Protokoll:
6116

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 6

  • date_rangeSitzungsnummer: 116

  • date_rangeDatum: 29. April 1971

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 14:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:03 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 116. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. April 1971 Inhalt: Fragestunde (Drucksache VI/2113) Fragen des Abg. Ott (CDU/CSU) : Förderung der Stadt Augsburg durch den Bund Dr. Ehmke, Bundesminister 6823 B, 6824 B, C, D Ott (CDU/CSU) 6824 A, B, C Frage des Abg. Schedl (CDU/CSU) : Steuerliche Entlastung des Friseurhandwerks Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär 6825 A, B, C Schedl (CDU/CSU) 6825 A Ott (CDU/CSU) 6825 B Fragen des Abg. Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) : Berücksichtigung der Tilgungsraten für Studiendarlehen als Sonderausgaben Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär . 6825 C, 6826 A, B, C, D Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) . 6826 A, B, C Dr. Fuchs (CDU/CSU) 6826 D Fragen des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Steuerliche Belastung der Landwirtschaft in den EWG-Ländern Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär 6827 A, B Höcherl (CDU/CSU) 6827 B Dr. Sperling (SPD) 6827 C Vizepräsident Dr. Schmitt- Vockenhausen 6827 C Frage des Abg. Brandt (Grolsheim) (SPD) : Steuervorteile für den Erwerb von Zweitwohnungen Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär 6827 D, 6828 A, B Brandt (Grolsheim) (SPD) 6827 D, 6828 A Ott (CDU/CSU) 6828 B Fragen des Abg. Henke (SPD) : Bearbeitung von Anträgen auf Förderung der beruflichen Fortbildung, Umschulung und Einarbeitung Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär 6828 C, D, 6829 A, B Henke (SPD) 6829 A, B II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. April 1971 Fragen des Abg. Varelmann (CDU/CSU): Witwenrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz und Witwenrenten aus der Arbeiterrentenversicherung Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär 6829 B, C, D, 6830 A Varelmann (CDU/CSU) . 6829 D, 6830 A Fragen des Abg. Dr. Fuchs (CDU/CSU) : Gewährung vermögenswirksamer Leistungen an Teilnehmer an überbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Fortbildung und Umschulung Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär 6830 B, C, D, 6831 A Dr. Fuchs (CDU/CSU) 6830 C Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) 6830 D Schmidt (Braunschweig) (SPD) 6831 A Fragen des Abg. Dr. Jenninger (CDU/CSU) : Auswahl der Bewerber für die Ausbildung zum Offizier des militärfachlichen Dienstes Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär 6831 B, C, D, 6832 A Dr. Jenninger (CDU/CSU) 6831 C, D Dr. Slotta (SPD) 6832 A Frage des Abg. Peiter (SPD) : Heizungskostenzuschüsse für Angehörige der Bundeswehr Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär 6832 B, C, D Peiter (SPD) 6832 C Frage des Abg. Hansen (SPD) : Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Dr. Bayerl, Parlamentarischer Staatssekretär 6833 A, C Hansen (SPD) 6833 B Dr. Sperling (SPD) 6833 C Frage des Abg. Dr. Jungmann (CDU/CSU) : Heranziehung der Praktikanten in Heilberufen zur Erstattung von Ausbildungskosten Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär 6833 C Frage des Abg. Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) : Unterlagen über Geschlechtskrankheiten Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär 6834 B, C Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) 6834 B, C Fragen des Abg. Kiechle (CDU/CSU) : Broschüre „Die Ernährung des Kleinkindes und des Schulkindes" Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär 6834 D, 6835 B, C Kiechle (CDU/CSU) 6835 B, C Fragen des Abg. Härzschel (CDU/CSU) : Überprüfung der im Handel frei erhältlichen Appetitzügler auf ihre gesundheitlichen Auswirkungen Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär 6835 D, 6836 A, B, C Härzschel (CDU/CSU) 6836 A, B, C Fragen des Abg. Sieglerschmidt (SPD) : Ratifizierung des UNO-Einheitsabkommens über Suchtstoffe von 1961 Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär 6836 C Sieglerschmidt (SPD) 6837 A Fragen des Abg. Strohmayr (SPD) : Warenunterschiebung in Gaststättenbetrieben Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär 6837 A, B, C, D Strohmayr (SPD) 6837 B, C, D Nächste Sitzung 6837 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 6839 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) betr. Erwerb von Immobilien-Zertifikaten mit Bausparmitteln 6839 C Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr. Sondermittel des Bundes für kinderreiche Familien bei Gruppenbauvorhaben im Zonenrandgebiet 6839 D Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. April 1971 III Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Mick (CDU/CSU) betr. Abbau der Entschädigungsbehörden 6840 A Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Bredl (SPD) betr. Maßnahmen zur angemessenen Unterbringung ausländischer Arbeitnehmer 6840 D Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dröscher (SPD) betr. die Praxis der Bundesbahnversicherungsanstalt bei der Anerkennung von Zeiten des freiwilligen Arbeitsdienstes als Ersatzzeiten 6841 B Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dröscher (SPD) betr. Heranziehung verheirateter Wehrpflichtiger mit Kindern zur Ableistung des Grundwehrdienstes 6841 D Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. finanziellen Ausgleich für freiwillige Bewerber bei der Bundeswehr für Verdienstausfall aus Anlaß der Vorstellung 6842 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. April 1971 6823 116. Sitzung Bonn, den 29. April 1971 Stenographischer Bericht Beginn: 14.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Adams * 30. 4. Dr. Aigner * 30. 4. von Alten-Nordheim 30. 4. Dr. Arndt (Berlin) 30. 4. Dr. Artzinger * 1. 5. Bauer (Würzburg) ** 29. 4. Behrendt * 30. 4. Blumenfeld ** 29. 4. Buschfort 11.5. Dasch 15. 5. Dr. Dittrich * 30. 4. Dröscher * 30. 4. Faller * 30. 4. Fellermaier * 30. 4. Frau Dr. Focke 30. 4. Dr. Franz 4. 5. Dr. Furler * 30. 4. Gerlach (Emsland) * 30. 4. Freiherr von und zu Guttenberg 15. 5. Dr. Hallstein 30. 4. Dr. Jahn (Braunschweig) * 30. 4. Junghans 29. 4. Dr. Kliesing (Honnef) ** 29. 4. Klinker * 30. 4. Dr. Koch * 30. 4. Kriedemann * 29. 4. Lautenschlager * 30. 4. Liehr 30. 4. Dr. Löhr * 30. 4. Lücker (München) * 30. 4. Maucher 30. 4. Meister * 30. 4. Memmel * 30. 4. Müller (Aachen-Land) * 30. 4. Dr. Müller-Emmert 7. 5. Frau Dr. Orth * 30. 4. Richarts * 30. 4. Riedel (Frankfurt) * 30. 4. Rollmann 18. 5. Schirmer 5. 5. Dr. Schmid (Frankfurt) 30. 4. Schneider (Königswinter) 30. 4. Dr. Schröder (Düsseldorf) 30. 4. Dr. Schulz (Berlin) 7. 5. Schwabe * 30. 4. Simon 14. 5. Springorum * 30. 4. Dr. Stark (Nürtingen) 7. 5. Stein (Honrath) 15. 5. Dr. Stoltenberg 30. 4. Strauß 12. 5. Winkelheide 30. 4. Wischnewski 30. 4. Dr. Zimmermann 30. 4. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Reischl vom 29. April 1971 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (Drucksache VI/2113 Fragen A 11 und 67) : Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, daß dem Erwerb von Anteilen an deutschen Immobilienfonds Bedeutung für die Vermögensbildung zukommt? Hält es die Bundesregierung für möglich, daß durch eine Änderung der Bestimmung über die Verwendung von Bausparguthaben ein verstärkter Anreiz für den Erwerb von Immobilienzertifikaten geschaffen werden kann? Die Antwort lautet Ja. Der Erwerb von Immobilien-Zertifikaten mit Bausparmitteln wird schon nach geltendem Recht weitgehend als begünstigte wohnwirtschaftliche Maßnahme im Sinne der einkommensteuerlichen und prämienrechtlichen Bestimmungen angesehen. Voraussetzung dafür ist, daß die Inhaber des Zertifikats die Stellung von wirtschaftlichen Bruchteileigentümern des vom Fonds erworbenen bzw. hergestellten Objekts haben. Darüber hinaus wird der Erwerb von Anteilen an Immobilienfonds, die dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften unterliegen, nach dem Spar-Prämiengesetz begünstigt. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Storck vom 29. April 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache VI/2113 Frage A 35): Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, wegen der gestiegenen Baukosten die Sondermittel des Bundes für kinderreiche Familien bei Gruppenbauvorhaben im Zonenrandgebiet, z. B. in Weiden/Vohenstraußerstraße und Tirschenreuth, zu erhöhen? Zugunsten kinderreicher Familien hat der Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen für Gruppenkleinsiedlungsvorhaben in Tirschenreuth am 13. August 1969, für Gruppenkleinsiedlungsvorhaben in Weiden am 15. Dezember 1970 zusätzliche Bundesmittel aus den Wohnungsbaurückflüssen mit ihren Höchstsätzen 4 000 DM je Siedlerstelle mit 1 Wohnung 6 000 DM je Siedlerstelle mit 2 Wohnungen und für Familien mit 5 und mehr Kindern bereitgestellt. Inzwischen sind den Ländern unter dem 7. April 1971 für das Intensivprogramm im Rahmen des Langfristigen Wohnungsbauprogramms der Bundesregierung zusätzliche Bundesmittel bis 12 500,- DM je Wohnung, u. a. für kinderreiche Familien bereitgestellt worden. Damit stellt der Bund den Ländern für den angesprochenen Personenkreis höhere Bundesmittel bereit. Wie eine Fühlungnahme mit der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern ergab, ist der zuständigen Landeszentral- 6840 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. April 1971 behörde wie auch der Regierung Oberpfalz in Regensburg über Baukostensteigerungen bei den beiden genannten Bauvorhaben und damit einem höheren Bedarf an öffentlichen Mitteln bisher nichts bekannt. Nachbewilligungen öffentlicher Mittel müßte die zuständige Bewilligungsstelle des Landes aussprechen. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Reischl vom 27. April 1971 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Mick (CDU/CSU) (Drucksache VI/2113 Fragen A 64 und 65) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß, obwohl die Wiedergutmachungsverbände im Februar 1968 dringend davor gewarnt haben, einen Abbau der Entschädigungsbehörden zu frühzeitig vorzunehmen, die Abwicklung der Wiedergutmachung teilweise noch sehr im Rückstand ist und der Regierungspräsident Köln ein Merkblatt im Februar 1970 Az. 56. I — Allgemein — herausgegeben hat, wonach Anträge nach § 4 BEG zur Zeit nur noch unter sehr einschränkenden Bedingungen bearbeitet werden? Wie stellt sich die Bundesregierung zu der Antwort des Innenministers NRW vom 12. Februar 1968, daß die Planungen davon ausgegangen sind, daß keine Entschädigungsbehörde aufgelöst wird, solange bei ihr noch unerledigte Anträge in größerer Zahl vorliegen, und was gedenkt die Bundesregierung zur Abhilfe zu tun? Die Durchführung der einzelnen Verfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) in der Fassung des BEG-Schlußgesetzes vom 14. September 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1315) obliegt den Entschädigungsbehörden der Länder der Bundesrepublik Deutschland. Die Entschädigungsbehörden unterliegen als Landesbehörden der Weisungsbefugnis und Dienstaufsicht ihrer jeweils zuständigen obersten Landesbehörden. Unbeschadet dieser Ihnen sicherlich bekannten gesetzlichen Zuständigkeitsregelung und des Umstandes, daß die Einrichtung und Organisation der Entschädigungsbehörden der Disposition der zuständigen obersten Landesbehörden unterliegen, ist die Bundesregierung an einer möglichst zügigen Abwicklung der Entschädigungsverfahren aus wiedergutmachungs- und außenpolitischen Gründen naturgemäß stark interessiert. Der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen als für die Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes zuständige oberste Landesbehörde wurde daher von meinem Hause fernschriftlich gebeten, zu Ihrer Anfrage Stellung zu nehmen. Er hat sich fernschriftlich wie folgt geäußert: Zu 1.: Die in Nordrhein-Westfalen angemeldeten Entschädigungsansprüche seien zu etwa 98 v. H. erledigt. Bei den restlichen 2 v. H. handele es sich um rechtlich und tatsächlich unübersichtliche Fälle, deren Bearbeitung langwierige Ermittlungen erfordere und durch vermehrten Personaleinsatz nicht wesentlich gefördert werden könne. Diese Anträge stammten zum weitaus größten Teil von Verfolgten, deren Entschädigungsansprüche in der Hauptsache längst befriedigt worden seien, die aber durch das BEG- Schlußgesetz in einzelnen Punkten verbesserte Entschädigungsansprüche erlangt hätten. Die zeitweilige Überlastung der für Fragen des § 4 BEG zuständigen Dienststelle des Regierungspräsidenten Köln sei im wesentlichen auf nicht vorhersehbare Auswirkungen des Gesetzes über die Wiedergutmachung in der Sozialversicherung in der Fassung vom 22. Dezember 1970 zurückzuführen. Obwohl die Entschädigungsbehörde Köln mit diesem Gesetz nicht unmittelbar befaßt sei, werde sie von den Sozialversicherungsträgern mit Anfragen und Ersuchen um Stellungnahme überhäuft. Außerdem habe die Mitteilung an die Antragsteller, daß der Regierungspräsident Köln nach Auflösung der übrigen Entschädigungsbehörden für die Weiterführung der anhängigen Verfahren zuständig sei, zahlreiche Antragsteller zu meist unergiebigen Anfragen und zur Wiederaufnahme lange nicht mehr betriebener Verfahren veranlaßt. Hierdurch sei ein derart großer Teil des Personals in Anspruch genommen worden, daß vorübergehend eine Bearbeitungsrangfolge nach sozialen Gesichtspunkten habe eingeführt werden müssen. Inzwischen sei diese Maßnahme nicht mehr erforderlich. Zu 2.: Die hier angesprochene Zusicherung des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 1968, Entschädigungsbehörden erst dann aufzulösen, wenn die Anzahl der noch unerledigten Verfahren dies zulasse, sei, wie sich aus dem oben angeführten Erledigungsstand von 98 v. H. ergebe, eingehalten worden; der vorübergehende Arbeitsstau beruhe auf Umständen, die erst später und außerhalb des Einflußbereichs der Entschädigungsbehörde eingetreten seien. Die erforderlichen personellen Maßnahmen zur Behebung dieses Arbeitsrückstandes seien bereits getroffen worden. Ich bitte dieser Stellungnahme zu entnehmen, daß die für die Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes in Nordrhein-Westfalen zuständige oberste Landesbehörde die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um eine zügige Abwicklung auch der noch unerledigten, zumeist tatsächlich und rechtlich schwierigen Verfahren sicherzustellen. Auch die übrigen für die Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes zuständigen obersten Landesbehörden sind nach meiner Kenntnis der Dinge besonders darum bemüht, die noch anhängigen Entschädigungsverfahren (im Bundesdurchschnitt waren nach dem Stande vom 1. Januar 1971 noch etwa 3,5 v. H. der angemeldeten Entschädigungsverfahren nach dem BEG unerledigt) sobald wie möglich zum Abschluß zu bringen. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 28. April 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Bredl (SPD) (Drucksache VI/2113 Frage A 68) : Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. April 1971 6841 Hält es die Bundesregierung für angebracht, bundeseinheitliche Regelungen zu schaffen, deren Ziel es sein sollte, die Vermietung von Wohnräumen an ausländische Arbeitnehmer und auch die Belegung von Massenunterkünften mit solchen Arbeitnehmern zu überwachen, um zu verhindern, daß wucherische Mieten verlangt werden und menschenunwürdige Wohnbedingungen entstehen können? Die Frage einer angemessenen Unterbringung ausländischer Arbeitnehmer weist Zusammenhänge mit der Wohnungsversorgung der deutschen Bevölkerung auf. Für die ausländischen Arbeitnehmer sollen sich daher auch die zahlreichen Maßnahmen auswirken, die von der Bundesregierung eingeleitet wurden, um vor allem den Mietwucher zu bekämpfen, den Mieterschutz zu verbessern und menschenunwürdigen Wohnbedingungen entgegenzuwirken. Ich darf dabei auf den Gesetzentwurf über Maßnahmen zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs (Drucksache VI/1549) verweisen. Ferner ist als Ergänzung des Städtebauförderungsgesetzes eine bundeseinheitliche Regelung über die Erhaltung des Wohnbestandes vorgesehen. Mit diesem Gesetz soll zugleich Wohnungsmißständen begegnet werden, die infolge mangelhafter Instandhaltung oder Überbelegung von Wohnräumen entstehen. In diesem Zusammenhang wird in meinem Hause darüber hinaus geprüft, ob durch eine Änderung der Gewerbeordnung eine gesetzliche Grundlage für die Überwachung der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Wohnräume und Unterkünfte geschaffen werden kann. Im übrigen sind am 29. März 1971 vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung neue Richtlinien für die Unterkünfte ausländischer Arbeitnehmer erlassen worden, mit denen für bessere Wohnbedingungen insbesondere in größeren Unterkünften gesorgt werden soll. Soweit es den Wohnungsbau für ausländische Arbeitnehmer angeht, sind Finanzierungsmodelle entwickelt worden, die jetzt erstmals in Nordrhein-Westfalen erprobt werden. Sie sollen dazu beitragen, den Wohnungsbau für ausländische Arbeitnehmer und deren Familien zu verstärken. Ferner darf ich noch anmerken, daß örtliche Koordinierungskreise, die sich mit Unterstützung der Bundesanstalt für Arbeit künftig in Städten und Gemeinden bilden, zur Lösung örtlicher Probleme, insbesondere auch der Wohnungsfrage, beitragen sollen. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 28. April 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dröscher (SPD) (Drucksache VI/2113 Frage A 69) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß bei der zur Zeit von der Deutschen Bundesbahn durchgeführten Datenerhebung zur Rentenberechnung die Zeiten des freiwilligen Arbeitsdienstes vor dein 1. Oktober 1935 nicht als Ersatzzeit nach § 1251 Abs. I Nr. 1 RVO angerechnet werden, obwohl seinerzeit einer großen Zahl jüngerer Arbeitsloser nicht nur nahegelegt wurde, diesem Arbeitsdienst beizutreten, sondern auch bei großen Teilen ein echtes Engagement für die Arbeit in der damaligen Situation gegeben war und diese unterschiedliche Stellung gegenüber einer zur gleichen Zeit ertragenen Arbeitslosigkeit, die als Ersatzzeit angerechnet wird, als besondere Benachteiligung empfunden werden muß? Die Praxis der Bundesbahnversicherungsanstalt bei der Anerkennung von Zeiten des Freiwilligen Arbeitsdienstes als Ersatzzeiten ist in unserem Hause zwar im einzelnen nicht bekannt. Wenn dabei aber im Sinne Ihrer Frage verfahren wird, so entspricht dies einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 29. Oktober 1969. In diesem Urteil ist ausgesprochen, daß die Anerkennung eines Freiwilligen Arbeitsdienstes als Ersatzzeit jedenfalls dann ausscheidet, wenn der Betroffene einem Geburtsjahrgang angehört, der zur Ableistung der Dienstpflicht nach dem Reichsarbeitsdienstgesetz nicht herangezogen worden ist. Aus der Begründung des Urteils ergibt sich als Auffassung des Bundessozialgerichts, daß Zeiten des Freiwilligen Arbeitsdienstes grundsätzlich nicht als Ersatzzeiten angerechnet werden können. Die Nichtanrechnung von Zeiten des Freiwilligen Arbeitsdienstes durch die Rentenversicherungsträger kann also aufsichtsbehördlich nicht beanstandet werden. Im übrigen wird diese Frage bei der Beratung des von der Bundesregierung vorgelegten Rentenversicherungsberichts im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung näher erörtert werden können. Der Bericht enthält u. a. einen Hinweis auf das mit Ihrer Frage angeschnittene allgemeine Problem. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 29. April 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dröscher (SPD) (Drucksache VI/2113) Frage A 76) : Hält es die Bundesregierung für richtig, daß, auch unter Abwägung der Gesichtspunkte der Wehrgerechtigkeit, bisher von der Ableistung des Grundwehrdienstes zurückgestellte Väter von zwei Kleinkindern jetzt einberufen werden und dadurch für eine vom Standpunkt der Familienförderung unerträgliche Zeit von Frau und Kindern getrennt werden? Die Anzahl der tauglichen und verfügbaren Wehrpflichtigen liegt z. Z. im großen und ganzen nicht über dem Bedarf der Streitkräfte an Rekruten. Deshalb können einzelne bisher begünstigte Gruppen nicht mehr von der Heranziehung ausgenommen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich, wie bei den Verheirateten mit Kindern, um eine der zahlenmäßig stärksten Gruppen handelt. Wenn auch eine Nichtheranziehung verheirateter Wehrpflichtiger mit Kindern, allein wegen ihres Familienstandes —, nicht mehr möglich ist, kann doch im Einzelfall durch eine Zurückstellung nach § 12 Abs. 4 Wehrpflichtgesetz geholfen werden, wenn die Einberufung für den Wehrpflichtigen darüber hinaus eine besondere Härte bedeuten würde. 6842 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 116. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. April 1971 Im übrigen wird durch eine heimatnahe Einberufung gerade den verheirateten Wehrpflichtigen mit Kindern Gelegenheit gegeben, zumindest nach der dreimonatigen Grundausbildung, ihre Familie regelmäßig zu besuchen. Abschließend darf ich, Herr Kollege Dröscher, darauf hinweisen, daß die Bundesregierung u. a. auch durch eine Einschränkung der administrativen Wehrdienstausnahmen — und um eine solche handelt es sich hier — ein größeres Maß an Wehrgerechtigkeit herstellen will. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 29. April 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache VI/2113 Frage A 79) : Hält die Bundesregierung die Regelung noch weiterhin für gerechtfertigt, wonach freiwillige Bewerber hei der Bundeswehr grundsätzlich keinen finanziellen Ausgleich für Verdienstausfall eus Anlaß der Vorstellung bei der Bundeswehr erhalten? Nach den geltenden Richtlinien erhalten Bewerber, die zur Vorstellung aufgefordert worden sind, Fahrkostenerstattung sowie einen Verpflegungs- und Übernachtungszuschuß. Eine Verdienstausfallentschädigung wird nicht gewährt. Diese Regelung gilt für den gesamten öffentlichen Dienst des Bundes. Eine unterschiedliche Handhabung wäre nicht vertretbar. Die Bundesregierung hält es auch nicht für erforderlich, über die derzeitigen Abfindungsgrundsätze hinaus eine Verdienstausfallentschädigung einzuführen. Das gilt auch für Vorstellungsreisen im Annahmeverfahren für Einstellungen in die Bundeswehr. Gegen die Einführung einer Verdienstausfallentschädigung sprechen vor allem haushaltswirtschaftliche Erwägungen, denen gegenüber der Werbeeffekt einer solchen Maßnahme als äußerst zweifelhaft angesehen werden muß.
Gesamtes Protokol
Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611600000
Die Sitzung ist eröffnet.
Wir kommen zum einzigen Punkt der heutigen Tagesordnung:
Fragestunde
— Drucksache VI/2113 —
Wir behandeln zuerst die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Herrn Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortung dieser Fragen steht der Herr Bundesminister Professor Dr. Ehmke zur Verfügung.
Ich rufe Frage 97 des Abgeordneten Ott auf:
In welcher Weise hat die Bundesregierung der Stadt Augsburg seit der Erklärung des Herrn Bundeskanzlers in einer Anzeige in der Augsburger Allgemeinen Zeitung vom 7. März 1970: „Sie wissen, daß wir gegenwärtig bemüht sind, Augsburg bei der Lösung seiner Zukunftsaufgaben zu helfen" tatsächlich geholfen?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0611600100
Herr Präsident, ich wäre dankbar, wenn ich die beiden Fragen des Kollegen Ott zusammen beantworten dürfte.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611600200
Herr Kollege Ott, Sie sind einverstanden? — Dann rufe ich auch Frage 98 auf:
Hat die Stadt Augsburg das vom Herrn Bundeskanzler am 7, März 1970 gemachte Angebot, wonach sie bei der Bundesregierung stets offene Türen findet, bisher in Anspruch genommen und wie?
Bitte sehr, Herr Bundesminister!

