Protokoll:
6076

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 6

  • date_rangeSitzungsnummer: 76

  • date_rangeDatum: 5. November 1970

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 14:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:05 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 76. Sitzung Bonn, Donnerstag, 5. November 1970 Inhalt: Überweisung zweier Gesetzentwürfe an den Finanzausschuß 4245 A Amtliche Mitteilungen . . . . . . 4245 B Fragestunde (Drucksache VI /1339) Fragen des Abg. Roser (CDU/CSU) : Äußerung des Bundeskanzlers in der Sitzung des SPD-Parteivorstands am 12. Oktober 1970 Dr. Ehmke, Bundesminister 4246 A, B, C, D, 4247 A Roser (CDU/CSU) 4246 C, D Niegel (CDU/CSU) .. . 4246 D Frage des Abg. Engelsberger (CDU/CSU) : Äußerung des Staatssekretärs Bahr auf der Informationstagung der Berliner SPD am 3. Oktober 1970 Dr. Ehmke, Bundesminister . . . 4247 A, B Engelsberger (CDU/CSU) . . . . 4247 B Fragen des Abg. Dr. Jobst (CDU/CSU) : Ausführungen des Ministerialdirektors Ehrenberg über die liberale Marktwirtschaft Dr. Ehmke, Bundesminister . . . 4247 C, D, 4248 A Dr. Jobst (CDU/CSU) 4247 D Frage des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) : Äußerung des Bundesbeauftragten für Naturschutz und Landschaftspflege über das Naturschutzrecht Dr. Ehmke, Bundesminister . . . . 4248 B Frage des Abg. Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) : Einschaltung des Bundesbeauftragten Prof. Grzimek in das Planungsverfahren zur Bestimmung der Linienführung der Bundesstraße 42 in Eltville Dr. Ehmke, Bundesminister . . . . 4248 C Fragen des Abg. Seiters (CDU/CSU) : Schrift des Bundespresseamtes „Aufbruch in die 70er Jahre" — Angaben über die für Verkehrswege zur Verfügung stehenden Mittel Ahlers, Staatssekretär 4248 D, 4249 B, C, D, 4250 A, B, C, D Seiters (CDU/CSU) . 4249 A, B, 4250 B, C Biehle (CDU/CSU) . . . . . . . 4249 C Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . . 4249 D Dr. Ritz (CDU/CSU) 4249 D Dr. Apel (SPD) 4250 D Dr. Jobst (CDU/CSU) 4250 D II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 76. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. November 1970 Fragen der Abg. Dr. Ritz und Dr. Reinhard (CDU/CSU) : Wahlbrief des Staatssekretärs Dr. Griesau an die hessischen Landwirte Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 4251 A, B, C, D, 4252 A, B, D, 4253 A, B, C, D, 4254 A, B, C, D, 4255 A Dr. Ritz (CDU/CSU) . 4251 A, B, 4253 B Ehnes (CDU/CSU) 4251 B Dr. Rutschke (FDP) . . . 4251 D, 4254 C Dr. Reinhard (CDU/CSU) 4252 C, 4253 A, 4254 B Lotze (SPD) 4253 A Niegel (CDU/CSU) 4253 B Fellermaier (SPD) 4253 C Dasch (CDU/CSU) 4253 D Lemmrich (CDU/CSU) 4254 D Fragen des Abg. Pohlmann (CDU/CSU) : Güteverschlechterung bei der Rundholzsortierung in Hessen Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . 4255 B, C, D Pohlmann (CDU/CSU) . . . . . 4255 C, D Frage der Abg. Frau Dr. Walz (CDU/CSU) : Erfahrungsaustausch mit der Sowjetunion auf dem Gebiet des Hochschulwesens Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 4256 A, B, C, D Frau Dr. Walz (CDU/CSU) . . . 4526 B, C Meister (CDU/CSU) . . . . . . 4256 D Frage der Abg. Frau Dr. Walz (CDU/CSU): Beteiligung des Bundes an den Kosten des Hochschul-Informations-Systems Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär 4257 A, B Frau Dr. Walz (CDU/CSU) . . 4257 A, B Frage des Abg. Hansen (SPD) : Ausdehnung der Lernmittelfreiheit auf den Bereich der Elementarstufe Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär . . 4257 C, D, 4258 A, B Hansen (SPD) . . . . . . . . 4257 C, D Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . . 4258 A Frau. Dr. Walz (CDU/CSU) . • . . 4258 A Frage des Abg. Dr. Haack (SPD) : Finanzierung des Baues von Studentenwohnheimen Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 4258 C, D Dr. Haack (SPD) . . . . . . . . 4258 D Fragen der Abg. Frau Funcke (FDP) : Leitung von Arbeitsämtern durch Frauen — Berufung von Frauen an leitende Stellen der Arbeitsverwaltung Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 4259 A Frage des Abg. Härzschel (CDU/CSU) : Gewährung von zinsgünstigen Baudarlehen aus der Rentenversicherung an Arbeiter Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 4259 B, C, 4260 A Härzschel (CDU/CSU) 4259 C, D Fragen des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) : Zentrale Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen in Salzgitter Dr. Bayerl, Parlamentarischer Staatssekretär 4260 B, C, D, 4261 A, B, C Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 4260 B, C, D, 4261 A Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . . 4261 B Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) . 4261 C Nächste Sitzung 4261 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 4263 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Ruf (CDU/CSU) betr. Zusatztarife der Ersatzkassen mit zusätzlichem Krankengeld 4263 C Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Maucher (CDU/CSU) betr. Anrechnung von Weihnachtsgeld bei Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz . . . . . . . . . . . 4263 C Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Schiller (Bayreuth) (SPD) betr. Änderung des § 10 des Lohnfortzahlungsgesetzes . . . . . . . . 4264 A Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Haack (SPD) betr. Auswirkungen des Lohnfortzahlungsgesetzes 4264 A Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr. Unterstützung der Aktion „Jugend trainiert für Olympia" 4264 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 76. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. November 1970 4245 76. Sitzung Bonn, den 5. November 1970 Stenographischer Bericht Beginn: 14.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag - 6. Wahlperiode 76. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. November 1970 4263 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Aigner *** 6.11. Amrehn * 5. 11. Dr. Artzinger *** 6. 11. Bauer (Würzburg) * 5. 11. Blumenfeld 11.11. Burgbacher 13.11. Damm 11.11. Dr. Erhard 6. 11. Flämig 11.11. Frehsee 5. 11. Dr. Furler 6. 11. Dr. Dittrich 6. 11. Frau Geisendörfer 5.11. Dr. Gessner 11.11. Dr. Götz 30. 11. Frau Griesinger 11.11. Dr. Hallstein 6. 11. Dr. Hein 13. 11. Frau Herklotz ** 6. 11. Heyen 31. 12. Dr. Jaeger 11.11. Jung 11.11. Dr. Kliesing (Honnef) 11.11. Klinker *** 6. 11. Frau Krappe 14.11. Kriedemann *** 6. 11. Lange 11.11. Lautenschlager *** 5. 11. Lenze (Attendorn) 11.11. Mattick 11.11. Memmel *** 6. 11. Mischnick 5. 11. Neumann 11.11. Frau Dr. Orth *** 5. 11. Petersen Pöhler 11.11. Richarts 6. 11. Dr. Rutschke * 5. 11. Schmid (Frankfurt) 13. 11. Schmidt (Würgendorf) 11.11. Dr. Schmücker 10. 11. Schneider (Königswinter) 5. 11. Schonhofen 6. 11. Dr. Schulz (Berlin) * 5. 11. Dr. Starke (Franken) 6. 11. Steiner 6. 11. Dr. Strauß 5. 11. Unertl 6. 11. Wilhelm 6. 11. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates *** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 5. November 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Ruf (Drucksache VI /1339 Frage A 25) : Glaubt die Bundesregierung, daß das Bestreben der Ersatzkassen, den freiwillig Versicherten gegen einen zusätzlichen Beitrag Zusatztarife mit zusätzlichem Krankengeld anzubieten, mit den geltenden gesetzlichen Bestimmungen vereinbar ist? Das Bundesversicherungsamt, das die Aufsicht über die bundesunmittelbaren Ersatzkassen führt, prüft die Frage, ob die Gewährung eines erhöhten Krankengeldes gegen Beitragszuschläge für freiwillig Versicherte der Ersatzkassen mit den gesetzlichen Vorschriften vereinbar ist. Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Ich werde Ihnen, Herr Abgeordneter, das Ergebnis der Prüfung zuleiten, sobald es mir vorliegt. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 5. November 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Maucher (Drucksache VI/ 1339 Fragen A 26 und 27) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Gewährung von Weihnachtsgeld bzw. Überbrückungszulagen auf Grund der Anrechnung bei einkommensgebundenen Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz zu Härten und Nachteilen führt? Ist die Bundesregierung bereit, eine entsprechende Regelung vorzusehen, daß eine solche Anrechnung zu Weihnachten nicht mehr erfolgt? Der Bundesregierung ist bekannt, daß sich nach geltendem Recht die Gewährung von Weihnachtszuwendungen und Überbrückungszulagen auf die Höhe der vom Einkommen beeinflußten Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz auswirkt. Bei der Feststellung des Berufsschadens- und Schadensausgleichs werden die Weihnachtszuwendungen als derzeitiges Bruttoeinkommen berücksichtigt, soweit sie 200 DM übersteigen. Es ist zuzugeben, daß mit dem in letzter Zeit festzustellenden Ansteigen der Höhe von Weihnachtszuwendungen die Frage wachsende Bedeutung gewinnt, ob dieser Freibetrag nicht durch eine andersgeartete Regelung zu ersetzen wäre. Mein Haus steht mit den beteiligten Ressorts in Kontakt mit dem Bemühen, eine für die Anspruchsberechtigten günstigere Berechnungsvorschrift zu schaffen. Diese Erörterungen sind noch nicht zum Abschluß gekommen. Schwieriger stellt sich die Frage bei der Ausgleichs- und Elternrente. Im Bundesversorgungsrecht gilt seit dessen Einführung im Jahre 1950 der Grundsatz, daß alle Einkünfte ohne Rücksicht auf ihre Quelle und Rechtsnatur als Einkommen zu werten sind. Auch die von Ihnen genannten Zuwendungen gehören damit zu dem anzurechnenden Einkommen. Ihre Anrechnung wird aber dadurch ebenfalls weitgehend gemildert, daß neben den allgemeinen Einkommensfreibeträgen noch zusätzlich 200 DM von den Weihnachtszuwendungen außer Ansatz bleiben. 4264 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 76. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. November 1970 Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 5. November 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Schiller (Bayreuth) (Drucksache VI /1339 Fragen A 31 und 32) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß es bei der Feststellung der am Ausgleich. teilnehmenden Arbeitgeber nach § 10 Abs. 1 und 2 des Lohnfortzahlungsgesetzes wegen der Einbeziehung aller „Arbeitnehmer" zu Schwierigkeiten gekommen ist? Beabsichtigt die Bundesregierung, auf Grund dieser Schwierigkeiten den § 10 des Lohnfortzahlungsgesetzes am 1. Januar 1971 dahin gehend zu ändern, daß bei der Feststellung der am Ausgleich teilnehmenden Arbeitgeber nur die Arbeiter zu berücksichtigen sind, die nach § 1 Abs. 1 des Lohnfortzahlungsgesetzes Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben? Unter den in § 10 des Lohnfortzahlungsgesetzes (LFZG) verwendeten Begriff des Arbeitnehmers fallen nach einhelliger Auffassung in der Literatur Arbeiter und Angestellte. Anderslautende gerichtliche Entscheidungen sind — soweit ersichtlich — bisher nicht ergangen. Auch sind mir bisher keine Fälle bekanntgeworden, in denen wegen der Einbeziehung beider Gruppen von Arbeitnehmern bei der Feststellung der am Ausgleich beteiligten Arbeitgeber grundsätzliche Schwierigkeiten aufgetreten oder Rechtsstreitigkeiten anhängig geworden sind. Die Bundesregierung sieht daher derzeit keinen Anlaß, eine Änderung des § 10 LFZG in dem von Ihnen angeregten Sinn vorzuschlagen. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 5. November 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Haack (Drucksache VI /1339 Frage A 33): Hat sich nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle der Krankheitsstand der Arbeitnehmer erhöht und die Belastung für mittelständische Betriebe, die mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigen, durch die Lohnfortzahlung an erkrankte Arbeitnehmer für diese Betriebe ungünstig ausgewirkt? Nach den bis jetzt für 1970 vorliegenden Statistiken betrug die Krankenziffer bei den Pflichtmitgliedern (Arbeiter und Angestellte) der gesetzlichen Krankenkassen im Durchschnitt der Monate Januar bis September 5,6%. Für die beiden vorangegangenen Jahre war die Krankheitshäufigkeit für den gleichen Personenkreis in den entsprechenden Monaten im Durchschnitt etwas geringer, nämlich für 1968 4,9 v. H. und für 1969 5,0 v. H. Der seit 1968 zu beobachtende Anstieg der Krankenstandsziffern dürfte in erster Linie mit der konjunkturellen Zunahme der Beschäftigung zusammenhängen und aufzunehmendem Arbeitstempo und Mehrarbeit sowie auf erhöhtem Unfallrisiko und damit auf einer wachsenden gesundheitlichen Belastung beruhen. Hinzu kommt, daß seit 1968 bei der angespannten Arbeitsmarktlage Personen in den Arbeitsprozeß eingegliedert wurden, die ein erhöhtes Krankheitsrisiko — z. B. auf Grund ihres Alters — aufweisen. Der Anstieg im Jahre 1970 beruht insbesondere auf der Grippewelle zu Jahresbeginn, die zu einem ungewöhnlich hohen Krankenstand von 8,73 v. H. am 1. Januar 1970 geführt hatte. Ob die auf Grund des Lohnfortzahlungsgesetzes geänderte Erfassung ,der Arbeitsunfähigkeit der Versicherten eine Auswirkung auf die Statistik des Krankenstandes gehabt hat, läßt sich aus dem Zahlenmaterial noch nicht entnehmen. Aus den vorgenannten Gründen und auf Grund der bisherigen Erfahrungen kann nicht davon ausgegangen werden, daß die festgestellte Veränderung des Krankenstandes auf der Einführung der Lohnfortzahlung beruht. Im übrigen ist nach wie vor kein Grund für die Annahme vorhanden, daß die Mehrbelastungen, die den Arbeitgebern aus der Einführung der Lohnfortzahlung für erkrankte Arbeiter entstehen, je nach Betriebsgröße unterschiedlich hoch sind. Soweit für einzelne Betriebe zufallsbedingte Abweichungen von der Durchschnittsbelastung auftreten, gleichen sich diese auf die Dauer aus. Nur für Arbeitgeber, die in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigen, kann ein solcher Risikoausgleich nicht mit Sicherheit unterstellt werden; für diese Arbeitgeber wurde deshalb ,das Ausgleichsverfahren nach den §§ 10 ff. LFZG eingeführt. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 5. November 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Weigl (Drucksache VI /1339 Frage A 76): Trifft es zu, daß die Bundesregierung dem Berliner Senator für Jugend und Sport eine Unterstützung der Aktion „Jugend trainiert für Olympia" empfohlen hat, obwohl der Leiter dieser Aktion, Hans Weidemann, als Träger des goldenen Parteiabzeichens der NSDAP, stellvertretender Gauleiter von Essen und Obersturmführer der Waffen-SS völlig ungeeignet ist, die deutsche Jugend im olympischen Geiste zu erziehen? Bei der Aktion „Jugend trainiert für Olympia" handelt es sich um einen seit dem Jahre 1969 bestehenden umfassenden sportlichen Jugendwettbewerb, an dem sich Schulmannschaften aus allen Bundesländern beteiligen. Die Aktion bezeichnet sich als ein „Förderungswerk des STERN, der SCHULE und des SPORTS". Veranstalter sind der STERN, der Deutsche Leichtathletikverband, der Deutsche Schwimmverband, der Deutsche Turnerbund und der Deutsche Volleyballverband in Zusammenarbeit mit den Schulbehörden der Länder. Ausrichter des Abschlußwettbewerbs in Berlin sind die Berliner Landesorganisationen der beteiligten Bundessportfachverbände mit Unterstützung der Senatsverwaltung für Familie, Jugend und Sport in Berlin. Die Wettbewerbsbedingungen und die Einzelheiten der Durchführung werden von den Veranstaltern gemeinsam festgelegt. Die Bundesregierung begrüßt den Wettbewerb „Jugend trainiert für Olympia" als einen Beitrag zu den Bemühungen, das sportliche Interesse unter der Jugend zu steigern und insbesondere den Schulsport zu aktivieren. Die breite Zustimmung, die die Aktion gefunden hat, ergibt sich auch daraus, daß neben der Bundesregierung und dem Präsidenten der Kultusministerkonferenz die CDU-Bundestagsfraktion, die Parteivorstände von SPD, FDP und CDU und zahlreiche amtliche und private Stellen Preise für die erstplazierten Mannschaften gestiftet haben. Den Erfolg der von verschiedenen Einrichtungen getragenen Aktion und ihre positive Wirkung auf die Jugend sieht die Bundesregierung nicht dadurch als gefährdet an, daß ein einzelner an der Organisation Beteiligter in der durch die Anfrage gekennzeichneten Weise politisch belastet sein soll.
Gesamtes Protokol
Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607600000
Die Sitzung ist eröffnet.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, zwei Gesetzentwürfe, die in der 39. Sitzung des Bundestages am 18. März 1970 dem Ausschuß für Städtebau und Wohnungswesen — federführend —, dem Innenausschuß, dem Rechtsausschuß, dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — mitberatend — sowie -dem Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung überwiesen wurden, auch dem Finanzausschuß — mitberatend — zu überweisen. Es handelt sich um die folgenden Gesetzentwürfe:
Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von städtebaulichen Erneuerungs- und Entwicklungsmaßnahmen in Stadt und Land
— Drucksache VI /434 —Entwurf eines Gesetzes über städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Gemeinden
— Drucksache VI /510
- Das Haus ist damit einverstanden; es ist so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister für Verkehr hat am 31. Oktober 1970 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Schulte (Schwäbisch Gmünd), Dr. Miltner, Weber (Heidelberg), Dr. Schwörer, Baier, Dr. Jenninger, Dr. Wörner, Adorno, Biechele, Frau Griesinger, Dr. Eyrich, Pfeifer, Dr. Abelein, Susset, Dr. Prassler und Genossen betr. Bundesfernstraßenbau in Baden-Württemberg — Drucksache VI /1293 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache VI /1364 verteilt.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
EWG-Vorlagen
Verordnung des Rates über die teilweise Aussetzung des autonomen Zollsatzes des Gemeinsamen Zolltarifs für Garnelen der Art Pandalus Plateceros Japonicus, nur in Wasser gekocht und geschält, auch gefroren für die Konservenindustrie (Tarifnummer ex 16.05 B)

