Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, ich habe die traurige Pflicht, Ihnen mitzuteilen, daß unser Kollege Alfred Burgemeister heute in den frühen Morgenstunden im Alter von 63 Jahren in der Chirurgischen Universitätsklinik in München nach einer langen schweren Krankheit gestorben ist.
Alfred Burgemeister wurde am 22. Juli 1906 in Perleberg geboren. Nach dem Schulbesuch und einer kaufmännischen Lehre trat er 1926 in die Reichswehr ein und nahm, zuletzt als Oberst, ,am zweiten Weltkrieg teil. Im Jahre 1946 übernahm er ein Einzelhandelsgeschäft in Schöningen in Niedersachsen. Gleichzeitig stellte er sich in den Dienst des politischen Wiederaufbaus, vor allem im niedersächsischen Zonenrandgebiet.
Alfred Burgemeister war als Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Helmstedt später, von 1968 an, gleichzeitig Vorsitzender des CDU-Landesverbandes Braunschweig. Außerdem war er Vorstandsmitglied seiner Partei in Niedersachsen.
Dem Deutschen Bundestag gehörte Alfred Burgemeister ununterbrochen seit 1953 an. In diesen Jahren widmete er sich besonders aktiv der Politik für den Mittelstand, indem er sich für den Einzelhandel und die mittelständische gewerbliche Wirtschaft mit dem Ziel des sozialen Ausgleichs einsetzte. Von 1957 bis 1963 war er Vorsitzender 'des Diskussionskreises Mittelstand seiner Fraktion und übernahm anschließend bis zum Ende der 5. Wahlperiode den Vorsitz im Fraktionsarbeitskreis Wirtschaft und Ernährung. Gleichzeitig gehörte er seit 1957 dem Fraktionsvorstand der CDU/CSU an. Im 6. Bundestag war Alfred Burgemeister Mitglied ides Ältestenrats und Schriftführer.
Ich spreche der Familie, insbesondere seiner Frau und seinen drei Kindern, sowie der Bundestagsfraktion der CDU/CSU die aufrichtige und herzliche Anteilnahme des ganzen Hauses aus.
Meine Damen und Herren, Sie haben sich zu Ehren 'des Verstorbenen erhoben. Ich danke Ihnen.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, mache ich darauf aufmerksam, daß Ihnen folgende Liste von Vorlagen der Bundesregierung vorliegt, die keiner Beschlußfassung bedürfen und gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:
Vorlage des Bundeskanzlers
Betr. Bericht der Bundesregierung über die Integration in
den Europäischen Gemeinschaften
Bezug: Beschlüsse des Bundestages vom 28. Februar und 28. April 1967
— Drucksache VI/617 —
zuständig: Auswärtiger Ausschuß , Haushaltsgusschuß
Vorlage des Bundeskanzlers
Betr. Bericht über den Bezug von Zeitungen und Zeitschriften aus der DDR
Bezug: Beschluß des Bundestages vom 29. Mai 1968 — Drucksache VI/641 —
zuständig: Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen , Ausschuß für Bildung und Wissenschaft
Erhebt sich gegen die beabsichtigte Überweisung Widerspruch? — Ich stelle ,fest, daß das nicht der Fall ist.
Wir kommen zum einzigen Punkt unserer heutigen Tagesordnung:
Fragestunde
— Drucksache VI/635 —
Zunächst der Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Ich rufe die Frage 7.2 des Abgeordneten Dr. Bechert auf:
Hält es die Bundesregierung für zulässig, daß Schüler im Reaktorzentrum Geesthacht in der Steuerung und sonstiger Arbeit an Reaktoren unterwiesen werden?
Zur Beantwortung der Parlamentarische Staatssekretär von Dohnanyi.
Herr Präsident, der Unterricht in der Reaktoranlage Geesthacht für zehn Oberprimaner des Otto-Hahn-Gymnasiums Geesthacht dient der Ergänzung des Physikunterrichts im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft. Er wird im Leitstand der Anlage für Nulleistungsexperimente durchgeführt. Diese Anlage erreicht im Betrieb nur eine Leistung von einigen Watt. Der dort für die Oberprimaner durchgeführte Unterricht ist vergleichbar mit dem
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Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Dohnanyiin den Ingenieurschulen Bremen, Hamburg, Kiel und Ulm seit Jahren üblichen Unterricht an den dortigen Unterrichtsreaktoren. Die Bundesregierung hat gegen diese Form des Unterrichts keine Bedenken, da die Oberprimaner während dieser 'wertvollen Ergänzung ihres Physikunterrichts keiner unzulässigen Strahlenbelastung ausgesetzt werden.
Eine Zusatzfrage, der Herr Abgeordnete Dr. Bechert.
Dr. Dr. h. c. Bechert ,(SPD) : Herr Staatssekretär, sind die Erziehungsberechtigten, die Schüler und das Lehrpersonal darüber unterrichtet worden, daß möglicherweise auch durch geringe Strahlenbelastungen genetische Schäden entstehen können, und haben in Kenntnis dieser Tatsache — es ist bekannt, daß bereits sehr geringe Strahlendosen Erbschäden hervorrufen können —die Erziehungsberechtigten, ,das Lehrpersonal und auch die Schüler ihre Zustimmung gegeben?
Herr Kollege Bechert, ich kann diese Frage hier nicht beantworten. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die Sicherungsmaßnahmen, soweit sie sich aus der Ersten Strahlenschutzverordnung ergeben, erfüllt worden sind. Ich kann nicht sagen — werde das aber gern prüfen —, ob über die bestehenden Vorschriften hinaus etwa 'weitere Warnungen in bezug auf den von Ihnen angezeigten Möglichkeitsbereich ausgesprochen worden sind.
Eine zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Bechert.
Dr. Dr. h. c. Bechert (SPD) : Für den Fall, daß es zu einem Strahlenunfall kommen sollte, was nicht völlig ausgeschlossen ist, obwohl Sie sagten, die Strahlenbelastung sei sehr gering, möchte ich fragen: sind Schüler und Lehrpersonal 'bei dieser Art von Unterricht gegen einen Strahlenunfall versichert?
Auch diese Frage, Herr Kollege Bechert, kann ich nicht 'beantworten. Die Situation ist so, daß der Unterricht unter fachkundiger Aufsicht stattfindet, d. h. es wird von der technischen Seite her alles getan, was angesichts der Möglichkeit eines Unfalls getan werden muß. Ob ausdrücklich eine zusätzliche Versicherung abgeschlossen worden ist, kann ich im Augenblick nicht sagen. Ich werde auch das gern prüfen.
Ich rufe die Frage 73 des Abgeordneten Dr. Bechert auf:
Wie verträgt sich ein solcher Unterricht mit der Forderung des Sachverständigenberichtes der Vereinten Nationen, jede zusätzliche, durch Menschen verursachte, Strahlenbelastung möglichst gering zu halten?
Zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Der Unterricht verträgt sich mit der Forderung des Sachverständigenberichts der Vereinten Nationen. Er steht auch im Einklang mit den Strahlenschutznormen von Euratom sowie den Regeln des deutschen Strahlenschutzrechts. Der Grundsatz, die Strahlenbelastung von Personen so gering wie möglich zu halten, ist in § 21 der von mir bereits vorhin angeführten Ersten Strahlenschutzverordnung niedergelegt.
Ein moderner Physikunterricht kann nicht darauf verzichten, die Schüler mit den Erscheinungsformen der Radioaktivität und der ionisierenden Strahlen sowie mit der friedlichen Nutzung der Kernenergie vertraut zu machen. Die Didaktik geht heute in diesen Fächern davon aus, daß sich der Unterricht nicht auf die sogenannte Kreidephysik beschränken kann. Die physikalischen Grundlagen und ihre technischen Anwendungen müssen vielmehr so weit wie irgend möglich auch durch Experimente veranschaulicht werden.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Bechert.
Dr. Dr. h. c. Bechert (SPD) : Trotzdem frage ich, nachdem ich vorhin auf die genetische Schädigungsmöglichkeit durch geringste Dosen hingewiesen habe: Wie verträgt sich ein solcher Unterricht am Reaktor damit, daß nach § 22 der von Ihnen soeben zitierten Ersten Strahlenschutzverordnung Personen der Zutritt zu Kontrollbereichen — dort, wo sich die Schüler aufhalten, ist ein Kontrollbereich — nur erlaubt werden darf, wenn sie dort tätig sein müssen, was hier offensichtlich nicht zutrifft, oder wenn ihre Ausbildung einen Aufenthalt im Kontrollbereich erforderlich macht? Die Aufsichtsbehörde kann allerdings eine Ausnahmegenehmigung geben. Ich frage: Ist eine solche Genehmigung gegeben worden, und gehört es zur Aufgabe von höheren Schulen, Schüler für den Reaktorbetrieb auszubilden?
Herr Kollege Bechert, ich sagte gerade, daß das ein Teil des Physikunterrichts ist. Die Ausnahmegenehmigung, die hierfür notwendig ist, ist im Zweifelsfall gegeben worden. Ich kann das aber, da es sich hier um eine Angelegenheit handelt, die, wie Sie wissen, nicht allein Bundessache ist, im Augenblick ebenfalls nicht feststellen. Ich werde das jedoch gern noch einmal überprüfen.
