Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:Der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesministers für Wirtschaft hat am 12. Oktober 1970 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Burgbacher, Dr. von Bismarck, Dr. Giulini, Dr. Warnke und Genossen betr, Stufenplan der EWG-Kommission für die Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion — Drucksache VI/1188 — beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache VI/1273 verteilt.Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen hat am 12. Oktober 1970 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Birrenbach, Dr. Bach, Dr, Kliesing , Dr. Marx (Kaiserslautern), Freiherr von und zu Guttenberg und der Fraktion der CDU/CSU betr. Moskauer Vertrag — Drucksache VI/1199 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache VI/1281 verteilt.Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:EWG-VorlagenVerordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr.371/67/EWG des Rates zur Festsetzung der Erstattung bei derErzeugung von Getreide- und Kartoffelstärke und Quellmehl— Drucksache VI/1247 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatRichtlinie des Rates über die durch die Mitgliedstaaten durchzuführenden Erhebungen auf dem Gebiet des Produktionspotentials der Baumobstanlagen— Drucksache VI/1248 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates über den Abschluß des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Malta und die zu seiner Durchführung zu treffenden MaßnahmenVerordnung des Rates über die im Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Malta vorgesehenen Schutzmaßnahmen— Drucksache VI/1249 —überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft , Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Auswärtigen Ausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatRichtlinie des Rates über die Finanzierung von Werbemaß-nahmen für lebende Pflanzen und Waren des Blumenhandels— Drucksache VI/1250 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Anderung der Verordnung Nr. 23und der Verordnung Nr. 158/66/EWG des Rates, insbesondere in bezug auf die Festsetzung und Anderung der gemeinsamen Qualitätsnormen für Obst und Gemüse— Drucksache VI/1257 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Festsetzung des Grundpreises und der Standardqualität für geschlachtete Schweine für die Zeit vom 1. November 1970 bis zum 31. Oktober 1971— Drucksache VI/1258 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 213/67/EWG des Rates zur Festsetzung des Verzeichnisses der repräsentativen Märkte für den Schweinefleischsektor in der Gemeinschaft— Drucksache VI/1259 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 447/68 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für Interventionen durch den Kauf von Zucker— Drucksache VI/1260 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatVerordnung des Rates zur Festsetzung der Richtpreise und des Interventionspreises für Olivenöl für das Wirtschaftsjahr 1970/1971— Drucksache VI/1261 —überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im RatEinziger Punkt der Tagesordnung: Fragestunde— Drucksache VI/1253 —Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Alle Fragesteller haben um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Das gleiche gilt für die Frage 75 des Herrn Pieroth, die ursprünglich vom Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beantwortet werden sollte. Auch hier wird die Antwort des Bundesministers der Finanzen als Anlage abgedruckt.Wir kommen dann zu dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts, zunächst zu der Frage 22 des Abgeordneten Dr. Häfele. Der Fragesteller hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.Dann die Frage 23 des Herrn Abgeordneten von Thadden. Herr von Thadden ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet und als Anlage
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4092 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Oktober 1970
Vizepräsident Frau Funckezum Sitzungsbericht abgedruckt. Das gleiche gilt für die Frage 24 des Herrn Abgeordneten von Thadden.Frage 25 des Herrn Abgeordneten Geisenhofer:Wie stellt sich die Bundesregierung zu den Informationen, daß bei den 91 überlebenden Deutschen der Wirbelsturmkatastrophe von Ca'Savio Enttäuschung darüber herrscht, daß die Bundesregierung praktisch keine Hilfeleistung gewährte und dem zuständigen Deutschen Generalkonsulat in Italien nur einen kleinen Geldbetrag, und zudem noch viel zu spät, übermittelte?Bitte schön, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Moersch!
Das Deutsche Generalkonsulat in Mailand hat an eine Reihe der vom Wirbelsturmunglück in Ca'Savio in Italien betroffenen Deutschen zur Behebung der ersten Not einen kleinen Barbetrag als Zuschuß gezahlt. Ferner wurde einem verletzten Ehepaar, das bei dem Unglück ein Kind verloren hat, die Flugreise nach Berlin ermöglicht. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß die Geschädigten in eine Notlage geraten sind, die von den zuständigen italienischen Behörden im Rahmen des europäischen Fürsorgeabkommens sowie vom Generalkonsulat in Mailand im Rahmen der geltenden Instruktionen des Auswärtigen Amtes nicht behoben worden wäre oder erforderlichenfalls hätte behoben werden können. Das Generalkonsulat Mailand hätte insbesondere in eigener Zuständigkeit nach § 26 des Konsulargesetzes mit Darlehen helfen können.
Eine Frage, Herr Abgeordneter?
Nein. Die Frage 26 bitte!
Ja, dann rufe ich auch die Frage 26 auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um den inzwischen in verschiedenen deutschen Krankenhäusern aufgenommenen Verletzten zu helfen, da die Krankenkassen und die zuständigen Versicherungen bei ca. 50 Betroffenen nicht in der Lage sind, Zweitkrankentransporte zu finanzieren sowie verlorenes Eigentum zu ersetzen?
Bitte schön!
Die Bundesregierung hat keinen Einfluß auf eine etwaige Verlegung von Verletzten in andere innerdeutsche Krankenhäuser. Die gesetzlichen Krankenversicherungen sind gehalten, derartige Verlegungen zu finanzieren, wenn sie ärztlicherseits für erforderlich gehalten werden. Inwieweit private Krankenversicherungen derartige Verlegungen von einem Krankenhaus in ein anderes übernehmen, richtet sich nach dem jeweiligen Versicherungsvertrag.
Für eine Erstattung verlorenen oder beschädigten Privateigentums aus öffentlichen Mitteln besteht keine Rechtsgrundlage. Hier wird davon ausgegangen, daß keine Vermögensverluste eingetreten sind, die bei dem Geschädigten zu extremer Hilfsbedürftigkeit und damit zur Anwendbarkeit des Bundessozialhilfegesetzes geführt haben.
Keine Zusatz- frage.
Die Frage 27 des Abgeordneten Dr. Wichert sowie die Fragen 28 und 29 des Abgeordneten Engholm werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Wir kommen zur Frage 30 des Herrn Abgeordneten Matthöfer:
Hält es die Bundesregierung für eine Aufgabe ausländischer Vertretungen, insbesondere auch solcher aus Ländern mit undemokratischen Regierungssystemen, in denen es keine freien Gewerkschaftsbewegungen gibt, zugunsten der Arbeitgeber in Arbeitskämpfe in der Bundesrepublik Deutschland einzugreifen?
Herr Abgeordneter, nach Art. 41 des Wiener Übereinkommens vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen und nach Art. 55 des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen, die einen Grundsatz des allgemeinen Völkerrechts festlegen, sind diplomatische und konsularische Vertreter verpflichtet, sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Empfangsstaates einzumischen. Eine solche Einmischung würde der Eingriff einer ausländischen Vertretung in Arbeitskämpfe in der Bundesrepublik darstellen. Er wäre also unzulässig.
Eine Zusatzfrage, bitte schön!
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, die Arbeitgeberverbände darauf hinzuweisen, daß sie diesen Aspekt in Zukunft bei ihren Rundschreiben berücksichtigen, damit nicht von einzelnen Arbeitgebern die ausländischen Vertretungen in unserem Lande mit Bitten, denen sie nach internationalem Recht gar nicht nachkommen können, in Verlegenheit gebracht werden?
Herr Abgeordneter, ich gehe davon aus, daß die Antwort, die ich Ihnen soeben gegeben habe, von den angesprochenen Verbänden und Betroffenen zur Kenntnis genommen werden wird.
Keine weitere Zusatzfrage. — Ich rufe die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Matthöfer auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Empfehlung des Gesamtverbandes der metallindustriellen Arbeitgeberverbände vom Juli 1970, die diesem Verband angeschlossenen Firmen sollten bei Arbeitsniederlegungen auch Vertreter ausländischer Botschaften hinzuziehen, da diese in der Regel einen mäßigenden Einfluß auf ihre Landsleute ausübten?
Die Antwort lautet wie folgt. Der Arbeitsattaché ist zwar dazu da, sich der Probleme seiner Landsleute anzunehmen, es ist aber nach dem eben Gesagten nicht zu erwarten, daß er sich, wenn es um Arbeitskämpfe geht, einschalten wird, gleichgültig, ob er aufgefordert wird oder nicht.
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Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Meinike auf:
Trifft es zu, daß der Vertreter der Bundesregierung im Ministerkomitee des Europarates gegen Punkt VII der Ziffer 6 der Empfehlung Nr. 602 der Beratenden Versammlung des Europarates gestimmt hat, der die Errichtung eines mit 100 000 Dollar ausgestatteten Hilfsfonds für die gegenwärtig im Exil befindlichen Griechen vorsah, und wenn ja, welche Gründe waren dafür maßgebend?
Herr Abgeordneter, ich darf vielleicht die beiden Fragen im Zusammenhang beantworten, wenn Sie einverstanden sind.
Ja.
Dann rufe ich auch noch die Frage 33 des Herrn Abgeordneten Meinike auf:
Wenn nein, durch welche anderen Regierungsvertreter kam die Einstimmigkeit nicht zustande?
Die Antwort des Ministerkomitees auf die Empfehlung 602 der Beratenden Versammlung ist — bei Enthaltung von drei Staaten — einstimmig beschlossen worden.