— Drucksache VI /1336 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte uni Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1.571/70 vom 27. Juli 1970 des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte handgearbeitete Waren
— Drucksache VI /1337 — überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates betreffend die jährliche Überprüfung der Besoldung der Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften
— Drucksache VI /1342 —
überwiesen an den Innenausschuß (federführend), Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2517/69 zur Festlegung einiger Maßnahmen zur Sanierung der Obsterzeugung in der Gemeinschaft
— Drucksache VI /1343 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates zur Änderung der Regelung der Bezüge und der sozialen Sicherheit der Atomanlagenbediensteten der Gemeinsamen Kernforschungsstelle, die in Belgien dienstlich verwendet werden.
— Drucksache VI /1346 —
überwiesen an den Innenausschuß (federführend), Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates zur vorherigen Festsetzung der Abschöpfung bei der Einfuhr von Olivenöl
Verordnung des Rates über den Pauschbetrag für nichtraffiniertes Olivenöl, das vollständig in Griechenland erzeugt wurde und aus diesem Land unmittelbar in die Gemeinschaft befördert wird
Verordnung des Rates zur Festsetzung der monatlichen Zuschläge zum Marktrichtpreis, zum Interventionspreis und
zum Schwellenpreis für Olivenöl im Wirtschaftsjahr 1970/1971
Verordnung des Rates zur Festsetzung des Schwellenpreises für Olivenöl für das Wirtschaftsjahr 1970/1971
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2132/69 über die Beihilfe für Olivenöl
— Drucksache VI /1347 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft (federführend), Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates betreffend die Unregelmäßigkeiten, die Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge im Rahmen der Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik und die Einrichtung eines Informationssystems
— Drucksache VI /1348 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates zur Anwendung der Entscheidung des Interimsausschusses EWG /OSTAFRIKA über die Begriffsbestimmung für „Erzeugnisse mit Ursprung in oder „Ursprungserzeugnisse" sowie über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen
— Drucksache VI /1349 —
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates
zur Änderung der Verordnungen Nr. 120 /67 /EWG und Nr. 359 /67 /EWG über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide und Reis
zur Änderung der Verordnungen Nr. 140 /67 /EWG und Nr. 365 /67 /EWG über die Regeln für die vorherige Festsetzung der Abschöpfungen für Getreide, Reis und Bruchreis
— Drucksache VI /1353 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend), Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Wir treten ein in die
Fragestunde
— Drucksache VI /1339 —

Hans Roser (CSU):
Rede ID: ID0607600100

Inwiefern sieht der Herr Bundeskanzler, der sich in der Aktuellen Stunde vom 14. Oktober 1970 ausdrücklich zu „jedem Wort" bekannte, das er vor dem SPD-Parteivorstand am 12. Oktober 1970 laut Kommuniqué erklärt hat, in der Erwägung einiger Unionspolitiker, Neuwahlen zum Bundestag zu fordern, einen „Anschlag auf die Bundesregierung"?
Der Herr Abgeordnete ist im Saal. — Herr Minister!

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0607600200
Herr Präsident, wenn Sie gestatten, würde ich die Fragen 109 und 110 des Herrn Abgeordneten Roser zusammen beantworten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607600300
Wenn der Antragsteller damit einverstanden ist. — Er ist einverstanden. Dann rufe ich auch die zweite Frage des Herrn Abgeordneten Roser auf:
Ist der Bundeskanzler bereit zuzugeben, daß er zwar Anschlag sagte — ,Anschlag' laut Großer Duden, Synonym-Wörterbuch 1964: „Versuch der gewaltsamen Beschädigung oder Zerstörung von etwas" —, aber Angriff meinte?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0607600400
Der Herr Bundeskanzler hat die Forderung von Unionspolitikern nach Neuwahlen keineswegs als „Anschlag" auf die Bundesregierung bezeichnet; er hat aber dieser Forderung, die er eher heiter aufgenommen hat, den Willen der sozial-liberalen Koalition gegenübergestellt, die Arbeit der Regierung unbeirrt fortzusetzen und den Anschlag rechter außerparlamentarischer Kräfte auf die Bundesregierung zu vereiteln.
Der Herr Bundeskanzler hat dabei nicht nur „Anschlag" gesagt, sondern auch „Anschlag" gemeint. Nach dem Anschauungsunterricht von Würzburg sollten eigentlich auch Sie der Wortwahl des Bundeskanzlers zustimmen können.

(Beifall bei der SPD.)

Der Distanzierung aller demokratischen Kräfte unseres Landes vom Radikalismus würde es im übrigen dienen, wenn die Herren Kollegen Strauß und Zoglmann zu den Ausführungen Stellung nehmen würden, die Herr Kernmayr für die Veranstalter der Würzburger „Aktion" bei der Begrüßung der Teilnehmer gemacht hat. Herr Kernmayr hat in Würzburg folgendes ausgeführt — ich darf das mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren —:
. Wir haben darüber hinaus im parteipolitischen Bereich • drei Repräsentanten heute eingeladen, den Vorsitzenden der CSU, Dr. Strauß, der uns durch sein Büro in Bonn mitteilen ließ, daß er infolge langfristig geplanter Wahlkampfverpflichtungen in Bayern nicht teilnehmen kann, den Vorsitzenden der NLA Zoglmann, der uns telegraphisch mitteilte, daß er wegen eines Auslandsaufenthalts verhindert sei teilzunehmen, und Herrn von Thadden. Ich begrüße Herrn von Thadden.
Wir würden uns durch die Kollegen Strauß und Zoglmann gern in unserer Meinung bestätigt sehen, daß es nicht nur Terminschwierigkeiten gewesen sind, die sie daran gehindert haben, an der Würzburger „Aktion" teilzunehmen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607600500
Eine Zusatzfrage.

Hans Roser (CSU):
Rede ID: ID0607600600
Herr Bundesminister, sind Sie bereit zuzugeben, daß die von Ihnen soeben gegebene Interpretation des Zusammenhangs der Aussage des Bundeskanzlers dem klaren Text des Kommuniqués eindeutig widerspricht? Denn da wird erklärt, daß die Erwägung einiger Unionspolitiker, Neuwahlen zu fordern, ein Anschlag auf die Demokratie sei.

