sich insbesondere auf die Herausgabe der verschiedensten Unterrichtsmittel und die Bestellung von völkerrechtlichen Beratern bei den Kommandobehörden der Streitkräfte beziehen. Forderungen zur Aufnahme des Unterrichts über die Genfer Abkommen in die Lehrpläne der Volksschulen und der höheren Schulen sowie zu einer verstärkten Berücksichtigung dieses Rechtsgebiets an den Universitäten wurden von unseren Sachverständigen nachdrücklich unterstützt.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, könnten Sie im Anschluß an diese ausführliche und gründliche Antwort einmal das Verhältnis der Bundesregierung zu diesen Organisationen des Deutschen und des Internationalen Roten Kreuzes charakterisieren, deren große Aufgabe Sie gerade herausgestellt haben?
Die Bundesregierung hat mit großer Genugtuung diese Initiativen zur Kenntnis genommen, die vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes ausgegangen sind. Die Tatsache, daß wir in so intensiver Weise in den humanitären Fragen mitarbeiten konnten, können wir nur positiv aufnehmen und den Vertretern des Internationalen und ,des Deutschen Roten Kreuzes dafür dankbar sein.
Sämtliche Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit, nämlich die Fragen 57 bis 62, sind von den Fragestellern zurückgezogen worden.
Damit kommen wir zu den Fragen aus ,dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Die Frage 1 des Abgeordneten Anbuhl wird schriftlich beantwortet, da der Abgeordnete nicht im Saal ist. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 2 und 3 des Abgeordneten Dr. Ahrens werden, da der Abgeordnete darum gebeten hat, schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe nunmehr die Frage 4 des Abgeordneten Storm auf:
Welche Gründe gibt es zur Nichtausstellung eines deutschen Reisepasses für Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen?
Herr Kollege Storm, jeder Deutsche hat, sofern nicht ein Paßversagungsgrund vorliegt, einen Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Passes. Die Gründe, die die Versagung eines Passes rechtfertigen, ergeben sich aus dem Gesetz über das Paßwesen. Sie sind, da durch eine Paßversagung die Ausreisefreiheit des Betroffenen beschränkt wird, in § 7 dieses Gesetzes abschließend aufgeführt. Sie dienen der rechtsstaatlichen Sicherheit, der Gefahrenabwehr, der Strafrechtspflege und anderen Belangen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist es möglich, daß einem Mann, der sich um einen Paß bewirbt, dieser ohne Nennung der Gründe verweigert wird?
Das kann ich mir nicht vorstellen. Bei Ablehnung des Antrags müssen ihm im Wege der Rechtsmittelbelehrung die Gründe vielleicht nicht mitgeteilt werden, aber er hat zumindest die Möglichkeit, im Wege der Wahrnehmung der Rechtsmittel seine Interessen zu verfolgen.
Damit kommen wir zur Frage 5 des Abgeordneten Storm:
Ist der Bundesregierung ein Fall bekannt, daß ein deutscher Staatsangehöriger, der im Laufe seines Lebens mehrere Jahrzehnte im Ausland lebte und nunmehr seit 1958 ins Bundesgebiet ansässig ist, trotz wiederholter Anträge keinen Reisepaß erhielt?
Ein Fall, wie er in Ihrer Frage geschildert ist, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Die Länder führen das Paßgesetz als eigene Angelegenheit aus. Da somit Ausstellung und Versagung von Pässen in die Zuständigkeit der Paßbehörden der Länder fallen, kommen der Bundesregierung keine Einzelfälle zur Kenntnis. Der von Ihnen geschilderte Sachverhalt stellt selbstverständlich für sich allein keinen Paßversagungsgrund auf Grund des Paßgesetzes dar.
Zusatzfrage.
Darf ich Ihnen einmal die Unterlagen zuschicken, Herr Staatssekretär?
Bitte sehr, Herr Kollege!
Die Fragen 6 und 7 des Abgeordneten Schirmer werden auf Antrag, des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen. Ich rufe die Fragen 31 und 32 des Abgeordneten Haar auf. — Der Fragesteller ist nicht anwesend. Die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Ich rufe die Frage 33 des Abgeordneten Dr. Riedl auf. — Der Fragesteller ist nicht anwesend. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
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7466 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971
Vizepräsident Dr. SchmidIch rufe die Fragen 34 und 35 des Abgeordneten Niegel auf. — Der Fragesteller ist nicht anwesend. Die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Der Herr Abgeordneter Folger hat um schriftliche Beantwortung der Fragen 36 und 37 gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Ich rufe die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Dr. Gruhl auf. — Der Fragesteller ist nicht anwesend. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Der Herr Abgeordnete Dr. Giulini hat um schriftliche Beantwortung der Frage 39 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider auf. — Der Fragesteller ist nicht anwesend. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe die Frage 41 des Herrn Abgeordneten Seefeld auf. — Der Fragesteller ist nicht anwesend. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Der Herr Abgeordnete Baeuchle hat um schriftliche Beantwortung der Fragen 42 und 43 gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft sind die Fragen 44 bis 46, 48, 50 bis 52 von den Fragestellern zurückgezogen worden. Bei den Fragen 47, 49, 53 bis 56 haben die Fragesteller um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen. Ich rufe die Fragen 63 und 64 des Herrn Abgeordneten Dr. Pohle auf. -- Der Abgeordnete ist nicht anwesend. Die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Ich rufe die Fragen 65 und 66 des Herrn Abgeordneten Dr. Luda auf. — Der Abgeordnete ist nicht anwesend. Die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.Der Herr Abgeordnete Weigl hat um schriftliche Beantwortung der Frage 67 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Ich rufe die Frage 68 des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf:Wie beurteilt die Bundesregierung die Entwicklung bei den Tageszeitungen und den Rundfunkanstalten angesichts der fallenden Tendenz der Werbeausgaben der deutschen Wirtschaft?Zur Beantwortung Herr Staatssekretär Rosenthal.
