Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Auf der Tagesordnung steht heute nur ein Punkt:
Fragestunde •
— Drucksache V/4156 —
Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich die Getreidevermarktungsschwierigkeiten für die deutsche Landwirtschaft durch Frankreich vom Erntejahr 1968 — wie sie in meiner Frage vom 8. November 1968 angesprochen wurden — für das Jahr 1969 noch mehr zu vergrößern drohen?
Welche wirkungsvollen Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung zu ergreifen gemäß der Antwort von Bundesminister Hocherl vom 15. November 1968 auf meine Frage 77 (Drucksache V/3471), um noch größere Vermarktungsschwierigkeiten für die Ernte 1969 zu verhindern?
Ist der Bundesregierung bekannt, auf welche Mengen und Preise von Frankreich Getreidelieferungstermingeschäfte für die Ernte 1969 in der Bundesrepublik Deutschland bereits getätigt worden sind?
Ist Herr Abgeordneter Reichmann im Saal? — Ja. Können die Fragen im Zusammenhang beantwortet werden? — Ja. Bitte, Herr Bundesminister!
Der Bundesregierung ist bekannt, daß der Absatz der neuen deutschen Getreideernte erheblich behindert würde, wenn auf Grund der Franc-Schwäche Getreide aus Frankreich weiterhin in ungewöhnlich großen Mengen in die Bundesrepublik geliefert wird. Um die Vermarktung der neuen Ernte sicherzustellen, hat die Bundesregierung nach eingehender Erörterung der Lage mit dem betroffenen Partner, Frankreich, bei der Kommission Schutzmaßnahmen nach Art. 226 des EWG-Vertrages beantragt. Durch die Schutzmaßnahmen sollen die Einfuhren auf ein Maß zurückgeführt werden, das mit der Versorgungslage im Einklang steht.
Zu der dritten Frage: Der Bundesregierung ist nicht bekannt, über welche Mengen und zu welchen Preisen Getreide aus der neuen französischen Ernte,
die ja noch nicht existiert, zur Lieferung in die Bundesrepublik kontrahiert worden ist. Im innergemeinschaftlichen Handel unterliegen Getreidegeschäfte keiner vorherigen Genehmigung oder gar Kontrolle. Die Kursvorteile aus der Franc-Schwäche sind aber so groß, daß die deutschen Interventionspreise beträchtlich unterboten werden und deshalb französisches Getreide über den notwendigen Bedarf hinaus kontrahiert wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Reichmann.
Weshalb, Herr Bundesminister, hat die Bundesregierung diese Maßnahmen erst jetzt, wo das Desaster besteht, ergriffen, obwohl Sie, Herr Bundesminister; die Maßnahmen bereits im November angekündigt hatten, weil sich damals das Dilemma schon abzeichnete?
Herr Kollege Reichmann, wir nehmen schickliche Rücksicht auf die Schwierigkeiten unseres französischen Freundes. Sie können überzeugt sein, daß wir alle Maßnahmen getroffen haben, um sicherzustellen, daß die neue deutsche Ernte auf Lager kommen kann.
Noch eine Frage, Herr Reichmann.
Wie wird sich diese Getreidemarktsituation, die sich jetzt abzeichnet, auf die Getreidepreise für die kommende Ernte auswirken?
Sie kann sich gar nicht auswirken, weil wir Interventionspreise haben, die ein bestimmtes Niveau garantieren.
Noch eine Frage, Herr Reichmann.
Welche Spekulationsgewinne sind schätzungsweise aus der soeben von Ihnen aufgezeigten Differenz zwischen den Interventionspreisen und den durch diese Manipulationen bewirkten Preisen entstanden?
Metadaten/Kopzeile:
12808 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Mai 1969
Herr Reichmann, das würde ich auch gerne wissen.
Noch eine Frage, Herr Reichmann.
Wer bezahlt eigentlich die Kosten dieser rätselhaften, aber doch in etwa klaren, wenn auch nicht konkreten Spekulationsgewinne, die Einfuhr- und Vorratsstelle, also letzten Endes der Steuerzahler?
Nein, die Gemeinschaft.
Keine Zusatzfrage mehr, Herr Reichmann? — Dann rufe ich die Frage 52 des Abgeordneten Herrn Weigl auf:
Trägt ein von den Jungen Europäischen Föderalisten in Bonn veröffentlichtes Flugblatt mit dem Text „Milliarden-Betrug am Verbraucher" nach Auffassung der Bundesregierung zur sachgerechten Aufklärung der Großstadtbevölkerung über die schwierigen Strukturprobleme der kleinbäuerlichen Gebiete bei?
Bitte, Herr Bundesminister!
Die Bundesregierung ist nicht dieser Ansicht. Die in dem Flugblatt und in dem gleichzeitig veröffentlichten Memorandum der
. Jungen Europäischen Föderalisten enthaltenen Darlegungen zu dem überaus vielschichtigen Problem der europäischen Agrarpolitik werden den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Hierauf habe ich den Vorsitzenden der Jungen Europäischen Föderalisten bereits mit Schreiben vom 1. April 1969, also vor Ihrer Anfrage, hingewiesen und die Auffassung vertreten, daß die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat, über das Agrarproblem sachlich und ohne Verfälschung informiert zu werden. Die Äußerungen des Verbandes Junger Europäischer Föderalisten — auf die ich hier nicht im einzelnen eingehen will — dürften jedoch auf das Gegenteil hinauslaufen und damit kaum geeignet sein, den europäischen Integrationsgedanken zu fördern.
Eine Zusatzfrage, Herr Weigl.
Herr Bundesminister, ist Ihnen vom Vorsitzenden dieser Jungen Europäischen Föderalisten auf Ihren Brief hin eine Zusicherung gegeben worden, daß man künftig in sachlicherer Weise zu den Problemen Stellung nehmen wird?
Nein. Ich habe nicht die Ehre, diesen Mann zu kennen. Ich habe auch keine Antwort auf meinen Brief bekommen. Ich brauche auch keine.
Keine Fragen mehr. Frage 53 des Abgeordneten Strohmayr:
Gedenkt die Bundesregierung, den in der Fernsehsendung „Der Markt" geschilderten Schwierigkeiten seitens des Einzelhandels gegenüber den Beziehern von verbilligter Butter entgegenzuwirken, damit der Abbau des Butterberges nicht gefährdet wird?
Bitte, Herr Minister!
Aus dem bisherigen Ablauf der Aktion „Abgabe verbilligter Butter an Empfänger bestimmter sozialer Hilfen" kann ich die Schlußfolgerung ziehen, daß die im Fernsehen gezeigten Schwierigkeiten Einzelfälle darstellen und nicht ein echtes und wirkliches Bild über die Auffassung des gesamten Handels zu dieser Aktion geben.
Im übrigen bin ich bei der Durchführung der Aktion auf die freiwillige Mitarbeit des Handels angewiesen. Eine gesetzliche Möglichkeit, den Händler zu zwingen, die Gutscheine anzunehmen, habe ich nicht und wünsche ich mir auch nicht.
Um den Handel zur Mitarbeit zu gewinnen, habe ich folgende Maßnahmen ergriffen: Ich habe das Verfahren der Abrechnung der Gutscheine für den Handel so einfach wie möglich gestaltet, und zwar so, daß der Händler die Gutscheine beim Verkauf wie beim Einkauf von Butter wie Bargeld behandeln kann. Gleichzeitig mit der Veröffentlichung meiner Richtlinien vom 11. März 1969 wurden sowohl der Handel über die Zentralverbände als auch die breite Öffentlichkeit durch entsprechende Verlautbarungen meines Hauses mit allen Einzelheiten bekannt gemacht. Zuvor wurde in Verhandlungen mit den maßgebenden Zentralverbänden des Milchhandels, des Buttergroßhandels, des Lebensmitteleinzelhandels, der Lebensmittelfilialbetriebe und der Konsumgenossenschaften erreicht, daß diese sich bereit erklärten, die Aktion zu unterstützen und die ihnen angeschlossenen Betriebe auf das Verfahren bei der Anahme und Abrechnung der Gutscheine hinzuweisen.
Eine Zusatzfrage, Herr Strohmayr.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß auch bei der Zuteilung von Butter an soziale Einrichtungen — Altersheime, Krankenhäuser und dergleichen — große Schwierigkeiten dadurch entstanden sind, daß die Feststellung der Voraussetzungen für den Bezug dieser verbilligten Butter einen verhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand erforderlich machten und darüber hinaus verbilligte Butter nur bezogen werden konnte, wenn der übrige Butterbedarf nicht eingeschränkt wurde?
Ja. Wir handeln nicht aus eigenem Recht, sondern aus EWG-Recht. Deswegen kann ich all Ihre Wünsche nicht so erfüllen, wie ich es selber gern tun würde.
Noch eine Frage, Herr Strohmayr.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Mai 1969 12809
Herr Minister, wäre es nicht möglich gewesen, in der EWG auf eine Änderung zu drängen — denn es geht hier ja um den Abbau des gesamten europäischen Butterberges —, so daß diese Verwaltungsschwierigkeiten in diesem Jahr nicht notwendig gewesen wären?
Wir drängen fortgesetzt darauf.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beantwortet. Vielen Dank, Herr Bundesminister.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Zur Beantwortung ist hier Herr Parlamentarischer Staatssekretär Adorno.
Frage 60 des Abgeordneten Dr. Nann:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die beim Feldersatzbataillon 12 eingeplanten Reservisten vom 23. bis 27. Juni 1969 zu einer Übung einberufen wurden und eine große Anzahl von Reservisten infolge von Urlaubsvereinbarungen schon Widerspruch eingelegt haben?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, zu der Mobilmachungsübung des Feldersatzbataillons 12 in Bad Mergentheim sind insgesamt 160 Reservisten einberufen worden, davon 151 vom Kreiswehrersatzamt Heilbronn. Nach meinen Ermittlungen ist lediglich bei diesem Amt von nur einem Wehrpflichtigen Widerspruch gegen die Einberufung mit der Begründung erhoben worden, er habe in dieser Zeit eine Spanienreise gebucht. Das Kreiswehrersatzamt ist dem Wehrpflichtigen entgegengekommen und hat bereits am 24. März seine Einberufung rückgängig gemacht.
Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Nann.
Herr Staatssekretär, in der Annahme, daß viele Einberufene nach Belehrung von ihrem Widerspruchsrecht nicht Gebrauch gemacht haben, frage ich: halten Sie es nicht doch für besser, künftig solche Übungen in den September oder Oktober zu verlegen, weil dann eine größere Bereitschaft vorhanden wäre?
Herr Kollege, Ferien verteilen sich heute über das ganze Jahr, wenn sie ihren Höhepunkt natürlich auch in der Sommerzeit haben. Die Übungszeiten der Truppe nach den Hauptreisezeiten einzurichten, ist schon deshalb unmöglich, aber mich deshalb, weil die Übungen wegen der eingeschränkten Aufnahmekapazität der Übungsplätze das ganze Jahr hindurch stattfinden müssen.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Dr. Nann.
Herr Staatssekretär, in der Annahme, daß bei gutem Willen manches zu machen ist: glauben Sie nicht auch, daß solche Übungen zweckmäßiger mit einem 14tägigen Zeitablauf durchgeführt würden als mit 8 Tagen?
Wir haben bei der Festlegung des Übungszeitraums viele Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die dann zu verschiedener Dauer führen. Im übrigen darf ich Sie darauf hinweisen, daß wir im Einzelfall sehr genau prüfen, ob wir bei Schwierigkeiten den Einberufenen nicht entgegenkommen können.
Die nächste Frage — 61 — des Herrn Abgeordneten Dr. Nann:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß auch solche Reservisten der Einberufungsstufe 3 Teile ihrer Dienstbekleidung nicht behalten dürfen, welche regelmäßig an dienstlichen Veranstaltungen teilnehmen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Der Bundesregierung ist die Tatsache bekannt. Bekleidung und persönliche Ausrüstung wurden bisher nur für die festgelegte Umfangstärke der Bundeswehr beschafft. Dazu gehören die Reservisten der Einberufungsgruppen 1 und 2. Da die Reservisten der hier angesprochenen Einberufungsgruppe 3 jedoch außerhalb dieser Umfangstärke liegen, war für sie Bekleidung nicht bereitzustellen. Im Haushaltsvoranschlag für 1970 sind nunmehr entsprechende Mittel auch für diese Reservisten der Einberufungsgruppe 3 veranschlagt, damit sie künftig ausgestattet werden können.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Nann.
Herr Staatssekretär, da es sich bei den im Verbande der Reservisten .der Bundeswehr übenden Reservisten nur um relativ wenige handelt, frage ich: glauben Sie nicht, daß es möglich wäre, trotzdem diese noch bevorzugt mit Arbeitsanzügen zu versorgen, zumal solche ausgesondert werden und der Verband der Reservisten sich vergeblich bemüht hat, diese — sogar käuflich — erwerben zu können.
Ich bin gerne bereit, diese Frage zu prüfen. Ich darf aber noch einmal darauf hinweisen, daß wir für den Haushaltsvoranschlag 1970 entsprechende Schritte unternommen haben.
Dann die Frage 62:Ist der Bundesregierung bekannt, daß es in Baden-Württemberg den Gymnasien von deren übergeordneten Behörden untersagt worden ist, den Wehrersatzbehörden die Namen der zum Abitur anstehenden Schüler mitzuteilen?Bitte, Herr Staatssekretär!
Metadaten/Kopzeile:
12810 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Mai 1969
Herr Kollege, das ist der Bundesregierung bekannt. In der letzten Sitzung der Kontaktkommission zwischen meinem Hause und der Kultusministerkonferenz der Länder am 18. April 1969 ist die Frage der Mitteilung der Namen ,der zukünftigen Abiturienten wegen der grundsätzlichen Bedeutung angesprochen worden. Sie wird im schriftlichen Verfahren geklärt werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Nann.
Können Sie einen Zeitpunkt bekanntgeben, Herr Staatssekretär, zu welchem Termin ungefähr damit gerechnet werden kann, daß diese Maßnahme wirksam wird?
Einen genauen Termin kann ich Ihnen nicht nennen. Ich kann aber mitteilen, daß die nächste Sitzung der Arbeitsgruppe der Kontaktkommission am 12. Mai stattfinden wird. Ob bis dahin eine Regelung schon möglich ist, ist im Augenblick nicht zu sagen.
Frage 63 des Herrn Abgeordneten Dr. Marx. Ist er im Saal? — Er ist nicht im Saal. Dann wird die Frage schriftlich beantwortet.
Die Fragen 64 und 65 ,des Herrn Abgeordneten Schmidt werden auf seinen Vorschlag schriftlich beantwortet:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die im Juli 1966 in der Braunschweiger Mölders-Kaserne eingerichtete Bundeswehrfachschule mit etwa 250 Schulplätzen sowie einem angegliederten Internat für 80 Schüler trotz erheblichen Bedarfs bislang nicht genutzt wird?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um diesen Zustand, durch den Soldaten in ihrer beruflichen Weiterbildung behindert werden, abzuändern?
Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Dann die Fragen 66 und 67 des Herrn Abgeordneten Felder — er ist im Saal —:
Ist die Bundesregierung bereit, dem Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages Auskunft über die unter dem Begriff „Weiterentwicklung der Inneren Führung" geplanten Änderungen im „Handbuch für die Innere Führung" zu geben?
Beabsichtigt die Bundesregierung, auch den neuen Beirat für die Innere Führung mit den geplanten Änderungen im Handbuch vertraut zu machen?
Können die Fragen im Zusammenhang beantwortet werden?
Ja, die ersten beiden Fragen.
Bitte, Herr Staatssekretär!
Die Bundesregierung beabsichtigt, sowohl den Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages als auch den Beirat für Fragen der Inneren Führung mit den Fragen der Weiterentwicklung der Inneren Führung zu befassen, wie sie der Herr Bundesminister der Verteidigung in seiner Rede in München dargelegt hat.
Bereits in der Fragestunde am 26. Juni 1968 hat die Bundesregierung erklärt, daß die im „Handbuch Innere Führung" festgelegte Konzeption im Grundsatz gültig bleibt und keine Neuauflage des Handbuches vorgesehen ist, daß .aber ein Kompendium zu den Fragen der Inneren Führung erarbeitet wird. Ich darf insofern auf die entsprechende Sitzungsniederschrift verweisen. Die Weiterentwicklung der Inneren Führung wird ihren Niederschlag in diesem Kompendium finden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Felder.
So begrüßenswert diese Erklärung ist, Herr Staatssekretär, möchte ich Sie doch fragen, warum so lange Zeit vergangen ist und die immer wieder angekündigte Weiterentwicklung und die Reform des „Handbuch Innere Führung" verzögert worden sind.
Mit der Erarbeitung eines Kompendiums ist der Lehrstab an der Schule für Innere Führung befaßt worden. Wir halten es nicht für richtig, auf eine Beschleunigung einer solchen Ausarbeitung bei einem so komplexen Thema Einfluß zu nehmen. Aber ich darf Ihnen mitteilen, daß wir noch in diesem Jahr Gelegenheit haben werden, sowohl den Verteidigungsausschuß als auch den Beirat für Innere Führung mit diesem Kompendium vor seinem Erscheinen zu befassen.
Noch eine Frage, Herr Felder.
Sie teilen also mit mir die Meinung, Herr Staatssekretär, daß es jetzt angesichts der entstehenden Unruhe und der bestehenden Unklarheiten wirklich an der Zeit ist, völlige Klarheit über das zu schaffen, was geplant ist.
Wir tun alles, um die Beratungen in diesem Jahr zum Abschluß zu bringen.
Dann die Farge 68 des Herrn Abgeordneten Felder:Ist die Bundesregierung bereit, mit dem Verteidigungsausschuß und mit dem Beirat für Innere Führung die besorgniserregenden Probleme zu erörtern, die innerhalb der Bundeswehr durch General Grashey und nun — durch die öffentlichen Äußerungen des Generals Karst — auch für alle Bundesbürger aufgeworfen wurden?Bitte, Herr Staatssekretär!
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Mai 1969 12811
Herr Kollege, die im Zusammenhang mit der von Generalmajor Grashey in Hamburg gehaltenen Rede aufgeworfenen Fragen wurden am 24. April im Verteidigungsausschuß eingehend erörtert. Das Ergebnis darf ich bei Ihnen, Herr Kollege, als bekannt voraussetzen.
Die Auffassungen des Brigadegenerals Karst sind durch Reden und Vorträge, vor allem aber durch sein Buch „Das Bild des Soldaten" allgemein bekannt. All diese zahlreichen Veröffentlichungen weisen die positive Einstellung des Brigadegenerals Karst zur Inneren Führung aus. Durch jüngste öffentliche Äußerungen des Offiziers sind weder innerhalb noch außerhalb der Bundeswehr besorgniserregende Probleme aufgeworfen worden, soweit sich das bei dem gegenwärtigen Stand der Klärung des Sachverhalts übersehen läßt. Bisher stellt sich höchstens das Problem der Grenzen der Meinungsfreiheit des Soldaten. Auch diese Frage wird im Bundesministerium der Verteidigung überprüft. Das Ergebnis kann dem Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages und dem Beirat für Fragen der Inneren Führung zu gegebener Zeit auf Wunsch vorgetragen werden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß die Äußerung des Herrn Generals Karst — abgesehen also von seinem Buch, in dem eine ganze Reihe positiver Feststellungen getroffen wurde — in der Öffentlichkeit Besorgnis deshalb erregen mußte, weil er ganz klar zum Ausdruck brachte — wenn das Interview richtig ist —, daß Innere Führung und soldatischer Dienst in sich unvereinbar seien?
