Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Folgende amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat am 15. September 1970 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Jacobi , Fritsch, Dr. Rutschke und Genossen betr. Zahlung von Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen an Deutsche in den unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten — Drucksache VI/1061 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache VI/1149 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat am 16. September 1970 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Strauß, Stücklen, Höcherl, Wagner , Dr. Schneider (Nürnberg), Dr. Fuchs, Dr. Kreile, Ziegler und Genossen betr. tarifliche Situation von Angestellten der Bundesregierung — Drucksache VI/1080 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache VI/1153 verteilt.
Ich rufe den einzigen Punkt der Tagesordnung auf:
Fragestunde
— Drucksache VI/ 1138 —Wir kommen zunächst zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortung ist die Frau Staatssekretärin anwesend.
Ich rufe die Frage 80 des Abgeordneten Wagner auf:
In welcher Höhe sind im Bereich des Bundeskanzleramtes in den Jahren 1966, 1967, 1968 und 1969 Gerichts- und Anwaltskosten in Personalvertretungssachen angefallen?
Darf ich Sie bitten, Frau Staatssekretärin.
Herr Abgeordneter, im Jahre 1966 sind keinerlei Prozeßkosten oder Anwaltskosten in Personalvertretungssachen angefallen. Im Jahre 1967 handelt es sich um die Summe von 649,20 DM, im Jahre 1968 um 3 675,27 DM, und im Jahre 1969 um 18 972,52 DM.
Eine Zusatzfrage?
Nein. Ich hatte noch eine zweite Frage gestellt.
Dann kommen wir gleich zu der ebenfalls von dem Abgeordneten Wagner gestellten Frage 81:
Aus welchem Anlaß sind im vierten Vierteljahr des Rechnungsjahres 1969 derartige Kosten in der außergewöhnlichen Höhe von 18 093,34 DM angefallen?
Bitte sehr!
Die gesamten Ausgaben des Jahres 1969 sind durch zwei gerichtliche Verfahren verursacht worden, die der Vorsitzende des Personalrats wegen Behinderung der Tätigkeit des Personalrats im Jahre 1967 eingeleitet hat und die im Juni 1968 bzw. August 1969 abgeschlossen worden sind. Der größte Teil dieses Betrages ist auch bereits in den ersten drei Quartalen des Jahres 1969 bezahlt bzw. in Rechnung gestellt worden.
Daß die gesamten überplanmäßigen Ausgaben gleichwohl erst in der Zusammenstellung für das vierte Vierteljahr des Rechnungsjahres 1969 ausgewiesen sind, ist wie folgt zu erklären: Die zuerst entstandenen Mehrausgaben sind mit grundsätzlicher Zustimmung des Herrn Bundesministers der Finanzen geleistet worden. Da mit weiteren Ausgaben gerechnet werden mußte, deren Höhe ungewiß war, wurde der endgültige Antrag auf Erteilung der Zustimmung zu den überplanmäßigen Ausgaben zurückgestellt, bis deren Gesamthöhe endgültig feststand. Dieses Verfahren ist in derartigen Fällen allgemein üblich.
Frau Staatssekretärin, steht der hohe Ansatz des Jahres 1969 auch in Zusammenhang mit der Entbindung von Beamten des Bundeskanzleramtes von ihren Dienstgeschäften?
Nein, Herr Abgeordneter. Ich glaube, das ist auch aus der bisherigen Beantwortung eindeutig hervorgegangen. Der hohe Betrag hängt einzig und allein mit Gerichtsverfahren zusammen, die im Jahre 1967 eingeleitet und 1968 bzw. 1969 beendet worden sind. Der ganze Vorgang fällt also in die Amtszeit der vorherigen Bundesregierung.
Keine weitere Zusatzfrage.
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3616 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1970
Vizepräsident Dr. JaegerIch danke Ihnen, Frau Staatssekretärin.Ich komme nunmehr zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen. Der Herr Bundesminister ist selbst anwesend.Ich rufe die Frage 61 des Herrn Abgeordneten Wohlrabe auf:Welche Maßnahmen und Vorkehrungen beabsichtigt die Bundesregierung nach den neuesten Terroranschlägen einzuleiten, um deutsche Luftverkehrsmaschinen vor Überfällen arabischer Terroristen zu schützen?Bitte sehr, Herr Bundesminister!
Herr Präsident, die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs ist nach § 29 des Luftverkehrsgesetzes Aufgabe der Luftfahrtbehörden. Der Bundesminister für Verkehr als oberste Luftaufsichtsbehörde hat über die vor den Flugzeugentführungen am 6. September 1970 bereits durchgeführten umfangreichen Sicherungsmaßnahmen hinaus folgende umfassende Vorkehrungen getroffen:
Erstens. Alle Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen, denen sich die Passagiere im grenzüberschreitenden Luftverkehr zu unterziehen haben, sind verstärkt worden. Es werden bei jedem Passagier Personenkontrollen und Kontrollen des Handgepäcks vorgenommen. Ich habe gestern angewiesen — es wird ab heute durchgeführt —, daß kein Flugzeug, das ins Ausland fliegt, ob im Linien- oder im Charterverkehr, Starterlaubnis bekommt, wenn nicht feststeht, daß diese Kontrollen bei allen Passagieren durchgeführt worden sind.
Zweitens. Die Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen sind auch auf den innerdeutschen Luftverkehr ausgedehnt worden, einschließlich des Berlin-Verkehrs. Hier werden die Ausweise kontrolliert, und die Kontrollbehörden sind angewiesen, Stichproben bei Personen und beim Handgepäck vorzunehmen.
Drittens. Technische Geräte zum Aufspüren von Waffen, Bomben und ähnlichen Sabotagemitteln werden — zusätzlich zu den vom Personal durchgeführten Kontrollen — in verstärktem Maße eingesetzt.
Eine Zusatzfrage? — Nein. Dann rufe ich die ebenfalls von dem Abgeordneten Wohlrabe gestellte Frage 62 auf:
Ist insbesondere daran gedacht, vor allem auf internationalen Routen den Flugzeugen der Lufthansa und anderer deutscher Fluggesellschaften Sicherheitsbeamte, wie sie die Fluggesellschaft EL AL Israel Airlines einsetzt, zum Schutz des Flugverkehrs beizugeben?
Die Bundesregierung beabsichtigt zur Zeit nicht, Sicherheitsbeamte an Bord von Luftfahrzeugen mitfliegen zu lassen, weil der Versuch, eine Entführung während des Flugs mit Gewalt zu verhindern, zu einer unserer Auffassung nach nicht vertretbaren Gefährdung von Passagieren und Besatzung führen würde. In dieser Auffassung befindet sich die Bundesregierung auch in
Übereinstimmung mit den Fluggesellschaften, den Piloten und ihren Vertretungen.
Die Bundesregierung hält es vielmehr für zweckdienlicher, durch umfangreiche und nachhaltige Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen zu verhindern, daß jemand mit Waffen, Sabotagegerät oder Bomben an Bord eines Flugzeugs gelangt, und hält, wenn das sichergestellt ist, die Besetzung der Flugzeuge mit bewaffneten Beamten auch für überflüssig.
Eine Zusatzfrage, bitte sehr!
