Protokoll:
6028

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 6

  • date_rangeSitzungsnummer: 28

  • date_rangeDatum: 30. Januar 1970

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 12:26 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 28. Sitzung Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 1191 A Fragestunde (Drucksachen VI/273, VI/302) Fragen der Abg. Kiep, Dr. Wulff und Josten: Humanitäre Hilfsmaßnahmen für Biafra — Lufttransport von Kraftfahrzeugen — Einrichtung einer Planungsgruppe Dr. Dahrendorf, Parlamentarischer Staatssekretär . . 1191 B, 1192 B, C, D, 1193 A, B, C, D, 1194 A, B, C, D, 1195 A, B, C, D Kiep (CDU/CSU) . . 1192 B, C, 1194 A, B Josten (CDU/CSU) . . . 1192 C, 1194 D, 1195 A, B Breidbach (CDU/CSU) . . 1193 A, 1195 B Brück (SPD) 1193 B Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 1193 B Wienand (SPD) 1193 C Mattick (SPD) 1193 D Frau Dr. Wolf (CDU/CSU) . . . 1195 D Frage des Abg. Werner: Angebliche Verzögerung der Hilfsmaßnahmen durch die nigerianische Regierung Dr. Dahrendorf, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 1195 D Fragen des Abg. Ernesti: Humanitäre Transportflüge der Bundesluftwaffe in Katastrophengebiete im Innnern Nigerias Dr. Dahrendorf, Parlamentarischer Staatssekretär . 1196 A, B, C, D, 1197 A Ernesti (CDU/CSU) 1196 B, A Josten (CDU/CSU) . . . . . . 1196 B Breidbach (CDU/CSU) . . . . . 1196 C Brück (SPD) . . . . . . . . 1197 A Frage des Abg. Matthöfer: Rückkehr des Physikers Chung Kyu Myung in die Bundesrepublik . . . . 1197 A Fragen der Abg. Wohlrabe und Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein: Abberufung des derzeitigen Generalkonsuls in Kalkutta Dr. Dahrendorf, Parlamentarischer Staatssekretär . . 1197 B, C, D, 1198 A Wohlrabe (CDU/CSU) . . 1197 C, 1198 A Sieglerschmidt (SPD) 1197 C Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Schutz der Nichtkernwaffenstaaten vor atomarer Bedrohung und Erpressung Dr. Dahrendorf, Parlamentarischer Staatssekretär . . 1198 B, C, D, 1199 A Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 1198 B, D Ott (CDU/CSU) 1199 A II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Rechtsansicht des Professors Schostow betr. eine europäische Option Dr. Dahrendorf, Parlamentarischer Staatssekretär . 1199 B, C, D, 1200 A, B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) 1199 B, C, D Wienand (SPD) . . . . . . . 1200 A Dr. Czaja (CDU/CSU) 1200 B Frage des Abg. Niegel: Beförderung leichtverderblicher Güter auf der Autobahn während des Ferienreiseverkehrs Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 1200 C, D, 1201 A, B, C, D Niegel (CDU/CSU) . . . . . . 1200 C, D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 1201 A Dasch (CDU/CSU) . . . . . . . 1201 B Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) . 1201 C Meister (CDU/CSU) 1201 C Frage des Abg. Dr. Müller-Hermann: Tiefwasserhafen an der Nordseeküste Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 1201 D, 1202 A, B Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 1202 A Frage des Abg. Pieroth: Zusammenlegung der Omnibusdienste von Bundesbahn und Bundespost Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 1202 B, C Pieroth (CDU/CSU) . . . . . . . 1202 C Frage des Abg. Niegel: Benachteiligung der ländlichen Räume bei der Festsetzung von Telefongebühren Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 1203 A, B, C Niegel (CDU/CSU) . . . . . 1203 A, B Dasch (CDU/CSU) . . . . . . 1203 C Fragen des Abg. Haehser: Höhere Fahrpreise im Postreisedienst bei Umwegen infolge von Straßenbaumaßnahmen Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 1203 D, 1204 A Haehser (SPD) . . . . . . . . 1204 A Frage des Abg. Flämig: Wechselweise Gültigkeit der Fahrtausweise für Bundesbahnzüge und -auto-busse Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 1204 B, C Flämig (SPD) . . . . . . . . 1204 C, D Fragen des Abg. Ruf: Ausbau des Flughafens Stuttgart-Echterdingen — Beteiligung des Bundes 1204 D Frage des Abg. Dr. Jenninger: Höchstgeschwindigkeit und Überholverbot für Omnibusse auf den Autobahnen 1205 A Fragen des Abg. Weber (Heidelberg) : Kostensteigerungen der Bundesbahn im Jahre 1970 — Mehraufwendungen für Personalkosten Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . 1205 B, C, D, 1206 A, B Weber (Heidelberg) (CDU/CSU) . . 1205 C Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 1205 D, 1206 B Fellermaier (SPD) . . . . . . . 1206 A Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (Abg. Vogel, Benda, Erhard [Bad Schwalbach], Dr, Eyrich, Dr. Lenz [Bergstraße], Dr. Pinger und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksache VI/261) — Erste Beratung — in Verbindung mit Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Beeinträchtigung von Grundrechten durch gewalttätige Aktionen (Drucksachen VI/157, VI/270) Dr. Eyrich (CDU/CSU) . . . . . . 1206 D Dr. Müller-Emmert (SPD) . . . . 1210 A Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 1213 B Dr, de With (SPD) . . . . . . . 1216 A Schlee (CDU/CSU) . . . . . . . 1218 B Entwurf eines Gesetzes über den Volksentscheid im Gebietsteil Baden des Landes Baden-Württemberg gemäß Art. 29 Abs. 3 des Grundgesetzes (Drucksache VI/211); Schriftlicher Bericht des Innenausschusses (Drucksache VI/303) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Gruhl (CDU/CSU) 1219 B Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 III Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechtspflegergesetzes (Drucksache VI/289) — Erste Beratung . . . . . . . . 1220 A Entwurf eines Zehnten Strafrechtsänderungsgesetzes (Bundesrat) (Drucksache VI/293 )— Erste Beratung —Memmel (CDU/CSU) . . . . . 1220 B Glombig (SPD) 1220 D Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik für das Jahr 1967 (Unfallverhütungsbericht 1967) (Drucksache VI/ 183) Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär 1221 D Lampersbach (CDU/CSU) . . . . 1223 B Langebeck (SPD) 1224 B Geldner (FDP) 1226 A Nächste Sitzung 1226 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 1227 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Schmidt (Krefeld) betr. Bekämpfung der infektiösen Hepatitis und Versorgung der Bevölkerung mit einwandfreiem Trinkwasser . . . 1227 D Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Baier betr. Verstärkung des deutsch-französischen Familienaustauschs 1228 B Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Rollmann betr. Neugliederung der Referate in den Abteilungen des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit 1228 D Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Kreutzmann betr. Anrechnung von Zuwendungen der Stiftung Volkswagenwerk auf die Erziehungsbeihilfe . . . . . . . . . . 1229 A Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Hussing betr. Gefährdung der Gesundheit durch zunehmende Verwendung chemischer Substanzen — Einführung einer Kennzeichnungspflicht 1229 D Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Ollesch betr. Abgabe von apothekenpflichtigen Mitteln im Behörden- und Betriebshandel 1230 B Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) betr. Forderungen der Konferenz zur Frage der Tabakgefahren 1230 B Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Haack betr. Pflichtimpfung gegen Tbc 1231 A Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Schmidt (Krefeld) betr. Ergebnisse der Vorsorgeuntersuchungen in Baden-Württemberg — Gesetzesinitiativen zur Durchführung von Vorsorgeuntersuchungen 1231 B Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Gleissner betr. Steuervergünstigungen für Elektromobile in England — Zahl der Elektromobile in England und in der Bundesrepublik . . 1231 C Anlage 12 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Hauff betr. Koordinierung der Ausbauplanungen der deutschen Flughäfen 1231 D Anlage 13 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Schmidt (Kempten) betr. Entwicklung der Unfälle von schweren Lastkraftwagen während des Ferienreiseverkehrs . . . . . . . . . . . 1232 A Anlage 14 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Tobaben betr. Tariferhöhungsanträge der Bundesbahn . . . 1232 B IV Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 Anlage 15 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Müller-Hermann betr. Maßnahmen auf dem Gebiet der Gütertarife 1232 C Anlage 16 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Müller-Hermann betr. nicht genehmigte Tariferhöhungsanträge von Verkehrsunternehmen . . . . . 1232 D Anlage 17 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Pieroth betr. Tariferhöhungsanträge der Bundesbahn und des Güterfernverkehrs . . . . . . . . 1232 D Anlage 18 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Schmitt (Lockweiler) betr. Wagenladungsverkehr der Bundesbahn 1960 und 1968 . . . . . . . . . . 1233 A Anlage 19 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Vehar betr. Steigerung der Personalkosten und Tariferhöhungen der nichtbundeseigenen Eisenbahnen . 1233 B Anlage 20 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Strohmayr betr. Geschwindigkeitszulassungen für landwirtschaftliche Zugmaschinen 1233 C Anlage 21 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Ollesch betr. Regelung des aktiven und passiven Wahlalters in den einzelnen Bundesländern . . . . . 1233 C Anlage 22 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Schmidt (Kempten) betr. Entwicklung von Elektromotoren . . . 1234 B Anlage 23 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Alber betr. Staatsbürgerschaft der in der Bundesrepublik lebenden SBZ-Flüchtlinge . . . . . . . . 1234 C Anlage 24 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Wagner (Günzburg) betr. Abbau von Beförderungsstellen nach, dem Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetz 1234 D Anlage 25 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Müller (Mülheim) betr. Ergebnisse der Beratungen der Internationalen Kommission zum Schutze des Rheins gegen Verunreinigung . . . . 1235 A Anlage 26 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Kater betr. Schwierigkeiten der Aussiedler aus den Ostblockstaaten bei der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Eingliederung . . . . 1235 C Anlage 27 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Matthöfer betr. Grundrechtseinschränkungen seit der Verkündung des Grundgesetzes 1236 C Anlage 28 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Erhard (Bad Schwalbach) betr. Erhöhung der Dienstwohnungsvergütungen 1237 A Anlage 29 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dröscher betr. Einfluß von Produzenten auf die Programmgestaltung des Fernsehens 1237 C Anlage 30 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dröscher betr. Erfrierungen als Kriegsverwundung 1238 A Anlage 31 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Seefeld betr. Fehlen von Rettungswagen 1238 C Anlage 32 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Seefeld betr. Kürzung der Mittel zur Ausbildung in erster Hilfe . . 1238 D Anlage 33 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Tallert betr. Einreise von Nordvietnamesen und Vertretern der „Befreiungsfront" Südvietnams in die Bundesrepublik 1239 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 V Anlage 34 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Haack betr. Ausdehnung der für Beamte im Ruhestand geltenden Beihilfevorschriften auf Arbeiter und Angestellte . . . . . . . . . 1239 B Anlage 35 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Dr. Müller-Emmert betr. Aktivierung der innerdeutschen Sportbeziehungen 1239 D Anlage 36 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Becker (Mönchengladbach) betr. Einstufung geschiedener und lediger Frauen mit Kindern in die Steuerklasse II 1240 A Anlage 37 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Dr. Schwörer betr. Koordinierung des Sportstätten- und Wohnungsbaus in Sigmaringen . . . . . . 1240 C Anlage 38 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Burger betr. Erhöhung der Rahmenbeträge für das Pflegegeld in der gesetzlichen Unfallversicherung . . 1240 D Anlage 39 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Hussing betr. Soldaten-, Offizier- und Unteroffizierheime . . . 1241 A Anlage 40 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Wienand betr. Pressemeldungen über ein Angebot von 60 000 Arzneimitteln — Einführung einer amtlichen Arzneimittelkontrolle 1241 B Anlage 41 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Haack betr. Freigabe der Autobahnausfahrt Alfeld 1242 A Anlage 42 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Biechele betr. Bau einer Brücke über den Überlinger See . . . . 1242 A Anlage 43 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dasch betr. Ausbau der B 15 1242 B Anlage 44 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Burger betr. Beeinträchtider Ausstrahlung des Fernsehsenders Feldberg (Schwarzwald) durch militärische Bauten 1242 D Anlage 45 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Weigl betr. Bereitstellung von Mitteln für kulturelle Maßnahmen in Bayern 1243 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 1191 28. Sitzung Bonn, den 30. Januar 1970 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage i Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach 30. 1. Ahrens * 31. 1. Alber * 31. 1. Amrehn * 31. 1. Dr. Apel 30. 1. Bals * 31. 1. Bauer (Würzburg) * 31. 1. Dr. Bayerl 31. 1. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) 30. 1. Bergmann ** 30. 1. Dr. Birrenbach 31. 1. Blumenfeld * 31. 1. Collet 30. 1. van Delden 30. 1. Frau Dr. Diemer-Nicolaus * 31. 1. Dr. Dittrich ** 30. 1. Dohmann 30. 1. Dollinger 31. 1. Dorn 31. 1. Draeger * 31. 1. Frau Dr. Elsner 31. 1. Frehsee 28. 2. Frau Freyh 30. 1. Fritsch * 31. 1. Dr. Furler * 31. 1. Gewandt 30. 1. Dr. Gleissner 7. 2. Graaff 30. 1. Freiherr von und zu Guttenberg 30. 1. Haage (München) 30. 1. Haase (Kellinghusen) * 31. 1. Hauck 15. 2. Frau Dr. Henze 31. 1. Frau Herklotz * 31. 1. Dr. Hermesdorf * 31. 1. Hösl * 31. 1. Dr. Jaeger 30. 1. Dr. Jobst 30. 1. Jung 30. 1. Dr. Jungmann 31. 1. Frau Kalinke 30. 1. Dr. Kempfler 30. 1. Kirst 30. 1. Frau Klee * 31. 1. Dr. Kley 30. 1. Dr. Kliesing (Honnef) * 31. 1. Klinker ** 30. 1. Köppler 30. 1. Freiherr. von Kühlmann-Stumm 30. 1. Lemmrich * 31. 1. Lenze (Attendorn) * 31. 1. Dr. Lohmar 30. 1. Lücke (Bensberg) 31. 1. Dr. Meinecke 30. 1. Mertes 30. 1. Dr. Müller (München) * 31. 1. Pöhler * 31. 1. Dr. Prassler 30. 1. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Preiß 30. 1. Rasner 30. 1. Richarts ** 30. 1. Richter * 31. 1. Dr. Riedl 30. 1. Dr. Rinderspacher * 31. 1. Dr. Ritgen 30. 1. Rollmann 30. 1. Roser * 31. 1. Dr. Rutschke * 31. 1. Schirmer 31. 1. Dr. Schmid (Frankfurt) 30. 1. Schmidt (Würgendorf) * 31. 1. Dr. Schmücker * 31. 1. Dr. Schulz (Berlin) * 31. 1. Seibert 30. 1. Sieglerschmidt * 31. 1. Solke 30. 1. Dr. Starke (Franken) * 30. 1. Struve 30. 1. Unertl 31. 1. Frau Dr. Walz * 31. 1. Dr. Warnke 30. 1. Wiefel 30. 1. Wienand * 31. 1. Winkelheide 30. 1. Wittmann 30. 1. Wurbs 30. 1. * Für die Teilnahme an einer Tagung der Beratenden Versammlung des Europarats ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 30. Januar 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schmidt (Krefeld) (Drucksache VI/273 Fragen A 35 und 36) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, sich durch gesetzliche Maßnahmen über das Bundesseuchengesetz hinaus und neben den schriftlichen Aufklärungen stärker bei der Bekämpfung der infektiösen Hepatitis mit ihren Spätfolgen zu engagieren? Werden z. B. in diesem Zusammenhang Schritte erwogen, die eine Versorgung der Bevölkerung überall mit einwandfreiem Trinkwasser gewährleisten, für eine Klärung der Abwässer vor Erreichen der Vorfluter sorgen und die weitmöglichste Sauberhaltung der Flüsse als nicht unwesentlicher Trinkwasserlieferant vieler Gegenden der Bundesrepublik Deutschland sichern? Das Bundes-Seuchengesetz bietet diejenigen gesetzlichen Möglichkeiten zur Verhütung und Bekämpfung der Virus-Hepatitis, die dem derzeitigen Stand unseres Wissens entsprechen. Seine Bestimmungen werden ergänzt durch eine Reihe von Richtlinien und Merkblättern u. a. des Bundesgesundheitsamtes. Solange es trotz weltweiter Bemühungen nicht gelungen ist, den oder die Erreger der Virus-Hepatitis eindeutig zu identifizieren, sind weitere speziell auf die Virus-Hepatitis gerichtete gesetzliche Maßnahmen nicht möglich. Man wird sich auf allgemeinhygienische Maßnahmen beschränken müssen und darf annehmen, daß auch diese zu einer weiteren Minderung der Hepatitis beitragen. Hier wäre die Novelle zum Lebensmittelgesetz zu nennen sowie das Abfallbeseitigungsgesetz und ein allerdings erst geplantes Wasserhygienegesetz. Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Bekämpfung der infektiösen Hepatitis ist der vollständige Ausbau der Trinkwasserversorgung und die Sanierung der Abwasserverhältnisse im gesamten Gebiet der BRD. Die Bundesregierung bemüht sich gemeinsam mit den Ländern darum, daß möglichst alle Einwohner ihr Trinkwasser aus den der gesundheitlichen Kontrolle unterliegenden Einrichtungen der öffentlichen Trinkwasserversorgung beziehen können. Während in Städten mit über 100 000 Einwohnern z. Z. etwa 96 % der Bevölkerung aus diesen öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlagen versorgt werden, ist das in ländlichen Gemeinden mit weniger als 2000 Einwohnern gegenwärtig nur bei etwa 80 % der Bevölkerung der Fall. Es wird voraussichtlich im Laufe der nächsten Jahre möglich sein, insgesamt etwa 95 % der Bevölkerung aus öffentlichen Einrichtungen mit Trinkwasser zu versorgen. Um dieses Ziel zu erreichen und um die vorhandenen Trinkwasserversorgungsanlagen zu erhalten, wurden 1969 etwa 1,1 Milliarden DM investiert. Die gleiche Summe wird jährlich etwa bis zum Jahre 1980 aufzuwenden sein. Für die Sicherung der für die Trinkwasserversorgung genützten ober- und unterirdischen Wasservorkommen, ist die Ausweisung von Trinkwasserschutzgebieten besonders wichtig. Die dafür erforderlichen Richtlinien werden z. Z. überarbeitet und dem neuesten Stand der Erkenntnisse angepaßt. Von den etwa 12 Millionen Kubikmeter Abwasser, die täglich aus öffentlichen Kanalisationen in die Gewässer eingeleitet werden, unterliegen nur etwa 40 % einer biologischen Reinigung. In den kommenden Jahren sind demnach weitere erhebliche Anstrengungen erforderlich, um den Zustand der Gewässer spürbar zu verbessern. Hierbei handelt es sich vor allem um ein finanzielles Problem. Für Kanalisationen und Kläranlagen wurden bisher im öffentlichen Bereich etwa 18 Milliarden DM investiert, für eine ausreichende Sanierung in diesem Bereich sind etwa noch weitere 28 Milliarden DM erforderlich. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Baier (Drucksache VI/273 Frage A 37) : Ist der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit bereit, dafür zu sorgen, daß der deutsch-französische Familienaustausch, welcher infolge des geringen Förderungsanteiles im Rahmen des deutsch-französischen Jugendwerkes nur 0,02 % aller Franzosen und Deutschen umfaßt, im Jahre 1970 durch eine höhere Mittelbereitstellung verstärkt wird? Das Abkommen über die Errichtung des Deutsch-Französischen Jugendwerks vom 5. Juli 1963 sieht auch die Förderung von Kinder-, Jugend- und Familienerholung vor. Die für die Familienerholung vorgesehenen Mittel mußten im Haushaltsjahr 1969 gekürzt werden, weil der gemeinsame Beitrag der beiden Regierungen um 10 % gekürzt worden ist. Bei der Beratung des Haushaltes der DFJW für das Jahr 1969 hat sich der Vertreter der Bundesregierung für eine lineare Kürzung des gesamten Haushalts eingesetzt; das hätte bedeutet, daß auch die Förderungsmittel für die Familienerholung nur um 10% gekürzt worden wären. Dieser Vorschlag wurde vom Kuratorium des DFJW nicht angenommen, so daß die Mittel für die Familienerholung stärker als die Mittel für die Programme der Jugendbewegungen auf den verschiedenen Gebieten gekürzt wurden. Die Bundesregierung ist durchaus bereit, für die Austauschmaßnahmen der Familienerholung auch für das Haushaltsjahr 1970 einen gerechten Anteil am Gesamtvolumen zu befürworten. Ob aber das Kuratorium des Deutsch-Französischen Jugendwerks dieser Auffassung beipflichtet, ist angesichts der Haushaltslage für das Jahr 1970 ungewiß. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 29. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Rollmann (Drucksache VI/273 Frage A38): Welche Gründe haben den Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit veranlaßt, den Leiter des Referats „politische Bildung der Jugend usw." in der Abteilung Jugendpolitik trotz dessen beruflicher Erfahrung von dieser Aufgabe zu entbinden? Die Zusammenfassung der früheren Bundesministerien für Gesundheit und für Familie und Jugend sowie der Abteilung Sozialwesen aus dem Bundesinnenministerium zum neuen Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit hat eine Neugliederung der Referate in den Abteilungen in gewissem Umfang erforderlich gemacht. Dabei ging es um die Vermeidung von Doppelarbeit und die Berücksichtigung neuer Schwerpunkte, allerdings möglichst ohne die Zahl der vorhandenen Referate zu erhöhen. Im Wege dieser Maßnahmen wurde ein nenes Querschnittsreferat „Aus- und Fortbildung, Sozialberufe" geschaffen. Im gleichen Veränderungsprozeß wurde das frühere Referat „Politische Bildung" aufgelöst und seine Aufgaben teils an das Referat „Internationale Jugendpolitik" übergeben, teils zu einem neuen Schwerpunkt mit dem bisherigen Refe- rat „Jugend- und Studentenverbände" zusammengefaßt. Diese Veränderungen machten es notwendig, auch über die Leitung von Referaten im Kreise der bisher tätigen Referenten neu zu entscheiden. Eine dieser Entscheidungen betraf den von Ihnen, Herr Kollege Rollmann, gemeinten Ministerialrat, der Referent des oben genannten neuen Referats „Aus- und Fortbildung, Sozialberufe" wurde. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 1229 Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 30. Januar 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Kreutzmann (Drucksache VI/273 Fragen A 39 und 40) : Ist es der Bundesregierung bekannt, daß die Zuwendungen der Stiftung Volkswagenwerk im Rahmen der Ausbildungsförderung für Mathematiker und Naturwissenschaftler im höheren Schuldienst auf die Erziehungsbeihilfe nach § 27 BVG anzurechnen sind, während sie auf den Kreis der Empfänger von Ausbildungshilfe nach dem LAG nicht angerechnet werden? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um diese ungleiche Behandlung zweier geschädigter Gruppen aus der Welt zu schaffen? Nach § 27 BVG wird Erziehungshilfe u. a. nur gewährt, soweit für die Ausbildung eigene Mittel der Auszubildenden und Mittel seiner unterhaltspflichtigen Angehörigen in ausreichendem Maße nicht zur Verfügung stehen. Unter Mitteln im Sinne dieser Vorschrift sind sowohl Einkommen als auch Vermögen zu verstehen. Was an Einkommen einzusetzen ist, ergibt sich aus § 25 a Abs. 6 BVG in Verbindung mit den §§ 76-78 BSHG. Bei den Zuwendungen nach den Richtlinien der Ausbildungsförderung der Stiftungs Volkswagen-Werk handelt es sich um Einkommen im Sinne des § 76 BSHG und um Zuwendungen, die ein anderer gewährt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, § 78 Abs. 2 BSHG. Solche Zuwendungen sollen als Einkommen außer Betracht bleiben, soweit ihre Berücksichtigung — hier bei der Bemessung der Erziehungsbeihilfen — für den Empfänger eine besondere Härte bedeuten würde. Bei den Empfängern von Erziehungsbeihilfe wird eine besondere Härte nicht anerkannt werden können, da die Erziehungsbeihilfe so bemessen ist, daß mit ihr sowohl der Lebensunterhalt während des Studiums als auch die Ausbildungskosten usw. in jeder Weise hinreichend gedeckt werden können. Diese Antwort entspricht voll inhaltlich einer Stellungnahme des BMA, der für das Bundesversorgungsgesetz zuständig ist, an die Stiftung Volkswagenwerk im Herbst 1968. Es war ein Rundschreiben des Bundesausgleichsamts in Bad Homburg vorausgegangen, das am 21. Juni 1968 für den Bereich der Ausbildungsbeihilfen nach dem Lastenausgleichsgesetz die Stipendien des Volkswagenwerks völlig freistellte. Durch die Verhandlungen des für das BVG zuständigen Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung mit der Stiftung Volkswagenwerk wurde klargestellt, ,daß die Leistungen im Rahmen der Kriegsopferfürsorge individueller und umfassender sind als nach dem Lastenausgleichsgesetz, so daß in allen Fällen, die nach dem BVG gefördert werden, die Feststellung zutrifft, daß die Erziehungsbeihilfe den Bedarf für Lebensunterhalt und die Ausbildungskosten in jeder Weise deckt. Soweit die Stiftung Volkswagenwerk aber z. B. für Sonderaufwendungen von besonders begabten Studierenden zweckbestimmte Stipendien gewährt, werden sie auch nach dem BVG auf die Erziehungsbeihilfe nicht angerechnet. Solche Absprachen bestehen bereits zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und verschiedenen Stiftungen für Begabtenförderung. Das Volkswagenwerk ist auf diese Möglichkeit der Umstellung seiner Stipendien bereits hingewiesen. Den Sondererlaß des Bundesausgleichsamts vom 21. Juni 1968 mit den übrigen Bestimmungen des Bundesrechts zu koordinieren, besteht kein Anlaß mehr, weil die Förderung nach dem Lastenausgleichsgesetz in Kürze ausläuft. Es sind nur noch wenige Studierende, die aus diesem Fonds eine Förderung erhalten. Außerdem ist gegenüber den Leistungen nach dem BVG zu bedenken, daß das Lastenausgleichsgesetz in der 'Regel nur Pauschalleistungen kennt, während die Kriegsopferfürsorge die tatsächlich entstehenden individuellen Kosten „spitz" gewährt. Bei der weiteren Fortentwicklung des Ausbildungsförderungsrechts des Bundes wird seitens des BMJFG darauf hingewirkt werden, daß eine klare Abgrenzung der Aufgaben der Bundesförderung und verschiedener Stiftungen erfolgt. Soweit ich unterrichtet bin, sind die meisten Stiftungen sehr dankbar, daß auf Dauer gesehen nach dem Bundesrecht einheitlich die gesamten Kosten für den Lebensunterhalt und die Ausbildung sichergestellt werden sollen, so daß die Stiftungen sich darauf beschränken können, echte zusätzliche Leistungen in Sonderfällen zu gewähren. Sie können damit ihre Stiftungsmittel viel gezielter als bisher einsetzen. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 30. Januar 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Hussing (Drucksache VI/ 273 Fragen A 41 und 42) : Sieht die Bundesregierung die wachsende Gefährdung der Gesundheit durch zunehmende Verwendung chemischer Artikel und Substanzen mit den verschiedensten Namen und Zusammensetzungen? Erwägt die Bundesregierung, dieser Gefahr durch Einführung einer Kennzeichnungspflicht entgegenzuwirken, wie sie z. B. in den USA üblich ist, wo chemische Produkte im Aufdruck ihre chemische Zusammensetzung und geeignete Gegenmittel enthalten müssen, um eine sofortige wirksame Bekämpfung der gesundheitsschädlichen Stoffe zu gewährleisten? Die Bundesregierung beobachtet den ständig zunehmenden Verbrauch an Chemikalien, insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier, mit großer Aufmerksamkeit. Zur Frage einer Kennzeichnungspflicht der chemischen Zusammensetzung weise ich darauf hin, daß im Pflanzenschutzgesetz bereits die Angabe von Art und Menge der wirksamen Bestandteile bei Pflanzenschutzmitteln vorgeschrieben ist. Außerdem sieht der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Gesamtreform des Lebensmittelrechts, der am 12. Juni 1969 der Öffentlichkeit zur Diskussion vorgelegt wurde, eine Verordnungsermächtigung vor, wonach u. a. die Kenntlichmachung des Gehaltes an bestimmten gesundheitlich bedenklichen Stoffen in Bedarfsgegenständen vorgeschrieben werden kann. Auch im 1230 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 Rahmen der Vorarbeiten an einem bundeseinheitlichen Gesetz über den Verkehr mit Giften (Bundesgiftgesetz) ist die Kennzeichnung von giftigen Stoffen und Zubereitungen nach Art und Menge nach einheitlicher Nomenklatur vorgesehen. Sollte sich Ihre Frage auch auf Arzneimittel beziehen, so ist zu sagen, daß das Arzneimittelgesetz eine solche Kennzeichnung bereits zwingend vorsieht. Die Frage, ob durch eine gesetzliche Vorschrift der Aufdruck geeigneter Gegenmittel obligatorisch werden soll, ist schon mehrfach in Fachgremien erörtert worden. Aufgrund dieser Erörterungen ist es nicht vorgesehen, eine solche Angabe gesetzlich vorzuschreiben. Es gilt nämlich zu berücksichtigen, daß nur für relativ wenige Gifte spezifische Gegenmittel, sogenannte Antidota, zur Verfügung stehen und in der Mehrzahl der Vergiftungsfälle sich die Therapie nach dem jeweiligen Vergiftungsbild richten muß, wie es sich dem Arzt darstellt. Die Angabe von Gegenmitteln bei einem Erzeugnis würde gegebenenfalls zu einer Behandlung durch Laien verleiten. Die Bundesregierung ist aber der Auffassung, daß eine Behandlung von Vergiftungsfällen in die Hand des Arztes gehört. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Ollesch (Drucksache VI/273 Frage A 43) : Wie ist es möglich, daß apothekenpflichtige Mittel im Behörden- und Betriebshandel an jedermann in beliebiger Menge abgegeben werden können? Nach § 28 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) dürfen Arzneimittel, die nicht für den Verkehr außerhalb der Apotheken zugelassen sind, im Einzelhandel nur in Apotheken abgegeben werden. Die Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel im Behörden- und Betriebshandel ist rechtlich als Abgabe im Einzelhandel im Sinne des § 28 Abs. 1 AMG anzusehen und ist damit nicht zulässig. Nach § 28 Abs. 2 AMG ist die Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel von juristischen Personen, nicht rechtsfähigen Vereinen und Gesellschaften des bürgerlichen Rechts an ihre Mitglieder unzulässig. Wenn der Behörden- oder Betriebshandel in einer dieser Formen betrieben wird, also nicht in der Form des Einzelhandels, wäre das ebenfalls unzulässig. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 29. Januar 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (Drucksache VI/273 Fragen A 44 und 45) : Welche der 10 Forderungen, die die Konferenz zur Frage der Tabakgefahren vom 14. bis 16. Oktober 1968 in Heidelberg unter der Ehrenpräsidentschaft von Professor Dr. med. K. H. Bauer, Heidelberg, in ihrem 10-Punkte-Programm zur Bekämpfung der Tabakgefahren erhoben hat, gedenkt die Bundesregierung zu erfüllen? Hält die Bundesregierung summarische Vorschriften über das Rauchen am Arbeitsplatz zum Schutze der Nichtraucher für undurchführbar, obwohl doch nicht bestritten werden kann, daß Nichtraucher durch Tabaksqualm ebenfalls geschädigt werden, nicht nur die Raucher, die also für die wissentlich herbeigeführte Gesundheitsgefährdung der Nichtraucher verantwortlich sind? Die wissenschaftliche Fachkonferenz zur Erforschung der Tabakgefahren vom 14. bis 16. Oktober 1968 in Heidelberg wurde von der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren unter der Ehrenpräsidentschaft des Stiftungsvorsitzenden des Deutschen Krebsforschungszentrums, Herrn Professor Dr. Bauer, durchgeführt. Das mir auf Anfrage von der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren mitgeteilte 10- Punkte-Programm wurde von einigen Teilnehmern der Fachkonferenz zusammengestellt. Es ist während der Konferenz aber weder diskutiert, noch verabschiedet oder herausgestellt worden. Das 10-Punkte-Programm war dem Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit bisher offiziell nicht bekannt, zumal es in dem Bericht der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren über die Fachkonferenz nicht erwähnt wird. Eine Prüfung war wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die Bundesregierung wird die 10 Punkte durch die beteiligten Bundesressorts und im Bundesgesundheitsamt prüfen und beabsichtigt, den Stiftungsvorsitzenden des Deutschen Krebsforschungszentrums, Herrn Professor Dr. Bauer, um Stellungnahme zu einzelnen Fragen zu bitten. Ich bin bereit, nach Vorliegen der Ergebnisse diese mitzuteilen. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß die Frage des Rauchens am Arbeitsplatz für eine summarisch gesetzliche Regelung nicht geeignet ist. Aufgrund der Fürsorgepflicht (§ 618 BGB, 62 HGB, 120 a Gewerbeordnung, 79 BBG, 48 BRRG) hat der Arbeitgeber (Dienstherr) im Rahmen des Zumutbaren die Rechte und Belange des Arbeitnehmers (Bediensteten) zu wahren und ihm die Erfüllung seiner Aufgaben zu erleichtern. Er hat das Leben und die Gesundheit des Beschäftigten zu schützen und u. a. den Arbeitsplatz in einem Zustand zu erhalten, der gesundheitliche Schäden (der Nichtraucher durch Tabakqualm) nicht auftreten läßt. Falls die Gesundheit des Nichtrauchers durch Tabakrauch beeinträchtigt wird, kann der Nichtraucher von seinem Arbeitgeber (Dienstherren) Maßnahmen verlangen, damit gesundheitliche Schäden für ihn vermieden werden. Rauchverbote können, soweit nicht bereits eine gesetzliche Regelung — z. B. zur Vermeidung von Brandgefahr — besteht, aufgrund eines Tarifvertrages, einer Betriebsvereinbarung oder eines Einzelvertrages vorgesehen werden. Unter Umständen kann auch der Arbeitgeber Kraft seines Direktionsrechts ein Rauchverbot einseitig erlassen. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 1231 Anlage 9 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Haack (Drucksache VI/273 Frage A 46) : Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung zu dem Vorschlag, die Schutzimpfung gegen Tbc zur Pflicht zu machen? Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, daß eine Impfpflicht auf solche übertragbare Krankheiten beschränkt bleiben sollte, die die Allgemeinheit in hohem Maße gefährden. Das ist in unserem Lande bei der Tuberkulose nicht der Fall. Die Tuberkulose-Schutzimpfung hat im individuellen, gefährdeten Bereich nach wie vor ihre Berechtigung. Es bestehen aber erhebliche Zweifel, ob eine allgemeine Impfung, besonders der Neugeborenen, der derzeitigen epidemiologischen Situation in der Bundesrepublik entsprechen würde. Die Zahl der Schulanfänger, die sich in der Vergangenheit mit den Erregern auseinandergesetzt haben, liegt zwischen 1,5 und 4 %, der Zehnjährigen bei 2-5 % und die der 14jährigen zwischen 3 und 10 %; d. h. nicht, daß diese Kinder erkrankt gewesen sein müssen. Bei einer Pflichtimpfung würde man also 95 % der Kinder zu einer Impfung zwingen, deren sie nicht bedürfen. Zudem würde eine solche Impfung der Kinder, die sich in der Vergangenheit mit den Erregern auseinandergesetzt haben, wertlos sein, da sich eine Tuberkulin-Allergie nach Impfung und nach natürlicher Infektion dann nicht unterscheiden lassen. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 30. Januar 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schmidt (Krefeld) (Drucksache VI/273 Fragen A 47 und 48) : Sind der Bundesregierung die Ergebnisse der Vorsorgeuntersuchungen in Baden-Württemberg im Bereich von sechs Allgemeinen Ortskrankenkassen bekannt, die allein bei der AOK Pforzheim von 1000 Untersuchungen 400 Weiterbehandlungen beim untersuchenden Arzt, 240 Facharztüberweisungen, 15 Krankenhauseinweisungen und 135 Kuren notwendig machten? Ist die Regierung bei diesem alarmierenden Ergebnis bereit, Gesetzesinitiativen zu ergreifen, um Vorsorgeuntersuchungen bei allen Bundesbürgern ab 40. Lebensjahr regelmäßig durchführen zu lassen und ebenfalls Vorsorgeuntersuchungen bei allen Schulkindern und Studenten aller Fakultäten zu erreichen? Der Bundesregierung sind die Vorsorgeuntersuchungen in Baden-Württemberg, die im Bereich von 6 Ortskrankenkassen durchgeführt worden sind, bekannt. Die bisher vorliegenden Ergebnisse sind nur sehr begrenzt verwertbar, da sich aus ihnen nicht ergibt, ob die Patienten bereits in ärztlicher Behandlung waren oder ihre Leiden neu entdeckt wurden. Endgültige Ergebnisse werden nicht vor Sommer 1970 erwartet. Ich bin bereit, Ihnen zu gegebener Zeit die Analyse zugänglich zu machen. Der Bund sieht gegenwärtig keine Möglichkeit, Vorsorgeuntersuchungen für alle Bundesbürger ab 40 Jahren gesetzlich einzuführen. Die vorige Bundesregierung hatte sich bemüht, durch eine Grundgesetzänderung eine eindeutige verfassungsrechtliche Basis für Gesundheitsvorsorgemaßnahmen zu erreichen. Dieser Gesetzentwurf, der bei den Ländern auf erheblichen Widerstand gestoßen war, konnte in den Ausschüssen des Bundestages nicht mehr abschließend beraten werden. Die Einführung gesonderter Vorsorgeuntersuchungen bei Schülern und Studenten gehört nach der von den Ländern vertretenen Auffassung in ihre Zuständigkeit. Die Bundesregierung wird jedoch bei der Weiterentwicklung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung prüfen, ob und in welchem Umfang weitere Vorsorgeuntersuchungen als Pflichtleistung der Krankenkassen verankert werden können. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 30. Januar 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Gleissner (Drucksache VI/273 Fragen A 68 und 69) : Trifft es zu, daß in England die Elektromobile als Hilfe im Kampf gegen die wachsenden Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung durch Verkehrslärm und Luftverschmutzung steuerlich bevorzugt werden, weil Elektromobile die geringste Umweltbelästigung verursachen, überhaupt keine Abgase entwickeln, den weitaus niedrigsten Geräuschpegel aufweisen, leicht zu bedienen und wenig reparaturbedürftig sind? Wie groß ist die Zahl der Elektromobile in England und in der Bundesrepublik Deutschland, und welches sind die Gründe, daß in der Bundesrepublik Deutschland die Zahl der im Straßenverkehr zugelassenen Elektromobile sich nicht erhöht, sondern sogar verringert hat, obwohl ein erhöhter Einsatz von Elektrofahrzeugen beitragen würde, nachweislich den Verkehrslärm zu vermindern und die Atemluft in den Verkehrsstraßen zu verbessern? Es trifft zu, daß in Großbritannien Fahrzeuge mit Elektroantrieb steuerlich begünstigt werden. In Großbritannien waren 1968 31 070 Fahrzeuge mit Elektroantrieb, in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 1. Juli 1969 3217 Fahrzeuge mit Elektroantrieb zugelassen. Der wesentliche Grund für den geringen Elektrofahrzeugbestand liegt darin, daß trotz jahrzehntelanger intensiver Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im In- und Ausland es der Industrie noch nicht gelungen ist, die Schwierigkeiten dieser Antriebsart entsprechend den Bedürfnissen der Praxis wirtschaftlich zufriedenstellend zu lösen. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Hauff (Drucksache VI/273 Frage A 70) : 1232 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 Trifft die Feststellung im Bericht der „Interministeriellen Kommission des Landes Baden-Württemberg" zum „Ausbau des Flughafens Stuttgart" zu, daß der Bund es nicht als seine Aufgabe betrachtet habe, die Ausbauplanungen der deutschen Flughäfen zu koordinieren? Ja, das trifft zu. Nach geltendem Recht hat der Bund nicht die Kompetenz, die Ausbauplanung der deutschen Flughäfen zu koordinieren, da ihm weder die Flughafenbaulast noch die Planungshoheit insoweit obliegt. Der Ausbau des Flughafens Stuttgart, so wie er geplant ist, wird im übrigen auch seitens des Bundes für notwendig gehalten. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schmidt (Kempten) (Drucksache VI/273 Frage A 75) : Ist die Bundesregierung in der Lage, den Bundestag genauestens darüber zu unterrichten, um wieweit sich die Unfallzahlen einschließlich ihrer Folgen, an denen schwere LKW über 7,5 t schuldhaft beteiligt waren, an den im Sommer 1969 für LKW über 7,5 t gesperrten Wochenenden gegenüber den gleichen Wochenenden in den Jahren 1968, 1967 und 1966 verändert haben, so daß sich daraus eine Rechtfertigung für die geplante Wiederholung des Fahrverbots an Wochenenden mit einer sogar vorgesehenen Ausweitung im Sommer 1970 folgerichtig ergibt? Die Untersuchung des Statistischen Bundesamtes über die Unfallentwicklung während des Lkw-Fahrverbots konnte noch nicht abgeschlossen werden, da durch die Statistischen Landesämter über 400 000 Unfallakten ausgewertet werden müssen. Sobald die Ergebnisse der Statistischen Landesämter vollständig vorliegen, wird das Statistische Bundesamt das endgültige Ergebnis veröffentlichen. Eine Statistik über die Zahl der Unfälle, an denen Lkw über 7,5 t zulässiges Gesamtgewicht schuldhaft beteiligt waren, kann noch nicht erstellt werden, da über die Schuldfrage die Strafgerichte zu entscheiden haben, deren rechtskräftige Urteile vielfach erst nach Jahren vorliegen. Ich möchte hierzu auf meine schriftliche Antwort auf die fast gleichlautende Frage des Kollegen Biechele in der vorigen Fragestunde hinweisen. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 30. Januar 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Tobaben (Drucksache VI/273 Fragen A 78 und 79) : Welche Mehreinnahmen würden die von der Deutschen Bundesbahn beantragten Tariferhöhungen bringen? Hält die Bundesregierung in Anbetracht der zu erwartenden Kostensteigerungen die Tariferhöhungsanträge der Deutschen Bundesbahn für gerechtfertigt? Die Deutsche Bundesbahn erwartet aus der beantragten Erhöhung der Wagenladungs-, Stückgut- und Expreßguttarife auf der Basis der voraussichtlichen Ergebnisse des Jahres 1969 eine rechnerische Mehreinnahme von rd. 440 Mio DM, bezogen auf ein volles Jahr. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß in Anbetracht der Kostensteigerungen Tariferhöhungen bei der Deutschen Bundesbahn unvermeidbar sind. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Müller-Hermann (Drucksache VI/233 Frage A 80) : Wenn die Tariferhöhungsanträge der Deutschen Bundesbahn nicht genehmigt würden, um welchen Betrag müßten dann die Bundeszuwendungen an die Deutsche Bundesbahn steigen, und sind entsprechende Mehrbelastungen bei der Aufstellung des Bundeshaushalts 1970 berücksichtigt? Da in der Antwort auf die Frage des Abg. Tobaben bereits darauf hinzuweisen war, daß die Bundesregierung Maßnahmen auf dem Gebiet der Gütertarife für unvermeidbar hält, hat die jetzt zu beantwortende Frage rein hypothetischen Charakter. Ich bitte um Verständnis, daß ich deshalb die Frage nicht beantworten werde. Anlage 16 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Müller-Hermann (Drucksache VI/273 Frage A 81) : Wie stellt sich die Bundesregierung die wirtschaftliche Situation bei den Verkehrsunternehmen vor, deren Tariferhöhungsanträge von ihr nicht genehmigt, deren Mehrkosten aber nicht vom öffentlichen Haushalt übernommen werden? Es ist völlig offen und auch sehr unwahrscheinlich, ob der in der Frage unterstellte Sachverhalt überhaupt jemals eintreten wird. Im übrigen ist festzustellen, daß die Verkehrsgesetze für die privaten Verkehrsunternehmen bei Ablehnung ihrer Tarifanträge keinen Ausgleichsanspruch an den Bund vorsehen. Auch das wird die Bundesregierung bei ihrer Entscheidung über die Tariferhöhungsanträge dieser Verkehrsträger selbstverständlich berücksichtigen. Anlage 17 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Pieroth (Drucksache VI/273 Frage A 82) : Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 1233 Wird bei der Entscheidung der Bundesregierung über die Tariferhöhungsanträge der Deutschen Bundesbahn und des Güterfernverkehrs die von der „Konzertierten Aktion" des Bundeswirtschaftsministers am 12. Januar 1970 fixierte Stellungnahme, wonach Erhöhungen administrativ beeinflußter Preise vorerst zurückzustellen sind, maßgebend sein oder die vom Bundesverkehrsminister am 5. Dezember 1969 vor dem Verkehrsausschuß geäußerte Ansicht, „die Preise müßten dem Kostengefüge angemessen angepaßt werden"? Die Bundesregierung hat mit dem Ziel, die Preisstabilität zu sichern, ihre grundsätzliche Haltung im Jahreswirtschaftsbericht 1970 festgelegt, der in Kürze dem Hohen Hause vorgelegt werden wird. Tariferhöhungen bei der Deutschen Bundesbahn und den privaten Verkehrsträgern sind unter Kostengesichtspunkten unvermeidbar; bei einer Entscheidung hierüber werden die von der Bundesregierung beschlossenen Grundsätze berücksichtigt werden. Anlage 18 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schmitt (Lockweiler) (Drucksache VI/273 Frage A 83) : Wie groß war der Überschuß im Wagenladungsverkehr der Deutschen Bundesbahn 1960 und 1968 in absoluten Zahlen und auf Tonnenkilometer bezogen? Der Überschuß im Wagenladungsverkehr der Deutschen Bundesbahn belief sich im Jahre 1960 auf rd. 1,1 Mio DM, im Jahre 1968 auf rd. 93 Mio DM, je Tonnenkilometer auf 2,15 Pf. und auf 0,16 Pf. 1969 ist der Überschuß übrigens auf 0,3 Pf. je Tonnenkilometer gestiegen. Anlage 19 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 30. Januar 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Vehar (Drucksache VI/273 Fragen A 84 und 85) : Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Steigerung der Personalkosten bei den nicht bundeseigenen Eisenbahnen im Jahre 1970? Wie hoch wären die Mehreinnahmen der nicht bundeseigenen Eisenbahnen bei Genehmigung der beantragten Tariferhöhungen im Jahre 1970? Die Lohnverhandlungen der nichtbundeseigenen Eisenbahnen (NE) mit den Gewerkschaften sind noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung kann deshalb z. Z. lediglich feststellen, daß eine Lohn- und Gehaltssteigerung von 1 % bei den nichtbundeseigenen Eisenbahnen ganzjährig 3 Mio DM ausmacht. Der Tariferhöhungsantrag der Deutschen Bundesbahn umfaßt auch den Wechselverkehr mit den nichtbundeseigenen Eisenbahnen. Sie erwarten aus der Tariferhöhung eine Mehrheinnahme von rd. 10 Mio DM/Jahr. Anlage 20 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Strohmayr (Drucksache VI/233 Frage A 86) : Wann erfolgt die mit der Richtlinie des Rates für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über landwirtschaftliche Zugmaschinen auf Rädern (Drucksache V/547) in der Fragestunde der 148. Sitzung des 5. Deutschen Bundestages in Aussicht gestellte Anpassung an die bereits in anderen EWG-Mitgliedstaaten gültigen höheren Geschwindigkeitszulassungen für landwirtschaftliche Zugmaschinen? Der Rat der Europäischen Gemeinschaften hat die betreffende Richtlinie noch nicht verabschiedet. Es kann jedoch angenommen werden, daß die Beschlußfassung noch im Laufe dieses Jahres erfolgt. Eine Änderung der deutschen Rechtsvorschriften erscheint erst dann zweckmäßig, wenn die endgültige Fassung des Entwurfs feststeht, da während der Beratungen im Rat der Europäischen Gemeinschaften noch mit Änderungen zu rechnen ist. Anlage 21 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Ollesch (Drucksache VI/273 Frage A 87) : Wie beurteilt die Bundesregierung die derzeitige unterschiedliche Regelung des aktiven und passiven Wahlalters in den einzelnen Bundesländern bei den verschiedenen Wahlen, und was gedenkt sie im Interesse einer möglichst weitgehenden Einheitlichkeit zu tun? Nach dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Art. 38 Abs. 2 GG soll das aktive Wahlalter für Bundestagswahlen auf 18, das passive auf 21 Jahre herabgesetzt werden. Wird das Gesetz so verabschiedet, dann wird bei der Wahlberechtigung zu Bundestags- und Landtagswahlen mit den Ländern Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Schleswig-Holstein Übereinstimmung bestehen, nicht jedoch bei der Wählbarkeit, die von diesen Ländern mit dem 23. Lebensjahr festgelegt wurde. Zwar ist die möglichste Übereinstimmung der Wahlaltersgrenzen in Bund und Ländern erstrebenswert. Was das passive Wahlalter für Bundestagswahlen betrifft, so hat es in den abgelaufenen Legislaturperioden jeweils nur wenige Bundestagsabgeordnete gegeben, die bei ihrem erstmaligen Eintritt in den Bundestag noch nicht 30 Jahre alt waren. Die nunmehr vorgesehene Möglichkeit, schon mit 21 Jahren Parlamentsmitglied zu werden, könnte sich in Zukunft als belebendes Element innerparteilicher Willensbildung auswirken und die Neigung junger Menschen zum politischen Engagement in den Parteien erhöhen. Es darf angenommen werden, daß die bevorstehende Bundesregelung auf die Landesgesetzgebung im Sinne einer Herabsetzung des Wahlalters einwirken wird. Tatsächlich sind auch in den übrigen Ländern entsprechende Bestrebungen zu verzeich- 1234 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 nen. Darüber hinaus ist aber eine Einflußnahme des Bundes im Sinne einer restlosen Angleichung der wahlrechtlichen Altersgrenzen nicht möglich. Für eine etwaige Bindung der Länder an Wahlrechtsvorschriften des Bundes ist die Homogenitätsvorschrift des Art. 28 Abs. 1 GG maßgeblich. Diese hat zwar die Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 GG übernommen, nicht jedoch die Vorschriften des Art. 38 Abs. 2 GG über die Wahlaltersgrenzen. Zu der grundsätzlich freien Gestaltung des Landeswahlrechts im Rahmen dieser Wahlrechtsgrundsätze hat das Bundesverfassungsgericht die Auffassung vertreten, daß die Freiheit des Landesgesetzgebers höchstens dann eingeschränkt werden könnte, wenn es sich um grundsätzliche Bestimmungen handelt, in deren Bereich entscheidende Abweichungen des Landeswahlrechts zu Unstimmigkeiten führen müßten, die im bundesstaatlichen Gefüge schwer ertragen werden könnten. Als solche können wahlrechtliche Altersgrenzen, insbesondere wenn sie nicht zu stark abweichen, wohl nicht angesehen werden. Ihre übereinstimmende Regelung in Bund und Ländern ist daher verfassungsrechtlich nicht zwingend, bliebe aber weiterhin verfassungspolitisch wünschenswert. Anlage 22 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Schmidt (Kempten) (Drucksache VI/273 Frage A 88) : Warum nennt die Bundesregierung in ihrer Antwort, die als Anlage 36 im Stenographischen Bericht (Seite 991) über die 24. Sitzung des Bundestages abgedruckt ist, unter den Maßnahmen gegen die Luftverunreinigung durch Autoabgase nicht die Notwendigkeit der raschen Entwicklung von Elektromotoren, oder wird diese Entwicklung von der Bundesregierung etwa nicht gefördert? Die Bundesregierung wird jede erfolgversprechende Entwicklung fördern, die geeignet ist, die Luftverunreinigung durch Autoabgase wesentlich zu vermindern. Sie hat deshalb in ihre Überlegungen auch die Frage einbezogen, ob und inwieweit hierfür das elektrisch angetriebene Auto geeignet ist. Zunächst hat sich ergeben, daß eine weitere erhebliche Herabsetzung des z. Z. höchstzulässigen Auswurfs luftverunreinigender Stoffe im Autoabgas technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar ist. Die Luftverunreinigung durch Autoabgase kann daher in absehbarer Zeit durch Maßnahmen am Auto noch weiter abgesenkt werden. Der Bau elektrisch angetriebener Kraftfahrzeuge beschränkt sich z. Z. in der Bundesrepublik und in anderen Staaten im allgemeinen auf Spezialfahrzeuge, z. B. auf den Bau eines Elektrobusses für den Nahverkehr, bei denen Gewicht und auch Preis der Batterien eine ausschlaggebende Rolle spielen. Eine fühlbare Verminderung der Luftverunreinigung durch die Verwendung solcher Spezialfahrzeuge ist nicht zu erwarten. Eine größere Bedeutung wird dem elektrisch angetriebenen Auto erst dann zukommen, wenn es gelingt, Gewicht und Preis der Stromquellen entscheidend zu senken. Der Stand der Technik auf diesem Gebiete erlaubt es nicht, hierzu jetzt schon eine Voraussage zu machen. Anlage 23 Schriftliche Antwort des Bundesminister Genscher vom 28. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Alber (Drucksache VI/273 Frage A 89) : Hat eine Anerkennung der DDR als zweiter deutscher Staat auch ohne ihre völkerrechtliche Anerkennung nicht schon die rechtliche Konsequenz, daß u. a. das Gesetz üiber die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik vom 20. Februar 1967 von der Bundesrepublik Deutschland beachtet werden muß, und wenn ja, hat diese Beachtung ihrerseits nicht zur Folge, daß die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden SBZ-Flüchtlinge dann DDR-Bürger geworden und geblieben sind, wenn sie im Zeitpunkt der Gründung der DDR deutsche Staatsangehörige waren und in der DDR ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt hatten? Die Feststellung des Bundeskanzlers in der Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag am 28. Oktober 1969: „Eine völkerrechtliche Anerkennung der DDR durch die Bundesregierung kann nicht in Betracht kommen. Auch wenn zwei Staaten in Deutschland existieren, sind sie doch füreinander nicht Ausland" bedeutet: Nach Auffassung der Bundesregierung ist das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 nach wie vor geltendes Recht. Wer nach diesem Gesetz die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat, ist und bleibt deutscher Staatsangehöriger; das gilt gleichermaßen für die Bewohner der BRD und der DDR. Anlage 24 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Günzburg) (Drucksache VI/273 Frage A 90) : Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß der im Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetz mit Wirkung ab 1. Januar 1971 vorgesehene Abbau derjenigen Beförderungsstellen, die die Höchstprozentzahlen des Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetzes überschreiten, dann unbillige Ergebnisse bringen würde, wenn die Arbeit der Bund/Länder-Dienstpostenbewertungskommission zu einer Revision der dem Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetz zugrunde gelegten Bewertungsvorstellungen führt, und daß die rechtzeitige Vorlage und gesetzgeberische Auswertung des Arbeitsergebnisses der Kommission sichergestellt werden muß, andernfalls der Planstellenabbau über den 1. Januar 1971 hinaus aufzuschieben wäre? Die Bundesregierung ist nicht dieser Auffassung, denn die Dienstpostenbewertung ist an den Rahmen des Besoldungsrechts gebunden. Nur die Untersuchung in Richtung auf eine Konkretisierung der Amterbewertung könnten theoretisch die Obergrenzen des § 5 Abs. 6 des Bundesbesoldungsgesetzes beeinflussen. Die Obergrenzen haben gerade den Sinn, bei Bund und Ländern eine übereinstimmende Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28, Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 1235 Ausgangsbasis zu schaffen. Ohne eine solche einheitliche Basis können konkretisierte Grundsätze der Ämterbewertung, die dann in die Praxis umsetzbar sein müßten, nicht aufgestellt werden. Die von Ihnen hier angesprochene Vorschrift des Artikels I § 4 Abs. 3 des Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetzes sieht Umwandlungen von Planstellen, die die Obergrenzen des § 5 Abs. 6 überschreiten, nur vor, wenn solche Stellen frei werden, und dann auch nur für jede dritte Stelle. Diese Regelung vermeidet Härten, ist andererseits aber notwendig, um für alle Dienstherren die bereits mehrfach genannte gleiche Ausgangsbasis anzustreben. Dies waren auch die Überlegungen, die den maßgeblich auch von der Fraktion der CDU/CSU mitgetragenen Regelungen zugrunde lagen. Dies geht besonders deutlich aus den Darlegungen im Schriftlichen Bericht des Innenausschusses — Drucksache V/3827 — zum Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetz hervor, der von Ihnen, Herr Kollege Wagner, unterzeichnet ist. Anlage 25 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 30. Januar 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Müller (Mülheim) (Drucksache VI/273 Fragen A 91 und 92) : Hat die Bundesregierung den Eindruck gewonnen, daß die Ergebnisse der Beratungen der internationalen Rheinwasserkommission in Maastricht die Erwartungen verstärken, in absehbarer Zeit ein neues, verbessertes Warnsystem zu erreichen? Wird die Bundesregierung von sich aus alles tun und ihren Einfluß auf alle beteiligten deutschen Instanzen geltend machen, um eine Verbesserung des Warnsystems zu bewirken? Die letzte Sitzung der Internationalen Kommission zum Schutze des Rheins gegen Verunreinigung fand auf Antrag der niederländischen Delegation im November 1969 in Maastricht statt. Sie hatte gebeten, auf dieser Sondersitzung u. a. auch das Zustandekommen eines wirksamen Warnsystems zu beraten, damit bei groben Verschmutzungen rechtzeitige Abwehrmaßnahmen ,der Unterlieger durch schnelle Nachrichtenübermittlung ermöglicht werden. Die deutsche Delegation berichtete in Maastricht über die auf der deutschen Rheinstrecke bereits erzielte Verbesserung und Neuordnung: Alle solche Vorkommnisse im Einzugsgebiet des Rheins werden neuerdings von einer fachkundigen amtlichen Dienststelle des jeweiligen Bundeslandes, die als Meldezentrale bestimmt worden ist, sofort an die Meldezentrale des unterhalb gelegenen Bundeslandes weitergegeben. Südlichste Meldezentrale ist in Baden-Württemberg die Wasserschutzpolizeidirektion in Mannheim, nördlichste ist in Nordrhein-Westfalen der Regierungspräsident in Düsseldorf. Er ist, wie auch die anderen Meldezentralen, ständig dienstbereit und gibt die Meldungen bzw. Alarmoder Warnnachrichten an die mit der niederländischen Seite vereinbarten niederländischen Dienststellen weiter. Die fachlich berührten Ressorts des Bundes werden ebenfalls benachrichtigt. In Maastricht sind die Schweiz und Frankreich gebeten worden, sich diesem Warnsystem anzuschließen und Warnmeldungen an die Meldezentrale in Mannheim zu geben. Der Vorschlag wird von der Kommission weiter verfolgt. Es darf erwartet werden, daß nach den notwendigen organisatorischen Vorbereitungen in den beiden Nachbarstaaten ein neues, verbessertes Warnsystem am ganzen Rhein vorhanden sein wird. Das Warnsystem liegt im Verantwortungsbereich der für die Wasserwirtschaft zuständigen Landesbehörden. Es wird von fachkundigen Dienststellen der in der Arbeitsgemeinschaft der Länder zur Reinhaltung des 'Rheins zusammengeschlossenen Bundesländer wahrgenommen und ist vor etwa einem halben Jahr für das deutsche Rheingebiet neu geordnet worden. Die Bundesregierung hat z. Z. keinen Anlaß für Initiativen zur weiteren Verbesserung des Warnsystems. Anlage 26 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 29. Januar 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Kater (Drucksache VI/273 Fragen A 93 und 94) : Ist der Bundesregierung die Zahl der Aussiedler aus den Ostblockstaaten bekannt, die auf Grund ihres Alters und der dadurch bedingten Schulbildung besondere Schwierigkeiten bei ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Eingliederung haben? Was beabsichtigt die Bundesregierung zu tun bzw. zu veranlassen, um die bereits vorhandenen Möglichkeiten und Mittel für die Eingliederung dieser Aussiedler zu erweitern bzw. zu verbessern? Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, exakte Angaben über die Zahl der Aussiedler zu machen, die wegen ihres Alters, ihrer Schulausbildung, hauptsächlich aber wegen fehlender oder unzureichender Kenntnis der deutschen Sprache Schwierigkeiten bei ihrer schulischen, gesellschaftlichen und beruflichen Eingliederung haben. Allerdings liegen Schätzungen vor. Von den Schwierigkeiten sind fast ausschließlich Aussiedler der Geburtsjahrgänge nach 1939, also der bis 30jährigen, besonders betroffen. Nach dem Durchschnitt der Jahre 1968/69 sind das etwa 43 v. H. aller Aussiedler, oder — auf die Zahl der Zugänge im Jahre 1969 von rd. 30 000 bezogen — rd. 13 000 Personen. In der ersten Hälfte 1969 sind die Aussiedler im Grenzdurchgangslager Friedland laufend befragt worden. Der Beauftragte der Bundesregierung für die Verteilung in Friedland und Nürnberg hat im Registrierungs- und Verteilungsverfahren besondere Erkenntnisse gewonnen. Auch die Behörden in den Landesaufnahmelagern haben ihre Erfahrungen. Aufgrund dieser 3 Quellen muß der Anteil der 13 000 Aussiedler, welche die deutsche Sprache nur mangelhaft oder gar nicht beherrschen, auf 85 v. H. beziffert werden. 1236 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 Der Anteil derjenigen — hauptsächlich Kinder —, die nur die Sprache des Herkunftslandes sprechen und verstehen, wird von allen kompetenten Stellen auf 25 v. H., für das Jahr 1969 also auf 3200 geschätzt. Wenn die bis zu 10 Jahren alten etwa 2000 Kinder außer Betracht bleiben, denen die Kenntnis der deutschen Sprache durch das Elternhaus und im normalen Volksschulunterricht vermittelt werden kann, verbleiben für 1969 rd. 11 000 Jugendliche und Personen bis zu 30 Jahren, die zur Erlangung des Anschlusses an die dem Alter gemäße Schulklasse oder eines Qualifikationsnachweises zur Ausübung des im Herkunftsland erlernten oder in der Bundesrepublik ,aufgenommenen Berufs einer besonderen Förderung (Förderschule, deutsche Sprachkurse usw.) bedürfen. Die Zahl der förderungsbedürftigen Aussiedler wird sich in den folgenden Jahren jeweils um einen Geburtsjahrgang erhöhen. Die Bundesregierung unterstützt im Rahmen ihrer Zuständigkeit und der ihr durch Gesetz eingeräumten Möglichkeiten die Bemühungen der Länder, der Verbände der freien Wohlfahrtspflege und der freien Trägergruppen, die Eingliederungsarbeit zu intensivieren. Zu dieser gehören hauptsächlich die lückenlose Erfassung aller förderungsbedürftigen Aussiedler, ihre umfassende Beratung und Heranführung an die bestehenden Förderungseinrichtungen. Zu diesen zählen vorrangig: 1. die Förderschulen — Internatsförderschulen und offene Einrichtungen, die durch deutschen Sprach- und Ergänzungsunterricht zum deutschen Volksschulabschluß oder Anschluß an die dem Alter entsprechende Klasse der Normalschulen, in einigen Einrichtungen auch in weiterführenden Schulen führen; 2. die aus Bundesmitteln geförderte Otto-Benecke- Stiftung — das frühere Sozialamt des deutschen Bundesstudentenringes —, die sich der akademischen Jugend annimmt. Ihre Aufgabe: Einführungslehrgänge zur allgemeinen Orientierung und Feststellung der im Einzelfall notwendigen Bildungs- und Studiengänge, Vermittlung in Sprachkurse an Goethe-Instituten und in Vorstudienkurse zur Erlangung des deutschen Hochschulzugangszeugnisses, Vermittlung von Ausbildungs- und Studienplätzen. Die Integrationsarbeit der Stiftung hat sich bewährt. Sie soll verstärkt werden; 3. die Beratungs- und Betreuungsdienste der Jugendgemeinschaftswerke in der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk. Die Betreuungskräfte der Jugendgemeinschaftswerke, deren Arbeit in der Vergangenheit vorwiegend jugendlichen Flüchtlingen aus der SBZ diente, sollen durch entsprechende Schulung auf die Beratungs- und Betreuungstätigkeit zugunsten jugendlicher Aussiedler umgeschult werden. Die Jugendgemeinschaftswerke werden aus Mitteln des Bundesjugendplanes finanziert. Die Bundesregierung wird die Integration jugendlicher Aussiedler durch eine möglichst großzügige Ausgestaltung der Richtlinien über den Garantiefonds (Abschnitt XXII der Richtlinien für den Bundesjugendplan) fördern. Die berrufliche Eingliederung von Angehörigen nichtakademischer, insbesondere technischer und kaufmännischer Berufe, gestaltet sich besonders schwierig. Unterschiedliche Berufsbilder und Ausbildungssysteme, Unkenntnis moderner Arbeitsmethoden, Schwierigkeiten bei der Anerkennung der in den Herkunftsländern erworbenen Zeugnisse und Befähigungsnachweise sind die hauptsächlichen Ursachen. Auf Empfehlung des damaligen Bundesministeriums für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte wird dieses Problem von der Arbeitsgemeinschaft der Landesflüchtlingsverwaltungen untersucht, die zu diesem Zwecke eine Sonderkommission mit der Sammlung des erforderlichen Materials und der Erarbeitung eines Memorandums beauftragt hat. Dieses Memorandum wird, wie jenes über die Förderschulen für die spätausgesiedelte Jugend, Grundlage für die Verbesserung und möglichts umfassende sachgerechte Eingliederung dieser Aussiedler sein. Anlage 27 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Matthöfer (Drucksache VI/273 Frage A 95) : Hat die Bundesregierung eine systematische, lückenlose Übersicht über alle Grundrechtseinschränkungen, die seit der Verkündung des Grundgesetzes vorgenommen wurden? Eine systematische, lückenlose Übersicht über alle Grundrechtseinschränkungen, die seit Verkündung des Grundgesetzes vorgenommen wurden, ließe sich unter erheblichem Zeit- und Arbeitsaufwand bei Durchsicht aller Bundes- und Landesgesetze für diejenigen Grundrechte gewinnen, deren gesetzliche Einschränkung dem ausdrücklichen Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG unterliegen. Doch ist in der früheren Staatspraxis dieses Zitiergebot nicht einheitlich gehandhabt worden. Hingegen lassen sich nicht erfassen diejenigen Einschränkungen von 'Grundrechten, die nicht dem Zitiergebot unterliegen. Hierzu gehören die Grundrechte, in denen die nähere Bestimmung über Inhalt und Schranken dem Gesetz vorbehalten wird — wie z. B. beim Eigentum — sowie die Grundrechtsbegrenzungen, die im Grundrechtsartikel selbst schon umschrieben sind — wie z. B. bei Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG. Weiterhin fallen hierunter die Grundrechtseinschränkungen durch „allgemeine Gesetze" nach Art. 5 Abs. 2 GG. Darüber hinaus gibt es gewisse Schranken der Grundrechte, die sich nicht aus ihrem Wortlaut selbst, sondern aus ihrem systematischen Zusammenhang mit anderen Grundrechten ergeben. So schützt beispielsweise das Grundrecht der Versamm- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 1237 lungsfreiheit des Art. 8 GG nicht davor, daß Versammlungen in einem bestimmten Raum aus feuer-, gesundheits- oder baupolizeilichen Gründen untersagt werden können. Ebenso bestehen Grundrechtseinschränkungen in besonderen Gewaltverhältnissen, die sich aus deren Wesen ableiten, wie z. B. in besonderen Status- oder Anstaltsverhältnissen. Im übrigen würde eine Erfassung der gesetzlichen Möglichkeiten zur Einschränkung von Grundrechten noch lange nichts aussagen darüber, ob und in welchem Umfang in der Staatspraxis von ihnen überhaupt Gebrauch gemacht worden ist. Denn es kann davon ausgegangen werden, daß in der Staatspraxis von diesen Möglichkeiten zurückhaltend und nur in begrenztem Umfang Gebrauch gemacht wird. Die Verfassungswirklichkeit ließe sich also an Hand solcher systematischen Überblicke wohl kaum zutreffend beurteilen. Anlage 28 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 30. Januar 1970 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Erhard (Bad Schwalbach) (Drucksache VI/273 Fragen A 96 und 97) : Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß Dienstwohnungsvergütungen unter den Begriff der "administrativ beeinflußten Preise" fallen? Hält die Bundesregierung eine Erhöhung der Dienstwohnungsvergütungen (Miete) für seit langem bestehende, also nicht neu errichtete Wohnungen in einem Umfang, der weit über der Steigerung der Kosten liegt, für gerechtfertigt? Zu Frage 96: Ihre Frage, Herr Kollege, ist zu verneinen. Zu den sogenannten administrativ beeinflußten Preisen gehören vor allem die Tarife von Bundesbahn, Bundespost, Binnenschiffahrt und Güterfernverkehr sowie von Energie-Versorgungsbetrieben der öffentlichen Hand. Hierbei handelt es sich um eine Einflußnahme der öffentlichen Hand auf Preise innerhalb privatrechtlicher Rechtsbeziehungen. Das Rechtsverhältnis zwischen Dienstherr und beamtetem Dienstwohnungsinhaber ist dagegen öffentlich-rechtlicher Natur. Wichtiger als dieser formelle Hinweis sind jedoch folgende Gesichtspunkte: Die Dienstwohnungsvergütungen sind anders als die administrativ beeinflußten Preise kein Instrument der Wirtschaftspolitik. Dienstwohnungsvergütungen beeinflussen nicht das allgemeine Mietpreisgefüge, sondern umgekehrt: die Dienstwohnungsvergütungen orientieren sich an der Entwicklung der Mietpreise. Der Bund ist gesetzlich verpflichtet, bei der Dienstwohnungsvergütung den wirtschaftlichen Wert der Dienstwohnung zu berücksichtigen. Wie ich Ihnen schon in der vergangenen Woche auf Ihre Frage in gleicher Angelegenheit schriftlich mitgeteilt habe, ist für die Höhe der Dienstwohnungsvergütung der örtliche Mietwert maßgebend. Zu Frage 97: Auch zu dieser Frage kann ich auf die Ihnen vorliegende Fragebeantwortung vom 21. Januar 1970 hinweisen. Für die Dienstwohnungsvergütung ist nicht die Kostenfrage entscheidend, sondern der örtliche Mietwert. Wenn es sich um seit langem bestehende, in ihrem Zustand unveränderte Dienstwohnungen handelt, dürfte die Neufestsetzung der Sätze der höchst en Dienstwohnungsvergütungen sich kaum ausgewirkt haben. Hierbei wird es aber immer auf den einzelnen Fall ankommen. Anlage 29 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache VI/273 Frage A 103) : Was wird die Bundesregierung nach dem Bekanntwerden der Absichten privatwirtschaftlicher Interessenten, durch Zusammenarbeit mit und Beteiligung an einer auf dem Gebiet des Studiobetriebes tätigen Gesellschaft direkt maßgeblichen Einfluß auf das kommerzielle Fernsehgeschäft zu erhalten, tun, um den Einfluß soldier Produzenten auf die Programmgestaltung und die Gestaltung des politischen Programms zu verhindern? Die Regelung der Grundsätze für die Gestaltung des Fernsehprogramms gehört ebenso zur alleinigen Zuständigkeit der Länder wie die Organisation der Veranstalter der Fernsehprogramme. Wie das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 22. Februar 1961 ausgeführt hat, steht dem Bund auf diesen Gebieten weder eine Gesetzgebungs- noch eine Verwaltungskompetenz zu. Die Rundfunkgesetze der Länder verpflichten die jeweilige Rundfunkanstalt, „die weltanschaulichen, wissenschaftlichen und künstlerischen Richtungen zu berücksichtigen", „die sittlichen und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung ... zu achten"; ferner muß die Nachrichtengebung „allgemein, unabhängig und objektiv sein"; die Anstalt „darf nur der Wahrheit verpflichtet sein" und „nicht einseitig einer politischen Partei oder Gruppe, einer Interessengemeinschaft, einem Bekenntnis oder einer Weltanschauung dienen". Diese Grundsätze für die Programmgestaltung sind in § 4 des Staatsvertrages über den Norddeutschen Rundfunk aufgestellt, der in den Ländern Freie und Hansestadt Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein Gesetzeskraft hat. Die Rundfunkgesetze der anderen Länder enthalten inhaltsgleiche, ähnlich formulierte Grundsätze. Für die Einhaltung dieser Grundsätze ist der Intendant der jeweiligen Anstalt verantwortlich. Er wird auch insoweit vom Rundfunk- und Verwaltungsrat seiner Anstalt überwacht. Letztlich obliegt es der jeweiligen Landesregierung, im Wege der Rechtsaufsicht gegen Rechtsverletzungen einzuschreiten. Diese gesetzlichen Regelungen für die Grundsätze der Gestaltung des Fernsehprogramms über die Ver- 1238 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 antwortung des Intendanten für ihre Einhaltung und über die Aufsicht dürften die volle und alleinige Verantwortung jeder Rundfunkanstalt für Art, Inhalt und Zusammensetzung des Gesamtprogramms und seiner einzelnen Teile gewährleisten. Daher ist es jeder Rundfunkanstalt überlassen, ob sie Programme selbst herstellt, im Auftragsverhältnis von Dritten herstellen läßt oder von Dritten auf eigenes Risiko hergestellte Programme übernimmt. Entscheidend ist allein, daß die volle und alleinige Programmverantwortung bei der Rundfunkanstalt verbleibt; Rechtsgeschäfte, die diese Verantwortung einschränken, wären nach § 134 BGB nichtig. Unter diesen Umständen ist es Sache der Organe der Rundfunkanstalten sowie der Landesregierungen, nicht aber der Bundesregierung, die gesetzliche Verantwortung für die Gestaltung des Fernsehprogramms zu gewährleisten. Anlage 30 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache VI/273 Frage A 104) : Ist die Bundesregierung damit einverstanden, daß die Versorgungsbehörden Erfrierungen, die im Rahmen der Winterfeldzüge an der Ostfront des letzten Krieges als Kriegsverwundung anerkannt werden, im Sinne der 131er-Versorgung nicht als Schädigungsfolgen gelten, weil sie den Unfallbegriff des § 135 BBG angeblich nicht erfüllen? Nähere Feststellungen darüber, inwieweit die nach dem Gesetz zu Artikel 131 des Grundgesetzes zuständigen Versorgungsbehörden des Bundes und der Länder die in der Frage geschilderten Erfrierungen in Winterfeldzügen des letzten Krieges als Unfälle im Sinne der §§ 135 und 181 a des Bundesbeamtengesetzes anerkennen, liegen mir nicht vor. Nach der bereits zu Einzelfällen vertretenen Auffassung meines Hauses beruhen Erfrierungen auf einem Unfall, wenn die sie verursachende Kälteeinwirkung noch als plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares Ereignis angesprochen werden kann. Das wird in der Regel der Fall sein, wenn Soldaten mit ungenügender Bekleidung einer außergewöhnlichen Kälte ausgesetzt wurden, wie es beispielsweise im russischen Winterkrieg 1941/1942 geschehen ist. Erfahrungsgemäß traten damals bei den hohen Kältegraden die Erfrierungen schon nach einer verhältnismäßig kurzen Zeit ein. Grundsätzlich bleiben aber für die Feststellung, ob Erfrierungen auf einem plötzlichen Ereignis beruhen oder auf Einflüsse von längerer Dauer zurückzuführen sind, immer die Umstände des Einzelfalles maßgebend. Anlage 31 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Seefeld (Drucksache VI/273 Frage A 105) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch fehlende Rettungswagen die Hilfsorganisationen im Unfallrettungswesen nicht die Hilfe leisten können, die geleistet werden müßte, und diese Hilfsorganisationen durch eigene finanzielle Leistungen ihren Wagenpark nicht wesentlich erweitern können und dadurch mancherorts gezwungen sind, den Unfallrettungsdienst durch den Krankentransportdienst zu finanzieren? Der Bundesregierung ist bekannt, daß ein großer Nachholbedarf an Rettungswagen besteht. Der Bund kann jedoch auf dem Gebiete des Unfallrettungswesens nur ergänzend und koordiniernd tätig werden, da dieses nach dem Grundgesetz in die Zuständigkeit der Länder gehört. Im Rahmen der begrenzten haushaltsmäßigen Möglichkeiten hat der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen eine Reihe von Förderungsmaßnahmen zur Unfallrettung durchgeführt und weiterhin vorgesehen. Insbesondere werden dabei Modellversuche von grundsätzlicher Bedeutung durchgeführt und finanziert (z. B. Ausstattung von Rettungswagen, Notarztwagen, Hubschrauber-Einsatz, Notrufsäulen). Mein Haus gewährt den Hilfsorganisationen im Rahmen der Vorsorgemaßnahmen für 'den Zivilschutz Zuschüsse für die Erste-Hilfe-Ausbildung der Bevölkerung — hierauf werde ich zu Ihrer weiteren Frage näher eingehen —. Aus diesen Mitteln sind in der Vergangenheit auch Krankentransportfahrzeuge beschafft worden. Ferner trage ich die Kosten für einen Hilfszug des DRK mit mobilen Rettungs- und Sanitätseinrichtungen in mehreren Ländern. Das Technische Hilfswerk stationiert an verkehrsreichen Tagen in Verkehrsballungspunkten Hilfswagen. Auch die für den Zivilschutz beschafften Sanitätsfahrzeuge stehen den Trägern des friedensmäßigen Unfallrettungswesens für ihre Aufgaben zur Verfügung. Anlage 32 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 30. Januar 1970 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Seefeld (Drucksache VI/273 Frage A 106) : Beabsichtigt die Bundesregierung, die Mittel zur Ausbildung in Erster Hilfe erneut — wie schon in früheren Jahren — weiter zu kürzen? Nach der mittelfristigen Finanzplanung ist für 1970 eine Senkung des Ansatzes für Zuschüsse zur Ausbildung der Bevölkerung in Erster Hilfe von 4,8 Millionen DM auf 4 Millionen DM vorgesehen. Ich sehe in dieser Ausbildung eine wichtige Vorsorgemaßnahme zum Schutz der Bevölkerung und erkenne auch die Schwierigkeiten, die für die ausbildenden Hilfsorganisationen durch diese Mittelkürzung entstehen. Deshalb habe ich mich beim Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 1239 Bundesminister der Finanzen um Erhöhung der Mittel für 1970 um 1 Million DM auf 5 Millionen DM verwandt. Das Ergebnis dieser Bemühungen muß den weiteren Haushaltsverhandlungen überlassen bleiben. Anlage 33 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Dahrendorf vom 28. Januar 1970 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Tallert (Drucksache VI/273 Fragen B 1 und 2) : Aus welchen Gründen wurden den vom 16. bis 26. Januar 1970 in die Bundesrepublik Deutschland eingeladenen Vertretern der in Paris verhandelnden Delegationen der Demokratischen Republik Vietnam und der Provisorischen Revolutionären Regierung der Republik Südvietnam die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland verweigert? Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß mit der Genehmigung der Einreise irgendeine Gefahr für die Bundesrepublik Deutschland bestanden hätte? Die Nordvietnamesen und Vertreter der „Befreiungsfront" Südvietnams, die die Einreise in die Bundesrepublik beantragt hatten, sollten im Rahmen der diesjährigen Vietnam-Aktion auf öffentlichen Kundgebungen in der Bundesrepublik auftreten. Nach dem Veranstaltungsprogramm waren die Kundgebungen gegen dritte Staaten gerichtet. Solche Aktionen sind von der Bundesregierung aus außenpolitischen Überlegungen bisher in keinem Fall gestattet worden. Daher mußten auch diese Anträge abgelehnt werden. Im übrigen wird auf die vom Auswärtigen Amt in dieser Angelegenheit herausgegebene Presseerklärung verwiesen. Durch eine Genehmigung der Einreise war zwar keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit in der Bundesrepublik, wohl aber negative außenpolitische Auswirkungen zu befürchten. Die hier geplanten Aktivitäten wären geeignet gewesen, unser Verhältnis zu den betroffenen Drittländern zu belasten und der Glaubwürdigkeit unserer Politik der Entspannung und des friedlichen Ausgleichs Abbruch zu tun. Anlage 34 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 29. Januar 1970 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Haack (Drucksache V1/273 Frage B 3) : Beabsichtigt die Bundesregierung, die für Beamte im Ruhestand geltenden Beihilfevorschriften auch auf die im Ruhestand befindlichen anderen Angehörigen des öffentlichen Dienstes auszudehnen, die während ihrer Dienstzeit beihilfeberechtigt waren? Die Ruhestandsbeamten und ihre Hinterbliebenen erhalten Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen auf Grund der Verpflichtung des Dienstherrn, für das Wohl des Beamten und seiner Familie auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses zu sorgen (vgl. § 79 Bundesbeamtengesetz, § 48 Beamtenrechtsrahmengesetz). Diese Beihilfen betragen je nach dem Familienstand des Ruhestandsbeamten 50 bis 70 v. H. der beihilfefähigen Aufwendungen; die verbleibenden Restkosten muß der Ruhestandsbeamte selbst aufbringen. Den im öffentlichen Dienst stehenden Angestellten und Arbeitern werden in Erfüllung der dem Arbeitgeber obliegenden Fürsorgepflicht nach Maßgabe besonderer tariflicher Regelungen Beihilfen gewährt, soweit sie nicht dem Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen. Für den Bund verweise ich auf die Tarifverträge vom 15. Juni 1959 (GMBl. S. 295) ; für die Bereiche der Länder und der Gemeinden bestehen im allgemeinen entsprechende Regelungen. Die infolge Erreichens der Altersgrenze ausgeschiedenen Arbeitnehmer sind in diese Regelung nicht einbezogen, da mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich die Rechtsbeziehungen des Arbeitgebers zu den früheren Arbeitnehmern enden und der Gesetzgeber die Vorsorge für die Bezieher von Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen für den Fall der Erkrankung den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung übertragen hat (§ 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO). Dies gilt auch, soweit während des Arbeitsverhältnisses keine Krankenversicherung bestanden hat. Diese Versicherung gewährleistet eine ausreichende und zweckmäßige Krankenhilfe (§ 182 Abs. 2 RVO). Der von ihr erfaßte Personenkreis hat grundsätzlich Anspruch auf volle Kostenerstattung für Arzt, Heilbehandlung, Medikamente usw. und genießt somit grundsätzlich mindestens einen gleichen Schutz wie die Ruhestandsbeamten, die als Verheiratete ohne Kinder oder als Witwer 40 bis 50 v. H. der entstehenden Aufwendungen selbst tragen müssen. Anlage 35 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 29. Januar 1970 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert (Drucksache VI/273 Fragen B 4 und 5) : Wie beurteilt die Bundesregierung — nach der DDR-Symbolregelung hei internationalen Veranstaltungen in der Bundesrepublik Deutschland und der angekündigten Initiative des Deutschen Sportbundes zur Verbesserung der innerdeutschen Sportsituation — die Möglichkeiten einer Aktivierung der innerdeutschen Sportbeziehungen? Welche Bedeutung mißt die Bundesregierung der DDR-Sportschau bei, die in letzter Zeit immer häufiger im Rahmen von Veranstaltungen von Turn- und Sportvereinen in der Bundesrepublik Deutschland auftritt? In Ihren Bemühungen, die Folgen der Spaltung unseres Vaterlandes auf menschlichem Gebiet zu mildern, begrüßt die Bundesregierung sportliche Treffen mit unseren Landsleuten aus der DDR. Sie unterstützt daher die angekündigte Initiative des Deutschen Sportbundes zur Belebung des in den letzten Jahren sehr geringen innerdeutschen Sportver- 1240 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 kehrs und hofft, daß diese Bemühungen Erfolg haben werden. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der innerdeutsche Sportverkehr von politischen Fragen freigehalten werden soll. Sie mißt der DDR-Sportschau aber keine wesentliche Bedeutung bei, da das Publikumsinteresse an diesen Veranstaltungen mit politischem Akzent, die allein von Sportlern und Funktionären der DDR getragen werden, durchweg gering ist. Anlage 36 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Reischl vom 28. Januar 1970 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Becker (Mönchengladbach) (Drucksache VI/273 Frage B 6) : Welche Überlegungen liegen der Regelung im Einkommensteuerrecht zugrunde, geschiedene und ledige Frauen mit Kindern in die Steuerklasse II der Lohnsteuertabelle einzustufen, statt in die Steuerklasse III wie verwitwete Frauen mit Kindern? Die Steuerklasse III der Lohnsteuertabelle entspricht dem sogenannten Splittingverfahren, das bei Ehegatten, die unbeschränkt steuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, im Fall der Zusammenveranlagung Anwendung findet. Dabei wird die Einkommensteuer in der Weise ermittelt, daß sie zunächst von der Hälfte des von den Ehegatten insgesamt zu versteuernden Einkommensbetrags errechnet und der sich dann ergebende Steuerbetrag verdoppelt wird (§ 32 a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes — EStG). Das Splitting stellt sich somit als eine im Grundsatz nur auf zusammenveranlagte Ehegatten anwendbare Besteuerungsform dar. Das Gesetz läßt deshalb seine Anwendung auf andere Personengruppen nur ausnahmsweise in beschränktem Umfang zu, und zwar bei verwitweten Personen für eine begrenzte Zeit nach dem Tode des Ehegatten (§ 32 a Abs. 3 EStG). Diese Sondermaßnahme stellt eine Billigkeitsregelung dar, die die Überleitung auf die Besteuerung nach den Tarifvorschriften für Alleinstehende erst nach einer gewissen Übergangszeit eintreten läßt. Eine Anwendung des Splittingverfahrens auf alle unverheirateten Personen mit Kindern würde demnach dem Sinn und Zweck dieser für Ehegatten geschaffenen Besteuerungsart zuwiderlaufen. Gegen eine solche Ausdehnung würden auch verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Denn zwei unverheiratete Personen, denen diese Steuervergünstigung gewährt würde, hätten im Falle einer Heirat dann zwangsläufig eine höhere Steuer als vor der Eheschließung zu zahlen. Das würde aber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegen Artikel 6 des Grundgesetzes verstoßen, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates stellt. Vom Gesetzgeber ist indessen nicht verkannt worden, daß bei unverheirateten Personen mit Kindern die steuerliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird. Deshalb wird unverheirateten Personen, die ein Kind zu unterhalten haben, neben dem Kinderfreibetrag ein Sonderfreibetrag von 1200 DM im Kalenderjahr zugebilligt (§ 32 Abs. 3 Ziff. 1 Buchst. b EStG). Im Rahmen der eingeleiteten Steuerreform wird auch die Frage der Besteuerung von Alleinstehenden mit Kindern einer Prüfung unterzogen werden. Anlage 37 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Reischl vom 27. Januar 1970 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Schwörer (Drucksache VI/273 Fragen B 7 und 8) : Ist die Bundesregierung bereit, die im August 1969 vom Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Leicht, anläßlich einer Besichtigung in Sigmaringen gegebene Zusage, daß sich das Bundesfinanzministerium mit dem Bundesverteidigungsministerium wegen einer Koordinierung der Baumaßnahmen im Bereich des Sportstätten- und Wohnungsbaues ins Benehmen setzen werde und daß die Stadt Sigmaringen an diesen Beratungen beteiligt werden solle, durch Einsetzung einer aus den genannten Behörden bestehenden Kommission einzulösen? Ist die Bundesregierung bereit, im Interesse einer sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln neue Projekte in Sigmaringen nicht in Angriff zu nehmen, bevor eine Beratung dieser Projekte in dieser Kommission stattgefunden hat? Entsprechend der Zusage des Herrn Kollegen Leicht sind die Planungen der Gemeinden Sigmaringen und Laiz und der Bundesfinanzverwaltung zwischen den beteiligten Bürgermeistern und Vertretern des Bundesfinanzministeriums am 14. Oktober 1969 in Sigmaringen besprochen worden. Es ist beabsichtigt, diese Gespräche fortzusetzen. Eine besondere Planungskommission halte ich nach Lage des Falles z. Z. nicht für erforderlich. Anläßlich der örtlichen Besprechung am 14. Oktober 1969 haben die Herren Bürgermeister ihre Bedenken gegen die Planung für die Sportanlagen der Zollschule Sigmaringen zurückgestellt. Dabei wurde den Gemeinden zugesagt, daß der neben der Zollschule befindliche Sportplatz später nach Möglichkeit in das Sportzentrum der Gemeinden einbezogen werden soll. Ferner wird z. Z. geprüft, ob sich Bundeswehr und Bundesfinanzverwaltung an der Errichtung eines gemeindeeigenen Hallenschwimmbades beteiligen können; bis zur Klärung dieser Frage wird das zunächst geplante schuleigene Freischwimmbecken nicht gebaut. Anlage 38 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Auerbach vom 28. Januar 1970 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Burger (Drucksache VI/273 Frage B 9) : Hält die Bundesregierung eine Erhöhung der Sätze über das Pflegegeld in der gesetzlichen Unfallversicherung für erforderlich und wird sie eine entsprechende Gesetzesänderung vorschlagen? Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 1241 Die Bundesregierung hält eine Erhöhung der Rahmenbeträge für das Pflegegeld in der gesetzlichen Unfallversicherung für erforderlich. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist in meinem Hause in Vorbereitung. Ich beabsichtige, die Erhöhung des Pflegegeldes nach Möglichkeit mit dem nächsten Rentenanpassungsgesetz, das in diesem Jahre sehr früh vorgelegt werden soll, zu verbinden. Anlage 39 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 28. Januar 1970 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Hussing (Drucksache VI/273 Fragen B 10 und 11) : Wieviel Soldatenheime stehen derzeit in wieviel Standorten (Garnisonen) zur Verfügung und in wieviel Standorten fehlt ein solches Heim? Wie sieht dieses Zahlenverhältnis bei Offizier- und Unteroffizierheimen aus? Bisher sind in 48 Garnisonen 50 Soldatenheime eingerichtet worden; für weitere 10 Standorte sind Soldatenheime im Bau. 143 Heime für 140 Standorte sind noch von mir vorgesehen. Insgesamt sind 183 Offiziersheime an 165 Standorten in Betrieb; 9 weitere Heime werden z. Z. gebaut. Für 149 Garnisonen werden noch 158 Offizierheime gefordert. Es bestehen 422 Unteroffizierheime und Unteroffizierheimräume; 5 weitere Heime sind noch im Bau. Projektiert sind weitere 17 Unteroffizierheime. An größeren Standorten sind in der Regel mehrere Unteroffizierheime bzw. -heimräume eingerichtet. Die Zahl der Garnisonen, an denen Unteroffizierheime eingerichtet sind, werde ich Ihnen mitteilen, sobald mir hierüber genaue Angaben vorliegen. Anlage 40 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 27. Januar 1970 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Wienand (Drucksache V11273 Fragen B 12 und 13) : Wie beurteilt die Bundesregierung wiederholt auftauchende Pressemeldungen, nach denen die Bürger der Bundesrepublik Deutschland vor einem Angebot von etwa 60 000 verschiedenen Arzneimitteln stehen und wegen des großen Angebots keine Möglichkeit haben, Qualität und Brauchbarkeit der pharmazeutischen Erzeugnisse zu überprüfen? Hat die Bundesregierung die Absicht, ähnlich wie in anderen Ländern eine amtliche Arzneimittelkontrolle einzuführen und durch staatliche, für jedermann erkennbare Kontrollmaßnahmen eine Situation herbeizuführen, durch die die Bevölkerung vor Schäden an Leib und Leben bewahrt und skrupellosen Geschäftemachern das Handwerk gelegt werden könnte? Die Zahl der eigentlichen Arzneimittel, die sich in der Bundesrepublik im Verkehr befinden, ist wesentlich niedriger, als die von Ihnen genannte Zahl von 60 000. Diese Zahl bezieht sich auf die Arzneispezialitäten, die in das beim Bundesgesundheitsamt zu führende Spezialitätenregister einzutragen sind. Dabei werden die verschiedenen Darreichungsformen und Konzentrationen eines Arzneimittels jeweils als eine besondere Arzneispezialität registriert. Im übrigen trifft zumeist der Arzt die Auswahl des anzuwendenden Arzneimittels und nicht der einzelne Bürger. Der Großteil der Arzneimittel wird nur auf ärztliche Verschreibung abgegeben. Der Patient würde auch bei einem zahlenmäßig geringeren Angebot nur sehr schwer Qualität und Anwendungsmöglichkeiten eines Arzneimittels richtig beurteilen können. Eine Beschränkung des Angebots von Arzneispezialitäten wirft eine Fülle von Fragen, insbesondere auch verfassungsrechtlicher Natur auf. Sie dürfen versichert sein, daß dieses Problem meine ganze Aufmerksamkeit hat. Das geltende Arzneimittelgesetz, das auf dem Grundsatz der Verantwortung des Herstellers beruht, enthält wirksame rechtliche Handhaben, um den einzelnen und die Allgemeinheit vor Schäden an Leib und Leben zu bewahren. Ich verweise auf die Vorschriften der §§ 6 und 8 in Verbindung mit § 44 sowie des § 42 des Arzneimittelgesetzes. Zudem bedarf derjenige, der Arzneimittel herstellen will, einer Erlaubnis, deren Erteilung an strenge Voraussetzungen geknüpft ist (§§ 12 ff. AMG). Bevor Arzneispezialitäten in den Verkehr gebracht werden dürfen, müssen sie in dem beim Bundesgesundheitsamt geführten Spezialitätenregister eingetragen sein (§ 20 AMG). Als Voraussetzung für diese Eintragung hat der Antragsteller eine umfassende Dokumentation vorzulegen. Der Umfang der Dokumentation ergibt sich aus § 21 AMG. Darüber hinaus lehnt das Bundesgesundheitsamt die Eintragung einer Arzneispezialität aus Stoffen nicht allgemein bekannter Wirksamkeit ab, wenn sich auf Grund der Dokumentation ergibt, daß diese 1. nicht nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft ausreichend pharmakologisch geprüft und klinisch erprobt worden ist, 2. schädliche Wirkungen hat, die nach medizinischem Urteil nicht zu vertreten sind und 3. nicht die vom Hersteller behaupteten Wirkungen hat. Diese Handhabung der Registrierung entspricht bereits weitgehend den Anforderungen an die Genehmigung einer Arzneispezialität, auf die sich die Mitgliedstaaten der EWG geeinigt haben. Es bleibt allerdings noch notwendig, das Bundesgesundheitsamt für die Erfüllung dieser Aufgaben entsprechend auszustatten. Es ist noch zu erwähnen, daß Arzneimittel aus Stoffen nicht allgemein bekannter Wirksamkeit zunächst ohne Unterschied einer dreijährigen Rezeptpflicht unterworfen werden (§ 35 a AMG). Während dieser Zeit werden sie von den anwendenden Ärzten auf eventuell noch unbekannt gebliebene Nebenwirkungen beobachtet. Ich möchte zusammenfassend sagen, daß das Arzneimittelrecht, so wie es gehandhabt wird, den Schutz der Allgemeinheit ausreichend gewährleistet. 1242 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 28. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. Januar 1970 Im übrigen vermag auch der aufwendigste staatliche Kontrollapparat keine absolute Sicherheit auf diesem Gebiet zu garantieren. Anlage 41 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 28. Januar 1970 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Haack (Drucksache VI/233 Frage B 14) : Wann wird die Autobahnstrecke Nürnberg—Amberg so weit fertiggestellt sein, daß die Ausfahrt Alfeld für den Verkehr freigegeben werden kann? Die Teilstrecke Nürnberg—Amberg und die Anschlußstelle Alfeld werden bei günstigen Witterungsverhältnissen bis Ende 1970 fertiggestellt sein. Anlage 42 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 28. Januar 1970 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Biechele (Drucksache VI/273 Fragen B 15 und 16) : Wie beurteilt die Bundesregierung Pläne für eine Brücke über den Bodensee im Bereich des Überlinger Sees im Zusammenhang mit ihrem Verkehrskonzept für den Raum Bodensee, Linzgau-Hegau? Ist die Bundesregierung bereit, durch Untersuchungen über Trasse und Form der Brücke zu prüfen, ob dieses Projekt in ihr Verkehrskonzept für diesen Raum einbezogen werden muß? Im Rahmen des „Neuen Ausbauplanes für die Bundesfernstraßen" wird der Neubau der Autobahnstreckenabschnitte Stuttgart—Singen und Singen—Lindau zur Ausführung kommen. Außerdem ist der Bau einer neuen Bundesfernstraße von Singen nach der schweizerischen Grenze bei Konstanz vorgesehen. In dieses Netz übergeordneter Fernverbindungen könnte zu einem späteren Zeitpunkt eine ergänzende Querspange mit einer Brücke über den Überlinger See eingefügt werden. Anschlußstellen, durch welche die Verbindung der Querspange mit dem Bundesfernstraßennetz herzustellen wäre, sind technisch ohne weiteres möglich. Die Bundesstraßenverwaltung sieht jedoch keine Möglichkeit, Untersuchungen über die Trassenführung der Querspange und die Ausbildung der Seebrücke durchzuführen oder sich an derartigen Untersuchungen zu beteiligen. Anlage 43 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 28. Januar 1970 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dasch (Drucksache VI/273 Frage B 17): Nachdem in Kürze der Ausbau der B 12 mit der Ortsumgehung Haag weitergeführt werden soll, frage ich die Bundesregierung, bis wann mit dem Ausbau der B 15 sowohl der Ortsumgehung von Haag als auch der nördlich und südlich von Haag dazu notwendigen Anschlußstrecken gerechnet werden kann? In die Untersuchungen zur Aufstellung des neuen Ausbauplanes (1971-1985) ist sowohl die B 12 München—Haag—Mühldorf als auch die B 15 Wasserburg—Haag—Taufkirchen miteinbezogen worden. Das Ergebnis dieser Untersuchung liegt inzwischen vor und ist mit dem Lande Bayern koordiniert worden. Danach wird der Neubau der B 12 einschließlich der Ortsumgehung von Haag als eine der besonders vordringlichen Neubaumaßnahmen in das Programm aufgenommen. Auch die Ortsumgehung von Haag im Zuge der B 15 und die nördliche und südliche Anschlußstrecke dieser Ortsumgehung wird als Bedarf in den neuen Ausbauplan aufgenommen. Dieses Projekt kann jedoch wegen vordringlicheren Maßnahmen, insbesondere auch wegen des Neubaus der B 12 München—Haag, nicht mit besonderem Vorrang gebaut werden. Einen verbindlichen Termin für die Ortsumgehung Haag im Zuge der B 15 läßt sich daher z. Z. noch nicht festlegen, zumal die Arbeiten zur endgültigen Aufstellung des neuen Ausbauplanes in meinem Hause noch nicht abgeschlossen sind. Anlage 44 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 26. Januar 1970 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Burger (Drucksache VI/273 Frage B 18) : Enthalten publizierte Meinungen eine Grundlage, wonach die Erstellung militärischer Bauten auf dem Feldberg im Schwarzwald die Ausstrahlung des Fernsehsenders beeinträchtigen? Die Deutsche Bundespost war als Vertreter der zivilen Belange schon in den Jahren 1966/67 bei der Planung der militärischen Funkanlagen auf dem Feldberg im Schwarzwald beteiligt. Theoretische Untersuchungen hatten damals ergeben, daß der zivile Empfang durch den Bau der militärischen Anlagen nicht beeinflußt wird. Auf Grund eines Fernschreibens des Herrn Intendanten des Südwestfunks vom 27. 9. 1969, in dem beanstandet wurde, daß die im Bau befindlichen militärischen Antennenanlagen den Empfang des vom Sender Feldberg abgestrahlten 1. Fernsehprogramms im Kreis Emmendingen beeinflussen, wurden trotz des erwähnten negativen Ergebnisses der theoretischen Untersuchungen im Oktober/November vergangenen Jahres umfangreiche Messungen durch den Funkmeßdienst der Deutschen Bundespost durchgeführt. Diese Messungen bestätigen die Untersuchungen: Im Raum Emmendingen und rings um den Feldberg haben sich durch die militärischen Anlagen die Empfangsmöglichkeiten des Fernsehsenders Feldberg nicht verändert. Damit entbehren anderslautende publizierte Mitteilungen der Grundlage. Anlage 45 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Herold vom 28. Januar 1970 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Weigl (Drucksache VI/273 Fragen B 19 und 20) : Für welche kulturellen Maßnahmen im Bereich des Landes Bayern hat der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen bzw. innerdeutsche Beziehungen im Haushaltsjahr 1969 Mittel aus der sogenannten Minister-Reserve bereitgestellt? Ist der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen bzw. innerdeutsche Beziehungen bei der Auswahl oben genannter Maßnahmen von den Vorschlägen des Landes Bayern abgewichen? Für nachstehend aufgeführte kulturelle Maßnahmen gesamtdeutschen Charakters im bayerischen Zonenrandgebiet hat der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen bzw. innerdeutsche Beziehungen im Haushaltsjahr 1969 Mittel aus der Hausreserve zu Titel 2702/685 03 bereitgestellt: 1. Veranstaltungen der „Europäischen Wochen Passau e. V." 1969. 2. Konzerte der Hofer Symphoniker im Zonenrandgebiet. 3. Zonenrandbespielung des Landestheaters Coburg. 4. Ausbau der Luisenburgbühne in Wunsiedel. 5. Gastspiele des süd-ost-bayerischen Städtetheaters Landshut im Zonenrandgebiet. 6. Instandsetzung der kath. Pfarrkirche in Königshofen i. Gr. 7. Instandsetzung der kath. Pfarrkirche in Großbardorf, Lkr. Königshofen. 8. Instandsetzung der kath. Pfarrkirche in Löffelsterz, Lkr. Schweinfurt. 9. Einrichtung des Gymnasiums in Wegscheid. 10. Einrichtung des Gymnasiums in Grafenau. 11. Einrichtung der Realschule in Grafenau. 12. Einrichtung der Volksschule in Prag, Lkr. Passau. 13. Einrichtung der Volksschule in Röhrnbach, Lkr. Wolfstein. 14. Einrichtung der Volksschule in Stadtlauringen, Lkr. Hofheim. 15. Bau und Einrichtung des Heimteiles für das Schullandheim Gleißenberg, Lkr. Waldmünchen. 16. Umbau der ehem. Volksschule in Rappershausen, Lkr. Mellrichstadt zu einem Schullandheim. 17. Beschaffung technischen Geräts für das fränkische Theater Schloß Maßbach. 18. Einrichtung der Kunstsammlungen der Coburger Landesstiftung, Kongreßbau. 19. Konzerte der Schweinfurter Orchestergemeinschaft e. V. im Zonenrandgebiet. 20. Bau eines Veranstaltungssaales in Warmensteinach, Lkr. Bayreuth. 21. Heizungsanlage im Kulturhaus der Stadt Haßfurt. 22. Ausbau und Ausstattung eines Vortrags- und Mehrzweckraumes im Grenzlandtheater Selb. 23. Bau und Einrichtung der Bildungs- und Begegnungsstätte Altes Schloß Weidenberg, Lkr. Bayreuth. 24. Grenzlandsängertreffen des Gesangvereins 1869 Hassenberg, Lkr. Coburg. 25. Physikgeräte für die Volksschule in Rothenstadt, Lkr. Neustadt/Waldnaab. 26. Einrichtung der Hauptschule und der Volksschule in Grubweg, Lkr. Passau. 27. Einrichtung der Volksschule in Thurmansbang, Lkr. Grafenau. 28. Instandsetzung der kath. Pfarrkirche in Eslarn, Lkr. Vohenstrauß. 29. Ausstattung der kath. Pfarrbücherei Fuchsmühl, Lkr. Tirschenreuth. 30. Instandsetzung des Pfisterdenkmals am Arbersee. 31. Zuschuß für das Städtebundtheater Hof. 32. Chormaterial für den Gesangverein Liederkranz in Weißenstadt, Lkr. Wunsiedel. Die Maßnahmen zu lfd. Nr. 1 bis 27 beruhen auf Vorschlägen des Landes Bayern, denen ohne Abweichung entsprochen worden ist. Die Maßnahmen zu lfd. Nr. 28 bis 32 wurden dem Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen bzw. innerdeutsche Beziehungen nicht vom Lande Bayern vorgeschlagen. Dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus wurde jedoch Gelegenheit gegeben, zu diesen Projekten Stellung zu nehmen.
Gesamtes Protokol
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602800000
Die Sitzung ist eröffnet.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung ergänzt werden um die
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Volksentscheid im Gebietsteil Baden des Landes Baden-Württemberg gemäß Artikel 29 Abs. 3 des Grundgesetzes — Drucksachen VI/211, VI/303 —.
Das Haus ist damit einverstanden? — Die Erweiterung der Tagesordnung ist damit beschlossen. Ich schlage vor, den Punkt nach der Beratung des Punktes 19 der Tagesordnung aufzurufen, weil er im Zusammenhang mit Angelegenheiten des Innenressorts steht. — Sie sind damit einverstanden.
Wir kommen dann zu Punkt 1 der Tagesordnung: Fragestunde — Drucksachen VI/273, VI/302.—
Für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts ist Herr Staatssekretär Professor Dahrendorf anwesend. Wir rufen zunächst die normal eingebrachten Fragen auf und im Anschluß daran die Dringlichkeitsfragen gemäß Drucksache VI/302.
Ich rufe die Frage 98 des Herrn Abgeordneten Breidbach auf. Ist Herr Abgeordneter Breidbach im Saal? — Das ist nicht der Fall. Die Frage wird schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 99 des Abgeordneten Kiep auf:
Ist es möglich, daß die Bundesregierung, wenn schon nicht für den Normalfall, mindestens für kurzfristige humanitäre Hilfsmaßnahmen ihre prinzipiellen Schwierigkeiten in den Abgrenzungen der Kompetenzen zeitweilig überbrückt?
Herr Kiep ist im Saal. Bitte schön, Herr Staatssekretär!