Herr Kollege Dr. Schulze-Vorberg, die Bundesregierung sieht diese nachhaltige Gefährdung nicht so stark. Ich darf Ihnen die Zahlen des ZAW für 1970 bekanntgeben. Danach haben die Tageszeitungen ein Mehr an Bruttowerbeumsatz von 4,4%, die Fernsehwerbung um 0,7 % und die Hörfunkwerbung um 10,2 %. Es ist allerdings richtig, daß vor allem im zweiten und dritten Quartal des letzten Jahres die
Tageszeitungen einen Rückgang zu verzeichnen hatten, aber das Jahr vorher hatte einen Zuwachs von 19,1 °/o, den stärksten Zuwachs seit 1957.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da Sie schon in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres einen rückläufigen Trend selbst festgestellt haben, der sich, soweit ich das beurteilen kann, 1971 verstärkt fortsetzt, sehen Sie nicht doch langfristig die Gefahren, die ich in meiner Frage habe anklingen lassen, und könnte die Bundesregierung nicht dahin wirken, daß, soweit die Bundesregierung selbst zuständig ist, also z. B. im Bereich des Bundespostministers, die zusätzlichen Belastungen, die gerade auf die großen Massenmedien zukommen, z. B. durch die Standleitungen für Fernschreiber, die in ihren Kosten gleich auf das Doppelte oder zum Teil sogar über das Doppelte ansteigen sollen, diese Maßnahmen der Bundesregierung noch einmal überprüft werden, damit unsere Massenmedien selbst bei rückläufigen Werbeeinnahmen die Chance haben zu überleben? Ich meine vor allen Dingen die Tageszeitungen.
Herr Kollege, ich habe Ihnen gesagt, daß im zweiten und dritten Quartal von 1970 Rückgänge zu verzeichnen waren, habe aber auf die einmaligen Steigerungen von 19,1 % für 1969 hingewiesen, die zu sehen sind. Die Gesamtzahlen für 1970 betragen jedoch bei den Tageszeitungen plus 4,4 %. Wenn Sie auf das jetzige Jahr 1971 anspielen, wo wir nur von Schmidt-Pohlmann, Gesellschaft für Werbestatistik, Zahlen über die Werbung für Markenartikel und überregionale Dienstleistungen vorliegen haben, so betragen hier die Bruttostreukosten von Januar bis April 1971 405 Millionen DM gegenüber 306 Millionen DM im Jahre 1970, also ein erheblicher Anstieg von 32 %.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, würden Sie trotz dieser vorläufigen Zahlen, die Sie gerade genannt haben, in der Bundesregierung prüfen, ob — angesichts des gemeinsamen Willens in diesem Hause, und wie ich überzeugt bin, übereinstimmend mit der Bundesregierung, die Vielfalt der Tagespresse zu erhalten — den Tageszeitungen zusätzliche Belastungen erspart bleiben können?
Die Bundesregierung prüft den Zustand ständig. Aber die Zahlen, die ich Ihnen genannt habe, rechtfertigen zur Zeit keine besonderen Maßnahmen.
Bei den Fragen 69 bis 72 — der Abgeordneten Dr. Fuchs und Schröder
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971 7467
Vizepräsident Dr. Schmid
-- ist schriftliche Beantwortung beantragt. Die Antworten werden nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Frage 73 des Abgeordneten Dr. Häfele:Hat die Bundesregierung, wie aus einem Interview der Zeit Nr. 24/71 mit Prof. Ralf Dahrendorf, Mitglied der Europäischen Kommission. hervorgeht, in den Verhandlungen am 8. Mai dieses Jahres in Brüssel versprochen, nach einer Periode flexibler Wechselkurse zur alten Parität zurückzukehren?
Herr Kollege Dr. Häfele, ich kann Ihnen hier nur den Wortlaut des Beschlusses des Ministerrates vorlesen. Der Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften hat in Ziffer 1 seiner Entschließung vom 9. Mai 1971 festgestellt, daß „die gegenwärtige Situation und die voraussichtliche Entwicklung der Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten eine Änderung der Paritäten nicht rechtfertigen", und zur Kenntnis genommen „daß die Regierungen der Mitgliedstaaten entschlossen sind, ihre Paritäten beizubehalten". Das Bundeskabinett hat das Verhandlungsergebnis gebilligt.
