Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Staatssekretär im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung hat am 23. Oktober 1968 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Marx , Dr. Lenz (Bergstraße), Baron von Wrangel, Kiep, Dr. Wörner, Rawe und Genossen betr. sowjetische Propaganda und Völkerrechtsverletzung — Drucksache V/3298 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/3399 verteilt.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Entscheidung des Rates zur Harmonisierung der Regelungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Befreiung von den im internationalen Reiseverkehr bei der Einfuhr erhobenen Umsatzsteuern und Verbrauchsteuern
— Drucksache V/3351 —
überwiesen an den Finanzausschuß , an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen und an den Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im November erfolgen wird
Verordnung des Rates zur Änderung der Dienstbezüge der Beamten und der sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften
Verordnung des Rates zur Änderung der Berichtigungskoeffizienten für die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten
Verordnung des Rates zur Festlegung der Höhe der in Anhang VII Artikel 4 a) des Statuts der Beamten vorgesehenen vorübergehenden Pauschalzulage
Verordnung des Rates zur Verlängerung der Gewährung der in Anhang VII Artikel 4 a) des Statuts der Beamten vorgesehenen vorübergehenden Pauschalzulage
— Drucksache V/3357 —überwiesen an den Innenausschuß und an den Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im November erfolgen wird
Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie des Rates vom 14. Juni 1966 über den Verkehr mit forstlichem Vermehrungsgut
— Drucksache V/3358 —
überwiesen en den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im November erfolgen wird
Verordnung des Rates zur Festsetzung des Grundpreises und der Standardqualität für geschlachtete Schweine für die Zeit vom 1. November 1968 bis zum 31. Oktober 1969
— Drucksache V/3359 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im Oktober erfolgen wird
Verordnung des Rates über die Durchführung einer Lohnerhebung in Industrie und Handwerk, Energiewirtschaft und Wasserversorgung
— Drucksache V/3369 — überwiesen an den Ausschuß für Arbeit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im November erfolgen wird
Verordnung des Rates zur Festsetzung der Richtpreise, des Interventionspreises und des Schwellenpreises für Olivenöl für das Wirtschaftsjahr 1968/69
— Drucksache V/3378 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im November erfolgen wird
Verordnung des Rates betreffend die Beihilfe für Olivenöl — Drucksache V/3390 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im Oktober erfolgen wird
Verordnung des Rates, mit der Belgien zur Gewährung von Beihilfen für die Erzeugung von Vollmilchpulver ermächtigt wird
— Drucksache V/3391 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im Oktober erfolgen wird
Verordnung des Rates über die Beteiligung des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Ausrichtung, für das Jahr 1969
— Drucksache V/3392 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im November erfolgen wird
Verordnung des Rates zur Festsetzung des Grundpreises und des Ankaufspreises für Blumenkohl für die Zeit vom 1. November 1968 bis 30. April 1969
— Drucksache V/3394 —
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im Oktober erfolgen wird
Wir kommen zur
Fragestunde
—Drucksachen V/3389, zu V/ 3389 —
Wir haben zunächst noch mündliche Anfragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern, als erste die Frage 51 des Herrn Abgeordneten Dorn: -
Was hat die von Staatssekretär Professor Ernst in der Fragestunde vom März 1967 angekündigte Prüfung ergeben, „ob die Ausschöpfung dieser Kompetenz durch eine Novellierung des Bundeskriminalamtsgesetzes vom 8. März 1951 eine Verbesserung der Verbrechensbekämpfung bewirken konnte"?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär Köppler.
Herr Präsident, ich
Metadaten/Kopzeile:
10402 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1968
Parlamentarischer Staatssekretär Köpplermöchte die beiden Fragen gern im Zusammenhang beantworten, wenn es möglich ist.
Bitte sehr! Ich rufe dann noch die Frage 52 des Herrn Abgeordneten Dorn auf:
Welches Ergebnis hatten die seinerzeit angekündigten Versuche der Bundesregierung, „in dieser Frage ein Einvernehmen mit den Ländern herbeizuführen"?
Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister 'des Innern: Herr Kollege Dorn, in meinem Hause sind insbesondere in der letzten Zeit entsprechende Überlegungen angestellt worden. Wie Sie wissen, hat sich auch der Innenausschuß damit seit langem befaßt. Sie wissen auch, daß heute vormittag eine öffentliche Anhörung des Innenausschusses zu diesem Thema stattgefunden hat. Ich bedauere, daß Sie nicht die Möglichkeit hatten, den Teil der Sitzung mitzuverfolgen, in dem insbesondere der Vertreter des Bundesinnenministeriums zu dem von Ihnen angesprochenen Fragenkomplex ausführlich die Konzeption der Bundesregierung vorgetragen hat. Es steht zu erwarten, daß die Frage, die Sie gestellt haben, im Verlauf der heutigen Sitzung des Innenausschusses ausführlich erörtert und auch einer Klärung zugeführt wird.
Keine Zusatzfrage? — Dann kommen wir zur Beantwortung der Frage 53 des Herrn Abgeordneten Lemper:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach die Rundfunk- und Fernsehgebühren erhöht werden sollen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, die Ministerpräsidenten der Länder wollen sich bei ihrer nächsten Konferenz am 30. und 31. Oktober mit dem Rundfunkgebührenwesen befassen. Es wird vom Ergebnis der Beratungen abhängen, was die Ministerpräsidenten dazu beschließen werden,
Dann kommen wir zur Beantwortung der Frage 54 des Herrn Abgeordneten Lemper:
Bei Bejahung der Frage 53: ist es zu vertreten, daß die Forderer dieser Gebührenerhöhungen Stargagen zwischen 5000 DM und 20 000 DM je Sendung zahlen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Die Frage muß mit Nein beantwortet werden. Nach dem gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung gehört der Komplex in die Zuständigkeit der Landesgesetzgeber, auf deren Willensbildung Bundesorgane bekanntlich keinen Einfluß haben.
Zusatzfrage, Herr Kollege Lemper.
Herr Staatssekretär, sind Sie denn bereit, die Möglichkeit der Intervention wahrzunehmen, um derartige Dinge in Zukunft zu vermeiden, wenn es einerseits um Gebührenerhöhungen für Rundfunk und Fernsehen geht und andererseits diese maßlosen Gagen für eine Darbietung oder einen Abend gezahlt werden?
Ich muß darauf hinweisen, daß die Möglichkeit der Intervention nicht gegeben ist, Herr Kollege. Im übrigen kann man natürlich zur Angemessenheit von Gagen auch in der von Ihnen genannten Höhe nur dann Stellung nehmen, wenn man auf den konkreten Einzelfall zu sprechen kommt.
Dann kommen wir zur Beantwortung der Frage 55 des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt :
Ist die Bundesregierung bereit, der gleichberechtigten Mitarbeit von Millionen Frauen in Betrieben und Verwaltungen auch dadurch Rechnung zu tragen, daß sie die ihr unterstellten Behörden anweist, alle nicht an einzelne Personen gerichtete Briefe und Verwaltungsakte mit der Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren" einzuleiten?
Herr Staatssekretär, bitte!
Die Bundesregierung hat die Frage bereits geprüft. Sie .hat bisher von einer entsprechenden Anweisung abgesehen, weil die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren" bei Schreiben an Firmen und Dienststellen zur Zeit noch nicht üblich ist. Im Zusammenhang mit einer allgemeinen Regelung der Anreden im amtlichen Schriftverkehr soll jedoch diese Frage in Kürze wieder behandelt werden. Ohne der Entscheidung des Kabinetts vorgreifen zu wollen, darf ich für mich persönlich sagen, daß mir das Anliegen nicht unberechtigt erscheint. Die in Ihrem Sinne geänderte Anredeform würde tatsächlich den geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen Rechnung tragen.
Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Arndt.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß einzelne Länder bereits ähnlich oder gleich verfahren?
Das ist mir bekannt, und das war auch der Anlaß für die erneute Prüfung im Bereich der Bundesregierung.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte!
Mit etwas humoristischem Unterton: Herr Staatssekretär, wären Sie auch bereit, Ihre persönliche Meinung kollegialiter den Herren Mitgliedern der Bundesregierung weiterzugeben? Ich denke daran, daß der Herr Bundesminister der Finanzen neulich die Mehrwertsteuer-Fibel den Mitgliedern dieses Hauses mit der Anrede „Sehr geehrte Herren Abgeordnete" übersandt hat.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1968 10403
Herr Kollege, die Frage wird selbstverständlich im Kabinett zur Sprache kommen und im Kabinett behandelt werden. Ich bin aber gern bereit, soweit mir das zukommt, kollegialiter schön vorher meine persönliche Auffassung in Umlauf zu setzen.
Eine weitere Zusatzfrage, Kollege Sänger.
Herr Staatssekretär, wenn ich Ihre erste Antwort richtig verstanden habe, darf ich die Frage an Sie richten: Könnte bei dieser Gelegenheit das Kabinett, wenn die Frage der Anreden geprüft wird, ganz allgemein anordnen, daß etwas mehr Höflichkeit auch in den Schreiben der Finanzämter Platz greift, so daß diese nicht einfach — wie mir dieser Tage zugegangen — mit dem Satz beginnen: „Sie werden hiermit aufgefordert, ..."?
Ich bin völlig Ihrer Auffassung, daß in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung diese Gebote der Höflichkeit Eingang finden sollten.
Wir kommen dann zu der Frage 56 des Herrn Abgeordneten Rock. — Der Fragesteller ist nicht anwesend. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Das gilt auch für die Fragen 57 und 58.