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0607600700
Keineswegs, Herr Kollege, wie Sie sehen, wenn Sie Ziffer 5 lesen. Darf ich es vorlesen, Herr Präsident? — Nachdem der Bundeskanzler in Ziffer 3 über den Anschlag rechter außerparlamentarischer Kräfte gesprochen hat, sagt er in Ziffer 5: Wenn einige Unionspolitiker jetzt Neuwahlen im Bundestag fordern, so ist demgegenüber festzustellen, jetzt geht es darum, den Anschlag auf die Bundesregierung — über den er in Ziffer 3 gesprochen hat — abzuwehren und die Arbeit der Koalition unbeirrt fortzusetzen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607600800
Eine weitere Zusatzfrage.

Hans Roser (CSU):
Rede ID: ID0607600900
Darf ich Sie fragen, Herr Bundesminister, wie Sie dazu stehen, daß die Begriffe, wie sie auch hier wieder gefallen sind, zum gleichen Zeitpunkt und in vergleichbarem Zusammenhang auch und vor allem in der DDR-Presse ständig verwendet werden.

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0607601000
Herr Abgeordneter, Sie sind sicher mit mir der Meinung, daß wir uns in dem, was wir zu sagen haben und zu sagen haben werden, nicht danach richten sollten, was andere Leute sagen. Sie können glauben, daß der Bundeskanzler in der Lage ist, eine Erklärung zur innenpolitischen Situation abzugeben, ohne vorher die DDR-Presse gelesen zu haben.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607601100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0607601200
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß in der Presse über Würzburg einseitig berichtet wurde, da immer nur von rechtsradikalen Kräften die Rede war, während doch auch eine Demonstration linksradikaler Kräfte, die ebenfalls nicht genehmigt war, stattfand?
Deutscher Bundestag --- 6. Wahlperiode — 76. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. November 1970 4247

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0607601300
Nein, Herr Abgeordneter, das ist sicher falsch. Alle Meldungen darüber zeigen, daß das mit linksradikalen Kräften, die wir auch im Lande haben, nichts zu tun hatte. Richtig ist allerdings, daß es eine Gegendemonstration demokratischer Kräfte, die nicht genehmigt war, gab. Aber dazu möchte ich nicht Stellung nehmen, weil das in die Zuständigkeit der bayerischen Behörden fällt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607601400
Dazu liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.
Ich rufe die Frage des Abgeordneten Engelsberger auf:
Ist die Äußerung von Staatssekretär Bahr — auf der sogenannten Informationstagung der Berliner SPD am 3. Oktober 1970 zu den neuerlichen Erschwerungen im Berlin-Verkehr angesprochen —, daß es auch im Osten vereinzelt „kalte Krieger" gebe, so zu verstehen, daß die Mehrzahl der „kalten Krieger", die eine Entspannung verhinderten, im Westen sitzen, und welcher Personenkreis im Westen gehört nach Meinung der Bundesregierung zu diesen „kalten Kriegern"?
Der Abgeordnete ist im Saal. — Herr Minister!

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0607601500
Herr Staatssekretär Bahr hat auf der Tagung des Landesverbandes Berlin der SPD am 3. Oktober 1970 nicht dazu Stellung genommen, ob „kalte Krieger" in der Mehrzahl im Osten oder im Westen sitzen. Unter einem „kalten Krieger" versteht man gemeinhin eine Person, die eine Politik des kalten Krieges einer Politik der Entspannung vorzieht. Man wird zu diesem Kreis vielleicht aber auch noch die Personen im Osten wie im Westen — rechnen müssen, die zwar in abstracto für eine Verständigung sind, sie aber in concreto mit unerfüllbaren Bedingungen verbinden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607601600
Eine Zusatzfrage.

Matthias Engelsberger (CSU):
Rede ID: ID0607601700
Herr Bundesminister, sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß die Äußerung des Herrn Staatssekretärs Bahr geeignet war, den Eindruck zu erwecken, daß die eigentlichen Schuldigen an der Teilung Deutschlands, am Todesstreifen quer durch Deutschland, an der Berliner Mauer und am Eisernen Vorhang im Westen und nicht im Osten säßen?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0607601800
Nein, Herr Kollege, die Meinung kann eigentlich keiner haben, der die Politik dieser Bundesregierung und Herrn Kollegen Bahr kennt. Herr Bahr hat ja zur Frage der Haltung der DDR neulich noch im Fernsehen sehr eindeutig Stellung genommen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607601900
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 112 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Treffen Meldungen zu, wonach Ministerialdirektor Ehrenberg vom Bundeskanzleramt anläßlich der letzten Innsbrucker Tagung des Vereins für Sozialpolitik die Auffassung vertreten hat, daß die liberale Marktwirtschaft bei der Produktion einer ausreichenden Infrastruktur versagt habe und daß nunmehr der Staat im Dualismus zur privaten Wirtschaft Kompetenz und Finanzierung der Strukturpolitik übernehmen müsse?
Der Abgeordnete ist im Saal.

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0607602000
Das Referat, das Herr Ministerialdirektor Dr. Ehrenberg am 1. Oktober 1970 in Innsbruck gehalten hat, ist im Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 14. Oktober 1970, Seite 1449 ff., im Wortlaut abgedruckt worden. Eine Äußerung, wie Sie Ihrer Frage, Herr Abgeordneter, entspricht, findet sich dort nicht. Allerdings hat Dr. Ehrenberg in seinem Referat eine Vernachlässigung der Infrastrukturinvestitionen in den 50er Jahren festgestellt und weiter ausgeführt, daß eine Veränderung der Bewußtseinslage zum Thema öffentliche Investitionen erst in der zweiten Hälfte der 60er Jahre begann.
Wieweit diese Feststellung den Fakten entspricht, ergibt sich meines Erachtens u. a. auch daraus, daß es in dem Programmentwurf der CDU zum Thema öffentliche Investitionen heißt:
Soweit die wachsenden Einnahmen des Staates nicht für die Finanzierung unserer vorrangigen Reformvorhaben ausreichen, ist ein steigender Anteil der öffentlichen Hand am Bruttosozialprodukt in einem sozial und gesamtwirtschaftlich vertretbaren Ausmaß notwendig.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607602100
Eine Zusatzfrage.

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID0607602200
Herr Bundesminister, räumen Sie mir nicht ein, daß mit dieser Äußerung eine Absage an die marktwirtschaftliche Ordnung vorbereitet wird?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0607602300
Nein, Herr Kollege, das Gegenteil ist der Fall. Mit dieser Äußerung wird gesagt, daß wir in den letzten Jahren eine ganze Menge Dinge versäumt haben, die notwendig sind, um die marktwirtschaftliche Ordnung in diesem Lande aufrechtzuerhalten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607602400
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID0607602500
Herr Bundesminister, wie erklären Sie sich dann Pressemeldungen über dieses Referat des Herrn Ehrenberg, die dahin lauteten, daß die Marktwirtschaft nach Meinung des Herrn Ehrenberg versagt habe?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0607602600
Ich kann mir eigentlich nur vorstellen, daß diejenigen, die das geschrieben haben, das Referat mißverstanden haben. Der Text liegt aber, wie gesagt, vor. Jeder kann sich überzeugen, was gesagt worden ist.




Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607602700
Ich rufe die Frage 113 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, über den Umweg von Vorträgen politischer Beamter im In- und Ausland, die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland auf die Ablösung der marktwirtschaftlichen Ordnung vorzubereiten?

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0607602800
Herr Kollege, es ist ein guter Brauch, daß die notwendige Verzahnung von praktischer Verwaltungsarbeit und wissenschaftlicher Theorie so gefördert wird, daß leitende Beamte zu Vorträgen auf wissenschaftlichen Tagungen aufgefordert werden. Einer solchen Aufforderung ist Herr Dr. Ehrenberg nachgekommen. Sie wurde, da der Verein für Sozialpolitik seine Tagungen im Zweijahresturnus vorbereitet, bereits im November 1968 an ihn gerichtet. Damals war Dr. Ehrenberg Leiter der Unterabteilung Strukturpolitik im Bundesministerium für Wirtschaft.
Die Bundesregierung denkt weder an eine Ablösung der marktwirtschaftlichen Ordnung noch ist diese in dem Referat von Herrn Dr. Ehrenberg in Innsbruck angedeutet worden.
Doch es wäre gut, wenn diese Frage auch in dem Sinne gedeutet werden könnte, daß der Opposition dieses Hauses die Stärkung der marktwirtschaftlichen Ordnung ebenso am Herzen liegt wie der Bundesregierung. Bei der demnächst zu behandelnden Novellierung des Kartellgesetzes wird Gelegenheit sein, daß festzustellen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607602900
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 114 des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt (Wuppertal) auf:
Billigt die Bundesregierung die Äußerung ihres Bundesbeauftragten für Naturschutz und Landschaftspflege Prof. Grzimek zum Naturschutzrecht: „Inzwischen ist es aber in der Bundesrepublik Deutschland zu Länderrecht degradiert worden" (vgl. stern Nr. 42/1970)?
Herr Bundesminister!

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0607603000
Herr Abgeordneter, der Ausdruck „degradiert" ist — das muß ich zugeben --- nicht sehr glücklich gewählt, um festzustellen, daß die Weitergeltung des früheren Reichsnaturschutzgesetzes als Landesrecht Nachteile hat. Die Bundesregierung ist aber mit Herrn Professor Grzimek der Auffassung, daß ein dringendes Bedürfnis besteht, die Aufgabengebiete Naturschutz und Landschaftspflege nicht nur durch Rahmenvorschriften, sondern durch volle Gesetze des Bundes zu regeln, da beide Angelegenheiten in der heutigen Zeit durch die Gesetzgebung einzelner Länder nicht mehr zufriedenstellend geregelt werden können. Sie hat daher dem Hohen Haus einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes vorgelegt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607603100
Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 115 des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt (Wuppertal) auf:
Welche Schritte hat der Beauftragte der Bundesregierung für Naturschutz und Landschaftspflege unternommen, bevor der Bundesminister für Verkehr entgegen einer Stellungnahme des Deutschen Rates für Landespflege und anderer fachlicher Gutachten entschieden hat, die Bundesstraße 42 in Eltville so bauen zu lassen, daß ein nicht wiedergutzumachender Eingriff in dieses Nah-Erholungsgebiet erfolgt?
Herr Bundesminister!

Dr. Horst Ehmke (SPD):
Rede ID: ID0607603200
Herr Kollege, der Bundesminister für Verkehr hat vor kurzem entschieden, daß die Rheinuferlinie der weiteren Planung der Umgehung der Orte Eltville und Niederwalluf im Zuge der Bundesstraße 42 zugrunde gelegt werden soll. Er hat dementsprechend das nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes vorgeschriebene Planungsverfahren zur Bestimmung der Linienführung eingeleitet, das bisher nicht abgeschlossen worden ist. Der Bundesbeauftragte für Angelegenheiten des Naturschutzes ist in dieses Planungsverfahren eingeschaltet, gerade weil der Bund die landschaftliche Gestaltung des Rheinufers als eine besondere Verpflichtung anerkennt. Der weitere Verlauf dieses Verfahrens bleibt aber nun zunächst abzuwarten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607603300
Keine Zusatzfragen. — Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Dann rufe ich die Frage 116 des Herrn Abgeordneten Seiters auf:
Ist die von der Bundesregierung unmittelbar vor den Landtagswahlen in Hessen und Bayern an alle Haushaltungen verteilte Propagandaschrift „Aufbruch in die 70er Jahre" Ausdruck der von Staatssekretär Ahlers vertretenen Auffassung, es sei Aufgabe des Bundespresseamtes, die politische Wirklichkeit und die Arbeit der Regierung verschönert darzustellen?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär Ahlers.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0607603400
Herr Abgeordneter, schon früher habe ich es immer als unhöflich, wenn nicht als unkorrekt empfunden, wenn Beamte auf die Fragen eines Abgeordneten lediglich mit Ja oder Nein antworten. Ihre erste Frage allerdings ist so präzise formuliert, daß es fast unhöflich wäre, wenn ich sie nicht nur mit Ja beantwortete.
Dennoch möchte ich Sie bitten, mir folgende zusätzliche Bemerkungen zu gestatten.
Erstens. Meine Formulierung, Öffentlichkeitsarbeit sei die Verbreitung von Wahrheit in verschönerter Form, trägt natürlich in gewisser Weise den Makel der Selbstironie. Dennoch glaube ich, daß sie von der eigentlichen Aufgabenstellung der Öffentlichkeitsarbeit nicht sehr weit entfernt ist.
Zweitens. Einen Zusammenhang mit den Landtagswahlen in Hessen und in Bayern in bezug auf die Beilage, die das Bundespresseamt herausgegeben hat, sehe ich nicht. Es gehört zu den legitimen Aufgaben des Presseamts, in organischer zeitlicher Reihenfolge die Arbeit der Bundesregierung zusammenfassend darzustellen. Daß der Jahrestag der Regierungserklärung in unmittelbarer Nähe der Landtagswahlen in Bayern und Hessen lag, haben wir nicht zu vertreten.