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0611600300
Es ist ein erklärtes Ziel der Politik der Bundesregierung, Herr Abgeordneter, den Gemeinden bei der Lösung ihrer Aufgaben zu helfen. Mit dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, dem Städtebauförderungsgesetz und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz sollen die Gemeinden noch besser als bisher in den Stand gesetzt werden, den modernen Lebensverhältnissen zu entsprechen und den künftigen Problemen gewachsen zu sein.
Die allgemeine Förderung der Gemeinden durch den Bund kommt auch der Stadt Augsburg zugute. Bei der Planung und Durchführung von konkreten Maßnahmen aller Bereiche, bei denen eine finanzielle Unterstützung des Bundes in Betracht kommen kann, steht die Stadt Augsburg in ständigem engen Kontakt mit der Bundesregierung.
Auf Antrag der Verwaltung, einzelner Institutionen oder von Bürgern der Stadt Augsburg wurden bzw. werden vom Bund im einzelnen die folgenden Vorhaben gefördert:
Erstens. Für Baumaßnahmen in den Fachbereichen Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Rechtswissenschaften der Universität Augsburg hat die Bundesregierung 1970 im Rahmen des Schnellbauprogramms 5 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Im Jahre 1971 sind dafür weitere 3,5 Millionen DM vorgesehen. Darüber hinaus wird die Bundesregierung mit der Einbeziehung der Universität Augsburg in die Förderung nach dem Hochschulbauförderungsgesetz einen wichtigen Beitrag für den langfristigen Auf- und Ausbau dieser Hochschule leisten.
Zweitens. Durch die Erhöhung des Bundesanteils an den Kosten der Olympischen Spiele werden die Kosten der Stadt Augsburg für die Durchführung der Kanu-Wettbewerbe gemindert. Die vorgesehene Anerkennung dieser Sportstätten durch den Bund als Kanu-Leistungszentrum bedeutet zudem eine Senkung der Folgekosten.
Drittens. Für die Erarbeitung von praktisch anwendbaren Grundsätzen und Methoden der Koordinierung des Einsatzes raumwirksamer Bundesmittel im Raum Augsburg hat die Bundesregierung Herrn Professor Gottfried Müller, TH München, einen Forschungsauftrag — über 167 600 DM — erteilt. Damit sind zugleich die Voraussetzungen für einen kostengünstigen Anschlußauftrag der Stadt Augsburg geschaffen worden.
Viertens. Die Bundesregierung beabsichtigt, sich an den Kosten einer Strukturuntersuchung über den Raum Augsburg mit einem Planungszuschuß von 100 000 DM zu beteiligen. Es wird ferner geprüft, ob für die Bebauung des alten Flugplatzes nach den Grundsätzen für Demonstrationsbauvorhaben Mittel bereitgestellt werden können. Einen entsprechenden Antrag der Stadt Augsburg hat die Oberste Baubehörde des Freistaates Bayern aber noch nicht befürwortet.



