Protokoll:
6091

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 6

  • date_rangeSitzungsnummer: 91

  • date_rangeDatum: 21. Januar 1971

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 14:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:04 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 91. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 21. Januar 1971 Inhalt: Glückwunsch zum Geburtstag des Abg. Seidel 4987 A Amtliche Mitteilung 4987 A Fragestunde (Drucksachen V1/1709, VI/ 1696) Fragen des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Tod des deutschen Entwicklungshelfers Seibold in Guinea Scheel, Bundesminister 4987 B, C, D, 4988 A, B, C, 4989 A, B Niegel (CDU/CSU) 4987 C, D, 4988 D, 4989 A Brück (Holz) (SPD) 4988 A Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) 4988 B Josten (CDU/CSU) 4988 C Dr. Kliesing (Honnef) (CDU/CSU) 4989 B Werner (CDU/CSU) 4989 B Fragen des Abg. Lampersbach (CDU/CSU) : Anzeige der Bundesregierung vom 2./3. Januar 1971 unter der Überschrift „Jetzt stehen Sie sich besser" Ahlers, Staatssekretär 4989 C, D, 4990 A Lampersbach (CDU/CSU) 4989 D, 4990 A Fragen des Abg. Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) : Vereinbarkeit von § 4 Abs. 1 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes mit Art. 3 GG Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 4990 B, C, D, 4991 A, B Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) 4990 D, 4991 A, B Dr. Sperling (SPD) 4991 B Frage des Abg. Mursch (Soltau-Harburg) (CDU/CSU) : Vorlage des sogenannten Härteberichts zu Art. 131 GG Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 4991 C, D Mursch (Soltau-Harburg) (CDU/CSU) 4991 C, D Frage des Abg. Hansen (SPD) : Produktion von Einwegflaschen usw. aus Kunststoff Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 4992 A, B, C Hansen (SPD) 4992 A, B Dr. Sperling (SPD) 4992 C II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. Januar 1971 Fragen des Abg. Dr. Jobst (CDU/CSU) : Sicherheitsvorkehrungen an der Grenze zur CSSR Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 4992 C, D, 4993 A, B, C Dr. Jobst (CDU/CSU) 4992 D, 4993 B, C Hansen (SPD) 4993 A Fragen des Abg. Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) : Einleitung ungereinigter Abwässer aus der Provinz Groningen in das EmsÄstuar Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 4993 D, 4994 A Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) 4994 A Frage des Abg. Bäuerle (SPD) : Sicherstellung der Krankenversorgung für sich vorübergehend im Ausland aufhaltende Empfänger von Unterhaltshilfe Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 4994 B Frage des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Abschaffung der Couponsteuer Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär 4994 C, D Höcherl (CDU/CSU) 4994 D, 4995 A Fragen des Abg. Dr. Luda (CDU/CSU) : Frage des Vertriebsverbots für vor Inkrafttreten des Auslandsinvestmentgesetzes in der Bundesrepublik bereits tätig gewesene Auslandsinvestmentgesellschaften Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär 4995 A, B Frage des Abg. Wohlrabe (CDU/CSU) : Rücktritt von Vorstandsmitgliedern der Stiftung Warentest Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär 4995 B, C, D, 4996 A, B Wohlrabe (CDU/CSU) 4995 C, D Vogt (CDU/CSU) 4996 A Dr. Frerichs (CDU/CSU) 4996 A Dr. Gleissner (CDU/CSU) 4996 B Fragen des Abg. Kiechle (CDU/CSU) : Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 4996 C, D, 4997 A, B Kiechle (CDU/CSU) 4996 D, 4997 A, B Frage des Abg. Dr. Ritz (CDU/CSU) : Landabgaberente Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 4997 C, D Dr. Ritz (CDU/CSU) 4997 C Frage des Abg. Dr. Ritz (CDU/CSU) : Frage der Umwandlung der Altershilfe für Landwirte in die Landabgaberente Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 4997 D, 4998 A Dr. Ritz (CDU/CSU) 4998 A Fragen des Abg. Dr. Enders (SPD) : Ermittlung des anrechenbaren Einkommens auf die Ausgleichsrente von Land- und Forstwirten Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär 4998 A, B, C, D Dr. Enders (SPD) 4998 C Frage des Abg. Storm (CDU/CSU): Verbesserung der Lage der Gastarbeiter Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär 4999 A, B, C, D Storm (CDU/CSU) 4999 B Josten (CDU/CSU) 4999 C Dr. Gleissner (CDU/CSU) 4999 C Fragen des Abg. Varelmann (CDU/CSU) : Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . 4999 D, 5000 B, C Varelmann (CDU/CSU) 5000 A, B, C Nächste Sitzung 5000 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten 5001 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. Januar 1971 III Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Gruhl (CDU/CSU) betr. Ermittlungsverfahren gegen höhere Beamte der Gemeinde- bzw. Provinzialverwaltung in Italien wegen Verletzung der Aufsichtspflicht im Zusammenhang mit Wasserverunreinigungen 5001 D Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Koenig (SPD) betr. Angleichung der Nettobezüge von Beamten und Angestellten 5002 B Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Bühling (SPD) betr. Disziplinarmaßnahmen gegen Ruhestandsbeamte 5002 C Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Bühling (SPD) betr. Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte nach strafgerichtlicher Verurteilung 5003 A Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Rock (CDU/CSU) betr. Ausstellung von Familienbüchern für Heimatvertriebene durch die Standesämter . 5003 B Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Pensky (SPD) betr. Verbesserung des völkerrechtlichen Schutzes für die Polizeibeamten 5003 D Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) betr. Förderung von Höhenleistungszentren des Sports 5004 A Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dröscher (SPD) betr. Vorlegung des sogenannten Härteberichts zur Gesetzgebung nach Art. 131 GG 5004 C Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage der Abg. Frau Dr. Timm (SPD) betr. soziale Sicherung der Frau 5004 C Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Ruf (CDU/CSU) betr. gesetzgeberische Maßnahmen zur Beseitigung der vom Bundesverfassungsgericht festgestellten teilweisen Verfassungswidrigkeit der sogenannten Dreiviertelbelegung für freiwillig Weiterversicherte in der Rentenversicherung 5004 D Anlage 12 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Härzschel (CDU/CSU) betr. die flexible Altersgrenze in der Rentenversicherung 5005 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. Januar 1971 4987 91. Sitzung Bonn, den 21. Januar 1971 Stenographischer Bericht Beginn: 14.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Adams * 22. 1. Adorno 21. 1. Dr. Ahrens ** 29. 1. Dr. Aigner * 22. 1. Alber ** 29. 1. Dr. Artzinger * 29. 1. Dr. Barzel 23. 1. Bals ** 29. 1. Bauer (Warburg) ** 29. 1. Behrendt * 22. 1 Blumenfeld** 29. 1. Dr. Burgbacher * 22. 1. Bühling 28. 2. Frau Dr. Diemer-Nicolaus ** 29. 1. Dr. Dittrich * 22. 1. Draeger ** 29. 1. Dröscher 22. 1. Faller * 22. 1. Fellermaier * 22. 1. Flämig* 22. 1. Fritsch ** 29. 1. Dr. Furler ** 29. 1. Gerlach (Emsland) * 22. 1. Dr. Götz 13. 2. Grüner 22. 1. Dr. Hallstein 22. 1. Dr. Heck 21. 1. Frau Herklotz ** 29. 1. Dr. Hermesdorf (Schieiden) ** 29. 1. Hösl ** 29. 1. Dr. Jahn (Braunschweig) * 22. 1. Dr. Kempfler ** 29. 1. Frau Klee ** 29. 1. Klinker * 22. 1. Dr. Koch * 22. 1. Kriedemann* 22. 1. Lange * 22. 1. Lautenschlager * 22. 1. Lemmrich ** 29. 1. Lenze (Attendorn) ** 29. 1. Dr. Löhr * 22. 1. Maucher 22. 1. Meister * 22. 1. Memmel * 22. 1. Michels 21. 1. Müller (Aachen-Land) * 22. 1. Dr. Müller (München) ** 29. 1. Frau Dr. Orth * 22. 1. Pöhler ** 29. 1. Rasner 12. 2. Richarts * 29. 1. Richter ** 29. 1. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Rinderspacher *'* 29. 1. Dr. Rinsche 22. 1. Roser ** 29. 1. Schmidt (Würgendorf) ** 29. 1. Schmitz (Berlin) 21. 1. Dr. Schmücker ** 29. 1. Schneider (Königswinter) 21. 1. Schulte (Schwäbisch-Gmünd) 22. 1. Dr. Schulz (Berlin) ** 29. 1. Schwabe * 22. 1. Dr. Schwörer * 22. 1. Seefeld * 22. 1. Sieglerschmidt ** 22. 1. Springorum * 22. 1. Steiner 29. 1. Frau Dr. Walz ** 29. 1. Werner * 22. 1. Wiefel 22. 1. Wienand ** 29. 1. Wolfram* 22. 1. Urlaubsanträge Dasch 5. 4. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 21. Januar 1971 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Gruhl (CDU/CSU) (Drucksache VI/1696 Fragen A 6 und 7): Ist der Bundesregierung bekannt, daß in letzter Zeit amerikanische und italienische Gerichte gegen Gemeinden bzw. hohe Verwaltungsbeamte Verfahren wegen Verletzung der Aufsichtspflicht im Zusammenhang mit der Umweltverschmutzung eingeleitet haben? Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, in der Bundesrepublik Deutschland ähnlich vorzugehen, bzw. welche gesetzlichen Grundlagen müßten noch geschaffen werden? Der Bundesregierung ist bekannt, daß in Italien in jüngster Zeit Ermittlungsverfahren gegen höhere Beamte der Gemeinde- bzw. Provinzialverwaltung wegen Verletzung der Aufsichtspflicht im Zusammenhang mit Wasserverunreinigungen eingeleitet worden sind. Aus Presseberichten ist ferner bekannt, daß einige Staaten in den USA zur Abwehr von Umweltverschmutzungen besondere Verfahrensvorschriften geschaffen haben. Danach soll jeder Staatsbürger das Recht haben, gerichtliche Verfahren gegen Unternehmen oder gegen Behörden, die ihrer Aufsichtspflicht nicht genügt haben, einzuleiten. Über konkrete Fälle, in denen solche Verfahren eingeleitet worden sind, liegen keine Informationen vor. In der Bundesrepublik ist es möglich, auch gegen Beamte Straf- oder Bußgeldverfahren wegen Verletzung von Vorschriften, die den Umweltschutz betreffen, einzuleiten. So gelten z. B. die §§ 38, 39 und 5002 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. Januar 1971 41 des Wasserhaushaltsgesetzes, insbesondere also die Straf- und Bußgeldbestimmungen über unbefugtes Einleiten schädlicher Stoffe in ein Gewässer, auch für öffentliche Unternehmen. Wegen Verletzung der Aufsichtspflicht kann ferner gegen verantwortliche Amtsträger unter den Voraussetzungen des § 33 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten eine Geldbuße verhängt werden, wenn eine Umweltverschmutzung auf ein öffentliches Unternehmen zurückgeht. Verletzungen der Dienstpflicht können im Wege der Dienstaufsichtsbeschwerde gerügt werden. Wer durch eine Amtspflichtverletzung eines Beamten Schaden erleidet, kann nach § 839 BGB in Verbindung mit Artikel 34 GG grundsätzlich von dem Staat oder der Körperschaft, in deren Dienst der Beamte steht, Schadensersatz verlangen. Die Bundesregierung wird demnächst Vorschläge zur Verbesserung der Bestimmungen über Strafen und Ordnungswidrigkeiten im Wasserhaushaltsgesetz vorlegen. Andere dem Umweltschutz dienende Gesetze, die — wie das Abfallbeseitigungsgesetz — dem Bundesrat vorliegen oder — wie das Bundesimmissionsschutzgesetz — demnächst vorgelegt werden, enthalten solche Bestimmungen, die nach Auffassung der Bundesregierung den Erfordernissen genügen. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß es im Interesse des Umweltschutzes zwar auch auf die Ergänzung und die Verbesserung der angeführten Vorschriften ankommt, jedoch in erster Linie auf den Erlaß von Vorschriften, die das Entstehen von Umweltbelastungen verhüten oder die Umweltgefahren so einschränken, daß Schäden oder Nachteile nicht zu besorgen sind. Im Sinne eines solchen aktiven Umweltschutzes ist die Bundesregierung bemüht, neue oder bessere gesetzliche Grundlagen zu schaffen. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 21. Januar 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Koenig (SPD) (Drucksache VI/ 1696 Frage A 8): Gedenkt die Bundesregierung, im Rahmen der Besoldungsneuregelung eine Angleichung der Nettobezüge von Beamten und Angestellten, die gleichwertige Tätigkeiten ausführen, anzustreben? Wie Sie wissen, erarbeitet auf Grund der von den Fraktionen am 16. Dezember 1970 hier abgegebenen Erklärungen eine interfraktionelle Arbeitsgruppe im Augenblick ein längerfristiges Besoldungskonzept. Den Beratungen der Arbeitsgruppe sollte derzeit in einem Einzelpunkt nicht vorgegriffen werden, zumal davon ausgegangen werden kann, daß die Gruppe das Ergebnis ihrer Arbeit schon im Februar dem Innenausschuß und damit dem Hohen Haus vorlegen wird. Darüber hinaus spricht Ihre Frage auch Probleme der Fortentwicklung des öffentlichen Dienstes überhaupt an. Mit diesem Problemkreis beschäftigt sich die Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, deren Einsetzung u. a. auf den Beschluß des Hohen Hauses vom 27. Februar 1970 zurückgeht. Nach diesem Beschluß hat die Kommission den Auftrag, möglichst bis zum 31. Dezember 1971 Vorschläge für eine zeitgemäße Weiterentwicklung eines modernen Dienstrechts zu unterbreiten. Die Kommission wird sich daher auch mit dem Verhältnis der Beamten zu den Angestellten allgemein, und einem Tätigkeits- und Einkommensvergleich im besonderen zu befassen haben. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 21. Januar 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Bühling (SPD) (Drucksache VI/1696 Frage A 11): Was hält die Bundesregirung von der Forderung, Disziplinarmaßnahmen gegen Ruhestandsbeamte vollständig entfallen zu lassen, welchen gesetzlichen Zustand es früher schon einmal gegeben hat? Mit dem Eintritt in den Ruhestand werden die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Beamten und dem Staat als seinem Dienstherrn nicht völlig aufgehoben. Dem Ruhestandsbeamten obliegen weiterhin gewisse Pflichten. Die Beachtung dieser Pflichten, die dem Ruhestandsbeamten im Interesse des Gemeinwohls auferlegt sind, könnte ohne disziplinarrechtliche Sanktion nicht durchgesetzt werden. Nach dem Bundesbeamtengesetz gilt es bei einem Ruhestandsbeamten als Dienstvergehen, wenn er 1. sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigt oder 2. an Bestrebungen teilnimmt, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik zu beeinträchtigen oder 3. die Amtsverschwiegenheit verletzt oder gegen das Verbot der Annahme von Belohungen oder Geschenken verstößt oder 4. einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis schuldhaft nicht nachkommt. Es würde auch in der Öffentlichkeit sicher nicht verstanden werden, wenn ein Ruhestandsbeamter, der sich etwa gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung betätigt, weiterhin ungeschmälert Versorgungsbezüge aus Steuermitteln des Gemeinwesens bezöge, gegen das sich seine verfassungsfeindlichen Bestrebungen richten. Die noch aus den preußischen Disziplinargesetzen von 1851/52 stammende Regelung des Reichs- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. Januar 1971 5003 Beamtengesetzes, wonach die Disziplinarbefugnis gegenüber dem Beamten mit dessen Eintritt in den Ruhestand grundsätzlich endete, hat sich nicht bewährt. Deshalb sahen schon vor 1933 mehrere Länder Disziplinarmaßnahmen gegen Ruhestandsbeamte wegen bestimmter sogenannter Ruhestandsdelikte vor. Diese Regelung ging in die Reichsdienststrafordnung von 1937 ein. Die Frage, ob eine Änderung des derzeitigen Rechts etwa im Zusammenhang mit der Reform des öffentlichen Dienstrechts geboten sein könnte, wird von der von der Bundesregierung berufenen Studienkommission zu untersuchen sein. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 21. Januar 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Bühling (SPD) (Drucksache VI/1696 Frage A 12) : Wird die Bundesregierung in ernstliche Erwägung ziehen, ob die sogenannte Doppelbestrafung der Beamten nach dem Anfang, der mit dem Gesetz zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 20. Juli 1967 gemacht worden ist, weiter eingeschränkt werden soll? Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme wegen eines Verhaltens, das Gegenstand strafgerichtlicher Verurteilung war, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine „Doppelbestrafung" und daher zulässig. Weil es jedoch nach einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen einer Tat, die zugleich ein Dienstvergehen darstellt, häufig an der Notwendigkeit einer zusätzlichen disziplinaren Ahndung fehlt, hat der Gesetzgeber bei der Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts im Jahre 1967 die Zulässigkeit von Disziplinarmaßnahmen nach strafgerichtlicher Verurteilung erheblich eingeschränkt. Die Frage, ob weitere Einschränkungen angebracht sind, kann erst beantwortet werden, wenn ausreichende Erfahrungen mit der erst 1967 eingeführten Neuregelung und der auf ihr beruhenden Rechtsprechung gesammelt worden sind. Auch diese Frage wird von der Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts geprüft werden. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 21. Januar 1971 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Rock (CDU/CSU) (Drucksache VI/1696 Fragen A 13 und 14) : Ich frage die Bundesregierung, ob ihr bekannt ist, daß die Standesämter den Heimatvertriebenen bei der Ausstellung von Familienbüchern nicht unerhebliche Schwierigkeiten machen und trotz ausdrücklicher Betonung, daß Urkunden nicht mehr vorliegen, auf die Vorlage solcher Urkunden drängen, ohne von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Familienbuch auf Grund eidesstattlicher Versicherungen anzulegen. Ist die Bundesregierung bereit, auf einem ihr geeignet erscheinenden Wege die Standesbeamten der Bundesrepublik Deutschland hier nochmals nachdrücklichst auf die gesetzlichen Bestimmungen hinzuweisen? Schwierigkeiten der von Ihnen geschilderten Art sind mir bisher nicht bekanntgeworden. Wenn Sie mir hierzu Einzelfälle nennen würden, könnte ich diese den zuständigen Länderinnenministerien mit der Bitte um Abhilfe zuleiten; denn das Personenstandsgesetz — und die dazu ergangenen Durchführungsvorschriften — werden nach Artikel 83 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt. Wenn die Prüfung der Einzelfälle dies geraten erscheinen läßt, bin ich bereit, die Länder zu bitten, die Standesbeamten auf die maßgeblichen Bestimmungen hinzuweisen. In diesem Zusammenhang bemerke ich, daß in der neuen Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden — DA — vom 16. April 1968 (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 85 vom 7. Mai 1968) die von den Standesbeamten bei der Anlegung eines Familienbuches zu beachtenden Vorschriften gegenüber der früheren Fassung übersichtlicher gestaltet worden sind. Bei richtiger Anwendung — insbesondere von § 225 Abs. 1 und § 244 Abs. 2 DA — dürften daher die von Ihnen beschriebenen Schwierigkeiten nicht auftreten. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 21. Januar 1971 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Pensky (SPD) (Drucksache VI/1696 Fragen A 17 und 18) : Ist die Bundesregierung bereit, sich für eine Realisierung der Empfehlung 601 (1970) der Beratenden Versammlung des Europarates hinsichtlich der Anwendung der IV. Genfer Konvention vom 12. August 1949 auf die Polizeibeamten einzusetzen? Wird sich die Bundesregierung bei ihren Bemühungen um den Abschluß einer Internationalen Polizeikonvention von den von Professor Scheuner in seinem für die Bundesregierung erstellten Gutachten gemachten Vorschlägen leiten lassen? Die Bundesregierung hat stets ihre Bereitschaft bekundet, im Rahmen ihrer Möglichkeiten alle Initiativen zu unterstützen, die eine Verbesserung des völkerrechtlichen Schutzes der Polizeibeamten zum Ziele haben. Sie ist deshalb auch bereit, sich für eine Realisierung der Empfehlung 601 (1970) der Beratenden Versammlung des Europarates hinsichtlich der Anwendung der IV. Genfer Konvention vom 12. August 1949 auf die Polizeibeamten einzusetzen. 5004 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. Januar 1971 Bei der Erörterung der Empfehlung durch die Ministerbeauftragten, die eine entsprechende Beschlußfassung des Ministerkomitees vorbereiten, wird der deutsche Vertreter sich positiv äußern. Das von Professor Dr. Scheuner erstattete Gutachten wird sicherlich für die weiteren Überlegungen zur Klarstellung des völkerrechtlichen Status der Polizeibeamten eine wertvolle Hilfe sein. Nicht zuletzt unter diesem Gesichtspunkt hat die Bundesregierung es übersetzen lassen und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und auch den Ministerbeauftragten in Straßburg zugänglich gemacht. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 21. Januar 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) (Drucksache VI/1696 Frage A 21) : Hält die Bundesregierung an ihrer bisherigen Absicht fest, auch Höhenleistungszentren des Sports, wie z. B. auf dem Nebelhorn bei Oberstdorf als Bundesleistungszentrum des Deutschen Schwimmverbandes geplant, mit Bundesmitteln zu fördern, und welche langfristige Konzeption zur Förderung solcher Leistungszentren hat die Bundesregierung? In Übereinstimmung mit dem Bundessausschuß zur Förderung des Leistungssports des Deutschen Sportbundes wurde die Entscheidung, ob und ggf. an welchem Standort ein Höhenleistungszentrum errichtet werden soll, zurückgestellt, weil es noch der Klärung einiger wissenschaftlicher Vorfragen bedarf. Bisher liegen ausreichend gesicherte Erkenntnisse über den Leistungszuwachs durch Höhentraining bei den einzelnen Sportarten, die geeignete Höhenlage, die erforderlichen klimatischen Voraussetzungen, die im einzelnen notwendigen Anlagen, Einrichtungen und Geräte sowie über die optimale Gestaltung des Höhentrainings nicht vor. Eine internationale Expertengruppe, der auch Wissenschaftler aus der Bundesrepublik angehören, sowie der Bundesausschuß zur Förderung des Leistungssports des Deutschen Sportbundes sind mit der Lösung der anstehenden Probleme befaßt. Erst anhand der Untersuchungsergebnisse und einer auf dieser Grundlage zu entwickelnden Gesamtkonzeption wird mein Haus über die Errichtung von Höhenleistungszentren entscheiden. Eine zeitliche Voraussage läßt sich im gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht machen. In der Zwischenzeit werden die Höhentrainingslehrgänge der deutschen Fachverbände in geeigneten Sportanlagen des benachbarten Auslands durchgeführt. Auch dies trägt dazu bei, weitere Erfahrungen über die Auswirkungen des Höhentrainings zu sammeln. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 21. Januar 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dröscher (SPD) (Drucksache VI/ 1696 Frage A 22) : Wann wird die Bundesregierung den ..Härtebericht" zur Gesetzgebung nach Artikel 131 GG vorlegen, nachdem der Termin 31. Dezember 1970, bis zu welchem der Bericht ursprünglich vorliegen sollte, verstrichen ist? Den Bericht zum Gesetz zu Art. 131 GG habe ich unter dem 18. Januar 1971 dem Herrn Chef des Bundeskanzleramtes mit der Bitte zugeleitet, die Beschlußfassung durch das Kabinett herbeizuführen. Sobald die Zustimmung des Kabinetts vorliegt, wird der Bericht unverzüglich dem Innenausschuß des Deutschen Bundestages vorgelegt. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 21. Januar 1971 auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Timm (SPD) (Drucksache VJ/ 1696 Frage A 52) : Sieht die Bundesregierung die Möglichkeit, entsprechend dem Beschluß der weiblichen Mitglieder der SPD-Fraktion vom 11. November 1970 bereits im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf zur Reform des Ehescheidungsrechts folgende sozialpolitische Maßnahmen zu beschließen: — Offnung der Rentenversicherung für Frauen und Selbständige — Wegfall der Vorversicherungszeiten für Frauen — Möglichkeit der Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung für die nichterwerbstätige Ehefrau? Die Bundesregierung stimmt mit Ihnen darin überein, daß das bisherige System der sozialen Sicherung im Hinblick auf die gewandelte Stellung der Frau in der Gesellschaft überdacht werden muß. In meinem Hause sind entsprechende Vorarbeiten bereits vor einiger Zeit eingeleitet worden. Nach einer sorgfältigen Prüfung der sozialpolitischen und finanziellen Auswirkungen verschiedener Lösungsmöglichkeiten wollen wir zunächst eine Regelung vorschlagen, die den in Ihrer Frage genannten Punkten Rechnung trägt. Gerade auch die nichterwerbstätigen Hausfrauen sollen im Rahmen einer Öffnung der Rentenversicherung für weitere Gesellschaftsgruppen die Möglichkeit erhalten, sich eine soziale Sicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu schaffen und dabei in bestimmten Umfang auch Beiträge für die Vergangenheit nachzuentrichten. Nach dem bisherigen Stand der Überlegungen ist zu erwarten, daß die Bundesregierung ihre Vorstellungen im Laufe dieses Jahres in einem Gesetzentwurf konkretisieren wird. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 21. Januar 1971 auf die Mündlichen Fragen des Ab- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 91. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. Januar 1971 5005 geordneten Ruf (CDU/CSU) (Drucksache VI/1696 Fragen A 55 und 56) : Welche konkreten gesetzgeberischen Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um die kürzlich vom Bundesverfassungsgericht festgestellte teilweise Verfassungswidrigkeit der sogenannten Dreiviertelbelegung für freiwillig Weiterversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung zu beseitigen? Bis wann gedenkt die Bundesregierung eine klare für den freiwillig versicherten Angestellten überschaubare Rechtslage auf diesem Gebiet hergestellt zu haben? Die Bundesregierung beabsichtigt, in dem angekündigten Gesetzentwurf über eine Öffnung der Rentenversicherung für weitere Gesellschaftsgruppen, der zur Zeit vorbereitet wird, eine allgemeine Regelung vorzuschlagen, die dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes gerecht wird und unter Umständen eine Sonderregelung für die von der Versicherungspflicht befreiten Angestellten entbehrlich macht. Nach dem gegenwärtigen Stand der Vorarbeiten wird die Bundesregierung den Entwurf noch in diesem Jahr vorlegen. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 21. Januar 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Härzschel (CDU/CSU) (Drucksache VI/1696 Frage A 57) : Treffen Meldungen zu, wonach die Bundesregierung beabsichtigt, noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf einzubringen mit dem Ziel, die flexible Altersgrenze in der Rentenversicherung einzuführen? Die Vorarbeiten sind darauf abgestellt, den Gesetzentwurf für eine flexible Altersgrenze noch in diesem Jahr einzubringen.
Gesamtes Protokol
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609100000
Die Sitzung ist eröffnet.
Seinen 65. Geburtstag feiert heute der Herr Abgeordnete Seidel. Ich gratuliere im Namen des Hauses.