Ich darf ergänzend sagen, daß, da die Schüler einer viel geringeren Strahlendosis ausgesetzt sind, als ohnehin nach der Strahlenschutzverordnung zulässig ist, von einer Gefährdung in dem Sinne, wie Sie sie hier geschildert haben, nach unserer Auffassung keine Rede sein kann.
Eine zweite Zusatzfrage. Ich darf aber bitten, Herr Kollege Dr. Bechert,
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Präsident von Hasseldaß Sie sich in der Frage den Richtlinien gemäß kurz fassen.Dr. Dr. h. c. Bechert (SPD) : Die Frage ist kurz. Ich frage: Ist während der Unterrichtszeit die Strahlendosis gemessen worden?
Die Strahlendosis wird während der Unterrichtszeit gemessen. Sie liegt weit unter jener Zone, die im Zusammenhang mit dem Strahlenschutzrecht als zulässig und möglich betrachtet wird.
Ich rufe die Frage 74 des Abgeordneten Dr. Slotta auf:
Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, damit der erschreckende Rückgang der Zahl der deutschen Studenten an ausländischen Hochschulen gestoppt und das im Zeitalter der Internationalität von Wissenschaft und Forschung notwendige Studium von deutschen Studenten an ausländischen Hochschulen darüber hinaus gefördert wird?
Zur Beantwortung der Herr Parlamentarische Staatssekretär.
Die Bundesregierung hält es für notwendig, einen weiteren Rückgang der Zahl deutscher Studenten, die im Ausland studieren, zu verhindern und zu versuchen, ein größeres Interesse als bisher am Studium im Ausland zu wecken. Der Rückgang, wie er in der Tat erfolgt ist, dürfte vor allem die Zahl der Studierenden betreffen, die ihr Studium selbst finanzieren. Denn seit 1967 ist die Zahl der vom DAAD aus Bundesmitteln und Zuwendungen Dritter gewährten Stipendien ständig gestiegen. Sie betrug im Jahr 1967 2220 Stipendien, 1968 2300 Stipendien und 1969 2550 Stipendien. Für die USA, Großbritannien und Frankreich melden sich beim DAAD für ein Stipendium etwa acht Bewerber, von denen jeweils drei bis vier als genügend qualifiziert ausgewählt werden können. Nicht ausreichend ist dagegen die Zahl der qualifizierten Bewerber für die kleineren europäischen Länder. Die Ursachen für .den Rückgang der Zahl der deutschen Studierenden im Ausland sind nicht leicht zu ermitteln und offenbar nicht auf einen Nenner zu bringen. Nach einer Analyse des DAAD aus dem Jahr 1966 waren damals die wesentlichen Ursachen unzureichende finanzielle, studientechnische und administrative Voraussetzungen sowie auch Informationsmangel und die Befürchtung, Studienzeit zu verlieren. Die Bundesregierung wird daher die finanzielle Förderung des Auslandsstudiums verstärkt fortsetzen. Daneben aber wird die Bundesregierung die Information über Studienmöglichkeiten im Ausland verstärken und sich weiter dafür einsetzen, daß Studienleistungen im Ausland, soweit dies irgend möglich ist, im Inland Anerkennung finden.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 75 des Abgeordneten Dr. Slotta auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß in den Fachhochschulen eine besondere Fachrichtung für Kraftfahrzeugtechnik eingerichtet werden soll, und ist sie bejahendenfalls bereit, dies den Kultusministern zu empfehlen?
Zur Beantwortung, bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Die Ausbildung an Ingenieur- bzw. Fachhochschulen auf dem Gebiet der Kraftfahrzeugtechnik erfolgt gegenwärtig im Rahmen der Fachrichtung Maschinenbau. Jedoch ist nicht an allen Ausbildungsstätten die Möglichkeit der Spezialisierung auf dieses Gebiet gegeben, auf die Sie in Ihrer Frage abgestellt haben. Auch an den Technischen Universitäten wird nicht überall Kraftfahrzeugtechnik als Wahl- bzw. Pflichtfach angeboten. Entsprechend der Bedeutung der Kraftfahrt in der Bundesrepublik ist die Bundesregierung der Auffassung, daß Spezialisierungswünsche gerade in diesem Bereich gefördert werden sollten. Ob die Ausformung einer besonderen Fachrichtung „Kraftfahrzeugtechnik" an den Fachhochschulen angestrebt werden soll, bedarf der sachverständigen Prüfung durch die Fachhochschulen selbst, wobei natürlich auch in verstärktem Umfang die Bedürfnisse der betrieblichen 'Praxis zu berücksichtigen sind. Die Frage der Lehrpläne an den Fachhochschulen aber ist, wie Sie wissen, Herr Kollege Slotta, im wesentlichen Ländersache, soweit sie nicht Angelegenheit der Schulen selbst ist. Die Bundesregierung wird die Fragestellung und diese Antwort als eine Anregung an die Landeskultusministerien weitergeben.
Keine Zusatzfrage. Wir sind am Ende Ihres Geschätfsbereiches. Ich danke für die Beantwortung.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich rufe die Frage 50 des Abgeordneten Peters auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 51 des Abgeordneten Peiter auf:
Kann die Bundesregierung bestätigen, daß für die in § 3 des Lohnfortzahlungsgesetzes vorgesehene Dreitagesfrist für die Anzeige der Arbeitsunfähigkeit die Vorschriften des § 193 BGB anzuwenden sind?
Ist der Abgeordnete im Saal? — Er ist im Saal. Zur Beantwortung, bitte, Herr Bundesminister Arendt.
Nach § 186 BGB gilt die Auslegungsvorschrift des § 193 BGB u. a. für Fristbestimmungen, die in Gesetzen enthalten sind. Da aus § 3 des Lohnfortzahlungsgesetzes nichts Abweichendes zu entnehmen ist, vertritt die Bundesregierung die Auffassung, daß § 193 BGB auch auf die Dreitagesfrist des § 3 des Lohnfortzahlungsgesetzes anzuwenden ist. Das bedeutet, daß diese Frist für die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit in den Fällen, in denen der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder staatlich anerkannten Feiertag fällt, erst am nächsten Werktag abläuft.
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Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Peiter.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß in der Praxis ab und zu diese Lösung bestritten wird und daß man sagt, der § 193 BGB sei nicht anwendbar?
Mir ist das nicht bekannt. Mir ist nur bekannt, daß einschlägige Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen bisher nicht vorliegen.
Eine weitere Zusatzfrage, der Abgeordnete Peiter.
Herr Minister, werden Sie von
Ihrem Ministerium aus noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, daß der § 193 BGB anzuwenden ist?
Sofern mir Fälle bekanntwerden, in denen das nicht geschieht, werde ich selbstverständlich gerne darauf hinweisen, Herr Kollege.
Ich rufe die Frage 52 des Abgeordneten Niegel auf:
Wieviel Anfragen im Hinblick auf die von Bundesarbeitsminister Arendt versprochene Weihnachtszuwendung an Rentner sind beim Ministerium eingegangen, und wieviel davon wurden bis heute in welchem Sinne beantwortet? .
Zur Beantwortung bitte, Herr Minister!
Herr Kollege, ich muß zunächst der in Ihrer Frage enthaltenen Behauptung widersprechen, ich hätte Weihnachtszuwendungen an Rentner versprochen. Richtig ist vielmehr, daß in meinem Haus als eine der Möglichkeiten zur Verbesserung der Renteneinkünfte auch geprüft worden ist, ob den Rentnern ein einmaliges Überbrückungsgeld gezahlt werden sollte. Wir haben uns schließlich für eine andere Möglichkeit entschieden, nämlich dafür, den zweiprozentigen Krankenversicherungsbeitrag der Rentner wegfallen zu lassen, weil diese Lösung eine ständige Verbesserung der Einkünfte der Rentner mit sich bringt und deshalb für die Rentner vorteilhafter ist. In diesem Sinne sind auch die Anfragen, die Sie offensichtlich meinen, beantwortet worden.
Zu Ihrer Frage nach der Zahl der Anfragen kann ich Ihnen sagen, daß in der Zeit vom November 1969 bis heute in meinem Hause ungefähr 7000 Eingaben eingegangen sind, die Probleme der Sozialversicherung betrafen. Von diesen 7000 entfielen schätzungsweise 6000 auf die gesetzliche Rentenversicherung. Etwa 70 % dieser Eingaben sind bereits erledigt worden, etwa 30 % befinden sich noch im Geschäftsgang. Genauere Zahlen stehen mir nicht zur Verfügung, da die in den einzelnen Abteilungen meines Hauses eingehenden Einzelfragen mit dem Namen des Einsenders, nicht aber ihrem Inhalt nach erfaßt werden. Ohne eingehende Feststellungen, die bei der Vielzahl der an mein Haus gerichteten Einzelfragen nur mit großen Schwierigkeiten und sehr erheblichen Zeitaufwand möglich wären, vermag ich die Zahl der ein Überbrückungsgeld an Rentner betreffenden Anfragen nicht anzugeben. Allerdings läßt sich sagen, daß Ende vergangenen Jahres eine größere Zahl solcher Anfragen einging. Der weit überwiegende Teil der Einzelanfragen betraf jedoch andere Probleme aus der Sozialversicherung, wie etwa den von zahlreichen Einsendern begrüßten Wegfall des Rentnerkrankenversicherungsbeitrages, den Abbau der starren Altersgrenze sowie konkrete Fragen hinsichtlich eigener Rentenangelegenheiten des Einsenders.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 53 des Abgeordneten Burger auf:
Ist es im Interesse tausender Amputierter, die mit zunehmendem Alter infolge teilweise entsetzlicher Stumpfnervenschmerzen ihrer beruflichen Tätigkeit nicht mehr voll nachgehen können oder sogar aus dem Erwerbsleben ausscheiden müssen, möglich, unverzüglich einen Forschungsauftrag zu vergeben, der auf der Grundlage einer zusammenfassenden Darstellung aller bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die ursächlichen Faktoren und über die Behandlungsmöglichkeiten der Stumpfschmerzen erfolgen soll?