Die Vorschläge I bis VI der Ziffer 6 der Empfehlung, die substantielle Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für die Exilgriechen vorsehen, wurden bekanntlich mit einer zustimmenden Stellungnahme an die Regierungen weitergeleitet. Davon abgesehen war das Ministerkomitee jedoch einhellig der Meinung, daß die einzelnen Mitgliedsregierungen besser und schneller in der Lage seien, den griechischen Flüchtlingen weitere finanzielle Hilfen im Sinne der Ziffer VII zukommen zu lassen. Die Einschaltung einer internationalen Organisation erschien dem Ministerkomitee wenig sinnvoll.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Meinike.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß sich in der Beratenden Versammlung insbesondere die deutschen Vertreter ausdrücklich für diesen Fonds ausgesprochen haben?
Herr Abgeordneter, es ist mir bekannt, aber die Erwägungen im Ministerkomitee, einen anderen Weg zu wählen, waren nach. unserer Auffassung wohlbegründet. Sie sehen an der Tatsache, daß sich nur drei Staaten der Stimme enthalten haben, und zwar kleinere Staaten, und alle anderen einhellig votiert haben, daß die Erörterungen der Sachlage zu diesem Verfahren geführt haben, das sicherlich im Interesse der Betroffenen liegt.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Meinike.
Ist Ihnen bekannt, daß diese Frage von den deutschen Vertretern in der Beratenden Versammlung erneut angesprochen werden soll, und wäre die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, ihren Standpunkt im Ministerrat zu überdenken und zu überprüfen?
Die Bundesregierung geht davon aus, daß ihr eingenommener Standpunkt — ich habe die Unterlagen hierzu genau geprüft — im Sinne der Betroffenen wohlbegründet ist. Herr Abgeordneter, wenn Sie es wünschen, besteht sicher Gelegenheit, die Vertreter, die im Europarat als Abgeordnete erneut vorstellig werden wollen, über die Überlegungen der einzelnen Regierungen, nicht nur der Bundesregierung, genauer ins Bild zu setzen, als es hier möglich ist.
Keine Zusatzfrage.
Die Fragen 34 und 35 des Abgeordneten Dr. Sperling sowie die Frage 36 des Abgeordneten Krockert werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen zum. Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich rufe die Frage 37 des Abgeordneten Müller auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung Möglichkeiten einer baldigen Ausweitung der Sportbeziehungen zwischen Sportvereinen und Sportverbänden der Bundesrepublik Deutschland und solchen osteuropäischer Staaten?
Bitte schön, Herr Staatssekretär!
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung rechnet damit, daß sich die Sportbeziehungen zwischen Sportvereinen und Sportverbänden der Bundesrepublik Deutschland und solchen aus osteuropäischen Staaten verstärken werden. Diese Annahme stützt sich auf die Entwicklung der letzten Jahre, insbesondere auf das beiderseits spürbare Interesse am Leistungsvergleich und an der Gelegenheit, mittels des Sports einen Eindruck vom anderen Land zu erhalten. Hinzu kommt die jetzt schon merkliche Anziehungskraft der Olympischen Spiele in München 1972.
Ich möchte noch darauf verweisen, daß das Auswärtige Amt diese und die folgende Frage in Übereinstimmung mit dem Bundesminister des Innern beantwortet, weil hier zwei Ministerien in ihrer Zuständigkeit angesprochen sind.
Keine Zusatzfrage. — Ich rufe die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Müller auf:
Kann aus der erstmaligen Bereitstellung von Förderungsmitteln für Sportbegegnungen mit osteuropäischen Staaten in Höhe von 200 000 DM gefolgert werden, daß in absehbarer Zeit in verstärktem Umfang sportliche Begegnungen auf der Vereins-und Verbandsebene zu erwarten sind?
Schon im Bundeshaushalt 1970 sind 200 000 DM zur Förderung von
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Parlamentarischer Staatssekretär Moersch Sportbegegnungen mit osteuropäischen Staaten bereitgestellt worden; der gleiche Betrag ist für 1971 vorgesehen. Infolge der durch diese Mittel ermöglichten Förderung konnten 1970 wesentlich mehr sportliche Begegnungen in der Bundesrepublik Deutschland und in Osteuropa stattfinden als zuvor.Die Bundesregierung mißt diesen Kontakten zu Osteuropa im Sportbereich große Bedeutung bei, da hier eine Möglichkeit menschlicher Erfahrung und Orientierung mit der Chance des Abbaus von Klischeevorstellungen und mit der Chance des Entstehens gegenseitiger Wertschätzung gegeben ist. Die Förderung der Kontakte wird deshalb auch nicht auf den Bereich des Spitzensports beschränkt.Eine Intensivierung der sportlichen Begegnungen ist zu erhoffen. Die Bundesregierung wird bemüht sein, durch gezielte Förderung dazu beizutragen und nach Möglichkeit auch höhere Mittel dafür einzusetzen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller .
Herr Staatssekretär, gehe ich fehl in der Annahme, daß der Partner, der hier gebraucht wird, oder die Partner in den osteuropäischen Staaten auch mehr Bereitschaft zu solchen Begegnungen erkennen lassen, als das vorübergehend in der Vergangenheit der Fall war?
Sie können davon ausgehen, daß das so ist.
Eine Zusatzfrage? — Bitte schön, Herr Abgeordneter!
Herr Staatssekretär, die Frage lautete, inwieweit auch Förderungen auf Vereinsebene möglich sind. Sind die Mittel, die vom Bundesinnenministerium zur Verfügung gestellt worden sind, auch für solche Begegnungen auf Vereinsebene geplant oder ausreichend?
Herr Abgeordneter, ich bin nicht in der Lage, da hier das Innenministerium unmittelbar angesprochen ist, diese Frage zu beantworten. Ich gehe davon aus, daß bei den Haushaltsberatungen diese Frage zuständigkeitshalber durch einen entsprechenden Vermerk geklärt werden sollte.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 60 des Herrn Abgeordneten Dr. Wagner auf, die an den Bundesminister für Wirtschaft gerichtet war, aber in den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts gehört:
Teilt die Bundesregierung die aus dem Bulletin vom 29. September 1970 ersichtliche Auffassung des Bundesministers der Verteidigung, daß die Staaten des Gemeinsamen Marktes um die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion bis zum Ende der siebziger Jahre bemüht sein sollen, während der politische Zusammenschluß sich erst für die Jahre nach 1980 abzuzeichnen beginnt?
Herr Abgeordneter, die Frage wird wie folgt beantwortet. Die Bundesregierung hat seit ihrem Bestehen — und gerade wieder auch in jüngster Zeit — den Standpunkt vertreten und konsequent danach gehandelt, daß der politische Zusammenschluß Europas so schnell wie möglich vorangetrieben werden muß. Die ins Auge gefaßte Wirtschafts- und Währungsunion der Europäischen Gemeinschaften beinhaltet — auch im institutionellen Bereich — wesentliche politische Elemente. Damit stellt sie Etappe und Teil des politischen Zusammenschlusses dar. Dieser muß natürlich auch das weite Gebiet der eigentlichen Außenpolitik einschließlich der Sicherheitspolitik einbeziehen. Darauf zielen z. B. unsere Bemühungen im Hinblick auf die außenpolitische Zusammenarbeit gemäß Ziffer 15 des Haager Kommuniqués. Ein solcher Entwicklungsprozeß, dessen Tempo übrigens nicht allein durch den deutschen Partner bestimmt werden kann, soll nach Auffassung der Bundesregierung in einen europäischen Bundesstaat einmünden. Diesen von der Sache her notwendigerweise längerfristigen Prozeß hatte Bundesminister Schmidt im Auge, als er am 29. September im „Bulletin" schrieb
— es war übrigens eine Übersetzung aus „Foreign Affairs", wie Sie wissen —, daß der politische Zusammenschluß sich für die Jahre nach 1980 abzuzeichnen beginne.
Eine Zusatzfrage?
— Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 61 auf:
Glaubt die Bundesregierung, daß die mit der Herstellung der Wirtschafts- und Währungsunion verbundenen gewaltigen Probleme gelöst werden können, wenn nicht parallel zur Entwicklung im wirtschaftspolitischen Bereich ein Zusammenschluß Westeuropas zu einer insgesamt handlungsfähigen politischen Einheit erfolgt?
Die Antwort auf die Frage 61 lautet wie folgt. Die Bundesregierung glaubt in der Tat — das ergibt sich bereits aus meiner soeben gegebenen Antwort —, daß die endgültige Lösung der mit der Wirtschafts- und Währungsunion verbundenen Probleme mit einem Zusammenschluß Westeuropas zu einer — wie Sie sagen — „insgesamt handlungsfähigen politischen Einheit" Hand in Hand gehen muß. Sie setzt sich mit allen Kräften dafür ein, dieses Ziel so bald wie möglich zu erreichen. Dazu sind — angesichts der bekannten Schwierigkeiten, wie sie uns allen aus der Zeit vor der Haager Konferenz geläufig sind und wie sie Bundesminister Schmidt in seinem Artikel anspricht — nicht zuletzt Geduld und Zähigkeit notwendig.
Bitte schön, eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Wagner.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung,
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Dr. Wagner
daß sich das parallele Verlaufen des wirtschaftspolitischen Zusammenschlusses und des eigentlich politischen Zusammenschlusses auch dadurch auszeichnen muß, daß eine gewisse Harmonisierung erreicht wird, daß also nicht eine perfekte Wirtschafts-und Währungsunion herbeigeführt werden kann,. während der politische Zusammenschluß bei sehr lockeren und unverbindlichen Konsultationen beharrt?
