Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Ich habe zunächst einige Mitteilungen zu machen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung ergänzt werden um die zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Protokollen Nr. 2, 3 und 5 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist die Tagesordnung entsprechend ergänzt.
Weiter hat der Haushaltsausschuß zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 — Drucksachen V/2781, V/3346 —, der ihm am Mittwoch überwiesen wurde, einen Bericht gemäß § 96 der Geschäftsordnung auf Drucksache . V/3416 vorgelegt. Wir können daher heute in die zweite und dritte Beratung eintreten. Ist das Haus damit einverstanden? — Das scheint so zu sein. Dann wird auch dieses Geschäft heute erledigt.
Es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen der Bundesregierung vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen. Erhebt sich gegen die beabsichtigte Überweisung Widerspruch? — Ich stelle fest, daß das nicht der Fall ist. Dann ist die Überweisung beschlossen:
Vorlage des Präsidenten des Europäischen Parlaments
Betr.: Entschließung über das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der EWG und der Vereinigten Republik Tansania, der Republik Uganda und der Republik Kenia sowie die dazugehörigen Dokumente
— Drucksache V/3352 —
zuständig: Auswärtiger Ausschuß
Vorlage des Sprechers der Deutschen Delegation bei der Beratenden Versammlung des Europarates
Betr.: Bericht über die Herbsttagung der Beratenden Versammlung des Europarates vom 23. bis 27. September 1968 und die Gemeinsame Tagung der Beratenden Versammlung und des Europäischen Parlaments am 27. und 28. September 1968 in Straßburg
— Drucksache V/3377 —
zuständig: Auswärtiger Ausschuß Vorlage des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts
Betr.: Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europarates
Bezug: Beschlüsse des Deutschen Bundestages vom 22. Februar und 28. April 1967
— Drucksache V/3380 —
zuständig: Auswärtiger Ausschuß
Vorlage des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts
Betr.: Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Westeuropäischen Union
Bezug: Beschlüsse des Deutschen Bundestages vom 22. Februar und 28. April 1967
— Drucksache V/3381 —
zuständig: Auswärtiger Ausschuß
Vorlage des Bundesministers des Innern
Betr.: Bericht der Bundesregierung über die Anwendung der elektronischen Datenverarbeitung in der Bundesverwaltung
Bezug: Beschluß des Deutschen Bundestages vom 13. Dezember 1967
— Drucksache V/3355 —
Zuständig: Innenausschuß , Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen, Haushaltsausschuß
Dann können wir in die Tagesordnung eintreten. Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung: Fragestunde
— Drucksachen V/3389, V/3407 —
Zuerst kommen wir zu den Dringlichen Mündlichen Anfragen aus dem Geschäftsbereich des Herrn Bundesministers der Verteidigung. Zur Beantwortung ist Herr Staatssekretär Adorno hier, Die erste Frage stammt von Herrn Abgeordneten Dr. Haas:
Zu welchem Ergebnis haben die Untersuchungen über den Tod des Flottillenadmirals a. D. Lüdke hinsichtlich des entstandenen Spionageverdachts geführt?
Herr Präsident, um eine bessere Sachdarstellung und Unterrichtung des Hauses zu ermöglichen, wäre ich dankbar, wenn ich die Fragen der Herren Kollegen Dr. Haas, Ollesch, Schultz und Collet zusammen beantworten dürfte.
Sind' sie einverstanden, Herr Dr. Haas? — Das scheint so zu sein.Dann rufe ich auch die Fragen 2 bis 9 der Abgeordneten Dr. Haas, Ollesch, Schultz und Collet aus der Drucksache V/3407 auf.
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10420 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968
Vizepräsident SchoettleZunächst die weiteren Fragen des Abgeordneten Dr. Haas:Hat die vorzeitige Pensionierung des Flottillenadmirals a. D. Lüdke zum 30. September 1968 in irgendeinem Zusammenhang zu den am 23. September 1968 entdeckten Ablichtungen von NATO-Dokumenten gestanden?Auf welche Weise stellt die Bundesregierung jetzt nach dem Tod des Flottillenadmirals a. D. Lüdke fest, ob es sich um einen Spionagefall handelt oder nicht, da mit einer gerichtlichen Klärung offenbar nicht mehr zu rechnen ist?Dann die Fragen des Abgeordneten Ollesch:Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Generalbundesanwalts, daß der Militärische Abschirmdienst bei den Untersuchungen über die Umstände des Todes von Flottillenadmiral a. D. Lüdke die Bundesstaatsanwaltschaft zu spät eingeschaltet hat?Wenn Frage 4 bejaht wird, warum hat der MAD die Bundesstaatsanwaltschaft nicht früher hinzugezogen?
Da der Militärische Abschirmdienst nicht staatsanwaltschaftliche Befugnisse hat — auf welche Weise hat die Bundesregierung sichergestellt, daß bei jedem auftauchenden Spionageverdacht die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsorgane sofort benachrichtigt werden?
Schließlich die Fragen des Abgeordneten Collet:
Seit wann hat gegen Flottillenadmiral Lüdke Spionageverdacht vorgelegen?
Treffen Presseberichte zu, nach denen der MAD trotz frühzeitigen Verdachts einer Spionagetätigkeit nicht rechtzeitig und ausreichend tätig wurde?
In welchem Zusammenhang steht der Fall Lüdke mit anderen in letzter Zeit bekanntgewordenen Selbstmorden bedeutender Geheimnisträger bzw. mit ihrem Verschwinden?
— Sie werden um keine einzige Zusatzfrage betrogen, Herr Kollege.
Darf ich im Zusammenhang antworten?
Ja, bitte, tun Sie das.
Die Pensionierung des Flottillenadmirals Lüdke zum 30. September 1968 steht in keinem Zusammenhang mit den entdeckten Ablichtungen von NATO-Dokumenten. Bereits am 11. März 1968 wurde der damalige Flottillenadmiral in einem Personalgespräch über die Absicht des Bundesministeriums der Verteidigung unterrichtet, ihn zum 1. Oktober 1968 in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Eine schriftliche Mitteilung hierüber erhielt er am 24. April 1968.
Zum Ergebnis der Ermittlungen darf ich auf die Pressekonferenz des Herrn Generalbundesanwalts vom 22. Oktober 1968 verweisen, der sinngemäß erklärt hat: Es ist nicht ausgeschlossen, daß Flottillenadmiral Hermann Lüdke für einen fremden Nachrichtendienst gearbeitet und dabei militärische Geheimnisse preisgegeben hat. Der Generalbundesanwalt betonte aber gleichzeitig, ein solcher Verdacht sei weder bewiesen noch auch nur so verdichtet, daß es zur öffentlichen Strafklage ausreichen würde. Die zuständigen Behörden bleiben auch nach dem Tode
Lüdkes bemüht, durch gemeinsame Ermittlungen die Zusammenhänge aufzuklären.
Eine Zusatzfrage. Vizepräsident Schoettle: Bitte, Herr Dr. Haas!
Ich habe zufällig diese Erklärung des Herrn Generalbundesanwalts im Fernsehen gehört. Meines Wissens sagte er, es könne der Verdacht nicht ausgeschlossen werden.
Ich habe eben in meiner Antwort darauf hingewiesen, daß der Verdacht weder bewiesen noch auch nur so verdichtet sei, daß es zur öffentlichen Strafklage ausreichen würde.
Eine Zusatzfrage, Herr Genscher.
Herr Staatssekretär, wann ist bei diesem Flottillenadmiral erstmals ein solcher Verdacht aufgetaucht, und wer hat diesen Verdacht zuerst erhoben?
Die Kriminalpolizei ist durch ein Fotogeschäft informiert worden, daß auf einem Film NATO-Dokumente enthalten seien. Das war am 23. September dieses Jahres.
Bedeutet Ihre Antwort, Herr Staatssekretär, daß der Betreffende vorher niemals auch nur den geringsten Anlaß zu Verdachtsmomenten in dieser Richtung gab?
Das bedeutet meine Antwort.
Ich habe vorhin gebeten, alle Fragen im Zusammenhang beantworten zu dürfen, weil das dann, so glaube ich, die Zusatzfragen wesentlich erleichtern würde; denn es handelt sich um e i n Thema.
Bitte!
Die MAD-Gruppe in Bonn wurde am Nachmittag des 23. September 1968 von der Kriminalpolizei in Bonn davon unterrichtet, daß in einem Bonner Fotogeschäft ein Minox-Negativfilm zum Entwickeln abgegeben worden sei, der auch Aufnahmen von Dokumenten der Geheimhaltungsstufe NATO-Secret enthalte. Die MAD-Gruppe wurde in Amtshilfe sofort tätig. Ihre Ermittlungen führten am 25. September 1968 zu der einwandfreien Identifizierung Flottillenadmirals Lüdke als der Person, die den belastenden Film zum Entwickeln abgegeben hatte. Von diesem Zeitpunkt an bestand gegen Flotillenadmiral Lüdke ein konkreter nachrichtendienstlicher Verdacht.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968 10421
Parlamentarischer Staatssekretär AdornoNach den bisherigen Ermittlungen besteht zwischen dem Tod des Flottillenadmirals Lüdke und den Selbstmorden des Vizepräsidenten des Bundesnachrichtendienstes, Wendland, und des Oberstleutnants Grimm kein Zusammenhang. Über den Verbleib des Hauptsekretärs Böhm vom Bundesministerium der Verteidigung ist noch nichts bekannt. In einigen Briefen hat er Selbstmordabsichten geäußert. Bei den bisherigen Untersuchungen haben sich keine Hinweise für eine Spionagetätigkeit oder sonstige Unregelmäßigkeiten ergeben.Von einer Auffassung des Generalbundesanwalts, daß der MAD bei den Untersuchungen über die Umstände des Todes von Flottillenadmiral Lüdke die Bundesanwaltschaft zu spät eingeschaltet hat, ist der Bundesregierung nichts bekannt. Mit der Führung der Ermittlungen im Falle Lüdke war die Kriminalpolizei in Bonn befaßt. Der MAD ist in Amtshilfe für diese tätig geworden. Die Unterrichtung des Generalbundesanwalts oblag nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung und den verwaltungsinternen Anordnungen der Kriminalpolizei in Bonn. Der MAD arbeitet wie auch die anderen Nachrichtendienste mit den Strafverfolgungsbehörden eng zusammen. Da die Nachrichtendienste über keine Exekutivbefugnisse verfügen, ergibt sich hieraus, daß die Strafverfolgungsbehörden über strafrechtlich bedeutsame Ereignisse zu unterrichten sind. Dazu bestehen Richtlinien, die wegen ihres vertraulichen Charakters hier nicht erörtert werden können. Ich bin bereit, die parlamentarischen Vertrauensmänner für die drei Nachrichtendienste darüber zu unterrichten.Die Bundesregierung hat volles Verständnis für das große Interesse der Öffentlichkeit, und sie wird alles tun, um die Klärung herbeizuführen und die Öffentlichkeit zu informieren. Ich darf auch noch darauf hinweisen, daß unter dem Vorsitz des Herrn Parlamentarischen Staatssekretärs des Bundeskanzleramts vor einigen Tagen die Vertrauensmänner der Fraktionen dieses Hauses unterrichtet worden sind, und zwar durch den Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes wie auch durch den Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung.
Nachdem der Herr Staatssekretär alle Fragen in seine Antwort eingeschlossen hat, ist es etwas schwierig, bei der Zuteilung der Zusatzfragen gerecht und fehlerlos zu verfahren. Ich bitte alle diejenigen, die jetzt Fragen stellen wollen — sie müssen ja jetzt ebenfalls als Gesamtkomplex gesehen werden —, wenigstens in etwa darauf Rücksicht zu nehmen, daß der Rahmen der Fragestunde nicht allzu sehr deformiert wird.
Bitte, Herr Dr. Haas!
Herr Staatssekretär, ich darf doch darauf hinweisen, daß mit Ihrer summarischen Antwort meine Fragen 2 und 3 überhaupt nicht beantwortet sind.
Ich habe in meiner Antwort, Herr Kollege Haas, sowohl Ihre Frage 2 als auch Ihre Frage 3 beantwortet.
— Ich habe geantwortet, daß die Pensionierung des Flottillenadmirals in keinem Zusammenhang mit den entdeckten Ablichtungen von NATO-Dokumenten steht.
Dann habe ich hierzu eine Zusatzfrage. Admiral Lüdke war 58 Jahre alt, als er um seine Pensionierung einkam. Sie kann nicht ohne Angabe von Gründen bewilligt werden. Ich darf Sie fragen: Welche Gründe hat er angegeben, und ist die Richtigkeit dieser Gründe nachgeprüft worden?