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602800100
Frau Präsident, es liegen insgesamt, wenn ich es recht sehe, sieben Fragen zum gleichen Themenbereich vor. Ich habe nicht die Absicht, zu bitten, daß ich eine zusammenfassende Beantwortung geben darf, möchte Sie aber bitten, Nachsicht zu üben, wenn ich im Zusammenhang mit der ersten Frage etwas ausführlicher antworte, um nachher die anderen Fragen um so kürzer beantworten zu können.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602800200
Bitte schön!

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602800300
Frau Präsident, mit dem Eintreffen der ersten sicheren Nachrichten von dem Ende der bewaffneten Auseinandersetzungen in Nigeria wurde der deutsche Botschafter in Lagos unverzüglich, nämlich am 12. Januar 1970, fernschriftlich angewiesen, der nigerianischen Regierung die deutsche Bereitschaft zur humanitären Hilfe sowie unsere Bitte zu übermitteln, daß die nigerianische Regierung den humanitären Hilfsorganisationen eine möglichst bruchlose Weiterführung der Hilfe für die notleidende Zivilbevölkerung ermöglichen möge. Am 14. Januar wurde der nigerianische Botschafter in Bonn vom Bundesminister des Auswärtigen und vom Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit empfangen, um Hilfsmaßnahmen für die notleidende Bevölkerung in Ostnigeria zu besprechen. Am 15. und 16. Januar führte das Bundesministerium des Innern die erforderlichen Besprechungen über Soforthilfe mit den deutschen Hilfsorganisationen. Am 20. Januar wurde ein Sonderbeauftragter der Bundesregierung nach Lagos entsandt, am 22. Januar reiste eine Expertengruppe des Bundesministeriums für Wirtschaft, des Bundesministeriums für Verkehr und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit nach Lagos, um zusammen mit der nigerianischen Regierung die Möglichkeiten für eine rasche Wiederaufbauhilfe zu prüfen. Die ersten Feststellungen der Bundesregierung über die Hilfsbedürfnisse ergaben, daß in Depots in der Nähe der Notgebiete Lebensmittel und andere Hilfsgüter noch für einige Wochen vorhanden waren, daß aber ein dringender Bedarf an Transportmitteln bestand.
Obwohl die nigerianische Regierung bis dahin alle Anträge ausländischer Regierungen zum Einsatz von Militärflugzeugen zum Transport von Hilfsgütern nach Lagos oder in die Notgebiete abgelehnt hatte, wurde die deutsche Botschaft gemäß einer Bereitschaft des Bundesverteidigungsministeriums dennoch am 21. Januar fernschriftlich angewiesen, die Voraussetzungen für den Transport von Hilfsgütern und Transportmitteln mit Flugzeugen der Bundesluftwaffe nach Lagos zu klären und zugleich vorsorglich sicherzustellen, daß die deutschen Hilfssendungen aus dem Nachbarland Dahomé nach



Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Dahrendorf
Nigeria hineingelassen werden, falls die Landegenehmigung für Lagos nicht erteilt werden würde. Entsprechende fernschriftliche Anweisungen erhielt auch die deutsche Botschaft in Cotonou.
In den Besprechungen mit der nigerianischen Regierung gelang es nach anfänglichen Schwierigkeiten, die erforderliche Genehmigung zum Lufttransport nach Lagos zu erhalten unter der Bedingung, daß jeder Anschein eines militärischen Einsatzes der deutschen Flugzeuge vermieden werde. Daraufhin wurden am 27., 28. und 29. Januar 10 Lastkraftwagen auf dem Luftwege nach Nigeria gebracht. Ferner wurden 11,5 t Medikamente, 1 Hubschrauber mit Gerätewagen, 2 Gabelstapler, Kraftfahrzeugersatzteile und Werkzeuge sowie 175 Ballen Decken nach Lagos geflogen.
Zur weiteren Bereitstellung von Transportraum hat die Bundesregierung zu dem bereits vor einem halben Jahr in Dienst gestellten Frachter „Pluto" ein zweites deutsches Schiff, die „Priamos", gechartert, die .am 24. Januar mit einer Ladung von 6 Lastkraftwagen, 500 t hochwertigen Lebensmitteln und einer fahrbaren Kfz-Werkstatt Cuxhaven verlassen hat. Die „Priamos" wird voraussichtlich am 11. Februar in Lagos eintreffen und soll von dort sofort nach Port Harcourt in unmittelbare Nähe des Notgebietes weiterfahren.
Ich habe diese Antwort gegeben, um zugleich zu dokumentieren, was die Bundesregierung getan hat und daß es ,an Koordination nicht gemangelt hat.
Ich komme präzise zu der Frage 99. Herr Kollege I Kiep, die Bundesregierung hat mit großem Verständnis für die Nuancen und die Ironie Ihrer Frage diese geprüft und wäre Ihnen angesichts der vorzüglichen Formulierung gern wenigstens einen Schritt entgegengekommen. Ich muß ,aber feststellen, daß weder für den Normalfall noch für kurzfristige humanitäre Hilfsmaßnahmen die Notwendigkeit besteht, prinzipielle Schwierigkeiten zwischen den Ressorts zu überbrücken.

(Zustimmung bei der SPD.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602800400
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kiep.

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0602800500
Ohne daß ich hier die Behauptung aufstellen möchte, Herr Staatssekretär, daß die Schwierigkeiten prinzipieller Natur sind, darf ich Sie doch an die Sitzung des Ausschusses in der vorigen Woche erinnern und Sie fragen, ob Sie nicht doch der Meinung sind, daß die Diskussion im Ausschuß, und zwar die Beiträge aller Fraktionen, dazu beigetragen hat, das gewisse Zögern zwischen den Ressorts zu überwinden und zu einem gemeinsamen Handeln zu führen.

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602800600
Das gemeinsame Handeln der Ressorts hat von Anfang an stattgefunden. Die verschiedenen Ressorts tragen in unterschiedlicher Weise zu derselben Aufgabe bei, d. h. einzelne Ressorts tragen im wesentlichen in technischer Weise dazu bei, andere dadurch, daß sie — wie das Auswärtige Amt zu den Fragen der auswärtigen Politik — in diesem Zusammenhang ihren Rat geben.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602800700
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kiep.

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0602800800
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß die Intervention des Kollegen Wischnewski aus dem Ausschuß heraus beim Bundeskanzler dazu beigetragen hat, daß sich Auswärtiges Amt und Innenministerium in der Frage des Flugtransports sehr schnell einig geworden sind?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602800900
Auswärtiges Amt und Innenministerium werden sich in allen Fragen sehr schnell einig. Ich bin allerdings der Meinung, daß die Interventionen vieler Kollegen aus dem Hause in der Sachfrage dazu beigetragen haben, daß auch nach außen sichtbar wurde, daß die Bundesregierung ihre Hilfe in Nigeria entschieden und rasch leisten will.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602801000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0602801100
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, nachdem in vielen Zeitungen und Zeitschriften und auch im Rahmen eines Sonderberichts am letzten Sonntagabend vom Ersten Deutschen Fernsehen Bilder gezeigt wurden, welche die trostlose Lage besonders der Kinder im ehemaligen Kampfgebiet von Biafra darstellten, warum das Auswärtige Amt und das Innenministerium die humanitäre Hilfe in so schleppender Form in die Wege geleitet haben, wie die Mitglieder des Ausschusses Für wirtschaftliche Zusammenarbeit bei einer Sitzung feststellen konnten, auf die vorhin der Kollege Kiep hingewiesen hat.

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602801200
Herr Kollege, ich glaube nicht, daß es richtig ist, von einer schleppenden Hilfeleistung zu sprechen. Ich habe soeben ,einleitend noch einmal die ganze Abfolge der Daten dargestellt. Am 14. Januar ist die Kapitulation der Ostregion deutlich ,geworden. Heute haben wir den 30. Januar. In der Zwischenzeit ist vieles geschehen. Sie können mich darauf aufmerksam machen, ,daß an jedem Tag — leider — viele Menschen und auch viele Kinder in dem Kampfgebiet sterben. Aber wir konnten unsere Hilfe nur leisten, wenn ,sichergestellt war, daß diese Hilfe in Nigeria auch ankommt. Das, was Sie als schleppend empfinden, ist tatsächlich der Versuch, konkret ,die Landegenehmigungen für deutsche Flugzeuge in Lagos zu bekommen. Dieser Versuch mußte unternommen werden; er war nicht ganz einfach. Wir konnten unsere Hilfe also erst leisten, als diese Landegenehmigungen da waren. Wir hätten vom Technischen her unsere Hilfe einige Tage früher leisten können. Aber dem standen notwendige Verhandlungen im Wege, die zu Ende ge-



Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Dahrendorf
führt werden mußten; denn es konnte niemandem von uns daran gelegen sein, Flugzeuge nach Nigeria zu schicken, die dann nicht landen dürfen und wieder umkehren müssen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602801300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Breidbach.

Ferdinand Breidbach (CDU):
Rede ID: ID0602801400
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ist Ihnen nicht bekannt, daß im Ausschuß darüber Auskunft gegeben wurde, daß z. B. das Innenministerium nicht davon unterrichtet war, daß eine Delegation des Außenministeriums nach Nigeria fliegen würde bzw., daß die Vertreter des Innenministeriums im zuständigen Ausschuß selber ihr Erstaunen darüber zum Ausdruck gebracht haben, daß sie als die Durchführenden der technischen Hilfe an einer solchen Delegation nicht beteiligt sind?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602801500
Nein, das ist mir nicht bekannt, da ich insbesondere weiß, daß das, was Sie jetzt darstellen, für den Herrn Innenminister nicht gilt, da dieser nicht nur die Vorgänge hier im Parlament aufmerksam verfolgt, sondern wir auch ständig direkte Gespräche indieser Frage geführt haben.