Unter dem Gesichtspunkt, Herr Bundesminister, daß soeben die Beigabe von Sicherheitsbeamten auf Flugzeugen der Lufthansa und anderer deutscher Fluggesellschaften und damit ein wesentlicher Schutz der Passagiere abgelehnt wurde, frage ich, ob Überlegungen darüber angestellt worden sind, warum EL AL Israel Airlines diesen Schutz gewährt, und warum dies gleichzeitig nunmehr Pan American und Trans World Airways im amerikanischen Bereich, anerkanntermaßen große und renommierte Fluggesellschaften, tun. Ich frage darüber hinaus, welche Vorstellungen die Bundesregierung für den Fall entwickelt hat, daß infolge der soeben von Ihnen ausgesprochenen Weigerung Flugzeugpassagiere durch Entführung zu Schaden kommen.
Herr Kollege, ich muß zunächst sehr heftig widersprechen, wenn Sie unsere Entscheidung, keine bewaffneten Beamten an Bord von Flugzeugen fliegen zu lassen, als eine Verweigerung von Schutz gegenüber den Passagieren bezeichnen.
Ich bin der Auffassung, man muß die sehr harte und nachhaltige Belästigung durch scharfe Kontrollen bei allen ins Ausland fliegenden Passagieren bis zur Leibesvisitation, die auch durchgeführt wird, dagegen abwägen, daß man bei weniger scharfen Kontrollen am Boden das Risiko eingeht und hinnimmt, daß doch jemand mit Waffen oder Bomben an Bord ist und dann nicht nur das Flugzeug entführt, sondern bei Auseinandersetzungen mit Waffen an Bord die gesamte Besatzung und alle Passagiere des Flugzeuges in tödliche Gefahr bringt. Flugzeuge sind so empfindliche Körper, daß ein Schuß, der aus einer Pistole abgefeuert wird, Hydraulik und andere für die Landefähigkeit des Flugzeugs wichtige Einrichtungen in einem hohen Maße nachteilig beeinflussen kann. Das bringen alle Techniker übereinstimmend zum Ausdruck. Diese Gefahr ist wesentlich schwerwiegender zu veranschlagen als die Belästigung der Passagiere durch eine Leibesvisitation vor dem Flug.Bei dem Fall der EL-AL-Maschine in Amerika, den auch Sie angeführt haben, hat nur das technische Versagen des Mechanismus einer Handgranate die Katastrophe an Bord verhindert. Wir möchten solche Risiken nicht eingehen und glauben auch, daß sie ausgeschlossen sind.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1970 3617
Bundesminister LeberIm übrigen muß man wissen, daß man hier eine ganze Reihe von Fragen aufwirft, die sich vielleicht in Amerika anders stellen als bei uns. Bei uns liegt nach dem Luftverkehrsgesetz die Kommando- und Ordnungsgewalt im Flugzeug allein beim Kapitän. Wenn nun eine zweite Ordnungskraft an Bord kommt, die mit Waffen ausgestattet ist, kann es sein, daß in die Ordnungshierarchie im Flugzeug eine Störung hineinkommt, deren Konsequenzen nicht überschaubar sind. Auf jeden Fall kann niemand gegen den Willen der Piloten eine solche Anordnung treffen, insbesondere wenn man überzeugt sein kann, daß sie von der Sache her nicht geboten ist.
Eine zweite Zusatzfrage, Abgeordneter Wohlrabe.
Würden Sie die Freundlichkeit haben, Herr Bundesminister, dem Hause darzulegen, warum andere Fluggesellschaften diese Sicherheitsmaßnahmen und -vorkehrungen — sicher auch in Erwägung der von Ihnen angeführten Argumente — trotzdem treffen und welche Maßnahmen entsprechend meiner zweiten Zusatzfrage die Bundesregierung für den Fall getroffen hat, daß auf Grund der Verweigerung dieses Schutzes oder eines anderen Schutzes Flugpassagiere durch eine Flugzeugentführung z. B. auf einer Lufthansa-Maschine zu Schaden kommen.
Herr Abgeordneter Wohlrabe, dies ist bereits Ihre zweite Zusatzfrage. Sie können sie nicht in zwei Fragen untergliedern. Nur der erste Teil ist noch als Zusatzfrage zulässig. Vielleicht findet sich jemand anders, der Ihre Frage noch aufgreift. Aber Sie können keine weiteren mehr stellen. Bitte sehr, Herr Minister!
Ich kann nur sagen, wir halten diese Maßnahme, bewaffnete Polizeikräfte an Bord zu nehmen, nicht für einen zusätzlichen Schutz, sondern für eine besondere, erhöhte Gefährdung von Passagieren und Fluggerät. Diese Auffassung wird auch von den Luftfahrtgesellschaften und den Piloten geteilt. Ich bin nicht zuständig für Entscheidungen, die in Amerika getroffen werden, sage aber hier, ohne Kritik an der amerikanischen Regierung zu üben, ich hätte mich gefreut, wenn die Vereinigten Staaten von Amerika seit zwei Jahren überlegt hätten, was sie gegen Flugzeugentführungen tun können, und es nicht erst dazu hätten kommen lassen, daß sich das nun wie ein Bazillus über die ganze Welt ausbreitet. Die Reaktion dort kommt sehr spät.
Im übrigen kontrolliert man in der Schweiz den Passagier am Boden nicht so eingehend, wie wir das tun, schließt damit nicht aus, daß jemand mit Waffen und Bomben und Sabotagegerät an Bord kommt, und bringt nun den bewaffneten Polizisten an Bord. Das hat die Schweizer Fluggesellschaft angekündigt, das ist meines Wissens nicht die Entscheidung der Schweizer Regierung" die ist noch nicht gefallen. Ich habe gestern abend Informationen bekommen, woraus ich schließen kann, daß dabei nicht nur Überlegungen, wie wir sie hier diskutieren, eine Rolle spielen, sondern auch Fragen der Ökonomie und geschäftliche Überlegungen damit verbunden sind. Ich will das hier aber nicht weiter vertiefen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Walz.
Herr Minister, wenn Sie glauben, daß die Amerikaner schon früher eine Lösung hätten finden können, obwohl doch heute niemand weiß, wie diese Lösung aussehen soll: was hätten Sie da eigentlich von den Amerikanern erwartet, um diesen „Bazillus nicht auszubreiten"?
Nun, z. B. hätten die Amerikaner früher überhaupt irgend etwas tun können. Es ist ja nichts geschehen. Es ist auch nicht kontrolliert worden, sondern es ist immer nur registriert worden, daß fast jede Woche — ein Flugzeug nach Kuba flog. Die Dinge sind in Amerika auch erst zum Gegenstand von Gegenmaßnahmen geworden, als sich das über Amerika hinaus weiterentwickelt hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Niegel.
Herr Bundesminister, warum hat dann die Bundesregierung nicht auch seinerzeit schon irgendwelche Überlegungen angestellt, wie Sie jetzt in Ihrer Kritik an dem befreundeten Staat USA herausgestellt haben?
