Protokoll:
5214

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 5

  • date_rangeSitzungsnummer: 214

  • date_rangeDatum: 7. Februar 1969

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:02 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 11:29 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 214. Sitzung Bonn, den 7. Februar 1969 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 11561 B Fragestunde (Drucksachen V/3793, V/3815) Fragen der Abg. Prinz von Bayern, Dr. Zimmermann, Majonica, Baron von Wrangel und Kiep: Äußerungen der Botschafter Grewe und Schnippenkötter auf der 6. Internationalen Wehrkunde-Tagung in München Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . 11561 C, D, 11562 A, B, 11563 A, B, C, D, 11564 A, B, C, 11565 A, B, 11566 B, C, D, 11567A, B ,C, D, 11568A, B, C, D, 11569 A, B Prinz von Bayern (CDU/CSU) . . . 11563 A Kiep (CDU/CSU) 11563 B, D Majonica (CDU/CSU) . . 11563 D, 11564 A, 11569 A Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 11564 B, C, 11569 A Metzger (SPD) . . . 11564 D, 11568 C, D Dr. Czaja (CDU/CSU) 11565 B Sänger (SPD) 11566 A, B Wienand (SPD) . . . . . . . . 11566 B Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . . 11566 D, 11568 B, C Baron von Wrangel (CDU/CSU) . . 11567 A Mattick (SPD) . . . . . . . . . 11567 B Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . . 11567 C Dr. Kliesing (Honnef) (CDU/CSU) . 11567 D, 11568 A Fragen des Abg. Müller (Mülheim) : Einrichtung von diagnostischen Zentren zur Früherfassung von behinderten Kindern Dr. von Manger- Koenig, Staatssekretär . . . . . . . 11569 C, D, 11570 A Müller (Mühlheim) (SPD) . 11569 D, 11570 A, Fragen des Abg. Prochazka: Manöver der Warschauer- Pakt-Mächte in der CSSR Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 11570 B, C II Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1969 Frage des Abg. Zebisch: Zuerkennung der Rechte aus dem Betriebsverfassungsgesetz für die bei den Stationierungsstreitkräften Bediensteten Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 11570 C, D 11571 A, B, C, D Zebisch (SPD) . . . . . 11570 D, 11571 A 11572 A Matthöfer (SPD) 11571 A Schultz (Gau- Bischofsheim) (FDP) . 11571 B Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 11571 C Dröscher (CDU/CSU) 11571 D Weigl (CDU/CSU) 11572 A Fragen des Abg. Dr. Giulini: Hilfe für die Bevölkerung in Nigeria 11572 A Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Beteiligung an der Arbeit der UNESCO Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 11572 B Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Kultur- und erziehungspolitische Zusammenarbeit in Europa Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 11572 C, D Kahn-Ackermann (SPD) . . . . 11572 C Frage des Abg. Mattick: Konsulate der Bundesrepublik Deutschland in Frankreich, Italien und Großbritannien Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . 11572 D, 11573 A, B, C Mattick (SPD) 11573 A Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 11573 B Frage des Abg. Matthöfer: Schicksal des in der Südafrikanischen Union inhaftierten Dr. Neville Alexander Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 11573 C Frage des Abg. Matthöfer: Verhandlungen über die Rückkehr der aus der Bundesrepublik Deutschland entführten Südkoreaner Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 11573 D, 11574 A, B Matthöfer (SPD) 11574 B Eidesleistung des Bundesministers Windelen 11574 C Aktuelle Stunde Äußerungen der Botschafter Grewe und Schnippenkötter auf der 6. Internationalen Wehrkunde-Tagung in München Genscher (FDP) . . . . 11534 D, 11583 C Dr. Barzel (CDU/CSU) . . 11575 C, 11584 B Dr. h. c. Kiesinger, Bundeskanzler 11576 B, 11577 A, D, 11578 C, 11580 A, 11580 D Mischnick (FDP) . . . . 11577 A, 11585 B Schultz (Gau- Bischofsheim) (FDP) . . 11578 B Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 11578 D Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . 11579 B Dorn (FDP) 11580 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister . 11581 A Wehner (SPD) . . . 11582 B, 11586 C Majonica (CDU/CSU) . . . . . 11583 A Scheel (FDP) 11587 B Dr. Kopf (CDU/CSU) 11588 C Absetzung des Punktes 3 von der Tagesordnung Entwurf eines Gesetzes über das Schornsteinfegerwesen (Schornsteinfegergesetz) (Abg. Becker, Kühn (Hildesheim), Lange, Franke (Hannover), Opitz u. Gen.) (Drucksache V/3812) — Erste Beratung — 11589 C Nächste Sitzung 11589 C Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 11591 Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Dr. Schulz (Berlin) betr. Gestaltung des diesjährigen Europatages 11591 Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Rechtsstreit über den Anschluß des Autobahnrasthauses am Ufer des Chiemsees Anfragen des Abg. Jacobi (Köln) betr. an die Kanalisation . . . . . . . . 11591 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1969 III Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Jung betr. Bauabteilung im Bundesinnenministerium für bauliche Maßnahmen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz 11592 Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) betr. Judenmordprozeß gegen den früheren SS- Unterscharführer Daniel Nering 11592 Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Rommerskirchen betr. Maßnahmen gegen die Aufforderung zu Straftaten gegen Waffenlager der Bundeswehr 11592 Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Zebisch betr. Verbreitung rassistischer und nazistischer Gedanken in Groschenromanen 11593 Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern) betr. Einrichtungen zum Mithören von Gerichtsverhandlungen durch Gerichtspräsidenten in deren Dienstzimmern 11593 Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) betr. Investitionszulage für das Zonenrandgebiet 11593 Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Bading betr. Zollanlagen an den inneren Grenzen der EWG — Gemeinschaftszollamt bei Echternacherbrück 11593 Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Lemmrich betr. wissenschaftliche Methoden bei der Haushaltsplanung des Bundes 11594 Anlage 12 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Mertes betr. Kompromiß zwischen Bund und Ländern in der Frage der Finanzreform 11595 Anlage 13 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Müller (Berlin) betr Weihnachtsgeld für Rentner 11595 Anlage 14 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Fritsch (Deggendorf) betr. Einbeziehung des Dienstleistungsgewerbes in eine langfristige Strukturverbesserung 11595 Anlage 15 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Frehsee betr. Vor- läufige Landarbeitsordnung 11596 Anlage 16 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Jung betr. Versetzung des Flottillenadmirals Kretschmer nach Ankara 11596 Anlage 17 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Faller betr. Bauprojekte des Bundesverteidigungsministeriums innerhalb des Naturschutzgebietes Feldberg (Schwarzes) 11596 Anlage 18 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Schultz (Gau- Bischofsheim) betr. Verteidigungskosten der Mitgliedstaaten der NATO . . . . . . . 11596 Anlage 19 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Jung betr. Phantom-Aufklärer 11597 Anlage 20 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Porsch betr. Einziehung von Wehrpflichtigen als Kurzdiener . . 11597 IV Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1969 Anlage 21 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern) betr. Zahl der in der Sowjetunion ausgebildeten Lehroffiziere an der Dresdener Militärakademie „Friedrich Engels" und der Offiziere in der NVA . . . . 11597 Anlage 22 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Dr. Mommer betr. deutsch-englische Handelskammern . . 11597 Anlage 23 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Dr. Müller (München) betr. Lieferung von zur Herstellung von Raketen verwendbarem Material in die Volksrepublik China . . . . . . . . 11598 Anlagen 24 und 25 Schriftliche Antworten auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) betr. Förderung des Zonenrandgebietes 11598 Anlage 26 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Westphal betr. Kokskohlebeihilfe 11598 Anlage 27 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Schmidt (Kempten) betr. Abwicklung der Westvermögen von Kreditinstituten 11599 Anlage 28 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Anfrage des Abg. Weigl betr. Förderung der Porzellanindustrie 11599 Anlage 29 Schriftliche Antworten auf die Mündlichen Anfragen des Abg. Porsch betr. Verlagerung von Entscheidungen zur regionalen Wirtschaftsförderung schwach strukturierter Gebiete von den Ländern nach Bonn — Schaffung von Dauerarbeitsplätzen im ostbayerischen Grenzland . . 11599 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1969 11561 214. Sitzung Bonn, den 7. Februar 1969 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Aigner * 7. 2. Frau Albertz 7. 2. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 7. 2. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) 7. 2. Frau Berger-Heise 7. 2. Beuster 7. 2. Dr. Birrenbach 7. 2. Blumenfeld 28.2. Dr. Brenck 15. 3. Corterier 7. 2. van Delden 7. 2. Dichgans 7. 2. Dr. Dittrich 7. 2. von Eckardt 117. 2. Frau Dr. Elsner 7. 2. Dr. Frey 7. 2. Graaff 7. 2. Dr. Gradl 7. 2. Haage (München) 7. 2. Dr. Haas 7. 2. Hamacher 31.3. Hauck 7. 2. Hellenbrock 31. 3. Jürgensen 28. 2. Dr. Kempfler 7. 2. Kern 30. 4. Freiherr von Kühlmann-Stumm 7. 2. Kunze 30. 4. Lemmer 7. 2. Dr. Löhr 7. 2. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 7. 2. Dr. von Merkatz 7. 2. Michels 7. 2. Missbach 15.4. Dr. Müller-Emmert 8. 2. Dr. Müthling 7. 2. Peters (Norden) 7. 2. Richarts * 7. 2. Dr. Ritgen 7. 2. Dr. Schmidt (Offenbach) 7. 2. Frau Schroeder (Detmold) 7. 2. Schulhoff 7. 2. Dr. Schulz (Berlin) 14. 2. Seibert 7. 2. Dr. Stecker 7. 2. Steinhoff 30. 4. Dr. Wahl 7. 2. Weimer 7. 2. Frau Wessel 28. 2. Frau Dr. Wex 7. 2. Dr. Wilhelmi 7. 2. Winkelheide 28. 2. Dr. Wörner 7. 2. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Diehl vom 5. Februar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Schulz (Berlin) (Drucksache V/3793 Fragen 1 und 2) : Durch welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zur Gestaltung des Europatages am 5. Mai 1969 beizutragen? Ist die Bundesregierung bereit, anläßlich des diesjährigen Europatages in der Öffentlichkeit insbesondere das 20jährige Bestehen des Europarates in Straßburg zu würdigen? Die Bundesregierung mißt dem Europatag 1969 vor allem im Hinblick auf das 20jährige Bestehen des Europarats besondere Bedeutung bei. Sie wird die Maßnahmen, die vom Europarat oder von privaten Trägern veranlaßt werden, unterstützen. Sie wird in eigener Verantwortung tätig werden. 1. Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung wird die Kosten für Druck und Verbreitung der deutschen Ausgabe der diesbezüglichen Furoparats- Veröffentlichung übernehmen. 2. Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung beabsichtigt, sich an der Plakataktion zum Europatag zu beteiligen, die von privaten europäischen Organisationen geplant wird. 3. Das Bundespresseamt wird deutschen Journalisten die Teilnahme an offiziellen Veranstaltungen in Straßburg erleichtern. 4. Da der Europarat seine ursprüngliche Absicht, einen Film zum 20. Jahrestag des Europarats herzustellen, fallengelassen hat, prüft das Bundespresseamt zur Zeit die Möglichkeit, einen Film über die europäische Einigung herzustellen und zu finanzieren. 5. Das Presse- und Informationsamt wird darüber hinaus in den Bulletins und anderen ihm zur Verfügung stehenden Medien die Arbeit des Europarats würdigen. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 7. Februar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Jacobi (Köln) (Drucksache V/3793 Fragen 52, 53 und 54) : Was ist der Grund des zwischen dem Bund und der Gemeinde Bernau (Kr Rosenheim) schwebenden Rechtsstreits über die Frage des Anschlusses des am Ufer des Chiemsees liegenden Autobahnrasthauses (ca. 200 Betten) an die bereitgestellte Kanalisation? In welchem Stadium befindet sich der Rechtsstreit? Trifft es zu, daß die Abwässer dieses Unternehmens unmittelbar in den See fließen und deshalb Badeverbot besteht? Zwischen dem Bund und der Gemeinde Bernau sind zwei Verwaltungsstreitverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München anhängig. Das erste Verfahren betrifft die Höhe eines von der 11592 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1969 Gemeinde geforderten Vorschusses auf den Herstellungsbeitrag für den Anschluß des Rasthauses am Chiemsee an die gemeindliche Kanalisation. Das zweite Verfahren bezieht sich auf den Widerspruch des Bundes gegen eine Ordnungsverfügung der Gemeinde Bernau auf Vollzug des Anschlusses des Rasthauses an die gemeindliche Kanalisation. In dem ersten Verfahren ist zwar die Höhe des geschuldeten Beitrags strittig. Unabhängig hiervon hat der Bund jedoch den bisher geforderten Vorschuß in Höhe von 174 865,50 DM an die Gemeinde Bernau gezahlt. Darüber hinaus zahlt der Bund laufend monatlich 500,— DM an sogen. Bereitstellungsgebühren an die Gemeinde. In dem zweiten Verfahren macht der Bund geltend, daß die Liegenschaft „Rasthaus am Chiemsee" nach Maßgabe des NATO-Truppenstatuts und der ergänzenden Verträge den amerikanischen Streitkräften zur Nutzung zur Verfügung gestellt ist, daß diese den Anschluß bisher verweigert haben und daß ihre Zustimmung nach der Vertragslage nicht erzwungen werden kann. Das Bundesministerium der Finanzen ist, wie in anderen vergleichbaren Fällen so auch hier, bemüht, die amerikanische Seite zum Anschluß der Liegenschaft an die gemeindliche Kanalisation zu veranlassen. Um die entsprechenden Verhandlungen zum Abschluß zu bringen, findet noch im Laufe des Februar 1969 eine weitere Verhandlung mit der amerikanischen Seite statt. Es ist zu hoffen, daß diese Verhandlung zu einer befriedigenden Lösung ) führt und damit auch die schwebenden Rechtsstreite hinfällig macht. In den beiden genannten verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat der Bund seine Stellungnahme abgegeben. Wann eine Entscheidung ergehen wird, falls eine solche nach dem zuvor Gesagten noch notwendig sein sollte, kann von hier aus nicht beurteilt werden. Die Abwässer des Rasthauses fließen nicht unmittelbar in den Chiemsee, sondern werden durch zwei von den amerikanischen Streitkräften betriebene Kläranlagen teils in den Chiemsee, teils in den Förchenbach eingeleitet. Bei beiden Anlagen werden die Abwässer vorher so chloriert, daß sie erst nach einer gewissen Karenzzeit in den See bzw. in den Bach gelangen. Von deutscher Seite besteht kein Badeverbot für den Chiemsee. Das von amerikanischer Seite zeitweise für die Mitglieder ihrer Streitkräfte ausgesprochene Badeverbot wurde nach den Chlorierungsmaßnahmen wieder aufgehoben. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Köppler vom 6. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Jung (Drucksache V/3793 Frage 63) : Beabsichtigt die Bundesregierung, beim Bundesinnenministerium eine eigene Bauabteilung einzurichten, welche die baulichen Maßnahmen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz bearbeitet? Es ist nicht beabsichtigt, im Bereich des Bundesministers des Innern eine Bauabteilung für Baumaßnahmen zum Schutze der Zivilbevölkerung einzurichten. Gemäß einer Ressortvereinbarung aus dem Jahre 1961 ist der Bundesschatzminister als oberste technische Instanz auch weitgehend mit Baumaßnahmen zum Schutze der Zivilbevölkerung befaßt. Er ist zuständig für die baufachliche Überprüfung und technische Durchführung von Baumaßnahmen des Zivilschutzes auf bundeseigenen Grundstücken sowie von größeren Bauvorhaben wie Bunkerinstandsetzungen und Mehrzweckbauten, d. h. für die Einrichtung von Luftschutzanlagen in Tiefgaragen, U-Bahnhöfen und dergleichen. Die Durchführung von Baumaßnahmen des Zivilschutzes auf nichtbundeseigenen Grundstücken obliegt im übrigen den Ländern. Der Bund, der für eine geordnete Gesamtplanung, für einheitliche luftschutztaktische Beurteilung und für die Einhaltung z. B. eines bestimmten Raumbedarfs sorgt, weist hierfür die Mittel zu. Eine zentrale Bearbeitung dieser Maßnahmen auch in baufachlicher Hinsicht erscheint, gemessen am Personalaufwand, nicht sinnvoll. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dr. Heinemann vom 6. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (Drucksache V/3793 Frage 64) : Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, den Judenmordprozeß gegen den früheren SS- Unterscharführer Daniel Nering aus Ahrensburg nochmals aufrollen zu lassen, der durch ein freisprechendes Urteil beendet wurde, in dem festgestellt wurde, daß Nering an drei Juden vorsätzliche Körperverletzung (Auspeitschen) mit Todesfolge begangen und den jüdischen Landarbeiter Kohn erschossen hat, weil dieser sich eine Handvoll Getreidekörner in den Mund gesteckt hatte? Nach Mitteilung des Justizministeriums Schleswig-Holstein hat die Staatsanwaltschaft gegen das freisprechende Urteil des Schwurgerichts Lübeck in der Sache Nering Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof wird daher Gelegenheit zur Nachprüfung des Urteils haben. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dr. Heinemann vom 7. Februar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Rommerskirchen (Drucksache V/3793 Fragen 65 und 66) : Hält die Bundesregierung eine Novellierung des Strafrechts für erforderlich und beabsichtigt sie gegebenenfalls eine solche, um sicherzustellen, daß gegen Personen, die öffentlich auffordern, sich Waffenlager der Bundeswehr zum Ziel zu setzen, um Mittel zur gewaltsamen Durchsetzung ihrer Interessen zu erlangen, wirksam eingeschritten werden kann? Wie erklärt die Bundesregierung es, daß gegen den Verantwortlichen für ein entsprechendes Flugblatt — dessen Tendenz zumal unter Berücksichtigung der Umstände, unter denen es verteilt wurde, zu Straftaten auffordert —, das am 13. April 1968 in Saarbrücken verteilt wurde und für das namens des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes ein Volker Wolf, Dud-weiler, Lortzingstraße 27, verantwortlich zeichnete, nicht eingeschritten wurde? Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1969 11593 Aufforderungen der gefragten Art sind als Aufforderung zur Wehrmittelbeschädigung, zum Diebstahl und zum Hausfriedensbruch anzusehen und damit schon nach geltendem Recht unter dem Straftatbestand des § 111 StGB strafbar. Es bedarf also an sich keiner Änderung des Strafrechts mehr. Der Sonderausschuß des Deutschen Bundestages für die Strafrechtsreform wird sich aber in Kürze ohnehin mit den Delikten gegen den Gemeinschaftsfrieden und damit auch mit dem § 111 des Strafgesetzbuches befassen. Die Beurteilung des Flugblattes fällt in die Zuständigkeit der Strafverfolgungsbehörden des Saarlandes. Diese haben nach einer vom Justizministerium des Saarlandes freundlicherweise mitgeteilten Auskunft in dem Flugblatt keine Anzeichen für eine strafbare Handlung gesehen. Das dürfte damit zusammenhängen, daß das Flugblatt einen anderen als den in der Frage angenommenen Inhalt gehabt hat. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dr. Heinemann vom 7. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Zebisch (Drucksache V/3793 Frage 67) : Was gedenkt die Bundesregierung angesichts der im Kursbuch Nr. 14/1968 Seite 45 ff. gegebenen Hinweise auf die Wiederverbreitung rassistischer und nazistischer Gedanken in Groschenheften und Groschenromanen zu unternehmen? Die Anfrage berührt nur zum Teil die Zuständigkeit der Justiz. Soweit durch die Verbreitung rassistischer und nazistischer Gedanken in Groschenromanen Straftatbestände erfüllt werden, sind die Staatsanwaltschaften auf Grund des Legalitätsprinzips gehalten, gegen die Verfasser und Herausgeber solcher Schriften Strafverfahren einzuleiten. Die Schriften selbst können von den Gerichten eingezogen werden, und zwar auch dann, wenn die Verantwortlichen nicht festgestellt werden können. Schriften, die zum Rassenhaß anreizen oder den Krieg verherrlichen, werden auch in die Liste der jugendgefährdenden Schriften aufgenommen und von dem Verkauf und Vertrieb an Jugendliche ausgeschlossen (Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften vom 9. Juni 1953). Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dr. Heinemann vom 7. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Marx (Kaiserslautern) (Drucksache V/3793 Frage 68) : Welche Einrichtungen hält die Bundesregierung für legal und zweckmäßig, um Gerichtspräsidenten das Mithören von öffentlichen Verhandlungen in ihrem Dienstzimmer zu ermöglichen? Der Frage liegt ein Vorgang zugrunde, der Gegenstand eines disziplinarrechtlichen Verfahrens gegen einen Landgerichtspräsidenten ist. Angesichts dessen möchte ich zur Zeit zu der Frage keine Stellung nehmen. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 7. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage ders Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (Drucksache V/3793 Frage 69) : Ist die Bundesregierung bereit, die im Zweiten Steueränderungsgesetz vorgesehene Investitionszulage für das Zonenrandgebiet auch für die Rationalisierung, Anpassung und Umstellung zur Sicherung vorhandener Arbeitsplätze zu gewähren? Die Bundesregierung verkennt nicht, daß auch Investitionen bestehender Betriebe im Zonenrandgebiet, in den Bundesausbaugebieten und Bundesausbauorten, die der Sicherung vorhandener Arbeitsplätze dienen, für die Erhaltung und Stärkung der Wirtschaftskraft dieser Gebiete von großer Bedeutung sind. Es ist deshalb vorgesehen, diese Investitionen wie schon bisher im Rahmen der bestehenden Verwaltungsregelungen auch weiterhin durch Gewährung von Sonderabschreibungen zu fördern. Die Einbeziehung dieser Investitionsmaßnahmen in die vorgesehene Investitionszulagebegünstigung vermag die Bundesregierung jedoch nicht zu befürworten, weil hierdurch nur wenig zur eigentlichen Umstrukturierung, die in erster Linie in der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen bestehen muß, beigetragen würde. Gegen die Einbeziehung der Rationalisierungs-, Anpassungs- und Umstellungsinvestitionen in die vorgesehene Investitionszulagebegünstigung spricht ferner, daß diese Investitionen in der Praxis kaum von normalen Ersatzinvestitionen abgegrenzt werden könnten. Die Begünstigung der bezeichneten Investitionen würde deshalb letztlich dazu führen, daß die Investitionszulage für alle betrieblichen Investitionen in den erwähnten Gebieten gewährt werden müßte. Die Begünstigung sämtlicher Investitionen kann aber schon deshalb nicht in Betracht kommen, weil sich dadurch das Volumen der Steuermindereinnahmen, das nach der Regierungsvorlage etwa 105 Mio DM im Jahr beträgt, auf eine Größenordnung von mindestens 1 Mrd. DM im Jahr erhöhen würde. Steuermindereinnahmen in dieser Größenordnung sind aber weder für den Bund noch für die Länder tragbar. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 7. Februar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des geordneten Bading (Drucksache V/3793 Fragen 70, 71 und 72) : Kann die Bundesregierung sich dazu äußern, wie sie sich die Entwicklung der EWG in bezug auf den Umfang von neuzuerrichtenden Zollanlagen an den inneren Grenzen der EWG vorstellt? An welchen späteren Verwendungszweck für das bei Echternacherbrück geplante deutsch- luxemburgische Gemeinschaftszollamt, dessen Kosten auf 1,6 Millionen DM veranschlagt sind, denkt die Bundesregierung für den Fall, daß entsprechend dem Römischen Vertrag alle grenzübergangsbehindernden Maßnahmen innerhalb der EWG bald beseitigt werden? Wäre die Errichtung eines provisorischen Baues im Zuge des Ausbaues der Europastraße 42 bei Echternacherbrück nicht kostensparender und außerdem politisch sinnvoller? 11594 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1969 Die Abfertigung des grenzüberschreitenden Reise- und Warenversehrs an den EWG-Binnengrenzen kann erst dann entfallen, wenn die in den EWG-Mitgliedstaaten unterschiedlichen Belastungen bei der Umsatzsteuer und den Verbrauchsteuern vollständig harmonisiert sind, wenn weiter jegliche Kontrolle der Einfuhrverbote und -beschränkungen entfällt sowie eine Paßnachschau nicht mehr erforderlich ist. Wann dies der Fall sein wird, ist z. Z. noch nicht vorhersehbar. Eine Zeitdauer von 5 Jahren kann nicht ausgeschlossen werden. Bei der Planung neuer Abfertigungsanlagen an den EWG-Binnengrenzen befindet sich daher die deutsche Zollverwaltung ebenso wie die Nachbarverwaltungen in der schwierigen Lage, sich hierauf — unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte — einstellen zu müssen. Die deutsche ZV läßt sich dabei von folgenden Gesichtspunkten leiten: 1. Neue Abfertigungsanlagen werden nur dort errichtet, wo neue grenzüberschreitende Straßen dies erfordern. 2. Hinsichtlich des Raum- und Flächenbedarfs wird etwa nur die Hälfte des Bedarfs zu Grunde gelegt, der bei einem vergleichbaren Grenzübergang an einer Drittlandsgrenze anzunehmen wäre. 3. Die neuen Anlagen sollen nach dem Wegfall der Grenzabfertigung grundsätzlich für andere Zwecke verwendet werden können. Gedacht ist hierbei in erster Linie an Raststätten, Tankstellen und ähnliche Verkehrseinrichtungen. Es ist jedoch verständlich, daß im Interesse einer ordnungsgemäßen und zügigen Abfertigung der jetzige Verwendungszweck der Anlagen vorrangig berücksichtigt werden muß. 4. Bei der Bauweise der Anlagen wird davon ausgegangen, daß selbstverständlich keine Bauten mit Ewigkeitswert errichtet werden dürfen, daß andererseits aber den Beamten nicht zuzumuten ist, für längere Zeit etwa in Baracken, Ausstellungszelten oder dgl. Dienst zu verrichten. 5. Die für die- Errichtung der deutsch- luxemburgischen Gemeinschaftszollanlage bei Echternacherbrück geschätzten Baukosten in Höhe von 1,6 Mio DM beziehen sich auch auf die benötigten Verkehrsflächen. Nach neuesten Kostenanschlägen werden voraussichtlich 1,4 Mio DM nicht überschritten werden. Die Hochbauten werden unter Verwendung geeigneter Baustoffe und wirtschaftlicher Konstruktionen — ggfs. in Fertigteilen — errichtet. Solche Gebäude sind erfahrungsgemäß hinsichtlich ihrer Bau- und Unterhaltungskosten nicht teurer als provisorische Bauten, wie z. B. Baracken. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 7. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Lemmrich (Drucksache 1//3793 Frage 74) : Teilt die Bundesregierung die Ansicht des Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium, Dr. von Dohnanyi, daß die wissenschaftlichen Methoden bei der Haushaltsplanung des Bundes unzureichend seien (s. FAZ vom 21. Januar 1969) ? Der Vortrag, den Herr Staatssekretär Dr. von Dohnanyi am 20. Januar 1969 vor dem SöhnleinForum in Wiesbaden gehalten hat, liegt mir im Manuskript vor. Die Ausführungen über die Haushaltsführung rechtfertigen nicht, hier von Kritik an den Planungsmethoden der Bundesregierung zu sprechen. Herr Dr. von Dohnanyi hat in diesem Vortrag lediglich auf ein System der Haushaltsplanung hingewiesen, das ihm anläßlich eines Besuchs in den USA und in Japan bekanntgeworden ist und dessen Anwendung nach seinem Eindruck auch in Deutschland zweckmäßig sei. Es handelt sich um das 1965 durch den damaligen Präsidenten Johnson eingeführte sogen. Planning Programming and Budgeting System (PPBS). Die große Bedeutung, die diesem System in den USA beigemessen wird, ist aus der dort herrschenden Verwaltungs- und Staatsstruktur zu verstehen. Neben dem Zweck systematischer Bewertung von öffentlichen Vorhaben trägt PPBS zu einer stärkeren Zentralisierung finanzpolitischer Entscheidungen bei. Der Wert dieses hochentwickelten Informationssystems läßt sich abschätzen, wenn man weiß, daß es neben der relativ geringen Zahl von Ministerien in den USA 80 bis 90 sog. federal agencies (Bundesbehörden) mit einer sehr unabhängigen Stellung gibt, die weitgehend unabhängig voneinander und in sehr globaler Weise budgetieren. Der Umstellungsprozeß der amerikanischen Verwaltung auf PPBS ist nach allen Informationen, die mir vorliegen, erst noch im Gange. Die Fortschritte, welche die einzelnen Behörden auf diesem Gebiet gemacht haben, sind offenbar sehr unterschiedlich. Insoweit ist es sicherlich verfrüht, über die Leistungsfähigkeit von PPBS für die deutsche Haushaltsplanung ein abschließendes Urteil abzugeben. Als wesentlicher Unterschied zur deutschen Finanzplanung fällt allerdings auf, daß der Aspekt der volkswirtschaftlichen Globalsteuerung und der langfristigen Ausrichtung der Finanzpolitik an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in weit geringerem Maße berücksichtigt zu werden scheint, als das bei der deutschen Finanzplanung der Fall ist. Dabei war es naheliegend, daß die USA, die eine sorgfältig geprüfte Budgetierung im Sinne der Reichshaushaltsordnung nicht kannte, zunächst die Nutzen /Kosten-Analyse in den Vordergrund stellte. Es bedarf noch weiterer sorgfältiger Prüfung, inwieweit eine Übertragung des PPBS auf deutsche Verhältnisse möglich und wünschenswert sein wird. Die Bundesregierung hatte bereits im vorigen Jahr 3 höhere Beamte des BMWi und des BFM an einem Lehrgang der amerikanischen Administration über das PPBS- Verfahren teilnehmen lassen. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1969 11595 Eine Kritik an der deutschen Haushalts- und Finanzpraxis dürfte Herrn Dr. von Dohnanyi allerdings auch schon deshalb ferngelegen haben, weil zahlreiche Äußerungen internationaler Gremien zum Stabilitätsgesetz und zur deutschen Haushaltsplanung uns berechtigterweise der Auffassung sein lassen dürfen, daß unsere Methoden der Haushaltsplanung als mit am fortschrittlichsten in der Welt angesehen werden können. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 7. Februar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Mertes (Drucksache V/3793 Fragen 75 und 76) : In welche Richtung zielt der Kompromiß, der sich nach Angaben des Bundeskanzlers zwischen Bund und Ländern in der Frage der Finanzreform abzeichnet? Welchen Kompromiß in der Frage der Finanzreform hat der Bundesfinanzminister mit dem bayerischen Ministerpräsidenten ausgehandelt? Die Erarbeitung einer sachgerechten Lösung in den strittigen Fragen der Finanzreform ist beim jetzigen Stand des Gesetzgebungsverfahrens ausschließlich Sache des Vermittlungsausschusses, der sich — wie nach dem Beschluß des Sonderausschusses des Bundesrates wohl zu erwarten — nunmehr mit dem Gesetzesbeschluß des Bundestages befassen wird. Der Bundeskanzler hat lediglich die Erwartung ausgesprochen, daß im Hinblick auf die Presseerklärung des Hamburger Bürgermeisters Weichmann vom 30. Januar eine Kompromißlösung möglich sein werde. Die vom Bundesfinanzminister mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Goppel geführten Gespräche über die Finanzreform wurden auf CSU- Parteiebene geführt und dienten der Meinungsbildung innerhalb der CSU. Es war nicht Sinn und Aufgabe dieser Gespräche, Kompromißvorschläge zwischen Bundes- und Landesregierung auszuhandeln. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 7. Februar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Müller (Berlin) (Drucksache V/3793 Fragen 92 und 93) : Sind der Bundesregierung die zahlreichen Leserbriefe in namhaften deutschen Tageszeitungen über Weihnachtsgeld für Rentner bekannt, die im Zusammenhang mit der allgemeinen Diskussion über die Erhöhung der Sonderzuwendung (Weihnachtsgeld) an Beamte erschienen sind? Welchen Standpunkt nimmt die Bundesregierung ein zu der in diesen Leserbriefen aufgestellten Forderung, auch den Rentnern künftig ein Weihnachtsgeld zu zahlen? Die in verschiedenen Tageszeitungen erschienenen Leserbriefe zur Frage eines Weihnachtsgeldes für Rentner sind der Bundesregierung bekannt. Es ist verständlich, wenn im Zusammenhang mit der Erhöhung der Sonderzuwendung, d. h. des Weihnachtsgeldes für Beamte, die Frage aufgeworfen wird, ob nicht auch die Rentner ein Weihnachtsgeld erhalten sollten. Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, daß der Staat die Sonderzuwendung an die Beamten in seiner Eigenschaft als Dienstherr und als Teil der Besoldung leistet, während ein Weihnachtsgeld an die Rentner der Sozialversicherung — um überhaupt in das System der Rentenversicherung zu passen — von den Trägern der Rentenversicherung als eine zusätzliche Rentenleistung zu gewähren wäre. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß es — jedenfalls für absehbare Zeit — nicht vertretbar wäre, eine solche zusätzliche Rentenleistung, die zu den jährlichen Rentenanpassungen hinzukäme, in Aussicht zu nehmen. Angesichts des vor uns stehenden Rentenberges müssen alle Anstrengungen darauf konzentriert sein, das Prinzip der jährlichen Rentenanpassungen und das bestehende System der Rentenbemessung zu erhalten. Das Gelingen dieser vorrangigen und vor allem im Interesse der Rentner selbst liegenden Aufgabe könnte jedoch gefährdet werden, wenn man gerade jetzt weitere Leistungsverbesserungen wie etwa die Gewährung eines Weihnachtsgeldes vorsähe. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 7. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fritsch (Deggendorf) (Drucksache V/3793 Frage 94) : Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus der Empfehlung des Vorstandes der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zu ziehen, die besagt, daß im Interesse der beruflichen Unterbringung älterer Arbeitnehmer in Überlegungen für eine langfristige Strukturverbesserung, insbesondere im Zonenrand- und Küstengebiet, das Dienstleistungsgewerbe mit einbezogen werden soll? Die Bundesregierung sieht in dem erst kürzlich erschienenen Bericht und in den darin enthaltenen Anregungen des Vorstandes der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung einen wertvollen Beitrag dafür, daß den besonderen Beschäftigungsproblemen der älteren Arbeitnehmer in Zukunft noch mehr als bisher Rechnung getragen wird. Soweit der Vorstand der Bundesanstalt im Interesse der beruflichen Unterbringung älterer Arbeitnehmer strukturpolitische Anregungen an die Bundesregierung gerichtet hat, wird sie diese bei der Weiterentwicklung ihrer Strukturpolitik in die Überlegungen mit einbeziehen. Schon jetzt trägt das regionale Förderungsprogramm der Bundesregierung durch die Verbesserung der Wirtschaftsstruktur in den Zonenrand- und den Bundesausbaugebieten dazu bei, daß sich in diesen Gebieten das Angebot an Arbeitsplätzen auch für ältere Arbeitnehmer allgemein verbessert. Die Mittel des regionalen Förderungsprogramms der Bundesregierung können allerdings wegen ihrer Knappheit im Vergleich zu der Größe der noch zu lösenden Regionalprobleme nur für Maßnahmen verwendet werden, die einen Primäreffekt für die Steigerung der Wirtschaftskraft auslösen. Das sind In- 11596: Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1969 vestitionen in der Industrie, im Handwerk und im Fremdenverkehrsgewerbe, durch die neue Arbeitsplätze entstehen und vorhandene gesichert werden. Außerdem wird der Ausbau der erforderlichen Infrastruktur gefördert. Das Dienstleistungsgewerbe hat an diesen Hilfen entweder unmittelbar — z. B. das Fremdenverkehrsgewerbe — oder mittelbar Anteil, weil über die allgemeine Einkommens- und Nachfragesteigerung innerhalb der geförderten Region auch das Dienstleistungsgewerbe belebende Impulse erhält. Die Bundesregierung weist ferner darauf hin, daß aus dem Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung Mittel zur Förderung überregionaler Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation zur Verfügung gestellt werden können. Aus den Zonenrand- und den Bundesausbaugebieten liegen meinem Haus zur Zeit Anträge auf Bewilligung von Mitteln für den Ausbau von Rehabilitationseinrichtungen in Bayreuth, Lippoldsberg bei Kassel, Goslar und Husum vor. Wir haben — ohne einer Entscheidung über diese Anträge vorzugreifen — die Hoffnung, daß der Ausbau solcher Einrichtungen mit Bundesmitteln gefördert werden kann. Insgesamt werden dadurch etwa 900 bis 1000 neue Ausbildungs- und Umschulungsplätze im Zonenrand- und Küstengebiet geschaffen werden, die zu einem Teil auch den älteren Arbeitnehmern zugute kommen dürften. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 7. Februar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Frehsee (Drucksache V/3793 Fragen 95, 96 und 97) : Warum hat die Bundesregierung den 50. Jahrestag des Bestehens der „Vorläufigen" Landarbeitsordnung (VLO) nicht zum Anlaß genommen, diese endlich aufzuheben? Ist die Bundesregierung nicht der Auffassung, daß die VLO durch die praktische Entwicklung, besonders auch durch die allgemeinverbindlichen landwirtschaftlichen Tarifverträge, längst überholt ist? Ist die Bundesregierung bereit, den dazu erforderlichen Gesetzentwurf nunmehr einzubringen? Die Bundesregierung hat von dieser Stelle aus schon einmal erklärt, daß sie die Vorläufige Landarbeitsordnung wegen der in der Land- und Forstwirtschaft bestehenden Tarifverträge für praktisch zum großen Teil überholt ansieht. Diese Auffassung der Bundesregierung hat sich seither nicht geändert. Sie hat sich daher namentlich im vergangenen Jahr wiederholt darum bemüht, die Zustimmung der land- und forstwirtschaftlichen Berufsorganisationen zur Aufhebung der Vorläufigen Landarbeitsordnung zu erhalten. Im Mittelpunkt dieser noch laufenden Gespräche steht die Frage, ob die Vorläufige Landarbeitsordnung in allen Teilen ersatzlos aufgehoben werden kann. Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft gibt es heute keine für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge; ob deshalb einige Vorschriften der Landarbeitsordnung für Nichttarifgebundene noch eine gewisse Bedeutung haben, wird zur Zeit geprüft. Die Bundesregierung wird sich darum bemühen, die Gespräche bald zum Abschluß zu bringen. Sobald dies geschehen ist, wird sie sich über die Vorlage eines Aufhebungsgesetzes schlüssig werden. Anlage 16 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Adorno vom 7. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Jung (Drucksache V/3793 Frage 98) : Ist die Bundesregierung bereit, den Flottillenadmiral Kretschmer erst dann auf seinen neuen Posten als Militärattaché in Ankara zu versetzen, wenn die Untersuchungen über den Untergang des U-Bootes Hai abgeschlossen sind und damit sichergestellt ist, daß Kretschmer als Vorsitzender der Havariekommission hier nicht mehr jederzeit zu Auskünften zur Verfügung stehen muß? Flottenadmiral Kretschmer übergibt am 21. Februar 1969 turnusgemäß seine derzeitige Aufgabe als Chef des Stabes beim Befehlshaber Seestreitkräfte Ostseezugänge (COMNAVBALTAP) an einen dänischen Offizier. Eine Versetzung des Admirals als Militärattaché nach Ankara ist nicht vorgesehen. Flottenadmiral Kretschmer wird eine Verwendung erhalten, die sicherstellt, daß ,er jederzeit zu Auskünften zur Verfügung steht. Anlage 17 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs von Hase vom 6. Februar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Faller (Drucksache V/3793 Fragen 99 und 100) : Für welche Bauprojekte innerhalb des Naturschutzgebietes Feldberg (Schwarzw) hat das Bundesverteidigungsministerium eine Baugenehmigung erhalten? Bis wann ist mit dem Bau der in Frage 99 genannten Projekte zu rechnen? Auf dem Feldberg/ Schwarzwald wird durch die Bundeswehr eine Weitfunkverbindungsstation errichtet. Der Ministerrat des Landes Baden-Württemberg hat am 16. 9. 1968 im Rahmen des Anhörungsverfahrens hierzu seine Zustimmung gegeben. Die Auflagen des Regierungspräsidiums Südbaden bezüglich des Landschaftsschutzes werden bei der Gestaltung der Bauten berücksichtigt. Mit den Bauarbeiten wurde Anfang Oktober 1968 begonnen. Sie sind vorerst wegen der Witterungsverhältnisse eingestellt worden und werden im Frühjahr fortgesetzt. Anlage 18 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Adorno vom 7. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schultz (Gau-Bischofsheim) (Drucksache V/3793 Frage 101) : Warum konnte die Bundesregierung immer noch nicht die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP vom 17. Oktober 1968 betreffend die Höhe der Verteidigungskosten der Mitgliedstaaten der NATO (Drucksache V/3379) beantworten? Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1969 11597 Die Kleine Anfrage ,der FDP-Fraktion sollte am 21. November 1968 durch Übersendung der vorbereiteten Antwort an .den Herrn Fraktionsvorsitzenden beantwortet werden. Der Grund für diese Form war in der Einstufung des geheimen Zahlenmaterials der anderen Mitgliedstaaten der NATO zu erblicken. Mit Schreiben vom 3. Dezember 1968 hat sich der Herr Fraktionsvorsitzende der FDP mit dieser Form der Erledigung nicht einverstanden erklärt und gebeten, die Antwort der Bundesregierung zu publizieren und zu diesem Zweck bei den Regierungen der NATO-Staaten anzufragen, ob sie mit der Veröffentlichung des mit „NATO-Confidential" klassifizierten Zahlenmaterials einverstanden sind. Dieses empfohlene Verfahren hätte die Beantwortung der Kleinen Anfrage nach den bisherigen Erfahrungen um Monate verzögert. Es mußte deshalb eine Antwort erarbeitet werden, welche ,eine möglichst weitgehende Information gewährleistet, ohne I daß sie eingestuft werden muß. Die Anfrage wurde inzwischen beantwortet. Anlage 19 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs von Hase vom 7. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Jung (Drucksache V/3793 Frage 102) : Auf welche Weise gedenkt die Bundesregierung den Ausführungen in dem Artikel Wortbruch in Sachen Phantom" in der Zeitschrift „Wehr und Wirtschaft", Heft 1/69, zu begegnen, wonach durch die Beschaffung der 88 Maschinen vom Typ RF - 4 E (Phantom) weder eine bald mögliche Abdeckung der Aufklärungslücke noch eine einfache Umrüstung und Umschulung der Verbände zu erwarten sei, da es sich bei dem zur Beschaffung vorgesehenen Typ um kein fortschrittliches, einsatzbewährtes Flugzeugmuster mit Allwetter- Einsatzfähigkeit und maximaler Effektivität der Flugzeug-Sensor-Kombination handele? Die Bundesregierung hat sofort nach Bekanntwerden des fraglichen Artikels in der Zeitschrift „Wehr und Wirtschaft" in einer Presseerklärung am 3. Februar 1969 festgestellt, daß die Polemik dieser Zeitschrift den Tatsachen nicht entspricht. Darüber hinaus sieht die Bundesregierung keine Veranlassung, im einzelnen auf die unrichtigen und unsachlichen Darstellungen einzugehen, zumal in einer Pressekonferenz am 6. Dezember 1968 bereits mit Zitaten aus der Beschaffungsvorlage vom 13. Mai 1968 dargelegt worden ist, daß der Vorwurf einer falschen Unterrichtung der Ausschüsse durch das Bundesministerium der Verteidigung nicht zutrifft. Die Ausschüsse des Bundestages — Verteidigungsausschuß und Haushaltsausschuß — sind vom Bundesministerium der Verteidigung eindeutig und sachlich richtig informiert worden. Im Gegensatz zu dem Artikel ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Prüfung und Entscheidung der beteiligten Ausschüsse mit größter Sorgfalt erfolgt ist. Anlage 20 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Adorno vom 7. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Porsch (Drucksache V/3793 Frage 103) : Beabsichtigt die Bundesregierung, vermehrt Wehrpflichtige als Kurzdiener einzuziehen, nachdem vielen Gemusterten diese Möglichkeit in Aussicht gestellt wird, jedoch davon bisher wenig Gebrauch gemacht worden ist? Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, Wehrpflichtige zu einem verkürzten Grundwehrdienst einzuziehen. Wehrpflichtigen, bei denen feststeht, daß die Heranziehung zum vollen Grundwehrdienst für die Dauer eine besondere Härte bedeuten würde, wird bei der Musterung nicht in Aussicht gestellt, daß sie tatsächlich zu einem verkürzten Grundwehrdienst herangezogen werden. Vom Musterungsausschuß wird lediglich festgestellt, daß sie nur zu einem solchen im § 5 des Wehrpflichtgesetzes vorgesehenen Dienst einberufen werden dürfen. Der verkürzte Grundwehrdienst kann zur Zeit nicht praktiziert werden, weil die Forderungen der NATO nur durch vollausgebildete Soldaten erfüllt werden können. Außerdem läßt der Mangel an Ausbildungspersonal eine besondere Ausbildung von kurzdienenden Wehrpflichtigen nicht zu. Anlage 21 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Adorno vom 7. Februar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Marx (Kaiserslautern) (Drucksache V/3793 Fragen 104 und 105) : Wie hoch ist nach Erkenntnissen der Bundesregierung der prozentuale Anteil der Lehroffiziere an der Dresdener Militärakademie „Friedrich Engels", die in der Sowjetunion ausgebildet wurden, dort studiert und examiniert haben und heute deutsche Soldaten der NVA politisch, gesellschaftswissenschaftlich, militärpolitisch und militärtechnisch ausbilden? Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Anteil der Offiziere in der NVA, die in der Sowjetunion ausgebildet worden sind? An der Militärakademie „Friedrich ENGELS" in DRESDEN sind rund 200 Lehroffiziere tätig. Mindestens 50 dieser Lehroffiziere wurden in der USR ausgebildet. Dabei handelt es sich um die Inhaber der wichtigsten Lehrstühle der Akademie. Die Teilstreitkräfte der NVA (ohne Grenztruppen) haben rund 18 000 Offiziere. Von diesen Offizieren sind etwa 1 000 an sowjetischen Militärakademien im Vollstudium ausgebildet worden. Darüber hinaus haben schätzungsweise weitere 1500 Offiziere aller Teilstreitkräfte der NVA an Fachlehrgängen verschiedener Richtungen an Militärschulen in der USR teilgenommen. Anlage 22 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 7. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Mommer (Drucksache V/3793 Frage 77) : Warum gibt es keine deutsch- englischen Handelskammern? 11598 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1969 Die Gründung von Auslandshandelskammern ist in erster Linie nach den vom Deutschen Industrie-und Handelstag erarbeiteten Richtlinien Sache der Wirtschaft. In der Wirtschaft bestehen aber Meinungsverschiedenheiten über die Zweckmäßigkeit einer deutsch- englischen Handelskammer. Es gibt bereits kammerähnliche Institutionen in London, die eine Zusammenarbeit der britischen und der deutschen Industrie fördern. An diesen Meinungsverschiedenheiten ist bisher die Gründung der Kammer gescheitert. Die Bundesregierung hat vorgeschlagen, daß die von Herrn Botschafter von Herwarth geleitete Kommission zur Reform des Auswärtigen Dienstes diese Frage kurzfristig in ihr Beratungsprogramm einbezieht. Die Untersuchungen der Herwarth- Kommission werden Anhaltspunkte dafür erbringen, wie die Vertretung der deutschen Wirtschaftsinteressen in Großbritannien am zweckmäßigsten organisiert werden sollte. Anlage 23 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 7. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Müller (München) (Drucksache V/3793 Frage 78): Entsprechen Pressemeldungen den Tatsachen, daß aus der Bundesrepublik Deutschland Material, das zur Herstellung von Raketen verwendet werden kann, in die Volksrepublik China geliefert wird? Die Bundesrepublik hat 1968 ausfuhrgenehmigungsfreie Waren im Werte von 695 Mio DM in die Volksrepublik China exportiert. Waren, die nach § 7 AWG einer Genehmigung bedürfen, wie insbesondere Waffen und Material, das überwiegend militärischen Zwecken dient, wurden nicht in die Volksrepublik China ausgeführt. Anlage 24 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 7. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (Drucksache V/3793 Frage 79): Ist die Bundesregierung bereit, bei der festzustellenden gleichen Behandlung von Bundesausbaugebieten und dem Zonenrandgebiet die Förderung des Zonenrandgebietes in der Form zu garantieren, daß bei den Förderungsmitteln des Bundes ein bestimmter Betrag für das Zonenrandgebiet garantiert wird? In der regionalen Wirtschaftspolitik hat das Zonenrandgebiet eine Sonderstellung. So gelten die Sonderabschreibungen, Zinszuschüsse für Rationalisierungsinvestitionen, die Bevorzugung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und die Halbierung der Beförderungssteuer nur für das Zonenrandgebiet. Auch bei der Verteilung der finanziellen Mittel wird das Zonenrandgebiet — wie bereits in der Vergangenheit — vorrangig berücksichtigt: Von den Gesamtmitteln des Regionalen Förderungsprogramms in Höhe von rund 170 Mio DM sind nur 35 Mio DM für Förderungszwecke außerhalb des Zonenrandgebietes bestimmt. Des weiteren sind 1969 in diesem Programm erneut 30 Mio DM vorweg für die Sonderförderung im Zonenrandgebiet vorgesehen. Eine Änderung dieser Sonderstellung ist nicht beabsichtigt. Anlage 25 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Jahn vom 7. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (Drucksache V/3793 Frage 80) : Ist die Bundesregierung bereit, das Zonenrandgebiet zum Aktionsraum mit entsprechenden konzentrierten Förderungsmöglichkeiten zu erklären? Das Zonenrandgebiet wird selbstverständlich in die Regionalen Aktionsprogramme voll einbezogen. Diese Programme werden die Förderungsziele für alle Teile des Zonenrandgebietes enthalten und eine 5-Jahresübersicht bieten, wie die für die Förderung des Zonenrandgebietes verfügbaren Bundes- und Landesmittel verwendet werden sollen. Anlage 26 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Jahn vom 7. Februar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Westphal (Drucksache V/3793 Fragen 81, 82 und 83) : Trifft es zu, daß einige Länder der Europäischen Gemeinschaft mit den Ausgleichszahlungen an die Bundesrepublik Deutschland, die im Rahmen der Vereinbarungen über die Stützung des Einsatzes von Kokskohle in der eisenschaffenden Industrie geleistet werden müssen, erheblich im Rückstand sind? Trifft es zu, daß die Bemühungen um eine über ein Jahr hinausgehende Verlängerung der europäischen Regelung für die Kokskohlebeihilfe an der Ablehnung einer Regierung gescheitert sind, die ihren Zahlungsverpflichtungen auf diesem Gebiet für das Jahr 1967 noch nicht nachgekommen ist? Wird die Frage, ob eine europäische Kokskohleregelung über das Jahr 1969 hinaus möglich ist, in Brüssel nochmals zur Diskussion stehen, wenn die Kommission ihren Bericht über ein energiepolitisches Konzept auf dem Gebiet der Kokskohle, das bis zum 31. März 1969 erstellt werden soll, vorgelegt hat? Nach dem Stand vom 31. Januar 1969 haben 5 Mitgliedländer ihre derzeitigen Zahlungsverpflichtungen erfüllt. Die Einigung über eine Verlängerung der Kokskohlenentscheidung um 1 Jahr ist ein Kompromiß aller Regierungen. Lediglich Italien hatte sich im Grundsatz gegen eine Verlängerung der Entscheidung überhaupt ausgesprochen. Es hat sich dann aber dem erreichten Kompromiß — Verlängerung um 1 Jahr — angeschlossen. Die Bundesregierung sieht keinen Zusammenhang zwischen der Haltung der Regierungen in der Frage einer Verlängerung der Entscheidung und der Erfüllung der daraus resultierenden Zahlungsverpflichtungen. Die Bundesregierung ist darüber unterrich- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 214. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1969 11599 tet, daß der Zahlungsverzug Italiens auf Schwierigkeiten bei der innerstaatlichen Gesetzgebung zurückzuführen ist. Die italienische Regierung ist bemüht, die noch fehlenden gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen. Der Ministerrat hat anläßlich der Verlängerung der Kokskohleentscheidung Nr. I/67 festgestellt, daß eine Verlängerung in der derzeitigen Form über den 31. Dezember 1969 hinaus nicht erfolgen kann. Zugleich hat der Rat die Kommission beauftragt, ihm bis zum 31. März 1969 eine Untersuchung über die Frage der Kokskohle und des Koks für die Stahlindustrie vorzulegen. Bei der Erörterung dieses Berichts wird die Gewährung einer Kokskohlenbeihilfe über 1969 hinaus selbstverständlich erörtert. Anlage 27 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 7. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schmidt (Kempten) (Drucksache V/3793 Frage 84) : Beabsichtigt die Bundesregierung, noch in dieser Legislaturperiode dem Deutschen Bundestag einen Entwurf eines Gesetzes zur Abwicklung der Westvermögen von Kreditinstituten mit früherem Sitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, der auch die Regelung gewisser Versorgungsverpflichtungen vorsieht, vorzulegen? Das Bundeswirtschaftsministerium hat den Entwurf eines „Gesetzes zur Abwicklung der unter Sonderverwaltung stehenden Westvermögen von Kreditinstituten, Versicherungsunternehmen und Bausparkassen" mit letztem Sitz vor dem 9. Mai 1945 außerhalb des Bundesgebietes fertiggestellt. Der Entwurf wird in Kürze — nach Verabschiedung durch das Bundeskabinett — dem Bundesrat und Bundestag zugeleitet werden. Anlage 28 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 7. Februar 1969 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Weigl (Drucksache V/3793 Frage 85) : Wird die Bundesregierung die von den außenwirtschaftlichen Maßnahmen des vergangenen Jahres besonders hart betroffene Porzellanindustrie durch Investitionsprämien fördern, damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit dieser Industrie, die in nächster Zeit für Mechanisierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen eines hohen Kapitaleinsatzes bedarf, erhalten bleibt? Ob die Porzellanindustrie durch die Maßnahmen zur außenwirtschaftlichen Absicherung besonders hart getroffen wurde, läßt sich noch nicht übersehen. Die Bundesregierung wird alle Informationen sorgfältig prüfen; sie wartet insbesondere auf die Preisstatistiken der ersten Wochen dieses Jahres. Anlage 29 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 7. Februar 1969 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Porsch (Drucksache V/3793 Fragen 87 und 88) : Wie versteht die Bundesregierung die ablehnende Erklärung des bayerischen Wirtschaftsministers Dr. Otto Schedl zu angeblichen Bestrebungen im Bundeswirtschaftsministerium, Entscheidungen zur regionalen Wirtschaftsförderung schwach strukturierter Gebiete von den Ländern nach Bonn zu verlagern? Sieht die Bundesregierung, nachdem im ostbayerischen Grenzland und Zonenrandgebiet trotz aller Konjunkturhilfen bereits teilweise wieder 30 M Arbeitslose gemeldet sind, eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit der bayerischen Staatsregierung zur Schaffung von Dauerarbeitsplätzen? Der Bundesregierung ist die kritische Äußerung des bayerischen Wirtschaftsministers bekannt. Am 23. Januar 1969 hat jedoch der Konjunkturrat der öffentlichen Hand, an dem als Vertreter Bayerns Herr Staatssekretär Sackmann teilgenommen hat, die regionalen Aktionsprogramme erörtert und die Neuorientierung der regionalen Wirtschaftspolitik einstimmig gebilligt. In dieser Sitzung hat die Bundesregierung erneut dargestellt, daß mit dieser neuen Planungstechnik keine Verlagerung der Entscheidungen auf dem Gebiet der regionalen Wirtschaftspolitik von den Ländern zum Bund eintritt. Nachdem sich Herr Staatssekretär Sackmann dem zustimmenden Votum der übrigen Mitglieder des Konjunkturrates angeschlossen hat, geht die Bundesregierung davon aus, daß die Vorarbeiten für regionale Aktionsprogramme in Bayern genauso wie es in den anderen Bundesländern der Fall ist, fortgesetzt werden. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Bayerischen Staatsregierung, die in der Vergangenheit schon in den bayerischen Fördergebieten deutlich wurde, auch in Zukunft fortgesetzt wird. Da über die anzustrebenden Ziele zwischen Bund und Land Einigkeit besteht, wird es auch möglich sein, sich über den richtigen Weg zur Erreichung dieser Ziele zu einigen. Eine Bestätigung dafür ist die bereits erwähnte Zustimmung des bayerischen Vertreters zu den regionalen Aktionsprogrammen im Konjunkturrat.
Gesamtes Protokol
Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521400000
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren! Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich einen Brief des Herrn Bundeskanzlers zu verlesen:
Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich teile Ihnen mit, daß Herr Heinrich Windelen zum Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte ernannt wurde. Ich bitte Sie, die Vereidigung des Bundesministers Windelen für die Sitzung des Deutschen Bundestages am Freitag, dem 7. Februar 1969, vorzusehen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Kiesinger
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, die Vereidigung nach der Fragestunde, also um etwa 10 Uhr, vorzunehmen. — Das Haus ist damit einverstanden.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung ergänzt werden um die
Erste Beratung des von den Abgeordneten Becker, Kühn (Hildesheim), Lange, Franke (Hannover), Opitz und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Schornsteinfegerwesen (SchornsteinfegergesetzSchfG) — Drucksache V/3812 —
Das Haus ist damit einverstanden. Die Erweiterung der Tagesordnung ist beschlossen.
Ich komme damit zum ersten Punkt der Tagesordnung:
Fragestunde — Drucksachen V/3815, V/3793 —
Zunächst die Dringlichen Mündlichen Anfragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts.
Sie werden vom Herrn Parlamentarischen Staatssekretär beantwortet. Ich rufe zunächst die Frage 1 des Abgeordneten Prinz von Bayern auf:
Hält der Bundesaußenminister eine Fraktion des Deutschen Bundestages für das geeignete Forum, um zwei verdiente Beamte seines Hauses durch seinen Parlamentarischen Staatssekretär in einer ungewöhnlich scharfen Weise kritisieren zu lassen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521400100
Herr Präsident, ich wäre dankbar, wenn ich die fünf Dringlichkeitsfragen im Zusammenhang beantworten könnte.

