Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Die folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister der Finanzen und der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen haben am 30. März 1971 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Althammer, Dr. Jobst, Engelsberger, Josten und Genossen betr. Baupreiserhöhungen bei Bauvorhaben des Bundes — Drucksache VI/1843 — beantwortet. Ihr Schreiben wird als Drucksache VI/2052 verteilt.
Ich rufe den einzigen Punkt der heutigen Tagesordnung auf:
Fragestunde
— Drucksache VI/2020 —
Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Entgegen früheren Regelungen, daß wir immer mit dem Auswärtigen Amt beginnen, habe ich die Reihenfolge heute auf Wunsch der Ministerien umgestellt.
Ich rufe die Frage 17 des Abgeordneten Dr. Hauff auf. Ist der Fragesteller anwesend? — Ich behalte mir vor, diese Frage während der Behandlung dieses Geschäftsbereichs eventuell noch einmal aufzurufen, falls der Fragesteller inzwischen kommt.
Frage 18 des Abgeordneten Müller wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage zum Stenographischen Bericht abgedruckt.
Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Dr. Gleissner auf:
In welchem Umfang sind Produktionsmenge und Produktionswert der verschiedenen Kunststoffe angestiegen, und was ist von seiten der Bundesregierung geplant, uni die unverrottharen Plastiksubstanzen im Hinblick auf den Umweltschutz und die wachsenden Lasten mit dem Müll unschädlich zu machen?
Zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dorn.
Herr Präsident, ich bitte, die Fragen wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantworten zu dürfen.
Keine Bedenken? — Bitte schön! Auch die Frage 20 des Abgeordneten Dr. Gleissner ist aufgerufen:
Trifft es zu, daß die Bundesregierung bereit ist, darauf einzuwirken, daß die Produktion von Kunststoffen im Hinblick auf den Umweltschutz eingeschränkt wird, und welche Maßn ahmen sind zu diesem Zweck in Aussicht genommen?
Für die Steigerung des Verbrauchs an verschiedenen Kunststoffen in der Bundesrepublik liegen mir für die Jahre 1960 bis 1969 folgende Angaben vor. Der Kunststoffverbrauch ist in diesem Zeitraum insgesamt von 823 000 auf 3,1 Millionen t gestiegen. Kunststoffe aus PVC, die bei der Abfallbeseitigung besondere Schwierigkeiten bereiten, sind in dieser Zeit von 173 000 auf etwa 700 000 t gestiegen. Im gleichen Zeitraum, also von 1960 bis 1969, stiegen die Produktionswerte bei Kunststoffen insgesamt von etwa 2,5 Milliarden auf etwa 5,5 Milliarden DM.
Die Bundesregierung prüft gegenwärtig im Rahmen der Arbeiten für das angekündigte Programm zum Schutz und zur Gestaltung der Umwelt alle Möglichkeiten zu einer befriedigenden Lösung des Problems der unschädlichen Beseitigung von Kunststoffabfällen. Sie wird auch in ihrer Gegenäußerung zu den Vorschlägen des Bundesrates zum Entwurf eines Abfallbeseitigungsgesetzes darauf zu sprechen kommen.
Ich bitte um Verständnis, Herr Kollege, daß ich erst nach Abschluß dieser Beratungen auf Einzelheiten der möglichen Maßnahmen eingehen kann. Ich darf aber in diesem Zusammenhang auf die Beantwortung der Mündlichen Anfragen der Herren Abgeordneten Hansen in der Sitzung vom 21. Januar 1971 und Berding in der Sitzung vom 3. März 1971 sowie auf die schriftliche Antwort auf die Frage des Herrn Abgeordneten Dröscher in der Sitzung vom 7. Oktober 1970 hinweisen, weil dort schon einige Teilprobleme konkret angesprochen worden sind.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Gleissner.
Herr Staatssekretär, sind Sie unter Umständen bereit, bevor Sie das Müllbeseitigungsgesetz entworfen und durchgebracht haben, die Verursacher dieser Umweltschä-
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Dr. Gleissnerden in besonderer Weise vorab zu behandeln und dem Versuchungsprinzip Rechnung zu tragen?
Herr Kollege Dr. Gleissner, ich glaube nicht, daß es sich lonht, noch vorab Regelungen für einen dieser Teilbereiche zu treffen, weil die Erarbeitung der gesetzlichen Voraussetzungen auch im Bereich des Bundesrates und des Bundestages bereits so weit fortgeschritten und auch in unserem Hause in der Vorbereitung ist, daß jede Vorabregelung eines Teilproblems nur die Gesamtlösung weiter hinauszögern wurde. Ich glaube nicht, daß das im Interesse der Sache liegt.
Eine zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Gleissner.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung bereit sein, gerade in diesem Falle den Verursachern zu Leibe zu rücken, anstatt der Allgemeinheit, den Gemeinden und denen, die am Ende der Kette stehen, Lasten aufzuerlegen?
Wir müssen hier in Zusammenarbeit mit den Ländern und Gemeinden zu gemeinsamen Regelungen finden. Insoweit bin ich Ihrer Meinung. Die Frage, wie die Probleme mit den Verursachern selbst zu regeln sind, muß man gesetzlich klären.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Rinderspacher.
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für notwendig, daß auf diesem Gebiet eine Zusammenarbeit mit anderen Nationen, vor allen Dingen innerhalb der EWG, auch schon aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit erfolgen müßte?
Herr Kollege, ich glaube, das ist nicht primär eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit, sondern es ist auch eine Frage der Zusammenarbeit innerhalb der Länder, und zwar nicht nur in der EWG, sondern auch darüber hinaus. Sie wissen ja, daß in den letzten zwei Jahren bereits zwei internationale Kongresse stattgefunden haben. Die Beratungsergebnisse dieser Kongresse haben uns an eine weitgehende Übereinstimmung mit anderen Ländern bezüglich der Lösungsmöglichkeiten herangeführt. Manches ist nicht so schnell über die Bühne gegangen, wie man sich das vielleicht ursprünglich gedacht hatte, weil man versuchen will, im Bereich des Umweltschutzes überhaupt soweit wie möglich Gemeinschaftslösungen zu finden.
Zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Rinderspacher.
Herr Staatssekretär, sind innerhalb der EWG oder innerhalb des Europarates bereits irgendwelche konkrete Maßnahmen ergriffen worden?
In bilateralen, aber auch in multilateralen Gesprächen sind eine Reihe ganz konkreter Möglichkeiten angesprochen worden, die in den einzelnen Ländern allerdings unterschiedlich gesetzlich geregelt werden müssen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Da der Abgeordnete Dr. Hauff noch nicht anwesend ist, wird die Frage 17 schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich danke Ihnen für die Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Ich rufe die Frage 21 des Abgeordneten Dr. Nölling auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung daß die Besteuerung von Arbeitgeberdarlehen zur Studienförderung bildungsfeindliche Auswirkungen haben kann?
Zur Beantwortung der Herr Parlamentarische Staatsesekretär Dr. Reischl.
Herr Präsident, ich wäre dankbar, wenn ich die Fragen 21 und 22 im Zusammenhang beantworten könnte.
Einverstanden! Ich rufe auch die Frage 22 des Abgeordneten Dr. Nölling auf:
Könnte sich die Bundesregierung dazu bereit finden, solche Aufwendungen sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer dann von einer Besteuerung zu befreien, wenn ein Arbeitgeber sie zweckgebunden und mit Bindungs- bzw. Rückzahlungsverpflichtung an einen Studenten zahlt, der eine staatlich anerkannte Bildungseinrichtung mit ganztägigen Lehrveranstaltungen besucht?
Darlehen zur Studienförderung, die einem Arbeitnehmer von einem privaten oder öffentlichen Arbeitgeber gewährt werden, stellen beim Empfänger keine steuerpflichtigen Einkünfte im Sinne des § 2 des Einkommensteuergesetzes dar. Ich darf aus diesem Grunde davon ausgehen, daß Sie, Herr Kollege, die Besteuerung der von einem Arbeitgeber gewährten Studienbeihilfen meinen.Beihilfen, die von einem privaten oder öffentlichen Arbeitgeber für Ausbildungs- oder Fortbildungszwecke im Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder zukünftigen Arbeitsverhältnis einem Arbeitnehmer gezahlt werden, sind als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen. Sie können nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs im Einzelfall statt als Arbeitslohn auch als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 des Einkommensteuergesetzes behandelt werden. Für den privaten Arbeitgeber stellen die steuerpflichtigen Beihilfen ,bei der Ermittlung seines Gewinns abzugsfähige Betriebsausgaben dar.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. April 1971 6677
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. ReischlDie Bundesregierung ist nicht der Auffassung, daß die steuerliche Behandlung der Studienbeihilfen bildungsfeindliche Auswirkungen hat. Die Abzugsfähigkeit beim Arbeitgeber fördert die Bereitwilligkeit zur Hingabe derartiger Beihilfen. Beim Empfänger dieser Beihilfen führen sie in vielen Fällen überhaupt nicht zu einer Steuer. Ich darf daran erinnern, daß der Empfänger seine Berufsausbildungskosten bis zu einem Höchstbetrag von 900 DM im Kalenderjahr, bei auswärtiger Unterbringung bis zu 1 200 DM als Sonderausgaben geltend machen kann und daß bei einem Ledigen in der Steuerklasse I die Lohnsteuer erst bei einem monatlichen Arbeitslohn von 287,50 DM einsetzt.Im übrigen sind in dieser Angelegenheit mehrere Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof anhängig. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß vor Abschluß dieser Verfahren eine gesetzliche Änderung nicht in Erwägung gezogen werden sollte.