Herr Abgeordneter, diese Konsultationen, die ja nun in ihrer Formalisierung am 27. Oktober auf Grund des Werner-Berichts im Ministerrat behandelt werden, sind alles andere als unverbindlich, sondern erweisen sich zunehmend, auch ohne daß man dabei sofort institutionelle Vorstellungen entwickeln müßte, als politisch wirksam, gerade in Zusammenhang mit den Gesprächen über den Beitritt der vier beitrittswilligen Staaten. Es war ein Gebot der Vernunft und auch eine Folgerung aus Erfahrungen mit zu hoch gesteckten Zielen institutioneller Art in der Vergangenheit, nun einmal diesen praktischen Weg vorzusehen. Es ergibt sich, sozusagen Zug um Zug, aus der engeren Zusammenarbeit in Wirtschafts-und Währungsfragen die Notwendigkeit der Abstimmung allgemeiner politischer Zielsetzungen. Die Bundesregierung hat mit diesem von ihr vorgeschlagenen Verfahren im vergangenen Jahr im Gegensatz zu den Erfahrungen früherer Bundesregierungen, die institutionelle Vorstellungen entwickelt haben, ausgezeichnete Erfahrungen gemacht. Es wäre ganz falsch gewesen, gerade vor den Verhandlungen über den Beitritt der vier Staaten Großbritannien, Irland, Norwegen und Dänemark eine Art politischer Institutionalisierung zu betreiben und nicht zunächst das Ziel in der Weise voranzutreiben, wie es Minister Scheel in der Ministerratssitzung, wie ich meine, mit gutem Erfolg bei der Frage der Konsultationen der betroffenen Staaten im politischen Bereich getan hat.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wagner.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung bei einer weiteren Beratung des Werner-Plans darauf bestehen wird, daß mit jeder Stufe, die zur Währungs- und Wirtschaftsunion hinführt, gleichzeitig Fortschritte im Bereich der außenpolitischen und verteidigungspolitischen Zusammenarbeit erzielt werden?
Die Bundesregierung geht davon aus, daß die Definition der Interessen der Einzelstaaten zu einer stärkeren Zusammenarbeit auch auf dem politischen Gebiet führen wird. Sie hat guten Grund zu dieser Annahme nach den Erfahrungen auch der letzten Monate. Ich erinnere an die letzten Verlautbarungen von französischer Seite. Aber die Bundesregierung weiß auch, daß jede formalistische Betrachtung dieses
Problems der Sache möglicherweise nicht nützen würde. Jedenfalls entspricht das den Erfahrungen vergangener Jahre.
Keine weiteren Zusatzfragen. — Wir sind mit den Fragen zum Geschäftsbereich des Außenministeriums am Ende. Ich danke dem Herrn Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen. Die Fragen 5, 6 und 7 werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 8 des Abgeordneten Rasner auf:
Wann ist nach dem gegenwärtigen Stand der Planung mit der Fertigstellung des nördlichsten Teils der Nord-Süd-Autobahn von Jagel bis Ellung (dänische Grenze) zu rechnen?
Zur Beantwortung hat Herr Parlamentarischer Staatssekretär Börner das Wort.
Frau Präsidentin, ich bitte, wegen des sachlichen Zusammenhangs die Fragen 8 und 9 des Kollegen Rasner gemeinsam beantworten zu dürfen, wenn der Herr Kollege Rasner damit einverstanden ist.
Ich rufe die Frage 9 ebenfalls auf:
Ist die Bundesregierung bereit, der Fertigstellung dieses Autobahnteilstückes im verkehrsfernsten Raume Norddeutschlands eine höhere Dringlichkeitsstufe — früheren Versprechungen entsprechend — einzuräumen?
Herr Kollege, für das Bundesautobahn-Neubauprogramm ist in den kommenden Jahren der Abschnitt Schleswig—Flensburg der Bundesautobahn-Neubaustrecke Hamburg—Flensburg in zwei Streckenteile verschiedener Dringlichkeit unterteilt. In der 1. Dringlichkeit befindet sich der Streckenteil Schleswig — Flensburg (B 200 südlich Flensburg). Der sich nach Norden daran anschließende Streckenteil bis zur Bundesgrenze ist in die 2. Dringlichkeit eingestuft.Es wird angestrebt, von dem Streckenteil der 1. Dringlichkeit den Abschnitt Tarp—Flensburg —B 200 — gegen Ende des 1. Fünfjahresplanes, der von 1971 bis 1975 läuft, fertigzustellen. Mit der Fertigstellung dieses Streckenabschnittes wird eine überwiegend autobahnmäßige Verbindung zwischen Schleswig und der Bundesgrenze erreicht. Diese ergibt sich unter Einbeziehung des zwischen Jagel und Tarp vorhandenen nahezu kreuzungsfreien und abschnittweise 4spurig ausgebauten Teils der B 76, eines noch entsprechend auszubauenden Abschnittes der B 200 sowie der Umgehung Flensburg, die, im Zuge der B 76 verlaufend, bereits 4spurig bis nahe an die Bundesgrenze ausgebaut ist.Die Bauarbeiten auf dem Bundesautobahn-Neubauabschnitt Schleswig—Tarp sollen unverzüglich zu Beginn des 2. Fünfjahresplanes 1976/1980 begonnen und gegen Ende des 2. Fünfjahresplanes fertigge-
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Parlamentarischer Staatssekretär Börnerstellt werden. Der Bau des Streckenabschnittes Flensburg —Bundesgrenze wird sich dann anschließen, wenn in Abstimmung mit der dänischen Regierung ein gemeinsames Bauziel gesetzt werden kann.Die Bundesregierung ist bereit, die Fertigstellung dieser Autobahnabschnitte zu beschleunigen, sobald die finanziellen Voraussetzungen hierfür durch eine Erhöhung der für den Straßenbau verfügbaren Mittel geschaffen werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rasner.
Herr Staatssekretär, steht dieser späte, mehrfach verschobene Termin für die Fertigstellung dieser Autobahn nicht in einem scharfen Gegensatz zu dem in der gestrigen Fragestunde vom Staatssekretär Schöllhorn aufgestellten Prinzip, daß in Zonengrenzgebieten wahrlich nicht mehr „Investitionsanreize" genügen, sondern Strukturänderungen vorgenommen werden müssen?
Ich sehe diesen Gegensatz nicht. Herr Kollege Schöllhorn hat gestern vom Grundsätzlichen her — und das stimmt mit der Haltung unseres Hauses völlig überein — betont, daß die Erschließungsfunktion von Straßen in schwach strukturierten Gebieten von der Bundesregierung gesehen wird. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß zwischen dem Bestreben Ihrer Fraktion, gewisse Haushaltskürzungen mit vorzunehmen, und der Höhe des Straßenbauhaushalts ein Kausalzusammenhang besteht, der sich natürlich auch hier auswirkt.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rasner.
Herr Staatssekretär, Sie werden gemerkt haben, daß es sich hier nicht um eine Erhöhung von Straßenbaumitteln, sondern um eine Prioritätenfrage handelt. Ich frage Sie, ob man nicht allen vernünftigen Strukturprinzipien entgegenhandelt, wenn man im verkehrsfernsten Teil Deutschlands die Bundesautobahn so spät ausbaut, wie das jetzt geschieht.
Herr Kollege Rasner, Sie können davon ausgehen, daß ich die hier genannten Straßenzüge persönlich sehr genau kenne, und zwar nicht nur bei schwacher Verkehrsbelastung, sondern auch bei Ausflugsverkehr im Sommer. Ich habe ja angedeutet, daß es darum geht, Schleswig-Holstein — übrigens in Übereinstimmung mit der Landesregierung von Schleswig-Holstein — in naher Zukunft durch Autobahnen besser aufzuschließen. Sie wissen selber, welche hohen Prioritäten das Ausbauprogramm der Autobahn nach Kiel genießt. Sie wissen, daß wir uns bemühen, einen zweiten Elbübergang zu schaffen. All das zusammen sind — und das
muß hier deutlich ausgeführt werden — Milliardenprojekte, die natürlich auch im Zusammenhang mit ähnlichen Projekten in anderen Bundesländern gesehen werden müssen. Wir haben hier ein vorhandenes Bundesstraßennetz, das — mit gewissen Verbesserungen -- bis zu dem Zeitpunkt, den ich genannt habe, noch ausreichen wird. Daneben bemühen wir uns, die Bundesautobahn in den hier genannten Bauzeiten weiterzubauen bzw. früher, wenn wir mehr Geld bekommen.
Aber wenn Sie hier von Erschließung sprechen, muß ich darauf hinweisen, daß es in Schleswig-Holstein nicht nur Bundesstraßen zur Erschließung von fernen Gebieten gibt.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rasner.