(Zuruf von der CDU/CSU: Nein!)

— Es handelt sich um einen einheitlichen Vorgang, und er ist leichter darzustellen, wenn man ihn im Zusammenhang darstellen kann.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521400200
Nach meiner Erinnerung ist eine gemeinsame Beantwortung sehr häufig vom Hause zugelassen worden, wenn es sich um einen und denselben Fragesteller gehandelt hat. Da es sich hier um fünf Fragesteller handelt, ist ein neuer Fall gegeben.

(Zuruf von der SPD: Wenn es sich um einen Sachkomplex handelt! — Weitere Zurufe von der SPD und der CDU/CSU.)

— Wegen der Verkürzung der Zusatzfragen ergeben sich auch Schwierigkeiten.

(Widerspruch bei der SPD.)

Können Sie die Angelegenheit nicht einzeln beantworten? Sind Sie darauf nicht vorbereitet?

(Anhaltende Unruhe bei der SPD.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521400300
Herr Präsident, ich muß darauf hinweisen, das würde dazu führen, daß bei jeder einzelnen Frage eine ganze Reihe von Gesichtspunkten wiederholt werden müßte.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521400400
Ich schlage Ihnen einen mittleren Weg vor: Der Herr Staatssekretär beantwortet die Fragen gemeinsam, aber was die Zusatzfragen betrifft, wird die Sache so behandelt, als wären es Einzelfragen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist der sicherste Weg zur Aktuellen Stunde!)




Sie können so viele Fragen stellen, als wären es fünf Einzelfragen. Damit ist die Angelegenheit wohl geklärt. Ich rufe also noch die Fragen 2 bis 5 der Abgeordneten Dr. Zimmermann, Majonica, Baron von Wrangel und Kiep auf:
Sollen auch in Zukunft Erklärungen des Auswärtigen Amtes über Personalien dieser Behörde durch den SPD-Pressedienst . oder die SPD-Pressestelle verbreitet werden?
War dem Bundesaußenminister der Wortlaut der Diskussionsbeiträge bekannt, die die Botschafter Grewe und Schnippenkötter auf der 6. Internationalen Wehrkunde-Tagung in München geleistet haben, bevor er durch seinen Parlamentarischen Staatssekretär eine wertende Erklärung dazu abgeben ließ?
Kann aus der scharfen Zurechtweisung der beiden Botschafter geschlossen werden, daß es in Zukunft für hohe Beamte der Bundesregierung nicht mehr tunlich ist, an Tagungen, ähnlich wie die der „Wehrkunde" in München, mitzuwirken?
Hat der Bundesaußenminister, ehe er durch seinen Parlamentarischen Staatssekretär eine wertende Erklärung von der SPD-Fraktion des Deutschen Bundestages zu den Diskussionsbeiträgen der Botschafter Grewe und Schnippenkötter bei der 6. Internationalen Wehrkunde-Tagung in München hat abgeben lassen, die zwei Botschafter angehört oder anhören lassen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521400500
Am Dienstag, dem 4. Februar 1969, erschien in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ein Bericht über eine Tagung der Gesellschaft für Wehrkunde. Auf Einladung hatten die Botschafter Professor Dr. Grewe und Schnippenkötter daran teilgenommen. Die angeblichen Äußerungen der beiden Herren erschienen dem Auswärtigen Amt auf Grund der Pressedarstellung aufklärungsbedürftig. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts Duckwitz hat deshalb die beiden Botschafter am selben Tag noch telegraphisch unter Hinweis auf den Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" um Vorlage des Wortlauts ihrer
,) Darlegungen gebeten und sie ersucht, sich einstweilen weiterer Äußerungen zum Thema Nichtverbreitungsvertrag zu enthalten.

(Abg. Dr. Barzel: Hört! Hört! Maulkorb! — Abg. Rasner: Bei Herrn Bahr geht es anders! — Gegenrufe von der SPD.)

Eine solche Empfehlung ist kein Redeverbot. (Anhaltende Unruhe.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521400600
Ich darf Sie bitten, zuerst den Herrn Staatssekretär anzuhören.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521400700
Ein solches Redeverbot gibt es unter der gegenwärtigen Leitung des Auswärtigen Amts nicht. Die bloße Bitte, sich einstweilen weiterer Äußerungen zu dem strittigen Thema zu enthalten, entspricht den Regeln, die in jeder geordneten Verwaltung selbstverständliche Geltung haben.
Der Pressebericht hatte beträchtliches Aufsehen erregt. Am Nachmittag des gleichen Tages wurde ich in der Sitzung der SPD-Fraktion gefragt, ob ein Verhalten, wie es der Pressedarstellung zu entnehmen sei, als tragbar angesehen werden könne. Darauf habe ich im eigenen Namen — also ohne Kenntnis des Außenministers —

(Abg. Rasner: Der Akten)

geantwortet. Zunächst habe ich bekanntgegeben,
daß das Auswärtige Amt von sich aus in der bereits
dargelegten Form eine Klärung des Sachverhalts herbeiführen werde. Erst wenn das erfolgt sei, könne eine endgültige Bewertung vorgenommen werden.

(Abg. Dr. Barzel: Aber vorher öffentliche Verurteilung!)

Unter dem ausdrücklichen Vorbehalt: „falls die Pressedarstellung zutreffen sollte" habe ich sodann aus meiner persönlichen Meinung kein Hehl gemacht und den Vorgang, wenn sich die Richtigkeit der Darstellung ergeben sollte, als unerhört bezeichnet.

(Zurufe von der Mitte.)

In einer der üblichen Mitteilungen der Pressestelle der SPD-Bundestagsfraktion über den Ablauf der Fraktionssitzungen ist dann über meine Antwort zusammengefaßt berichtet worden. Ich stehe nicht an, einzuräumen, daß diese Form der Veröffentlichung vor einer amtlichen Stellungnahme des Auswärtigen Amts ungewöhnlich und angreifbar war. Ich muß aber betonen, daß auch diese Mitteilung den ausdrücklichen Vorbehalt enthält: Sollten die Pressemitteilungen zutreffen.
Das Auswärtige Amt hat am folgenden Tage eine amtliche Erklärung an die Presse gegeben, die den folgenden Wortlaut hat:
Eine vom Auswärtigen Amt sofort eingeleitete Prüfung hat ergeben, daß die Ausführungen der Botschafter Grewe und Schnippenkötter auf der Tagung der Gesellschaft für Wehrkunde in Zeitungsberichten nicht korrekt wiedergegeben worden sind. Die Prüfung der dem Auswärtigen Amt bis jetzt vorliegenden Stellungnahmen der Botschafter sowie Feststellungen anderer Tagungsteilnehmer hat zu dem vorläufigen Ergebnis geführt, daß sich die auf der Tagung gemachten Äußerungen im Rahmen der von der Bundesregierung angestellten Überlegungen zur Frage des Nichtverbreitungsvertrages halten.

(Abg. Rasner: Das geht aber fix!)

Eine abschließende Beurteilung wird bei Vorlage aller Unterlagen und nach persönlichen Rücksprachen mit den Beteiligten im Auswärtigen Amt möglich sein. Ein Redeverbot für leitende Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes gibt es nicht. Neben der Klärung des Sachverhalts ist lediglich an die Regeln erinnert worden, die in jeder geordneten Verwaltung Geltung haben.
Soweit die Erklärung des Auswärtigen Amts und soweit der gesamte Sachverhalt.
Meine Meinungsäußerung zu dem Vorgang steht unter dem ausdrücklich erklärten Vorbehalt, daß die Pressedarstellung richtig sein müsse. In ihr kann deshalb eine scharfe Zurechtweisung nicht gesehen werden. Es gibt auch keinen Anlaß zu der verallgemeinernden Annahme, es sei in Zukunft für hohe Bamte der Bundesregierung nicht tunlich, an derartigen Tagungen mitzuwirken. Der Vorgang wird aber wohl dazu beitragen, daß gerade hochrangige Beamte in Zukunft noch stärker als bisher Wert darauf legen, die Richtlinien genau zu beachten, die im Rahmen einer geordneten Verwaltung für private Veröffentlichungen allgemein gelten.
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 214, Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. Februar 1969 11563

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521400800
Meine Damen und Herren, nachdem eine Antwort auf alle fünf Fragen erfolgt ist, können nunmehr zu jeder Frage Zusatzfragen gestellt werden, zunächst zur Frage 1. — Herr Abgeordneter Prinz von Bayern.

Prinz Konstantin von Bayern (CSU):
Rede ID: ID0521400900
Herr Staatssekretär, ist Ihrer Regierung bekannt, daß der Leiter der Wehrkundetagung in München, Herr Ewald von Kleist, diese Tagung — wie jede vorhergehende Tagung — mit der Bemerkung eingeleitet hat, daß Minister, Abgeordnete und Beamte, die an der Tagung teilnehmen, ausschließlich für ihre Person sprechen und nicht im Auftrag einer Regierung, Behörde oder Partei?

(Abg. Rasner: Das war naürlich nicht bekannt!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521401000
Mir liegen keine Unterlagen darüber vor, daß dies der Bundesregierung bekannt ist oder war. Mir persönlich ist diese einleitende Bemerkung bisher nicht bekannt.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521401100
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Prinz von Bayern.

Prinz Konstantin von Bayern (CSU):
Rede ID: ID0521401200
Herr Staatssekretär, ist Ihnen meine Auffassung verständlich, wenn ich sage, daß eine derartige Behandlung der beiden Botschafter in der Öffentlichkeit den Eindruck entstehen lassen muß, das Grundrecht der freien Meinungsäußerung gelte für einen deutschen Botschafter nur in eingeschränkter Weise?

(Lachen bei der SPD.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521401300
Diese Auffassung ist mir nicht verständlich, Herr Kollege von Bayern. Es gibt keinen Anlaß, in einen normalen dienstrechtlichen Vorgang derartige Interpretationen hineinzulegen.

(Sehr wahr! bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521401400
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kiep.

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0521401500
Herr Staatssekretär, wenn ich Ihnen mitteilen darf — —

(Zurufe von der SPD: Frage!)

— Wenn! Ich habe mit „wenn" angefangen; lassen Sie mich doch ausreden, ich bin gleich so weit! — Wenn die Äußerungen bei der Wehrkundetagung als persönliche Äußerungen der Beteiligten gemacht wurden, würden Sie mir dann zustimmen, daß in der Politik oder der Haltung des Auswärtigen Amts zu solchen privaten Meinungsäußerungen eine Änderung eingetreten ist, wenn ich Sie daran erinnere, daß das Auswärtige Amt im Jahre 1967 auf eine Frage von mir über Äußerungen hoher Beamter des Auswärtigen Amtes zu Fragen des Atomsperrvertrages mir u. a. antwortete:
Soweit bei diesen Äußerungen die Vortragenden ausdrücklich ihre persönliche Meinung wiedergegeben haben, war ein Einverständnis des Amtes nicht erforderlich?

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521401600
Ich kann eine solche Auslegung nicht akzeptieren. Es ist keine Änderung der Auffassung des Amtes darin zu sehen.

(Abg. Rasner: Zweierlei Maß ist es! — OhRufe von der SPD.)

— Es ist auch nicht zweierlei Maß, sondern hier ist lediglich dazu aufgefordert worden, einen unklaren Sachverhalt klären zu helfen. Inwieweit beide Sachverhalte, die Sie zur Grundlage Ihrer Frage machen, überhaupt vergleichbar sind, Herr Kollege Kiep, kann ich so lange nicht beurteilen, als mir nicht die vollständigen Unterlagen über den jetzt strittigen Vorgang vorliegen. Die abschließende Prüfung des Amtes hat noch nicht stattgefunden.

(Abg. Dr. Barzel: So zurückhaltend hätten Sie am Dienstag sein müssen, Herr Jahn! — Abg. Rasner: Es ist eben zweierlei Maß!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521401700
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kiep.

Dr. Walther Leisler Kiep (CDU):
Rede ID: ID0521401800
Herr Staatssekretär, auf Grund Ihrer Antwort muß ich Sie fragen: Hielten Sie es dann für richtig, die Verurteilung der beiden Botschafter durchzuführen, ehe Ihnen diese ganzen von Ihnen erwähnten Fakten bekannt waren?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521401900
Sie irren sich, Herr Kollege Kiep, daß hier eine Verurteilung der beiden Botschafter vorgenommen worden sei.

(Zuruf von der CDU/CSU: Na!)

Ich habe einen bestimmten Vorgang mit der ausdrücklichen Voraussetzung: „falls er sich so abgespielt hat, wie es dargestellt worden ist", gewertet. Aber darin hat keine Verurteilung gelegen, kann gar keine liegen, denn schon aus der Form meiner Darstellung ergibt sich klar: Falls die Pressemitteilungen so nicht zutreffen, stimmt auch das, was ich als Wertung gesagt habe, nicht mehr.

(Abg. Kiep: Das prüft man doch erst!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521402000
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Majonica.

Ernst Majonica (CDU):
Rede ID: ID0521402100
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir darin überein, daß selbst eine Verurteilung unter Vorbehalt immerhin eine Verurteilung ist und daß man eine Verurteilung erst vornehmen sollte, wenn man den Sachverhalt genau kennt, ehe man in die Öffentlichkeit geht?

(Beifall bei der CDU/CSU.)





Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521402200
Falls es sich um eine Verurteilung handelte, Herr Kollege Majonica, könnte ich mit Ihnen übereinstimmen. Aber ich wiederhole: es handelte sich hier nicht um eine Verurteilung.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521402300
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Majonica.

Ernst Majonica (CDU):
Rede ID: ID0521402400
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir darin überein, daß Ihre Reaktion fast identisch ist mit der Reaktion des offiziellen Paris auf die Ravensburger Äußerungen des Herrn Bundesaußenministers?

(Oh-Rufe und Lachen bei der SPD.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521402500
Herr Kollege Majonica, Sie sind sich wahrscheinlich selber bewußt, daß dieser Zusammenhang, den Sie hier herstellen wollen, reichlich gekünstelt ist.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521402600
Eine Zusatzfrage, Abgeordneter Dr. Marx.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0521402700
Herr Staatssekretär, da wir jetzt Freitag früh haben und die von Ihnen genannten Äußerungen am Dienstag gefallen sind, frage ich: würden Sie sich jetzt in der Lage sehen, mitzuteilen, ob Sie alle vorhandenen Texte, die der Gegenstand Ihrer ungewöhnlich scharfen Kritik waren, mittlerweile studiert haben und ob Sie Ihre Kritik noch aufrechterhalten oder ob Sie meiner Überlegung zustimmen, daß die beiden Botschafter in ihren Darlegungen sich völlig im Rahmen der Politik der Bundesregierung gehalten haben?

(Zurufe von der SPD.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521402800
Herr Kollege Marx, es wäre mir angenehmer gewesen, wie Sie verstehen werden, wenn ich heute morgen mit einem abschließenden Ergebnis hätte herkommen können.

(Zuruf von der CDU/CSU.)

Aber das Auswärtige Amt hat erst gestern in den späten Abendstunden — nach 20 Uhr — die Unterlagen zur Verfügung bekommen. Zu diesem Zeitpunkt war Herr Staatssekretär Duckwitz auf einer Dienstreise und ich selber noch in Luxemburg. Wir haben auf Grund des Tatbestandes, daß die Unterlagen dem Amt erst so spät zugänglich gemacht worden sind, bisher noch keine Gelegenheit gehabt, diese abschließende Prüfung vorzunehmen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521402900
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Marx.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0521403000
Herr Staatssekretär, wären Sie dann, wenn Sie genaue Kenntnis aller Einzelheiten genommen haben, bereit, in aller Öffentlichkeit und ebenfalls für jedermann hörbar und erkennbar das, was Sie gegen die beiden Botschafter gesagt haben, zu korrigieren und deren Ruf wiederherzustellen?

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lebhafter Widerspruch und Zurufe von der SPD.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521403100
Herr Kollege Marx, ich bin nicht sicher, ob Sie den beiden Herren einen Gefallen tun, wenn — —

(Widerspruch in der Mitte. — Abg. Rasner: Darum geht es gar nicht! — Abg. Dr. Marx Kaiserslautern)

von Ihnen, Herr Staatssekretär! — Zurufe von der SPD. — Unruhe.)

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521403200
Ich bitte doch um Ruhe für die Antwort des Herrn Staatssekretärs.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521403300
Ich bin wirklich nicht sicher, Herr Kollege Marx, ob Sie den beiden Herren einen Gefallen tun, wenn Sie in der Form hier vor diesem Hause sagen, es ginge darum, den guten Ruf wiederherzustellen.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Der zerstört worden ist! — Abg. Rasner: Es geht um Ihren! — Weitere Zurufe. — Unruhe.)

Nach meiner Überzeugung und nach dem Inhalt meiner Erklärung kann davon, daß ihr guter Ruf in Frage gestellt wurde, gar nicht die Rede sein.

(Sehr wahr! bei der SPD.)

Wenn es darum geht, das, was in meiner Erklärung schon enthalten ist, nämlich darauf hinzuweisen, daß, falls es so ist, der Vorbehalt, den ich gemacht habe, wirksam werden muß, stehe ich nicht an, in gleicher Weise mich auch noch einmal öffentlich dazu zu äußern.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521403400
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Metzger.

Ludwig Metzger (SPD):
Rede ID: ID0521403500
Herr Staatssekretär, haben Sie, als Sie zu den Darlegungen, die in der Presse mitgeteilt worden sind, Stellung genommen haben, und zwar zu diesen Darlegungen, an einen Erlaß des Auswärtigen Amts vom 14. Mai 1965 gedacht, der im Einklang mit Rechtsprechung und Rechtslehre unter anderem folgendes ausführt:
Bei der Ausübung des Grundrechtes der freien Meinungsäußerung sind die Beamten Beschränkungen unterworfen, die in dem Wesen des Dienst- und Treueverhältnisses eines Beamten
des öffentlichen Dienstes begründet liegen. Sie sind zu Mäßigung und Zurückhaltung verpflichtet.



Metzger
An diese Pflicht zur Loyalität wird ein um so strengerer Maßstab anzulegen sein, je höher oder politisch exponierter die von dem Beamten bekleidete Stellung ist und in je engerer Beziehung der schriftstellerisch behandelte Gegenstand oder der mündlich behandelte Gegenstand zu seinem dienstlichen Aufgabenbereich steht.
Frage: haben Sie an diesen Erlaß vom 14. Mai 1965 gedacht?

