Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Staatssekretär im Bundesministerium des Innern hat am 18. Juni 1968 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Prochazka, Gierenstein, Rainer, Dr. Becher , Dr. Hudak und Genossen betr. Konspiration verfassungsfeindlicher Kräfte — Drucksache V/2929 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/3022 verteilt.
Der Bundesminister der Justiz hat am 19. Juni 1968 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Europäische Handelsgesellschaft — Drucksache V/2988 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/3053 verteilt.
Gemäß § 6 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 12. März 1951 in der Fassung des Gesetzes vom 21. Juli 1959 rückt der Abgeordnete Rehs aus der Reihe der nicht mehr Gewählten für den ausgeschiedenen Abgeordneten Jahn als Wahlmann nach.
Zur Tagesordnung hat das Wort Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Herren und Damen! Namens der Fraktion der Freien Demokraten stelle ich den Antrag, den Entwurf eines Gesetzes über die Straffreiheit — Drucksache V/3030 — heute auf die Tagesordnung zu setzen und in erster Lesung zu beraten.Lassen Sie mich diesen Antrag kurz begründen. Sie wissen, daß im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Achten Strafrechtsänderungsgesetzes, der Reform des politischen Strafrechts, auch die Frage aufgeworfen worden ist: Was soll jetzt mit den Urteilen geschehen, die nach dem bisher gültigen Gesetz ergangen und in denen Freiheitsstrafen verhängt worden sind, die heute nach dem modernen Strafrecht, das wir doch sehr einmütig geschaffen haben, nicht mehr verhängt werden würden. Es ist deshalb eine logische Konsequenz aus unserem Reformgesetz, daß ein entsprechendes Straffreiheitsgesetz ergeht.Wie dringlich die Angelegenheit ist, wurde uns vor Augen geführt, als wir am 17. Juni telegrafisch nach Bonn gerufen wurden. Alle Fraktionen waren daran beteiligt. Uns wurde dargelegt, aus welchenGründen eine Verabschiedung noch vor der Parlamentspause notwendig ist. Es handelt sich um einige hundert Fälle, die unter dieses Straffreiheitsgesetz fallen. In den Ländern herrscht bei den Richtern und Staatsanwälten natürlich eine außerordentliche Unruhe. Sie befinden sich in einer Konfliktsituation — ich brauche die Juristen nicht weiter darauf hinzuweisen, welche Bedeutung der § 346 des Strafgesetzbuches hat —, wenn nicht jetzt unmittelbar im Anschluß an die Reform des politischen Strafrechts auch ein entsprechendes Straffreiheitsgesetz ergeht.Wir Freien Demokraten hätten es sehr begrüßt, wenn ein interfraktioneller Antrag möglich gewesen wäre. Wir haben uns durch die Darlegungen am 17. Juni von der Dringlichkeit der Sache überzeugen lassen und deshalb von uns aus diesen Entwurf eines Gesetzes über die Straffreiheit eingebracht.Ich möchte hier noch einmal mit aller Deutlichkeit darauf hinweisen, daß es sich nicht um eine Straffreiheit für Straftaten handelt, die im Zusammenhang mit den Osterdemonstrationen oder anderen Demonstrationen begangen worden sind, sondern rein um die Straffreiheit auf Grund der Reform des politischen Strafrechts.Ich bin mir durchaus bewußt, daß gemäß § 77 Abs. 2 der Geschäftsordnung eine Fristeinrede entgegengesetzt werden kann. Ich bin auch davon unterrichtet worden, daß etwas Derartiges geplant sei, möchte Sie aber doch auf folgendes aufmerksam machen. Formell ist das möglich. Ich bitte aber zu überlegen, ob dafür auch der materielle Grund vorhanden ist. Diese Fristeinrede in § 77 Abs. 2 der Geschäftsordnung hat ja den Sinn, zu verhindern, daß eine der Fraktionen durch plötzliche Anträge überfahren wird. Deshalb die Frist von wenigstens zwei Tagen, damit die Fraktionen über entsprechende Gesetzesvorlagen beraten können.Nun, meine Damen und Herren, diese Frist hatten Sie. Am 17. Juni wurde deshalb so eingehend unterrichtet, damit in den Fraktionen und in den Arbeitskreisen am Dienstag die Beratungen erfolgen konnten. Auch bei den Regierungsparteien sind entsprechende Beratungen erfolgt, so daß kein innerer Grund für diese Fristeinrede nach § 77 Abs. 2 der Geschäftsordnung vorhanden ist.Denken Sie bitte daran, daß es einem guten parlamentarischen Stil entspricht, nicht formell, sondern eben auch so zu handeln, daß es dem mate-