Das ist keine Kritik an dem befreundeten Staat USA. Wenn ich hier im Parlament gefragt werde, sage ich die Wahrheit und gebe Antwort. Es ist in der Tat ein Mangel, den ich feststelle, der dort eingetreten ist.Im übrigen kann ich nur sagen: die Bundesregierung hat von allem Anfang an, als die Dinge für uns politisch überhaupt relevant wurden, getan, was sie konnte. Wir haben nationale Maßnahmen getroffen, die jetzt verschärft worden sind. Auf unsere Initiative ist zurückzuführen, daß im März 1970 eine europäische Luftfahrtkonferenz mit dem Ziel abgehalten worden ist — das war unser Ziel —, eine weltweite Luftfahrtkonferenz zustande zu bringen, die auch abgehalten worden ist und meiner Auffassung nach gute Ergebnisse erzielt hat. Die Ergebnisse sind in Vorschlägen formuliert, die im November einer internationalen Konferenz in Amsterdam vorliegen werden, um dort zum Gegenstand von internationalem Recht zu werden, einschließlich der Achtung solcher Terrormaßnahmen, wie wir sie erlebt haben.Die Bundesregierung ist also national nicht untätig gewesen und hat international eine Reihe von Initiativen ergriffen, die hoffentlich weltweit zu Ergebnissen führen werden.
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3618 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1970
Wir kommen nunmehr zu der Frage 63 des Abgeordneten Weigl:
Trifft es zu, daß die Bundesregierung bisher bei der Europäischen Investitionsbank keine Mittel für die Verkehrserschließung ihrer Notstandsgebiete, z. B. für den Autobahnanschluß der Oberpfalz und Niederbayern beantragt hat?
Bitte sehr, Herr Bundesminister!
Die Bundesregierung hat bei der Europäischen Investitionsbank bisher keine Mittel für die Verkehrserschließung von Notstandsgebieten beantragt. Die im jeweiligen Straßenbauhaushalt zur Verfügung stehenden Kreditermächtigungen konnten bisher stets mit inländischen Kapitalmarktmitteln — Öffa-Mitteln — zu günstigen Bedingungen abgedeckt werden. So wurde u. a. auch das gemeinsame Strukturprogramm für die Strukturgebiete Ruhr, Saar, Zonenrandgebiet in den Jahren 1969 und 1970 von der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Arbeiten als Finanzträger finanziert. Aus diesem Strukturprogramm flossen bzw. fließen in die als Beispiel aufgeführten Gebiete der Oberpfalz und Niederbayerns rund 1,6 Millionen DM.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Weigl.
Herr Bundesminister, finanziert die Europäische Investitionsbank in anderen EWG-Ländern Straßenbaumaßnahmen der Art, die ich hier angesprochen habe?
Ja, das tut sie zum Teil. Nur sind das EWG-Länder, die nicht über Kapitalmarktvoraussetzungen verfügen, wie die Bundesrepublik sie hat. Im übrigen muß man die Mittel der Europäischen Investitionsbank zurückzahlen. Wenn man bei der Europäischen Investitionsbank keine günstigeren Zinskonditionen erhält und die Gelder auch national — über unsere Öffa — bekommen kann, dann sehe ich nicht ein, daß es der Haltung der Bundesregierung und der Lage unseres Landes adäquat wäre, die Europäische Investitionsbank in Anspruch zu nehmen.
Keine Zusatzfrage.
Dann kommen wir zur Frage 64 des Abgeordneten Seiters:
Trifft es zu, daß der Fahrkostentarif bei der Deutschen Bundesbahn, nach dem bereits für Kinder ah 4 Jahren der halbe, für Kinder ab 10 Jahren der volle Preis gezahlt werden muß, familienungünstiger ist als in den anderen westeuropäischen Staaten, und wenn ja, auf welchen Überlegungen beruht dieser Tarif?
Bitte, Herr Bundesminister!
In der Tat gibt es neben zahlreichen Ländern, deren Tarifvorschriften denen der Bundesrepublik entsprechen, einzelne westeuropäische Staaten, in denen höhere Altersgrenzen für die kostenlose Beförderung der Kinder und die Beförderung zum halben Preis eingeführt sind. Je-
doch können bei der Frage nach der Begünstigung der Familien diese Altersgrenzen nicht isoliert betrachtet werden. Man muß sie vielmehr im Zusammenhang mit der Gesamtheit der jeweils eingeführten Ermäßigungen für Jugend und Familie betrachten. In der Zahl und im Ausmaß solcher Vergünstigungen steht die Bundesregierung meiner Auffassung nach mit an der Spitze aller Länder und wird wahrscheinlich von keinem Land übertroffen.
Eine Zusatzfrage? — Nein. Dann kommen wir zur Frage 65 des Abgeordneten Seiters:
Gedenkt die Bundesregierung, in absehbarer Zeit die genannte Regelung zu verbessern, etwa wie in der Schweiz, in der die Grenze für den halben Preis bei 6 und für den vollen Preis bei 16 Jahren liegt?
Bitte, Herr Bundesminister.
Wie bereits ausgeführt, gilt in der Bundesrepublik eine recht befriedigende tarifliche Regelung für die Eisenbahnreisen der Jugendlichen. Eine Änderung dieser Regelung ist daher gegenwärtig nicht beabsichtigt.
Dann kommen wir zu der Frage 66 der Frau Abgeordneten Lauterbach:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, der unverantwortlichen Gefährdung von Reisenden und Mannschaften des zivilen Luftverkehrs durch Terroristengruppen sofort und auf Dauer Einhalt zu gebieten, sowohl auf nationaler wie auf internationaler Ebene, gegebenenfalls auch mit Mitteln eines vorübergehenden Boykotts im Flugverkehr und wirtschaftlicher Sanktionen gegen jene Länder, die in diesem Zusammenhang keine entsprechenden Maßnahmen gegen solche Gruppen auf ihrem Territorium durchführen?
Bitte, Herr Bundesminister!
Hinsichtlich der Sicherungsmaßnahmen in der Bundesrepublik nehme ich auf die Beantwortung der Frage des Herrn Kollegen Wohlrabe Bezug. Auf internationalem Gebiet wird eine noch engere Zusammenarbeit angestrebt. Nach der Sondersitzung der Europäischen Zivilluftfahrtkonferenz im März in Paris und der außerordentlichen Vollversammlung der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation in Montreal — wie ich sie soeben schon dargestellt habe —, auf der bis ins einzelne gehende Sicherungsmaßnahmen beschlossen wurden, wird noch in dieser Woche eine Zusammenkunft der maßgeblichen europäischen Zivilluftfahrtverwaltungen in Den Haag abgehalten. Wirtschaftliche Sanktionen und ein Luftverkehrsboykott gegen Staaten, die auf ihrem Territorium keine Maßnahmen gegen Terroristengruppen ergreifen, können allenfalls auf internationaler Ebene beschlossen werden. Solche Maßnahmen wirken aber weiter und haben — über die betroffenen Länder hinaus — auch Beeinträchtigungen des interkontinentalen Luftverkehrs zur Folge. Sie müssen daher von allen Staaten — auch von uns sorgfältig abgeklärt werden.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1970 3619
Herr Minister, wie beurteilen Sie die Möglichkeiten und den Erfolg einer solchen internationalen Kooperation auf dem Wege dieser Sondersitzungen?
Ich hoffe, daß Rechtsgrundlagen erarbeitet werden, die alle Staaten verpflichten, strafrechtliche Maßnahmen gegen Entführer von Flugzeugen zu ergreifen. In diesem Zusammenhang wird auch die Frage der Auslieferung eine Rolle spielen. Ferner spielt dabei die Überlegung eine Rolle, ob Flugzeuge, die sich in der Gewalt eines Entführers befinden, Landerechte erhalten sollen oder nicht. Weiter steht die Frage zur Debatte, wie das Verhältnis zwischen Staaten, die derartige Terroraktionen ächten, und solchen Staaten, die nichts gegen solche Terrorakte unternehmen, sein soll. Ich hoffe, daß das, was erarbeitet worden ist, auch Gegenstand der Vereinbarungen wird, die hoffentlich noch in diesem Jahre zu erwarten sind.