Zur Beantwortung, Herr Minister!
Herr Präsident, erlauben Sie, daß ich beide Fragen des Kollegen Burger gemeinsam beantworte?
Keine Bedenken. Ich rufe dann auch die Frage 54 des Abgeordneten Burger auf:
Ist die Bundesregierung bereit, durch einen Fragebogen mit gezielten Fragen die Amputierten, die unter starken Nervenschmerzen zu leiden haben, zu erfassen?
Die Bundesregierung hat die Vergabe eines Forschungsauftrages mit dem Ziel, für die unter schweren Stumpfschmerzen leidenden Amputierten weitere und neue Behandlungsmöglichkeiten zu ergründen, bereits vorbereitet. Haushaltsmittel hierfür sind schon für dieses Jahr eingeplant. Die Grundlage für das Forschungsvorhaben soll eine zusammenfassende Darstellung aller bisher auf diesem Gebiet gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse bilden. Ein beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung eigens für Fragen der Stumpfschmerzen gebildeter Unterausschuß des Ärztlichen Sachverständigenbeirats wird über diese zusammenfassende Darstellung auf seiner nächsten Sitzung im Mai 1970 abschließend beraten. Der Unterausschuß soll gleichzeitig definitiv seine Vorschläge für die Art und Weise der Durchführung des Forschungsvorhabens unterbreiten und dafür ein sachkundiges Team von Wissenschaftlern aus verschiedenen Fachgebieten benennen. Unmittelbar danach soll der Forschungsauftrag vergeben werden.Auch Ihre zweite Frage, Herr Kollege, kann ich positiv beantworten. Die Bundesregierung hält es durchaus für erstrebenswert, Amputierte, die unter starken Stumpfschmerzen leiden, durch eine Fragebogenaktion zu erfassen. Eine solche Befragung
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Bundesminister Arendtkann mit dem Forschungsvorhaben verbunden werden.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Burger.
Burger Herr Bundesminister, hat die bisherige Arbeit des Unterausschusses neue Erkenntnisse, Erfahrungen oder Methoden, die Erleichterung für die Amputierten bringen könnten, erbracht, oder hat sich durch die Arbeit des Ausschusses eine größere Klarheit in dem Gesamtproblem ergeben?
Ich sagte, daß der Ausschuß in seiner nächsten Sitzung im Mai 1970 definitiv über die Vergabe eines Forschungsauftrages und über die Zusammenfassung der bisher gewonnenen Erkenntnisse beraten wird, so daß Einzelheiten noch nicht mitgeteilt werden können.
Eine zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Burger.
Herr Minister, würden Sie sich dafür verwenden, daß die bisherigen Arbeitsergebnisse möglichst bald veröffentlicht werden?
Das will ich Ihnen gerne zusagen.
Ich rufe die Frage 21 des Abgeordneten Hussing auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Interessen von fast 3 Millionen Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere der Gastarbeiter, nicht hinreichend gesichert sind und diese Frage innen- und außenpolitisch von Bedeutung ist?
Ist der Abgeordnete im Saal? — Er ist anwesend. Zur Beantwortung, Herr Bundesminister.
Die Bundesregierung, Herr Kollege, ist mit Ihnen der Auffassung, daß noch wichtige Aufgaben der Betreuung ausländischer Arbeitnehmer und ihrer Eingliederung in die Arbeits- und Lebensverhältnisse in Deutschland in nächster Zeit zu lösen sind.
Eine wesentliche Grundlage für die zukünftige Arbeit sind die vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung veranlaßten „Grundsätze zur Eingliederung ausländischer Arbeitnehmer", auf die sich kürzlich erstmals alle mit der Eingliederung befaßten Stellen geeinigt haben. Auch die Herren Arbeitsminister und Senatoren für Arbeit der Länder haben auf ihrer letzten Konferenz dem Maßnahmenkatalog dieser 'Grundsätze zugestimmt. Eine Reihe der angesprochenen Maßnahmen ist bereits eingeleitet worden oder wird verstärkt fortgeführt. Diese Maßnahmen werden auch von den Regierungen der Anwerbeländer dankbar anerkannt.
Die Bundesregierung ist im Rahmen ihrer Zuständigkeit auch bemüht, Unzulänglichkeiten und Mißstände zu beheben, die vor allem bei den Wohnverhältnissen und der Schulausbildung der Kinder ausländischer Arbeitnehmer festgestellt wurden. Ich werde diese Themen in die nächste „Sozialpolitische Gesprächsrunde" in meinem Hause einbeziehen.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Hussing.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß meine Fragen über das Bundeskanzleramt, das Bundesministerium des Innern und von da zu Ihnen gelaufen sind, und darf ich daraus den Schluß ziehen, daß die Regierung nicht genau weiß, wo diese Fragen ressortieren?
Die Tatsache, daß ich heute diese Fragen beantworte, zeigt, daß die Bundesregierung schon weiß, wo diese Fragen ressortieren.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 22 des Abgeordneten Hussing auf:
Hat die Bundesregierung die Absicht, einen Bundesbeauftragten für Ausländerfragen zu berufen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister.
Bei dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung besteht ein Koordinierungskreis „Ausländische Arbeitnehmer", dem Vertreter aller Stellen angehören, die sich der Eingliederung ausländischer .Arbeitnehmer widmen. Die Arbeit dieses Arbeitskreises hat sich bewährt. Ich bin bemüht, die Arbeit der verschiedenen Einrichtungen noch wirksamer aufeinander abzustimmen. Die Bestellung eines Bundesbeauftragten für Ausländerfragen erscheint bei dieser Sachlage entbehrlich.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Hussing.
Herr Bundesminister, sind Sie 'der Meinung, daß angesichts der wachsenden Bedeutung der Probleme der Gastarbeiter und Ausländer in der Bundesrepublik die Berufung eines Bundesbeauftragten nicht sinnvoll ist?
Ich habe schon darauf hingewiesen, daß es einen Koordinierungskreis für ausländische Arbeitnehmer gibt, dessen Arbeit erfolgreich war, und ich bin weiter bemüht — das habe ich auch gesagt —, daß die Maßnahmen verstärkt werden.
Eine zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Hussing.
Sind Sie nicht der Meinung, Herr Bundesminister, daß diese Fragen betreffend die 'Gastarbeiter und Ausländer wegen ihrer
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Hussinginnen- und außenpolitischen 'Relevanz künftig im Bundeskanzleramt ressortieren sollten?
Herr Kollege, da es sich in erster Linie um Arbeitsmarktfragen handelt, bin ich der Auffassung, daß die Ressortierung beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung richtig ist.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Wolf.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Bundesminister, werden in dem von Ihnen angesprochenen Koordinierungskreis oder Arbeitskreis auch die Fragen des Ausländergesetzes behandelt, die nach meiner Kenntnis häufig zu einer sehr starken Beunruhigung unter den Arbeitern Anlaß gegeben haben?
Ich bin im Augenblick überfragt, aber ich werde mich gerne darüber informieren und Ihnen das schriftlich mitteilen.
Ich rufe die Frage 65 des Abgeordneten Dr. Jenninger auf. — Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet, )ebenso die Frage 66.
Wir sind amEnde Ihres Geschäftsbereichs. Ich danke Ihnen für die Beantwortung, Herr Bundesminister.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen auf, zuerst Frage 1 des Abgeordneten Picard. Ist der Abgeordnete im Saal? — Er Ist nicht anwesend. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Das gilt ebenfalls für Frage 2.
Ich rufe dann Frage 3 des Abgeordneten Rasner -auf:
Wann ist mit dem Beginn konkreter Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über den Bau eines „internationalen Gemeinschaftsbahnhofes" an der deutsch-dänischen Grenze zu rechnen?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Börner.
Herr Kollege, ein Zeitpunkt hierfür kann heute noch nicht angegeben werden. Das Abkommen vom 9. Juni 1965 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über die Zusammenlegung der Grenzabfertigung und über die Einrichtung von Gemeinschaftsoder Betriebswechselbahnhöfen an der deutschdänischen Grenze läßt die Einrichtung von Gemeinschaftsbahnhöfen zu. Dieser Rahmenvertrag ist durch besondere Vereinbarungen auszufüllen. Die Verhandlungen hierüber werden von den Eisenbahnverwaltungen vorbereitet.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Rasner.