Dann kommen wir zur Beantwortung der Frage 59 des Abgeordneten Dichgans:
Welches politische Organ sollte sich nach Auffassung der Bundesregierung mit der Frage beschäftigen, ob die hohen Steuermittel, die Bund, Länder und Gemeinden für den Bau und die Unterhaltung von Opernhäusern aufgewandt haben und aufwenden, im angemessenen Umfang auch der Förderung des deutschen künstlerischen Nachwuchses zugute kommen?
Die Frage wird vom Herrn Kollegen Josten übernommen.
Ein politisches Organ, das sich mit der Zusammenfassung der Aktivitäten von Bund, Ländern und Gemeinden bei den vom Fragesteller erwähnten Aufgaben beschäftigen könnte, besteht bisher nicht. Aus diesem Grunde ist es in neuerer Zeit, insbesondere aus dem Bereich des Deutschen Städtetages, zu einer Initiative gekommen, die auf die Einrichtung eines solchen Forums abzielt. Die Bundesregierung prüft zur Zeit diesen Vorschlag mit großem Interesse, wie ich sagen darf.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß für den künstlerischen Nachwuchs mehr getan werden muß?
Durchaus.
Dann kommt die Frage 60 des Herrn Abgeordneten Dichgans:
Trifft die Meldung zu, daß von den 18 Gesangssolisten des Opernhauses der Bundeshauptstadt Bonn nur ein einziger die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt?
Nach einer Rückfrage bei der Stadt Bonn trifft diese Meldung zu. Die Stadt Bonn erklärt zur Erläuterung, daß von den 17 Ausländern acht dem deutschsprachigen Raum
—Österreich — entstammen. Die Notwendigkeit der Beschäftigung ausländischer Künstler wird von der Stadt Bonn mit einem Mangel an geeigneten deutschen Kräften, dem Erfordernis bestimmter fachlicher Qualitäten und der Unmöglichkeit, im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel die Gagenforderungen gleichwertiger deutscher Kräfte zu erfüllen, begründet. Der Bund beteiligt sich im Rahmen seiner Förderung der kulturellen Einrichtungen in Bonn und Bad Godesberg an dem Betriebsdefizit des Bonner Theaters mit einem Drittel. Die Gewährung von Bundeszuschüssen ist bisher nicht von einer Mitwirkung bei der Programmgestaltung oder der Besetzung der Rollen abhängig gemacht worden. Es ist auch nicht beabsichtigt, künftig in irgendeiner Weise die Entscheidungen des Intendanten auf diesem Wege zu beeinflussen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dorn.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß die Stadt Bonn im Gegensatz zu der Frage des Kollegen Dichgans kein Opernhaus unterhält, sondern ein Stadttheater mit Schwerpunkt Schauspiel, und daß das Opernensemble dieses Stadttheaters nicht aus 18, sondern aus 17 Solisten besteht?
Das ist der Bundesregierung bekannt und in meiner Antwort auch deutlich geworden.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte sehr, Herr Kollege Dorn!
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, trotz der Forderung des Kollegen Dichgans nach einem politischen Organ dem Theater der Stadt Bonn die künstlerische Freiheit zuzugestehen, sich sein Ensemble nach wie vor selbst auszuwählen.
Ich glaube, ich habe das, was die Stadt Bonn und die Absicht der Bundesregierung betrifft, dort die Freiheit der Instanzen der Stadt Bonn zu gewährleisten, deutlich gemacht.
Metadaten/Kopzeile:
10404 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1968
Wir kommen dann zur Frage 61 des Herrn Abgeordneten Dichgans:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß diese Verhältniszahl und ähnliche Verhältniszahlen an anderen deutschen Opernhäusern der Leistungskraft des deutschen künstlerischen Nachwuchses entsprechen?
Zur Beantwortung, bitte sehr, Herr Staatssekretär Köppler!
Der Anteil der Ausländer bei den Gesangssolisten des Theaters der Stadt Bonn ist nicht repräsentativ für die Verhältnisse an den Bühnen in der Bundesrepublik Deutschland. Nach den statistischen Erhebungen des Deutschen Musikrates für die Jahre 1965 bis 1967 waren im Erhebungszeitraum 1188 Fachverträge für Gesangssolisten an deutschen Bühnen vorgesehen. Der Ausländeranteil beträgt mit 362 Verträgen somit nur ein knappes Drittel.
Der Ausländeranteil wird u. a. darauf zurückgeführt, daß ein großer Teil der Studierenden, die in Deutschland ihre Ausbildung erfahren haben, hier auch ihre Berufspraxis beginnen, um möglichst an einer der vielen deutschen Bühnen Erfahrungen zu sammeln. Außerdem sollen sich weitere Sängerinnen und Sanger, besonders aus den Vereinigten Staaten von Amerika, die dort ausgebildet wurden, wegen der geringen Zahl ständiger Bühnen und damit Engagementsmöglichkeiten im eigenen Land gern an deutsche Bühnen verpflichten lassen. Der Deutsche Musikrat sieht diesen Vorgang nach der vorübergehenden Isolierung Deutschlands als natürlich und notwendig an.
Die Bundesregierung ist mit dem Deutschen Musikrat der Auffassung, daß, so erfreulich ein starker ausländischer Anteil an deutschen Bühnen ist und so verhängnisvoll eine nationale Abschnürung auf künstlerischem Gebiet wäre, die zuständigen Stellen dem deutschen künstlerischen Nachwuchs bei gleichwertiger Leistung und gleichen sonstigen Voraussetzungen auch gleiche Chancen in der Berufspraxis einräumen sollten.
Die von mir in der Antwort auf Ihre erste Frage erwähnte Initiative des Deutschen Städtetages könnte für die Lösung auch dieses Problems sachdienliche Wege weisen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Josten.
Herr Staatssekretär, ist das Innenministerium bereit, mit den zuständigen Stellen der Länder — Sie nannten schon den Deutschen Musikrat in Hamburg — Verbindung aufzunehmen, damit gemeinsame Pläne zur Förderung des deutschen künstlerischen Nachwuchses ausgearbeitet und gegebenenfalls in die Wege geleitet werden?
Soweit der Bundesregierung dafür Zuständigkeiten gegeben und damit
Möglichkeiten eröffnet sind, wird sie dazu gern bereit sein.
Zusatzfrage, Herr Kollege Dorn.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Antwort auf die erste Frage des Kollegen Dichgans so auslegen, daß es die Bundesregierung positiv bewertet, wenn die Nachwuchskräfte auf dem künstlerischen Sektor im internationalen Bereich genauso akzeptiert und ausgebildet werden, wie es in der deutschen Industrie, wo Herr Dichgans herkommt, allgemein üblich ist?
Durchaus.
Wir kommen dann zur Frage 62 von Herrn Kollegen Dr. Gleissner:
Kann gesagt werden, in welchem Umfang die Forderung des Sportes durch Bund und Länder in den nächsten Jahren intensiviert wird?
Zur Beantwortung, bitte schön, Herr Staatssekretär Köppler!
Die Bundesregierung hat im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung eine angemessene Erhöhung der allgemeinen Sportförderungsmittel vorgesehen. Es ist jedoch dabei zu beachten, daß die Probleme des modernen Sports nicht allein durch die Erhöhung der Finanzmittel zu lösen sind. Gleichzeitig müssen auch die organisatorischen und wissenschaftlichen Voraussetzungen für eine zeitgerechte Sportausübung verbessert werden. Ich beabsichtige, hierüber mit den Sportorganisationen ein bereits begonnenes Gespräch intensiv fortzuführen.
Die weitere Förderung des Sportstättenbaus durch den Bund, Herr Kollege, ist vom Ergebnis der Erörterungen über die Finanzreform abhängig. Über eine Intensivierung der Sportförderung in den Ländern bin ich im einzelnen nicht informiert. Ich weiß jedoch, daß man auch dort die Bedeutung des Sports für die moderne Gesellschaft erkannt hat.
Eine Zusatzfrage? —Ja, bitte sehr!
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß andere Länder, die sich um die Olympiade beworben haben, auch dafür gesorgt haben, daß der Vereins- und Schulsport und der allgemeine Sport nicht vernachlässigt, sondern entsprechend mitgefördert und intensiviert worden sind?
Das ist mir zwar im einzelnen nicht bekannt, aber das setze ich ohne weiteres voraus. Im übrigen stünde diese Entwicklung nicht im Gegensatz zur Entwicklung in der Bundesrepublik.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1968 10405
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wäre es nicht ein Widerspruch, wenn wir nach den jetzigen Dispositionen über 1 Milliarde DM für Bauten zur Olympiade ausgäben, während die Mittel für die Vereine entweder gekürzt oder jedenfalls nicht erhöht würden?
Die jetzigen Vorausschätzungen für die Investitionen zu den Olympischen Spielen in München, Herr Kollege, liegen erheblich unter dem Betrag von 1 Milliarde DM. Das zunächst!
Im übrigen habe ich schon in meiner Antwort auf Ihre Frage darauf hingewiesen, daß die Mittel für die allgemeine Sportförderung, soweit sie dem Bunde zukommt, nicht stehengeblieben sind, sondern ständig weiter gesteigert werden konnten und auch nach der mittelfristigen Finanzplanung weitere Steigerungen erfahren werden.
Mir ist im einzelnen nicht bekannt, ob in den Ländern eine entsprechende Entwicklung vorgesehen ist. Ich weiß aber, daß sich die zuständigen Minister innerhalb der Landesregierungen um eine ähnliche Steigerung der allgemeinen Sportförderung in ihrem Bereich bemühen.
Es tut mir furchtbar leid. Sie wissen, die scharfen Vorschriften zwingen mich dazu, keine weiteren Zusatzfragen zu erlauben.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich rufe die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Westphal auf:
Trifft es zu, daß neue Richtlinien und Durchführungsanweisungen der Bundesanstalt für Arbeit über die Gewährung von Ausbildungsbeihilfen zwar die Leistungen für Bewerber in Lehr-und Anlernberufen erheblich verbessern, aber die Förderung von Antragstellern in sozialpflegerischen Berufen nach dem 1. Oktober 1968 aus Mitteln der Bundesanstalt nicht mehr ermöglichen?