(Hört! Hört! bei der SPD. — Zuruf von der Mitte: Die waren doch nicht illoyal! — Unruhe.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521403600
Ich kann Ihre Frage, Herr Kollege Metzger, nur bestätigen. An diesen Erlaß, der, wie Sie wissen, ja noch wesentlich umfangreicher ist und noch eine Reihe weiterer Gesichtspunkte der von Ihnen dargelegten Art enthält, habe ich in der Tat gedacht, und ich bin davon ausgegangen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521403700
Eine zweite Zusatzfrage? — Nein.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Czaja!

Dr. Herbert Czaja (CDU):
Rede ID: ID0521403800
Herr Staatssekretär, in Ihren vorherigen Darlegungen und auch jetzt sprachen Sie von der zukünftigen notwendigen Beachtung der Richtlinien bei Äußerungen von Beamten. Können Sie .dem Hause den wesentlichen Inhalt dieser Richtlinien entweder jetzt oder später bekanntgeben,

(Widerspruch bei der SPD)

und sind diese Richtlinien in vergleichbaren Fällen, beispielsweise bei den Äußerungen des Botschafters Allardt, :die in vier Punkten in vollem Gegensatz zur Regierungserklärung des Bundeskanzlers standen, ebenso behandelt worden?

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521403900
Das waren zwei Zusatzfragen. Bitte sehr, Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521404000
Ich darf zunächst zum ersten Teil Ihrer Frage meine Bereitschaft erklären, diesen Runderlaß hier zu verlesen. Er ist nicht besonders lang. Er lautet:

(§ 66 Abs. 1 Nr. 2 des Bundesbeamtengesetzes, § 11 des BundesAngestelltentarifvertrages)

Bei der Ausübung des Grundrechts der freien Meinungsäußerung sind sie jedoch den Beschränkungen unterworfen, 'die in dem Wesen des Dienst- und Treueverhältnisses eines Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes begründet liegen. Insbesondere sind sie zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet (§ 61 des Bundesbeamtengesetzes, § 9 des Bundes- Angestellentarifvertrages). Darüber hinaus haben sie die unter Berücksichtigung ihres Amtes und ihrer dienstlichen Stellen gebotene Mäßigung und Zurückhaltung zu üben. Die danach zu stellenden Anforderungen werden im wesentlichen von der Pflicht zur Loyalität und zu taktvollem Verhalten gegenüber dem Dienstherrn bestimmt. An diese Pflicht wird ein um so strengerer Maßstab anzulegen sein, je höher oder politisch exponierter die von dem Beamten oder Angestellten bekleidete Stellung ist und in je engerer Beziehung der schriftstellerisch behandelte Gegenstand zu seinem dienstlichen Aufgabenbereich steht.
Loyalität und Takt erfordern, daß die außerdienstlichen Veröffentlichungen in der Form sachlich und angemessen sind.

(Abg. Majonica: Das gilt auch für dien Staatssekretär!)

Beschränkungen ihres Inhalts können sich aus der dienstlichen Tätigkeit des Beamten oder Angestellten oder mit Rücksicht auf das Gemeinwohl ergeben. So hat z. B. ein Referent bei der schriftstellerischen Behandlung aktueller Themen aus seinem Arbeitsgebiet die nach Lage der Sache gebotene Zurückhaltung zu üben; Entsprechendes gilt für seine Vorgesetzten. Von Veröffentlichungen über Themen, deren Behandlung die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik gefährden oder ihre internationalen Beziehungen beeinträchtigen könnten — dies wäre vor allem bei Abhandlungen über auswärtige Angelegenheiten der Bundesrepublik oder anderer Staaten in jedem Fall sorgfältig zu prüfen —, ist Abstand zu nehmen.
Wenn Veröffentlichungen von der amtlichen Auffassung abweichen oder Gegenstände behandeln, zu denen sich eine amtliche Auffassung noch nicht gebildet hat, müssen sie zur Vermeidung von Mißdeutungen klar als private Veröffentlichungen gekennzeichnet sein. Dies gilt insbesondere bei der Behandlung von Gegenständen schwebender Gesetzgebungsvorhaben oder in Erörterung befindlicher Regierungsmaßnahmen. Gerade in derartigen Fällen darf zur Vermeidung von Mißdeutungen nicht der Eindruck erweckt werden, es handle sich um eine amtliche Auslassung.
Die Kennzeichnung kann in der Weise geschehen, daß der Bedienstete von der Angabe seiner Amtsbezeichnung und Behördenzugehörigkeit absieht oder daß er durch einen Zusatz zum Ausdruck bringt, die Veröffentlichung gebe nur seine persönliche Meinung wieder.



Parlamentarischer Staatssekretär Jahn
Die Beamten und Angestellten haben bei jeder außerdienstlichen Veröffentlichung sorgfältig darauf zu achten, daß sie die ihnen obliegenden Pflichten erfüllen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Genau das ist geschehen!)

In Zweifelsfällen empfiehlt es sich, die Ausarbeitung vor der Veröffentlichung dem Vorgesetzten zur Kenntnis zu bringen.
Diese Grundsätze gelten für die bei Auslandsvertretungen in Militärattachéstäben tätigen Soldaten auf Grund des Soldatengesetzes entsprechend.
Es folgen dann Formalien.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage, Herr Dr. Czaja: Ja, auch in anderen Fällen sind die Grundsätze angewandt worden, auch in dem von Ihnen genannten Fall.

(Abg. Rasner: Nur nicht so spektakulär!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521404100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sänger.

Fritz Sänger (SPD):
Rede ID: ID0521404200
Herr Staatssekretär, nachdem Sie die Frage des Abgeordneten Metzger beantwortet haben und soeben durch Verlesen dieses Erlasses auf den Tatbestand aufmerksam gemacht haben, möchte ich fragen, ob diese Auffassung über das Recht der Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst den Auffassungen etwa der Gewerkschaften, der Staatsrechtslehrer oder der Kommentatoren zum Beamtenrecht widerspricht.

(Abg. Rasner: Es geht doch um Herrn Jahn, nicht um die Botschafter!)

— Um die Botschafter geht es.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521404300
Nein, Herr Kollege Sanger, diese Auffassung steht in vollem Einklang mit der Auffassung, die von den Seiten vertreten wird, die Sie hier soeben genannt haben.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521404400
Eine zweite Zusatzfrage.

Fritz Sänger (SPD):
Rede ID: ID0521404500
Ist Ihnen bekannt, Herr Staatssekretär, daß in einem ähnlichen Fall von dieser Bundesregierung oder von früheren Bundesregierungen anders gehandelt worden ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521404600
Mir ist ein solcher Fall nicht bekannt.

(Abg. Rasner: Allardt zum Beispiel!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521404700
Eine Zusatzfrage, Abgeordneter Wienand.

Karl Wienand (SPD):
Rede ID: ID0521404800
Ich verzichte, da mir das hinreichend geklärt erscheint.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521404900
Danke sehr!
Eine Zusatzfrage, Abgeordneter Dr. Zimmermann.

Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID0521405000
Herr Staatssekretär, wie konnten Sie zu einem so frühen Zeitpunkt, Dienstag, 4. Februar 1969, ohne offenbar mit den Botschaftern persönlich gesprochen zu haben, auch nur telefonisch gesprochen zu haben, lediglich auf ein paar Zeitungsberichte angewiesen, feststellen, die beiden Botschafter hätten sich nicht in eine Polemik mit ihrem eigenen Minister begeben dürfen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521405100
Herr Kollege Zimmermann, dieser Eindruck entstand auf Grund der Presseveröffentlichung, und ich habe das, was Sie im übrigen als notwendige, sonst notwendige Voraussetzung hier darstellen, ja eben deshalb unter den von mir ausdrücklich gegebenen Vorbehalt gestellt: „falls diese Meldungen zutreffen".

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521405200
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Zimmermann.

Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID0521405300
Wäre es nicht angezeigt gewesen, nachdem in diesem hochrangigen und traditionellen Gremium der Wehrkundetagungen — —

(Hört! Hört! bei der SPD. — Zuruf des Abg. Wienand.)

— Des mehrfachen hat Ihr Fraktionsvorsitzender dort mit großem Erfolg gesprochen, Herr Wienand, und diesmal war es der Kollege Berkhan, der eines der Hauptreferate gehalten hat.
Wäre es nicht zweckmäßig oder nützlich gewesen, bevor Sie sich vor der SPD-Fraktion in dieser Art mit der Sache befaßten, die Kollegen, die dort anwesend waren, auf die Richtigkeit der Pressemeldung zu befragen?

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521405400
Herr Kollege Dr. Zimmermann, ich habe bereits mehrfach darauf hingewiesen, daß ich in der Fraktion, also in meiner ersten Darstellung, ausdrücklich darauf hingewiesen habe, daß eine abschließende Klärung erfolgen müsse. Selbstverständlich mußte und habe ich deshalb meine Erklärung auch unter den genannten Vorbehalt gestellt.
In diesem Zusammenhang möchte ich aber doch daran erinnern dürfen, daß es sich immerhin um eine Veröffentlichung in einer Zeitung gehandelt hat, von der üblicherweise eher von Ihnen als von anderen angenommen wird, daß sie solche Vorgänge korrekt darstellt, wofür ja wohl auch der Name und die Persönlichkeit desjenigen, der berichtet hat, eine gewisse Bürgschaft übernehmen würde. Ich meine also, daß ich, gestützt darauf und im übrigen gestützt auf den ausdrücklich gemachten Vorbehalt, immerhin von einer gewissen Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit ausgehen durfte.




Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521405500
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Baron von Wrangel.

Baron Olaf von Wrangel (CDU):
Rede ID: ID0521405600
Herr Staatssekretär, nachdem Sie die Richtlinien für Beamte hier verlesen haben, möchte ich Sie fragen: Billigt der Herr Bundesaußenminister Ihre Erklärungen vor der SPD-Fraktion?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521405700
Das ist nicht die Frage, Herr Kollege von Wrangel.

(Zuruf von der CDU/CSU: Doch! — Abg. Rasner: Doch, das ist die Frage! — Abg. Dr. Das ist der verantwortliche Minister!)

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0521405800
Ich habe hier ausdrücklich erklärt, daß dies meine von mir persönlich zu verantwortende Erklärung ist, die der Bundesaußenminister nicht kannte und nicht kennen konnte.

Baron Olaf von Wrangel (CDU):
Rede ID: ID0521405900
Herr Staatssekretär, billigen Sie Erklärungen Ihrer Fraktionskollegen, die auf Grund Ihrer Äußerungen vor der SPD-Fraktion den beiden Botschaftern den Rücktritt nahegelegt haben?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521406000
Ich glaube, es ist angemessen, von dieser Stelle des Hauses aus keine Zensuren über das Verhalten von Mitgliedern dieses Hauses zu erteilen. Ich tue das bei keiner Fraktion, auch nicht bei der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521406100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Mattick.

Kurt Mattick (SPD):
Rede ID: ID0521406200
Herr Staatssekretär, darf ich fragen, ob sich die beiden Herren Diplomaten, nachdem sie an dem Morgen die polemische Wiedergabe ihrer Äußerungen in der Presse feststellen mußten, sofort um ein Dementi dieser polemischen Wiedergabe bemüht haben.

(Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Das heißt aber, die Sache auf den Kopf stellen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521406300
Bei mir nicht.

Kurt Mattick (SPD):
Rede ID: ID0521406400
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, daß es die Pflicht der beiden Herren gewesen wäre,

(Abg. Rasner: Umgekehrt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

sich um ein Dementi zu bemühen, nachdem sie diese polemische Wiedergabe ihrer Äußerung gesehen hatten?

(Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Der Ermordete ist schuld! — Weitere Zurufe.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521406500
Meine Damen und Herren, jeder Abgeordnete dieses Hauses darf die Fragen so stellen, wie er es für richtig hält. Jetzt antwortet der Herr Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521406600
Herr Kollege Mattick, ich möchte die Frage so beantworten: Dies hätte vielleicht erleichternd gewirkt und zur Milderung der Situation beigetragen. Aber auf der anderen Seite war ein von der Leitung des Amtes eingeleiteter Aufklärungsprozeß im Gange, so daß ich nicht ohne weiteres eine ausdrückliche Pflicht der Beamten zu einem Dementi unterstellen möchte.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521406700
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Barzel.

Dr. Rainer Barzel (CDU):
Rede ID: ID0521406800
Herr Kollege Jahn, haben Sie bereits Gelegenheit genommen — oder haben Sie die Absicht, das zu tun —, sich bei den beiden Botschaftern zu entschuldigen?

(Beifall bei der CDU/CSU. — Oho-Rufe von der SPD. — Abg. Rasner: Das ist wahrscheinlich nicht drin! — Weitere Zurufe.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521406900
Ich bitte um Ruhe für die Antwort des Herrn Staatssekretärs.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521407000
Zunächst, Herr Kollege Dr. Barzel, ist ein Bemühen des Amtes im Gange, den Sachverhalt zu klären. Sie werden wohl kaum erwarten, daß ich, nachdem Sie mir bisher vorschnelle Äußerungen vorwerfen, nun nochmals eine vorschnelle Äußerung abgebe.

(Beifall bei der SPD.— Abg. Rasner: Verurteilen ist leichter!— Weitere Zurufe.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521407100
Herr Abgeordneter Dr. Kliesing zu einer Zusatzfrage.

Dr. Georg Kliesing (CDU):
Rede ID: ID0521407200
Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß es dem Ansehen der beiden Herren dort, wo sie die Interessen der Bundesrepublik Deutschland vertreten, und damit den Interessen der Bundesrepublik Deutschland selbst dienlich ist, wenn man sie öffentlich in ein Zwielicht bringt, ohne daß man vorher weiß, was sie überhaupt gesagt haben?

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521407300
Hier ist niemand in ein Zwielicht gebracht worden.

(Lebhafter Widerspruch bei der CDU/CSU. — Abg. Rasner: Außer Ihnen! — Abg. Dr. Marx [Kaiserlautern] : Man könnte sagen, es ist ein eindeutiges Licht! — Weitere Zurufe.)





Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521407400
War Ihre Frage zu Ende, Herr Dr. Kliesing, oder noch nicht?

(Abg. Dr. Kliesing [Honnef] : Noch eine zweite Frage!)

— Hat der Herr Staatssekretär die erste Frage beantwortet? — Das habe ich in der allgemeinen Unruhe nicht gehört. Dann bitte, Herr Dr. Kliesing, zur zweiten Frage!

Dr. Georg Kliesing (CDU):
Rede ID: ID0521407500
Betrachten Sie es nicht als ein Ins-Zwielicht-Bringen, wenn man einen renommierten Botschafter rügt?

(Zurufe von der SPD.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521407600
Herr Kollege Kliesing, ich habe keinen renommierten Botschafter gerügt. Ich habe einen bestimmten Vorgang für den Fall, daß er richtig dargestellt sei, gewertet, Das enthält keine persönliche Rüge.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521407700
Meine Damen und Herren, wir sind immer noch bei den Zusatzfragen zur ersten Frage des Prinz von Bayern. Hierzu kann ich niemandem mehr das Wort geben, der schon Fragen gestellt hat. Aber wir können dann jetzt zur zweiten Frage des Abgeordneten Dr. Zimmermann kommen, nachdem neue Fragesteller sich nicht gemeldet haben.

(Abg. Metzger: Ich habe mich längst gemeldet, Herr Präsident!)

— Sie hatten ja schon eine Frage. Sie haben zur Frage 1 schon einmal gefragt. Ich kann Ihnen nicht zweimal das Wort erteilen.
Ich erteile das Wort zu einer Zwischenfrage zur Frage 2 zuerst dem Abgeordneten Dr. Zimmermann.

Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID0521407800
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, dem Kollegen Mattick in einem Privatissimum zu erklären, daß Botschafter Schnippenkötter in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zusätzlich auch noch dementiert hat?

(Zurufe von der SPD: Wann denn? — Abg. Rasner: Nicht gelesen!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521407900
Angesichts der gebotenen Zurückhaltung, die man von dieser Bank gegenüber den Mitgliedern des Hauses zu üben hat, glaube ich nicht, daß es meine Sache wäre, von mir aus ein Privatissimum zu halten. Aber selbstverständlich bin ich jederzeit bereit, jedem Mitglied dieses Hauses, das es wünscht, von ihm erbetene Auskünfte zu geben.

(Abg. Dr. Barzel: Machen Sie es doch über den SPD-Pressedienst!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521408000
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Zimmermann.

Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID0521408100
Darf ich Ihnen dann nahelegen, solche Veröffentlichungen auch in diesem Fall wieder über den SPD-Pressedienst vorzunehmen, Herr Staatssekretär?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521408200
Herr Kollege Zimmermann, zunächst muß ich Sie — es tut mir sehr leid — korrigieren. Ich selber habe keine Äußerungen über den SPD-Pressedienst abgegeben. Aber es kommt auf den Einzelfall an, zu welcher Frage man sich bei welcher Gelegenheit an welcher Stelle äußert.

(Zuruf von der SPD: Siehe „Bayern- Kurier"!)

Ich nehme nicht an, daß Sie selber bereit wären, das generell für alle Zeiten für sich festzulegen. Seien Sie bitte so liebenswürdig und muten Sie mir nicht umgekehrt etwas Derartiges zu!

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521408300
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Metzger.

Ludwig Metzger (SPD):
Rede ID: ID0521408400
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß es die ausgesprochene Aufgabe eines parlamentarischen Staatssekretärs ist, die Verbindung zwischen Regierung und Bundestag, Abgeordneten und Fraktionen zu pflegen und dafür zu sorgen, daß diese Verbindung lebendig ist und die notwendigen Informationen erteilt werden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521408500
Ich sehe das in der Tat als meine Aufgabe an, Herr Kollege Metzger, und habe auch, als ich mein Amt übernommen habe, allen Fraktionen dieses Hauses ausdrücklich meine Bereitschaft erklärt und sie darum gebeten, davon Gebrauch zu machen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521408600
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Metzger.

Ludwig Metzger (SPD):
Rede ID: ID0521408700
Sind Sie mit mir der Meinung, Herr Staatssekretär, daß Sie die Verpflichtung haben, wenn sich ein Abgeordneter auf Pressemeldungen von seriösen Zeitungen bezieht, in denen steht, daß die beiden Herren die Regierung gewarnt hätten, dieses Vertragswerk anzunehmen, dann aus Ihrer besonderen Aufgabe heraus gegenüber diesen fragenden Abgeordneten Stellung zu nehmen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521408800
Ich halte mich, wenn mir eine solche Frage vorgelegt wird, natürlich für verpflichtet, darauf auch zu antworten.

(Abg. Rasner: Nach Prüfung!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521408900
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sänger? -- Keine.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Marx.




Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0521409000
Herr Staatssekretär, ich komme noch einmal auf die Veröffentlichung von Herrn Schnippenkötter in der Form eines Dementis zurück. Sie sind bereit, diesem Hohen Hause Ihre Kenntnis mitzuteilen, daß dieses Dementi in der FAZ stand, und warum haben Sie das vorhin bei der anderen Frage eines Kollegen nicht gleich dazugesagt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521409100
Darauf hat sich die Frage nicht erstreckt.

(Widerspruch bei der CDU/CSU.)

Daß ein solches Dementi erfolgt ist, ist sicherlich nicht zu bestreiten. Ich bin allerdings auch nicht ganz sicher, ob es im Einklang mit der Bitte des Amtes an die betreffenden Herren steht, sich weiterer öffentlicher Äußerungen zu enthalten.

(Abg. Dr. Zimmermann meldet sich zu einer Zusatzfrage.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521409200
Nein, hierzu, Herr Dr. Zimmermann nicht mehr, erst bei der nächsten Frage. — Herr Abgeordneter Majonica!

Ernst Majonica (CDU):
Rede ID: ID0521409300
Herr Staatssekretär, sind Sie denn bereit, aus diesem Vorgang die Lehre zu ziehen, daß Sie in Zukunft keinen Beamten mehr auf Grund von Pressenachrichten kritisieren?

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521409400
Herr Kollege Majonica, wer möchte so töricht sein, es für sich abzulehnen, bei jeder Gelegenheit so viel zu lernen, wie er kann?

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521409500
Damit kommen wir zur Frage 3 des Abgeordneten Majonica. Herr Abgeordneter Majonica, 'eine Zusatzfrage? — Nein. Herr Abgeordneter Dr. Zimmermann, eine Zusatzfrage? — Nein. Sonst noch eine Zusatzfrage? — Nein.
Wir kommen zur Frage 4 des Abgeordneten Baron von Wrangel. Er hat keine Zusatzfrage mehr. Hat sonst jemand eine Zusatzfrage? — Das ist nicht der Fall.
Ich komme zur Frage 5 des Abgeordneten Kiep. Herr Abgeordneter Kiep, eine Zusatzfrage? — Sonst jemand? —

(Abg. Dr. Barzel: Das genügt uns!)

— Ich muß geschäftsordnungsmäßig genau sein.
Damit sind diese fünf Fragen beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.

Willi Müller (SPD):
Rede ID: ID0521409600

Hat die Bundesregierung Kenntnis von dem Vorhaben der „Bundesvereinigung Lebenshilfe für geistig Behinderte", im Rahmen eines Zehnjahresplanes mit der Einrichtung von diagnostischen Zentren zur Früherfassung aller behinderten Kinder zu beginnen?
Wie beurteilt die Bundesregierung dieses Vorhaben?
Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, in besonderer Weise die Absichten der Bundesvereinigung zu fördern?
Herr Staatssekretär, ich darf bitten.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521409700
Ich darf mit Einverständnis des Abgeordneten die Fragen im Zusammenhang beantworten.
Herr Abgeordneter, das Vorhaben der „Bundesvereinigung Lebenshilfe für geistig Behinderte E. V." ist dem Bundesministerium für Gesundheitswesen aus einer Festrede des Vorsitzenden dieser Vereinigung, Herrn Professors Schomburg, anläßlich des zehnjährigen Bestehens dieser Bundesvereinigung Ende 1968 bekanntgeworden. Es handelt sich jedoch nicht nur um ein Vorhaben der Lebenshilfe, sondern um ein solches sämtlicher in der Bundesarbeitsgemeinschaft „Hilfe für Behinderte" zusammengeschlossenen Selbsthilfeorganisationen der Eltern behinderter Kinder.
Zu Ihrer zweiten Frage: Dieses Vorhaben liegt innerhalb der vom Bundesministerium für Gesundheitswesen vertretenen Bestrebungen, alle Vorhaben und Maßnahmen zur Frühdiagnostik und Frühbehandlung zu fördern, weil bei den meisten Behinderungsarten, insbesondere bei geistig behinderten Kindern, frühzeitig eingeleitete Rehabilitationsmaßnahmen den besten Erfolg versprechen.
Zu Ihrer dritten Frage: Der Vorsitzende der Bundesvereinigung, Professor Dr. Schomburg, war zu Beginn dieser Woche im Bundesgesundheitsministerium. Dabei wurde festgestellt, daß zunächst im Rahmen eines Forschungsauftrages die Grundlagen für die konkrete Projektplanung erarbeitet werden müssen, z. B. die diagnostische Gesamtkapazität in Relation zur Einwohnerzahl und dementsprechend der Raumbedarf, die organisatorische Struktur, die fachliche Gliederung, der methodische Arbeitsablauf und die apparative Ausstattung. Gleichzeitig wird geprüft, ob der Bund zusammen mit dem Lande Niedersachsen zunächst mit der Förderung eines Modellprojektes beginnen kann.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521409800
Eine Zusatzfrage.

Willi Müller (SPD):
Rede ID: ID0521409900
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß in dieser Hinsicht die Zusammenarbeit zunächst einmal lediglich zwischen dem Bund und einem Land gesichert ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521410000
Für die Förderung eines solchen Projektes stehen wir in engem Kontakt mit dem Lande Niedersachsen und dem zuständigen Ressortminister.




Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521410100
Eine weitere Zusatzfrage.

Willi Müller (SPD):
Rede ID: ID0521410200
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß aus Kreisen der Betroffenen — auch von der hier in meinen Fragen erwähnten Vereinigung — darüber Klage geführt wird, daß es an einer langfristig vorbereiteten Planung des Bundes fehle?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521410300
Mir ist bekannt, daß der Vorsitzende dieser Vereinigung in der erwähnten Festrede von sich aus erstmals den Vorschlag gemacht hat, ein Zehnjahresprogramm aufzustellen. Wir sind gern bereit, zusammen mit den Ländern und den in Frage kommenden karitativen und freien Organisationen ein solches langfristiges Programm aufzustellen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521410400
Damit sind alle Fragen beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen nunmehr zu den normalen Fragen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts, zuerst zu der Frage des Abgeordneten Wagner. — Der Fragesteller ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 108 des Abgeordneten Prochazka auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, gegen die geplanten großangelegten Manöver der Warschauer- Pakt- Mächte auf dem Territorium der CSSR genauso zu protestieren und ihre Bedenken anzumelden, wie es die Sowjetunion im Falle der amerikanischen Manöver und des Manövers Schwarzer Löwe getan hat?
Herr Staatssekretär, ich darf Sie nochmals bitten.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521410500
Darf ich die beiden Fragen zusammen beantworten?