Warum hat man denn, Herr Staatssekretär, noch nicht mit konkreten Verhandlungen begonnen?
Herr Kollege, ich habe eben darauf hingewiesen, daß beide Eisenbahnverwaltungen hier die Träger von entsprechenden Verhandlungen sein müssen. Es gibt noch eine Reihe von technischen Fragen, über die sich die Spezialisten auf beiden Seiten bisher nicht einigen konnten.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Rasner.
Ist der Beginn der Verhandlungen in etwa politisch gekoppelt mit dem Näherrücken des Termins des Beitritts des Königreichs Dänemark zur EWG?
Nein, Herr Kollege, es handelt sich hier wirklich nur um technische Probleme.
Ich rufe die Frage 4 des Abgeordneten Rasner auf:
Soll nach den Vorstellungen der Bundesregierung der „internationale Gemeinschaftsbahnhof " in Flensburg-Weiche oder auf dänischem Gebiet gebaut werden?
Zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Herr Kollege, wie mir die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn mitgeteilt hat, schließt sie auch heute die Einrichtung eines Gemeinschaftsbahnhofs am Übergang Flensburg/ Padborg auf deutschem Gebiet nicht aus. Aber bisher haben die zur Zeit bestehenden Betriebswechselbahnhöfe an der deutsch-dänischen Grenze den Bedürfnissen vollauf Rechnung getragen. Das dürfte auch weiterhin der Fall sein, weil der Eilenbahnverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark größtenteils über die sogenannte Vogelfluglinie abgewickelt wird.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Rasner.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß durch die Errichtung eines deutschdänischen internationalen Bahnhofs im grenzüberschreitenden Verkehr beträchtliche Kosten gespart werden könnten?
Herr Kollege, natürlich ist diese Maßnahme auf weitere Sicht durchaus erforderlich. Ich habe ja angedeutet, daß gerade das Abkommen die Möglichkeit dazu schafft, und wir hoffen sehr,
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 46. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. April 1970 2363
Parlamentarischer Staatssekretär Börnerdaß die beteiligten Eisenbahnverwaltungen die Nützlichkeit dieser Investition einsehen und sich auf eine gemeinsame Lösung einigen.
Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Rasner.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, sind Sie bereit, im Rahmen Ihrer Möglichkeiten dafür Sorge zu tragen, daß ich einen detaillierten Einblick in die Planungen und den Stand der Vorbereitungen bekommen kann?
Ich bin gern bereit, die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn zu bitten, Ihnen entsprechende Auskünfte zu geben.
Ich rufe die Frage 5 des Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Trifft es zu, daß für Baumaßnahmen an Bundesfernstraßen ein totaler Vergabestopp angeordnet wurde, und werden davon auch die Maßnahmen in wirtschaftlich schwach strukturierten Gebieten betroffen?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatsskeretär.
Herr Kollege, es trifft nicht zu, daß für Baumaßnahmen an Bundesfernstraßen ein totaler Vergabestopp angeordnet wurde. Die gegenwärtigen Schwierigkeiten in bezug auf die Erteilung weiterer Bauaufträge ergeben sich vielmehr aus der Tatsache, daß das im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung verfügbare Haushaltsvolumen bereits in voller Höhe durch Bauaufträge — hauptsächlich auf Grund von Verpflichtungsermächtigungen des Vorjahres — in Anspruch genommen worden ist.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Jobst.
Dr: Jobst : Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich dann die Tatsache, daß die Bauaufträge, die jetzt vergeben werden sollten, storniert wurden und daß man von den Straßenbauämtern ständig die Auskunft bekommt, es dürften keine Aufträge mehr vergeben werden?
Herr Kollege, ich habe Ihnen ja eben gesagt, daß die Auftragsverwaltungen der Länder aus der Abwicklung bestehender Bauvorhaben für dieses Jahr schon in erheblichem Maße Verpflichtungserklärungen und Bindungen übernommen haben. Es ist selbstverständlich, daß wir die vorläufige Haushaltsführung beachten müssen und keine Möglichkeiten außer acht lassen dürfen, auch bei diesen Maßnahmen den konjunkturpolitischen
Willen des Hohen Hauses und der Bundesregierung zum Ausdruck zu bringen.
Eine zweite Zusatzfrage ,des Abgeordneten Dr. Jobst.
Herr Staatssekretär, geben Sie mir recht, daß hierdurch eine Verzögerung im Straßenbau eintritt, daß diese Verzögerung insbesondere auf den Straßenausbauplan, der dem Hause demnächst von der Bundesregierung vorgelegt werden wird, Auswirkungen hat und ,daß sich diese Verzögerungen unter Umständen vor allem auf wirtschaftlich schwach strukturierte Gebiete sehr nachteilig auswirken können?
Herr Kollege, es ist zuzugeben, daß natürlich in dem einen oder anderen Fall eine Verzögerung von Baumaßnahmen eintreten kann. Ich darf aber darauf hinweisen, daß hier auch konjunkturpolitische Gesichtspunkte berücksichtigt werden müssen. Wir fühlen uns unter anderem auch berechtigt, diese Haltung einzunehmen, weil gerade Ihre Fraktion noch weitergehende Haushaltsrestriktionen angekündigt hat, als sie die Bundesregierung gegenwärtig für richtig hält.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Gleissner.
Herr Staatssekretär, wäre es nicht im Sinne einer verbesserten regionalen Strukturpolitik angebracht, die lebenswichtigen Bundesbahnstrecken im Zonenrandgebiet aufrechtzuerhalten und -die im Vergleich zu den mit Recht hohen Subventionen für den Massenverkehr in den Städten meist nur geringen Mehraufwendungen für diese Strecken — die Untersuchungen einer Kommission haben gezeigt, daß sie verhältnismäßig gering sind — einzukalkulieren?
Herr Kollege, ich kann im Moment -den Sachzusammenhang dieser Frage mit der hier in Rede stehenden Frage nicht ganz übersehen, denn die Maßnahmen der Deutschen Bundesbahn haben mit dem Fernstraßenhaushalt wenig zu tun.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dasch.
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für gerechtfertigt, wenigstens die Räume von den aus konjunkturellen Gründen notwendigen Beschränkungen auszunehmen, in denen sowieso kein zu starker Bauandrang vorhanden ist und die dringend darauf angewiesen sind, daß sie in kürzester Frist an das moderne Verkehrsnetz mit Autobahnen und Bundesfernstraßen angeschlossen werden?
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Herr Kollege, das Problem ist, daß es auf Grund der Vergabepraxis der Länder im Bereich der nicht gesperrten Mittel für uns keine Manövriermöglichkeit mehr gibt. Wenn der Haushalt verabschiedet ist und wieder eine neue Quote entsperrter Mittel zur Verfügung stünde, würde ein solcher Gesichtspunkt selbstverständlich zum Tragen kommen.
Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Wie hoch sind die Mehraufwendungen der Deutschen Bundesbahn für die Eisenbahnstrecken im Zonenrandgebiet, die im Stillegungsprogramm der Deutschen Bundesbahn enthalten sind, und welchen Streitwert haben dabei diese Strecken im bayerischen Zonenrandgebiet?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Herr Kollege, die Mehraufwendungen der Deutschen Bundesbahn für das Weiterbetreiben von Strecken, die von ihr in die Stufenpläne aufgenommen wurden, lassen sich erst jetzt nach Durchführung der jeweiligen Einzeluntersuchungen ermitteln. Die Vorauswahl der Strecken zur Aufnahme in die Stufenpläne hat die Deutsche Bundesbahn zunächst nur nach dem Verkehrsaufkommen getroffen. Erst die Einzeluntersuchungen geben Aufschluß darüber, ob das Stillegungsverfahren gemäß Bundesbahngesetz für eine Strecke eingeleitet werden soll bzw. in welchem Umfang Maßnahmen von der Deutschen Bundesbahn weiter verfolgt werden.
Für die von Ihnen besonders erwähnten Strecken im bayerischen .Zonenrandgebiet liegen erst wenige Untersuchungen vor, so daß es zum augenblicklichen Zeitpunkt nicht möglich ist, eine Aussage über die insgesamt entstehenden Mehraufwendungen zu machen.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Jobst.
Herr Staatssekretär, kann man nach den bisherigen Erhebungen bereits übersehen, ob die Einsparungen, gemessen an dem Volumen des Haushalts der Bundesbahn, nennenswert sind?
Herr Kollege, ich möchte diese Frage generell bejahen. Sie wissen aus Ihrer früheren beruflichen Tätigkeit als Dezernent einer Bundesbahndirektion, daß die Bahn dem Lastwagen unter dem Gesichtspunkt der Flächenbedienung in vielen Fällen unterlegen ist. Ich weise aber darauf hin, daß der Bundesminister für Verkehr für das Zonenrandgebiet und die schwachstrukturierten Gebiete, was die Veränderung des Streckennetzes der Bundesbahn angeht, besonders scharfe Maßstäbe angelegt hat und daß sich ein interministerieller Ausschuß in jedem Fall mit der Frage beschäftigt, ob die betriebswirtschaftlichen Überlegungen der Bahn oder strukturpolitische Überlegungen den Vorrang haben sollen. Was den politischen Gehalt Ihrer Frage angeht, so kann ich sagen, daß dort, wo es noch eine verkehrspolitische Chance für die Bahn gibt, keine Stillegungen erfolgen.
