Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, mache ich darauf aufmerksam, daß Ihnen folgende Liste von Vorlagen der Bundesregierung vorliegt, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschössen überwiesen werden sollen:
Vorlage des Bundesministers des Innern
betr. Zweiter Bericht der Bundesregierung über die Anwendung der elektronischen Datenverarbeitung in der Bundesverwaltung
Bezug: Beschlüsse des Bundestages vorn 28. März und 3. Juli 1969
— Drucksache VI/648 —
zuständig: Innenausschuß
Haushaltsausschuß
Vorlage des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts
betr. Halbjahresbericht der Bundesregierung über die
Tätigkeit der Westeuropäischen Union
Bezug: Beschlüsse des Bundestages vom 22. Februar und 28. April 1967
— Drucksache VI/656 —
zuständig: Auswärtiger Ausschuß
Vorlage des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts
betr. Halbjahresbericht der Bundesregierung über die
Tätigkeit des Europarates
Bezug: Beschlüsse des Bundestages vom 22. Februar und 28. April 1967
— Drucksache VI/657 —
zuständig: Auswärtiger Ausschuß
Erhebt sich gegen die beabsichtigte Überweisung Widerspruch? — Das ist nicht der Fall; wir haben so beschlossen.
Folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in .den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Durchführungsgesetzes zum Gesetz über einen Ausgleich für Folgen der Aufwertung der Deutschen Mark auf dem Gebiet der Landwirtschaft wird als zu Drucksache VI/602 verteilt.
Wir treten in die Tagesordnung ein: Fragestunde — Drucksachen VI/694, VI/688 —. Ich rufe zunächst die von gestern übriggebliebene Dringlichkeitsfrage 8 ,des Abgeordneten Dr. Czaja aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes auf:
Hat die Bundesregierung vor ihren Gesprächen in Warschau und zwischen deren einzelnen Phasen die Vertreter der Deutschen gehört und diese über ihre Absichten informiert, deren persönliche Rechte hier auch betroffen sind?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Dahrendorf.
Die Vertreter der Deutschen sind die Abgeordneten dieses Hohen Hauses. Selbstverständlich will die Bundesregierung die Abgeordneten des Hauses nicht nur hören, sondern ihnen, wie es sich gehört, die Entscheidung über alle Fragen in unseren Gesprächen mit Warschau überlassen.
Sollte in Ihrer Frage besonders auf die Vertreter der vertriebenen Deutschen angespielt sein, so kann ich darauf antworten, daß wir sie vor dem Beginn der Warschauer Gespräche gehört haben. Die Argumente der Vertriebenen sind uns bekannt. Sie werden in unseren Gesprächen berücksichtigt; denn es ist unsere Absicht, alle Gruppen im Lande von der Politik, die wir verfolgen, zu überzeugen. Es muß zugleich klar sein, daß die politischen Entscheidungen, die getroffen werden, nicht nur einem Teil der Menschen in der Bundesrepublik gelten können.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Czaja.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß in der Sitzung im Bundeskanzleramt, der Sie beiwohnten, den unmittelbar Betroffenen, deren Menschen- und Gruppenrechte ja betroffen sind, zugesagt worden ist, daß diese Gespräche rechtzeitig vor gewichtigen grundsätzlichen politischen Erwägungen fortgesetzt werden, und ist dies erfolgt?
Herr Kollege, wenn ich mich an diese Sitzung recht erinnere, war vor allem davon die Rede, daß eine solche Unterrichtung rechtzeitig vor gewichtigen politischen Entscheidungen erfolgt. Politische Entscheidungen sind bisher nicht gefallen; denn es hat bisher nur Vorgespräche gegeben.
Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Czaja.
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2442 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. April 1970
Herr Staatssekretär, warum haben die Vertreter der Bundesregierung dabei nie im Sinn einer wirklich ausreichenden und wahrheitsgetreuen Information dargelegt, ob und daß die Bundesregierung die Absicht habe, die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als endgültige Grenze politisch Vorschub zu leisten?
Die Bundesregierung hat an allen Punkten, an denen sie ihre Absichten dargelegt hat, das wahrheitsgetreu getan. Im übrigen sind die Absichten der Bundesregierung vor allem hier in diesem Hause und im Auswärtigen Ausschuß erörtert worden. Ich halte das für den geeigneten Weg, wenngleich ich auch gern noch einmal betone, daß eine Unterrichtung anderer und betroffener Gruppen auch in Zukunft erfolgen soll.
Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Klepsch.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, halten Sie ,es für möglich, daß die Mitglieder des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Polens umfassender über die Absichten und Vorschläge der Bundesregierung unterrichtet sind als der Auswärtige Ausschuß des Deutschen Bundestages?
Nein, das halte ich nicht für möglich.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten von Fircks.
Herr Staatssekretär, meinen Sie nicht, daß in solch einer Schicksalsfrage der formale Zeitpunkt der Entscheidungen den Betroffenen nicht mehr die Möglichkeit gibt, zu einer Meinungsbildung mit den Menschen zu kommen, die sie dann gegenüber der Bundesregierung zu vertreten haben, und daß daher nachher eine Lücke klafft zwischen der Information, die die Bundesregierung über die gewählten Vertreter darüber bekommt, welche Meinung die Betroffenen vertreten, und den Entscheidungen, die die Bundesregierung auf der Grundlage der Kenntnis der Meinungen und Vorstellungen dieser Millionen Deutschen dann tatsächlich zu treffen bereit ist?
Herr Kollege, ich bin in meiner Äußerung davon ausgegangen, daß zwischen Mitteilung und Entscheidung nicht etwa eine Woche, sondern ein längerer Zeitraum liegt. Denn es ist für die Bundesregierung wie für uns alle, glaube ich, ganz unentbehrlich, daß in diesen wichtigen Fragen keine undiskutierten Entscheidungen getroffen werden. Dabei gilt die Forderung nach Diskussion sowohl für dieses Hohe Haus als auch für die betroffenen Gruppen als auch für die Wähler und Bürger in der Bundesrepublik ganz allgemein. Es muß also hinlänglich Zeit dafür I sein. Aber diese Zeit ist erst dann gekommen bzw. kann erst dann beginnen, wenn entscheidungsreife Vorlagen für eine solche Diskussion vorhanden sind. Ich darf hinzufügen, daß im übrigen viele von uns seit langem Wege dafür suchen, die Argumente, die für oder gegen die eine oder andere Entscheidung sprechen, öffentlich auszutragen.
Eine weitere Zusatzfrage, der Abgeordnete Slotta.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß man hier nicht in der Form sprechen kann — ich meine nicht die Sache — wie die Kollegen argumentiert haben?
Ich muß Ihnen dazu sagen, daß es mir nicht liegt, zu der Form Stellung zu nehmen. Ich kann Ihre Frage also nur zur Kenntnis nehmen.
Keine weiteren Zusatzfragen. Damit sind wir am Ende des Katalogs der Dringlichkeitsfragen.Aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes rufe ich die Fragen 80 und 81 des Abgeordneten Becker auf:Trifft die von einem Redakteur einer der CDU nahestehenden Zeitung geäußerte Vermutung zu, daß z. B. die Westfälische Rundschau vom Bundespresse- und Informationsamt Nachrichten eher erhält als dpa?Sind Redakteure der Zeitungen des sogenannten „Ceno-Blocks" durch Einflüsse der Bundesregierung beim „Erfurter Treffen" benachteiligt worden?Ich teile mit, daß diese Fragen auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antwort des Staatssekretärs Ahlers vom 30. April 1970 lautet:Nein, eine solche Vermutung ist völlig abwegig. Das Presse-und Informationsamt der Bundesregierung kennt keine Bevorzugung in der Versorgung der Journalisten mit Nachrichten und Informationen. Es legt den größten Wert auf eine völlig gleichartige Behandlung. Auch die in Bonn arbeitenden Nachrichtenagenturen werden untereinander gleich behandelt. Die unterschiedliche Berichterstattung der Presseorgane hinsichtlich der Aktualität ergibt sich aus der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit der Redaktionen und ihrer Korrespondenten, aber nicht aus der Arbeit des Bundespresseamtes.Die Bundesregierung hatte keinerlei Einfluß auf die Zurückweisung von Akkreditierungswünschen westdeutscher Journalisten beim Erfurter Treffen. Sie hat sich intensiv bemüht, eine totale Zulassung zu erreichen. Dies ist in weitgehendem Umfang gelungen, zum Teil noch in letzter Minute. In Erfurt waren auch ausgesprochene CDU-Zeitungen vertreten. Die Gesichtspunkte, nach denen die andere Seite Akkreditierungswünsche abgelehnt hat, sind nicht in jedem Fall durchsichtig geworden. Der allgemeine Gesichtspunkt war wohl der, daß für Erfurt eine gewisse Maximalzahl festgelegt wurde. Mit der Auswahl war die Bundesregierung nicht befaßt.Ich komme nunmehr zu den normalen Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Ich rufe die Frage 82 des Abgeordneten Werner auf. Ist der Abgeordnete im Saal? — Er ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. April 1970 2443
Präsident von HasselIch rufe die Frage 83 des Abgeordneten Roser auf:Wie lauten die kritischen Argumente, die der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen, Prof. Dr. Dahrendorf, im Pressegespräch mit einem Korrespondenten der „Los Angeles Times" gegenüber der Außenpolitik der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika geäußert hat und die von dem Korrespondenten in seinem Artikel, den auch die „Washington Post" nachgedruckt hat, angeblich verkürzt oder entstellt wiedergegeben worden sind?Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Herr Präsident! In einem kurzen Informationsgespräch mit einem Korrespondenten der „Los Angeles Times" habe ich unter ausdrücklicher Betonung des Willens der amerikanischen Administration, ihre weltpolitische Verantwortung wahrzunehmen, vor alem auf zwei Dinge hingewiesen. Erstens: Die amerikanische Regierung arbeitet gegenwärtig unter gewissen innen- und außenpolitischen Zwängen, die ,es ihr nicht ganz leichtmachen, eine Politik des klaren weltpolitischen Engagements durchzuhalten. Zweitens: Es ist von allerhöchster Bedeutung für uns, daß wir für unsere Politik nicht nur Sympathie finden, sondern daß unsere Politik und die unserer Alliierten synchronisiert wird, insbesondere im Hinblick auf die Verhandlungen in Berlin. Dies waren die beiden zentralen Argumente, die dabei zur Sprache gekommen sind.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Roser.