Eine zweite Zusatzfrage.
In Zusammenhang mit den — andernorts seit langen Jahren stattfindenden - Flugzeugentführungen ist vor einigen Tagen von einem Experimentierstadium der Kontrollmöglichkeiten gesprochen worden. Wann ist nach Ihrer Kenntnis in etwa ein Ende dieses Experimentierstadiums der Kontrollmöglichkeiten absehbar?
Die Bundesregierung hat sich auch heute wieder mit diesem Sachverhalt befaßt. Wir sind der Auffassung, daß die Kontrollen, die gegenwärtig auf unseren Flughäfen durchgeführt werden, für den grenzüberschreitenden Flugverkehr — dort ergibt sich die Notwendigkeit am ehesten —verschärft werden sollten. Ich gehe aber persönlich von der Überlegung aus, daß es sich hier nicht um Delikte handelt, mit denen wir es 100 Jahre lang zu tun haben werden. Ich gehe davon aus, daß wir deshalb keine neuen Polizei- und Bundeseinrichtungen zu schaffen haben, und meine, daß diese Kontrollen pragmatisch durchzuführen sind. Es wird eine Verständigung mit den an sich zuständigen Ländern dahin gehend angestrebt — die Länder verfügen aber nicht über ausreichende Möglichkeiten in jeder Beziehung -, daß die Kontrollen von Zivilpersonen durchgeführt werden, die in ausreichender Zahl da sein sollen. Dazu brauchen wir keine neuen Ämter und keine neuen Polizeibataillone mit den entsprechenden Planstellen. Diese Aufgabe könnte meiner Auffassung nach auch eine bestehende Einrichtung erfüllen, z. B. das für die technische Sicherheit zuständige Luftfahrtbundesamt oder die für den Flugverkehr zuständige Flugsicherung, die teils ja auch Verkehrspolizei der Luft ist.
Dazu braucht man auch keine umgeschnallten Pistolen. Jeder Passagier wird visitiert und kontrolliert, und wenn er nicht bereit ist, sich kontrollieren zu lassen, also sich etwa zumuten zu lassen, was
er von seinem Nachbarn, der mit ihm fliegt und den er für verdächtig hält, erwartet, wird er ganz einfach nicht mitgenommen. Mitfliegen kann nur, wer sich dieser Kontrolle unterzieht. Für diese Kontrolle braucht man keine Polizeibeamten. Es genügen auch zivile Ordnungskräfte. Das Verfahren, das wir — wenn auch improvisiert — gegenwärtig üben, zeigt, daß das zu machen ist.
Darüber hinaus wird die Regierung einen Forschungsauftrag erteilen — ich habe darüber mit dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung bereits gesprochen —, um die technischen Geräte, die es gibt, nach Möglichkeit zu vervollständigen, um auf diese Weise neben der personalen Kontrolle, die wir durchführen, nach Möglichkeit auch sichere Instrumente in die Hand zu bekommen, damit man die Gewähr haben kann, daß niemand mit einem Instrument an Bord gelangt, das dort irgendwelchen zerstörerischen Akten dienstbar gemacht werden könnte.
Herr Abgeordneter Wohlrabe, Sie kommen jetzt doch noch zu einer Zusatzfrage.
Da nach meiner Auffassung diese Maßnahmen nicht ausreichen, möchte ich, Herr Bundesminister, fragen, welche Vorkehrungen die Bundesregierung für den Fall getroffen hat, daß Flugpassagiere in deutschen Maschinen — ich denke insbesondere an die Lufthansa — entführt werden. Welche Maßnahmen sind getroffen worden, um die Passagiere davor zu schützen?
Wir bestrafen die Täter und schützen uns davor, daß jemand überhaupt zum Täter werden kann. Wenn ich zwischen beidem abzuwägen habe, gehe ich auch hier nach der Methode vor: Es ist wichtiger, mit allen Möglichkeiten — auch technischer Art —, die ich habe, zu verhindern, daß jemand ein Verbrechen begehen kann, als mir nachher Gedanken machen zu müssen, wie ich mich mit Tätern mit Schießeisen in Flugzeugen auseinandersetzen kann.
Im übrigen werden uns — das werden Sie verstehen, Herr Kollege Wohlrabe — auch aus der mitdenkenden Bevölkerung viele Vorschläge gemacht. Ich möchte Ihnen einmal einen dieser Vorschläge nennen. Ein ehemaliger General — wenn ich Ihnen den Namen nennen würde, könnten Sie sich noch mehr dabei vorstellen — hat mir geraten, alle Passagiere, ehe sie ins Flugzeug gehen, mit Handschellen kampfunfähig zu machen, damit keiner schießen kann. So weit können wir die Dinge allerdings nicht treiben.
Herr Abgeordneter Niegel zu einer Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, glauben Sie nicht, daß das Mitfliegen von Schutzpolizisten eine ähnliche vorkehrende Maßnahme ist?
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3620 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1970
Ich glaube nicht. Wir können hier nicht diskutieren. Wir haben das aber beispielsweise bei der Erörterung im Kabinett getan. Ich frage Sie: Wie viele Polizisten sollen es dann sein? Einer? Das bekommen die Banditen heraus; dann sind drei Terroristen da; einer, mit dem sich der Polizist auseinandersetzt, steht vor ihm, und dahinter — so wie ein Flugzeug nun einmal besetzt ist — sind noch zwei mit Revolvern. Dann wird der Polizist überwunden, und dann findet das Feuergefecht an Bord statt.
Es ist die Frage, wie adäquat die Mittel überhaupt sein müssen. Überdies weiß ich gar nicht, ob eine Pistole noch gegen eine abgezogene Handgranate hilft. Ich muß also verhindern, daß der Terrorist eine Handgranate mitnehmen kann. Ich habe auch — ich gebe das zu — eine Zeitlang die Auffassung vertreten: jetzt müssen wir bewaffnete Kräfte an Bord nehmen. Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, wir kommen auf andere Weise, indem wir nämlich verhindern, daß man dort Sabotage mit Waffen. und Bomben ausüben kann, besser zum Ziel. Wir sollten uns auch nicht verleiten lassen, das, was bei der Beurteilung dieses Sachverhalts gefühlsmäßig wahrscheinlich jeder von uns einmal gedacht hat, tatsächlich zu realisieren.
Noch eine Frage? — Bitte sehr! Ich bitte doch die Damen und Herren, die eine Frage stellen wollen, sich rechtzeitig ans Mikrophon zu begeben. Dann sind sie auch klar zu erkennen. Bitte sehr!
Herr Bundesminister, ist die Bundesregierung bereit, auf nationaler Ebene die unübersichtliche Rechtslage beim polizeilichen Einsatz im Luftverkehr und auch auf unseren Flughäfen zu verbessern und die Unübersichtlichkeit zu beseitigen?