(Beifall.)

Folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister der Finanzen hat am 18. Januar 1971 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Dr. Walz, Dr. Martin, Pfeifer, Dr. Gölter und Genossen betr. Information der Parlamente über die Arbeit der Planungsausschüsse für die Gemeinschaftsaufgaben Ausbau und Neubau von Hochschulen, Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes sowie der BundLänder-Kommission für Bildungsplanung — Drucksache VI/1651 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache VI/1705 verteilt.
Einziger Punkt der Tagesordnung: Fragestunde
— Drucksachen VI/1696, VI/1709 —
Wir beginnen mit den Dringlichkeitsfragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Ich rufe die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Niegel auf:
Kann die Bundesregierung nähere Einzelheiten mitteilen, wie der deutsche Entwicklungshelfer Hermann Seibold in Guinea ums Leben kam?
Zur Beantwortung Herr Bundesminister Scheel.

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0609100100
Herr Kollege, auf die Frage, ob die Bundesregierung Einzelheiten mitteilen kann, wie Herr Seibold in Guinea ums Leben gekommen ist, muß ich mit Nein antworten. Der Bundesregierung sind bisher keine Einzelheiten bekannt. Die deutsche Botschaft in Conakry wurde aber noch am Abend des 19. Januar angewiesen, von der guineischen Regierung die volle Aufklärung der Umstände des angeblichen Selbstmords zu fordern, nochmals dagegen zu protestieren, daß trotz ständiger Vorstellungen seit der Inhaftierung Seibolds am 18. Dezember der Botschaft verwehrt wurde, Verbindung mit den beiden inhaftierten deutschen Experten aufzunehmen, sowie die Freigabe der Leiche Seibolds zur Überführung nach Deutschland zu verlangen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609100200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0609100300
Herr Bundesminister, Sie sagten soeben, es sei protestiert worden. Glauben Sie nicht, daß Proteste allein des Botschafters während der Gefangenschaft der beiden deutschen Staatsangehörigen — ich meine auch Herrn Marx — zu wenig sind? Hätte hier nicht die Bundesregierung ihr Gewicht als Vertreterin eines Volkes von 60 Millionen Einwohnern stärker geltend machen müssen?

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0609100400
Herr Abgeordneter, wir haben es natürlich nicht bei den Protesten des Botschafters bewenden lassen, sondern alle Möglichkeiten auszuschöpfen versucht, im Interesse der inhaftierten Deutschen tätig zu werden. Ich darf sagen, daß dabei vor allem afrikanische Regierungen besonders behilflich gewesen sind, welche die Entwicklung der Lage in Guinea ähnlich beurteilt haben wie wir. Sie haben ihre Hilfe angeboten und auch Kontakt mit der guineischen Regierung gehabt, ohne daß das zum gewünschten Erfolg geführt hat.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609100500
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0609100600
Wie hat die Bundesregierung darauf reagiert, als z. B. in der „Welt" am 18. Januar bekanntwurde, daß mehr oder weniger Attentatsdrohungen gegen die beiden Deutschen in Conakry verkündet wurden?

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0609100700
Wann ist das gewesen?

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0609100800
Am 18. Januar.

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0609100900
Das war ja zu einem Zeitpunkt, als die beiden Deutschen schon inhaftiert waren. Gegen wen richteten sich die Attentatsdrohungen? Ich verstehe das nicht.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0609101000
Attentatsdrohungen gegen die Inhaftierten wurden mehr oder weniger in diesem Artikel am 18. Januar bekanntgemacht.




Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0609101100
Ich glaube, Sie verwechseln das mit der Aktivität der sogenannten „Verbände der Einheitspartei" in Guinea und mit deren Forderungen, Inhaftierte schwer zu bestrafen. Manche dieser Gruppen haben sogar die Todesstrafe gefordert. Das ist uns bekannt. Wir haben im gleichen Augenblick unsere Vorstellungen gegenüber der guineischen Regierung verstärkt. Wir haben vor allem auf allen Wegen den Versuch unternommen, die Regierung zur Mäßigung anzuhalten. Wir haben den Versuch unternommen, vor allen Dingen im Interesse der inhaftierten Deutschen etwas zu tun. Es sind ja nicht nur Deutsche inhaftiert worden, sondern auch Angehörige anderer Völker, auch Angehörige europäischer Völker.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609101200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Brück.

Alwin Brück (SPD):
Rede ID: ID0609101300
Herr Bundesminister, sind Sie mit mir der Auffassung, daß es der Sache dienlicher und für den vor Gericht stehenden Deutschen nützlicher wäre, wenn in der Öffentlichkeit nicht soviel über die Sache gesprochen würde, vor allem angesichts der Tatsache, daß die Bundesregierung heute vormittag im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit berichtet hat und heute nachmittag im Auswärtigen Ausschuß berichten wird?

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0609101400
Es hat sich herausgestellt, daß in so schwierigen Fragen, da Menschen in Gefahr sind, eine zurückhaltende Behandlung des Falles von allen Seiten förderlich ist. Wir haben uns auch so verhalten, und ich muß sagen, daß die Behandlung dieses Falles in der deutschen Öffentlichkeit, d. h. in der deutschen Presse, mit sehr viel Sorgfalt und Zurückhaltung erfolgt ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609101500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Becher.

Dr. Walter Becher (CSU):
Rede ID: ID0609101600
Sind Sie nicht andererseits der Meinung, daß, ähnlich wie in den Fällen der verschleppten Botschafter, die Alarmierung der öffentlichen Meinungen gleichwohl eine Hilfe für die Opfer bedeutet? Warum ist es der Bundesregierung in diesem Fall nicht gelungen, über die UNO und andere Institutionen eine solche Alarmierung in die Wege zu leiten?

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0609101700
Ich teile Ihre Meinung nicht, daß eine Alarmierung der öffentlichen Meinung den Betroffenen hilft; im Gegenteil, ich bin anderer Auffassung. Eine zu hochgespielte öffentliche Meinung gefährdet möglicherweise Inhaftierte. Natürlich haben wir die UNO eingeschaltet, und zwar den UNO-Generalsekretär persönlich. Er hat es für angemessen gehalten, seine Mitwirkung — ebenfalls ohne die Alarmierung der Weltöffentlichkeit — anzubieten, und er hat das auch getan.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609101800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0609101900
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß am heutigen Vormittag im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit ein Bericht der Bundesregierung gegeben wurde, worauf soeben der Kollege Brück hingewiesen hat, und daß die Mitglieder dieses Ausschusses dabei eine einstimmige Entschließung gefaßt haben, und wären Sie bereit, bei Ihren weiteren Beratungen und Überlegungen auch diese Entschließung zur Auswertung mit zur Kenntnis zu nehmen?

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0609102000
Es ist ganz selbstverständlich, daß die Entschließung eines Ausschusses des Deutschen Bundestages Grundlage des Handelns der Bundesregierung wird.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609102100
Ich rufe die Dringende Mündliche Frage 2 des Herrn Abgeordneten Niegel auf:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der mutmaßlichen Ermordung des deutschen Entwicklungshelfers Hermann Seibold in Guinea?

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0609102200
Herr Kollege, die Bundesregierung kann sich zur Ursache des Todes von Herrn Seibold, an dem leider nicht zu zweifeln ist, erst äußern, wenn die näheren Umstände geklärt sind. Dafür hat die Bundesregierung unter anderem die Beteiligung der Organisation für Afrikanische Einheit erbeten. Sie hat ferner die Freigabe der Leiche verlangt. Erst danach können wir über Konsequenzen, wie Sie es in Ihrer Anfrage nennen, diskutieren.
Schon die Ausweisung der Deutschen aus Guinea und die Inhaftierung der beiden Deutschen Seibold und Marx hat die Bundesregierung aber zu folgenden Maßnahmen veranlaßt. Die deutsche Entwicklungshilfe an Guinea, der durch das Verhalten der guineischen Regierung der Boden entzogen wurde, ist eingestellt worden. Die Bundesregierung hat sich wiederholt um den Schutz und die Freilassung der Inhaftierten bemüht, und zwar sowohl auf direktem Wege wie durch Vermittlung anderer, insbesondere afrikanischer Regierungen und von internationalen Organisationen. Ferner sind die deutschen Botschaften in Afrika angewiesen worden, gegenüber den Regierungen und der Öffentlichkeit ihrer Gastländer auf die Unhaltbarkeit der guineischen Behauptungen hinzuweisen und bei dieser Gelegenheit die Ziele unserer Afrika-Politik nochmals zu erläutern. Hierbei ist auch auf die Gefahr hingewiesen worden, daß das Verhalten der guineischen Regierung die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den afrikanischen Entwicklungsländern beeinträchtigen könnte.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609102300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0609102400
Herr Bundesminister, hat man, als die Verhaftung der Deutschen bekanntwurde und sich die Situation des gespannten Verhältnisses anbahnte — es waren ja nicht nur die Verhaftungen —, den Staatspräsidenten durch das Auswärtige Amt wissen lassen, daß die diplomatischen Beziehungen in Frage gestellt werden könnten?




Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0609102500
Herr Kollege, es muß dem Präsidenten ohnehin klar gewesen sein, daß die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern aufs schwerste belastet sind. Aber es ist uns in diesen Wochen, die hinter uns liegen, darauf angekommen, am Orte selbst präsent zu sein. Wir müssen am Ort sein, damit wir uns für unsere inhaftierten Deutschen einsetzen können, wie es durch den Geschäftsträger in der Botschaft in Conakry geschehen ist, unter allem Einsatz — so meine ich --, der überhaupt möglich ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609102600
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0609102700
Herr Bundesminister, im politischen Raum besteht der Verdacht, daß im Hintergrund die „DDR" das gespannte Verhältnis mehr oder weniger ausgelöst hat. Könnten Sie meine Meinung hier bestätigen?

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0609102800
Ich teile diesen Verdacht, vor allen Dingen in Kenntnis der Beschuldigungen, die von einer Kommission in Guinea gegen die Bundesrepublik erhoben werden. Aus diesen Beschuldigungen und einzelnen Formulierungen, auch aus der Art der Beschuldigung, ist der Einfluß der Propaganda der Botschaft der DDR in Guinea zu vermuten. Darüber hinaus haben wir den berechtigten Verdacht, daß auch Dokumente gefälscht worden sind, die man der guineischen Regierung untergeschoben hat.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609102900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kliesing.

Dr. Georg Kliesing (CDU):
Rede ID: ID0609103000
Herr Minister, treffen Informationen zu, nach denen die Regierung von Guinea ihre Maßnahmen gegen Bürger der Bundesrepublik erst dann getroffen hat, nachdem sie seitens Ost-Berlins die Zusicherung hatte, daß die DDR in alle Entwicklungsprojekte der Bundesrepublik einsteigen würde?

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0609103100
Eine solche Information ist der Bundesregierung nicht bekannt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609103200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Werner.

Rudolf Werner (CDU):
Rede ID: ID0609103300
Herr Minister, seit wann war Ihr Haus über die bedrohliche Entwicklung, die sich da anbahnte, orientiert?

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0609103400
Wirklich bedrohlich wurde es seit der Verhaftung der beiden Deutschen und seit der gesteigerten Propagandakampagne, die sich damit verband.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609103500
Keine weitere Zusatzfrage. Damit sind die Dringlichen Fragen beantwortet. Ich danke dem Herrn Bundesminister.
Die weiteren Fragen aus dem Bereich des Auswärtigen Amtes werden, wie üblich, am Freitag, d. h. morgen, beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes auf. Zur Beantwortung ist Herr Staatssekretär Ahlers hier. Zunächst die Frage 90 des Herrn Abgeordneten Lampersbach:
Warum hat die Bundesregierung in ihrer am 2./3. Januar 1971 in deutschen Tageszeitungen veröffentlichten Anzeige „Jetzt stehen Sie sich besser" in der Rubrik „Krankenversicherung" nicht auch ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen, daß Angestellte, die nicht versicherungspflichtig sind, ihre private Krankenversicherung fortsetzen können?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0609103600
Herr Abgeordneter, in der Einleitung der Anzeige ist zunächst deutlich gesagt, daß darin über diejenigen gesetzlichen Bestimmungen informiert wird, die am 1. Januar gegenüber den bisherigen Regelungen neu in Kraft getreten sind. Daß nichtversicherungspflichtige Angestellte ihre private Krankenversicherung fortsetzen können, ist keine neue Bestimmung. Neu ist nur, daß diese Angestellten der gesetzlichen Krankenversicherung fakultativ bis zum 31. März beitreten können. Auf diese Information kam es uns an, ebenso wie auf die Mitteilung, daß alle Angestellten, auch die privatversicherten, in Zukunft einen Arbeitgeberzuschuß erhalten. Ein besonderer Hinweis auf die Möglichkeit, daß nichtpflichtversicherte Angestellte ihre private Krankenversicherung fortsetzen können, erschien deshalb nicht erforderlich, weil unter Punkt 1 die Privatversicherten direkt angesprochen waren.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609103700
Eine Zusatzfrage, Herr Lampersbach.

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0609103800
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Auffassung, daß zumindest unterschwellig den Versicherten suggeriert werden sollte, es sei für sie zweckmäßiger, nunmehr aus der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung überzuwechseln?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0609103900
Nein, Herr Abgeordneter. Ich kann Ihnen versichern, daß das nicht die Absicht war, und ich glaube, aus dem Text der Anzeige kann man eine solche Suggestivwirkung auch nicht ablesen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609104000
Eine zweite Zusatzfrage.

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0609104100
Man kann natürlich, Herr Staatssekretär! Sonst wäre ich nicht zu dieser Fragestellung gekommen. Sie sehen also, daß hier unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Wirkung vorhanden sind. Ich habe aber darüber hinaus festgestellt — —

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609104200
Keine Feststellungen! Bitte, versuchen Sie, das in eine Frage zu kleiden.




Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0609104300
Darf ich fragen, Herr Staatssekretär, ob damit bereits auch die zweite Frage beantwortet ist.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0609104400
Nein, Herr Abgeordneter, die ist formal noch nicht beantwortet. Als Antwort auf die zweite Frage würde ich sagen: Aus den von mir angegebenen Gründen hält die Bundesregierung diese Anzeige für vertretbar.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609104500
Keine Zusatzfrage? — Damit sind die Fragen — —

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0609104600
Nein, Frau Präsidentin, es kommt noch Frage 91.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609104700
Gut, dann rufe ich auch die Frage 91 noch formell auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß solche Information in einer aus öffentlichen Haushaltsmitteln finanzierten Anzeige vertretbar Ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0609104800
Herr Abgeordneter, was ich soeben gesagt habe, war die Antwort auf die Frage 91: Aus den angegebenen Gründen hält die Bundesregierung die Anzeige für vertretbar.

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0609104900
Danke, keine Zusatzfrage!

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609105000
Damit sind wir mit diesem Geschäftsbereich am Ende. Ich danke dem Herrn Staatssekretär.
Wir kommen nunmehr zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zur Beantwortung ist Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dorn hier.
Wir kämen zunächst zu den Fragen 17 und 18 des Herrn Abgeordneten Pensky. — Der Herr Fragesteller ist nicht im Saal. Die Fragen werden schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt (Hamburg) auf:
Hält die Bundesregierung es mit dem Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 GG) für vereinbar, daß nur das eheliche Kind eines deutschen Vaters, nicht aber das eheliche Kind einer deutschen Mutter, deren Ehemann Ausländer ist, die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt erwirbt (I 4 Abs. 1 des Staatszugehörigkeitsgesetzes)?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609105100
Herr Dr. Arndt, wenn Sie damit einverstanden sind, würde ich Ihre beiden Fragen gerne zusammen beantworten.

(Abg. Dr. Arndt [Hamburg] : Einverstanden!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609105200
Dann rufe ich auch die Frage 20 mit auf:
Ist die Bundesregierung bereit, eine entsprechende Novelle zum Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vorzulegen?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609105300
Die Beantwortung der Fragen erfolgt im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Justiz.
Bedenken gegen die Vereinbarkeit des § 4 Abs. 1 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes mit Art. 3 des Grundgesetzes sind nicht neu. Sie wurden vereinzelt bereits vor 20 Jahren erhoben, haben sich aber in der Rechtsprechung und dem Schrifttum bisher nicht durchgesetzt.
Die Bundesregierung ist sich der in § 4 Abs. 1 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes liegenden Problematik bewußt und verfolgt die Entwicklung mit Aufmerksamkeit. Es ist bekannt, daß die früheren Bundesregierungen keine ausreichenden Gründe gesehen haben, die Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 1 ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Auch in den Gesetzgebungskörperschaften, denen § 4 Abs. 1 letztmals 1963 vorgelegen hatte, waren Bedenken nicht erhoben worden.
Diese Regierung hat sich im vergangenen Jahr auf Grund einer aus ihrer Mitte kommenden Initiative erneut mit der Frage befaßt. Die Erörterungen über dieses Problem, das in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht sehr kompliziert ist, sind jedoch noch nicht zum Abschluß gekommen. Erst wenn dies der Fall ist, wird sich die Bundesregierung eine alle Umstände würdigende Meinung über etwaige gesetzgeberische Schritte bilden können.
In diesem Zusammenhang spielt auch eine Rolle, daß die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 1 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes derzeit Gegenstand eines Revisionsverfahrens beim Bundesverwaltungsgericht ist.
Ohne die Meinungsbildung vorwegnehmen zu wollen, möchte ich nicht verschweigen, daß ich die gegenwärtige gesetzliche Regelung auch nicht für voll befriedigend halte. Im übrigen darf ich Ihnen als Ergebnis einer erst in der vergangenen Woche geführten Verhandlung mitteilen, daß Bund und Länder übereingekommen sind, die Einbürgerung im Inland lebender Kinder eines Ausländers und einer Deutschen in weiterem Umfang als bisher zu ermöglichen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609105400
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Arndt.

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0609105500
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort den Schluß ziehen, daß die Gegensätze, die sich einerseits in Schreiben des Bundesinnenministeriums, andererseits in Schreiben des Bundesjustizministeriums an einzelne Bürger dieses Landes niederschlagen, nunmehr im Wege der von Ihnen zitierten Verhandlungen beseitigt werden?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609105600
Ich glaube ja, Herr Kollege Dr. Arndt; denn der Bundesjustizminister und der Bundesinnenminister verhandeln jetzt über diese Frage.




Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609105700
Eine zweite Zusatzfrage.

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0609105800
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Meinung, daß, selbst die verfassungsrechtlichen Bedenken einmal zur Seite gestellt, die hier angezogene Regelung ganz erhebliche Nachteile für Kinder mit sich bringt, die in Deutschland von einer deutschen Mutter geboren sind und bei Ausweisung des nichtdeutschen Vaters möglicherweise in eine unvollständige Familie hineingerissen oder aber gezwungen werden, in Länder auch sehr weit entfernter Weltgegenden zu gehen?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609105900
Ich teile die dagegen vorgebrachten Bedenken in vollem Umfang. Das ist ja der Anlaß für die Bemühung, daß auch mit den Länderministerien eine entsprechende Vereinbarung zustande kommen soll, um für die Zukunft etwas Derartiges unmöglich zu machen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609106000
Noch eine Zusatzfrage?

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0609106100
Ja; aber vielleicht darf ich den Herrn Kollegen mit seiner Zusatzfrage vorlassen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609106200
Bitte, Herr Abgeordneter Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (SPD):
Rede ID: ID0609106300
Herr Staatssekretär, darf ich Sie ganz naiv bitten, mir die wesentlichen Unterschiede zwischen einem ehelichen Kind eines deutschen Vaters und einem ehelichen Kind einer deutschen Mutter klarzumachen, die es rechtfertigen würden, hier eine ungleiche Behandlung vorzunehmen.

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609106400
Herr Kollege, es würde mit Sicherheit zu weit führen, diese Frage hier ausführlich verfassungsrechtlich zu erörtern. Ich möchte Sie aber bitten, daraus, daß die Verhandlungen auf der Bundesebene und mit den Länderregierungen angelaufen sind, um zu einer vernünftigen Lösung zu kommen, dem Willen der Bundesregierung zu entnehmen, diese Frage endlich in einem anderen Sinne zu lösen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609106500
Eine Zusatzfrage des Herrn Dr. Arndt.