Keine Zusatzfrage.
Die Frage 23 des Abgeordneten Flämig wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 24 des Abgeordneten Köster auf:
Welche Vorwürfe über Mißstände im Steuerwesen, die der Bund Deutscher Steuerbeamten zum Anlaß der Notwehraktion „Dienst nach Recht und Gesetz in der Steuerverwaltung" genommen hat, bestehen nach Auffassung des Bundesministers der Finanzen zu Recht?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Der Bund Deutscher Steuerbeamten bezeichnet die Arbeits- und Personallage der Steuerverwaltung als katastrophal und behauptet, die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sei dadurch in einem Maße gestört, daß wir steuerlich in einem Unrechtsstaat lebten. Aus der Sicht des Bundesfinanzministeriums ist dazu folgendes zu bemerken.
Die Zahl der Steuerfälle ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Die Entwicklung des Personalbestands der Steuerverwaltung hat mit dem Aufgabenzuwachs nicht Schritt gehalten. Die genaue Höhe des durchschnittlichen Personalfehlbedarfs ist mir nicht bekannt, weil für Organisations- und Personalangelegenheiten der Steuerverwaltung die Finanzminister und -senatoren der Länder zuständig sind. Aus den Berechnungen der einzelnen Länder, die allerdings nur bedingt miteinander vergleichbar sind, muß ich aber entnehmen, daß der Personalfehlbestand am 1. Januar 1969 im Bundesdurchschnitt nicht, wie der Bund Deutscher Steuerbeamten behauptet, 31,5 v. H. betrug, sondern darunter lag.
Wie mir bekannt ist, widmen die Landessteuerverwaltungen seit Jahren der Nachwuchsgewinnung erhöhte Aufmerksamkeit. Sie sind bemüht, durch entsprechende Einstellungsquoten den Fehlbedarf allmählich zu beseitigen. Diesen Bestrebungen sind aber durch die Arbeitsmarktlage natürliche Grenzen gesetzt.
Die Leistungsfähigkeit der Steuerverwaltung, die die Voraussetzung für eine gleichmäßige Besteuerung aller Steuerbürger bildet, hängt wesentlich von einer den heutigen Anforderungen entsprechenden Organisation und einer rationellen Arbeitsweise ab. Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben deshalb im Jahre 1968 einen gemeinsamen Arbeitsausschuß eingesetzt, der die Möglichkeiten einer Neuorganisation der Finanzämter und einer Verbesserung des Besteuerungsverfahrens untersucht und inzwischen seinen Abschlußbericht vorgelegt hat. Mit den Untersuchungsergebnissen des Arbeitsausschusses wird sich in Kürze die Finanzministerkonferenz zu befassen haben. Der Finanzausschuß dieses Hauses hat sich bereits in einer Sitzung einmal kurz damit befaßt.
Es kann damit gerechnet werden, daß bei Billigung der Vorschläge alsbald allgemein ihre Verwirklichung in die Wege geleitet wird. Ich erwarte davon eine Rationalisierung der Steuerverwaltung und damit eine gleichmäßigere Besteuerungspraxis.
Zu einer Zusatzfrage der Abgeordnete Köster.
Sind genügend qualifizierte Konzernprüfer vorhanden, und reicht ihre Bezahlung im Hinblick auf ihre Verantwortung aus?
In ,der Steuerverwaltung sind eigentlich nirgends genügend Beamte vorhanden. Überall gibt es Fehlstellen; das läßt sich nicht bestreiten. Allerdings reicht nach den bisherigen Mitteilungen der Länder die Zahl der Konzernprüfer aus.
Ist auch die Bezahlung der nicht im Beamtenverhältnis stehenden Konzernprüfer ausreichend?
Herr Kollege, dazu kann ich mich nicht äußern. Sie sprechen von Prüfern, die nicht im Beamtenverhältnis stehen. Dazu müßte ich erst einmal wissen —
Verzeihung, wir wollen hier keinen Dialog führen. Stellen Sie konkrete Fragen, Herr Kollege, damit konkret geantwortet werden kann.
Zu dieser Frage kann ich nichts sagen.
Ich rufe die Frage 25 des Abgeordneten Köster auf:Ist der Bundesminister der Finanzen bereit, durch die Einrichtung von Steuerhochschulen für die gehobenen Dienste der Steuerverwaltung eine gemeinsame Bildung der Angehörigen der Steuerverwaltung und der selbständig oder unselbständig in der freien Wirtschaft steuerberatend Tätigen vorzusehen?
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Neuordnung der Ausbildung und Fortbildung der Nachwuchskräfte des gehobenen Dienstes der Steuerverwaltung der Länder ist Teil der Gesamtreform des Laufbahnrechts und des öffentlichen Dienstes. Sie kann daher nicht gesondert behandelt werden. Die Bundesregierung hat mit den vorbereitenden Untersuchungen für diese Reform begonnen. Sie wird in ihre Überlegungen, die insbesondere auch die Auswirkungen der im allgemeinen Bildungswesen eingeleiteten Neuerungen berucksichtigen müssen, auch Fragen einer gemeinsamen Ausbildung für Nachwuchskräfte der Wirtschaft und der Verwaltung einbeziehen.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 26 des Abgeordneten Krammig auf:
Wann gedenkt die Bundesregierung den Entwurf des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes, insbesondere im Hinblick auf die einzuhaltende Frist vom 1. Juli 1971, vorzulegen, um eine termingerechte Verabschiedung durch die geselzgebenden Körperschaften sicherzustellen?
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Der Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes liegt zur Zeit dem Bundesministerium der Justiz zur Prüfung der Rechtsförmlichkeit vor. Es kann davon ausgegangen werden, daß er noch im April 1971 den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet wird.
Zu dem in Ihrer Frage genannten Termin vom 1. Juli 1971 ist zu bemerken: Der Rat der Europäischen Gemeinschaften hatte in seiner Entschließung vom 21. April 1970 angekündigt, er werde „vor dem 1. Januar 1971" eine Richtlinie zur Einführung eines harmonisierten Tabaksteuersystems erlassen. Diese Richtlinie liegt bis heute noch nicht vor. Nach dem Gang der Verhandlungen der Sachverständigen in Brüssel ist auch nicht damit zu rechnen, daß diese Richtlinie noch vor dem 1. Juli 1971 verabschiedet wird.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Krammig.
Dieser Antwort, Herr Staatssekretär, darf ich also entnehmen, daß die Vorlage rechtzeitig ins Haus kommt, damit sie noch vor dem 1. Juli verabschiedet werden kann.
Die Vorlage kommt rechtzeitig ins Haus.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 77 des Abgeordneten Hein auf:
Welche Gründe haben die Bundesregierung bisher bewogen, die Übernahme von Schulden der Deutschen Bundesbahn auf den Bund entgegen der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 noch nicht im Bundeshaushalt zu berücksichtigen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Wie im Verkehrsbericht 1970 der Bundesregierung ausgeführt wurde, hängt die Übernahme von Schulden der Bundesbahn von dem Ergebnis einer finanzpolitischen und haushaltsmäßigen Prüfung ab. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hein.
Hein (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, warum hat die Bundesregierung im Verkehrsebricht diese Schwierigkeiten nicht offen dargelegt?
Herr Kollege, daß da eine Prüfung stattfinden soll, steht, wenn ich nicht irre, drin, und die ist noch nicht abgeschlossen.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeorodneten Hein.
Hein (CDU/CSU) : Ist die Bundesregierung wenigstens bereit, vom Haushalt 1972 an die auf die Schulden entfallenden Zinsen zu übernehmen?
Dazu kann ich jetzt noch keine endgültige Äußerung abgeben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Brück.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie, nachdem Sie nun den Prüfungsbericht angezogen haben, fragen: Ist es denn nicht so, daß jetzt jahrelang dieses und jenes geprüft worden ist und daß man immer wieder nach neuen Wegen gesucht hat, um dieses Problem nicht zu einer endgütligen Lösung zu führen?
Herr Kollege, es ist eben ein außerordentlich schwieriges Problem,
das sich nicht ohne weiteres lösen läßt. Es ist eine Reihe vor allem finanzieller Fragen zu prüfen, die man einfach nicht auf der Seite lassen kann.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rawe.
Herr Staatssekretär, Sie haben in der Regierungserklärung nicht diesen Hinweis auf die mögliche Prüfung gemacht. Darf ich
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Rawedaraus schließen, daß die Regierungserklärung jetzt insoweit hinfällig geworden ist und daß Sie die Übernahme der Schulden nicht mehr vorhaben?
Nein, Herr Kollege, sie ist nicht hinfällig geworden. Aber die Prüfungen sind noch nicht abgeschlossen.
Sie haben im Moment nur eine Zusatzfrage. Die zweite Frage muß noch aufgerufen werden.
Bitte schön, Herr Abgeordneter, Dr. Jobst!
Herr Staatssekretär, wie stellt sich die Bundesregierung die Gesundung der Bundesbahn vor, wenn auf der einen Seite laufend immer noch geprüft werden soll, auf der anderen Seite aber sowohl in der Regierungserklärung als auch vom Bundesverkehrsminister laufend darauf hingewiesen wird, daß umgehend die Übernahme der Schulden der Bundesbahn durch den Bund erfolgen müsse?