Das Wort zur Beantwortung hat Herr Staatssekretär Kattenstroth.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bitte, die drei Fragen des Herrn Abgeordneten Westphal wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten zu dürfen.
Bitte schön! Dann rufe ich zusätzlich die Fragen 28 und 29 des Abgeordneten Westphal auf:
Ist es arbeitsmarktpolitisch und sozialpolitisch zu verantworten, daß die Teilnehmer an Kindergärtnerinnenseminaren, Heimerzieherschulen und ähnlichen Fachschulausbildungen im sozialpädagogischen Bereich von der Förderung durch die Bundesanstalt für Arbeit ausgeschlossen werden?
Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die Bundesanstalt für Arbeit Bewerber aus sozialpflegerischen Berufen weiter fördern muß, bis ein Ausbildungsförderungsgesetz diese Ausbildungswege in seine Förderung einbezieht?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nach einem Beschluß des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung sind zum 1. Oktober 1968 in der Tat neue Richtlinien für die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfen in Kraft getreten. Die Beihilfen werden nach den neuen Richtlinien erheblich verbessert; sie sind allerdings jetzt ausschließlich für Bewerber in Lehr- und Anlernberufen, also grundsätzlich bei betrieblicher Ausbildung, vorgesehen. Die bisherige Ausnahmeregelung, nach der Ausbildungsbeihilfen in besonderen Fällen auch für Bewerber in bestimmten Sozialberufen, also überwiegend für die Fachschulbesuche, gewährt werden konnten, hat der Verwaltungsrat in seine neuen Richtlinien nicht übernommen.Nach den bisherigen Richtlinien, die bereits aus dem Jahre 1953 stammen, hat die Bundesanstalt für bestimmte soziale Berufe, u. a. Krankenschwestern und -pfleger, Kindergärtnerinnen, Gemeindehelfer und -helferinnen sowie Familienpflegerinnen, die Ausbildung in besonderen Fällen gefördert. Eine solche Regelung war nach dem Kriege eingeführt worden, weil damals die Ausbildungsmöglichkeiten vor allem für Mädchen besonders ungünstig waren und es kaum andere Förderungen gab.Inzwischen sind Förderungsmöglichkeiten seitens des Bundes und auch von einigen Ländern geschaffen worden. So wurde eine der Ausbildungsförderung der Bundesanstalt ähnliche Regelung 1962 durch das Bundessozialhilfegesetz eingeführt. Hiernach erschien es der Bundesanstalt nicht mehr gerechtfertigt, die seinerzeit, also 1953, als Ausnahme eingeführte Förderung der Fachschulausbildung in sozialen Berufen fortzuführen, weil darin eine Bevorzugung einzelner Berufe mit Fachschulausbildung gesehen werden könne. Nach dem Beschluß des Verwaltungsrats der Bundesanstalt sollen allerdings die gegenwärtig Geförderten bis zur Beendigung ihrer Ausbildung die nach den bisherigen Richtlinien gewährten Ausbildungsbeihilfen der Bundesanstalt erhalten.Nachdem von verschiedenen Seiten darauf hingewiesen wurde, daß ein dringendes Bedürfnis für eine zumindest vorläufige Fortführung dieser Förderung durch die Bundesanstalt besteht, hat Minister Katzer das folgende Fernschreiben an den Präsidenten der Bundesanstalt gerichtet:Abgeordnete des Deutschen Bundestages habenden dringenden Wunsch an mich herangetragen,die Bundesanstalt möge die nach den bisherigenRichtlinien des Verwaltungsrats ausnahmsweisezugelassene Ausbildungsförderung für Anwärter sozialer Berufe fortführen, bis für diesenPersonenkreis auf anderem Wege, z. B. durchein Ausbildungsförderungsgesetz, eine angemessene Förderung sichergestellt sei. Angesichtsdes in den genannten Berufen herrschendenNachwuchsmangels kann ich mich diesem Anlie-
Metadaten/Kopzeile:
10406 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1968
Staatssekretär Kattenstrothgen nicht verschließen. Ich würde es begrüßen, wenn die Bundesanstalt diese Angelegenheit möglichst bald überprüfen und dem Verwaltungsrat einen Vorschlag unterbreiten würde, mit dem dieser dem dargelegten Anliegen Rechnung tragen könnte.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Westphal.
Herr Staatssekretär, nachdem man also dankbar begrüßen kann, daß meine Fragen hier schon dazu geführt haben, daß Ihr Haus etwas unternommen hat, um die negativen Auswirkungen einzudämmen, möchte ich trotzdem fragen, ob es nicht auch nach Ihrem Eindruck so ist, daß die Bundesanstalt sozusagen den § 38 des Entwurfs des Arbeitsförderungsgesetzes, in dem diese Beschränkung auf die Förderung der Ausbildung in Lehr-und Anlernberufen vorgesehen ist, schon vorweggenommen hat, obwohl das noch gar nicht Gesetz ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Westphal, das war in der Tat eine der Begründungen für den Verwaltungsrat. Ich würde es für begrüßenswert halten, wenn der Ausschuß für Arbeit bei der Beratung des Arbeitsförderungsgesetzes diese Frage erörtern würde.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Westphal.
Herr Staatssekretär, dabei geht es um das Arbeitsförderungsgesetz und nicht um das Ausbildungsförderungsgesetz; ich glaube, da stimmen wir überein. Aber ist es nicht so, daß Ihr Haus, der Arbeitsminister, dem zustimmen muß, was die Bundesanstalt an neuen Richtlinien in Kraft setzt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Arbeitsminister hat die Richtlinien zu genehmigen. Er hat die Richtlinien, die jetzt am 1. Oktober in Kraft getreten sind, genehmigt, um die zahlreichen Verbesserungen, die in diesen Richtlinien enthalten sind, nicht aufzuhalten.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Westphal.
Herr Staatssekretär, Sie haben von den Förderungsmöglichkeiten gesprochen, die sowohl im Bundessozialhilfegesetz als auch bei Ländern inzwischen geschaffen worden sind und von denen man annehmen kann — und das frage ich Sie —, daß sie nicht ausreichend sind, um das Problem der Ausbildung in den sozialpflegerischen Berufen zu meistern. Wie steht es bei den Ländern mit der Einrichtung solcher Förderungsprogramme für diesen Bereich?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, es gibt solche Programme. Aber der Präsident der Bundesanstalt hat dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung gerade vor kurzem geschrieben, daß die jetzt geübte Praxis offenbar nicht in allen Fällen ausreiche. Die Frage muß in der Tat grundsätzlich erörtert werden, und zwar a) bei der Beratung des Entwurfs des Arbeitsförderungsgesetzes und b) bei dem noch zu beratenden Entwurf eines Ausbildungsförderungsgesetzes.
Noch eine Frage, Herr Westphal.
Eine letzte Frage, Herr Staatssekretär. Kann ich nach Ihrer Antwort davon ausgehen, daß Sie alles tun werden, um zu veranlassen, daß die Förderung der Bundesanstalt so lange weitergehen wird, bis es eine umfassende Regelung in einem Ausbildungsförderungsgesetz gibt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, das ist unsere Absicht, wie sich aus dem Fernschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung an den Präsidenten der Bundesanstalt ergibt.
Als nächster hat Herr Kollege Exner eine Frage.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die Förderung sozialpflegerischer Berufe aus Mitteln der Bundesanstalt auch deswegen besonders zu begrüßen wäre, weil die auszubildenden jungen Menschen in aller Regel später zu Beitragszahlern in der Arbeitslosenversicherung werden und weil es sich zudem um ausgesprochene Mangelberufe handelt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, diese Ansicht ist vertretbar. Im Zusammenhang mit dem noch einzubringenden Entwurf eines Ausbildungsförderungsgesetzes muß die Frage neu beraten werden. Bis dahin sollte keine Lücke entstehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Huys.
Herr Staatssekretär, was gedenkt die Bundesregierung, wenn der Verwaltungsrat Ihren Anregungen nicht folgt, zu tun, nachdem gerade auch wir in diesem Hause Werbung für diesen Mangelberuf betrieben haben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, der Verwaltungsrat ist souverän. Es bleibt dann nur die Frage, ob bei der Beratung des Ausblildungsförderungsgesetzes eine gesetzliche Regelung getroffen wird.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1968 10407
Noch eine Zusatzfrage? — Bitte!
Herr Staatssekretär, wann gedenkt denn die Bundesregierung ein Ausbildungsförderungsgesetz vorzulegen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, ich habe mich versprochen. Ich wollte sagen: bei der Beratung des dem Hohen Hause schon vorliegenden Arbeitsförderungsgesetzes. Dieses Gesetz wird zur Zeit im Ausschuß für Arbeit beraten. Dabei wird sicherlich diese Frage dann erörtert werden.
Jetzt hat Frau Kollegin Freyh eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wären Sie, nachdem Sie nur einen Grund für die Entscheidung des Verwaltungsrates genannt haben, bereit, auch die weiteren Gründe zu nennen, die zunächst zu der Entscheidung geführt haben? Sie betonten ausdrücklich, daß Sie nur einen Grund nennen wollten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es sind verschiedene Gründe. Ich weiß nicht, ob ich diese ausführlichen Darlegungen hier verlesen soll. Es dreht sich im Grunde um die Verteilung der Finanzlasten. Die Bundesanstalt — das list der Hauptpunkt — ist der Ansicht, andere hätten diese Aufgaben zu finanzieren.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Kollegin Freyh.