Eine Zusatzfrage.
Glauben Sie nicht, Herr Staatssekretär, daß die anderen EWG-Partner das Kommuniqué so verstanden haben, daß die Bundesregierung sich verpflichtet hat, wieder zu der alten Parität zurückzukehren?
Herr Kollege, ich bitte um Verständnis, wenn ich mich bei der Wirkung, die zu diesem Zeitpunkt irgendwelche Äußerungen der 'Regierung auf die Spekulation haben könnten, auf den Wortlaut des Kommuniqués 'beschränke und keine Interpretationen gebe.
Eine letzte Zusatzfrage.
Ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß die Stimme von Herrn Professor Dahrendorf, der Mitglied der Europäischen Kommission ist, in dem bekannten Interview immerhin von Bedeutung ist, in dem er gesagt hat: „Ich bin sicher, daß es kein Verständnis bei den europäischen Partnern der Bundesrepublik dafür geben würde, wenn Bonn von dem gemeinsamen Beschluß der Nacht des 8. Mai abweicht."?
Herr Kollege, ich muß eigentlich feststellen, daß das eher verwunderlich ist. Denn fragen Sie sich einmal, ob die anderen Staaten wirklich ein Interesse an einer solchen Lösung hätten, die doch praktisch einer Abwertung entsprechen würde.
Die Frage 74 des Abgeordneten Dr. Häfele:
Teilt die Bundesregierung die Verwunderung von Prof. Ralf Dahrendorf darüber, daß es in der Bundesrepublik Deutschland prominente Wissenschaftler gibt, die die Bundesrepublik Deutschland öffentlich zum Wortbruch auffordern?
Herr Präsident, ein Teil der Frage 74 war schon in der Zusatzfrage des Kollegen Häfele enthalten, mit der er sich auf die Bemerkungen von Herrn Dahrendorf bezog. Nicht beantwortet ist der Teil der Frage, in dem die Wissenschaftler angesprochen sind. Herr Kollege, es wäre doch eher verwunderlich, wenn unabhängige Wissenschaftler sich nicht Gedanken über die ihnen richtig erscheinende Lösung machten. Was dann die Politiker auf Grund ihrer Verpflichtungen daraus machen, ist eine andere Frage.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, finden Sie nicht, daß der entscheidende Punkt die Frage des Wortbruches ist?
Herr Kollege, ich habe gesagt, daß ich über die Äußerung der Regierung an dieser Stelle nicht hinausgehen möchte; das wäre nämlich eine Interpretation dieses Beschlusses, wie er vorliegt. Diesen Beschluß müssen aber die Regierung und die Mitgliedstaaten auf Grund ihrer eigenen Meinung interpretieren.
Frage 110 des Abgeordneten Dr. Geßner:
Teilt die Bundesregierung die in einer Sendung von „Panorama" vertretene Auffassung des Vizepräsidenten des Bundesgesundheitsamtes, daß die Arzneimittel dann um rund 25 % billiger werden könnten, wenn der Ärzteschaft ein System der Information über Qualität und Preiswürdigkeit der Medikamente zur Verfügung stünde, durch das die industrielle Werbung zurr größten Teil überflüssig werden würde?
Herr Kollege Dr. Geßner, gestatten Sie, daß ich Ihre beiden Fragen im Zusammenhang beantworte?
Bitte schön!
Der Fragesteller ist einverstanden. Frage 111 des Abgeordneten Dr. Geßner:
Ist die Bundesregierung bereit, Konsequenzen aus dem Bericht des Bundeskartellamtes von 1968 zu ziehen, demzufolge die Intensivierung des Preiswettbewerbs bei Arzneimitteln besonders durch die Schaffung neutraler Informationshilfen für den Arzt oder durch die Gründung eines Arzneimittelprüfinstitutes erreicht werden könnte?
Zur Zeit befaßt sich ein interministerieller Arbeitskreis mit der Preisgestaltung auf dem Arzneimitttelmarkt. Dieser Arbeitskreis setzt sich zusammen aus Vertretern des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit, des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung, des Bundeskartellamtes und des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen, der
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7468 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971
Parlamentarischer Staatssekretär Rosenthalfür die Arbeiten dieses Kreises federführend ist. Er hat die Aufgabe, die Preisgestaltung zu analysieren, um daraus Möglichkeiten einer Beeinflussung der Marktverhältnisse bei Arzneimitteln unter besonderer Berücksichtigung der Verbraucherinteressen abzuleiten. Dabei spielt selbstverständlich die Schaffung eines besseren Systems der Information der Ärzte im Hinblick auf Qualität und Preiswürdigkeit der Arzneimittel eine bedeutende Rolle.Am 13. Oktober 1970 hat der Arbeitskreis Empfehlungen für die Schaffung einer pharmakologischtherapeutischen Transparenz als Grundlage für eine wirtschaftliche Markttransparenz herausgegeben. Diese Empfehlungen werden zur Zeit bei der Novellierung des Arzneimittelgesetzes von dem hierfür zuständigen Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit berücksichtigt mit dem Ziel, über eine zügigere und eine materiell erweiterte Registrierung beim Bundesgesundheitsamt zu einem verbesserten Wirksamkeitsnachweis und einer Zusammenstellung der auf dem Markt befindlichen Arzneimittel nach Indikationsbereichen zu gelangen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, ob die Einsetzung dieser Arbeitsgruppe neueren Datums ist, oder tagt sie schon sehr lange?