In Ihrer Frage haben Sie die Einschränkung gemacht: „wenn dieses Interview richtig ist". Der diesem Interview zugrunde liegende Sachverhalt ist zur Zeit noch nicht so weit geklärt, daß ich Ihnen diese Frage beantworten kann.
Herr Felder. hat noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, das wird also auch Gegenstand künftiger, sehr baldiger Beratungen im Verteidigungsausschuß sein?
Das ist durchaus möglich.
Eine Zusatzfrage, Herr Wienand.
Herr Staatssekretär, bedeutet der in Ihrer Antwort auf die Frage des Herrn Felder enthaltene Hinweis auf die Rede des Herrn Ministers in München und auf die Meinungsfreiheit, daß Soldaten im Hinblick auf die Meinungsfreiheit weitergehen sollten als der politisch verantwortliche Minister in vorher als richtungweisend angekündigten Reden?
Mein Hinweis auf die Ausführungen des Herrn Ministers bei seiner Rede in München galt lediglich einem aktuellen Bezugspunkt.
Noch eine Frage, Herr Wienand.
Läßt dieser aktuelle Bezugspunkt Rückschlüsse auf den Stand oder die Weiterentwicklung der im Verteidigungsministerium mit den entsprechenden Gremien vorgenommenen Arbeiten im Hinblick auf die Innere Führung zu?
Er läßt zweifellos Rückschlüsse zu; denn der Herr Minister hat sich sehr deutlich zu den unverzichtbaren Grundsätzen geäußert wie zu der Weiterentwicklung jener Teile der Inneren Führung, die der modernen Entwicklung angepaßt werden müssen.
Herr Moersch hat um eine Zusatzfrage gebeten. Bitte!
Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin mitgeteilt, daß der Sachverhalt des Interviews von Herrn Karst noch nicht geklärt sei. Wie lange braucht denn so eine Aufklärung eines Sachverhalts im Ministerium durchschnittlich?
Das hängt von den Umständen ab. Wir hoffen aber, daß der Sachverhalt in Bälde geklärt sein wird.
Frage 69 des Herrn Abgeordneten Jung. — Ist er im Saal? — Er ist nicht im Saal. Dann werden diese und die nächste Frage schriftlich beantwortet.
Fragen 71 und 72 des Herrn Abgeordneten Peiter:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Abiturienten des Jahrgangs 1968 nach Ableistung ihrer 18monatigen Wehrpflicht erst das Wintersemester 1969/70 belegen können, falls sie Mathematik oder Physik studieren wollen, wodurch sie gegenüber den nicht zum Wehrdienst eingezogenen Abiturienten noch mehr benachteiligt werden?
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, diese Härte auszugleichen, eventuell durch Beurlaubungen?
Die beiden Fragen können zusammen beantwortet werden. Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, es ist der Bundesregierung bekannt, daß nicht nur das Studium der Mathematik und das der Physik, sondern auch das anderer Fachrichtungen nur im Win-
Metadaten/Kopzeile:
12812 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Mai 1969
Parlamentarischer Staatssekretär Adornotersemester begonnen werden kann. Um die dadurch entstehenden Probleme lösen zu können, wurde in der Sitzung der Kontaktkommission am 18. April 1969, an der Vertreter der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder, der Westdeutschen Rektorenkonferenz und des Bundesministeriums der Verteidigung teilnahmen, auch die Möglichkeit einer Beurlaubung oder vorzeitigen Entlassung von Wehrpflichtigen wegen Aufnahme des Studiums im Wintersemester 1969/70 und in den folgenden Jahren besprochen. Grundlage war die geplante Einführung des Studienjahres an allen wissenschaftlichen Hochschulen, das, soweit dem Bundesministerium der Verteidigung bekannt ist, schon an einer ganzen Anzahl von Universitäten und Technischen Hochschulen praktiziert wird.Das Bundesministerium der Verteidigung hat der Kontaktkommission einen Vorschlag für einen nahtlosen Übergang vom Abitur über den Grundwehrdienst zum Studium unterbreitet. Dieser Vorschlag sieht Übergangslösungen für 1969 und 1970 sowie eine Dauerlösung ab 1971 vor. Die Kontaktkommission hat den Vorschlag zur Kenntnis genommen und beschlossen, eine Arbeitsgruppe aus Angehörigen der Ständigen Konferenz der Kultusminister, der Westdeutschen Rektorenkonferenz und des Bundesministeriums der Verteidigung zu bilden und diese zu beauftragen, zunächst einmal eine für alle akzeptable Übergangslösung für 1969 auszuarbeiten. Diese Arbeitsgruppe wird am 12. Mai 1969 zu ihrer ersten Sitzung zusammentreten.
Eine Zusatzfrage, Herr Peiter.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Regelung, die ich in meinen beiden Fragen angeschnitten habe, bereits zum Herbst dieses Jahres in Kraft treten kann?
Wir geben uns große Mühe, daß diese Regelung in Kraft treten kann. Das hängt aber nicht nur vom Bundesministerium der Verteidigung, sondern auch von der Zustimmung der Universitäten selbst ab.
Noch eine Frage, Herr Peiter.
Herr Staatssekretär, ich habe den letzten Satz nicht erfaßt. Warum — das ist meine Frage — hängt das von der Zustimmung der Universitäten ab? Denn die Universitäten sind meines Wissens doch an der Regelung, wie Sie dargelegt haben, interessiert.
Um diese Frage genau zu beantworten, muß ich Ihnen den Vorschlag, den das Verteidigungsministerium der Kontaktkommission unterbreitet hat, im einzelnen zur Kenntnis bringen. Ich darf das mit Genehmigung des Herrn Präsidenten tun.
Bitte sehr!
Nach den Übergangslösungen, sofern sie akzeptiert werden, erhalten studienwillige Abiturienten, die zum 1. Juli 1968 einberufen worden sind bzw. zum 1. Juli 1969 einberufen werden, im Herbst 1969 bis 1970 nach § 7 der Soldaten-Urlaubsverordnung Urlaub aus persönlichem Anlaß für die Immatrikulation, sofern sie nachweisen, daß sie ihr Studium nur im Wintersemester beginnen können. Sie werden dann nach 17 Monaten Grundwehrdienst zur Aufnahme des Studiums noch im Wintersemester 1969/70 bzw. 1970/71 vom 1. Dezember bis zum Entlassungstag nach § 8 Abs. 3 der Soldaten-Urlaubsverordnung aus wichtigem Grunde beurlaubt. Voraussetzung Ist jedoch, daß die Universitäten und Technischen Hochschulen den Wehrdienst leistenden Abiturienten den Besuch der Lehrveranstaltungen des ersten Semesters ab 1. Dezember ermöglichen, die erforderlichen Plätze freihalten und das Semester voll anrechnen.
Die vom Bundesministerium der Verteidigung vorgeschlagene Dauerlösung sieht die Vorverlegung des Abiturs auf März in einigen Ländern und die Einberufung der Abiturienten, die studieren wollen, zum 1. April vor. Diese Abiturienten würden durchgehend 18 Monate dienen und hätten keinen Zeitverlust.
Voraussetzung ist auch bei der Dauerlösung, daß die Kultusminister derjenigen Länder, die das Abitur vorverlegen müßten, zustimmen. Die Abiturienten der Länder, die das Abitur nicht vorzuverlegen brauchen und in denen die Reifeprüfung bis spätestens Ende Juni abgelegt wird, werden zum 1. Juli einberufen, erhalten, wie eben bei der Übergangslösung schon dargelegt, im Herbst des folgenden Jahres Urlaub für die Immatrikulation und werden nach 17 Monaten zur Aufnahme des Studiums noch im Wintersemester vom Grundwehrdienst beurlaubt.
Eine Zusatzfrage, Herr Wienand.
Herr Staatssekretär, ist dem Verteidigungsministerium bekannt, daß zumindest in einer Reihe von Truppenteilen auf Grund der Vorschrift, daß die letzten sechs Wochen der allgemeinen Wehrpflichtzeit nicht mehr für Urlaub genutzt werden sollen, sondern Urlaub auch aus den Gründen, die Sie angesprochen haben, abgeleistet sein soll, bevor die letzten sechs Wochen beginnen, gerade studienwillige Abiturienten benachteiligt sind, die aus persönlichen Gründen gern die letzten vier Wochen als Urlaub hätten, um keinen Semesterverlust zu erleiden, aber durch eine enge Auslegung durch das vorhin von mir Erwähnte daran gehindert werden?
Bei den Überlegungen, die ich Ihnen soeben für die Übergangslösung vortragen konnte, ist das mit berücksichtigt.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Mai 1969 12813
Noch eine Frage, Herr Wienand.
Ist oder wird sichergestellt, daß das auch an die Kommandeure geht, die Abiturienten unter Hinweis auf die von mir erwähnten Vorschriften noch Schwierigkeiten machen?
Eine Übergangslösung wäre natürlich für alle verbindlich.
Damit sind die Fragen aus diesem Geschäftsbereich beantwortet. Vielen Dank, Herr Staatssekretär!
Welche Konsequenzen will die Bundesregierung aus der Darstellung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 23. April 1969 über unzureichende Leitung und Organisation des Kernforschungszentrums Karlsruhe ziehen?
Ist nach Ansicht der Bundesregierung in den hochschulfreien, vom Bund maßgebend finanzierten Forschungseinrichtungen das Mitspracherecht aller fachkundigen Institutsangehörigen an Planung und Entscheidungen in genügendem Umfang gesichert?
Falls Frage 91 verneint wird: Welche organisatorischen Änderungen sind nach Ansicht der Bundesregierung vordringlich?
Können die drei Fragen im Zusammenhang beantwortet werden?
Ja.
Bitte Herr Minister!