Herr Kollege, bis jetzt — das kann ich nur immer wieder sagen —ist die sehr schwierige Prüfung nicht abgeschlossen.
Ich rufe die Frage 78 des Abgeordneten Hein auf:
Wann wird die Bundesregierung die im Verkehrsbericht 1970 genannte finanzpolitische und haushaltsmäßige Prüfung der Übernahme von Schulden der Deutschen Bundesbahn auf den Bund abgeschlossen haben, damit das in der Regierungserklärung abgegebene Versprechen wenigstens im Bundeshaushalt 1972 eingelöst wird?
Oder ist die Frage mit der Antwort auf die Frage 77 schon beantwortet?
Nein, noch nicht.
Die angekündigte Prüfung ist nur im Rahmen der Fortschreibung der mehrjährigen Finanzplanung möglich. Über die Fortschreibung wird die Bundesregierung im Herbst dieses Jahres entscheiden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Brück.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie nun einen Termin genannt haben, darf ich Sie fragen, ob die berechtigte Hoffnung besteht, daß zu Beginn des Jahres 1972 hier eine Regelung getroffen wird, die auch die Bediensteten der Bahn endlich aus jener schwierigen Situation herausbringt, in der man ihnen immer wieder den Vorwurf macht, ihre Dienstleistung sei wahrscheinlich nicht genügend.
Herr Kollege, ich kann vor Abschluß der Prüfungen für die mehrjährige Finanzplanung hierzu nichts sagen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rawe.
Herr Staatssekretär, ich habe Sie aber richtig verstanden: Sie können hier heute morgen verbindlich erklären, daß Sie im Herbst dieses Jahres entscheiden werden, ob und wann Sie die Schulden übernehmen wollen, wie es in der Regierungserklärung zum Ausdruck kommt?
Im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung muß es ja geprüft werden, Herr Kollege.
Keine weitere Zusatzfrage. — Ich danke für die Beantwortung Ihrer Anfragen.
Treffen die Beschwerden zu, die der Abgeordnete Kutschinski in einer Kleinen Anfrage an den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg über das Verhalten deutscher Auslandsvertretungen gegenüber deutschen Seeleuten vorgebracht hat?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Moersch.
Ich beantworte die Frage wie folgt.Die Beschwerden des Abgeordneten Kutschinski über das Verhalten der deutschen Auslandsvertretungen in Rom und Mailand gegenüber den Besatzungsmitgliedern der „Birte Hugo Stinnes" sind unbegründet. Das deutsche Generalkonsulat Mailand und das deutsche Konsulat Venedig haben sich vielmehr, sobald sie von den Schwierigkeiten der Besatzung der „Birte Hugo Stinnes" in Venedig erfuhren, sofort intensiv um die Mannschaft bemüht. Das Generalkonsulat Mailand hat sich z. B. mit Hugo Stinnes persönlich in Verbindung gesetzt und dringend gebeten, Geld für die Heuer anzuweisen. Die sofort angebotene Heimführung der Seeleute wurde vom Kapitän der „Birte Hugo Stinnes" zunächst abgelehnt, da er glaubte, doch noch eine Zahlung der rückständigen Heuer für die Seeleute erreichen zu können.Als sich diese Hoffnung nicht erfüllte und der Kapitän sein Einverständnis mit der Heimführung erteilte, hat ,das Konsulat Venedig auf Weisung des Generalkonsulats Mailand am 5. März 1971 alle Besatzungsmitglieder nach Hamburg zurückgeführt. Jeder erhielt eine Freifahrkarte und ein angemessenes Zehrgeld, soweit notwendig auch eine Bescheinigung zur Ermöglichung der Einreise in das
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Parlamentarischer Staatssekretär MoerschBundesgebiet. Keiner der Beteiligten hat sich irgendwie beschwert.Den Vorwurf, daß durch die zuständigen deutschen Auslandsvertretungen keine angemessene Hilfe geleistet worden sei, muß ich daher entschieden zurückweisen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt.
Herr Staatssekretär, bezieht sich diese Zurückweisung auch auf das Verhalten der Konsulate in Afrika, die vorher den Angehörigen der „Birte Hugo Stinnes" Anmusterung verschafft haben, ohne daß ausreichende Seefahrtsbücher vorlagen, wie in der Anfrage ebenfalls zum Ausdruck gebracht worden ist?
Herr Abgeordneter, das ist mir im Augenblick nicht gegenwärtig. Ich müßte das einmal nachprüfen und Ihnen dann vielleicht eine schriftliche Antwort geben. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß hier berechtigte Beschwerden von seiten des Abgeordneten vorgetragen worden sind.
Herr Kollege Dr. Arndt, ich glaube, daß ein Teil Ihrer Zusatzfrage in der Frage 108 enthalten ist. — Können Sie beide Fragen zusammen beantworten?
Ja.
Herr Präsident, dann habe ich aber noch — —
Sie haben noch drei Zusatzfragen.
Ich rufe also die Frage 108 auf:
Ist die Bundesregierung bereit, alle deutschen Auslandsvertretungen anzuweisen, Besatzungsmitglieder für Seeschiffe ohne entsprechende Personalpapiere von der Anmusterung zurückzuhalten?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Die deutschen Auslandsvertretungen, die mit den Aufgaben eines Seemannsamtes betraut sind, sind durch einen umfangreichen Runderlaß des Auswärtigen Amts, der laufend ergänzt und auf den neuesten Stand gebracht wird, eingehend angewiesen, welche Unterlagen ihnen nach den geltenden Rechtsvorschriften bei der Anmusterung vorgelegt werden müssen. Bisher ist kein Fall bekanntgeworden, daß eine Auslandsvertretung gegen diese Weisung verstoßen, d. h. eine Anmusterung ohne Prüfung der hierfür vorliegenden gesetzlichen Voraussetzungen durchgeführt hätte.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt.
Herr Staatssekretär, wegen der Schwierigkeit bei der Rückführung dieser deutschen Seeleute möchte ich fragen: Ist das Auswärtige Amt bereit, beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen anzuregen, das Mitnahmegesetz, das die Rückführung von im Ausland in Not geratenen Seeleuten regelt, entsprechend zu novellieren, damit die Heimführung solcher Seeleute schneller und ohne Kosten für diese Seeleute erfolgen kann?
Herr Abgeordneter, diese Anregung will ich gern prüfen und aufnehmen. Ich muß aber darauf aufmerksam machen, daß die Schwierigkeit normalerweise nicht darin besteht, die Seeleute dann im Bundesgebiet selbst auf die Reise zu schicken, sondern darin, sie bis zum Bundesgebiet, bis zur deutschen Grenze zu bringen, und dort ist ja der Bundesminister für Verkehr bekanntlich nicht zuständig.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt.
Herr Staatssekretär, darf ich zum Verständnis der vorigen Frage noch einmal darauf hinweisen, daß es ein Mitnahmegesetz gibt, das diese Fälle gesetzlich regelt. Es hat sich aber gerade in diesem Fall gezeigt, daß das Mitnahmegesetz nicht ausreicht, weil es deutsche Schiffe nur verpflichtet, die Seeleute mitzunehmen, wenn die Schiffe nach der Schiffsbesetzungsordnung nicht voll besetzt sind. Sind die Schiffe ordnungsgemäß besetzt, brauchen sie also die Seeleute nicht mehr mitzunehmen?
Herr Abgeordneter, das Gesetz ist bekannt, und natürlich gibt ein solcher Fall, der ja nicht gerade sehr normal ist, auch Anlaß, solche gesetzliche Bestimmungen zu überprüfen. Aber ich hatte Sie vorhin so verstanden, daß Sie einen Transport auf dem Landwege angeregt hatten. Das war wohl ein Irrtum. Ich habe nur darauf hingewiesen, daß die deutsche Eisenbahn eben an der deutschen Grenze endet.
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt.
Herr Staatssekretär, ich bin ja für die Zuteilung an die einzelnen Ministerien nicht verantwortlich. Aber wären Sie bereit, sich auf Grund dieser Erfahrungen der deutschen Auslandsvertretungen beim Bundesverkehrsministerium dafür zu verwenden, daß Ausnahmegenehmigungen von der Schiffsbesetzungsordnung nicht mehr erteilt werden, damit die im Ausland befindlichen Seeämter in Zukunft möglichst nicht mehr in solche Schwierigkeiten geraten?
Herr Abgeordne-
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Parlamentarischer Staatssekretär Moerschter, ich greife die Anregung gern auf und bin auch bereit, Ihnen nachher zu berichten, ob eine Änderung der gesetzlichen Vorschriften notwendig sein wird oder ob das auf dem Erlaß- und Weisungswege geschehen kann.
Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Ich rufe die Frage 109 des Abgeordneten Haase auf:
Ist der deutschen Regierung bekannt, daß ein deutscher Soldatenfriedhof in Belgrad im Rahmen eines Campingplatzes genutzt wird?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Die Antwort lautet wie folgt. Dem „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge", der gemäß Absprache mit der Bundesregierung die Instandsetzung und Pflege der deutschen Kriegsgräber im Ausland übernommen hat, wurde die Durchführung dieser Aufgabe in Jugoslawien bisher nicht gestattet. Die Bundesregierung hat sich laufend bemüht, die Zustimmung hierfür zu erhalten. Sie hofft, daß der Volksbund bald Gespräche mit der zuständigen jugoslawischen Stelle über die Möglichkeiten der Kriegsgräberpflege aufnehmen kann. Hierbei wird auch das Problem des Campingplatzes zur Sprache gebracht werden, der im Bereich von als solchen nicht mehr erkennbaren deutschen Kriegsgräbern angelegt wurde.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Haase.