(Beifall bei der SPD.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602801600
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Brück.

Alwin Brück (SPD):
Rede ID: ID0602801700
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß diese Delegation die Aufgabe hat, zu überprüfen, welche Projekte der Entwicklungshilfe infolge des Krieges in Angriff genommen werden sollen?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602801800
Sie meinen die Delegation, die jetzt nach Nigeria gefahren ist, um technische Fragen längerfristiger Art zu prüfen. Das ist mir bekannt. Ich kann im übrigen sagen, daß, wenn der Herr Bundesinnenminister jemanden nach Nigeria schicken möchte, der dort die technische Abwicklung der Hilfsmaßnahmen überprüfen soll, das selbstverständlich heute geschehen kann. Da gibt es keinerlei Schwierigkeiten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602801900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Marx.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0602802000
Herr Staatssekretär, da Sie mitgeteilt haben, es seien eine Reihe von Lastkraftwagen unterwegs, und da das Zweite Deutsche Fernsehen gestern abend eine recht traurige Miteilung gemacht hat, daß nämlich z. B. 50 amerikanische Jeeps seit Tagen dort stehen und nicht befördert werden, weil sie grün gestrichen sind und die nigerianische Regierung verlangt, sie müßten weiß gestrichen sein, frage ich, ob Sie die Möglichkeit haben, darauf hinzuwirken, daß solche
Formen bürokratischer Hemmnisse unsere Hilfe nicht zurückhalten.

(Abg. Wehner: Sie können die ganze Welt regieren!)

— Herr Wehner, ich denke, das ist doch eine hilfreiche Frage gewesen, oder nicht?

(Abg. Wehner: Natürlich, alles, was Sie tun, ist hilfreich!)


Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602802100
Wir haben sehr wenige Möglichkeiten, darauf hinzuwirken, Herr Kollege. Ich habe mich bemüht, in einer Reihe von Fragestunden in diesem Hause deutlich zu machen, daß die Bundesregierung vor allem an der Wirksamkeit ihrer Hilfe interessiert ist. Wir sind daher bereit, die Lastwagen weiß zu streichen, wenn sie auf diese Weise schneller hinkommen.

(Abg. Wehner: Sehr gut!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602802200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wienand.

Karl Wienand (SPD):
Rede ID: ID0602802300
Ist die Bundesregierung bereit, einmal in absehbarer Zeit, um Legendenbildungen vorzubeugen, einen Überblick über das zu geben, was sie wirklich getan und veranlaßt hat, damit nicht der Eindruck vertieft wird, als hätte die Bundesregierung hier primitivste Vorsorgegrundsätze gegenüber anderen vernachlässigt?

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602802400
Ja, Herr Kollege.

(Abg. Breidbach meldet sich zu einer Zusatzfrage.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602802500
Sie haben bereits eine Zusatzfrage gestellt. Sie haben Gelegenheit, bei den nächsten Fragen, die sich ja alle auf die gleiche Materie beziehen, noch einmal zu fragen. — Bitte schön, eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Mattick.

Kurt Mattick (SPD):
Rede ID: ID0602802600
Herr Staatssekretär, wäre die Bundesregierung bereit, in dieser Darstellung auch einmal die Grenzen der Möglichkeiten der Regierung aufzuzeigen, darzustellen, wo ihre Macht aufhört?

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602802700
Ja, Herr Kollege, obwohl ich meine, daß aus den Antworten, die ich hier zu geben versucht habe, sowohl deutlich geworden ist, daß die Bundesregierung vom ersten Tag an tätig war, als auch, daß sich die Bundesregierung dabei der Tatsache wohl bewußt war, daß sie die Regierung der Bundesrepublik Deutsch-



Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Dahrendorf
land und nicht die Regierung des souveränen Staates Nigeria ist.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602802800
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 100 des Herrn Abgeordneten Kiep auf:
Wann ist damit zu rechnen, daß sich das Bundesinnenministerium und das Auswärtige Amt über den vom Bundesverteidigungsministerium angebotenen Lufttransport dringend benötigter Kraftfahrzeuge einigen?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602802900
Zur Frage 100 ist zu sagen, daß sie zumindest zum Teil dadurch überholt ist, daß der Lufttransport der benötigten Kraftfahrzeuge bereits durchgeführt ist. Zum anderen Teil habe ich diese Frage in meinen einleitenden Bemerkungen beantwortet.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602803000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kiep.

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0602803100
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Anregungen, die in den letzten Tagen in der Presse gegeben worden sind und in denen vorgeschlagen wird, an die Bevölkerung der Kriegsgebiete eine Geldauszahlung irgendeiner Art in einer gewissen Höhe vorzunehmen, um dort ein primitives wirtschaftliches Leben wieder in Gang zu bringen, und würden Sie eine Beteiligung der Bundesregierung an einer solchen Aktion für denkbar oder für wünschenswert halten?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602803200
Ich bin im Augenblick überfragt, wenn Sie von mir eine definitive Antwort darauf haben wollen, ob es sinnvoll ist, durch eine Auszahlung von Geld an die Bewohner der betroffenen Gebiete die wirtschaftliche Entwicklung in Gang zu bringen. Sicher besteht unser längerfristiges Interesse daran, dem Staat Nigeria zu helfen, um die wirtschaftliche Entwicklung auch in den betroffenen Gebieten zu fördern. Im ganzen aber scheint sich immer stärker abzuzeichnen, daß Hilfsmaßnahmen in Form von Geld, das zur Verfügung steht, wahrscheinlich besonders wirksam sind.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602803300
Herr Kollege Kiep, Ihre letzte Frage stand nicht mehr in unmittelbarem Zusammenhang mit den Kraftfahrzeugen. Ich bitte, das bei der weiteren Zusatzfrage zu beachten.

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0602803400
Darf ich nur eine Schlußfrage stellen. Herr Staatssekretär, darf ich mich der Hoffnung hingeben, daß Sie meine jeztigen und früheren Fragen zu diesem Bereich nicht als Beitrag zum Aufbau einer Legendenbildung betrachtet haben, sondern als einen Versuch, in der Sache etwas beizutragen?

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602803500
Ich habe aus den Fragen, die von Ihnen und vielen anderen Kollegen gestellt worden sind, die Besorgnis darüber gehört, daß in einem Teil der Welt Menschen in Not sind und sterben. Ich hoffe, ich habe zugleich deutlich gemacht, daß die Bundesregierung diese Sorge in vollem Umfang teilt und dementsprechend vom ersten Tage an gehandelt hat.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602803600
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 101 des Herrn Abgeordneten Josten auf:
Zu welchem Zeitpunkt hat die Bundesregierung begonnen, Hilfsmaßnahmen für Biafra zu koordinieren?
Bitte schön, Herr Staatssekretär!

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602803700
Frau Präsidentin, die Bundesregierung hat seit Bekanntwerden der Not in der Ostregion Nigerias im Sommer 1968 die nach dortigen Verhältnissen mögliche Hilfe geleistet. Seit diesem Zeitpunkt werden auch die deutschen Hilfsmaßnahmen koordiniert, und zwar sowohl zwischen den in Frage kommenden Bundesministerien als auch mit den nichtstaatlichen Hilfsorganisationen. Diese Koordinierung ist auch jetzt laufend fortgesetzt worden.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602803800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0602803900
Frau Präsidentin, darf ich darauf hinweisen, daß der Herr Staatssekretär jetzt die Frage 101 von Herrn Dr. Wulff beantwortet hat, zu der ich natürlich keine Zusatzfrage stellen darf.

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602804000
Ich bin gebeten worden, die Frage 101 zu beantworten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602804100
Ich bitte um Entschuldigung; das war eine Verwechslung. Frage 101 war von Herrn Dr. Wulff gestellt. Ist er im Saale? — Das ist nicht der Fall. Dann wird die Frage schriftlich beantwortet.
Dann kommen wir zu der Frage 102 des Herrn Abgeordneten Josten:
Wird die Bundesregierung für die Planung von zukünftigen Hilfeleistungen in Biafra und, falls solche unverzüglich notwendig sind, auch in anderen Krisengebieten eine Planungsgruppe einrichten?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602804200
Frau Präsidentin! die Bundesregierung hatte eine besondere Planungsgruppe für humanitäre Hilfe und Katastrophenhilfe im Ausland weder eingerichtet noch vorgesehen, weil diese Aufgaben von den beteiligten Ressorts im Rahmen ihrer fachlichen Aufgaben wahrgenommen werden. Diese Hilfen werden durch eine enge Abstimmung zwischen den verschie-



Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Dahrendorf
denen Bundesministerien und mit den nichtstaatlichen Hilfsorganisationen koordiniert. Dieses Verfahren hat sich bei zahlreichen Krisen und Katastrophenfällen im Ausland, wie sie bedauerlicherweise immer wieder eintreten, bewährt. Darüber hinaus glaubt die Bundesregierung nicht, daß die Einrichtung einer besonderen Planungsgruppe hier eine sinnvolle Erweiterung des Verwaltungsapparats wäre.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602804300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0602804400
Herr Staatssekretär, werden die Erfahrungen aus bisherigen Hilfsmaßnahmen bei besonderen Katastrophen in Ihrem Hause oder in welchem anderen Ministerium ausgewertet, damit es künftig noch schneller als bisher möglich ist, in Krisengebieten zu helfen?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602804500
Diese Erfahrungen werden im Auswärtigen Amt und in anderen Häusern ausgewertet. Sie werden, wie ich weiß, auch in Ausschüssen dieses Hohen Hauses erörtert. Die Ausschußsitzung, auf die vorhin Bezug genommen worden ist, war ja eine Sitzung, in der als Tagesordnungspunkt genau eine solche Frage beraten werden sollte, nämlich die deutschen Hilfsmaßnahmen in Tunesien. Hier sollte durch eine solche Auswertung geprüft werden, in welcher Form die Koordination sinnvollerweise geschieht. Das ist ein Beispiel für Erfolgskontrolle, wenn sie so wollen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602804600
Eine Zusatzfrage.

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0602804700
Herr Staatssekretär, nachdem Sie das Beispiel Tunesien nannten, frage ich Sie: Ist Ihnen bekannt, daß z. B. die Hilfe der Bundesrepublik in Tunesien deshalb besonders wirkungsvoll war, weil die Luftwaffe Einsätze in den betroffenen Gebieten Tunesiens flog und sich hierzu einen eigenen Lufttransportstütztpunkt in der Nähe von Tunis angelegt hatte, und halten Sie es daher nicht für zweckmäßig, daß alle diese Erfahrungen bei einer Planungsgruppe oder gegebenenfalls in einer Abteilung Ihres Ministeriums gesammelt werden?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602804800
All diese Erfahrungen werden gesammelt. Aber das Beispiel, das Sie geben, zeigt im Vergleich mit der jetzt aktuellen Frage in Nigeria, daß sich die Erfahrungen des einen Landes nicht ohne weiteres auf das andere übertragen lassen; denn in Nigeria bestand eines der Probleme gerade darin, daß die Luftwaffe als solche hier nicht tätig werden konnte.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602804900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Breidbach.

Ferdinand Breidbach (CDU):
Rede ID: ID0602805000
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, nachdem Sie erklärt haben, daß eine
Planungsgruppe nach Ihrer Auffassung nicht notwendig sei, bitte ich Sie, hier einmal darzulegen, wie eigentlich die Kompetenzregelung ist, um dann unter Umständen erneut überprüfen zu können, ob Sie bei Ihrer Aussage bleiben, dies insbesondere im Hinblick auf die vielen Kompetenzschwierigkeiten, die es offensichtlich nach den Aussagen, die wir im Ausschuß erleben mußten, doch gibt.

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602805100
Herr Kollege, ich habe darzulegen versucht, daß diese Kompetenzschwierigkeiten nicht bestehen. Es gibt unterschiedliche Aufgaben der verschiedenen Ressorts. Die Koordination mit ,den nichtstaatlichen Hilfsorganisationen liegt beim Innenministerium. Bestimmte technische Aufgaben im Zusammenhang mit der Hilfeleistung liegen beim Innenministerium; sie können auch, wie in dem soeben geschilderten Fall, beim Verteidigungsministerium liegen. Die Frage, unter welchen besonderen Bedingungen Hilfeleistungen in einzelnen Ländern möglich sind, kann nur im Auswärtigen Amt geprüft werden. Aber da die Ministerien miteinander reden, und zwar ständig miteinander reden, und da sich die Beteiligten kennen, ist die Koordination in der Tat kein Problem. Das einzige, was ich im Hinblick auf Ihre Fragen sagen würde, ist, daß ,es sicher in manchen Fällen sinnvoll ist, auch öffentlich sichtbar zu machen, wo möglicherweise ein einzelner als Anlaufstelle für Hilfsmaßnahmen nach draußen wie in der Koordination namhaft gemacht werden kann. Das ist aber etwas anderes als eine Planungsgruppe, die mir in diesem Fall eine unnötige Aufblähung des Verwaltungsapparats zu sein schiene.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602805200
Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Dr. Wolf.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0602805300
Herr Staatssekretär, Ihnen ist wahrscheinlich schon aus Ihrer Tätigkeit bekannt, daß Koordinierung zu den Schwierigkeiten der deutschen Verwaltung gehört. Ich möchte gern wissen, ob Sie daran denken, eines dieser von Ihnen genannten Ministerien für ,den Einzelfall oder für die Dauer als federführend zu bezeichnen.

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602805400
Es gibt Regelungen, wann und wie solche Hilfsmaßnahmen geleistet werden. Nach diesen Regelungen, die gegenwärtig gelten, ist die Zuteilung der Fragen für die heutige Fragestunde erfolgt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602805500
Keine weiteren Zusatzfragen. Wir kommen zu der Frage 138 des Herrn Abgeordneten Werner:
Ist es richtig, daß die nigerianische Regierung durch eine Anzahl oft sehr hinderlicher und in dieser Situation schwer verständlicher formaler Einwände den Fluß unserer Hilfsmaßnahmen verzögert und Menschenleben dadurch gefährdet werden?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602805600
Der



Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Dahrendorf nigerianischen Regierung sind für die schnelle Versorgung der Bevölkerung Ostnigerias von vielen Seiten Hilfsangebote unterbreitet woren. Nach den der Bundesregierung vorliegenden Nachrichten 'ist die nigerianische Regierung intensiv bemüht, die Verhältnisse in der Ostregion möglichst rasch zu normalisieren, die notleidende Bevölkerung mit Lebensmitteln und anderen dringenden Bedarfsgütern zu versorgen und auch das Vertrauen in .der Bevölkerung zurückzugewinnen. Es scheint allerdings zuzutreffen, daß die Durchführung der Hilfsmaßnahmen hin und wieder auf organisatorische Schwierigkeiten stößt, die sich nicht immer sofort beheben lassen. Nach den der Bundesregierung vorliegenden Berichten kann aber nicht davon .gesprochen werden, daß die nigerianische Regierung den Fluß der Hilfsmaßnahmen durch formale, bürokratische Hindernisse erschweren würde.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602805700
Keine Zusatzfrage.
Wir schieben jetzt ,die Dringlichkeitsfragen auf Drucksache VI/302 ein, weil ,sie mit den soeben gestellten Fragen in einem Sachzusammenhang stehen. Ich rufe die Frage 1 ,des Abgeordneten Ernesti auf:
Sind humanitäre Transportflüge der Bundesluftwaffe von Lagos aus in Katastrophengebiete im Innern des Landes Nigeria zugesagt worden?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602805800
Zur Frage 1 ist die Antwort nein. Der deutsche Verbindungsoffizier in Lagos, der der Botschaft zugeteilt ist, wurde vom Bundesminister der Verteidigung jedoch ermächtigt, zwei Transall-Maschinen in Lagos zurückzuhalten, um sie für Flüge ins Innere des Landes einzusetzen, wenn die Genehmigung erteilt ist und die Situation es erlaubt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602805900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ernesti.

Leo Ernesti (CDU):
Rede ID: ID0602806000
Gegenwärtig, Herr Staatssekretär, liegen Ihnen noch keine Nachrichten vor, daß solche Flüge in das Innere des Landes vorgesehen sind?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602806100
Nein.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602806200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0602806300
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, ob der Afrika-Referent des Auswärtigen Amts, Herr Graf von Posadowsky-Wehner, sich um die Erlaubnis für humanitäre Transportflüge von Lagos in die Ostregion bemüht?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602806400
Ja, das ist mir bekannt; er bemüht sich um diese Erlaubnis.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602806500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Breidbach.

Ferdinand Breidbach (CDU):
Rede ID: ID0602806600
Herr Staatssekretär, nachdem hier wiederholt die Aktivitäten der Bundesregierung aufgezählt worden sind, möchte ich Sie fragen, ob Sie bzw. Ihr Ministerium die Anregung der Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Ausschuß für Entwicklungshilfe berücksichtigen wird, jetzt endlich einen umfassenden Überblick über die Tätigkeiten der Bundesregierung bzw. über das, was zukünftig noch geplant ist, zu geben, damit es nicht zu der Legendenbildung kommt, von der Herr Wienand hier vorhin gesprochen hat.

(Abg. Wehner: Das war ein Spätzünder!)


Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602806700
In der Antwort auf die Frage des Herrn Kollegen Wienand habe ich dazu ja gesagt. Ich würde dem allerdings hinzufügen wollen, Herr Kollege, daß wir uns im Augenblick intensiver mit den Hilfeleistungen selbst als mit der Herstellung umfassender Berichte beschäftigen werden.

(Beifall bei der SPD. — Unruhe bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602806800
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die zweite Dringlichkeitsfrage des Herrn Abgeordneten Ernesti auf:
Welche Vorsorge hat die Bundesregierung getroffen, um den Soldaten der Luftwaffe, die ihren Dienst in Nigeria in Zivil ausüben, ausreichenden Schutz durch nigerianische Stellen bei eventuellen Übergriffen zu gewährleisten?
Bitte, Herr Staatssekretär.

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602806900
Die Soldaten der Bundesluftwaffe, die in Zivil und mit Reisepässen nach Lagos geflogen sind, genießen den Schutz, den jeder deutsche Staatsangehörige im Auslang genießt. Darüber hinaus hat die deutsche Botschaft in Besprechungen mit der nigerianischen Regierung noch ausdrücklich um den Schutz der Soldaten, welche mit ihren Flugzeugen nach Lagos geflogen sind, gebeten. Die Botschaft hat berichtet, daß darüber hinausgehende Sonderausweise oder ein gesonderter Rechtsstatus für ausländisches Hilfsperonal von der nigerianischen Regierung üblicherweise nicht gewährt wird.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602807000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ernesti.

Leo Ernesti (CDU):
Rede ID: ID0602807100
Sollten solche Flüge in das Innere des Landes gewünscht werden, Herr Staatssekretär, welcher völkerrechtliche Schutz wird dann diesen deutschen Soldaten dort gewährt?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602807200
Meine Antwort trifft auch auf solche Flüge ins Innere des



Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Dahrendorf
Landes zu, Deshalb habe ich vorhin bei der Beantwortung Ihrer ersten Dringlichkeitsfrage darauf hingewiesen, daß nicht nur die Landegenehmigungen, sondern auch die Situation es erlauben müssen, daß solche Flüge stattfinden. Das heißt, wir müssen natürlich sicher sein, daß diese Mannschaften unserer Flugzeuge nicht einer besonderen Gefährdung ausgesetzt sind.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602807300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Brück.

Alwin Brück (SPD):
Rede ID: ID0602807400
Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß die deutschen Soldaten dann, wenn sie fliegen, praktisch im Auftrage des nigerianischen Roten Kreuzes fliegen?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602807500
Ja.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602807600
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 132 auf.
Weiß die Bundesregierung, wann der vom koreanischen Geheimdienst aus Frankfurt entführte Physiker Chung Kyu Myung wieder in die Bundesrepublik Deutschland zurückkehren wird?
Sie wird auf Bitte des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Dahrendorf vom 29. Januar 1970 lautet:
Die zwischen Sonderbotschafter Dr. Frank und der koreanischen Regierung im Januar 1969 getroffenen Absprachen sind vertraulicher Natur und können nicht öffentlich bekanntgegeben werden. Die gegen Herrn Chung Kyu Myung rechtskräftig verhängte Todesstrafe wurde am 15. August 1969 im Rahmen einer Amnestie in eine lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewandelt. Damit ist der Tag, an dem Herr Chung nach Deutschland zurückkehren kann, ein großes Stück nähergerückt.
Die Fragen 133 und 134 sind von dem Fragesteller zurückgezogen worden.
Ich rufe die Frage 135 des Herrn Abgeordneten Wohlrabe auf:
Treffen Pressemeldungen zu, daß der Leiter des Protokoll- und Auslandsamtes des Senats von Berlin Generalkonsul von Kalkutta werden soll, um Streitigkeiten in der Berliner Regierungskoalition (SPD, FDP) auszuräumen?
Herr Staatssekretär, bitte!

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602807700
Frau Präsident, die Antwort ist: nein. Der Leiter des Protokoll- und Auslandsamts des Senats von Berlin, der Leitende Senatsrat Dr. Rauch, ist Laufbahnbeamter des höheren Auswärtigen Dienstes. Er trat am 15. Februar 1954 als Attaché in den Auswärtigen Dienst ein. Er war in der Folgezeit auf Auslandsposten in Tripolis und Bagdad. Im Jahr 1963 verließ Herr Dr. Rauch vorübergehend den Auswärtigen Dienst, um Protokollchef des Senats von Berlin zu werden, Es ist seit langem sein Wunsch, wieder in den Auswärtigen Dienst übernommen zu werden. Schon vor längerer Zeit hat das Auswärtige Amt seine grundsätzliche Bereitschaft gezeigt, Herrn Dr. Rauch in seinen Geschäftsbereich einzuberufen. Es trifft nicht zu, daß die geplante Einberufung von
Herrn Dr. Rauch in irgendeinem Zusammenhang mit angeblichen Schwierigkeiten in der Berliner Regierungskoalition steht.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602807800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wohlrabe.

Jürgen Wohlrabe (CDU):
Rede ID: ID0602807900
Herr Staatssekretär, können Sie mir dann erklären, wie es dazu kommt, daß der Minister des Auswärtigen — laut Aussage in der Berliner Presse — dem Vorsitzenden der FDP in Berlin zugesagt hat, gerade auf Grund der hier genannten Schwierigkeiten Herrn Dr. Rauch jetzt in den Auswärtigen Dienst zurückzuberufen?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602808000
Herr Kollege, ich bin ganz sicher, daß die Bemerkung „auf Grund irgendwelcher Schwierigkeiten" —wenn es eine Zusage gegeben hat — nicht aufgetaucht ist.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602808100
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt.

Hellmut Sieglerschmidt (SPD):
Rede ID: ID0602808200
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir darin zu, daß der verstorbene Bundeskanzler Adenauer in einer Reihe von Fällen Besetzungen im Diplomatischen Dienst der Bundesrepublik vorgenommen hat, die mit Sacherwägungen des Diplomatischen Dienstes nichts zu tun hatten und daß in diesen Fällen die Antragsteller nicht Karrierebeamte des Diplomatischen Dienstes waren und daß die gestellten Fragen deshalb insofern in einem etwas seltsamen Licht erscheinen?

(Abg. Niegel: Blachstein!)


Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602808300
Auch wenn ich Ihnen zustimme, muß ich für diese Frage darauf bestehen, ,daß es sich hier um einen Karrierebeamten des höheren Auswärtigen Dienstes handelt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602808400
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 136 des Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein auf:
Treffen Meldungen zu, daß der Leiter des Protokollamtes des Senats von Berlin Generalkonsul in Kalkutta werden soll, obwohl der jetzige Stelleninhaber die übliche Amtszeit in dieser Stelle noch nicht abgeleistet hat?
Bitte, Herr Staatsekretar!

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602808500
Frau Präsident, die Abberufung des derzeitigen Generalkonsuls in Kalkutta wird erwogen, da sich herausgestellt hat, daß er gesundheitlich nicht in der Lage ist, den Posten für die Dauer der üblichen Amtsperiode auszufüllen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602808600
Keine Zusatzfrage.



Vizepräsident Frau Funcke
Ich rufe die Frage 137 des Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein auf:
Gedenkt die Bundesregierung, bei der Besetzung wichtiger Auslandsposten personelle Entscheidungen mit der Ausräumung koalitionspolitischer Schwierigkeiten in Landesregierungen zu verbinden?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602808700
Frau Präsident, die mangelnde Tropentauglichkeit des Generalkonsuls in Kalkutta hat sich erst nach seinem Dienstantritt in Kalkutta herausgestellt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602808800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wohlrabe.

Jürgen Wohlrabe (CDU):
Rede ID: ID0602808900
Ist dem Auswärtigen Amt bekannt — ich hatte vor drei Wochen Gelegenheit, den Generalkonsul in Kalkutta zu treffen —, daß er sich bei bester Gesundheit befindet?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602809000
Dem Auswärtigen Amt ist genau bekannt, daß er sich leider nicht bei bester Gesundheit befindet.

(Abg. Baier: Er hat die Krankheit der neuen Koalition! — Heiterkeit bei der CDU/CSU. Abg. Wehner: Sie werden noch die Maulsperre kriegen! Das ist auch eine Krankheit! — Gegenrufe von der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Sie sind doch nicht die Schiedsrichter!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602809100
Ich rufe die Frage 139 des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf:
Welche Bestimmungen im Atomsperrvertrag schützen die Nichtkernwaffenstaaten nach Meinung der Bundesregierung vor jeder Form von atomarer Bedrohung und Erpressung?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602809200
Frau Präsident, Gegenstand des NV-Vertrages ist nicht der Schutz vor Androhung oder Anwendung von Gewalt — das ist im allgemeinen die Funktion von Nichtangriffsverträgen oder auch Gewaltverzichtserklärungen -, sondern die Nichtverbreitung von Kernwaffen. Der Vertrag enthält daher keine operativen Bestimmungen der genannten Art.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602809300
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0602809400
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß der Herr Abgeordnete Scheel in der 126. Sitzung des Deutschen Bundestages am 13. Oktober 1967 mit einer deutlichen Kritik gegenüber dem damaligen Bundesaußenminister Brandt u. a. folgendes sagte:
Es fehlte mir eine Bemerkung, die den Willen und die Entschlossenheit der Bundesregierung ausdrückt, auf die Partner beim Abschluß eines solchen Vertrages — und zwar auf die, die ihn konzipiert haben — einzuwirken, daß der Ver-
trag Bestimmungen enthält, die die Nichtatommächte gegenüber jeder Form von atomarer Bedrohung und Erpressung schützen. Solche Bestimmungen müssen im Vertrag sein.
Herr Scheel fuhr dann unter dem Beifall der CDU/ CSU und der FDP fort:
Ja, ich gehe noch darüber hinaus: man müßte sogar den Versuch unternehmen, mit den einzelnen Partnern, und zwar mit den atomar gerüsteten Partnern, zu zusätzlichen Vereinbarungen zu kommen, die eine Anwendung von Atomwaffen gegen Nichtatommächte vollkommen ausschließen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)


Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602809500
Ja, Herr Kollege, diese Bemerkungen sind mir bekannt. Diese Frage ist in der ausführlichen Diskussion in diesem Hause über den NV-Vertrag wieder aufgetaucht. Dabei hat sich herausgestellt, wie es auch die vorige Bundesregierung in ihren Vorverhandlungen schon feststellen mußte, daß eine Veränderung des Vertragstextes selbst nach dem Zeitpunkt, zu dem einzelne Länder bereits ratifiziert hatten, nicht mehr möglich war. So konnten wir nur mit unserer eigenen Unterschrift unter den Vertrag die dringende Hoffnung verbinden, daß genau das von Herrn Scheel in der von Ihnen zitierten Rede Gesagte, nämlich die Zusicherung, daß die Nuklearmächte ihrerseits auf die Drohung mit Gewalt verzichten, im Zusammenhang mit dem Vertrag erneuert wird. Wir dringen weiter darauf, und wir sind unverändert der Meinung, daß die eigentlich politische Aufgabe erst nach der Unterschrift unter den Vertrag beginnt und daß sie darin liegt, weltweit zu einem Gewaltverzicht zu kommen, der insbesondere auch die nichtnuklearen Mächte vor Bedrohung durch die nuklearen schützt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602809600
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0602809700
Herr Staatssekretär, da aus Ihrer Antwort hervorgeht, daß im Auswärtigen Amt die Auffassung des Abgeordneten Scheel von damals sehr genau bekannt war, darf ich Sie fragen: wie erklärt sich die Sinneswandlung des Herrn Außenministers, der damals als Abgeordneter eindeutig gefordert hat, daß solche Bestimmungen im Vertrag stehen müssen?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602809800
Herr Kollege, ich glaube, es hat sehr viele in diesem Haus gegeben — Sie haben soeben den Beifall Ihrer eigenen Fraktion zitiert —, die eine gewisse Zeitlang meinten, es sei in unserer Kraft, Veränderungen des Vertragstextes in bestimmter Hinsicht vorzunehmen, und die seither feststellen mußten, daß das nicht möglich ist und wir daher zusätzlich zu dem NV-Vertrag andersgeartete Abmachungen, insbesondere auch die Supermächte bindende Ab-



Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Dahrendorf machungen, brauchen. Eine solche Erfahrung, wie man sie im Gange der Verhandlungen macht, stellt keinen Sinneswandel dar, sondern allenfalls einen Wandel in den Mitteln, die man wählt, um die gleichbleibenden Ziele zu erreichen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602809900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ott.

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0602810000
Herr Staatssekretär, kann ich diesen Ihren Ausführungen entnehmen, daß der Abgeordnete Scheel nicht in der Lage war, die Situation zu überblicken?

(Lachen bei den Regierungsparteien.)


Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602810100
Herr Kollege, das dürfen Sie daraus nicht entnehmen, es sei denn, Sie haben die Absicht, daraus zu entnehmen, daß auch die Bundesregierung und das gesamte Hohe Haus dazu nicht in der Lage waren. Das wäre eine Unterstellung, zu der ich mich nicht hinreißen lassen würde.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602810200
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 140 des Abgeordneten Schulze-Vorberg auf:
Kann die Bundesregierung die Übersetzung — und schriftlich auch den Originaltext — der vom Bundesminister des Auswärtigen in der 14. Sitzung am 27. November 1969 erwähnten Rechtsmeinung des Herrn Prof. Schostow in der Zeitschrift „Meshdunarudnaja Schisn" vorlegen, aus der u. a. sich angeblich für die Bundesregierung die Sicherheit ergibt, daß der Atomsperrvertrag eine europäische Option nicht verbietet?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602810300
Frau Präsident, sowohl der Originaltext als auch eine vom Sprachendienst des Auswärtigen Amtes hergestellte deutsche Übersetzung des zitierten Aufsatzes können vorgelegt werden. Im übrigen verweise ich Sie darauf, daß die fragliche Zeitschrift auch auf englisch in einer gleichsam offiziösen Ausgabe erscheint.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602810400
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0602810500
Herr Staatssekretär, der Herr Bundesaußenmister hat damals auf Fragen des Abgeordneten von Guttenberg erklärt, daß aus diesem Aufsatz von Professor Schostow hervorgehe, daß der Atomsperrvertrag eine europäische Option nicht verbiete. Der Herr Außenminister hat die Ausführungen des Herrn Professor Schostow sozusagen als sowjetamtlich dargestellt und sogar erklärt, weitere Nachforschungen bei der sowjetischen Regierung seien nicht nötig. Welche Stelle aus dem Ihnen vorliegenden Aufsatz gibt zu dieser Rechtsmeinung Anlaß? Ich habe sie nicht gefunden.

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602810600
Frau Präsident, Herr Kollege, ich bitte Sie zunächst, mir eine Vorbemerkung zu dieser Frage nicht zu verübeln. Wir haben über diese Fragen sehr gründlich nachgedacht. Es handelt sich hier um Fragen, bei denen es unter Umständen nicht im Interesse der Bundesrepublik Deutschland liegt, im einzelnen eine ausführliche öffentliche Diskussion zu führen.

(Zustimmung des Abg. Wehner.)

Ich sage das nicht leichten Herzens, weil mein Respekt vor diesem Hohen Hause es für mich selbstverständlich macht, möglichst gründlich Auskunft zu geben. Ich bitte Sie daher, die verkürzte Antwort, die ich Ihnen gebe, hinzunehmen.
Es gibt in diesem Artikel wie auch in anderen Erklärungen eine Stelle, an der von der Weitergabe von Kernwaffen die Rede ist. Es Ist nicht die Rede davon, was geschieht, wenn Kernwaffen gleichsam geerbt werden, wenn ich es einmal so ausdrücken darf. Auf diesen gedanklichen Zusammenhang bezogen sich die Bemerkungen des Herrn Bundesaußenministers.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602810700
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0602810800
Herr Staatssekretär, bei voller Würdigung Ihrer Bemerkung, daß in bezug auf diesen Vertrag manches nicht in aller Öffentlichkeit diskutiert werden kann, möchte ich doch feststellen, daß der Herr Außenminister hier — —

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602810900
Sie dürfen nicht feststellen, Sie müssen fragen!

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0602811000
Der Herr Außenminister hat hier zitiert. Meine Frage zielte darauf ab, das wörtliche Zitat zu bekommen, das der Herr Außenminister vorgetragen hat. Ich bitte noch einmal darum. Es handelt sich hier, wie Sie sagen, um eine Zeitschrift, die sogar in aller Öffentlichkeit erschienen ist. Welche Schwierigkeit könnte es geben, diesen Text dem Hohen Hause vorzutragen?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602811100
Herr Kollege, ich will Ihnen gern einen Hinweis geben. Es handelt sich um einen Absatz in diesem Artikel — ich will ihn aus Gründen der Ausführlichkeit nicht ganz verlesen —, der mit den Worten beginnt: „Der Sinn des Art. 1 ist klar. Die Staaten, die dem Vertrag beigetreten sind und Kernwaffen besitzen, werden verpflichtet sein, die Weitergabe dieser Waffen an Nichtkernwaffenstaaten zu unterlassen". Ich möchte Sie auf diese Stelle verweisen.

(Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Das ist genau das Gegenteil dessen, was der Außenminister hier gesagt hat!)




Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Dahrendorf
— Nein, das ist nicht das Gegenteil dessen. Ich habe ja eben auf die Tatsachen hingewiesen, die dem Hause in der Diskussion über den NV-Vertrag sehr wohl bewußt war,

(Zustimmung des Abg. Wehner)

daß zwischen Weitergabe und Übernahme in anderem Zusammenhang ein sehr erheblicher Unterschied besteht. Ich möchte hier nur ungern näher darauf eingehen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602811200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wienand.

Karl Wienand (SPD):
Rede ID: ID0602811300
Herr Staatssekretär, sieht sich die Bundesregierung, da hier offensichtlich ein Informationsdefizit vorhanden ist, in der Lage, noch einmal darauf hinzuweisen, daß der Verteidigungsausschuß und der Auswärtige Ausschuß eigens einberufen worden sind, um das, was nicht geeignet erscheint, in aller Öffentlichkeit diskutiert zu werden, auch den Abgeordneten der Opposition klarzumachen?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602811400
Ich danke Ihnen für den Hinweis, Herr Kollege. Ja, ich weise darauf ausdrücklich noch einmal hin.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602811500
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Czaja.

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0602811600
Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß es sich hierbei eigentlich nicht um den Artikel von Schostow und seinen Wortlaut handelt, sondern um eine Interpretation, die bisher durch nichts gedeckt ist?

Prof. Dr. Ralf Dahrendorf (FDP):
Rede ID: ID0602811700
Herr Kollege, auch hier könnte ich Ihnen eine ausführlichere Antwort geben, als ich es jetzt im Grunde vertreten kann. Es handelt sich ganz gewiß um ein Verständnis von Äußerungen, wobei übrigens, wie Sie feststellen können, wenn Sie das Protokoll nachlesen, der fragliche Artikel keineswegs als Hauptstütze dieses Verständnisses genommen wurde,

(Sehr gut! bei der SPD)

sondern Äußerungen des sowjetischen Außenministers wurden als Hauptstütze genommen und scheinen in diesem Zusammenhang auch die zentrale Bedeutung zu haben.
Es ist nun einmal so, daß, wenn darauf verzichtet wird, bestimmte andere Interpretationen vorzulegen, auch darin eine politische Tatsache zu sehen ist, selbst wenn man nicht unterstellt, daß der andere mit diesem Verzicht alles das verbindet, das wir damit verbinden. — Entschuldigen Sie die etwas kritische Antwort.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602811800
Keine Zusatzfrage. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts beantwortet. Ich danke dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Professor Dahrendorf.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen. Anwesend ist der Parlamentarische Staatssekretär Börner.
Ich rufe die Frage 62 des Herrn Abgeordneten Niegel auf:
Ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen der von ihr wieder für dieses Jahr vorgesehenen Verordnung zur Erleichterung des Ferienreiseverkehrs auf der Straße den Ländern die Möglichkeit einzuräumen, für engbegrenzte Transporte, wie Kirschen und Erdbeeren, die leicht verderblich sind und als Erntegut mengenmäßig wegen der unbestimmten Witterung nicht auf die einzelnen Werktage verteilt werden können, Ausnahmegenehmigungen für die Beförderung auf der Bundesautobahn zu erteilen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär!

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602811900
Frau Präsidentin, die Antwort lautet: Nein.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602812000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0602812100
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß es sich hier lediglich um 15 oder 20 Lastkraftwagen handelt, die die Autobahn im wesentlichen in der Süd-Nord-Richtung benutzen, wo sowieso kein Ferienreiseverkehr stattfindet, und daß es sich um Produkte handelt, die so leicht verderblich sind, daß dann der Erzeuger auf seiner Ware sitzenbleibt?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602812200
Herr Kollege, in Übereinstimmung mit der bisherigen Auffassung des Bundesrates sieht sich der Bundesminister für Verkehr außerstande, in die Verordnung zur Erleichterung des Ferienreiseverkehrs auf der Straße im Jahre 1970 Vorschriften über die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für Obsttransporte auf Bundesautobahnen aufzunehmen. Diese Bestimmung würde zu zahllosen Berufungen führen und damit den Zweck der Verordnung in Frage stellen. Im Vorjahr ist kein einziger Fall bekanntgeworden, daß Obst wegen des Lkw-Verbots verdorben wäre. Die Versorgung der Großmärkte war völlig normal.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602812300
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0602812400
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß im vergangenen Jahr a) die Erntemenge ,sehr gering und b) die Erntewitterung ausgewogen war und es möglich ist, daß bei schlechtem Wetter die Ernte am Wochenende zusammentrifft und dann die ganze Versorgung nicht mehr gewährleistet ist?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602812500
Herr Kollege, ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß die Deutsche Bundesbahn



Parlamentarischer Staatssekretär Börner
im letzten Jahr zur Bewältigung dieser Probleme, von denen Sie sprachen, ein besonderes Angebot an die Obsterzeuger gemacht hatte, das eine völlige Beförderungsgarantie und eine Haftung für eventuelle Verderbnis einschloß. Von diesem Angebot ist nicht Gebrauch gemacht worden.