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß sich aus dem erwähnten Artikel der FAZ keine Konsequenzen für die Organisation und Leitung des Kernforschungszentrums Karlsruhe ergeben. Der Artikel enthält neben einigen erwägenswerten Betrachtungen eine Reihe von falschen Tatsachenbehauptungen, die dann als Basis für bestimmte negative sachliche und personelle Wertungen dienen. So sind z. B. bis Ende 1968 von den Angehörigen des Zentrums nicht 800 wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht worden, wie in dem Artikel unterstellt wurde, sondern mehr als 2600. Es trifft auch nicht zu, daß die Leitung des Zentrums und das Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung beabsichtigen, die in dem Artikel genannten neuen Vorhaben der Hochenergiephysik in Karlsruhe zu verwirklichen. Vielmehr ist die Entscheidung, ob und gegebenenfalls ,an welchem Standort neue große Projekte, für die gewisse Vorstudien erstellt und Vorarbeiten durchgeführt werden, realisiert werden, noch völlig offen.
Die Behauptung, das Zentrum kabe keine international anerkannten Datenwerke und Tabellen publiziert, ist ebenfalls unzutreffend. Die Karlsruher Plutoniumdokumentation, Wirkungsquerschnittbibliothek, Nuklidkarten und Programme zur Reaktorberechnung haben vielmehr in der internationalen Fachwelt stärkste Beachtung und weite Anerkennung gefunden. Die Bundesregierung kann deshalb und auch aus anderen Gründen, die eine Antwort in dieser Fragestunde überschreiten, den negativen Wertungen des Beitrages nicht zustimmen..
Eine Zusatzfrage, Herr Moersch?
Das war nur die Antwort auf die erste Frage.
Ich komme noch zu den anderen.
Dann darf ich Zusatzfragen stellen?
Ja, zuerst die Zusatzfragen, dann die Beantwortung der beiden anderen Fragen.
Herr Bundesminister, wie verhält sich Ihre Darstellung der Zahl der veröffentlichten Arbeiten zu der Tatsache, daß Herr Professor Schopper in einer Hausmitteilung des Forschungszentrums am 21. April erwähnt hat, daß im Jahre 1968 mehr als 100 wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht wurden — was, wenn Sie das pro Jahr umlegen, exakt mit den Angaben in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung übereinstimmt: In acht Jahren 800, und über 100 in einem Jahr? Das ist eine amtliche Mitteilung, und die widerspricht Ihrer Darstellung.
Sie widerspricht nicht meider Darstellung, weil sich diese Mitteilung offensichtlich nur auf eine ganz bestimmte Veröffentlichungsreihe bezieht, die das Kernforschungszentrum selbst herausgibt, während bei einer wirklich wissenschaftlichen Würdigung, die nicht von vornherein durch negative Vorurteile bestimmt ist, selbstverständlich alle wissenschaftlichen Publikationen zu berücksichtigen sind. Die . Tatsache ist ganz unbestreitbar, Herr Kollege Moersch, daß hier 2600 wissenschaftliche Publikationen vorliegen, und sie kann auch durch Fragen oder andere Behauptungen nicht widerlegt werden.
Noch eine Frage, Herr Moersch.
Herr Minister, sind Sie mit mir der Meinung, daß der Begriff „wissenschaftliche Publikation" Arbeiten gilt, die international nachprüfbar veröffentlicht worden sind, daß also der Zahl nicht interne Berichte zugrunde gelegt sind?
Metadaten/Kopzeile:
12814 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Mai 1969
Ob sie international nachprüfbar sein können, hängt von gewissen technischen und sprachlichen Voraussetzungen ab. Aber mit dem Begriff der Veröffentlichung ist sicher mehr gemeint als ein interner Hausbericht. Es kann sich also nicht um interne Hausberichte handeln.
Eine Zusatzfrage, Herr Rutschke.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß das Kernforschungszentrum Herrn Rudzinski von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einige Male vergeblich eingeladen und ihm gleichfalls entsprechende Unterlagen zur Verfügung gestellt hat, aus denen er bei Anwendung üblicher journalistischer Sorgfalt hätte erkennen können, daß seine Behauptungen, die er in seiner Zeitung ständig aufstellt, einfach nicht stimmen?
Mir ist berichtet worden, daß der genannte Journalist mehrfach derartigen Einladungen nicht gefolgt ist. Er und diejenigen, die ihre Informationen von ihm beziehen, gehen offensichtlich, wie ich dargestellt habe, zum Teil von falschen Tatsachenvoraussetzungen aus. Das trifft auch für den jüngsten Artikel des Kollegen Moersch vom 9. Mai zu, der mir gerade vorgelegt wird, in dem wahrheitswidrig behauptet wird, daß ich mich nach dem Erscheinen des FAZ-Beitrags an Ort und Stelle über mögliche Abwehrmaßnahmen in Karlsruhe erkundigt habe. Ich darf feststellen, Herr Kollege Moersch, daß ich seit 8 Monaten nicht in Karlsruhe war.
Auch die zweite Behauptung, daß ein Beamter meines Hauses zur Beantwortung von Presseangriffen abgeordnet sei, entbehrt jeder Grundlage. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre Quellen sorgfältiger und kritischer prüften.
Zunächst zur Beantwortung der anderen Fragen von Herrn Moersch. Bitte, Herr Minister!
Wie im Hochschulbereich sind auch im Bereich der hochschulfreien Forschungseinrichtungen Bestrebungen im Gange, die wissenschaftlichen Mitarbeiter stärker an der wissenschaftlichen Meinungsbildung zu beteiligen. Bei einer Reihe der vom Bund maßgebend finanzierten Forschungseinrichtungen wirken schon jetzt Wissenschaftler, die nicht Leiter von Instituten, Abteilungen oder zentralen Einrichtungen sind, in den wissenschaftlich-technischen Gremien der Einrichtungen und auf andere Weise bei der Gestaltung von Forschungsprogrammen oder bei sonstigen wesentlichen Entscheidungen auf wissenschaftlich-technischem Gebiet mit. Die Bundesregierung ist bestrebt, das Mitspracherecht des sogenannten Mittelbaues bei allen von ihr maßgebend getragenen Forschungseinrichtungen sicherzustellen. Bei der Gesellschaft für Kernforschung in Karlsruhe wurden entsprechende Beschlüsse unter Berücksichtigung von Vorschlägen aus der Mitte des Zentrums in der Sitzung der Gesellschaft der Organe am 5. Mai dieses Jahres gefaßt.
Eine Zusatzfrage, Herr Moersch.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß eine große Anzahl von wissenschaftlichen Mitarbeitern am vergangenen Montag in Karlsruhe in Entschließungen andere Ansichten zum Ausdruck gebracht hat, als sie eben von Ihnen hier für Karlsruhe dargestellt worden sind, und daß diese Wissenschaftler durchaus der Meinung sind, daß eine andere Art von Organisation in einem solchen Forschungszentrum notwendig wäre?
Mir ist bekannt, daß bei einer Mitarbeiterversammlung am vergangenen Montag eine ausgedehnte und im Für und Wider kritische Diskussion dieser Fragen erfolgt ist. Ich muß Ihnen gestehen, daß mir der Text von Entschließungen nicht bekannt ist, aber falls welche gefaßt wurden, mag das an der Kürze der Zeit liegen.
Noch eine Frage, Herr Moersch.
Ist Ihnen bekannt, daß dort unter anderem der Vorschlag gemacht und offensichtlich weitgehend unterstützt wurde, die Sachkenntnis des von Ihnen kritisierten Journalisten zu nutzen und ihn als Pressereferenten im Kernforschungszentrum anzustellen?
Jedenfalls ist eine solche Empfehlung dort nicht beschlossen worden. Ich muß es mir versagen, Herr Kollege Moersch, auf Einzelbeiträge und Einzeläußerungen einer großen Mitgliederversammlung wertend einzugehen. Es sind keine Beschlüsse im letztgenannten Sinne gefaßt worden.
Sind Sie also der Meinung, Herr Minister, daß die Vorschläge des Verbands der Wissenschaftler in Deutschland, die auf ein Kollegialsystem hinauslaufen, für Ihre Überlegungen irrelevant sind?
Das können Sie nach meiner Antwort auf Ihre Frage nicht unterstellen; denn ich habe gesagt, daß auf Initiative der Bundesregierung dieses Ziel der stärkeren Beteiligung der wissenschaftlichen Mitarbeiter in den Organen bejaht und verwirklicht wird. In Karlsruhe wurde z. B. beschlossen, fünf Vertreter der wissenschaftlichen Mitarbeiter in den Wissenschaftlichen Rat zu wählen, wo sie volles Stimmrecht haben. Das scheint mir ein wichtiger Schritt in der von Ihnen erwähnten Richtung zu sein.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Mai 1969 12815
Herr Moersch, das ist die letzte Zusatzfrage, die Sie zu dieser Frage haben.
Die beiden Fragen sind zusammen beantwortet worden. Ich habe noch eine Zusatzfrage.
Ja, das stimmt. Dann haben Sie noch eine Zusatzfrage.
Herr Minister, können Sie auch hier vor dem Deutschen Bundestag mitteilen, daß die Angaben in dem Beitrag über die Beschaffungspraxis eines Resonators in Heft 5/69 der Zeitschrift „Capital" falsch sind?
Dieser Artikel ist durch eine Reihe von groben Unrichtigkeiten und Entstellungen bestimmt, die ähnlich wie die anderen zitierten Beiträge von einer bedauerlichen Voreingenommenheit gegen dieses bedeutende deutsche Kernforschungszentrum zeugen. Es trifft z. B. nicht zu, um einen entscheidenden Punkt herauszugreifen, daß einer der Geschäftsführer des Kernforschungszentrums einen Beratungsvertrag mit . einer großen deutschen Industrie-Firma hat. Dies ist eine frei erfundene Behauptung. Es trifft zu, daß dieser Geschäftsführer einen Beratungsvertrag mit dem Deutschen Atomforum hat, einer gemeinnützigen über-
parteilichen Organisation, und zwar mit Zustimmung meines Hauses, die zur Zeit der Amtstätigkeit meines Vorgängers erteilt wurde.