Den 1) genauen Termin der Einsetzung kenne ich nicht. Aber es geht schon etwas daraus hervor, daß am 13. Oktober 1970 diese Empfehlungen herausgekommen sind. Er tagt also bereits längere Zeit.
Ich möchte Ihnen, um das Haus hier nicht zu lange zu beschäftigen, vorschlagen, daß ich Ihnen auch die bisherigen Empfehlungen des Arbeitskreises, die an die verschiedenen Ressorts jetzt zur Beratung geschickt werden, zustelle. Ich wäre bereit, Ihnen das zuzuschicken.
Damit bin ich einverstanden.
Die Frage 84 des Abgeordneten Dröscher wird schriftlich beantwortet, weil der Fragesteller nicht im Saal ist. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 85 des Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Veröffentlichung der Selbstbezichtigung der Kindesabtreibung von 374 Frauen durch die Illustrierte „stern"?
Herr Präsident, gestatten Sie, daß ich beide Fragen des Fragestellers des Sachzusammenhangs wegen gemeinsam beantworte?
Einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 86 des Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß .auf den strafrechtlichen Schutz des werdenden Lebens auch weiterhin nicht verzichtet werden darf?
— Jawohl!
Herr Kollege Jobst, die mit der Reform des § 218 des Strafgesetzbuchs verbundenen Probleme sind schwierig und von sehr komplexer Art. Es ist darum notwendig, daß die Sachargumente in besonders umfassender und nüchterner Weise zur Diskussion gestellt und geprüft werden. Dabei muß, Herr Kollege Jobst, berücksichtigt werden, daß sich die Frauen nicht der „Kindsabtreibung", wie Sie es in Ihrer Frage formulieren, bezichtigt haben, sondern der Abtötung einer Leibesfrucht. Sicher war ihr Verhalten von dem Willen getragen, das Problembewußtsein in der Öffentlichkeit in bezug auf die Strafvorschrift des § 218 StGB zu verstärken. Neue Sachargumente hat der Artikel in der Illustrierten „stern" vom 6. Juni 1971 allerdings nicht gebracht.
Nach Auffassung der Bundesregierung ist das werdende Leben ein Rechtsgut, dessen strafrechtlicher Schutz gewährleistet sein muß. Es wird zu prüfen sein, welche Reformen der geltenden Strafvorschriften erforderlich sein werden. Solche Reformen müssen einerseits der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit des werdenden Lebens in möglichst effektiver Weise Rechnung tragen. Sie müssen andererseits die Probleme berücksichtigen, die sich in Fällen ungewollter Schwangerschaft für das Lebensschicksal der betroffenen Frau und die ärztliche Entscheidung ergeben. Die Prüfung dieses sehr schwierigen Fragenkreises in den beteiligten Bundesministerien dauert zur Zeit an.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie die Unterschriftensammlung der Illustrierten für einen repräsentativen Vorgang?
Das vermag die Bundesregierung nicht mit Sicherheit zu beurteilen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir überein, daß es sich bei dieser Aktion weder um die Frage der medizinischen Indikation noch um Fälle von Vergewaltigung, noch um Fälle befürchteter kranker Nachkommenschaft handelt, sondern doch um das Nein zum werdenden Leben, so daß hier keine Not spricht?
Herr Kollege Jobst, ich kenne keinen einzigen Ermittlungsakt von die-
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971 7469
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Bayerlsen 374 Fällen, so daß ich mich dazu nicht äußern kann.Vizepräsidenz Dr. Schmid: Herr Abgeordneter, ich halte diese Frage nicht für zulässig. Darauf kann die Regierung keine Antwort geben.Dritte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben ausgeführt, daß die Tötung eines Embryos die Vernichtung eines Rechtsgutes bedeutet. Stimmen Sie mit mir überein, daß dies nur aus ganz schwerwiegenden Gründen zu verantworten ist?
Die Antwort kann ich Ihnen erst geben, wenn wir mit unseren Prüfungsarbeiten, die zur Zeit in allen Ministerien laufen, fertig sind.
Letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie die Auffassung, die in diesem Zusammenhang geäußert wurde, für richtig, daß ein Gesetz, das die Abtreibung einer Leibesfrucht unter Strafe stellt, ein unsitttliches Gesetz sei und es deshalb geboten sei, dieses Gesetz zu brechen?