Bundesminister Dr. Ehmke
Fünftens. Aus dem Teil des Aufkommens der Mineralölsteuer, der von der Bundesregierung für den kommunalen Straßenbau bereitgestellt wird, sind im Jahre 1970 der Stadt Augsburg für den Straßenbau 1,5 Millionen DM zugeflossen. Im Jahre 1971 sind dafür auf der Grundlage des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes 2,4 Millionen DM vorgesehen. Im übrigen erhalten die Augsburger Verkehrsunternehmen für Investitionen im Rahmen des Programms zur Förderung des kombinierten Verkehrs und des Gleisanschlußverkehrs Zuschüsse des Bundes.
Sechstens. Für ein überbetriebliches Ausbildungszentrum der Handwerkskammer Augsburg wird der Bund aus Gewerbeförderungsmitteln einen Zuschuß von 1,2 Millionen DM zu den Gesamtkosten von 7,5 Millionen DM gewähren.
Siebentens. Aus Mitteln des ERP-Sondervermögens sind 1970 im Rahmen der Kreditprogramme für Existenzgründungen von Nachwuchskräften, für die Anschaffung von EDV-Anlagen, für Vertriebene und für Produktionsumstellungen 6,327 Millionen DM zur Verfügung gestellt worden. Mit diesem Betrag wurden in Augsburg bei 14 Vorhaben Investitionen in einer Gesamthöhe von 33,375 Millionen DM initiiert.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611600400
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ott.

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0611600500
Herr Bundesminister, die Ausführungen, die Sie gemacht haben, betreffen Maßnahmen, die für alle übrigen Großstädte in gleicher Weise gelten. Deshalb frage ich Sie: Welche speziellen Projekte, die in ,dieser Anzeige vom 7. März 1970 zweifellos gemeint waren, sind in Augsburg gefördert worden?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0611600600
Herr Abgeordneter, ich verstehe Sie nicht. Ich bin der Meinung, dies ist eine sehr stolze Leistungsbilanz für die Förderung einer Stadt wie Augsburg.

(Zustimmung bei der SPD.)

Und zum Teil hat ja überhaupt erst diese Regierung die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen. Daß wir außerhalb der gesetzlichen Voraussetzungen fördern könnten, können Sie doch selbst nicht annehmen.

(Zustimmung bei Abgeordneten der SPD.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611600700
Herr Abgeordneter, Sie haben eine weitere Zusatzfrage.

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0611600800
Herr Bundesminister, würden Sie sagen, daß es eine spezielle Förderungsmaßnahme für die Stadt Augsburg ist, wenn eine weit über den Raum Augsburg hinausgreifende Institution wie beispielsweise die Universität gefördert wird?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0611600900
Aber ganz sicher! Für eine junge Universitätsstadt wie Augsburg ist es natürlich wichtig, daß der Bund mit viel größeren Mitteln als bisher z. B. in die Universitätsbauförderung hineingegangen ist. Das kommt dieser Stadt unmittelbar zugute.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611601000
Eine weitere Zusatzfrage.

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0611601100
Herr Bundesminister, in welcher Weise haben Sie der Stadt Augsburg auf dem Wohnungsbausektor und auf dem Gebiet der Krankenhäuser die vom Herrn Bundeskanzler angekündigte Förderung angedeihen lassen?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0611601200
Ich habe ja gesagt: das setzt voraus, daß das Städtebauförderungsgesetz endlich verabschiedet wird, worauf die Koalitionsparteien sehr drängen, und daß das Krankenhausfinanzierungsgesetz, das ja zum Teil zwischen Bund und Ländern noch strittig ist, verabschiedet wird. Das würden dann zwei weitere gesetzliche Grundlagen sein, auf Grund deren noch über die schon vorhandenen Förderungsmaßnahmen hinaus den Gemeinden und auch der Stadt Augsburg geholfen werden kann.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611601300
Eine letzte Zusatzfrage.

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0611601400
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß die von der Stadt Augsburg vorgesehene und von der „Neuen Heimat" geplante und projektierte Maßnahme, auf dem Flugplatz Wohnungen zu bauen, daran gescheitert ist, daß die Maßnahme, die zwar durchgeführt werden könnte, — —

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611601500
Herr Kollege Ott, die Frage steht nicht mehr in unmittelbarem Zusammenhang mit den von Ihnen gestellten Fragen.

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0611601600
Herr Präsident, ich darf dazu aber noch folgendes sagen. Das Demonstrationsbauvorhaben auf dem Flugplatz wird ja von uns geprüft. Aber die zuständige bayerische Behörde hat den Antrag bis jetzt nicht befürwortet. Es liegt jetzt zunächst am Freistaat Bayern, seine Entscheidung zu treffen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611601700
Herr Kollege, Sie haben keine Zusatzfragen mehr. Damit sind die Fragen aus dem Gschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes bantwortet. Herr Minister, ich danke Ihnen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Reischl zur Verfügung. Ich rufe die Frage 59 des Abgeordneten Schedl auf:
Welche steuerlichen oder sonstigen Maßnahmen kann die Bundesregierung zur Entlastung des Friseurhandwerks ergreifen, das derzeit von einem empfindlichen Umsatzrückgang, verursacht durch Modeerscheinungen und den zunehmenden Gebrauch von Perücken, betroffen ist?
Herr Staatssekretär!




Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611601800
Das Friseurhandwerk fordert in erster Linie eine Ermäßigung der Umsatzsteuer. Gleiche Anträge liegen aber auch aus anderen Bereichen des lohnintensiven Handwerks und darüber hinaus aus dem gesamten Dienstleistungsbereich vor.
Die Verhältnisse im Friseurgewerbe unterscheiden sich nicht derart von der Lage des übrigen lohnintensiven Dienstleistungsgewerbes, daß eine steuerliche Bevorzugung der Friseure gerechtfertigt wäre. Andererseits würde eine Steuerermäßigung für den gesamten lohnintensiven Dienstleistungsbereich — ganz abgesehen von der Frage der Abgrenzung — schon aus rein haushaltsmäßigen Gründen nicht zu vertreten sein.
Auch einkommensteuerliche Entlastungsmaßnahmen können nicht in Betracht kommen; denn sie würden den wirklich notleidenden Unternehmen nicht zugute kommen. Diese Unternehmen haben nämlich entweder keine oder nur eine sehr geringe Einkommensteuer zu entrichten.
Sonstige Maßnahmen, die zu finanziellen Auswirkungen auf der Ausgabenseite des Bundeshaushalts führen würden, sind nicht vorgesehen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611601900
Herr Kollege, haben Sie eine Zusatzfrage? — Bitte!

Albert Schedl (CSU):
Rede ID: ID0611602000
Herr Staatssekretär, das bedeutet also ganz konkret, daß die für das Friseurhandwerk seit langem angestrebte Senkung des Mehrwertsteuersatzes im Moment in Ihrem Hause nicht zur Debatte steht?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611602100
Nein, das wird nicht in Erwägung gezogen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611602200
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ott.

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0611602300
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, mir zu sagen, wann die Bundesregierung die längst angekündigte Novelle zum Mehrwertsteuergesetz im Bundestag einbringen wird?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611602400
Die Novelle ist jetzt im letzten Stadium der Vorbereitung. Ich hoffe, daß sie noch vor der Sommerpause eingebracht wird.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611602500
Ich rufe die Fragen 60 und 61 des Abgeordneten Höcherl auf. Ist der Abgeordnete im Saal? — Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Seine Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 62 des Abgeordneten Dr. Arndt (Hamburg) auf:
Glaubt die Bundesregierung, daß die Regelung in Abschnitt 36 a Abs. 2 der Lohnsteuer-Richtlinien 1970, die es den Finanzämtern nicht gestattet, Rückzahlungen von Studiendarlehen als
Sonderausgaben nach § 10 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes in bestimmtem Umfang ab 1969 zu berücksichtigen, mit dem Sinn der gesetzlichen Regelung und dem bildungspolitischen Konzept der Bundesregierung übereinstimmt?
Herr Staatssekretär!

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611602600
Herr Präsident, ich wäre dankbar, wenn ich beide Fragen des Abgeordneten Dr. Arndt wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantworten könnte.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611602700
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 63 des Abgeordneten Dr. Arndt (Hamburg) auf:
Hat der Bundesminister der Finanzen bei der Abfassung des Abschnitts 36 a Abs. 2 der Lohnsteuer-Richtlinien 1970 berücksichtigt, daß nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Rückzahlung von Studiendarlehen in der Regel auch nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 des Einkommensteuergesetzes zugelassen wird?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611602800
Für den Abzug von Sonderausgaben gilt ebenso wie für den Abzug von Werbungskosten die Vorschrift des § 11 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes. Danach sind Ausgaben für das Kalenderjahr steuerlich abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.
Diese Vorschrift läßt es somit nicht zu, Tilgungsraten für Studiendarlehen als Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes abzuziehen. Hieran kann auch der Umstand nichts ändern, daß Tilgungsraten für Studiendarlehen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 des Einkommensteuergesetzes anerkannt werden können.
Eine Regelung, die den Abzug von Tilgungsraten zulassen würde, verbietet sich aber auch deshalb, weil sonst diejenigen Steuerpflichtigen benachteiligt wären, die ihre Studienkosten aus eigenen Mitteln aufgebracht haben, sie aber im Jahr der Verausgabung nicht oder nicht mit voller steuerlicher Auswirkung als Sonderausgaben geltend machen konnten. Dieser Personenkreis würde deshalb mit Sicherheit die nachträgliche Berücksichtigung von Ausbildungskosten in der Zeit nach Aufnahme der Berufstätigkeit fordern. Das würde aber zu unüberwindlichen verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten führen, insbesondere weil ein Rückgriff auf längst abgeschlossene Besteuerungszeiträume erforderlich würde, in denen der Betroffene beim Finanzamt unter Umständen nicht geführt worden ist.
Aus diesen Gründen ist in Abschnitt 36 a Abs. 2 der Lohnsteuerrichtlinien bestimmt worden, daß Aufwendungen für die Berufsausbildung für das Kalenderjahr abzuziehen sind, in dem sie geleistet worden sind, und zwar auch dann, wenn sie mit Darlehensmittel bestritten worden sind.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611602900
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Arndt,




Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0611603000
Herr Staatssekretär, wenn, wie Sie soeben selbst gesagt haben, solche Studiendarlehen auch außergewöhnliche Belastungen darstellen können, warum wurden dann in den Lohnsteuerrichtlinien im Zusammenhang mit § 11 Abs. 2 nur Sonderausgaben und Werbungskosten genannt?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611603100
Die Vorschrift des § 11 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes gilt nicht in Fällen, in denen Aufwendungen, die außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 des Einkommensteuergesetzes darstellen, mit Darlehensmitteln bestritten wurden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs liegt in solchen Fällen eine berücksichtigungsfähige außergewöhnliche Belastung grundsätzlich erst im Jahr der Tilgung der Schuld vor. Soweit allerdings zu Unrecht die Aufwendungen bereits im Jahr der Verausgabung berücksichtigt worden sind, können sie nach der angeführten Rechtsprechung im Jahr der Tilgung nicht mehr berücksichtigt werden. Ein entsprechender Hinweis findet sich in Abschnitt 189 a Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611603200
Eine weitere Zusatzfrage.