Ich habe begonnen, mit einigen Landesregierungen Gespräche zu führen, Herr Kollege, um nach Möglichkeit zu einer Verständigung zu kommen. Wenn man das tun wollte, was Sie anregen, müßte man ein neues Gesetz schaffen und das bestehende Luftverkehrsgesetz ändern. Das würde nach allen Erfahrungen, weil es in verfassungsmäßige Zuständigkeiten hineinreicht, wahrscheinlich viele Monate dauern. So viel Zeit haben wir nicht. Ich unterstelle, daß man auf Grund der Erfahrungen, die jetzt gemacht werden, auch im Deutschen Bundestag Überlegungen anstellt, wie man das künftig konkreter in Ordnung bringen kann, und die gesetzgeberische Basis klärt. Im Augenblick aber müssen wir pragmatisch vorgehen. Ich hoffe, daß wir, die Länder und die Bundesregierung, genügend aufeinander zukommen, um so viel Schutz gewährleisten zu können, wie es auch mit einem Gesetz möglich wäre.
Noch eine Zusatzfrage? — Bitte sehr!
Herr Bundesminister, haben Sie den Eindruck, daß alle Länder, auch die nicht von den Terrorakten betroffenen, gewillt sind, gegen diese Gefährdung von Flugzeugen mit aller Entschiedenheit vorzugehen? Bestehen irgendwelche Unterschiedlichkeiten in der Auffassung?
Natürlich gibt es unterschiedliche Auffassungen. Zunächst gehören gar nicht alle Länder der internationalen Vereinigung, also der ICAO, an. Der ganze Ostblock einschließlich Rußland ist nicht beteiligt. Die Russen sind aber als Beobachter dabei gewesen, und wie wir wissen, neigt man in der Zwischenzeit, nachdem sich herausstellt, daß es auch dort Leute gibt, die eine Flugzeugentführung als einen geeigneten Weg in den Westen empfinden, dazu, hier doch ein anderes Urteil und andere Maßstäbe anzulegen, als das vielleicht vor Monaten noch der Fall war. Man weiß nie, wie internationale Konferenzen entscheiden werden. Ich hoffe, die Entscheidung wird mit großer Mehrheit gefällt und wird dann auch von allen Parlamenten der Welt ratifiziert.
Herr Abgeordneter Müller zu einer Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, halten Sie es nicht aus Gründen der allgemeinen Sicherheit für erforderlich, jetzt schon Vorbereitungen zu treffen für ein eventuelles Bundesgesetz, das Sie angesprochen haben, falls die bisher getroffenen Vorkehrungen nicht ausreichen?
Wir sind dabei, solche Überlegungen anzustellen. Ich halte sie langfristig für geboten. Wie Sie jedoch wissen, Herr Kollege, sind verfassungsändernde Mehrheiten in diesem Hause auch für solche Vorhaben so rasch und so leicht nicht zu erzielen. Wir können aber nicht zehn Monate warten, bis ein solches Gesetz mit verfassungsändernder Mehrheit und mit allem, was in dem ganzen Entwicklungsstadium an Beratungen und Überlegungen dazugehört, verabschiedet ist. Wir müssen jetzt handeln. Ich hoffe, daß es gelingt, das weiterhin mit gutem Erfolg zu tun.
Ich komme nun zu der Frage 67 des Abgeordneten Dr. Fuchs:
Ist die Bundesregierung bereit sicherzustellen, daß die Bundeautobahn München—Deggendorf in der ersten Dringlichkeitsstute bis 1975, der bereits begonnene Bauabschnitt WallersdorfFischerdorf bis 1973 fertiggestellt wird?
Bitte sehr, Herr Bundesminister!
Im Rahmen der für den Bundesautobahnneubau im ersten Fünfjahresplan für den Ausbau der Bundesfernstraßen von 1971 bis 1975 zur Verfügung stehenden Mittel ist es nicht möglich, alle Abschnitte der Bundesautobahnneubaustrecke München-Deggendorf, die in die erste
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1970 3621
Bundesminister LeberDringlichkeitsstufe eingestuft sind, bis 1975 fertigzustellen. Lediglich der im Bau befindliche Abschnitt Wallersdorf-Sautorn wird im Rahmen der verfügbaren Mittel voraussichtlich in der zweiten Hälfte des ersten Fünfjahresplanes fertiggestellt werden.Falls weitere ausreichende Mittel für den Bau neuer Bundesfernstraßen in den nächsten Jahren bereitgestellt werden können, wäre zu prüfen, inwieweit aus solchen zusätzlichen Mitteln auch weitere Dotierungen für den Fortbau der Autobahn München-Deggendorf abgezweigt werden können. Da ich solche zusätzlichen Mittel im Augenblick nicht sehe, möchte ich mich auch jeder Hypothese enthalten, wieviel das sein könnte.
Herr Dr. Fuchs, die erste Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, ist es, da mit dem Bau des Abschnitts WallersdorfFischerdorf bereits begonnen worden ist, nicht aus Gründen einer wirtschaftlichen Abwicklung des Baufortschrittes notwendig, ihn in etwa drei bis vier Jahren abzuschließen, wie Sie sich selber ja in einem Brief zu dieser Frage geäußert haben?
Herr Kollege, ich stehe unter dem Eindruck der finanziellen Situation. Kein Verkehrsminister kann mehr Geld ausgeben, als ihm vom Parlament bewilligt wird. Wir haben es außerdem mit einer Kostensteigerung zu tun, die im Bundesfernstraßenbau, im Autobahnbau, zwischen 17 und 23 '0/o liegt. Das vergrößert nicht unseren Spielraum. Ich bitte deshalb einzusehen, daß ich im Augenblick irgendwelche Zusagen, die ich natürlich auch halten muß, wenn ich sie hier im Hohen Hause gebe, nicht machen kann.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, können Sie angesichts der soeben von Ihnen geschilderten finanziellen Lage, aber auch angesichts der Tatsache, daß Sie selbst sicherlich diese Strecke für die Erschließung des wirtschaftlich schwachen Gebiets für wichtig und vordringlich halten, in etwa angeben, wann mit der Realisierung des gesamten Projekts zu rechnen ist?
Das kann ich im Augenblick nicht sagen, und niemand könnte Ihnen dafür ein Stichwort geben.
Im übrigen erlaube ich mir, Sie auf folgendes hinzuweisen. Ich habe diese Autobahn zur Überraschung der bayerischen Landesregierung in unsere Planung aufgenommen, und ich bitte alle Beteiligten, die einmal die Nutznießung dieser Autobahn haben werden, um Verständnis dafür, daß ein Projekt, das vor etwa einem Jahr überhaupt erst in die Planung aufgenommen worden ist, und zwar in einem Gebiet, das auch ich gern erschließen möchte, nicht den Vorrang vor Autobahnen beispielsweise in anderen bayerischen Gebieten bekommen kann, in denen der Verkehr schon stark entwickelt oder zähflüssig ist. Man kann dort nicht Mittel abziehen, um sie für die Strecke MünchenDeggendorf zu verwenden.
Wenn ich zusätzliche Mittel bekäme oder wenn sich herausstellte, daß wir solche Mittel zur Verfügung gestellt bekommen, wäre ich gern bereit, wohlwollend zu prüfen, wie wir auch dieses Projekt, dessen ich mich in besonderem Maße angenommen habe, weiter fördern können.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fritsch.
Herr Minister, stimmen Sie mir zu, wenn ich zu der in dieser Frage enthaltenen Forderung meine, daß sich das Problem in dieser Form nicht stellte, wenn man den berechtigten Wünschen Niederbayerns in den letzten zwanzig Jahren rechtzeitig und entsprechend den Erfordernissen entsprochen hätte?