Ich bin im Rahmen einer Antwort auf eine Zusatzfrage nicht in der Lage, diesen gesamten Artikel so zu würdigen, wie er es verdiente. — Auch die anderen Punkte treffen nicht zu. Es wird z. B. verschwiegen, obwohl es dem Journalisten auf seine Anfrage mitgeteilt wurde, daß von mir versucht worden ist, diese Differenzen zwischen zwei Industriefirmen über verschiedene Angebote dadurch objektiv zu klären, daß ich bei einem bedeutenden, unabhängigen deutschen Wissenschaftler ein Gutachten angefordert habe, das für die endgültige Entscheidung mit maßgebend war. Derartige Tatsachen werden verschwiegen. Statt dessen lesen wir eine Reihe von unwahren und ehrenrührigen Unterstellungen.
Eine Zusatzfrage von Frau Dr. Heuser.
Herr Minister, können Sie mir denn die Frage beantworten, ob es nun zutrifft oder nicht, daß das Kernforschungsinstitut zwei solche Geräte da stehen hat und offensichtlich nur eines braucht?
Die Behauptung, daß sie dort stehen — das ist in der Tat in dem Artikel ge-
sagt —, ist schon deshalb falsch, weil die Entwicklungen noch nicht abgeschlossen sind. Aber das ist nicht der entscheidende Punkt.
Er ist folgender: Es sind von der Gesellschaft für Kernforschung Studien- und Entwicklungsaufträge für zwei verschiedene Konzepte vorgesehen. Das eine ist eine Vorstudie für einen Linearbeschleuniger, wo tiefste Temperaturen für etwa 20 supra-leitende Kavitäten benötigt werden, die über etwa 2 km verteilt sind. Das zweite sind Vorstudien und Entwicklungsarbeiten für einen Teilchenseparator, wo eine größere Kälteleistung an einem Punkte benötigt wird. Es handelt sich also um zwei verschiedene Konzepte. Deshalb hat die Geschäftsführung mit Zustimmung des Wissenschaftlichen Rates und — angesichts der vorhergegangenen Differenzen — auch auf Grund eines ausdrücklichen Beschlusses des Aufsichtsrates sich entschieden, diese zwei Entwicklungsaufträge an zwei deutsche Firmen zu erteilen.
Noch eine Frage, Frau Dr. Heuser.
Trifft es dann auch nicht zu — wie ich Ihren Ausführungen wohl entnehmen muß —, daß dieses zweite Gerät der Schweizer Gemeinschaft angeboten worden ist?
Es trifft zu, daß eine der möglichen Anwendungsformen bei CERN sein kann. Die Verhandlungen darüber sind nicht abgeschlossen.
Wir kommen zu den Fragen 88 und 89 des Herrn Abgeordneten Dr. Jahn :Ist der Bundesregierung bekannt, daß in den großen Industrienationen durch den Staat Forschungs- und Entwicklungsaufträge in einer Größenordnung von rund 35% in Großbritannien und Frankreich sowie 50% in den Vereinigten Staaten an die Privatindustrie gegeben werden?Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um der deutschen Privatindustrie, die 85% für Forschung und Entwicklung aus eigenen Mitteln finanziert, über direkte staatliche Unterstützung zu helfen?Die Fragen werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort des Ministers Dr. Stoltenberg vom 7. Mai 1969 lautet:Der Bundesregierung ist bekannt, daß in Frankreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten ein höherer Anteil der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen des Wirtschaftssektors aus staatlichen Quellen finanziert wird als in der Bundesrepublik Deutschland. Die vorliegenden statistischen Daten beziehen sich allerdings nur auf die Jahre vor 1965; eine Ergänzung ist in Arbeit. Eine ausführliche Darstellung des Sachverhalts soll im Bundesforschungsbericht III gegeben werden, der in Kürze vom Kabinett beraten und anschließend den Mitgliedern des Deutschen Bundestages vorgelegt werden wird.Der erwähnte Bundesforschungsbericht III wird im einzelnen die von der Bundesregierung bereits eingeleiteten oder noch beabsichtigten Maßnahmen zur Förderung der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit auch im Bereich der Privatindustrie dar. stellen.Herr Bundesminister, 'ich danke für die Beantwortung der Fragen.Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Zur Beantwortung ist der Herr Parlamentarische Staats-
Metadaten/Kopzeile:
12816 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Mai 1969
Vizepräsident Dr. Mommersekretär Börner anwesend. Zunächst die Fragen 73 und 74 der Abgeordneten Frau Pitz-Savelsberg:Ist es der Bundesregierung bekannt, daß die verheiratete weibliche Mitarbeiterin der Deutschen Bundesbahn im Gegensatz zum verheirateten männlichen Mitarbeiter für ihren Ehegatten und für die zuschlagsberechtigten Kinder die Fahrpreisvergünstigungen der Deutschen Bundesbahn nicht erhält?Hält es die Bundesregierung für mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar, daß männlichen Mitarbeitern diese Vergünstigung für die mitverdienende Ehefrau gegeben wird, während sie den weiblichen Mitarbeitern für den mitverdienenden Ehemann versagt wird?Die Fragen werden von Frau Funcke übernommen. Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Präsident, ich bitte mir zu gestatten, daß ich die beiden Fragen zusammen beantworte, da sie denselben Sachverhalt betreffen.
Bitte, Herr Staatssekretär!
Frau Kollegin, die Bundesregierung hat sich schon mehrfach zu der Frage der Fahrpreisvergünstigungen für Ehemänner und Kinder weiblicher Bundesbahnbediensteter geäußert, letztmalig auf Ihre Anfrage vom 21. März 1969. Im übrigen trifft die Frage insoweit nicht ganz zu, als die weiblichen Bediensteten für ihre Kinder die von der Deutschen Bundesbahn freiwillig gewährten Fahrpreisvergünstigungen in vollem Umfang erhalten. Für den im Hausstand lebenden Ehegatten erhält eine weibliche Bedienstete die Vergünstigung allerdings nur, wenn der Ehemann ständig, ausschließlich oder überwiegend, von ihr unterhalten wird.
Nach herrschender Rechtsprechung wird der Gleichheitsgrundsatz von der Deutschen Bundesbahn durchaus beachtet. Die Bedingungen für die vorgenannten freiwilligen Leistungen an die Bediensteten hat die Deutsche Bundesbahn nach den gesetzlichen Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung und des Beihilferechts ausgerichtet. Hiernach kann der Ehemann ebenfalls nur Leistungen beantragen, wenn er von seiner arbeitenden Ehefrau ausschließlich oder überwiegend unterhalten wird. Den Fällen, in denen die Ehefrau auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung ausschließlich oder überwiegend zum Unterhalt der Familie beiträgt, trägt die Deutsche Bundesbahn durch die bereits erwähnte Regelung voll Rechnung.
Eine Zusatzfrage, Frau Funcke.
Herr Staatssekretär, sind Sie der Meinung, daß die aus den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts stammende Reichsversicherungsordnung mit ihren sehr brüchigen Bestimmungen bezüglich der Ehegatten heute noch Grundlage für Urlaubsfahrten heutiger Bediensteter sein sollte?
Ich bin durchaus nicht dieser Meinung. Ich habe die Reichsversicherungsordnung nur als Beispiel herangezogen und habe gesagt, daß sich die Deutsche Bundesbahn gegenüber ihren Bediensteten so verhält, wie die Rechtsstellung einer Ehefrau auch in anderen Sozialgesetzen behandelt wird, und habe dafür als Beispiel die Reichsversicherungsordnung angezogen, die ja z. B. auch nur dann Witwerrente gewährt, wenn die entsprechenden Unterhaltsvoraussetzungen gegeben sind.
Noch eine Frage, Frau Funcke.
Herr Staatssekretär, halten Sie es wirklich für gerecht und im Sinne der Fürsorgepflicht des Dienstherrn liegend, daß z. B. eine junge Frau, die berufstätig ist, weil ihr Ehemann möglicherweise wegen seiner Ausbildung noch nicht genug verdient, diese Vergünstigung für Ferienreisen nicht bekommt, während ein kinderloses Ehepaar, bei dem der Ehemann bei der Bundesbahn ist und die Ehefrau auch verdient und beide in guten Verhältnissen leben, die Vergünstigung bekommt?
Frau Kollegin, hinsichtlich des ersten Falles würde ich mich gern erkundigen, ob diese negative Auswirkung wirklich gegeben ist. Ich würde es nicht unbedingt für richtig halten, so zu verfahren. Aber die Deutsche Bundesbahn tut das ja in eigener Verantwortung. Ich will den Dingen gerne nachgehen.
Hinsichtlich des zweiten Falles meine ich, hier sollten Sie im Rahmen des Gesamtkomplexes berücksichtigen, daß die Deutsche Bundesbahn gegenüber ihren Bediensteten in der Freifahrtregelung sehr großzügig ist, großzügiger als manche andere europäische Eisenbahngesellschaft.
Noch eine Frage, Frau Funcke.
Herr Staatssekretär, ich will nicht bestreiten, daß es sehr großzügige Regelungen gibt. Aber meinen Sie nicht, daß großzügige Regelungen auch gerecht sein .sollten?
Frau Kollegin, über die Frage der Gerechtigkeit, z. B. bei Sozialgesetzen, entscheidet das Hohe Haus. Ich habe vorhin schon angedeutet, daß sich daraus gewisse Konsequenzen z. B. auch hinsichtlich Fürsorgepflicht der Bundesbahn ergeben.
Frau Funcke zu einer letzten Frage.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für zwingend notwendig, die Urlaubsfahrkar-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Mai 1969 12817
Frau Funcketen für Ehepaare an die Ehegattenregelungen der Reichsversicherungsordnung aus den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zu hängen?