Darf ich daraus schließen, daß ähnliche Probleme auch in der Stellungnahme der Bundesanstalt zum Arbeitsförderungsgesetz entstehen werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
In der Tat, Frau Abgeordnete, das ist ein grundsätzliches Problem, und dieses Haus wird es sicher nicht leicht haben, eine klare Abgrenzung zwischen der Förderung durch das Arbeitsförderungsgesetz und einer Förderung durch ein Ausbildungsförderungsgesetz zu schaffen.
Jetzt noch einmal Herr Kollege Exner.
Herr Staatssekretär, würden Sie nicht mit mir der Meinung sein, daß der Verwaltungsrat der Bundesanstalt zumindest eine sehr kurzsichtige Entscheidung gefällt hat, wenn man bedenkt, daß es sich hier um einen Kreis von Personen handelt, die ja später in der Tat selber Versicherte in der Bundesanstalt werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich kann Ihnen in der Wertung, die Sie hier geübt haben, nicht zustimmen, aber in der Sache wäre eine Weiterführung der Förderung in der Tat wünschenswert.
Herr Kollege Josten, bitte!
Herr Staatssekretär, Sie hatten die Frage des Kollegen Huys nicht beantwortet. Darf ich daher fragen: Wann rechnen Sie damit, daß die Bundesregierung dem Hause ihr Ausbildungsförderungsgesetz vorlegt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, diese Frage vermag ich in der Tat nicht zu beantworten; denn dafür ist, wie Sie wissen, der Bundesminister für Familie und Jugend zuständig. Aber Sie wissen auch, daß Verhandlungen über dieses Gesetz im Kreßbronner Kreis und auch sonst zwischen den Fraktionen stattfinden. Ich glaube, daß es zu weit führen würde, jetzt auf Einzelheiten einzugehen. Ich hoffe, daß das Hohe Haus noch in dieser Legislaturperiode zu einer Entscheidung über dieses Gesetz kommen wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Josten.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß das Parlament und nicht der Kreßbronner Kreis zuständig ist? Und darf ich Sie daher fragen: Ist Ihnen bekannt, ob der Regierung überhaupt schon ein Entwurf über ein Ausbildungsförderungsgesetz vorliegt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich habe gerade — ich glaube, es war in der vorvorigen Woche — dem Präsidenten der Bundesanstalt in Nürnberg den Referentenentwurf des Familienministeriums zur Stellungnahme zugeleitet.
Danke sehr!
Wir kommen dann zur Beantwortung der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Ich rufe zunächst die Frage 64 des Herrn Abgeordneten Freiherr von Kühlmann-Stumm auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Deutsche Bundesbahn sich nach eigenen Angaben zum 1. Januar 1969, dem voraussichtlichen Termin für die Anwendung der Beförderungsteuer, noch nicht in der Lage sieht, Transporte von Agrargütern, insbesondere von frischem Fleisch, reibungslos abzuwickeln, und somit eine Verteuerung der Frachtkosten für diese Waren droht?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär Börner.
Herr Kollege, der Bundesregierung sind derartige Angaben der Deutschen Bundesbahn nicht bekannt.
Metadaten/Kopzeile:
10408 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1968
Ich rufe die zweite Frage von Herrn Kühlmann-Stumm, die Frage 65, auf:
Ist die Bundesregierung bereit, zur Vermeidung dieser Verteuerung, möglicher nachfolgender Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln sowie von Wettbewerbsnachteilen gegenüber den EWG-Partnerländern alle Agrargüter, die einer EWG-Marktordnung unterliegen, in die Steuerbefreiungsliste aufzunehmen?
Bitte, Herr Staatssekretär Börner!
Herr Kollege, ohne Ihre Prämisse zu akzeptieren, auf der Ihre Frage beruht, ist folgendes zu erklären: Die Beratungen der Ausschüsse des Hohen Hauses über das zitierte Gesetz haben ergeben, daß eine Reihe von Agrargütern, auch das von Ihnen genannte frische Fleisch, mit in den Ausnahmekatalog einbezogen wird.
Haben es die Ausschüsse bereits beschlossen?
Ein Teil der beteiligten Ausschüsse heute morgen.
Ich rufe die Frage 66 des Abgeordneten Dr. Bucher auf:
Sieht die Bundesregierung keine Möglichkeit, darauf hinzuwirken, daß der Bundesbahnsondertarif für Wanderschafe, der am 30. April 1969 auslaufen soll, weiterhin bestehen bleibt?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, die Bundesregierung sieht zu ihrem Bedauern nicht die Möglichkeit, auf die Bundesbahn im Sinne der Anfrage einzuwirken. Eine gemeinsam mit dem Herrn Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und der Bundesbahn in meinem Hause durchgeführte Prüfung hat ergeben, daß die Bundesbahn bei Anwendung des in Rede stehenden Tarifs nicht einmal die Marginalkosten, d. h. die ihr durch die Beförderungsleistung zusätzlich erwachsenden Kosten erwirtschaften kann.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege!.
Ist es dann nicht wenigstens möglich, statt einer völligen Abschaffung des bisherigen Sondertarifs eine gewisse Staffelung zu erreichen, also einen Tarif zwischen dem Sondertarif und dem Normaltarif?
Herr Kollege, Sie wissen, daß die Bundesbahn in ihrer Tarifpolitik autonom ist und daß wir keine Möglichkeit haben, ihr bestimmte Vorschriften zu machen. Ich weiß aber aus den Besprechungen, daß sie in Anerkennung gewisser Schwierigkeiten, die sich — besonders im Lande Baden-Württemberg — ergeben, die Ermäßigung, die heute besteht, noch bis zum 30. April 1969 beizubehalten gedenkt, so daß sich die entsprechenden Schafzüchter auf die neue Entwicklung einstellen können.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Kollegen Bucher.
Wenn Sie, wie ich anerkenne, der Bundesbahn keine Vorschriften machen können, haben Sie dann nicht die Möglichkeit, die Bundesbahn auf die Bedeutung der Schafhaltung für die Landschaftspflege hinzuweisen?
Das wäre, wenn das konsequent zu Ende gedacht würde, Herr Kollege, eine politische Auflage, für die .der Deutsche Bundestag sich bereit finden müßte, die entsprechenden Mittel bereitzustellen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Freiherr von Gemmingen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Staatssekretär, ist Ihr Haus eigentlich einmal auf den Gedanken gekommen, sich bei der Behandlung dieser Frage mit dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ins Benehmen zu setzen, und wenn nicht, haben Sie die Absicht, das zu tun, und würden Sie dem Hohen Haus darüber berichten?
Ich bedaure, mich soeben rein akustisch ungenau ausgedrückt zu haben. Das ist geschehen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Mit welchem Erfolg, Herr Staatssekretär?
Mit dem Erfolg, Herr Kollege, daß auch der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten einsehen mußte, daß man der Bundesbahn nicht zumuten kann, eine Beförderungsleistung durchzuführen, die de facto das Defizit vergrößert.
Die Fragen 67 und 68 des Abgeordneten Schmitt sind vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Wir kommen zur Beantwortung der Frage 69 des Abgeordneten Rollmann.
Herr Abgeordneter Rollmann ist, wie ich sehe, nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet.
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, bei notwendigen Grundstücksabtretungen für den Bau von Bundesautobahnen und Bundesstraßen den abtretenden Grundstücksbesitzern, insbesondere, wenn durch die Abtretung deren Existenzbasis stark vermindert wird, durch Überlassung von für Tankstellen oder Raststätten geeigneten Grundstücken an den neuerstellten Bundesautobahnen oder Bundesstraßen einen Existenzausgleich zu ermöglichen bzw. ihnen bei der Übernahme von Konzessionen eine gewisse Priorität einzuräumen?Bitte, Herr Staatssekretär Börner!
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1968 10409
Herr Kollege, den Straßenverwaltungen stehen an Bundesstraßen in der Regel keine Grundstücke zur Verfügung, die für die Errichtung von Tankstellen und Raststätten geeignet sind.
An Bundesautobahnen ist der Bau von Tankstellen und Raststätten wegen ihrer besonderen Bedeutung als Versorgungsstützpunkte gesetzlich dem Bund vorbehalten.
Erwerbsbeeinträchtigungen werden im Rahmen der Geldentschädigung ausgeglichen. Darüber hinaus sind die Straßenverwaltungen bemüht, im Falle der Existenzgefährdung nach Möglichkeit Ersatzgelände zur Verfügung zu stellen.
Die Verpachtung der Tankstellen und Raststätten an Bundesautobahnen kann wegen der meist großen Zahl betroffener Grundstückseigentümer und der geringen Zahl der Nebenbetriebe grundsätzlich nicht mit der Entschädigung für die Landabgabe gekoppelt werden. Wenn jedoch Inhaber einschlägiger Betriebe dem Autobahnbau weichen müssen, wird ihnen bei der Verpachtung von Nebenbetrieben an den Bundesautobahnen gegenüber anderen Bewerbern bei gleichwertiger Qualifikation nach Möglichkeit ein Vorrang eingeräumt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmidt .
Herr Staatssekretär, würden Sie mit mir darin übereinstimmen, daß dieser Vorrang bei gleichwertiger Qualifikation auch Grundstücksabtretern, deren Existenz gefährdet ist, vor Großgesellschaften, die meist am ehesten zum Zuge kommen, eingeräumt werden sollte?