Herr Staatssekretär, wie verträgt sich mit der soeben gegebenen Auskunft die Wiedergabe Ihrer Meinung in der „Los Angeles Times", daß die Vereinigten Staaten nicht das ganze Gewicht und Prestige einer Supermacht im notwendigen Umfang reflektierten?
Herr Kollege, ich kann keine Fragen beantworten, die nur in der Redaktion der „Los Angeles Times" beantwortet werden können. Was meine Äußerungen betrifft, so berührt der erste von mir soeben genannte Punkt, allerdings am Rande, genau dies, d. h. die Tatsache, daß die amerikanische Regierung unter innen- und außenpolitischen Zwängen arbeitet, die sie daran hindern könnten, manches von diem auszuführen, was etwa in Präsident Nixons Bericht über die Außenpolitik der siebziger Jahre steht. Das kann eine Belastung der Möglichkeiten amerikanischer politischer Tätigkeit sein.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Roser.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen geläufig, daß ein deutscher Staatsmann mit .einem vergleichbaren Interview einen nachhaltend unangenehmen Eindruck auf die Weltöffentlichkeit bewirkt hat? Ich denke an das Interview von Kaiser Wilhelm in der Marokko-Krise 1905.
Herr Kollege, ich möchte mich zunächst für den Vergleich herzlich bedanken.
Ich füge hinzu, daß ich mich versichert habe, daß das, was dort veröffentlicht worden ist, insbesondere aber das, was ich wirklich gesagt habe, nicht nur keinen nachteiligen Einfluß auf die deutschamerikanischen Beziehungen gehabt hat, sondern zu einer Intensivierung der Diskussionen in freundschaftlichem Geist geführt hat.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Blumenfeld.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie eben gesagt haben, daß die Antwort auf die Frage des Kollegen Roser eigentlich von der Redaktion der „Los Angeles Times" gegeben werden sollte, wir im Augenblick aber nur Sie befragen können, frage ich Sie, ob es zutrifft, daß Sie auf die Frage, welches Vorgehen von seiten der Vereinigten Staaten Sie als verantwortlicher Parlamentarischer Staatssekretär für besser gehalten hätten, geantwortet haben, daß die Berlin-Gespräche mit den Sowjets vier Wochen eher hätten beginnen sollen. Ist das der Inhalt Ihrer Kritik gewesen?
Der zweite Punkt, den ich in meiner Antwort eben erwähnt habe, war die Frage der Synchronisierung unserer ostpolitischen Initiativen und der Berlin-Gespräche der Alliierten. Es trifft zu, daß ich den Wunsch geäußert habe, diese Synchronisierung zu verstärken. In dem Wort Synchronisierung steckt vor allem auch der Gedanke einer zeitlichen Parallelität.
Sie haben leider nur eine Zusatzfrage. Sie müßten sich bei der nächsten Frage noch einmal melden.Keine weiteren Zusatzfragen hierzu.Ich rufe die Frage 84 des Abgeordneten Roser auf:Welche Gründe haben den Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen, Prof. Dr. Dahrendorf, bewogen, die innenpolitische Kontroverse über die Außenpolitik der Bundesregierung durch folgende Formulierungen„Trotz solcher Kontinuität hat die heutige parlamentarische Opposition in der Bundesrepublik jedoch recht, wenn sie unsere Ostpolitik als eine Abkehr von der Richtung der früheren Politik bezeichnet. Dabei ist zunächst zu betonen, daß überhaupt eine Politik der Initiativen betrieben wird, die eine Politik der Reaktionen ablöst",„Die politischen Initiativen, die ich Ihnen dargestellt habe, haben in der Welt viel Zustimmung gefunden. Sie sind auch kritisiert worden vor allem von der parlamentarischen Opposition in der Bundesrepublik. Wenn ich Ihre Geduld noch ein wenig länger strapazieren darf, möchte ich diese Gelegenheit benutzen, um durch die Beantwortung der kritischen Einwände Ziele und Grenzen der deutschen Ostpolitik 1970 deutlicher zu machen"seine Rede vor der Beratenden Versammlung des Europarates in dieses internationale Forum zu tragen?
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2444 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. April 1970
Herr Präsident, es schien und scheint mir ein Gebot der Wahrhaftigkeit zu sein, bei der Darstellung unserer ostpolitischen Auffassungen nicht darauf zu verzichten, auch zu sagen, daß diese ostpolitischen Auffassungen umstritten sind, wobei ich davon ausgehe, daß es nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch im Ausland Kritiker gibt. Die Form, in der ich vor der Beratenden Versammlung in Straßburg auf diesen Tatbestand hingewiesen habe, geht aus den beiden Zitaten, die Sie Ihrer Frage angeschlossen haben, eindeutig hervor. Ich habe die Argumente der Opposition aufgenommen, um meinerseits argumentierend darzulegen, warum wir die Ziele verfolgen, die wir verfolgen. Ich halte dieses Argumentieren für einen geeigneten Weg und würde mich auch in Zukunft genauso verhalten. Das Argumentieren scheint mir besser zu sein als die dogmatische Darstellung von Positionen.
Mir schien dies insbesondere berechtigt zu sein, weil es in einem Gremium erfolgte, in dem die parlamentarische Oppostion der Bundesrepublik mit einer Reihe von Vertretern anwesend war. Darüber hinaus möchte ich betonen, daß derjenige, der europäische parlamentarische Einrichtungen will, sicher nicht will, daß in diesen nationale Blöcke auftauchen, sondern daran interessiert ist, daß in ihnen offene politische Diskussionen auch über Fragen, die zunächst dem Anschein nach nur ein einzelnes Mitgliedsland betreffen, geführt werden.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Roser.
Herr Staatssekretär, hatten Sie sich bei der Abfassung Ihrer Rede darüber Rechenschaft gegeben, daß die Darstellung der Politik der Bundesregierung als eines — ich zitiere wörtlich — „Vorreiters für Frieden und Fortschritt" von den nichtdeutschen Mitgliedern des Europaates zumindest als anmaßend empfunden werden mußte, etwa nach dem Motto: Am deutschen Wesen soll die Welt genesen? Ich beziehe mich wiederum auf einen Vergleich, der Ihnen offenbar gefällt.
Ich denke, daß unsere Freunde im Europarat uns, d.h. alle Vertreter der Bundesrepublik, gut genug kennen, um unsere Haltung zu bewerten. Ich zögere im übrigen nicht, hier und im Ausland zu sagen, daß diese Bundesregierung die Absicht hat, eine selbstbewußte Politik zu betreiben. Selbstbewußtsein und Anmaßung sind allerdings zweierlei.
Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Roser.
Herr Staatssekretär, welche Schlüsse ziehen Sie dann aus der Tatsache, daß die Fragen, die die Mitglieder des Europarates stellten, die nicht der bundesdeutschen Delegation angehörten, wenn ich mich recht erinnere, ausnahmslos negativ kritisch waren?
Herr Kollege, hier muß ich Ihre Erinnerung leider korrigieren. Erstens ist es eine Tatsache, daß kaum ein nichtdeutsches Mitglied der Beratenden Versammlung zu Worte gekommen ist, da sechs Mitglieder der parlamentarischen Opposition der Bundesrepublik sich mit jeweils in der Regel vier Fragen zu Wort gemeldet haben. Zweitens haben die drei ausländischen Abgeordneten, die zu Wort gekommen sind, sich folgendermaßen geäußert: einer hat seine Frage nicht zu diesem Thema gestellt, einer hat sich kritisch geäußet, und einer, nämlich Lord Gladwyn, hat sich zustimmend geäußert.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Moersch.