Verehrter Herr Staatssekretär, ist die deutsche Regierung bereit, der jugoslawischen Regierung zu verdeutlichen, daß die deutsche Bevölkerung kein Verständnis dafür hat, daß ein Land, das so viele Vorteile aus seinen Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland hat, diesem humanitären Problem gegenüber sowenig guten Willen aufbringt und was für uns besonders wichtig ist — mit seinem Verhalten permanent gegen die Genfer Konvention verstößt?
Herr Abgeordneter, ich habe schon gesagt, daß die Bundesregierung sich dieser Frage intensiv angenommen hat. Daß bisher im Sinne der gestellten Frage kein Erfolg eingetreten ist, ist sicherlich zu beklagen. Ich möchte aber doch hier auch die Anregung geben, daß die Herren Kollegen und Kolleginnen des Hohen Hauses, die Gelegenheit zu Gesprächen am Ort haben, diese Gespräche mit den entsprechenden Stellen auch aufnehmen. Es gibt dort offensichtlich andere Denkvorstellungen und Überlegungen, was die Pflege solcher Gräber betrifft, als sie etwa in unserem Bereich vorhanden sind. Ich glaube, daß das mit ein Grund ist für die Beschwerde, die Sie hier anbringen.
Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Haase.
Herr Staatssekretär, wäre es angesichts der wenig verständnisvollen Haltung der jugoslawischen Regierung bei der Lösung dieses humanitären Problems nicht angezeigt, die Gewährung künftiger deutscher Unterstützung — auf den vielfältigsten Gebieten erfahren sie ja die Jugoslawen — von einem jugoslawischen Wohlverhalten in dieser Frage abhängig zu machen?
Herr Abgeordneter, ich glaube, daß hier kein Zusammenhang mit wirtschaftlichen oder politischen Fragen hergestellt werden sollte. Ich bin sicher, daß wir auf Grund auch solcher Fragen, die hier gestellt worden sind, mit den Behörden Jugoslawiens dieses Gespräch erneut führen können. Allerdings möchte ich betonen, daß es sich hier um Überlegungen handelt, die offensichtlich unserem Bereich zum Teil fremd sind, und ich glaube nicht, daß man mit Verknüpfungen irgendwelcher Art irgendeine Verbesserung erreicht. Es wird hier vielleicht eine breitere Aussprache notwendig sein, um auf die besondere Bedeutung einer solchen Gräberpflege in unserem Kulturbereich hinzuweisen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Riedl.
— Eine Sekunde. Ich habe bisher nur die Frage 109 aufgerufen. Dazu haben Sie zwei Zusatzfragen, diese haben sie konsumiert. Die Frage 110 ist noch nicht aufgerufen, da haben Sie weitere zwei Zusatzfragen. Wollen Sie gleich die Beantwortung der Frage 110? Dann haben- wir das miterledigt, und dann bekommen Sie weitere Zusatzfragen.
Ich rufe dann die Frage 110 des Abgeordneten Haase auf:
Ist der deutschen Regierung bekannt, daß immer mehr deutsche Jugoslawienreisende ihre Empörung über die achtlose Behandlung deutscher Soldatengräber in diesem Land zum Ausdruck bringen?
Die Antwort auf die Frage 110 lautet: Der Bundesregierung ist bekannt, daß deutsche Jugoslawienreisende, insbesondere Angehörige von Kriegstoten, die mangelnde Möglichkeit zur Pflege der deutschen Kriegsgräber in Jugoslawien beanstandet haben.
Noch eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Haase.
Herr Staatssekretär, darf ich fragen: Sind nicht vorderhand von jugoslawischer Seite sachfremde Bedingungen an die Regelung dieses Problems geknüpft worden?
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6682 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. April 1971
Herr Abgeordneter, ich kann zu dieser Frage keine Stellung nehmen. Mir ist das nicht bekannt.
Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Haase.
Macht die jugoslawische Regierung nicht die Zustimmung zu einer im deutschen Sinne liegenden Regelung von der Gewährung deutscher Reparationsleistungen abhängig?
Mir ist nicht bekannt, daß Reparationsleistungen gefordert worden sind, Herr Abgeordneter. Wenn Sie individuelle Wiedergutmachungsleistungen meinen, mag das eine andere Sache sein. Aber den Zusammenhang, den Sie hier herstellen, müßte ich nachprüfen. Mir ist er jedenfalls nicht gegenwärtig.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Ollesch.
Herr Staatssekretär, hätte man die Frage nicht bei der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Jugoslawien regeln können, die ja in eine Zeit fiel, als die Große Koalition in der Regierung war.
Herr .Abgeordneter, ich kann zu dieser Frage ebenfalls keine Stellung nehmen. Ich möchte nur davon ausgehen, daß dieses Gespräch schon sehr lange dauert und daß die Frage genauso berechtigt wäre, ob man nicht schon in den frühen fünfziger Jahren auf diese Frage hätte hinweisen können, denn damals bestand sie selbstverständlich ebenso wie heute.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Geßner.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, ob frühere Bundesregierungen in dem gleichen Sinne bei der jugoslawischen Regierung interveniert haben, wie das soeben vom Herrn Kollegen Haase gefordert worden ist?
Herr Abgeordneter, mir ist bekannt, daß seit vielen Jahren der Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge und die Bundesregierung in internationalen Gremien auf die Bedeutung solcher Fragen für unser Bewußtsein hinweisen, und ich unterstelle deshalb, daß auch frühere Regierungen das versucht haben.
Es sind zwei Fragen aufgerufen, Sie haben noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, meine Frage stellte ab auf das vom Herrn Kollegen Haase angesprochene Wohlverhalten. Es geht mir nicht darum, zu erfahren, ob frühere Regierungen intensiv tätig geworden sind, sondern Herr Haase hat hier einen Zusammenhang hergestellt zu früherem Wohlverhalten einerseits und Nachgiebigkeit andererseits.
Herr Kollege Dr. Geßner, wenn solche akute Fälle eintreten wie hier die Frage des Campingplatzes, die ja sicherlich neu zur Diskussion steht, dann verschärft sich natürlich nicht nur das Bewußtsein, sondern es verundeutlicht sich auch die Erinnerung bei vielen.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Riedl .
Herr Staatssekretär, darf ich ,Sie als einer, der solche Gespräche in Jugoslawien schon geführt hat, fragen, ob Sie bereit sind, bei der Deutschen Botschaft in Belgrad einmal ganz konkret nachzufragen, ob es die erklärte Absicht der jugoslawischen Regierung ist, ein Junktim zwischen Reparationszahlungen und einer befriedigenden Lösung des Kriegsgräberproblems in Jugoslawien herbeizuführen, wobei ich davon absehe — das sage ich in vollem Ernst —, daß die Mentalität der jugoslawischen Bevölkerung im Hinblick auf die Pflege ihrer eigenen Gräber sich sehr wohl unterscheidet von der Mentalität, die wir in Deutschland kennen.
Herr Abgeordneter, zunächst muß ich Ihnen sagen, daß ich deswegen keinen Zusammenhang herstellen kann, weil keine Reparationszahlungen in Rede stehen. Das vorausgeschickt, möchte ich sagen, daß sich die Botschaft selbstverständlich um die Klärung dieses Sachverhalts bemühen wird, der von Ihnen hier angeschnitten worden ist.
Ich rufe die Fragen 111 und 112 des Herrn Abgeordneten Engelsberger auf. Ist der Abgeordnete anwesend? — Das ist nicht der Fall. Die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 113 des Abgeordneten Freiherr von Fircks auf:
Kann die Bundesregierung versichern, daß die Behauptung der Warschauer Zeitung „Zyzie Warszawy", die Abberufung Botschafter Dr. Bergers stünde mit einer in dieser Zeitung veröffentlichten kritischen Auseinandersetzung mit den politischen Ansichten des Botschafters im Zusammenhang, unzutreffend ist?
Zur Beantwortung der Herr Parlamentarische Staatssekretär.
Die Antwort, Herr Präsident, lautet: Nein, es gibt keinen Zusammenhang.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Freiherr von Fircks.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung nach Erscheinen des Artikels vom 13. März in der polnischen Zeitung, selbst wenn die Abberufung vorher beschlossen war, nicht erwogen, den Termin zu verschieben, um die Unabhängigkeit von äußeren Repressalien zu unterstreichen?
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung und das Auswärtige Amt machen ihre Personalentscheidungen nicht von Pressekommentaren ausländischer Zeitungen abhängig.
Ich muß es zurückweisen, wenn hier ein Zusammenhang hergestellt wird. Ich habe gesagt: Die Bundesregierung hat erklärt, daß kein politischer Zusammenhang besteht, sondern daß andere Gründe sie bewogen haben, diese Entscheidung zu treffen, die ja nicht eine Entscheidung nur in einem Fall ist. Allerdings ist nur ein Fall an die Öffentlichkeit gedrungen — durch Umstände, die das Auswärtige Amt nicht zu verantworten hat, Herr Abgeordneter. Ich lehne es ab, unsere Personalentscheidungen, die wohlbegründet sind, von irgendwelchen ausländischen Zeitungskommentaren und falschen Berichten in ausländischen Zeitungen abhängig zu machen.
Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Freiherr von Fircks.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung die naheliegende Reaktion aus Polen nicht vorausgesehen, wie sie in dem Dank der gleichen Zeitung an Bundesminister Scheel dafür zum Ausdruck kam, daß er der polnischen Forderung entsprochen hat?
Herr Abgeordneter, das alles ist zeitlich später gewesen.
— Selbstverständlich war das zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt; ich kann Ihnen die Daten vorlesen. Die Bundesregierung und auch der Bundesaußenminister können sich nicht dagegen schützen, ein Lob von einer Stelle zu bekommen, das auf völlig falschen Informationen beruht. Es besteht überhaupt keine Schwierigkeit, zu beweisen, daß keinerlei Zusammenhang in dieser Sache besteht und daß auch die Unterstellungen der polnischen Seite gegenüber dem Botschafter am Vatikan in der Sache selbst unzutreffend und falsch sind.
Ich rufe die Frage 114 des Abgeordneten Freiherr von Fircks auf:
Gibt es in, Zuständigkeitshereich des Auswärtigen Amts amtliche schriftliche Äußerungen, aus denen hervorgeht, daß die politischen Ansichten Botschafter Bergers zur Frage der Ernennung polnischer Bischöfe in den unter polnischer Verwaltung stehenden Oder-Neiße-Gebieten bei der Abberufung des Botschafters eine Rolle gespielt haben?
Die Antwort lautet: Nein, solche amtlichen schriftlichen Äußerungen gibt es nicht. Ich möchte in diesem Zusammenhang, nachdem der Kollege Engelsberger, der eine andere Frage gestellt hatte, die einen ähnlichen Sachverhalt enthält, nicht hier ist, darauf hinweisen, daß die Gründe für die angekündigte Versetzung des Botschafters Berger in den einstweiligen Ruhestand eindeutig solche sind, die mit dem Altersaufbau des auswärtigen Dienstes zusammenhängen. Diese Maßnahme ist nach dem Beamtengesetz wohlbegründet, und es spielen hier politische Motive keine Rolle.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Ollesch.
Herr Staatssekretär, ist Herr Berger Karrierebeamter des Auswärtigen Amts oder politischer Beamter?
Herr Abgeordneter, zunächst eine Bemerkung zu dieser Frage. Das Bundesbeamtengesetz sieht vor, daß die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand gemäß § 36 vor Erreichung des 65. Lebensjahres bei den sogenannten politischen Beamten möglich ist. Das ist beim Auswärtigen Amt von der Besoldungsgruppe A 16 an möglich. Der Fall, der hier in Rede steht, ist kein Einzelfall; solche Entscheidungen sind in mehreren Fällen getroffen worden, aus Gründen, die ich hier bereits dargelegt habe und die in der Alterspyramide des auswärtigen Dienstes liegen, welche relativ ungünstig ist und die wir verändern wollen, um auch jüngeren Kräften, d. h. Männern und Frauen, die Mitte fünfzig sind, eine Chance zu geben, in solche leitenden Funktionen aufzusteigen. Der von den Fragestellern genannte Botschafter Dr. Berger ist aus dem Bundesinnenministerium gekommen. Er kommt ursprünglich aus dem Justizdienst von Nordrhein-Westfalen und ist dann später über das Innenministerium in den auswärtigen Dienst übernommen worden. Er trat in den Bundesdienst mit der Stelle B 9 ein, einer Stelle, die auch außerhalb des Auswärtigen Amts zu den Stellen der politischen Beamten gerechnet wird. Er ist also kein Karrierebamter des auswärtigen Dienstes.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Kliesing.
Herr Staatssekretär, was Sie über die Alterspyramide sagen, ist gut und schön. Aber wie kommt es denn, daß von dieser Regierung Herren, die bereits älter waren, als es Herr Berger jetzt ist, zu Missionschefs ernannt wurden? Wie verträgt sich das mit der Alterspyramide?
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6684 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. April 1971
Herr Abgeordneter, es gibt in diesem Gesetz keine generelle Regelung. Das Auswärtige Amt hat deshalb die Befugnis, in jedem Einzelfall zu entscheiden. Es gibt Männer wie etwa Bundeskanzler Adenauer, der mit 72 Jahren noch Bundeskanzler werden konnte und das Amt ausgezeichnet ausgefüllt hat, wie Sie wissen. Deswegen ist das Gesetz gerade in diesem Punkt außerordentlich flexibel. Wir haben entsprechend dieser Flexibilität gehandelt.
Herr Abgeordneter, wenn Sie darauf drängen, daß wir Personalfragen hier im Hause erörtern, dann bin ich bereit, es in diesem Falle zu tun. Ich muß Ihnen sagen, es ist höchst ungewöhnlich, daß ein Beamter des auswärtigen Dienstes, der als früherer Leiter der Rechtsabteilung und als Leiter einer entsprechenden Abteilung des Bundesinnenministeriums mit den beamtenrechtlichen Vorschriften wohl vertraut ist, daß ein solcher Beamter, wenn er einen Brief erhält, der absolut korrekt den gesetzlichen Vorschriften entspricht und der keinerlei diskriminierende Wendungen enthält und der — das möchte ich ausdrücklich hinzufügen — auch keine politischen Anspielungen enthält, diesen Brief nicht zuerst mit den Vorgesetzten erörtert, sondern dem Springer-Auslandsdienst zur weiteren publizistischen Verwertung übergibt. Wer das tut, muß die Folgen berücksichtigen, auch die Erörterung in diesem Hohen Hause.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Bach.
Herr Staatssekretär, Sie haben die Alterspyramide des Auswärtigen Amtes erwähnt. Sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß man eine generelle Regelung treffen muß und daß man nicht selektiv einzelne Beamte in den Ruhestand versetzen kann, ohne den anderen im Prinzip die gleiche Behandlung zukommen zu lassen?
Herr Abgeordneter, ich bin ganz anderer Meinung als Sie. Wenn der Gesetzgeber eine generelle Regelung gewünscht hätte, dann hätte er sie ins Gesetz geschrieben. Die Tatsache, daß er gerade diese selektive Regelung gefunden hat, deutet darauf hin, daß er nicht starr nach dem Erreichen einer bestimmten Altersgrenze vorgehen wollte, sondern daß er der Amtsleitung die Möglichkeit geben wollte, nach ihrem Ermessen zu entscheiden. Das ist hier geschehen, und das ist übrigens auch in früherer Zeit geschehen. Dies ist nicht der einzige Fall, wo das geschehen ist, sondern es ist der einzige Fall, der öffentlich erörtert worden ist, und zwar aus Kreisen der Opposition heraus erörtert worden ist.
Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort zu weiteren Zusatzfragen gebe, möchte ich darauf aufmerksam machen: es ist nicht nach der Alterspyramide schlechthin gefragt worden — das Wort wurde allerdings in der Antwort verwendet —, sondern es ist im Zusammenhang mit dem Botschafter Berger gefragt worden. Ich darf Sie bitten, bei den nächsten Zusatzfragen die Grundfragen zu beachten.
Herr Abgeordneter Dr. Bach!
— Es sind zwei Fragen aufgerufen. Sie könnten also noch eine Zusatzfrage stellen. — Aber Sie verzichten.
Dann kommt der Abgeordnete Krammig mit einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, dem Hause etwas über die Gründe mitzuteilen, die den Herrn Bundesminister des Auswärtigen veranlaßt haben, den Vorschlag, der ihm zur Bereinigung der Angelegenheit aus seinem Hause unterbreitet worden ist, abzulehnen?
Herr Abgeordneter, ich nehme an, daß Sie auf eine unwahre Pressemitteilung anspielen. Da unwahre Pressemitteilungen nicht wahr sind, ist diese Frage gegenstandslos.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Jahn .
Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, es sei leicht zu beweisen, daß kein Zusammenhang bestehe zwischen der Äußerung der Warschauer Zeitung und der Entlassung des Botschafters Dr. Berger. Sind Sie bereit, diese Beweise dem Hohen Hause zu geben oder zumindest dem Auswärtigen Ausschuß vorzutragen?
Herr Abgeordneter, da der Fall in der Öffentlichkeit bereits erörtert worden ist, bin ich bereit, jede Auskunft, die Sie wünschen, hier öffentlich zu geben. Ich mache aber darauf aufmerksam, daß damit möglicherweise persönliche Bereiche berührt werden.
Folgendes ist festzuhalten: Der Brief an Botschafter Berger ist vom Bundesminister des Auswärtigen am 12. Februar 1971 unterzeichnet worden. Der Artikel in der Warschauer Zeitung ist am 13. März erschienen. Es gibt übrigens mehrere derartige Briefe. Es ist ja das Besondere an dem Fall, daß es gar kein besonderer Fall ist. Der Brief des Ministers an Dr. Berger ist aus dem Personalreferat auf Grund
Parlamentarischer Staatssekretär Moersch
der Überlegungen, die mit der Erreichung des 62. Lebensjahres der Betroffenen zusammenhängen — das 62. Lebensjahr ist als Maßstab genommen worden —, am 11. März hinausgegangen, also eindeutig vor Erscheinen des polnischen Artikels. Bei der Weitergabe der Briefe an die Presse hat der Betroffene dem Pressevertreter möglicherweise nicht gesagt, welches Datum dieser Brief trägt. Daher ist ein falscher Zusammenhang in der Presse hergestellt worden. Das hat aber nicht das Auswärtige Amt zu vertreten, sondern das hat derjenige zu vertreten, der gegen die beamtenrechtlichen Vorschriften verstoßen hat.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Rawe.