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521410600
Jawohl, Herr Abgeordneter Prochazka ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 109 des Abgeordneten Prochazka auf:
Worin ist nach Meinung der Bundesregierung eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere der deutschen Bevölkerung des Grenzgebietes, zu erblicken?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521410700
Der Bundesregierung ist nichts über unmittelbar bevorstehende Manöver des Warschauer Paktes auf dem Territorium der CSSR bekannt. Damit ist die zweite Frage nicht mehr bsonders zu beantworten.
Es trifft nicht zu, daß die Sowjetunion gegen die Manöver „Schwarzer Löwe" im Juli 1968 und Reforger I im Januar und Februar 1969 auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland Protest erhoben hat. Lediglich die tschechoslowakische Regierung hat gegenüber der amerikanischen und britischen Regierung — und zwar nur wegen Reforger I — protestiert. Wohl ist in der Sowjetunion gegen die Manöver „Schwarzer Löwe" und Reforger I
eine Pressekampagne geführt worden, der sich im Falle von „Reforger I" auch das tschechoslowakische Parteiorgan „Rudé právo" angeschlossen hat. Die Bundesregierung hat, wie Sie wissen, Herr Kollege, keine Möglichkeit, unsere freie Presse zu einer analogen Reaktion im Hinblick auf die Manöver des Warschauer Paktes zu veranlassen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521410800
Keine Zusatzfrage? — Dann rufe ich die Frage 110 des Abgeordneten Zebisch auf:
Ist die Bundesregierung bereit, mit den Unterzeichnerländern des NATO-Statuts dahin gehend zu verhandeln, daß den bei den Stationierungsstreitkräften Bediensteten die vollen Rechte aus dem Betriebsverfassungsgesetz zugestanden werden?
Ist der Fragesteller im Saal? — Jawohl. Herr Staatssekretär, ich darf bitten.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521410900
Der Verhandlungsauftrag der deutschen Delegation in den zur Zeit laufenden Verhandlungen zur Änderung des Art. 56 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut ist durch die Entschließungen des Deutschen Bundestages vom 4. Mai 1961 und vom 23. Juni 1965 vorgezeichnet. Es ist das Bestreben der Bundesregierung, dem deutschen Arbeits- und Personalvertretungsrecht auch in den Beziehungen zwischen den Stationierungsstreitkräften und ihren zivilen Arbeitnehmern Geltung zu verschaffen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521411000
Herr Abgeordneter Zebisch zu einer Zusatzfrage.

Franz Josef Zebisch (SPD):
Rede ID: ID0521411100
Herr Staatssekretär, stimmt es, daß in diesem Art. 56 verankert ist, daß den zivilen Arbeitskräften unbeschadet ihres Anspruchs auf Entlohnung ein Recht auf tatsächliche Beschäftigung nicht zusteht, daß die Bildung eines Gesamtbetriebsrats diesen Arbeitnehmergruppen verboten ist und daß die Amtszeit der Betriebsräte dort nur ein Jahr beträgt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521411200
Herr Kollege Zebisch, zu speziellen Einzelfragen kann ich in diesem Augenblick hier nicht Stellung nehmen. Ich bitte dafür um Verständnis. Die Bundesregierung steht in Verhandlungen. Sie bemüht sich im gegenwärtigen Zeitpunkt darum, eine Änderung des bestehenden Zustands herbeizuführen, um all den Beanstandungen, die hier und draußen erhoben werden, Rechnung zu tragen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521411300
Eine zweite Zusatzfrage.

Franz Josef Zebisch (SPD):
Rede ID: ID0521411400
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, meine Zusatzfragen schriftlich zu beantworten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521411500
Selbstverständlich.




Franz Josef Zebisch (SPD):
Rede ID: ID0521411600
Recht herzlichen Dank!

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521411700
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Matthöfer.

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0521411800
Herr Staatssekretär, wann hat die letzte Verhandlung zwischen der Bundesregierung und den Entsendestaaten stattgefunden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521411900
Herr Kollege Matthöfer, ich habe das Datum im Moment nicht parat. Aber in den letzten Wochen haben Verhandlungen stattgefunden.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521412000
Eine zweite Zusatzfrage, bitte sehr!

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0521412100
Wissen Sie schon, wann die nächsten Verhandlungen stattfinden werden, und halten Sie die Zwischenräume, die jeweils zwischen den Verhandlungen liegen, für der Dringlichkeit der Sache angemessen kurz genug?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521412200
Ich räume Ihnen ein, Herr Kollege Matthöfer, die Zwischenräume zwischen den einzelnen Verhandlungen sind außerordentlich lang. Ich persönlich würde es sehr begrüßen, wenn es zu einer schnelleren Folge käme. Man wird aber den Beteiligten wohl zugute halten müssen, daß es zwei Schwierigkeiten gibt, die dazu führen, daß diese Verhandlungen sehr zähflüssig sind. Einmal gibt es — das sollte man wohl richtigerweise sagen — in einer Reihe von Fragen unterschiedliche Auffassungen in den Ressorts der Bundesregierung, die erst einmal auf einen Nenner gebracht werden müssen. Aber das ist nicht der entscheidende Punkt. Schwieriger ist, daß wir es jeweils mit einer Vielzahl von Verhandlungspartnern auf der anderen Seite zu tun haben. Die Herren, die hier verhandeln, haben nur begrenzte Vollmachten. Sie müssen vor jeder wesentlichen Entscheidung erst die Zustimmung der Regierungen ihrer Heimatstaaten herbeiführen. Dies ist nach allgemeiner Übung leider offenbar ein unvermeidlich langer Prozeß.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521412300
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Schultz.
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß die von Ihnen angedeuteten Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Ressorts der Bundesregierung an sich der eigentliche Hemmschuh für einen im Sinne der Fragesteller liegenden Fortgang der Verhandlungen sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521412400
Ich kann mir diese Bewertung nicht zu eigen machen, Herr Kollege Schultz.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521412500
Eine weitere Zusatzfrage? — Herr Abgeordneter Dr. Marx, bitte!

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0521412600
Herr Staatssekretär, können Sie sagen, bis wann es etwa möglich sein wird, in interministeriellen Verhandlungen die deutsche Position zu klären? Ich glaube nämlich, daß Ihrem Hause eine solche Vorklärung für die Verhandlungen mit den Entsendestaaten nützlich wäre.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521412700
Die Entscheidung des Bundeskabinetts ist angerufen. Ich hoffe, sie wird bald möglich sein.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521412800
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Marx.

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0521412900
Herr Staatssekretär, können wir nach wie vor darauf vertrauen, daß wir etwa Ende nächsten Monats, wie Sie bei einem Gespräch zugesagt haben, ein Tableau bekommen über das, was in den Verhandlungen mit den Entsendestaaten bisher erreicht worden ist und was noch als Problem in den Verhandlungen bestehenbleibt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521413000
Ich beabsichtige, meine in dem informellen Gespräch Ihnen und anderen Kollegen gegenüber gegebene Zusage einzuhalten.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521413100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher.

Wilhelm Dröscher (SPD):
Rede ID: ID0521413200
Herr Staatssekretär, würden Sie bei den Verhandlungen unmißverständlich zum Ausdruck bringen, daß der Deutsche Bundestag, der vor acht Jahren und vor vier Jahren einstimmig beschlossen hat, daß in dieser Frage neue Regelungen zu treffen sind, es einfach nicht länger hinnehmen kann, daß diesen einstimmigen Beschlüssen so wenig entsprochen wird?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521413300
Der verständliche Unmut vieler Mitglieder dieses Hauses, Herr Kollege Dröscher, ist bisher schon ein wesentliches Argument auf unserer Seite gewesen. Sie können mit Sicherheit davon ausgehen, daß es auch in Zukunft in gehöriger Form vorgebracht werden wird.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521413400
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher.

Wilhelm Dröscher (SPD):
Rede ID: ID0521413500
Ist das in den bisherigen Verhandlungen den alliierten Partnern so deutlich gemacht worden, wie Sie es heute morgen hier haben vortragen können?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521413600
Ich bitte, nicht von einer anderen Verhaltensweise des Amtes bei verschiedenen Anlässen auszugehen.




Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521413700
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Weigl.

Franz Weigl (CSU):
Rede ID: ID0521413800
Herr Staatssekretär, ohne daß ich von Ihnen verlange, daß Sie Prophet sind, frage ich, ob Sie in etwa sagen können, bis wann Sie mit einem Abschluß der Verhandlungen rechnen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521413900
Mit der von Ihnen angegebenen Einschränkung machen Sie es mir leichter, Ihnen zu sagen: ich hoffe, bald.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521414000
Eine zweite Zusatzfrage? — Keine Zusatzfragen mehr.
Ich rufe dann die Fragen 111, 112 und 113 des Abgeordneten Dr. Giulini auf:
Welche Möglichkeit überhaupt hat die Bundesregierung, in Nigeria zu helfen?
Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung auf Grund der noch außerordentlich schwer erkennbaren Gesamtsituation ergreifen?
Welche zusätzlichen Maßnahmen könnten veranlaßt werden, um die Bevölkerung von Nigeria einschließlich Biafra vor dem Elend zu bewahren?
Die Fragen werden im Einvernehmen mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Wir kommen dann zur Frage 114 des Abgeordneten Kahn-Ackermann:
Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um die von ihr in Aussicht gestellte intensivere Beteiligung an der Arbeit der UNESCO zu verwirklichen?
Ist Herr Kahn-Ackermann im Saal? — Jawohl. Herr Staatssekretär, ich darf bitten.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521414100
Die Bundesregierung ist seit längerem bemüht, die deutsche UNESCO-Mitarbeit insbesondere in personeller Hinsicht zu intensivieren. Die Beteiligung deutscher Experten und Fachgruppen an internationalen UNESCO- Veranstaltungen konnte verstärkt werden. Die Zahl des deutschen UNESCO-Personals in Paris stieg 1968 von 21 auf 24.
Die besondere Schwierigkeit besteht darin, geeignete Fachkräfte vor allem für die Besetzung von Spitzenpositionen zu finden. Um eine bessere Erfassung und Vermittlung solcher Fachkräfte in ausreichender Zahl in Zukunft zu gewährleisten, hat das Auswärtige Amt Maßnahmen zur Schaffung eines unter seiner Federführung stehenden zentralen Ausschusses eingeleitet, der personell und materiell ausreichend ausgestattet ist.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521414200
Eine Zusatzfrage? — Nein.
Ich komme dann zur Frage 115 des Abgeordneten Kahn-Ackermann:
Ist die Bundesregierung bereit, ihrerseits einen Vorstoß zu einer intensiveren kultur- und erziehungspolitischen Zusammenarbeit in Europa zu unternehmen, indem sie eine Initiative zur
Erweiterung des gegenwärtigen Stabes des Rats für Kulturelle Zusammenarbeit im Europarat (CCC) zur Intensivierung dessen Programms und zur Erhöhung des dem CCC zur Verfügung stehenden Budgets unternimmt?
Bitte sehr!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521414300
Nein. Wie die Bundesregierung bereits in der Fragestunde des Deutschen Bundestages in der Woche vom 11. bis 16. März 1968 auf eine entsprechende Anfrage ausgeführt hat, hat der Rat für kulturelle Zusammenarbeit im Rahmen seiner begrenzten Zuständigkeit in den vergangenen Jahren eine beachtliche Tätigkeit entfaltet.
Die Bundesrepublik Deutschland ist an dieser Arbeit wirksam beteiligt. Die Bundesregierung hält die gegenwärtig bestehende Zuständigkeit des Rates für kulturelle Zusammenarbeit für zweckmäßig.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521414400
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann.

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0521414500
Herr Staatssekretär, darf ich Sie ungeachtet Ihrer Bemerkung, daß die Bundesregierung die Tätigkeit des Rates für zweckmäßig hält, fragen, ob es nicht der doch auch von .der Bundesregierung gewünschten 'engeren Zusammenarbeit in Europa dienlich wäre, wenn der Rat für kuhturelle Zusammenarbeit einige von ihm in Angriff genommene praktische Fragen der Zusammenarbeit wirkungsvoller und schneller durchführen könnte, als das bisher der Fall war, wozu allerdings die von mir erwähnten personellen und materiellen Verbesserungen nötig wären.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521414600
Herr Kollege Kahn-Ackermann, die Bundesregierung ist der Auffassung, ,daß die Arbeit in der Form, wie sie bis jetzt geleistet wird, zufriedenstellend ist. Sie sieht deswegen keinen Anlaß zu einer Überprüfung ihrer bisherigen Beurteilung ,des gesamten Vorgangs. Ich will damit nicht ausschließen, daß sie, wenn sie zu einer anderen Beurteilung auf Grund weiterer praktischer Erfahrungen kommen muß, nicht eine erneute Überprüfung vornimmt. Im gegenwärtigen Zeitpunkt besteht dazu jedenfalls kein Anlaß.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521414700
Ich komme nunmehr zur Frage 116 ides Abgeordneten Mattick:
Wieviel Generalkonsulate und andere offizielle Konsulate unterhält die Bundesrepublik Deutschland in Frankreich, Italien und Großbritannien?
Ist Herr Mattick im Saal? — Entschuldigung, ich habe Sie nicht gesehen; ich hatte Sie ja vorhin schon bemerkt.
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521414800
'Die Bundesrepublik unterhält neben den Botschaften in Paris, Rom und London, die auch konsularische Aufgaben wahrzunehmen haben, in Frankreich 5 Generalkonsulate
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 214. Sitzung, Bonn, Freitag, den 7. Februar 1969 11573
Parlamentarischer Staatssekretär Jahn
und 10 Wahlkonsulate, insgesamt also 15 konsularische Vertretungen; in Italien 3 Generalkonsulate, 1 Konsulat und 11 Wahlkonsulate, insgesamt 15 konsularische Vertretungen; in Großbritannien 2 Konsulate und 18 Wahlkonsulate, insgesamt 20 konsularische Vertretungen.

Kurt Mattick (SPD):
Rede ID: ID0521414900
Herr Staatssekretär, halten Sie die Vertretung in Großbritannien im Verhältnis zu den anderen Ländern für ausreichend?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521415000
Die Bundesregierung ist der Meinung, daß die Vertretung der Bundesrepublik in. Großbritannien den örtlichen Gegebenheiten und Erfordernissen entspricht. Die Zahl und die Art der Vertretungen in Großbritannien haben sich bisher als ausreichend erwiesen. Bekanntlich verursacht die Errichtung einer berufskonsularischen Vertretung weit mehr laufende Kosten als die Errichtung eines Wahlkonsulats. Aus diesem Grunde ist die Errichtung einer größeren Zahl von Wahlkonsulaten in Großbritannien, die sich vorwiegend mit Angelegenheiten der Schifffahrt zu befassen haben, die wirtschaftlichere Lösung. Im übrigen ist für den Haushalt 1969 die Hebung der Konsulate Edinburg und Liverpool zu Generalkonsulaten beantragt. Die Aufwertung dieser Konsulate zu Generalkonsulaten stellt zugleich eine politisches Entgegenkommen gegenüber Großbritannien dar.

(Abg. Mattick: Für die letzte Antwort bedanke ich mich!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521415100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Mommer.

Dr. Karl Mommer (SPD):
Rede ID: ID0521415200
Herr Staatssekretär, darf man hoffen, daß sich diese Tendenz der Umwandlung — ich würde sagen: nicht als Zugeständnis an Großbritannien, sondern im Dienste der Verbesserung der deutsch- englischen Beziehungen; das ist zum gegenseitigen Vorteil — auch auf die Überprüfung des Status der Wahlkonsulate in Großbritannien erstrecken kann?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521415300
Ich vermag jetzt nicht zu erkennen, Herr Kollege Mommer, weshalb sie eine Überprüfung des Status der Wahlkonsulate für erforderlich halten.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521415400
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Mommer?

Dr. Karl Mommer (SPD):
Rede ID: ID0521415500
Ja, Herr Präsident, ich habe noch eine Frage.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521415600
Bitte sehr!

Dr. Karl Mommer (SPD):
Rede ID: ID0521415700
Es fiel mir auf, daß der Status unserer Konsulate in Großbritannien und in Frankreich unterschiedlich ist. Erklärt sich das nur durch Schiffahrtsangelegenheiten, die eine großen Teil der Arbeit der Wahlkonsulate in Großbritannien ausmachen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521415800
Herr Kollege Mommer, die Entscheidung darüber, ob ein Berufskonsulat oder ein Wahlkonsulat errichtet wird, ist in erster Linie eine Frage der Zweckmäßigkeit und — dafür werden Sie sicher Verständnis haben — auch der Wirtschaftlichkeit. Politische Gesichtspunkte sind dabei jedenfalls bisher nicht berücksichtigt worden.
Wenn dennoch in Großbritannien eine Anhebung in zwei Fällen vorgesehen ist, soll das als eine politische Geste richtig verstanden werden. Damit wird zugleich aber auch gesagt, daß nicht unter allen Umständen sämtliche Konsulate in gleicher Weise behandelt werden müssen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521415900
Keine Zusatzfrage mehr? — Dann kommen wir zur Frage 117 des Abgeordneten Matthöfer:
Was weiß die Bundesregierung über das Schicksal des in der Südafrikanischen Union aus politischen Gründen seit längerer Zeit inhaftierten ehemaligen Stipendiaten der Alexander von Humboldt -Stiftung, Dr. Neville Alexander?
Herr Staatssekretär, ich darf bitten.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521416000
Dr. Neville Alexander, der am 15. April 1964 vom Obersten Gerichtshof der Republik Südafrika in Kapstadt zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt warden war, hatte Berufung eingelegt. Am 25. März 1965 hat das Berufungsgericht in Bloemfontein das Rechtsmittel Alexanders und seiner Mitangeklagten mit der Begründung zurückgewiesen, daß in dem Urteil der ersten Instanz keine Rechtsverletzung festgestellt werden konnte. Das Strafverfahren war damit endgültig abgeschlossen.
Das Auswärtige Amt ist davon unterrichtet, daß Dr. Alexander Hafterleichterungen erhalten hat. Entsprechende Bemühungen werden fortgesetzt.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521416100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Matthöfer.

(Abg. Matthöfer: Ich verzichte!)

Dann folgt die Frage 118 des Abgeordneten Matthöfer:
Welche Ergebnisse hatten die Verhandlungen mit der südkoreanischen Regierung über die Rückkehr der aus der Bundesrepublik Deutschland entführten Südkoreaner?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521416200
Ministerialdirektor Dr. Frank vom Auswärtigen Amt hat auf Weisung des Herrn Bundesministers des Auswärtigen vom 13. bis 18. Januar 1969 als deutscher Sonderbotschafter mit der koreanischen Regierung in Seoul über schwebende Fragen des deutschkoreanischen Verhältnisses verhandelt.

(Anhaltende Unruhe.)





Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521416300
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, doch so die Ruhe zu wahren, daß der Herr Staatssekretär antworten kann. Die Beantwortung ist ja seine Pflicht gegenüber dem Hohen Hause. Das Hohe Haus sollte ihm also die Beantwortung erleichtern und nicht erschweren.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521416400
Die mit großer Offenheit, Härte und Fairneß geführten Gespräche haben zu Ergebnissen geführt, die beide Seiten befriedigen. Die Mission des deutschen Sonderbotschafters muß als erfolgreich bezeichnet werden.
Es ist die Übereinkunft erzielt worden, den Zustand guter und freundschaftlicher Beziehungen wiederherzustellen, wie er vor der Aktion des koreanischen Geheimdienstes vom Sommer 1967 bestanden hat. Auf dieser Grundlage wird die politische, wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit unserer beiden Länder im gegenseitigen Einvernehmen fortgesetzt werden.
Die zur Herbeiführung des Status quo ante notwendigen Maßnahmen im einzelnen sind Inhalt vertraulicher Absprachen und können aus naheliegenden Gründen nicht öffentlich bekanntgegeben werden.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521416500
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Matthöfer.

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0521416600
Herr Staatssekretär, kann man wenigstens erfahren, wann endlich der Status quo ante wiederhergestellt sein wird?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521416700
In einem insgesamt als in einem nahen Zeitraum liegend anzusehenden Prozeß.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521416800
Keine Zusatzfragen mehr? —
Wir stehen am Ende der Fragestunde. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Die nicht erledigten Fragen werden schriftlich beantwortet; die Fragen 73, 86, 119 und 120 wurden zurückgezogen.
Ich darf zunächst bekanntgeben, daß eine interfraktionelle Vereinbarung besteht, den Punkt 21 der Tagesordnung, Unfallverhütungsbericht, wegen Abwesenheit — ich glaube, Erkrankung — des Herrn Bundesministers für Arbeit abzusetzen. Ist das Haus damit einverstanden? — Es ist so beschlossen.
Ich darf dann bekanntgeben, daß sich der Abgeordnete Genscher zur Geschäftsordnung gemeldet hat. Ich möchte aber, bevor ich ihm das Wort erteile, dem zu Beginn der Tagesordnung gefaßten Beschluß des Hohen Hauses nachkommen und die Vereidigung des neuen Bundesministers vornehmen.
Ich habe Ihnen schon gesagt, daß der Herr Bundespräsident den Herrn Bundestagsabgeordneten Heinrich Windelen zum Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte ernannt hat. Nach Art. 64 des Grundgesetzes leisten die Bundesminister bei der Amtsübernahme vor dem Bundestag den in Art. 56 des Grundgesetzes vorgesehenen Eid. Ich bitte Herrn Bundesminister Windelen, zu mir heranzutreten und diesen Eid zu leisten. — Ich bitte Sie, Herr Bundesminister, diese Worte nach dem Text des Grundgesetzes zu sprechen.

Heinrich Windelen (CDU):
Rede ID: ID0521416900

Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521417000
Herr Bundesminister Windelen hat damit 'entsprechend der Verfassung seinen Eid geleistet. Ich spreche Ihnen, Herr Bundesminister, die Glückwünsche des Deutschen Bundestages aus, denen ich meine persönlichen anschließen darf. Glück und Segen in Ihrem neuen Amte!

(Beifall bei den Regierungsparteien und Abgeordneten der FDP.)

Zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Genscher das Wort.

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0521417100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antworten der Bundesregierung auf die Fragen der Abgeordneten Prinz von Bayern und Genossen

(Heiterkeit)

waren von aktuellem politischen Interesse. Die Bundestagsfraktion der FDP beantragt deshalb die Abhaltung einer Aktuellen Stunde. Der Antrag, Herr Präsident, wird wie immer ausreichend unterstützt.

(Beifall bei der FDP. — Heiterkeit.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521417200
Meine Damen und Herren, ich muß feststellen, ob 30 anwesende Mitglieder des Hauses den Antrag unterstützen, und bitte die Mitglieder des Hauses, die zustimmen wollen, die Hand zu erheben. — Das sind 30 Mitglieder dieses Hauses. Damit kommen wir zur
Aktuellen Stunde.
Als erster hat Herr Abgeordneter Genscher das Wort. Fünf Minuten Redezeit!

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0521417300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es trifft sich glücklich, daß wir durch die Vereidigung eines Bundesministers die Ehre der



Genscher
Anwesenheit des Herrn Bundeskanzlers in diesem Hause haben.

(Beifall bei der FDP. — Hört! Hört! in der Mitte.)

Wir haben es als Stilfrage und als Zumutung an dieses Hohe Haus empfunden, daß einer der Betroffenen in der Angelegenheit der Äußerungen auf der Wehrkunde-Tagung heute vor dem Hohen Hause auf die Fragen von Mitgliedern des Deutschen Bundestages zu antworten hatte.

(Beifall bei der FDP. — Zurufe von der Mitte.)

Angesichts des Ranges der Beteiligten und der politischen Bedeutung der Fragen, die in Wahrheit diesem Scharmützel der Koalition zugrunde liegen, hätte es der Herr Bundeskanzler als seine selbstverständliche Pflicht ansehen müssen, hier zugegen zu sein und die Haltung der Bundesregierung zu vertreten.

(Beifall bei der FDP.)

Hier ist wieder einmal die grundsätzliche Haltung der Bundesregierung zum Parlament deutlich geworden, eine grundsätzliche Haltung, die sich in hoher Enthaltsamkeit im Auftreten vor diesem Hohen Hause ausdrückt.

(Beifall bei der FDP. — Zurufe von der CDU/CSU.)

— Ach, seien Sie doch ruhig; es kommt noch besser!

(Anhaltende Zurufe von der Mitte.)

Der vordergründige Beobachter hätte annehmen können, es handle sich heute um einen Fall Grewe oder um einen Fall Schnippenkötter oder um einen Fall Jahn. Nichts davon ist richtig. Jeder dieser Herren kann sich auf eine maßgebliche Gruppe in der Bundesregierung berufen, und die Diskrepanz in der Haltung der Bundesregierung zum Sperrvertrag konnte nicht deutlicher symbolisiert werden als durch die nebeneinander sitzenden Parlamentarischen Staatssekretäre der beiden Vorsitzenden der Koalitionsparteien, von und zu Guttenberg und Jahn.

(Beifall bei der FDP.)

Um was es hier geht, ist in Wahrheit der Fall einer Regierung, die sich in einer entscheidenden Frage nicht entscheiden kann.

(Sehr wahr! bei der FDP.)

Es ist der Fall einer Regierung, die angesichts ihrer inneren Zerstrittenheit in einer Frage von grundsätzlicher Bedeutung für die deutsche Zukunft nicht mehr in der Lage ist, die deutschen Interessen im Ausland wirksam und glaubwürdig zu vertreten.

(Beifall bei der FDP. — Zurufe von der CDU/CSU.)

Nicht allein zwei Beamte sind ins Zwielicht gebracht worden, Herr Kollege Kliesing; ins Zwielicht gebracht worden ist die frei gewählte deutsche Regierung durch den permanenten Streit in Regierung und Koalition.
Und, meine Damen und Herren, es ist der Fall eines Bundeskanzlers, der offenbar nicht gewillt ist, in dieser Frage von der ihm verfassungsmäßig zustehenden Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen. „Prophete rechts, Prophete links, das Weltkind in der Mitten" — hier reicht das nicht aus!