Herr Staatssekretär, sind Sie be-bereit, dem Kollegen Roser die Unterlagen zuzustellen, vor allem aus der ausländischen Presse, aus denen hervorgeht, daß gerade diese Art von Beitrag, den Sie geleistet haben, und die Art der Argumentation — der offenen Argumentation — über kontroverse Fragen in Deutschland im demokratischen Ausland — das allerdings möchte ich hinzufügen — den Eindruck vermittelt haben, daß bei uns inzwischen ein Mehr an Demokratie stattfindet?
Ich bin gern bereit, auf Wunsch dem Kollegen diese Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Kiep.
Herr Staatssekretär, wenn Sie in Ihrer Rede in Straßburg gesagt haben, zunächst sei zu betonen, daß „überhaupt eine Politik der Initiativen betrieben wird, die eine Politik der Reaktionen ablöst", gehe 'ich dann richtig in ,der Annahme, daß sich diese Bemerkung bezüglich der Politik der Reaktionen auf die Regierung der Großen Koalition ,bezieht?
Ich würde sogar noch weitergehen. Denn mir liegt es nicht, allzu einseitig Schuldige zu suchen. Ich würde sagen, daß die Bundesrepublik in ihrer äußeren Politik durch viele Jahre hindurch ein Fehlen von Initiativen gekennzeichnet war, auch in den Jahren, in denen meine Partei an Regierungen beteiligt war.Im Europarat selbst ist die Frage gestellt worden, ob ich das auch auf die Politik von Bundeskanzler Adenauer beziehen wollte, und ich habe diese Frage dort verneint.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. April 1970 2445
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Blumenfeld.
Herr Staatssekretär, würden Sie mit mir darin übereinstimmen, daß es ein Unterschied ist, ob ein Vertreter einer Regierung eines europäischen Mitgliedstaates als Regierungsmitglied vor dem — in diesem Falle — Europarat auftritt, dort eine offizielle Rede hält und diese Rede dann allerdings benutzt, um eine innerdeutsche Debatte auszulösen und die Position der Opposition in dieser Rede nachdrücklich und nachhaltig zu kritisieren, oder ob auch von uns begrüßte parlamentarische Auseinandersetzungen in europäischen Gremien stattfinden, die selbstverständlich sein sollen?
Herr Kollege, ich muß zunächst sagen: ich habe in meiner Rede nicht die Opposition „nachdrücklich kritisiert". In der Frage des Kollegen Roser ist ja das Zitat angegeben, auf das Sie sich wahrscheinlich beziehen. Aus diesem Zitat geht hervor, daß ich Argumente aufgenommen habe, um an ihnen deutlich zu machen, wie es heißt, „was Ziele und Grenzen der deutschen Ostpolitik 1970 sind". Ich meine, daß das ein Verfahren ist, das zu einer freien Argumentation beitragen kann, insbesondere dann — um das noch einmal aufzunehmen —, wenn die Vertreter der parlamentarischen Opposition anwesend sind, die Gelegenheit haben, ihre Argumente geltend zu machen, — eine Gelegenheit, die sie ja auch ergriffen haben.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Kempfler.
Herr Staatssekretär, würden Sie mit mir wenigstens darin übereinstimmen, daß man es in der Versammlung in Straßburg tunlichst vermeiden sollte, Ausführungen zu machen, die den Widerspruch der Opposition herausfordern müssen, und damit zu vermeiden, daß das, was Carlo Schmid die „querelles allemandes" genannt hat, in Europa ausgetragen wird?
Nein, ich gehe mit Ihnen in dieser Auffassung nicht einig, denn ich bin ein überzeugter Anhänger des Versuchs, eine europäische politische Einigung herzustellen. Das kann nur bedeuten, daß wir im europäischen Rahmen über alle Fragen, die einzelne Länder betreffen, offen diskutieren müssen.
Eine Zusatzfrage, der Herr Abgeordnete Dröscher.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir darin überein, daß es für das Zusammenwachsen der europäischen Völkerfamilie unter Umständen notwendig ist, auch interne familiäre
Probleme vor solchen Gremien zu besprechen, um damit die Kenntnis von den politischen Sachzusammenhängen in dieser Völkerfamilie zu erweitern?
Ich bin mit Ihnen der Auffassung, daß eine Freundschaft so stark ist wie die Bereitschaft, Meinungsverschiedenheiten sachlich auszutragen.
Ich rufe die Frage 53 des Abgeordneten Dr. Zimmermann auf:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach die Bundesregierung beabsichtigt, mit der Sowjetunion Militärattachés auszutauschen und bei Bundeswehrmanövern sowjetische Beobachter zuzulassen, und hat Staatssekretär Bahr in seinen Gesprächen in Moskau bereits darüber verhandelt?
Zur 'Beantwortung, bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär!
Herr Präsident, ich darf die Frage des Abgeordneten Zimmermann wie folgt beantworten.
Erstens. Der Austausch von Militärattachés mit der Sowjetunion, an dem die Bundesregierung grundsätzlich interessiert wäre, ist zur Zeit nicht aktuell.
Zweitens. Da die Bundeswehr in die gemeinsame NATO-Verteidigung eingegliedert ist, ist der Austausch von Manöverbeobachtern ein multilaterales Thema. Ein solcher Austausch kann als Teil oder als Folge von Vereinbarungen über die ausgewogene beiderseitige Truppenverminderung nützlich sein. Absatz 7 der auf der Ministerkonferenz am 5. Dezember 1969 verabschiedeten Ministererklärung bezeichnet diese Nützlichkeit im einzelnen.
Drittens. Die beiden eben genannten Themen waren kein Gegenstand der Gespräche von Staatssekretär Bahr in Moskau.
Keine Zusatzfrage. Wir sind damit am Ende der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts angelangt. Ich darf Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, für die Beantwortung danken.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf, zuerst die Frage 1 des Abgeordneten von Thadden:
Trifft die vom Präsidenten der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes anläßlich der Eröffnung der diesjährigen Saarmesse geäußerte Vermutung zu, daß die zur Durchführung des Aktionsprogrammes Saarland/Westpfalz, Teilbereich Saarland, vorgesehenen ERP-Kredite „beträchtlich gekürzt werden sollen" und nicht im vorgesehenen Umfang zur Verfügung stehen?
Zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Arndt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, Herr Kollege. Die regionale Wirtschaftsförderung mit ERP-Krediten wird von der Bundesregierung selbstverständlich kontinuierlich fortgesetzt. Das mag an einigen Vergleichszahlen verdeutlicht werden. 1965/66 sind dem
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2446 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. April 1970
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. ArndtSaarland zusammengenommen 40 Millionen DM an ERP-Mitteln zugeflossen. In den beiden Jahren 1969/ 70 sind es 140 Millionen DM. Die Mittel haben sich also mehr als verdreifacht.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter von Thadden.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß an der Saar bei der Vergabe von Mitteln Schwierigkeiten aufgetreten sind, nachdem im Vergleich zum Aktionsprogramm Saarland/Westpfalz, wo die Beträge größer gewesen sind, im jetzt verabschiedeten ERP-
Wirtschaftplan geringere Mittel angesetzt worden sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege von Thadden, diese Schwierigkeiten können wir mit der Regierung des Saarlands wahrscheinlich deswegen leicht klären, weil wir Verpflichtungsermächtigungen haben, die es uns ermöglichen, auf die nächsten Jahre vorzugreifen. Da jetzt infolge der günstigen Wirtschaftslage die Investitionsbereitschaft im Saarland erfreulicherweise besonders groß ist, wird die Bundesregierung bemüht sein, diese Investitionsneigung auch tatsächlich zu nutzen.
Eine zweite Zusatzfrage, der Herr Abgeordnete von Thadden.
Herr Staatssekretär, wäre das Wirtschaftsministerium bereit, durch Gewährung von Zinszuschüssen für eine Zwischenfinanzierung zur Überwindung der Schwierigkeiten beizutragen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr von Thadden, wir können natürlich nicht alle denkbaren Hilfen kumulieren. Wir haben bei den ERP-Krediten eine sehr erfreuliche Entwicklung zu verzeichnen, über die ich schon berichtet habe. Außerdem stehen Mittel für die regionale Wirtschaftsförderung und natürlich auch die Investitionszulagen zur Verfügung. Alles zusammen addiert sich zu einem Zweijahresbetrag von 400 Millionen DM. Ich glaube, damit müßte es eigentlich zu schaffen sein.