Die Problematik ist sehr ambivalent. Diese Äußerung ist sicher zu einseitig und demzufolge nicht richtig.
Sind Sie damit bedient, Herr Abgeordneter?
Ich habe ja keine Zusatzfrage mehr.
Ist Herr Staatssekretär Emde jetzt da? — Nicht.
Ich rufe dann den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Zunächst die Frage 87 der Abgeordneten Frau Huber. — Die Fragestellerin ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Bei den Fragen 88 bis 93 bitten die Fragesteller um schriftliche Beantwortung. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Wir kommen zur Frage 94 des Herrn Abgeordneten Dröscher. — Der Fragesteller ist nicht im Saal. Die Frage wird ebenfalls schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frage 95 des Abgeordneten Dr. Früh. — Er ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet, ebenso die Frage 96. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Bei den Fragen 97, 98 und 99 haben die Fragesteller schriftliche Beantwortung erbeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Frage 100 des Herrn Abgeordneten Rollmann. — Der Fragesteller ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 101 bis 104 wurden von den Fragestellern zurückgezogen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung. Die Frage 105 ist vom Fragesteller zurückgezogen worden. Bei der Frage 106 hat der Fragesteller schriftliche Beantwortung erbeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frage 107 des Herrn Abgeordneten Dr. Wörner. — Der Fragesteller ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit. Frage 108 des Herrn Abgeordneten Dr. Hammans:
Ist bei der Berufung des Beirats „Arzneimittelsicherheit" im Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit auch die Tatsache berücksichtigt worden, daß es verschiedene medizinische Richtungen gibt, und ist auch dafür Sorge getragen worden, daß ärztliche Sachverständige für die Gebiete Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophische Medizin in gebührendem Umfang berücksichtigt wurden?
Herr Kollege Dr. Hammans, als Mitglieder des Beirats Arzneimittelsicherheit sind namhafte Vertreter der Pharmakologie, der Pharmazie, der klinischen Praxis und der Medizinalstatistik berufen worden. Dem Beirat ist als Hauptaufgabe die Erarbeitung von Richtlinien für die Prüfung von Arzneimitteln nach dem neuesten Stand der Wissenschaft übertragen worden. Der Kreis der Mitglieder sollte bewußt klein gehalten werden. Deshalb wurde auch von der Berufung ärztlicher Sachverständiger für einzelne Arbeitsrichtungen, u. a. der Gebiete der Phytotherapie, der Homöopathie und der anthroposophischen Medizin, in den Beirat abgesehen. Bei der Erarbeitung der Prüfungsrichtlinien für Arzneimittel sind jedoch als Sachverständige auf dem Gebiete der Phytotherapeutika zwei Professoren des Instituts für Arzneimittellehre der Universität München sowie der Vorsitzende des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren im Beirat angehört worden.
Darüber hinaus sind die in Frage kommenden ärztlichen und andere Verbände, die sich mit naturgemäßen Arzneimitteln befassen, um ihre Stellungnahme zu den vom Beirat Arzneimittelsicherheit erarbeiteten Prüfungsrichtlinien gebeten worden. Die Stellungnahmen sind den Beiratsmitgliedern zugeleitet worden. Der Beirat Arzneimittelsicherheit hat in seiner Sitzung am 25. Mai 1971 beschlossen, Vertreter der an dieser Frage interessierten ärztlichen Verbände in seiner nächsten Sitzung im September dieses Jahres anzuhören.
Zusatzfrage.
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7470 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, mir zuzugeben, daß diese in der Bundesrepublik vorhandenen medizinischen Richtungen im Beirat nicht eindeutig genug vertreten sind?
Wir haben den Eindruck, Herr Kollege Dr. Hammans, daß all die von mir geschilderten Anhörungen zu der Arbeit des Beirats eine sehr intensive Möglichkeit gegeben haben, die Auffassung der von Ihnen genannten medizinischen Fachrichtungen vorzutragen.
Herr Präsident, darf ich eine zweite Zusatzfrage stellen?
Bitte, Sie haben zwei Zusatzfragen.
Herr Staatssekretär, können Sie mir eine Erklärung dafür geben, daß der vor dem Beirat gehörte Dr. Haferkamp erklärt hat, er sei dort in sehr unfreundlicher Weise empfangen, gehört und behandelt worden?
Nein, dazu kann ich Ihnen keine Erklärung geben. Dies ist ein Beirat, der mit großer Selbständigkeit unter Fachleuten arbeitet. Über die Grade der Höflichkeit oder der Sachlichkeit bin ich nicht unterrichtet und hätte auch kein eigenes Urteil darüber.