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0611603300
Erwägt die Bundesregierung eventuell eine Gesetzesänderung, weil der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung trotz des § 11 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes den Abzug von Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, die zunächst aus aufgenommenen Darlehen bestritten wurden, erst im Zeitpunkt der Schuldentilgung zuläßt?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611603400
Die Frage, ob man das Gesetz ändern soll, wird erst im Zusammenhang mit der Steuerreform geprüft werden können.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611603500
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0611603600
Ist der Bundesregierung bekannt, Herr Staatssekretär, daß Eltern, die das Studium ihrer Kinder ohne Schwierigkeiten selbst finanziert haben, bereits Hinweise in der einschlägigen Literatur gegeben werden, daß sie durch Übertragung von Vermögensteilen auf ihre Kinder Steuervorteile nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch nehmen können, die sie ihrerseits dann für ihre Familie erhalten?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611603700
Eltern haben, worauf auch in der einschlägigen Literatur hingewiesen wird, die Möglichkeit, Einkunftsteile mit steuerlicher Wirkung auf ihre Kinder zu übertragen. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung ist, daß auch sämtliche bürgerlich-rechtlichen Konsequenzen gezogen werden. In diesen Fällen können die Kinder eigene Ausbildungsaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes als Sonderausgaben abziehen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß solche Übertragungen nicht allein deswegen vorgenommen werden, um den Kindern die Möglichkeit des beschränkten Sonderausgabenabzugs von Ausbildungsaufwendungen zu eröffnen. Dafür sprechen schon die schwerwiegenden bürgerlich-rechtlichen Auswirkungen, die mit solchen Übertragungen verbunden sind.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611603800
Sie haben eine letzte Zusatzfrage. Bitte, Herr Kollege!

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0611603900
Herr Staatssekretär, würden Sie die von Ihnen wenigstens für die Finanzreform angekündigte Prüfung einer Änderung des Einkommensteuergesetzes in engster Zusammenarbeit mit dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft vornehmen, um hier keinen Widerspruch zwischen der Finanzpolitik und den bildungspolitischen Zielen dieser Bundesregierung aufkommen zu lassen?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611604000
Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft ist ohnehin im Rahmen des Kabinetts an den Vorbereitungen der Finanzreform beteiligt. Es ist ganz selbstverständlich, daß alle Probleme, die beim Steuergesetz auftreten und bildungspolitische Auswirkungen haben könnten. auch dort eingehend geprüft werden und daß die dortige Meinung dann entsprechend gewürdigt wird.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611604100
Herr Kollege Fuchs zu einer Zusatzfrage.

Dr. Karl Fuchs (CSU):
Rede ID: ID0611604200
Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß die Anwesenheit bei den Kabinettssitzungen genügt, um hier irgendwelche Widersprüche zu vermeiden?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611604300
Aber Herr Kollege, es ist doch nicht so, daß die erst im Kabinett zum erstenmal von dieser Sache hören, sondern das geht doch so vor sich, daß die Referenten der Ressorts wochen-, monatelang vorher hin und her verhandeln, und Sie können sich darauf verlassen, daß dabei die Meinung jedes Ministeriums zum Ausdruck kommt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611604400
Herr Kollege Höcherl, Sie kamen gerade in den Saal, nachdem ich Ihre Fragen schon aufgerufen hatte. Ich komme daher auf die beiden Fragen zurück. Wenn Sie uns durch Maß bei Zusatzfragen die Abwicklung erleichtern könnten, wäre ich Ihnen dankbar,




Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611604500
Ich bitte, auch diese beiden Fragen im Zusammenhang beantworten zu dürfen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611604600
Ich rufe noch einmal die beiden Fragen 60 und 61 des Abgeordneten Höcherl auf:
Wie hoch ist die steuerliche Hektarbelastung der Landwirtschaft in den einzelnen EWG-Ländern?
Ist die Bundesregierung bereit, etwaige steuerliche Wettbewerbsverzerrungen durch die Anpassung der nationalen Steuergesetzgebung auszugleichen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611604700
Die steuerliche Hektarbelastung der Landwirtschaft in den einzelnen EWG-Ländern läßt sich nicht feststellen, da dem Bundesminister dei Finanzen über sie keine Statistiken vorliegen. im übrigen sei hierzu bemerkt, daß ein Vergleich der steuerlichen Belastung der Landwirtschaft in den einzelnen EWG-Ländern wegen der unterschiedlichen Steuersysteme erhebliche Schwierigkeiten bereiten würde.
Da dem Bundesminister der Finanzen Statistiken über die steuerliche Belastung der Landwirtschaft in den einzelnen EWG-Ländern nicht vorliegen, kann auch nicht zu der Frage Stellung genommen werden, ob Unterschiede der steuerlichen Belastung der Landwirtschaft in den einzelnen EWG-Ländern zu steuerlichen Wettbewerbsverzerrungen führen. Das Bundesministerium der Finanzen wird bei der EWG-Kommission anfragen, ob dort entsprechende Unterlagen zur Verfügung stehen. Falls sich danach ergeben sollte, daß steuerliche Wettbewerbsverzerrungen zuungunsten der Landwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland bestehen, wird die Frage des Ausgleichs einer solchen Wettbewerbsverzerrung im Rahmen der Steuerreform geprüft werden.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0611604800
Tiefes Mitleid erfüllt mich wegen der Antwort.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611604900
Fragen, Herr Abgeordneter Höcherl!

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0611605000
Weil mich wegen der Antwort tiefes Mitleid erfüllt, darf ich fragen, ob es bei den heutigen Kommunikationsmöglichkeiten und bei den vielen Dokumentationen, die es überall gibt, tatsächlich nicht möglich sein sollte, Auskunft über die steuerliche Hektarbelastung in den einzelnen EWG-Ländern einzuholen. Könnte das nicht vielleicht bei den EWG-Agrarverbänden geschehen? Die wissen doch ganz genau, was sie zu zahlen haben. Glauben Sie nicht, Herr Staatssekretär, daß das ein kurzfristiger Weg wäre?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611605100
Herr Kollege, es geht nicht nur um Frankreich, es geht um alle sechs. Da dauert so etwas eine gewisse Zeit. Jedenfalls ist das bei der Kürze der Frist zwischen der Fragestellung und der Antwort auf mündliche Anfragen praktisch nicht zu klären. Aber sobald wir das Ergebnis haben, werden wir daraus Konsequenzen ziehen.

(Abg. Höcherl: Ich werde mich in Geduld fügen!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611605200
Herr Abgeordneter Dr. Sperling zu einer Zusatzfrage.

Dr. Dietrich Sperling (SPD):
Rede ID: ID0611605300
Herr Staatssekretär, würde es die Bundesregierung begrüßen, wenn alle Präsidenten unseres Parlaments den Brauch übten, zu spät kommende Fragesteller nachträglich noch mit einzubeziehen?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611605400
Herr Abgeordneter Dr. Sperling, ich rüge eine solche Frage an die Bundesregierung. Die Angelegenheit fällt nicht in deren Kompetenz. Im übrigen verfahre ich genauso, wie andere Präsidenten im Stuhl bei Fragestellern schon verfahren sind, solange ein Geschäftsbereich noch aufgerufen war.
Der Herr Abgeordnete Mick hat gebeten, die Fragen 64 und 65 schriftlich zu beantworten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 66 des Abgeordneten Brandt (Grolsheim) auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, in welchem Umfang Steuervorteile für den Erwerb von Zweitwohnungen durch Umgehung der Vorschrift über die Eigennutzung in Anspruch genommen werden, und ist sie deshalb bereit, den Erwerb von Zweitwohnungen so schwer wie möglich zu machen?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611605500
Nach der derzeitigen Fassung des § 7 b des Einkommensteuergesetzes, die Anwendung findet, wenn der Antrag auf Baugenehmigung nach dem 31. Dezember 1964 gestellt wird, ist nicht mehr Voraussetzung für die Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen für Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen, daß diese zur Eigennutzung bestimmt sind. Die Vergünstigung wird deshalb weder durch eine Vermietung, noch durch eine Nutzung als Zweitwohnung ausgeschlossen.
Unangemessene Steuervorteile durch Inanspruchnahme der Vergünstigung sind jedoch dadurch ausgeschlossen, daß erhöhte Absetzungen nur noch für ein Objekt — bei Ehegatten für zwei Objekte —gewährt werden. Durch die Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen für eine Zweitwohnung wird hiernach die Berechtigung zur Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen für ein Objekt endgültig verbraucht. Die Bundesregierung hält deshalb Maßnahmen zum Ausschluß von Zweitwohnungen aus der Steuervergünstigung des § 7 b des Einkommensteuergesetzes nicht für erforderlich.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611605600
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Brandt.

Hugo Brandt (SPD):
Rede ID: ID0611605700
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß angesichts der Tatsache, daß bei uns noch eine Fülle von Leuten überhaupt auf



Brandt (Grolsheim)

Wohnungen wartet, eine Vergünstigung von Zweitwohnungen — Zweitwohnungen als Ferienwohnungen — recht unangemessen erscheint?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611605800
Herr Kollege, das kommt ja kaum noch in Betracht. Ich habe Ihnen gesagt, daß praktisch nur noch Ehegatten das machen können. Die meisten nehmen es auch nur einmal in Anspruch. Die Zahl der Fälle, in denen Vergünstigungen für Zweitwohnungen in Anspruch genommen werden, ist nicht so hoch, wie man meint.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611605900
Eine weitere Zusatzfrage.

Hugo Brandt (SPD):
Rede ID: ID0611606000
Herr Staatssekretär, darf ich nach der Antwort, die gestern vom Ministerium für Städtebau und Wohnungswesen gegeben worden ist, davon ausgehen, daß die vorhandenen rund 178 000 Zweitwohnungen über eine normale Finanzierung ohne Inanspruchnahme von Steuervorteilen erstellt worden sind?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611606100
Herr Kollege, das möchte ich nun nicht behaupten. Denn nach dem vor 1964 geltenden Recht war es ja möglich, für mehrere Wohnungen diese Vorteile in Anspruch zu nehmen. Jetzt ist das auf eine Wohnung beschränkt. Aber wie ich schon gesagt habe, muß diese Frage ohnehin im Zusammenhang mit der Steuerreform geprüft werden. Vorher kann an der Vorschrift nichts mehr geändert werden, damit nicht ständig Unruhe bei den Finanzämtern ausgelöst wird.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611606200
Herr Abgeordneter Ott zu einer Zusatzfrage.

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0611606300
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir darin überein, daß vor dem 1. Januar 1964 die von dem Kollegen befürchtete Vergünstigung deshalb nicht möglich war, weil Voraussetzung gewesen ist, daß der Betreffende die Wohnung selber nutzte, und weil die Nutzung einer zweiten Eigentumswohnung damals vom Gesetz nicht erlaubt war?