Staatssekretär Ahlers
Drittens. Ich möchte sagen, daß sich das Presseamt wirklich bemüht, keine Propagandaschriften zu verfassen, sondern seit langer Zeit — und das gilt auch für meine Vorgänger — sich bemüht, sachliche Informationsarbeit zu treiben. Ich wäre wirklich dankbar, wenn man uns nicht immer den Vorwurf der Propaganda machte.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607603500
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.

Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID0607603600
Herr Staatssekretär, wären Sie dann wenigstens bereit, an dieser Stelle einzuräumen, daß es sich eben nicht um eine sehr korrekte Bilanz handelt, wenn in dieser Schrift kein Wort darüber steht, daß an Stelle der bis zu den Landtagswahlen am 14. Juni in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und im Saarland versprochenen Steuersenkungen tatsächlich Steuervorauszahlungen eingetreten sind und daß wir, um ein zweites Beispiel zu nennen, heute Preissteigerungen haben, die die „Süddeutsche Zeitung" am 12. September zu dem Kommentar veranlaßten, daß die Bundesregierung mit diesen Preissteigerungen, mit dieser unkontrollierten Inflation die Mittel verspielt habe, mit denen sie ihre Reformpläne habe finanzieren wollen?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607603700
Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0607603800
Herr Abgeordneter, ich gehe davon aus, daß die Verbreitung solcher Kenntnisse nicht zu den Aufgaben des Bundespresseamts gehört. Wir sind in unserer Schrift insoweit auf den zweiten Vorwurf, den die Opposition gegen die Regierung erhebt, eingegangen, als die Regierung eingeräumt hat, daß es unliebsame Preissteigerungen gegeben hat, und wir versucht haben, zu erklären, was die Regierung dagegen getan hat. Ein Hinweis auf die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen wäre, glaube ich, nach dem Inhalt dieser Beilage nicht angebracht gewesen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607603900
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID0607604000
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, wann die auf Seite 4 dieser Schrift angekündigte Aufhebung der starren Altersgrenze von 65 Jahren erfolgen wird?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0607604100
Nein, Herr Abgeordneter. Das fällt nicht in meinen Geschäftsbereich. Das kann ich Ihnen nicht sagen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607604200

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Biehle.

Alfred Biehle (CSU):
Rede ID: ID0607604300
Herr Staatssekretär, verstehen Sie unter verschönerndem Darstellen die Möglichkeit, so wie es eben Herr Ehmke getan hat, wenn es in den optischen Bereich hineinpaßt, Pressestimmen zu zitieren — im Fall der Würzburger Vorfälle —, anstatt den Wahrheitsgehalt vorher zu prüfen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0607604400
Herr Abgeordneter, es tut mir leid, ich habe die Frage nicht verstanden.

(Zuruf von der SPD: Die hat auch mit der Sache nichts zu tun!)


Alfred Biehle (CSU):
Rede ID: ID0607604500
Ich frage, ob Sie unter „verschönerter Darstellung", wie es in der Frage geheißen hat, die Möglichkeit verstehen, nur Pressestimmen zu zitieren, wenn es einem in das optische Bild paßt, anstatt vorher den Wahrheitsgehalt zu prüfen?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607604600
Herr Kollege Biehle, Ihre Frage steht nicht in einem Sachzusammenhang mit der Frage des Herrn Abgeordneten Seiters. Es steht damit dem Herrn Staatssekretär frei, sie nicht zu beantworten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lenz.

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0607604700
Herr Staatssekretär, wäre es nicht zutreffend, wenn man sagte, Ihre Erklärung, daß die derzeit laufenden Öffentlichkeitsarbeitsmaßnahmen Ihres Amtes in keinem Zusammenhang mit den Landtagswahlen stünden, sei eine Darstellung der Wahrheit in verschönerter Form?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0607604800
Nein, Herr Abgeordneter Lenz, nicht in bezug auf die Beilage. Ich habe schon in der letzten Fragestunde, an der ich teilnehmen durfte, darauf hingewiesen, daß wir selbstverständlich zum Jahrestag der Bundesregierung etwas publizistisch unternehmen müßten und unternehmen würden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607604900
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Ritz.

Dr. Burkhard Ritz (CDU):
Rede ID: ID0607605000
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für eine Irreführung der Öffentlichkeit, wenn es in dieser Broschüre, die auch ich als Propagandaschrift bezeichnen möchte, heißt — ich zitiere —: „Bei der Strukturverbesserung unserer Landwirtschaft hilft der Bund. Er gibt Prämien und mehr Altershilfe", wenn gleichzeitig als Tatsache zu registrieren bleibt, daß weder die Bundesregierung noch die Koalitionsparteien bereit sind, einem Antrag der CDU/CSU auf Erhöhung der Altershilfe zuzustimmen?




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0607605100
Nein, Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen da nicht voll zustimmen, obwohl ich weiß, daß dieser Passus in der Beilage eine Diskussion hervorgerufen hat. Ich möchte darauf in folgender Weise antworten. Durch das Fünfte Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte, das dem Hohen Hause vorliegt, wird die Altershilfe verbessert, und zwar durch eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises für die Landabgaberente sowie durch eine Erhöhung des Betrages, der Landabgaberente.

(Abg. Dr. Ritz: Das ist doch nicht die Altershilfe!)

— Wir haben das subsumiert, Herr Abgeordneter.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607605200
Ich rufe die Frage 117 des Herrn Abgeordneten Seiters auf:
Ist die Bundesregierung bereit einzuräumen, daß diese aus Steuergeldern finanzierte Schrift nicht nur eine verschönerte Darstellung der Regierungsarbeit enthält, sondern teilweise sogar absolute Falschinformationen, wie z. B. die Angabe, von 1971 bis 1985 würden 125 Milliarden DM für Verkehrswege eingesetzt, obwohl nach der Planung von Verkehrsminister Leber bis 1985 nur 73 Milliarden DM tatsächlich zur Verfügung stehen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0607605300
Herr Abgeordneter, in diesem Bezug kann ich Ihnen nicht zustimmen. In dem von Ihnen beanstandeten Satz sind zwei Komplexe angesprochen, nämlich der Bedarfsplan für den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971 bis 1985 und der gesamte Verkehrswegebau. Diese zwangsläufig sehr knappe Zusammenfassung hat dazu geführt, daß wir mit den 125 Milliarden DM sogar eine Zahl an der untersten Grenze — wenn Sie den Komplex zusammennehmen angegeben haben. Aller Voraussicht nach werden für den gesamten Verkehrswegebau bis 1985 erheblich mehr Mittel bereitgestellt werden und wird die angegebene Zahl für die Bundesfernstraßen allein nicht wesentlich darunter liegen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607605400
Eine Zusatzfrage.

Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID0607605500
Herr Staatssekretär, darf ich diese Antwort so verstehen, daß die Auskunft von Herrn Verkehrsminister Leber in seiner Schrift über die Bundesfernstraßen, für den Straßenbau insgesamt seien nur 93 Milliarden DM an Finanzmitteln zu erwarten, falsch ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0607605600
Ich möchte hier um Gottes willen keinen Bundesminister korrigieren. Nur ist es bei diesen Vorausschätzungen klar, daß gewisse Zahlen mal an der untersten und mal an der obersten Grenze liegen. Wir haben uns, wie gesagt, in der Beilage bewußt an eine untere Grenze gehalten.

(Zurufe von der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607605700
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID0607605800
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für eine absolute Falschinformation, wenn Sie angesichts der Baupreissteigerungen, die alle finanziellen Planungen über den Haufen werfen, auf Seite 5 sagen: „Bis 1974 hat die Bundesregierung die gewaltige Summe von 1,7 Milliarden DM zusätzlich für den Wohnungsbau fest eingeplant. So wird das Wohnproblem gelöst." Mein Kommentar: So einfach ist das?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607605900
Herr Kollege Seiters, die Fragestunde ist nicht für Kommentare da.

Dr. Rudolf Seiters (CDU):
Rede ID: ID0607606000
Gut. Ich darf die Frage wieholen: Halten Sie es nicht für eine absolute Falschinformation, wenn Sie so vereinfacht diese Dinge darstellen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0607606100
Herr Abgeordneter, einmal ist es unvermeidlich, daß man vereinfachende Darstellungen gibt. Zum zweiten würde ich Ihnen in dem Fall einräumen, man hätte besser schreiben sollen: „So soll es gelöst werden."

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607606200
Herr Abgeordneter Apel zu einer Zusatzfrage.

Dr. Hans Apel (SPD):
Rede ID: ID0607606300
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß dem Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen bis 1985 noch die Finanzierung entgegenzustellen sein wird, die, wie auch Herr Bundesverkehrsminister Leber stets gesagt hat, nicht voll gesichert ist, und daß damit dieses Haus wie das Bundesverkehrsministerium aufgerufen sein wird, noch in der nächsten Woche bei der ersten Lesung des Bundesfernstraßenplans darüber nachzudenken?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0607606400
Jawohl, Herr Abgeordneter, das ist mir bekannt. Ich wollte dem Verkehrsministerium nur nicht vorgreifen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607606500
Eine Zusatzfrage.

Dr. Dionys Jobst (CSU):
Rede ID: ID0607606600
Herr Staatssekretär, wollen Sie nicht einräumen — insbesondere nach der Frage des Kollegen Apel —, daß Sie in Ihrer Information falsche Hoffnungen erweckt haben, Hoffnungen, die die Bundesregierung nicht erfüllen kann, und daß damit in Ihrer Information eine falsche Aussage in, wie Sie es bezeichnen, „verschönerter Form" erfolgt ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0607606700
Nein, Herr Abgeordneter, das kann ich Ihnen nicht einräumen. Ich gehe selbstverständlich davon aus, daß die Bundesregierung ihre Versprechungen erfüllen wird.



) Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Keine weiteren Zusatzfragen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes erledigt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und fahren dort fort, wo wir gestern nachmittag die Fragestunde unterbrochen haben. Ich rufe die Frage 20 des Herrn Abgeordneten Dr. Ritz auf:
Kann die Bundesregierung Angaben darüber machen, wer die Kosten für die Verteilung des von Staatssekretär Dr. Griesau verfaßten Wahlkampfbriefes an die hessischen Landwirte trägt?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607606800
Herr Kollege Dr. Ritz, ich beantworte Ihre Frage wie folgt. Die Kosten für die Verteilung des Briefes sowie die Verteilung hat der Landesverband Hessen der FDP übernommen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607606900
Eine Zusatzfrage.
Dr. Ritz (CDU/CSU) Herr Staatssekretär, wer hat einer Werbefirma den Auftrag erteilt, den von Herrn Dr. Griesau verfaßten Brief an die Empfänger zu verteilen?
Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft
) und Forsten: An eine Werbefirma ist kein Auftrag erteilt worden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607607000
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Burkhard Ritz (CDU):
Rede ID: ID0607607100
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, ob und, wenn ja, wann in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ein beamteter Staatssekretär in dieser Form eines offenen Wahlbriefes in einen Wahlkampf für seine Partei eingegriffen hat?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607607200
Ich kann Ihnen dafür kein Beispiel sagen, aber mir ist durchaus bekannt, daß auch schon in anderen Fällen, bei anderen Wahlkämpfen Vorgänger von Herrn Staatssekretär Dr. Griesau aktiv in den Wahlkampf eingegriffen haben.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607607300
Entschuldigen Sie, Herr Kollege, Ihr Fragenkontingent ist erschöpft. — Aber der Herr Kollege Ehnes hat eine Zusatzfrage.