Frau Kollegin, das ist keine Angleichung der Urlaubsregelung. Die Reichsversicherungsordnung ist zwar alt, aber sie ist durch das Hohe Haus immer wieder modernisiert worden. Ich selbst habe dem Sozialpolitischen Ausschuß des Hohen Hauses sechs Jahre angehört und weiß, wie sehr wir uns Mühe gegeben haben, sie auf den heutigen Stand zu bringen. Ich weiß, daß in den nächsten Wochen wiederum Gesetze, die eine Ande. rung der Reichsversicherungsordnung beinhalten, auf der Tagesordnung des Hohen Hauses stehen. Das ist also ein permanenter Prozeß. Daß die Reichsversicherungsordnung so alt ist, ist noch kein Grund zu sagen, sie sei schlecht.
Eine Zusatzfrage, Frau Dr. Heuser.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir nicht zustimmen, daß diese „Fürsorgeregelung" — wie Sie sie nennen —, diese Freifahrtregelung der Bundesbahn sich darstellt als eine quasi Belohnung für eine Leistung, die im Dienst erbracht wird, und zwar für denjenigen, der den Dienst erbringt? Das ist doch völlig unabhängig davon, wer — ob eine Frau oder ein Mann — diesen Dienst leistet!
Frau Kollegin, wenn man Ihren Grundsatz bis zu Ende durchdenkt, wird diese Regelung sehr viel enger, als sie heute ist.
Verzeihung, das habe ich nicht verstanden.
Ich wollte damit sagen: wenn man den Leistungsgrundsatz, den Sie angeführt haben, anwendete, würde die Bundesbahn eventuell gezwungen sein, die Leistungen einzugrenzen, weil sie heute nicht nur den Leistungsgrundsatz, sondern auch viele soziale Kriterien mit berücksichtigt.
Noch eine Frage, Frau Dr. Heuser.
Herr Staatssekretär, da das Verkehrsministerium so außerordentlich viel Wert darauf legt, als modern zu gelten, darf ich fragen: Sehen Sie hier nicht eine ausgezeichnete Gelegenheit, gesellschaftspolitisch einen Schritt voranzugehen, indem hier kein Unterschied mehr zwischen Mann und Frau gemacht wird?
Frau Kollegin, das ist
eine Frage, die nicht wir zu entscheiden haben. Der Wille des Hohen Hauses war und ist, aus der Deutschen Bundesbahn ein kaufmännisches Unternehmen zu machen und uns als Verkehrsministerium nur die Rechtsaufsicht zu geben. Wenn das so ist — und auf dieser Basis muß ich hier antworten —, dann darf man auf die von der Bundesbahn als Unternehmen angestellten Überlegungen und die von ihr gezogenen Konsequenzen nicht die gesellschaftspolitischen Maßstäbe anwenden, die vielleicht hier im Hause ausgesprochen werden. Das Problem ist eben, ob Sie mit einer Bahn als Unternehmen Verkehr treiben oder ob Sie mit ihr Sozialpolitik machen wollen. Der Gesetzgeber hat ganz klar gesagt, daß für alle sozialpolitischen Auflagen, die der Bundesbahn gemacht werden, der Deutsche Bundestag entsprechende Regelungen im Bundeshaushalt treffen muß. Wir sind gern bereit, wenn das Hohe Haus die Ansätze für die Erstattung politischer Lasten erhöhen will, diese Mittel in entsprechender Weise in die Bundebahn fließen zu lassen.
Verzeihung, Frau Dr. Heuser, Ihr Kontingent ist erschöpft. Ich bin mit den Zusatzfragen schon sehr großzügig gewesen.
— Gegenüber Nichtfragestellern ist es Regel, nur zwei Zusatzfragen zuzulassen, und ich muß wegen der folgenden Fragen, die sonst gar nicht beantwortet werden, streng sein.
Ich rufe die Frage 75 des Herrn Abgeordneten Dr. Kreutzmann auf:
Welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, bei der Bundesbahnhauptverwaltung darauf hinzuwirken, daß bei dem Übergang von Bundesbahnstrecken von der Schiene zur Straße an den Haltestellen wettergeschützte Unterstellmöglichkeiten geschaffen werden?
Der Fragesteller ist im Saal. Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, Möglichkeiten der Einwirkung hat die Bundesregierung nicht, weil hier die Bundesbahn in eigener Verantwortung entscheidet.
Im übrigen ist auf folgendes hinzuweisen. Die Reisenden finden in vielen Fällen Unterstellmöglichkeiten in Bahnhöfen, wenn diese von den Omnibussen der Deutschen Bundesbahn als Haltepunkte weiter bedient werden, oder in besonders aufgestellten offenen Wartehallen. Wie für die übrigen Omnibusunternehmer ergibt sich auch für die Deutsche Bundesbahn aus den gesetzlichen Bestimmungen keine Rechtspflicht, an Bahnbushaltestellen Wartehallen zu errichten.
Zusatzfrage.
12818 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Mai 1969
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß für eine gute und im Interesse der Reisenden liegende Verkehrsbedienung die Schaffung solcher Unterstellmöglichkeiten an den Haltestellen zu begrüßen wäre?
Herr Kollege, wenn Sie das im Sinne der kundendienstlichen Aufgabe der Bundesbahn verstanden wissen wollen, bin ich voll Ihrer Meinung. Ich habe aber im Zusammenhang mit der vorigen Frage darauf hingewiesen, daß es eine strenge Trennung gibt zwischen dem, was der Bundesverkehrsminister der Bundesbahn auferlegen kann, und dem Bereich, in dem sie eigene Rechtszuständigkeiten hat. In dem Fall, um den es hier geht, handelt die Bundesbahn in eigener kaufmännischer Verantwortung. Ich bin sicher, daß die kundendienstliche Überlegung, die in ihrer Frage steckt, von der Bundesbahn im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs auch beachtet wird.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Dr. Kreutzmann.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß sich die Bundesbahn vielfach auf den Standpunkt gestellt hat, es sei Angelegenheit der kommunalen Behörden, solche Haltestellen zu schaffen?
Ich würde davon ausgehen, Herr Kollege, daß die Bundesbahn auf Grund des Verkehrspolitischen Programms der Bundesregierung nunmehr verstärkt kundendienstliche Überlegungen anstellen muß und daß solche Fälle, wie Sie sie erwähnen, nicht in dieses Konzept passen.
Die Frage 76 des Herrn Abgeordneten Geldner wird von Herrn Abgeordneten Dr. Rutschke übernommen:
Wie weit sind die Überlegungen für die Trassenfestlegung der geplanten Autobahn Würzburg—Ulm—Kempten durch Bayern oder Baden-Württemberg gediehen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, über den Streckenverlauf des Teilabschnittes Würzburg—Ulm der geplanten Autobahn Würzburg—Ulm—Kempten findet in Kürze eine abschließende Besprechung zwischen den Straßenbauverwaltungen der Länder Bayern und. Baden-Württemberg statt, in der die noch strittigen Fragen abgeklärt werden sollen. Sobald der gemeinsame Vorschlag der beiden Länder dem Bundesminister für Verkehr vorliegt, wird die Linienführung dieses Abschnittes im Einvernehmen mit den an der Raumordnung beteiligten Bundesministern nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes festgelegt.
Für den anschließenden Teilabschnitt bis Kempten liegt der Trassenverlauf fest; dieser Abschnitt be-
findet sich im Bau bzw. in der Bauvorbereitung, wobei die Teilstrecke Memmingen—Kempten zunächst einbahnig als Bundesstraße 19 gebaut worden ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Rutschke.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, wann etwa mit dem Baubeginn bei den übrigen Trassen zu rechnen ist?
Das kann ich leider nicht sagen, Herr Kollege. Wie Sie wissen, haben wir durch den Baubeginn in dem Abschnitt, den ich vorhin nannte, die Dringlichkeit dieser Linie im Grunde anerkannt. Sie wissen, daß sie eine hohe Bedeutung z. B. für den Ferienverkehr, aber auch für die wirtschaftliche Erschließung des betreffenden Gebietes hat; nur sind wir gehalten, erst einmal die Überlegungen der beiden Auftragsverwaltungen kennenzulernen. Ich hoffe sehr, daß wir bald eine Übereinstimmung finden können. Dann werden wir uns zusammen mit dem Hohen Hause bemühen, die entsprechenden Mittel für die nächsten Bauabschnitte bereitzustellen.
Noch eine Frage, Herr Dr. Rutschke.
Herr Staatssekretär, wann etwa wird mit einem echten Verkehrswert zu rechnen sein? Ist da eine Aussage möglich?
Der echte Verkehrswert richtet sich nicht nur nach der Strecke, sondern z. B. auch nach der Anbindung von gebauten Teilabschnitten an das vorhandene Straßennetz. Ihre Frage kann ich nicht aus dem Handgelenk beantworten. Ich würde aber sagen, daß wir uns, wenn die aufgezeigten Schwierigkeiten behoben sind, bemühen wollen, die Gesamtstrecke so bald wie möglich fertigzustellen, weil wir wissen, daß das Netz der Bundesstraßen in der Umgebung die Zuwachsrate des Verkehrs, die in den nächsten Jahren in diesem Gebiet zu erwarten ist, nicht aufnehmen kann.
Eine Zusatzfrage von Herrn Müller .
Herr Staatssekretär, ich möchte die Zusatzfrage stellen, wie weit die Überlegungen hinsichtlich der Straßenfestlegung von Memmingen nach Lindau, also in Richtung Bodensee, gediehen sind. Kann man für diese Strecke in absehbarer Zeit etwas Konkretes erfahren?
Wir bemühen uns. Sie wissen, daß der Bundesverkehrsminister bei seinen Bereisungen immer darauf gedrängt hat, daß die
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Mai 1969 12819
Parlamentarischer Staatssekretär Börner Auftragsverwaltung auch in diesem Abschnitt entsprechende Festlegungen vorsieht. Ich habe vorhin schon angedeutet, daß die Schwierigkeiten nicht im Bundesverkehrsministerium liegen, sondern sich aus den Beurteilungen durch die betroffenen Landesregierungen ergeben.