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0611606400
Da haben Sie völlig recht, Herr Kollege. Nur konnte damals eine Zweitwohnung dann gefördert werden, wenn man erklärte, daß man in absehbarer Zeit hineinziehen würde. Das geschah auch oft bei alten Leuten, und dann wurde es ausnahmsweise zugelassen. Darum kann man nicht absolut sagen, es sei nicht möglich gewesen. Aber es war nur in ganz eingeschränktem Ausmaße möglich. Nach dem Gesetz war damals die Förderung einer Zweitwohnung ausgeschlossen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611606500
Der Abgeordnete Wagner (Günzburg) hat um schriftliche Beantwortung der Frage 67 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Frage des Herrn Abgeordneten von Alten-Nordheim ist vom Fragesteller zurückgezogen.
Damit, Herr Staatsekretär, sind wir am Ende Ihres Geschäftsbereichs. Ich danke Ihnen sehr.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Rohde zur Verfügung.
Der Abgeordnete Bredl und der Abgeordnete Dröscher haben um schriftliche Beantwortung ihrer Fragen 68 und 69 gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 70 des Abgeordneten Henke auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Personen, die nach dem Berufsförderungsgesetz an Maßnahmen zur beruflichen Umschulung oder Weiterbildung teilnehmen, oft — wie z. B. in Köln — ein Jahr und länger auf das ihnen zustehende Geld warten müssen?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0611606600
Herr Präsident, ich würde gern die beiden Fragen des Abgeordneten Henke gemeinsam beantworten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611606700
Ich nehme an, der Herr Abgeordnete ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 71 des Herrn Abgeordneten Henke auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um diesem Mißstand grundsätzlich abzuhelfen?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0611606800
Es trifft zu, Herr Kollege, daß bei der Bearbeitung von Anträgen auf Förderung der beruflichen Fortbildung, Umschulung und Einarbeitung nach dem Arbeitsförderungsgesetz zum Teil erhebliche Verzögerungen aufgetreten sind. Im einzelnen hat dazu unser Haus in der Beantwortung der Fragen des Kollegen Grüner am 12. März 1971 und der Kollegin Dr. Orth am 9. Oktober 1970 ausführlich Stellung genommen.
In der Zwischenzeit ist eine Reihe von Regelungen getroffen worden, um den Bearbeitungsrückstand so schnell wie möglich abzubauen:
Neben den Maßnahmen zur personellen Verstärkung der Dienststellen und zur Vereinfachung des Verfahrens hat der Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit am 30. September 1970 die Anordnungen über die individuelle Förderung der Berufsbildung dahin gehend geändert, daß der Präsident der Bundesanstalt für die zu erstattenden Fahrkosten Pauschbeträge festsetzen kann.
Eine Pauschalierung weiterer Leistungen, die ebenfalls eine Änderung der Anordnungen erforderlich machen würde, wird zur Zeit in den Selbstverwaltungsgremien der Bundesanstalt erörtert.
Außerdem sind die Arbeitsämter angewiesen worden, Abschläge auf die zu erwartenden Leistun-



Parlamentarischer Staatssekretär Rohde
gen zu zahlen, soweit die Bearbeitung des Antrages in angemessener Frist nicht erfolgen kann.
Ich darf Ihnen, Herr Kollege, abschließend versichern, daß unser Haus mit dem Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit in ständigem Kontakt steht, um zu einer schnellen Lösung des von Ihnen genannten Problems zu gelangen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611606900
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Erich Henke (SPD):
Rede ID: ID0611607000
Herr Staatssekretär, glauben Sie daran, daß die von Ihnen hier vorgetragenen Maßnahmen ausreichen, um die vom Leiter der Kölner Arbeitsverwaltung vorgeschlagene Novellierung des Gesetzes überflüssig zu machen?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0611607100
Herr Kollege, aus den Kontakten, die wir mit der Bundesanstalt bisher gehabt haben, wissen wir, daß sich die eingeleiteten Maßnahmen positiv für die Bearbeitung auswirken werden. Im übrigen, Herr Kollege, darf ich darauf hinweisen, daß, abgesehen von der administrativen Seite, auf die Sie hingewiesen haben, dieser Vorgang auch auf dem Hintergrund der Tatsache zu beurteilen ist, daß die Zahl derjenigen Arbeitnehmer, die im letzten Jahr ihr Interesse an beruflicher Bildung und Fortbildung bekundet haben, sehr viel größer ist, als bei der Beratung des Arbeitsförderungsgesetzes seinerzeit angenommen worden ist. Das ist ein positives Zeichen für die Bildungswilligkeit der Arbeitnehmer in unserem Land.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611607200
Noch eine Zusatzfrage.

Erich Henke (SPD):
Rede ID: ID0611607300
Herr Staatssekretär, falls es künftig weiterhin Schwierigkeiten geben sollte — wir wollen das nicht hoffen —, stellen Sie eine Novellierung des Gesetzes und unter Umständen auch personelle Regelungen im Bereich der Arbeitsverwaltung in Aussicht?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0611607400
Herr Kollege, ohne jetzt im einzelnen schon einer möglichen Entscheidung vorzugreifen, will ich hier sagen, daß wir die weitere Entwicklung auf diesem Feld kritisch beobachten werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611607500
Damit kommen wir zur Frage 72 des Herrn Abgeordneten Varelmann:
Wie wird die Lebenssituation der Kriegerwitwe bewertet, die auch Bezüge aus der Rentenversicherung empfängt?
Herr Staatssekretär!

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0611607600
Herr Präsident, ich habe den Eindruck, daß auch die Fragen 72 und 73 in sachlichem Zusammenhang stehen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611607700
Wenn der Herr Fragesteller einverstanden ist, rufe ich auch die Frage 73 des Herrn Abgeordneten Varelmann auf:
Wie wird die Lebenssituation einer Arbeiterwitwe bewertet, die Rentenleistungen eus der Rentenversicherung der Arbeiter bezieht und deren früherer Ehemann in etwa gleicher Arbeitsposition stand wie der der Kriegerwitwe?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0611607800
Das Ziel Ihrer Fragen, Herr Kollege, ist schwer zu erkennen, um das freimütig zu sagen. Offenbar geht es Ihnen um einen Vergleich zwischen den Witwenrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz und den Witwenrenten aus der Arbeiterrentenversicherung. Damit stellen sie verschiedene Lebenstatbestände gegenüber, die sich pauschal und ohne Berücksichtigung aller Umstände schwerlich vergleichen lassen. Das wird schon deutlich, wenn sie z. B. daran denken, daß_ in der Kriegsopferversorgung öffentlichrechtliche Entschädigungsansprüche zu erfüllen sind.
Im übrigen wissen Sie, daß die Witwenrente aus der Rentenversicherung nicht eine autonome Größe ist, sondern in unmittelbarem Zusammenhang mit den Rentenvoraussetzungen steht, die der Versicherte erworben hatte. Auf die Bedeutung der Ableitung der Witwenrente von der Rente oder Rentenanwartschaft des Versicherten hat die Bundesregierung unter anderem in ihrem Rentenversicherungsbericht hingewiesen. Bei der Beratung dieses Berichts im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung wird sich Gelegenheit bieten, näher zu ermitteln, in welche Richtung die von Ihnen gestellten Fragen eigentlich zielen sollen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611607900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Varelmann.

Franz Varelmann (CDU):
Rede ID: ID0611608000
Herr Staatssekretär, die Statistik besagt, daß die Kriegerwitwe in der Regel nur eine Rente bezieht, die etwa 50 % der Rente der Arbeiterwitwe beträgt. Muß man daraus nicht entnehmen, daß ein beachtlicher Anteil der Kriegerwitwen ein Kümmerdasein führt, wenn nicht die Kinder sie unterstützen?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0611608100
Herr Kollege, ich darf Sie darauf hinweisen, daß wir mit Blick auf die Lage der Kriegerwitwen im letzten Jahr bei der Weiterentwicklung der Kriegsopferversorgung eine Regelung eingeführt haben, die über das Versorgungsniveau für die Kriegerwitwen unter den früheren Bundesregierungen hinausgeht. Ich darf Sie daran erinnern, daß im Bereich der Kriegsopferversorgung erstmals auf Vorschlag dieser Regierung mit dem ersten Anpassungsgesetz für die Witwen Renten erreicht worden sind, die 60 % der Vollrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten entsprechen. Hinzurechnen müssen Sie die Wirkungen der Schadensausgleichsregelungen des Kriegsopferrechts.

(Sehr gut! bei der SPD.)





Franz Varelmann (CDU):
Rede ID: ID0611608200
Herr Staatssekretär, nach der Übersicht bezieht die Arbeiterwitwe in der Regel nur eine Rente, die unter den Sätzen der Sozialhilfe liegt. Ist es deshalb nicht sehr dringlich, zu überprüfen, ob der derzeitige Zustand nicht unbefriedigend ist und ob hier nicht vorab eine Besserung gegenüber anderen Leistungen notwendig ist?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0611608300
Herr Kollege, wir haben in dem Bericht zu Fragen der Rentenversicherung die Probleme, auf die Sie hinweisen, dokumentiert. Sie werden in absehbarer Zeit im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung eingehend erörtert. Im übrigen arbeitet das Bundesarbeitsministerium an einer Konzeption für die weitere Entwicklung der sozialen Sicherung der Frau, um den Frauen in Zukunft bessere Möglichkeiten für den Erwerb eigener Rentenansprüche zu geben. Es ist mithin damit zu rechnen, daß die von Ihnen aufgeworfenen Fragen in den gesetzgebenden Körperschaften eingehend erörtert werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611608400
Danke schön. Ich rufe die Frage 74 des Herrn Abgeordneten Fuchs auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die erforderlichen Schritte einzuleiten, um den Teilnehmern an überbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Fortbildung und Umschulung, die durch die Bundesanstalt für Arbeit durchgeführt werden, vermögenswirksame Leistungen zu gewähren?
Wollen Sie auch da eine Verbindung, Herr Staatssekretär?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0611608500
Ich habe den Eindruck, daß das sachdienlich wäre.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611608600
Der Herr Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 75 des Herrn Abgeordneten Fuchs auf:
Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Mittel, die ggf. von der Bundesanstalt oder über Zuschüsse des Bundes aufgebracht werden müßten?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0611608700
Das Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer setzt, wie Sie, Herr Kollege, wissen, nach seiner ganzen Konzeption das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraus. Es will die im aktiven Erwerbsleben stehenden Arbeitnehmer durch eine an das Arbeitsverhältnis anknüpfende vermögenswirksame Leistung des Arbeitgebers am volkswirtschaftlichen Vermögenszuwachs beteiligen. Es ist nach diesem Gesetz nicht eine Aufgabe der Versichertengemeinschaft oder des Bundes, an Stelle des Arbeitgebrs über die Leistungen zum Lebensunterhalt hinaus auch Leistungen zur Vermögensbildung zu finanzieren. Das könnte außerdem präjudizierende Wirkungen für andere Bereiche haben.
Sie haben ferner nach den voraussichtlichen finanziellen Konsequenzen Ihrer Überlegungen gefragt. Geht man davon aus, daß 1970 die Bundesanstalt für Arbeit etwa 100 000 Personen Unterhaltsgeld für die Teilnahme an Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen zahlte, dann würden die Kosten für die Zahlung von 624 DM einschließlich Zulagen und Prämien an diesen Personenkreis etwa 100 Millionen DM im Jahr betragen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611608800
Eine Zusatzfrage.