Ich rufe die Frage 109 auf:
Trifft die Befürchtung zu, daß in den Prüfungsrichtlinien der EG und in den Empfehlungen des Beirates „Arzneimittelsicherheit Grundsätze niedergelegt sind, die die spezifische ärztliche Tätigkeit in den Gebieten Naturheilverfahren, Homäopathie etc. einschränken oder gefährden könnten, woraus zu schließen wäre, daß die Bundesregierung sich nicht durch Anhörung der betroffenen Ärzteverbände wie z. B. Zentralverband der Ärzte für Naturheilverfahren, Kneippärztebund, Zentralverein deutscher homöopathischer Ärzte und Arbeitsgemeinschaft anthroposophiseher Ärzte vergewissert hat, daß die von ihr geplante Arzneimittelnovelle nicht unzumutbare Einschränkungen der spezifischen ärztlichen Pflichten und Tätigkeiten dieser Ärzte zur Folge haben wird?
Die Befürchtung, daß die neuen Prüfungsrichtlinien für Arzneimittel eine unzumutbare Einschränkung der spezifischen ärztlichen Tätigkeiten auf dem Gebiet der naturgemäßen Heilmethoden zur Folge haben, ist gegenstandslos. Die Prüfungsrichtlinien konkretisieren lediglich, was nach dem geltenden Arzneimittelgesetz schon heute bei Arzneispezialitäten mit Stoffen bisher unbekannter Wirksamkeit gefordert wird. Diese Arzneispezialitäten müssen entsprechend dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend und sorgfältig geprüft worden sein. Es ist allerdings zutreffend, daß die neuen Prüfungsrichtlinien Forderungen enthalten, die zur Zeit für die Prüfung von einer Reihe naturgemäßer Arzneimittel noch nicht erfüllt werden können. Von Sachverständigen wird jedoch die Auffassung vertreten, daß in zehn bis fünfzehn Jahren auch für diese Arzneimittel geeignete Prüfmethoden entwickelt werden können, mit denen für die neu in den Verkehr zu bringenden Arzneimittelspezialitäten Wirksamkeit und relative Unschädlichkeit zu belegen sind.
Für die EWG-Richtlinien und die in Vorbereitung befindliche Novelle zum Arzneimittelgesetz soll eine Übergangsregelung gefunden werden, durch die die Verordnungsfreiheit der Ärzte gewährleistet, die Arzneimittelsicherheit verbessert, aber die phytotherapeutischen und homöopathischen Arzneimittel nicht vom Markt verbannt werden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie nicht meine Besorgnis, daß die von Ihnen zuletzt genannten therapeutischen Mittel innerhalb der EWG nicht doch in großer Gefahr sind?
Die Bundesregierung bemüht sich, bei der Bearbeitung der EWG-Richtlinien diese notwendigen Übergangsregelungen durchzusetzen, genauso wie sie es bei ihrer eigenen bei uns vorbereiteten Novelle für das Arzneimittelgesetz tut.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sehen Sie im Hinblick darauf, daß es innerhalb der anderen EWG-Länder diese ärztlichen Richtungen so gut wie überhaupt nicht gibt, nicht große Schwierigkeiten für die Bundesregierung, sich durchzusetzen, und meinen Sie nicht, daß in Zukunft ein Teil der Bevölkerung in der Bundesrepublik ärztlich nicht mehr so versorgt werden kann, wie er es gern möchte? Ist Ihnen auch bekannt, daß manche Medikamente wirken, obwohl die Führung des Nachweises sehr schwierig ist, ja, daß manchmal sogar Medikamente aus psychologischen Gründen verabreicht werden, die überhaupt keine Wirkstoffe enthalten?
Europa zu schaffen und gemeinsame Regelungen herbeizuführen, ist immer schwierig. Sicher ist es richtig, daß es nicht viele Partner bei dem Bemühen gibt, in dieser Richtung Ausnahmeregelungen durchzusetzen. Wir vertrauen darauf, daß sich die guten Argumente, die wir haben, auch durchsetzen werden. Es geht insgesamt — das ist der Hauptgesichtspunkt — um größere Sicherheit in diesem Bereich. Daß man die neuen Arzneimittelspezialitäten auf die wichtigen Kriterien, von denen hier die Rede ist, einer Prüfung unterziehen muß, darüber sind wir sicher nicht miteinander im Streit. Da das in einigen Fällen noch nicht möglich ist, weil es dafür noch keine entwickelten Prüfmethoden gibt, muß man Übergangsfristen zugestehen. Dafür wollen wir sorgen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971 7471
Ihr Wort in Gottes Ohr und das der EWG!
Die Fragen 110 und 111 sind in anderem Zusammenhang schon behandelt worden.
Nun haben wir die Fragen, die zur Zuständigkeit des Herrn Finanzministers gehören, noch nicht erledigen können. Der dafür vorgesehene Staatssekretär ist nicht da. — Ich muß mich berichtigen, er kommt doch.
Herr Staatssekretär Dr. Emde, wir danken Ihnen, daß Sie nun doch gekommen sind. Wir können in der Fragestunde fortfahren. Ich rufe die Frage 75 des Herrn Abgeordneten Löffler auf:
Wie hoch ist der durchschnittliche jährliche Steuerausfall, der dadurch entsteht, daß die gesetzlichen Steuerquellen wegen der starken Belastung der Finanzämter nicht voll ausgeschöpft werden können?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, ich bitte um Entschuldigung, daß ich erst in der letzten Sekunde herbeigeeilt bin. Aber wir sind auf der Straße etwas steckengeblieben.