Bereits am 11. März 1968 wurde der damalige Flottillenadmiral in einem Personalgespräch über die Absicht des Bundesministeriums der Verteidigung unterrichtet, ihn zum 1. Oktober 1968 in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Eine schriftliche Mitteilung hierüber erhielt er am 24. April 1968.
Ich kann nur noch einmal betonen, daß er Gründe angeben mußte, um vorzeitig mit 58 Jahren — —
Herr Kollege Haas, in dieser Form können Sie in der Fragestunde nicht operieren. Sie müssen schon fragen.
Welche Gründe hat er angegeben? Ich habe doch klar und deutlich gefragt.
Herr Admiral Lüdke hat bei diesem Personalgespräch — und das geht auch aus den schriftlichen Unterlagen hervor — darum gebeten, wegen seines Gesundheitszustandes vorzeitig in den Ruhestand versetzt zu werden.
Nur diese allgemeine Begründung? — Frage 3 ist ebenfalls nicht — —
Herr Staatssekretär, wann ist die Kriminalpolizei in Bonn mit der Führung der Ermittlungen im Falle Lüdke beauftragt worden?
Wie ich schon erklärt habe, am 23. September.
Herr Genscher!
Ist im Falle Lüdke jemals ein Haftbefehl beantragt worden?
Nein.
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10422 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968
Herr Abgeordneter Schultz!
Schultz (FDP) : Herr Staatssekretär, wieso hat es praktisch zwei Tage gedauert, bis der MAD Herrn Lüdke vernommen hat? Am
25. 9. war der Name ermittelt worden, und erst am
27. 9. ist Herr Lüdke befragt worden. Halten Sie das nicht für eine etwas lange Zeit in diesem Fall?
Herr Lüdke war bis zum 26. 9. verreist. Da zu unterstellen war, daß ihm von der gemachten Entdeckung bis dahin nichts bekanntgeworden sein konnte, wurde nach seiner Rückkehr zunächst beobachtet, ob er den Film bei dem Fotogeschäft abholen würde. Da er das am
26. 9. nicht getan hat, wurde die Befragung durch den MAD im Anschluß an seine Verabschiedung am 27. 9. durchgeführt.
Zunächst Herr Collet.
Ich darf Sie noch einmal konkret zur Frage 3 der Dringlichen Anfragen fragen, ob ich Ihre Stellungnahme in Ihrer Zusammenfassung so verstehen soll, daß keinerlei Zusammenhang zwischen dem Fall Lüdke und den anderen Selbstmorden bzw. dem Verschwinden von Geheimnisträgern besteht.
Die bisherigen Ermittlungen haben keinen solchen Zusammenhang ergeben.
Herr Ollesch!
Herr Staatssekretär, nachdem Sie erklärt haben, daß kein Haftbefehl ausgestellt oder beantragt wurde, darf ich Sie fragen: Warum wurde kein Haftbefehl beantragt?
Ich habe darauf hingewiesen, daß der Sachverhalt nicht ausreichend erschien, um den MAD zu veranlassen, bei der Kriminalpolizei ein solches Ersuchen zu stellen.
Noch einmal Herr Ollesch.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob die Tatsache, daß ein Film mit Ablichtungen geheimer Dokumente entdeckt wird, nicht ausreicht, einen Haftbefehl zu beantragen.
Ich habe soeben darauf hingewiesen, daß dem MAD der Sachverhalt nicht ausreichend genug erschien.
Herr Dorn!
Herr Staatssekretär, können Sie mir erklären, wieso die Kriminalpolizei am 23. darüber informiert wurde und der MAD erst einige Tage später in diese Angelegenheit eingeschaltet worden ist?
Da es sich um Daten handelt, darf ich in meinen Unterlagen nachsehen.
Die MAD-Gruppe in Bonn wurde am Nachmittag des 23. September von der Kriminalpolizei in Bonn davon unterrichtet, daß in einem Bonner Fotogeschäft ein Minox-Negativfilm zur Entwicklung abgegeben worden ist. Dieser Film enthielt auch Aufnahmen von Dokumenten der Geheimhaltungsstufe „NATO-Secret". Die MAD-Gruppe wurde in Amtshilfe sofort am selben Tag tätig. Ihre Ermittlungen führten aber erst am 25. September zu der einwandfreien Identifizierung des Flottillenadmirals Lüdke als der Person, die den belastenden Film zum Entwickeln abgegeben hatte. Zu diesem Zeitpunkt war Flottillenadmiral a. D. Lüdke noch verreist, und er ist erst am 26. September von dieser Reise zurückgekehrt.
Haben Sie noch Fragen?
— Ich meine jetzt Herrn Haas. Er ist der ursprüngliche Fragesteller gewesen. Bitte, Herr Haas!
Herr Staatssekretär, ist Ihnen nicht bewußt geworden, daß eine Divergenz zwischen zwei Ihrer Antworten bestanden hat? Sie haben einmal gesagt: zwischen den beiden Fällen Wendland und Lüdke bestand kein Zusammenhang. Nachher haben Sie eingeschränkt, die bisherigen Ermittlungen hätten einen Anhaltspunkt dafür ergeben, daß ein Zusammenhang bestehe.
Ich habe in meiner ersten Antwort schon wörtlich ausgeführt: Nach den bisherigen Ermittlungen — und wir können auch nur vom jetzigen Stand ausgehen — besteht zwischen dem Tod des Flottillenadmirals Lüdke und den Selbstmorden des Vizepräsidenten Wendland und des Oberstleutnants Grimm kein Zusammenhang.
Herr Dorn!
Herr Staatssekretär, sehen Sie nicht die große Gefahr eines Sicherheitsrisikos, wenn dieses Verfahren so abgelaufen ist, wie Sie es schildern — was ich gar nicht bezweifeln will —, daß nämlich drei Tage lang der Vizeadmiral zwischen dem Erkennen dieses Films und der Unterlagen und der Vernehmung jederzeit Gelegenheit gehabt hätte, auch in ein anderes Land auszuweichen?
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968 10423
Herr Kollege, Herr Flottillenadmiral a. D. Lüdke wurde zum erstenmal am 27. 9., nach seiner Verabschiedung, vom MAD befragt. Vorher wußte er nichts von den Ermittlungen, die inzwischen erfolgt waren.
Herr Collet!
Herr Staatssekretär, wenn nach Ihrer Aussage nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen kein Zusammenhang zwischen dem Fall Lüdke und den anderen Selbstmorden besteht, können Sie uns dann sagen, was bisher die Ermittlungen hinsichtlich der anderen Selbstmorde ergeben haben?
Die Ermittlungen haben ergeben, daß kein Zusammenhang besteht, daß kein nachrichtendienstlicher Verdacht vorliegt.
Ohne Zusammenhang? Was waren bis jetzt dort die Ursachen?
Ohne Zusammenhang.
Nein, meine Frage: Welche Ursachen gab es dort für diese Selbstmorde, soweit sie bis jetzt festgestellt worden sind?
Die Ermittlungen darüber sind noch nicht abgeschlossen. Wir nehmen an, daß die Gründe in ganz anderen Bereichen liegen, bis zur Stunde sicher nicht in nachrichtendienstlicher Tätigkeit.
Herr Moersch!
Herr Staatssekretär, wenn die Ermittlungen noch gar nicht abgeschlossen sind, weshalb hat denn die Bundesregierung kurz nach den tatsächlichen oder angeblichen Selbstmorden definitiv erklärt, daß kein Zusammenhang besteht?
Die Bundesregierung ist immer von dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen ausgegangen.
Noch eine Frage?
Herr Staatssekretär, ist Herr Lüdke nach dem Gespräch beim MAD und nachdem kein Haftbefehl beantragt oder ausgestellt worden war, wenigstens beobachtet worden oder hat man gewartet, bis er sich erschossen hat?
Herr Kollege, nachdem kein Haftbefehl vorlag, war der weitere Gang der Ereignisse, wie er sich dann abgespielt hat, auch nicht zu verhindern.
Herr Ertl!
Herr Staatssekretär, können Sie zu Pressemeldungen Stellung nehmen, wonach ein enges persönliches Verhältnis zwischen Wendland und Lüdke bestanden haben soll?
Das ist dem Ministerium nicht bekannt. Meldungen darüber, daß sie in ihrer Jugendzeit in Berlin engen Kontakt gehabt haben sollen, haben sich nach unserer Auffassung nicht bestätigt.
Herr Staatssekretär, trifft es weiter zu, daß Lüdke einmal eine Zeitlang beim Bundesnachrichtendienst und Wendland eine Zeitlang im Bundesverteidigungsministerium Dienst getan haben?
Ich bin gern bereit, diese Frage prüfen zu lassen.
Jetzt Herr Schultz.
Schultz (FDP) : Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß kein Zusammenhang zwischen dem Fall Lüdke und dem Fall des Türken besteht, der in der NATO wegen Spionage verhaftet worden ist? Oder haben sich darauf die Ermittlungen bisher noch nicht ausgedehnt?
Herr Kollege Schultz, ich bin gern bereit, das prüfen zu lassen.
Noch eine Frage.
Schultz (FDP) : Herr Staatssekretär, können Sie mir erklären, wieso die Zusammenarbeit zwischen Bundesdienststellen — denn der MAD ist ohne Zweifel eine Bundesdienststelle, und die Bundesanwaltschaft ist es auch — der Geheimhaltung unterliegt und Sie uns hier nicht sagen können, wie diese zusammenarbeiten sollen oder müssen? Wieso ist das geheim?
Ich glaube, das ist eine Frage, die in den Geschäftsbereich des Herrn Bundesministers des Innern fällt. Ich würde vorschlagen, daß sie von Ihnen, Herr Kollege, beantwortet wird.
Meine Damen und Herren, ich bitte um Verständnis dafür, daß ich jetzt
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10424 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968
Vizepräsident Schoettleden Versuch machen muß, das einigermaßen gerecht auszubalancieren. Es ist nicht ganz einfach. Herr Collet, haben Sie noch eine Frage? — Dann Herr Hudak!
Herr Staatssekretär, zeichnet sich vielleicht ein gewisser Zusammenhang zwischen der Affäre des Flottillenadmirals Lüdke und dem Fall Porst ab?
Solche Zusammenhänge sind uns nicht bekannt.
Herr Rasner!
Herr Staatssekretär, erachten Sie es als im Interesse der Staatssicherheit liegend, in ein schwebendes Ermittlungsverfahren in der Weise einzugreifen, wie das hier geschieht?
Herr Kollege Rasner, ich konnte schon darauf hinweisen, daß unter dem Vorsitz des Parlamentarischen Staatssekretärs des Bundesministers der Verteidigung die Vertrauensmänner der Fraktionen durch den Präsidenten des BND und den Staatssekretär des Verteidigungsministeriums informiert worden sind.
Meine Damen und Herren, wenn jemand eine Frage stellen will und sich wieder hinsetzt, betrachte sich seinen Wunsch als erledigt. — Herr Enders!
— Ich bitte doch um Ruhe. — Herr Enders!
Herr Staatssekretär, wann trat Flotillenadmiral a. D. Lüdke nach der Abgabe des Films seine Reise an?
Der Film wurde unter einer Nummer abgegeben. Ich kann diese Frage nicht beantworten, bin aber gern bereit, prüfen zu lassen, ob die Reise erst nach der Abgabe des Films angetreten worden ist.
Herr Staatssekretär, war dem Militärischen Abschirmdienst bekannt, wohin die Reise geführt hatte, und können Sie uns den Zielort bekanntgeben?
Dem MAD war das nicht bekannt, weil er erst in Abwesenheit des Herrn Flotillenadmirals Lüdke, nachdem dieser die Reise also bereits angetreten hatte, informiert worden ist.
Herr. Brück!
Herr Staatssekretär, soll Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen Moersch bedeuten, daß Verdächtige erst dann überwacht werden, wenn ein Haftbefehl vorliegt?
Nein.
Wie soll man Ihre Antwort deuten?
Ich habe darauf hingewiesen, daß der Selbstmord nicht zu verhindern war, nachdem kein Haftbefehl vorlag. Das hat nichts damit zu tun, daß Beobachtungen stattfinden können.
Herr Illerhaus!
Kann der Herr Staatssekretär uns sagen, ob die FDP auch im Falle Porst mündliche Anfragen nach den Zusammenhängen gestellt hat?
Herr Kollege Illerhaus, es ist mir nicht bekannt, daß sie das getan hat.
Meine Damen und Herren, ich halte es nicht für fair, hier durch solche Fragen den Ausgangspunkt zu verschieben, und das bedeutet doch eine gewisse Verschiebung, Herr Kollege Illerhaus.