(Abg. Wehner: Hört! Hört!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602812600
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller-Hermann.

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0602812700
Herr Staatssekretär, meinen Sie nicht, daß es möglich sein müßte, die berechtigten Wünsche der Ferienreisenden mit den unabweisbaren Bedürfnissen unserer Wirtschaft in Einklang zu bringen?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602812800
Der Bundesminister für Verkehr hat sich darum sehr bemüht. Ich kann mich an eine Diskussion erinnern, Herr Kollege, bei der Sie zu diesem Lkw-Fahrverbot sehr positiv Stellung genommen haben. Wir werden auch in diesem Jahr wieder diese Überlegung anstellen. Die entsprechenden Gespräche sind angelaufen. Aber ich muß darauf hinweisen, daß die berechtigten Interessen der Wirtschaft am Wochenendverkehr hinter dem Bedürfnis vieler Millionen Ferienreisender, ohne Unfälle und möglichst schnell in ihren Ferienort zu kommen, zurücktreten sollten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602812900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dasch.

Valentin Dasch (CSU):
Rede ID: ID0602813000
Herr Staatssekretär, haben die anderen EWG-Partner ähnliche Beschränkungen gehabt, und wenn nicht, befürchtet nicht die Bundesregierung, daß damit für einen Teil der Erzeuger eine Wettbewerbsverzerrung eintritt?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602813100
Herr Kollege, andere EWG-Partner haben nicht die gleiche verkehrspolitische Situation wie die Bundesrepublik Deutschland, die wegen einer besonders starken Bevölkerungszunahme in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg und des Wohnens vieler Millionen Menschen in Ballungsgebieten besondere Verkehrsprobleme hat. Andere EWG-Partner haben auch nicht in dem Maße wie wir die Situation, daß sie in dieser Zeit als Transitland einen zusätzlichen Ferienverkehr von Nachbarländern zu bewältigen haben. Ich denke nur daran, daß z. B. die Urlaubstermine von Nordrhein-Westfalen und der Niederlande hier im Zusammenhang gesehen werden müssen, was die Straßenbelastung an bestimmten Wochenenden betrifft.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602813200
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hauser.

Dr. Hugo Hauser (CDU):
Rede ID: ID0602813300
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die Bundesbahn im letzten Jahr zugeben mußte, daß sie keineswegs alle Orte in der notwendigen Zeit, um die Frischobsternte zeitgerecht unterzubringen, zu erreichen in der Lage ist?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602813400
Mir ist bekannt, daß die Bundesbahn ihren Betrieb in den letzten Jahren erheblich modernisiert hat und daß sie mit allen Problemen, sowohl mit dem Ernteverkehr im Herbst als auch insbesondere in den letzten Monaten mit den Schwierigkeiten einer sehr problematischen Verkehrssituation durch den frühen Wintereinbruch fertig geworden ist. Ich habe keinen Zweifel daran, daß sie auch die Dinge bewältigt, die jetzt hier in Rede stehen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602813500
Keine weitere Zusatzfrage. — Herr Abgeordneter Müller-Hermann, im Interesse Ihrer selbst, der Sie die nächste Frage haben, kann ich nur eine Zusatzfrage von jedem zulassen. — Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Meister.

Siegfried Meister (CDU):
Rede ID: ID0602813600
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung oder sind Sie bereit, darauf hinzuwirken, daß in diesem Falle die Kraftfahrzeugsteuer für die Ausfalltage eine Ermäßigung erfährt?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602813700
Ich kann den Zusammenhang mit dem Problem, das hier angesprochen ist, nicht sehen. Ich darf darauf hinweisen, daß die Kraftfahrzeugsteuer den Ländern zugute kommt und mit Obsttransporten sehr wenig zu tun hat.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602813800
Keine weitere Zusatzfrage? — Jeder nur eine, bitte! Sonst kommt Herr Müller-Hermann mit seiner Frage 63 nicht mehr dran.
Ich rufe dann die Frage 63 des Abgeordneten Dr. Müller-Hermann auf:
Welche Vorstellung hat die Bundesregierung bezüglich Standort und Ausbau eines Tiefwasserhafens an der Nordseeküste und der dafür benötigten Investitionen, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seehäfen angesichts der strukturellen Veränderungen in der Seeschiffahrt zu erhalten?
Bitte, Herr Staatssekretär!

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602813900
Da der Bundesminister für Verkehr die Aufgabenstellung durchaus im Sinne der gestellten Frage sieht, hat er gemeinsam mit den Verkehrsministern der Küstenländer vor einigen Monaten eine Tiefwasserhafenkommission gebildet, die alle in Betracht kommenden Fragen behandelt. Es wäre für die Zusammenarbeit in dieser Kommission nicht hilfreich, ihrem Arbeitsergebnis durch eine vorzeitige Stellungnahme zu Einzelfragen vorzugreifen.




Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602814000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Müller-Hermann.

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0602814100
Herr Staatssekretär, wann meinen Sie statt einer sibyllinischen Auskunft einmal eine konkretere Auskunft in dieser Frage geben zu können?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602814200
Herr Kollege Müller-Hermann, ich nehme an, daß Ihnen als einem Abgeordneten aus dem Bereich, um den es hier geht, bekannt ist, daß Investitionsentscheidungen dieser Größenordnung natürlich einer sehr sorgsamen Prüfung durch alle Beteiligten bedürfen, daß aber umgekehrt die technische Entwicklung im Schiffsbau und die inter- nationale Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik im Welthandel es erfordern, daß wir möglichst bald zu konkreten Ergebnissen kommen. Ich habe keinen Anlaß zu der Vermutung, daß diese Kommisison nicht in absehbarer Zeit zu einem vernünftigen Ergebnis käme.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602814300
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Müller-Hermann.

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0602814400
Darf ich dann meine Frage in drei Monaten wiederholen?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602814500
Herr Kollege, Sie können sie jederzeit wiederholen. Dieses Recht haben Sie nach der Geschäftsordnung.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602814600
Ich rufe dann die Frage 64 des Abgeordneten Pieroth auf:
Wird die Bundesregierung dafür sorgen, daß die Rationalisierungseinsparungen durch die Zusammenlegung der Omnibusdienste von Bundesbahn und Bundespost auch an die Reisenden weitergegeben werden in Gestalt niedrigerer Tarife?
Ist der Herr Abgeordnete Pieroth im Saal? — Bitte sehr, Herr Staatssekretär!

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602814700
Die nach Errichtung einer Verkehrsgemeinschaft der Omnibusdienste von Bahn und Post durchzuführenden Rationalisierungsmaßnahmen und dadurch mögliche Einsparungen sind noch nicht überschaubar. Mit Sicherheit werden eventuelle Einsparungen dazu beitragen, angesichts der gestiegenen und steigenden Personal- und Sachkosten eine ungünstige Entwicklung der Kosten-
Ertrags-Situation aufzufangen. Sollten dennoch langfristig Überschüsse erzielt werden, würden die beteiligten Verkehrsverwaltungen prüfen, inwieweit diese den Kunden zugute kommen könnten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602814800
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Pieroth.

Elmar Pieroth (CDU):
Rede ID: ID0602814900
Herr Staatssekretär, sind Sie der Ansicht, daß gerade in der jetzigen konjunkturellen Situation niedrigere Tarife ein wirksamer Beitrag gegen die Preissteigerungen wären und daß gerade staatliche und halbstaatliche Stellen hier forciert beispielgebend vorgehen sollten?

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602815000
Herr Kollege, dieses Problem wird in einer späteren Fragestellung noch eine Rolle spielen. Ich darf insoweit auch auf die gestern gegebene Antwort meines Kollegen Staatssekretär Dr. Arndt vom Wirtschaftsministerium zu dem Gesamtkomplex verweisen. Ich muß aber auch darauf hinweisen, daß in dem Nahverkehr, von dem hier die Rede ist, keine hohen Gewinne zu machen sind. Ich darf Sie in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß der Omnibusverkehr durch Bahn und Post praktisch ein Zuschußunternehmen ist bzw. daß hier jede Kostensteigerung, z. B. der Personal- und Sachkosten, in eine Kostenunterdeckung führen wird. Von daher muß man sehen, daß gestiegene Löhne und Gehälter auch hier zu bestimmten Schlußfolgerungen bei diesem gesamten Komplex führen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602815100
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Pieroth.

Elmar Pieroth (CDU):
Rede ID: ID0602815200
Wenn aber die Situation in diesem Nahverkehrsbereich bisher schon so war und wenn Rationalisierungen Einsparungen bedeuten, sollte man dann nicht in diesem Zusammenhang sehr rasch handeln und nicht irgendwann? Denn die jetzige konjunkturelle Situation erfordert hier doch Maßnahmen.

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602815300

(immer im Omnibus bleiben. Von daher haben die Personalkosten natürlich eine bestimmte Größe, die es auch bei der Festsetzung von Tarifen zu beachten gilt. Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 65 des Herrn Abgeordneten Niegel auf: Ist die Bundesregierung i: absehbarer Zeit bereit, die Benachteiligung der ländlichen Räume gegenüber den Ballungszentren bei der Festsetzung von Telefongebühren durch Erweiterung bzw. Zusammenlegung von Knotenämtern auf mindestens Landkreisgröße bzw. Größe einer wirtschaftlichen Region zu beseitigen, damit dann dort von der Bevölkerung mit den gleichen Gebühren telefoniert werden kann wie in den Ballungszentren? Bitte schön, Herr Staatssekretär! Frau Präsident! Herr Kollege, Sie sprechen zwar in Ihrer Frage von einer Erweiterung der Knotenämter. Wenn ich Sie aber richtig verstehe, geht Ihr Vorschlag nicht dahin, die Bereiche der Knotenämter der Landesfernwahl auszuweiten, sondern dahin, die kleineren Fernsprechortsnetze außerhalb der Großstädte zu größeren Gebieten einheitlichen Tarifs umzugestalten. Solche Überlegungen werden im Zusammenhang mit dem neuen halbelektronischen Wählsystem, das voraussichtlich 1975 eingeführt werden soll, angestellt. Eine Entscheidung konnte nicht gefällt werden, da die Ergebnisse der zur Zeit laufenden Untersuchungen noch nicht vorliegen. Sofern sich die Deutsche Bundespost für eine Änderung des derzeitigen Tarifgefüges entschließt, wären diese neuen Lösungen zwar mit der neuen Technik sogleich realisierbar. Es bleibt aber die Schwierigkeit, daß die Einrichtungen für die Gebührenerfassung in den Vermittlungsanlagen der bisherigen Technik nur unter erheblichem Aufwand und nur in längeren Zeiträumen angepaßt werden könnten. Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel. Denkt die Bundesregierung also nicht daran, für das flache Land eine Gebührenermäßigung einzuführen, damit die Benachteiligung gegenüber den Ballungszentren ausgeglichen wird? Herr Kollege, ich habe darauf hingewiesen, daß sich die Bundespost bemüht. Aber die Investitionen, die hier vorgenommen werden müssen, gehen in die Hunderte von Millionen. Ich bitte zu berücksichtigen, daß auch die Post von der finanziellen Seite her und die betroffene Industrie von der Kapazitätsseite her hier nur begrenzte Möglichkeiten haben. Daß wir das Problem anpacken und lösen wollen, habe ich eben schon gesagt. Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel. Könnte man vielleicht als Übergangslösung — bis Sie technisch und auch finanziell so weit sind — dahin gehend eine Möglichkeit finden, daß man die Grundgebühren als solche im flachen Land gegenüber der Stadt entsprechend ermäßigt, so daß hier zumindest ein Ausgleich vorhanden ist? Ich glaube, das würde eine Reihe anderer Probleme aufwerfen, die ich gern in einem Brief an Sie erläutern würde, weil die Erörterung dieser Frage den Rahmen der Fragestunde sprengt. Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dasch. Herr Staatssekretär, werden die Bundesregierung und das Bundesministerium für Verkehr und für das Postund Fernmeldewesen bei diesen Überlegungen nicht nur technische und sachliche Gesichtspunkte, sondern auch die politische Zielsetzung vertreten und beachten, daß durch die Verbesserung und Verbilligung des Telefonverkehrs die allgemeinen Lebensverhältnisse auf dem Lande verbessert werden? Herr Kollege, die Verbesserung der Lebensverhältnisse ist über diese Gebührensituation sicher nur begrenzt möglich. Ich darf aber darauf hinweisen, daß sich die Deutsche Bundespost z. B. durch den Ausbau des Selbstwählfernnetzes auch in kleinen Gemeinden erheblich an der Verbesserung der Struktur des flachen Landes beteiligt hat. Ich glaube, wenn Sie einmal unsere Situation mit europäischen Nachbarstaaten vergleichen, werden Sie sehen, daß wir dabei gar nicht schlecht wegkommen, was die Lebensverhältnisse auf dem flachen Lande betrifft. Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 66 des Herrn Abgeordneten Haehser ,auf: Hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, daß Umwege, die im Postreisedienst durch Straßenbaumaßnahmen notwendig werden, den Benutzern des Postreisedienstes durch die Forderung nach höheren Fahrpreisen angelastet werden? Bitte schön! Frau Präsidentin, ich bitte um Ihre Zustimmung, die beiden Fragen ,des Herrn Kollegen Haehser gemeinsam beantworten ,zu dürfen, wenn der Herr Kollege damit einverstanden ist. Dann rufe ich auch die Frage 67 des Abgeordneten Haehser auf: Wenn nein, sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die jetzt geübte Praxis zu verändern? Herr Kollege, die Deutsche Bundespost trägt die ,durch Umwegfahrten bei Straßensperrungen entstehenden Mehrkosten im allgemeinen selbst. Nur wenn ihr im Einzelfall dabei unzumutbare Belastungen entstünden, werden die Fahrgäste zum Ausgleich der Mehrkosten mit herangezogen. Das 'erscheint um so mehr gerechtfertigt, als die Tarife im Postreisedienst so niedrig sind, daß nicht einmal mehr die Selbstkosten gedeckt werden. Die Bundesregierung sieht folglich keinen Anlaß, die jetzt 'geübte Praxis zu ändern. Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Haehser. Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß private Omnibusunternehmer anders verfahren als (die Deutsche Bundespost, indem sie (die Lasten für Mehrfahrten nicht den Fahrtteilnehmern aufbürden? Herr Kollege, ich nehme an, daß es sich dann um Unternehmer handelt, die auch andere Tarife kalkulieren, welche sich nicht an den Selbstkosten orientieren, sondern eine gewisse Gewinnmarge haben und daher natürlich auch solche Wechselfälle deis Schicksals, wie ich sie einmal bezeichnen darf, entsprechend auffangen könnten. Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Haehser. Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie wissen, daß private Unternehmen den Betroffenen die Lasten oft nicht (aufbürden? Darf ich Sie fragen, ob Sie Ihre Antworten heute als ein für allemal gegeben ansehen? Herr Kollege, ich bin gern bereit, diese Frage auch im Zusammenhang mit den Belastungen des Haushalts neu zu prüfen. Nur rechne ich dann auf ihre sachverständige Unterstützung, wenn sich daraus ein gewisses Risiko 'für den öffentlichen Haushalt ergibt. Keine Zusatzfrage. — Ich rufe die Fragen 68 und 69 des Herrn Abgeordneten Dr. Gleissner (auf. Ist der Herr Abgeordnete Gleissner im Saal? — Das ist nicht der Fall. Dann werden die beiden Fragen schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 70 des Herrn Abgeordneten Dr. Hauff auf. — Ist der Herr Abgeordnete Dr. Hauff im Saal? — Das ist nicht der Fall. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 71 des Herrn Abgeordneten Flämig auf: Besteht die Möglichkeit, im Zuge der Verbesserung der Nahverkehrs-Verhältnisse in den Verdichtungsgebieten der Bundesrepublik Deutschland die Tarife der Bundesbahnzüge und der Bundesbahnautobusse in der Weise anzugleichen, daß beim Übergang die Zugkarte auch für den Autobus und die Autobuskarte auch für den Zug gilt? Bitte schön, Herr Staatssekretär! Herr Kollege, diese Möglichkeit besteht durchaus. In vielen Fällen gelten schon heute die Schienenfahrkarten auch auf den Bahnbuslinien. Die deutsche Bundesbahn bemüht sich, im Zusammenwirken mit den übrigen Nahverkehrsträgern in Verdichtungsgebieten Einheitsfahrscheine einzuführen, die zur Benutzung aller vorhandenen Nahverkehrsmittel berechtigen. Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Flämig. Herr Staatssekretär, wann ist damit zu rechnen, daß z. B. im Ballungsgebiet Rhein-Main diese Regelung in Kraft tritt? Herr Kollege, ich darf darauf hinweisen, daß die Deutsche Bundesbahn zur Zeit Gespräche über die Einführung von Einheitsfahrscheinen mit den Nahverkehrsträgern in den Verdichtungsgebieten München, Stuttgart, Rhein-WupperRaum und Raum Frankfurt führt. Ich hoffe sehr, daß diese Gespräche mit allen Beteiligten noch im Laufe dieses Jahres konkrete Ergebnisse zeitigen. Eine zweite Zusatzfrage ides Herrn Abgeordneten Flämig. Herr Staatssekretär, habe ich Sie recht verstanden, daß der Zweck dieser Maßnahme vor allen Dingen darin besteht, den Nahverkehr zu erleichtern und dadurch einen Beitrag zur Lösung der Verkehrsprobleme insbesondere in den Spitzenzeiten zu leisten? Ja, natürlich, das ist der Anlaß. Sie wissen, daß wir, ausgehend vom Verkehrspolitischen Programm, bemüht sind, dem öffentlichen Nahverkehr in den Ballungsgebieten, was sowohl die Investitionen als auch die Koordinierung der entsprechenden Nahverkehrsunternehmen betrifft, besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Eine Mögichkeit, die Benutzung verschiedener Nahverkehrsunternehmen mit verschiedenen Eigentümern durch den gleichen Kunden attraktiver zu machen und damit den Individualverkehr zu entlasten, ist dieser Einheitsfahrschein oder auch das Modell, das in Hamburg bereits praktiziert wird, nämlich der sogenannte Verkehrsverbund. Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Fragen 72 und 73 des Herrn Abgeordneten Ruf auf: Bleibt der Bundesverkehrsminister bei seiner Auffassung, daß der Flughafen Stuttgart-Echterdingen nicht zu einem Weltflughafen ausgebaut werden soll und daß der Bund entsprechend dem Verkehrspolitischen Programm der Bundesregierung der Großen Koalition V/2494 sich auch weiterhin bei seiner finanziellen Beteiligung zunächst auf den Ausbau der Flughäfen Berlin, Frankfurt, Köln/Bonn, Hamburg und München beschränkt? Wie stehen die Verhandlungen, die das baden-württembergische Innenministerium über eine finanzielle Beteiligung des Bundes am Ausbau des Flughafens Stuttgart-Echterdingen angesichts dessen übergeordneter Verkehrsbedeutung mit dem Bundesverkehrsministerium führt? Vizepräsident Frau Funcke Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 30. Januar 1970 lautet: Der Bund hat nicht die Auffassung vertreten, daß der Flughafen Stuttgart nicht zu einem Weltflughafen ausgebaut werden solle. Er hat lediglich zum Ausdruck gebracht, daß er sich mit Rücksicht auf die ihm zur Verfügung stehenden beschränkten finanziellen Mittel schwerpunktmäßig auf gewisse Projekte konzentriert: auf die Flughäfen Berlin, Köln-Bonn, Frankfurt und die neuen Flughäfen in Hamburg-Kaltenkirchen und München, so wie es im Verkehrspolitischen Programm verankert ist. Das Baden-württembergische Innenministerium hat eine schriftliche Anfrage an den Bundesminister für Verkehr gerichtet, um die Möglichkeit einer finanziellen Beteiligung des Bundes am Ausbau des Flughafens Stuttgart zu erörtern. Der Bund hat auf diese Anfrage geantwortet, daß er bereit sei, zu der weiteren Planungsarbeit für den Flughafen Stuttgart unverbindlich seinen fachlichen Rat zu erteilen. Er sehe sich aber zu seinem Bedauern nicht in der Lage, eine Förderung des Flughafenausbaues mit Mitteln des Bundes in Aussicht zu stellen. Mit Rücksicht auf die ihm zur Verfügung stehenden beschränkten finanziellen Mittel muß der Bund seine finanzielle Beteiligung an Verkehrsflughäfen zunächst auf die im Verkehrspolitischen Programm genannten Schwerpunkte beschränken. Ich rufe die Frage 74 des Herrn Abgeordneten Dr. Jenninger auf: Sieht der Bundesminister für Verkehr die Möglichkeit, die Höchstgeschwindigkeit für Omnibusse auf den Autobahnen von 80 auf 100 km/h zu erhöhen und das Überholverbot für Omnibusse aufzuheben, um dadurch einen reibungsloseren Verkehrsablauf an Autobahn-Bergstrecken zu gewährleisten? Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 30. Januar 1970 lautet: Im Einvernehmen mit den für den Verkehr und für die Verkehrspolizei zuständigen obersten Landesbehörden ist der BMV der Ansicht, daß es nicht verantwortet werden kann, die höchstzulässige Fahrgeschwindigkeit für Kraftomnibusse auf den Autobahnen auf 100 km/h heraufzusetzen, solange in der Bundesrepublik Deutschland die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten und Verletzten ständig steigt. Für die Anordnung von Überholverboten auf Autobahn-Bergstrecken sind die Verkehrsbehörden der Länder zuständig. Sie halten auf geeigneten Strecken Überholverbote für Omnibusse für nötig, um einen gleichmäßigen Verkehrsfluß zu gewährleisten. Ich rufe die Frage 75 des Herrn Abgeordneten Schmidt Ich rufe als vorletzte Frage die Frage 76 des Herrn Abgeordneten Weber Wie hoch werden die im Jahre 1970 auf die Deutsche Bundesbahn zukommenden gesamten Kostensteigerungen geschätzt? Bitte schön! Frau Präsidentin, wenn der Herr Kollege damit einverstanden ist, möchte ich wegen des Sachzusammenhangs die Fragen 76 und 77 gemeinsam beantworten. Gut! Dann rufe ich noch die Frage 77 des Herrn Abgeordneten Weber Wie hoch werden im Jahre 1970 voraussichtlich die Personalkosten-Mehraufwendungen bei der Deutschen Bundesbahn auf Grund der Erhöhung der Löhne, Gehälter und Versorgungsbezüge sein? Vielen Dank! — Herr Kollege, im Jahre 1970 entstehen bei der Deutschen Bundesbahn durch die Erhöhung ,der Löhne, Gehälter und Versorgungsbezüge Mehrausgaben in Höhe von rund 900 Millionen DM. Weitere Kostensteigerungen erwartet die Deutsche Bundesbahn bei ,den Betriebsausgaben infolge höherer Verkehrsleistungen bei der Unterhaltung und den Abschreibungen der Anlagen und beim Zinsendienst. Dank aufwandsmindernder Rationalsierungserfolge ,der Deutschen Bundesbahn werden die Kostensteigerungen im Vergleich zum Vorjahr jedoch nur rund 850 Millionen DM betragen. Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Weber. Herr Staatssekretär, wird sich ,das Defizit der Deutschen Bundesbahn dann etwa um diese Summe erhöhen, oder wird nach Auffassung der Bundesregierung diese Summe unter Umständen über Tariferhöhungen reduziert werden können? Herr Kollege, Sie wissen, daß zur Zeit Tariferhöhungsanträge, übrigens nicht nur von der Deutschen Bundesbahn, sondern von allen Verkehrsträgern, gestellt worden sind. Diese Tariferhöhuungsanträge sind auf Grund bestimmter Gesetze, die das Hohe Haus beschlossen hat, von der Bundesregierung in den 'nächsten Wochen zu entscheiden. Es handelt sich hier um leinen Vorgang, der zur Zeit in der Exekutive entsprechend vorbereitet wird. Ich möchte diese Entscheidungen durch eine Erklärung hier heute morgen nicht präjudizieren. Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Müller-Hermann. Herr Staatssekretär, wenn Sie bei der Bundesbahn mit einem Zuwachs des Defizits von 850 bis 900 Millionen DM im Jahr 1970 rechnen müssen, hat der Herr Bundesfinanzminister, wenn Sie nicht geneigt sind, bei ,den Gütertarifen eine Anhebung ins Auge zu fassen, bei der Haushaltsplanung und der mittelfristigen Finanzplanung Vorsorge getroffen, daß mehr Mittel in einer entsprechenden Größenordnung für die Bundesbahn bereitgestellt werden? Herr Kollege, ich habe nicht gesagt, daß sich 'das Defizit um 850 Millionen DM erhöhen wird, ich habe gesagt, ,daß die Kostensteigerungen 850 Millionen DM betragen. Ich habe darauf verwiesen, daß über Maßnahmen, die diese Kostensteigerungen eventuell auffangen oder zum Teil auffangen könnten, zur Zeit beraten wird und daß ich nicht die Absicht habe, hier ein zur Zeit im Bereich der Exekutive laufendes Verfahren durch eine Erklärung nach der einen oder anderen Seite zu präjudizieren. Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Fellermaier. Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, wenn ich hier formuliere, daß man erwarten kann, daß durch die Rationalisierung und durch die Modernisierung der Bundesbahn, die beim Leber-Plan erfolgreich eingetreten ist, auch im Jahre 1970 die Gewinnseite der Deutschen Bundesbahn weiter verbessert wird? Natürlich, das ist im vergangenen Jahr schon erfolgt, und wir erwarten auch aus den Gegebenheiten, von denen Sie eben gesprochen haben, eine entsprechende Entwicklung in diesem Jahr. Das wird mit in unsere Überlegungen einbezogen sein. Andererseits muß natürlich die hier gegebene Größenordnung, von der zur Zeit die Rede ist, auch zu der Überlegung führen, inwieweit bestimmte Tariferhöhungsanträge gerechtfertigt sind. Die Bundesregierung hat dazu eine bestimmte Meinung, auf die gestern im Zusammenhang mit der Vorlage des Jahreswirtschaftsberichtes schon abgehoben wurde. Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Müller-Hermann. Herr Staatssekretär, ich unterstelle, daß Sie nicht dem Hohen Hause und der Öffentlichkeit weismachen wollen, daß die Kostensteigerungen bei der Bundesbahn in einer Größenordnung von 900 Millionen DM auch nur im entferntesten durch zusätzliche Rationalisierungsmaßnahmen aufgefangen werden können, und sollten Sie nicht sagen, daß innerhalb der Bundesregierung grundsätzliche, aber auch taktisch bedingte erhebliche Meinungsverschiedenheiten darüber bestehen, wie man mit diesem Problem fertig werden soll, und daher eben auch der Bundesbahn die Tarifanhebungsanträge nicht genehmigt werden? (Abg. Wehner: Dort fehlt eben ein MüllerHermann!)

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602815400



Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602815500
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602815600
Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0602815700
Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602815800
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602815900
Lorenz Niegel (CSU):
Rede ID: ID0602816000
Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602816100
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602816200
Valentin Dasch (CSU):
Rede ID: ID0602816300
Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602816400
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602816500
Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602816600
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602816700
Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602816800



Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602816900
Karl Haehser (SPD):
Rede ID: ID0602817000
Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602817100
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602817200
Karl Haehser (SPD):
Rede ID: ID0602817300
Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602817400
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602817500
Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602817600
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602817700
Gerhard Flämig (SPD):
Rede ID: ID0602817800
Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602817900
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602818000
Gerhard Flämig (SPD):
Rede ID: ID0602818100
Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602818200
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602818300



Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602818400
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602818500
Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602818600
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602818700
Karl Weber (CDU):
Rede ID: ID0602818800
Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602818900
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602819000
Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0602819100
Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602819200



Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602819300
Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0602819400
Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602819500
Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602819600
Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0602819700

Holger Börner (SPD):
Rede ID: ID0602819800
Herr Kollege, meine bisherigen Erklärungen geben für eine solche Interpretation nicht den geringsten Anlaß. Ich muß ausdrücklich darauf hinweisen — ich nehme an, daß Sie das aus Ihrem verkehrspolitischen Sachverstand wissen —, daß ich nicht gesagt habe, daß eine Größenordnung, wie sie hier in Rede steht, durch Rationalisierung aufgefangen werden kann. Die Bundesregierung hat auch nirgends erklärt, daß sie keine Tariferhöhungen zulassen wird, sondern sie hat nur mit der Prüfung dieser Dinge z. B. die Frage verknüpft, ob nicht ein mehr marktwirtschaftliches Verhalten bestimmter Verkehrsträger hier angemessen wäre. Ich darf daran erinnern, daß Sie in vielen Erklärungen vor dem Hohen Hause als Abgeordneter und auch in vielen Fachzeitschriften eine ähnliche Meinung vertreten haben.

(Abg. Dr. Müller-Hermann: Handeln Sie endlich!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602819900
Keine weitere Zusatzfrage. Die Fragen 107 und 108 sind zurückgezogen.
Damit sind wir am Ende der Fragestunde. Ich danke dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Börner.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 19:
a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Vogel, Benda, Erhard (Bad Schwalbach), Dr. Eyrich, Dr. Lenz (Bergstraße), Dr. Pinger und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (3. StrRG)
— Drucksache VI/261 —
b) Beratung des Schriftlichen Berichts des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Beeinträchtigung von Grundrechten durch gewalttätige Aktionen
— Drucksachen VI/157, VI/270 —
Das Wort zur Begründung des Antrags der CDU/ CSU hat Herr Dr. Eyrich. Er hat um 30 Minuten Redezeit gebeten. Bitte schön, Herr Dr. Eyrich!

Dr. Heinz Eyrich (CDU):
Rede ID: ID0602820000
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt die Drucksache VI/261 der CDU/CSU-Fraktion vor, ein Antrag auf Änderung des Strafgesetzbuches hinsichtlich der Verbrechen und Vergehen gegen den Gemeinschaftsfrieden. Wir wollten mit diesem Entwurf, den wir Ihnen vorlegen, unsere eigene Meinung darstellen, weil wir glauben, daß das, was der Entwurf der Koalitionsfraktionen enthält, nicht befriedigende Lösungen auf diesem Gebiete zeigt.
Lassen Sie mich aber zuvor einige Vorbemerkungen machen, weil ich glaube, daß es erforderlich ist, aus der einseitigen Betrachtung dieser Dinge allein im Hinblick auf die Demonstrationsdelikte herauszukommen. Wir haben es nicht nur mit Demonstrationsdelikten zu tun, sondern wir haben es mit Verbrechen und Vergehen gegen die öffentliche Ordnung zu tun, eine Erscheinung, die sich nicht nur darin äußert, daß diese öffentliche Ordnung durch Demonstrationen gestört wird, sondern auch in mannigfaltiger Beziehung durch einzelne Bürger.
Ich glaube, wir sollten auch sagen, daß sich die Gültigkeit dessen, was wir hier gemeinsam entwerfen, nicht allein an den bekannten Erscheinungsformen, die wir haben, orientieren kann, sondern für die Zukunft an allen nicht voraussehbaren Formen und vor allen Dingen an von allen extremen politischen Richtungen möglichen Aktionen. Eine solche Regelung darf nicht kurzfristig sein, sondern sie hat das zu beachten, was wir in den nächsten Jahrzehnten auf diesem Gebiet brauchen. Gleichwohl — und darüber sind wir uns im klaren, wenn



Dr. Eyrich
auch oft emotionell - ist diese Frage in der Vergangenheit allein unter dem Gesichtspunkt der Demonstrationsdelikte gesehen worden. Dazu darf ich im Namen der CDU/CSU-Fraktion folgendes deutlich machen.
Art. 5 und Art. 8 des Grundgesetzes und die in diesen Artikeln zum Ausdruck kommenden Freiheitsrechte, nämlich, die eigene Meinung in Schrift, Wort und Bild zu äußern, und schließlich die Möglichkeit, Versammlungen unter freiem Himmel abzuhalten, werden von unserer Fraktion nicht nur bejaht; das Ziel unseres Entwurfs ist nicht nur die Bejahung, sondern auch der Schutz dieser Meinungsfreiheit im Rahmen des Art. 5 und des Art. 8. Ich hin der Auffassung, daß wir das nicht klar genug sagen können. Wir müssen aber dazu sagen, daß Art. 5 und Art. 8 des Grundgesetzes von friedlichen Demonstrationen sprechen, d. h. von Demonstrationen, die nicht die Rechte anderer beeinträchtigen können.
Wir haben in dieser Frage in dem durchgeführten Hearing eine nahezu völlige Übereinstimmung der angehörten Personen feststellen können. Wir haben dort eindeutig gesehen, daß sich alle, die gehört worden sind, dahin gehend geäußert haben. Es kann keine Frage sein, daß eine Demonstration lediglich unter Beachtung der Rechte anderer durchgeführt werden darf. Allerdings — und auch das muß man hinzufügen — sind andere Stimmen laut geworden, die Wertungen vornehmen, die wir nicht billigen können und die auch nicht verfassungskonform sind und die wir ablehnen. Ich meine etwa folgende Wertung, die anläßlich dieses Hearings aufgetreten ist. Studentenvertreter und auch Hochschullehrer haben dort erklärt, ihre Wertung der Dinge sei die, daß zwar die körperliche Integrität geschützt werden müsse — allerdings bleibt eben die Frage, ob die körperliche Integrität auch dann noch geschützt wird, wenn statt der Argumente die Pflastersteine fallen —, daß dann aber die politischen Aktivrechte kämen und daß dann vielleicht und möglicherweise das Eigentum und dann vielleicht und möglicherweise auch wirtschaftliche Güter kämen.
Die Frage, die wir an diese angehörten Personen gestellt haben, lautete immer wieder so: Sind Sie eigentlich bereit, den Katalog, den das Grundgesetz aufstellt — auch in Art. 14 —, zu achten? Und die Antwort, die wir darauf erhalten haben, meine Damen und Herren, war in manchen Fällen allerdings eindeutig ein Vielleicht und manchmal auch eindeutig ein Nein. Ich meine, das muß man sagen, wenn man an diese Frage herangeht.
Der Kernpunkt aller Überlegungen, die wir anstellen, ist doch letztlich der: Wie ist das Verhältnis zwischen der Demonstrationsfreiheit auf der einen und der Garantie der Grundrechte auf der anderen Seite? Und wenn so sehr viel von Konfliktsituation und von Verfassungskonformität gesprochen wird, dann würde ich allerdings sagen, das Grundgesetz löst diese Konfliktsituation ganz eindeutig in Art. 5 und Art. 8, und zwar eindeutig unter dem Gesetzesvorbehalt.
Wir sollten und können sagen, daß unser Bemühen in zwei Richtungen geht, nämlich einmal dahin, die Demonstration nicht nur zu bejahen, sondern auch zu schützen, solange und soweit sie friedlich ist. Wir sollten auch den Mut haben, zu sagen, daß wir diese Demonstration auch als Spontan-demonstration anerkennen, und auch ich persönlich bin hier durchaus der Meinung, daß der Bürger im Hinblick auf diese Dinge die eine oder andere Unbequemlichkeit wird auf sich nehmen müssen. Aber das darf man nicht damit verwechseln, daß man dem Bürger zumutet, Gewalt gegen sich selbst, Gewalt gegen sein Eigentum und Gewalt gegen seine freie Meinungsäußerung hinzunehmen. Dort sind mit Sicherheit die Grenzen, die wir setzen müssen. Andernfalls werden wir die Klarheit, die erforderlich ist, in diesem Gesetz niemals erreichen.
Zum anderen geht unser Bemühen dahin, Klarheit und Durchschaubarkeit der gesetzlichen Regelungen zu schaffen, die die friedliche Demonstration von der scheiden, bei der Gewalt gegen Personen und Sachen angewandt wird und Handlungen vorgenommen werden, die die öffentliche Sicherheit gefährden.
Wir glauben, daß wir dem mit dem vorliegenden Entwurf Rechnung tragen, der — und das sei ausdrücklich festgestellt -- nicht die Aufgabe und nicht den Sinn haben soll, zu verschärfen, sondern den allein das Bemühen kennzeichnet, nach dem Maß der persönlichen Schuld zu differenzieren und den Gerichten eine klare Handhabe für ihre Entscheidung zu bieten.
Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, ich glaube, wir sollten sachlich eines feststellen. Das Bemühen hinsichtlich dieser Klarheit ist in jeder Fraktion dasselbe.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wenn wir uns in Einzelheiten unterscheiden, sollten wir das ohne Emotionen tun; wir sollten es tun in dem Bemühen, ein Gesetz zu schaffen, von dem wir sagen können, daß es liberal genug ist, die Meinungsfreiheit zu gewährleisten, daß es aber auch wirksam genug ist, um Exzesse zu unterbinden.