(Beifall bei der FDP.)

Wie wollen Sie länger Ihre Zerstrittenheit, wie wollen Sie länger die Hinauszögerung der deutschen Entscheidung vor unserem Volk verantworten, wenn Sie nicht endlich zu einer Meinung kommen? Wenn Sie nicht endlich verbindlich sagen, was Sie wollen und wo Sie noch Verbesserungen der Interpretationen wollen, wird diese Regierung der Großen Koalition zunehmend zu einer Zumutung an das deutsche Volk.

(Beifall bei der FDP.)

Wir erwarten, daß der Bundeskanzler heute und
hier den Standpunkt seiner Regierung klar definiert.

(Anhaltender Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521417400
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Barzel.

Dr. Rainer Barzel (CDU):
Rede ID: ID0521417500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Einlassungen des Herrn Kollegen Genscher veranlassen mich, hier ein paar Worte zu sagen. Der Herr Kollege Genscher hat geglaubt, den Herrn Bundeskanzler angreifen zu müssen. Aber, Herr Kollege Genscher, eine Aktuelle Stunde hat den Vorteil, daß jeder aus seinem Gedächtnis zitieren muß. Ich würde Sie deshalb bitten, einen sehr wichtigen Aufsatz Ihres von mir sehr ernst genommenen Parteivorsitzenden zu lesen, in dem er zu der Frage, die hier zur Debatte steht und die Sie jetzt angeschnitten haben, die Bundesregierung ermuntert, doch alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um im Interesse Deutschlands die noch offenstehenden Fragen zu klären. Die Bundesregierung ist dabei, das zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Glauben Sie vielleicht, es sei keine Frage im Interesse der Deutschen, völlig klar zu wissen: wie ist es mit der wissenschaftlichen, mit der wirtschaftlichen Zukunft, wie ist es mit der Interventionsanmaßung der Sowjetunion, wie ist es mit all diesen Dingen, wie mit der europäischen Zukunft? An dieser Sache arbeitet die Bundesregierung. Ihr dabei zu helfen, ist die Pflicht der Opposition. Niemand sollte versuchen, die Bundesregierung vorzeitig zu zwingen, zu einem leichtfertigen Ja oder Nein zu kommen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der FDP.)

Das Zweite, was ich hier sagen möchte: Die Position, die die beiden Botschafter bezogen haben und zu der der Kollege Sänger Stellung genommen hat,

(Zuruf des Abg. Sänger)

ist deshalb völlig auf der Linie dieser vom Bundeskanzler geführten Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU/CSU.)




Dr. Barzel
Meine Damen und Herren, ich habe einige der Fragen hier genannt. Ihr Vorsitzender, unser gemeinsamer Außenminister, hat vier offene Fragen noch in der vergangenen Woche genannt, über deren Klärung gesprochen werden müsse. Das ist doch die Situation. Und wenn in dieser Situation deutsche Botschafter in einem Kreis, über dessen Charakter ja vorhin Prinz Konstantin und mein Kollege Zimmermann Ausführungen gemacht haben, sagen: „Das sind Fragen, über die wir noch diskutieren", dann sollte man sich hier, meine Damen und Herren, wirklich bemühen, nicht zu leichtfertig und voreilig zu werden.
Letzter Punkt, Herr Kollege Jahn — ich sage jetzt: Herr Kollege Jahn —: Ich habe hier vorher nur eine einzige Frage an Sie gestellt. Wir sind lange genug in diesem Hause und haben vieles miteinander erlebt; und da ich dafür bin, daß manches Miteinander weitergeht, Herr Kollege Jahn, würde ich Sie — nach all dem, was sich nun ganz klargestellt hat — ernsthaft bitten, doch einmal zu prüfen, ob Sie nicht wirklich den von mir vorher erfragten Schritt in Richtung auf die beiden Botschafter hin tun sollten.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521417600
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521417700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe vergeblich auf das Bessere gewartet, das Herr Genscher vorhin versprochen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Da kann man lange warten!)

Ich glaube, selbst eine so kleine Opposition, wie die FDP sie hier in diesem Hause darstellt,

(Lachen und Oh-Rufe bei der FDP. — Zuruf von der FDP: Sie möchten ja überhaupt keine!)

sollte sich in ihrem parlamentarischen Auftreten ein wenig mehr anstrengen, um der Würde dieses Hauses wirklich gerecht zu werden.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Oh-Rufe bei der FDP.)

— Wie es in den Wald hineinschallt, hallt es zurück, meine Herren.
Ich habe nicht den Eindruck, in der Zeit, in der ich die Ehre habe, Bundeskanzler zu sein, diesem Hause nicht den nötigen Respekt erwiesen zu haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich bin bei jeder wichtigen Gelegenheit nicht nur hier an diesem Pult gewesen, sondern ich habe viele Stunden auf meinem Platz gesessen und habe mit Respekt — dem gebührenden Respekt, dem jeweils gebührenden Respekt —(Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Sehr gut!) die Ausführungen mit angehört.
Es ist so, daß die FDP immer dann, wenn der Bundeskanzler das nicht tut, was sie will, ihm Entschlußunfreudigkeit vorwirft.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, das ist eine sehr einfache Methode!
Ich behandle das Problem des Atomsperrvertrages mit genau .dem Ernst, den es verdient.

(Zuruf von der FDP: Der Gelassenheit!) — Jawohl, mit der Gelassenheit!


(Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Was denn sonst? Doch nicht in Aufregung!)

Daß Sie nicht gelassen sein können, ist Ihre große Schwäche, meine Herren. —

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich befinde mich in der Bearbeitung dieses Problems in voller Übereinstimmung mit dem Herrn Außenminister. Das soll nicht heißen, daß wir nicht möglicherweise nuancierte Auffassungen zu dem einen oder anderen Problem des Vertrages haben. Eine Große Koalition bedeutet nicht, daß man in allem und jedem sofort übereinstimmt;

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

auch eine Große Koalition bedeutet, daß man versucht, wenn man in dem einen oder dem 'anderen Punkte verschiedene Auffassungen hat, eine gemeinsame Lösung zu finden.
Einig sind wir uns — und das haben wir öffentlich gesagt — darin, daß für uns die sowjetische Interventionsanmaßung, die wir in den vergangenen Monaten stärker hören mußten als in den vergangenen Jahren, eine außerordentliche Schwierigkeit darstellten würde, ja, wenn sie so stehenbliebe — so sage ich es —, les unmöglich machen würde,

(Beifall bei der CDU/CSU)

den Vertrag, so wie er ist, zu unterzeichnen.
Wir haben uns in ,den vergangenen Monaten bemüht, diese Schwierigkeit, so gut es geht, aus der Welt zu schaffen. Ich verhehle auch nicht, daß wir noch Sorgen haben hinsichtlich eines möglichen Mißbrauchs des Kontrollrechts.

(Sehr wahr! in der Mitte.)

Denn dieses Kontrollrecht kann von einer böswilligen Macht so ausgenutzt und so mißbraucht werden, daß es unserer eigenen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung schadet.
Wir stehen in dieser Frage in ununterbrochenem Kontakt mit der amerikanischen Regierung. Wir haben ihr unsere Sorgen dargestellt. Wir haben — nach gemeinsamer Überlegung — unserem Botschafter in Washington unsere Gründe mitgeteilt und ihn angewiesen, diese auch !der neuen amerikanischen Regierung vorzutragen. Wir werden bald den Besuch des amerikanischen Präsidenten hier bei uns haben. Wir freuen uns auf diesen Besuch.

(Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der FDP.)




Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
Dabei wird sich zweifellos die Gelegenheit ergeben, unsere Standpunkte miteinander zu vergleichen und zu sehen, ob wir auch mit den Vereinigten Staaten von Amerika in diesem für die Lebensinteressen unseres Volkes, aber auch für den Frieden in der Welt so wichtigen Problem eine Einigung erreichen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521417800
Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.

Wolfgang Mischnick (FDP):
Rede ID: ID0521417900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, Sie haben eben davon gesprochen, Sie wollten die Dinge reiflich überlegen und sich nicht zu unüberlegten Entscheidungen drängen lassen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521418000
Nichts davon habe ich gesagt!

Wolfgang Mischnick (FDP):
Rede ID: ID0521418100
Doch, es ist davon gesprochen worden, daß man sich nicht — —

(Lebhafter Widerspruch bei der CDU/CSU.)

— Entschuldigung, Herr Bundeskanzler, Sie haben davon gesprochen, wir hätten gedrängt, und Sie wollten sich nicht drängen lassen, sondern alle Gesichtspunkte prüfen — unter anderem auch mit dem amerikanischen Präsidenten — und dann entscheiden.

(Widerspruch des Bundeskanzlers.)

Das ist gesagt worden, unter anderem auch — ich darf zitieren — in dem Fernsehinterview, das der Herr Bundeskanzler am 5. Februar gegeben hat, in dem wörtlich gesagt ist:
Die Bundesregierung hat sich noch nicht endgültig entschieden, und daher mag es in den Köpfen der Mitglieder der Bundesregierung über die endgültige Entscheidung verschiedene Vorstellungen geben.

(Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Das .ist doch ganz legitim!)

Ich zitiere weiter:
Ich hätte es gern gesehen, wenn auch andere sich in dieser letzten Phase der Entwicklung daran gehalten hätten, nichts in der Öffentlichkeit auszusagen.
Darum geht es ja gerade, Herr Bundeskanzler!
Ihr Herr Außenminister hat zum Beispiel gesagt, der Vertrag sei unterschriftsreif. Wenn das in der Öffentlichkeit gesagt wird — nicht wir haben das gesagt —, ist unsere Aufforderung an Sie, Herr Bundeskanzler, dafür zu sorgen, daß Ihren eigenen Worten Nachdruck verliehen wird: bevor Sie sich entschieden haben, sollen die Kabinettsmitglieder in der Öffentlichkeit keine unterschiedlichen Meinungen vertreten.

(Beifall bei der FDP.)

Aber selbst das scheint nicht möglich zu sein. Unsere
Kritik richtet sich dagegen, daß, wenn unterschiedliche Meinungen vorhanden sind, keine Klärung erfolgt und daß, wenn man sagt, man kann es noch nicht klären, man sich dann nicht daran hält, in der Offentlichkeit nicht darüber zu sprechen. Das muß doch abstellbar sein, Herr Bundeskanzler, wenn es schon nicht zu einer Entscheidung in diesem Augenblick kommt.
Es ist ja nicht das erste Mal, daß wir erleben müssen, daß Mitglieder der Bundesregierung in der Öffentlichkeit unterschiedliche Meinungen darlegen. Ich denke an die Lohnfortzahlung, ich denke an die Mitbestimmung, und ich denke jetzt daran, wie wir das mit dem wirtschaftlichen Jahresbericht in Kürze erleben werden, wo auch die Meinungen unterschiedlich sind.
Uns geht es darum, daß diese Bundesregierung, wenn sie schon Dinge ausklammern muß, dann wenigstens 'darüber in der Öffentlichkeit nicht spricht und nicht ständig den Eindruck erweckt, diese Regierung weiß nicht, was sie will, wobei die Koalitionsfraktionen außerdem noch die Situaton erschweren, indem sie selbstständig unterschiedliche Meinungen darüber sagen. Nicht die Beamten, nicht diejenigen, die in der Öffentlichkeit Stellung genommen haben, bringen Schwierigkeiten in die deutsche Position, sondern die Bundesregierung selbst, solange sie nicht in der Lage ist, in der Öffentlichkeit in dieser lebenswichtigen Frage mit einer Zunge zu sprechen und nicht mit mehreren Zungen, wie es in der letzten Zeit leider geschehen ist.

(Beifall bei der FDP.)

Wenn der Herr Kollege Genscher davon gesprochen hat, daß wir beklagen, daß die Bundesregierung selten hier ist, so bezog sich das, Herr Bundeskanzler, nicht allein auf Ihre Anwesenheit, sondern auch darauf, daß wir immer wieder erleben müssen, daß hier auf der Regierungsbank fast nur Staatssekretäre sitzen; das haben Ihre eigenen Freunde kritisiert. Wir müssen davon ausgehen, daß im Parlament grundsätzlich die Regierung vertreten ist und es nicht den Staatssekretären überlassen wird, hier die Politik der Regierung zu vertreten.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521418200
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521418300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Herren von der Opposition, Sie können auch nicht richtig zuhören.

(Lachen bei der FDP.)

Ich habe vorhin mit keinem einzigen Wort erwähnt, daß wir uns die Sache noch überlegen wollten. Ich habe vielmehr gesagt, welche Bedenken wir hinsichtlich der Unterschrift unter diesen Vertrag haben und daß wir wegen dieser Bedenken mit den Vereinigten Staaten verhandeln.
Es ist auch ganz selbstverständlich, daß wir in einem Stadium der zu Ende gehenden Administration der Regierung Johnson in Washington ausloten



Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
mußten, welche Stellung die neue amerikanische Regierung zu diesem Atomsperrvertrag und zu den Bedenken, die wir der alten Regierung vorgetragen haben, einnimmt. Ich habe gesagt: Wir stehen in einem ständigen Gedankenaustausch, auch mit der neuen Regierung, nicht aber: Wir überlegen es uns noch. Wir stehen in einem ständigen Gedankenaustausch. Wir wissen ganz genau, was wir wollen und was wir nicht wollen!

(Beifall bei der CDU/CSU. — Lachen bei der FDP. — Zuruf von der FDP: Was wollen Sie denn?)

— Daran ändert auch Ihr Lachen nichts. Sie haben gesagt, der Außenminister habe erklärt, der Vertrag sei unterschriftsreif. Wann hat er das erklärt?

(Zuruf von der FDP: Das müssen Sie doch wissen!)

Der Außenminister hat unter seinem Namen einen Artikel veröffentlicht, in dem er in gewissen Nuancen zu den Problemen dieses Vertrages Stellung genommen hat. Er hat keineswegs erklärt, der Vertrag sei unterschriftsreif,

(Zuruf von der FDP)

sondern er hat in diesem Artikel ausdrücklich gesagt, daß wegen dieser Bedenken, die wir gemeinsam haben, nichts unausgesprochen bleibt und daß jede mögliche Klärung herbeigeführt wird. Das ist die gemeinsame Auffassung der Bundesregierung.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521418400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schultz.
Schultz (Gau-Bischofsheim) (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage ist doch letzten Endes nicht, ob der Vertrag unterschriftsreif ist oder nicht, sondern ob man unterschreiben will oder nicht.

(Lachen bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Die Aktuelle Stunde geht doch um etwas ganz anderes! Das war nicht Gegenstand der Frage! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

Der Vertrag kann ja nicht mehr geändert werden. Sie wollen hier den Eindruck erwecken, als ob man noch etwas ändern könnte,

(Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Herr Schultz, bauen Sie sich doch nicht einen Pappkameraden auf, den es gar nicht gibt!)

um zu verhindern, daß deutlich wird, daß Sie sich innerhalb der Koalitionsfraktionen und innerhalb der Regierung über diese Frage, ob unterschrieben werden soll oder nicht, nicht einigen können.

(Beifall bei der FDP.)

Ich bin der Meinung, daß alle großen Worte in diesem Bereich nicht sehr nützlich sind. Deswegen habe ich es an sich bedauert, daß Kollege Barzel in einer Rede das Wort von der Interventionsanmaßung der Sowjetunion gebraucht hat. Ich hatte das in der Zeitung gelesen.

(Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : -Das ist es doch! — Abg. Rasner: Was ist es sonst?)

Er hat es heute hier wiederholt. Das mag ihm unbenommen bleiben.

(Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Lesen Sie doch einmal die Aide-mémoires!)

Ich weiß nur nicht recht, ob die Gewichte in der Weltpolitik dann noch einigermaßen richtig gesetzt sind. Ich weiß nicht, ob es uns nützt, wenn wir so große Worte in den Mund nehmen, obwohl wir eigentlich die Kraft dazu gar nicht haben. Und ich meine, daß es besonders bedauerlich ist, daß der Staatsmann, der Bundeskanzler Kiesinger, nun dieses Wort hier vom Fraktionschef der CDU/CSU- Fraktion übernommen hat. Ich glaube, im Munde des Kanzlers ist dieses Wort noch weniger angebracht als in Ihrem.

(Beifall bei der FDP. — Abg. Dr. Barzel: Herr Schultz, es war umgekehrt!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521418500
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521418600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei allem Respekt vor dem Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU: er hat das Wort von der „Interventionsanmaßung" von mir übernommen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Sie fragen, ob ich mir, wenn ich ein solches Wort ausspräche — ich glaube, Sie so verstanden zu haben —, dabei unseres politischen Gewichtes und des Gewichtes der Sowjetunion bewußt sei. Meine Herren, ich bin mir sehr wohl dieses Gewichtes bewußt, aber wir haben ja auch Freunde in der Welt.
Wenn es zweitens um vitale Interessen unseres Volkes geht,

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

darum eben, daß unser Volk nicht unter ein Ausnahmerecht, d. h. unter Kriegsrecht, gestellt bleibt — darauf haben unsere Freunde, auch wenn der Wortlaut der UNO-Charta nicht verändert worden ist, verzichtet —, dann werden wir für diese Lebensinteressen unseres Volkes kämpfen, auch einer großen Weltmacht gegenüber wie der Sowjetunion, mit den adäquaten Mitteln, die uns dafür zur Verfügung stehen.

(Beifall bei der CDU/CSU und vereinzelt bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521418700
Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär im Auswärtigen Amt.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521418800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich hier auf zwei kurze Bemerkungen beschränken. Zunächst hat der Kollege Genscher vorhin gerügt, daß in der



Parlamentarischer Staatssekretär Jahn
Fragestunde ein Betroffener geantwortet habe. Ich möchte Sie fragen, Herr Kollege Genscher: Wer denn eigentlich sonst? Hier sind Vorwürfe wegen eines Vorgangs erhoben worden, den ich zu vertreten habe, und es ist die einzige angemessene Form, daß derjenige, der etwas zu vertreten hat, dafür hier auch einsteht.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das zweite. Hier ist von Herrn Kollegen Mischnick gesagt worden, der Bundesaußenminister habe erklärt, der Atomsperrvertrag sei unterschriftsreif. Herr Kollege Mischnick, es gibt — ich muß das hier noch einmal deutlich sagen — keine entsprechende Erklärung des Bundesaußenministers. Der Bundesaußenminister hat allerdings in der Diskussion, die sich in den letzten Wochen zu dieser Frage entwikkelt hat, seine Meinung gesagt und dabei eine Reihe von Gesichtspunkten in den Mittelpunkt der Erörterungen gestellt, von denen wohl mit Recht gesagt werden muß, daß sie in der vorausgegangenen Diskussion zu kurz gekommen sind. Das ist nicht nur sein gutes Recht, sondern das war in der Sache notwendig.
Im übrigen glaube ich, wenn jede Äußerung in der bisherigen öffentlichen Debatte so abgewogen und maßvoll wie diese Äußerung des Bundesaußenministers gewesen wäre, hätte das der sachlichen Entscheidung bzw. der Vorbereitung der sachlichen Entscheidung nicht gerade geschadet.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521418900
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Zimmermann.

Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID0521419000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Kollege Schultz hat hier gesagt, es sei die Frage an die Regierung und an das Parlament gestellt: Will man unterschreiben oder nicht? Nun, ich habe bis jetzt eine Stellungnahme der FDP, was sie denn eigentlich will, vollkommen vermißt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

In den Reihen der FDP gibt es offenbar nicht einmal kontroverse Aussagen. Es gibt in ihr überhaupt niemanden, der sich für, und ich habe noch niemanden gesehen, der sich gegen den Vertrag, auch nicht einmal mit Nuancen, ausgesprochen hat. Sie sind immer noch beim Fragen und verlangen hier Antworten, ohne selbst überhaupt den Ansatz einer Antwort gefunden zu haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Herr Schultz, was soll eigentlich eine Behauptung, wie Sie sie gerade aufgestellt haben?

(Abg. Mertes: Zur Sache, Schätzchen!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521419100
Der Ausdruck „Schätzchen" ist zwar keine Beleidigung, aber ungewöhnlich im Deutschen Bundestag.

(Heiterkeit.)


Dr. Friedrich Zimmermann (CSU):
Rede ID: ID0521419200
Herr Mertes, es wäre gut, wenn Sie sich so lange mit dem Vertrag beschäftigt hätten wie ich. Dann könnten wir besser miteinander diskutieren.

(Abg. Mertes: Woher wissen Sie das?)

Herr Schultz hat apodiktisch behauptet, man könne ja nichts mehr ändern. Wer so etwas in dieser Form sagt, der zeigt, daß er die Komplexität dieses internationalen Vertrages überhaupt noch nicht zur Kenntnis genommen hat. Denn die Frage, ob jetzt noch substantielle Änderungen im Vertragstext selbst vorgenommen werden können oder nicht, ist nur e i n Problem, das man allerdings heute eher mit Nein beanworten muß.

(Zurufe von der FDP: Na also!)

— Nicht „also", sondern „aber" ist das nächste Wort, das darauf zu folgen hat: Aber uns wird zugemutet, als Vertragspartner und mit einer feierlichen Präambel jemandem gegenüber an den Tisch zu treten und ihm völkerrechtlich die Hand zu schütteln, der ein Interventionsrecht gegen dieses friedliche und demokratische Land in Anspruch nimmt. Das ist der eine Tatbestand. Nun kann sich jeder überlegen, wie er es damit hält, ob er bereit ist, an diesen Tisch zu treten, um dieses Händeschütteln vorzunehmen.
Der andere Tatbestand ist, daß unser Hauptbündnispartner und einer der wichtigsten Partner dieses Vertrages, die Vereinigten Staaten von Amerika, nicht nur ein hohes Maß von Verständnis für unsere Situation in bezug auf Art. 53 und 107 empfindet, sondern auch bereit ist, mit uns bilateral über gewisse sehr wichtige Interpretationen und Kontrollen zu sprechen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Man könnte wohl sagen, daß dem Bundeskanzler wirklich nicht mehr zu helfen wäre, wenn er hier Politik auf dem offenen Markte machen würde, drei Wochen, bevor Präsident Nixon das erstemal nach Europa kommt,

(Beifall bei .der CDU/CSU)

ein Präsident, der erst in diesen Tagen wieder gesagt hat, er beabsichtige keineswegs, gegenüber seinen europäischen Verbündeten und gegenüber der Bundesrepublik Deutschland auch nur den leisesten Versuch des Drängens zu machen, — ein großer Unterschied gegenüber der letzten amerikanischen Administration; denn Präsident Johnson hätte dieses Vertragswerk noch vor seinem Abschied aus dem Präsidentenamt gerne in toto und auch mit unserer Unterschrift unterschrieben gesehen.
Meine Herren von der FDP, es kommt nicht so sehr auf die 83 oder 84 Länder an, die jetzt schon unterschrieben haben. Es stehen noch aus Japan, Indien, Pakistan, Brasilien — Brasilien hat diese Erklärung erst gestern wiederholt —, die Schweiz und andere. Wir befinden uns also immer noch in sehr guter Gesellschaft, aber in einer viel schwierigeren Lage als all die gerade von mir genannten



Dr. Zimmermann
Länder; denn nur uns gegenüber gibt es diese Interventionsanmaßung, von der hier die Rede war.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich glaube, die Regierung hat sich ganz und gar richtig verhalten. Und daß es auch im Schoß dieser Regierung Meinungen hin und her gibt, — es wäre schlimm, wenn es bei der Komplexität und Bedeutung dieses Vertragswerks nicht so wäre.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521419300
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521419400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte um Nachsicht, wenn ich noch einmal hier erscheine. Aber, lieber Herr Zimmermann, das Gebot der Fairneß zwingt mich dazu. Sie haben da einen Vergleich zwischen der neuen amerikanischen Regierung und der vergangenen Regierung unter Präsident Johnson gezogen. Ich würde mich einer unfairen Unterlassung schuldig machen, wenn ich hier nicht bezeugte, daß ich in meinen Beratungen mit Präsident Johnson — gerade mit ihm — immer Verständnis für unsere Bedenken gefunden habe und daß er nach der allerersten Zeit, in der wir unsere Bedenken noch nicht haben vorbringen können, nachdem wir sie vorgebracht hatten, persönlich niemals den Versuch gemacht hat, mich zu drängen oder in ungebührlicher Weise unter irgendeinen Druck zu setzen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521419500
Das Wort hat der Abgeordnete Dorn.

Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0521419600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Der Kollege Zimmermann hat davor gewarnt, die Politik auf dem offenen Markt auszutragen. Nun, wenn wir uns an die Fragestunde von heute morgen erinnern, fragen wir uns, wo er eigentlich den Mut hernimmt, eine solche Argumentation hier vorzutragen, nachdem er selbst entscheidend dazu beigetragen hat, diesen von ihm selbst kritisierten Weg zu gehen.

(Beifall bei der FDP.)