Ich habe einen Brief, in dem steht: Früher konnten wir es nicht fordern, denn dann hätten wir ja unsere eigenen Leute in Bonn kritisiert. Jetzt müssen wir darauf drängen, daß sie es sofort tun, denn jetzt sind die anderen dran.
Wir kommen zur Frage 68 des Abgeordneten Niegel:
Welche Führerscheine sind in den einzelnen EWG-Ländern zum Führen von Ackerschleppern auf der Straße erforderlich, und bis zu welcher Höchstgeschwindigkeit kann in den einzelnen EWG-Ländern mit dem vergleichbaren deutschen Führerschein IV gefahren werden?
Der Bundesregierung stehen keine entsprechenden Unterlagen zur Verfügung, so daß die Frage nicht kurzfristig beantwortet werden kann. Soweit Unterschiede im Fahrerlaubniswesen zwischen den einzelnen EWG-Staaten bestehen, werden diese künftig wegfallen. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat entsprechende Harmonisierungsmaßnahmen angekündigt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Niegel.
Wird die Bundesregierung Ermittlungen anstellen, um solche Unterlagen zu bekommen?
Wir kennen den Sachverhalt, Herr Kollege. Ich glaube nicht, daß weitere Ermittlungen nötig sind. Worauf es ankommt, ist, daß wir für die Fahrzeuge, die Sie meinen, nicht einen nationalen Sonderstatus, sondern nach Möglichkeit einheitliches europäisches Recht schaffen. Damit wäre auch den Interessenten, glaube ich, am
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3622 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1970
Bundesminister Leberehesten geholfen; denn es geht dabei vor allen Dingen auch um die grenzüberschreitenden Bedingungen. '
Eine zweite Zusatzfrage.
Könnten meine Informationen stimmen, daß man in Frankreich mit dem Führerschein Klasse IV mit einer Geschwindigkeit von 30 km fahren kann? Wäre das nicht eine echte Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der deutschen Landwirtschaft?
Es ist keine Wettbewerbsverzerrung, wenn man entweder den Führerschein Klasse III oder Klasse IV macht, besonders dort, wo nur wenige Traktoren schneller als 30 km fahren. Das ist meiner Ansicht nach ein zu starker Ausdruck für diesen Sachverhalt. Wir möchten ihn aber gern vereinheitlichen, und ich hoffe, daß wir eine einheitliche europäische Lösung finden.
Wir kommen zur Frage 69 des Abgeordneten Dr. Haack:
Wird die Bundesregierung darauf hinwirken, daß die Fahrpreisermäßigungen für alte Menschen bei der Deutschen Bundesbahn auch auf Personen ausgedehnt werden, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr im Arbeitsprozeß stehen können?
Bitte sehr, Herr Bundesminister!
Nach dem Gesetz ist die Bundesbahn unter der Verantwortung ihrer Organe nach kaufmännischen Grundsätzen wie ein Wirtschaftsunternehmen zu führen. Die Entscheidung über die Einführung neuer Fahrpreisermäßigungen liegt also beim Vorstand der Bundesbahn. Soweit mir bekannt ist, ist die Bundesbahn seit einiger Zeit bemüht, die schwierige Frage zu klären, welche finanziellen Auswirkungen entstünden, wenn in künftige zeitlich begrenzte Sonderaktionen zugunsten der älteren Mitbürger auch erwerbsunfähige Frührentner einbezogen würden. Es handelt sich nicht so sehr um das Problem der Willensbildung bei der Bundesbahn, ob sie nämlich will oder nicht, sondern hier stellen sich technisch-organisatorische Probleme, die nicht leicht zu überwinden sind.
Wir kommen dann zur Frage 70 des Abgeordneten Zander:
Ist die Bundesregierung bereit, die laut Pressemeldungen ab I. November 1970 für Soldaten und Unteroffiziere geplanten Vergünstigungen bei Fahrten mit der Bundesbahn im Interesse der Gleichbehandlung auch für Ersatzdienstleistende einzuführen?
Bitte sehr, Herr Bundesminister!
Die bereits bestehende Militärurlauberkarte kann ab 1. November dieses Jahres auch von den Ersatzdienstpflichtigen voll in Anspruch genommen werden,
Die nächste Frage, Frage 71 des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen, wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft, zuerst zur Frage 76 der Abgeordneten Frau Dr. Walz:
Welche Einwirkungsmöglichkeiten betrachtet der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft als „im Rahmen seiner Möglichkeiten" liegend, den „Verbund für das Fernstudium" möglichst bald zu realisieren?
Herr Staatssekretär, ich darf bitten.
Herr Präsident, der von der Konferenz der Kultusminister der Länder eingesetzte Vorbereitungsausschuß „Fernstudium im Medienverbund" hat empfohlen, einen Verbund aller beteiligten Partner am Fernstudium in der Form einer zu errichtenden Körperschaft des öffentlichen Rechts zu schaffen. Der Ausschuß hat gleichzeitig den Entwurf eines entsprechenden Bund-Länder-Abkommens vorgelegt. Nach diesem Vorschlag soll der Bund unter anderem Vertreter in das Kuratorium des Verbundes entsenden und die Hälfte der überwiegend für Forschungsarbeiten entstehenden Kosten tragen. Der Vorschlag wird Gegenstand der Beratungen in einer dafür eingesetzten Arbeitsgruppe der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung sein.
Als künftiger Vertragspartner nimmt der Bund die Möglichkeit wahr, auf die inhaltliche Gestaltung eines solchen Abkommens Einfluß zu nehmen und damit auch auf den baldigen Abschluß zu drängen.
Alternativ und ergänzend dazu könnte man einzelne für die Verwirklichung des Fernstudiums wichtigen Tatbestände wie z. B. den Termin für die stufenweise obligatorische Einführung von neu entwickelten Fernstudieneinheiten an den Hochschulen eventuell auch im Hochschulrahmengesetz regeln. Ob und in welcher Weise das geschehen soll, bedarf noch der Prüfung. Die Bund-Länder-Kommission wird sich schon in ihrer zweiten Sitzung im Oktober mit diesen Fragen befassen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Walz.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wenn nach der Ansicht des Vorbereitungsausschusses, auf den Sie sich soeben bezogen haben, das Fernstudium im Medienverbund nicht hauptsächlich ein Universitätsfernsehen sein soll und ferner das Stimmenverhältnis im Kuratorium in dem Vertrag, den Sie soeben anzogen, 33:11 ist, wie weit ist dann der Einfluß des Bundes überhaupt gesichert, nachdem gerade schon im Vorbereitungsausschuß gesagt worden ist, man möchte den Einfluß des Bundes und der Länder möglichst gering halten?
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1970 3623
Frau Kollegin Walz, Sie haben zu Beginn dieser Frage mit Recht darauf hingewiesen, daß es hier um einen Bereich geht, der nicht nur die Hochschulen, sondern das gesamte Bildungswesen berührt. Gerade deswegen hat die Bundesregierung Wert darauf gelegt, diese Fragen in das Bund-Länder-Gremium hineinzubringen, um dort, wo gemeinsame Bildungsplanung möglich ist, den gesamten Komplex zu behandeln. Von daher, glaube ich, muß man die Einflußmöglichkeiten des Bundes sehen. Ich halte sie für ausreichend.
Zweite Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Walz.
Bei einem Verhältnis von 33 : 11 scheinen mir die Einflußmöglichkeiten nicht ausreichend zu sein, Herr Staatssekretär.