Herr Kollege, der Betrieb einer Raststätte an der Bundesautobahn ist in gastronomischer Hinsicht eine sehr schwierige Sache. Denn es handelt sich um einen sogenannten Rundum-die-Uhr-Betrieb, den Sie nicht zumachen können, wenn Sie keine Lust mehr haben, und der auch eine gewisse Personalreserve haben muß. Es müssen also Bewerber sein, die die fachlichen Voraussetzungen erfüllen Das gilt auch für Tankstellen. Und wenn Sie Landabgabe hier generell meinen, dann kann ich nichts zusagen. Denn Sie können nicht aus einem Bauern, der Land abgegeben hat, einen Gastronomen für eine solche Einrichtung machen. Das ist die Frage einer Geldentschädigung. Wenn aber Gastwirte betroffen werden, die geeignet sind, einen solchen Betrieb zu führen, dann habe ich Ihnen ja soeben in der Antwort zugesagt, daß hier eine entsprechende Berücksichtigung erfolgt. Dabei ist es selbstverständlich, daß wir nicht wünschen, daß nur Konzerne und ähnliche Einrichtungen in die Ausschreibung mit einbezogen bzw. als Bieter berücksichtigt werden, sondern daß hier auch mittelständische Aspekte durchaus berücksichtigt werden müssen.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmidt .
Herr Staatssekretär, würden Sie mit mir darin übereinstimmen, daß auch bei der Vergabe an nach Qualifikation und beruflicher Eignung zunächst einmal Vorgesehene, aber von Konzernen oder Großunternehmen Gesteuerte dann Geschäftsführer zur Führung dieser Betriebe eingestellt werden, was ein anderer, der seine Existenz weitgehend verloren hat, natürlich ebenfalls tun könnte?
Herr Kollege, das ist nur die Frage des Risikos. Sie müssen dabei- den Fall sehen, daß der Mann nicht genügend Personal halten kann oder keine Kapitaldecke hat, um gewisse Durststrecken durchstehen zu können. Im Juli wollen alle Leute Punkt 12 Uhr an der Autobahn ihr Mittagessen haben, im November sind es dagegen sehr viel weniger. Dadurch ergeben sich ja doch Höhen und Tiefen in der Auslastung der Betriebe, die nur sehr potente und gastronomisch geschulte Betriebsinhaber wirklich beherrschen können.
Wir kommen nun zur Beantwortung der Frage 71 des Abgeordneten Peiter:
Ist ' die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß in Anbetracht der sich häufenden Unfälle am Fußgängerüberweg in Höhe des Postamtes Diez im Zuge der B 417 Ortsdurchfahrt Diez eine Verkehrsinsel angebracht wird?
Der Abgeordnete ist im Saal? — Ja. Bitte, Herr Staatssekretär Börner!
Herr Kollege, das zuständige Straßenbauamt Diez hat die Angelegenheit überprüft und dabei festgestellt, daß die Anlegung einer Verkehrsinsel aus technischen Gründen nicht zu vertreten ist. Der vorgesehene Ausbau der Bundesstraße 417 ist mit der unteren Verkehrsbehörde, d. h. mit dem Landratsamt und der Stadtverwaltung Diez, abgestimmt worden und hat deren Zustimmung gefunden.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, gestatten Sie die Bemerkung, daß ich als Ortsansässiger — —
Bemerkungen können nicht gestattet werden.
Ich frage ja!
Nein, das ist keine Frage! Wird nicht zugelassen! Sie können fragen, aber keine Bemerkungen machen.
Gestatten Sie mir die Frage? Vizepräsident Scheel: Bitte!
Metadaten/Kopzeile:
10410 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1968
Herr Staatssekretär, gestatten Sie mir die Frage, daß ich als Ortsansässiger und damit als Ortskundiger anderer Meinung bin?
Herr Kollege, das müssen Sie auf der kommunalpolitischen Ebene austragen und nicht hier.
Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine weitere Frage, daß ich in Ihren Antworten eine Voreingenommenheit örtlicher Instanzen sehe?
Herr Kollege, ich habe soeben darauf hingewiesen, daß ich mich bei der Angabe über solche Einzelheiten des Straßenbaus darauf verlassen muß, daß die Auftragsverwaltung in pflichtgemäßem Ermessen alle in Frage kommenden Instanzen befragt hat und auch eine eingehende Überprüfung der örtlichen Verhältnisse vorgenommen wurde. Das ist nach der Aktenlage geschehen, und die Straßenbauer richten sich da weniger nach örtlichen Meinungen als nach gewissen technischen Normen und Erfahrungen der Verkehrssicherheit, die unabhängig von der betroffenen Gemeinde eingehalten werden müssen. Ich würde Ihnen also durchaus vorschlagen, das auf der örtlichen Ebene zu überprüfen. Ich muß Ihnen von hier aus sagen, daß die Angaben, die technisch hier gemacht worden sind, z. B. über die Linksabbieger und über die Straßenbreite von 9,40 m, mir aus Kenntnis der Aktenlage so erscheinen, daß man nicht anders handeln kann, als von der Auftragsverwaltung vorgeschlagen wird.
Dann kommen wir zur Beantwortung der Frage 72 des Abgeordneten Dr. Müller .
Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung des bayerischen Wirtschaftsministers nach Erhebung von Autobahngebühren in der Bundesrepublik Deutschland?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, die Erhebung von Autobahngebühren in der Bundesrepublik Deutschland bedarf gemäß § 7 Bundesfernstraßengesetz einer gesetzlichen Regelung. Der Deutsche Bundestag hat im Jahre 1951 den § 6 des ehemaligen Reichsautobahngesetzes, der die Möglichkeit einer Festlegung von Autobahngebühren vorsah, durch Gesetz aufgehoben. Die Bundesregierung erhielt wie alljährlich auch in diesem Sommer, ausgelöst durch die Erfahrungen deutscher Urlauber im Ausland, eine Reihe von Schreiben, die die Einführung von Gebühren für Ausländer auf deutschen Autobahnen fordern. Auf Grund der Rechtslage nach Art. 7 des EWG-Vertrages und aus Gründen des unterschiedlichen Straßenbaufinanzierungssystems kann eine solche auf Ausländer beschränkte diskriminierende Gebührenerhebung nicht erfolgen. ln diesem Zusammenhang darf ich auch auf die Ausführungen zu den im Juli und August gestellten Fragen verweisen. Im übrigen geht aus einem mir vorliegenden Schreiben des bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft vom 23. September 1968 nicht hervor, ob sich das bayerische Staatsministerium Forderungen nach einer Gebührenerhebung anschließt. Neue Vorschläge oder Anregungen, die eine Änderung der bisherigen Auffassung der Bundesregierung zu dieser Frage rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Müller.
Herr Staatssekretär, hat sich der bayerische Minister für Wirtschaft und Verkehr an das Bundesverkehrsministerium gewandt oder über den Bundesrat einen Vorschlag gemacht, eine Autobahngebühr zu erheben?
Nein, das habe ich ja soeben in der Antwort schon angeführt. Das ist nicht der Fall. Ich nehme an, das ist eine private Meinungsäußerung in anderem Zusammenhang, die hier zitiert wird.
Weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Müller.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für sinnvoll, wenn auf größeren öffentlichen Veranstaltungen solche Forderungen von einem Minister erhoben werden, ohne daß bei den zuständigen Instanzen ein Versuch gemacht wird, diese Fragen zu klären.
Hier ist nicht der Ort, Herr Kollege, Äußerungen von Politikern, gleichgültig, wo sie gemacht wurden, zu bewerten. Ich darf darauf hinweisen, daß jeder von uns, gleichgültig, wo er steht, die Verantwortung für das trägt, was er politisch für richtig hält und nach außen vertritt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Strohmayr.
Herr Staatssekretär, teilen Sie mit mir die Meinung, daß die Autobahnen zu dem Zweck gebaut worden sind, den Verkehr zu bewältigen?
Ja, natürlich, Herr Kollege. Aber das ist doch kein Gegensatz zu der heute geübten Praxis, keine Gebühren zu erheben.
Herr Strohmayr!
Teilen Sie mit mir die Auffassung, daß für den Fall, daß auf den deutschen Autobahnen Gebühren erhoben würden, der Verkehr von den Autobahnen auf die Straßen abwan-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1968 10411
Strohmayrdern würde, wie es beispielsweise in Frankreich der Fall ist. Wir können in Frankreich beobachten, daß die Autobahnen völlig leer und die Straßen stark verstopft sind.
Herr Kollege, ich bitte Sie doch, bei Ihrer sprachlichen Gewandheit die Frageform einzuhalten.
Ich habe sie doch am Anfang benutzt.
Herr Kollege, ich teile Ihre Auffassung, daß ein solcher Effekt — ganz abgesehen von den anderen Gründen, die ich schon erläutert habe — eintreten würde, wenn man nur Gebühren für die Autobahnen in Deutschland erheben würde. Dann würde ,ein Teil des Verkehrs auf die übrigen Straßen mit seinen zu engen Ortsdurchfahrten abwandern.
Herr Kollege Dr. Gleissner hat noch eine Zusatzfrage, diese wollen wir noch behandeln. Bitte sehr!
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung eine volle Übersicht über die Autobahngebühren im Ausland, und hat sie bereits Bemühungen unternommen, daß auch dort diese Gebühren entweder eingeschränkt oder — insbesondere im europäischen Bereich — abgeschafft werden?
Ja, Herr Kollege. Grundsätzlich sind wir der Meinung, daß es dem Zusammenwachsen Europas nützte, wenn überall auf den europäischen Straßen Gebührenfreiheit bestünde. Nun haben aber — das habe ich in meiner ersten Antwort zitiert — andere Staaten andere Finanzierungssysteme. Sie kennen ja aus Ihrer bayerischen Heimat auch das System der Maut für bestimmte Straßen. Wie Sie wissen, ist es in Deutschland so, daß ,ein großer Teil der Mineralölsteuer — 50 °/o — für den Straßenverkehr zweckgebunden ist. Dadurch wird praktisch jeder Ausländer, der in Deutschland tankt, indirekt an den Straßenbaufonds mitbeteiligt.