Auf der anderen Seite möchte ich auch sagen,
wir sollten dem Aufklärungsbedürfnis — Herr Genscher! — in dieser für uns alle außerordentlich peinlichen Affäre gewisse Grenzen selber ziehen.
Jetzt Herr Mischnick!
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968 10425
Herr Staatssekretär, ist Ihnen nicht aufgefallen, daß die Fragen, die hier von meinen Kollegen vorgebracht worden sind, in Zusammenhang stehen mit der Pressekonferenz der Bundesanwaltschaft und Erklärungen des Pressesprechers des Verteidigungsministeriums gestern in der Bundespressekonferenz?
Ich habe keinen Zusammenhang hier festzustellen.
Noch Herr Mischnick!
Ist Ihnen nicht aufgefallen, Herr Staatssekretär, daß ein Zusammenhang der Frage nach Lüdke mit dem Fall Wendland erst von Ihnen gebracht worden ist und nicht in unseren Fragen vorhanden war?
Die Frage nach dem Zusammenhang ist von Herrn Kollegen Collet gestellt worden.
— Ich habe den Herrn Präsidenten um die Genehmigung gebeten, alle Fragen im Zusammenhang zu beantworten.
Ich kann hier nur sagen: man sollte nach dem Grundsatz verfahren „Bitte nicht auf den Pianisten zu schießen, er tut sein Bestes" — in einer schwierigen Lage.
Jetzt Herr Genscher!
Herr Staatssekretär, nachdem mein Kollege Mischnick in seiner Frage schon darauf hingewiesen hat, daß die erste öffentliche Erörterung nicht im Parlament durch uns, sondern durch die Bundesregierung in ihrer Pressekonferenz und durch die Generalbundesanwaltschaft stattgefunden hat, darf ich Sie nunmehr fragen: würden Sie bereit sein, Herrn Rasner darüber zu belehren, daß es sich bei diesen Fragen nicht um einen Eingriff in ein schwebendes Verfahren handeln kann, weil gegen Tote ein Verfahren nicht schweben kann?
Parlamentarische Staatssekretäre haben leider keine Möglichkeit, Kollegen zu belehren.
Eine zweite Frage!
Herr Staatssekretär, ist der Haftbefehl im Fall Lüdke deswegen nicht beantragt worden, weil die zuständigen Behörden den dringenden Tatverdacht verneinten, oder: weil sie Verdunklungsgefahr verneinten?
Der MAD sah, wie ich schon einmal hier dargelegt habe, auf Grund der bis dahin stattgefundenen Ermittlungen keine Möglichkeit, die Kriminalpolizei zu ersuchen, Haftbefehl zu beantragen.
Herr Dr. Haas!
Herr Staatssekretär, entspricht es der allgemeinen Übung der Personalabteilung Ihres Hauses, daß sie vorzeitige Pensionierungsgesuche schon dann positiv verbescheidet, wenn nur ganz allgemein angegeben wird, „aus gesundheitlichen Gründen" möchte der Betreffende in Pension gehen?
Herr Kollege Haas, die 60-Jahre-Grenze ist eine obere Grenze. Sie wissen, daß es in der Praxis so geübt wird, daß hohe Offiziere durchaus auch vor Erreichen des 60. Lebensjahres in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können. Die Überlegungen des Herrn Flottillenadmirals Lüdke kamen den personalplanerischen Überlegungen unseres Hauses entgegen.
Herr Mertes!
Herr Staatssekretär, kann man auf Grund der Antworten, die Sie bisher gegeben haben, annehmen, daß das Fotografieren von Geheimdokumenten mit Kleinbildkameras eine sportliche Angelegenheit ist?
Das kann man sicher nicht annehmen.
Jetzt liegen zu diesem Fragenkomplex keine weiteren Fragen mehr vor. Wenn ich mir überlege, welche Fragen wir hier hätten zulassen müssen, dann komme ich zu einer Rechnung, die beinahe bis in die Unendlichkeit führt; denn die Zahl der Fragesteller außerhalb der originären Fragesteller läßt sich ja nie vorausberechnen. Es war also ein schwieriger Fall, Herr Staatssekretär; ich danke Ihnen, daß wir miteinander das Ding wenigstens einigermaßen über die Bühne gebracht haben.
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10426 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968
Vizepräsident SchoettleJetzt kommen wir zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Herr Staatssekretär Köppler ist zur Beantwortung der Fragen bereit.Die Fragen 10, 11 und 12, die hier zu beantworten sind, stellt der Abgeordnete Dr. Bardens:Nachdem die Öffentlichkeit durch mehrere Selbstmorde, eventuell auch Mordfälle, bei wichtigen Geheimnisträgern erheblich beunruhigt ist, frage ich die Bundesregierung: muß befürchtet werden, daß der Staatsschutz in der Bundesrepublik Deutschland unzureichend ist?Trifft es zu, daß die Sicherungsgruppe des Bundeskriminalamtes über zu geringe Kompetenzen verfügt und sich daraus Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit den örtlichen Polizeibehörden ergeben?Stimmt die Bundesregierung mit mir darin überein, daß es besser wäre, rechtzeitig die Öffentlichkeit ausreichend aufzuklären, als durch widersprüchliche Informationen verschiedener Stellen die Unruhe in der Bevölkerung noch zu vermehren?Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Dr. Bardens, ich bin durchaus der Auffassung, daß der Staatsschutz in der Bundesrepublik verbesserungsbedürftig und verbesserungsfähig ist. Von den tragischen Todesfällen in den letzten Wochen steht aber nach meiner Kenntnis allenfalls einer im Zusammenhang mit Fragen der Spionageabwehr. Das Ergebnis der Ermittlungen in diesem einen Falle wird selbstverständlich sorgfältig ausgewertet werden. Es ist wahrscheinlich, daß sich auch daraus Lehren für eine Verbesserung des Staatsschutzes ziehen lassen.
Zu Ihrer zweiten Frage: Nach der derzeitigen Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Bund und Ländern bei der Bekämpfung der Staatsschutzkriminalität hat die Sicherungsgruppe des Bundeskriminalamtes nur eine koordinierende Funktion. Die bisherigen Vorschläge der Bundesregierung, die Rechtsstellung der Sicherungsgruppe als Ermittlungsorgan des Generalbundesanwalts auf eine befriedigende Grundlage zu stellen, hatten bisher noch keinen Erfolg. Ich habe aber aus der gestrigen öffentlichen Informationssitzung des Innenausschusses dieses Hohen Hauses über Fragen der Verbrechensbekämpfung den Eindruck mitgenommen, daß ein erneuter Vorstoß der Bundesregierung bessere Erfolgsaussichten bietet. Ein entsprechender Änderungsvorschlag zum Gesetz über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes vom 8. März 1951 wird demnächst den Gesetzgebungsorganen vorgelegt werden.
Zu Ihrer dritten Frage, Herr Kollege: Ich stimme Ihnen hierin zu, bitte aber zu bedenken, daß oft derartige Informationen von Stellen ausgehen, auf die die Bundesregierung keinen Einfluß hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Schultz.
Schultz (FDP) : Herr Staatssekretär, wären Sie so liebenswürdig und würden meine Frage beantworten, die ich an Herrn Staatssekretär Adorno gerichtet habe und die er an Sie weitergegeben hat, bezüglich der Zusammenarbeit zwischen Bundesdienststellen und der Notwendigkeit, darüber nur im Geheimen zu sprechen.
Herr Kollege, diese Zusammenarbeit ist natürlich, da es sich um Dienststellen verschiedener staatlicher Organe handelt, nicht immer von Schwierigkeiten frei. Trotzdem glaube ich, daß sie — bei aller Verbesserungsbedürftigkeit — auch heute zu keinen groben Anständen Anlaß gibt. Von einer Notwendigkeit, die Regelungen über den Verkehr zwischen diesen Dienststellen geheimzuhalten, ist mir nichts bekannt.
Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Bardens.
Herr Staatssekretär, Sie sagten, daß die Informationen zum Teil von Stellen ausgegangen seien, auf die die Bundesregierung keinen Einfluß habe. Glauben Sie nicht, daß die Bundesregierung dann besser sofort falsche oder unzulängliche Meldungen korrigieren müßte?
Die Bundesregierung ist in solchen wie in allen Fällen bemüht, ihr zu Ohren kommende falsche Informationen für die Öffentlichkeit richtigzustellen.
Herr Collet!
Herr Staatssekretär, Sie haben bei der Beantwortung der Frage Nr. 10, also der ersten Frage des Kollegen Dr. Bardens, festgestellt, daß von Morden und Selbstmorden nur einer im Zusammenhang mit Spionageabwehr stehen könnte. Sie haben das so ausschließlich gesagt. Wollen Sie nicht auch der Stellungnahme Ihres Kollegen vom Verteidigungsministerium beistimmen und dazusagen: „nach den derzeitigen Ermittlungen"?
Herr Kollege, ich habe wörtlich gesagt: „Von den tragischen Todesfällen in den letzten Wochen steht aber nach meiner Kenntnis allenfalls einer im Zusammenhang mit Fragen der Spionageabwehr." Meine Kenntnis bezieht sich auf das bisherige Ergebnis der Ermittlungen.
Keine Fragen mehr. Dann kommen wir zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Jahn.
Die Frage 1 des Abgeordneten Kahn-Ackermann wird von Herrn Raffert übernommen:
Bis wann ist die Bundesregierung noch im Jahre 1968 bereit, Verordnungen und Richtlinien der Entsendung von Ärzten und Zahnärzten zur Betreuung großer deutscher Kolonien in Entwicklungsländern, die ohne ausreichende ärztliche Versorgung sind, zu ändern, so daß mit Beginn des Jahres 1969 mit einer ausreichenden ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung der in Frage kommenden deutschen Kolonien gerechnet werden kann?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung ist sich der Notwendigkeit einer ausreichenden ärztlichen Betreuung der Angehörigen deutscher
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968 10427
Parlamentarischer Staatssekretär JahnVertretungen, von Entwicklungshelfern und Experten in den Entwicklungsländern bewußt. Sie wird prüfen, ob und in welcher Form eine Koordinierung der bisherigen Bemühungen um eine bessere ärztliche Versorgung dieses Personenkreises erreicht werden kann. Diese Prüfung wird zeigen, daß sich ganz erhebliche Probleme finanzieller, dienst- und versorgungsrechtlicher Art stellen. Es ist nicht zu erwarten, daß diese Probleme noch in diesem Jahr gelöst werden können.
Herr Raffert!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, schließt nicht die Tatsache, daß drei verschiedene Ressorts der Bundesregierung zur Zeit mit der Regelung oder dem Versuch der Regelung der ärztlichen Versorgung der Angehörigen deutscher Kolonien in den Entwicklungsländern beschäftigt sind, die Möglichkeit aus, sie mit den Wünschen und Notwendigkeiten der jeweils am Ort befindlichen Deutschen zu koordinieren?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Mit den am Ort befindlichen?
— Herr Kollege Raffert, anders kann man gar nicht verfahren. Da nun einmal drei Häuser davon betroffen sind, müssen sie die Dinge auch alle zunächst einmal in ihrem Bereich klären und an einer gemeinsamen Lösung mitwirken. Ich sehe keine Möglichkeit, dort anders zu verfahren, auch wenn das Verfahren dadurch — das räume ich gerne ein — nicht leichter und nicht schneller wird.
Noch eine Frage, Herr Raffert.
Herr Staatssekretär, wird Ihr Haus auf Grund der Ihnen in besonderer Weise zur Verfügung stehenden Erfahrungen bemüht sein, koordinierend hier besonders hilfreich zu sein?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich halte das für eine Aufgabe des Auswärtigen Amtes.
Keine weitere Frage? — Dann kommen wir zu drei Fragen, die vorher beim Bundesverteidigungsministerium ressortierten und jetzt vom Auswärtigen Amt beantwortet werden. Es sind die Fragen 45, 46 und 47 des Abgeordneten Mattick:
Trifft es zu, wie eine ap-Meldung in diesen Tagen zu berichten weiß, daß Biafra z. Z. wöchentlich etwa 150 Tonnen Waffen französischer und deutscher Herkunft erhält?
Bei Bejahung der Frage: kann die Bundesregierung Auskunft geben, woher die deutschen Waffen kommen?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um dem illegalen Waffenhandel Einhalt zu gebieten?
Herr Staatssekretär, bitte!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf die drei Fragen im Zusammenhang beantworten.