Darf ich nun auf die Frage 75 antworten: Die starke Arbeitsbelastung und der allseits bekannte Personalmangel der Finanzverwaltung wirken sich in erster Linie dahin aus, daß insbesondere die jährlich wiederkehrenden Aufgaben der Steuerveranlagung zunehmenden zeitlichen Verzögerungen ausgesetzt sind. Auch im Betriebsprüfungsbereich konnte die Entwicklung des Personalbestands mit dem Aufgabenzuwachs nicht Schritt halten.
Da die Großbetriebe auf Grund gesetzlicher Vorschriften zeitlich lückenlos zu prüfen sind, ist bei den Mittel- und Kleinbetrieben mit dem derzeitigen Personalstand eine turnusmäßige Prüfung nicht mehr möglich. Insoweit muß eine Auswahl getroffen werden.
Inwieweit die eingeschränkte Prüfung der Mittel-und Kleinbetriebe zu Steuerausfällen führt, kann nicht festgestellt werden. Das Mehrergebnis bei den geprüften Betrieben kann nicht als geeigneter Anhaltspunkt für eine Ausfallschätzung angesehen werden.
Im Interesse einer gleichmäßigen Besteuerung sind die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder bemüht, den Veranlagungs- und Betriebsprüfungsdienst effektiver zu gestalten. Nach mehrjährigen Vorarbeiten eines von ihnen eingesetzten gemeinsamenn Arbeitsausschusses sind erste Schritte zur Neuorganisation der Finanzämter und des Besteuerungsverfahrens eingeleitet worden, von denen eine Beschleunigung der Veranlagungsverfahren und eine Intensivierung der Betriebsprüfung erwartet wird.
Eine Zusatzfrage.
Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär. Ich vermisse allerdings bisher noch die Antwort auf meine Frage. Da ist die Rede davon, wie hoch der durchschnittliche jährliche Steuerausfall ist. Das ist der Kern der Frage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich darf wiederholen: Inwieweit die eingeschränkte Prüfung zu Steuerausfällen führt, kann nicht festgestellt werden. Das Mehrergebnis bei den geprüften Betrieben ist kein geeigneter Anhaltspunkt für eine Ausfallschätzung. Es ist also weder theoretisch noch praktisch möglich, zu sagen, wieviel dadurch ausgefallen ist, daß wir nicht überall geprüft haben.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung diejenigen Schätzungen, die vor einiger Zeit von dem Bund der Steuerbeamten wiederum vorgenommen worden sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Schätzungen über Steuerausfälle beruhen weitgehend auf Vermutungen. So entbehrt auch die Schätzung des Bundes der deutschen Steuerbeamten einer präzisen, stichhaltigen Begründung. Sie dürfte auf der Hochrechnung von Betriebsprüfungsergebnissen beruhen, die von der Annahme ausgeht, daß sich auch bei den nicht geprüften Betrieben ein im Durchschnitt gleich hohes Prüfungsergebnis erzielen ließe. Davon kann man aber nach unserer Meinung nicht ausgehen. Während nämlich die Großbetriebe zeitlich lückenlos geprüft werden, werden die Mittel- und Kleinbetriebe überwiegend nach ihrer Prüfungswürdigkeit ausgewählt. Die Mehrergebnisse bei den geprüften Betrieben sind daher, wie ich vorhin gesagt habe, kein geeigneter Anhaltspunkt für eine Ausfallschätzung. Im übrigen muß man bedenken, daß die Mehrergebnisse der Betriebsprüfungen zu einem nicht geringen Teil Gewinnverlagerungen betreffen, die in späteren Jahren zu einem geringeren Gewinn und damit zu niedrigeren Steuern führen.
Noch eine Zusatzfrage? — Bitte!
Herr Staatssekretär, gibt es irgendwelche Pläne in der Bundesregierung, im Zuge der Steuerreform diese Mißstände wenigstens teilweise abzubauen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die Verhandlungen der Bund-Länder-Kommission über eine Vereinfachung der Verwaltungsabläufe in den Finanzämtern und die Steuerreform, deren Grundtendenz es ist, gewisse Vereinfachungen herbeizuführen, sollen auch das Ziel erreichen, Rückstände abzubauen und damit ein höchstmögliches Maß an Gerechtigkeit auch in der Prüfung herzustellen.