So lösen wir dieses Problem. Andere Staaten mit anderen Verkehrsproblemen haben sich dazu entschlossen, Straßen auf Gebührenbasis zu bauen bzw. durch Anleihen vorzufinanzieren und sie dann durch Gebührenerhebung abzutragen. Das ist auch ein Weg. Nach meiner Meinung hat sich unser deutsches System besser bewährt, aber diese Auffassung muß sicher in den nächsten Jahren im europäischen Raum noch diskutiert werden. Wir streben jedenfalls nicht an, daß der Autobahnbenutzer durch Gebührenschranken und ähnliche Dinge eingeengt wird, sondern meinen, es wäre günstig, wenn andere Staaten das abbauten.
Herr Staatssekretär, darf ich annehmen, daß Sie mit dieser sehr ausführlichen Beantwortung der Fragen des Herrn Kollegen Dr. Müller gleichzeitig die Frage 85 des Herrn Kollegen Zebisch:
Teilt die Bundesregierung die Meinung des bayerischen Wirtschaftsministers Dr. Schedl, der trotz heftigsten Protestes des ADAC und anderer vorschlägt, eine Mautgebühr für die Benutzung der Bundesautobahnen zu erheben?
beantwortet haben?
Ist Herr Kollege Zebisch da? — Sind Sie mit der Beantwortung einverstanden? Sie betrifft denselben Tatbestand, daher können wir sie gleich miterledigen.
— Vielen Dank, Herr Kollege Zebisch.
Ich rufe die Frage 73 von Herrn Kollegen Dröscher auf:
Gibt es beim Bundesverkehrsministerium greifbare Vorstellungen darüber, wie man durch vordringlichen Ausbau von Kriechstrecken an Steigungen vielbefahrener zweispuriger Bundesstraßen den Verkehrsfluß wesentlich beschleunigen könnte?
Die Frage wird von Herrn Strohmayr übernommen. Bitte, Herr Staatssekretär!
Um den leistungsmindernden Einfluß der Schwerlastfahrzeuge an Steigungsstrecken durch die Anlage von Kriechspuren zu verringern, wurden bisher auch stark belastete zweispurige Bundesstraßen mit größeren Steigungsstrecken mit Kriechspuren versehen. Wegen der Schwierigkeiten jedoch, die am Ende der Kriechspur beim Einfädeln der Schwerlastfahrzeuge in den übrigen Verkehrsstrom entstehen können, ist es bei starker Verkehrsbelastung vielfach zweckmäßiger, den vorhandenen Straßenquerschnitt zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit auf die jeweilige Belastung hin durch zusätzliche Fahrspuren zu verbreitern. Eine entsprechende Vorsorge wird im Rahmen des zweiten Ausbauplanes für die Bundesfernstraßen getroffen werden.
Jetzt kommt die Frage 74:
Wann ist mit der Elektrifizierung der Nahestrecke der Deutschen Bundesbahn Bingerbrück—Bad Kreuznach—Kaiserslautern und Bad Kreuznach—Saarbrücken zu rechnen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Wie mir die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn mitteilt, ist mit der Elektrifizierung der sogenannten Alsenzstrecke von Bingerbrück über Bad Kreuznach nach Kaiserslautern vorerst nicht zu rechnen. Die Belastung dieser Strecke reicht nicht aus, um eine Umstellung auf elektrischen Zugbetrieb wirtschaftlich zu rechtfertigen. Die durch die Trassierung bedingte niedrige Höchstgeschwindigkeit auf dieser Strecke
Metadaten/Kopzeile:
10412 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1968
Parlamentarischer Staatssekretär Börnerwürde auch keine nennenswerte Beschleunigung des Verkehrs mit sich bringen .Dagegen wird der Abschnitt Saarbrücken—Neunkirchen—St. Wendel auf der Strecke Saarbrücken—Bad Kreuznach im Rahmen des von Saarbrücken ausgehenden Nahverkehrs bereits seit Beginn des diesjährigen Sommerfahrplans elektrisch befahren. Eine Verlängerung des elektrischen Betriebes über St. Wendel hinaus bis Türkismühle ist in Aussicht genommen. Mit einer Elektrifizierung des anschließenden schwächer belasteten Abschnitts Türkismühle—Bad Kreuznach ist allerdings vorerst nicht zu rechnen.
Herr Kollege Strohmayr, bitte!
Strohmayr ,: Herr Staatssekretär, bestehen überhaupt keine Aussichten, daß die Strecke von Bingerbrück aus elektrifiziert werden wird?
Herr Kollege, ich habe soeben angedeutet, daß dieses Problem von der Bundesbahn unter streng wirtschaftlichen Gesichtspunkten gesehen wird. Diese Gesichtspunkte können sich natürlich ändern, wenn sich die Verkehrsströme auf den Streckenabschnitten verändern, wie ich das hier im Rahmen des Nahverkehrs im Großraum Saarbrücken zitiert habe. Deshalb ist das keine Antwort für die Ewigkeit, die ich hier in diesem Falle geben kann, sondern es ist eine Antwort, die auf die gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse bezogen ist.
Noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wären Sie, falls ein Gutachten besteht, bereit, dieses dem Kollgen Dröscher zur Verfügung zu stellen?
Der Herr Kollege Dröscher kann alle Unterlagen einsehen, die die Deutsche Bundesbahn über die Wirtschaftlichkeit dieser Strecken erstellt hat.
Dann kommen wir zur Beantwortung der Frage 75 des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen. — Er ist nicht im Saale, sie wird schriftlich beantwortet.
Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung zusammen mit den zuständigen regionalen Behörden entwickelt, um den von manchen früheren Aufgaben befreiten, leistungsfähigen Rangierbahnhof Kaiserslautern neuen Verwendungen, etwa als Containerumschlagsplatz oder Containerendbahnhof, zuzuführen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Leber vom 23. Oktober 1968 lautet:
Die Deutsche Bundesbahn ist bestrebt, durch Konzentration der Rangieraufgaben auf wenige leistungsfähige Knotenbahnhöfe ihren Betriebsaufwand zu senken. Im Zuge dieser Maßnahmen beabsichtigt die Deutsche Bundesbahn, die Zugbildungsaufgaben für den Ferngüterzugverkehr im Rangierbahnhof Saarbrücken wegen seiner Lage im Schwerpunkt des Verkehrsaufkommens des Saargebietes zu konzentrieren. Mit dieser Maßnahme ist keinesfalls die Auflösung des Rangierbahnhofs Einsiedlerhof verbunden, sondern lediglich eine Einschränkung seiner Aufgaben auf den Bereich des Nahverkehrs. Unabhängig davon beabsichtigt die Deutsche Bundesbahn, im Bahnhof Einsiedlerhof/Kaiserslautern einen Container-Umschlagplatz einzurichten. Mit den Arbeiten soll noch in diesem Jahr begonnen werden. Die Deutsche Bundesbahn rechnet im Frühjahr 1969 mit der Inbetriebnahme dieser Anlage.
Frage 77 des Abgeordneten Josten:
Wie ist nach dem neuesten Stand die Planung des weiteren Ausbaues der B 9 zwischen Bonn und Koblenz?
Bitte, Herr Staatssekretär Börner!
Der Stand der Planungen und der Bauvorbereitungen für die noch nicht ausgebauten Teilabschnitte der B 9 zwischen Bonn und Koblenz ist folgender.
Zwischen Bonn und der Landesgrenze Nordrhein-
Westfalen/Rheinland-Pfalz ist ein vierspuriger kreuzungsfreier Straßenzug vorgesehen. Für den Raum Mehlem ist das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen, und die Bauvorbereitungen laufen.
Zwischen der Landesgrenze und dem Unkelsteinviadukt ist ebenfalls ein vierspuriger Ausbau vorgesehen. Zur Zeit ist eine Studie in Bearbeitung.
Zwischen dem Unkelsteinviadukt und der Umgehungsstraße Sinzig sind die Pläne fertiggestellt. Zur Zeit werden die hydraulischen Untersuchungen durchgeführt. Für die Ortslage Remagen wird das Planfeststellungsverfahren noch Ende dieses Jahres eingeleitet.
Im Abschnitt Niederbreisig-Brohl ist eine Verlegung der B 9 bergseitig vorgesehen. Planunterlagen liegen allerdings dem Bundesverkehrsminister noch nicht vor.
Zwischen der Umgehungsstraße Andernach, Weißenthurm und Koblenz sind die Pläne fertiggestellt. Die Planfeststellungsverfahren für die einzelnen Teilabschnitte laufen. Der Grunderwerb ist bereits teilweise durchgeführt:
Herr Kollege Josten, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, mir eine schriftliche Mitteilung zukommen zu lassen, wenn die Pläne Ihres Hauses für eine Hochstraße in Bad Niederbreisig, die Sie erwähnten, fertig sind?
Das werde ich gerne tun, Herr Kollege.
Eine weitere Frage, Herr Präsident: Ist bereits eine Entscheidung beim weiteren Ausbau der B 9 über den Standort einer neuen Rheinbrücke im Raum Remagen-Sinzig gefallen?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1968 10413
Das ist noch nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Frage 78:
Wann kann mit dem Beginn der Straßenbauarbeiten, welche den Anschluß der Umgehungsstraße Andernach—Weißenthurm an die Bundesautobahn beim Koblenzer Kreuz vorsehen, gerechnet werden?
Zwischen der Umgehungsstraße Andernach—Weißenthurm und der Bundesautobahn wird mit der Baumaßnahme im Frühjahr 1969 begonnen werden.
Zusatzfrage, Herr Kollege Josten.