Herr Kollege Zimmermann, die Bundesregierung, die einzelnen Mitglieder dieser Regierung gehen doch seit Monaten permanent diesen Weg. Deswegen haben Sie sich doch verpflichtet gefühlt, hier in der Fragestunde diese Dringlichkeitsfragen überhaupt vorzutragen. Das war Ihnen doch so dringlich, weil Sie selbst das Gefühl hatten: das ist einfach nicht mehr erträglich, was draußen geschieht.
Nun frage ich Sie: Ist das, was der Bundesfinanzminister in der Öffentlichkeit bisher mehrfach zu diesem Vertragswerk geäußert hat, ist das, was der Bundesaußenminister zu diesem Vertragswerk mehrfach in der Öffentlichkeit geäußert hat, nicht eine Politik auf dem offenen Markt? Ist das, Herr Kollege Zimmermann, was Ihre Fraktionskollegen in Podiumsdiskussionen der letzten Monate permanent zu dieser Frage äußern müssen, weil doch das Volk
Fragen in dieser Richtung stellt, nicht eine Diskussion auf dem offenen Markt?
Ich bin der Meinung, es wäre besser, die Diskussionen würden auf dem offenen Markt so deutlich ausgetragen, daß auch die Menschen in unserem Volke endlich wissen, um was es geht. Darum bemühen sich viele Abgeordnete; nur können sie keine endgültige Erklärung abgeben, weil diese Bundesregierung nicht weiß, was sie will.
Sie sagen, Sie wüßten nicht, was wir dazu gesagt hätten. Herr Kollege Zimmermann, ich würde Ihnen empfehlen — Sie sind ja aus Bayern —, sich einmal die „Abendzeitung" vom 13. August 1968 vorzunehmen und dort unter der Überschrift „Die FDP und der Sperrvertrag" nachzulesen, was unser Parteivorsitzender dazu gesagt hat. Dann würden Sie hier nicht solche Behauptungen aufstellen, die keine sachliche Grundlage haben.

(Abg. Rasner: Die „Abendzeitung" ist doch kein Bundestag! — Würden Sie es jetzt vielleicht sagen? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

— Herr Kollege Rasner, Sie sind doch viel zu intelligent, als daß Sie nicht wüßten, daß man diese Frage hier nicht in fünf Minuten diskutieren kann.

(Lachen und Zurufe von der CDU/CSU.)

Es wird von Ihnen behauptet — der Herr Bundeskanzler hat es gesagt —, der Herr Bundesaußenminister habe sich zu dieser Frage nicht in dieser Weise mit einem qualifizierten Ja geäußert. Herr Bundeskanzler, auch Ihnen würde ich empfehlen, einmal die Presseauswertung des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung genauer zu studieren. Dann können Sie nämlich feststellen, wo, wann und in welchem Zusammenhang sich der Bundesaußenminister mehrfach dazu geäußert hat. Mir liegen im Augenblick zwei Zeitungsmeldungen vor: „Brandt: Ja zum Sperrvertrag", und dann auch noch eine andere Meldung, die aus den Pressemitteilungen der SPD vom 31. Januar dieses Jahres stammt, wo er sich zur Frage des Atomsperrvertrages äußert und wo er eindeutig vor einem Nein warnt. Er sagt nämlich: „Ich warne vor einem voreiligen, gefühlsbetonten oder gar innenpolitisch motivierten Nein zum Sperrvertrag." Das als Antwort auf die Reaktionen der Christlichen Demokraten. — Herr Majonica, Sie schütteln mit dem Kopf. Ich weiß, so war es auch in der Praxis.

(Zuruf des Abg. Majonica. — Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

Es hat doch keinen Sinn, hier einfach Dinge abstreiten zu wollen, die permanent geschehen und die uns in der täglichen Arbeit begegnen.
Aber die entscheidende Frage, Herr Bundeskanzler, an deren Beantwortung Sie einfach nicht vorbeikommen, auch wenn Sie mit noch soviel Formulierungshilfen glauben darum herumkommen zu können, ist die: Was wollen Sie eigentlich? Wollen Sie die Interventionsklausel beseitigen? Wollen Sie die wissenschaftliche Forschung so sichern, wie es erforderlich wäre? Wollen Sie die europäische Op-

Dorn
tion hier angesprochen haben? Jeder von denen, die sich bisher in der Öffentlichkeit dazu geäußert haben, hat etwas anderes als Hemmnis für die endgültige Entscheidung dieser Regierung bezeichnet, wenn er von der Regierungsbank gesprochen hat.

(Sehr wahr! bei der FDP.)

Ich frage: wollen Sie alles oder wollen Sie das eine oder das andere? Sie können doch nicht permanent so tun, als ob der Vertrag hinsichtlich der entscheidenden Kriterien, die Sie hier vorgetragen haben, noch veränderbar sei.

(Zuruf von der Mitte: Das hat niemand gesagt!)

Sie müssen hier endgültig sagen, was Sie wollen — an der Beantwortung dieser Frage werden Sie nicht vorbeikommen —, damit endlich in der deutschen Öffentlichkeit Klarheit über das herrscht, was diese Regierung in der Sache will.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521419700
Das Wort hat der Herr Bundesminister für wissenschaftliche Forschung.

Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU):
Rede ID: ID0521419800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Opposition hat durch Herrn Dorn die Regierung aufgefordert, endlich zu sagen, was sie wolle. In einer Frage, in der sie selber kein klares Konzept hat, das sie vor diesem Hause dargestellt hat, sollte sie es aber auch der Regierung ermöglichen, die notwendigen und schweren Entscheidungen mit der Gründlichkeit zu erarbeiten, die diese Sache nun einmal erfordert.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

In der öffentlichen Diskussion dieser Fragen gibt es eine Neigung zur Vereinfachung, zur SchwarzWeiß- Malerei. Das eine oder andere davon ist auch in einigen Beiträgen hier wieder angeklungen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das kann man wohl sagen!)

Es geht hier nicht um einen Gegensatz zwischen Außenpolitik und Wissenschaftspolitik. Die Probleme, die wir in der Außenpolitik unter dem Gesichtspunkt unserer Stellung gegenüber anderen zu lösen haben, sind zugleich weitgehend auch Probleme unserer wissenschaftlichen und technischen Stellung in der Welt. Unter dem Begriff Europa, der Erhaltung, der Festigung der Europäischen Gemeinschaften, verbinden sich lebenswichtige !wissenschaftliche, wirtschaftliche und außenpolitische Interessen der Bundesrepublik.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

Deshalb ist es ganz falsch, hier einen Gegensatz zu konstruieren, der nicht besteht.
Es handelt sich hier um einen Vertrag der Kompromißformulierungen, die eine weite Auslegung — positiv und negativ — erlauben. Es ist ein Vertrag, der wesentliche Lücken hat, die einer Klarstellung und Ergänzung bedürfen. Ich kenne keinen internationalen Vertrag dieser Bedeutung und kein Gesetz, das der Deutsche Bundestag seit 1949 verabschiedet hat, in denen in einer sehr kostspieligen Sache nicht einmal die Frage der Kostenträgerschaft geregelt ist. Niemand in diesem Hause und in der internationalen Öffentlichkeit kann heute übereinstimmend und klar sagen, wer eigentlich die Kosten für ein vielleicht sehr extensives und aufwendiges Kontrollsystem tragen soll. Dies ist eines der Beispiele dafür, warum eine verantwortungsbewußte deutsche Regierung bei ihren maßgebenden internationalen Partnern darauf dringen muß, daß es weitere Klarstellungen, weitere Präzisierungen und weitere Festlegungen gibt, bevor wir uns in einer Sache, die so tief in unsere außenpolitische und wirtschaftliche Situation eingreift, entscheiden können. Es handelt sich hier nicht um Theorie. Nach den Feststellungen der deutschen Atomwirtschaft würde sich für gewisse Zweige der deutschen Wirtschaft unter Umständen eine Belastung von etwa 5 % ihres Preises gegenüber anderen Staaten ergeben,

(Abg. Dr. Barzel: Hört! Hört!)

die Kontrollen nicht zu übernehmen brauchen oder nicht übernehmen wollen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Herr Kollege Dorn, ich muß doch darauf verweisen, daß auch maßgebende Mitglieder Ihrer Fraktion in den Gremien — etwa des Deutschen Atomforums und der deutschen Atomwirtschaft — an der Erarbeitung dieser Punkte beteiligt sind und mit uns auf die notwendige Klarstellung dringen.
Wenn wir aber trotz mancher Bemühung der deutschen Diplomatie im internationalen Bereich bei anderen diese Klarstellung nicht erreicht haben, dann ist das — in der Logik der Aussage Ihrer Freunde — auch ein Grund dafür, daß diese Bundesregierung und dieser Bundestag heute nicht eine abschließende Stellungnahme abgeben können und daß weitere und sehr nachhaltige Anstrengungen der deutschen Politik notwendig sind, um die Entscheidungsgrundlagen zu erzielen.
Wir haben soeben den Vorwurf gehört, daß die Bundesregierung nicht bereit sei, sich abschließend zu äußern. Ich habe Ihnen einen wesentlichen Grund dafür genannt, warum dies nicht geht.
Ich glaube, daß es angesichts dieser schweren Entscheidung notwendig ist, frei zu diskutieren. Obwohl es vielleicht gewisse Grenzen einer sinnvollen öffentlichen Diskussion für alle Mitglieder der Bundesregierung und für die anderen verantwortlichen Politiker gibt, sollten Sie auf der anderen Seite diese Diskussion auch nicht so negativ bewerten. Denn wir hören ja ständig von Ihnen den Vorwurf, daß diese Große Koalition eine Gefahr für die Freiheit der Diskussion sei,

(Beifall bei der CDU/CSU)

daß die Entscheidungen nach innen verlegt würden, daß es kein offenes Austragen von Gegensätzen und Konflikten mehr gibt.

(Zuruf des Abg. Scheel.)




Bundesminister Dr. Stoltenberg
Ich glaube, daß deshalb ein gewisses Maß an Freizügigkeit der Meinungsbildung der deutschen Demokratie dient, nachdem wir so viele schreckliche Vereinfachungen gerade in der Erörterung des Atomsperrvertrags in der Vergangenheit gehört haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, wir werden diese Diskussion verantwortungsbewußt führen. Wir werden uns die Zeit für die notwendigen internationalen Konsultationen und Beratungen mit unseren Verbündeten und anderen nehmen. Wir werden uns
— das ist meine persönliche Überzeugung — nicht unter den kurzen Zeitdruck selbstgesteckter Termine setzen dürfen, sondern bei einer realistischen Einschätzung der deutschen Möglichkeiten, deren Grenzen auch ich sehe, uns die Entscheidung so lange offenhalten, bis wir das optimale Maß an Garantien und Sicherheit für die deutsche Außenpolitik, für die deutsche Wissenschaftspolitik, für die deutsche Wirtschaft erhalten, das wir im Interesse unseres Landes, aber auch in unserer Verantwortung für Europa und auf Grund der eingegangenen Verpflichtungen in Europa benötigen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521419900
Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0521420000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche hier als Abgeordneter; das wird besonders betont. Aber spräche ich von der Regierungsbank aus, so wäre das nicht im Sinne dieser Aktuellen Stunde.
Warum? Was ist eigentlich an dieser Stunde aktuell?

(Abg. Scheel: Wo gibt es denn da eigentlich die Trennung?)

— Natürlich gibt es die. Das wissen Sie doch ganz genau. Auch Sie waren ja mal in einer Regierung. Hier, Herr Scheel, ist nur eine Sache aktuell, an dieser von Ihnen — —

(Zurufe des Abg. Scheel.)

— Warum wollen Sie nicht zuhören? Wie kommt es, daß Sie plötzlich nicht zuhören wollen. Sonst können Sie das doch auch!

(Abg. Scheel: Ich höre doch zu!)

An dieser Stunde ist nichts anderes aktuell als Ihre verfehlte Wahl dieser Stunde, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Denn diese Debatte kann doch gar nichts anderes sein als eine notleidende Debatte. Wie wollen Sie es denn, wenn Sie in sich gehen, mit sich verantworten, drei Wochen vor dem Besuch des amerikanischen Präsidenten

(Zuruf des Abg. Scheel)

und, wie wir heute erfahren haben, im Besitze einer
Note, die Sie nicht kennen, die ich nicht kenne.
Einige werden die Note der sowjetischen Seite kennen. Da haben Sie gesagt: Heute, hier muß die Entscheidung der Regierung kommen.

(Abg. Scheel: Wer hat das gesagt? Sie müssen zuhören!)

— Natürlich Ihre Redner! Gucken Sie im Protokoll nach! Ich will nicht auch darüber noch streiten.

(Zurufe von der FDP.)

— Es hat doch gar keinen Sinn! Hier ist es so, daß keiner mehr auf den anderen hören will und jeder nur sagen will, was er sich vorgenommen hat. Das ist das Elend dieses Parlaments, und das allein ist aktuell hier.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der FDP.)

Ich möchte Ihnen folgendes sagen.

(Anhaltende Zurufe von der FDP.)

Natürlich gibt es unterschiedliche Meinungen, nämlich unterschiedliche Einschätzungen der Bedeutung und der Wirkung des Vertrags. Die gibt es hier im ganzen Haus, und es kann gar nicht anders sein. Da gibt es welche, die der Meinung sind: Dieser Vertrag erreicht nicht die Ziele, die für ihn gesetzt sind. Ich glaube, es ist eine geringere Zahl, die daraus die Schlußfolgerung zieht, deswegen müßten wir versuchen, nichts mit ihm zu tun zu bekommen. Nach meiner Überzeugung ist die überwiegende Meinung die: Wir müssen sehen, wie wir klarkommen mit unseren Interessen als Industrienation und mit dem Interesse daran, nicht unter ein sogenanntes Ausnahmerecht von einer der Weltmächte gestellt zu werden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wenn Sie wissen wollen, was ich von diesem Ausnahmerecht rechtlich halte: Ich halte einen feuchten Kehricht davon; denn eine Großmacht, die, wenn es ihr behagt, jemand, der einen Freundschaftsvertrag mit ihr hat, unter Kontrolle zu nehmen imstande ist — —

(Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Sehr wahr!)

— Ja bitte, ist das geschehen oder nicht? Wir haben einen solchen Freundschaftsvertrag nicht. Deswegen ziehe ich die Schlußfolgerung, die Sie daraus vielleicht ziehen, noch lange nicht, daß man deswegen überhaupt nichts dürfe. Ich sage Ihnen: Wozu haben wir unsere Bündnisverpflichtigungen? Zu dem Zweck, daß nicht jeder mit uns machen kann, was ihm vielleicht eines Tages einfiele!

(Beifall bei den Regierungsparteien.) Alles andere ist doch Schizophrenie.

Zu diesen Sachen muß geredet werden zur gegebenen Zeit, aber doch nicht in einer aktuell gemachten Stunde zwischen dem Empfang einer russischen Note und einem Besuch des amerikanischen Präsidenten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich bin froh, daß es hier noch notwendig ist, sehr hart miteinander darum ringen, ob wir oder ob wir



Wehner
nicht völlig draußen bleiben können. Jeder weiß von mir, daß ich der Überzeugung bin: Aus politischen Gründen müssen wir versuchen, unsere Interessen deutlich zu vertreten und uns nicht isolieren zu lassen.
Beides miteinander in Einklang zu bringen, das wird das Problem sein.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521420100
Das Wort hat der Abgeordnete Majonica.

Ernst Majonica (CDU):
Rede ID: ID0521420200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst darf ich dem Kollegen Dorn ganz deutlich sagen, daß die Fragestunde, die wir heute morgen veranstaltet haben, nichts mit dem Atomsperrvertrag zu tun gehabt hat, sondern mit dem schlechten Stil, wie zwei verdiente Botschafter des Auswärtigen Amtes behandelt worden sind. Das war die Frage.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD. — Abg. Wehner: Darf ich eine Frage stellen, nur zur Klärung?)

— Nein, die Aktuelle Stunde kommt von der FDP, Herr Kollege Wehner.

(Abg. Wehner: Das ist auch meine Überzeugung!)

— Eben; deshalb habe ich mich auch an die FDP gewandt.

(Weiterer Zuruf des Abg. Wehner.)

— Nein; ich wollte nur eines sagen: Das hat damit gar nichts zu tun, sondern wir wollten heute morgen nur diese Frage klären.

(Zurufe von der FDP.)

Ich stehe mit dem Kollegen Wehner auf dem Standpunkt, daß es eine völlig unzeitgemäße Stunde ist, in diesem Augenblick in dieser Situation über die Frage des Atomsperrvertrages hier zu diskutieren,

(erneute Zurufe von der FDP)

auch in einer Situation, in der die FDP selbst noch nicht weiß, was sie will; denn alle ihre Diskussionsredner, die bisher hier gesprochen haben, haben die Chance nicht genutzt, uns zu sagen, was sie in dieser Frage vorzuschlagen haben, welche Bedenken sie haben und welche Detailfragen sie zu stellen haben. Sie haben hier nur reine Polemik in der Frage des Atomsperrvertrages gemacht.
Ich muß sagen, meine Damen und Herren, daß Sie (zur FDP) damit Ihre eigenen Interessen über die Zukunftsfragen, Schicksalsfragen, über die großen Fragen unseres Volkes gestellt haben, daß sie Ihren Kampf gegen die Große Koalition wichtiger nehmen als das, was hier zu diesen sachlichen Fragen zu sagen ist.

(Abg. Dorn: Wir stellen die Zukunft unseres Landes immer über die eigenen Interessen!)

In dieser Situation — es ist schon mehrfach ausgeführt worden — muß die Bundesregierung darauf dringen, bindende Interpretationen zu erhalten, damit wir in den großen Fragen der industriellen Sicherung, des Exports von Atomreaktoren, des Zuflusses spaltbaren Materials Klarheit haben. Die Bundesregierung muß ferner darauf drängen, daß die Interventionsdrohung der Sowjetunion vom Tisch kommt.
Mit allen diesen Fragen hat sich die FDP heute morgen aber gar nicht auseinandergesetzt, sondern sie hat reine Polemik gegen die Regierung, gegen die Große Koalition gemacht — nichts anderes. Ich glaube, daß sie damit dem Haus, der Sache und d'en Anliegen, die wir gemeinsam zu vertreten haben, einen sehr schlechten Dienst erwiesen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521420300
Das Wort hat der Abgeordnete Genscher.

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0521420400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ausgangspunkt dieser Debatte ist die Tatsache, daß zwei hohe Beamte des Auswärtigen Amtes vom Parlamentarischen Staatssekretär im Auswärtigen Amt dafür gerügt wurden, daß sie bei einer Veranstaltung dasselbe gesagt haben wie der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeskanzleramt.

(Hört! Hört! bei der FDP.)

Ausgangspunkt für diese Aktuelle Stunde sind Fragen von Kollegen der CDU/CSU, die sich mit diesem Sachverhalt vordergründig befaßt haben. Notleidend wäre ein Parlament und notleidend, Herr Kollege Wehner, wäre nur eine Debatte, die an den Ursachen dieses Sachverhaltes vorbeigeht und sich mit vordergründigen Betrachtungen begnügt.

(Beifall bei der FDP.)

Um es noch einmal klar zu sagen: Was wir wollen, ist eine klare Verhandlungsposition der Bundesregierung. Wir wollen eine Definition der Ziele, die die Bundesregierung bei ihren Verhandlungen hat. Es ist offenkundig, daß sich auch diejenigen, die Bedenken gegen den Abschluß des Vertrages haben, nicht über die Schwerpunkte ihrer Bedenken einigen konnten.
Es gibt im Regierungslager und in der Regierung eine Gruppe, die eine europäische Option offenhalten will; es gibt im Regierungslager eine andere Gruppe, die Sorgen wegen des von der Sowjetunion behaupteten Interventionsrechts hat. Meine Damen und Herren, das ist eine Auffassung, die eben von einem Mitglied der Bundesregierung als Schizophrenie bezeichnet worden ist — nicht von uns.
Schließlich gibt es eine Gruppe, die aus Sorge um die wissenschaftliche Forschung und wirtschaftliche Nutzung der Atomenergie Bedenken gegen den Abschluß des Vertrags in diesem Zeitpunkt ohne zusätzliche Interpretationen hat. Ich möchte meiner Befriedigung über die sachliche Art zum Ausdruck bringen, in der der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung diesen Komplex als Vertreter der Bundesregierung hier behandelt hat.

(Sehr richtig! bei der FDP.)




Genscher
Wir haben mit großem Respekt von der ernsten Sorge, die aus seinen Worten sprach, gehört.
Meine Damen und Herren, wie ernst wir diese Fragen sehen, wie wir aber auch vermeiden wollen, daß unsere internationale Position durch eine überflüssige Hinauszögerung der deutschen Entscheidung gefährdet wird, mögen Sie dem Umstand entnehmen, daß wir die Bundesregierung bereits im Frühherbst des letzten Jahres aufgefordert haben, auf Ministerebene mit der Regierung der Vereinigten Staaten gerade über den Bereich der wissenschaftlichen Forschung zu verhandeln, um die erforderlichen Interpretationen zu erhalten. Wie ernst wir diese Fragen nehmen, mögen Sie daraus ersehen, daß wir die Bundesregierung aufgefordert haben, auch in Konsultationen mit der Sowjetunion über die Probleme des Atomsperrvertrags einzutreten. Es ist eine Verfälschung der hier abgegebenen Erklärungen, wenn versucht wird, den Eindruck zu erwecken, wir wollten unter Aufgabe deutscher Verhandlungsziele, ohne Überlegung der deutschen Interessen die Regierung zu einer Unterschrift veranlassen.
Meine Damen und Herren, uns geht es darum, daß nicht durch eine Zersplitterung der Argumente, durch ein Gegeneinander in der Regierung die deutsche Verhandlungsposition geschädigt, am Ende nichts erreicht und die Unterschrift der Bundesrepublik unter diesen Vertrag unmäßig verzögert wird.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521420500
Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.

(Abg. Mischnick: Ich verzichte!)

— Erledigt! Noch eine Wortmeldung? — Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Barzel.

Dr. Rainer Barzel (CDU):
Rede ID: ID0521420600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu vier Punkten dieser Aktuellen Stunde wenige Bemerkungen machen. — Herr Dorn und Herr Schultz haben gesagt, wir müßten endgültig sagen, was wir wollten. Ich glaube, das war mehr an die Regierung als an uns gerichtet. Ich habe nicht den Eindruck, Herr Dorn, daß Sie, nachdem der eine „Maulkorberlaß" gerade weg ist, hier noch einen Maulkorb für dieses Parlament wollen.

(Abg. Dorn: Nein!)

Sie können nicht in einem Atemzug nennen, was von der Regierung und was von Mitgliedern dieses Hauses gesagt wird. Wenn wir uns darin einig sind, ist das schon eine ganze Menge wert.
Nun darf ich Ihnen folgendes sagen. Einen Teil dessen, was wir wollen, möchte ich sorgfältig formulieren. Ich werde Ihnen nachher auch sagen, woher das stammt.
... es gibt Bedenken. Eine Regierung, die diese auf die leichte Schulter nimmt, verstößt gegen ihren Auftrag. Die wissenschaftlichen und technischen Grundlagen für jede Anwendung von Kernenergie — friedliche wie militärische —
sind so verflochten, daß es nicht leicht ist, exakt zu beweisen und kontrollierbar zu machen, daß man nur das eine tut, nicht aber das andere. Hinzu kommt, daß wir nicht in einer Welt von Staaten leben, deren Regierungen abstrakt gute, selbstlose Ziele verfechten. Die Bundesrepublik muß sich, d. h. also die künftigen Lebenschancen der Bevölkerung, dagegen schützen, daß der Vertrag von dritter Seite zu einer Bremse der friedlichen Entwicklung „umfunktioniert" werden kann.
... Ist es nicht Pflicht der Bundesregierung, diese Zweifel und Widersprüche vollständig aufzuklären?
— Sie stimmen dem zu? — Das ist einem Aufsatz Ihres Parteivorsitzenden Scheel entnommen, der kurz vor dem 21. August geschrieben worden ist.

(Abg. Dorn: 13. August, das habe ich vorhin zitiert!)

— Sehr gut! Also Sie stimmen dem zu.
Dann haben Sie eben zur Kenntnis genommen, daß wir uns vor dem Besuch des amerikanischen Präsidenten und nach dem Empfang einer sowjetischen Note in einer bestimmten Situation befinden, in der wir — darin war sich dieses Haus z. B. am 26. September einig — nichts, aber auch gar nichts Definitives zu veranlassen haben, bevor der Senat der USA verbindlich gesagt hat, was hierzu und dazu gelten soll. Das liegt nicht vor, so daß Ihre eigenen Einlassungen insoweit — lassen Sie mich dies sehr höflich sagen — nicht schlüssig sind, und diese etwas voreiligen Erklärungen sind Ihnen sicher nicht gut bekommen.

Ernst Majonica (CDU):
Rede ID: ID0521420700
Es ist mein Eindruck und sicherlich der meiner Fraktion, daß hier ein verantwortlicher Parlamentarier sehr leichtfertig gehandelt hat,

(Beifall bei der CDU/CSU)

daß es hier, meine Damen und Herren, in der Tat zunächst etwas gegeben hat, was die Öffentlichkeit den „Maulkorberlaß" genannt hat, und daß der erst durch einen Sturm hier im Parlament und in der öffentlichen Meinung weggefegt worden ist. Das sind die Sachverhalte, und ich meine, die Sachverhalte sind noch nicht am Ende, die sind weiter in Ordnung zu bringen, Herr Kollege Jahn.
Das dritte zur Sache: Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU hat in dieser Frage seit langem eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Sie steht unter dem Vorsitz des sicher im ganzen Hause anerkannten Kollegen Birrenbach. Diese Arbeitsgruppe hat — ich fühle mich verpflichtet, dies hier zu sagen — im September des vergangenen Jahres an den Herrn Außenminister einen Katalog von sachlichen Fragen



Dr. Barzel
zu der Bedeutung der verschiedenen Passagen dieses nicht ganz klar formulierten Vertrags gestellt. Wir warten bis zur Stunde auf den größeren Teil der Antworten. Deshalb sollte uns auch parlamentarisch niemand drängen.
Das vierte: Herr Kollege Wehner, es war eine Wohltat, Ihr Temperament wieder einmal parlamentarisch erleben zu können, und ich glaube, Ihre Fraktion hat sich darüber besonders gefreut.