Georg Ehnes (CSU):
Rede ID: ID0607607400
Herr Staatssekretär, aus welchen Mitteln werden die Aufklärungsomnibusse bezahlt, die kurz vor der bayerischen Landtagswahl vom BML schwerpunktmäßig im Unterbezirk Mittelfranken eingesetzt werden? Können Sie darüber Auskunft geben, ob Dienstangehörige vom BML für diese parteipolitische Aktion aufgefordert wurden?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607607500
Herr Kollege, ich wollte Sie nur darauf aufmerksam machen, daß Ihre Zusatzfrage nicht mehr in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Hauptfrage steht, wie es die Richtlinien für die Fragestunde erfordern. Aber ich überlasse es dem Herrn Staatssekretär, ob er die Frage trotzdem beantworten will.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607607600
Herr Präsident, da die Frage schon gestern eine Rolle spielte, bin ich gern bereit, darauf einzugehen. In der gestrigen Fragestunde hat ja ein Kollege der CSU die gleiche Frage gestellt. Ich darf dazu folgendes sagen.
Das BML führt seit 1957 mit verschiedenen Werbefirmen Filmdienste in der Form durch, daß solche Wagen eingesetzt werden, die in Dörfern, Kleinstädten, an Seen und auf Campingplätzen ausgewählte Filme vorführen, um die Landwirte über die Politik der Bundesregierung aufzuklären und um bei der Stadtbevölkerung Verständnis für die Probleme der Landwirtschaft zu wecken. So haben z. B. in den Jahren 1957 bis 1965 mehr als 10 000 Filmvorführungen vor rund 1,5 Millionen Zuschauern stattgefunden.
Im Jahre 1970 waren seit dem 1. Juli zunächst in Norddeutschland, dann in Baden-Württemberg und in den bayerischen Alpengebieten drei Wagen unterwegs, die vor allem über Naturschutz und Landschaftspflege informierten.
Seit dem 26. Oktober, als das einzelbetriebliche Förderungs- und soziale Ergänzungsprogramm für die Land- und Forstwirtschaft fertiggestellt worden ist, werden in Dias und auf Tonband auch dazu Angaben gemacht. Es werden ferner einige Agrarfilmstreifen aus Wochenschauen und der sich mit Strukturproblemen befassende Film „Was geht denn das mich an?" vorgeführt. Derselbe Film stand übrigens auch im Mittelpunkt des Einsatzes der Wagen vom 7. November 1966 in ausgewählten Kreisen des Regierungsbezirks Oberpfalz und Oberfranken. Damals waren fünf Wagen unterwegs. Heute sind es drei.
Damals beliefen sich die Kosten auf rund 35 000 DM, sie betragen bei der derzeitigen Aktion in Unter- und Mittelfranken zirka 23 000 DM. Beamte unseres Hauses sind dabei nicht vertreten und wirken nicht mit.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607607700
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Rutschke.

Dr. Wolfgang Rutschke (FDP):
Rede ID: ID0607607800
Herr Staatssekretär, ist es vielleicht nicht zweckmäßig, daß das Bundesernährungsministerium dort eingreift, wo besonders falsche Vorstellungen in der Bevölkerung durch Behauptungen erweckt werden, die den Tatsachen nicht entsprechen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607607900
Sicherlich ist das besonders notwendig.



Parlamentarischer Staatssekretär Logemann
Aber ich glaube, damit hat der jetzige Reiseplan der drei Busse nichts zu tun. Dieser ist bereits früher festgelegt worden. Natürlich bemüht man sich, in Schwerpunkten besonders zu wirken.

(Lachen bei der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607608000
Ich rufe die Frage 21 des Abgeordneten Dr. Reinhard auf:
Hält die Bundesregierung es mit der Stellung und den Aufgaben eines beamteten Staatssekretärs in einem Bundesministerium für vereinbar, wenn der Staatssekretär Dr. Griesau im Bundesernährungsministerium mit einem an alle Landwirte in Hessen gerichteten Schreiben unmittelbar in den Landtagswahlkampf in Hessen für eine Partei eingreift?

(Zuruf.)

— Herr Kollege, nach den Richtlinien der Fragestunde entscheidet der amtierende Präsident. Wir waren ohnehin — ich muß das hier noch einmal sagen — vom Thema der Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Ritz, wie sich eindeutig ergibt, sehr weit abgewichen. Da derselbe Problemkreis noch in zwei Fragen des Herrn Abgeordneten Dr. Reinhard behandelt wird, haben Sie die Möglichkeit, Ihre Meinung geltend zu machen.
Herr Staatssekretär!

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607608100
Herr Präsident, da sich die Fragen mit derselben Sache befassen, gestatten Sie mir bitte, die Fragen 21 und 22 gemeinsam zu beantworten.

(Abg. Dr. Reinhard: Einspruch!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607608200
Herr Staatssekretär, der Fragesteller ist nicht einverstanden. Er hat das Recht auf getrennte Beantwortung seiner Fragen.

(Abg. Dr. Reinhard: Darf ich es begründen?)

— Das brauchen Sie nicht; das ist damit erledigt. — Ich bitte Sie, Herr Staatssekretär, die Fragen gesondert zu beantworten.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607608300
Ich habe für beide Fragen nur eine Antwort. Aber ich will versuchen, sie getrennt zu beantworten.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

Es ist der Bundesregierung bekannt, daß Dr. Griesau als führendes Mitglied der FDP am hessischen Landtagswahlkampf teilnimmt. Diese Teilnahme hat mit seiner Stellung und seinen Aufgaben als beamteter Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nichts zu tun.

(Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Ist das die ganze Antwort auf beide Fragen?)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607608400
Herr Dr. Reinhard!

Dr. Carl Reinhard (CDU):
Rede ID: ID0607608500
Herr Staatssekretär, steht Ihre Aussage nicht in krassem Widerspruch zu § 53 des Beamtengesetzes? Dazu heißt es im Standardkommentar zum Bundesbeamtengesetz von Plog-Wiedow:
Es gehört zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, daß ein Beamter als Diener des ganzen Volkes in seiner Amtsführung politisch neutral sein muß.
Und es heißt weiter:
Hieraus folgt, daß der Beamte während des Dienstes und in dienstlicher Eigenschaft
— wie es hier gegeben ist —
sich jeder politischer Betätigung zu enthalten hat. Mit der Natur des Beamtenverhältnisses als eines öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses, das die ganze Persönlichkeit des Beamten erfaßt, ist es aber auch unvereinbar, wenn der Beamte außerhalb des Dienstes eine schrankenlose und in den Mitteln unbegrenzte politische Tätigkeit entfaltet.
Darf ich hier feststellen, daß Ihre Ansicht in krassem Widerspruch zur Auffassung dieser namhaften Juristen steht?

(Zurufe von der SPD: Frage!?)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607608600
Herr Kollege Reinhard, ich entziehe Ihnen zu weiteren Ausführungen das Wort. Sie müssen sich an die Richtlinien der Fragestunde halten.

(Sehr gut! bei der SPD. — Abg. Fellermaier: Das muß er lernen!)

Die Richtlinien der Fragestunde sehen vor, daß Fragen knapp und kurz gehalten werden müssen. Das, was Sie ausgeführt haben, hätten Sie in einer kurzen, zusammenfassenden Zusatzfrage sagen können.
Dazu hat jetzt der Herr Staatssekretär das Wort.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607608700
Herr Dr. Reinhard, ich darf noch einmal sagen, daß das, was Herr Dr. Griesau im Wahlkampf getan hat, nicht einmalig ist, sondern daß durchaus auch andere beamtete Staatssekretäre im Wahlkampf tätig gewesen sind, u. a. auch der Vorgänger von Herrn Dr. Griesau, Herr Dr. Neef, soviel ich weiß.
Weiterhin darf ich zu Ihrer letzten Frage folgendes sagen. Ich bin zwar kein Beamtenrechtler, aber mir ist bekannt, daß das Grundrecht der freien Meinungsäußerung durch das Beamtenrecht nur insoweit eingeschränkt wird, als sich der Beamte bei politischer Betätigung Zurückhaltung aufzuerlegen hat. Diese notwendige Zurückhaltung ist nach Ansicht der Bundesregierung — und diese habe ich hier vorzutragen — von Herrn Dr. Griesau gewahrt worden.




Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607608800
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Carl Reinhard (CDU):
Rede ID: ID0607608900
Wird die Bundesregierung angesichts des Widerspruchs, der gegenüber Ihrer Auffassung erhoben worden ist, in dieser für die demokratischen Spielregeln, aber auch für den Stand der beamteten Staatssekretäre wichtigen Frage ein Rechtsgutachten einholen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607609000
Nein, das ist nicht beabsichtigt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607609100
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lotze.

Rudi Lotze (SPD):
Rede ID: ID0607609200
Herr Staatssekretär, könnten Sie dem Fragesteller noch einmal kurz und knapp bestätigen, daß sich beamtete Staatssekretäre auch bereits zu früheren Zeiten in Wahlkämpfe eingeschaltet haben?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607609300
Herr Kollege Lotze, ich kann dazu nur wiederholen, was ich schon gesagt habe: daß, wie meinem Hause bekannt ist, der Vorgänger von Herrn Dr. Griesau, der beamtete Staatssekretär Dr. Neef, auch aktiv in Wahlkämpfe eingegriffen hat.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607609400
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Ritz.

Dr. Burkhard Ritz (CDU):
Rede ID: ID0607609500
Herr Staatssekretär, teilen Sie mit mir die Auffassung, daß, wenn schon ein beamteter Staatssekretär in den Wahlkampf eingreift oder eingreifen darf, jede seine Äußerungen amtlichen Charakter tragen müßte und nicht so parteipolitisch gefärbt sein darf, wie das nach unserer Überzeugung hier der Fall war?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607609600
Herr Dr. Ritz, auch ich habe sehr sorgfältig den Brief gelesen, der hier zu Debatte steht. Ich muß dazu feststellen, daß der Inhalt wirklich sehr sachlich ist. Da ist ja nichts aus dem „Bayernkurier" abgeschrieben worden, sondern dort ist ganz sachlich die Agrarpolitik der Bundesregierung dargestellt worden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich bin der Auffassung, daß das, was Herr Dr. Griesau getan hat, mit seiner Stellung durchaus vereinbar ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607609700
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0607609800
Herr Staatssekretär, besteht ein Zusammenhang zwischen dem wahlpolitischen Einsatz des Herrn Staatssekretärs Griesau und dem
Einsatz der von Ihnen soeben erwähnten Busse in Mittelfranken, der zu einem recht verdächtigen Zeitpunkt — 14 Tage vor der bayerischen Landtagswahl — stattfindet?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607609900
Nein, Herr Kollege Niegel, ein solcher Zusammenhang besteht durchaus nicht. Ich habe ja darauf hingewiesen, daß im Jahre 1966 solche Busse in größerem Umfang eingesetzt wurden, als das gegenwärtig der Fall ist.

(Zuruf von der CDU/CSU.)

— Auch damals sind die Busse auf Veranlassung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten eingesetzt worden. Seinerzeit war Herr Höcherl Minister.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607610000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Fellermaier.

Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0607610100
Herr Staatssekretär, muß man sich nicht wundern über diese Nervosität, die hier von der CDU/CSU gespielt wird, angesichts der Tatsache, daß es im bayerischen Landtagswahlkampf gang und gäbe ist, daß leitende Beamte der verschiedenen Ministerien als Wahlredner der CSU landauf, landab ziehen?

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607610200
Herr Kollege Fellermaier, auch diese Frage steht nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage. Aber es steht dem Herrn Staatssekretär auch hier frei, darauf zu antworten.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607610300
Herr Kollege Fellermaier, ich bin in der Tat überrascht über die Aktivität, die die Opposition zur Frage des Einsatzes unseres beamteten Staatssekretärs Dr. Griesau entfaltet. Ich kann die Aktivität nur darauf zurückführen, daß offenbar sichtbar wird, wie sich Herr Dr. Griesau in Hessen sehr sachlich mit den Problemen der Agrarpolitik auseinandersetzt und dort zur sachlichen Aufklärung beiträgt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607610400
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dasch.

Valentin Dasch (CSU):
Rede ID: ID0607610500
Herr Staatssekretär, wie verträgt sich Ihre Aussage von vorhin, daß durch die Veranstaltungen in Mittelfranken beispielsweise das neue Förderungsprogramm der Landwirtschaft verkündet werden solle — sogar in Filmen —, mit der Tatsache, daß dieses Programm noch gar nicht endgültig Niederschlag in einem Gesetz, geschweige denn in Verordnungen des Ministeriums gefunden hat?




Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607610600
Die Beratung des Förderungsprogramms ist im Ernährungsministerium an sich abgeschlossen. Zur Zeit arbeiten wir die Richtlinien aus. Wir sehen keine Schwierigkeiten, mit diesen Richtlinien die angestrebte Agrarpolitik zu verwirklichen. Die Länder werden sicherlich zustimmen; Widerspruch gibt es kaum.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607610700
Ich rufe die Frage 22 des Herrn Abgeordneten Dr. Reinhard auf:
Hält die Bundesregierung es für zulässig und mit den Spielregeln der Demokratie vereinbar, wenn der beamtete Staatssekretär Dr. Griesau seine frühere Stellung als Hauptgeschäftsführer beim hessischen Bauernverband in Verbindung mit seinem jetzigen Amt dazu ausnutzt, urn für eine Partei Wahlwerbung zu betreiben?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607610800
Herr Dr. Reinhard, die Bundesregierung steht auf dem Boden des im Grundgesetz verankerten Grundrechts jedes Staatsbürgers, seine politische Meinung frei zu äußern. Eine unzulässige Verquickung von parteipolitischer Aktivität und amtlicher Stellung liegt nach Ansicht der Bundesregierung nicht vor.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607610900
Eine Zusatzfrage.