Herr Staatssekretär, haben Sie auch vielleicht einmal darüber nachgedacht, wie die Art und Weise der Abberufung des Herrn Berger dort aufgenommen worden ist, wo er akkreditiert war?
Jawohl, Herr Abgeordneter, und ich empfehle Ihnen, sich dort vielleicht zu erkundigen.
- Ich bin gefragt worden, ob wir darüber nachgedacht haben. Das habe ich bestätigt.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Geßner.
Herr Staatssekretär, können Sie mir zustimmen, daß die Bundesregierung einfach einen Teil ihrer Entscheidungsgewalt verlieren würde, wenn sie sich immer nach dem richtete, was Zeitungen behaupten, auch in bezug auf personelle Entscheidungen?
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung teilt die Auffassung, daß sie nach dem Gesetz nicht nur handeln kann, sondern auch zu handeln verpflichtet ist und daß jemand nicht deswegen, weil er eine besonders starke Gruppe von unterstützenden Sympathisanten besitzt, von Regelungen ausgenommen werden kann, die andere widerspruchslos entgegengenommen und als durchaus gerecht empfunden haben.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Reddemann.
Herr Staatssekretär, würden Sie bitte nach dieser Fragestunde das gedruckte Protokoll noch einmal nachlesen, damit
Ihnen klar wird, daß die Art, wie Sie hier antworten, nicht der Würde des Hauses entspricht?
Herr Abgeordneter, es entspricht sicherlich nicht den Gepflogenheiten dieses Hauses, daß solche Fragen im Plenum behandelt werden. Diejenigen, die das herausgefordert haben, haben das auch zu verantworten. Über die Würde des Hauses haben Sie hier nicht zu befinden.
Herr Kollege Reddemann, ich bedaure diese Zusatzfrage, denn bisher ist die Fragestunde nach meinem Dafürhalten auch beim Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes gut abgelaufen. Sie bewegte sich nach meiner Auffassung an der Grenze der Fragemöglichkeiten im Hinblick auf personelle Angelegenheiten.
Das ist nicht das erstemal in diesem Hause passiert; deshalb habe ich es laufenlassen. Ich selber habe die Art der Antworten des Vertreters des Bundesministers nicht zu rügen. Ich bin also der Meinung, wir fahren in dieser Form fort.
Die letzte Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Rawe.
— Erledigt!
Ich rufe die Frage 115 des Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Enthält die Meldung im „Bulletin" Nr. 161 von 1970, Seite 1707 Absatz 7, über die Nicht-Legitimierung der Vertreibung bei den Warschauer Verhandlungen den Text einer präzisen völkerrechtlichen Vorbehaltserklärung, die der deutsche Bundesaußenminister bei der Plenarsitzung der polnischen und deutschen Delegation dahin gehend abgegeben hat, daß ein Vertrag über die Normalisierung der Beziehungen mit der Volksrepublik Polen keine Legitimierung jener Maßnahmen sein kann und darf, durch die Millionen Deutscher aus den unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Gebieten vertrieben worden sind?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Der Bundesminister des Auswärtigen hat im Verlaufe der Verhandlungen in Warschau förmlich erklärt, daß die Grenzregelung, wie immer sie aussehen möge, nicht als eine Legitimierung jener Maßnahmen, durch die Millionen Deutsche aus ihrer Heimat vertrieben worden sind, gedeutet werden könne und dürfe. Damit hat der Bundesminister des Auswärtigen klargestellt, daß die Bundesrepublik Deutschland
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6686 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. April 1971
Parlamentarischer Staatssekretär Moerschdie Vertreibung nicht als mit dem Völkerrecht vereinbar anerkennt.Außerdem hat der Bundeskanzler in seiner Fernsehansprache anläßlich der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Vertrags vom 7. Dezember 1970 folgendes erklärt — ich zitiere wörtlich -:Unsere polnischen Gesprächspartner wissen, was ich Ihnen zu Hause auch noch einmal in aller Klarheit sagen möchte: Dieser Vertrag bedeutet nicht, daß wir Unrecht anerkennen oder Gewalttaten rechtfertigen. Er bedeutet nicht, daß wir Vertreibungen nachträglich legitimieren.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Czaja.
Herr Staatssekretär, Sie sagten, daß der Herr Bundesaußenminister das in Warschau erklärt hat. Ist diese Erklärung in Form einer präzisen völkerrechtlichen Vorbehaltserklärung vor der polnischen Delegation erfolgt?
Herr Abgeordneter, Sie haben zwei Fragen gestellt. Ich bin bereit, die zweite Frage ebenfalls zu beantworten.
Meine Zusatzfrage bezieht sich auf die erste von mir gestellte Frage. Ich bitte um eine Antwort auf die Zusatzfrage.
Herr Präsident, da diese Zusatzfrage der zweiten Frage entspricht, ist es, glaube ich, am besten, wenn ich zur Klärung des Sachverhalts jetzt zunächst einmal die zweite Frage beantworte,
Ich möchte auf folgendes hinweisen. Herr Kollege Czaja, es besteht die Möglichkeit, Ihre beiden Fragen gemeinsam aufzurufen. Sie haben dann vier Zusatzfragen.
Ich finde, wir sollten es der Einfachheit halber so machen, daß jetzt auch die Frage 116 aufgerufen und beantwortet wird. Sie behalten das Recht auf vier Zusatzfragen.
Herr Präsident, ich habe bereits zu meiner ersten Frage eine Zusatzfrage gestellt. Ich wäre dankbar, wenn diese Zusatzfrage nun beantwortet würde. Ich habe gefragt, ob diese Erklärung in Form einer präzisen völkerrechtlichen Vorbehaltserklärung vor der polnischen Delegation erfolgt sei.
Herr Kollege Czaja, die zweite von Ihnen gestellte Frage, die Frage 116, hat den Wortlaut:
Hat die polnische Verhandlungsdelegation diese Erklärung in völkerrechtlich wirksamer Form entgegengenommen?
Entgegengenommen! Ich habe eben danach gefragt, ob die Erklärung in einer bestimmten Form abgegeben worden ist.
Diese subtilen Unterschiede kann ich persönlich im Augenblick nicht übersehen. Bitte schön, dann steht jetzt also zunächst die Zusatzfrage zur ersten Frage zur Beantwortung an!
Diese Erklärung ist abgegeben worden.
Vor der polnischen Delegation?
Ja.
Dann rufe ich die Frage 116 des Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Hat die polnische Verhandlungsdelegation diese Erklärung in völkerrechtlich wirksamer Form entgegengenommen?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär!
Die polnische Delegation hat auf die Erklärung des Bundesministers des Auswärtigen nicht geantwortet, ihr somit auch nicht widersprochen. Der Warschauer Vertrag wird daher von — —
Einen Augenblick, die Beantwortung ist noch nicht zu Ende.
Der Warschauer Vertrag wird daher von polnischer Seite nicht dahin ausgelegt werden können, daß er die Vertreibungen legitimiere; eine derartige Aussage ist in dem Vertrag auch nicht enthalten.Herr Präsident, ich möchte im Hinblick auf die Zwischenrufe hinzufügen, daß es mir völlig unverständlich erscheint, daß sich Abgeordnete des Hohen Hauses bemühen, eine von uns nach unserer Auffassung unwidersprochen und in wirksamer Form abgegebene Erklärung im Sinne anderer Interessen zu interpretieren.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. April 1971 6687
Einen Augenblick! Die Abgeordneten haben sich bei Fragen einer Wertung zu enthalten. Auch die Vertreter der Regierung haben sich bei Antworten einer Wertung zu enthalten. Herr Parlamentarischer Staatssekretär, das letztere war eine Wertung, die ich nicht zulasse.
- Herr D r. Apel, ist Ihnen bekannt, daß Sie den Präsidenten in der Amtsführung nicht zu rügen haben? Ich rufe Sie zur Ordnung. Sie haben die Möglichkeit, das im Ältestenrat zur Sprache zu bringen. Das Wortprotokoll steht Ihnen zur Verfügung.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Czaja.
- Ich bitte Sie, der Zusatzfrage zuzuhören. Herr Dr. Czaja hat das Wort.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß ansonsten solche — —
Darf ich bitten, der Zusatzfrage zuzuhören; Herr Dr. Czaja hat das Wort.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß ansonsten solche völkerrechtlich wirksamen Vorbehaltserklärungen in schriftlicher Form gegen Quittung der Entgegennahme abgegeben werden, wie es beispielsweise Bundeskanzler Adenauer 1955 in Moskau getan hat?
Herr Abgeordneter, wenn Sie unbedingt auf 1955 anspielen wollen, kann ich Ihnen auch den tatsächlichen Hergang der Sache hier mitteilen. Aber hier geht es doch gar nicht darum, daß das irgendwie Vertragsgegenstand gewesen wäre, was Sie hier in der Frage anschneiden, sondern es geht darum, daß von unserer Seite eindeutig klargestellt worden ist, daß es sich hier nicht um eine friedensvertragsähnliche Regelung handelt, daß hier die Präambel nicht diese Passagen enthalten hat, die die andere Seite anfänglich einmal gewünscht hatte.