(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren! Es wird allerorten gesagt — und damit komme ich zu einzelnen Punkten unserer Vorlage —, daß sehr viele Bestimmungen des Strafgesetzbuches in dieser Richtung überholt seien. Ich glaube, „überholt" oder „überaltert" wird man nicht sagen können. Man wird aber sagen können, daß sie dem nicht in jeder Form entsprechen, was wir an Klarheit fordern und für erforderlich halten. Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß es unsere Aufgabe sein wird, diese Bestimmungen daraufhin zu überprüfen, ob sie verfassungskonform sind, und das heißt nichts anderes, als zu prüfen, ob diese Bestimmungen mit unserem Grundgesetz vereinbar sind.
Unter diesem Gesichtspunkt lassen Sie mich Stellung nehmen zu den §§ 110, 111 und 112 unseres Antrages auf Drucksache VI/261. Ich kann nicht völlig übereinstimmen mit den Sprechern der Koalition, die bei der ersten Lesung ihres Entwurfes zum Ausdruck gebracht haben, daß die Aufforderung, ein Gesetz, eine Verordnung oder eine Verwaltungs-



Dr. Eyrich
anordnung nicht zu befolgen, nicht strafbar sein soll und daß die entsprechende Bestimmung obrigkeitsstaatlichen Charakter habe und deshalb aus dem Strafgesetzbuch verschwinden könne. Meine Damen und Herren, wenn damit gemeint ist — ich möchte es nicht unterstellen, aber ich möchte es klarstellen —, daß eine Gemeinschaft leben könne, ohne die Bereitschaft der Bürger zu haben und auch zu sichern, die öffentliche Ordnung und das friedliche Zusammenleben zu garantieren, würde ich dem energisch widersprechen. Darum kann es nämlich nicht gehen. Keine Staatsordnung und schon gar nicht die Demokratie wird darauf verzichten können, den Gehorsam der Bürger auf Grund von Gesetzen zu fordern, die dieses Parlament selber in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz beschlossen hat. Wenn damit allerdings — und darüber, meine ich, sollten wir uns auch unterhalten — gesagt sein soll, daß wir zu prüfen haben, ob wir, statt diese Vorschrift zu ändern, eine andere Vorschrift ergänzen sollten, die uns einen wirksamen Schutz bietet, würde ich sagen: auch darüber wird man reden müssen.
In dem Hearing, das wir durchgeführt haben, sind alle Vertreter der Polizei für die Beibehaltung des § 110 mit dem Argument eingetreten, daß dadurch die „Aasheizer" und das Vorfeld der Demonstrationen erfaßt werden würden. Fast alle aber meinten — auch jene, die den § 110 für entbehrlich hielten —, daß diese Bestimmung nicht völlig ersatzlos gestrichen werden könne.
Meine Damen und Herren, man kann über § 110 durchaus unterschiedlicher Auffassung sein . Aber eines muß man auch ,sagen: Was die Koalitionsfraktionen in § 111 haben, genügt nicht; das ist kein genügender Schutz, solange nur die Aufforderung zu Verbrechen und Vergehen unter Strafe gestellt wird. Wir glauben, daß — das ist die Mindestforderung, die gestellt werden muß — auch die Aufforderung zu Ordnungswidrigkeiten in dieses Gesetz hineingehört. Andernfalls ist der Schutz nicht ausreichend. Ich glaube, wir sollten diese Erörterung in jedem Falle fortsetzen, ohne die Position des § 110 völlig aufgeben zu wollen.
Die Frage, ob die Aufforderung zu Ordnungswidrigkeiten letztlich als ein Vergehen oder 'als eine Ordnungswidrigkeit qualifiziert werden sollte, sollten wir zugunsten des Vergehens lösen, nicht etwa, weil sehr viele Polizeibeamte das Bedürfnis haben, hier schon im Vorfeld eingreifen zu können, sondern weil 'die Aufforderung zur Nichtbefolgung derartiger Vorschriften, wie ich meine, ein hohes Maß an Gefährlichkeit beinhaltet. Derjenige, der diese Aufforderung ausspricht, hat nämlich den unbestimmten Teil der Bevölkerung, den er auffordert, dann nicht mehr in 'der Hand. Ich glaube, daß dies es doch rechtfertigt, diesen Tatbestand in das Vergehensstrafrecht 'hineinzunehmen. Ich kenne durchaus die Schwierigkeiten, die sich hier auftun. Ich glaube aber, sie lassen sich lösen.
Ein Wort — es ist erforderlich — zu der Vorschrift des § 113 des Strafgesetzbuches. Im Gegensatz zu den Koalitionsparteien ,gehen wir in unserem Entwurf davon aus, daß die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung objektive Bedingung der Strafbarkeit bleiben sollte. Wir sind uns bewußt, daß dieses Festhalten an der objektiven Bedingung der Strafbarkeit auf harte Kritik gestoßen ist. Man hält uns immer wieder entgegen: Ihr berücksichtigt nicht die Tatsache, daß ,sich die 'Rechtsprechung seit langem auf dem Wega zum Schuldstrafrecht hin bewegt; und solange ihr dieser Tendenz nicht Rechnung tragt, werdet ihr ein modernes und dein Anforderungen dieser Zeit gerecht werdendes Strafrecht nicht schaffen können.
Es ist sicher wirkungsvoll, wenn in der Debatte etwa gesagt wird, daß jeder Bürger das Recht habe, sich zu irren. Ich meine auch, daß er dieses Recht haben muß und daß jeder dieses Recht für sich in Anspruch nehmen kann. Neben diesem etwas plakativ wirkenden Satz muß man doch auch fragen: Wo liegen idle Gefahren der Regelung des Irrtums in § 113 beim Widerstandleisten gegen die Staatsgewalt? Herr Kollege Dr. Müller-Emmert hat in der Begründung des Antrages der Koalitiosfraktionen das berühmte Beispiel der irrigen Festnahme des vom Polizisten als „Täter" erkannten Nichttäters gebracht. Dieses Beispiel kann nicht befriedigen. Selbst wenn wir in § 113 die Irrtumsregelung hätten, würde dieser Mann mit .zur Wache gehen müssen. Er würde allerdings riskieren, daß sein Widerstand gebrochen werden würde. Aber letztlich muß eben dieser Mann doch mit zur Wache genommen werden. Darauf können wir nicht verzichten. Die Gefahr, die dieser § 113 in sich birgt, liegt doch u. a. darin, daß wir letztlich zu 'einem Faustrecht auf der Straße kämen, wollten wir hier jedwedem Irrtum, mindestens aber manchen Irrtümern, die wir heute schon angekündigt bekommen, in jedem Fall nachgehen.
Zum anderen haben uns alle Vertreter der Polizeibeamten im Hearing gesagt: Verunsichert uns nicht die Polizisten dadurch, daß ihr hier durch die Irrtumsregelung eine plakative Wirkung und praktisch eine Einladung, sich zu irren, schafft! Dieses Argument sollte man so würdigen, daß man ihm gerecht wird. Rechtlich wird durch eine Irrtumsregelung auch die Polizei nicht schlechter gestellt. Sie handelt nach wie vor objektiv rechtmäßig. Psychologisch allerdings — und das muß man hinzusetzen — wird eine Unsicherheit in die Reihen dieser Beamten getragen. Es fragt sich aber, welchen Argumenten wir eigentlich die Türe öffnen, wenn wir die Irrtumsregelung hineinnehmen. Soll etwa das Argument gelten, die Interessen der Demonstranten — das Bewußtseinsbilden — gehen anderen Rechten vor? Was ist, wenn der Widerstandsleistende sagt: ich habe mich für berechtigt gehalten, Widerstand zu leisten, weil mein Anliegen ungleich wichtiger ist als etwa der Durchsetzungsanspruch der Polizeibeamten? Die Gefahr ist sichtbar. Wir bürden nicht etwa nur den Gerichten, sondern auch den Polizisten die Entscheidung darüber auf, inwieweit eine Güterabwägung vorgenommen werden muß, und kommen damit genau dorthin, wo wir eigentlich nicht hinkommen wollten: zu einer allgemein eintretenden Unsicherheit.
Auch Herr Professor Bockelmann, der die Irrtumsregelung, wie sie im Entwurf der Koalitionsparteien



Dr. Eyrich
zum Ausdruck gekommen ist, begrüßt hat, hat immerhin darauf hingewiesen, daß dann eben das Dilemma des Überzeugungstäters nicht gelöst werden kann. Professor Klug hat es uns anläßlich des Hearings nicht leichter gemacht. Er meint — und er hat einen entsprechenden Entwurf vorgelegt —, man müsse beim Überzeugungstäter von Strafe absehen, wenn für den Täter der Beweggrund ausschlaggebend gewesen sei, daß er sich aus sittlicher, religiöser oder politischer Überzeugung für verpflichtet gehalten habe, die Tat zu begehen. Daraus ersehen wir doch, welche Gefahren auf uns zukommen. Wir würden eine Irrtumsregelung übernehmen, die wir nicht mehr in der Hand hätten. Der Einwand ist bekannt. Es wird auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs verwiesen. Ich darf mit freundlicher Genehmigung der Frau Präsidentin daraus zitieren. Der Bundesgerichtshof sagt:
Eine Schuld ist nur ausgeschlossen, wenn das Wagnis der Widerstandsleistung ebensowenig vorgeworfen werden kann wie die Art und Weise dieses Widerstandes. Dies wird etwa gelten können, wenn bei Verzicht auf Widerstand ein nicht wiedergutzumachender unzumutbarer Schaden zu besorgen ist. Dann
— so fährt er fort —
könnte es in der Tat fraglich sein, ob eine strenge Anwendung der Rechtsauffassung, daß die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung nur eine Bedingung der Strafbarkeit sei. noch mit dem Schuldstrafrecht vereinbar ist.
Darauf wird immer wieder hingewiesen, wenn gesagt wird: wir brauchen in diesem § 113 auch das Prinzip der Schuld und die Irrtumsregelung.
Der Bundesgerichtshof sagt in derselben Entscheidung — und ich bitte, auch das noch vorlesen zu dürfen —:
Sind die äußeren Voraussetzungen zum Eingreifen des Beamten gegeben, ist er also örtlich und sachlich zuständig, wahrt er die vorgeschriebenen wesentlichen Förmlichkeiten und handelt er nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, so übt er sein Amt rechtmäßig aus. Auf die sachliche Rechtmäßigkeit der Vollzugshandlung und auf einen Irrtum des Widerstand Leistenden darüber kommt er nicht an. Diese Auslegung des § 113 entspricht seiner Entstehungsgeschichte und dem berechtigten rechtsstaatlichen Ordnungsbedürfnis, das auch ein Bedürfnis der Allgemeinheit ist.
Auf dieser Linie bewegt sich der Entwurf der CDU/CSU. Der Begründung des Bundesgerichtshofs ist wohl nichts hinzuzufügen. Einer Irrtumsregelung, die beiden berechtigten Interessen, die hier in dem Urteil zum Ausdruck kommen, gerecht werden könnte und den Grundsätzen auch dieser Entscheidung entspricht, wird eine Zustimmung nicht versagt bleiben, wenn sie diesem Erfordernis des Urteils entspricht. Ich glaube, daß darauf die Bemühungen gerichtet werden müßten. Inwieweit sie erforderlich sind, scheint mir eine Frage der Beratung im Sonderausschuß zu sein.
Lassen Sie mich abschließend noch kurz zu der Frage des § 125 des Strafgesetzbuchs, des sogenannten Landfriedensbruchs, Stellung nehmen. Die Koalition hat in ihrer Vorlage das Ziel, nur noch denjenigen, der Täter und Teilnehmer an der Demonstration und an den Gewalttätigkeiten ist, nach dem Maß seiner persönlichen Schuld zu bestrafen. Dieser Grundsatz ist durchaus richtig, aber wir müssen doch auch fragen: wie ist es eigentlich mit jenen, die neugierig dabeistehen, wie ist es mit jenen, die sympathisieren, und wie ist es schließlich mit jenen, die diese Gewalttätigkeiten nicht nur ansehen, sondern auch fördern? Wir sollten diesen Tatbestand nicht verharmlosen; davor warne ich. Wir können den Charakter des Massendelikts ohne Not nicht aufgeben. Die Frage der Abgrenzung bleibt.
Eines ist sicher: der aktiv Fördernde wird auch möglicherweise nach dem Entwurf der Koalition bestraft werden können. Er muß mit Sicherheit vom Straftatbestand des § 125 erfaßt werden. Wir haben doch immer wieder von allen Beteiligten, die jemals Demonstrationen beobachtet oder auch bekämpft haben oder auch nur mit dabeigewesen sind, gehört, daß es nicht allein um die Täter und Teilnehmer im engeren Sinne geht, sondern daß auch die Schutzfunktion der Masse und ebenso ein gewisses Aggressivelement berücksichtigt werden muß, das in der Masse begründet liegt. Die Sympathisanten und die Neugierigen sind entgegen vielen Meinungen und Meldungen in der Presse nach unserem Entwurf nicht von vornherein unter Strafe gestellt. Das Problem liegt aber darin, wie es damit aussieht, wenn eine Demonstration unter friedlichen Gesichtspunkten beginnt und dann erst Gewalttätigkeiten vorkommen. Solange ein Sympathisant, ein Neugieriger oder ein anderer von diesen Gewalttätigkeiten keine Kenntnis hat und auch nicht haben kann, wird man ihn auch nicht bestrafen können. Wenn er aber noch stehenbleibt, wenn er sieht, daß Gewalttätigkeiten verübt werden, wird man doch fragen müssen, ob er sich nicht bewußt ist — er ist sich dann doch dessen bewußt —, daß er die Gewalttätigkeiten in der Anonymität der von ihm mit gebildeten Masse zum großen Teil ermöglicht. Er hat doch die Möglichkeit, dort wegzugehen. Wenn der Neugierige und der Sympathisant nur dabeisein wollen, um ihrer Meinung friedlich Ausdruck zu verleihen, wie uns immer wieder gesagt wird, dann ist es doch kein unbilliges Verlangen, ihm zu sagen: Wenn du aber erkennst, daß hier Gewalttätigkeiten vorkommen, wird das Ziel, daß du ursprünglich angestrebt hast, mit anderen Mitteln verfolgt. Dann wird man ihm zumuten können, sich von diesem Platz zu entkasten überlegen. Die Solidarität bei der Gewalttätigkeiten nicht erkennen können, habe ich bereits gesagt. Verschließen wir doch, meine Damen und Herren, die Augen nicht vor der Wirklichkeit! Sie ist oftmals anders, als wir das vielleicht am Sandkasten überlegen. Die Soladirität bei der Gewaltanwendung, die Solidarität, die dazu führt, diese Gewalttätigkeiten zu ermöglichen, muß in gleichem Maße von diesem Massendelikt ergriffen werden. Anderenfalls werden wir einen wirksamen Schutz nicht haben.



Dr. Eyrich
Es gäbe noch sehr viele Punkte im Zusammenhang mit unserem Entwurf. Ich möchte mich auf die bereits angeführten Punkte beschränken, auch weil sonst die mir zur Verfügung stehende Zeit überschritten würde. Es ist also nicht möglich, die Dinge erschöpfend darzustellen. Meine Ausführungen sollten das Bemühen sichtbar machen, die Gemeinschaft zu schützen und die Freiheit zur friedlichen Demonstration zu gewährleisten. Lösungen zugänglich zu sein, der Gewalt aber in jeder Form eine Absage zu erteilen, das ist der Sinn dieses Ihnen vorliegenden Entwurfs.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602820100
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Müller-Emmert.

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0602820200
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich in der gebotenen Kürze folgende Feststellungen treffen. Es wäre sicher besser gewesen, wenn die Fraktion der CDU/CSU ihren Initiativantrag dem Hohen Hause etwas früher vorgelegt hätte.

(Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Wir hatten uns auf eine Regierungsvorlage eingestellt! Abg. Vogel: Wäre es nicht besser gewesen, die Regierung hätte eine Vorlage gemacht?)

Man hätte dann die Vorstellungen der CDU/CSU im Rahmen der öffentlichen Anhörung besser berücksichtigen können, und man wäre sicher auch bei den Einzelberatungen im Ausschuß schneller vorangekommen.
Lassen Sie mich zum zweiten sagen, daß die Vorstellungen der CDU/CSU-Fraktion letztlich keine echte Alternative zu den Vorstellungen der Koalitionsfraktionen darstellen, und zwar deshalb, weil dieser Entwurf keine entscheidenden Neuerungen bringt, in einzelnen Punkten lediglich Verschärfungen im Verhältnis zum geltenden Recht und darüber hinaus lediglich andere Umschreibungen des jetzigen Rechtszustandes. Dies muß klar festgestellt werden.
Zu Einzelfragen ist folgendes zu sagen. Im Bereich der §§ 110, 111 und 112 StGB liegt eine Verschärfung des jetzigen Rechtszustandes vor, weil der Entwurf der CDU/CSU auch die öffentliche Aufforderung zu einer Ordnungswidrigkeit unter Strafe stellen will. Nach dem geltenden Recht ist ein solcher Sachverhalt nicht unter Strafe gestellt.

(Abg. Vogel: Das ist eine rein formale Betrachtungsweise!)

Insofern stimmt das, was als Schlagzeilen der letzten Tage zu lesen war, also durchaus, daß nämlich der Entwurf der CDU/CSU Verschärfungen im Demonstrationsrecht vorsehe.

(Abg. Vogel: Eine reine Schlagzeile!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602820300
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dichgans?

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0602820400
Bitte sehr, Herr Kollege Dichgans!

Dr. Hans Dichgans (CDU):
Rede ID: ID0602820500
Herr Kollege Müller-Emmert, sind Sie wirklich der Auffassung, daß eine Aufforderung — etwa in einer Zeitungsanzeige —, an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Zeit alle in einer Stadt vorhandenen Kraftwagen auf sämtlichen Hauptverkehrsstraßen zu parken, was eine Ordnungswidrigkeit sein würde, straflos bleiben sollte?

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0602820600
Eine solche öffentliche Aufforderung dürfte wohl verhältnismäßig wenig Gehör finden,

(Abg. Vogel: Darauf kommt es doch gar nicht an! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

und zwar deshalb, weil eine solche Aktion in sich selbst kaum durchführbar ist.

(Zuruf von der CDU/CSU: Alles Ideologie!)

Es gibt eine Fülle von Verkehrsteilnehmern, die dieser Aufforderung gar nicht folgen würde, die also so verfahren würden, wie Sie es für richtig hielten. Wenn tatsächlich trotzdem einige Verkehrsteilnehmer dieser Aufforderung Folge leisteten — das ist der zweite entscheidende Punkt —, so hat die Polizei genugsam Möglichkeiten, im Rahmen des Polizeirechtes — sogar mit Gewalt und Zwangsmitteln — gegen diese Personen vorzugehen.

(Zuruf des Abg. Dr. Lenz [Bergstraße].)

— Herr Lenz, melden Sie sich doch zu Wort. Dann höre ich Sie gerne an. Sie haben wohl eine laute Stimme, aber sie kommt nicht ganz bis zu mir. Melden Sie sich bitte; dann gebe ich Ihnen gerne eine Antwort.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602820700
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Lenz?

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0602820800
Bitte sehr!

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0602820900
Ich danke Ihnen, Herr Kollege Müller-Emmert, für diese Gelegenheit zu einer Zwischenfrage. Meinen Sie wirklich — um bei dem Beispiel zu bleiben, das Herr Dichgans eben gebracht hat —, daß, wenn auf den Straßen Düsseldorfs nachmittags um fünf Uhr Tausende von Fahrzeugen parken und die Kreuzungen versperren, irgendeine Polizei auf dieser Erde in der Lage ist, dieses Chaos mit allen ihr zu Gebote stehenden Zwangsmitteln in mehreren Stunden zu beseitigen?

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0602821000
Das ist u. a. selbstverständlich auch eine Frage der Praktikabilität und der Vorbereitung durch die Polizei, eine Frage der organisatorischen Fähigkeiten der Polizei. Erstens verfügt wohl jeder vernünftige Polizeipräsident über die Möglichkeit, rechtzeitig Informationen darüber zu erhalten, daß solche Aktionen geplant sind. Er kann dann entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen. Zweitens hätte er, wenn solche widersinnigen Aufforderungen überhaupt befolgt würden, genügend Zeit, rechtzeitig entsprechende Einsatz-



Dr. Müller-Emmert
gruppen auch aus anderen Städten heranzuziehen, so daß er mit diesem Problem mit Sicherheit fertig werden könnte.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602821100
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schlee?

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0602821200
Bitte sehr!

Albrecht Schlee (CSU):
Rede ID: ID0602821300
Herr Kollege Dr. Müller-Emmert, meinen Sie nicht, daß es bei der strafrechtlichen Beurteilung einer allgemeinen Aufforderung zu einer Ordnungswidrigkeit auf die Gefährdung ankommt, die eintreten würde, wenn diese Aufforderung befolgt würde? Es kommt hier unter strafrechtlichen Gesichtspunkten nicht darauf an, ob es möglich wäre, die tatsächlich eingetretenen Zustände zu beseitigen.

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0602821400
Herr Kollege Schlee, Sie wissen ja, daß wir im Rahmen unserer gemeinsamen Reformbemühungen die Übertretungen immer mehr in Ordnungswidrigkeiten umwandeln, die ja bekanntlich keine Straftaten sind. Es wäre in sich unlogisch und kriminalpolitisch nicht gerechtfertigt, einerseits eine Ordnungswidrigkeit, die nicht in das Kriminalstrafrecht fällt mit einer Geldbuße zu ahnden, andererseits aber denjenigen, der öffentlich zu einer solchen Ordnungswidrigkeit, die keine Straftat ist, auffordert, mit einer Kriminalstrafe zu bedrohen.

(Abg. Dr. Vogel: Das sind doch zwei Paar Schuhe!)

Dies wäre ein unlogisches Unterfangen. Man kann allenfalls — Sie wissen, Herr Kollege Schlee, daß wir darüber gesprochen haben — die Überlegung anstellen, ob man denjenigen, der öffentlich zu einer Ordnungswidrigkeit auffordert, so behandeln sollte, als wenn er selbst eine Ordnungswidrigkeit begangen hätte. Dies wäre in sich schlüssig und logisch, während sich Ihre Lösung doch nicht mehr im Rahmen unseres bisher gemeinsam getragenen kriminalpolitischen Konzeptes bewegt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602821500
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten de With?

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0602821600
Bitte sehr, Herr Kollege de With!

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0602821700
Herr Müller-Emmert, glauben Sie nicht, daß das Beispiel des Herrn Kollegen Dichgans nach unserer Vorlage durch § 111 in Verbindung mit § 315 a oder b abgedeckt wäre, weil das einer Aufforderung gleichkäme, eine Straßenverkehrsgefährdung zu begehen, so daß bei diesem Beispiel die Frage eigentlich ins Leere stieße?

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0602821800
Ich bin zugunsten des Herrn Kollegen Dr. Dichgans davon ausgegangen, daß er die Vorstellung hat, daß es sich bei diesem von ihm geschilderten Verhalten nur um Ordnungswidrigkeiten handle. Ich bin Ihnen also sehr entgegengekommen, Herr Kollege Dichgans. Ich muß, wenn ich die Frage des Herrn Kollegen de With richtig werte, ergänzend von meiner Seite noch sagen, daß, was juristisch eindeutig richtig ist, auch immer noch die §§ 315 ff. des Strafgesetzbuches vorhanden sind, die einen Großteil dessen, was Sie vorgetragen haben, ohnehin abdecken würden.
Ich darf weiter zu dem Problemkreis des Widerstands gegen die Staatsgewalt kommen. Auch hier muß man feststellen, daß die CDU/CSU-Fraktion in gar keiner Weise zu einer fortschrittlichen Lösung neigt. Es ist eine Realität, daß der § 113 und mit ihm auch der § 125, also die Vorschriften über die Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt und des Landfriedensbruchs, die einzigen Vorschriften in unserem Strafgesetzbuch sind, bei denen die Prinzipien des Irrtums bisher noch keinen Niederschlag gefunden haben.

(Abg. Dr. Vogel: Das stimmt doch mit Sicherheit nicht, Herr Müller-Emmert!)

— Herr Kollege Vogel; sie haben etwas lauter gesprochen, deshalb habe ich Sie verstanden.

(Abg. Dr. Vogel: Freut mich!)

— Freut mich auch. — Wenn Sie gestatten, Herr Kollege Vogel: Die Sache ist so. Es gibt wohl verschiedene Urteile des BGH. Das heißt, dieser Problemkreis ist bisher auch von seiten des BGH nicht eindeutig behandelt worden. Es gibt verschiedene Urteile, die in die Richtung gehen, daß auch im Rahmen des § 113 des Strafgesetzbuches — Stichwort für uns Juristen: objektive Bedingung der Strafbarkeit — der Verbotsirrtum im Laufe der Zeit zugelassen werden könnte, während die andere Seite des BGH gewissermaßen streng davon ausgeht, daß dann, wenn ein Tatbestand so ausgestaltet ist, daß eine objektive Bedingung der Strafbarkeit in ihm enthalten ist, aus rechtstheoretischen Gründen einmal ein Tatbestandsirrtum ohnehin nicht in Frage kommt und zum zweiten auch ein Verbotsirrtum nicht zugelassen werden soll.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602821900
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Pinger?

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0602822000
Jawohl, sofort. — Ich glaube, Sie müßten dies gerechterweise berücksichtigen, Herr Vogel. Wenn Sie das nämlich getan hätten, hätten Sie diesen Zwischenruf überhaupt nicht gemacht.
Bitte sehr, Herr Kollege Pinger!

Dr. Winfried Pinger (CDU):
Rede ID: ID0602822100
Herr Kollege Müller-Emmert, Sie haben eben behauptet, daß eine objektive Bedingung der Strafbarkeit nur in den §§ 110 ff. zu finden sei und daß das ein Widerspruch gegen das Schuldstrafrecht sei. Ist Ihnen bekannt, daß es weitere wesentliche Vorschriften im Strafgesetzbuch gibt, in denen eine objektive Bedingung der Strafbarkeit enthalten ist? Bei Volltrunkenheit, § 330 a, ist, wenn im Vollrausch eine mit Strafe bedrohte



Dr. Pinger
Handlung begangen wird, letzteres nach ganz herrschender Meinung eine objektive Bedingung der Strafbarkeit. Weiter — —

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602822200
Herr Kollege, kommen Sie bitte zur Frage!

Dr. Winfried Pinger (CDU):
Rede ID: ID0602822300
Ist Ihnen bekannt, daß abgesehen von § 330 a in § 186 — üble Nachrede —, § 127 — Schlägerei — und anderen Vorschriften eine objektive Bedingung der Strafbarkeit enthalten ist? Würden Sie das als einen Widerspruch gegen das Schuldstrafrecht ansehen, und würden Sie eine sofortige Reform auch dieser Vorschriften für notwendig halten?

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0602822400
Ich räume Ihnen ein, Herr Kollege Pinger, daß man über diese Punkte durchaus reden kann und soll und im Rahmen der Reformarbeiten mit Sicherheit auch reden wird. Aber zur Zeit geht es — das wissen Sie — nicht um die Volltrunkenheit und um Verleumdung oder üble Nachrede, sondern um das Demonstrationsstrafrecht. Da darf ich wohl feststellen, daß hier — das ist wohl auch völlig unbestritten — die objektive Bedingung der Strafbarkeit noch vorhanden ist, die letztlich ein klarer Verstoß gegen das Schuldprinzip ist, das im übrigen in unserem Recht Verfassungsrang genießt.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602822500
Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vogel?

Friedrich Vogel (CDU):
Rede ID: ID0602822600
Herr Kollege Müller-Emmert, sind Sie in der Lage, mir einen einzigen Fall aus der Praxis zu nennen, in dem die Anwendung der objektiven Bedingung der Strafbarkeit in § 113 StGB zu ,einem unzuträglichen Ergebnis geführt hat?

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0602822700
Ja, dieser Überzeugung 'bin ich ganz sicher. Ich kann Ihnen selbstverständlich nicht auf Anhieb Fälle zitieren. Es gibt sie zu Hunderten im Laufe unserer Rechtsentwicklung seit 1900 und insbesondere auch 'seit 1945 bis heute. Es gibt noch viele Gerichte, die insofern sehr streng urteilen.
Ich darf also sagen, daß die CDU/CSU-Fraktion in ihren Reformvorstellungen in dieser Frage völlig ausgewichen ist und es offenbar aus mehr psychologisch-politischen Gründen nicht für richtig erachtet hat, einem Anliegen, das allseits von der Rechtswissenschaft getragen wird, nachzukommen und die Möglichkeit des Irrtums zum mindesten in der sehr milden Form des Verbotsirrtums in § 113 StGB vorzusehen. Die CDU/CSU-Fraktion hofft hier anscheinend auf eine positive Entwicklung der Rechtsprechung. Insofern habe ich die gleiche Hoffnung. Aber es ist Aufgabe des Gesetzgebers, dann, wenn er einen Tatbestand gesetzlich genau normieren und formulieren kann, dies auch zu tun, um widersprüchliche Gerichtsentscheidungen zu verhindern.
Der dritte Problemkreis, der kurz angesprochen werden muß, ist der des Landfriedensbruchs. Hier muß die CDU/CSU-Fraktion wohl mit Sicherheit einräumen, daß eine Verbesserung in Richtung auf eine maßvolle Liberalisierung überhaupt nicht gegeben ist. Denn die CDU/CSU-Fraktion stellt unter Umständen auch den nur zufällig vorübergehenden Passanten, sie stellt den Neugierigen, sie stellt den Abwiegler unter Strafe, und sie stellt erst recht denjenigen unter Strafe, der ein echter politischer Demonstrant ist, der die politischen Ziele dieser Demonstration in jeder Weise für richtig erachtet, aber von irgendwelchen Gewalttaten voll abrückt.

(Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Wie macht der das?)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602822800
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage? —

Dr. Heinz Eyrich (CDU):
Rede ID: ID0602822900
Herr Kollege Dr. Müller-Emmert, ich glaube, die Frage muß doch so gestellt werden — und ich stelle sie an Sie —: Wie macht er denn deutlich, daß er davon abrückt? Das kann er doch billigerweise nur in der Form tun, daß er sich auch räumlich von den Gewalttätigkeiten entfernt. Sie sind doch sicher mit mir der Meinung — so würde ich Sie fragen —, daß es eine andere Möglichkeit nicht gibt.

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0602823000
Herr Kollege Eyrich, Ihre Formulierung sieht vor, daß derjenige, der sich in einer Menschenmenge befindet oder sich ihr anschließt, dann aber, wenn Gewalttaten begangen werden, weiterhin in dieser Menschenmenge bleibt, ohne überhaupt das geringste zu tun, ohne in irgendeiner Weise diese Gewalttaten zu unterstützen, auch nicht durch Zurufe, gleichwohl unter Strafe gestellt wird, wenn er sich nicht unverzüglich aus dieser Menschenmenge entfernt. Erstens kann es durchaus sein, daß ihm dies überhaupt nicht möglich ist, und zweitens kann es auch sein, daß er dabei bleiben möchte, sagen wir: aus staatsbürgerlicher Neugier, ohne in irgendeiner Weise die Gewalttaten zu billigen. Denken Sie nur an Fälle, wo eine Demonstration in friedlicher Weise angelegt ist, wo auch der Demonstrationszweck durchaus vernünftig und in jeder Weise zu billigen ist, wo dann aber einige Gewalttäter diese Demonstration auffliegen lassen wollen und dadurch, daß sie sich, vielleicht nur in einer Zahl von zehn oder zwanzig, in diese Menge von Hunderten von Demonstranten mischen, diese Demonstration zu einer unfriedlichen machen und sie damit, wie man so schön sagt, kaputt machen. In diesem Falle werden nach Ihren Vorstellungen, Herr Kollege Eyrich, alle diese tausend gutmütigen und gutgläubigen Demonstranten ebenfalls unter den harten Druck des § 125 StGB gestellt. Dies ist eine Konsequenz, die Sie sich bitte überlegen müssen.
Ich darf abschließend sagen, daß der Strafrechtsausschuß in seinem sogenannten Hearing, also im Rahmen der öffentlichen Anhörung, auch viele junge Menschen hat zu Wort kommen lassen, die uns sehr deutlich gesagt haben, daß Demokratie mehr bedeu-



Dr. Müller-Emmert
tet, als nur das aktive oder möglicherweise das passive Wahlrecht auszuüben, daß vielmehr zur Demokratie auch das Recht der freien Meinungsäußerung gehört. Dabei beinhaltet freie Meinungsäußerung unter Umständen auch Protest und Kritik; denn — das müssen wir erkennen, meine Damen und Herren — Kritik ist für unsere Demokratie lebensnotwendig. Wenn manche Bürger heute noch Ruhe als erste Bürgerpflicht und Untertanenmentalität als erstrebenswertes Ideal betrachten, muß man gegen solche Vorstellungen in einer lebenden Demokratie vorgehen.
Es ist das Anliegen des Reformentwurfs, allen Bürgern zu garantieren, daß sie ihre Meinung ohne Angst vor strafrechtlicher Verfolgung vortragen können, ganz gleich, ob sie es als einzelne oder in der Gemeinschaft tun, ob sie es zustimmend oder ablehnend tun. Genauso deutlich stellt nach unseren Vorstellungen aber der Reformentwurf klar, daß das Recht einer Gruppe da endet, wo es unverhältnismäßig stark in die Rechtssphäre anderer eingreift und die Rechte anderer verletzt oder gefährdet. Die Ansicht, die immer wieder vorgetragen wird, daß das neue Demonstrationsrecht zu einer Legalisierung von Gewalttaten in der Öffentlichkeit und zur Verunsicherung der Polizei führe, ist absurd, da der Reformentwurf davon ausgeht, daß jede Form von Gewalt gegen Personen oder Sachen die Grenze überschreitet, die das Strafrecht setzt — ganz gleich, ob eine solche Gewalt von politischen Demonstranten oder unter Umständen von Kriminellen begangen wird.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602823100
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schlee?

Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0602823200
Verzeihen Sie, Herr Kollege, ich bin am Ende meiner Ausführungen; ich wollte sowieso nur noch zwei, drei Sätze sagen.
Die Koalitionsfraktionen werden' die Einwände und Bedenken, die im Rahmen der öffentlichen Anhörung vorgetragen worden sind, genauso prüfen wie die Vorstellungen der Fraktion der CDU/CSU. Es wird eine eingehende Nachprüfung all dieser Einwände und Bedenken erfolgen.
Aber eines muß festgestellt werden: daß sich die Koalitionsfraktionen nicht darin beirren lassen, eine maßvolle und trotzdem deutlich liberale Reform des Demonstrationsstrafrechts durchzusetzen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602823300
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus.

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0602823400
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kollegen und Kolleginnen! Wenn sich die Regierungsparteien in einer Fragehundertprozentig einig sind, so darin, wie die Demonstrationsdelikte zu regeln sind. Ich kann deshalb in vollem Umfang dem zustimmen, was von seiten meines Kollegen Müller-Emmert gesagt worden ist.
Zu dem, was der Herr Kollege Eyrich zur Begründung des Gesetzentwurfs der CDU/CSU vorgetragen hat, möchte ich folgendes sagen. Seine Ausführungen am Anfang haben mich an das erinnert, was beim Hearing deutlich gesagt wurde: daß natürlich von allen Seiten, auch von seiten der Polizeipräsidenten, zunächst einmal die Grundrechte der Art. 5 und 8 des Grundgesetzes absolut bejaht werden.
In den Grundsätzen ist man sich so leicht einig. Wenn es aber — jetzt kommt natürlich das Aber — darum geht, die tatsächlich notwendigen Regelungen zu treffen, scheiden sich die Geister.
Schon bei der ersten Lesung haben wir klar zum Ausdruck gebracht, daß keinerlei Gewalttätigkeiten gegen Personen und Sachen, auch nicht im Zusammenhang mit Demonstrationen, irgendwie gedeckt werden sollen. Das Hearing und auch heute die Ausführungen von Herrn Kollegen Eyrich haben gezeigt, daß heute noch eine große Unsicherheit vorhanden ist: eine Unsicherheit auf seiten der Polizei, die nicht weiß, was sie wirklich tun und wie sie sich verhalten darf, und eine Unsicherheit bei den Richtern, die vor der Frage stehen, wie sie die Grundrechte von dem abgrenzen sollen, was kriminell ist und daher zum Schutze der Freiheitsrechte anderer Bürger, die nicht demonstrieren, strafbar sein muß. Hier liegt die Aufgabe des Gesetzgebers.
Heute wurde immer nur von den Demonstrationsdelikten und von Änderungen im Strafgesetzbuch gesprochen. Wenn man aber tatsächlich sehen will, wie weit der Schutz heute geht und was auch die Polizei gegebenenfalls tun darf, darf man sich nicht nur auf die Bestimmungen des Strafgesetzbuches beschränken. Von großer Bedeutung für die Polizei ist vor allem die Frage, welche Befugnisse sie auf Grund anderer Gesetze hat. Wie steht es denn mit dem Versammlungsgesetz? Welche Rechte gibt eigentlich das Versammlungsgesetz der Polizei? Wie steht es mit den einzelnen Polizeigesetzen in den Ländern? Ist die Polizei nicht schon auf Grund der geltenden Polizeibestimmungen in der Lage, Demonstrationen, solange sie friedlich sind, entsprechend zu schützen und, wenn sie „umzukippen" drohen, vorbeugend einzugreifen, d. h. daß sie, wenn daraus Gewalttaten erwachsen, gegen einzelne Gewalttäter vorgehen kann. Das alles kann sie.
Es kann z. B. sein, daß eine große Demonstration — um es plastisch zu machen, darf ich das Beispiel von Herrn Kollegen Müller-Emmert aufgreifen — durchaus friedlich verläuft. Wenn nun aber einige versuchen, sie umzufunktionieren, und Gewalttätigkeiten begehen, hat die Polizei die Möglichkeit, sie herauszugreifen

(Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Wie macht sie denn das?)

und die Demonstration weiter ablaufen zu lassen.

(Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Das steht doch bloß auf dem Papier!)

— Sie hat aber auch die Möglichkeit, Herr Kollege Lenz, die Demonstration vollkommen aufzulösen. Sie hat ohne eine besondere kriminelle Strafbestimmung die Möglichkeit, diejenigen, die trotz der Auf-



Frau Dr. Diemer-Nicolaus
lösung verbleiben, festzunehmen, ihre Personalien festzustellen und dafür zu sorgen, daß wieder Ruhe und Ordnung auf der Straße eintreten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602823500
Frau Kollegin Diemer-Nicolaus, gestatten Sie eine Zwischenfrage zunächst von Herrn Abgeordneten Erhard?

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0602823600
Ja.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0602823700
Frau Kollegin, halten Sie es für richtig, daß die Teilnehmer an einer sogenannten Spontandemonstration, die in der Öffentlichkeit stattfindet und, weil sie eben spontan ist, nicht 48 Stunden vorher angemeldet wurde, sich nach dem Versammlungsgesetz eines Vergehens schuldig machen und mit Strafe bedroht sind, was Sie in Ihrem Entwurf nicht zu ändern gedenken?

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0602823800
Herr Kollege Erhard, ich habe gerade dargelegt, welche Möglichkeiten

(Abg. Erhard [Bad Schwalbach] : ... die Polizei nach dem Versammlungsgesetz habe!)

die Polizei hat, um ihren Aufgaben nachzukommen, d. h. bei Demonstrationen, ob es nun angemeldete oder Spontandemonstrationen sind, für Ruhe und Ordnung auf den Straßen zu sorgen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0602823900
Eine Zusatzfrage von Herrn Abgeordneten Lenz.