Eine letzte Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Jobst.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, 28 des Bundesbahngesetzes dahin gehend zu ändern, daß die Bundesbahn in solchen Fällen nicht gezwungen sein wird, ein Stillegungsverfahren für unterstrukturierte Strecken einzuleiten, sondern daß ein Ausgleichsverfahren vorgesehen wird, das die Stillegungsverfahren unnötig macht und das dazu beiträgt, daß die Unruhe, die heute auf Grund der Überprüfungen von Bundesbahnstrecken in Bevölkerung und Wirtschaft aufkommt, schwindet?
Herr Kollege, die Bundesregierung kann gar nichts ändern. Wenn das Bundesbahngesetz geändert werden soll, muß es der Gesetzgeber tun. Ich verweise aber darauf, daß das Hohe Haus das Grundkonzept der Bundesbahnrationalisierung vor gar nicht langer Zeit im Rahmen einer Bundesbahnnovelle gebilligt und uns verpflichtet hat, alles zu tun, um dieses Unternehmen wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu machen.
Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Gleissner.
Herr Staatssekretär, darf ich meine Frage von vorhin, mit der ich leider vorgeprellt bin, weil ich nicht aufgepaßt habe, wiederholen, falls sie Ihnen nicht mehr in Erinnerung ist?
Bitte, wiederholen Sie die Frage.
Die Frage lautete, ob es nicht im Sinne einer verbesserten Regional- und Strukturpolitik angebracht wäre — gerade in Anbetracht der vergleichsweise wohl aber mit Recht hohen Subventionen für den Massenverkehr in den Großstädten und der verlorenen Zuschüsse —, die lebenswichtigen Bundesbahnstrecken im Zonenrandgebiet aufrechtzuerhalten und die dort meist nur geringen Mehraufwendungen einzukalkulieren.
Herr Kollege, lebenswichtige Strecken kommen überhaupt nicht in das Stillegungsverfahren, sondern es kommen nur solche Strecken
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 46. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. April 1970 2365
Parlamentarischer Staatssekretär Börnerin das Stillegungsverfahren, bei denen sich der Bahnkunde seit Jahren auf die Straße umorientiert hat, was dazu geführt hat, daß bestimmte dieser Strecken bis zu 90 % ihres Verkehrsaufkommens verloren haben.Das ist die Entscheidung des Kunden für ein anderes Verkehrsmittel, z. B. für den Lkw. Diese Entscheidung muß in einer marktwirtschaftlichen Ordnung natürlich auch gesehen werden. Das heißt, man kann den Bahnverkehr dort nicht aufrechterhalten, wo die Bahn praktisch zum Museum geworden ist; andererseits muß man den Bahnverkehr dort aufrechterhalten, wo die Bahn noch lebenswichtig ist. Deshalb ist, wie ich meine, ein Vergleich mit den Aufwendungen in den Ballungsgebieten in diesem Zusammenhang sehr problematisch.Ich möchte sagen, daß beides, nämlich einerseits die Bedienung des Verkehrs in den Ballungsgebieten und andererseits eine vernünftige regionale Verkehrspolitik in den Zonenrand- und Problemgebieten, Aufgaben von hohem Rang sind, die von der Bundesregierung im Haushalt entsprechend dotiert werden. Dabei ist natürlich die Unterstützung dieses Hohen Hauses erforderlich.
Ich rufe nunmehr Frage 7 des Abgeordneten Dr. Gleissner auf:
Ist dem Bundesverkehrsminister der Untersuchungsbericht der Landpolizei Oberbayern über die Hauptunfallursachen im Jahre 1969 bekannt und welche Konsequenzen sollen daraus gezogen werden angesichts der Tatsache, daß die Zahl der Verkehrsunfälle wieder um 8,4 % gestiegen ist und daß nach diesem Bericht die gefährlichsten Straßen nach wie vor die Autobahnen sind und unter den Autobahnen wiederum die Strecke München—Salzburg an der Spitze, gefolgt von der Autobahnstrecke München—Nürnberg/Regensburg und von den Bundesstraßen B-304 West im Landkreis Dachau und die Olympiastraße B-2 Süd von Starnberg bis Garmisch?
Zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege, der Untersuchungsbericht der Landpolizei Oberbayern über die Hauptunfallursachen im Jahre 1969 ist dem Bundesverkehrsminister nicht bekannt. Das Statistische Bundesamt hat Einzelangaben über die Unfallursachen und die Zahl der Unfälle nach Straßenarten für die Jahre 1969 und 1968 noch nicht veröffentlicht.
Es trifft für das gesamte Bundesgebiet nicht zu, daß „die Autobahnen die gefährlichsten Straßen" sind. Im Jahre 1967 wurden nach dem letzten vorliegenden Jahresbericht des Statistischen Bundesamtes von .den insgesamt bei Straßenverkehrsunfällen getöteten 17 084 Personen auf Bundesautobahnen 843 Personen getötet. Das heißt, bezogen auf je 100 Millionen Fahrzeugkilometer wurden auf den Bundesautobahnen vier Personen getötet gegenüber zehn Personen auf Bundesstraßen. Die Bundesautobahnen sind also — rein theoretisch, statistisch — zweieinhalbmal sicherer als die Bundesstraßen.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Gleissner.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, diesen Bericht mit in Ihre Betrachtungen einzubeziehen? Ich werde mir erlauben, zur nächsten Fragestunde weitere Fragen vorzulegen.
Herr Kollege, ich komme in der Antwort auf Ihre nächste Frage auf diese Problematik noch zu sprechen.
Dann rufe ich gleich die Frage 8 des Abgeordneten Dr. Gleissner auf:
Wie beurteilt der Bundesverkehrsminister die Ergebnisse dieses bemerkenswerten Berichtes, nach dem die Hauptursache der Unfälle — gleichgültig bei welchem Straßentyp — zu schnelles Fahren , Fehler beim Überholen, Vorbeifahren und Begegnungen (zusammen 20,9 %), zu dichtes Auffahren (12,7 %) sind und daß die Verkehrspolizei festgestellt hat, daß insgesamt bei 76 % der Unfälle die Fahrer selbst die Schuld tragen, während auf die Straßenverhältnisse — wie Fahrbahnglätte durch Schnee, Eis, Öl oder Laub, Unübersichtlichkeit und Frostaufbrüche — nur 9 % der Unfallursachen treffen?
Sind Sie damit einverstanden, Herr Kollege? —Bitte sehr!
Ihre Zahlenangaben, Herr Kollege, aus dem Untersuchungsbericht der Landpolizei Oberbayern über den Prozentsatz der verschiedenen von der Polizei festgestellten Unfallursachen bei Straßenverkehrsunfällen des Jahres 1969 stimmen in der Tendenz mit dem Zahlenmaterial der Bundesstatistik des Statistischen Bundesamtes der letzten Jahre in etwa überein. Nur der Prozentsatz der Unfallursachen „Fehler beim Überholen, Vorbeifahren und Begegnen" wird statt mit 20,9 % in Bayern für das Bundesgebiet für 1967 mit 10,6 % bei Unfällen mit Personenschaden und 9,1 % bei Unfällen mit Getöteten ausgewiesen.
Der Bundesminister für Verkehr ist in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Verkehrswacht beziehungsweise dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat und den freiwillig mitarbeitenden Organisationen bestrebt, das Schwergewicht seiner Bemühungen um die Verkehrserziehung und Aufklärung ,der Verkehrsteilnehmer alle Jahre erneut ,auf diejenigen Unfallursachen zu konzentrieren, die sich als besonders unfallträchtig erwiesen haben.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Gleissner.
Herr Staatssekretär, .da nach dem Bericht der Landpolizei Oberbayern — ich werde veranlassen, daß Sie ihn bekommen — auch die Zahl der Unfälle, die durch Wild verursacht wurden, auffallend gestiegen ist und bei 2370 Unfällen mit einem Sachschaden von über einer Million DM 92 Personen getötet worden sind, frage ich auf Grund der wiederholten Intervention zum Schutz der Menschen, aber auch des Wildes, was bereits geschehen ist und was zu tun beabsichtigt ist.
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Sie meinen bezüglich des Wildes?
Ich frage das deshalb, weil dieser Punkt in dem Bericht eine Rolle spielt.
Herr Kollege, ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, daß wir an Bundesautobahnen ein großes Versuchsprogramm mit Wildschutzzäunen durchführen. Wir hoffen, in einigen Monaten die Ergebnisse vorlegen zu können; Sie können eventuell die Konsequenz haben, daß diese Frage des Schutzes der Schnellstraßen vor Wildwechseln noch einmal neu überdacht werden muß.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 9 des Abgeordneten Josten auf:
Wie hoch sind nach den bisher vorliegenden Ermittlungen die diesjährigen Hochwasserschäden des Rheins und seiner Nebenflüsse in den Bundesländern?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Die in den Bundesländern durch das Hochwasser im Februar dieses Jahres entstandenen Schäden sind dem Bundesminister für Verkehr nicht bekannt. Einschlägige Erhebungen stellt zur Zeit der für den Katastrophenschutz zuständige Bundesminister des Innern an.