Dadurch, daß wir die Präambel so formulieren konnten, wie wir das für akzeptabel hielten, und die polnische Seite nicht mehr auf ihren früheren
Erwägungen bestand, war klargestellt, daß eben dies nicht mehr Gegenstand der Verhandlungen war, was Sie eben von uns verlangen. Deswegen war auch nicht eine Erklärung abzugeben in der Form, wie Sie sie offenbar wünschen.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß ich in meiner ersten Antwort bereits das gesagt hatte, was Sie nachher in der Zusatzfrage angemahnt haben. Deswegen war mir Ihre Zusatzfrage unverständlich. Ich habe erklärt: „Der Bundesminister des Auswärtigen hat im Verlaufe der Verhandlungen in Warschau förmlich erklärt ..." Wo anders sollte er denn förmlich erklären als gegenüber der polnischen Delegation? Das, was hier zur Debatte stand, ist somit in unserem Sinne ausreichend geklärt, und etwas mehr als ausreichend zu klären ist in internationalen Verhandlungen nach meiner Auffassung nicht denkbar.
Eine zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Czaja.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß Polen in ständiger Rechtsauffassung, die auch wiederholt der Bundesrepublik Deutschland auf offiziellem Wege zur Kenntnis gebracht worden ist, auf dem Standpunkt steht, daß jede Gebietsveränderung nur vertretbar und hinnehmbar ist im Zusammenhang mit der Herstellung der Homogenität der Bevölkerung, und ist Ihnen bekannt, daß deshalb offensichtlich der Herr Bundesaußenminister sich zu einer Erklärung veranlaßt sah, deren Entgegennahme durch die polnische Regierung Sie aber noch nicht bestätigen konnten?
Herr Abgeordneter, ich muß schon sagen: ich verstehe diese Fragestellung nicht mehr. Sie haben offensichtlich meine vorherige Antwort nicht zur Kenntnis genommen. Möglicherweise war das auch nicht beabsichtigt.
Denn ich erlebe das jetzt zum wiederholten Male. Ich habe vorher erklärt, daß in der Verhandlung über die Präambel ein polnischer Textvorschlag abweichend war von dem, was der deutsche Textvorschlag war, und daß es uns gelungen ist, diese Frage, die Sie hier anschneiden, aus dem Text herauszuhalten, daß also somit das geklärt worden ist, was nach deutscher Auffassung zu klären war. Wir haben hier die Auffassung der Bundesrepublik Deutschland und der Bundesregierung zu vertreten und nicht irgendwelche andere Auffassungen. Diese Aufgabe hat die Bundesregierung bei den Verhandlungen in Warschau erfüllt.
Verehrter Herr Staatssekretär, ich habe vorhin dargestellt, daß wir uns
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6688 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. April 1971
Präsident von Hasselbemühen müssen, in einer guten Form beiderseits die Fragestunde hier zu behandeln.
— Beiderseits.
Ich glaube, daß Sie mir zugeben werden, Herr Kollege Dr. Apel, daß die Bemerkungen des Vertreters der Regierung, daß es vielleicht nicht beabsichtigt war, eine Antwort entgegenzunehmen, nicht dem Stil der Fragestunde entspricht.
Die nächste Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Geßner!
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß der Herr Kollege Czaja in den Vertrag etwas hineinlegt, was in dem Vertrag überhaupt nicht drinsteht?
Den Eindruck gewinne ich gelegentlich.
Eine Zusatztrage, der Abgeordnete Dr. Kliesing.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß nach den völkerrechtlichen Usancen eine Erklärung dann als entgegengenommen gilt, wenn sie vom Empfänger quittiert worden ist?
Das ist mir bekannt, Herr Abgeordneter. Aber in diesem Falle handelt es sich darum, daß das, was hier als Erklärung notwendig war oder gewünscht war, überhaupt nicht Gegenstand des Vertrages war. Der Unterschied zwischen dieser Erklärung in Warschau, die ohne Widerspruch abgegeben worden ist, und dem Brief, den wir beispielsweise der Regierung der Sowjetunion zur Frage der Wiedervereinigung, des Selbstbestimmungsrechtes übergeben haben, ist ganz erheblich, weil der Brief in Moskau, der quittiert worden ist, zur Interpretation bestimmter Vertragspassagen nach unserer Auffassung notwendig war, während es sich hier um eine Erklärung handelt, die nicht innerhalb des Vertrages selbst behandelt worden ist und somit gewissermaßen eine politische Erklärung zur Verdeutlichung unserer Auffassung über historische Zusammenhänge darstellt.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Kliesing.
Herr Staatssekretär, sind wir beide uns also darüber einig, daß diese Erklärung, die hier zur Diskussion steht, von der polnischen Regierung nicht quittiert und infolgedessen auch im völkerrechtlichen Sinne nicht entgegengenommen worden ist?
Herr Abgeordneter, ich muß Ihnen noch einmal sagen, daß es sich hier um einen Gegenstand handelt, der nicht einer völkerrechtlichen Regelung bedarf, sondern daß es sich hier um eine politische Auffassung handelt, in der die Bundesregierung an geeigneter Stelle, nämlich vor der polnischen Delegation, ihre politische Auffassung zur Kenntnis gebracht hat, die eine andere politische Auffassung ist, als sie in polnischen Publikationsorganen vertreten worden ist. Es war eine Frage, die nicht völkerrechtlich geregelt werden kann Und die deswegen auch nicht völkerrechtlich geregelt wurde. Ich weise einfach das Ansinnen zueück, daß die Bundesregierung sich um die völkerrechtliche Regelung historisch umstrittener Fragen zu bemühen hat. Das eben ist in diesem Vertrag aus gutem Grunde nicht geschehen, weil dieser Vertrag in die Zukunft weisen soll und nicht Vergangenheitsbewältigung mit untauglichen Mitteln vornehmen soll.
Ich lasse noch drei Zusatzfragen zu. Herr Abgeordneter Sieglerschmidt!
Herr Staatssekretär, wenn man zu Recht, wie Sie es tun, davon ausgeht, daß hier nicht eine Erklärung zum Vertrag, sondern gewissermaßen eine Erklärung für die Geschichte abgegeben worden ist, meinen Sie dann mit dem Fragesteller, daß die Ausstellung einer Quittung das geeignete Mittel ist, um Recht oder Unrecht in der Geschichte festzustellen?
Herr Abgeordneter, ich bin Ihnen für diese Frage dankbar, weil sie die Absurdität des Zusammenhangs wirklich klar macht.
Verzeihung! Ich lasse nur noch eine Zusatzfrage zu. Herr Abgeordneter Haase!
Herr Staatssekretär, Sie sagten vorhin, die Erklärung sei gar nicht notwendig gewesen. Dann frage ich mich, warum sie der Herr Außenminister überhaupt abgegeben hat.
Damit die Opposisition künftig keine falschen Fragen stellen kann.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. April 1971 6689
Wir sind am Ende der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts angelangt. Ich danke für die Beantwortung.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf, zuerst die Frage 27 des Abgeordneten Dr. Bach:
Treffen Pressemeldungen zu, nach denen die griechische Regierung — bestürzt über angeblich in der Bundesrepublik Deutschland verbreitete Falschmeldungen über eine bevorstehende Abwertung des griechischen Drachmens — von der Auftragsvergabe von großen industriellen Entwicklungsvorhaben an deutsche Firmen abgesehen und diese Aufträge an andere ausländische Unternehmen vergeben hat?
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär Dr. Schöllhorn!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, ich darf die Frage wie folgt beantworten. Die Bundesregierung ist von der griechischen Regierung über die Absicht, deutschen Firmen keine Aufträge mehr zu erteilen, nicht unterrichtet worden. Der griechische Koordinationsminister Makarezos hat aber gegenüber Vertretern deutscher Großfirmen unter Hinweis auf die Falschmeldungen erklärt, daß bis auf weiteres keine öffentlichen Aufträge mehr an deutsche Firmen vergeben und deren Vertreter nicht mehr empfangen würden. Tatsache ist, daß nach der ersten Falschmeldung im Rundfunk am 16. Februar 1971 deutschen Firmen bei Verhandlungen über Auftragsvergaben Schwierigkeiten gemacht worden sind.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Bach.
Herr Staatssekretär, darf ich fragen, ob die deutsche Regierung etwas unternommen hat, um diese Falschmeldungen richtigzustellen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf diese Frage mit der Antwort auf Ihre nächste Frage beantworten.
Dann rufe ich noch die Frage 28 des Abgeordneten Dr. Bach auf:
Was beabsichtigt die Bundesregierung ggf. zu tun, um zu verhindern, daß durch solche Vorkommnisse der deutschen Wirtschaft Millionenverluste erwachsen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung hat den Tatbestand unverzüglich geprüft und offiziell erklärt, daß es keine Empfehlung des Internationalen Währungsfonds oder der Weltbank gebe, die Drachme abzuwerten. Sie hat ferner die Intendanten der zwei Rundfunkanstalten, in deren griechisch-sprachigen Sendungen die hier in Frage stehenden Meldungen verbreitet worden sind, gebeten, eine Gegendarstellung auszustrahlen und alles zu tun, um in Zukunft die Richtigkeit ihrer Meldungen sicherzustellen. Darüber hinaus hat die Bundesregierung Gespräche auf diplomatischem Wege mit der griechischen Regierung aufgenommen. Diese Gespräche sind noch nicht abgeschlossen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat sofort mit einer Presseerklärung auf diese Falschmeldung im Rundfunk reagiert.
Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Bach.