Dr. Karl Fuchs (CSU):
Rede ID: ID0611608900
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß die Gewährung von vermögenswirksamen Leistungen an diese Arbeitnehmer vor allem in den strukturschwachen Gebieten und in strukturell gefährdeten Branchen einen zusätzlichen Anreiz schaffen würde, sich der Umschulung zu stellen?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0611609000
Herr Kollege, das ist schwer abzusehen. Das will ich hier jetzt nicht ohne weiteres beantworten.
Ich darf aber noch auf folgendes hinweisen. Die Teilnehmer an diesen Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen können die allgemeinen Sparförderungsgesetze in Anspruch nehmen, wie z. B. das Spar- und das Wohnungsbauprämiengesetz. Sie sind davon nicht ausgeschlossen. Sie können sie sogar mit erhöhten Vergünstigungen in Anspruch nehmen; denn sie erhalten stets die Zusatzprämie für Bezieher niedriger Einkommen, weil dafür das steuerpflichtige Einkommen maßgebend ist, das Unterhaltsgeld der Bundesanstalt für Arbeit aber nicht steuerpflichtig ist.
Die von Ihnen zunächst aufgeworfene Frage ließe sich das liegt in der Natur der Sache — nicht auf die Empfänger von Unterhaltsgeld nach dem Arbeitsförderungsgesetz beschränken, sondern damit würde die prinzipielle Frage aufgeworfen, ob das 624-DM-Gesetz über den Kreis der in einem Arbeitsverhältnis stehenden Arbeitnehmer hinaus relevant gemacht werden soll.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611609100
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Professor Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0611609200
Herr Staatssekretär, Sie haben den Grundsatz entwickelt, daß vermögenswirksame Leistungen nur von solchen Arbeitnehmern in Anspruch genommen werden können, die noch in der aktiven Arbeit stehen. Gilt dieser Grundsatz nach Auffassung der Regierung generell für alle Bereiche des öffentlichen Dienstes und der privaten Wirtschaft?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0611609300
Herr Kollege, wir kommen hier zu Problemen, die im einzelnen bei der Vorlage des Vermögensberichtes erörtert werden müßten, in dessen Zusammenhang ja auch die Beziehungen zwischen Steuerreform und Reform der Sparförderung im einzelnen zu behandeln sind. Im übrigen habe ich nur hinsichtlich der Geltung des 624-DM-Gesetzes auf die Voraussetzung, daß ein Arbeitsverhältnis besteht, hingewie-



Parlamentarischer Staatssekretär Rohde
sen. In der Beantwortung der Zusatzfrage von Herrn Dr. Fuchs habe ich unterstrichen, daß andere Formen der Sparförderung auch für weitere Personenkreise gelten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611609400
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmidt (Braunschweig).

Walter Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0611609500
Herr Staatssekretär, wie sind die Erfahrungen Ihres Hauses mit den von der Bundesanstalt für Arbeit durchgeführten Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung und Schulung?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0611609600
Herr Kollege, das ist nun ein Sachverhalt, der über diese Frage nach dem 624-DM-Gesetz — —

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611609700
Herr Kollege, Ihre Frage steht nicht mehr in dem durch die Richtlinien leider geforderten unmittelbaren Zusammenhang. Ich bitte dafür um Verständnis.

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0611609800
Aber eines darf ich vielleicht sagen, Herr Präsident. Unser Haus würde gern Gelegenheit nehmen, über die positiven Auswirkungen des Arbeitsförderungsgesetzes und die Erfahrungen damit diesem Haus zu berichten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611609900
Herr Kollege Schmidt, Sie könnten das vielleicht noch für die Fragestunde der nächsten Woche schaffen.
Herr Staatssekretär, damit sind die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich beantwortet. Ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Berkhan zur Verfügung.
Die Fragen 76 und 79 werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage zum Stenographischen Bericht abgedruckt.
Ich rufe die Frage 77 des Abgeordneten Dr. Jenninger auf:
Trifft es zu, daß bei der Auswahl der Bewerber für die Ausbildung zum Offizier des militärfachlichen Dienstes vorrangig das Ergebnis eines eineinhalbstündigen psychologischen Tests für die Eignung oder Nichteignung ausschlaggebend war?
Ich weiß nicht, Herr Staatssekretär, ob Sie die beiden Fragen des Abgeordneten Dr. Jenninger gemeinsam beantworten wollen.

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0611610000
Herr Präsident und Herr Kollege, ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich die beiden Fragen gemeinsam beantworten dürfte.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611610100
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe auch noch die Frage 78 des Abgeordneten Dr. Jenninger auf:
In welchem Umfang wurden die dienstlichen Beurteilungen durch die Vorgesetzten bei der Auswahlprüfung herangezogen?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0611610200
Für die Ausbildung zum Offizier des militärfachlichen Dienstes ist die dienstliche Beurteilung und nicht das Ergebnis eines psychologischen Tests vorrangig und ausschlaggebend gewesen. Eine erste Übergangsregelung — sie betraf Stabs- und Oberstabsfeldwebel sowie Feldwebeldienstgrade mit der Zusage der Ausbildung zum Stabsfeldwebel — sah Ausbildung auf Grund von Bewerbung, jedoch keine Auswahl und somit auch kein Testverfahren vor. Bei der zweiten Übergangsregelung, die die übrigen Unteroffiziere in Feldwebeldienstgraden erfaßte, war dagegen wegen der begrenzten Zahl der zur Verfügung stehenden Stellen und der hohen Zahl der Bewerber eine Auswahl erforderlich. Die psychologischen Tests, die im übrigen nur beim Heer und bei der Marine durchgeführt wurden, sind hierbei jedoch lediglich mit einem Anteil bis höchstens 25 % berücksichtigt worden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611610300
Haben Sie noch Zusatzfragen, Herr Kollege?

Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID0611610400
Ich habe eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie sagen, Tests seien nur zu 25 % berücksichtigt worden. Wie können Sie sich dann erklären, daß Feldwebel, die jahrelang durch ihre Vorgesetzten eine Beurteilung mit „gut" und „sehr gut" hatten, in diesem Fall keine Berücksichtigung erfahren haben?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0611610500
Bis höchstens 25 % habe ich gerade gesagt; sehr häufig ist es darunter geblieben.
Herr Kollege Dr. Jenninger, dies ist ein Übergang von einer Laufbahn in die andere, und es ist durchaus möglich, daß sie in der Laufbahn A immer gute Beurteilungen haben, daß sie dennoch bei der Prüfung, ob sie in die Laufbahn B übernommen werden können, dabei an bestimmten Grenzen scheitern, die in der Laufbahn A gar nicht relevant sind. Ich kann so zu Ihnen sprechen, da Sie als ehemaliger Beamter bzw. als Beamter im einstweiligen Ruhestand genau wissen, was ich damit meine. Dieses Problem tritt ja nicht nur bei Soldaten auf, sondern Aufstiegslaufbahnen bei Beamten zeigen häufig ähnliche Ergebnisse.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611610600
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Philipp Jenninger (CDU):
Rede ID: ID0611610700
Herr Staatssekretär, würden Sie es nicht im Rahmen der Fürsorgepflicht so sehen, daß die Art und Weise der Benachrichti-



Dr. Jenninger
gung der Betroffenen, die durchgefallen sind, vielleicht etwas geschickter hätte durchgeführt werden sollen, nicht mit dem lapidaren Satz: „Sie sind für diese Laufbahn nicht geeignet"?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0611610800
Herr Kollege Dr. Jenninger, wenn ich Ihnen die Zahlen vortrüge, die in diesen Prozeß eingeflossen sind, würde Ihnen klar, daß der rein bürokratische Ablauf den verantwortlichen Beamten und Mitarbeitern und Soldaten sehr viel Mühe macht. Ich will gerne zugeben, daß dieser lapidare Satz vielleicht etwas kränkend sein kann. Wir werden uns bemühen, das zu bessern. Dennoch muß ich Sie darauf aufmerksam machen, daß Verwaltungsverfahren, die sich nicht an den Bürger draußen wenden, verwaltungsintern knapper, klarer und verständlicher Sprache bedürfen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611610900
Der Herr Abgeordnete Dr. Slotta wollte noch eine Zusatzfrage stellen.

Dr. Günter Slotta (SPD):
Rede ID: ID0611611000
Herr Staatssekretär, sind Ihnen auch Fälle bekannt, in denen der Test eine positivere Beurteilung als die durch den Truppenoffizier enthält?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0611611100
Ich weiß zufällig, Herr Kollege Slotta, daß Sie Professor der Pädagogik sind. Sie wissen natürlich, daß es sehr häufig sein kann, daß ein psychologischer Test positiver ist als die Abschlußarbeit. Das ist bei Studenten so, und inwiefern soll das bei Soldaten anders sein?

(Abg. Dr. Slotta meldet sich zu einer weiteren Zusatzfrage.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611611200
Herr Kollege, nach den Richtlinien für die Fragestunde kann ich leider keine zweite Zusatzfrage zulassen.
Ich rufe die Frage 80 des Herrn Abgeordneten Peiter auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die Heizungskostenzuschüsse für zentralbeheizte Wohnungen von Angehörigen der Bundeswehr der Besoldungsgruppen A 1 bis A 9 wieder einzuführen?
Herr Staatssekretär!

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0611611300
Die Einführung von Heizkostenzuschüssen bedurfte wegen ihrer Ausweitung auf alle Bundesbediensteten der Erörterung mit anderen Bundesressorts, insbesondere dem Bundesminister des Innern und dem Bundesminister der Finanzen. Dabei hat sich ergeben, daß nach der Anhebung der Besoldung im Jahre 1971 insbesondere in den unteren Besoldungsgruppen auch insoweit eine soziale Dringlichkeit nicht mehr vorliegt. Eine Sonderregelung für Angehörige der Bundeswehr allein mußte aus Gründen der Gleichbehandlung der gesamten Bundesverwaltung — vor allem bei Zoll, Bundesgrenzschutz, Bahn und Post — ausscheiden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611611400
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Willi Peiter (SPD):
Rede ID: ID0611611500
Herr Staatssekretär, meinen Sie nicht auch, daß zwischen den Angehörigen der Bundeswehr und anderen Bundesbediensteten ein Unterschied dergestalt besteht, daß die Angehörigen der Bundeswehr in der Regel in ihnen zugewiesene Wohnungen ziehen müssen, während andere eine freie Auswahl haben und unter Umständen privat wohnen bleiben können?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0611611600
Dies stimmt nur bedingt auch bei der Zollverwaltung und bei der Bundesbahn gibt es die Möglichkeit, daß jemand in eine zugewiesene Wohnung ziehen muß —, aber das stimmt, Herr Kollege Peiter, was Sie sagen. Nichtsdestoweniger gehe ich davon aus, daß die zugewiesenen Wohnungen in der Heizungstechnik so modern sind, wie es der Zustand der Technik erlaubte, als diese Wohnungen gebaut wurden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611611700
Eine Zusazfrage.

Willi Peiter (SPD):
Rede ID: ID0611611800
Herr Staatssekretär, ist damit zu rechnen, daß irgendwann in naher Zukunft eine Regelung für alle Bundesbediensteten getroffen wird?

Karl Wilhelm Berkhan (SPD):
Rede ID: ID0611611900
Herr Kollege Peiter, ich fühle mich überfragt.

(Abg. Peiter: Das glaube ich!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611612000
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Bayerl zur Verfügung. Die Frage 56 ist von dem Herrn Abgeordneten Dr. Kliesing (Honnef) eingebracht worden. Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Frage 57 ist von dem Herrn Abgeordneten Memmel eingebracht worden. — Auch der Herr Abgeordnete Memmel ist nicht im Saal, so daß die Antwort als Anlage abgedruckt wird.
Ich rufe die Frage 58 des Herrn Abgeordneten Hansen auf:
Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um die Wirtschaftskriminalität (Betrug, Wettbewerbs- und Treubruchdelikte, Wucher, Hehlerei, Abgabenhinterziehung, Insolvenzunwesen usw.) in der Bundesrepublik Deutschland wirksamer als bisher zo bekämpfen?
Herr Staatssekretär!