Der Bundesregierung liegen keine zuverlässigen Nachrichten über Waffenlieferungen aus den verschiedenen Ländern — die ap-Meldung, auf die Herr Kollege Mattick Bezug nimmt, spricht nicht nur von Frankreich und Deutschland, sondern auch von den USA und der Tschechoslowakei — nach Ostnigeria vor. Ich versichere jedoch, daß die Bundesregierung keine Genehmigungen für die Ausfuhr von Waffen oder anderer militärischer Ausrüstung nach „Biafra" erteilt hat. Sie gedenkt an dieser Politik festzuhalten.
Die französische Regierung hat im Ministerrat der Westeuropäischen Union am Montag dieser Woche erklärt, sie liefere ebenfalls keine Waffen nach Ostnigeria. Die durch das Kriegswaffenkontrollgesetz gegebenen Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten der Herstellung, Aus- und Einfuhr von Kriegswaffen haben sich bisher als ausreichend erwiesen. Jedoch kann ein illegaler Waffenhandel selbst mit den schärfsten Rechtsvorschriften und Überwachungsmethoden nicht gänzlich verhindert werden.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß „Radio Kaduna" am 21. Oktober noch einmal eine sehr ausführliche Meldung darüber gebracht hat, daß französische und westdeutsche Waffen geliefert werden? Man spricht von leichten Waffen, Gewehren und Munition.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Unrichtige Meldungen werden durch Wiederholungen nicht wahrer.
Vizepräsident Schoettle: Herr Mattick!
Herr Staatssekretär, sind Ihnen die Gerüchte bekannt, daß sogar Waffen mit Medikamenten gemeinsam geliefert worden sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Gerüchte dieser Art sind uns bekannt. Es gibt bisher aber keine Anhaltspunkte dafür, die die Bundesregierung veranlassen könnten, solche Gerüchte zu bestätigen.
Noch einmal Herr Mattick!
Glaubt die Bundesregierung wirklich alle Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, um dies festzustellen und zu verhindern, daß tatsächlich deutsche Waffen hier mißbraucht werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die ihr zugänglichen Möglichkeiten hat die Bundesregierung sicher voll ausgeschöpft. Ich muß aber doch in dem Zusammenhang auf folgendes hinweisen, Herr Kollege Mattick: Wir verfügen natürlich nicht über regel-
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10428 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968
Parlamentarischer Staatssekretär Jahnrechte Ermittlungsmöglichkeiten bezüglich alles dessen, was in Nigeria und um Nigeria herum geschieht.
Noch eine Frage? — Herr Rinderspacher!
Herr Staatssekretär, halten Sie es für möglich oder für wahrscheinlich, daß diese angeblich deutschen Waffen aus Beständen. des Zweiten Weltkriegs, die sich durchaus noch in Nordafrika befinden könnten, stammen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Dafür gibt es keine Anhaltspunkte.
Wenn jemand in der Fragestunde Zusatzfragen stellen will, soll er sich stehenderweise beim Mikrophon aufhalten, Herr Kollege Gleissner. Wenn Sie sich setzen, nehme ich an, daß Sie verzichten. Aber jetzt dürfen Sie fragen.
Herr Staatssekretär, sind während des Bürgerkrieges in Nigeria mit dem bekannten Ziel der Ausrottung eines großen Teils der dortigen Bevölkerung weitere Geldmittel und Entwicklungshilfen der Bundesrepublik dorthin gegangen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Weitere Geldmittel der Bundesregierung?
Während des Bürgerkrieges!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung hat überhaupt niemanden in Nigeria oder „Biafra" unmittelbar mit Geldzuwendungen unterstützt. Die Hilfsmaßnahmen, für die die Bundesregierung Geldmittel in erheblichem Umfang zur Verfügung gestellt hat, sind ausschließlich den Organisationen zuteil geworden, die sich um diese Hilfsmaßnahmen an Ort und Stelle kümmern, d. h. den beiden karitativen Organisationen der großen Kirchen und dem Deutschen Roten Kreuz. Unmittelbare Geldleistungen hat die Bundesregierung in diesen Gebieten nicht erbracht.
Herr Dr. Gleissner!
Hat die Bundesregierung keine Überlegungen angestellt, während des Bürgerkrieges ihre Entwicklungshilfe einzustellen, da die Gefahr des Mißbrauchs bestand?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Soweit technische Hilfe in diesem Gebiet noch geleistet worden ist, ist sie ohnehin eingestellt worden. Neue Kapitalhilfeleistungen sind nicht erbracht worden. Die bei
Beginn der militärischen Auseinandersetzung laufenden sind zu Ende geführt worden.
Herr Borm!
Herr Staatssekretär, gibt es Anhaltspunkte dafür, daß Waffen, die mit Genehmigung der Bundesregierung und bestimmten Auflagen an dritte Länder geliefert worden sind, unter Bruch dieser Auflagen nach Nigeria gekommen sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Dies ist überhaupt die einzige denkbare Erklärung für die Gerüchte bzw. den Vorwurf, deutsche Waffen seien geliefert worden.
Herr Borm!
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit und haben Sie die Möglichkeit, bei legal ausgeführten Waffen nach Drittländern die Einhaltung der auferlegten Bestimmungen zu kontrollieren?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, eine solche Möglichkeit hat die Bundesregierung nicht. Sie kann sich vertraglich sichern, aber sie kann die Einhaltung solcher Vertragsbestimmungen gegenüber Dritten nicht erzwingen.
Herr Mattick!
Herr Staatssekretär, ich habe noch eine Frage: Hat die Bundesregierung Ihrer Meinung nach ausreichende Möglichkeiten, die Neuproduktion an Waffen in der Bundesrepublik Deutschland so zu kontrollieren, daß es keine Kanäle gibt, durch die Waffen ausgeführt werden können?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wenn Sie den illegalen Waffenhandel ausnehmen, ja.
Ist der illegale Waffenhandel aus der normalen Produktion in der deutschen Bundesrepublik möglich?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das ist nicht vorstellbar, weil die zwingenden gesetzlichen Bestimmungen gegenüber aller Waffenproduktion und gegenüber aller Waffenausfuhr gelten.
Keine Fragen mehr in diesem Zusammenhang.Dann rufe ich die Frage 21 des Herrn Abgeordneten Dr. Lenz auf:Warum hat die Bundesregierung zu den Behauptungen der Abgeordneten Illerhaus und Dr. Staratzke in der Sitzung vom 17. Oktober 1968, „alleine die Bundesregierung habe im Rat der
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968 10429
Vizepräsident SchoettleEuropäischen Gemeinschaften eine Aufschiebung der Beratungen über Fragen der gemeinsamen Handelspolitik verlangt und sie habe in der Frage des Osthandels bremsend gewirkt", keine Stellung genommen?Herr Staatssekretär, bitte!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Verlauf der Bundestagssitzung vom 17. Oktober 1968 ergab keine geeignete Gelegenheit, wie zunächst beabsichtigt, auf die Ausführungen der Herren Abgeordneten Illerhaus und Dr. Staratzke einzugehen. Die Bundesregierung ist deshalb für die Möglichkeit dankbar, heute ihre Stellungnahme abgeben zu können.
Die Annahmen der Abgeordneten Illerhaus und Staratzke sind nicht richtig. Im Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften fand am 30. Juli 1968 keine Debatte über die Handelspolitik statt. Ein Antrag auf Verschiebung einer Beratung wurde von keiner Seite gestellt. Die drei Verordnungsentwürfe der Kommission stoßen bei mehreren Mitgliedstaaten auf Bedenken. In der Gemeinschaft wird versucht, die bestehenden Schwierigkeiten auszuräumen. Es handelt sich hier also um ein ganz normales, in der Gemeinschaft übliches Vorgehen und Verfahren.
Herr Dr. Lenz!
Ist der Bundesregierung das Kommuniqué der Ratssitzung vom 30. Juli bekannt, wo unter dem Kapitel „Handelspolitik" folgendes zu lesen ist:
Der Rat hat einen Bericht des Ausschusses der Ständigen Vertreter über den Stand der Arbeit betr. eine Reihe von Verordnungsvorschlägen auf dem Gebiet der gemeinsamen Handelspolitik entgegengenommen. Er hat den Ausschuß der Ständigen Vertreter beauftragt, seine Arbeit fortzusetzen und ihm im Oktober Bericht zu erstatten. Er ist übereingekommen, die Erörterung über diese Frage auf einer der Tagungen im Herbst wieder aufzugreifen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Erstens ist das Kommuniqué bekannt. Zweitens, Herr Kollege Lenz, wird es, wie man wohl annehmen darf, europäischen Kommuniqués nicht anders ergehen als nationalen Kommuniqués: ihr Inhalt wird manchmal blumenreich angereichert mit der Darstellung von Vorgängen, die sich in der Praxis sehr viel nüchterner vollzogen haben.
Hier ist ein Bericht nicht diskutiert worden, ist auch nicht mündlich erstattet worden. Er ist durch eine entsprechende Vorlage entgegengenommen worden. Durch die getroffene Verabredung, darüber im Ständigen Rat weiter zu verhandeln, hat er den Tisch passiert. Mehr ist nicht geschehen. In der auch etwas erklärenden Darstellung des Kommuniqués nimmt sich also dieser Vorgang sehr viel umfangreicher und gewichtiger aus, als er sich tatsächlich vollzogen hat.
Darf ich aus der Antwort des Herrn Staatssekretärs schließen, daß sich die Bundesregierung in dieser Sitzung in keiner Weise für die Verschiebung der Beratungen über die gemeinsame Handelspolitik eingesetzt hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Darum bitte ich sehr.
Nächste Frage.
Darf ich noch eine Zusatzfrage stellen, Herr Präsident: Welchen Inhalt hatten die Gespräche, die der Bundesaußenminister kurz vor jener Ministerratssitzung mit dem für Außenhandelsfragen zuständigen Mitglied der Kommission der Europäischen Gemeinschaften geführt hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Da bin ich im Moment überfragt, Herr Kollege Lenz. Ich bin aber gern bereit, ihn nach seiner Rückkehr zu fragen, was er dort besprochen hat, und Ihnen dann eine Nachricht zukommen zu lassen, falls das Gespräch überhaupt eine solche vorrangige politische Bedeutung hatte, daß es der Außenminister auch noch in seiner Erinnerung festgehalten hat.
Können wir zu Ihrer nachsten Frage übergehen, Herr Lenz, oder haben Sie noch eine Zusatzfrage?
Ich möchte hierzu noch eine Zusatzfrage stellen.
Dann ist aber Schluß damit!
Selbstverständlich, Herr Präsident!
In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Donnerstag, dem 25. Juli, auf der ersten Seite oben, kann man einen ausführlichen Bericht über diese Gespräche lesen. Hält es der Herr Staatssekretär für möglich, daß der Herr Bundesaußenminister den Inhalt dieses Gespräches, dem mindestens die Frankfurter Allgemeine Zeitung einige Bedeutung beigemessen hat, noch in seinem Gedächtnis rekonstruieren kann?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bin natürlich weder in der Lage noch willens, die Vollständigkeit und Zuverlässigkeit eines Berichts in einem so bedeutenden Presseorgan in Zweifel zu ziehen, Herr Kollege Lenz. Dieses muß sich aber nicht unbedingt mit der politischen Anteilnahme bzw. der Bewertung, die ein solches Gespräch rückschauend bei den Teilnehmern erfährt, decken. Ich möchte diese Frage wirklich jetzt offenlassen und erst einmal Gelegen-
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10430 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968
Parlamentarischer Staatssekretär Jahnheit haben, den von Ihnen angesprochenen Beteiligten unmittelbar zu befragen.
Herr Illerhaus!
Herr Staatssekretär, darf ich fragen — wenn ich Ihre Ausführungen hier richtig werte —, ob der Herr Bundesaußenminister bereit ist, durch Taten und durch Worte zu bekunden, daß die Bundesregierung gewillt ist, an einer Verwirklichung der gemeinsamen Handelspolitik positiv mitzuarbeiten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Aber Herr Kollege Illerhaus, dieser Taten bedarf es doch nun nach dem Verhalten der Bundesregierung und des Bundesaußenministers in den vergangenen zwei Jahren im Rat wohl gewiß nicht mehr. Da hat es doch keine Handlung, keine Entscheidung, nichts gegeben, was auch nur den leisesten Anlaß zu einer derartigen Frage geben kann.
Ich will diese Frage nicht kritisieren, damit das bitte nicht mißverstanden wird; aber wir haben durch unser Verhalten in diesen Dingen doch wirklich . eindeutig und klar zu erkennen und zu verstehen gegeben, daß wir selbstverständlich uneingeschränkt nicht nur an der Verwirklichung der gemeinsamen Handelspolitik mitarbeiten, sondern da, wo es möglich ist, auch durch eigene Beiträge zur Realisierung beitragen.