(Beifall bei Abgeordneten der Regierungsparteien.)

Sie haben gleichrangig nebeneinander gestellt die Aufgaben, Schaden von unserem Volk zu wenden und uns nicht isolieren zu lassen. Herr Kollege Wehner, ich möchte Sie einladen, mit uns zu diskutieren, wenn die Debatte weitergehen wird — hoffentlich dann auf Grund einer sehr subtilen Einlassung der Bundesregierung, so daß man ganz anders diskutieren kann als heute hier so flüchtig.
Ich möchte aber als Merkposten jetzt schon sagen, daß das Argument, wir dürften uns nicht isolieren lassen, doch sehr vorsichtig zu handhaben ist. Denn wir sind in einer einzigartigen Situation in der ganzen Welt. Wir, allein wir haben verzichtet auf solche Waffen, und dieses Haus hat es am 26. September auf unseren Antrag nochmals einstimmig beschlossen. Das ist einzigartig. Deshalb kann uns in dieser Sache jemand, der es wohlmeint, eigentlich nicht bedrängen; denn wir sind weiter, als dieser Vertrag es im Sicherheitsbereich vorsieht.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Deshalb ist das mit dem Isolieren so eine Sache.
Und das andere: Wir, allein wir, die Bürger der Bundesrepublik Deutschland, sind unter das gestellt, was der eine die „Interventionsanmaßung", der andere den „Anspruch des Ausnahmerechts" nennt. Wir, allein wir! Es ist doch die Pflicht der Bundesregierung, dieser einzigartigen Situation nicht dadurch noch eine Besonderheit zukommen zu lassen, daß man diese Einzigartigkeit trotz seiner Unterschrift an Moskau dann auch noch perpetuiert. Dieses Ding muß weg. Solange die Sowjetunion damit droht, meine Damen und Herren, ist hier eine besondere Lage. Sollte die Sowjetunion ein besonderes Interesse an der deutschen Unterschrift haben — man kann das gelegentlich in der Presse lesen —, dann soll sie sich darum bemühen. Dann soll sie auch ihrerseits Wege und Möglichkeiten suchen, die uns in eine andere Lage zur Beurteilung dieses Vertrages bringen. Vielleicht ist gestern ein Anfang gemacht worden. Wir sind darüber nicht unterrichtet.
Ich danke, daß ich meine Zeit um eine Minute überschreiten durfte, Herr Präsident.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521420800
Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.

Wolfgang Mischnick (FDP):
Rede ID: ID0521420900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Dorn hat bereits darauf hingewiesen, daß in verschiedenen Punkten von uns zu den sachlichen Fragen, die den Atomsperrvertrag betreffen, Stellung genommen wurde. Ich darf Sie daran erinnern, daß anläßlich der Debatte im September 1968 die Frage der Interventionsklausel hier Gegenstand der Auseinandersetzung war und daß erfreulicherweise völlige Übereinstimmung geherrscht hat. Wir haben nicht zum Ausdruck gebracht, daß heute in diesem Hause über die Sache selbst überhaupt zu diskutieren ist; das ist durch Ihre Fragen zustande gekommen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt nicht!)

Was wir wollen — ich wiederhole das —, ist, daß das, was der Herr Bundeskanzler selbst gesagt hat — ich zitiere wörtlich: „Ich hätte es gern gesehen, wenn auch andere sich in dieser letzten Phase der Entwicklung daran gehalten hätten, nichts in der Öffentlichkeit auszusagen" —, daß diese Meinung des Herrn Bundeskanzlers über die Art der öffentlichen Auseinandersetzung seiner Regierungsmitglieder für alle Regierungsmitglieder Gültigkeit hat. Denn wenn man hier — mit Recht — sagt, hier ständen Lebensfragen der Nation auf dem Spiel, dann muß es doch wohl möglich sein, daß die Bundesregierung in sich eine einheitliche Sprachregelung findet, bis sie zu einer endgültigen Entscheidung gekommen ist. Wenn sie dazu gekommen ist, dann erwarten wir, daß als erstes das Haus hier unterrichtet wird

(Abg. Dorn: Sehr wahr!)

über das, was die Regierung für richtig hält. Hielte man es zwischendurch für sinnvoll, die Opposition auch über das zu unterrichten — ich würde es für sinnvoll halten —, was auf Grund unserer Fragen und unserer Anregungen in der Zwischenzeit erreicht worden ist, so wäre das ein guter parlamentarischer Stil und würde die kommende Beratung erleichtern. Uns geht es darum, daß die Bundesregierung in dieser Frage in der Öffentlichkeit mit einer Zunge redet und nicht mit mehreren Zungen.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521421000
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0521421100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich sagte, ich hätte es gern gesehen, wenn andere sich in dieser Frage zurückgehalten hätten, habe ich kein Mitglied der Bundesregierung kritisiert.

(Zuruf von der FDP: Wen dann?)

— Nun, Sie haben ja gesehen, wer sich alles dazu geäußert hat.

(Zurufe von der FDP.)

Ich meine, daß man in einer solchen Frage, vor allem in der letzten Phase der Entwicklung, gut daran tut, sich zurückzuhalten. Der Herr Bundesaußenminister hat gesagt, er warne vor einem übereilten, emotionalen Nein. Ich stimme ihm in



Bundeskanzler Dr. h. c. Kiesinger
dieser Feststellung durchaus zu. Das tut wohl jeder in diesem Hause.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Ich könnte nun hinzufügen, daß ich ebenso vor einem unüberlegten, zu frühen oder übereilten Ja warne.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Das Ja oder Nein zu diesem Vertrag hängt eben einfach davon ab, daß jene Klärungen erfolgen, von denen auch der Herr Bundesaußenminister in seinem Aufsatz gesprochen hat.
Damit in dieser Frage keine Unklarheit bleibt, sage ich es noch einmal ganz deutlich: Unsere Bedenken beziehen sich erstens auf den sowjetrussischen Interventionsanspruch. Natürlich hat Herr Kollege Wehner und haben andere recht, wenn sie sagen: Wir können mit juristischen Formeln eine mögliche politische Intervention einer großen Macht nicht abwehren. Aber so liegt es hier eben nicht. Die Frage muß anders gestellt werden. Die Frage ist die, ob wir einer großen Macht, der gegenüber wir uns zusammen mit anderen Völkern in einer so wichtigen Frage verpflichten sollen, für den Fall, daß sie bei uns intervenieren will, den Schein, den Vorwand des formalen Rechtes liefern wollen.

(Beifall in der Mitte und vereinzelt bei der SPD.)

Es gibt natürlich kaum ein anderes Gebiet, das so viele Möglichkeiten der formalen Intervention gewähren könnte wie eben der Atomsperrvertrag.
Hier ist ein Einwand erhoben worden, auf den ich kurz erwidern muß, weil der Eindruck entstehen könnte, wir kämpften gegen Windmühlen. Auch wir wissen, daß eine Chance zur Änderung des Vertragstextes kaum besteht. Aber bei den Bedenken, die wir vorgebracht haben, handelt es sich nicht darum, den Vertragstext zu ändern. Es ist durchaus möglich, mit der Sowjetunion klarzustellen, daß sie diesen Vertrag und unsere Unterschrift unter diesen Vertrag nicht zum Anlaß einer Intervention mißbrauchen wird. Wenn dies klargestellt wird, ist dieses formale, rechtliche Bedenken auf unserer Seite beseitigt.
Zum zweiten ist die Frage der Kontrolle und des Mißbrauchs einer Kontrolle ebenfalls nicht Angelegenheit einer Änderung des Vertragstextes. Das wissen Sie genau. Sie kennen unser Problem, das europäische Problem; Sie kennen die Rolle, die EURATOM dabei spielen soll. Wir wollen eine Kontrolle, die uns so weit wie irgend möglich gegen Mißbrauch schützt, und das ist durch verläßliche allseitige Interpretationen des Vertragstextes durchaus möglich.
Das sind unsere zwei Hauptbedenken. Wenn Sie einen Vertrag abschließen, dann haben Sie möglicherweise eine lange Wunschliste, meine Herren von der Opposition. Vielleicht haben Sie darin einige Punkte — die beiden wichtigsten habe ich genannt —, die für Sie der Anlaß sein können, zu sagen: „Solange diese Punkte nicht geklärt sind, kann ich mich zur Unterschrift unter den Vertrag nicht bereitfinden." Ich habe sehr offen gesagt, daß diese beiden Punkte uns Punkte von erster Bedeutung und erstem Rang zu sein scheinen. Auch in der Frage der europäischen Option haben wir unsere Vorstellungen und unsere Wünsche. Es gibt auch noch einige andere Dinge.
Das ist es ja gerade, was den Gegenstand unserer Unterhaltungen mit den Vereinigten Staaten und auch mit der Sowjetunion bildet. Deswegen ist es ganz selbstverständlich, daß wir in einem so schwierigen Stadium der Entwicklung damit nicht auf den Markt gehen.

(Beifall bei der CDU/CSU und vereinzelt bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521421200
Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0521421300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß, ohne damit werten zu wollen, was die einzelnen gesagt haben, noch einmal darauf zurückkommen, daß diese Stunde das, was eine politische Aktuelle Stunde bewirken soll, deshalb nicht bewirken konnte, weil sie aus einem völlig anderen Anlaß abgeleitet worden ist und zu einem politischen Zweck gebraucht werden sollte, der heute hier eine andere Behandlung als solche Ad-hoc-Erörterungen notwendig hat und auch verdient. Darum geht es.
Die FDP selbst hat sich ja nicht entscheiden können, ob sie hier zum Vertrag oder ob sie hier zu umstrittenen Äußerungen und ihrer Behandlung Stellung nehmen will. Wenn davon etwas nachbleibt, muß das in Ordnung gebracht werden; das ist ganz klar. Aber darum ist in dieser Stunde nicht gerungen worden; mit einer Ausnahme: Der Herr Vorsitzende der Fraktion der CDU/CSU hat eine bestimmte Bitte eindringlich dargelegt. Aber sonst ist hier geredet worden über das, worüber man jetzt zwar reden kann, wobei man aber nicht im Bundestag der Regierung vorwerfen kann, daß sie im Augenblick nicht sämtliche Karten, wie man zu sagen pflegt, auf den Tisch legt.
Und nun noch eine Bemerkung, Herr Kollege Dr. Barzel. Über diese schwierige Paarung oder Poolung werden wir sicher sehr gründlich und sachlich reden müssen: daß den deutschen Interessen kein Schaden zugefügt werden darf und daß wir nicht isoliert werden dürfen. Sie haben mit Recht auf etwas hingewiesen, das wir — anders als andere — uns auferlegt haben, nämlich jene Verpflichtung, auf A-, Bund C-Waffen und ihre Herstellung zu verzichten. Dennoch sind wir zur Zeit Gegenstand einer offensichtlich systematisch aufgezogenen Hetze aus Ostberlin, mit Leuten, die man hier aus ihren nachrichtendienstlichen Posten herauszieht, um sie da drüben als sogenannte „Enthüller" über unsere angeblichen Möglichkeiten auftreten zu lassen, auf A-, B- und C-Waffen umzuschalten. Dabei weiß jeder — das heißt jeder, der sich ernsthaft damit befaßt —, daß dieses Kriterium bei jedem Industriestaat angewendet werden kann. Hat man eine gewisse Entwicklungsstufe und hat man auch gewisse



Wehner
Sicherungen — auf die man uns doch nicht auch noch zu verzichten zwingen wollen kann —,

(Beifall bei den Regierungsparteien)

dann kann man rein theoretisch, wenn man will — wenn man wollte, muß man hier sagen — umdrehen. Wir wollen nicht. Das haben wir vertraglich gesagt, was wir nicht wollen, und daran halten wir uns alle zusammen, hoffe ich,

(Beifall)

und ich bin überzeugt, daß das ein politischer Grund ist, weswegen wir das tun, ein wohlerwogener Grund, um unsere Existenz nicht da auch von einer anderen Seite her fortgesetzt torpedieren zu lassen.
Aber isolieren, Herr Dr. Barzel — das ist eben eine Sache: man kann plötzlich isoliert stehen, selbst wenn man Positives getan hat, weil es andere starke und zum Teil auch raffinierte Möglichkeiten gibt, jemanden allmählich zu isolieren.
Wenn ich an raffinierte Möglichkeiten denke, dann denke ich dabei sowohl an die eine oder andere westliche Praxis, uns schon jetzt im Bereich der industriellen Nutzung, der zivilen Nutzung unter Berufung auf den Vertrag zu schaden. Das ist scheußlich, und es ist scheußlich, daß man das aus Ländern verschiedener Art im Westen hört, wo dann an anderer Stelle gesagt wird: „Mit denen könnt ihr kein Abkommen über Reaktorbau oder andere Abkommen schließen, die können dann nicht liefern." — Das ist ein Grund mehr, diese Interpretation zu verlangen, von der der Bundeskanzler hier gesprochen hat. Kein Mensch könnte verantworten, darauf verzichten zu wollen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521421400
Das Wort hat der Abgeordnete Scheel.

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0521421500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wehner, der merkwürdigerweise zweimal hier als Abgeordneter aufgetreten ist,

(Zuruf des Abg. Wehner)

so als wäre er schon zurückgetreten — das ist ja ein ganz neuer Stil, Herr Wehner, hier in diesem Hause — —

(Widerspruch bei den Regierungsparteien.)

— Ich weiß gar nicht, ob die SPD — —

(Abg. Wehner: Es ist ja jetzt Karneval, und Sie haben das Privileg, sich so aufzuführen!)

Ja, ansonsten hatten Sie das immer.

(Abg. Wehner: Jetzt sind andere Zeiten!)

— Herr Wehner, es ist ganz merkwürdig, daß die SPD-Fraktion Sie zweimal braucht, um zu diesem Problem Stellung zu nehmen, obgleich sie doch selber sehr in die Frage, die heute diskutiert wird, eingeschaltet gewesen ist.
Herr Wehner, Sie haben hier behauptet, die Aktuelle Stunde sei von der FDP zum unrechten Zeitpunkt inszeniert worden. Ich darf Sie noch einmal darauf hinweisen, daß die Ursache weiß Gott nicht bei uns gelegen hat.

(Widerspruch bei den Regierungsparteien.)

Denn wir haben uns zum letztenmal zu diesem Thema im Herbst des vorigen Jahres — sowohl im Sommer hier in der Diskussion des Bundestages, als auch anschließend in mehreren Artikeln — gemeldet und haben die Hoffnung gehabt, daß die Regierung diese Vorstellungen, die wir in der Diskussion des Bundestages unterbreitet haben, berücksichtigen würde. Aber die Regierung hat es nicht getan. Jetzt ist sie selber in eine Schwierigkeit gekommen, denn in Ihrem Lager entstanden doch die unterschiedlichen Meinungen, die zu den Anfragen geführt haben, die heute morgen hier gestellt worden sind. Das ist doch die Ursache der Diskussion:

(Widerspruch bei den Regierungsparteien. — Abg. Majonica: Nein, nein!)

das Verhalten von Beamten, die Rüge, die diese Beamten von Parlamentarischen Staatssekretären bekommen haben, und die daran sich anschließenden Fragen.

(Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Darum ging es, Herr Scheel! Das muß man doch auseinanderhalten können!)

— Nur darum, Herr Dr. Marx, geht es uns ja auch. Wir wollten gar nicht zum Atomsperrvertrag sprechen, haben das auch nicht getan.

(Lachen und Widerspruch bei den Regierungsparteien.)

— Aber doch nur in der von Ihnen entfachten Debatte hier während der Diskussion!

(Abg. Dr. Hammans: Wer hat denn die Aktuelle Stunde beantragt?)

Meine Damen und Herren, Sie haben mehrfach nach der Meinung der FDP zu dem Sperrvertrag gefragt. Wir haben eine Meinung, die können Sie nachlesen, und zwar nicht erst seit den letzten Stunden, sondern die haben wir seit eh und je — und bisher unverändert — zu diesem Vertrag. Aber eines ist doch sicher — —

(Zurufe von der CDU/CSU. — Abg. Majonica: Aber der Vertrag hat sich verändert, Herr Scheel!)

— Ja, Gott sei Dank ist er verbessert worden. Aber ich habe bisher keine Reaktion der Regierung darauf bemerkt. Die Regierung tut doch so, als ob in der Zwischenzeit gar nichts geschehen sei.

(Widerspruch bei den Regierungsparteien. — Abg. Majonica: Die 'Regierung hat es doch gemacht, oder hat sie nichts gemacht? — Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Waren Sie nicht in den Ausschußsitzungen?!)

— Aber, meine Herren, es geht doch darum, daß diese Regierung zu einer einheitlichen Auffassung in ihrem Lager kommt, daß sie nicht in der Öffentlichkeit fortgesetzt — das ist doch die Ursache dieser Debatte — den Eindruck erweckt, als gäbe es



Scheel
zwei zerstrittene Lager in der Regierung, die sich nicht zu einigen vermöchten. Das ist doch der Grund für unsere Unterhaltungen heute morgen.

(Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Das ist der Zustand, wenn nicht eine Partei die Regierung bildet!)

— Mein Gott, wenn die eine die Regierung bildete wäre ja der Streit nicht etwa geringer, denn der Streit spielt sich ja zwischen den Mitgliedern einer Partei in dieser Regierung genauso ab wie zwischen den Mitgliedern der beiden beteiligten Parteien

(Beifall bei der FDP.)

Meine Damen und Herren, aber eines ist doch sicher — ich möchte noch einmal darauf hinweisen —: Die Regierung hat zu regieren, und die Opposition hat zu fragen. Wir fragen nicht nur, weil uns das Spaß macht, sondern es ist unsere verfassungsmäßige Aufgabe, Sie hier zu fragen und zu Äußerungen zu bringen.

(Abg. Majonica: Aber Sie sollten intelligenter fragen!)

— Darüber, wo die Intelligenz hier besonders massiv vertreten ist, Herr Majonica, streiten sich die Beobachter schon seit langem.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP.)

Ich will dem Herrn Bundeskanzler etwas sagen. Er hat sich heute morgen sehr gegen die Unterstellung gewehrt, er könnte keine Entscheidungen treffen. Herr Bundeskanzler, wenn Sie einmal die öffentliche Meinung etwas genauer prüfen, werden Sie feststellen, daß Sie ganz unbezweifelbar vom ersten Tage Ihrer Regierungstätigkeit an Pluspunkte in der öffentlichen Meinung haben. Kein Mensch hat je angezweifelt, daß Sie klug und intelligent sind, daß Sie blendend formulieren können. Kein Mensch hat je angezweifelt, daß Sie politisches Gespür haben. Kein Mensch hat angezweifelt, daß Sie die schwierigen Gruppen in Ihrer Regierungskoalition ganz geschickt zu beeinflussen vermögen. Das alles ist völlig unbestritten.
Aber der Zweifel, ob Sie Entscheidungen treffen können, ist so wiederholt ausgesprochen worden und wird immer wieder ausgesprochen, daß es Sie eigentlich stutzig machen müßte. Sie müßten sich doch selber fragen, ob an diesem Zweifel in Ihre Regierungskraft nicht etwas Wahres ist.

(Beifall bei der FDP. — Zuruf von der CDU/CSU: Es kommt darauf an, wer das sagt!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521421600
Herr Abgeordneter Scheel, werfen Sie bitte einen Blick auf die Uhr.

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0521421700
Herr Präsident, ich hole nur die Zeit nach, die ich durch Zwischenfragen verloren habe. Nach der Geschäftsordnung kann ich diese ja wohl zugerechnet bekommen.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521421800
Es dürfen gar keine Zwischenfragen gestellt werden.

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0521421900
Das müßten die Kollegen ja wissen.
Wenn Sie gestatten, will ich nur noch eine einzige Bemerkung machen. Meine Damen und Herren, wir haben im Sommer 1968 zu dem Inhalt des Vertrages Stellung genommen. Wir haben die Regierung aufgefordert, ganz bestimmte Initiativen zu ergreifen. Die Regierung hat Zeit genug gehabt, daz zu tun. Dieser Prozeß müßte jetzt abgeschlossen sein. In dieser kritischen Phase, in der wir wenige Wochen vor der Ratifikation des Vertrages durch die Vereinigten Staaten stehen, müßte die Bundesregierung eine gemeinsame Meinung haben. Dann hätte sie uns das Schauspiel, das heute morgen nicht durch uns, sondern durch einen Streit im Regierungslager entstanden ist, ersparen können. Nur darum ist es uns gegangen.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521422000
Meine Damen und Herren, wird noch das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Dr. Kopf!

Dr. Hermann Kopf (CDU):
Rede ID: ID0521422100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den Ausführungen von Herrn Kollegen Scheel möchte ich drei Bemerkungen machen. Herr Kollege Scheel hat die Meinung geäußert, es gebe keine einheitliche Auffassung der Regierung. Die Regierung zerfalle vielmehr in zwei zerstrittene Lager. Ich bin anderer Meinung. Ich bin der Meinung, daß es die gemeinsame Auffassung der Regierung war und ist, daß die endgültige Stellungnahme zum Atomsperrvertrag zunächst einmal eine Klärung gewisser wichtiger Fragen voraussetzt. Diese Fragen sind hier angesprochen worden. Ich sehe davon ab, sie jetzt zu wiederholen. Das ist die gemeinsame Meinung der gesamten Regierung.
Das schließt aber nicht aus, daß einzelne Regierungsmitglieder bei einem so ungeheuer komplizierten Komplex, wie dem Atomsperrvertrag gewisse Teilaspekte behandeln und ihre persönliche Meinung zum Ausdruck bringen. Damit wird die gemeinsame Meinungsbildung der Regierung und die Notwendigkeit der Vorklärung in keiner Weise ausgeschlossen, sondern lediglich die Komplexität des Problems unterstrichen.
Meine zweite Bemerkung betrifft den Zusammenhang zwischen den Fragen, die in der Fragestunde gestellt worden sind, und dem Thema der Aktuellen Stunde. Hier ist zu sagen, daß bei den Fragen in der Fragestunde das Thema „Atomsperrvertrag" mit aller Bedachtsamkeit ausgeklammert worden ist. Die beiden Themen der Fragen in der Fragestunde sind anderer Art gewesen, nämlich erstens, ob ein Beamter das Recht hat, auf einer Tagung, auf der jedes Tagungsmitglied nur seine persönliche Meinung äußert, auch seine persönliche Meinung zu äußern oder nicht, zweitens, ob es richtig und angebracht ist, einen Mann zu rügen, bevor man von dem Text seiner Äußerung Kenntnis genommen hat und bevor man ihm Gelegenheit gegeben hat, sich selbst zu diesen Äußerungen zu äußern.



Dr. Kopf
Die dritte Frage ist folgende. Von einem Redner der Opposition ist die Frage angesprochen worden, ob der Vertrag nicht bereits entscheidungsreif sei und ob diese angebliche Entscheidungsreife des Vertrages nicht einen Entscheidungszwang auf die Regierung ausübe. Dazu ist zu sagen: natürlich liegt der Text des Vertrages vor, aber wir haben ja gehört — wir wissen es alle —, daß die Entscheidung, die der Bundesregierung, aber auch dem Parlament aufgebürdet werden wird, nicht allein auf der Grundlage des vorhandenen Textes getroffen werden kann, sondern daß andere sehr wesentliche Momente dazukommen. Es kommen hinzu die Interpretationen, die Amerika seinerzeit bei den Verhandlungen gegeben hat, es kommt hinzu die Stellungnahme zur Frage des Interventionsanspruches der Sowjetunion, und es kommen eine ganze Reihe von anderen Interpretationen hinzu. Nur dann, wenn alle diese Fragen — nicht nur die Textfrage — geklärt sind, besteht die Möglichkeit, von einer Entscheidungsreife nicht nur des Vertragstextes, sondern des Gesamtproblems zu sprechen. Darum ist der Vorwurf, den der Herr Kollege Scheel dem Herrn Bundeskanzler gemacht hat, es fehle hier an der nötigen Entscheidungsfreudigkeit, ein unberechtigter Vorwurf. Entscheidung kann nur verlangt werden, wenn die Beurteilungsmomente vollkommen vorhanden sind. Sie liegen noch nicht vor; gerade sie bedürfen der Vorklärung; erst dann wird eine gewissenhafte Entscheidung für die Regierung und dieses Hohe Haus möglich sein.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0521422200
Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor; außerdem ist die Zeit fast abgelaufen. Ich schließe die Aktuelle Stunde.
Wie ich höre, ist interfraktionell vereinbart, Punkt 3 der Tagesordnung — Große Anfrage betr. Fremdenverkehr — abzusetzen. — Das Haus ist damit einverstanden; er ist abgesetzt.
Ich rufe damit den Zusatzpunkt auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Becker, Kühn (Hildesheim), Lange, Franke (Hannover), Opitz und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Schornsteinfegerwesen (Schornsteinfegergesetz — SchfG)
— Drucksache V/3812 —
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.
— Obwohl man nach meinem Sprachgefühl statt Schornsteinfeger Kaminkehrer sagen müßte, schlage ich Ihnen vor, die Angelegenheit an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — federführend — und an den Ausschuß für Sozialpolitik
— mitberatend — zu überweisen. — Widerspruch erfolgt nicht. Es ist so beschlossen.
Damit stehen wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung auf Mittwoch, den 12. Februar 1969, zu einer noch zu bestimmenden Uhrzeit ein.
Die Sitzung ist geschlossen.