In den Bundeswasserstraßen selbst sind nach den bisherigen Ermittlungen Schäden in Höhe von rund 50 Millionen DM entstanden. Die Schadenssumme ist vorläufig; die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen, Herr Kollege.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob Sie meine Meinung teilen, daß der Schaden in Wirklichkeit wesentlich höher ist, als Sie angegeben haben, da z. B. in Rheinland-Pfalz, wo bisher Schadensanmeldungen in Höhe von 8 Millionen DM vorliegen, eine wesentlich höherer Zahl zu erwarten ist, weil ein Teil der Geschädigten überhaupt keine Schadensmeldungen abgibt in der Annahme, daß keine Entschädigung gezahlt wird?
Herr Kollege, ich gebe durchaus zu, daß sich diese Kosten eventuell noch verändern werden, wenn die Erfassungsaktion abgeschlossen ist.
Zu einer weiteren Zusatzfrage. Herr Abgeordneter Josten.
Herr Staatssekretär, da der Bund für die Unterhaltung der Bundeswasserstraßen und die Länder für den Hochwasserschutz zuständig sind, darf ich Sie fragen: wird die Bundesregierung zur Verbesserung des Hochwasserschutzes allgemein eine bessere 'Zusammenarbeit von Bund und Ländern auf diesem Gebiet anstreben?
Herr Kollege, unabhängig von der grundgesetzlichen Zuständigkeit, die Sie soeben erwähnten, sind wir natürlich immer gern zur Zusammenarbeit bereit.
Zu einer Zusatzfrage der Abgeordnete Burger.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß das Land Baden-Württemberg als einziges Land eine Elementarversicherung kennt, in der alle Hausbesitzer pflichtversichert sind? Wäre es nicht ratsam, den Ländern anzuraten, eine solche Elementarversicherung überall einzuführen?
Herr Kollege, ich bitte um Verständnis dafür, wenn ich sage, daß es nicht meine Aufgabe ist, von dieser Stelle aus den Ländern gute Ratschläge zu geben.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 10 des Abgeordneten Josten auf:
Wieweit sind die Pläne zur Verhinderung von Hochwasser des Rheins und seiner Nebenflüsse beim Bundesminister für Verkehr gediehen?
Herr Kollege, derartige Pläne werden beim Bundesverkehrsministerium nicht aufgestellt. Nach der Kompetenzverteilung im Grundgesetz sind hierfür die Länder zuständig. Die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes ist im Rahmen ihrer Möglichkeiten jederzeit zu einer Zusammenarbeit mit den Ländern bereit.
Zu einer Zusatzfrage der Abgeordnete Josten.
Herr Staatssekretär, Ihr Minister hat mir gegenüber angegeben, daß an solchen Plänen gearbeitet wird. Darf ich Sie daher fragen, ob es nicht zweckmäßig ist, daß die Sache in Ihrem Hause in Verbindung mit den Ländern einmal überprüft wird, weil es ja eine ganz entscheidende Aufgabe ist, durch große Baumaßnahmen zukünftige Hochwasser am Rhein zu verhindern.
Herr Kollege, ich habe ja angedeutet, daß wir zur Zusammenarbeit bereit sind.
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Parlamentarischer Staatssekretär BörnerAber ich muß mit allem Ernst darauf hinweisen, daß 'es hier verschiedene Zuständigkeiten gibt. Ich darf Sie daran erinnern — .Sie sind ja einer der Kollegen, die dem Hohen Hause schon viele Legislaturperioden angehören —, daß es um die Regelung dieser Fragen in der Vergangenheit sehr harte Auseinandersetzungen zwischen den Ländern und dem Bund gegeben hat.
Zu einer weiteren Zusatzfrage der Abgeordnete Burger.
Herr Staatssekretär, wenn ich Sie recht verstanden habe, sprachen Sie soeben von einer guten Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Würde es nicht in diese gute Zusammenarbeit passen, wenn Sie die soeben von mir gegebene Anregung an die Länder weiterleiteten?
Herr Kollege, ich nehme an, daß schon auf Grund der guten Publizität, die die Fragestunde des Deutschen Bundestages immer hat, diese Anregung in der Öffentlichkeit sehr eingehend diskutiert werden wird. Ich persönlich kann nur sagen, ich halte sie für sinnvoll.
Ich rufe die Frage 11 des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen auf:
Trifft es zu, daß wegen sprunghaften Anstiegs von Anträgen auf Einrichtungen von Fernsprecheinrichtungen bei der Deutschen Bundespost in den letzten Monaten die Lieferfirmen nicht mehr in der Lage sind, den entsprechenden Anforderungen nachzukommen?
Die Frage wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 22. April 1970 lautet:
Die Nachfrage nach Fernsprechanschlüssen hat sich innerhalb der beiden letzten Jahre nahezu verdoppelt. Während im Jahre 1967 netto 555 000 Anmeldungen eingingen, waren es 1969 1,08 Millionen, und für 1970 ist mit 1,3 Millionen zu rechnen. Die Deutsche Bundespost und die Fernmeldeindustrie haben sich bemüht, dieser Nachfrage soweit wie möglich zu entsprechen. Die Investitionen für Fernmeldeanlagen wurden in den Jahren 1967 bis 1969 von 1,9 Milliarden auf 2,9 Milliarden DM gesteigert, für das laufende Jahr sind 3,55 Milliarden DM geplant. Der damit erzielte Zugang an Fernsprechhauptanschlüssen betrug 1967 noch 568 000, 1969 bereits 938 000, und für 1970 erwarten wir 1,1 Millionen zusätzliche Hauptanschlüsse.
Die Fernmeldeindustrie ist auf den Fertigungsgebieten Vermittlungstechnik und Übertragungstechnik im wesentlichen voll ausgelastet. Die Fertigungskapazität der Fernmeldekabelindustrie wird zur Zeit nicht voll in Anspruch genommen. Eine weitere Steigerung der Investitionen im Fernmeldebereich wäre im Hinblick auf die Nachfrage zwar wünschenswert; sie scheitert jedoch an den begrenzten Finanzierungsmöglichkeiten. Allein zur Finanzierung des laufenden Haushalts 1970 benötigt die Deutsche Bundespost Fremdmittel in Höhe von mehr als 5 Milliarden DM.
Ich rufe 'die Frage 12 des Abgeordneten Dr. Enders auf:
Aus welchen Gründen rechtfertigt die Bundesregierung die Schließung von Poststellen in kleineren Gemeinden?
Zur Beantwortung der Herr Parlamentarische Staatssekretär.
Börner, Parlamentarischer 'Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr 'Präsident, ich bitte um Ihre Zustimmung, die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Dr. Enders gemeinsam beantworten zu dürfen, sofern der Herr Fragesteller damit einverstanden ist.
Einverstanden! Ich rufe also auch die Frage 13 des Abgeordneten Dr. Enders auf:
Wird die Bundesregierung bei der beabsichtigten Schließung weiterer Poststellen die besondere Situation der Bevölkerung im Zonenrandgebiet und in Fremdenverkehrsgemeinden berücksichtigen?
Herr Kollege, ausschlaggebend für .die Aufhebung von Poststellen ist das Verkehrsbedürfnis. Wenn Poststellen von der Bevölkerung so wenig in Anspruch genommen werden, daß ihre Beibehaltung und der dafür notwendige Aufwand mach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht mehr zu vertreten sind, werden sie aufgehoben. In jedem Fall wird jedoch sichergestellt, daß die Postversorgung der betreffenden Landorte ohne Nachteile für die Bevölkerung durch Postanstalten in Nachbarorten oder durch Landzusteller übernommen werden kann.
Die Situation der Bevölkerung im Zonenrandgebiet und in Fremdenverkehrsgemeinden wird dabei nach Möglichkeit berücksichtigt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Enders.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß zur positiven Entwicklung des Fremdenverkehrs in kleinen Gemeinden, selbst wenn dort nur Saisonbetrieb herrscht, die Erhaltung der Poststelle gehört?
Ich teile Ihre Auffassung. Wir werden selbstverständlich 'die 'Oberpostdirekt'ion'en anweisen, in konkreten Einzelfällen dieses Moment nicht außer acht zu lassen.
Falls Sie hier einen besonderen Fall vor Augen haben, 'bitte ich um Nachsicht, damit ich der Frage nachgehen kann.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Enders.
Herr Staatssekretär, würden Sie dies auch auf Gemeinden des Zonenrandgebiets ausdehnen, wenn 'unzumutbare Folgen für die dort wohnenden oder arbeitenden Menschen auftreten sollten?