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9774 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968
Frau Dr. Diemer-Nicolausriellen Geiste einer Vorschrift entspricht. Gehen Sie davon aus, dann sind die Voraussetzungen für § 77 Abs. 2 materiell nicht gegeben. Sie sollten deshalb auf eine entsprechende Fristeinrede verzichten.Die Vorlage liegt zur Verteilung in dem Augenblick bereit, in dem sie auf die Tagesordnung gesetzt wird. Vorher konnte der Entwurf nicht verteilt werden. Der Inhalt ist aber allen Fraktionen bekannt, es sind nämlich die Vorschläge, die im Justizministerium ausgearbeitet worden sind. Ich habe zu meiner Freude heute der Zeitung entnommen, daß auch die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei einen, wie ich wohl annehmen kann, entsprechenden Gesetzentwurf ausgearbeitet hat, der, soviel ich gehört habe, auch schon eingebracht ist. Nachdem die materielle Unterrichtung und Beratung der Fraktion in vollem Umfang erfolgt ist, könnte die erste Lesung heute ohne weiteres stattfinden, damit die Verabschiedung des Gesetzes noch vor der Parlamentspause, was im Interesse unserer Staats- und Rechtssicherheit dringend notwendig wäre, erfolgt.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rasner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe gnädige Frau, es gibt nicht viele Dinge, die mir so schwer fallen, wie Ihnen zu widersprechen.
Aber in diesem Fall muß ich es tun. Ich will auch für meine Fraktion zur Sache — Sie haben schon zur Sache gesprochen — hier nicht Stellung nehmen. Wir sind in dieser Frage weder positiv noch negativ präjudiziert. Ich erhebe also Fristeinrede gemäß § 77 Abs. 2 der Geschäftsordnung.
Gnädige Frau, die Unterrichtung etwa über den sozialdemokratischen Entwurf zu dieser Materie aus der Zeitung kann nun wirklich nicht für das ganze Haus — entschuldigen Sie bitte! — genügen. Unsere Fraktion hat darüber in dieser Woche nicht beraten, und ohne eine Beratung in einer Fraktion ist eine so schwierige Materie nun wirklich nicht zu behandeln.
— Warum sie nicht beraten hat, gnädige Frau? Sie hat nicht beraten, weil die Regierung zu erkennen gegeben hat, daß sie diese Gesetzesvorlage auf dem normalen Weg — Regierungsvorlage über den Bundesrat — einbringen wollte. Infolgedessen sahen wir keine Notwendigkeit, das in diesem Augenblick zu tun.
Im übrigen, gnädige Frau, ist dieser normale Weg nach unserer Auffassung wohl auch der richtige. Denn diese Materie könnte beispielsweise auch im Wege des Gnadenerweises geregelt werden, und da liegt die Kompetenz unzweifelhaft bei den Ländern. Wir halten es für vernünftig, wenn die
Regierung bei der Einbringung dieser Vorlage im Bundesrat auch diese Möglichkeit, in dieser Sache so zu verfahren, mit den Ländern bespricht.
Im übrigen, gnädige Frau — und jetzt müßte ich eigentlich große Zustimmung beim Kollegen Genscher finden —, hat dieses Haus gestern mit gutem Grund — das will ich gar nicht bestreiten — eine Vorlage der Regierung initiativ übernommen, nämlich das Berlinhilfegesetz, und am Bundesrat vorbei hier eingebracht. Wir wissen, daß der Bundesrat in diesem besonderen Fall dafür volles Verständnis hat. Aber diese Art der Gesetzgebung soll in diesem Hause nun wirklich nicht Übung werden. Das sind wir dem anderen Verfassungsorgan, dem Bundesrat, zweifellos schuldig.