Da es, Herr Staatssekretär, Sie nicht verwundern wird, wenn ich über Ihre Formulierung „in naher Zukunft" im Zusammenhang mit diesem Autobahnteilstück etwas lächele, möchte ich jetzt fragen, ob die Bundesregierung bereit ist, auch im Verkehrssektor Vorsorge zu treffen für die politisch so erhoffte Einbeziehung Dänemarks und Norwegens in die EWG, die ja voraussichtlich eine explosionsartige Verstärkung insbesondere des gewerblichen Verkehrs zur Folge haben wird.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Rasner, das sieht die Bundesregierung. Ich habe in der ersten Antwort ja ausgeführt, daß wir deshalb — ob Sie darüber lächeln oder nicht, muß ich einmal unberücksichtigt lassen — das vorhandene Straßennetz sehr schnell autobahnähnlich ausbauen und daneben den Autobahnausbau entsprechend betreiben. Ich würde mich freuen, wenn die Mittel schneller zur Verfügung gestellt werden könnten und wenn insbesondere dann Planfeststellungsverfahren, Grunderwerb und Bauvorbereitung, die ja in der Hand der schleswig-holsteinischen Landesregierung liegen, so schnell durchgeführt würden, daß wir die Bauziele einhalten können, von denen hier die Rede ist.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rasner.
Herr Staatssekretär, da das allerletzte Teilstück nach Ihren Darlegungen wahrscheinlich ja erst zwischen 1983 und 1985 geschlossen werden kann, darf ich fragen, ob die Bundesregierung so skeptisch ist hinsichtlich der Entwicklung der Verhandlungen über den Beitritt Dänemarks und Norwegens, daß der Autobahnbau bis zur dänischen Grenze bis dahin wirklich liegenbleiben kann?
Herr Kollege, das ist eine
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Oktober 1970 4097
Parlamentarischer Staatssekretär Börnerunrichtige Interpretation meiner Antwort. Ich muß Sie darauf hinweisen, daß ich ausdrücklich gesagt habe, daß es hier um Übereinstimmung mit der dänischen Regierung geht. Denn es kommt ja nicht nur darauf an, daß wir auf unserer Seite der Grenze bauen, sondern auch darauf, daß die Autobahn auf dänischem Gebiet eine entsprechende Fortsetzung findet. Diese Verhandlungen werden sicher durch den Beitritt Dänemarks zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und durch die von Ihnen genannten weiteren wirtschaftlichen Verflechtungen günstig beeinflußt werden.Es geht auch gar nicht um die Frage, daß wir von uns aus das ferne Bauziel gesteckt haben, sondern wir müssen uns nach dem richten, was wir zur Zeit finanziell und technisch übersehen können. Sonst würde die Opposition uns mit Recht den Vorwurf machen, daß wir hier nicht genügend vorgeplant hätten. Wenn sich die Bereitschaft auch Ihrer Fraktion ergibt, die Straßenbaumittel wesentlich zu erhöhen, werden wir sicher bereit sein, die entsprechenden Bauvorbereitungen schneller zu schaffen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Unertl.
Herr Staatssekretär, im Zusammenhang mit den von dem Kollegen vorgetragenen Wünschen Schleswig-Holsteins im Zonenrandgebiet darf ich Sie fragen, ob sich die Bundesregierung noch an das am 13. April 1965 beschlossene Raumordnungsgesetz hält, wonach der bevorzugte Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen im Zonenrandgebiet — in diesem Fall würde das von Schleswig-Holstein bis Passau zutreffen — erfolgen muß?
Aber natürlich, Herr Kollege Unertl. Ich möchte daran erinnern, daß gerade in Ihrer engeren Heimat die Bundesregierung ein sehr deutliches Beispiel dafür gegeben hat. Sie wissen, daß der Ausbau der Autobahn Deggendorf—Passau unter dieser Prämisse erfolgt.
Herr Kollege Unertl, erstens haben Sie keine Möglichkeit zu weiteren Fragen. Aber ich habe jetzt auch die Vermutung, daß Ihre weitere Frage von dem, was hier gefragt worden ist — nämlich Schleswig-Holstein —, etwas abweichen könnte, und dann ist sie nicht mehr zugelassen.
— Die Bestimmungen sehen nur für denjenigen, der die Frage selbst gestellt hat, weitere Zusatzfragen vor. Es tut mir leid, Herr Kollege Unertl.
Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider auf:
Welche Möglichkeiten bestehen zur Zeit, um eine ständige Überprüfung der gesundheitlichen Tauglichkeit von Führerscheininhabern zu gewährleisten?
Bitte!
Frau Präsidentin, auch hier bitte ich, beide Fragen zusammen beantworten zu dürfen, wenn der Herr Kollege Dr. Schneider damit einverstanden ist.
Dann rufe ich auch die Frage 11 auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, ein Gesetz zu erlassen, welches dem Führerscheininhaber eine in bestimmten Zeitabständen wiederkehrende gesundheitliche Tauglichkeitsprüfung zur Pflicht macht?
Bitte!
Herr Kollege, nach den derzeitigen Bestimmungen der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung — §§ 3, 12 usw. — muß der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein. Sobald der Verwaltungsbehörde Zweifel an der Eignung erwachsen, ist sie verpflichtet, ein ärztliches Zeugnis anzufordern. Je nach dem Ergebnis der Untersuchung wird die Behörde die Fahrerlaubnis entziehen oder dem Inhaber bestimmte Auflagen auferlegen. Die Auflage kann z. B. in der Verpflichtung bestehen, sich in festgelegten Abständen erneut ärztlich untersuchen zu lassen.
Da die örtliche Verkehrsbehörde naturgemäß nicht von allen Eignungsmängeln Kenntnis erhält und daher in manchen Fällen dringend gebotene Maßnahmen nicht ergreifen kann, prüft die Bundesregierung zur Zeit die Frage, ob bestimmten Gruppen von Fahrerlaubnisinhabern — etwa nach Alter oder Fahrerlaubnisklasse — ärztliche Eignungsuntersuchungen und Wiederholungsuntersuchungen gesetzlich vorgeschrieben werden sollen. Eine Entscheidung hierüber ist jedoch erst möglich, wenn ein von dem Gemeinsamen Beirat der Bundesregierung für Verkehrsmedizin angefordertes umfassendes Gutachten über die körperliche und geistige Eignung von Kraftftahrzeugführern vorliegt. Das Gutachtenwird voraussichtlich im Herbst nächsten Jahres fertig sein.
Eine Zusatzfrage-des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider.
Herr Staatssekretär, sind der Bundesregierung Fälle bekannt — gegebenenfalls, in welcher Anzahl —, in denen Fahrer von Kraftfahrzeugen, denen ihre gesundheitliche Fahruntauglichkeit selber unbekannt geblieben war, schwere und tödliche Verkehrsunfälle verursacht haben?
Herr Kollege, Sie werden verstehen, daß ich hier aus dem Handgelenk keine Statisti-
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4098 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Oktober 1970
Parlamentarischer Staatssekretär Börnerken zitieren kann. Ich bin aber gern bereit, Ihnen schriftlich über diese Frage noch etwas weiter Aufschluß zu geben. Ich muß darauf hinweisen, daß es sich hier um ein Problem handelt, bei dem die Länder bzw. die örtlichen Behörden mitwirken. Deshalb muß unsere Statistik mit diesen Erfahrungen etwas in Einklang gebracht werden.Natürlich wird es solche Fälle geben. Wir sind ja auch gerade dadurch, daß wir in besonders krassen Fällen davon erfahren haben, zu der Tendenz gekommen, die ich hier in der Antwort zu Ihrer ersten Frage angedeutet habe. Sie werden zugeben, daß es bei einem dermaßen schwierigen Problem notwendig ist, sich durch Fachleute eingehend beraten zu lassen, ehe eine politische Schlußfolgerung gezogen wird.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider.
Herr Staatssekretär, ich gehe selbstverständlich davon aus, daß hier der Rat der Sachverständigen herangezogen werden muß. Aber es ist Ihnen und der Bundesregierung sicherlich bekannt, daß sich die Fälle häufen, in denen Führer von Kraftfahrzeugen, die über ihren eigenen gesundheitlichen Zustand nicht genau Bescheid wissen, schwere Unfälle verursachen.
Ich darf Ihrer Antwort auch entnehmen, daß derartige statistische Erhebungen bei der Bundesregierung geführt werden. Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß nicht nur in diesen speziellen Fällen bisher Behördenfahrer oder Fahrer mit gewerblichen Lizenzen sich einer strengen gesundheitlichen Prüfung unterziehen müssen, sondern in gewissen Zeitabständen alle? Denn die Gefahren, die von einem Fahrer ausgehen, der über die gesundheitlichen Kräfte nicht verfügt, über die er verfügen müßte, addieren sich natürlich bei der Millionenzahl der sonstigen Führerscheininhaber und sind auf die Dauer gesehen doch nicht mehr hinzunehmen.
Herr Kollege, ich möchte den erwarteten Rat der Sachverständigen nicht präjudizieren, sondern ich meine, daß man, wenn man dieses Thema behandelt, wissen muß, daß es um ein Organisationsproblem ersten Ranges geht und daß genau abgeschätzt werden muß, welche Folgen da für den einzelnen eintreten. Es ist ja schon ein sehr schwerer Eingriff in die persönliche Entscheidungsfreiheit, die hier möglicherweise vollzogen werden soll, andererseits natürlich auch ein großes Organisationsproblem im Hinblick auf die Belastung der damit beschäftigten Ärzte.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Riedl.
Herr Staatssekretär, da dies eine Frage ist, die man sicher nicht nur national lösen kann, darf ich Sie fragen, ob es in den Ländern der EWG und den anderen europäischen Ländern bereits Lösungen gibt, wie sie der Kollege Dr. Schneider angeregt hat. Gibt es insbesondere schon Bemühungen, zu einer für Europa einheitlichen Verfahrensweise zu kommen?