Eine weitere Zusatzfrage, der Herr Abgeordnete Dr. Slotta.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Meinung, daß man, was den Sachverhalt, der hier angesprochen wurde, betrifft, im Saarland von offizieller und offiziöser Seite stärker betonen sollte, wieviel Positives die Bundesregierung bisher für das Saarland getan hat und auch heute noch tut, statt den Eindruck zu erwecken, als würde das gesamte Saarland angesichts einer solchen relativ geringen Kürzung vom Bund im Stich gelassen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Slotta, Dankbarkeit kann man in der Politik schlecht erwarten. Man muß sie dennoch machen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Moersch.
Herr Staatssekretär, ist der Ministerpräsident des Saarlandes in der von Herrn von Thadden angezogenen Frage bei Ihnen vorstellig geworden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das kann ich weder verneinen noch bejahen, da ich es nicht weiß. Ich glaube aber, nicht.
Keine Zusatzfrage. Wir kommen zur Frage 2 des Abgeordneten Lenzer. Ist der Abgeordnete im Saal? Er ist nicht im Saal. Die Frage 2 wird schriftlich beantwortet, Frage 3 ebenfalls.
Die Fragen 4 bis 6 sind von den Fragestellern zurückgezogen worden.
Ich rufe die Frage 7 des Abgeordneten Eckerland auf:
Wann kann mit einer Entscheidung des Bundesministers für Wirtschaft gerechnet werden, daß die von den Zechengesellschaften nachgemeldeten Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus in den Personenkreis der Abfindungsgeldbezieher nach den „Härte-Richtlinien" einbezogen werden?
Zur Beantwortung der Parlamentarische Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
In etwa 4 bis 6 Wochen wird die Arbeitsverwaltung angewiesen werden können, die inzwischen eingegangenen Anträge zu bescheiden. Die letzten Anträge gingen nämlich erst am 5. März 1970 ein. Die Prüfung konnte deshalb noch nicht ganz abgeschlossen werden.
Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 8 des Abgeordneten Eckerland auf:
Besteht die Möglichkeit, daß den Arbeitnehmern, deren Anträge dem Bundeswirtschaftsministerium vorliegen, angesichts der gestiegenen Lebenshaltungskosten eine Vorauszahlung in Höhe der Hälfte der nach dem Kohleanpassungsgesetz und den Härterichtlinien gezahlten Gelder gewährt wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Möglichkeit besteht leider nicht, Herr Kollege Eckerland, da noch nicht feststeht, welchen Antragstellern nach den Haushaltsrichtlinien eine Abfindungshilfe gewährt werden kann. Ist diese Prüfung freilich erfolgt — und das wird in 4 bis 6 Wochen erledigt sein —, wird der gesamte Betrag auf einmal ausbezahlt. Es gibt keine Ratenzahlungen.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Eckerland.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. April 1970 2447
Herr Staatssekretär, wenn ich Sie richtig verstanden habe, würde ungefähr in 6 Wochen das Geld ausgezahlt oder angewiesen werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
In 4 bis 6 Wochen gehen die Bescheide heraus und dann wird auch das Geld ausbezahlt.
Keine Zusatzfrage. Damit sind wir am Ende Ihres Geschäftsbereichs angelangt. Ich danke für die Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Die erste Frage ist die Frage 9 der Abgeordneten Frau Funcke. — Sie ist nicht anwesend. Frage 9 wird schriftlich beantwortet, Frage 10 ebenfalls.
Frage 11 des Abgeordneten Strauß. — Der Abgeordnete ist nicht anwesend. Die Frage wird schriftlich beantwortet, Frage 12 ebenfalls.
Ich rufe Frage 13 des Abgeordneten Dr. Haack auf:
Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, daß die Reisekostenbestimmungen für die Bediensteten des Bundes reformbedürftig sind?
Zur Beantwortung der Parlamentarische Staatssekretär Dorn.
Herr Kollege Haack, das Bundesreisekostengesetz vom 20. März 1965 hat sich nach unserer Auffassung im großen und ganzen bewährt. Im Hinblick auf die seit seinem Inkrafttreten am 1. Juli 1965 eingetretenen veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse hat es sich lediglich als notwendig erwiesen, die Sätze des Tage- und des Übernachtungsgeldes ab 1. Januar 1969 anzuheben.
Die Preisentwicklung der Verpflegungs- und Übernachtungskosten im Gaststätten- und Hotelgewerbe wird sorgfältig beobachtet, um zu gegebener Zeit eine weitere Anpassung der Sätze vornehmen zu können.
Zur Zeit wird erwogen, einige Vorschriften des Bundesreisekostengesetzes aus praktischen Gründen zu ändern. Wichtigster Punkt dieser Änderung wird eine Verringerung der Zahl der Reisekostenstufen sein. So sollen die Besoldungsgruppen A 1 bis A 10, die gegenwärtig noch in zwei Reisekostenstufen eingereiht sind, in einer Reisekostenstufe zusammengefaßt werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Haack.
Herr Staatssekretär, bis wann ist mit dieser Änderung zu rechnen?
Die Änderung wird kurzfristig bei uns vorbereitet.
Ich rufe die Frage 14 des Abgeordneten Dr. Haack auf:
Wird die Bundesregierung bei einer Änderung der Reisekostenbestimmungen vor allem darauf hinwirken, daß bei Dienstreisen im Interesse einer effektiven Verwaltungstätigkeit das Flugzeug mehr als bisher benutzt werden kann?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Die Benutzung von Flugzeugen bei Dienstreisen ist im Reisekostengesetz grundsätzlich nicht beschränkt. Ob im Einzelfall die Benutzung eines Flugzeuges erforderlich ist, richtet sich in erster Linie nach den dienstlichen Erfordernissen, insbesondere nach der Art und der Dringlichkeit des Dienstgeschäftes.
Eine Änderung der Reisekostenvorschriften ist daher nicht erforderlich, um eine vermehrte Benutzung von Flugzeugen 'bei Dienstreisen zu ermöglichen. Es handelt sich hierbei um eine Frage der Verwaltungspraxis, wobei im Einzelfall sowohl das Interesse an einer effektiven Verwaltungstätigkeit als auch Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung in Betracht gezogen und gegeneinander abgewogen werden müssen.
Bei den vermehrten Aufgaben der Verwaltung und dem ständigen Ausbau der Flugverbindungen wird die Benutzung von Flugzeugen bei Erledigung dringender Dienstgeschäfte in Zukunft sicherlich zunehmende Bedeutung gewinnen.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Haack.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, im Sinne Ihrer Ausführungen die bisherige Verwaltungspraxis im Interesse größerer Effektivität überprüfen zu lassen? Ich glaube, daß diese Grundsätze bisher nicht immer beachtet worden sind.
Bisher sind auf diesem Gebiet keinerlei Klagen bei uns aufgetaucht. Es kommt eben darauf an, wie man in den einzelnen Häusern die Frage beurteilt, inwieweit die Verwaltungsarbeit eine Flugreise erforderlich macht. Man kann wohl davon ausgehen, daß in den letzten Jahren Flugreisen zur Erledigung dringender Dienstgeschäfte erheblich an Bedeutung gewonnen haben.
Ich rufe die Frage 15 des Abgeordneten Dr. Slotta auf:
Wann gedenkt die Bundesregierung die Durchführungsbestimmungen des „Gesetzes über die Erweiterung des Katastrophenschutzes" zu erlassen, und beabsichtigt sie, in einem öffentlichen Hearing die beteiligten Verbände zu hören?
Herr Kollege, eine Reihe teils vorläufiger, teils endgültiger Durchführungsbestimmungen zum Katastrophenschutz-Gesetz ist bereits ergangen. Schon mit Runderlaß vom 31. Juli 1968 hat das Bundesministerium des Innern wichtige Einzelfragen, vor allem den Einsatz des Luftschutz-
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2448 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. April 1970
Parlamentarischer Staatssekretär Dornhilfsdienstes im Friedenskatastrophenschutz, vorab geregelt. Im August 1969 hat das Bundesamt für zivilen Bevölkerungsschutz die Überleitung des Luftschutzhilfsdienstes angeordnet, ferner vorläufige Bestimmungen über die Mitwirkung privater Einheiten und Einrichtungen im Katastrophenschutz und die Einrichtung von Stäben getroffen.Zu einem Kernpunkt des Gesetzes, der Freistellung von Wehrpflichtigen für den Katastrophenschutz, liegen in der Vereinbarung mit dem Bundesminister der Verteidigung und einem Durchführungserlaß von Juli/September 1969 bereits endgültige Regelungen vor.Entwürfe der allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Gesetz, die Organisation, Ausrüstung, Ausbildung und Kostenfragen des Katastrophenschutzes behandeln, werden zur Zeit beim Bundesamt für den zivilen Bevölkerungsschutz in Arbeitskreisen mit Sachverständigen aus den Ländern vorbereitet. Es ist Einvernehmen mit allen Beteiligten erreicht worden, daß sie vor Zuleitung an den Bundesrat etwa ab Mitte dieses Jahres in der Praxis in Einzelfällen erprobt werden sollen.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Slotta.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht — trotz der in der Einleitung von Ihnen genannten Maßnahmen — mit mir der Meinung, daß die bisherigen Regelungen unzureichend sind und bei den zuständigen Institutionen und Verbänden doch den Eindruck hinterlassen, daß die Lösung des Gesamtproblems noch nicht in genügendem Umfange erreicht ist?