Prof. Dr. Claus Arndt (SPD):
Rede ID: ID0609106600
Herr Staatssekretär, können Sie Ihre Bereitschaft erklären, mir das Ergebnis der jetzt gepflogenen Besprechungen von sich aus schriftlich mitzuteilen, damit ich den etwa 20 Familien, die sich an mich gewandt haben, Hilfe leisten kann?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609106700
Ich bin dazu gerne bereit, Herr Kollege.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609106800
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Fragen 21 und 22 werden auf Antrag der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 23 des Herrn Abgeordneten Mursch auf:
Wann ist mit der Vorlage des sogenannten Härteberichts zu Artikel 131 GG zu rechnen, dessen Vorlage vom Innenausschuß des Deutschen Bundestages bis spätestens 31. Dezember 1970 erbeten wurde?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609106900
Herr Kollege Mursch, den Bericht zum Gesetz zu Art. 131 GG hat der Herr Bundesminister des Innern am 18. Januar 1971 dem Herrn Chef des Bundeskanzleramtes mit der Bitte zugeleitet, die Beschlußfassung durch das Kabinett herbeizuführen. Sobald die Zustimmung des Kabinetts vorliegt, wird der Bericht unverzüglich dem Deutschen Bundestag vorgelegt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609107000
Eine Zusatzfrage.
Mursch (Soltau-Harburg) (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär Dorn, worauf ist es zurückzuführen, daß der von Ihnen zugesagte Termin des 31. Dezember 1970 nicht eingehalten worden ist? Welche gravierenden Ereignisse sind eingetreten, die es Ihnen nicht ermöglicht haben, diesen Termin einzuhalten?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609107100
Herr Kollege, das lag daran, daß in dieser Frage bis zu dieser Zeit noch keine volle Übereinstimmung zwischen unserem Hause und dem Bundesfinanzministerium erzielt werden konnte.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609107200
Zweite Zusatzfrage.
Mursch (Soltau-Harburg) (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, würden Sie mir darin beipflichten, daß die Probleme einer Abschlußregelung zur Gesetzgebung nach Art. 131 GG bereits so viele Jahre, ja, Jahrzehnte zurückliegen und daher so alt sind, daß diese Differenzen doch rechtzeitig hätten beseitigt werden können?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609107300
Herr Kollege, diese Probleme sind zwar alt, aber Sie wissen, daß in den letzten Legislaturperioden eine Reihe von Novellen zu diesem Thema dieses Haus passiert hat.

(Zurufe: Vier!)

Wie weit der Härtebericht in der Darstellung der Härten gehen soll, ob eine Abgrenzung der Härten schon im vorhinein im Rahmen des Härteberichts erfolgen soll, das ist die Frage, die ohne Zweifel schon einer längeren Beratung bedarf. Ich hoffe zuversichtlich, daß es sehr bald gelingen wird, dem Parlament eine abschließende Regelung vorzulegen.




Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609107400
Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Hansen auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die anwachsende Produktion von Einwegflaschen, Wegwerfbehältern aus Kunststoff usw. zur Verminderung der die öffentliche Hand belastenden Kosten für die Müllbeseitigung gesetzlich zu unterbinden?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609107500
Herr Kollege Hansen, die Bundesregierung prüft in Verhandlungen mit führenden Vertretern auf dem Gebiete der Abfallbeseitigung, der einschlägigen Industrie und ihrer Verbände unter Beteiligung der Länder, wieweit in Zukunft die zunehmende Verwendung von Kunststoffen für Verpackungszwecke die Beseitigung der Siedlungsabfälle erschwert. Hierbei werden sowohl gesetzliche Maßnahmen als auch solche auf freiwilliger Basis in die Überlegungen einbezogen werden. Nach den bisherigen Ermittlungen erscheinen die sich hier abzeichnenden Schwierigkeiten überwindbar, wenn die Umstellung auf diesem Gebiet allmählich und nicht überstürzt erfolgt. Ich darf in diesem Zusammenhang auf eine schriftliche Antwort an den Herrn Abgeordneten Dröscher in der 69. Sitzung vom 7. Oktober 1970 hinweisen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609107600
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Hansen.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0609107700
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir darin überein, daß die Beseitigung gerade dieses Mülls wegen der Schwierigkeiten sowohl bei Deponie wie bei Verbrennung sehr hohe Kosten mit sich bringt und deshalb ein exemplarischer Fall für die Subventionierung privater Gewinne auf Kosten der Steuerzahler ist?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609107800
Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß diese Frage sehr schwierig ist. Aber sie muß geregelt werden, und sie wird, so wie die Dinge liegen, wahrscheinlich in sehr kurzer Zeit auf gesetzlichem Wege geregelt werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609107900
Zweite Zusatzfrage!

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0609108000
Herr Staatssekretär, denkt die Bundesregierung bei der in Aussicht genommenen gesetzlichen Regelung daran, dem Beispiel anderer Länder — hier besonders der skandinavischen — zu folgen, die durch Verbot oder Sondersteuern die Produktion von Einwegflaschen und -behältern aus den besonders problembelasteten PVC-Kunstoffen einschränken oder unterbinden?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609108100
Herr Kollege Hansen, solange die Regierungsvorlage noch nicht erstellt und mit den anderen Ressorts abgestimmt worden ist, kann ich, wie Sie verstehen werden, zu Einzelheiten einer beabsichtigten gesetzlichen Regelung hier noch nichts sagen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609108200
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (SPD):
Rede ID: ID0609108300
Herr Staatssekretär, auch wenn Sie zu Einzelheiten noch nichts sagen möchten, würde ich doch gern wissen, ob Sie sich für eine Regelung einsetzen können, die die Gemeinden ermächtigt, die durch den genannten Müll entstehenden Mehrkosten durch eine Sondersteuer den Verbrauchern und nicht der Steuerbürgerschaft allgemein aufzuerlegen.

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609108400
Herr Kollege Sperling, auch diese Frage kann ich nicht beantworten; denn ich stehe hier nicht als Vertreter meiner persönlichen Meinung, sondern habe hier die Auffassung der Bundesregierung zu vertreten. Die Bundesregierung hat in dieser Frage noch keine Entscheidung gefällt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609108500
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 25 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Hält die Bundesregierung die Sicherungsvorkehrungen an der Grenze zur CSSR für ausreichend?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609108600
Herr Kollege Jobst, die Bundesregierung hält die Sicherheitsvorkehrungen, die zur Überwachung der 356 km langen deutschtschechoslowakischen Grenze getroffen worden sind, im Grundsatz für ausreichend.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609108700
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jobst.

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID0609108800
Herr Staatssekretär, wie kann es dann passieren, daß solche Grenzverletzungen eintreten?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609108900
Solche Grenzverletzungen lassen sich auch unter normalen Umständen manchmal nicht ganz vermeiden. Die Frage ist eben nur, welche Konsequenzen man daraus zieht, um die Sicherung noch zu verstärken, oder in welchem Umfang solche Vorkommnisse auch in Zusammenarbeit mit den betreffenden Ländern selbst und ihren Regierungen für die Zukunft nach Möglichkeit ausgeschlossen werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609109000
Zusatzfrage!

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID0609109100
Ist Ihnen, Herr Staatssekretär bekannt, daß das Eindringen tschechischer Grenzsoldaten auf bayerisches Gebiet Anfang dieses Jahres unter der dortigen Bevölkerung ein erhebliches Unbehagen ausgelöst hat?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609109200
Ja, das ist der Bundesregierung bekannt.




Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609109300
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Hansen.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0609109400
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung im Hinblick auf eine wirksame Grenzüberwachung das Nebeneinander von Zoll, Bundesgrenzschutz und bayerischer Grenzpolizei — sämtlich mit gleicher Aufgabenstellung — für eine vertretbare Lösung? Dies ist ein Problem, das sich nur an der tschechoslowakischen Grenze und auf bayerischem Gebiet stellt.

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609109500
Herr Kollege Hansen, ich glaube nicht, daß man davon ausgehen kann, daß die Aufgabenstellung aller drei Sicherheitsorgane als voll identisch angesehen werden kann. Für die drei verschiedenen Organisationen bestehen bestimmte Aufgaben, die in vielen Bereichen nicht deckungsgleich sind.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609109600
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Wird die Bundesregierung Vorkehrungen treffen, die das Eindringen tschechischer Grenzsoldaten auf bayerisches Gebiet, wie es sich zu Beginn dieses Jahres bei der Verfolgung eines Flüchtlings aus der CSSR zugetragen hat, verhindern?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609109700
Herr Kollege, die Bundesregierung wird dafür Sorge tragen, daß die deutschtschechoslowakische Grenze in Zusammenarbeit aller beteiligten Grenzsicherungsorgane sorgfältig und entsprechend den Erfordernissen der Sicherheit überwacht wird. Sie wird insbesondere bemüht sein, die technische Ausstattung der eigenen Grenzsicherungsorgane noch weiter zu verbessern. Zur Zeit befinden sich sogenannte Schneemobile in der Erprobung, die die Grenzstreifen im Winter beweglicher machen sollen, um ihnen bei Zwischenfällen ein schnelleres Eingreifen zu ermöglichen.
Das Grenzschutzkommando Süd hat in meinem Auftrag noch am Tag des Zwischenfalls fernschriftlich beim tschechoslowakischen Innenministerium protestiert. Auch das Auswärtige Amt hat am 6. Januar 1971 den stellvertretenden Leiter der tschechoslowakischen Handelsvertretung in der Bundesrepublik Deutschland zu sich gebeten und wegen des Zwischenfalls mündlich Protest eingelegt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609109800
Eine Zusatzfrage.

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID0609109900
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß die Grenzsicherung leichter zu bewältigen wäre, wenn in der Hauptsache ein Organ dafür zuständig wäre und wenn beispielsweise der Zollgrenzdienst dem Bundesgrenzschutz übertragen würde oder wenn andererseits der Bundesgrenzschutz in bestimmten Fällen gegenüber dem Zoll weisungsberechtigt wäre?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609110000
Herr Kollege, dieses Problem ist so alt, wie beide Behörden bestehen, und ich habe bereits Abgeordnete aller Fraktionen bei Podiumsdiskussionen beider Verbände erlebt, wo jeweils die Meinung für den einen oder für den anderen Fall vorgetragen worden ist. Ich bin nicht sicher, daß wir das Problem allein auf diese Weise lösen können.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609110100
Eine Zusatzfrage.

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID0609110200
Herr Staatssekretär, sollte der Fall, den ich hier angeführt habe, nicht Anlaß sein, das Problem erneut in dieser Richtung zu überprüfen?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609110300
Man kann das erneut überprüfen. Aber auch durch die Übertragung der Zuständigkeit für Teilaufgaben oder Teilbereiche auf eine andere Dienststelle wird die Möglichkeit von Grenzverletzungen, die sich überall anbieten, für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden können. Das ist kein Organisationsproblem, sondern es sind andere Fragen, die im Mittelpunkt solcher Überlegungen stehen müssen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609110400
Keine weitere Frage.
Ich rufe die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Schröder (Wilhelminenhof) auf:
Ist in der Frage der Einleitung ungereinigter Abwässer aus der Provinz Groningen in das Erns-Ästuar inzwischen eine Demarche an die Niederländische Regierung erfolgt und mit welchem Ergebnis?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609110500
Herr Kollege Schröder, die Bundesregierung hält es für notwendig, daß das Abwasser, das aus den drei niederländischen Provinzen in das Ems-Ästuar eingeleitet werden soll, vorher gereinigt wird; andernfalls wären Schäden und wesentliche Nachteile im Mündungsgebiet der Ems und in den deutschen Insel- und Küstengebieten zu erwarten.
Diese Auffassung ist der Regierung des Königreichs der Niederlande am 17. November 1970 in einer Demarche durch den deutschen Botschafter bekanntgegeben worden. Dabei ist die Erwartung ausgesprochen worden, daß die niederländische Regierung den Bau des Projektes erst zuläßt, wenn sichergestellt ist, daß auch schon nach Fertigstellung des ersten Bauabschnitts dieses Vorhabens nur gereinigte Abwässer in die Ems-Mündung eingeleitet werden.
Die niederländische Regierung hat am 30. Dezember 1970 dem deutschen Botschafter mit einem Aide-mémoire ihre Antwort überreicht. Sie enthält außer den bereits bekannten Auffassungen der niederländischen Regierung keine neuen Gesichtspunkte und entspricht damit nicht den in der deutschen Demarche ausgesprochenen Erwartungen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609110600
Eine Zusatzfrage.