Eine Zusatzfrage von Herrn Langebeck.
Herr Staatssekretär, welchen Beitrag könnte Ihr Haus dazu leisten, daß die Gemeinden, die von den Trassenführungen betroffen werden, rechtzeitig Bescheid bekommen — möglicherweise über die Auftragsverwaltung —, weil sie sich bei ihrer Planung, insbesondere bei ihren Bemühungen um Industrieansiedlungen, darauf einstellen müssen?
Herr Kollege, ich habe schon früher einmal von dieser Stelle aus gesagt, der Bundesverkehrsminister baut am liebsten dort, wo sich die Leute einig sind. Um die Einigung in diesem Falle zu erzielen, wird die Besprechung durchgeführt, von der ich in der Antwort auf die erste Zusatzfrage schon gesprochen habe. Wir sind sicher, daß uns die Auftragsverwaltung einen Vorschlag unterbreitet, der mit den Gemeinden und Gebietsverbänden abgestimmt ist, weil die Fragen der Wirtschaftsförderung, der Baupolitik usw. mit hineinspielen. Ich gehe also davon aus, daß ein Vorschlag, wenn wir ihn von den betroffenen Bundesländern bekommen, schon mit den Gemeinden bis ins letzte abgeklärt ist. Sonst können wir eine Bauzusage nicht geben.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Langebeck.
Würden Sie bei den Gesprächen noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, daß sich die Länder bemühen müssen, die Gemeinden auch tatsächlich zu unterrichten? Es besteht Anlaß, zu glauben, daß das in der Vergangenheit nicht kontinuierlich erfolgt ist.
Herr Kollege, was Sie hier ansprechen, ist die gesetzliche Pflicht der Länder. Ich kann mir nicht denken, daß jemand dagegen verstößt.
Wir kommen zu den Fragen des Herrn Abgeordneten Dr. Hellige. Ist er im Saal? — Ja. Ich rufe zunächst die Frage 77 auf:
Wird die Eckverbindung Südharz—Nörten-Hardenberg—Scherfede zur Autobahn Kassel—Ruhrgebiet in den nächsten Fünfjahresplan aufgenommen?
Herr Kollege, die Eckverbindung Südharz—Nörten-Hardenberg—Scherfede wurde in die Überlegungen zum 2. Ausbauplan
einbezogen. Die Untersuchungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. Es läßt sich jedoch schon übersehen, daß diese Strecke nicht im 1. Fünfjahresplan, d. h. in der Zeit von 1971 bis 1975, zur Ausführung gelangen wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Hellige.
Darf man damit rechnen, Herr Staatssekretär, daß unmittelbar nach dem Jahre 1975 an den Ausbau herangegangen werden kann?
Das hoffe ich sehr. Wie Sie wissen, ist die Bundesregierung bemüht, mit Ausbauten von Autobahnen im Zonenrandgebiet auch gewisse strukturpolitische Probleme zu lösen. Ich kenne das Gebiet sehr gut, und ich könnte mir vorstellen, daß diese strukturpolitischen Überlegungen, ganz abgesehen von dem reinen Verkehrswert, eine entscheidende Rolle spielen würden. Aber wir wollen erst einmal die Wissenschaftler ihre Arbeit zu Ende führen lassen, ehe sich die Politiker dazu äußern.
Haben Sie weiterhin die Absicht, Herr Staatssekretär, diese Spange in einer späteren Periode an den Raum Südharz-Duderstadt anzuschließen?
Herr Kollege, das gehört mit zu der Aufgabenstellung, die die entsprechenden Herren der Wissenschaft von uns erhalten haben. Es ist zu prüfen, inwieweit gewisse Überlegungen, die nicht nur den von Ihnen angesprochenen Raum, sondern gegebenenfalls auch Entwicklungen zwischen der Bundesrepublik und Mitteldeutschland einbeziehen, in die achtziger Jahre hineinführen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kühn.
Herr Staatssekretär, da offenbar noch einige Zeit ins Land gehen wird, bevor diese Zusatzstrecke . gebaut werden kann, und da Sie Ihr Interesse an der Entwicklung im Zonenrandgebiet dankenswerterweise hier noch einmal unterstrichen haben, möchte ich Sie fragen: Besteht eine Möglichkeit, den Ausbau der Bundesstraße 1 zu beschleunigen, die ja in etwa in diesen Raum hineinführt und die Anbindung an das Autobahnnetz ermöglicht?
Herr Kollege, Sie wissen, daß wir neben dem Neubau von Bundesfernstraßen in erheblicher Weise auch das vorhandene Netz im Wege des Zwischenausbaus verbreitern bzw. auf die Bedürfnisse des heutigen Verkehrs bringen wollen. Das trifft auch für die B 1 zu.
Metadaten/Kopzeile:
12820 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Mai 1969
Parlamentarischer Staatssekretär BörnerIch bin im Moment nicht in der Lage, Ihnen einen Kostenvergleich mit dem Teil der B 1 zu geben, der hier als Entlastung in Frage käme. Sie können aber davon ausgehen, daß die Bundesregierung wie in den letzten Jahren so auch in Zukunft ein Interesse daran haben wird, den Verkehrswert der im Zonenrandgebiet liegenden Strecken des Bundesstraßennetzes zu erhöhen; denn wir wissen, daß die Frage der wirtschaftlichen Ansiedlung von Betrieben untrennbar mit der Vervollständigung des Straßennetzes verbunden ist.
Ich rufe die Frage 78 des Abgeordneten Dr. Hellige auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, die geplante Autobahn Köln—Olpe—Nordhessen im Raume Kassel oder bei Bad Hersfeld auf die Autobahn Hannover—Frankfurt zuzuführen?
Herr Kollege, eine Entscheidung, ob die geplante Autobahn KölnOlpe—Nordhessen in den Raum Kassel oder nach Bad Hersfeld geführt werden soll, ist bisher noch nicht getroffen worden. Hierzu soll das Ergebnis der verkehrswirtschaftlichen Untersuchung abgewartet werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Hellige.
Besteht für den Fall, daß Sie die Straße Köln—Olpe auf Bad Hersfeld zuführen, die Möglichkeit, dann die vorhin genannte Spange nach Scherfede und von Scherfede aus nach Olpe weiterzuführen, um so dem Raum, den ich vorhin bezeichnet habe, die Möglichkeit der direkten Verbindung zum Mittelrhein zu geben?
Herr Kollege, ich muß gestehen, daß ich erst jetzt die ganze Tiefgründigkeit Ihrer beiden Fragen erkenne. Ich will Ihnen aber dazu sagen, daß man das nach unseren Feststellungen, auch nach den Gutachten, die wir bisher in der Frage der Raumordnung und der Wirtschaftsansiedlung in den betroffenen Räumen von Südhannover und Nordhessen eingeholt haben, praktisch nicht so verbinden kann, wie Sie es wollen. Vielmehr müßte im Zusammenhang mit der Trassenführung auf Hersfeld dann die Frage gesehen werden, was -aus der Bundesstraße 3 zwischen Göttingen, Kassel, Marburg und Gießen wird. Das ist eine Überlegung, die mit in die Aufgabenstellung der Gutachter hineinfällt. Wir hoffen, daß wir im Herbst dieses Jahres nähere Aufschlüsse haben werden. Wir müssen uns dann entscheiden, was hier zuerst gebaut werden soll.
Für die von Ihnen vorhin genannte Eckverbindung steht das in der zeitlichen Reihenfolge, wie ich sie angedeutet habe, heute schon fest, also nach 1975. Für die Autobahn Olpe-Nordhessen wird wahrscheinlich ein früher liegender Zeitraum in Frage kommen.
Bitte, Herr Dr. Hellige!
Darf ich meine Frage, sobald Ihre Entscheidung gefallen ist, noch einmal an Sie richten?
Ich hoffe, daß die politische Entwicklung das zuläßt.
Ich rufe die Frage 79 des Herrn Abgeordneten Fritsch auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Wert reflektierender Kraftfahrzeugkennzeichen für die Verkehrssicherheit?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, die Bundesregierung beurteilt den Wert derartiger Kennzeichen in einem durchaus aufgeschlossenen Sinne.
Zu einer Zusatzfrage Herr Fritsch.
Darf ich dann aus Ihrer Antwort schließen, Herr Staatssekretär, daß Sie reflektierende Schilder als einen wichtigen Beitrag zur Verminderung der Verkehrsunfälle betrachten?
Vielleicht, Herr Präsident, darf ich die Fragen 80 und 81 des Abgeordneten Fritsch jetzt beantworten, weil die Beantwortung dieser Zusatzfrage schon einen Teil der Beantwortung der beiden anderen Fragen vorwegnimmt.
Ich rufe dann auch die Fragen 80 und 81 des Abgeordneten Fritsch auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß reflektierende Kraftfahrzeugkennzeichen u. a. in Frankreich und England zugelassen sind, in Idar-Oberstein an über 1000 Fahrzeugen im praktischen Einsatz erprobt wurden und im Rahmen der fotografischen Verkehrsüberwachung keine zusätzlichen finanziellen und technischen Aufwendungen erforderlich machen?
Beabsichtigt die Bundesregierung, die erforderlichen Schritte zur Zulassung reflektierender Kraftfahrzeugkennzeichen zu unternehmen, nachdem mit dem neuen Weltabkommen über den Straßenverkehr rechtliche Probleme ausgeräumt wurden?