Dr. Alfons Bayerl (SPD):
Rede ID: ID0611612100
Herr Kollege Hansen, die Entwicklung der Wirtschaftskriminalität ist in vielen Bereichen über unser Strafrecht hinweggegangen. Teil der Strafrechtsreform muß also notwendig auch eine Reform des Wirtschaftsstrafrechts sein. Hier fehlt es aber noch an einer umfassenden, auch wissenschaftlich fundierten Bestandsaufnahme dessen, was in der Bundesrepublik auf diesem Gebiet tatsächlich vor sich geht. Erst wenn diese Bestandsaufnahme vorliegt, werden wir im einzelnen genau sagen können, welche Reformmaßnahmen erfolgversprechend sind.
Auf einem wichtigen Teilgebiet, dem des Subventions- und Erstattungsbetrugs, haben wir entsprechende Untersuchungen bereits eingeleitet. Wir haben Anfang 1970 Herrn Professor Tiedemann von der Universität Gießen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Nach Eingang dieses Gutachtens und nach Abschluß der erforderlichen Vorarbeiten werden wir eine entsprechende Reformnovelle noch in dieser Legislaturperiode vorlegen.
Zur Zeit überprüfen wir bei unseren Arbeiten am Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch, das am 1. Oktober 1973 in Kraft treten soll, eine Reihe von Tatbeständen des Wirtschaftsstrafrechts außerhalb des Strafgesetzbuchs, darunter die Strafbestimmungen der Konkursordnung und des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Eine Neufassung der Wuchervorschriften hat die Bundesregierung bereits in dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und des Mietanstiegs vorgeschlagen.
Im übrigen ist die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität auch und vor allem ein Organisations-und Verfahrensproblem. Die Bundesregierung unterstützt seit 1957 die besondere Ausbildung von Richtern und Staatsanwälten durch Lehrgänge der Bundesfinanzakademie in Siegburg. Sie begrüßt es, daß in verstärktem Maße Spezialabteilungen bei Staatsanwaltschaften und besondere Wirtschaftsstrafkammern gebildet werden. Sie hält es auch für notwendig, die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Durchsuchung und die Beschlagnahme, die für die Ermittlung von Wirtschaftsstraftatbeständen von besonderer Bedeutung sind, wirksamer zu fassen, und arbeitet an einer entsprechenden Gesetzesinitiative des Bundesrates mit.
Abschließend verweise ich auf die Bemühungen der Bundesregierung, im Rahmen der Justizreform die Strafverfahren zu straffen, zu beschleunigen, um sie auf diese Weise effektiver zu gestalten. Auch hierin sehe ich einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611612200
Eine Zusatzfrage.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0611612300
Herr Staatssekretär, kann ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung plant, ein eigenständiges, einheitliches Wirtschaftsstrafrecht zu schaffen, das es erlaubt, solche gesellschaftsschädigenden Handlungen ganz effektiv besser zu verfolgen und abzuurteilen?

Dr. Alfons Bayerl (SPD):
Rede ID: ID0611612400
Wir prüfen zur Zeit, wie wir auf dem Gebiete des Subventions- und Erstattungsbetrugs und Erstattungsschwindels dem unbefriedigenden Zustand mit einer Reformnovelle begegnen können. Im übrigen bemühen wir uns, im Einführungsgesetz, in der Konkursordnung und im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb einige Wirtschaftsstraftatbestände klarer und wirksamer zu fassen und zu formulieren.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611612500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (SPD):
Rede ID: ID0611612600
Herr Staatssekretär, gibt es über die von Ihnen genannten Deliktbereiche Zahlen, damit man in der Öffentlichkeit einmal deutlich machen kann, in welchem Ausmaß manche Bürger indirekt anderen Bürgern in die Tasche greifen, indem sie sich Vorteile auf Kosten aller anderen Steuerzahler verschaffen?

Dr. Alfons Bayerl (SPD):
Rede ID: ID0611612700
Wir sind im Rahmen unserer Vorarbeiten dabei, diese Zahlen zu ermitteln. Ich hoffe, daß wir im Verlauf des nächsten Jahres hierüber ein klareres Zahlenmaterial zur Verfügung haben werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611612800
Damit ist auch der Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz abgeschlossen. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Staatssekretär Dr. von Manger-Koenig zur Verfügung. Die Frage 81 ist von Herrn Abgeordneten Dr. Jungmann gestellt:
Hält es die Bundesregierung angesichts der sozialen Bedeutung und des Nachwuchsmangels in bestimmten Heilberufen, wie z. B. medizinisch-technische Assistenten oder Beschäftigungstherapeuten, heute noch für vertretbar, daß die Ausbildungskosten, insbesondere auch die Kosten für Unterbringung, Verpflegung und sogenannte Materialkosten während der vorgeschriebenen Praktika von den in der Ausbildung stehenden Bewerbern selbst aufgebracht werden müssen?
Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611612900
Herr Abgeordneter, der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat in den vergangenen Tagen versucht, festzustellen, inwieweit in den einzelnen Bundesländern die Praktikanten in den verschiedenen Heilberufen — insbesondere bei den medizinisch-technischen Assistenten und den Beschäftigungstherapeuten — für die Erstattung von Ausbildungskosten herangezogen werden. Nach den uns zugegangenen Informationen, die möglicherweise nicht vollständig sind, habe ich den Eindruck gewonnen, daß die Praktikanten für die Erstattung von Materialkosten nicht herangezogen werden.



Staatssekretär Dr. von Manger-Koenig
Anders ist es jedoch mit der Aufbringung der Kosten für eine eventuell in Anspruch genommene Unterbringung und Verpflegung. Nach dem Tarifvertrag über die Regelung der Arbeitsbedingungen der Praktikanten (Praktikantinnen) für medizinische Hilfsberufe vom 17. Dezember 1970 erhalten die Praktikanten in den in Rede stehenden Heilberufen zur Zeit ein monatliches Entgelt von mindestens 722 DM. Ob die Entgelte der Praktikanten, die nicht diesem Tarifvertrag unterliegen, die gleichen sind, vermag ich nicht mit Sicherheit zu sagen, möchte aber annehmen, daß überall zumindest eine annähernd gleich hohe Vergütung gezahlt wird. Wo das nicht der Fall sein sollte, tritt die Förderung im Rahmen des Ausbildungsförderungsgesetzes ein. Bei dieser Sachlage halte ich es für durchaus vertretbar, daß Praktikantinnen und Praktikanten der genannten Berufe für ihre Unterbringung und Verpflegung einen angemessenen Beitrag leisten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611613000
Ich rufe die Frage 82 des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl (München) auf:
Kann die Bundesregierung genaue Angaben über Zahl und Ursache der Geschlechtserkrankungen in der Bundesrepublik Deutschland machen, und welche praktischen Maßnahmen neben den schon vorhandenen gesetzlichen Vorschriften und der eingeleiteten Aufklärung gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um die offensichtlich ständig steigende Zahl von Geschlechtserkrankungen spürbar zu mindern?
Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611613100
Herr Abgeordneter, die Bundesstatistik über die ansteckungsfähigen Erkrankungen an Geschlechtskrankheiten nach § 11 a des Gesetzes vom 25. August 1969 wird erst seit dem 1. Juli 1970 geführt. Deshalb liegen noch keine aussagefähigen statistischen Unterlagen für das ganze Bundesgebiet vor. Angaben über die Infektionsquellen werden statistisch nicht erfaßt, weil das Gesetz insoweit eine Meldepflicht nicht festlegt.
Sobald der Bundesregierung ausreichend aussagefähiges statistisches Material vorliegt, wird sie prüfen, ob es notwendig ist, weitere Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Geschlechtskrankkeiten zu treffen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611613200
Bitte, Herr Abgeordneter, zu einer Zusatzfrage.

Dr. Erich Riedl (CSU):
Rede ID: ID0611613300
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Statistik des bayerischen Innenministeriums vom März 1971, wonach im zweiten Halbjahr 1970 in Bayern 6487 Neuerkrankungen zu verzeichnen waren, davon allein 3094 im Bereich der kreisfreien Stadt München? Ist diese enorme Zahl von Neuerkrankungen nicht Anlaß genug, daß sich die Bundesregierung überlegt, ob sie über die bisherigen Maßnahmen hinaus — das war ja meine Frage besondere Maßnahmen ergreifen sollte?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611613400
Herr Abgeordneter, aussagefähiger sind dann noch die Relativzahlen, die das Ganze in Beziehung zur Einwohnerzahl setzen. Man wird dann ein noch wesentlich besseres Bild bekommen. Bei allem Vorbehalt, den ich eben gegen die augenblickliche Aussagefähigkeit der Statistik angemeldet habe — sie ist noch im Anlaufen —, möchte ich sagen, daß Ihre Zahlen nur das bestätigen, was wir in der Sozialmedizin seit Jahren kennen, daß eben die Großstadtbevölkerung bei erhöhten Expositionsmöglichkeiten und auch bei anderen soziologischen Verhältnissen und anderen zwischenmenschlichen Kontakten erhöht gefährdet ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611613500
Zur letzten Zusatzfrage.

Dr. Erich Riedl (CSU):
Rede ID: ID0611613600
Herr Staatssekretär, nachdem Sie sich also im Hinblick auf die Bekanntgabe von Zahlen — ich mache Ihnen das gar nicht zum Vorwurf — zwangsläufig zurückhalten müssen, weil Sie diese Zahlen nicht haben, darf ich Sie fragen, wie Herr Professor Lundt vom Bundesgesundheitsamt vor einigen Wochen dazu kam, detaillierte Angaben über die Zahl der Neuerkrankungen auf diesem Gebiet in der Bundesrepublik Deutschland zu machen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611613700
Die Bekanntgabe mit allen Vorbehalten ist Herrn Lundt nicht zu verwehren. Weil wir aber vor diesem Hohen Hause nur Eindeutiges und Verläßliches zum Trend der Geschlechtskrankheiten sagen wollen, müssen wir im Augenblick an die Zahlen noch mit Vorbehalt herangehen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611613800
Die beiden nächsten Fragen sind von Herrn Abgeordneten Kiechle eingebracht. Der Fragesteller ist wohl damit einverstanden, daß ich die beiden Fragen 83 und 84 gemeinsam aufrufe:
Wieso erklärt die Bundesregierung in ihrer schriftlichen Antwort (Stenographischer Bericht über die 111. Plenarsitzung am 26. März 1971, Seite 6566) auf meine mündliche Frage A 69 (Drucksache VI/1983), der von mir zitierte Satz: „Fleisch, Eier, Milch und Butter machten Kinder blaß, aufgeschwemmt, verstopft und appetitlos und gegen Infektionen anfällig" finde sich an keiner Stelle der Broschüre „Die Ernährung des Kleinkindes und des Schulkindes", wenn unter Abschnitt IX folgen- der Satz steht: ,Die sog. kräftige Kost mit reichlich Fleisch, Eiern, Milch und Butter macht Kinder blaß, aufgeschwemmt, verstopft, appetitlos und gegen Infektionen anfällig"?
Hält die Bundesregierung die unter Abschnitt IX ihrer oben angeführten Broschüre abgedruckte Behauptung aufrecht, oder ist sie gegebenenfalls bereit, bei einer Neuauflage der Ernährungsfibel diesen Abschnitt so zu ändern, daß Mißdeutungen ausgeschlossen sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611613900
Wie ich in meiner schriftlichen Antwort vom 22. März 1971 bereits zum Ausdruck gebracht habe, findet sich in der Broschüre „Die Ernährung des Kleinkindes und des Schulkindes" an keiner Stelle der von Ihnen angeführte Satz — hier kommt es auf das Zitat an —: „Fleisch, Eier, Milch und But-



Staatssekretär Dr. von Manger-Koenig
ter machten Kinder blaß, aufgeschwemmt, verstopft und appetitlos und gegen Infektionen anfällig".
In Kapitel IX, das auf der letzten Seite der Broschüre steht und in dem die wichtigsten Grundregeln für eine richtige Ernährung des Kleinkindes und des Schulkindes in Kurzform zusammengefaßt sind, heißt es: „Die sog. kräftige Kost mit reichlich Fleisch, Eiern, Milch und Butter macht Kinder blaß, aufgeschwemmt, verstopft, appetitlos und gegen Infektionen anfällig. Rohkost oder vegetarische Kost sind für Kinder meist Hungernahrung." Mit diesen Formulierungen sollte herausgestellt werden, daß die Einseitigkeit der Nahrung möglicherweise zu Schäden führt.
In Ihrem Zitat, Herr Abgeordneter, sind die für die Beurteilung dieser Aussage entscheidenden Worte „Die sog. kräftige Kost mit reichlich ... " weggelassen worden. Außerdem muß diese Kurzfassung im Zusammenhang mit den Ausführungen in Kapitel VIII — „Falsche Ernährung" — gesehen werden, in dem zu dieser Frage ausführlich Stellung genommen wird.
Die Behauptung unter Kapitel IX der Broschüre ist durch langjährige kinderärztliche Erfahrungen gestützt.
Ich bin jedoch gern bereit, bei einer Neuauflage prüfen zu lassen, wie die Warnungen vor einseitiger Kost noch deutlicher formuliert werden können, um damit zugleich jeder Möglichkeit einer Mißdeutung vorzubeugen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611614000
Bitte, Herr Kollege, zu einer Zusatzfrage.