Diedrich Schröder (CDU):
Rede ID: ID0609110700
Sind der Bundesregierung Pressemeldungen bekannt, nach denen die niederländische Regierung etwa 11 Millionen Gulden bereitstellen will, um eine Vorklärung zu schaffen? Ist Ihnen das bekannt, und sind das konkrete Dinge?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609110800
Mir ist es im Moment nicht konkret bekannt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609110900
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 28 des Herrn Abgeordneten Schröder (Wilhelminenhof) auf:
Sieht die Bundesregierung darüber hinaus in dieser Frage in dem Ems-Dollart-Vertrag von 1954 und dem EWG-Vertrag eine Grundlage, um notfalls gegen den Bau dieser Abwasserleitung rechtliche Schritte einzuleiten?

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609111000
Herr Kollege Schröder, die Bundesregierung ist bemüht, die niederländische Regierung auf dem Verhandlungswege mit Argumenten von der Notwendigkeit zu überzeugen, daß die Reinigung der Abwässer unumgänglich ist.
Sie sieht es als ihre selbstverständliche Pflicht an, vorsorglich auch die Möglichkeiten zu rechtlichen Schritten gegenüber der niederländischen Regierung zu prüfen. Ob dabei dem Ems-Dollart-Vertrag und dem EWG-Vertrag oder vielleicht anderen zweiseitigen oder internationalen Abkommen das Hauptgewicht zukommt, braucht nach Auffassung der Bundesregierung jetzt noch nicht abschließend entschieden zu werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609111100
Keine Zusatzfrage.
Die Frage 72 des Herrn Abgeordneten Bäuerle, die beim Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit abgedruckt ist, rufe ich zuständigkeitshalber jetzt auf:
Ist die Bundesregierung bereit, zur Sicherstellung der Krankenversorgung an Empfänger von Unterhaltshilfe, die sich vorübergehend im Ausland aufhalten (Urlaub), Maßnahmen zu ergreifen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär!

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0609111200
Herr Kollege Bäuerle, nach § 276 des Lastenausgleichsgesetzes erhalten Empfänger von Unterhaltshilfe Krankenversorgung und Krankenhausbehandlung nach Art, Form und Maß der Leistungen des Bundessozialhilfegesetzes. Für Unterhaltshilfeempfänger, die bei vorübergehendem Aufenthalt im Ausland, z. B. während des Urlaubs, erkranken, gilt daher die gleiche Regelung wie für Empfänger von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz.
Wird der Ausgleichsverwaltung bekannt, daß ein Unterhaltshilfeempfänger vorübergehend zu besuchsweisem Aufenthalt in das Ausland reisen will, so wird er vor Antritt der Reise in geeigneter Weise hierüber unterrichtet und auf die Möglichkeit hingewiesen, eine Krankenversicherung abzuschließen.
In Notfällen, z. B. bei schwerer Erkrankung oder Unfall während des besuchsweisen Aufenthalts im Ausland, können vom zuständigen Konsulat der Bundesrepublik nach § 26 des Konsulargesetzes Mittel zur Verfügung gestellt werden, die nach den Grundsätzen des Bundessozialhilfegesetzes unter Umständen zurückzuzahlen sind.
Ob etwa eine bessere Regelung für Unterhaltshilfeempfänger als für Sozialhilfeempfänger möglich ist, obwohl beide Personengruppen auch im übrigen in der Krankenversorgung gleichgestellt sind, wird die Bundesregierung bei der weiteren Ausgestaltung der Vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes prüfen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609111300
Keine Zusatzfrage. Damit sind die Fragen dieses Geschäftsbereichs beantwortet. Ich danke dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Dorn.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Zur Beantwortung ist Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rosenthal anwesend.
Ich rufe die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Höcherl auf:
Wann beabsichtigt die Bundesregierung ihre Zusage auf Abschaffung der Couponsteuer einzulösen?

Prof. Philip Rosenthal (SPD):
Rede ID: ID0609111400
Herr Kollege Höcherl, ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Abschaffung der Couponsteuer liegt dem Hohen Hause vor. Die Bundesregierung wird zu einem geeigneten Zeitpunkt dem Hohen Hause empfehlen, die Diskussion über den Entwurf fortzuführen. Ein geeigneter Zeitpunkt hierfür scheint der Bundesregierung die erste Lesung des Steueroasengesetzes zu sein.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0609111500
Glauben Sie nicht, Herr Staatssekretär, daß durch die Verzögerung dieser Verabschiedung die Kursentwicklung negativ beeinflußt worden ist?

Prof. Philip Rosenthal (SPD):
Rede ID: ID0609111600
Herr Kollege Höcherl, ich glaube, bei dem derzeitigen Instrumentarium des Stabilitätsgesetzes, das der Bundesregierung zur Verfügung steht, ist die Wirkung des Couponsteuergesetzes — das gilt auch für die Wirkung seiner Abschaffung — nicht mehr so stark, wie das früher der Fall war.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0609111700
Die Frage wurde zwar nicht beantwortet, aber ich stelle eine weitere Frage. Sind Sie der Meinung, Herr Staatssekretär, daß das einen Einfluß haben wird und daß das Steueroasengesetz und das Couponsteuergesetz in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen?

Prof. Philip Rosenthal (SPD):
Rede ID: ID0609111800
Herr Kollege Höcherl, ich habe Ihre erste Frage zwar beantwortet,

(Abg. Wohlrabe: Stimmt ja nicht!)




P
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0609111900
ja, ein gewisser Zusammenhang besteht; dann muß man sich auch vergegenwärtigen, daß es sich hier um eine erste Steuersenkung handeln würde, und die müßte ja im Zusammenhang mit Steuersenkungen für die weniger bemittelten Kreise stehen.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0609112000
Darf ich — —

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609112100
Nein, Sie haben sich selbst schon zwei erteilt; das geht leider nicht, Herr Kollege Höcherl.
Ich rufe die Frage 39 des Herrn Abgeordneten Dr. Luda auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß sie die vor Inkrafttreten des Auslandsinvestmentgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland bereits geschäftstätig gewesenen ausländischen Fonds und ihre Anleger in einer dauernden Ungewißheit läßt hinsichtlich eines evtl. Vertriebsverbots, da das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen nicht bereit ist, nach durchgeführter Prüfung einen Bescheid zu erteilen, wonach keine Verbotsvoraussetzungen vorliegen?

Prof. Philip Rosenthal (SPD):
Rede ID: ID0609112200
Ich möchte gern die Fragen 39 und 40 im Zusammenhang beantworten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609112300
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe ferner die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Dr. Luda auf:
Ist die Bundesregierung bereit, dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen entsprechende Weisungen zu erteilen, wonach ein solcher Bescheid herausgegeben wird, wenn die sack- und pflichtgemäße Prüfung ergeben hat, daß ein Verbotsgrund nicht vorgelegen hat und somit die Ungewißheit der Anleger hinsichtlich ihrer eigenen steuerrechtlichen Probleme und der zukünftigen Geschäftstätigkeit beseitigt werden kann?

Prof. Philip Rosenthal (SPD):
Rede ID: ID0609112400
Herr Kollege Luda, die Bundesregierung teilt die von Ihnen in Ihren Fragen ausgesprochene Ansicht völlig. Die vorher tätigen Auslandsinvestmentgesellschaften werden, sobald die Prüfung abgeschlossen ist, unterrichtet. Eine Weisung an das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen ist nicht erforderlich, weil auch dieses Ihre Meinung teilt.
Zu der zweiten Frage darf ich darauf hinweisen, daß dem Anleger, solange kein Verbot besteht, auch keine steuerlichen Nachteile entstehen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609112500
Keine Zusatzfrage.
Die Frage 41 des Herrn Abgeordneten Dr. Häfele wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 42 des Abgeordneten Wohlrabe auf:
Welche Gründe führten zum Rücktritt von 4 Mitgliedern des Vorstandes der Stiftung Warentest in Berlin?

Prof. Philip Rosenthal (SPD):
Rede ID: ID0609112600
Herr Kollege Wohlrabe, die vier Vorstandsmitglieder haben mit Brief vom 23. Dezember dem Bundeswirtschaftsminister mitgeteilt, daß sie Ende März ihre Ämter niederlegen wollen. Als Grund haben sie genannt, daß der Bundeswirtschaftsminister in der neuen Satzung ein stärkeres Recht bei der Berufung von Verwaltungsratsmitgliedern verlange und daß damit die Unabhängigkeit der Stiftung angetastet werde. Das Bundeswirtschaftsministerium ist nicht dieser Meinung; denn in § 6 Abs. 3 heißt es lediglich, daß das Bundeswirtschaftsministerium diese Vorschläge zu berücksichtigen hat.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609112700
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wohlrabe.

Jürgen Wohlrabe (CDU):
Rede ID: ID0609112800
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß der damalige beamtete Staatssekretär Herr von Dohnanyi dem derzeitigen Vorstand der Stiftung Warentest zugesagt und mit ihm in Form der vorzulegenden Satzungsänderung auch abgesprochen hatte, daß die Liste der zur Berufung Anstehenden einzig und allein vom Vorstand der Stiftung Warentest zu erstellen ist? Erst nach dem Abtreten des Herrn Staatssekretärs von Dohnanyi und seinem Überwechseln in ein anderes Ministerium ist in Ihrem Hause eine neue Auffassung entstanden, die diese Frage nunmehr auf Grund der Einwirkung des Bundesministers für Wirtschaft streitig gemacht hat.

Prof. Philip Rosenthal (SPD):
Rede ID: ID0609112900
Herr Kollege Wohlrabe, ich weiß nicht — ich müßte und werde das nachprüfen —, was Sie hier in Ihrer Fragestellung sagen. Aber überlegen Sie sich bitte folgendes. Es ist doch schlecht möglich, daß die öffentliche Hand auf ein Institut, das mit 5 Millionen DM öffentlicher Mittel unterstützt wird, keinerlei Einfluß hat, auch nicht in der Frage, wer die Vorstandsmitglieder sind. Überlegen Sie sich ferner, wohin es führen würde, wenn beispielsweise der Verbraucherausschuß keinerlei Einfluß darauf hätte. Das würde schließlich bedeuten, daß das ein sich selbst ständig fortsetzendes Gremium wäre.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609113000
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wohlrabe.

Jürgen Wohlrabe (CDU):
Rede ID: ID0609113100
Die hier strittige Frage kann, wie Sie selbst sagten, nicht weiter erörtert werden. Ich möchte Sie deshalb bitten, mitzuteilen, welche Vorstellungen Ihr Haus jetzt hat, um die Frage der Vorstandsbesetzung zu regeln.

Prof. Philip Rosenthal (SPD):
Rede ID: ID0609113200
Meinen Sie personell?

Jürgen Wohlrabe (CDU):
Rede ID: ID0609113300
Ja.

Prof. Philip Rosenthal (SPD):
Rede ID: ID0609113400
Wir haben keine spezifischen personellen Vorstellungen. Wir müssen erst einmal sehen. Es gibt eine Vorschlagsliste, bei der, wenn ich richtig informiert bin, der Verbraucherausschuß andere Vorschläge als der Vorstand gemacht hat. Die müssen wir prüfen.




Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609113500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Vogt.

Wolfgang Vogt (CDU):
Rede ID: ID0609113600
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, treffen die Pressemeldungen zu, daß es der Wunsch der Bundesregierung ist, daß zukünftig Frau Kurlbaum-Beyer und Herr Johannes Jaschek dem Vorstand der Stiftung Warentest angehören sollen?

Prof. Philip Rosenthal (SPD):
Rede ID: ID0609113700
Herr Kollege, soweit mir bekannt ist, sind diese Namen im Gespräch, und nach Meinung des Bundeswirtschaftsministeriums sind die Genannten auch durchaus geeignet.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609113800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Frerichs.