Nachdem Sie eine sehr positive Mitteilung gemacht haben, darf ich Sie fragen: Ist Ihnen bekannt, daß besonders durch die im Raum Andernach befindliche Bimsindustrie dieser schnelle Ausbau und Anschluß der Umgehungsstraße Andernach von den Benutzern dieser Straße sehr begrüßt wird?
Ja, ich kann das nachfühlen, Herr Kollege, denn ich habe selbst öfter die Gelegenheit, hinter einem Bimsauto in der Schlange zu stehen, wenn ich auf die Autobahn auffahren will.
Wir kommen zur Beantwortung der Frage 79 der Frau Kollegin Freyh:
Warum hält die Bundesregierung daran fest, daß die Stadt Frankfurt die Kosten des Grunderwerbs für den 1. Bauabschnitt der Stadttangente auch dann noch übernehmen soll, nachdem das ursprünglich als Schnellstraße vorgesehene Bauvorhaben als Autobahn eingestuft werden wird?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Frau Kollegin, die Stadt Frankfurt hat sich zur Übernahme der Grunderwerbskosten für den westlichen Bereich der Stadttangente in einer Vereinbarung aus dem Jahre 1965 verpflichtet. Bei Abschluß dieser Vereinbarung war vorgesehen, daß die Stadttangente rechtlich den Charakter einer Ortsumgehung im Zuge einer Bundesstraße erhalten würde. Die Frage, ob die vertragliche Verpflichtung der Stadt geändert werden kann, nachdem die Straße nunmehr als Autobahn eingestuft werden soll, wird zur Zeit geprüft. Für eine etwaige Vertragsänderung wäre das Einvernehmen des Bundesministers der Finanzen notwendig.
Zusatzfrage, bitte sehr, Frau Kollegin!
Herr Staatssekretär, da diese Frage von großer Bedeutung für den Abschluß der
Planung und wahrscheinlich auch für den Beginn dieses Bauvorhabens sein dürfte, wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir einen ungefähren Termin des Abschlusses dieser Prüfung nennen könnten.
Frau Kollegin, wir bemühen uns, diese Frage so schnell als möglich zu klären. Nur handelt es sich hier ja um ein Finanzproblem, nicht um ein Planungsproblem im echten Sinne.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte!
Da es sich in diesem Falle vielleicht sogar noch um etwas Drittes handelt, nämlich um das Bemühen, eine Lösung zu finden, die tragbar ist — auch für die Stadt Frankfurt, die ja sonst erhebliche Grunderwerbskosten aufbringen müßte —, möchte ich Sie fragen, ob das Verfahren, Gemeinden bei Autobahnen mit dem Grunderwerb zu belasten — also auch, wenn es Autobahnen sind, die durch die Gemeinde führen —, ein übliches Verfahren ist.
Frau Kollegin, ich würde diese Frage nicht so sehen, wie Sie sie soeben interpretiert haben. Bei der Aufstufung in einem Bundesautobahnabschnitt handelt es sich ja um eine wesentlich großzügigere Lösung für den Kraftfahrer, als sie ursprünglich geplant war. Die Meinungen über die finanziellen Fragen, über die wir hier reden — über die Baulast und über die Beteiligung —, werden sicherlich heute noch nicht so angenähert sein, wie Sie es wünschen.
Nur darf ich darauf hinweisen, daß es auch an anderer Stelle Autobahnen in Stadtnähe gibt, an denen sich Städte beteiligen. Ich nenne hier die westliche Umgehung Hamburgs, die auch einen hohen Nahverkehrswert hat, mit der für Hamburg vorhandenen finanziellen Konsequenz einer Beteiligung von 40 % der Baukosten. Das sind erhebliche Beträge.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Mischnick.
Glauben Sie, Herr Staatssekretär, daß die Verhandlungen so rechtzeitig abgeschlossen werden können, daß die nächstjährigen Haushaltsplanungen bei der Stadt Frankfurt schon die Ergebnisse berücksichtigen können?
Dem Bundesminister für Verkehr ist die Dringlichkeit der Entscheidung bekannt. Ich habe vorhin darauf verwiesen, daß die Aufstufung in eine Autobahn eine Konsequenz aus der veränderten verkehrspolitischen Betrachtung dieses Objekts war. Ich muß aber gleichzeitig darauf hinweisen, daß hier die. entsprechenden Verhandlungen — wie vorher schon angedeutet — nicht
Metadaten/Kopzeile:
10414 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1968
Parlamentarischer Staatssekretär Börnerallein von unserem Ressort zu führen sind. Ich darf Sie um Verständnis dafür bitten, daß die Abklärung zwischen den Ressorts über diese Frage erst noch erfolgen muß. Ob wir rechtzeitig zur Verabschiedung dieses kommunalen Haushalts diese Klärung herbeiführen können — es würden praktisch ja nur noch vier Wochen Zeit sein —, muß ich allerdings bezweifeln. Oder meinten Sie den Haushalt 1970?
Nein, den Haushalt 1969, der jetzt noch nicht zur Verabschiedung steht, erst nächstes Jahr.
Aus der Kommunalpolitik ist mir sonst bekannt, daß normalerweise Haushaltspläne früher vorgelegt werden.
Eine weitere Zusatzfrage, Kollege Mischnick.
Besteht also nicht die Gefahr, daß der Zeitraum zwischen Beginn der Planung und Verwirklichung so lang wird wie bei der Osttangente, die wir vor elf Jahren beschlossen haben und die bis zur Stunde noch nicht durchgeführt worden ist?
Herr Kollege, der Großraum Frankfurt — überhaupt das Rhein-Main-
Gebiet — ist eine, ich will mal sagen, verkehrspolitisch neuralgische Stelle in der Bundesrepublik. Sie wissen ja, wieviel Verkehrsströme von Nord nach Süd und von Süd nach Nord dort hindurchgeleitet werden müssen. Wir haben allen Anlaß, mit dem entsprechenden Tempo die Planung zu vervollständigen, weil wir sonst durch die große Zunahme des Fernverkehrs überrollt werden.
Wir kommen dann zu der Frage 80 unserer Kollegin Frau Freyh:
In welchem Umfang wird von den Gemeinden eine Beteiligung an den Kosten erwartet, die durch die beabsichtigte europäische Vereinheitlichung der Straßenverkehrsschilder entstehen werden?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Frau Kollegin, die Kosten der Straßenverkehrszeichen gehören zur Straßenbaulast. Nach deutschem Recht hat der Baulastträger für alle mit dem Bau und der Unterhaltung zusammenhängenden Kosten aufzukommen. Soweit sich also Straßen oder Straßenteile in der Baulast der Gemeinden befinden, haben diese auch die Kosten für die Straßenverkehrszeichen zu tragen.
Wie hoch die Kosten für die durch die europäische Vereinheitlichung erforderlichen neuen Straßenverkehrszeichen sein werden, läßt sich im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht absehen. Fest steht jedoch, daß die Übergangsfristen für die Verkehrszeichen länger sein werden als die Lebensdauer der vorhandenen Verkehrszeichen. Damit ist sichergestellt, daß die neuen vereinheitlichten Straßenverkehrszeichen, von geringen Ausnahmen abgesehen, im Zuge der planmäßigen Unterhaltung und Erneuerung aufgestellt werden können.
Danke schön.
Ich rufe die Frage 81 des Kollegen Strohmayr auf:
Wird die Bundesregierung den in der Presse in jüngster Zeit zur Diskussion gestellten Vorschlag prüfen, kritische Verkehrsprobleme durch den Bau von Stahlhochstraßen über Bundesbahnlinien und Autobahnen zu lösen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit von Vorschlägen, kritische Verkehrsprobleme durch den Bau von Hochstraßen über bestehenden Bundesbahn- und Bundesautobahnstrecken zu lösen, können nicht generell, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Verhältnisse beurteilt werden. Wie am Beispiel der Bundesautobahnstrecke Oberhausen—Leverkusen ersichtlich, ist der Bundesminister für Verkehr bereit, solche Entlastungsmöglichkeiten zu prüfen. In dem genannten Fall hat er die zuständige Auftragsverwaltung bereits im Jahre 1964 beauftragt, zu untersuchen, ob und wie durch den Bau einer vierspurigen, nur dem Pkw-Verkehr vorbehaltenen Hochstraße eine Entlastung erreicht werden kann.
Ist damit auch die Frage 82 des Kollegen Strohmayr beantwortet?
Nein, Herr Präsident. Ich möchte die Antwort gleich anschließen.
Ich rufe die Frage 82 des Kollegen Strohmayr auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die praktische Realisierbarkeit der Stahlhochstraßen?
Bitte sehr!
Der Bau von Hochstraßen über bestehenden Verkehrswegen ist technisch sowohl in Stahl- als auch in Massivbauweise möglich, im allgemeinen jedoch wesentlich teurer, Herr Kollege, als eine neue im Gelände liegende Strecke. Während des Baues solcher Hochstraßen können Beeinträchtigungen des Verkehrs auf der bestehenden Strecke nicht ganz vermieden werden; ihr Betrieb bringt eine Reihe schwieriger Probleme mit sich. Hochstraßen über bestehenden Eisenbahnen und Autobahnen werden daher nur in Sonderfällen als Entlastungsmöglichkeit in Frage kommen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, es dürfte Ihnen ja bekannt sein, — —
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1968 10415
Sie müssen eine Frage stellen, Herr Kollege.
Strohmayr Ich frage, ob es Ihnen bekannt ist, daß es heute auf Grund moderner Legierungen möglich ist, alle 60 m Stützen anzubringen, so daß eigentlich eine große Rentabilität vorhanden sein müßte.