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0602824000
Gnädige Frau, meine Frage bezieht sich nicht auf die rechtlichen, sondern auf die tatsächlichen Möglichkeiten. Glauben Sie wirklich, daß die Polizei die tatsächliche Möglichkeit hat, einige Friedensstörer aus einer großen Demonstration heraus zu verhaften, was Sie eben als richtig und notwendig bezeichnet haben, wenn Tausende von Herumstehenden keineswegs daran gehindert sind, stur auf der Stelle stehenzubleiben, wobei sie durch ihre bloße Präsenz den Zugriff der Polizei unmöglich machen können?

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0602824100
Herr Kollege Lenz, das ist eine Tatfrage.

(Lachen bei der CDU/CSU. — Abg. Memmel: Das weiß doch jeder von uns!)

Es kommt ganz darauf an, wo sich die Betreffenden befinden und ob man sie leicht herausgreifen kann. Ist es aber so, Herr Kollege Lenz — das steht dann im Ermessen der Polizei —, daß die Polizei nicht an sie herankommt, wird sie wahrscheinlich die gesamte Demonstration auflösen, um an die Täter heranzukommen. Dann darf eben niemand mehr verbleiben, sondern dann müssen sich alle entfernen. Über alle diese Einzelheiten wird noch gesprochen werden müssen.

(Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Wann denn?) Ich möchte hier davor warnen, daß man nur die Strafgesetze und nicht die anderen Gesetze sieht.

Ich komme jetzt zu den Polizeigesetzen der Länder. Gestern hat sich in der gemeinsamen Sitzung von Innenausschuß und Sonderausschuß für die Strafrechtsreform gezeigt, daß es gut wäre, wenn sich die Länder, die die Kompetenz haben, über die materielle Gestaltung des Polizeirechts in den einzelnen Ländern einigten. Ich hoffe, daß jetzt gerade die Frage der Demonstrationsdelikte dazu führt, daß die Länder zu mehr übereinstimmenden Regelungen kommen, als es bisher der Fall ist.
Lassen Sie mich ganz kurz die drei wesentlichen Punkte ansprechen, die auch von Herrn Kollegen Eyrich hervorgehoben worden sind.
Zunächst die Frage der Aufforderung zum Ungehorsam gegenüber Verordnungen. Soweit es sich um Straftatbestände handelt, sind wir uns ja einig. Es ist ganz sicher so, daß der Staat nicht darauf verzichten kann — auch keine Demokratie, auch nicht die freiheitlichste —, darauf zu bestehen, daß nicht nur seine Gesetze, sondern auch seine Verwaltungsvorschriften beachtet werden. Eine ganz andere Frage ist es, inwieweit ein krimineller Tatbestand erfüllt sein soll, wenn etwa jemand auffordert — auch öffentlich auffordert —, eine Verwaltungsvorschrift nicht einzuhalten. Das bezieht sich gar nicht so sehr auf Demonstrationen. Ich habe im Ausschuß auf folgendes Beispiel hingewiesen: Es werden Mittelpunktschulen geschaffen. Zwischen zwei solchen Mittelpunktschulen liegen verschiedene Dörfer. Nun kann es sein, daß die Eltern nicht damit einverstanden sind, daß von seiten der Obrigkeit, der Regierung, einfach verordnet wird, in welche der beiden Mittelpunktschulen die Kinder gehen sollen. Er wird unter Umständen zu einem Schulstreik aufgefordert. Solche Fälle sind tatsächlich passiert. Wollen Sie diese Eltern deswegen auf Jahrzehnte mit einer kriminellen Vorstrafe belasten? Mit Ihrer Vorschrift tun Sie es.
Hier liegt eben der Unterschied: Man kann im Rahmen der Verwaltungsvorschriften selber und des sonstigen Verwaltungsrechts durchaus dazu beitragen, daß auch Verwaltungsvorschriften entsprechend beachtet werden. Nehmen Sie aber doch nicht immer den schweren Hammer der kriminellen Strafen, sondern behalten Sie diese schwerste Sanktion den echten kriminellen Taten vor!
Deswegen bin ich nach wie vor der Meinung, daß man die Aufforderung zu Übertretungen oder Ordnungswidrigkeiten nicht als kriminelle Straftat einstufen sollte. Im übrigen ist die öffentliche Aufforderung am ehesten geeignet, die entsprechenden Gegenmaßnahmen von seiten der öffentlichen Hand auszulösen.
Soweit es sich um den § 113 handelt, möchte ich jetzt hier im Plenum nicht in eine juristische Auseinandersetzung über die objektive Bedingung der Strafbarkeit und die Irrtumsregelung eintreten. Ich darf nur bemerken: Es ist richtig, wir haben heute noch objektive Bedingungen der Strafbarkeit, nicht nur in § 113. Meine Auffassung ist jedoch die, daß das mit dem Schuldprinzip, wie wir es bei der Reform



Frau Dr. Diemer-Nicolaus
des Allgemeinen Teils, also in unserem Zweiten Strafrechtsreformgesetz, akzeptiert haben, nicht übereinstimmt und daß wir jetzt bei der Fortsetzung der Reform überall, wo noch objektive Bedingungen der Strafbarkeit in den Straftatbeständen enthalten sind, diese beseitigen sollten. Darüber wird noch zu sprechen sein.
Herr Kollege, bitte!

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602824200
Frau Kollegin, Sie lassen die Zwischenfrage zu. — Bitte schön, Herr Kollege!

Dr. Winfried Pinger (CDU):
Rede ID: ID0602824300
Frau Kollegin Diemer-Nicolaus, stimmen Sie mir zu, daß sich der § 113, wie er auch in Ihrem Entwurf enthalten ist, insofern nicht voll in das Schuldstrafrecht integriert, als eine Irrtumsregelung als Verbotsirrtum vorgesehen ist, nicht aber die Schuldform als Voraussetzung für die Strafbarkeit vorgesehen ist, und zwar insofern, als im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit erforderlich ist?

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0602824400
Herr Kollege, halten Sie es wirklich für richtig, im Plenum derartig subtile Rechtsfragen zu erörtern? Ich darf Ihnen aber folgendes sagen. Es ist richtig, wenn wir nach den Grundsätzen des Zweiten Strafrechtsreformgesetzes vorgehen wollten, müßten wir sogar von einem Tatsachenirrtum ausgehen, nicht nur von einem Verbotsirrtum. Die Tatsache, daß hier ein Verbotsirrtum vorliegt, hält sich aber nach unserer Auffassung durchaus in den Grenzen unserer Verfassung und noch in den Grenzen unseres Schuldstrafrechtes.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602824500
Frau Kollegin, würden Sie eine weitere Zwischenfrage des Kollegen Pinger zulassen?

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0602824600
Wenn sie nicht zu juristisch ist, bin ich gern dazu bereit, Herr Kollege. Wir werden über diese Fragen im Ausschuß sehr eingehend sprechen, und zwar unter rein juristischen Gesichtspunkten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Aber ich halte es nicht für richtig, in der ersten Lesung hier subtilste theoretische juristische Fragen zu erörtern.

Dr. Winfried Pinger (CDU):
Rede ID: ID0602824700
Darf ich es allgemein formulieren: Würden Sie zugeben, daß sich der § 113 nach Ihrem Entwurf von der Sache her einer vollen Integration ins Schuldstrafrecht entzieht?

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0602824800
Herr Kollege, ich möchte jetzt auf das eingehen, was im Hearing von seiten der Polizei gegen den § 113 vorgebracht wurde. Sie glaubt, daß sie, wenn diese Irrtumsregelung geschaffen würde, nicht mehr entsprechend geschützt wäre. Das ist einfach nicht richtig.

(Abg. Memmel: Da müssen Sie mal Polizeipräsident werden!)

— Herr Kollege Memme], wenn Sie vom Platz aus sprechen, verstehe ich Sie nicht; ich darf das erst einmal zu Ende führen. — Etwas anderes aber hat die Irrtumsregelung zur Folge: Sie bewirkt, daß die Verwaltungsbehörden jedesmal sehr sorgfältig prüfen müssen, ob das, was sie anordnen, tatsächlich rechtmäßig ist. Das dient auch unserem Rechtsstaat und dem Schutz des Bürgers. Um so weniger wird es vorkommen, daß ein derartiger Irrtum entstehen kann, und um so weniger wird es möglich sein, daß ein solcher Täter — es klang so durch: die reden sich nachher alle aus diesem Irrtum heraus — die Irrtumsregelung ungerechtfertigt für sich in Anspruch nehmen kann; das wird ihm dann vom Gericht nicht abgenommen.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602824900
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Erhard?

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0602825000
Ich bitte, daß das die letzte ist; ich möchte zum Schluß kommen.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0602825100
Frau Kollegin, sollte ich Sie falsch verstanden haben, oder wollten Sie tatsächlich zum Ausdruck bringen, daß sich unsere Verwaltungsbeamten, also unsere Behörden, nicht mit hinreichender Sorgfalt rechtsstaatlich verhalten?

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0602825200
Herr Kollege, was ich haben möchte, ist, daß die Verwaltung gerade dann, wenn sie eine Vollzugsmaßnahme trifft — und das ist ja beim § 113 der Fall —, stets sehr sorgfältig prüft, ob dies auch die richtige Maßnahme ist. Ich möchte nicht behaupten, daß das bisher nicht überall geschieht, aber Sie wissen, daß es auch bei einer Verwaltungsbehörde vorkommen kann, daß man einmal nicht ganz so sorgfältig prüft, wie es im Interesse der Bürger geschehen sollte.
Zu dem § 125 möchte ich noch darauf hinweisen, daß hier wieder die echt Kriminellen, nämlich die, die nach unserem Entwurf nach § 125 wegen Landfriedensbruchs bestraft werden sollen, nicht von denen unterschieden werden, die tatsächlich nur dabei gewesen sind. Herr Kollege Müller-Emmert hat hierzu außerordentlich treffende Ausführungen gemacht. Ich kann mich ihnen nur anschließen. Ich wehre mich dagegen, daß solche, die nicht eine echte kriminelle Schuld auf sich geladen haben, in ihrem weiteren Leben als Vorbestrafte belastet sein sollen. Deswegen muß diese Abgrenzung in § 125 sehr sorgfältig überlegt werden.
Es ist keineswegs so, daß wir die Augen vor der Wirklichkeit verschließen; wir halten sie gerade für die Wirklichkeit offen, indem wir eine andere Abgrenzung vorsehen, als sie der Entwurf der CDU/ CSU enthält. Wir wünschen, daß beachtet wird, daß das Demonstrationsrecht ausgeübt werden kann.



Frau Dr. Diemer-Nicolaus
Wir wünschen, daß die Demonstrationen friedlich verlaufen, und wir sind überzeugt, daß die Polizei in der Lage ist, auf Grund der von uns vorgeschlagenen gesetzlichen Bestimmungen, auf Grund der Polizeigesetze, auf Grund des Versammlungsgesetzes, auf Grund der verschiedenen Gesetze zur Anwendung des unmittelbaren Zwangs solche Demonstrationen, die nicht friedlich bleiben, die nicht mehr durch die Grundrechte geschützt sind, aufzulösen, für Ruhe und Ordnung auf den Straßen zu sorgen und dafür Sorge zu tragen, daß Freiheit und Eigentum der anderen Bürger geschützt sind.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602825300
Das Wort hat der Herr Kollege de With.

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0602825400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur noch kurz einige Anmerkungen machen.
Ich meine, die Vorlage der CDU/CSU-Fraktion ist tatsächlich nicht geeignet, die nach geltendem Recht bestehenden Unklarheiten zu beseitigen. Ich möchte das an Hand einiger Beispiele belegen. Außerdem meine ich, daß Sie sich mit Ihrem Entwurf, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, einen Schritt zurück, auch von Ihren eigenen früheren Gedanken zum geltenden Recht, bewegen.

(Abg. Memmel: Vielen Dank, Herr Landgerichtsrat!)

Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten aus Ihrem Entwurf 1962 eine Passage zum Schuldprinzip zitieren. Dort heißt es:
Es könnte fraglich sein, ob sich ein Strafrecht, das wie das des Entwurfs auf dem Schuldgedanken aufbaut, einer Rechtsfigur wie der Bedingung der Strafbarkeit überhaupt bedienen darf, ohne mit sich selbst in Widerspruch zu geraten.
Weiter unten heißt es dann:
Derartige Umstände dürfen daher nicht zur bloßen Bedingung der Strafbarkeit gemacht werden, wenn nicht ein Widerspruch zum Schuldgrundsatz entstehen soll.
Damals haben Sie deshalb folgerichtig in den § 419, der dem § 113 entspricht, die Irrtumsregelung eingebaut. Heute tun Sie es nicht mehr.

(Abg. Dr. Müller-Emmert: Sehr wahr!)

Zweitens ein Beispiel, zu welchen Absurditäten die Regelung in § 112 Ihrer Vorlage führen kann. Der verstorbene Generalstaatsanwalt Fritz Bauer und unser Kollege Ostman von der Leye hatten einmal in Schriften geäußert, es sei eine Verbeugung vor Gesslers Hut, wenn ein Fußgänger nächstens am Zebrastreifen die Straße nicht passiere, weil das grüne Männchen nicht auftauche — und das, obwohl weit und breit kein Fahrzeug zu sehen sei. — Formal und streng genommen könnte man daraus schließen, diese Äußerung sei eine Aufforderung, eine bestimmte Ordnungswidrigkeit zu einer bestimmten Zeit zu begehen. Es wird kein Richter auf die Idee kommen,

(Zuruf von der CDU/CSU: Ja eben!) aber man könnte formal mit Recht sagen: Nach § 112 wird das von Ihrer Vorlage erfaßt. Und vielleicht wird der eine oder andere nach dem Legalitätsprinzip doch ein Verfahren einleiten.

Ein weiteres Beispiel zu § 113. Es kann doch der Umstand eintreten, daß ein Polizist ein Fahndungsfoto erhält, das einen Mann mit schwarzen Haaren, Brille, Schnurrbärtchen und ovalem, schmalen Gesicht zeigt. Er sieht einen solchen Mann, der der Falsche ist und der sagt: Entschuldigen Sie bitte, ich bin der Oberbürgermeister von Köln. Wenn dieser sich dann wehrt, weil er der Falsche ist, dann ist das nach unserer Vorschrift natürlich nicht dergestalt auszulegen, daß das ein Irrtum mit mildernden Folgen wäre. — Wenn aber derselbe Polizist durch einen Anruf darauf aufmerksam gemacht wird, die Haare seien inzwischen gefärbt, die Brille verschwunden und ebenso der Bart, so daß das Gesicht nicht mehr oval, sondern rund aussehe, und er trifft einen Mann, der so aussieht, hält ihn fest und zeigt auf die Frage, wo denn sein Fahndungsbild sei, das alte vor, was zu einer Gegenwehr dieses Mannes führt, dann wird nach unserer Auffassung dieser Person, die sich völlig ungerechtfertigt festgenommen sieht, ein Widerstandsrecht dergestalt zugebilligt werden müssen, daß das strafmildernde Folgen haben kann.

(Zuruf von der CDU/CSU: Hat das etwas mit Demonstrationen zu tun, Herr Dr. de With?)

— Jedenfalls ist dies eine Vorschrift, die in unserem Entwurf steht, und wir alle müssen darüber rechten. Es ist doch unzweifelhaft, daß der Entwurf nicht nur auf die fest umrissene Demonstration anzuwenden ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602825500
Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage Ihres Kollegen zulassen?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0602825600
Bitte schön!

Dr. Heinz Eyrich (CDU):
Rede ID: ID0602825700
Herr Kollege de With, würden Sie dieses Beispiel nicht auf den Fall beschränken, daß bei dem Irrenden oder bei dem, der Widerstand leistet, höhere Gesichtspunkte, d. h. höhere Werte in Frage stehen? Muß dieses Korrektiv in Ihrem Beispiel nicht noch dazukommen?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0602825800
Ich verstehe nicht ganz, was Sie mit „höheren Werten" meinen.

Dr. Heinz Eyrich (CDU):
Rede ID: ID0602825900
Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, daß nur dann ein Widerstandsrecht gerechtfertigt sei, wenn für den anderen ein unabwendbarer Schaden entstehe, der so ungleich größer ist, daß es nicht verantwortbar erscheine, ihm ein Widerstandsrecht nicht zuzubilligen. Würden Sie dieses Korrektiv hier einschalten?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0602826000
Ich meine, daß die Einschaltung unserer Irrtumsvorschrift das bereits vom Bundesgerichtshof anerkannte Recht auf Irrtum des Bür-



Dr. de With
gers deutlich vergrößert. Das ist auch die Ansicht unseres Entwurfs.
Ich darf noch auf zwei Punkte hinweisen, die mir wesentlich erscheinen und die bisher nicht zur Sprache gekommen sind. Dadurch, daß Sie in § 113, den Sie in die Form eines Nötigungstatbestandes bringen, den Richter aufnehmen, kommen Sie wieder zu einem Gruppenstrafrecht, das wir doch alle nicht wollen. Ich glaube, wir kommen nicht weiter, wenn wir bestimmte Kreise über die Maßen privilegieren,

(Zuruf des Abg. Dr. Lenz [Bergstraße])

allein durch die plakative Wirkung, die dann vorhanden ist. Ich glaube nicht, daß das Gros der Richter das wünscht.

(Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Das ist auch gar nicht die Frage!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602826100
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Vogel?

Friedrich Vogel (CDU):
Rede ID: ID0602826200
Herr Kollege de With, sind Sie nicht der Auffassung, daß der Richter auch schon nach geltendem Recht mit unter den Beamtenbegriff fällt, so daß das hier lediglich zur Verdeutlichung hineingeschrieben ist und im Grunde genommen keine Erweiterung des geschützten Personenkreises bedeutet?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0602826300
Ich glaubte, Ihre Frage schon vorher beantwortet zu haben, indem ich sagte: durch die plakative Wirkung.
Ein weiterer Hinweis auf Ihre Regelung des § 116 — Auflauf — im Verhältnis zu § 125. Zunächst einmal möchte man meinen, Sie streichen — wie es auch unsere Intention ist — die Vorschrift über den Auflauf und drücken den Tatbestand herab zu einer Ordnungswidrigkeit. Aber dann muß man mit größtem Erstaunen feststellen, daß in § 119 der Auflauf-Paragraph im Grunde genommen wieder im Strafgesetzbuch auftaucht, auch wenn es dort noch den Zusatz gibt: „die die öffentliche Sicherheit bedroht". Jetzt frage ich: Der Polizeibeamte, der schnell entscheiden muß, wird doch oft sehr leicht geneigt sein, zu sagen: Durch einige Gewalttäter wird die öffentliche Sicherheit bedroht. Dann aber wird für jeden Demonstranten, wenn er nicht weggeht, diese Handlung wieder strafbar, und wir sind genau wieder bei dem alten Recht, von dem wir uns entfernen wollen.
Was hat das zur Folge? — Wir 'stehen auf dem Standpunkt, die Polizei muß ein modernes Instrumentariaum erhalten,

(Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Aber Sie nehmen es ihr doch weg!)

um bei Demonstrationen, die aus dem Leim geraten, zugreifen zu können. Das kann sie nach dem heutigen Recht in flexibler Weise nicht. Warum nicht? — Weil .praktisch alle Handlungen nicht mit Ordnungswidrigkeitsbußen bedroht sind, sondern mit Strafe, was zur Folge hat, daß die Polizei nach dem Legalitätsprinzip vorzugehen hat. Die Demon-
stranten aber müssen das Gefühl haben, es werden willkürlich einige gepackt, andere nicht. Das führt wiederum dazu, daß sich einige Polizeibeamte objektiv den Vorwurf der Begünstigung im Amt einhandeln. Natürlich ist es für 'sie unmöglich, alle zu packen. Aber wenn es für die Polizeibeamten unmöglich ist, gemäß dem Legalitätsprinzip alle Täter zu packen, dann frage ich mich: Warum stufen wir diesen Tatbestand nicht gleich zu einer Ordnungswidrigkeit herab, bei der die Polizei nach dem Opportunitätsprinzip vorzugehen in der Lage ist? Das entspräche auch dem Willen der Massenpsychologen. Erwin Scheuch hat klar gesagt, am besten werde eine Demonstration, auch wenn sie umkippe, nach dem Opportunitätsprinzip und nicht nach dem Legalitätsprinzip gepackt.
Dazu noch eines: Nach unseren Intentionen verliert die Polizei an praktischen Zugriffsmöglichkeiten gar nichts; denn die Polizeirechte der Länder gewähren noch immer den Zugriff durch Platzverweis, durch vorläufige Mitnahme auf die Wache zur Feststellung der Personalien und in fast allen Ländern
außer in drei Ländern — auch die Ingewahrsamnahme. Dabei darf ich bemerken, daß es sich hier nicht um eine Verhaftung handelt. — Herr Lenz!

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602826400
Sie gestatten offenbar eine Zwischenfrage?

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0602826500
Herr Kollege de With, wenn das, was Sie gesagt haben, richtig ist, wie erklären Sie sich dann die Tatsache, daß alle Polizeipräsidenten und -beamten genau das Gegenteil behauptet haben?

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0602826600
Herr Lenz, das ist in dieser verallgemeinernden Formulierung nicht richtig. Auf meine Fragen haben die Polizeibeamten generell gesagt, sie bräuchten das Strafgesetz, weil das psychologisch ein größeres Gewicht zum Eingreifen verleihe. Aber wollen wir nicht alle von dem schweren Knüppel des Strafrechts wegkommen, wenn wir mit Verwaltungsrecht dasselbe erreichen?

(Beifall bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Zum Polizeiknüppel kommen!)

Ein weiteres Beispiel, um das zu erhellen.

(Abg. Vogel meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

— Einen kleinen Moment; ich möchte mein Beispiel zu Ende führen.
Als das Straßenverkehrsrecht weitgehend zum Ordnungswidrigkeitenrecht abgestuft wurde, kamen zunächst auch Bedenken, ob denn die Polizei noch in der Lage wäre, entsprechend zuzugreifen, weil das psychologische Gewicht zum Eingreifen wegen der Abstufung geringer geworden sei. Wir alle wissen doch — und gestern hat das der Vertreter des Innenministeriums in den Ausschüssen bestätigt —, daß die Polizei ihre Verhaltensweise noch genauso ausrichtet und daß der fließende Verkehr nicht gestört ist, sondern daß im Gegenteil durch die flexiblere Behandlung eine Besserung eingetreten ist. Ich



Dr. de With
meine, dasselbe wird bei den Demonstrationen der Fall sein.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602826700
Herr Kollege Vogel, wollen Sie Ihre Zwischenfrage zurückziehen!

(Abg. Vogel: Sie paßt jetzt nicht mehr in den Zusammenhang!)

— Gut. — Bitte schön!

Dr. Hans de With (SPD):
Rede ID: ID0602826800
Ich bin am Ende und darf mit folgenden Worten schließen.
Ich glaube nicht, daß durch Ihre Vorlage im Endeffekt Rechtsfrieden geschaffen werden würde; denn zur Zeit haben wir auf diesem Teilgebiet keinen Rechtsfrieden. Um Rechtsfrieden zu schaffen, muß man auch den Mut haben, Vorstellungen bei bestimmten Personengruppen begegnen zu können. Wenn das das Parlament nicht tut, handelt es sich nach Acton mit Recht den Vorwurf ein, es handle nur politisch, weil es an die nächsten Tage denke, und nicht staatsmännisch, weil es nicht an die nächsten Jahre denke. Ich meine, wir sollten uns dazu aufraffen, etwas mehr in die Zukunft zu schauen und nicht nur auf die nächsten Wochen und Monate.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602826900
Als letzter Redner in dieser Debatte hat sich der Kollege Schlee gemeldet. Bitte schön!

Albrecht Schlee (CSU):
Rede ID: ID0602827000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, aus dem Stegreif noch einige Worte zu dieser Debatte zu sagen. Ich möchte das deswegen tun, weil ich die Ehre habe, im Ausschuß der Berichterstatter zu sein.
Ich halte es für unglücklich, daß hier immer nur von Demonstrationsdelikten und vom Recht zu Demonstrationen die Rede ist. Es handelt sich um die Reform der Strafvorschriften über den Widerstand gegen die Staatsgewalt und gegen die öffentliche Ordnung. Natürlich rücken die Vorgänge der jüngsten Jahre Erscheinungen der Demonstrationen in den Vordergrund. Aber wir alle sind wohl einig in der Meinung, daß Demonstrationen, Willensbekundungen durch öffentliche Versammlungen und öffentliche Aufzüge, an sich etwas ganz Legales sind, was nicht geduldet, sondern auch geschützt werden muß, und daß es sich bei den Strafvorschriften, die der Ausschuß jetzt ins Auge fassen muß, um Erscheinungen handelt, die auch auf anderen Gebieten, bei anderen Gelegenheiten vorkommen, dann allerdings manchmal auch im Auslauf von Demonstrationen.
Nachdem die Regierung keine Vorlage eingebracht hat, wohl aber die Koalitionsparteien, ist es ja verständlich und richtig, daß nun auch die Fraktion der CDU/CSU ihre Vorlage eingebracht und heute ausführlich begründet hat. Ich verspreche mir aber nichts davon, daß wir hier in der Abwägung und Beurteilung der Vorlagen zu sehr ins Detail gehen. Davon hat das Hohe Haus gar nichts. Das sind Ausführungen, die am Platz sind, wenn die Überlegungen und Beschlüsse des Ausschusses zur Entscheidung anstehen. Vor allem haben wir nichts davon, wenn hier mit Beispielen gearbeitet wird, die ganz abseits liegen, wie das öfters der Fall gewesen ist, oder wenn Mißverständnisse auftreten, wie z. B. die Frage des Herrn Kollegen Vogel, die völlig berechtigt war, gezeigt hat. Daß die Richter in den Bestimmungen besonders genannt werden, entspricht der neuen Auffassung unseres Grundgesetzes.
Ich möchte nur folgendes sagen. In Art. 83 unseres Grundgesetzes ist die Rede von den Gesetzen, die grundsätzlich von den Ländern ausgeführt werden. Solche Gesetze werden in diesem Hause in großem Maße produziert. Das sind die Gesetze für die Verwaltung. Wir haben hier über ein Strafgesetz zu entscheiden, und das ist ein Gesetz, nach dem Recht gesprochen werden soll. Das bürgerliche Recht und das Strafrecht sind die unmittelbare Grundlage der Rechtsprechung durch unsere Gerichte, ja sie sind eigentlich der Anfang und die Grundlage des Rechtsstaates und der Stellung des Bürgers im Rechtsstaat, wo er nicht der Exekutive, sondern unmittelbar der unabhängigen Gerichtsbarkeit gegenübersteht.
Es ist verständlich, daß die beiden Vorlagen in einer Frontstellung einander gegenübergestellt werden. Man kann sagen, beide haben ihre Probleme. Ich räume durchaus ein, daß die Regelung des § 113, die in der Vorlage der CDU/CSU vorgesehen ist, im Hinblick auf die Rechtsprechung und auf die Rechtslehre große Probleme aufwirft. Auf der anderen Seite sind die Vorschläge der Koalitionsparteien zur Regelung des § 125 — Landfriedensbruch — meiner Meinung nach völlig ungenügend und tragen nicht den Bedürfnissen nach Schutz und Sicherheit der Öffentlichkeit und des Bürgers, der mit seinem Eigentum und seiner Person nicht Objekt von Willenskundgebungen und Angriffen werden will, Rechnung.
Es ist die Aufgabe des Ausschusses, zunächst einmal zu versuchen, ob er aus beiden Vorlagen eine gemeinsame Lösung erarbeiten kann, die eine große Mehrheit des Hauses findet. Denn um auf das zurückzukommen, was ich eben gesagt habe: Gesetze, die ,die Grundlage der Rechtsprechung sind, kann man nicht heute und morgen, in Monaten oder Jahren immer wieder ändern; es sind Gesetze, die dauern sollen, Gesetze, die in das Rechtsbewußtsein des Volkes eingehen sollen. Daher waren wir uns im Ausschuß einig, daß wir uns bemühen müssen, Regelungen zu treffen und Gesetze zu schaffen, die nicht nur hier im Hause eine große Mehrheit finden; vielmehr sollte die Mehrheit, die hier im Hause zustande kommt, auch zum Ausdruck bringen, daß ,die gefundene Lösung weitgehend dem Rechtsbewußtsein unseres Volkes oder der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung entspricht.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wenn wir dieses Ziel im Ausschuß nicht erreichen, wird es selbstverständlich in den Abstimmungen hier auch einmal zu Frontstellungen kommen; das ist nicht zu vermeiden. Vorerst aber ist es Aufgabe



Schlee
des Ausschusses, Lösungen zu suchen, die die Anerkennung des Hauses insgesamt finden können.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602827100
Damit sind wir am Ende der Aussprache. Der Ältestenrat schlägt vor, den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Reform des Strafrechts, Drucksache VI/261, Antrag der Abgeordneten Vogel, Benda, Erhard (Bad Schwalbach), Dr. Eyrich, Dr. Lenz (Bergstraße), Dr. Pinger und der Fraktion der CDU/CSU, an den Sonderausschuß für die Strafrechtsreform — federführend — und zur Mitberatung an den Innenausschuß zu überweisen. — Es ist so beschlossen.
Zu Punkt 19b liegt der Bericht des Ausschusses auf Drucksache VI/270 vor. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Bericht und der entsprechenden Beschlußfassung zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. — Ich danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Gemäß einer interfraktionellen Vereinbarung wird jetzt der Zusatzpunkt der heutigen Tagesordnung aufgerufen:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Volksentscheid im Gebietsteil Baden des Landes Baden-Württemberg gemäß Artikel 29 Abs. 3 des Grundgesetzes
— Drucksache VI/211 —
Schriftlicher Bericht des Innenausschusses (4. Ausschuß)

— Drucksache VI/303 —
Das Wort hat der Herr Berichterstatter, der Herr Abgeordnete Dr. Gruhl.

Dr. Herbert Gruhl (CDU):
Rede ID: ID0602827200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte den Schriftlichen Bericht, der Ihnen heute morgen auf die Plätze gelegt worden ist, nur um einige Bemerkungen ergänzen.
Der Volksentscheid im Gebietsteil Baden des Landes Baden-Württemberg ist bis zum 30. Juni 1970 durchzuführen. Demnach ist die Verabschiedung des Gesetzes eilbedürftig. Das Grundgesetz regelt diesen Termin, und es schreibt außerdem vor, daß für eine erfolgreiche Abstimmung ein Vietel der Wahlberechtigten des früheren Landes Baden ihre Stimme für die Wiederherstellung abgeben müssen.
Damit sind wir bei dem ersten Problem, das den Innenausschuß zu beschäftigen hatte. Denn im Gesetz über Volksbegehren und Volksentscheid von 1955 ist vorgesehen, daß nicht nur die wahlberechtigten Bürger des Landes, sondern daß auch die in dem Land Geborenen Stimmrecht haben sollen. Dies steht im Widerspruch zu der Regelung im Grundgesetz; denn die Anzahl derer, die im Lande Baden geboren sind und nicht mehr dort wohnen, ist weder ihrer Zahl nach festzustellen noch ist vorauszusehen, eine wie große Anzahl von Wahlberechtigten ihre Stimme bei diesem Volksentscheid abgeben würden. Der Innenausschuß hat darum der Regelung des
Grundgesetzes den Vorrang gegeben, wonach ein Viertel der zum Landtag Wahlberechtigten ihre Stimme in dem Sinne der Wiederherstellung abgeben müssen. Das hatte zur Folge, daß das Gesetz über Volksbegehren und Volksentscheid von 1955 im § 22 Abs. 2 geändert werden mußte. Der Ausschuß hat die Streichung dieses Paragraphen empfohlen.
Ich bitte bei dieser Gelegenheit, einen Druckfehler zu berichtigen, der auf der vorletzten Seite des Schriftlichen Berichts Drucksache VI/303 zu finden ist. Dort heißt es in Art. 2 a in dem unterstrichenen Text „Das Gesetz ... vom 23. Dezember 1966". Das ist ein Fehler. Es muß dort heißen „Das Gesetz ... vom 23. Dezember 1955". Ich bitte das zu berichtigen.
Das zweite Problem, welches den Innenausschuß beschäftigt hat, war die Frage der Wahlkampfkostenerstattung. Der Innenausschuß hält es für angebracht, in diesem Falle, da es sich ja um eine Abstimmung laut Grundgesetz handelt, eine Wahlkampfkostenerstattung zu gewähren. Um aber nicht für andere Abstimmungen etwas zu präjudizieren, ist die Wahlkampfkostenerstattung aus dem Gesetz herausgenommen worden. Sie finden in der beiliegenden Entschließung das Ersuchen an die Bundesregierung, die Frage im Rahmen des Haushalts 1970 zu lösen, indem 1,2 Millionen DM für die Vereinigungen, die sich aktiv am Abstimmungskampf beteiligen, eingesetzt werden. Es heißt also nicht „die Parteien".
Der Innenausschuß hat das Gesetz in drei Sitzungen gründlich beraten und empfiehlt dem Hohen Haus die Annahme.
Zum Schluß möchte ich bemerken, daß es etwas eigenartig erscheint, wenn heute, wo allenthalben von einer Neuregelung des Bundesgebietes gesprochen wird, unter der man meistens die Zusammenfassung zu größeren Einheiten versteht, ein Volksentscheid über die Abtrennung eines Landesteiles durchgeführt wird. Aber unsere demokratische Grundordnung gibt auch den Bürgern dieses Landesteiles das Recht, ihren Willen frei zu äußern. Der Innenausschuß war bemüht, diese Frage so zu regeln, daß eine möglichst unbeeinflußte Durchführung des Volksentscheids möglich ist.

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602827300
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. — Wortmeldungen liegen nicht mehr vor.
Ich rufe in der zweiten Beratung auf Art. 1, Art. 2, Art. 2 a — mit der Änderung, die der Herr Berichterstatter soeben hier vorgetragen hat —, Art. 3, Art. 4 Einleitung und Überschrift. — Es ist so beschlossen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in dritter Lesung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich danke Ihnen. Gegenprobe! —



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Keine Gegenstimmen. — Stimmenthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme des Gesetzentwurfs fest.
Meine Damen und Herren, wir müssen dann noch über den Antrag des Ausschusses unter Ziffer II, den Sie auf Seite 5 der Drucksache finden, abstimmen. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. — Danke. Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Ich stelle auch hier einstimmige Annahme fest.
Meine Damen und Herren, damit ist dieser Punkt der Tagesordnung abgeschlossen.
Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Rechtspflegergesetzes
— Drucksache VI/289 —
Das Wort wird dazu nicht gewünscht. Nach dem Beschluß des Altestenrates soll der Gesetzentwurf dem Rechtsausschuß überwiesen werden. — Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Zehnten Strafrechtsänderungsgesetzes
— Drucksache VI/293 —
Der Herr Kollege Memmel hat das Wort.

Linus Memmel (CSU):
Rede ID: ID0602827400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit großem Interesse habe ich den Bericht über die 347. Sitzung des Bundesrates vom 23. Januar 1970 gelesen. In dieser Sitzung hat Senator Heinsen das Zehnte Strafrechtsänderungsgesetz begründet. Dieser Gesetzentwurf geht ja auch auf einen Antrag des Landes Hamburg zurück. Mit der von Senator Heinsen gegebenen mündlichen Begründung bin ich voll einverstanden. Nicht einverstanden dagegen bin ich mit Teilen der Begründung, die uns in Drucksache VI/293 schriftlich vorliegt.
Die Gründe dafür will ich Ihnen kurz sagen. In der 3. Legislaturperiode hatten die Abgeordneten Memmel, Höcherl und Schlee, alles ehemalige bayerische Strafrichter, diesem Hause einmal einen Antrag vorgelegt. Mit diesem Antrag, der später dann zu dem Fünften Strafrechtsänderungsgesetz geführt hat, sollte nicht nur die Beseitigung gewisser Mißstände erreicht werden; es sollte vor allem eine Rechtsunsicherheit beseitigt werden, die dadurch entstanden ist, daß der Bundesgerichtshof in den in Band 11 veröffentlichten Entscheidungen die örtlichen Polizeiverordnungen für unzulässig erklärt hat.
In der schriftlichen Begründung in Drucksache VI/293 steht nun, daß das Fünfte Strafrechtsänderungsgesetz zu grobschlägig sei, um bei komplexen großstädtischen Verhältnissen untragbare Auswüchse der Gewerbsunzucht zu beseitigen. Weiterhin heißt es, das Fünfte Strafrechtsänderungsgesetz sei zu eng.
Wenn Sie einmal die Güte haben, in Drucksache III/1449 und den Schriftlichen Bericht in Drucksache III/1819 nachzulesen, werden Sie feststellen, daß man sich, wenn man der damaligen Initiative der drei Kollegen gefolgt wäre, das Zehnte Strafrechtsänderungsgesetz, das jetzt hier im Entwurf vorliegt, vielleicht hätte ersparen können. Ich schlage daher vor, daß der Vorsitzende des Rechtsausschusses, der Herr Kollege Lenz, bei den Beratungen des Zehnten Strafrechtsänderungsgesetzes auf die Drucksachen III/1449 und III/1819 — das sind Drucksachen aus der dritten Legislaturperiode — zurückgreift.

(Zuruf von der CDU/CSU: Nicht zuständig!)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602827500
Herr Kollege, ich mache Sie auf einen Irrtum aufmerksam. Nach dem Vorschlag des Ältestenrates soll der Sonderausschuß für die Strafrechtsreform diese Materie beraten.

Linus Memmel (CSU):
Rede ID: ID0602827600
Vielen Dank, Herr Präsident. Dann muß ich meine Empfehlung an den Vorsitzenden des Sonderausschusses richten. Ich freue mich, daß dieser Einwand, der damals gegenüber dem Antrag in der 3. Legislaturperiode gebracht worden ist, nämlich daß das doch ein unzulässiger Vorgriff auf die kommende Strafrechtsreform sei, weil das in dem Entwurf 1959 II in § 229 geregelt werde, dieser Einwand, der zu einer großen Verzögerung geführt hat, die Leute damals nicht gehindert hat, das doch durchzusetzen. Denn Sie sehen, bis heute haben wir noch keine Große Strafrechtsreform.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602827700
Das Wort hat der Herr Kollege Glombig.