Dr. Göke D. Frerichs (CDU):
Rede ID: ID0609113900
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Auffassung, daß die Berufung der Mitglieder des Verwaltungsrates der inzwischen hoch anerkannten Stiftung Warentest ausschließlich nach sachlichen Gesichtspunkten des Könnens und der Erfahrung und des Beitrages, den diese Persönlichkeiten für das Gelingen des Zwekkes der Stiftung Warentest zu leisten haben, und nicht nach politischen oder sonstigen Gesichtspunkten erfolgen sollte?

Prof. Philip Rosenthal (SPD):
Rede ID: ID0609114000
Herr Frerichs, ich teile Ihre Meinung voll.

(Abg. Wohlrabe: Und verfahren anders!)

— Nein, Herr Kollege Frerichs hat gefragt, ob ich die Meinung teile, und ich habe geantwortet: ich teile völlig die Meinung, daß diese Stiftung mit den geeigneten Persönlichkeiten auch mit Rücksicht auf ihr Können besetzt werden muß. Gerade Sie, Herr Kollege Frerichs, haben aber in dem einstimmigen Beschluß des Wirtschaftsausschusses ebenfalls dafür plädiert, daß die Bundesregierung bei dieser Besetzung ein Mitspracherecht haben muß.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609114100
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Gleissner.

Dr. Franz Gleissner (CSU):
Rede ID: ID0609114200
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die Stiftung Warentest bisher zunehmend Vertrauen gewinnen konnte und sogar große Erfolge hatte, auf dem Privatwege ihre Zeitschrift zu verkaufen, daß aber jetzt unter Umständen eine Phase eintreten könnte, in der dieses mühsam erworbene Vertrauen wieder abgebaut wird, zumindest beim Verbraucher, auf den es ja ankommt?

Prof. Philip Rosenthal (SPD):
Rede ID: ID0609114300
Herr Kollege, obwohl ihre Frage mit der ursprünglichen Frage nicht mehr viel zu tun hat, will ich versuchen, sie zu beantworten. Ich sehe überhaupt nicht ein, warum die zukünftige Arbeit der Stiftung Warentest, die
ich auch sehr bejahe und aus meiner früheren Tätigkeit kenne, in irgendeiner Weise davon abhängt, daß der jetzige Vorstand allein sagen soll, wer zukünftig dem Vorstand angehört.

(Abg. Wohlrabe: Das trifft doch nicht zu!) Das gibt es nirgends.


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609114400
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Fragen 43 und 44 des Abgeordneten Pieroth werden auf Bitten des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Damit ist der Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft erledigt. Ich danke dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Rosenthal.
Wir kommen nunmehr zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Logemann zur Verfügung. Ich rufe die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Kiechle auf:
Ist die Bundesregierung bereit, bei den weiteren Verhandlungen in Brüssel darauf hinzuwirken, daß bei der Einführung einer Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen eine Prämie auch in Betrieben mit einer Kuhbestandsgröße unter 10 Kühen gewährt wird und die Prämie die Umstellung nicht nur auf Rinderhaltung, sondern generell auf Rauhfutterfresser berücksichtigt?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0609114500
Herr Kollege Kiechle, die Bundesregierung tritt bei den derzeitigen Verhandlungen über die Fortsetzung der Nichtvermarktungsaktion für Milch und Milcherzeugnisse im Jahre 1971 in Brüssel dafür ein, daß auch Betriebe mit einem Bestand von 5 bis 10 Milchkühen in diese Prämienregelung einbezogen werden. Der neue Kommissionsvorschlag sieht bei der Umstellung neben der bisher schon möglichen Rindermast als Alternative die von deutscher Seite bereits im Frühjahr 1970 angeregte Einbeziehung der Schafhaltung vor. Der Umstellung auf andere Rauhfutterfresser kommt keine Bedeutung zu.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609114600
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kiechle.

Ignaz Kiechle (CSU):
Rede ID: ID0609114700
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, auch dafür einzutreten, daß bei dieser Umstellung, die ja unter anderem der Extensivierung dienen soll, Pferde mit in Betracht gezogen werden, und sind Sie mit mir der Meinung, daß die ersatzlose Streichung der früheren Maßnahme, Abschaffung plus Nichtvermarktung, eigentlich dazu führen müßte, daß man auch die frühere Regelung ab zwei einbeziehen sollte, nicht erst ab fünf?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0609114800
Herr Kollege Kiechle, ich komme bei der Beantwortung Ihrer zweiten Frage zu diesem von Ihnen angeschnittenen Problem.
Frau Präsident, darf ich die zweite Frage beantworten.




Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609114900
Ja, bitte schön, dann rufe ich die Frage 46 auf:
Ist die Bundesregierung außerdem bereit, darauf hinzuwirken, daß die Prämienvergabe nicht von der Aufrechterhaltung eines Rauhfutterfressermindestbestandes abhängig gemacht wird, um eine Verminderung des Viehbesatzes mit einer extensiven Betriebsbewirtschaftung verbinden zu können?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0609115000
Die neue EWG-Prämienregelung geht davon aus, daß die Zahl der Großvieheinheiten nach der Betriebsumstellung von der Milch- auf die Rindfleisch- bzw. Schaffleischproduktion nicht kleiner sein darf als an einem bestimmten Stichtag vor der Antragstellung. Diese Regelung bezweckt, daß die bei Aufgabe der Milchkuhhaltung in dem prämienbegünstigten Betrieb frei werdenden Grünlandflächen nicht an andere Betriebe abgegeben werden, die weiterhin Milch von diesen Flächen produzieren. Außerdem soll die Rindfleischproduktion forciert werden. Die Bundesregierung hält diese Regelung für sachlich richtig und sieht daher keinen Anlaß, einen Änderungsantrag einzubringen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609115100
Eine Zusatzfrage.

Ignaz Kiechle (CSU):
Rede ID: ID0609115200
Herr Staatssekretär, sollte man nicht vielmehr davon ausgehen, daß auch der Extensivierung von Flächen Raum gegeben werden muß, z. B. Rückumwandlung von Grünlandflächen in Ackerflächen oder Aufforstung von Grünlandflächen oder überhaupt extensive Bewirtschaftung von Grünlandflächen in der Form, daß von der intensiven Milchbewirtschaftung auf eine extensive übergegangen werden kann? Bei der jetzigen Vorschrift ist das ja nicht möglich; da muß die gleiche GVE-
Zahl gehalten werden, und darin wird kaum ein großer Anreiz zur Umstellung liegen.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0609115300
Herr Kollege Kiechle, ich bin mit Ihnen der Meinung, wir sollten uns durchaus bemühen, in diesen Gebieten zu einer gewissen Umstellung zu kommen. Das alles hat aber seine Grenzen. Wir dürfen nicht so weit gehen, Anreiz zu bieten, auf diesen Flächen erneut zu einer Milcherzeugung zu kommen. Ich weiß durchaus, daß gerade auch die Umstellung auf Schafhaltung in Zukunft vielleicht für eine Verbesserung der Landschaftspflege nützlich sein könnte.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609115400
Eine weitere Zusatzfrage.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0609115500
Darf ich aus dieser Antwort entnehmen, Herr Staatssekretär, daß Sie die von mir aufgezeigten Möglichkeiten überprüfen und im Rahmen Ihrer Verhandlung eventuell auch berücksichtigen werden?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0609115600
Das habe ich ja schon angedeutet. Das werden wir sicherlich tun.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609115700
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 47 des Herrn Abgeordneten Dr. Ritz auf:
Können landwirtschaftliche Unternehmer, die in der Zeit vom 1. August 1969 bis 31. Dezember 1970 ihr landwirtschaftliches Unternehmen zur Agrarstrukturverbesserung abgegeben hatten und wegen Überschreitens ihres Unternehmens der zweifachen Mindestgröße keinen Anspruch auf Landabgaberente hatten, diese ab 1. Januar 1971 erhalten, wenn alle übrigen Bedingungen erfüllt sind?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0609115800
Herr Kollege Dr. Ritz, die Frage kann in vollem Umfang bejaht werden. Durch den in Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung der Altershilfe für Landwirte in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. September 1965 (Bundesgesetzblatt I S. 1448) eingefügten § 11 a wird darüber hinaus sichergestellt, daß diese Landwirte Landabgaberente auch dann erhalten können, wenn die Abgabe zwar den in der Zeit vom 1. August 1969 bis 31. Dezember 1970 geltenden Abgabebestimmungen, nicht aber den ab 1. Januar 1971 geltenden Vorschriften entsprach. Die Landabgaberente wird jedoch nur auf Grund eines schriftlichen Antrages gewährt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609115900
Eine Zusatzfrage.

Dr. Burkhard Ritz (CDU):
Rede ID: ID0609116000
Herr Staatssekretär, würden Sie über diese Fragestunde hinaus noch nach Wegen suchen, um diesen positiven Bescheid entsprechend zu publizieren, damit eine gewisse Unsicherheit, die in einigen Kreisen vorhanden ist, beseitigt wird?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0609116100
Das ist eine gute Anregung; die werden wir gern aufgreifen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609116200
Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 48 des Abgeordneten Dr. Ritz auf:
Können ehemalige landwirtschaftliche Unternehmer, die in der Zeit vom 1. August 1969 bis 31. Dezember 1970 ihr landwirtschaftliches Unternehmen zur Agrarstrukturverbesserung abgegeben hatten und auf Grund dessen Altershilfe erhalten, die Altershilfe ab 1. Januar 1971 in Landabgaberente umwandeln lassen, sofern die sonstigen Bedingungen zum Erhalt der Landabgaberente erfüllt sind?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0609116300
Auch diese Frage kann bejaht werden. Eine Umwandlung des Altersgeldes in die Landabgaberente ist zwar nicht möglich, jedoch können Altersgeld und Landabgaberente nebeneinander bezogen werden. Das Altersgeld wird auf die Landabgaberente angerechnet. Auch in diesem Fall muß ein schriftlicher Antrag an die landwirtschaftliche Alterskasse gerichtet werden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609116400
Eine Zusatzfrage.




Dr. Burkhard Ritz (CDU):
Rede ID: ID0609116500
Herr Staatssekretär, hier hätte ich dieselbe Bitte wie zu der vorhergehenden Frage: daß wir uns bemühen, für diese positive Feststellung die notwendige Publizität zu erreichen.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0609116600
Das werden wir tun.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609116700
Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 49 des Herrn Abgeordneten Dr. Enders auf:
Tragen die Stufenzahlen zur Ermittlung des anrechenbaren Einkommens auf die Ausgleichsrente von Land- und Forstwirten (§ 9 der Verordnung zur Durchführung des § 33 BVG) den regional sehr unterschiedlichen Einkommensverhältnissen der Landwirtschaft genügend Rechnung?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0609116800
Frau Präsidentin, darf ich die Fragen im Zusammenhang beantworten?

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609116900
Gut. Ich rufe also auch die Frage 50 des Abgeordneten Dr. Enders auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die genannten Stufenzahlen stärker zu differenzieren, damit zur Vermeidung von Härten die regionalen Nachteile der Landwirtschaft bei der Festsetzung des anrechenbaren Einkommens besser berücksichtigt werden können?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0609117000
Im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung möchte ich Ihnen folgende Antwort geben.
Die Stufenzahlen zur Ermittlung des auf die Ausgleichsrente anrechenbaren Einkommens von nicht buchführenden Land- und Forstwirten sind im Herbst 1970 durch den Herrn Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung und mein Haus erneut überprüft worden. Hierbei wurden die nach § 9 der Durchführungsverordnung zu § 33 des Bundesversorgungsgesetzes in Verbindung mit den Anrechnungsverordnungen ermittelten fiktiven Einkommenssätzen mit Buchführungsergebnissen vergleichbarer Testbetriebe des Grünen Berichts verglichen. Die Überprüfung ergab, daß auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Bodennutzungssysteme zur Zeit eine Änderung der Durchführungsverordnung zu § 33 BVG nicht erforderlich ist. Hierbei spielen auch die günstigen Ergebnisse der Wirtschaftsjahre 1968/69 und 1969/70 eine Rolle. Es ist vorgesehen, im Laufe des Jahres 1971 eine erneute Überprüfung vorzunehmen.
Die regional unterschiedliche Ertragskraft der Betriebe wird bereits durch die Durchführungsverordnung zu § 33 BVG berücksichtigt: Die Stufenzahlen, die zur Errechnung des fiktiven Einkommens benutzt werden, werden differenziert nach dem Hektarsatz und der Nutzfläche der Betriebe ermittelt. Im Einheitswert selbst kommt die unterschiedliche Ertragskraft der Betriebe zum Ausdruck. Die Möglichkeiten für eine weitergehende Differenzierung werden geprüft.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609117100
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Enders.