Selbstverständlich, Herr Kollege. Ich gehe dabei 'von der Voraussetzung aus, daß die Post natürlich die Aufgabe hat, im Rahmen der allgemeinen Strukturpolitik der Bundesregierung auch das ihrige dazu beizutragen, um die Wirtschaftskraft
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Parlamentarischer Staatssekretär Börnerund die Lebensverhältnisse im Zonenrandgebiet zu verbessern.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, bestehen bei Ihrem Ministerium Richtlinien über die Aufhebung von kleinen Poststellen, und können diese Richtlinien den kommunalen und staatlichen Stellen, die sich auch mit der Landesplanung, der Regionalplanung und der Verwaltungsreform befassen, zugänglich gemacht werden?
Herr Kollege, es gibt solche Richtlinien. Ich nahm bisher an, ,daß die Zusammenarbeit zwischen den Oberpostdirektionen und ,den zuständigen Landesregierungen so ist, daß die Dinge bekannt sind. Ich will ,der Sache aber gern noch einmal nachgehen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 14 des Abgeordneten Dr. Riedl auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Auseinandersetzung zwischen dem Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen und der Gewerkschaft „Deutscher Postverband im Deutschen Beamtenbund" über die von Bundesminister Leber für den Bereich der Deutschen Bundespost erlassenen Verfügung, wonach den Personalvertretungen über das geltende Recht hinausgehende Beteiligungsrechte zugestanden werden?
Herr Präsident, auch hier bitte ich um Ihre Zustimmung, die beiden Fragen des Herrn Kollegen Dr. Riedl gemeinsam beantworten zu dürfen, wenn der Herr Kollege einverstanden ist.
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe ferner die Frage 15 des Abgeordneten Dr. Riedl auf:
Welche Haltung nimmt die Bundesregierung gegenüber dem Vorwurf der Gewerkschaft „Deutscher Postverband im Deutschen Beamtenbund" ein, die die von Bundesminister Leber am 27. Februar 1970 für den Bereich der Deutschen Bundespost erlassene Verfügung betreffend Zusammenarbeit mit den Personalvertretungen in einigen Punkten für rechtswidrig hält?
Herr Kollege, die vom Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen am 27. Februar 1970 erlassene Verfügung enthält für den Bereich der Deutschen Bundespost einige auf die Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 gestützte Hinweise zur Verbesserung und Vertiefung der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Personalvertretungen. Die Verfügung sieht weder eine Erweiterung der bestehenden Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrechte vor, noch enthält sie sonstige Regelungen, die die Entscheidungsbefugnis der Dienststellenleiter beschränken und den Personalräten über das geltende Recht hinausgehende .Beteiligungsrechte einräumen.
Die Einwendungen des Deutschen Postverbandes sind deshalb unbegründet und, wie ich hinzufügen möchte, in ihrer polemischen Art geeignet, den Betriebsfrieden bei der Deutschen Bundespost zu beeinträchtigen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl .
Herr Staatssekretär, wie vereinbart sich Ihre soeben abgegebene Erklärung, die erlassene Verfügung des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen erweitere nicht die Beteiligungsrechte nach geltendem Recht, mit der in dieser Verfügung beispielsweise getroffenen Anordnung, mit den Personalräten auch solche Fragen zu erörtern, bei denen eine förmliche Beteiligung nach geltendem Recht noch nicht ausdrücklich vorgesehen ist, und daß die Personalräte — ich darf zitieren — „auch vor der Durchführung von Maßnahmen zu hören sind, die nicht einer formellen Mitwirkung oder Mitbestimmung unterworfen sind"?
Herr Kollege, ich möchte noch einmal deutlich machen, daß der materielle Inhalt der Verfügung in keinem Punkt eine Ausweitung der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung vorsieht. Die Verfügung stützt sich vielmehr auf die in § 55 des Personalvertretungsgesetzes festgelegte allgemeine Verpflichtung zu vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen Dienststelle und Personalvertretung. Sie ordnet entsprechend den in ,der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 gesetzten Prioritäten an, daß im Interesse des Personals und der Verwaltung diese vertrauensvolle Zusammenarbeit verstärkt werden soll, und gibt zur praktischen Durchführung dieser Anordnung konkrete Hinweise.
Zu einer weiteren Zusatzfrage der Abgeordnete Dr. Riedl.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß also sichergestellt ist, daß auch bei extensiver Auslegung dieser Verfügung des Bundesministers für das Post-und Fernmeldewesen die persönliche Sphäre der Beamten, Angestellten und Arbeiter bei der Deutschen Bundespost nicht tangiert wird?
Ja.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Wagner.
Herr Staatssekretär, beabsichtigt die Bundesregierung dem Bundestag gesetzliche Regelungen zur Erweiterung
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Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 46. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. April 1970 2369
Wagner
der Rechte der Personalvertretungen im Sinne des Erlasses des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen vorzuschlagen, und wann ist gegebenenfalls mit solchen Vorschlägen zu rechnen?
Herr Kollege, das ist eine Frage, die über den Bereich der Deutschen Bundespost hinausgeht. Wie Sie wissen, hat die Bundesregierung die Absicht, dem Hohen Hause die Erweiterung der Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte für den Gesamtbereich des öffentlichen Dienstes vorzuschlagen. Ich hoffe, daß das in absehbarer Zeit hier diskutiert werden kann.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Schneider .
Herr Staatssekretär, halten Sie es mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung für vereinbar, eine gesetzliche Bestimmung als papierene Legitimation zu bezeichnen, die dann außer Betracht bleiben könne, wenn das die Qualität eines Arguments gebiete, und halten Sie es für geeignet — das ist dort ebenfalls geschehen —, diese Meinung, die der Herr Bundesminister Leber in der „Christel von der Post" geäußert hat, zum Handlungsmaßstab für alle Dienststellen der Deutschen Bundespost zu machen?
Börner, Parlamentarischer 'Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich bin durchaus der Meinung, daß fein Beamter im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik Deutschland nicht nur den Paragraphen als solchen, sondern auch seinen Sinngehalt beachten sollte, und daß er ihn im Sinne der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unseres Landes zu interpretieren hat.
Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Riedl .
Herr Staatssekretär, sind Sie nach 'diesem Frage- und Antwortspiel, das ich als sehr sachlich bezeichnen möchte, nicht der Auffassung, daß es besser gewesen wäre, die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen der Deutschen Bundespost und dem Deutschen Postverband zu vermeiden und sich statt dessen gemeinsam an einen Tisch zu setzen, um die strittigen Fragen zu erörtern?
Herr Kollege, wir bedauern diese Entwicklung, nur muß ich darauf hinweisen, daß vor Erlaß dieser Verfügung bei der Abstimmung über diese Fragen eine Zusammenarbeit vorhanden war.
Ich darf vielleicht hinzufügen, daß der Postverband deshalb nicht unmittelbar eingeschaltet wurde, weil 'die Verfügung — wie bereits dargestellt — kein neues Recht schafft, sondern nur Hinweise zur gleichmäßigen Anwendung bestehender Vorschriften über die Zusammenarbeit zwischen Dienststellen und Personalvertretungen gibt. Daher bestand keine Notwendigkeit, die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften einzuschalten. Spitzenorganisation der Personalvertretung aber ist der Hauptpersonalrat, und dieses Gremium hat den Verfügungsentwurf einstimmig gebilligt, also auch mit den Stimmen der Vertreter des Postverbandes.
Die Gewerkschaften haben zwar nach § 55 des Personalvertretungsgesetzes die Aufgabe — das wissen Sie ja —, Personalrat und Dienststellenleiter zu unterstützen. Dieser Auftrag kann aber nicht wirksam werden, wenn sich Personalrat und Dienststellenleiter bereits geeinigt haben. Ich sage das hier, weil die Einigung zwischen dem Hauptpersonalrat und dem Herrn Bundesminister für das Post-und Fernmeldewesen ja vor Erlaß der Verfügung gegeben war.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 16 des Abgeordneten Kleinert auf:
Was hat die Bundesregierung unternommen, um zu erreichen, daß bei den Schmuckblattelegrammen der Deutschen Bundespost auch Motive angeboten werden, die zeitgemäßen Formen künstlerischer und grafischer Gestaltung entgegenkommen?
Zur Beantwortung, bitte!
Herr Kollege, die Deutsche Bundespost hat bisher 10 Telegrammschmuckblätter herausgegeben, die von zeitgenössischen Künstlern geschaffen wurden. Das letzte wurde am 1. Februar dieses Jahres herausgegeben. Leider ist die Nachfrage nach diesen Schmuckblättern so gering, daß von den erwähnten 10 inzwischen 6 wieder zurückgezogen werden mußten.
Keine Zusatzfrage.
Wir sind am Ende Ihres Geschäftsbereiches angelangt. Ich danke Ihnen für die Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Städtebau und Wohnungswesen. Ich rufe 'die Frage 68 des Abgeordneten Maucher auf:
Ist der 'Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen bereit, seine Äußerungen im Fernsehen, wonach er sagte, daß die Wohnungsbauunternehmen Hypotheken mit unveränderlichen Zinssätzen hätten, zu ändern und zuzugeben, daß variable Zinssätze vielfach vereinbart wurden und daher auf Grund der Erhöhung des Diskontsatzes Mieterhöhungen folgen?