Eugen Glombig (SPD):
Rede ID: ID0602827800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich als direkt gewählter Abgeordneter im Wahlkreis 12, Hamburg-Mitte, zu dem auch St. Pauli gehört, einige kurze Ausführungen zu dem hier vorliegenden Entwurf eines Zehnten Strafrechtsänderungsgesetzes mache.
Herr Kollege Memmel, ich fasse Ihre Rede, die Sie soeben gehalten haben, so auf, daß Sie damit Ihre Verdienste um das Fünfte Strafrechtsänderungsgesetz hier noch einmal gebührend hervorgehoben haben. Ich meine auch, daß wir Ihnen Dank dafür sagen sollten, daß diese Initiative ergriffen worden ist. In der Zwischenzeit hat sich allerdings herausgestellt, daß wir damit allein nicht auskommen. Ich glaube, daß wir bei allen Vorbehalten, die Sie vorgetragen haben, wohl in der Sache einig gehen, daß hier zusätzlich noch etwas geschehen muß, um auch innerhalb eines Bezirks zu einer örtlichen und zeitlichen Beschränkung der Prostitution zu kommen.
Der Entwurf eines Zehnten Strafrechtsänderungsgesetzes ist auf einen Antrag des Landes Hamburg im Bundesrat zurückzuführen auf Grund der Erfahrungen, die vor allem in Hamburg gemacht worden sind. Aber es geht hier nicht nur um ein Hamburger Problem, meine Damen und Herren, sondern es geht



Glombig
um ein Problem, das wir auch in anderen Groß- und Mittelstädten haben und das sowohl in Hamburg als auch in diesen Städten einer Losung zugeführt werden muß. Es handelt sich hier vor allem um die Bekämpfung der Auswüchse der Straßenprostitution, nicht zuletzt auch um die Bekämpfung des „Autostrichs". Man sollte das in diesem Hause ruhig auch einmal so zum Ausdruck bringen, weil das ein Problem ist, mit dem sich die Burger, die in diesen Gebieten wohnen, herumzuschlagen haben.
Nach geltendem Recht sind die Landesregierungen ermächtigt, den bei der Ausübung des „ältesten Gewerbes der Welt" auftretenden Mißständen durch Rechtsverordnung zu begegnen, welche die Ausübung der Gewerbsunzucht in kleinen Gemeinden ganz und in Gemeinden mit über 50 000 Einwohnern für einzelne Bezirke verbietet. In einer Mittel- oder Großstadt ist es verfassungsrechtlich weder zulässig, noch durchsetzbar, noch zweckmäßig, so meine ich, die Prostitution ganz zu verbieten. Es muß in einer Großstadt wie Hamburg mindestens einen Bezirk geben, in dem die Prostitution erlaubt bleibt, auch nach Erlaß dieses Zehnten Strafrechtsänderungsgesetzes. Das braucht im einzelnen hier nicht weiter begründet zu werden. Die jetzige Ermächtigung sieht jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers und nach der Rechtsprechung nur ein Vollverbot für den ganzen Bezirk und für 24 Stunden vor, also ein Verbot rund um die Uhr.
Wir wollen gern, daß die Möglichkeit geschaffen wird, dieses Verbot in einem bestimmten Bezirk für bestimmte Straßen und für bestimmte Plätze auszunehmen, z. B. für Eros-Zentren und ähnliche Etablissements. Wir wollen weiter, daß dieses Verbot für bestimmte Zeiten eingeschränkt wird, z. B. für die Nachtzeit. St. Pauli ist ja nicht nur ein weltbekanntes Vergnügungszentrum — ich möchte Sie alle einladen, wenn ich das darf, sich das ruhig einmal anzusehen; es ist sehenswert — —

(Zuruf des Abg. Memmel.)

— Sie waren noch nicht da?

(Abg. Memmel: Ich gehe mit Ihnen gern hin, Herr Kollege!)

— Ich würde mich sogar anbieten, dann Ihr „Bärenführer" zu sein. Das sollte mir ein besonderes Vergnügen sein, einen Kollegen von der bayerischen CSU auf St. Pauli begrüßen zu können.
Meine Damen und Herren, St. Pauli ist darüber hinaus auch ein Wohngebiet, in dem Tausende von Menschen wohnen und ihrer Arbeit nachgehen. Es gibt dort Tausende von Familien mit Kindern, und diese Kinder müssen unter Umständen beim Spielen auf den Straßen, auf dem Schulweg, d. h. auf dem Weg zur Schule und auf dem Weg von der Schule nach Hause, Dinge mit ansehen, die einen Teil der Prostitution darstellen, nämlich z. B. die Anbahnungsgespräche. Es kommt dort zu Belästigungen und Gefährdungen der Kinder. Die Empörung der Eltern ist sehr groß. Wir haben im Sommer des vergangenen Jahres bereits Schulstreiks in diesem Bezirk gehabt, und es gibt die Androhung, daß, wenn hier nicht recht bald gesetzgeberisch eingeschritten wird, mit weiteren Schulstreiks zu rechnen ist.
Wir erkennen die Berechtigung der Beschwerden der Bürger in diesen Gebieten an und meinen, daß wir als Gesetzgeber alles tun müssen, um diese Mißstände zu beseitigen. Wir konnten es bisher auf Grund der jetzt gegebenen gesetzlichen Ermächtigung nach dem Fünften Strafrechtsänderungsgesetz nicht tun. Diese Möglichkeit muß so schnell wie möglich geschaffen werden. Deswegen bitte ich Sie alle, meine Damen und Herren, vor allem die Kolleginnen und Kollegen im Sonderausschuß für die Strafrechtsreform, dafür zu sorgen, daß dieses Gesetz so schnell wie möglich verabschiedet wird, damit wir nach Möglichkeit noch bis zum Sommer, d. h. bis zu dem Zeitpunkt, wo die große Welle des Fremdenverkehrs auch auf St. Pauli wieder einsetzt, das Gesetz über die Bühne gebracht haben. Die Menschen, die dort wohnen, werden Ihnen sehr dankbar sein, und ich als Abgeordneter aus einem solchen Gebiet bin Ihnen natürlich auch dankbar, wenn hier möglichst zügig gearbeitet wird.

(Beifall.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602827900
Das Wort wird nicht mehr begehrt.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Entwurf dem Sonderausschuß für die Strafrechtsreform zu überweisen. — Es ist so beschlossen.
Ich komme nunmehr zu dem letzten Punkt der heutigen Tagesordnung, Punkt 18:
Beratung des Berichts der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik für das Jahr 1967 (Unfallverhütungsbericht 1967) — Drucksache VI/ 183 —Für die Bundesregierung erläutert den Bericht Herr Staatssekretär Rohde.

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0602828000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den am 10. September 1969 abgeschlossenen Unfallverhütungsbericht für das Jahr 1967 lege ich hiermit dem Hohen Hause vor. Es ist ein verkürzter Bericht. Er entspricht in dieser Form dem Wunsche des Hohen Hauses, in Jahren mit ungerader Zahl die Berichte der Träger der Unfallversicherung und der Gewerbeaufsichtsbehörden in gedrängter Form zusammenzufassen.
In diesem Zusammenhang will ich gleich eine kritische Anmerkung machen. Wir werden die Frage prüfen, wie Form und Inhalt künftiger Unfallverhütungsberichte anders gefaßt werden können. Es ist z. B. zu untersuchen, ob nicht eine Akzentverschiebung in der Richtung vorgenommen werden sollte, den Bericht mehr zu einem Arbeitssicherheitsbericht werden zu lassen, um damit die besondere Zielsetzung der Vorsorge im Arbeitsleben in den Vordergrund zu rücken. Durch eine neue Art der Berichte wollen wir für die Zukunft auch dazu beitragen, daß sie eine größere öffentliche Resonanz finden. Dieses unser Bemühen geht davon aus, daß



Parlamentarischer Staatssekretär Rohde
Arbeitsschutz und Unfallverhütung Schwerpunkte zeitgerechter Sozialpolitik darstellen. Die Regierungserklärung hat das deutlich gemacht. Es ist nicht mehr nur ein Thema für Fachleute. Was wir heute im Spannungsfeld zwischen Mensch und Technik an Konflikten vorfinden, geht die ganze Gesellschaft an. Die Zahlen über das Unfallgeschehen in den Betrieben, auf den Straßen und in anderen Lebensbereichen zeigen das.
Im Hinblick auf die Ihnen mit dem heutigen Bericht vorgelegten Zahlen möchte ich einige Anmerkungen machen.
Es geht aus den Statistiken hervor, daß die Zahl der Arbeitsunfälle insgesamt und besonders bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften zurückgegangen ist. Bei diesen Zahlen muß allerdings bedacht werden, daß im Jahre 1967 infolge der Rezession die Zahl der Beschäftigten und auch der geleisteten Arbeitsstunden rückläufig war. Insofern muß also, um eine längerfristige Prognose stellen zu können, die Entwicklung der Arbeitsunfälle in den Jahren 1968 und auch 1969 mit berücksichtigt werden. Die Angaben des vorliegenden Berichts sind also kein Grund zur Selbstzufriedenheit. Es müssen auf diesem Feld auch in Zukunft große Anstrengungen gemacht werden, um das Maß an Arbeitssicherheit zu erhöhen und auf diese Weise das zu leisten, was in der Regierungserklärung als „Humanisierung des Arbeitslebens" angesprochen worden ist.
Wir sind uns als Regierung bewußt, daß zur Erfüllung dieser Aufgabe eine enge Kooperation aller Verantwortlichen erforderlich ist. Sozialpolitik, soziale Praxis, wie sie sich insonderheit in den Betrieben darstellt, und Wissenschaft müssen zusammenwirken. Das geht hin bis zur Sicherheitspädagogik, die ihren Ansatzpunkt auch nicht erst im Betriebsleben, sondern schon in den Schulen und anderen Lebensbereichen finden kann.
Unser Haus ist sich bewußt, welche Bedeutung die Initiativen haben, die von den Tarifvertragsparteien, den Trägern der Unfallversicherung und anderen Stellen unternommen worden sind. Ich darf hinzufügen, daß in dem von unserem Haus angekündigten Dialog mit den sozialen Gruppen die Weiterentwicklung des Arbeitsschutzes eine besondere Rolle spielen wird.
Bei den Beratungen früherer Unfallverhütungsberichte hat der Bundestag eine Reihe von Empfehlungen und Anregungen gegeben. Zu einem Teil sind sie bereits in den Vorlagen für die Jahre 1966 und 1967 berücksichtigt worden. Das betrifft z. B. die Dokumentation der Arbeitsschutzvorschriften und der Richtlinien des Bundes und der Länder sowie Vorschläge zum Ausbau der Statistik. Aber ich will an dieser Stelle offen hinzufügen, daß auch hier noch eine Reihe von Fragen aufgearbeitet werden muß, z. B. was die Ermittlung der indirekten Unfallkosten angeht, die Unfallhäufigkeit nach Betriebsgrößen und die Abstimmung mit der Entwicklung in der EWG.
Im einzelnen wird das gründlich in den Ausschußberatungen zu erörtern sein. Dabei wird auch an Hand der Zahlen dieses Berichts jedenfalls nach unserer Auffassung geprüft werden müssen, ob die praktische Handhabung der Zuschläge und Nachlässe bei der Beitragserhebung in einer Weise erfolgt, die den Vorstellungen des Gesetzgebers, die er seinerzeit bei der Beratung des Unfallversicherungsneuregelungsgesetzes fixiert hat, Rechnung trägt.

(Beifall bei der SPD.)

Darüber hinaus aber wurde bei den Beratungen früherer Unfallverhütungsberichte eine Reihe von grundsätzlichen Fragen der Weiterentwicklung der Arbeitssicherheit aufgeworfen. Die heutige Bundesregierung nimmt die bei jenen Gelegenheiten geäußerten Erwartungen des Parlaments ernst und arbeitet zielstrebig daran, ihnen zu entsprechen.
Dabei werden vier Aufgaben im Vordergrund stehen: erstens der Ausbau der betrieblichen Arbeitssicherheitsorganisation; zweitens die Entwicklung des werksärztlichen Dienstes; drittens die Intensivierung der Unfallursachenforschung; viertens der Ausbau sowie die zeitgerechte Aufgabenstellung für das Bundesinstitut für Arbeitsschutz.
Bei der Erfüllung dieser Aufgaben geht unsere Absicht dahin ich sage das schon an dieser Stelle, um Sie auf diese Weise auch mit an unseren Überlegungen zu beteiligen —, eine enge Beziehung zwischen technischem und gesundheitlichem Arbeitsschutz herzustellen. Auf Grund der bisherigen Erhebungen und gutachtlichen Stellungnahmen prüfen wir die Frage, ob der Gesamtkomplex ,,innerbetriebliche Sicherheitsdienste" nicht in einem gemeinsamen Gesetz eine feste Grundlage finden kann. Das würde dann gleichzeitig das Problem der hauptamtlichen Sicherheitsingenieure sowie der Werksärzte und sonstigen Institutionen umfassen.
Es ist heute vielfach — das will ich auch offen sagen — das Schicksal dieser Sicherheitsdienste, eine zweit- oder gar drittklassige Rolle neben der Produktion einnehmen zu müssen. Das ist für Ingenieure, Ärzte und anderes Fachpersonal kein nachhaltiger Anreiz, auf diesem Feld tätig zu werden. Unsere Erwartung geht dahin, mit der Entwicklung des Arbeitsschutzes gleichzeitig auch bessere Voraussetzungen für die personelle Seite dieses wichtigen Bereichs der Sozialpolitik zu schaffen. Ich weiß, daß damit auch Fragen verbunden sind, die sich auf die noch bessere Integration des Arbeitsschutzes und der Arbeitsmedizin in die akademische Ausbildung beziehen.
Eine vorsorgende und praxisnahe Unfallursachenforschung ist durch moderne Erkenntnisse möglich geworden. An Stelle der bisher sehr fachorientierten Einzelforschung müssen die Unfallursachen in echter Teamarbeit von Naturwissenschaftlern, Ingenieuren, Medizinern, Psychologen und Wirtschaftswissenschaftlern gemeinsam erforscht werden. Das in- und ausländische Forschungsmaterial muß zusammengetragen und aufbereitet werden. Die Ergebnisse sind dann so zu verbreiten, daß sie als Rüstzeug für eine erfolgreiche Unfallverhütung genutzt werden können.
Diese Absicht, nämlich Unfallursachenforschung, Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit weiterzu-



Parlamentarischer Staatssekretär Rohde
entwickeln, soll durch den Ausbau des Bundesinstituts für Arbeitsschutz gefördert werden. Damit wollen wir gleichzeitig einem seit langem bestehenden Auftrag dieses Hohen Hauses Rechnung tragen. Gleichzeitig sollen auch die Arbeiten anderer Institutionen, die sich mit der Arbeitssicherheit beschäftigen, nachhaltig unterstützt und koordiniert werden.
Meine Damen und Herren, ich habe hier nur mit groben Strichen die Grundzüge für die Weiterentwicklung der Arbeitssicherheit aufzeigen können. Wir werden darüber das Gespräch mit den Tarifvertragsparteien und den anderen auf dem Feld der Arbeitssicherheit wirkenden Kräfte vertiefen, um diesem Hohen Hause Vorlagen zu unterbreiten, die durch die Erfahrungen der Praxis abgesichert sind.
Wir sind uns dabei bewußt, daß dieses Thema auch eine europäische Dimension hat. Bei dem Zusammenwachsen der Märkte in der Europäischen Gemeinschaft und der wachsenden Freizügigkeit der Arbeitnehmer überspringt der Arbeitsschutz die nationalen Grenzen und wird damit zu einem Thema der sozialen Harmonisierung.
Arbeitssicherheit und Unfallverhütung haben nach unserer Auffassung einen hohen Stellenwert in der sozialpolitischen Rangordnung. Sicher arbeiten — das zeigen unsere gemeinsamen Erfahrungen — dient sowohl dem Menschen als auch der Wirtschaft im ganzen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602828100
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Kollege Lampersbach.

Egon Lampersbach (CDU):
Rede ID: ID0602828200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Der uns vorliegende Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen ist auf Grund eines Beschlusses des 5. Deutschen Bundestages erstmals in Kurzfassung erschienen. Der Deutsche Bundestag hatte seinerzeit nach sehr eingehenden Beratungen im zuständigen Ausschuß für Sozialpolitik festgestellt, daß der Zeitraum für einen umfassenden Bericht länger als ein Jahr sein müsse, wenn er auch in der Form entsprechend behandelt werden soll und die Beratungen darin ihren Niederschlag finden sollen.
Heute haben wir, möchte ich sagen, eine Aufmachung vor uns, die eine kurze Statistik mit sparsamer Kommentierung darstellt. Zu bedauern ist hierbei, daß das vorliegende Zahlenmaterial nicht mehr absolut aktuell und neu ist — ich würde sagen: es ist bereits überholt —, da heute auch schon die Zahlen des Jahres 1968 und des ersten Halbjahres 1969 vorliegen. Sie sind bereits von den Versicherungsträgern veröffentlicht worden. Dieser Tatbestand sollte uns aber nicht entmutigen, den vorliegenden Bericht in allen Details sachlich zu prüfen, um im Vergleich zu den vorherigen Berichten festzustellen, inwieweit sich die in der Vergangenheit vorgeschlagenen und ergriffenen Maßnahmen und Anregungen niedergeschlagen haben.
Der erste Eindruck ergibt, daß der vorliegende Bericht eine erfreulich positive Tendenz ausweist. Die Arbeitsunfälle sind danach um rund 400 000 zurückgegangen. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß trotz dieses Rückgangs nach wie vor eine Gesamtzahl von rund 2,4 Millionen Arbeitsunfällen ausgewiesen wird.
Beim Vergleich der statistischen Daten stellen wir fest, daß dieser Rückgang insgesamt 14 % ausmacht, im Bereich der in den gewerblichen Berufsgenossenschaften zusammengefaßten Betriebe sogar fast 17 %. Auch die Wegeunfälle haben erfreulicherweise sehr stark — um 13 % — abgenommen, wohingegen bei den Berufskrankheiten ein leichter Anstieg zu verzeichnen ist.
Wir werden im Ausschuß bei den Beratungen in besonderer Weise hierzu Untersuchungen anstellen müssen und dabei insbesondere das, was Herr Staatssekretär Rohde vorhin bereits erwähnt hat, berücksichtigen müssen, inwieweit dieser statistisch ausgewiesene Rückgang wirklich vorhanden ist oder ob er mit einer Abnahme der geleisteten Arbeitsstunden zusammenhängt.
Ich will es Ihnen und uns heute, vor allen Dingen bei der „hervorragenden" Besetzung des Hauses, ersparen, große statistische Vergleiche anzustellen. Ich glaube, es wäre auch jetzt bei der Einbringung nicht der richtige Zeitpunkt. Wir werden uns aber bei den Beratungen sehr eingehend damit beschäftigen müssen, welche Schlußfolgerungen wir aus der ersten verkleinerten statistischen Ubersicht ziehen können.
Ich möchte auch das noch aufgreifen, was der Herr Parlamentarische Staatssekretär vorhin gesagt hat, als er von den Anregungen, Wünschen und Aufträgen bei der Beratung des letzten Unfallverhütungsberichts sprach. Wir haben seinerzeit im Teil B der Drucksache V/3031 einen ganzen Katalog von Anregungen und Wünschen festgehalten. Im nächsten Unfallverhütungsbericht wird darauf sicherlich in der Kommentierung auch im weiteren Rahmen eingegangen werden. Wir sollten uns aber doch der Mühe unterziehen, jetzt schon bei den Beratungen im Ausschuß Vergleiche anzustellen, Erhebungen durchzuführen, inwieweit diese Wünsche und Anträge in der Vergangenheit Berücksichtigung gefunden haben. Ich hoffe, Herr Staatssekretär Rohde, daß wir für diesen Zweck aus dem Arbeitsministerium die erforderlichen Unterlagen und Materialien in ausreichendem Maße zur Verfügung gestellt bekommen. Ich bin sicher, daß Ihr Haus trotz der Kürze der Zeit bereits sehr eingehende Untersuchungen vorliegen hat.
Meine sehr verehrten Damen und Heren, wenn wir — und ich begrüße das — diesen verkürzten Bericht heute der Öffentlichkeit vorstellen, so geschieht es nicht, um ein Zahlenwerk zu präsentieren, sondern sehr viel mehr, um mit großem Nachdruck, mit großem Ernst auf die Gefahren des täglichen Lebens hinzuweisen. Wenn ich sagte, daß wir 2,4 Millionen Arbeits- und Wegeunfälle haben, wenn Sie überlegen, daß diese 2,4 Millionen nicht nur volkswirtschaftlich die enorme Summe von fast 4 Milliarden DM, soweit ausgewiesen und errech-



Lampersbach
net, ausmachen, sondern daß in sehr vielen Fällen Leiden und sogar der Tod von Menschen dahinterstehen, so mag das Rechtfertigung genug sein, daß wir auch mit diesen statistischen Darstellungen immer wieder und laut und deutlich an die Öffentlichkeit herantreten.
Meine Damen und Herren, ich bin mir darüber im klaren, daß bei allem guten Wollen und bei aller Perfektionierung der Einrichtungen und Möglichkeiten — auch die Umbenennung, Herr Kollege Rohde, der „Unfallverhütung" in „Arbeitssicherungsvorgang" wird das sicher nicht beschleunigen können — immer wieder der Mensch primär auf die Gefahren aufmerksam gemacht und hingewiesen werden muß, die ihm durch die Umwelt drohen. Unfallschutz ist insofern sicherlich in allererster Linie eine Aufgabe des einzelnen, ob im Hause, ob auf dem Wege von oder zur Arbeit oder am Arbeitsplatz selbst. Daß wir uns darüber hinaus bemühen sollen und müssen, innerhalb der Betriebe die Einrichtungen zur Steigerung der Arbeitssicherheit zu verstärken, ist eine Selbstverständlichkeit. Ich hoffe, daß auch die Beratungen und die Beschlußfassung hier in diesem Hause mit dazu beitragen, daß wir in den nächsten Jahren immer wieder feststellen können: Die Tendenz der Unfälle geht erfreulicherweise — wenn auch langsam. so doch stetig — zurück.

(Beifall.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602828300
Das Wort hat der Herr Kollege Langebeck.

Walter Langebeck (SPD):
Rede ID: ID0602828400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist der vierte Bericht, den die Bundesregierung diesem Hohen Hause mit der Drucksache VI/ 183 vorlegt, und es ist die erste Vorlage dieser Bundesregierung, wenngleich der Bericht von der alten Bundesregierung erstellt wurde. Ich bitte deshalb nachzusehen, wenn ich einige kritische Anmerkungen zu diesem Bericht mache.
Wenn man den Bericht werten will, muß man davon ausgehen, was eigentlich Sinn und Zweck war, als man der Regierung den Auftrag gab, alljährlich einen Unfallverhütungsbericht vorzulegen. Der zuständige Ausschuß und das Hohe Haus wollen aus diesen immer wiederkehrenden Berichten erkennen, welche Maßnahmen des Gesetzgebers erforderlich sind und wieweit wir die Bundesregierung ermuntern sollten, in dem einen oder anderen Bereich auf dem Wege der Verordnung dazu beizutragen, eine größtmögliche Sicherheit am Arbeitsplatz zu garantieren. Das war der eigentliche Sinn.
Wenn es hier um Prämissen geht, dann möchte ich an die Spitze aller Betrachtungen stellen: Uns geht es zunächst — zunächst! — darum, den Menschen gesund zu erhalten und Wunden zu verhüten. Das ist Nummer eins. Selbstverständlich sind auch andere Perspektiven hier in Betracht zu ziehen. Ich denke daran, daß alle Beteiligten in diesem Bereich daran interessiert sind, daß die Kosten und die Belastungen durch die Unfallfolgen möglichst gering gehalten werden.
Ich glaube, auch ein verkürzter Bericht — und darüber müssen wir uns im klaren sein — soll einen gewissen Aussagewert haben, damit wir — und das bleibt dem Ausschuß vorbehalten — echt prüfen können, was in der Gegenwart zu tun ist. Ich weise darauf hin, daß wir den vorjährigen Bericht, der größer und umfangreicher war, wegen der Geschäftslage des Ausschusses nicht im einzelnen beraten konnten, und daraus erwächst nun die Verpflichtung, hier etwas mehr zu tun.
Ich darf einige kritische Bemerkungen machen. Wenn wir in den Bericht hineinschauen, sehen wir alle recht gut: die Unfallzahlen haben sich wesentlich reduziert, in der gewerblichen Wirtschaft sogar um 17 %, allgemein um 14 %. Aber das, was ich hier kritisiere, ist, daß die Bezugszahlen nicht ganz deutlich werden. Herr Kollege Lampersbach, ich spreche das an, was Sie mit der rückläufigen Entwicklung in diesem Jahr, in dem Berichtsjahr hinsichtlich der Arbeitsstunden meinten. Erst dann, wenn ich die Bezugszahlen kenne, komme ich zu einem Ergebnis. Ich meine, das macht der Bericht nicht hinreichend deutlich. Wenn wir das nicht genau untersuchen, kommen wir unter Umständen zu falschen Erkenntnissen.

(Abg. Lampersbach: Herr Kollege, das war eine Adresse an das Ministerium!)

— Selbstverständlich, Herr Kollege Lampersbach. Ich bin mit Ihnen vollkommen einig, und darüber werde ich noch einiges sagen.
Ich habe in dieser Richtung aus meiner beruflichen Tätigkeit einige Erfahrungen. Ich stelle mir nun vor, was derjenige sagen wird, der unmittelbar in diesem Geschehen steht. Da gibt es schon die Unfallbeauftragten, da gibt es Betriebsräte, die sich mit diesen Fragen beschäftigen. Wenn man nun hinsichtlich der Arbeitssicherheit etwas sagt, dann werden uns die, die für die Sicherheit verantwortlich zeichnen, immer sagen: Ja, unseren Bemühungen stehen aber andere Faktoren entgegen. Und dann heißt es in der Sprache derer, die dort beschäftigt sind: Der „Terminjäger" und diejenigen, die für den erhöhten Produktionsausstoß mitverantwortlich sind, stehen unseren Bemühungen manches Mal sehr entscheidend entgegen. Das wird ja häufig in den Betrieben festzustellen sein; darüber gibt es keinen Zweifel. Ich habe bei der Beratung unseres Unfallneuregelungsgesetzes auch selbst solche Gespräche geführt.
Aber was ich deutlich machen wollte, ist, daß sich — der Herr Parlamentarische Staatssekretär hat darauf hingewiesen.— bei diesem Unfallbericht das Jahr 1967, das Jahr der Rezession, deutlich bemerkbar macht. Wer darüber einen Zweifel hat, mag nur einen Einblick in bereits bekanntgewordene Zahlen der Arbeits- und Sozialstatistik 1968/69 nehmen; dann wird die Entwicklung wieder deutlicher. Wir haben Anlaß, diese Zahlen, die uns hier gegeben wurden, sehr vorsichtig zu behandeln.
Ich möchte ein weiteres Beispiel geben; dies sind alles nur einige Punkte, wo ich einfach nicht zufrieden bin. Wir haben mit dem Unfallneuregelungsgesetz die Bestellung von Sicherheitsbeauftragten vorgesehen. Wenn wir jetzt die Zahl aus dem



Langebeck
Bericht nehmen, stellen wir fest, daß 15 000 Betriebe in der Bundesrepublik noch keinen Sicherheitsbeauftragten bestellt haben. Die Ursache weiß ich nicht; das wird nicht gesagt. Sicher gibt der § 719 eine Möglichkeit, daß die Berufsgenossenschaften die Zahl von 20 Beschäftigten erhöhen können, wenn das Unfallrisiko geringer ist. Aber ich kann nicht sagen, woher es kommt, daß in 15 000 Betrieben Sicherheitsbeauftragte fehlen. Welches sind die Ursachen? Hängt das möglicherweise damit zusammen, daß das Angebot auch von Beauftragten nicht groß genug ist oder daß die Schulungen nicht ausreichen, weil es sich überwiegend um Halbtagsschulen handelt? Auch hier hätte der Bericht nach meinem Dafürhalten mehr aussagen können.
Nun zur Frage, wie es mit den Sicherheitsingenieuren ist; wir haben diese Frage bei allen Beratungen behandelt. Ich glaube, hier muß man einige Betrachtungen unter Berücksichtigung dessen, was wir von den Sachverständigen im Juni 1967 gehört haben, anstellen. Welche Vorbildung ist für den Sicherheitsingenieur nötig, gerade hinsichtlich des Unfallgeschehens? Da kann es sicherlich nicht richtig sein, daß Ingenieure, die ihrem eigentlichen Auftrag im Betrieb meinetwegen auf Grund hohen Alters oder sonstiger Umstände nicht mehr nachkommen, nun zu Sicherheitsingenieuren gemacht werden. Das würde der Sache, die wir hier verfolgen, nicht entsprechen.
Eine andere Frage: Ist die Tätigkeit dieser Leute — und hier meine ich zunächst die Sicherheitsingenieure — auch lukrativ? In welchem Verhältnis I steht ihr Einkommen zu dem ihres Kollegen am anderen Arbeitsplatz? Das zu hören wäre auch einmal ganz interessant. — Ähnliche Untersuchungen müßten wir über die Werksärzte anstellen, auch hinsichtlich der Ausbildung der Werksärzte als Arbeitsmediziner. Was ist dort geschehen?
Meine Damen und Herren, ich glaube, die Details bleiben zur Beratung dem Ausschuß vorbehalten, und dennoch möchte ich auf das Sachverständigengutachten noch einmal kurz hinweisen. In einem Großbetrieb ist es, wenn man den Arbeitsschutz so günstig wie möglich gestalten will, sicherlich sinnvoll, daß die Ingenieure, die Ärzte, die Techniker, die Meister und die Unfallbeauftragten zusammenarbeiten. Hier würde ich empfehlen, daß der Ausschuß einmal erwägt, einen Betrieb aufzusuchen, der das Zusammenwirken dieser dafür bestimmten Gruppen mustergültig gestaltet hat. Daraus ergäben sich dann vielleicht auch einige gute Anregungen für uns in der Gesetzgebung.

(Zustimmung bei der SPD.)

Wir würden darum bitten, daß man irgend etwas dieser Art anstellt.
Nun ganz kurz zur Unfallforschung, die hier angesprochen ist. Mir ist das Gesagte nach dem Anliegen, das wir wiederholt vorgetragen haben, einfach zu dünn. Das gilt für die Aufträge, die hier erteilt wurden, und das gilt vor allem für das Ergebnis.
Ich möchte noch eine Anregung geben, mit der wir uns im Ausschuß noch beschäftigen sollten. Bestünde nicht die Möglichkeit, durch eine für das ganze
Bundesgebiet einheitliche Unfallanzeige dieses Gebiet unter besonderer Berücksichtigung der Möglichkeiten der Datenverarbeitung überschaubar zu machen? Kommen wir dann nicht zu einem Ergebnis, das uns in dieser Frage behilflich sein kann?

(Beifall bei der SPD.)

Das sind Anregungen, die ich machen möchte.
Etwas über die Kosten! Kollege Lampersbach, Sie sind darauf eingegangen. Wir haben 3,8 Milliarden DM Ausgaben der Berufsgenossenschaften, und wir haben 77 Millionen DM für die Unfallverhütung. Ich halte diese Darstellung zu diesem Problem nicht für aufschlußreich. Wir haben wiederholt davon gesprodien. Zunächst möchte ich die Bundesregierung ermutigen, mit den Rentenversicherungsträgern, mit den Krankenversicherungsträgern nun die Verhandlungen über die Frage abzuschließen, wieweit ihre Kosten hier mit zuzurechnen sind, soweit sie unfallbedingt sind. Dann erst bekommen wir das richtige Bild und die richtigen Relationen. Dabei gebe ich zu: Wir sollten versuchen, auch jene Kosten mit aufzuführen, die für den Arbeitsschutz nicht von den Berufsgenossenschaften, sondern individuell von den Betrieben gegeben werden. Auch das gehört dazu, damit wir hier das gute Gewicht bekommen.
Nun etwas über die Aufsichtsbehörden! Ich weiß, daß die Bundeszuständigkeit fehlt. Hier sind die Länder zuständig. Den Ländern sind die Gewerbeaufsichtsämter unterstellt. Aber schauen wir uns die Statistik an! Sie befriedigt nicht ganz. Wir haben jetzt über einige Jahre 68 Gewerbeärzte. Und womit werden die Gewerbeärzte überwiegend beschäftigt? — Als Gutachter, wenn es um Streitigkeiten in der Unfallversicherung geht. Ich glaube, hier kann einiges getan werden; ich will das nur als Anregung sagen.
Nun aus meinen Erfahrungen einige persönliche Anregungen: Wir wissen, daß sich in unserer Zeit die Arbeitswelt völlig verändert hat. Aber auch das Krankheitsbild der Menschen hat sich entscheidend verändert. Früher war es der Verschleiß der Arbeitskraft durch physische Überbelastung, heute sind es Überbelastungen, die psychischer Art sind. Das müssen wir ganz deutlich sehen. Durch diese psychischen Ausfallerscheinungen wird aber auch das Unfallgeschehen beeinflußt. Wir kommen auf die Dauer nicht damit aus, zu sagen: Unfallursache ist menschliches Versagen. Da muß ich wiederum fragen: Was ist denn die Ursache des menschlichen Versagens? Da gibt es sicherlich einige Perspektiven.
Wir werden zum 'Beispiel, wenn es sich um psychische Ausfallerscheinungen handelt, nicht aus dem Betrieb herausgehen können, um festzustellen, welche Spannungen in den zwischenmenschlichen Beziehungen außerhalb des Arbeitsplatzes vorliegen, sondern wir sollten versuchen, die Spannungsfelder festzustellen, die sich innerhalb der Arbeitswelt ergeben, und auch dem Werksarzt, der in dieser Richtung einige Fachkenntnisse besitzen sollte, Ratschläge zu geben. Ich glaube, das wäre das große, weite Feld der Arbeitspsychologie auch im Hinblick auf dieses Unfallgeschehen.



Langebeck
Herr Staatssekretär, Sie haben hier einiges angekündigt. Wir sind Ihnen äußerst dankbar, daß Sie an dieses Problem umfassender herangehen wollen. Ich darf Ihnen versichern: Die sozialdemokratischen Mitglieder des Sozialpolitischen Ausschusses und der ganzen Fraktion werden sich ganz aktiv einschalten, damit wir in dieser Richtung ein Stück weiterkommen.
Hinsichtlich des Berichts habe ich einige kritische Anmerkungen gemacht. Ich möchte es nicht versäumen, den Beamten des Bundesarbeitsministeriums für die Erstellung dieses Berichts zu danken, ebenso den Beamten der Berufsgenossenschaften und der Sicherheitsbehörden. Wir werden sicherlich einige gute Anhaltspunkte haben. Für das Arbeitsministerium darf ich einen besonderen Dank Frau Dr. Wendland aussprechen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602828500
Meine Damen und Herren, das Wort hat Herr Kollege Geldner.

Karl Geldner (FDP):
Rede ID: ID0602828600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wir begrüßen es, daß im Zusammenhang mit dem Unfallverhütungsbericht Herr Staatssekretär Rohde in seinen Ausführungen kundgetan hat, er wolle die Unfallursachenforschung und damit auch die Unfallverhütung in Zukunft forciert vorantreiben. Wenn wir aber den Bericht etwas analysieren, können wir eine gewisse unterschiedliche Entwicklungstendenz feststellen: einmal einen erfreulichen Rückgang der Arbeitsunfälle einschließlich der Wegeunfälle im gewerblichen Bereich, zum anderen eine etwas unerfreuliche Entwicklung in der Landwirtschaft. Wir müssen alles daransetzen, auch im Bereich der Landwirtschaft die Unfälle weiter zu reduzieren.
Die Entwicklung der Kosten, die insgesamt durch Unfälle verursacht werden, kann bisher leider nur unvollständig erfaßt werden, wie aus dem Bericht auf Seite 20 zu ersehen ist. Der Bericht bezieht sich daher im wesentlichen auf die Ausgaben, die bei der gesetzlichen Unfallversicherung angefallen sind.
Wir . Freien Demokraten begrüßen die Ankündigung der Bundesregierung, daß in Zukunft das Material über die Kosten, die darüber hinaus betrieblich und volkswirtschaftlich entstehen, zusammengestellt und in den Bericht aufgenommen werden soll.
Die Ubersicht im Teil D läßt erkennen, daß die Bemühungen der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und Unfallverhütung weiter forciert werden. Es ist zu hoffen, daß diese Bemühungen zu weiteren positiven Ergebnissen in der Unfallverhütung führen werden.
Besonders auffallend ist die Steigerung der Berufskrankheiten bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft und der Eigenunfallversicherung um 40,8 bzw. 22,4 %. In den Ausschußberatungen werden wir uns mit dem Problem der Bekämpfung der Berufskrankheiten sehr intensiv befassen müssen.
Die Zahlen und das Schaubild zu den Unfällen und Erkrankungen, die die Zahlung einer Rente, einer Abfindung oder eines Sterbegeldes zur Folge haben, lassen eine gewisse unklare Tendenz erkennen. Einmal wird nämlich darauf hingewiesen, daß dies nur 4,3 % der erstmals entschädigten Unfälle seien. Gleichzeitig werden wir jedoch mit dem Vorjahresanteil, der bei 3,9 % liegt, darauf aufmerksam gemacht, daß es leider nicht möglich war, die schweren Unfälle im gleichen Maße zu reduzieren wie die leichteren. Betrachtet man das Schaubild 3, so läßt sich zumindest ab 1965 für alle ausgewiesenen Bereiche eine fallende Tendenz der Fallzahl je tausend Vollarbeiter in der graphischen Darstellung beobachten. In den Ausschußberatungen werden wir diesem Sektor unser besonderes Augenmerk widmen müssen, weil gerade hier nicht nur der Kostenanteil der Unfälle der höchste ist, sondern auch für den einzelnen Unfallgeschädigten bzw. seine Angehörigen die schlimmsten Folgen zu registrieren sind.
Ich komme zum Schluß. Der Bericht beschränkt sich bewußt auf eine Zusammenfassung von Einzelberichten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und der Arbeitsschutzbehörden. Die weiteren Ausschußberatungen werden zeigen, in welchen Bereichen weitere Schritte zu unternehmen sein werden — abgesehen von den angekündigten und laufenden Vorhaben —, um das Schadensausmaß bei den Betroffenen in Zukunft weiter zu reduzieren. Das muß unser aller Anliegen sein. Wir müssen in den zukünftigen Ausschußberatungen alles daransetzen, die Unfälle zu reduzieren und das Los der Geschädigten zu verbessern.

(Beifall.)


Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0602828700
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Unfallverhütungsbericht 1967 dem Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung zu überweisen. — Keine anderen Anträge. — Es ist so beschlossen.
Wir stehen damit am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Plenarsitzung auf Dienstag, 17. Februar 1970, 9.00 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.