Ich bin mit Ihnen dieser Meinung, Herr Kollege. Aber man sollte das, was jetzt vorgesehen ist, vielleicht doch einmal die Probe bestehen lassen. Je nachdem, wie die Erprobung ausfällt, werden sich dann in der Praxis zwangsläufig die notwendigen Veränderungen ergeben.
Eine zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Slotta.
Dr. Slotta Herr Staatssekretär, Sie werden auch festgestellt haben, daß bei dem Wort „Katastrophenschutz" allerhand Emotionen und Erinnerungen auftauchen. Müßte man nicht bei der Lösung in den Durchführungsbestimmungen davon wegkommen, nur von dem schlimmsten Fall einer von uns nicht erhofften und nicht erwarteten Katastrophe auszugehen, und sollte man nicht vielmehr alles darauf abstellen, daß jeder einzelne in bestimmten Fällen — etwa auf der Autobahn bei einem Unfall — für sich selbst in eine sogenannte Katastrophe kommt und daß das Ganze in diesem ganzen Spektrum von Einzelschwierigkeiten bis hin — —
Verzeihung, Herr Abgeordneter! Die Fragen — auch die Zusatzfragen — müssen kurz gefaßt werden.
Schönen Dank, Herr Präsident. Ich will also fragen, ob unter dem Katastrophenschutz nicht die ganze Breite der menschlichen Schwierigkeiten — sprich: Katastrophen — aufgefaßt werden könnte.
Herr Kollege, die Schwierigkeit, vor der wir hier mit dieser Frage stehen, ist, daß unser Haus sich nur mit der Lösung der Probleme befassen kann, für die im Katastrophenschutz-Gesetz Regelungen vorgesehen sind. Die anderen Probleme, die Sie vielleicht mit meinen — im Hintergrund der erweiterten Fragestellung klang das an —, müssen teils auf Grund landesgesetzlicher Regelungen angegangen, teils durch andere Organisationen gelöst werden. Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß man versuchen sollte, die Kooperation aller beteiligten Verbände hier noch enger zu gestalten, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Kempfler.
Herr Staatssekretär, sind die eventuellen finanziellen Auswirkungen der in der nächsten Zeit zu erlassenden Durchführungsbestimmungen im Entwurf des Haushaltsplans für 1970 berücksichtigt?
Davon kann man ausgehen, Herr Kollege Dr. Kempfler.
Ich rufe die Frage 16 des Abgeordneten Dröscher auf:
Hält es die Bundesregierung für richtig, daß nach dem Gesetz zu Artikel 131 GG die Versorgung eines Fahnenjunker-Stabsfeldwebels mit einer Dienstzeit von mehr als 15 Jahren am 8. Mai 1945, mit erfolgreich bestandener erster und zweiter Heeresfachschulprüfung, nach der Besoldungsgruppe A 7 Stufe 12 erfolgt, während ein Stabsfeldwebel mit mehr als 12 Dienstjahren, der ebenfalls beide Prüfungen abgelegt hat, Bezüge nach der Besoldungsgruppe A 9 erhält, und dies offenbar deshalb, weil er kein Fahnenjunker war?
Zur Beantwortung, bitte!
Herr Kollege, die Frage gibt die geltende Rechtslage richtig wieder. Frühere Fahnenjunker-Stabsfeldwebel gehörten am 8. Mai 1945 zur Laufbahn der Berufsoffiziere und erhielten eine für Offiziere vorgesehene Fürsorge und Versorgung. Nach dem Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes werden sie daher statusrechtlich und hinsichtlich ihrer Versorgungsberechtigung als Berufsoffiziere behandelt. Für die Bemessung ihrer ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge war und ist die Besoldungsgruppe ihres letzten Dienstgrads maßgebend. Dies ist bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestätigt worden.Die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge der früheren Berufsunteroffiziere mit zwölf und mehr Dienstjahren werden auf Antrag so bemessen, wie wenn sie nach Maßgabe der bestandenen Wehrmachtsfachschulprüfung Militäranwärter geworden wären, d. h.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. April 1970 2449
Parlamentarischer Staatssekretär Dornbei bestandener Wehrmachtsfachschulprüfung II nachder Besoldungsgruppe A 9. Nur Berufsunteroffizierehatten die Möglichkeit, Militäranwärter zu werden.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dröscher.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie sicher mit mir übereinstimmen, daß hier der besonders Qualifizierte versorgungstechnisch doch benachteiligt ist, frage ich: Sehen Sie eine Möglichkeit, das in absehbarer Zeit zu ändern?
Ob eine Änderung in dieser Frage möglich sein wird, kann ich hier im Moment noch nicht genau feststellen. Die Frage wird im Rahmen des Härteberichts zu dem Gesetz zu Art. 131, der von der Bundesregierung im Herbst dieses Jahres auf Grund der Forderung des Bundestages aus der vorigen Legislaturperiode vorgelegt werden muß, vielleicht noch einmal eine Rolle spielen können.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dröscher.
Glauben Sie, Herr Staatssekretär, daß wir bei der Gelegenheit auch eine Fülle der anderen offenbaren individuellen Ungerechtigkeiten beseitigen können wie etwa die, daß die Kollegen, die in den öffentlichen Dienst wieder eingetreten sind, meistens schlechtergestellt sind als diejenigen, die draußen geblieben sind?
Herr Kollege Dröscher, das ist eines der schwierigsten Probleme der Gesetzgebung zu Art. 131. Inwieweit sich aus dem Härtebericht gesetzesmäßig erforderliche Konsequenzen ergeben — Änderungsgesetze und Novellierungen oder Abschlußgesetz —, hat dieses Haus selbst zu entscheiden.
Ich rufe die Frage 17 des Abgeordneten Dr. Schneider auf:
Hält es die Bundesregierung mit den Bestimmungen des Ausländergesetzes für vereinbar, wenn in den ersten drei Monaten des Jahres 1970 von 2323 neuen Asylbegehrenden nur 532 dem einzig bestehenden Sammellager für Ausländer überstellt wurden, und welche Gründe sind für die Tatsache maßgeblich, daß den zur Zeit im Fernverfahren registrierten Asylbegehrenden von weit über 8000 weniger als 200 Insassen im Sammellager Zirndorf gegenüberstehen?
Herr Kollege, die von Ihnen erwähnte Verfahrensweise steht mit den Bestimmungen des Ausländergesetzes im Einklang.
Aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung sieht § 31 des Ausländergesetzes zwar vor, daß der Asylbewerber dem Bundesamt in Zirndorf in der Regel für die Dauer des Verfahrens zur Verfügung steht, läßt aber Ausnahmen zu, soweit der Sachverhalt ausreichend geklärt ist. Aus §§ 38 und 40 des Ausländergesetzes ergibt sich, daß die Anwesenheitspflicht vor allem für solche Ausländer gilt, die unmittelbar aus dem Verfolgerland in die Bundesrepublik Deutschland einreisen und keine Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland besitzen. Mit Rücksicht auf die Interessen der Ausländer, die sich erlaubt im Bundesgebiet aufhalten und hier über Unterkunft und Arbeit verfügen, wird dagegen bei ihnen der Lageraufenthalt auf das unbedingt nötige Maß, d. h. die Befragung im Vorprüfungsverfahren und die Verhandlung vor dem Anerkennungsausschuß beschränkt.
Die erhebliche Zunahme der Zahl dieser sogenannten Fernverfahren beruht darauf, daß in der letzten Zeit die Anträge von Ausländern, insbesondere von tschechoslowakischen und griechischen Staatsangehörigen, die sich hier bereits erlaubt aufhalten, überwogen. Dadurch ist die Belegung des Sammellagers Zirndorf, das nach den Vorgängen in der CSSR vorübergehend überfüllt war, in den letzten Monaten immer weiter zurückgegangen. Damit ist nunmehr die Möglichkeit gegeben, wieder strengere Anforderungen an die Befreiung von der Aufenthaltspflicht der Asylbewerber zu legen. Entsprechende Vorverhandlungen mit den Innenministerien der Länder und dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge sind bereits von der Bundesregierung eingeleitet worden.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Schneider.
Herr Staatssekretär, sind Sie auch dann noch bereit, von Ausnahmen zu sprechen, wenn das Verhältnis so liegt, daß die Zahl der im Fernverfahren registrierten Asylbewerber über 8000 und die Zahl der derzeitigen Insassen des Sammellagers um 200 betragen?
Herr Kollege, das ist nicht eine Frage des Verhältnisses zwischen den Zahlen der Fernbewerber und der Insassen des Lagers, sondern primär eine Frage seiner Aufnahmekapazität.
Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 18 des Abgeordneten Dr. Schneider auf:
Hält die Bundesregierung an der noch im Jahre 1969 verfolgten Absicht, ein zweites Sammellager für Ausländer zu errichten, angesichts dieser Tatsache fest, und erblickt sie in der extrem hohen Zahl von Fernverfahren keine Beeinträchtigung der Sicherheitsbedürfnisse in der Bundesrepublik Deutschland?
Die Bundesregierung sieht zur Zeit keine Notwendigkeit zur Errichtung eines weiteren Sammellagers für asylsuchende Ausländer.Ihre Bemühungen im Jahre 1969 zielten auch nicht auf eine Verringerung der Zahl der Fernverfahren ab, die nach Auffassung der Bundesregierung nicht zu einer Beeinträchtigung der Sicherheitsinteressen führen, sondern auf die Beseitigung eines akuten Notstands, dessen Ende damals nicht abzusehen war.
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2450 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. April 1970
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Wagner auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet.
Wir kommen zu den Fragen 20 und 21 des Abgeordneten Schwabe. — Er ist nicht im Saal; die Fragen werden schriftlich beantwortet.
Damit sind wir am Ende Ihres Geschäftsbereichs, Herr Parlamentarischer Staatssekretär; ich danke Ihnen für die Beantwortung.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen, zunächst zur Frage 22 des Abgeordneten Erhard . — Der Abgeordnete ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 23 der Abgeordneten Frau Lauterbach auf:
In welcher Weise informiert die Bundesregierung deutsche Reisende in EWG-Länder darüber, daß nach Abschaffung der Binnenzölle 1968 und dem Ende der Übergangsphase der EWG am 1. Januar 1970 noch immer im privaten Reiseverkehr an den Grenzübergängen Kontrollen, Steuern und Beschränkungen bei der Einfuhr bestimmter Waren erhoben werden?
Die Frau Abgeordnete ist anwesend. Zur Beantwortung der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Reischl.
Der Bundesminister der Finanzen hat sein Faltmerkblatt für deutsche Auslandsreisende neu aufgelegt. Darin werden die Reisenden darauf hingewiesen, daß sie für Waren, die sie aus Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft mitbringen, zwar keine Zölle mehr zu zahlen haben, daß aber auf eine Kontrolle an den Binnengrenzen erst dann verzichtet werden kann, wenn auch die für den Reiseverkehr vorerst nur zum Teil abgebauten Steuergrenzen vollends gefallen sind.
Ich darf mir 'erlauben, Ihnen, Frau Kollegin, ein Stück des neuen Merkblattes übergeben zu lassen. Vielleicht ist einer der Parlamentsdiener so liebenswürdig, es hinzubringen.
Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Lauterbach.
Herr Staatssekretär, !sind Sie der Meinung, daß dieses Merkblatt eine ausreichende Information isst, oder teilen Sie die in der kürzlichen Fernsehsendung „Der Kunde wartet —Grenzen-Stempel — Ärgernisse in der EWG" geäußerte Meinung, daß durch mangelhafte Information über national unterschiedliche gesetzliche Steuer- und Lebensmittelbestimmungen den Reisenden im privaten Reise- und Warenverkehr beim Grenzübergang laufend vermeidbarer Ärger entsteht?
Frau Kollegin, ich möchte meinen, daß dieses ganz neue Merkblatt, das ich Ihnen gerade habe übergeben lassen, für die Information ausreicht.
Eine zweite Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Lauterbach.
Herr Staatssekretär, ist gewährleitset, daß dieses Merkblatt vor dem großen Urlaubsverkehr an allen EWG-Grenzübergängen zur Verteilung vorliegt?
Wenn ich nicht irre, ist es schon an .die Grenzübergänge herausgegeben worden.
Ich rufe die Fragen 24 und 25 des Abgeordneten Langebeck auf:
Ist es richtig, daß die Besprechung der Körperschaftsteuerreferenten vom 30. September bis 1. Oktober 1969 zu dem Ergebnis kam, dem Bundesfinanzministerium den Vorschlag zu machen, den Kleingärtnervereinen in der Bundesrepublik Deutschland die steuerrechtliche Gemeinnützigkeit zuzugestehen?
Ist es richtig, daß die Niederschrift der Besprechung der Körperschaftsteuerreferenten nach 6 1/2 Monaten noch nicht an die Finanzminister der Länder weitergegeben wurde und diese dadurch die nötigen Verwaltungsanweisungen noch nicht herausgeben konnten?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich rufe die Frage 26 des Abgeordneten Wittmann auf:
Trifft es zu, daß seit Einführung der 11 % Mehrwertsteuer nur noch zirka 30 % der Gebrauchtwagen im Handel verkauft werden?
Zur Beantwortung der Herr Parlamentarische Staatssekretär.
Die Kraftfahrzeugwirtschaft hat wiederholt behauptet, die Zahl der Privatverkäufe von Gebrauchtwagen habe seit der Einführung der Mehrwertsteuer zugenommen. Die Richtigkeit dieser Behauptung konnte nicht überprüft werden, da von amtlicher Seite Erhebungen zu dieser Frage nicht vorliegen. Die einzige amtliche Statistik, welche die Gebrauchtwagenverkäufe erfaßt, ist die Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes. In ihr wird nur die Zahl der Besitzumschreibungen, d. h. die Zahl ,der verkauften Gebrauchtwagen insgesamt, angegeben. Sollte tatsächlich ein gewisser Rückgang der Handelsverkäufe eingetreten sein, so dürfte er zumindest weitgehend in einer Zunahme der Vermittlungsgeschäfte liegen. Insofern wird der Handel aber vom Gebrauchtwagengeschäft nicht ausgeschlossen; er tritt nur nicht mehr als Verkäufer auf. Das Agenturgeschäft ist für den Gebrauchtwagenhandel sogar steuerlich vorteilhaft, da in diesen Fällen nicht der gesamte Rechnungsbetrag, sondern nur die Provision versteuert werden muß.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Wittmann.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. April 1970 2451
Herr Staatssekretär, kann man den Rückgang nicht an ,den Einnahmen aus der Mehrwertsteuer ablesen? Man müßte doch die Umsatzsteuer im Verhältnis zur Mehrwertsteuer, die jetzt praktisch den dreifachen Betrag erbringen müßte, feststellen können. Wenn dieser Betrag nicht hereinkommt, muß doch der Rückgang im Verhältnis zum Verkauf der Fahrzeuge erkennbar sein.
Nein, das läßt sich nicht an Hand der Steuer feststellen.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 27 dies Abgeordneten Wittmann auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, die Mehrwertsteuer für Gebrauchtwagen zu ermäßigen?
Zur Beantwortung der Herr Parlamentarische Staatssekretär.
Der Bundesregierung sind die umsatzsteuerlichen Probleme des Handels mit gebrauchten Kraftfahrzeugen bekannt. Gegenwärtig ist nicht vorgesehen, die volle Besteuerung ,der Gebrauchtwagen zu ändern. Die steigenden Umsätze gebrauchter Kraftfahrzeuge seit Einführung der Mehrwertsteuer lassen es nicht als notwendig erscheinen, den Gebrauchtwagenhandel zu begünstigen. Eine Steuerermäßigung, die aus Gründen der Gleichbehandlung für sämtliche gebrauchte Wagen gelten müßte, würde außerdem erhebliche Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen Gebrauchtwagen und Neuwagen mit sich bringen. Damit wird nicht ausgeschlossen, daß diese Frage bei der in Aussicht genommenen Novellierung des Umsatzsteuergesetzes im Gesamtzusammenhang aller anstehenden Änderungswünsche nochmals überdacht werden kann. Es muß sich dann zeigen, ob für eine günstigere Regelung überhaupt ein finanzieller Spielraum verbleibt.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 28 des Abgeordneten Leicht auf:
Wann wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag die Ist-Ergebnisse des Haushalts 1969 nach der Gliederung der Anlagen zum Finanzplan 1969 bis 1973 vorlegen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Das Bundesministerium der Finanzen hat bisher jeweils etwa drei bis vier Monate nach Ablauf des Haushaltsjahres dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages eine umfassende Vorlage über den Haushaltsablauf zugeleitet. Diese Vorlage über das Abschlußergebnis des Haushalts 1969 ist fertiggestellt und wird dem Haushaltsausschuß in dieser Woche zugeleitet. Es war leider nicht mehr möglich, diese Vorlage um die von Ihnen, Herr Kollege, in diesem Jahr zusätzlich gewünschten tabellarischen Auswertungen der Ist-Ergebnisse 1969 nach der Gliederung der Anlagen zum Finanzplan 1969 bis 1973 zu erweitern. Die Übersichten werden dem Haushaltsausschuß jedoch baldmöglichst nachgereicht.