Dr. Carl Reinhard (CDU):
Rede ID: ID0607611000
Herr Staatssekretär, halten Sie es auch für taktvoll und mit der Stellung eines beamteten Staatssekretärs für vereinbar, wenn Herr Dr. Griesau als Staatssekretär des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten einerseits seine frühere Stellung im hessischen Bauernverband ausnutzt, um für eine Partei Wahlwerbung zu betreiben, andererseits laut
dpa die Forderung des Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes als „menschlich unanständig" bezeichnet?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607611100
Zu dem letzten Zitat von Äußerungen des Herrn Dr. Griesau möchte ich hier nicht Stellung nehmen, zumal da es von der eigentlichen Fragestellung wegführt. Ich möchte dazu nur sagen, daß Herr Dr. Griesau es für richtig gehalten hat, seine Qualifikation in der Agrarpolitik durch einen Hinweis auf seine frühere Tätigkeit im hessischen Bauernverband darzustellen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607611200
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Dr. Reinhard.

Dr. Carl Reinhard (CDU):
Rede ID: ID0607611300
Sind Ihre Ausführungen so zu verstehen, daß Sie mit den Erklärungen von Herrn Dr. Griesau einer Meinung sind?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607611400
Den Aussagen Dr. Griesaus in bezug auf Erklärungen des Bauernpräsidenten von Heereman auf der Delegiertentagung des Deutschen Bauernverbandes in diesen Erklärungen wurde ja doch in gewisser Weise auf die Erfüllung bestimmter Forderungen gedrängt — kann ich mich insoweit anschließen, als Herr Dr. Griesau mit seiner Aussage zum Ausdruck bringen wollte, daß es menschlich nicht richtig wäre, einen kranken Minister im Augenblick mit solchen Forderungen zu konfrontieren.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607611500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Rutschke.

Dr. Wolfgang Rutschke (FDP):
Rede ID: ID0607611600
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß es nicht nur die Pflicht, sondern geradezu die Aufgabe eines Staatssekretärs ist, unberechtigte Angriffe und verleumderische Behauptungen über das Ministerium zurückzuweisen?

(Beifall bei der SPD.)


Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607611700
Ich bin durchaus Ihrer Auffassung; ich kann das nur bestätigen. In diesem Zusammenhang möchte ich noch sagen, daß es Herrn Dr. Griesau in Hessen wirklich schwergemacht worden ist, Veranstaltungen durchzuführen. Ich weise darauf hin, daß er aufgefordert worden ist, in einer Bauernveranstaltung, die durch den Bauernverband einberufen werden sollte, zu sprechen, und daß dann die Versammlung plötzlich durch Einwirkung ganz bestimmter Kreise — Herr Dr. Reinhard, Sie würden die Namen kennen, wenn ich sie Ihnen nennen würde — abgesagt wurde. Auf Wählerinitative, auf Initiative von drei oder vier Landwirten wurde dann aber doch zu dieser Versammlung eingeladen. Erfreulicherweise hatte Herr Dr. Griesau dann Gelegenheit, in einem vollen Saal zu sprechen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607611800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lemmrich.

Karl Heinz Lemmrich (CSU):
Rede ID: ID0607611900
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, inwieweit die Aufgaben des Herrn Staatssekretärs Dr. Griesau im Ministerium durch diesen intensiven Einsatz, der ja auch zeitliche Anforderungen beträchtlichen Ausmaßes an ihn stellt, vernachlässigt werden?

(Lachen und Oh-Rufe bei der SPD.)


Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607612000
Diese Frage, die, meine ich, nicht berechtigt ist, läßt sich sehr einfach beantworten. Die Wahlveranstaltungen in Hessen sind zum großen Teil am Abend durchgeführt worden. Herr Dr. Griesau hat durch diese Tätigkeit im Wahlkampf



Parlamentarischer Staatssekretär Logemann
seine Aufgaben im Ministerium durchaus nicht vernachlässigt.

(Abg. Dr. Apel: Es gibt eben Leute mit unterschiedlichem Intelligenzniveau!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607612100
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0607612200
Herr Staatssekretär, können Sie feststellen, ob sich die Vorgänger von Herrn Dr. Griesau, Herr Dr. Sonnemann, Herr Hüttebräuker und Herr Dr. Neef, in ähnlichen Briefen ebenfalls an Wähler einer bestimmten Partei gewandt und sie aufgefordert haben, einer bestimmten Partei den Vorzug zu geben, und dabei die Agrarpolitik einseitig darstellen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607612300
Ich kann nur feststellen, was ich vorhin schon ausgeführt habe, daß nämlich Herr Dr. Neef, der unmittelbare Vorgänger von Herrn Dr. Griesau, sehr aktiv in Wahlkämpfen tätig gewesen ist. Ich habe keine Unterlagen darüber, wie es bezüglich der einzelnen Möglichkeiten gewesen ist, die man dabei ausgenutzt hat. Auf diese Frage kann ich Ihnen keine Antwort geben. Ich habe nicht so weit nachgeforscht.

(Abg. Fellermaier: Herr Niegel, machen Sie halt Geschichtsforschung!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607612400
Meine Damen und Herren, im Interesse der zahlreichen Fragesteller, die auf die Beantwortung ihrer Fragen warten, rufe ich jetzt die Frage 23 des Herrn Abgeordneten Pohlmann auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß das Land Hessen unter Hinweis auf die „Verordnung über gesetzliche Handelsklassen für Rohholz" vom 31. Juli 1969 auf Landesebene Güteverschlechterungen bei der Rundholzsortierung, insbesondere hei der Buche, vornehmen will, die unter Einschluß einer offiziellen Preiserhöhung von etwa 7 % eine Rundholzverteuerung von insgesamt etwa 20 % bedeuten?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607612500
Herr Kollege, das Land Hessen beabsichtigt nicht, zunächst in Erwägung gezogene Sonderregelungen bei der Gütesortierung von Rohholz zu treffen. Bei der Einführung der gesetzlichen Handelsklassen für Rohholz nach der Verordnung von 1969 ist lediglich vorgesehen, die seit der Sturmkatastrophe 1967 in Hessen, insbesondere in Südhessen, regional verlorengegangene Einheitlichkeit bei der Anwendung von Gütebestimmungen wiederherzustellen. Dabei ist es nicht auszuschließen, daß in einigen Gegenden Hessens auch ein — wenn auch geringfügiger — Anteil des Holzes infolge seiner Güteeigenschaften in eine preisgünstigere Güteklasse rückt. Eine Verteuerung des Holzes allein wegen einer Güteverschlechterung in der von Ihnen angedeuteten Höhe von 13 0/o wird dadurch jedoch bei weitem nicht eintreten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607612600
Eine Zusatzfrage.

Eberhard Pohlmann (CDU):
Rede ID: ID0607612700
Herr Staatssekretär, was will die Bundesregierung tun, um zu verhindern, daß die Länder die HKS für Alleingänge zwecks Preiserhöhungen benutzen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607612800
Darauf komme ich gleich bei der Beantwortung Ihrer zweiten Frage zu sprechen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607612900
Keine Zusatzfrage zu dieser Frage.
Dann rufe ich die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Pohlmann auf:
Hält die Bundesregierung solche Verteuerungen wirtschaftspolitisch für vertretbar?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607613000
Da etwa 50 vom Hundert des Holzbedarfs eingeführt werden müssen, richtet sich der Inlandpreis für Rohholz und damit auch die Preisentwicklung für 1971 weitgehend nach dem europäischen Holzmarkt.
Der Index für forstwirtschaftliche Produkte betrug im Juli 1970 100,4 gegenüber 100 im Jahre 1962. Angesichts der ungünstigen Betriebsergebnisse in der Forstwirtschaft wäre daher eine Verteuerung in der von Ihnen angegebenen Höhe von 7 vom Hundert, wenn sie der Entwicklung des europäischen Holzmarktes entspricht, vertretbar.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607613100
Möchten Sie noch eine Zusatzfrage stellen?

Eberhard Pohlmann (CDU):
Rede ID: ID0607613200
Ja, ich habe noch eine Zusatzfrage. Ich möchte meine Frage wiederholen — ich dachte, Sie hätten Sie jetzt beantwortet —: Was will die Bundesregierung tun, um zu verhindern, daß die Länder die HKS für Alleingänge zwecks Preiserhöhungen benutzen?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607613300
Ich glaube, das wird aus der Sicht der Länder gar nicht möglich sein. Es gibt in der Holzwirtschaft einen scharfen Wettbewerb, so daß solche Preiserhöhungen eigentlich schon auf Grund dieses Wettbewerbs ausgeschaltet werden müßten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607613400
Eine letzte Zusatzfrage.

Eberhard Pohlmann (CDU):
Rede ID: ID0607613500
Ist die Bundesregierung bereit, auf eine bundeseinheitliche Aushaltungsrichtlinie für Rohholz hinzuwirken?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0607613600
Ich möchte diese Frage schriftlich beantworten, weil ich im Augenblick überfordert bin.




Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607613700
Meine Damen und Herren, damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Zur Beantwortung steht Herr Staatssekretär von Dohnanyi zur Verfügung. Ich rufe die Frage 102 der Abgeordneten Frau Dr. Walz auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung nach der Reise des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft in die Sowjetunion den praktischen Wert eines Erfahrungsaustausches auf den Gebieten Bedarfsfeststellungen an den Hochschulen, Weiterbildung der Hochschulabsolventen und Didaktik an den Hochschulen?

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0607613800
Bundesminister Leussink hat in seinem Gespräch mit dem sowjetischen Hochschulminister Jeljutin ein Treffen von Experten auf den von Ihnen, Frau Kollegin Walz, genannten Gebieten angeregt, und Herr Jeljutin hat dem Vorschlag zugestimmt. Einzelheiten aber konnten noch nicht vereinbart werden.
Vor einigen Tagen war nun der Präsident der Akademie der pädagogischen Wissenschaften der UdSSR, Herr Professor Chwostow, bei mir, und wir haben uns über Probleme der Hochschul- und Bildungsreform unterhalten und dabei unter anderem auch gerade die von Ihnen angeschnittenen Fragen berührt. Aber, Frau Kollegin Walz, die Angelegenheit ist natürlich noch im Beginn, und es kann über die Möglichkeiten dieses Erfahrungsaustausches im Augenblick noch nichts gesagt werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607613900
Frau Kollegin, eine Zusatzfrage.

Dr. Hanna Walz (CDU):
Rede ID: ID0607614000
Können Sie, Herr Staatssekretär, bestätigen, daß in der Sowjetunion auf dem Gebiete der Hochschulplanung allein Bedarfsgesichtspunkte ausschlaggebend sind, und zwar in der Weise, daß Stipendien und Studienplätze nur an die Leute vergeben werden, für die der Staat und die Wirtschaft Bedarf haben, wobei gleichzeitig strengste Leistungsmaßstäbe angelegt werden?

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0607614100
Es ist schwierig, Frau Kollegin Walz, dies so pauschal zu bestätigen. Sicherlich ist in jeder Zentralverwaltungswirtschaft die Frage der Zusammenhänge zwischen Bedarf und Planung etwa so zu beantworten, wie Sie es hier für die Sowjetunion getan haben. Andererseits gibt es aber offenbar auch dort bestimmte Bereiche der Grundlagenforschung, in denen sich ein Bedarf in diesem Sinne gar nicht planen oder voraussagen läßt. Gerade in diesen Bereichen ist also dann ein etwas breiterer Spielraum vorhanden.
Zu dem zweiten Punkt Ihrer Feststellung, zu den Leistungsanforderungen, kann ich nur aus meinem Gespräch mit Herrn Chwostow berichten, daß er mir sagte, bei einer Studentenversammlung, die er hier gehabt habe, habe man ihn bedrängt, doch festzustellen, daß in der Sowjetunion für bestimmte Dinge keine Prüfungen stattfänden; er habe das aber in keiner Weise feststellen können, ganz im Gegenteil, man sei im Augenblick dabei, die Prüfungsanforderungen in bestimmten Bereichen zu verschärfen. Insofern muß ich Ihnen recht geben.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607614200
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Hanna Walz (CDU):
Rede ID: ID0607614300
Teilt die Bundesregierung die Auffassung nicht, Herr Staatssekretär, daß sich eine Verwertbarkeit von sowjetischen Verfahren gerade auf den Gebieten Bedarfsfeststellung, Weiterbildung und Hochschuldidaktik schon vom System her verbietet, da eben gerade dort hauptsächlich Bedarfsgesichtspunkte gelten, während wir ja immerhin die Art. 5 und 12 des Grundgesetzes haben und uns auf ein solches Verfahren in keiner Weise einlassen können?