Keine Frage. — Die Frage 22 des Abgeordneten Dr. Lenz:
Trifft die Pressemeldung zu, Bundesminister Brandt sei der Auffassung, die EWG-Partner der Bundesrepublik Deutschland müßten Verständnis dafür aufbringen, daß die Bundesrepublik Deutschland auf handelspolitischem Gebiet ihre Handlungsfreiheit weitgehend zu erhalten wünscht?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Pressemeldung ist unzutreffend. Sie entspricht weder den Zielen des Bundesministers des Auswärtigen oder der Bundesregierung für die Zukunft noch dem Stand der Handelspolitik in der Gemeinschaft.
Die Vorbereitung einer gemeinsamen Handelspolitik, die nach dem Vertrag von Rom am 1. Januar 1970 nach einheitlichen Grundsätzen gestaltet werden soll, ist bereits weit fortgeschritten. Mit dem erfolgreichen Abschluß der Kennedy-Runde hat die Handelspolitik der Gemeinschaften die entscheidende Orientierung erfahren. Die vorzeitige Verwirklichung der Zollunion und die fast vollständige Vollendung der gemeinsamen Handelspolitik im Agrarbereich stellen weitere wichtige Schritte in dieser Richtung dar. Auch die Assoziierungspolitik der Gemeinschaft enthält ein wichtiges Stück gemeinsamer Handelspolitik. Die Handelspolitik der sechs Mitgliedstaaten enthält damit schon heute mehr kommunitäre als nationale Elemente.
An dieser Entwicklung hat die Bundesregierung einen wichtigen Anteil. Sie hat die gemeinsame Handelspolitik immer als einen besonders wichtigen Teilbereich des Gemeinschaftslebens angesehen.
Kein Mitgliedstaat hat sich stärker für die genannten Fortschritte eingesetzt als wir.
Diese Entwicklung geht weiter. Zur Zeit werden die bekannten Verordnungsentwürfe der Kommission erörtert. Die Bundesregierung wird bemüht sein, die Verordnungsentwürfe nach eingehender Beratung möglichst bald zu verabschieden. Sie stehen zur Erörterung in der nächsten Ratstagung am 4. November an. Die deutsche Delegation wirkt an den Bemühungen um eine Einigung auch in dieser Frage— wie bisher schon immer — konstruktiv mit.
Herr Dr. Lenz!
In der vergangenen Woche hat die Bundesregierung auf eine Mündliche Anfrage eine schriftliche Antwort erteilt, in der es heißt: Ebenfalls muß aus Gründen der Währungs-, der Handels- und der Preispolitik — —
Könnten Sie das Fragezeichen etwas früher erkennen lassen, Herr Kollege Lenz?
Ich muß es doch vorlesen, Herr Präsident. Es geht technisch nicht anders.
Ich bin in diesen Fragen sehr formell.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, darf ich eine Bitte äußern. Es ist unmöglich, die Fragen des Kollegen Lenz auf dem Hintergrund dieser Geräuschkulisse zu meiner Rechten auch nur annähernd zu verstehen. Ich bitte um Verständnis.
Ich bitte doch, Gespräche nicht im Saal zu führen. Dazu sind eigentlich die Wandelhallen da.
Ich werde meine Frage jetzt in der gewünschten Form stellen, Herr Präsident. Hat die Bundesregierung Veranlassung, zu glauben, daß die Einführung einer gemeinsamen Handelspolitik eine Einschränkung der bisherigen deutschen Einfuhr zur Folge haben wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein.
Eine weitere Frage? — Herr Illerhaus!
Darf ich den Herrn Staatssekretär fragen, ob die Bundesregierung nicht der Auffassung ist, daß die Bundesrepublik in der Ausdehnung ihres Handels mit den Ostblockstaaten besser fährt, wenn sie das im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik macht, als wenn sie das allein tut. Ich weiß, daß hierüber unterschiedliche Auffassungen bestehen.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968 10431
Rede von: Unbekanntinfo_outline
In der Tat bestehen dort unterschiedliche Auffassungen. Aber ich würde jetzt eine solche, generell theoretische Bewertung nicht vornehmen. Die Bundesregierung wird sich darum bemühen, generell — das ist ihre Tendenz — auch hier zu einer gemeinsamen Handelspolitik im Rahmen des Möglichen zu kommen. Sie wissen, Herr Kollege Illerhaus, daß das nicht allein eine Entscheidung der Bundesregierung ist. Daß sie dabei darauf bedacht sein wird, die eigenen Interessen in angemessener Form geltend zu machen und wahrzunehmen, hitte ich als ebenso selbstverständlich vorauszusetzen.
Herr Illerhaus!
Herr Staatssekretär, Sie haben eben selbst mit Recht gesagt, daß die Kennedy-Runde deswegen erfolgreich verlaufen ist, weil die sechs Mitgliedsländer nicht jedes für sich aufgetreten sind, sondern durch die Kommission einheitlich vertreten wurden. Wäre das nicht ein neuer Grund dafür, auch in der Frage der Osthandelspolitik die Kommission für die Gemeinschaft, also auch für die Bundesrepublik, auftreten zu lassen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Im Rahmen des Möglichen, Herr Kollege Illerhaus, sind wir sicher nicht nur bereit, sondern halten wir es für richtig, dieses Beispiel der Kennedy-Runde, sosehr es geht, nachzuahmen oder, richtiger gesagt, zu wiederholen. Aber mehr als diese generelle Erklärung ist im Augenblick nicht zu sagen. Ich bitte nur, davon auszugehen, daß die Bundesregierung auch in dieser Frage nicht nur bereit, sondern auch ernsthaft daran interessiert ist, ihren Beitrag zur Stärkung und größeren Effektivität der Gemeinschaft zu leisten.
Keine weiteren Fragen.
Ich rufe dann die Frage 23 auf:
Warum enthält die Initiative der Bundesregierung über „Ausbau und Erweiterung der Europäischen Gemeinschaften" vom 27. September 1968 keinen Hinweis auf die Notwendigkeit, ab 1. Januar 1970 eine gemeinsame Handelspolitik zu betreiben, wenn „wir nicht außerhalb der verträge handeln wollen" (Abgeordneter Illerhaus, Stenographisches Protokoll der Sitzung vom 17. Oktober 1968, Seite 10260 A)?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung hat in ihrer Initiative im Abschnitt über den inneren Ausbau der Gemeinschaft keine programmatischen Erklärungen abgegeben, sondern für einige Bereiche konkrete Vorschläge gemacht. Auf dem handelspolitischen Gebiet werden in der Gemeinschaft konkrete Vorschläge in der Form von Verordnungsentwürfen bereits beraten. Daher erübrigt sich auch der Hinweis, daß entsprechend Art. 113 des EWG-Vertrages nach Ablauf der Übergangszeit die gemeinsame Handelspolitik nach einheitlichen Grundsätzen zu gestalten ist.
Ich bestätige jedoch gern wiederum, daß die Bundesregierung die Erfüllung des Vertrages von Rom im allgemeinen und im besonderen auch auf dem Gebiet der Handelspolitik für notwendig hält.
Herr Dr. Lenz!
Kann ich aus dieser Antwort entnehmen, Herr Staatssekretär, daß die Nichtaufnahme der gemeinsamen Handelspolitik in dieses Programm nicht darauf zurückzuführen ist, daß die Bundesrepublik dieser Frage nicht vorrangige Bedeutung beimißt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Entschuldigen Sie, Herr Präsident, ich habe den letzten Teil der Frage wiederum akustisch nicht verstanden.
Würden Sie ihn bitte wiederholen, Herr Dr. Lenz.
Trifft es zu, Herr Staatssekretär, daß die Nichtaufnahme der Handelspolitik in das Programm vom 27. September nicht auf eine Minderbewertung dieser Frage durch die Bundesregierung zurückzuführen ist, sondern einfach auf redaktionelle Gründe?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, Herr Kollege Lenz, nicht nur auf redaktionelle Gründe. Das, was wir als deutsche Initiative am 27. September in Brüssel vorgelegt haben, war eine Zusammenstellung zu einem ganz bestimmten Zweck, zu dem Zweck nämlich, in den Fragen weiterzukommen, in denen das Ringen um ein Weiterkommen akut ist und einer — wenn Sie so wollen — Nachhilfe bedarf.
Das aber macht es weder notwendig noch zweckmäßig, Fragen oder Gebiete mit einzubeziehen, bei denen es vergleichbare Probleme nicht gibt und die auch keine Hilfestellung für den erstgenannten Zweck hätten abgeben können. Das Herausbleiben dieser Frage aus dem Gesamtvorschlag sollte, bitte, nur unter diesem Gesichtspunkt bewertet werden.
Keine weitere Frage mehr.Dann kommen wir zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen und Städtebau. Zur Beantwortung ist Herr Staatssekretär Schornstein hier. Die erste Frage, 86, stellt der Abgeordnete Moersch. — Herr Moersch ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet.Das gilt auch für die Frage 87 des Abgeordneten Moersch.Fragen 88, 89 und 90 stellt der Abgeordnete Picard. Ist Herr Kollege Picard anwesend? — Das ist nicht der Fall. Dann werden auch die Fragen des Abgeordneten Picard schriftlich beantwortet.
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10432 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968
Vizepräsident SchoettleSoweit ich sehe, ist auch der Abgeordnete Haar nicht anwesend. Die Fragen 91, 92, und 93 des Abgeordneten Haar werden ebenfalls schriftlich beantwortet.Damit sind die Fragen erschöpft. Die Fragestunde ist beendet.Ich rufe nun den Punkt 3 der Tagesordnung auf:
— Drucksache V/3322 —c) Beratung der Sammelübersicht 35 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen— Drucksache V/3388 —Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Jacobi . Ich bin nicht sicher, ob dieser Mündliche Bericht erstattet werden soll.
Zur Geschäftsordnung Herr Kollege Rasner!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frau Berichterstatterin legte schon Wert darauf, ihren Bericht zu erstatten. Sie ging davon aus, daß wir zunächst — wie das im Ältestenrat vereinbart war — das Elfte Rentenanpassungsgesetz behandeln würden. Sie ist so unterrichtet worden und wollte dann ihren Bericht erstatten.
Herr Präsident, wir wären dankbar, wenn wir darauf Rücksicht nehmen könnten.
Darauf Rücksicht nehmen, das heißt, diesen Punkt zurückstellen.
Herr Frehsee, sind Sie einverstanden? — Gut.
Dann rufe ich Punkt 38 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Elften Gesetzes über die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung
— Drucksache V/3335 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/3398
Berichterstatter: Abgeordneter Krampe
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik
— Drucksache V/3386 —
Berichterstatter: Abgeordneter Geiger
Ich eröffne die zweite Beratung. — Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Wortmeldungen für die zweite oder für die dritte Beratung gedacht sind.
— Für die zweite Beratung. Dann erteile ich das
Wort dem Herrn Abgeordneten Kühn .