Ein Bericht über die Entwicklung der Bundesfinanzen im Rechnungsjahr 1969 in ökonomischer und funktionaler Sicht ist in den Finanznachrichten vom 29. April, von gestern, veröffentlicht worden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Leicht.
Also kann man damit rechnen, daß noch in dieser Woche mehr Aufklärung über den Ablauf 1969 erfolgt?
In dieser Woche noch.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 29 des Abgeordneten Leicht auf:
Wann wird die Bundesregierung die Ist-Zahlen über das Ergebnis ihrer Haushaltsführung im 1. Quartal 1970 mit den Steigerungsraten gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum veröffentlichen?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär, bitte!
Über die Entwicklung der Bundesfinanzen im ersten Quartal 1970 ist ebenfalls in den Finanznachrichten vom 29. April, von gestern, in Form der üblichen Schnellmeldung berichtet worden. Eine ausführliche Darstellung der Ergebnisse folgt in einigen Wochen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Leicht.
Darf ich trotzdem fragen, wie hoch die Steigerung der Ist-Ausgaben im ersten Quartal 1970 gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum war, und zwar mit und ohne die Zahlung auf die Konjunkturausgleichsrücklage.
Ich fürchte, mit diesem Unterschied kann ich Ihnen das nur schriftlich geben. Im ersten Quartal 1970 sind die Ist-Ausgaben gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 8,3 % gestiegen. Dabei muß aber berücksichtigt werden, daß diese Steigerungsrate im wesentlichen auf den zwangsläufigen Anstieg der Personalausgaben zurückzuführen ist. Im Gegensatz zum Vorjahr haben sich in diesem Jahr zwei Besoldungsverbesserungen ausgewirkt: das Zweite Besoldungsneuregelungsgesetz ist nämlich erst am 1. April 1969 in Kraft getreten, das Siebente Besoldungsänderungsgesetz aber bereits am 1. Januar 1970, so daß beide Besoldungsneuregelungen sich im ersten Quartal 1970 auswirkten. Das ändert natürlich sehr stark die Ist-Ausgaben im ersten Vierteljahr dieses Jahres.
2452 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, .den 30. April 1970
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Leicht.
Da man diese Fakten gewußt hat, frage ich Sie, Herr Staatssekretär: Ist die Bundesregierung bereit, zuzugeben, daß damit die Erklärung des Bundesfinanzministers in seiner Haushaltsrede, die Ausgaben würden während des Zeitraums der Haushaltsführung nur in einer Größenordnung um 4 v. H. steigen, und damit auch die Zielsetzung des Jahreswirtschaftsberichts 1970, wonach die Bundesausgaben im ersten Halbjahr 1970 vergleichsweise gering anwachsen sollten, nicht eingehalten werden können?
Nein, das zuzugeben bin ich nicht bereit; denn das kann doch nur für die gesamte Zeit der vorläufigen Haushaltsführung errechnet werden. Wenn man diese Steigerung der Personalausgaben abrechnet — was man ja wohl gerechterweise tun muß —, beträgt die Steigerung ohnedies im ersten Quartal nur 5,7 v. H.
— Na ja, die müssen nicht jedes Jahr sein. In diesem Jahr jedenfalls kommen im ersten Vierteljahr zwei Personalausgabensteigerungen zusammen, die im vorigen Jahr eben nicht da waren. Das eine Gesetz ist, wie gesagt, am 1. April 1969 in Kraft getreten, dann kamen die 300 DM Sonderzahlung hinzu, und dann kommt noch die zweite Steigerung ab 1. Januar 1970 hinzu. Das mußte zwangsläufig gegenüber dem Vorjahr zu einer erheblich höheren Steigerung führen, als es vorauszusehen war.
Eine Zusatzfrage, bitte schön!
Herr Staatssekretär, halten Sie die Kritik für sehr überzeugend, wenn auf der anderen Seite ständig Forderungen von dieser Seite kommen, weitere Erhöhungen vorzunehmen?
Ich teile Ihre Meinung.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Klepsch.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, zuzugeben, daß der Herr Bundesminister der Finanzen bei seiner Haushaltsrede das Faktum der zweimaligen Personalkostensteigerung bereits gekannt hat?
Herr Kollege, daß die zweimalige Personalkostensteigerung einzurechnen ist, hat er natürlich gewußt. Aber ich sage noch einmal: Der Herr Bundesminister der Finanzen hat in seiner Haushaltsrede die Zahlen, die er genannt hat, auf den gesamten Zeitraum der vorläufigen Haushaltsführung bezogen. Die Höhe der Ausgaben war damals im einzelnen überhaupt noch nicht vorauszusehen; die konnte man ja nur vorläufig berechnen. Endgültig ist das Ergebnis erst, wenn der Zeitraum der vorläufigen Haushaltsführung abgeschlossen ist, also erst nach einem halben Jahr.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Dr. Fuchs auf:
Wie erklärt sich der Widerspruch zwischen der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister der Finanzen, Dr. Reischl, am 15. April 1970 auf die Frage des Abgeordneten Dr. Fuchs, daß keine Verzögerungen bei den Hoch-und Tiefbaumaßnahmen in den Zonenrand- und Ausbaugebieten erfolgen, und der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen, Börner, vom 23. April 1970 auf die Frage des Abgeordneten Dr. Jobst, daß eine Verzögerung von Baumaßnahmen auch in den wirtschaftlich schwachen Gebieten eintreten kann?
Zur Beantwortung der Herr Parlamentarische Staatssekretär.
Zwischen meiner Antwort vom 15. April 1970 und der Antwort des Herrn Kollegen Börner vom 23. April 1970 sehe ich keinen Widerspruch.Am 15. April habe ich meine allgemeine Überzeugung ausgesprochen, daß die Durchführung strukturverbessernder Programme der regionalen Wirtschaftsförderung in den Zonenrand- und Ausbaugebieten durch die vorläufige Haushaltsführung nicht beeinträchtigt wird und daß die freigegebenen Investitionsmittel ausreichen werden, bis zur Verabschiedung des Bundeshaushalts 1930 eingeleitete Strukturmaßnahmen durchzuführen. Ich habe dabei besonders darauf hingewiesen, daß erfahrungsgemäß der überwiegende Teil der für Strukturmaßnahmen vorgesehenen Investitionsmittel erst in der zweiten Jahreshälfte abfließt und daß die Länder zur Vermeidung von Verzögerungen von neuen Programmplanungen bereits seit längerer Zeit über die im Bundeshaushalt 1970 veranschlagten Strukturmittel unterrichtet worden sind.Demgegenüber hat Herr Kollege Börner nach meinen Erkundigungen am 23. April 1970 speziell für den Sektor Straßenbau auf die Schwierigkeiten bei der Erteilung weiterer Bauaufträge hingewiesen, die sich aus der Ausschöpfung der Verpflichtungsermächtigungen des Vorjahres ergeben. Unter diesem besonderem Gesichtspunkt hat es Herr Börner auf eine Zusatzfrage hin — ohne eine konkrete Feststellung zu treffen — lediglich für denkbar gehalten, daß bei der einen oder anderen Straßenbaumaßnahme auch eine Verzögerung eintreten könne. Die bloße Möglichkeit einer Verzögerung in einem Einzelfall auf Grund besonderer Umstände steht aber der von mir gegebenen Gesamtbetrachtung nicht entgegen.
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. April 1970 2453
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Fuchs.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß doch in einzelnen Fällen — die mir bekannt sind — infolge dieser Situation Straßenbaumaßnahmen, z. B. Brückenbauten, nicht in dem Tempo weitergeführt werden können, wie es ursprünglich beabsichtigt war?
Bei den Straßenbauten halte ich das, wie es der Kollege Börner angedeutet hat, für möglich. Ich darf aber darauf hinweisen, daß in solchen Fällen auch schon Ausnahmen ausdrücklich bewilligt worden sind. Nur kann keine generelle Ausnahme gemacht werden, sondern es kann natürlich nur im Einzelfall entsprechend der Dringlichkeit des Projekts eine Ausnahme gemacht werden.
Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Fuchs.
Würden Sie mir nicht zugeben, daß meine Sorge und meine Frage bezüglich des Widerspruchs zwischen den beiden Aussagen doch ihre Berechtigung haben?
Nein, Herr Kollege. Ich muß noch einmal sagen: Zwischen der allgemeinen Aussage von mir, die sich auf alle Bereiche erstreckt, und der speziellen, auf den Straßenbau 'bezüglichen besteht kein Widerspruch, zumal ich ja für den Straßenbau unmittelbar gar nicht zuständig bin und auch nicht über die Zahlen verfüge. Ich sage aber noch einmal, daß das Bundesministerium der Finanzen hier Verständnis bewiesen und in Einzelfällen bereits Ausnahmegenehmigungen erteilt hat, damit die Straßenbaumaßnahmen weitergeführt werden können.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Warnke.