Dr. Wendelin Enders (SPD):
Rede ID: ID0609117200
Herr Staatssekretär, haben Sie bei der Überprüfung dieser Zahlen außer den Vertretern der beiden Häuser auch die Betroffenen herangezogen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0609117300
Darauf kann ich Ihnen jetzt keine konkrete Antwort geben; das ist mir nicht bekannt.

Dr. Wendelin Enders (SPD):
Rede ID: ID0609117400
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß bei den gegenwärtigen Stufenzahlen Kriegsbeschädigte in der Landwirtschaft schon bei einem geringen Hektarsatz völlig auf die Ausgleichsrente verzichten müssen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0609117500
Nein, das ist mir nicht bekannt. Ich kann nur wiederholen, daß wir hier ein System vorhaben, nicht buchführungspflichtige landwirtschaftliche Betriebe in der gleichen Art zu testen, wie das bei buchführungspflichtigen Betrieben geschieht.

Dr. Wendelin Enders (SPD):
Rede ID: ID0609117600
Herr Staatssekretär, kann ich dann Ihren Antworten entnehmen, daß Sie gewillt sind, bei der kommenden Überprüfung der Stufenzahlen den regionalen Unterschieden beim landwirtschaftlichen Einkommen Rechnung zu tragen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0609117700
Das ist schon bisher geschehen, und das wird auch künftig geschehen. Das kann ich Ihnen hier durchaus zusagen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609117800
Keine Zusatzfrage.
Die Frage 51 konnte nicht zugelassen werden, weil sie so, wie sie gestellt ist, nicht ganz den Richtlinien für die Fragestunde entspricht.
Wir sind damit am Ende Ihres Geschäftsbereichs. Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Logemann.
Wir können noch mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung beginnen. Zur Beantwortung ist Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rohde anwesend.
Wir kommen zunächst zur Frage 52 der Frau Abgeordneten Dr. Timm. - Die Frau Abgeordnete hat um schriftliche Beantwortung ihrer Frage gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 53 des Herrn Abgeordneten Storm auf:
Welche Maßnahmen will die Bundesregierung in Zusammenhang mit den Ländern ergreifen, um die soziale Lage der Gastarbeiter in der Bundesrepublik Deutschland zu verbessern, und welche Bereiche sieht die Bundesregierung als die vordringlichsten an?
Bitte schön, Herr Staatssekretär!




Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0609117900
Über den von Ihnen, Herr Kollege Storm, angesprochenen Fragenkomplex hat die Bundesregierung am 3. Dezember 1970 den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung ausführlich unterrichtet. Dabei wurden vor allem die Stellung der ausländischen Arbeitnehmer im Sozial- und Arbeitsrecht, die Verstärkung der Mittel für die Betreuung, die Förderung des Sprachunterrichts und der Information über die Lebensbedingungen in Deutschland sowie die Verbesserung der Wohnverhältnisse und der schulischen Betreuung der Kinder von ausländischen Arbeitnehmern erörtert.
Diese Maßnahmen ,gehen von den „Grundsätzen zur Eingliederung ausländischer Arbeitnehmer" aus, deren Wortlaut Sie im Aprilheft des Bundesarbeitsblatts von 1970 finden. Sie werden verstehen, Herr Kollege, daß ich die eingehende Ausschußdiskussion hier nicht im einzelnen darstellen kann. Ich darf mir erlauben, Sie auf die ausführlichen Protokollunterlagen des Ausschusses hinzuweisen.
Besonders eingehend wurden aber im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung die Fragen der Wohnungen und der schulischen Betreuung für ausländische Arbeitnehmer und ihre Familien erörtert. So hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung zur Förderung des Wohnungsbaus für Ausländer in Gesprächen mit allen Beteiligten das Modell einer Mischfinanzierung aus Mitteln des Bundes, der Bundesanstalt für Arbeit, der Länder und der Arbeitgeber entwickelt. Darüber hinaus wird in meinem Hause eine Revision der „Richtlinien für die Unterbringung der italienischen Arbeitnehmer", die zum Maßstab für die Unterbringung aller ausländischen Arbeitnehmer geworden sind, vorbereitet. Die Mindestwohnflächen sollen erhöht, die Belegung je Raum soll vermindert und die Bestimmungen über die sanitären Einrichtungen sollen verbessert werden. Zur besseren Überwachung der Unterkünfte bemühen wir uns um eine koordinierte Aktion der jeweils örtlich zuständigen Stellen. Zur Verbesserung der Schulausbildung der Kinder ausländischer Arbeitnehmer haben wir uns an die Kultusministerkonferenz gewandt mit dem Ziel, das Angebot an Übergangsklassen und die Zahl der ausländischen Lehrkräfte zu erhöhen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609118000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Storm.

Friedrich-Karl Storm (CDU):
Rede ID: ID0609118100
Herr Staatssekretär, sind Ihnen Berichte aus der englischen Presse über skandalöse Behandlung schottischer Gastarbeiter bekannt, und können Sie dazu etwas sagen?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0609118200
Herr Kollege, ich habe die Berichte gelesen. Es gibt sehr unterschiedliche Meldungen, soweit sie in der deutschen Presse wiedergegeben worden sind. Wir haben die Bundesanstalt für Arbeit gebeten, den Sachverhalt an Ort und Stelle zu überprüfen. Sobald ich eine Nachricht darüber in der Hand habe, werde ich Sie gern unterrichten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609118300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0609118400
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung zukünftig mehr als bisher bei Verhandlungen mit den Ländern, aus welchen Gastarbeiter zu uns kommen, darauf hinwirken, daß die Informationen in den Heimatländern zur Vorbereitung auf unsere Verhältnisse in einfacher und gut verständlicher Form verbreitet werden, um dadurch viele Mißverständnisse zeitig auszuräumen?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0609118500
Herr Kollege, das ist ein wesentlicher Punkt unserer Besprechungen mit den Vertretern derjenigen Länder, die Arbeitnehmer zu uns entsenden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609118600
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Gleissner.

Dr. Franz Gleissner (CSU):
Rede ID: ID0609118700
Herr Staatssekretär, wäre es angesichts dieser Meldungen, aber auch anderer Meldungen und verschiedener Berichte von seiten der Kirchen nicht angebracht, bevor Firmen wiederum Gastarbeiter annehmen oder anwerben, zu überprüfen, ob die sozialen und humanen Voraussetzungen, vor allem die Voraussetzungen des Wohnens, gesichert werden können?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0609118800
Es ist Aufgabe der Bundesanstalt für Arbeit, Herr Kollege, bei von ihr vermittelten ausländischen Arbeitnehmern die Wohnverhältnisse, die die Arbeitgeber in Deutschland anzubieten haben, zu überprüfen. Aber ich bin mit Ihnen der Meinung, daß darüber hinaus die Kontrolle verstärkt werden muß. Nach meiner Auffassung wäre es sinnvoll, wenn insbesondere durch Initiative der Bundesanstalt Koordinierungskreise der örtlichen Stellen geschaffen würden, um die Verhältnisse an Ort und Stelle besser zu überprüfen. Ich habe mit dem Herrn Präsidenten der Bundesanstalt darüber gesprochen und Aufgeschlossenheit für diese Vorstellung bei ihm festgestellt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609118900
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 54 ist zurückgezogen worden.
Die Fragen 55 bis 57 werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Fragen 58 und 59 des Herrn Abgeordneten Varelmann auf:
Aus welchen Gründen wurde in der Gesetzesvorlage die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung für die Bediensteten von unterdrückten Organisationen und Verbänden nicht aufgenommen (z. B. Caritasverbände, Innere Mission, Gemeindeschwestern, Kath. und Evgl. Arbeiterbewegung) ?
Liegt Material vor über den Umfang dieses Personenkreises und über die geringe Entlohnung, die während des 3. Reiches an diese Bediensteten gezahlt wurde?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0609119000
Herr



Parlamentarischer Staatssekretär Rohde
Kollege Varelmann, die Wiedergutmachung in der Sozialversicherung bezieht sich ebenso wie die Wiedergutmachung in anderen Bereichen auf den Ausgleich von Schäden, die der Geschädigte durch gegen ihn gerichtete Verfolgungsmaßnahmen erlitten hat. Dieses Prinzip besteht seit der Verabschiedung des Bundesentschädigungsgesetzes im Jahre 1952 und wurde auch kürzlich in dem vom Bundestag einstimmig verabschiedeten Gesetz zur Wiedergutmachung in der Sozialversicherung bestätigt. Dieses Gesetz gilt auch für die Bediensteten der von Ihnen genannten Organisationen und Verbände, sofern sie persönlich verfolgt und dadurch in ihren Ansprüchen und Anwartschaften aus der Sozialversicherung geschädigt worden sind.
Nachteile, die dadurch entstanden sein können, daß ein Arbeitgeber verfolgt wurde und deshalb seinen Arbeitnehmern nicht die üblichen Löhne zahlen konnte, werden von der Entschädigungsgesetzgebung nicht erfaßt. Deshalb gibt es auch kein statistisches Material über den von Ihnen genannten Personenkreis und seine Entlohnung.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609119100
Eine Zusatzfrage.

Franz Varelmann (CDU):
Rede ID: ID0609119200
Herr Staatssekretär, steht nicht eindeutig fest, daß alle Bediensteten dieser Organisationen auf Grund ihrer Verbindung zu diesen Verbänden auch politisch verfolgt wurden?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0609119300
Herr Kollege, das ist eine schwierige Frage. Ich bin der Meinung, daß sie bei der Beratung des kürzlich verabschiedeten Gesetzentwurfs hätte erörtert werden können. Wir haben erst vor vier bis sechs Wochen die Novelle zur Widergutmachung von Schäden in der Sozialversicherung angenommen. An keinem Punkt der Beratung ist von Ihnen in dieser Richtung interveniert worden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609119400
Eine weitere Zusatzfrage.

Franz Varelmann (CDU):
Rede ID: ID0609119500
Herr Staatssekretär, Sie müssen doch anerkennen, daß ich persönlich dieses
nicht geltend machen konnte, da ich dem Ausschuß nicht angehöre.

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0609119600
Herr Kollege, das will ich gern zur Kenntnis nehmen; aber es hätte auch die Möglichkeit bestanden, durch die Vertreter Ihrer Fraktion einen solch komplizierten und im einzelnen zu behandelnden Sachverhalt in den Ausschußberatungen zu erörtern.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609119700
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Varelmann.

Franz Varelmann (CDU):
Rede ID: ID0609119800
Herr Staatssekretär, nach dem bisherigen Recht konnten diese Bediensteten in der Regel nur dann Ansprüche geltend machen, wenn sie entweder inhaftiert oder sonstigen Verfolgungen eindeutig ausgesetzt waren. Da sie aber aus diesem bisher keine Ansprüche herleiten konnten, haben viele die Geltendmachung ihrer Verfolgung nicht angestrebt. Erkennen Sie an, daß es heute, nach 30 Jahren, sehr schwierig ist, die Zeugen dafür aufzubieten?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0609119900
Herr Kaliege, es ist sicherlich anzuerkennen, daß es schwierig ist, das im einzelnen zu belegen. Wenn Sie besondere Einzelfälle im Auge haben, bitte ich Sie, sie mir zur Kenntnis zu bringen, damit ich sie präzise überprüfen lassen kann.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0609120000
Keine weitere Zusatzfrage. Damit ist der Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung erledigt. Vielen Dank, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rohde.
Wir sind zugleich am Ende der heutigen Fragestunde. Ich berufe das Haus ein auf Freitag, den 22. Januar 1971, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.