Gnädige Frau, im Ältestenrat wird der Antrag kommen, das Gesetz in der nächsten Woche für die erste Lesung auf die Tagesordnung zu setzen. Darüber wird der Ältestenrat dann entscheiden. Für heute — tut mir leid —: § 77 Abs. 2!
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Müller-Emmert.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es bestehen keine Zweifel daran, daß der Gesetzentwurf über ein Straffreiheit dringend und schnell behandelt werden muß. Es steht auch fest, daß von seiten der SPD-Fraktion, und zwar schon am Dienstag abend, ein entsprechender Gesetzentwurf eingebracht worden ist. Andererseits ist es aber auch eine Tatsache, daß sowohl der Gesetzentwurf der Freien Demokraten als auch der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion bisher noch nicht verteilt worden ist. Dem Hohen Hause liegen entsprechende Gesetzentwürfe im Augenblick demnach nicht vor.
— Sie sind auch, . wenn Sie sich diese Antwort gefallen lassen, bisher noch nicht verteilt, auch nicht über die Drucksachenstelle verteilt.
— Das hilft uns auch nichts. Es ist eine Realität, daß diese Gesetzentwürfe, die fraglos sehr schwer wiegen und auch ihrem Inhalt nach sehr schwierig sind, dem Hohen Hause noch nicht vorliegen.Daraus folgt zwangsläufig, daß der Antrag der CDU-Fraktion, nämlich der Hinweis auf § 77 Abs. 2 der Geschäftsordnung, in der Sache, formal betrachtet, begründet ist. Nachdem die CDU-Fraktion heute erklärt hat, sie sei damit einverstanden, daß dieser Gesetzentwurf, besser gesagt : beide Gesetzentwürfe, also die Materie insgesamt, in der nächsten Woche behandelt werden, sollte man schnell zur Tagesordnung übergehen und die Fristeinrede, die von seiten der CDU-Fraktion erhoben worden ist, respektieren.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968 9775
Dr. Müller-Emmert— Das geht nicht. Es steht fest, daß wir mit der Erklärung zufrieden sein müssen und uns allerdings auch — das sage ich deutlich — auf diese Erklärung der CDU-Fraktion verlassen, daß diese Angelegenheit in der nächsten Woche behandelt wird.
Das ist für uns die entscheidende Frage.Es hat keinen Sinn, hier mit Propagandagesetzentwürfen an die Öffentlichkeit zu treten,
nachdem feststeht — auch das muß sich die FDP-Fraktion wohl sagen lassen —, daß die Anregung hierzu nicht von Ihnen stammt, meine sehr geehrten Damen und Herren von der FDP-Fraktion, sondern daß der Kollege Adolf Arndt von der SPD-Fraktion als erster in diesem Hohen Hause die Anregung gab, einen solchen Gesetzentwurf einzubringen. Es ist erfreulich, wie schnell Sie, meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion, dies erkannt haben. Gleichwohl ändert dies aber nichts an dem Sachverhalt.Wir sind uns also darüber einig, daß in der nächsten Woche dieser Punkt auf die Tagesordnung kommt. Demnach ist meines Erachtens einmal vom Sachlichen her gewährleistet, daß man darüber spricht, und zum zweiten — darum kommen wir nach der Geschäftsordnung nicht herum — ist die Fristeinrede der CDU-Fraktion begründet. Aus diesem Grunde muß der Antrag der FDP-Fraktion abgelehnt werden.
Meine Damen und Herren, ich will die Geschäftsordnung liberal handhaben. An sich kann bei solchen Fragen der Präsident .das Wort einem Redner für und einem Redner gegen den Antrag geben. Ich habe Herrn Müller-Emmert das Wort gegeben, damit wir auch die Meinung der dritten Fraktion hören. Herr Genscher hat nochmals ums Wort gebeten, um die Gleichheit zwei zu zwei herzustellen.