Herr Staatssekretär, könnten Sie mir sagen, ob Meldungen richtig sind, wonach in den Rundfunkanstalten Exilgriechen tätig sind, die ein gewisses Interesse daran haben könnten, solche Meldungen zu verbreiten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich kann das nicht bestätigen und kann darüber keine Auskunft geben, weil mir der Tatbestand nicht bekannt ist.
Ich rufe die Zusatzfrage von Herrn Dr. Apel auf.
Herr Staatssekretär, sind Sie sich trotz dieser Falschmeldung der Problematik bewußt, die darin liegt, daß eine Diktatur, wie sie in Griechenland zweifelsohne herrscht, immer wieder versuchen könnte, demokratische Meinungsbildungen durch einen Druck dieser Art zu unterbinden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich bin mir dieser Problematik durchaus bewußt. Das Vorgehen gegenüber deutschen Firmen ist sehr proplematisch.
Eine weitere Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Apel.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, die griechische Regierung darauf aufmerksam zu machen, daß wir um der Demokratie willen Pressionsversuche dieser Art zurückweisen müssen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Dr. Apel, die Bundesregierung wird ihre Position bei den von mir in der Antwort erwähnten Gesprächen mit der griechischen Regierung sehr deutlich darlegen.
Ich rufe die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Dr. Rinderspacher auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die große Masse der Sammler von Briefmarken und Münzen gegen die immer zahlreicher und raffinierter werdenden Fälschungen sowie gegen irreführende einschlägige Angebote auf Auktionen und Inseraten durch verschärfte Vorschriften so zu schützen, wie es Großbritannien durch die Trade Descriptions Act 1968 mit bisher sehr gutem Erfolg zum Schutze der Verbraucher getan hat?
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf die Frage wie folgt beantworten. Es bestehen eine Reihe von Vorschriften, die geeignet sind, Sammler von Münzen und Briefmarken gegen Fälschungen und irreführende
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6690 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. April 1971
Staatssekretär Dr. SchöllhornAngebote zu schützen. Im Regelfall liegt ein Betrug vor, wenn nachgeahmte Münzen oder Briefmarken als echt verkauft werden. Nach der Medaillenverordnung von 1928 sind Herstellung und Vertrieb von außer Kurs gesetzten Reichs- und Bundesmünzen gänzlich verboten. Die Nachahmung oder Verfälschung für ungültig erklärter in- und ausländischer Postwertzeichen und deren Vertrieb wird nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 des Postgesetzes als Ordnungswidrigkeit geahndet. Schließlich bedroht § 4 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb die irreführende Werbung mit Strafe. Diese Vorschrift, die ich soeben erwähnt habe, soll verschärft werden, um sie noch wirkungsvoller verwenden zu können. Nach der Gewerbeordnung kann ferner unzuverlässigen Gewerbetreibenden die weitere Ausübung des Gewerbes untersagt werden.Der Bundesregierung sind indessen Münz- oder Briefmarkenfälschungen nicht bekanntgeworden, die einen über diese Vorschriften noch hinausgehenden Schutz der Sammler von Münzen und Briefmarken als dringend erscheinen lassen. Sie wird aber die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Rinderspacher.
Herr Staatssekretär, wir vereinbaren sich Ihre beruhigenden Erklärungen mit der steigenden Zahl von Meldungen über sensationelle und außerordentlich große Fälscheraffären sowohl in der Bundesrepublik als auch in anderen Ländern, die aber bis in die Bundesrepublik ihre Auswirkungen haben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich sehe keinen Widerspruch, Herr Abgeordneter. Ich habe nach meinem Eindruck keine beruhigende Erklärung abgegeben, sondern auf bestehende Gesetze und Regelungen hingewiesen und die Absicht dargelegt, daß insbesondere der Verbraucherschutz im Rahmen des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb verbessert werden soll und daß weitere Meldungen über solche Vorkommnisse von der Bundesreigerung mit entsprechenden Reaktionen beantwortet werden.
Eine letzte Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Rinderspacher.
Herr Staatssekretär, können Sie irgendwelche Angaben machen, wann die beabsichtigte Verschärfung der bestehenden Bestimmungen in Angriff genommen werden soll?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, einen Terminplan kann ich noch nicht bekanntgeben.
Wir können noch eine Frage aufrufen, und zwar die Frage 30 des Abgeordneten Dr. Riedl :
Treffen Pressemeldungen zu, wonach die derzeitige Verschuldung des Ostblocks gegenüber der Bundesrepublik Deutschland einschließlich der zugesagten, aber noch nicht in Anspruch genommenen Tranchen rund 7 Milliarden DM beträgt, und entspricht dieser Betrag etwa einem Jahresvolumen der westdeutschen Exporte in die COMECON-Länder?
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Mir ist diese aus Mitteilungen eines Bankinstituts stammende Schätzung bekannt. Ich kann aber die genannte Zahl von 7 Milliarden DM weder als Jahresvolumen für den Export nach den Ostblockstaaten noch als Verschuldung dieser Staaten gegenüber der Bundesrepublik bestätigen. Was die Exporte anlangt, so zeigt die Statistik, daß unsere Ausfuhren in die Staatshandelsländer einschließlich der Volksrepublik China im Jahre 1970 5,4 Milliarden DM betrugen.
Zur Frage der Kredite. Hier werden offenbar sehr unterschiedliche Dinge zu einer nach Meinung der Bundesregierung sicherlich zu hohen Gesamtsumme addiert. Statistisch erfaßt sind nur die Fälligkeiten aus bundesverbürgerten Lieferkrediten, die für den gesamten Ostblock 3,8 Milliarden DM betragen. Lieferkredite ohne Bundesbürgschaften dürfte es zumindest im mittel- und langfristigen Bereich selten. geben. Es verbleibt der Bereich der nicht vom Bund verbürgten Bankkredite, über die es aber keine statistischen Angaben gibt. Sie bewegen sich nur im Rahmen von kurzfristigen Kreditlinien und überschneiden sich zum großen Teil mit den Ausfuhrkrediten, zu deren technischer Abwicklung sie normalerweise herangezogen werden.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Riedl.
Herr Staatssekretär, wenn Sie die Beträge, die Sie eben genannt haben, addieren, kommen Sie dann nicht doch auf die Summe von rund 7 Milliarden DM, und bedeutet dies dann nicht, daß das mit Krediten der Bundesrepublik angereicherte Wirtschaftspotential des Ostblocks in erster Linie der Erhöhung des Warenangebots innerhalb des COMECON dient, und widerspricht diese Tatsache nicht der auch von der Bundesregierung vertretenen These, daß der Nutzen des Osthandels für beide Seiten gleichwertig ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich habe eine einzige Zahl genannt, die statistisch belegbar ist, das sind die 3,8 Milliarden DM aus bundesverbürgten Lieferkreiditen. Auch wenn ich grobe Schätzungen für sonstige nicht verbürgte Kredite anstelle, komme ich keinesfalls auf die von Ihnen in der Frage genannte Zahl. Ich kann also nur nochmals sagen, ich kann diese Zahl nicht bestätigen. Das Kreditvolumen im Handel mit diesen Ländern weitet sich natürlich mit dem Handel aus, aber ich sehe nicht, wieso das eine einseitige Bevorzugung oder ein einseitiger Nutzen ist. Wenn Sie wüßten und erlebten, mit welchem Nachdruck und mit welchem Interesse sich deutsche Firmen um Ausweitung und Verbürgung ihrer Kre-
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 114. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. April 1971 6691
Staatssekretär Dr. Schöllhorndite für ihre Lieferungen bemühen, sähen Sie sehr deutlich, daß es ganz offensichtlich ein hohes und starkes kommerzielles Interesse der deutschen Wirtschaft ist.
Keine Zusatzfragen. Wir sind am Ende unserer 60 Minuten für die Fragestunde angelangt.
Ich erteile nunmehr auf Grund des § 36 der Geschäftsordnung dem Abgeordneten Rasner das Wort zur Abgabe einer Erklärung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der CDU/CSU sieht den Ton, in dem der Parlamentarische Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Moersch, seine Antworten gegeben hat, für unangemessen und frech an. Schnoddrigkeit wird dem Ernst der Fragen nach unserer Meinung nicht gerecht.
Ich erteile nach § 35 der Geschäftsordnung dem Abgeordneten Dr. Apel das Wort zu einer persönlichen Bemerkung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe im Eifer der Debatte überhört, daß Sie, Herr Präsident, die Frage des Herrn Reddemann gerügt hatten. Damit entfällt der Grund für meine Kritik an Ihrer Amtsführung. Ich bitte deswegen um Entschuldigung.
Meine Damen und Herren, wir sind am Ende unserer heutigen Tagesordnung angelangt. Die Fragen 37, 38, 79 und 80 wurden von den Fragestellern zurückgezogen.
Es obliegt mir, Ihnen zunächst einmal gute Wünsche für die Osterpause zu sagen. All diejenigen aber, die das Parlament beobachten, sollten wissen, daß es keine drei Wochen Urlaub sind, sondern daß nunmehr die Arbeit der Abgeordneten in den Wahlkreisen und im Beruf beginnt und daß sie sich auch noch ein bißchen der Familie widmen werden. Die Osterpause heißt also nicht nur drei Wochen Freiheit. Ich darf Ihnen frohe Ostern wünschen!
Ich berufe den Deutschen Bundestag zur nächsten Plenarsitzung auf Mittwoch, den 28. April, 9 Uhr.
Ich schließe die Sitzung.