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist beinahe eine regelmäßige Übung geworden, daß wir am -Ende eines jeden Jahres ein neues Gesetz über die Rentenanpassung vorlegen. Das ist eine Tatsache, die man nicht als selbstverständlich hinnehmen sollte, sondern in der sich ausdrückt, daß die Regelung, die 1956/57 in diesem Hohen Hause beraten und auf Grund der Vorlage des damaligen Bundesarbeitsministers Storch hier beschlossen wurde, eine sehr solide Grundlage für die Rentengesetzgebung geschaffen hat. Wir haben damals in heftigen Diskussionen gestanden. Ich betrachte es als eine Unterstreichung der Richtigkeit der damals gefundenen Regelung, daß viele der damaligen langjährigen Kritiker heute zu begeisterten Verfechtern dieser Regelung geworden sind. Ich begrüße das auch deswegen, weil durch diese Einmütigkeit der Auffassungen in der Sache für die Rentner ganz zweifellos das Beste erreicht wird.Ich möchte bei dieser Gelegenheit gerade in diesem Jahr noch einmal unterstreichen, wie gut beraten der Deutsche Bundestag damals war, daß er den Vorstellungen, die damals vor allen Dingen von meiner Fraktion hier vorgetragen und vertreten wurden, gefolgt ist und damit eine Regelung eingeführt hat, die in hohem Maße konjunkturpolitisch sinnvoll ist. Denn wir haben gerade in der hinter uns liegenden Zeit der Abschwächung der Konjunktur feststellen können, daß infolge der Verzögerung bei der Anpassung der Renten die Rentenerhöhung dann zur Wirkung kommt, wenn sich eine Talsohle abzuzeichnen scheint, und damit konjunkturpolitisch eben das erreicht wird, was hier notwendig ist, nämlich eine Steigerung der Kaufkraft in diesen Jahren. Das hat natürlich zur Konsequenz, daß sich in den kommenden Jahren entsprechend der nunmehr
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968 10433
Kühn
abgeflachten Entwicklung der Löhne die Zuwachsrate nicht mehr in der gleichen Höhe bewegen wird. Aber auch das wird in einer Zeit, in der sich die Konjunktur wieder belebt, durchaus konjunkturgerecht sein.Also noch einmal: ehemalige Gegner sind heute zu Verteidigern geworden, und wir begrüßen das sehr, weil sich aus dieser breiten Zustimmung wirklich eine gute Lösung und auch eine gute Zusammenarbeit für die Zukunft ergibt. Denn wir werden gerade auch im Hinblick auf die Finanzierung der Rentenversicherung noch einige Probleme zu lösen haben, die wir heute hier nicht erörtern wollen, die wir aber mit Sicherheit noch zu erörtern haben werden.Das zweite, was ich erwähnen möchte, ist die Tatsache, daß wir durch diese Rentenanpassung ausdrücken wollen, daß diese Regelung — und das war schon damals unsere Vorstellung — wie bei allen Sozialgesetzen auf einer doppelten Solidarität beruht. Insofern halte ich es für sehr glücklich, daß wir heute wissen, daß wenigstens ab 1972 die Bundeszuschüsse zur Rentenversicherung wieder voll gezahlt werden sollen. Denn, meine Damen und Herren, es läßt sich nicht verkennen: infolge der Beitragsentwicklung haben die Versicherten ihrerseits zu dieser Rentenversicherung ihren Solidaritätsbeitrag in hohem Maße geleistet und leisten ihn weiter und übernehmen damit — ich glaube, das muß man von dieser Stelle auch einmal sagen — eine Solidaritätshaftung weit über ihren Kreis hinaus, weil sie Lasten mit tragen, die sonst die öffentliche Hand zu tragen hätte.Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit auch anmerken, daß ein solches Verfahren in der Zukunft natürlich nicht unbegrenzt weiter geübt werden kann. Ich bin dankbar, Herr Professor Schellenberg, daß Sie uns darin zustimmen. Wir müssen vielmehr sorgfältig prüfen, ob es ratsam und geraten ist, noch weitere solche Solidarleistungen, die die Gesamtheit zu tragen hat, der Rentenversicherung aufzubürden. Manche Leistungen, die wir in der Vergangenheit in die Rentenversicherung übernommen haben — ich erinnere nur an die Wiedergutmachung und an die Renten der Vertriebenen —, gehen weit über das hinaus, was die Versichertengemeinschaft von sich aus im Rahmen ihrer Solidarität zu tragen hätte. Diese doppelte Solidarität darf nicht überzogen werden. Sie muß auch dadurch wieder deutlich werden, daß die Bundeszuschüsse in voller Höhe gezahlt werden. Nur so ist die doppelte Solidarität für die Dauer durchzuhalten.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch ein Wort des Dankes an das Ministerium — und an Sie, Herr Minister — richten, das uns die Vorlage so rechtzeitig zugeleitet hat, daß wir nach der ersten Lesung und zügiger Beratung heute schon die zweite und dritte Lesung halten können. Der Dank gilt auch dem Herrn Bundespostminister und insbesondere allen seinen Bediensteten, die, wie er uns mitgeteilt hat, in Tag- und Nachtschichten daran arbeiten, den von dem gesamten Ausschuß gemeinsam vorgetragenen Wunsch zu realisieren, die Renten in diesem Anpassungsjahr einen Monat früher als bisher zur Auszahlung zu bringen.
— Das ist unsere Absicht, Herr Professor. Ich bin sicher, wenn die Bundespost einmal diese Anfangsschwierigkeiten überwunden hat und sich darauf eingestellt hat, ist das in den kommenden Jahren leichter zu machen. Es ist gut und geraten, auch von dieser Stelle aus all denjenigen Beamten und Angestellten, die zum Teil in wesentlichen Überstunden - in dem Brief des Herrn Ministers hieß es: bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit — daran arbeiten, die Auszahlung früher zu ermöglichen, unseren Dank dafür auszusprechen im Interesse der Rentner, die einen berechtigten Anspruch auf die Leistungen haben und denen wir auch in diesem Jahr die Leistungen wieder gewähren können.
Das Wort hat der Abgeordnete Biermann.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der diesjährigen Beratung der Rentenanpassung ist es wohl angemessen, zunächst einige Bemerkungen über die Entwicklung der Renten in der hinter uns liegenden Rezession zu machen, wie es auch der Kollege Kühn getan hat. Tatsache ist, daß die Rentenanpassungen in den beiden letzten, schwierigen Jahren gesichert worden sind. Das war sowohl sozialpolitisch als auch wirtschaftspolitisch von außerordentlicher Bedeutung. Sie wissen, meine Damen und Herren, daß sich die Renten der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten ab 1. Januar 1967 um 8 % und ab 1. Januar 1968 um 8,1 % erhöht haben. Dabei verkennen wir nicht, daß es bei der zweiten Anhebung am 1. Januar 1968 zur Einführung des nicht unumstrittenen Rentnerkrankenversicherungsbeitrages gekommen ist. Auch das sollte man nicht verschweigen, wenn man die Erhöhungen anführt.Diese von mir genannten Rentenanpassungen haben sich — das zeigt die Erfahrung heute — gerade in der Rezession und bei dem allgemeinen Kaufkraftschwund, den wir zu verzeichnen hatten, als eine wichtige und wirksame Konjunkturspritze und -stütze erwiesen, indem sie die so notwendige Kaufkraft zumindest eines beachtlichen Teils unserer Bevölkerung, unserer Rentner, wesentlich verstärkt haben. Dabei haben sie in diesem Bereich — das darf man wohl hinzufügen — eine stabilisierende Wirkung auf unsere Wirtschaft ausgeübt.Innerhalb und außerhalb dieses Hohen Hauses hat es aber auch Stimmen gegeben — ich bin mir nicht ganz sicher, ob sie heute schon völlig verstummt sind —, die die Zeit der Rezession für eine Änderung der Rentendynamik ausnutzen wollten. Ich will nicht auf alle „wohlgemeinten" Ratschläge eingehen, die uns damals gegeben wurden. Einige solcher Ratschläge gingen dahin, die Anpassungen der Renten von der heutigen Bruttolohndynamisie-
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10434 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968
Biermannrung auf eine Nettolohndynamisierung umzustellen. Diese Umstellung hätte für die Jahre 1968 bis 1972 immerhin einige Milliarden — bessere Rechner als ich haben ausgerechnet: 16,7 Milliarden — ausgemacht.
Um-so erfreuter sind wir Sozialdemokraten, daß wir diesen 'Ratschlag wie aber auch andere, ähnlich gelagerte Ratschläge, nicht zuletzt im Interesse unserer Rentner, abgewehrt haben und die bruttolohndynamische Rente gesichert werden konnte. Diese wird unseren Rentnern bis zum Jahre 1972 eine Erhöhung ihrer Renten um rund 27 % bringen.Das uns heute hier zur Verabschiedung vorliegende Elfte Rentenanpassungsgesetz, das die Renten aus der Rentenversicherung um 8,3 % und aus der Unfallversicherung um 3,3 % anpaßt, insgesamt damit um über 2,4 Milliarden DM erhöht, ist ein wichtiges Teilstück in dieser Entwicklung. Wenn die Renten, wie erwähnt — Herr Kühn hat es auch angesprochen —, am 1. Januar erhöht werden, so will und muß ich auch darauf hinweisen, daß diese Erhöhung infolge der erst 1972 auslaufenden Kürzung der Bundeszuschüsse zur Rentenversicherung überwiegend aus den erhöhten Beiträgen der Versicherten finanziert werden muß.
So muß man hier anerkennen, daß die heute noch Aktiven eine erhebliche Last — wenn man es so ausdrücken darf — in der gesamten Solidargemeinschaft auf sich nehmen.Das mag uns auch zeigen, daß wir natürlich dieses große Problem — das sollte man auch nicht verschweigen, und das darf man nicht verkennen — der künftigen Finanzierung der Rentenversicherung über das Jahr 1972 hinaus nicht übersehen dürfen. Wir sind aber fest entschlossen, die endgültige Lösung dieser Finanzfrage bis über den Rentenberg hinaus im Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetz zu beschließen, d. h. dieses Gesetz noch in dieser Legislaturperiode abzuwickeln.Hierbei gibt uns der Beschluß dieser Bundesregierung, die Bundeszuschüsse ab 1972 wieder in voller Höhe, d. h. ungekürzt, zur Verfügung zu stellen, berechtigte Hoffnungen, die bruttolohndynamische Rente auch für die Zukunft, also auch über den Rentenberg hinaus, aufrechtzuerhalten. In diesem Zusammenhang sind wir uns darüber im klaren, daß es uns gelingen muß, diese Finanzierung zu sichern, nicht zuletzt um das Vertrauen der Versicherten in ihre Rentenversicherung einfach zu festigen.Eine letzte Anmerkung: Nach langen Bemühungen meiner Fraktionsfreunde im Ausschuß für Sozialpolitik und nach der beschleunigten Beratung dieses Entwurfs, der heute zur Verabschiedung steht, konnte mit der Bundespost vereinbart und sichergestellt werden, daß die Auszahlung der Anpassungsbeträge erstmals um einen Monat vorgezogen und diese Beträge im nächsten Jahr mit den Renten für den Monat Februar 1969 bereits ausgezahlt werden können. Ich finde, das ist eine wichtige und erfreuliche Mitteilung für unsere Rentner.Ich darf allerdings in diesem Zusammenhang auch sagen, daß es wohl möglich sein mußte, wenn der Ausschuß und das Plenum diese Vorlage sechs Wochen früher als in den Vorjahren verabschiedet, auch vier Wochen früher die Auszahlung zu erreichen. Trotzdem, so muß ich sagen, bin ich mir klar darüber und sind wir uns klar darüber, daß die Post zusätzliche Anstrengungen zu machen hat, und ich darf von dieser Stelle aus allen Beteiligten, insbesondere bei der Bundespost, für die zusätzlichen Anstrengungen danken.Meine Damen und Herren, die Fraktion der SPD stimmt der Elften Rentenanpassung zu.
Das Wort hat der Abgeordnete Geldner.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Nachdem Herr Kollege Biermann über die Entwicklung der Rentengesetzgebung bereits gesprochen hat, lassen Sie mich einige Anmerkungen zum Elften Rentenanpassungsgesetz machen.Der Sozialpolitische Ausschuß war bemüht, es durch gründliche, aber auch zügige Beratung zu ermöglichen, daß zum 1. Februar 1969 die Auszahlung der Erhöhungsbeträge aus dem Elften Rentenanpassungsgesetz möglich wird. Aber die Beratung bei dieser Gelegenheit hat gezeigt, daß der Deutsche Bundestag, wenn er jemals andere gesetzliche Regelungen treffen wollte, als sie von der Regierung vorgeschlagen sind, in eine schwierige Lage kommt. Bereits am 3. Oktober fand bei der Bundespost die entscheidende Sitzung für die endgültige Programmierung statt. Jedoch erst am 17. Oktober wurde das Gesetz dem Ausschuß für Sozialpolitik zur Beratung überwiesen. Für die Zukunft stellt sich damit die Frage, eine neue Regelung für die zeitliche Vorlage der Rentenanpassungsgesetze zu treffen, was im Rahmen des Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes durchaus notwendig und möglich sein wird.
— Eine eingehende Debatte in dieser Frage wird sich auch im Zusammenhang mit diesem Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetz ergeben, Herr Kollege.Wir möchten auch darauf hinweisen, daß es ein Irrtum ist, anzunehmen, alle Renten würden um 8,3 % erhöht. Die Formel, keine Rente würde um mehr als 8,3 % erhöht, trifft den Sachverhalt exakter. In der Knappschaft beginnt der schmerzliche Prozeß der durch das Finanzänderungsgesetz beschlossenen Abschmelzung. In der Praxis sieht das so aus, daß die zuletzt bezogene Rente zunächst um 4 % gekürzt und erst der dann zustande gekommene neue Rentenbetrag um 8,3 % erhöht wird, praktisch also nur um 4,3 %.In der landwirtschaftlichen Unfallversicherung werden die Unfallrenten der Selbständigen und der mithelfenden Familienangehörigen nicht angepaßt.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968 1
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GeldnerDies geschieht nur alle vier Jahre. Eine Neufestsetzung, d. h. Erhöhung, wird erst 1969 wieder Platz greifen. Ich weise auf diese Dinge nur hin, um deutlich zu machen, daß es in der Rentengesetzgebung auch Regelungen gibt, bei denen die global im Raum stehenden Erhöhungssätze von 8,3 bzw. 3,3 % nicht zum Tragen kommen, wobei ich mich auf wenige Beispiele beschränke.Meine sehr verehrten Damen und Herren! Letztlich dürfen wir uns bei der Zustimmung zum Elften Rentenanpassungsgesetz nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, daß die großen und schwierigen Fragen der gesetzlichen Gesaltung und Sicherung der Altersversorgung nicht in diesem Gesetz, sondern erst im Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetz geregelt werden. Die Abgeordneten der Freien Demokratischen Partei stimmen dem Elften Rentenanpassungsgesetz zu.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Entwurf des Elften Rentenanpassungsgesetzes, der heute hier zur Beschlußfassung ansteht, ist von mir eingebracht und im Kabinett einstimmig beschlossen worden. Ich freue mich, daß der Gesetzentwurf nicht nur die Zustimmung der beiden Regierungsfraktionen, sondern, wie wir soeben gehört haben, auch die der Opposition gefunden hat. Das wird unsere Beratungen beim Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetz natürlich sicherlich sehr günstig beeinflussen.