Herr Kollege, mir sind zur Zeit keine solchen Regelungen bekannt. Aber das Problem stellt sich praktisch für alle Industriestaaten mit hohem Motorisierungsgrad. Gesetzt den Fall, man würde so etwas machen, wäre es sinnvoll, es nicht nur im nationalen Rahmen durchzuführen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Matthöfer.
Herr Staatssekretär, im Zusammenhang mit der zweiten Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider frage ich: sieht sich die Bundesregierung in der Lage, den Herrn Fragesteller darüber aufzuklären, daß nach unserer Verfassungsordnung nicht die Bundesregierung Gesetze erläßt, sondern daß dieses Privileg dem Deutschen Bundestag vorbehalten ist?
Herr Kollege, ich habe die Frage so verstanden, daß abseits der von Ihnen richtig beschriebenen Verfassungssituation Regierung und Parlament hier wie in allen Verkehrssidierheitsfragen Hand in Hand arbeiten müssen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 12 des Herrn Abgeordneten Seefeld auf:
Da die Bundesländer unterschiedliche Geschwindigkeitsbegrenzungen an den Baustellen der Bundesautobahnen festlegen, frage ich die Bundesregierung, ob sie — im Interesse der in der Regel durch mehrere Bundesländer fahrenden Autobahnbenutzer — um eine einheitliche Regelung der Geschwindigkeitsbeschränkung an Bundesautobahnbaustellen bemüht ist.
Herr Kollege, die Bundesregierung ist um eine einheitliche Regelung der Geschwindigkeitsbeschränkung an Autobahnbaustellen bemüht. Sie hatte im Jahre 1964 im Einvernehmen mit den Ländern Richtlinien herausgegeben, in denen als zweckmäßige Geschwindigkeit in Baustellenbereichen mit Behelfsfahrstreifen 60 km/h zugrunde gelegt wurden. Eingehende Untersuchungen der Bundesanstalt für Straßenwesen haben ergeben, daß eine Heraufsetzung der Geschwindigkeit in begrenztem Umfang in den Baustellenbereichen möglich ist, nicht aber in den Überleitungsbereichen. Den Länderbehörden wurde mit Schreiben vom 7. Juli dieses Jahres Entsprechendes mitgeteilt. In dem Schreiben kommt zum Ausdruck, daß eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h in horizontalen Strecken und Steigungsstrecken noch für vertretbar gehalten wird. Da die Anordnung der zulässigen Geschwindigkeit
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Oktober 1970 4099
Parlamentarischer Staatssekretär Börnerjedoch im Zuständigkeitsbereich der Verkehrsbehörden liegt, sieht die Bundesregierung keine Möglichkeit, die von ihr gegebenen Anregungen durchzusetzen.
Herr Staatssekretär, daraus darf ich aber wohl entnehmen, daß Ihre Bemühungen, eine einheitliche Regelung zu erreichen, weiter anhalten. Denn gegenwärtig treffen die Bundesländer leider nach wie vor sehr unterschiedliche Anordnungen, und dadurch wird, wie ich finde, der Verkehrsablauf gestört.
Herr Kollege, die Bundesregierung wird sich selbstverständlich weiter bemühen. Ich bitte aber um Verständnis dafür, daß für mich bei der Behandlung dieser Frage die Sicherheit der Bauarbeiter, die auf den Baustellen wirken, an erster Stelle zu stehen hat. Sie alle kennen Unfälle, die sich in der Vergangenheit durch Überschreitung der angeordneten Höchstgeschwindigkeit und durch Hineinrasen in eine Baustelle ergeben haben. Ich meine also, wir dürfen hier nicht allzu großzügig sein.
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie fragen, ob Sie nicht auch meinen, daß durch eine einheitliche Regelung, auf Grund deren der Autofahrer überall in Deutschland weiß, wie er sich zu verhalten hat, gerade dem von Ihnen zuletzt genannten Moment stärker Rechnung getragen wird als bisher.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege, ich kann nur hoffen, daß unsere Diskussion die Länderbehörden, die sich dieser Regelung noch nicht angeschlossen haben, veranlaßt, die Frage noch einmal zu prüfen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Mursch.
Mursch (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, sind die Verhältnisse an Baustellen nicht so unterschiedlich, daß auch Bedenken gegen eine einheitliche Regelung sprechen können?
Ich habe ja darauf hingewiesen, daß es durchaus Situationen geben kann, in denen man die Höchstgeschwindigkeit mit Rücksicht auf die örtliche besondere Gefahr noch weiter herabsetzen muß. Ich halte es aber z. B. für unmöglich, daß man durch einen Baustellenbereich bei verengter Fahrbahn mit 80 km/h rasen kann. Sie alle wissen aus der Fahrpraxis, daß bestimmte Kraftfahrer dann auch immer noch gewisse Toleranzen nach oben zulegen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 13 des Herrn Abgeordneten Meister auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit, das Projekt eines Rhein-Rhone-Kanals ggf. durch die Burgundische Pforte zu führen?
Herr Kollege, die Bundesregierung betrachtet den Bau des Rhein-Rhone-Kanals durch die Burgundische Pforte als eine rein französische Ausbaumaßnahme.
Das Projekt eines Rhein-Rhone-Kanals ist 1953 von der Europäischen Verkehrsministerkonferenz neben elf anderen Ausbauvorhaben zu einem Wasserstraßenprojekt von europäischem Interesse erklärt worden. Für die Linienführung sind dabei zwei Möglichkeiten, durch die Schweiz und durch die Burgundische Pforte in Frankreich, vorgesehen worden. Die französische 'Regierung hat inzwischen mit den Bauarbeiten für den Rhein-Rhone-Kanal im Abschnitt Mülhausen—Altkirch, also durch die Burgundische Pforte, begonnen. Nach Fertigstellung der Arbeiten wird eine durchgehende Wasserstraßenverbindung der Wasserstraßenklasse IV für den Verkehr von 1350-t-Schiffen, also sogenannten Europaschiffen, zwischen der Nordsee und dem Mittelmeer zur Verfügung stehen, die für die deutsche Binnenschiffahrt einen direkten Anschluß zum Mittelmeer bringt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Meister.
Nachdem Sie, Herr Staatssekretär, diese erste Frage, wie ich meine, sehr positiv beantwortet haben, darf ich an die Regierung die Frage richten, ob nach ihrer Meinung nicht die Zeit gekommen ist — auf weite Sicht —, auch die berüchtigte Mannheimer Akte zu revidieren.
Herr Kollege, ich glaube nicht, daß diese Frage in sehr engem Zusammenhang mit dem hier angesprochenen Projekt steht.
Aber grundsätzlich möchte ich dazu sagen, daß bei der Diskussion über diese Frage eine ganze Reihe von weit über diesen Punkt hinausgehenden Fragen aufgeworfen wird. Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß solche Vereinbarungen wie die, die in der Mannheimer Akte enthalten sind, natürlich im Lichte der heutigen Situation geprüft werden müssen.
Keine Zusatzfrage mehr.Ich rufe die Frage 14 des Herrn Abgeordneten Meister auf:Ist die Bundesregierung bereit, mit den angrenzenden Ländern, also Frankreich und der Schweiz, entsprechende Sondierungsgespräche aufzunehmen?
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4100 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Oktober 1970
Herr Kollege, da der Rhein-RhoneKanal bereits von der Europäischen Verkehrsministerkonferenz behandelt worden ist, besteht für die Bundesregierung zur Zeit kein Anlaß, besondere Sondierungsgespräche darübe r mit Frankreich oder der Schweiz aufzunehmen. Sollte Frankreich oder die Schweiz entsprechende Gespräche wünschen, wäre die Bundesregierung hierzu jederzeit bereit.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Meister.
Herr Staatssekretär, würde die Bundesregierung es für angezeigt halten, diese Frage einmal in den europäischen Gremien zur Sprache zu bringen?
Herr Kollege, ich sehe dazu heute von uns aus keinen Anlaß. Die soeben genannten Partner sind hier ja vor mehreren Jahren zu gewissen Überlegungen gekommen, die z. B. dazu geführt haben, daß unsere französischen Freunde dieses Projekt jetzt durchziehen. Das berührt neben dem europäischen Aspekt natürlich auch gewisse nationale Interessen Frankreichs. Ich halte es aber im gegenwärtigen Zeitpunkt durchaus nicht für unbedingt nötig, daß man darüber eine europäische Diskussion in Gang bringt. Sie alle wissen ja, daß dann noch andere Fragen hinzukämen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 15 des Herrn Abgeordneten Mursch auf:
Welche Beträge stehen im Jahre 1970 — einschließlich der sich im Laufe des Jahres ergebenden Veränderungen — für cien Bundesfernstraßenbau nach dein gegenwärtigen Stand tatsächlich zur Verfügung?
Herr Kollege, für die Bundesfernstraßen stehen im Jahre 1970 unter Berücksichtigung der im Laufe des Jahres eingetretenen Veränderungen nach dem gegenwärtigen Stand rund 5006 Millionen DM zur Verfügung.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Mursch auf:
Um wieviel Prozent liegen die Haushaltsansätze für 1971 für den Bundesfernstraßenbau höher als die tatsächlichen Mittel für 1970 nach dem gegenwärtigen Stand und falls die noch vorhandenen Sperren aufgehoben werden?
Der Endbetrag des Straßenbauplans für 1971 in Höhe von 5,34 Milliarden DM liegt nach dem gegenwärtigen Stand um rund 6,6 % höher als der für 1970.