Frage 76 des Abgeordneten Dr. de With:
Metadaten/Kopzeile:
7472 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971
Vizepräsident Dr. SchmidWann ist mit dem Abschluß des Tarifvertrags zu rechnen, durch den sichergestellt werden soll, daß den Arbeitnehmern der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten NATO-Streitkräfte im Fall der Entlassung wegen einer Verminderung dieser Truppen ein besonderer Schutz gewährt wird?Gemeinsam mit Frage 77, Herr Dr. de With:
Dann rufe ich auch die Frage 77 des Abgeordneten Dr. de With auf:Besteht die Möglichkeit, demnächst eine Streichung des Absatzes 1 Buchstabe f des Artikels 56 des Zusatzabkommens des NATO-Truppenvertrags zu erreichen, welche Vorschrift von den Arbeitnehmern der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten NATO-Streitkräfte weitgehend als gewisser Makel empfunden wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung hat die Verhandlungen mit den DGB-Gewerkschaften und der DAG über den Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften abgeschlossen. Der Entwurf des Tarifvertrags wird in einer der nächsten Sitzungen des Bundeskabinetts abschließend behandelt.
Gleichzeitig wird das Bundeskabinett über das Ergebnis der Verhandlungen zur Revision des Art. 56 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut zu entscheiden haben, die zwischen der Bundesregierung und den Entsendestaaten mit dem Ziel einer Verbesserung der arbeitsrechtlichen Stellung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften geführt worden sind. Bei den heranstehenden Entscheidungen über die Verbesserung der arbeitsrechtlichen Lage und der sozialen Sicherung der betroffenen Arbeitnehmer geht die Bundesregierung davon aus, daß die Frage der Streichung des Art. 56 Abs. 1 f des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut die ihr von den Arbeitnehmern früher zugemessene Bedeutung verliert.
Zusatzfrage.
Können Sie etwas näher eingrenzen, bis wann etwa das Kabinett entscheiden wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich rechne damit noch vor den Sommerferien.
Ich rufe die Frage 78 des Abgeordneten Peters auf. — Er ist nicht da. Dann wird die Frage schriftlich beantwortet, ebenso die vom selben Fragesteller gestellte Frage 79. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 80 des Abgeordneten Porzner auf. — Er ist nicht anwesend. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Für die Fragen 81 und 82 hat der Fragesteller, der Abgeordnete Leicht, schriftliche Beantwortung beantragt. Die Antworten werden als Anlagen abgeauf:
Ich rufe die Frage 83 des Abgeordneten Werner auf.
Hält die Bundesregierung es für richtig, eine Gesellschaft in Konkurs gehen zu lassen, an der sie durch eine dritte Gesellschaft mit über 70 % beteiligt ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, die Frage, ob die Bundesregierung es für richtig hält, eine Gesellschaft in Konkurs gehen zu lassen, an der sie durch eine dritte Gesellschaft beteiligt ist, ist allgemein und theoretisch gestellt. Grundsätzlich kann gesagt werden, daß die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens und die daraus zu ziehenden Konsequenzen von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängen. Außerdem muß berücksichtigt werden, daß der Bund auch als Mehrheitsaktionär in seinen Einwirkungsrechten auf die Geschäftspolitik der Unternehmen und der Vorstände durch die Bestimmungen des Aktienrechts begrenzt ist. Eine allgemeingültige Antwort läßt sich deshalb auf die Frage in dieser Form nicht geben.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir die Frage hinsichtlich der Travelair beantworten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich bitte um Entschuldigung, daß ich das nicht beantworten kann, weil das Wirtschafts- und Finanzministerium hier nicht zuständig ist. Zuständig ist das Bundesverkehrsministerium. Ich bin aber bereit, die Frage an das Verkehrsministerium weiterzuleiten und dann für eine schriftliche Antwort zu sorgen.
Vizepräsident Dr. Schmid: Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie bei dieser Übermittlung sicherstellen, daß dem Herrn Kollegen Werner auch mitgeteilt wird, daß der Finanzminister der Großen Koaliton die Lufthansa in die Travelair quasi hineingeredet hat und daß die Travelair im letzten Jahr einen Verlust von 26 Millionen DM hatte, so daß es wirklich Zeit wurde, dieses zweifelhafte Unternehmen zu liquidieren?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung wird dem fragestellenden Kollegen auf die Frage, so wie sie gestellt ist, die notwendige, aus dieser Sache heraus sich ergebende Antwort erteilen. Der Komplex der Travelair kann von unserem Haus nicht abschließend beantwortet werden. Die Entscheidung, welche Tatbestände über diese Antwort hinaus mitgeteilt werden, ist dann eine Angelegenheit des Verkehrsministeriums.
Sie haben noch eine letzte Zusatzfrage.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 129. Sitzung. Bonn, Freitag, den 18. Juni 1971 7473
Werner : Herr Staatssekretär, im Anschluß an die Bemerkung des Herrn Kollegen Apel frage ich Sie, ob Sie es als die richtige Lösung ansehen, daß die Liquidation unbedingt in der Form des Konkurses erfolgen muß, wenn der Bund Eigenturner ist.
Die Frage ist mir zu abstrakt; sie kann nicht beantwortet werden.
Meine Damen und Herren, damit ist die Fragestunde abgewickelt und die Tagesordnung erledigt.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 23. Juni, 9 Uhr, ein und schließe diese Sitzung.