Davon sind wir sicherlich alle überzeugt.
Meine Damen und Herren! Ein Sprecher der CDU-Fraktion und ein Sprecher der SPD-Fraktion haben vorhin die Rentenanpassung im Zusammenhang mit dem wirtschaftspolitischen Ablauf gesehen. Dazu möchte ich gerne drei kurze Bemerkungen machen.Ein Wort zu der konjunkturpolitischen Beurteilung der Rentenerhöhungen von 1967 und 1968 und der kommenden Erhöhung von Januar 1969: Die letzten beiden Erhöhungen haben die Bemühungen der Bundesregierung zur Überwindung der Rezession und Wiederbelebung der Konjunktur wirksam unterstützt. Die zu geringe Nachfrage konnte auf diese Weise kräftig verbessert werden. Am 1. Januar 1969 werden sich die Masseneinkommen durch die von diesem Hohen Hause zu beschließende Rentenanpassung um 2,4 Milliarden DM erhöhen. Diese Nachfragesteigerung ist nach Auffassung der Bundesregierung wie auch der konjunkturpolitischen Institute in den nächsten Monaten sehr erwünscht. Sie wird dazu beitragen, im weiteren Aufschwung für ein Gleichgewicht von Investition und Konsum zu sorgen und damit eine einseitige Übersteigerung der Konjunktur zu vermeiden.Lassen Sie mich eine zweite Feststellung, und zwar zur Höhe der Renten treffen. Ein Rentner mit 40 Versicherungsjahren und einem Durchschnittseinkommen erhielt im Jahre 1966 rund 45 v. H. des vergleichbaren Lohnes. Dieses Verhältnis wird sich im Jahre 1969 auf rund 48 v. H. erhöhen. Dieser relative Anstieg der Renten bleibt angesichts des bei der Rentenreform angestrebten Zieles, nach dem die Rente 60 v. H. des Bruttoarbeitsentgelts vergleichbarer Arbeitnehmer betragen sollte, hinter diesem Ziel zurück. Auch in Zukunft werden die Renten nicht nur wegen der unterlassenen Rentenanpassung des Jahres 1958, sondern bei steigenden Löhnen schon wegen des zeitlichen Abstandes, in dem die Renten der Lohnentwicklung folgen — und nicht etwa umgekehrt, wie man oft in der Öffentlichkeit irrtümlich darstellt —, unter diesem Satz bleiben.Lassen Sie mich eine dritte Bemerkung machen. Zur Konsolidierung der Rentenversicherung gehört nicht zuletzt die Bewältigung des Rentenberges, wie man etwas despektierlich sagt. Hierzu wird ein ganzes Bündel von Maßnahmen notwendig sein. Dabei muß gesehen werden, daß mit dem gesetzlich festgelegten Anstieg der Beitragssätze von 14 v. H. im Jahre 1967 auf 17 v. H. in den Jahren 1970 bis 1971 bereits das steilste Stück auf dem Wege zum Gipfel des Rentenberges zurückgelegt sein wird.Wir haben jetzt die finanzielle Entwicklung der Rentenversicherung bis zum Jahre 1972 und alternativ 4-, 5- und 6-Prozent-Rechnungen bis zum Jahre 1975 dem Ausschuß für Sozialpolitik vorgelegt.Diese Vorausschätzungen sind in einem Arbeitskreis unter dem Vorsitz des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung zusammen mit den Bundesministerien für Wirtschaft und der Finanzen sowie der Deutschen Bundesbank, dem Bundesrechnungshof, dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte unter Mitwirkung des Statistischen Bundesamtes erstellt worden. Ob diese Schätzungen realistisch sind — ich sage das, weil in der Öffentlichkeit hin und wieder der Eindruck erweckt worden ist, als ob diese oder jene Zahlen nicht stimmten —, hängt entscheidend davon ab, ob die mittelfristige Wirtschaftsprojektion der Bundesregierung verwirklicht wird.
Man wird aber soviel sagen können und von dieser Stelle aus sagen müssen: diese Vorausschätzungen sind nicht nur nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt worden, sondern es gibt auch zur Zeit niemanden, der uns bessere und sicherere Anhaltspunkte für die Zukunft bieten könnte.
Für den Zeitraum nach 1975 sind Schätzungen mit einem erheblichen Maß an Unsicherheit behaftet. Das gilt für alle Schätzungen. Das gilt sowohl für die Veränderung der ökonomischen und demographischen Grunddaten als nicht zuletzt auch für die Fragen der Dauer der künftigen Schulausbildung und der Wandlungen in der Sozialstruktur. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Entwicklung der Versichertenzahlen und die Wande-
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Bundesminister Katzerrung von der Arbeiterrentenversicherung zur Angestelltenversicherung. Der Arbeitskreis hat die Untersuchung all dieser Faktoren für den Zeitraum nach 1975 aufgenommen, um möglichst bald zu einer Vorausschau zu gelangen.Aber wir dürfen nicht nur die Probleme des Rentenberges sehen, sondern wir müssen auch die Strukturfragen unserer Rentenversicherung in Angriff nehmen. Ich bin dankbar für die Erklärung des Sprechers der SPD-Fraktion, daß die Absicht besteht — wie mir bekannt war —, in dieser Legislaturperiode das Dritte Rentenversicherungs-Änderungsgesetz zu verabschieden. Denn dieser Deutsche Bundestag soll und darf nicht auseinandergehen, ohne Klarheit geschaffen zu haben in dieser nicht nur für unsere Rentner, sondern für alle, die einmal Rentner werden, so entscheidend wichtigen Frage.
Wir alle wünschen uns ja eine moderne und leistungsfähige soziale Rentenversicherung. Während die Arbeiterrentenversicherung nach den Vorausschätzungen ohne Ausgleichsmaßnahmen ihr Vermögen verlieren würde, würde das der Angestelltenversicherung bedeutend wachsen. Als Möglichkeiten zur Verhinderung dieser unterschiedlichen Entwicklung kommen eine Umverteilung der Bundeszuschüsse, eine Stundung der letzten Rate des Wanderversicherungsausgleichs und eine gegenseitige Liquiditätshilfe in Frage. In diesem Zusammenhang wird es auch notwendig sein — darüber muß sich jeder klar sein —, der Arbeiterrentenversicherung eine sozialpolitisch und gesamtwirtschaftlich befriedigende Organisationsform zu geben,
eine Organisationsform, die dem Strukturwandel der Wirtschaft und den Liquiditätsproblemen der Arbeiterrentenversicherung Rechnung trägt.
Da hat es keinen Zweck, sich in Vorstellungen zu verrennen, was nicht sein dürfe, das könne nicht sein. Die von mir dargelegten Zahlen beweisen, daß wir hier tätig werden müssen.
Dabei möchte ich hinzufügen, daß in diesem Hohen Hause wohl Übereinstimmung darüber besteht, daß wir alles tun müssen, um bei einem solchen Vorgang dezentralisiert eine Nähe zum Versicherten möglichst zu behalten. Ich glaube, das ist unstrittig; es sollte aber gesagt werden.
Diese Konsequenzen aus den Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre werden also auch bei den Beratungen des Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes gezogen werden müssen, das von mir schon vor zwei Jahren dem Deutschen Bundestag vorgelegt wurde.Lassen Sie mich noch ein Problem kurz ansprechen. Die Finanzlage der Arbeiterrentenversicherung ist nicht zuletzt deswegen ungünstiger als die der Angestelltenversicherung, weil der Angestellte im Krankheitsfall sein Gehalt weiter gezahlt bekommt, der Arbeiter, wie Sie wissen, noch nicht. Damit habe ich die Wirkung erwähnt, welche die Einführung einer Lohnfortzahlung für Arbeiter auf die Finanzierung der Rentenversicherung haben würde. Sie wissen, daß diese Frage zu denen gehört, die im Sozialkabinett der Bundesregierung beraten werden sollen. Der Kabinettsausschuß für Sozialbudget und soziale Strukturfragen hat sich am 9. Oktober 1968 konstituiert. Er soll insbesondere Vorschläge ausarbeiten, mit denen eine sozialpolitisch, finanzpolitisch und gesamtwirtschaftlich befriedigende Regelung der sozialen Alterssicherung über das Jahr 1971 hinaus erzielt werden soll. Darüber hinaus wird er sich auf der Grundlage eines Sozialbudgets auch mit den anderen Bereichen der sozialen Sicherung beschäftigen. Der Kabinettsausschuß wird sich in diesem Zusammenhang mit dem Problem einer Krankenversicherungsreform und der Lohnfortzahlung befassen.Ich habe die Errichtung des Sozialkabinetts und diesen Arbeitsplan sehr begrüßt. Der wirtschaftliche und technische Fortschritt führt in unserer Industriegesellschaft zu einem raschen Wandel aller wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen und zu verstärkten sozialen Verflechtungen und Abhängigkeiten.Dieser grundlegende Tatbestand erfordert — ich habe vor drei Jahren in meiner ersten Rede in meiner Eigenschaft als Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung vor diesem Hohen Hause sehr nachdrücklich darauf hingewiesen — eine enge Verzahnung von Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik. Das neugeschaffene Sozialkabinett wird unter diesem zentralen Gesichtspunkt seine Arbeit aufnehmen. Ich bin überzeugt, daß wir damit auf der Linie einer progressiven und wirtschaftsgerechten Sozialpolitik ein gutes Stück weiterkommen werden.Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, aber auch noch diesen Satz anfügen. Wir haben es bei der sozialen Rentenversicherung hier und heute mit Zahlen, mit Daten, mit Beiträgen und mit Renten zu tun. Aber das Problem, das wir zu lösen haben, geht, glaube ich, über all dies weit hinaus. Wir haben zu sehen und zu beachten, daß die Alten in unserem Lande nicht nur ein Recht darauf haben, wirtschaftlich am Aufstieg teilzunehmen, sondern daß sie voll in unsere Gesellschaft integriert sein müssen.
Und dazu, meine Damen und Herren, gehört noch mehr. Wir dürfen nicht zulassen, daß unsere alten Menschen an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Es gibt vielfältige Bemühungen. Ich denke z. B. daran, daß wir mit Hilfe des Titels, den Sie voriges Jahr gottlob gebilligt haben, erstmals Bücher in Großdruckbuchstaben haben herstellen lassen, damit unsere alten Menschen in der Lage sind, auch noch lesen zu können. Aber wenn ich mir vorstelle, daß wir in Deutschland einen großen Markt haben, der sich auf Teenagerbedürfnisse spezialisiert hat — Milliardenbeträge werden hierfür ausgegeben —, dann meine ich, man sollte einmal darüber
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Bundesminister Katzernachdenken, ob es nicht auch Bedürfnisse alter Menschen gibt und einen Markt für diese alten Menschen geben sollte. Man sollte sich einmal darum kümmern, den besonderen Anliegen dieser Menschen gerecht zu werden. Darum sollte sich auch die deutsche Wirtschaft vielleicht etwas kümmern.