Wenn die im Jahre 1970 gesperrten und gekürzten Mittel von insgesamt 340 Millionen DM im nächsten Haushaltsjahr für die Bundesfernstraßen freigegeben werden, so ergibt sich ein Straßenbauvolumen in Kap. 1210 für 1971 in Höhe von 5,68 Milliarden DM und gegenüber dem im Jahre 1970 verfügbaren Betrag eine Steigerung um 674 Millionen DM, d. h. 13,3 %.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Mursch.
Mursch (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, welche Überlegungen haben Sie veranlaßt, die für 1970 gesperrten Mittel für den Fall, daß sie freigegeben werden, den Haushaltsansätzen für 1971 zuzuschlagen und damit gewissermaßen künstlich einen höheren Steigerungsprozentsatz zu erzeugen? Daran können Sie im Grunde genommen doch gar nicht interessiert sein.
Nein. Es handelt sich hier nicht um einen höheren Steigerungsbetrag. Vielmehr entspricht es einer langjährigen Übung, solche Mittel ins nächste Haushaltsjahr zu übertragen, und ich hoffe auf die Bereitwilligkeit des Hohen Hauses bzw. des Haushaltsausschusses, der Regelung zuzustimmen, daß das, was in diesem Jahre aus konjunkturellen Gründen gesperrt werden mußte, dem Straßenbauvolumen für das nächste Jahr zufließt. Die Fragen hier in der Fragestunde zeigen ja deutlich, daß ein großes Interesse besteht, die Straßenbaumaßnahmen in den nächsten Haushaltsjahren zu verstärken.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Mursch.
Mursch (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, ich bin zwar mit dieser Antwort nicht ganz zufrieden, möchte Sie aber, weil mir nur noch eine Frage zur Verfügung steht, etwas anderes fragen. Halten Sie es für eine, wie man heute sagt, verschönte Wahrheit oder vielleicht für irreführend, wenn das Presse- und Informationsamt nun in großen Zeitungsanzeigen verkündet, daß im Jahre 1971 für Straßen und Verkehr 14 % mehr ausgegeben werden sollen als 1970?
Herr Kollege, ich habe ja in meiner Antwort soeben schon die Prozentzahl 13,3 genannt. Ich glaube, es stimmt, daß das Hohe Haus den Optimismus, der in dieser Anzeige zum Ausdruck kommt, durch entsprechende Beschlüsse rechtfertigt. Denn Sie alle haben sich ja immer für mehr Straßenbau eingesetzt.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Oktober 1970 4101
Mursch (CDU/CSU) : Aber, Herr Staatssekretär, das ist doch keine Antwort. Sie können doch nicht die 14 % angeben, weil Sie damit rechnen, daß der Betrag aus dem Haushalt 1970 freigegeben wird.
Aber natürlich, Herr Kollege, kann ich davon ausgehen. Nachdem von allen Fraktionen versichert worden ist, daß der Straßenbau im Rahmen dergemeinschaftlichen Investitionen von Bund, Ländern und Gemeinden eine wichtige Maßnahme ist,
glaube ich zu diesem Optimismus berechtigt zu sein. Daß, gemessen an den Wünschen, dann immer noch ein größerer Betrag offenbleibt, ist selbstverständlich. Darin sind Sie sicher mit mir einig.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Maucher.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß die soeben gegebene Antwort auf die Frage nicht konkret war? Sie haben zwar prozentual mehr Mittel, aber die Gegenfrage lautet: Wieviel mehr Kilometer Straßen bauen Sie damit?
Genau, Herr Kollege. Das ist nämlich der Punkt, auf den es ankommt: von dem, was in diesem Jahre gesperrt ist, kann keine Straße gebaut werden. Wenn diese Mittel auf das nächste Jahr übertragen werden und, wie ich hoffe, durch Ihre Beschlüsse die Mittel des Haushalts 1971 voll freigegeben werden, haben wir eben entsprechend mehr Geld für den Straßenbau.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Erhard..
Sind Sie bereit zuzugeben, daß bei einer bereits jetzt vorhandenen Kostensteigerung im Straßenbau von 16 % eine maximale Steigerung von, wie Sie annehmen, 14 % im nächsten Jahr zu einem geringeren Straßenbau als in diesem Jahr führen wird?
Herr Kollege, ich darf darauf hinweisen, daß die Baupreise, die in diesem Jahr selbstverständlich auch gestiegen sind und uns gewisse Sorgen gemacht haben, im nächsten Jahr nicht unbedingt so bleiben müssen. Ich will Ihnen das am Beispiel des Betonstahlpreises verdeutlichen, der z. B. bei Brückenbauten Erhebliches ausmacht. Sie wissen selbst, daß wir zur Zeit auf dem Markt Betonstahlpreise haben, die weit unter dem liegen, was noch vor drei oder vier Monaten gefordert wurde.
Ich würde nicht davon ausgehen — das liegt ja Ihrer Frage zugrunde —, daß die zweifellos hohe Zuwachsrate bei den Baupreisen gedanklich auf das nächste Jahr übertragen werden kann. Ich glaube, das liegt nicht im Sinne unserer gemeinsamen Bemühungen um Stabilität.
Nein, Sie haben leider keine Zusatzfrage mehr.
Ich rufe dann die Frage 17 des Abgeordneten Dr. Gleissner auf:
Wie kommt es, daß bei deutschen Autos, die für den Export nach USA bestimmt sind, bereits seit Jahren der Forderung auf Entgiftung der Autoabgase Rechnung getragen wird, während der deutschen Bevölkerung weiterhin uneingeschränkt die Luftverpestung durch Abgase zugemutet wird?
Herr Kollege, nach den Vereinigten Staaten von Amerika war die Bundesrepublik Deutschland das zweite Land, das im Jahre 1968 durch Erlaß von Rechtsvorschriften den Anteil unerwünschter Emissionen im Abgas der Kraftfahrzeuge begrenzte. Ab Oktober 1970 wird die deutsche Automobilindustrie die Fahrzeuge für den deutschen Markt im Sinne der Abgasvorschriften fertigen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Meister.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Auffassung, daß sich alle Maßnahmen in bezug auf die Entgiftung von Autoabgasen bisher nur auf Kohlenmonoxyd erstreckt haben, daß aber das Spektrum ohne Zweifel viel weiter und größer ist? Sollte diese Frage nicht einmal von seiten !der Bundesregierung angesprochen werden?
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Herr Kollege, aus unseren Beratungen im Verkehrsausschuß wissen Sie, daß wir mit dem gegenwärtig 'Erreichten, das eine gewisse europäische Harmonisierung bringt, noch lange nicht zufrieden sind. Ich darf darauf hinweisen, daß man auch in den Vereinigten Staaten mit dem bisher technisch Erreichten noch nicht zufrieden ist. Es handelt sich hier um eine weitere notwendigerweise durch die Bundesregierung zu beeinflussende technische Entwicklung.
Ich stimme Ihnen zu, daß die Fragen, die bis jetzt noch offen sind, in absehbarer Zeit durch die Industrie gelöst werden müssen, um einen besseren Umweltschutz herbeizuführen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Gruhl.
Herr Staatssekretär, können Sie mir die Frage beantworten, warum die Bundesregierung hinter den Vorschriften der Vereinigten Staaten für die Automobilindustrie weit zurückbleibt?
Herr Kollege, ich kann Ihnen nicht zustimmen, daß wir weit zurückbleiben. Der Bau von Motoren in Europa und insbesondere in der Bundesrepublik ist schlecht mit den technischen Vorschriften in den Vereinigten Staaten zu vergleichen. Das ist ein weites Feld; es würde den Rahmen der Fragestunde sprengen, wenn ich mich hier darüber verbreiten müßte.
Ich darf hier nur das Wort „Hubraumsteuer" anführen, um Ihnen klarzumachen, daß es auf diesem Gebiet Entwicklungen gibt, bei denen wir uns einfach nicht vergleichen können. Sie können aber davon ausgehen, daß die Bundesregierung alles tun wird, um hier erkannte Probleme, die sich als schädliche Umwelteinflüsse durch den Kraftfahrzeugverkehr ergeben haben, in naher Zukunft zu lösen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmidt .
Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß die Vereinigten Staaten erst jetzt mit Vorschriften herauskommen, die auch in ihrem Land eine bessere 'Regelung bezüglich der Abgase vorsehen?
Es gibt natürlich in den Vereinigten Staaten gewisse Entwicklungen, die wir sehr aufmerksam verfolgt ,haben. Sie wissen ja auch, daß wir mit der Regierung der Vereinigten Staaten im Austausch von Informationen und in freundschaftlicher Zusammenarbeit in vielen Bereichen des Kraftfahrzeugverkehrs stehen. Gerade gegenwärtig ist in der Presse darüber wieder sehr gut berichtet worden.
Wir müssen davon ausgehen, daß in den nächsten Jahren alle Industrienationen große Mühe aufwenden müssen, um mit diesen Problemen der Umweltverschmutzung durch den Kraftfahrzeugverkehr fertig zu werden. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß das Milliarden kosten wird, daß wir uns aber dieser Aufgabe um des Menschen willen nicht entziehen 'dürfen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Gleissner.
Herr Staatssekretär, wäre es nicht längst Aufgabe unserer Automobilindustrie gewesen, angesichts der Produktionsrekorde mehr für die Entgiftung der Abgase zu tun? Können Sie mir sagen, welches die Hauptursachen dafür sind, daß die technisch 'längst mögliche Entgiftung jahrelang verzögert und sogar bagatellisiert worden ist? Versucht man nicht, die Unkosten dafür dem Staat und dem Steuerzahler aufzubürden?