Mit welchen Zeiten rechnet die Bundesregierung bis zur Realisierung eines Fernstudiums im Medienverbund ungefähr, nachdem zwar ARD und ZDF sich gerade gestern bereit erklärt und geeinigt haben, an der Planung, Entwicklung und Produktion von Fernstudieneinheiten teilzunehmen, aber gerade von den Hochschulen, die mitbeteiligt sein wollen, noch kein genügendes Material vorliegt?
Frau Kollegin Walz, es wird nicht möglich sein, hier und an dieser Stelle einen Termin zu nennen. Aber die Bundesregierung, die Länder und die beteiligten Anstalten wissen, daß dies eine drängende Frage ist. Das ist der Grund, warum wir schon im Oktober in der zweiten Sitzung der Bund-LänderKommission den ganzen Komplex erneut behandeln. Die Bundesregierung bemüht sich, so schnell wie möglich Ergebnisse zu erreichen. Hierfür müssen jedoch zunächst die erforderlichen Voraussetzungen geschaffen werden.
Eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, wenn wir annehmen, daß diese Verhandlungen noch so lange dauern, daß das Jahr bald abgelaufen ist, möchte ich Sie fragen, ob in Anbetracht der Tatsache, daß im Haushaltsplan 31 des Jahres 1970 unter dem Tit. 652 schon Mittel für die Entwicklung von Lehrprogrammen für das Fernstudium im Medienverbund bereitgestellt sind, wenigstens die Chance besteht, diese bereitgestellten Mittel in diesem Jahr noch sinnvoll einzusetzen.
Davon gehe ich aus, Herr Kollege Meinecke. Ein Teil dieser Mittel wird, wie Sie wissen, bereits in dem Forschungsinstitut in Tübingen eingesetzt. Der Abschluß und die Terminierung eines Systems der Bildung im Medienverbund ist nicht die Voraussetzung für den Einsatz dieser Mittel.
Wir kommen zur Frage 77 der Abgeordneten Frau Dr. Walz:
Hält die Bundesregierung nach ihrer Ankündigung im Frühjahr, eine Bildungsanleihe in Höhe von 1 Milliarde DM für 1970 aufzulegen, eine erste Tranche von 300 Millionen DM für ihrer Ankündigung entsprechend, nachdem der Etat des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft prozentual am höchsten von der Konjunktursperre betroffen wurde und durch die gestiegenen Baukosten erstmals ein Rückgang auf dem Investitionssektor zu verzeichnen ist?
Frau Kollegin Dr. Walz, die Bundesregierung hat nicht angekündigt, die Bildungsanleihe noch in diesem Jahr voll aufzulegen. Sie hat durch Kabinettsbeschluß vom 6. Mai Form und Zeitpunkt der Emission einer Prüfung durch den Konjunkturrat vorbehalten. Diese Prüfung ist am 2. September 1970 mit dem Ergebnis erfolgt, daß zunächst wohl ein Teilbetrag von 300 Millionen DM emittiert wird.
Die Anleihe soll zur Deckung zusätzlicher Ausgaben des Einzelplans 31 im kommenden Haushalt — auch dies wurde im Beschluß des Kabinetts vom 6. Mai deutlich gesagt — eingesetzt werden. Es reicht daher auch aus, wenn ein Teil der Bildungsanleihe erst im nächsten Jahr emittiert wird.
Es ist nicht zu leugnen, daß der nominale Ausgabenzuwachs beim Hochschulbau durch die gestiegenen Baukosten teilweise aufgezehrt wird. Die Bundesregierung wird im Jahre 1970 jedoch rund 357 Millionen DM, das sind etwa 58 %, mehr für den Hochschulbau ausgeben als im vorigen Jahr. Von einem Rückgang auf dem Investitionssektor kann somit keine Rede sein. Derartige Gerüchte, die auch der Bundesregierung bekannt sind, beruhen offenbar auf unqualifizierten Berechnungen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Walz.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wenn im letzten Jahr 4,5 Milliarden DM insgesamt für Bauten auf dem Bildungssektor ausgegeben wurden und in diesem Jahr 5,4 Milliarden DM, dann werden Sie doch selber sagen, daß bei den Baupreissteigerungen real nichts mehr übrigbleibt.
Frau Kollegin Walz, die Frage, inwieweit die Baukostensteigerungen insgesamt die von Ihnen genannte Differenz zwischen 4,5 und 5,4 Milliarden DM abdecken, läßt sich nicht mit einer Durchschnittsziffer beantworten. Ich habe Ihnen die Beträge genannt, die vom Bund für den Ausbau und Neubau von Hochschulen aufgebracht werden. Hier besteht in der Tat ein Zuwachs von 58 %, und niemand, Frau Kollegin Walz, kann wohl davon ausgehen, daß der Durchschnitt der Baupreissteigerungen im Hochbau 58 % beträgt.
Eine zweite Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Walz.
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3624 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1970
Es trifft also nicht zu, Herr Staatssekretär, daß, wie in der „Neuen Zürcher Zeitung" zu lesen war, unter Umständen eine Anleihe von 500 Millionen DM geplant sei? Es trifft aber zu, daß diese 300 Millionen DM, die Sie jetzt auflegen, zunächst für dieses Jahr noch eingefroren und erst im nächsten Jahr verwendet werden sollen?
Das ist richtig, Frau Kollegin Walz.
Dann komme ich zu Frage 78 des Abgeordneten Dr. Hermesdorf . Da er nicht im Saale ist, wird diese Frage ebenso wie die nächste, die Frage 79, schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Wie hoch waren die Ist-Ausgaben des Bundes und die Steigerungsraten gegenüber dein entsprechenden Vorjahreszeiträumen im Monat Juli 1970 sowie im Zeitraum Januar bis Juli 1970?
Herr Staatssekretär, bitte!
Wie bereits in der Beantwortung Ihrer Anfrage am 11. August 1970 ausgeführt wurde, werden die einzelnen Monatsergebnisse der Bundesausgaben in zu starkem Maße von buchungs- und zahlungstechnischen Zufälligkeiten beeinflußt, als daß sie eine sachgerechte konjunkturelle Analyse des Bundeshaushalts ermöglichen würden. Diese Tatsache wird durch die neuesten Ergebnisse der Haushaltsentwicklung bestätigt.
Im Juli 1970 lagen die Ausgaben des Bundes ohne Tilgungsausgaben, ohne Zuführung an Rücklagen und ohne haushaltstechnische Verrechnungen um 19,1 v. H. über den entsprechenden Vorjahresausgaben, im August dagegen lagen sie um 1,3 v. H. unter den Ausgaben des Vorjahres. Im Zeitraum von Januar bis Juli lagen die Ausgaben des Bundes um 12 % über den Vorjahresergebnissen. Für den Zeitraum von Januar bis August, also bei Hinzurechnung des Monats August, betrug dagegen die Steigerungsrate nur 10,1 %.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich möchte nicht bezweifeln, daß es richtig ist, daß man wegen der sicherlich vorhandenen Schwankungen nicht Monat für Monat nur allein betrachten darf. Aber ist es nicht so, daß es gerade in der Frage des Rückganges im August eine entscheidende Rolle spielt, daß diese Zahl durch sehr starke einschränkende Maßnahmen in der Betriebsmittelzuweisung erreicht worden ist und daß dies mehr oder weniger eine vorübergehende Erscheinung ist?