Herr Kollege, das ist nicht nur von der Stützweite her zu sehen. Wenn Sie Stahlausführungen meinen, so wissen Sie wohl auch, daß Stahl nach einer Reihe von Jahren gestrichen werden muß. Rechnen Sie einmal die Quadratmeter zusammen, die an einer solchen Straße dann entrostet und neu mit Farbe versehen werden müssen. Das ist das eine, was uns schon von der Unterhaltung her ein bißchen Sorgen macht. Aber außerdem haben Sie an jeder Auf- und Abfahrt ein doppelt verkreiseltes System. Also das ist rein technisch gar nicht so einfach zu lösen. Vor allem müssen Sie die Straße auch so führen, daß sie möglichst verkehrssicher ist. Alle diese Überlegungen bringen uns im Grunde zu der Meinung, daß nur dort eine solche Lösung anzustreben ist, wo aus technischen Gründen nicht ausgewichen werden kann oder aber der Grund und Boden im Neuerwerb so unverhältnismäßig teuer ist, daß man billiger auskommt, wenn man praktisch die zweite Etage durchführt, .so wie es bei Brückenbauten über Meerengen ja heute schon in aller Welt gemacht wird.
Noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich teile Ihre Auffassung. Trotzdem möchte ich Sie fragen: Glauben Sie nicht, daß es angesichts der schlechten Möglichkeiten, Grund und Boden zu erwerben, geraten ist, von Fall zu Fall auf den Stahlhochstraßenbau zurückzugreifen?
Herr Kollege, ich habe angedeutet, daß insbesondere in Industriestädten diese Möglichkeit praktiziert wird, nicht nur im Stahlbau-, sondern auch im Spannbetonverfahren. Aber hier sind enge Grenzen gesetzt, und in unserer geographischen Situation Fernstrecken durch solche Bauwerke zu entlasten, ist wohl nach dem bisherigen Stand unserer Ermittlungen nicht möglich.
Wir kommen dann zur Beantwortung der Fragen 83 und 84 des Herrn Abgeordneten Dr. Gleissner:
Hat das Bundesverkehrsministerium sich bereits mit der abgeschlossenen Sondererhebung des Innenministers von Baden-Württemberg beschäftigt, in der die Unfallursachen im Straßenverkehr untersucht und wissenschaftlich erläutert sind?
Sind bereits Konsequenzen und Erläuterungsmaßnahmen in Aussicht genommen, die sich aus der erschreckenden Bilanz ergeben, wonach z. B. die 18- bis 25jährigen Kraftfahrer am anfälligsten für Verkehrsunfälle sind?
Bitte, Herr Staatssekretär Börner!
Herr Präsident, ich bitte um Ihr Einverständnis, daß ich die beiden. Fragen wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantworte.
Bitte schön!
Herr Kollege, bei der von Ihnen erwähnten Sondererhebung des Innenministers von Baden-Württemberg handelt es sich — nach Auskunft des Statistischen Landesamtes in Stuttgart — nicht um die Erforschung der Unfallursachen der Straßenverkehrsunfälle allgemein, sondern um eine Untersuchung über die Beteiligung der 18- bis 25jährigen Kraftfahrzeugführer an Hand von Zahlen des Jahres 1966.
Der Bundesminister für Verkehr befaßt sich sehr eingehend mit dem Problem der Verkehrsgefährdung durch jugendliche Kraftfahrer. Auf seine Anregung hin hat sich der Straßenverkehrssicherheitsausschuß, dem die Fachreferenten der Verkehrs- und Innenministerien aller Bundesländer angehören, am 17. und 18. September 1968 eingehend mit dieser Frage beschäftigt. Ergebnis der Beratungen des Ausschusses war, durch eine Reihe von gezielten Maßnahmen der Risikobereitschaft der Jugend entgegenzuwirken. Das soll innerhalb des Verkehrsunterrichts im Rahmen des Fahrunterrichts, besonders aber auch durch polizeiliche Schwerpunktmaßnahmen gegenüber den jugendlichen Verkehrsteilnehmern geschehen. Ferner soll das beim Verkehrszentralregister in Flensburg vorhandene Material hinsichtlich der Unfallbeteiligung der Jugendlichen stärker als bisher ausgewertet und für wirksame, abgestufte Maßnahmen — Verwarnung, Vorladung zum Verkehrsunterricht, Androhung der Entziehung der Fahrerlaubnis und erst zum Schluß die Entziehung selbst — ausgenutzt werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Gleissner!
Herr Staatssekretär, wird dem Umstand des Untersuchungs-Sonderberichts Rechnung getragen — ich zitiere ihn —, daß „vorwiegend unterentwickeltes Verantwortungsbewußtsein, Alkoholeinfluß und erhöhte Geschwindigkeit und nicht etwa mangelhaftes fahrerisches Können" diese negative Bilanz für die 18- bis 25jährigen Kraftfahrer zur Folge haben?
Sie wissen aus der allgemeinen Verkehrsunfallstatistik, daß die von Ihnen genannten Gründe auch bei einer Reihe von Unfällen, die von wirklich Erwachsenen herbeigeführt werden, eine Rolle spielen und zu tragischen Ergebnissen führen. Aber ich habe ja gesagt: es gibt hier eine Gruppe — sie ist in der Untersuchung genannt —, die besonders schwierig ist, was die charakterlichen Fähigkeiten zur Führung eines Kraftfahrzeugs betrifft, und hier wollen wir durch diese
Metadaten/Kopzeile:
10416 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 24. Oktober 1968
Parlamentarischer Staatssekretär BörnerMaßnahmen, die mit den Ländern abgesprochen sind, entgegenwirken.
Bitte, Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, haben dieser Sonderbericht und Ihre Verhandlungen Einfluß darauf, daß das Alter derer, die den Führerschein bekommen können, nicht herabgesetzt wird?
Herr Kollege, so weit möchte ich in dieser Diskussion heute nicht gehen. Das muß sicher geprüft werden. Aber vorerst einmal versuchen wir, hier durch erzieherische Maßnahmen entgegenzuwirken, und in der Frage des Fahrunterrichts läßt sich ja schon eine ganze Menge tun. Denn wie der junge Mensch an das Kraftfahrzeug herangeführt wird, ob er also auch lernt, daß das Kraftfahrzeug unter Umständen ein Mordinstrument sein kann, ist ja eine entscheidende Frage des Verkehrsunterrichts.
Zusatzfrage, Herr Kollege Ramms.
Herr Staatssekretär, würden Sie in der Einführung eines L-Führerscheins eine wirksame Maßnahme zur Erhöhung der Verkehrssicherheit sehen?
Das muß im Hinblick auf die Erfahrungen geprüft werden, die andere Länder damit gemacht haben. Aber auch das ist in unseren Überlegungen mit berücksichtigt.
Herr Staatssekretär, sind Sie darauf vorbereitet — ich glaube, wir überziehen um eine Minute —, die Frage 94 noch beantworten zu können? Wenn Sie darauf vorbereitet sind, können wir diese letzte Frage aus Ihrem Amtsbereich jetzt noch mitbehandeln. — Ich rufe also die Frage 94 des Kollegen Folger auf:
Kann die Bundesregierung die Deutsche Bundesbahn veranlassen, dafür Sorge zu tragen, daß telefonische Reisezugauskünfte überall, wo dazu ein Bedürfnis besteht, durchgehend und nicht nur während beschränkter Amtsstunden mit oft erheblichen Verzögerungen wegen der überbeanspruchten Anschlüsse erteilt werden?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, nach Auskunft der Bundesbahn sind die telefonischen Anfragen bei den Auskunftstellen in den letzten Jahren laufend gestiegen. Die Deutsche Bundesbahn bemüht sich, dieser Entwicklung durch ausreichende Besetzung der Auskunftstellen mit geschultem Personal sowie durch die Nutzung moderner Möglichkeiten für die Auskunfterteilung Rechnung zu tragen. Soweit eine durchgehende vierundzwanzigstündige Besetzung der Auskunftstellen aus Kostengesichtspunkten nicht vertretbar ist, werden die Fernsprecher der Auskunftstellen im allgemeinn auf einen Fahrkartenschalter oder eine andere zur Auskunfterteilung geeignete Stelle durchgeschaltet. In zwölf großen Städten der Bundesrepublik sind in Zusammenarbeit mit der Bundespost bereits zusätzliche Fernsprechansagedienste für Reisezugauskünfte eingerichtet worden. Bei weiteren 28 Stellen ist die Einrichtung solcher Anlagen vorgesehen. Die Deutsche Bundesbahn ist also bestrebt, die Gestaltung ihres Auskunftdienstes den steigenden Anforderungen soweit wie möglich anzupassen.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, ob ein solcher durchgehender Auskunftdienst in absehbarer Zeit auch für München geplant ist?
Herr Kollege, bei der großen Verkehrsbedeutung des Münchener Raums und bei dem großen Fremdenverkehr in diesem Gebiet glaube ich das ohne Kenntnis der genauen Planungen der Bundesbahn beantworten zu können. Ich bin ganz sicher, daß die Bundesbahn das tut bzw. tun will; denn sie hat ja ein Interesse daran, hier möglichst werbend für ihre Kunden in Erscheinung zu treten.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Rutschke.
Herr Staatssekretär ist es möglich, daß man dann die Auskunftschalter, die telefonisch zu erreichen sind, verstärkt? Denn die Erfahrung zeigt, daß man z. B. in Karlsruhe gar nicht anzurufen braucht, well ständig besetzt ist.
Ich werde Ihre Erfahrungen gern der Hauptverwaltung der Bundesbahn übermitteln. Ich habe auch selbst im letzten Sommer hin und wieder solche Beschwerden gehört. Aber sicher ist die Bundesbahn bemüht, aus den Erfahrungen dieses Reisesommers zu lernen, und ich glaube, ich kann Ihnen die Gewähr dafür geben, daß das bis zum nächsten Jahr korrigiert wird.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr beantwortet. Die Fragestunde ist beendet.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages für Freitag, den 25. Oktober, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.