Herr Kollege, der Verkehrsausschuß des Hohen Hauses hat über diese Fragen im vergangenen Jahr sehr eingehend diskutiert. Sie werden die Problematik, die darin steckt, sicher kennen.
Ich möchte es so, 'wie Sie es formuliert haben, nicht bestätigen, muß aber zugeben, daß ein Druck der Regierung und des Parlaments in dieser Frage einen wohltuenden Einfluß auf die Bemühungen der Industrie ausüben kann und wird.
Eine weitere Frage des Herrn Abgeordneten Seefeld.
Herr Staatssekretär, können Sie mir zustimmen, daß sich die Bundesregierung zur Zeit in zwei großen Bereichen um eine Lösung bemüht: erstens bei allen Fragen, die mit dem Umweltschutz zusammenhängen, und zweitens bei der Schaffung des Sicherheitsautos?
Herr Kollege, ich stimme Ihnen voll zu. Ich erhoffe durch die öffentliche Diskussion dieser Fragen auch eine Bereitwilligkeit, die teilweise sehr hohen Kosten, die dafür in den nächsten Jahren vom Staat aufgebracht werden müssen, durch das Parlament bewilligen zu lassen.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß die Postverwaltung der Sowjetzone Briefsendungen aus West-Berlin, die mit Postwertzeichen mit dem Kopfbild des Bundespräsidenten Heinemann freigemacht werden, an den Absender ,,wegen Verstoßes gegen die gesetzlichen Bestimmungen der DDR" zurücksendet, und was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu unternehmen?
Es trifft nicht zu, daß die Postverwaltung der DDR generell Sendungen aus Westberlin zurückweist, die mit Postwertzeichen der neuen Dauerserie „Bundespräsident Heinemann" freigemacht sind. Die Postverwaltung der DDR hat lediglich etwa 200 Briefe zurückgesandt, die als sogenannte Ersttagsbriefe von Westberlin in 'die DDR versandt worden sind und auf der linken Vorderseite ein Bild des Bundespräsidenten trugen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl.
Herr Staatssekretär, indem ich Ihnen nicht zustimme, daß Sie einen Unterschied zwischen gewöhnlichen Briefsen-
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Oktober 1970 4103
Dr. Riedl
dungen und solchen, die als Ersttagsbriefe laufen, machen, darf ich Sie fragen, ob die Bundesregierung in den Verhandlungen zwischen der Deutschen Bundespost und der Postverwaltung der DDR, in denen es. um den Kostenausgleich ging, darauf hingewiesen hat, daß solche, den internationalen Gepflogenheiten widersprechende Maßnahmen der Postverwaltung der DDR unterbleiben müssen.
Das ist ein Problem, das selbstverständlich im Rahmen von Gesprächen, die in der von Ihnen genannten Form geführt werden, angesprochen werden muß. Andererseits darf ich darauf hinweisen, daß auch andere Staaten die Bestimmungen des Weltpostvertrages teilweise sehr extensiv auslegen.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl.
Herr Staatssekretär, Ihnen ist ja bekannt, daß die Deutsche Bundespost am 22. Oktober weitere Werte der Heinemann-Serie herausgibt. Darf ich Sie fragen, ob Sie befürchten, daß auch die aus diesem Anlaß zum Versand kommenden Ersttagsbriefe wieder aus der DDR zurückgesandt werden.
Ich halte es für unzweckmäßig, diese Frage hier breit zu erörtern. Ich kann das, was dort geschehen ist, nur bedauern und hoffen, daß dies in Zukunft nicht mehr praktiziert wird.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider .
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, ob auch andere Länder des Ostblocks aus demselben Grund Briefe zurückgeschickt haben?
Zu den nächsten zwei Fragen wollte ich dem Fragesteller eine Aufstellung übergeben, die wir angefertigt haben. Es hat in der Vergangenheit da und dort solche Maßnahmen gegeben.
Ich halte aber, wie gesagt, die generelle Diskussion dieses Problems für unzweckmäßig, weil hier unter Umständen Einzelfälle ein Gewicht bekommen, das auch Sie nicht wünschen.
Ich rufe dann die Frage 19 des Abgeordneten Müller auf:
Wann und bei welchen Briefmarken-Motiven der Deutschen Bundespost sind bis in die jüngste Vergangenheit hinein von Warschauer-Pakt-Staaten Postsendungen zurückgewiesen worden?
Frau Präsidentin, ich bitte um Ihre Zustimmung, mit Einverständnis des Herrn Fragestellers beide Fragen gemeinsam beantworten zu dürfen.
Ich rufe dann auch die Frage 20 des Abgeordneten Müller auf:
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, beziehungsweise was gedenkt sie zu tun, um der beleidigenden Handlungsweise der „DDR"-Post — die laut Pressemeldungen 200 Briefe zurückgeschickt hat, weil diese mit den neuen Berliner Heinemann-Briefmarken frankiert waren — wirksam zu begegnen und um in Zukunft solche und ähnliche Diskriminierungen zu verhindern?
Herr Kollege, ich habe hier eine Aufstellung über Postwertzeichen und Sonderstempel, die von den Ländern des Ostblocks in der Vergangenheit zurückgewiesen wurden. Zur Erleichterung der Abwicklung der Fragestunde bitte ich Sie, mir zu erlassen, diese Zusammenstellung hier zu verlesen. Ich werde sie Ihnen im Anschluß an die Fragestunde aushändigen.
Im übrigen trifft es, wie ich schon in der vorigen Antwort gesagt habe, nicht zu, daß die Postverwaltung der DDR Sendungen aus Westberlin zurückweist, die mit Postwertzeichen der neuen Dauer- serie „Bundespräsident Heinemann" freigemacht sind. Die Postverwaltung der DDR hat lediglich etwa 200 Briefe zurückgesandt, die als sogenannte Ersttagsbriefe von Westberlin in die DDR versandt worden sind und auf der linken Vorderseite ein Bild des Bundespräsidenten trugen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller.
Herr Staatssekretär, besteht nicht die Gefahr, daß, wenn ich Ihre vorhergehende Antwort mitberücksichtige, das Schweigen der Bundesregierung in der Öffentlichkeit etwa so ausgelegt werden könnte, daß selbst die Bundesregierung nicht mehr auf den gewachsenen Bindungen Westberlins an die Bundesrepublik besteht?
Herr Kollege, die Bundesregierung hat nicht geschwiegen, und ich habe mich ja, wie Sie wissen, hier auch zu der Frage geäußert. Ich halte es nur für unzweckmäßig, nun einen bestimmten Fall zu einer politischen Kardinalfrage zu machen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller.
Wären Sie, wenn Sie solche Fälle nicht in aller Öffentlichkeit behandeln mögen, wenigstens bereit, sie dann einmal in dem zuständigen Ausschuß darzulegen?
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4104 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Oktober 1970
Aber natürlich. Ich will Ihnen ja auch die Zusammenstellung sofort übergeben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl.
Herr Staatssekretär, finden Sie es nicht doch bedenklich, wenn Sie einen solchen Unterschied zwischen normalen Briefsendungen und sogenannten Ersttagsbriefen machen, obwohl in der gesamten Philatelie und auch bei der Postverwaltung dieser Unterschied nicht gemacht wird, und wie erklären Sie es sich, daß Sie ganz einfach unter Hinweis auf diesen Sachverhalt einer echten Beantwortung dieser Frage aus dem Wege gehen?
Herr Kollege, ich habe keinen Unterschied gemacht. Ich habe nur gesagt, daß die Postverwaltung der DDR in der Behandlung von Briefen Unterschiede gemacht hat, die die Bundesregierung bedauert.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Unertl.
Herr Staatssekretär, abgesehen von der Liste bezüglich der Sendungen nach Warschauer-Pakt-Staaten, die der Herr Kollege Müller, wie angekündigt, erhält, möchte ich Sie fragen: Sind Fälle bekannt, daß nach Rotchina verschickte Sendungen mit Heinemann-Briefmarken zurückgeschickt wurden?
Sie sind nicht bekannt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider.
Herr Staatssekretär, Sie haben eben gesagt, man sollte diesen Fall nicht zu einer Kardinalfrage hochstilisieren. Halten Sie es nicht für eine schwere Verletzung der Autorität unseres Staatsoberhauptes, wenn ein Postwertzeichen, das sein Bild trägt, in dieser Weise Ursache für die Zurücksendung von Briefen ist?
Ich glaube, Herr Kollege, daß in dem Zusammenhang, der hier von uns behandelt wird, von der Verletzung von Autorität keine Rede sein kann.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.
Herr Staatssekretär., treffen die Meldungen also nicht zu, daß Postsendungen, welche mit Postwertzeichen versehen sind, die das Kopfbild des Bundespräsidenten Heinemann tragen, von der Postverwaltung der DDR generell zurückgewiesen werden?
Diese Meldungen treffen nicht zu.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 21 des Herrn Abgeordneten Erhard auf:
Hält die Bundesregierung die von der DDR verfügte Zurückweisung von Postsendungen, die mit der Heinemann-Marke freigemacht sind, für vereinbar mit dem bestehenden Recht?