Herr Kollege, die Einschränkung der Betriebsmittelzuweisungen ist z. B. im September noch schärfer gewesen als im August. Im August ist zwar eine erste Einschränkung erfolgt, aber es ist noch nicht einmal der letzte Stand erreicht. Das wird erst im September der Fall sein. Ich möchte also nicht meinen, daß das eine einmalige Erscheinung ist. Es mag vielleicht eine einmalige Erscheinung insofern sein, als die Zahl unter dem Vorjahresergebnis liegt. Aber die endgültigen Ergebnisse dieser allgemeinen Einschränkung werden sich meines Erachtens erst nach dem September oder nach dem Oktober zeigen, wenn man nämlich diese Maßnahme mehrere Monate durchgeführt hat.
Sind Sie der Meinung, -daß es erreichbar ist, die Steigerungsrate des Bundeshaushalts 1970, wie bei den Beratungen angekündigt, bei rund 9 % zu halten?
Ich hoffe dies, Herr Kollege. Aber ich weise darauf hin, daß man mit Zahlen immer in einer gewissen Gefahr schwebt.
Dann komme ich zur Frage 8 des Abgeordneten Löffler. Da er nicht im Saal ist, wird die Frage schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich komme zu Frage 9 des Abgeordneten Roser. —Auch diese Frage wird schriftlich beantwortet, ebenso die Frage 10. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Dann komme ich zu Frage 11 des Abgeordneten Erpenbeck:
Trifft es zu, daß die Oberfinanzdirektion Düsseldorf Grundsätze über die Ermittlung der Mietwerte aufgestellt hat, die bei der Einkommensteuerveranlagung den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zugrunde zu legen sind?
Der für die Oberfinanzdirektion Düsseldorf zuständige Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen hat mir auf Anfrage fernschriftlich mitgeteilt, daß die Oberfinanzdirektion Düsseldorf keine Grundsätze über die Ermittlung der Mietwerte aufgestellt hat, die bei der Einkommensteuerveranlagung den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zugrunde zu legen sind.
Damit dürfte sich auch eine Beantwortung Ihrer nächsten Frage erübrigen.
Damit ist auch Frage 12 des Abgeordneten Erpenbeck erledigt:Ist es weiter zutreffend, daß diese Mietwerte vielfach über den tatsächlich erhobenen Mieten liegen und die Hauseigentümer aus steuerlichen Gründen veranlaßt werden, ihre bisherigen niedrigeren Mieten bis zu diesen Mietwerten zu erhöhen?Wir kommen zu Frage 13 des Abgeordneten Glombig. Die Frage wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. September 1970 3625
Vizepräsident Dr. JaegerIch danke Ihnen, Herr Staatssekretär, und komme zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Städtebau und Wohnungswesen.Ich rufe zunächst Frage 72 des Abgeordneten Geisenhofer auf. — Der Abgeordnete ist nicht anwesend; dann wird diese und auch die Frage 73 schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Trifft es zu, daß bundeseigene oder vom Bund mit maßgeblicher Beteiligung betriebene Wohnungsbaugesellschaften für Bundesbedienstete erhebliche Mieterhöhungen vorgenommen haben, obwohl diese Gesellschaften ausweislich des Bundeshaushaltes beträchtliche Gewinne an den Bund abführen können?
Herr Staatssekretär, ich darf bitten!
Herr Kollege Müller, Ihre Frage muß ich in der gestellten Fassung mit Nein beantworten. Es trifft zwar zu, daß die beiden Wohnungsfürsorgeunternehmen, in denen der Bund mindestens mit der Mehrheit beteiligt ist, Mieterhöhungen vorgenommen und Gewinne ausgeschüttet haben, die im Bundeshaushalt vereinnahmt worden sind. Die Gewinne, die für das Geschäftsjahr 1969 ausgeschüttet werden, betragen jedoch nur 1 bzw. 4 % des eingezahlten Kapitals der Gesellschaften, sind also nicht als beträchtlich zu bezeichnen.
Die Gewinnausschüttung beruht unter anderem auf einer wiederholten Forderung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und des Bundesrechnungshofes. Die Unternehmen haben als gemeinnützige Wohnungsunternehmen auch nur die Miete erhoben, die zur Deckung der laufenden Aufwendungen nach den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Geschäftsführung notwendig ist. Sie haben die Miete nur dann erhöht, wenn die laufenden Aufwendungen gestiegen sind. Diese Handhabung entspricht den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen. Die gemeinnützigen Wohnunasbauaesellschaften sind verpflichtet, nach dem Kostendeckungsprinzip zu arbeiten.
Im übrigen, Herr Kollege Müller, werden die Bundesbeteiligungen nach der Maßgabe der „Hinweise für die Verwaltung von Bundesbeteiligungen" vom 5. Juli 1963, im Bundesgesetzblatt erschienen, verwaltet. Dort heißt es in der Textziffer 1 Abs. 4:
Bei den nachstehenden Ausführungen sind die Entschließungen des Deutschen Bundestages, die Beschlüsse des Haushaltsausschusses und des Rechnungsprüfungsausschusses für die Berichte des Bundesrechnungshofes nach § 7 Abs. 2 Reichshaushaltsordnung, die sich auf Unternehmen des Privatrechts und auf Unternehmen des öffentlichen Rechts erstrecken, berücksichtigt worden.
In Textziffer 74 heißt es dann:
Die in Gesellschaftsorganen tätigen Beamten
sollen darauf hinwirken, daß in den Jahresabschlüssen Gewinne ausgewiesen werden, die
der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens entsprechen. Die Gewinnausschüttungen der Bundesunternehmen sollen nicht hinter denen der privaten Unternehmen zurückstehen.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Müller.
Herr Staatssekretär, können Sie mir genauere Angaben darüber geben, wann die letzte Mieterhöhung in welcher Höhe vorgenommen wurde?
Herr Kollege Müller, das ist schwer zu sagen, weil es sich bei dem Wohnungsbestand der beiden von mir angesprochenen Unternehmen um erhebliche Größen handelt. Es wird nie der Gesamtbestand angehoben, sondern nach den Grundsätzen der Berechnungsverordnungen immer nur der Teil der Wohnungen, für den neue Wirtschaftlichkeitsberechnungen auf Grund gestiegener Kosten angestellt werden müssen.
Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Müller.
Herr Staatssekretär, würden Sie mit mir übereinstimmen, daß der Bund oder bundeseigene Unternehmen gerade dann nicht Mieterhöhungen vornehmen sollten, wenn in der Öffentlichkeit dauernd über laufende Mieterhöhungen kritisiert wird?
Herr Kollege Müller, ich stimme mit Ihnen überein, daß hier ein sehr strenger Maßstab angelegt werden muß. Aber andererseits muß man dabei auch beachten, daß sich diese Gesellschaften — ob unter Bundesbeteiligung oder nicht —, soweit sie gemeinnützig sind, nach den Buchstaben des Gesetzes zu richten haben.
Ich habe mich auf Grund von Zahlenangaben davon überzeugen lassen, daß durch die vorgenommene Erhöhung lediglich versucht worden ist, zugewachsene Kosten aufzufangen.
Ich rufe die Frage 75 des Abgeordneten Weigl auf. Er ist nicht im Saal. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir stehen am Ende der Fragestunde. Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen, Freitag, den 18. September, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.