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär Storck.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen sieht keine Veranlassung, seine Ausführungen zu ändern, die er am 13. März 1970 im Deutschen Bundestag und entsprechend im Fernsehen gemacht hat. Im Gegensatz zu dem 'Inhalt Ihrer Frage sagte Herr Minister
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2370 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 46. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 23. April 1970
Staatssekretär Dr. StorckDr. Lauritzen: „Ich glaube ... nicht, daß die getroffenen Maßnahmen ,der Bundesregierung und der Bundesbank auf die Mieten allgemein durchschlagen müssen. Für den vorhandenen Wohnungsbestand ist doch folgendes festzustellen. Der soziale Mietwohnungsbau ist in der Regel durch Hypotheken der Pfandbriefinstitute finanziert worden, und diese Hypotheken wurden zu festen Zinssätzen gegeben, so daß sie von einer Verteuerung ,des Kapitalmarkts nicht erfaßt werden. Damit sich bei Mietwohnungen, die mit Pfandbriefhypotheken finanziert worden 'sind, aus Anlaß der Diskontsatzerhöhung keine Mieterhöhung. Dasselbe gilt für Eigenheime, die mit Bausparkassenhypotheken finanziert worden sind. Soweit eine Finanzierung durch Hypotheken der Sparkassen vorliegt, die vielfach eine Zeitgleitklausel vereinbart haben, richtet sich der Hypothekenzins doch nicht .nach dem Diskontsatz der Bundesbank, sondern nach dem Spareckzins."
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Maucher.
Herr Staatssekretär, darf
ich Sie so verstehen, daß Sie ,sagen: „in der Regel"? Aber stimmen Sie mir zu, .daß in der Praxis, vor allem da, wo Sparkassenhypotheken aufgenommen worden sind, die Zinssätze erhöht wurden und sich daraus auch Mieterhöhungen ergaben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich stimme mit
Ihnen insoweit überein, als gewisse Sparkassen ihre Zinsen erhöht haben. Ich darf aber noch einmal betonen, daß das 'keine Folge der Diskontsatzerhöhung ist, sondern ,auf der Erhöhung der Spareckzinsen beruht. Die Spareckzinserhöhung liegt aber weit unter den Erhöhungen des Diskontsatzes. Ich möchte gleichzeitig darauf hinweisen, daß die Zinsgleitklausel (bedeutet, daß die Zinsen nicht nur heraufgesetzt werden, wenn der Spareckzins steigt, sondern auch wieder heruntergesetzt werden, wenn der Spareckzins sinkt.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Maucher.
Würden Sie also praktisch bestreiten, daß diese Zinserhöhung nicht gekommen wäre, wenn der Diskontsatz nicht erhöht worden wäre?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wenn der Diskontsatz nicht erhöht worden wäre, könnte es doch der Fall .gewesen sein, daß Spareckzinsen erhöht worden 'wären. DieErhöhung der (Spareckzinsen ist nicht in jedem Fall von der Diskontsatzerhöhung abhängig.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete ,Meermann.
Trifft es zu, Herr Staatssekretär, daß sich die Erhöhung des Diskontsatzes frühestens am 1. April dieses Jahres hypothekenzinserhöhend auwirken konnte und daß infolgedessen Mieterhöhungen auf Grund der neuen Hypothekenzinserhöhung im Augenblick noch kaum wirksam sein könnnen? Und trifft es weiter zu, daß über die Höhe, in der Hypothekenzinsen heraufgesetzt worden sind, noch wenig bekannt ist und daß es sogar Sparkassen gibt, die die Erhöhung aus eigener Kraft auffangen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Abgeordnete, die Frage darf ich wie folgt beantworten.
Wir haben gestern ein intensives Gespräch mit dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband gehabt. Dieser hat darin zum Ausdruck gebracht, daß ein Teil der Sparkassen von einer Erhöhung des Spareckzinses und damit auch von der Zinsgleitklausel Gebrauch gemacht hat, daß es aber auch Sparkassen gibt, die bisher eine Erhöhung ihrer Zinsen auf Hypothekendarlehen noch nicht vorgenommen haben.
Weiter kam zum Ausdruck, daß die Sparkassen in der Weitergabe solcher Zinserhöhungen nur sehr zögernd sind und insbesondere beim Eigenheimbau veruchen, die Erhöhung der Zinsen durch eine Tilgungsstreckung abzufangen.
Ich rufe die Frage 69 des Abgeordneten Dr. Franz auf. — Der Fragesteller ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet, ebenfalls seine Frage 70.
Ich rufe als letzte die Frage 71 des Abgeordneten Mursch auf:
Wann beabsichtigt der Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen, Vorschriften über Art und Umfang des Schutzes des Mutterbodens durch Rechtsverordnung gemäß § 39 des Bundesbaugesetzes zu erlassen?
Zur Beantwortung, bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die Frage, wann mein Haus von der Ermächtigung in § 39 des Bundesbaugesetzes Gebrauch machen und durch Rechtsverordnung Vorschriften über Art und Umfang des Schutzes des Mutterbodens erlassen wird, hat dieses Hohe Haus bereits 1964 beschäftigt., Der Amtsvorgänger meines Ministers, Herr Minister Lücke, hat damals auf eine Kleine Anfrage geantwortet, daß Verordnungsentwürfe vorlägen, hiergegen jedoch Bedenken aus rechtsstaatlicher Sicht erhoben worden seien. Man sei bestrebt diese Bedenken in weiteren Gesprächen und Beobachtungen zu prüfen.Die Erörterungen haben nun ergeben, daß eine Verordnung zum Schutz des Mutterbodens nur dann einen Sinn hat, wenn Verstöße gegen ihre Vorschriften als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden können. Das setzt aber voraus, daß auch für den Laien erkennbar sein muß, ob und wann er einen Unrechtstatbestand verwirklicht. Die Untersuchun-
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Staatssekretär Dr. Storckgen haben jedoch gezeigt, daß der Mutterboden nicht eindeutig von dem darunterliegenden Boden abgegrenzt werden kann. Eine Verordnung über den Schutz des Mutterbodens würde deshalb dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Bestimmtheit von Straf- oder Bußgeldvorschriften nicht entsprechen.Im Einvernehmen mit den zuständigen Vertretern der Länder sowie den kommunalen Spitzenverbänden wurde daher von der Weiterverfolgung der Entwürfe Abstand genommen.Im übrigen hätte eine solche Verordnung auch nur sehr geringe Bedeutung. Sie würde sich nur auf den städtebaulichen Bereich beziehen können und z. B. die Neuanlage überörtlicher Verkehrsflächen, bei denen ja erheblich größere Mengen Mutterboden ausgehoben werden, nicht erfassen.Ich bin aber mit Ihnen der Meinung, daß die Erhaltung des Mutterbodens dem öffentlichen Wohl dient und seine Vergeudung unterbleiben muß. Um dies zu erreichen, bedarf es jedoch nicht einer besonderen Verordnung.Die Vorschrift des § 39 des Bundesbaugesetzes, nach der der Mutterboden in nutzbarem Zustand zu erhalten und vor Vernichtung und Vergeudung zu schützen ist, ist unmittelbar geltendes Recht. Aus diesem Grunde weisen die zuständigen Behörden regelmäßig bei Erteilung der Baugenehmigung hierauf hin.Im übrigen glaube ich aber, daß die Bauherren schon aus eigenem Interesse den bei einem Hausbau ausgehobenen Mutterboden sorgfältig schützen und lagern, um damit später die oft dünne Humusschicht ihrer Gärten und Grünanlagen auszufüllen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Mursch.
Mursch (CDU/CSU) : Ich würde meinen, Herr Staatssekretär, daß es zutrifft, daß man bei einem Hausbau natürlich entsprechende
Maßnahmen trifft, um den Mutterboden zu erhalten. Nun gibt es aber auch — und das ist die Frage, die ich stellen möchte — andere große Baumaßnahmen. Denken Sie zum Beispiel an den Bau des Elbe-Seiten-Kanals oder an die großen Straßenbaumaßnahmen, wo erhebliche Mengen von Mutterboden umgesetzt werden müssen! Glauben Sie, daß da die Bestimmung des § 39 ausreichend ist für die praktische Anwendung, wenn nur allgemein gesagt wird, daß der Mutterboden erhalten werden muß?
Sehr verehrter Herr Kollege, das war zwar eine sehr interessante Frage, aber sie entsprach nicht den Vorschriften; denn sie war nicht kurz gefaßt. Denken Sie das nächste Mal bitte daran.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich darf darauf antworten. Ich glaube, daß mit dem § 39 des Bundesbaugesetzes gerade bei solchen Maßnahmen ein ausreichender Schutz gegeben ist. Denn hier wird in allererster Linie die öffentliche Hand sehr darauf bedacht sein, den Mutterboden zu schützen. Ich darf noch einmal sagen — was bereits in der Antwort zum Ausdruck kam —, daß es sehr schwierig ist, Strafvorschriften und damit eine Verordnung auf diesem Gebiet zu erlassen, weil eben die Trennung zwischen Mutterboden und der darunter liegenden Schicht so außerordentlich schwierig ist.
Keine weitere Zusatzfrage.
Damit sind wir am Ende unserer heutigen Fragestunde angekommen.
Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen früh, Freitag, den 24. April, 9 Uhr, ein. Einziger Punkt der Tagesordnung: Fragestunde.
Ich schließe die Sitzung.