Herr Kollege, ich muß Sie um Verständnis bitten, daß die Antwort auf Ihre Frage praktisch synchron mit dem ist, was eben schon behandelt wurde. Die Postverwaltung der DDR hat keineswegs verfügt, daß alle Postsendungen, die mit einer Heinemann-Marke freigemacht sind, zurückgewiesen werden. Sie hat lediglich etwa 200 Briefe zurückgesandt, die als sogenannte Ersttagsbriefe von Westberlin in die DDR versandt worden sind, auf der linken Vorderseite ein Bild des Bundespräsidenten trugen und am 23. 7. gestempelt wurden.
Die Bundesregierung bedauert das Vorgehen der DDR-Postverwaltung. Eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme ist ihr jedoch nicht möglich, da die Angaben der DDR auf den zurückgesandten Sendungen nicht erkennen lassen, gegen welche Vorschriften die Sendungen verstoßen haben sollen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Erhard.
Herr Staatssekretär, nachdem am 29. April dieses Jahres eine Vereinbarung zwischen der Deutschen Bundespost und der Post der Zone zustande gekommen ist, die dahin geht, daß sich beide Parteien verpflichten, den grenzüberschreitenden Postverkehr in vollem Umfang und rechtens auszuführen - keinesfalls schlechter als bisher —, frage ich Sie, ob die Bundesregierung und die Post bereit sind, trotz des rechtswidrigen Verhaltens auch weiterhin zusätzlich 30 Millionen DM pro Jahr an die Post der DDR — und in diesem Jahre sind, wie Sie wissen, bereits 68 Millionen DM gezahlt worden — schweigend weiterzuzahlen?
Herr Kollege, ich gehe davon aus, daß Sie wissen, daß zwischen dem, was Sie ursprünglich gefragt haben, und Ihrer Zusatzfrage nur eine sehr geringe Beziehung besteht. Ich habe
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Oktober 1970 4105
Parlamentarischer Staatssekretär Börnerangedeutet, daß dieses Verhalten der Postverwaltung der DDR in bestimmten Verhandlungen natürlich eine Rolle spielen wird. Ich bin im Interesse der Sache, um die es geht, nicht bereit, weitere Detailauskünfte zu geben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller .
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob das Zonenregime auch Erstausgaben von Briefmarken mit dem Kopf des Bundespräsidenten, die aus der Bundesrepublik kamen, zurückgeschickt hat, und wie deuten Sie es, wenn das nicht der Fall ist, daß ausgerechnet aus Berlin kommende Briefmarken zurückgeschickt wurden?
Herr Kollege, die Frage ist beantwortet. Ich möchte im Interesse bestimmter Verhandlungen, an denen wir alle ein Interesse haben, auf eine weitere Interpretation insbesondere hinsichtlich des letzten Satzes, den Sie eben gesagt haben, verzichten und keine detaillierte Erklärung abgeben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Erhard.
Nachdem die Bundesregierung offenbar nicht zu reagieren bereit ist, frage ich Sie, Herr Staatssekretär, ob auch schon in früheren Fällen bei Ersttagsausgaben mit einem Bilde eines der früheren Bundespräsidenten zu beobachten war, daß diese Ersttagssendungen von der DDR zurückgewiesen wurden?
Herr Kollege, es gibt da langjährige Erfahrungen, über die Ihnen sicher zwei der CDU angehörende frühere Postminister berichten können. Ich gehe davon aus, daß wir alle ein Interesse daran haben, daß der Postverkehr zwischen den Menschen im geteilten Deutschland so stark wie möglich gemacht werden kann.
Keine Zusatzfragen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen beantwortet. Ich danke dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Börner.
Laut interfraktioneller Vereinbarung im Ältestenrat werden die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ausgenommen sind die Fragen 70 und 71 des Abgeordneten Stücklen, 76 des Abgeordneten Niegel und 77 des Abgeordneten Dr. Gleissner, welche zurückgezogen wurden.
Wir kommen somit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Zur Beantwortung ist Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dorn anwesend.
Ich rufe Frage 39 auf. — Der Herr Abgeordnete Folger ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 40 auf. — Auch der Herr Abgeordnete Wohlrabe ist nicht anwesend. Die Frage wird ebenfalls schriftlich beantwortet, und die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 41 des Abgeordneten Dr. Kempfler auf:
Sind neue, dazu geeignete Tiefbauwerke der Kommunen in nennenswertem Maße mit solchen Einrichtungen versehen worden, daß sie als einfache Schutzbauten (Trümmer- und Strahlenschutz) verwendet werden könnten?
Bitte schön!
Herr Kollege Dr. Kempfler, ich beantworte Ihre Frage mit Nein. Infolge des bisherigen Fehlens einer Rechtsgrundlage sind Tiefbauwerke der Kommunen für eine Nutzungsmöglichkeit als öffentliche Schutzräume nicht vorgesehen worden. Es wurden lediglich Tiefgaragen, die sich aber in überwiegendem Maße in Privathand befinden, als Mehrzweckanlagen ausgeführt. Auf Grund der Initiative der zuständigen Bundes- und Länderressorts konnten jedoch Kommunen dazu bewogen werden, mit der Planung solcher Vorhaben zu beginnen. Unterirdische Bahnen eignen sich auf Grund ihrer Lage und ihrer baulichen Ausführung in besonderem Maße für die Anlage von Mehrzweckbauten. Fußgängerunterführungen wurden bisher wegen der aufwendigen Technik nicht als Schutzräume errichtet.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kempfler.
Herr Staatssekretär, halten Sie dieses Ergebnis nicht für etwas kümmerlich, namentlich nachdem diejenigen Kommunen, die solche Bauwerke errichtet haben, durch Fragen von Ihnen und mir im Bundestag immer besonders auf diesen Punkt hingewiesen wurden?
Ich bin Ihrer Meinung, Herr Kollege Dr. Kempfler. Leider hat das Parlament in der Vergangenheit mit Mehrheit eine andere Entscheidung getroffen, so daß die 'Rechtsgrundlage eben so ist, wie sie ist.
Keine weitere Zusatzfrage.Ich rufe Frage 42 des Herrn Abgeordneten Dr. Kempfler auf:Wird die Bundesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten dahin gehend Einfluß nehmen, daß in Zukunft solche Bauten, z. B. in München oder Bonn, zu Schutzräumen ausgestaltet werden?
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4106 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 74. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Oktober 1970
Ich beantworte die Frage mit Ja. Nach Inkrafttreten des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes ist mit einem größeren Einfluß des Bundes auf die Erstellung von Mehrzweckanlagen in unterirdischen Anlagen und damit mit einer größeren Zuwachsrate von Schutzplätzen zu rerchnen. Der § 12 des „Gesetzes über Finanzhilfen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden" gibt dem Bund die Möglichkeit, unter Berücksichtigung seines humanitären Zieles, des Bevölkerugsschutzes, darauf zu bestehen, daß eine Erhöhung der Überlebenschance in Ballungsräumen erreicht wird. In Bonn ist z. B. der U-Strab-Haltepunkt am Hauptbahnhof als Mehrzweckbau in der Planung. Es wird zirka 4500 Schutzplätze fassen. Mehrzweckbau heißt nach Auffassung der Bundesregierung: Friedensnutzung als U-Strab-Haltestelle, im Verteidigungsfall Schutzraum. In München konnten bisher Haltestellen der unterirdischen Bahn nicht als Schutzräume ausgebaut werden. Nach Verabschiedung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes wird hier eine positive Wendung erwartet.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kempfler.
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß Sie die Auffassung, die im Stadtrat von München ausgesprochen wurde, nicht teilen, daß man dann, wenn man nur wenige Schutzräume bauen könne, davon überhaupt Abstand nehmen sollte, weil man nicht wisse, welche Leute man im Ernstfall dafür auswählen solle?
Dieser Auffassung ist die Bundesregierung nicht.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß wir, wenn der Schutzraumbau bei den Kommunen nicht bald mit allen Mitteln in Angriff genommen wird, in eine Lage kommen, die Ihre Sentenz in der letzten Debatte rechtfertigt: „Laßt alle Hoffnung fahren"?
Ich teile Ihre Befürchtung, Herr Kollege.
Eine Zusatzfrage des Herr Abgeordneten Josten.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung nach Ihren Ausführungen also doch nach wie vor der Meinung, daß der Bau von Schutzräumen für die Bevölkerung ein Teil unserer Verteidigungsmaßnahmen bleibt, auch wenn er unbefriedigend ist?
Ja, das ist so. Die Bundesregierung hat mit Wirkung vom 1. Juli dieses Jahres z. B. die Mittel für den privaten Schutzraumbau erhöht, und sie hat die Mittel, die für Mehrzweckanlagen vorgesehen sind, pauschaliert, um auf diese Weise dem Papierkrieg, der in den vergangenen Jahren der Herstellung einer Mehrzweckanlage vorausgegangen ist, Einhalt zu gebieten und das Verfahren zu vereinfachen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Unertl.
Herr Staatssekretär, ist in diesem Zusammenhang daran gedacht, beim neuen Gemeindefinanzierungsgesetz unter Umständen den Kommunen mehr Mittel zukommen zu lassen? Ich denke hier an Bauten nicht nur in den Ballungsräumen, sondern auch auf dem flachen Lande.
Die Bundesregierung hat eine solche Entscheidung bereits zum 1. Juli dieses Jahres mit Wirkung von diesem Tage an getroffen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich danke dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Dorn.
Damit sind wir am Ende der Fragestunde und zugleich am Ende der Tagesordnung. Die nicht erledigten Fragen werden schriftlich beantwortet, soweit sie nicht zurückgezogen sind.
Ich berufe das Haus ein, auf Mittwoch, den 4. November 1970, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.