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0607614400
Frau Kollegin Walz, ich glaube, es gibt keinen Bereich der Entwicklung von Bildung und Wissenschaft auf dieser Erde, der die Bundesregierung und die Länderregierungen nicht interessieren sollte.

(Beifall bei der SPD.)

Erfahrungsaustausch heißt, Informationen und Kenntnisse über andere sammeln, um diese eventuell, soweit das möglich ist, umzusetzen. Sie wissen, daß diese Bundesregierung ganz gewiß nicht bereit ist, Fragen des Bedarfs und der Zwänge, die der Bedarf ausüben könnte, zum zentralen Punkt der Hochschulplanung zu machen. Ich hoffe, daß das ganze Haus — auch die Opposition — die Regierung bei dieser sehr liberalen Auffassung der Bildungspolitik unterstützen wird.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607614500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Meister.

Siegfried Meister (CDU):
Rede ID: ID0607614600
Herr Staatssekretär, sind Sie darüber unterrichtet, wie groß in der UdSSR etwa der Anteil derjenigen Studierenden an wissenschaftlichen Hochschulen ist, die ihre Studien nicht abschließen? Liegt er etwa in der gleichen Höhe wie bei uns? Bei uns sollen es 30 % sein.

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0607614700
Der Anteil ist in dieser Weise nicht vergleichbar, Herr Kollege. Sicher ist nur, daß, wie Frau Kollegin Walz schon angedeutet hat, der Leistungsanspruch sehr hoch ist, so daß in der Sowjetunion ein Numerus clausus dahin gehend besteht, daß von fünf Bewerbern etwa nur einer Zugang zu den Hochschulen hat.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607614800
Ich rufe die Frage 103 der Abgeordneten Frau Walz auf:
Welches sind die Vorstellungen der Bundesregierung über eine Beteiligung des Bundes an dein Finanzbedarf des zur Zeit noch voll von der Stiftung Volkswagenwerk getragenen „Hochschul-Informations-System" (HIS) in Hannover?
Herr Staatssekretär!




Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0607614900
Nach Art. 4 des Verwaltungsabkommens zwischen Bund und Ländern über die Errichtung einer gemeinsamen Kommission der Bildungsplanung ist es Aufgabe dieser Kommission, Frau Kollegin Walz, Vorschläge für die gemeinsame Errichtung und Fortentwicklung überregionaler Informationssysteme für das Bildungswesen zu machen. Dieses Problem kann daher eben nur gemeinsam mit den Ländern gelöst werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607615000
Eine Zusatzfrage.

Dr. Hanna Walz (CDU):
Rede ID: ID0607615100
Wie erklären Sie es, Herr Staatssekretär, daß z. B. im Bericht des Wissenschaftsrates auf die Hochschul-Informations-Geselischaft verwiesen ist, die ja im Augenblick als einzige Grundlagen zur Analyse von Hochschulabläufen liefert, im Bildungsbericht der Regierung aber nicht, obwohl Sie doch mit den Ländern zusammen im Kuratorium des HIS sitzen?

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0607615200
Der Bildungsbericht der Bundesregierung, Frau Kollegin Walz, kann nicht alle Einzelheiten berühren. Es ist gar kein Zweifel, daß das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft am Fortbestehen des Systems, das von diesem Institut geschaffen worden ist, interessiert ist. Wir suchen gemeinsam mit den Ländern hierfür eine Lösung.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607615300
Eine letzte Zusatzfrage.

Dr. Hanna Walz (CDU):
Rede ID: ID0607615400
Herr Staatssekretär, Sie sind also nicht bereit — oder vielleicht doch? —, wenn die Mittel der Volkswagenstiftung für das HIS auslaufen — und die sollen ja jetzt auslaufen —, sich von Bund- und Länderseite entsprechend in dieser Sache zu engagieren?

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0607615500
Frau Kollegin Walz, ich weiß nicht, wie Sie diese Schlußfolgerung ziehen können, daß wir dazu nicht bereit wären. Wir sind nur dafür, daß man Fragen der Bildungspolitik und damit auch dieses Problem eines überregionalen Hochschul-Informations-Systems sorgfältig prüft. Ich sagte, wir kennen die Problematik, vor der wir hier stehen. Bund und Länder werden bemüht sein, das hier einmal Geschaffene zu erhalten und Wege zu finden, es zu finanzieren. Wie das geschehen kann, Frau Kollegin Walz, kann ich aber heute ohne die Entscheidung der Bildungsplanungskommission natürlich noch nicht sagen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607615600
Ich rufe die nächste Frage, die Frage des Herrn Abgeordneten Hansen, auf:
Ist die Bundesregierung bereit, auf die Länder einzuwirken, die Lernmittelfreiheit auch auf den Bereich der Elementarstufe (Vorschulalter) auszudehnen, damit auch den Kindern sozial schwacher Schichten die unverhältnismäßig teuren und zur Förderung der Lernfähigkeit im Kindesalter notwendigen Übungsmittel (Bücher, Spiele usw.) zugänglich werden?
Herr Staatssekretär, bitte!

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0607615700
Herr Kollege, die Bundesregierung hat mehrfach erklärt, daß die strukturelle, inhaltliche und organisatorische Neuordnung der Elementarerziehung in der Bildungsreform Priorität genießt. Dazu gehört nach Auffassung der Bundesregierung, die aber hierüber natürlich nicht allein zu befinden hat, auch die Ausdehnung der Lernmittelfreiheit auf diesen Bereich. Die Bundesregierung wird sich daher im Rahmen der Planungsüberlegungen in der BundLänder-Kommission für Bildungsplanung für eine entsprechende Regelung einsetzen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607615800
Eine Zusatzfrage.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0607615900
Herr Staatssekretär, sind Sie in dieser Frage mit mir einer Meinung, daß die Regelung der Lernmittelfreiheit in den Ländern vereinheitlicht werden sollte, etwa in dem Sinne, daß statt nach den bisher errechneten Durchschnittsbeträgen Pauschbeträge nach Stufen gegeben werden sollten, auch unter Einbeziehung der Elementarstufe, d. h. des Vorschulalters?

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0607616000
Herr Kollege, ich glaube, Sie haben mir zwei Fragen gestellt. Die erste Frage ist die, ob wir auf dem Standpunkt stehen, daß hier eine Vereinheitlichung angestrebt werden sollte. Ich kann das nur bestätigen. Die Länder machen über die KMK ständig den Versuch, die hier divergierenden Regelungen zu vereinheitlichen. Im Rahmen der Bildungsplanungskommission werden wir diese Bestrebungen unterstützen.
Welche Regelung dann in die Vereinheitlichung einfließen sollte — die von Ihnen genannte Pauschregelung oder eine andere —, das kann ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. Das wird auch ein Ergebnis der gemeinsamen Arbeit in der Bildungsplanungskommission sein.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607616100
Eine Zusatzfrage.

Karl-Heinz Hansen (SPD):
Rede ID: ID0607616200
Eigentlich ist die Frage beantwortet, aber ich will sie noch einmal stellen, um deutlich zu hören: Sie wären also bereit, Herr Staatssekretär, in den Entwurf eines Gesamtbildungsplanes, der der Bund-Länder-Kommission vorgelegt werden soll, Vorschläge zur Vereinheitlichung etwa in dieser Richtung zu machen?

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0607616300
Ich bin ganz sicher, daß das so sein wird, Herr Kollege Hansen.




Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607616400
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Rutschke.

Dr. Wolfgang Rutschke (FDP):
Rede ID: ID0607616500
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Meinung, daß eine Förderung dieser Art auf die sozial schwachen Schichten begrenzt bleiben sollte?

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0607616600
Die Frage, Herr Kollege Rutschke, ist in diesem Zeitpunkt schwer zu entscheiden. Es ist kein Zweifel, daß wir im Zusammenhang mit den vor uns liegenden Aufgaben der Bildungsreform feststellen werden, daß die Mittel für Bildung und Wissenschaft knapp sind, gleichgültig, wie sehr die Bundesregierung weiterhin bemüht sein wird, den Anteil zu erhöhen.
Bei dieser Problematik wird man immer wieder überlegen müssen, ob nicht doch gewisse Maßnahmen zunächst sozial schwächeren Schichten zuzuordnen sind. Auf die Dauer sollte jedoch eine solche Differenzierung entfallen. Das ist aber eine Frage der langfristigen Entwicklung.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607616700
Frau Abgeordnete Dr. Walz zu einer letzten Zusatzfrage.

Dr. Hanna Walz (CDU):
Rede ID: ID0607616800
Herr Staatssekretär, ist Ihnen nicht klar, daß selbst in den Ländern, wo es Lernmittelfreiheit schon seit Jahren gibt, diese in keiner Weise voll ausgeschöpft werden kann, weil die Länder es einfach nicht bezahlen können? Wenn Sie nun bedenken, daß, die Länder jetzt schon 67% der Bildungsausgaben haben, wie wollen Sie es dann verantworten, ihnen hier eine neue große Aufgabe ohne Mittel des Bundes zuzuweisen?

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0607616900
Frau Kollegin Walz, die Länder haben ja leider einen höheren Anteil als 67 % an den Bildungsausgaben. An Bildung allein sind es etwa 94%, an Bildung und Wissenschaft zusammen sind es etwa 80 %. Es ist völlig klar, daß bei neuen Aufgaben die Frage der Verteilung der Lasten zwischen Bund und Ländern immer wieder zu erwägen sein wird. Auch das ist ja, wie Sie wissen, eine zentrale Aufgabe der Bildungsplanungskommission. Deswegen kann auch über die Frage, die Herr Hansen hier gestellt hat, letzten Endes nur im Rahmen einer Gesamtreform und eines Gesamtkonzeptes entschieden werden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607617000
Die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Klepsch wird in Zusammenhang mit den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung beantwortet.
Die Fragen 106 und 107 werden nach der mir vorliegenden Ubersicht schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe als nächste Frage die des Herrn Abgeordneten Dr. Haack auf:
Wie steht die Bundesregierung zu dem Vorschlag, den Bau von Studentenwohnheimen in die Finanzierung nach dem Hochschulbauförderungsgesetz einzubeziehen?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0607617100
Herr Kollege, die Bundesregierung hat in dem diesjährigen Bericht zur Bildungspolitik hinsichtlich der Frage der Einbeziehung des Studentenwohnheimbaues in die Gemeinschaftsaufgabe „Hochschulbau" folgendes ausgeführt; ich darf das mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren. Es heißt dort:
Die Bundesregierung erwägt, die Finanzierung des studentischen Wohnheimbaues auf eine neue Grundlage zu stellen und sie in die Gemeinschaftsaufgabe nach dem Hochschulbauförderungsgesetz einzubeziehen. Die notwendigen Ausbaumaßnahmen können sonst nicht sichergestellt werden. Eine erhebliche Vermehrung der Mittel für den studentischen Wohnheimbau ist erforderlich.
Aber unabhängig davon, Herr Kollege, ob der Studentenwohnraumbau in die Gemeinschaftsaufgabe „Hochschulbau" einbezogen werden wird oder nicht — das ist ja eine Frage, die auch mit den Ländern zu entscheiden sein wird —, wird die Bundesregierung ihre Anstrengungen zu einer Verstärkung des Studentenwohnheimbaues oder -wohnraumbaues im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten fortsetzen. Ich darf nur darauf hinweisen, Herr Kollege, daß, resultierend aus den von uns übernommenen Planungen 1969/70, im Haushalt 1970 23 Millionen DM für diese Aufgaben vorgesehen waren und daß wir für den Haushalt 1971 eine Steigerung auf 52 Millionen DM vorsehen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607617200
Eine Zusatzfrage!

Dr. Dieter Haack (SPD):
Rede ID: ID0607617300
Ich habe die Frage deshalb gestellt, Herr Staatssekretär, weil vor kurzem eine Konferenz von Universitätsstädten stattgefunden hat, die diese Forderung noch einmal erhoben haben. Ich darf voraussetzen, daß der Vorschlag dieses Gremiums auch der Bundesregierung bekannt ist und daß sie darauf geantwortet hat.

Dr. Klaus von Dohnanyi (SPD):
Rede ID: ID0607617400
Herr Kollege, Sie nehmen wahrscheinlich Bezug auf die Diskussion in Regensburg.

(Abg. Dr. Haack: Ja!)

— Diese Diskussion ist der Bundesregierung bekannt. Wir haben hier mit einem Problem zu tun, das nur zwischen Bund und Ländern, und zwar, wie ich glaube, in der von mir hier aus dem Bildungsbericht zitierten Weise gelöst werden kann.




Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607617500
Damit sind die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Rohde zur Verfügung.
Die Fragen 25 bis 27 der Abgeordneten Ruf und Maucher werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 28 der Abgeordneten Frau Funcke auf:
Gibt es Arbeitsämter in der Bundesrepublik Deutschland, die von Frauen geleitet werden?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0607617600
Frau Kollegin, ich darf Sie bitten, damit einverstanden zu sein, daß ich Ihre beiden Fragen im Zusammenhang beantworte.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607617700
Die Fragestellerin ist einverstanden. Ich rufe also auch die Frage 29 der Frau Abgeordneten Funcke auf:
Beabsichtigt die Bundesanstalt für Arbeit, Frauen an leitende Stellen in der Arbeitsverwaltung zu berufen?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0607617800
Von den 146 Arbeitsämtern in der Bundesrepublik werden vier von Frauen geleitet, und zwar die Arbeitsämter Wesel, Detmold, Meschede und Weiden. Neben diesen vier Arbeitsamtsdirektorinnen gibt es etwa 40 leitende Mitarbeiterinnen, die als Vizepräsidentin, Abteilungsleiterinnen und Referentinnen in der Bundesanstalt für Arbeit tätig sind.
Ihre zweite Frage kann ich mit Ja beantworten. Bei den personellen Entscheidungen für leitende Dienstposten sollen, wie uns die Bundesanstalt mitgeteilt hat, auch in Zukunft die nach Alter und Qualifikation in Betracht kommenden weiblichen Bediensteten berücksichtigt werden.
Im übrigen werde ich Ihre Fragen, Frau Kollegin, und damit die Erwartungen, die darin zum Ausdruck kommen, an die Bundesanstalt weiterleiten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607617900
Ich rufe die Frage 30 des Abgeordneten Härzschel auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um hei der Gewährung von zinsgünstigen Baudarlehen aus der Rentenversicherung den Arbeitern die gleiche Möglichkeit zu eröffnen wie den Angestellten?
Herr Staatssekretär!

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0607618000
Herr Kollege, bereits am 9. Oktober dieses Jahres wurde bei der Beantwortung einer von Ihnen ähnlich gestellten Frage von unserem Hause darauf hingewiesen, daß in dem mit einer einzigen Gegenstimme verabschiedeten 3. Rentenversicherungs-Änderungsgesetz der Bildung einer ausreichenden Liquiditätsreserve Vorrang gegeben worden ist. Die Rentenversicherungsträger sind danach gehalten, ihre Überschüsse nicht anders als in den für die Liquiditätsreserve vorgesehenen Anlageformen anzulegen. Dank der günstigen wirtschaftlichen Entwicklung und dem damit verbundenen Anstieg der Beitragseinnahmen ist zwar die Liquiditätsreserve der Träger der Rentenversicherung der Arbeiter inzwischen erheblich angewachsen, das gesetzlich vorgeschriebene Liquiditäts-Soll aber noch nicht erfüllt.
Sobald das Liquiditäts-Soll aufgefüllt sein wird — bei weiterhin anhaltender günstiger Entwicklung der Beitragseinnahmen kann damit in absehbarer Zeit gerechnet werden —, können auch die Träger der Arbeiterrentenversicherung ihren Versicherten wieder in gewissem Umfang zinsgünstige Baudarlehen zur Verfügung stellen.
Diese Fragen werde ich bei den in der Fragestunde am 9. Oktober 1970 angekündigten Gesprächen mit dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger berücksichtigen. Von dem Ergebnis dieser Gespräche, Herr Kollege, werde ich Sie selbstverständlich unterrichten.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607618100
Eine Zusatzfrage!

Kurt Härzschel (CDU):
Rede ID: ID0607618200
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung nicht bereit ist, gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen, um eine Gleichstellung zu erreichen, obwohl bei der Neuformulierung des Rentenversicherungsrechts deutlich zum Ausdruck kam, daß beide Zweige gleichbehandelt werden sollen?

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0607618300
Herr Kollege, die Regelungen über die finanziellen Grundlagen der Rentenversicherung sowohl der Arbeiter als auch der Angestellten sind erst im vergangenen Jahr durch Gesetz beschlossen worden. Wie Sie wissen, ist es erste Aufgabe der Rentenversicherungsträger — das hat sich wie ein roter Faden damals durch die Beratungen in dem zuständigen Fachausschuß des Parlaments gezogen —, die Rentenzahlungen sicherzustellen. Wenn Sie jetzt darüber hinausgehende Änderungen wünschen, würde das die Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung berühren. Damit wäre ein Fragenkomplex aufgeworfen, Herr Kollege, den wir hier seinem ganzen Umfang nach in einer Fragestunde schwerlich behandeln können.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607618400
Eine weitere Zusatzfrage!

Kurt Härzschel (CDU):
Rede ID: ID0607618500
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß damit in der Regel im Wohnungsbau gerade die besser verdienenden Angestellten zinsgünstige Darlehen erhalten können, während das bei den Arbeitern nicht möglich ist?




Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0607618600
Herr Kollege, ich sage nicht, daß es hier keine Probleme gibt, sondern habe schon in meiner einleitenden Antwort darauf hingewiesen, daß wir die Gelegenheit des Gesprächs mit den Rentenversicherungsträgern dazu nutzen werden, auch die von Ihnen aufgeworfene Frage zu erörtern.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607618700
Die Fragesteller der Fragen 31 bis 33, die Abgeordneten Schiller (Bayreuth) und Dr. Haack, haben um schriftliche Beantwortung ihrer Fragen gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Damit haben wir die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung erledigt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Bayerl zur Verfügung.
Ich rufe zunächst die Frage 34 des Abgeordneten Hussing auf. Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 35 des Abgeordneten Weigl auf. — Auch der' Abgeordnete Weigl ist nicht anwesend. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Der Abgeordnete Hein, der die Fragen 36 und 37 gestellt hat, ist ebenfalls nicht anwesend. Die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 38 des Abgeordneten Dr. Marx (Kaiserslautern) auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung des niedersächsischen Justizministers, daß die Tätigkeit der "arbeitslos" gewordenen „Zentralen Erfassungsstelle der Westdeutschen Länderjustizverwaltungen zur Registrierung von Gewalt und Willkürakten an der Zonengrenze und in der DDR" auch dadurch ersetzt werden könnte, daß Unrechtstaten, Rechtsbeugungen und Terrorurteile in der DDR" „künftig von den zuständigen Staatsanwaltschaften, auch denen in der DDR, erfaßt" werden könnten?

Dr. Alfons Bayerl (SPD):
Rede ID: ID0607618800
Herr Präsident, ich bitte, die Fragen 38 bis 41 zusammen beantworten zu dürfen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607618900
Wenn der Fragesteller damit einverstanden ist, bestehen keine Bedenken, seine Fragen zusammen zu beantworten.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0607619000
Ein Teil der Fragen, Herr Präsident, ist durch eine zwischenzeitliche Entscheidung ohnehin erledigt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607619100
Herr Kollege, ich darf Sie nur darauf aufmerksam machen, daß wir inzwischen 15 Uhr haben und daß Sie, wenn Sie der Verbindung der Fragen zustimmen, die Chance zu mehr Zusatzfragen haben.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0607619200
Ich stimme zu. Ich sagte ja, ein Teil der Fragen ist ohnehin erledigt.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607619300
Ich rufe dann auch noch die Frage 39, Ihre zweite Frage, Herr Dr. Marx, auf:
Entspricht der Wunsch des niedersächsischen Justizministers Schäfer, die „Zentrale Erfassungsstelle für Gewalt- und Willkürakte in der DDR" aufzulösen, der politischen Absicht der Bundesregierung im Zusammenhang mit der neu formulierten Deutschlandpolitik?

Dr. Alfons Bayerl (SPD):
Rede ID: ID0607619400
Herr Kollege Marx — und Herr Kollege Lenz, der die Fragen 40 und 41 gestellt hat —, der Justizminister des Landes Niedersachsen hat gelegentlich der Justizministerkonferenz vom 28. bis 30. Oktober 1970 in Hannover die Frage der weiteren Arbeit und Organisation der Zentralen Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen in Salzgitter aufgeworfen. Die Frage ist eingehend erörtert worden. Die Justizminister der Länder haben nach Abstimmung mit dem Bundesminister der Justiz wie folgt Stellung genommen:
Nach Unterrichtung durch Herrn Justizminister Schäfer über die Zentrale Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen in Salzgitter sehen die Justizminister keinen Anlaß, ihre früheren Beschlüsse über die Einrichtung und Tätigkeit dieser Erfassungsstelle abzuändern.
Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607619500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Marx.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0607619600
Herr Staatssekretär, ich will mich in meiner Frage ganz vorsichtig ausdrücken: Ist mit diesem Beschluß auch die Frage 38 beantwortet, worin ich nach Ihrer Haltung zu der Bemerkung des niedersächsischen Justizministers fragte?

Dr. Alfons Bayerl (SPD):
Rede ID: ID0607619700
Ja; sonst wäre die Erfassungsstelle nicht mit Zustimmung des Bundesjustizministers beibehalten worden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607619800
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0607619900
Herr Staatssekretär, erlauben Sie, daß ich die politische Frage stelle: Stimmen Sie den Feststellungen des niedersächsischen Justizministers zu, daß die von der Zentralen Erfassungsstelle in Salzgitter-Bad erfaßten Unrechtstatbestände und Rechtsbeugungen, deren sich ja Staatsanwälte in der DDR schuldig machen, von den gleichen Staatsanwälten geahndet werden können?

Dr. Alfons Bayerl (SPD):
Rede ID: ID0607620000
Sicher nicht in vollem Umfang; sonst wäre die Erfassungsstelle schon im jetzigen Zeitpunkt überflüssig.




Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607620100
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0607620200
Herr Staatssekretär, da Sie sagen „nicht in vollem Umfange", darf ich fragen: In welchem Umfang halten Sie dies für möglich?

Dr. Alfons Bayerl (SPD):
Rede ID: ID0607620300
Das ist bei der Vielfalt der Sachverhalte, die dabei in Rede stehen können, sicher sehr schwer zu differenzieren.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607620400
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Dr. Marx.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0607620500
Herr Staatssekretär, inwieweit glauben Sie, daß das vorhandene Rechtssystem in der DDR — ich meine nicht das in der Verfassung garantierte, sondern das praktizierte — dies überhaupt ermöglichte?

Dr. Alfons Bayerl (SPD):
Rede ID: ID0607620600
Sicher wird es das nicht ermöglichen nach unseren rechtsstaatlichen Vorstellungen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607620700
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Lenz.

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0607620800
Herr Staatssekretär, ist aus Ihren Antworten zu entnehmen, daß sich die Bundesregierung von Anfang an der Auflösung der Erfassungsstelle widersetzt hat?

Dr. Alfons Bayerl (SPD):
Rede ID: ID0607620900
Sie hat sich in dem Zeitpunkt der Auflösung widersetzt, als es für uns aktuell wurde: bei der Justizministerkonferenz.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607621000
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hauser als letzte Zusatzfrage!

(Abg. Lenz [Bergstraße] : Entschuldigen Sie, Herr Präsident, mir stehen doch Zusatzfragen zu meinen Fragen zu!)

— — Herr Kollege Dr. Lenz, ich konnte zu diesem Zeitpunkt nur noch ,die Fragen des Abgeordneten Dr. Marx aufrufen, und hierzu haben Sie nach den Richtlinien der Fragestunde leider nur eine Zusatzfrage. Ich gebe jetzt aber dem Kollegen Hauser die Möglichkeit, noch eine Zusatzfrage zu stellen.

Dr. Hugo Hauser (CDU):
Rede ID: ID0607621100
Herr Staatssekretär, schien es Ihnen politisch überaus klug, daß der niedersächsische Justizminister in Zusammenhang mit seiner Denkübung über die Auflösung der Zentralstelle die Äußerung tat: „Wir haben für die Schweiz und die Niederlande auch nicht besondere Erfassungsstellen, dafür reichen die geltenden Gesetze und Zuständigkeiten aus" und damit den Vergleich übernahm, den Herr Schukow bezüglich der Unveränderbarkeit der Grenze zur DDR gebrauchte, als er sagte, diese Grenze sei ebenso un-veränderbar wie die gegenüber der Schweiz und Frankreich?

Dr. Alfons Bayerl (SPD):
Rede ID: ID0607621200
Herr Kollege Hauser, die Bundesregierung hat über die politische Klugheit von Landesjustizministern nicht zu befinden.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0607621300
Meine Damen und Herren, damit stehen wir am Ende der heutigen Fragestunde.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 6. November, 9.00 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.