Nun, machen wir das so. Herr Genscher, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf mich bei Herrn Kollegen Rasner für die wohlwollende Wertung meiner Fraktionskollegin bedanken. Wir schließen uns an.
Meine Damen und Herren, ich habe noch einmal um das Wort gebeten, weil es hier um eine ganz grundsätzliche Frage der Zusammenarbeit in diesem Hause geht. Zunächst, Herr Kollege Müller-Emmert, hat mich das etwas bedrückt, was Sie hier über den Inhalt des Antrags gesagt haben. Für uns ist dieser Antrag kein Propagandaantrag; wir meinen es ernst mit diesem Antrag.
Daß wir zur Behandlung dieser Materie heute noch keine Drucksache hier verteilt vorliegen haben, liegt zunächst einmal daran, daß der Antrag noch nicht auf der Tagesordnung steht. Das ist gelegentlich so, und das haben wir bei der Notstandsgesetzgebung auch erlebt. Ich hätte mir eigentlich gewünscht, daß die Koalitionsfraktionen jenes Bedürfnis an gründlicher Vorberatung auch im Zusammenhang mit der Notstandsgesetzgebung an den Tag gelegt hätten.
Daß wir heute den Antrag noch nicht vorliegen haben, liegt doch daran, daß wir uns um eine interfraktionelle Initiative bemüht haben. Wenn wir dies nicht getan hätten, hätten wir natürlich den Gesetzentwurf wesentlich früher einbringen können. Ich bitte Sie, zu prüfen, ob Sie nicht mit der zweifellos berechtigten formellen Einspruchserhebung die Bemühungen um solche interfraktionellen Initiativen für die Zukunft sehr erschweren; denn wir müssen dann immer befürchten, daß wir bei einer Nichtwahrung von Fristen einen solchen formellen Einspruch bekommen. Ich bitte die CDU, noch einmal zu prüfen, ob sie nicht den Gesetzgebungsgang einleiten will. Denn unverändert ist das richtig, was der Kollege Dr. Güde von der Fraktion der CDU/CSU zum Problem einer Amnestie gesagt hat. Er hat hier vor dem Hohen Hause, als alle Fraktionen sich zu dieser Amnestie bekannten, erklärt, eine Amnestie dürfe nicht über Monate im Gesetzgebungsgang sein, wenn sich daraus nicht sehr gefährliche Folgen auch für die Strafverfolgung ergeben sollten.
Deshalb erscheint es uns notwendig, daß wir noch vor den Parlamentsferien in dieser Angelegenheit eine Entscheidung treffen. Allein aus diesem Grunde und nicht, wie der Herr Kollege Dr. MüllerEmmert wähnt, aus Propagandagründen wollen wir diesen Antrag heute auf die Tagesordnung gesetzt haben.
Meine Damen und Herren, es ist Fristeinrede nach § 77 Abs. 2 der Geschäftsordnung erhoben worden. Davon kann man abweichen, wenn sich eine Zweidrittelmehrheit für die Abweichung findet. Ich habe nicht den Eindruck, daß diese Mehrheit im Hause vorhanden ist. Ich verzichte deswegen auf eine Abstimmung.
— Sie beantragen, daß wir von der Geschäftsordnung abweichen? — Gut, wir stimmen ab. Wer ist für die Abweichung von der Geschäftsordnung? — Danke. Die Gegenprobe! — Das war offensichtlich keine Zweidrittelmehrheit.Ich rufe dann auf dieFragestunde— Drucksachen V/3012, zu V/3012 —
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9776 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968
Vizepräsident Dr. MommerWir kommen zunächst zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Zur Beantwortung ist der Herr Parlamentarische Staatssekretär Jahn hier.
Entspricht es den Tatsachen, daß die Streitkräfte verbündeter Nationen, die von der Bundesrepublik Deutschland Devisenhilfe erhalten, aus Nachbarländern, die nicht der EWG angehören, landwirtschaftliche Produkte zur Versorgung ihrer Einheiten beziehen?
Ist er im Saal? — Er ist nicht im Saal. Dann wird die Frage schriftlich beantwortet.