Herr Kollege, der Bundesregierung ist bekannt, daß in Frankreich und England reflektierende Kennzeichen mit gelbem Untergrund bereits zugelassen sind und daß im Rahmen eines Großversuchs in Idar-Oberstein reflektierende Kennzeichen praktisch erprobt werden. Ob derartige Kennzeichen zur Sicherung der fotografischen Verkehrsüberwachung keine zusätzlichen Aufwendungen erfordern, ist mir nicht bekannt. Im übrigen liegt dem Bundesminister für
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Mai 1969 12821
Parlamentarischer Staatssekretär BörnerVerkehr noch kein Bericht über die Ergebnisse des Großversuchs vor.Im Rahmen der Beantwortung der Frage 81 möchte ich gleich auch Ihre Zusatzfrage beantworten, Herr Kollege: Falls die Ergebnisse des Großversuchs positiv sind, ist beabsichtigt, wegen der Zulassung reflektierender Kennzeichen erneut mit den zuständigen obersten Landesverkehrsbehörden in Verbindung zu treten. Sie wissen, daß das eine Frage ist, die mit den Ländern besprochen werden muß.
Zu einer Zusatzfrage Herr Fritsch.
Herr Staatssekretär, würden Ihre Überlegungen mit den Ländern dahin gehen, eine fakultative oder eine obligatorische Zulassung solcher Schilder in Erwägung zu ziehen?
Die Antwort auf diese Frage, Herr Kollege, muß ich mir vorbehalten, bis wir das Ergebnis dieser Untersuchung haben; denn das eine oder das andere wirft natürlich auch die Probleme z. B. des grenzüberschreitenden Verkehrs auf. Die Gewöhnung des Kraftfahrers in ganz Europa an solche Dinge ist ja auch eine entscheidende Frage. Ich meine, ein Fachmann sollte das prüfen, wenn man wirklich weiß, welche Ergebnisse der Versuch in Idar-Oberstein gebracht hat.
Noch eine Frage.
Herr Staatssekretär der frühere Bundesverkehrsminister hat auf eine Frage, beantwortet am 28. Oktober 1966, in gleicher Richtung geantwortet, daß internationale Versuche auf diesem Gebiet spätestens 1967 abgeschlossen sein sollten. Liegen Ihnen die Ergebnisse dieser Untersuchungen bereits vor, und sind sie bei der Antwort, die gegeben worden ist, berücksichtigt?
Nein, ich habe eben gesagt, daß uns gerade die uns sehr interessierenden Ergebnisse des Versuchs in Idar-Oberstein noch nicht vorliegen. Wenn damals hier Zeitvorstellungen erörtert worden sind, die nachher überholt waren, Herr Kollege, dann darf ich darauf hinweisen, daß es bei diesen technischen Problemen im Grunde keine Möglichkeit gibt, die Dinge so genau auf den Monat vorauszusagen. Da kommt es auf die wissenschaftliche Qualität und nicht auf die Schnelligkeit der Entscheidung an.
Zusatzfrage.
Besteht ungeachtet dieser Ausführungen, Herr Staatssekretär, die Möglichkeit, im Moment zu überblicken, bis wann mit diem Abschluß einer derartigen Beurteilung gerechnet werden kann?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich hoffe sehr, daß wir uns zum Ende dieses Jahres zu dieser Frage abschließend äußern können, Herr Kollege.
Ich rufe die Frage 82 des Abgeordneten Dr. Apel auf:
Sieht die Bundesregierung die Möglichkeit, die in der mittelfristigen Haushaltsplanung der Bundesanstalt für Flugsicherung für 1970 vorgesehene Installierung einer zweiten ILS-Anlage auf dem Flugplatz Hamburg-Fuhlsbüttel durch sofortige Bestellung der Apparatur zu beschleunigen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, die Bundesregierung wird die kurzfristige Beschaffung im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung sicherstellen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, haben Sie wirklich das Gefühl, daß Sie meine Frage damit beantwortet haben?
Ja. Ich habe Ihrer Frage ja entnommen, daß Sie die ILS-Anlage in Hamburg bald haben wollen, und ich habe sie Ihnen eben de facto zugesagt.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Fragen 83 und 84 des Herrn Abgeordneten Berlin auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Verband der Heimkehrer den Wunsch geäußert bzw. die Forderung gestellt hat, allen Heimkehrern eine Fahrpreisermäßigung für die Benutzung der Deutschen Bundesbahn zu gewähren, so wie sie bisher Rentnern zu bestimmten Zeiten zugestanden und praktiziert worden ist?
Bei Bejahung der Frage 83: Ist die Bundesregierung bereit, eine solche Fahrpreisermäßigung zu erwägen und zu bejahen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, der Bundesregierung ist keine solche Forderung bekannt. Ihr ist lediglich die Anregung zugegangen, ehemaligen politischen Häftlingen innerhalb der ersten beiden Monate nach der Entlassung kostenfreie oder verbilligte Fahrten im Bundesgebiet zu ermöglichen.
Eine Zusatzfrage, Herr Berlin.
Herr Staatssekretär, würde, falls eine solche Frage von der Zentralstelle des Heimkehrerverbandes an das Ministerium oder an die Bundesregierung gerichtet wird, die Bereitschaft bestehen, in eine Prüfung in dem angedeuteten Sinne einzutreten?
Herr Kollege, selbst-
Metadaten/Kopzeile:
12822 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 231. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. Mai 1969
Parlamentarischer Staatssekretär Börnerverständlich werden wir bereit sein, das zu prüfen. Nur — darauf muß ich hinweisen — gilt für eine solche politische Auflage für ein Verkehrsunternehmen dann das gleiche, was ich zuvor zu einem anderen Punkt in der Fragestunde ausgeführt habe: die Bundesregierung muß der Bahn — das ergibt sich aus dem Bundesbahngesetz — den Ausfall an Fahrpreiseinnahmen voll ersetzen.
Noch eine Frage, Herr Berlin.
Der Begriff „Heimkehrer" nach dem Heimkehrergesetz ist ja sehr umfassend. Daher ist vielleicht noch eine Frage erlaubt. Wäre es nicht, wenn die Zentralstelle sich offiziell bei der Bundesregierung melden sollte, möglich, die beiden Gruppen, nämlich die Spätheimkehrer, für die, wenn ich richtig informiert bin, als Entlassungsstichtag der 30. September 1948 gilt, und diejenigen Personen, die nach dem 1. Januar 1947 zurückgekehrt sind und Kriegsgefangenenentschädigung erhalten, mit in diese Erwägungen einzubeziehen? Das wäre also eine Einschränkung des Kreises.
Herr Kollege, ich habe ja vorhin schon angedeutet, daß die Bundesregierung bisher keinen solchen Wunsch empfangen hat. Ich möchte auch nicht dazu ermuntern, einen solchen Wunsch zu äußern. Denn die finanziellen Konsequenzen dessen, was Sie eben umrissen haben, sind ) angesichts der Größe des Personenkreises außerordentlich umfangreich. Hier würden ja erhebliche finanzielle Erstattungen an die Bahn notwendig. Ich möchte mir nicht erlauben, hier die sozialpolitsche Frage aufzuwerfen, inwieweit der Personenkreis, den Sie angesprochen haben, mit einer solchen Vergünstigung heute überhaupt noch rechnet.
Meine Damen und Herren, damit die drei verbleibenden Fragen, die eingereicht wurden, noch beantwortet werden können, bitte ich, auf Zusatzfragen zu verzichten.
Ich komme zur Frage 85 des Herrn Abgeordneten Dr. Abelein. — Er ist nicht im Saal. Diese Frage wird schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Fragen 86 und 87 des Herrn Abgeordneten Strohmayr auf:
Trifft es zu, daß im Rahmen der Verkehrsverbesserungen eine Schnellbahn von München nach Fürstenfeldbruck geplant ist?
Wäre es zutreffendenfalls nicht zweckmäßiger, die Schnellbahn bis Augsburg zu leiten?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Präsident, wenn der Herr Abgeordnete Strohmayr einverstanden ist, möchte ich seine beiden Fragen wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten.
Herr Kollege, mit dem Münchener S-Bahn-Netz sollen Nahschnellverkehrsverbindungen mit häufiger und regelmäßiger Zugfolge zwischen der Stadtregion und dem Stadtzentrum geschaffen werden. Der Umfang dieses Netzes wurde an Hand von Verkehrsprognosen ermittelt und in einem Gesamtverkehrsplan für die Region München festgelegt. Danach wird Fürstenfeldbruck in das S-Bahn-Netz einbezogen, während in Richtung Augsburg das Einzugsgebiet Münchens durch Nannhofen begrenzt wird.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist untersucht worden, ob eine Rentabilität gegeben wäre, wenn die Schnellbahnverbindung bis nach Augsburg durchgeführt würde?
Herr Kollege, ich bin über die Untersuchungen der Bundesbahn nicht in allen Einzelheiten informiert. Ich weiß nur, daß zwischen Augsburg und München schon heute ein sehr dichter Fahrplan mit sehr hohen Geschwindigkeiten gefahren und daß von daher nach meinem Eindruck das Verkehrsbedürfnis voll befriedigt wird. Sie dürfen nicht vergessen, daß der Einsatz einer S-Bahn auf dieser Strecke die Verlegung eines dritten und eines vierten Gleises notwendig machen würde. Das würde einen erheblichen Kostenaufwand bedingen. Um diese Investition überhaupt wirtschaftlich zu machen, müßten Hunderttausende von Fahrgästen mehr befördert werden.
Noch eine Frage.
Herr Staatssekretär, dann kann ich also aus Ihrer Antwort entnehmen, daß keine Hoffnung besteht, daß die S-Bahn über Fürstenfeldbruck hinaus nach Augsburg fortgeführt wird.
Hoffnung, Herr Kollege, ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck. Die Bundesbahn hat gewisse kaufmännische Erwartungen in ihre heutigen Planungen gesetzt. Wenn diese Erwartungen in späterer Zeit übertroffen würden oder wenn ein Verkehrsbedürfnis für eine S-Bahn im Raum Augsburg nachgewiesen würde, würde die Bundesbahn sich sicher bereit finden, auch dieses Wagnis einzugehen.
Damit sind alle Fragen, die für heute anstanden, beantwortet. Vielen Dank, Herr Staatssekretär! Die Fragestunde ist beendet.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Freitag, den 9. Mai 1969, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.