Ignaz Kiechle (CSU):
Rede ID: ID0611614100
Herr Staatssekretär, sind Sie auch unter dem Vorbehalt, daß ich den Vorspann des eigentlich werbewirksamen Satzes weggelassen habe, mit mir der Meinung, daß die Formulierung „reichlich Fleisch ... macht Kinder blaß, aufgeschwemmt, verstopft, appetitlos und gegen Infektionen anfällig", sagen wir einmal, prononciert einseitig ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611614200
Nein, ich halte diese Formulierung keineswegs für einseitig. Es geht uns darum, zu sagen, daß eine einseitige Rohkostnahrung genauso unzweckmäßig ist wie eine einseitige Nahrung, die vorwiegend auf Fleisch, Milch, andere Eiweißträger und Butter abgestellt ist. Es kommt auf die richtige Zusammensetzung an, und das sollte mit dieser Schrift herausgestellt werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611614300
Eine weitere Zusatzfrage.

Ignaz Kiechle (CSU):
Rede ID: ID0611614400
Wären Sie bereit — Sie haben es ja bereits angedeutet —, bei der nächsten Auflage hinten nicht das Wörtchen „reichlich", sondern „einseitig" zu verwenden, womit wir uns dann in unseren Auffassungen durchaus näherkämen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611614500
Ich bin bereit — das habe ich schon gesagt —, jede mißverständliche Formulierung auszuräumen, um derartigen Fehlinterpretationen vorzubeugen, Herr Abgeordneter.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611614600
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.

Ignaz Kiechle (CSU):
Rede ID: ID0611614700
Herr Staatssekretär, war das Bundesministerium für Ernährung bei der Herausgabe dieser Fibel mitbeteiligt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611614800
In diesen ernährungsphysiologischen Fragen, die ja rein medizinischer Natur sind, brauchen wir auf marktwirtschaftliche Gesichtspunkte nicht so dezidiert Rücksicht zu nehmen.

Ignaz Kiechle (CSU):
Rede ID: ID0611614900
Es war also nicht beteiligt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611615000
Ich gehe davon aus — ich bin im Augenblick überfragt —, daß zu diesen Fragen nicht unbedingt der Landwirtschaftsminister mit herangezogen werden muß.

Ignaz Kiechle (CSU):
Rede ID: ID0611615100
Ich meine den Bereich „Ernährung".

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611615200
Jedenfalls kann ich aus meiner Sicht nicht sagen, daß der reichliche Genuß von Fleisch, Milch und Eiern appetitlos macht.

(Große Heiterkeit. — Abg. Dr. Apel: Sie sind auch kein Kleinkind! — Erneute Heiterkeit.)

Die nächste Frage ist von dem Herrn Abgeordneten Härzschel gestellt, d. h. es sind zwei Fragen, und ich frage Sie, Herr Staatssekretär, ob Sie die beiden Fragen auch im Zusammenhang beantworten wollen, wenn der Fragesteller einverstanden ist.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611615300
Ich bitte darum.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611615400
Ich rufe also die Fragen 85 und 86 auf:
Sind die im Handel frei erhältlichen Appetitzügler auf ihre gesundheitlichen Auswirkungen überprüft, und ist die Unschädlichkeit festgestellt worden?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß vor allem von Frauen über schädliche Nebenwirkungen geklagt wird?
Bitte, Herr Staatssekretär!!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611615500
Nach meinen Feststellungen sind die im Handel frei erhältlichen Appetitzügler alle registriert.



Staatssekretär Dr. von Manger-Koenig
Bei der Registrierung haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß sie zu den Arzneimitteln gehören, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen im Sinne von § 6 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes hervorrufen. Auch die weiteren Beobachtungen führten bisher zu keinem anderen Ergebnis.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611615600
Zusatzfrage.

Kurt Härzschel (CDU):
Rede ID: ID0611615700
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich dann, daß vor allen Dingen Frauen darüber klagen, daß Nebenwirkungen eintreten, die auch von den Ärzten bestätigt werden? Das reicht vom Haarausfall bis zu Kreislaufbeschwerden.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611615800
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hat von keiner Seite Meldungen erhalten — und nur solche können wir ja aufgreifen —, daß schädliche Nebenwirkungen aufgetreten sind. Wären tatsächlich solche schädlichen Nebenwirkungen in nennenswertem Umfang eingetreten, hätten die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft und die Gesundheitsämter der Städte und Kreise Meldungen darüber erhalten. Das kann um so mehr angenommen werden, als die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft alle Ärzte in Bekanntmachungen vom März 1969 und August 1970 im Deutschen Ärzteblatt darauf hingewiesen hat, ihre Patienten vor der unkontrollierten Einnahme nicht rezeptpflichtiger Appetitzügler nachdrücklich zu warnen. In diesem Falle würde ich sagen: man sollte die Ärzte animieren, ihre Beobachtungen so schnell wie möglich der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft in Göttingen oder dem Bundesgesundheitsamt in Berlin zur Kenntnis zu geben, damit dem nachgegangen werden kann.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611615900
Eine Zusatzfrage.

Kurt Härzschel (CDU):
Rede ID: ID0611616000
Herr Staatssekretär, würden Sie es dann nicht für besser halten, diese Mittel rezeptpflichtig zu machen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611616100
Das Arzneimittelgesetz geht davon aus, daß nur solche Arzneimittel unter Rezeptpflicht gestellt werden, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch gewisse schädliche Nebenwirkungen erwarten lassen. Wenn wir aber solche, in einzelnen Praxen beobachtete Nebenwirkungen nicht erfahren, haben wir keinen Anhaltspunkt für eine Unterstellung unter die Rezeptpflicht.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611616200
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.

Kurt Härzschel (CDU):
Rede ID: ID0611616300
Darf ich also Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung dann, wenn solche Beschwerden kämen, bereit wäre, die Konsequenzen zu ziehen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611616400
Herr Abgeordneter, das gehört zu den Pflichten der Bundesregierung. Sie ist immer bereit, allen Meldungen über schädliche Nebenwirkungen unverzüglich zusammen mit den erfahrenen Wissenschaftlern und Klinikern nachzugehen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611616500
Ich rufe die beiden nächsten Fragen — des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt — auf. Ich nehme an, Herr Staatssekretär, daß die beiden Fragen auch in diesem Fall von Ihnen gemeinsam beantwortet werden. — Der Fragesteller ist jedenfalls einverstanden. Ich rufe also die Fragen 87 und 88 auf:
Sind neue Tatsachen bekanntgeworden, die die Verwirklichung der Ankündigung der Bundesregierung vom 3. Dezember 1970, das Ratifizierungsverfahren hinsichtlich des UNO-Einheitsabkommens über Suchtstoffe 1961 werde in ein bis zwei Monaten eingeleitet, unmöglich gemacht haben?
Waren die Schwierigkeiten, die — bis jetzt — zehn Jahre die Ratifizierung des UNO-Einheitsabkommens über Suchtstoffe 1961 verhindert haben, bei der Unterzeichnung des Abkommens voraussehbar?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611616600
Auf Grund der Bemühungen des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit haben sich die beteiligten Ressorts über die Ratifizierung des UN-Einheitsabkommens über Suchtstoffe von 1961 dahingehend geeinigt, daß die Ratifizierung ohne Einlegung eines Vorbehalts erfolgen soll. Der Entwurf eines Ratifizierungsgesetzes wird seitdem im Bundesministerium für .lugend, Familie und Gesundheit vorbereitet und in Kürze mit den beteiligten Ressorts abgestimmt. Die seinerzeit in der Beantwortung in Aussicht gestellte Ratifizierung bzw. das Ratifizierungsverfahren ist mithin eingeleitet.
Die Antwort auf die Frage 88 lautet wie folgt: Der deutsche Bevollmächtigte auf der Bevollmächtigtenkonferenz 1961 hat mehrmals in den zuständigen Ausschüssen und im Plenum der Konferenz um Abänderung der fraglichen Bestimmung des Art. 3 Abs. 7 über das Inkrafttreten von Beschlüssen der Suchtstoffkommission über die Änderung der Suchtstofflisten gebeten mit der Begründung, daß es für die Bundesregierung aus verfassungsrechtlichen Gründen schwierig sein könnte, der vorliegenden Fassung zuzustimmen.
Die Bevollmächtigtenkonferenz ist diesem Änderungsvorschlag nicht gefolgt, sondern hat ausdrücklich die unmittelbare Wirksamkeit der Beschlüsse der Suchtstoffkommission über die Suchtstofflisten gewünscht.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611616700
Eine Zusatzfrage?




Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0611616800
Herr Staatssekretär, darf ich der Bundesregierung ausdrücklich dafür danken, daß die monatelangen Bemühungen diesen Erfolg gehabt haben.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611616900
Ich komme zu den Fragen 89 und 90 des Herrn Abgeordneten Strohmayr:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die in Gaststättenbetrieben bisweilen beobachtete Warenunterschiebung durch Abgeben eines anderen als des bestellten Erzeugnisses ohne Unterrichtung des Gastes nach § 4 Nr. 3 des Lebensmittelgesetzes ausreichend als Irreführung geahndet werden kann?
Ist die Bundesregierung bereit, strenge gesetzliche Maßnahmen zur Ahndung der genannten Warenunterschiehung im neuen Gesetzentwurf zur Gesamtreform des Lebensmittelrechts zu verankern?
Herr Staatssekretär, wollen Sie auch hier eine gemeinsame Beantwortung vornehmen, wenn der Fragesteller einverstanden ist? — Das ist der Fall.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611617000
Herr Abgeordneter, der geschilderte Fall der Warenunterschiebung in Gaststättenbetrieben wird in der Regel als Verstoß gegen das Verbot des § 4 Nr. 3 des Lebensmittelgesetzes zu ahnden sein.
In dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Gesamtreform des Lebensmittelrechts ist in § 17 Abs. 1 Nr. 5 ein dem alten § 4 Nr. 3 des Lebensmittelgesetzes entsprechendes Verbot vorgesehen. Eine ausdrückliche Erweiterung dieses Verbots um den von Ihnen genannten Tatbestand erscheint nach Auffassung der Bundesregierung weder notwendig noch sachdienlich, zumal auch die allgemeinen Vorschriften des Strafgesetzbuches eingreifen können.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611617100
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Strohmayr.

Alois Strohmayr (SPD):
Rede ID: ID0611617200
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung oder teilen Sie die Auffassung, daß die durch Beobachtung belegten Behauptungen richtig sind, nach denen die amtliche Lebensmittelüberwachung offenbar die Lebensmittelkontrolle in Gaststätten nicht überall mit der notwendigen Nachhaltigkeit handhaben kann?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611617300
Nach den Informationen über Durchführung und Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung, die wir von den Ländern bekommen, kann ich diese Auffassung nicht teilen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611617400
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Alois Strohmayr (SPD):
Rede ID: ID0611617500
Herr Staatssekretär, wie ist die Lebensmittelüberwachung in den Gaststätten und Speisewagen, in der Luftfahrt und der Schifffahrt gesichert?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611617600
In den Speisewagen wird auf diesem Gebiet der bundesbahnärztliche Dienst tätig. Seine Aufgabe ist es, die hygienische Überwachung in diesem Bereich vorzunehmen. Das Gebiet der Bundesbahn ist für die Gesundheitsämter — wenn ich so sagen soll — exterritorial.
Wenn ich Ihnen etwas über die Art der Durchführung sagen sollte, wäre ich im Augenblick überfragt. Ich bin aber gerne bereit, hierüber noch nähere Informationen seitens der Bundesbahn heranzuziehen.

Alois Strohmayr (SPD):
Rede ID: ID0611617700
Wie ist es bei der Luft- und Schiffahrt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611617800
Bei den Luft- und Schiffahrtsgesellschaften gilt ähnliches. Im allgemeinen haben die großen Gesellschaften ja auch beratende Lebensmittelchemiker, die die Zubereitung der Speisen kontrollieren.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611617900
Bitte, noch eine Zusatzfrage!

Alois Strohmayr (SPD):
Rede ID: ID0611618000
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, in den letztgenannten Fällen, also bei Speisewagen und bei Luft- und Schiffahrt, die notwendigen Kontrollen anstellen zu lassen, um dort die Gesundheit derjenigen, die diese Einrichtungen bedienen, sicherzustellen und jede Gefährdung auszuschließen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0611618100
Herr Abgeordneter, ich bin gern bereit, über die Bundesbahn und über den Hamburger Gesundheitssenator die notwendigen zusätzlichen Informationen beizubringen, um Sie über Art und Umfang der hygienischen Überwachung in diesen Bereichen noch ausführlicher informieren zu können.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0611618200
Meine Damen und Herren, wir stehen damit am Ende der Fragestunde.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 30. April 1971, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.