Damit ist .die allgemeine Aussprache zu diesem Gesetz geschlossen. Wir treten in die Einzelberatung ein,Ich habe dazu vorweg zu bemerken, daß der Antrag des Ausschusses für Sozialpolitik zu diesem Gesetz dadurch erledigt wird, daß wir über die Vorlage in der durch den Ausschuß erarbeiteten Fassung abstimmen.Der Bericht des Haushaltsausschusses, der der Ordnung halber hier erwähnt werden muß, da es sich ja um eine Finanzvorlage handelt, sagt in seinem entscheidenden Teil:Der Haushaltsausschuß sieht die Vorlage als mit der Haushaltslage vereinbar an.Damit ist auch die finanzpolitische Seite geklärt.Ich rufe nun auf die §§ 1 bis 16, Einleitung und Überschrift. — Wer den aufgerufenen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig beschlossen.Ich rufe diedritte Beratungauf. Eine Aussprache findet offenbar in der dritten Beratung nicht mehr statt. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:a) Mündlicher Bericht des Petitionsausschusses über seine Tätigkeit gemäß § 113 Abs. 1 der GeschäftsordnungBerichterstatterin: Abgeordnete Frau Jacobi
b) Beratung der Sammelübersicht 34 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen und systematische Ubersicht über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 18. Oktober 1965 bis 30. September 1968 eingegangenen Petitionen— Drucksache V/3322 —c) Beratung der Sammelübersicht 35 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen— Drucksache V/3388 —Eine mündliche Berichterstattung erfolgt nicht. Wir stimmen über die Anträge des Petitionsausschusses ab. Wer ihnen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die Anträge des Petitionsausschusses sind einstimmig angenommen.Ich rufe nun Punkt 50 der Tagesordnung auf:Beratung des Antrags des Abgeordneten Starke und der Fraktion der FDP betr. Einrichtung eines Kooperationsausschusses zwischen der EWG und den Ländern Osteuropas— Drucksache V/2882 —Dazu ist eine Aussprache vorgesehen. Erfolgen Wortmeldungen? — Nein. Dann können wir gleich über den Antrag entscheiden.Es ist Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß — federführend —, den Ausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen — mitberatend — und den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung vorgeschlagen. Wird diesen Überweisungsanträgen widersprochen? — Das ist nicht der Fall; dann ist so beschlossen.Ich rufe die Punkte 69 bis 78 der Tagesordnung auf:Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Gesundheitswesen über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Richtlinie des Rates zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit bestimmtem zerlegtem frischem Fleisch— Drucksachen V/2910, V/3356 —Berichterstatterin: Abgeordnete Frau BlohmBeratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der Europäischen Gemeinschaften füreine Verordnung des Rats zur Bestimmungder Voraussetzungen für die Anwendung vonSchutzmaßnahmen auf dem Sektor Getreideeine Verordnung des Rats zur Bestimmung der Voraussetzungen für die Anwendung von Schutzmaßnahmen auf dem Sektor Reiseine Verordnung des Rats zur Bestimmung der Voraussetzungen für die Anwendung von Schutzmaßnahmen auf dem Sektor Schweinefleischeine Verordnung des Rats zur Bestimmung der Voraussetzungen für die Anwendung von Schutzmaßnahmen auf dem Sektor Eiereine Verordnung des Rats zur Bestimmung der Voraussetzungen für die Anwendung von Schutzmaßnahmen auf dem Sektor Geflügelfleisch
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Vizepräsident Schoettleeine Verordnung des Rats zur Bestimmung der Voraussetzungen für die Anwendung von Schutzmaßnahmen auf dein Sektor Fetteeine Verordnung des Rats zur Bestimmung der Voraussetzungen für die Anwendung von Schutzmaßnahmen auf dem Sektor Obst und Gemüse— Drucksachen V/2744, V/3364 —Berichterstatter: Abgeordneter LogemannBeratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Verordnung des Rats mit zusätzlichen Vorschriften für die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik im Zuckersektor— Drucksachen V/2940, V/ 3365 —Berichterstatter: Abgeordneter LogemannBeratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der Europäischen Gemeinschaften füreine Verordnung des Rats über Lagerverträge für Olivenöleine Verordnung des Rats über die Finanzierung der Ausgaben für Intervention auf dem Binnenmarkt im Sektor Fetteeine Verordnung des Rats über eine abweichende Festsetzung der Schwellenpreise für Zucker für die Zeit vom 1. Juli 1968 bis 31. Mai 1969eine Verordnung des Rats über die Anpassung der Grundquoten für Zucker im Falle der Zusammenlegung von Betriebeneine Richtlinie des Rats über den Verkehrmit vegetativem Vermehrungsgut von Reben,das außerhalb der Gemeinschaft erzeugt wirdeine Verordnung des Rats zur Vereinheitlichung der Einfuhrregelungen, die von den einzelnen Mitgliedstaaten gegenüber Ländern im Sektor lebende Pflanzen und Waren des Blumenhandels angewendet werdeneine Verordnung des Rats zur Festsetzung der Bedingungen für die Anwendung der Schutzmaßnahmen im Sektor lebende Pflanzen und Waren des Blumenhandelseine Richtlinie des Rats für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für landwirtschaftliche Zugmaschinen auf Räderneine Richtlinie des Rats für die Angleichungder Rechtsvorschriften der Mitgliedstaatenüber gewisse Merkmale und Ausrüstungen von landwirtschaftlichen Zugmaschinen auf Räderneine Verordnung des Rats zur Änderung desAnhangs I der Verordnung Nr. 865/68des Rats hinsichtlich bestimmter Fruchtsäfte— Drucksachen V/2851, V/2911, V/2939, V/3097, V/3126, V/3152, V/3212, V/3213, V/3366 —Berichterstatter: Abgeordneter Schröder
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der Europäischen Gemeinschaften füreine Verordnung des Rats über die Finanzierung von Ausgaben, die durch besondere Maßnahmen der Republik Italien bei der Einfuhr von Futtergetreide entstehen, durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschafteine Verordnung des Rats mit ergänzenden Bestimmungen für die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik— Drucksachen V/2631, V/2809, V/3367 — Berichterstatter: Abgeordneter LogemannBeratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der Europäischen Gemeinschaften füra) eine Richtlinie des Rats zur Änderung der Richtlinie des Rats vom 26. Juni 1964 zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleischb) eine Richtlinie des Rats zur Änderung der Richtlinie des Rats vom 26. Juni 1964 zur Regelung viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen— Drucksachen V/2632, V/3368 — Berichterstatter: Abgeordneter WelslauBeratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Verordnung des Rats zur Festlegung der allgemeinen zusätzlichen Regeln zur Gewährung der Ausfuhrerstattungen für die einer einheitlichen Preisregelung unterliegenden Erzeugnisse, die unbearbeitet oder in Form bestimmter Waren, die nicht
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Vizepräsident Schoettleunter Anhang II des Vertrages fallen, ausgeführt werden— Drucksachen V/3157, V/3370 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. SteinmetzBeratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Verordnung des Rats zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen und der Kriterien zur Festsetzung des Erstattungsbetrages hinsichtlich bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die in Form von nicht unter Anhang II des Vertrages fallenden Waren ausgeführt werden— Drucksachen V/3033, V/3371 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. SteinmetzBeratung des Mündlichen Berichts des Innenausschusses über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Verordnung des Rats zur Festlegung der Gruppen von Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften, auf die Artikel 12, Artikel 13 Absatz 2 und Artikel 14 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Gemeinschaften Anwendung finden— Drucksachen V/3204, V/3373 —Berichterstatter: Abgeordneter Müller
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der EWG füra) eine Verordnung des Rats über die Anwendung der gemeinsamen Liste zur Liberalisierung der Einfuhren aus Drittländern auf die französischen Überseedepartementsb) eine Verordnung des Rats über die Anwendung des gemeinsamen Verfahrens über die Verwaltung von mengenmäßigen Einfuhrkontingenten in der Gemeinschaft auf die französischen Überseedepartementsc) eine Verordnung des Rats über die Anwendung der besonderen Einfuhrregelung für bestimmte Erzeugnisse aus bestimmten Drittländern auf die französischen Überseedepartementsd) eine Entscheidung des Rats zur Ermächtigung Italiens, bei der Einfuhr bestimmter auf der gemeinsamen Liberalisierungsliste stehender Erzeugnisse mit Ursprung undHerkunft in Japan gegebenenfalls mengenmäßige Beschränkungen einzuführen— Drucksachen V/3142, V/3382 —Berichterstatter: Abgeordneter LangeEs handelt sich um Berichte der Ausschüsse zu Vorschlägen der Kommission der EWG. Die Ausschüsse empfehlen Kenntnisnahme der Vorschläge und darüber hinaus die Annahme von Entschließungen.Wünscht einer der Herren Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Ist das Haus damit einverstanden, daß wir der Einfachheit halber gemeinsam abstimmen? — Ich höre keinen Widerspruch.Wir kommen zur Abstimmung über die Ausschußanträge auf Drucksachen V/3356, V/3364, V/3365, V/3366, V/3367, V/3368, V/3370, V/3371, V/3373 und V/3382. Wer zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.Ich rufe nun die Zusatzpunkte, die wir heute morgen auf die Tagesordnung gesetzt haben, auf, zunächst dieZweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Protokollen Nr. 2, 3 und 5 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten— Drucksache V/2583 —Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses
— Drucksache V/3230 —
Berichterstatter ist der Abgeordnete Professor Dr. Wahl. Der Herr Berichterstatter wünscht offenbar nicht das Wort.Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe die Art. 1, 2 und 3, Einleitung und Überschrift des Gesetzes auf. — Wer den aufgerufenen Artikeln zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke! Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig beschlossen!Wir kommen zurdritten Beratung.Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung.Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben, — Danke! Die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Weder Gegenstimmen noch Enthaltungen; das Gesetz ist einstimmig beschlossen.Ich rufe auf:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
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10440 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 193. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. Oktober 1968
Vizepräsident SchoettleGesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964— Drucksache V/2781 —Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses
— Drucksache V/3346 —Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung— Drucksache V/3416 —
Berichterstatter des Finanzausschusses ist der Herr Abgeordnete Fritz . Der Berichterstatter wünscht das Wort nicht.Wir kommen zur Einzelberatung des Gesetzes. Auch hier hat der Haushaltsausschuß — das muß hier gesagt werden — festgestellt, daß durch die neue Fassung des Gesetzentwurfs keine Einnahmeausfälle gegenüber der Regierungsvorlage entstehen werden. Er sieht die Vorlage als mit der Haushaltslage vereinbar an.
— Sie sind reichlich spät dran, Herr Kollege Stekker.
— Nein, ich habe alles aufgerufen. Es war auch kein Änderungsantrag angekündigt. Ich befinde mich hier in einem gewissen Zwiespalt. Ich kann mir denken, daß nach der Vorgeschichte dieses Gesetzentwurfs das, was Sie beantragen möchten, wichtig -ist.
— Wollen Sie es in der dritten Lesung machen? Gut!Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Artikeln sowie der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Danke. Gegenprobe! —Enthaltungen? — Eine Enthaltung. Die aufgerufenen Artikel sowie Einleitung und Überschrift sind angenommen.Wir kommen zurdritten Beratung.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Stecker.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Art. 4 ist das Inkrafttreten des Gesetzes auf den 1. Dezember 1968 festgesetzt. Eine solche Bestimmung würde zur Folge haben, daß auch die sogenannte Benzolpräferenz, die in Art. 1 Nr. 3 Buchstabe b Doppelbuchstabe dd gereglet ist, schon mit dem 1. Dezember halbiert werden würde. Das war nicht Sinn unseres Beschlusses und auch nicht der Sinn des Beschlusses im Haushaltsausschuß. Die Benzolpräferenz würde nach dem Gesetz vielmehr am 31. Dezember dieses Jahres auslaufen und soll um zwei Jahre
verlängert werden.
Ich stelle deswegen einen Änderungsantrag —
ich habe bei der Antragsannahmestelle versucht, zu erreichen, daß er Ihnen allen zugänglich gemacht wird —, der vom Finanzministerium formuliert worden ist und der folgendermaßen lautet:
Der Bundestag wolle beschließen: Artikel 4 erhält die folgende Fassung:
Artikel 4
Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe b Doppelbuchstabe dd tritt am 1. Januar 1969, im übrigen tritt dieses Gesetz am 1. Dezember 1968 in Kraft.
Ich bitte, diesem Antrag zuzustimmen.
Ich muß jetzt die Frage nach der ausreichenden Unterstützung dieses Antrages stellen. — Er wird ausreichend unterstützt.
Dann kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Wir kommen nun zur Schlußabstimmung über den Gesetzentwurf im ganzen in der durch diesen Beschluß veränderten Fassung. Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Danke. Die Gegenprobe, bitte! — Es erhebt sich niemand. Enthaltungen? — Ebenfalls keine Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, ich gebe noch bekannt, daß Frau Abgeordnete Jacobi, die als Berichterstatterin für den Petitionsausschuß sprechen wollte, aber wegen einer anderen Verpflichtung abgehalten worden ist, ihre Ausführungen zu Protokoll gegen hat *).
Damit sind wir am Ende der heutigen Sitzung.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Mittwoch, den 13. November 1968, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.