Herr Staatssekretär, beabsichtigt die Bundesregierung, die Sperren bei den Mitteln für Wirtschafts- und Strukturförderung im Zonenrandgebiet, die ja unvermeidlich zu Verzögerungen führen müssen, aufzuheben?
Nicht generell — ich habe das schon gesagt —, sondern nur auf Antrag in begründeten Einzelfällen.
Zusatzfrage, Herr Dr. Kempfler.
Herr Staatssekretär, ist sich die Bundesregierung bewußt, daß in Anbetracht der notwendigen Ausschreibungen und Vergaben bei Straßenbauten schon durch die jetzige Verzögerung der größte Teil des Baujahres 1970 für solche Bauten verstrichen ist?
Herr Kollege, darüber kann ich als der Nichtzuständige keine detaillierte Auskunft geben. Die Frage würde besser an den Verkehrsminister gerichtet.
Wir sind am Ende der Fragen Ihres Geschäftsbereichs angekommen. Ich danke für die Beantwortung.
Ich rufe den Geschäftsbereich .des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Die Fragen 31 und 32 ,des Abgeordneten Schmidt sind vom Fragesteller zurückgezogen.
Ich rufe die Frage 33 des Abgeordneten Dasch auf:
Hält die Bundesregierung die Befürchtung bayerischer Mühlen für gerechtfertigt, daß ihnen auf Grund des starken Getreideexports ab Juni einheimischer Mahlweizen nicht mehr zur Verfügung steht und ausländischer deswegen zu überhöhten Preisen eingekauft werden muß?
Bitte schön, zur Beantwortung!
Die Befürchtungen bayerischer Mühlen sind nicht berechtigt; im Gegenteil, die Bayerische Staatsregierung und der Verband der bayerischen Handelsmühlen haben die Bundesregierung kürzlich aufgefordert, sich für eine Vergütung für Weizenbestände zum Preisbruch am 31. Juli/1. August einzusetzen, weil sich die bayerischen Mühlen zum allergrößten Teil mit Weizen bis zur neuen Ernte eingedeckt hätten. Es mag zutreffen, daß sich einige Mühlen in Bayern noch nicht so weit versorgt haben; diesen Mühlen steht Weizen aus Beständen der Einfuhr- und Vorratsstelle zur Verfügung.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 34 des Abgeordneten Niegel auf:
Ist die Bundesregierung bei den EWG-Beratungen über die künftige Festlegung der Getreidepreise durch Änderung des Regionalisierungssystems bereit, indirekte Preissenkungen zu Lasten der Erzeuger, wie z. B. im bayerischen Raum, zu akzeptieren?
Herr Kollege Niegel, die Bundesregierung ist nicht bereit, einer allgemeinen Preissenkung zu Lasten der landwirtschaftlichen Erzeuger zuzustimmen. Dies gilt im Grundsatz auch für die Regionalisierung. Inwieweit hier allerdings unter Umständen regionale Preiskorrekturen bei Weichweizen in Verbindung mit einer angestrebten Erhöhung der Futtergetreidepreise vorgenommen werden müssen, kann zur Zeit noch nicht gesagt werden, da hierüber in Brüssel noch verhandelt wird.
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2454 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. April 1970
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Niegel.
Inwieweit ist die Bundesregierung bereit, Herr Staatssekretär, bei den Qualitätsstandards gewisse Zugeständnisse zu machen? Die Qualitätsstandards können ja ohne weiteres von der Kommission festgelegt werden.
Die Bundesregierung wird sehr genau prüfen, inwieweit bei den Qualitätsstandards noch schärfere Bestimmungen angewandt werden könnten. Wir sind der Meinung, daß man hinsichtlich Ihrer Frage bei den Qualitätsstandards das gleiche zu überlegen hat hinsichtlich einer Preissenkung durch Änderung des Regionalisierungssystems; aber konkrete Aussagen kann ich dazu jetzt nicht machen.
Eine weitere Zusatzfrage, der Abgeordnete Niegel.
Herr Staatssekretär, wie verhält es sich mit dem Interventionszeitraum? Es sind nämlich Befürchtungen darüber aufgetaucht, daß hinsichtlich des Getreides nur innerhalb eines bestimmten Zeitraums interveniert werden kann.
Herr Kollege, Ihnen sind ja die Gedankengänge der Bundesregierung bekannt; sie ist bestrebt, den Interventionszeitraum möglichst langfristig zu gestalten.
Ich rufe die Frage 35 des Abgeordneten Niegel auf:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den in der Deutschen Bauernzeitung vom 18. April 1970 auf Seite 2 unter der Überschrift „Hinhalte-Taktik" zitierten Äußerungen des Bundesernährungsministers und aus den Äußerungen des Abgeordneten Helms in der Sitzung des Deutschen Bundestages vom 11. März 1970 ?
Zur Beantwortung, bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Logemann!
Die in der Deutschen Bauernzeitung vom 18. April 1970 erwähnten Regensburger Äußerungen über die Wechselbeziehung zwischen Agrar- und Währungspolitik weisen wie die des Abgeordneten Helms in der Sitzung des Deutschen Bundestages vom 11. März 1970 auf den bekannten Tatbestand hin, daß einseitige Integrationsfortschritte auf dem Agrarsektor ohne eine gleichzeitige Harmonisierung der Wirtschafts- und Währungspolitik in der EWG auf die Dauer zu politischen und ökonomischen Spannungen und Fehlentwicklungen führen. Die mangelnde Harmonisierung dieser Bereiche mit der Folge von zwei Paritätsänderungen in umgekehrter Richtung im Laufe des Jahres 1969 machte es offensichtlich, daß bei fortdauernder Stagnation der gemeinsamen Wirtschafts- und Währungspolitik die Funktionsfähigkeit des Gemeinsamen Agrarmarktes in Frage gestellt wäre. Aus der Einsicht in diese Notwendigkeit haben die Regierungschefs der EWG-Mitgliedstaaten auf der Haager Gipfelkonferenz vom 1./2. Dezember 1969 bindend erklärt, die Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion voranzutreiben. Als Beginn dieses Vorhabens soll der Rat, ausgehend vom Memorandum der Kommission vom 12. Februar 1969, im Laufe des Jahres 1970 einen Stufenplan beschließen. Dieser wird insbesondere eine ständige währungspolitische Koordination schon in der Anfangsstufe vorsehen müssen. Der Bundesminister für Wirtschaft hat hierzu am 12. Februar 1970 bereits konkrete Vorschläge unterbreitet. Die Beratungen in den zuständigen Gremien der EWG sind im Gange. Weitergehende Konsequenzen hat die Bundesregierung aus den zitierten Äußerungen nicht zu ziehen, da sie nur objektiv analysierend Faktoren ansprechen, die ihrerseits den Anstoß zu einer gemeinsamen Politik in der EWG gegeben haben.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Niegel.
Herr Staatssekretär, in den Äußerungen des Herrn Bundesernährungsministers in Regensburg kann man so zwischen den Zeilen lesen, als ob bald wieder eine neue Aufwertung zu befürchten sei, die wiederum zu Lasten der Landwirtschaft ginge.
Sicherlich ist innerhalb der EWG-Länder gelegentlich zu lesen, daß Währungsänderungen wieder eintreten könnten und daß bereits eine gewisse Uhr ticke. Dennoch glaube ich, daß sich die Bundesregierung bemüht, bereits jetzt vorbereitend Maßnahmen anzusteuern — das zeigt ja der Stufenplan des Herrn Bundeswirtschaftsministers —, so daß man sagen kann, daß die Bundesregierung entsprechende Vorstellungen über die Schritte hat, die man beim Eintritt eines solchen Falles tun könnte.
Eine letzte Zusatzfrage des Abgeordneten Niegel.
Herr Staatssekretär, gibt man mit diesen Äußerungen praktisch zu, daß die Bundesregierung mit der Aufwertung doch etwas sehr leichtfertig gehandelt hat?
Nein, das würde ich in keinem Fall sagen. Wir haben uns vielmehr wirklich bemüht, der Landwirtschaft in bezug auf die durch die Aufwertung eingetretenen Einkommensverluste dadurch entgegenzukommen, daß wir für einen vollen Ausgleich dieser Einkommensverluste Sorge tragen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. April 1970 2455
Parlamentarischer Staatssekretär LogemannDas entsprechende Gesetz steht in der nächsten Woche zur zweiten und dritten Lesung an. Ich glaube, das dürfte deutlich machen, wie sehr sich die Bundesregierung bemüht hat, hier Schäden zu verhindern.
Verehrter Herr Kollege, bezüglich Ihrer Zusatzfrage muß ich Sie darauf aufmerksam machen, daß weder Fragen noch Zusatzfragen eine Wertung enthalten dürfen.
Damit sind wir am Ende der Fragestunde angelangt. Ich darf Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, danken. Die nicht aufgerufenen Fragen werden schriftlich beantwortet, sofern sie nicht von den Fragestellern zurückgezogen wurden.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Mittwoch, den 6. Mai 1970, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.