Dann die Fragen 111 und 112 des Herrn Abgeordneten Dr, Hudak:
Nach welchen Richtlinien werden deutsche Folklore-Jugendgruppen von der Bundesregierung unterstützt, wenn sie Auslandsreisen unternehmen und im Ausland mit anderen Jugendgruppen auftreten?
Nach welchen Gesichtspunkten erfolgt die Ablehnung der finanziellen Unterstützung einer Folklore-Jugendgruppe, wenn sich diese nach einer ehemaligen deutschen Ostprovinz, wie z. B. „Pommern-Jugend Erlangen", benennt?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf beide Fragen zusammen beantworten.
Auslandsreisen deutscher Jugendgruppen werden vom Bundesministerium für Familie und Jugend aus Mitteln des Bundesjugendplans gefördert, wenn sie eine internationale Jugendbegegnung beinhalten. Maßgebend für die Beurteilung sind die Durchführungsvorschriften zum Bundesjugendplan.
Die Frage, unter welchen Gesichtspunkten im Einzelfall einmal eine Ablehnung der finanziellen Förderung aus öffentlichen Mitteln erfolgt, hängt nicht mit der Namensgebung der jeweiligen antragstellenden Gruppe zusammen. Das Auswärtige Amt begrüßt internationale Jugendbegegnungen allgemein und ist daher auch allgemein bereit, solche Treffen zu fördern. Die Haushaltsmittel hierfür werden vom Bundesministerium für Familie und Jugend bewirtschaftet. Unter Umständen aber sieht sich das Auswärtige Amt veranlaßt, gegen entsprechende Vorhaben Bedenken aus außenpolitischen Gesichtspunkten zu erheben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hudak.
Herr Staatssekretär, hat das Auswärtige Amt am 1. Februar 1968 der genannten Jugendgruppe in Erlangen die Mitteilung zukommen lassen, daß sie wohl als irgendeine deutsche Jugendgruppe, aber nicht als Pommern-Jugend Erlangen die Reise nach Finnland unternehmen könnte?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
So ist es sinngemäß richtig.
Noch eine Frage, Herr Dr. Hudak.
Herr Staatssekretär, wird durch eine solche Haltung des Auswärtigen Amts nicht ein Teil unserer Jugend an der Kontaktpflege mit Jugendgruppen gerade aus dem Osten behindert?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, Herr Kollege Hudak. Dies wäre eine falsche. Interpretation. Wenn es im Einzelfall bei einer Gruppe und in einem Land Bedenken gibt, auf die das Auswärtige Amt meint Rücksicht nehmen zu sollen, dann ist das ein Einzelfall, der eine Verallgemeinerung, wie sie Ihrer Frage zugrunde liegt, nicht rechtfertigt.
Noch eine Frage, Herr Hudak.
Herr Staatssekretär, würden Sie auf Grund dieses Einzelfalls etwa dafür plädieren, daß Jugendgruppen bei uns, die noch den Namen irgendeiner ehemaligen deutschen Ostprovinz tragen, diesen Namen ablegen bzw. ändern, um dadurch eine Gleichstellung mit anderen Jugendgruppen zu erreichen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich sehe dazu keinen Anlaß.
Ich danke für die Beantwortung dieser Fragen, Herr Staatssekretär.
Ich muß für das Protokoll nachholen, daß die Fragen 8 bis 10 des Herrn Abgeordneten Prochazka, die ich hiermit aufrufe, auf seinen Wunsch schriftlich beantwortet werden:
Wird sich die Bundesregierung bei der Regierung des Nachbarlandes Osterreich über den Fortgang der österreichischtschechischen Vermögens- und Entschädigungsverhandlungen informieren?
Was kann die Bundesregierung über den derzeitigen Stand der österreichisch-tschechischen Vermögens- und Entschädigungsverhandlungen berichten?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß bei diesen Vermögens-und Entschädigungsverhandlungen die Ansprüche der Sudetendeutschen bewußt ausgeklammert werden?
Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Wir kommen dann zu der verbliebenen Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen, der Frage 21 des Herrn Abgeordneten Dröscher:
Warum hat sich die Bundesregierung der Empfehlung des Bundesrates zur Abänderung des § 3 des Finanzreformgesetzes angeschlossen (vgl. Drucksache V/2861, S. 93 unter zu 3. Buchstabe d) und mit der Festsetzung einer einheitlichen Beteiligung der Länder die Voraussetzung dafür geschaffen, daß bei den finanzschwachen Ländern die Finanzierung der „Gemeinschaftsaufgabe Agrar-Strukturverbesserung" gerade in dem Zeitpunkt schwieriger, wenn nicht unlösbar, werden muß, wo die Einkommensverhältnisse in der Landwirtschaft sich besonders ungünstig entwickeln?
Zur Beantwortung ist der Herr Parlamentarische Staatssekretär Leicht hier. Bitte, Sie haben das Wort.
Ich darf die Frage des Kollegen Dröscher wie folgt beantworten.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968 9777
Parlamentarischer Staatssekretär LeichtBei der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur" wird entgegen der Regelung für die Gemeinschaftsaufgaben „Ausbau und Neubau von wissenschaftlichen Hochschulen" und „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" bezüglich des Beteiligungsverhältnisses an der Finanzierung eine weitergehende Regelung vorgeschlagen. Hier hat sich gezeigt, daß eine Bundesbeteiligung in Höhe von 50 v. H. gegenüber der bisherigen Beteiligung des Bundes im Agrarsektor eine Verschiebung zu Lasten der Länder ergeben würde. Wegen der erheblichen Kostenlast, die mit diesem Aufgabenbereich verbunden ist und besonders die finanzschwachen Länder trifft, soll eine höhere Beteiligung des Bundes zulässig sein. Bei dieser Ausnahmeregelung ist also bereits die Situation der finanzschwachen Länder berücksichtigt worden.Eine unterschiedliche Behandlung der Länder bei der Finanzierung der „Verbesserung der Agrarstruktur" sollte nicht in Erwägung gezogen werden, weil sonst Elemente des Länderfinanzausgleichs in die Finanzierung der Gemeinschaftsaufgaben hineingebracht würden. Der Länderfinanzausgleich muß einer besonderen Regelung vorbehalten bleiben.Zwischen Bund und Ländern besteht Einigkeit darüber, daß der Länderfinanzausgleich wesentlich intensiviert werden muß. Dabei wird darauf Bedacht genommen werden, daß auch die leistungsschwächeren Länder ihre Anteile an den Gemeinschaftsaufgaben aufbringen können. Die Intensivierung wird bereits mit dem noch in diesem Jahr vorzulegenden Finanzausgleichsgesetz erstrebt werden. Es wäre aber kaum ein sachgerechter Finanzausgleich zu erreichen, wenn die Lastenanteile der Länder bei den Gemeinschaftsaufgaben nach ihrer unterschiedlichen Leistungsfähigkeit abgestuft würden.
Zu einer Zusatzfrage Herr Dröscher.
Trifft es zu, Herr Staatssekretär, daß gerade in den finanzschwachen Ländern auch die Agrarstruktur besonders schlecht ist?
Das dürfte in der Regel zutreffen.
Noch eine Frage, Herr Dröscher.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie vorhin gesagt haben, daß ein höherer Bundesanteil vorgesehen sei, um das auszugleichen, und der andere Teil gewissermaßen durch den Finanzausgleich verbessert werden soll, frage ich: Warum hält es die Landesregierung von Rheinland-Pfalz für notwendig, gerade auf dieses Problem als eine Voraussetzung für besonders schwierige Finanzierungsverhältnisse dieser Gemeinschaftsaufgabe hinzuweisen?
Ich glaube, das ist
noch nicht richtig erkannt worden, Herr Kollege Dröscher. Auch ich habe den Brief bekommen, den Sie vom Landwirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz erhalten haben. Aber ich glaube, man hat noch nicht eingesehen, daß dadurch, daß man nun unter besonderer Rücksichtnahme auf die finanzschwachen Länder bei der Agrarstruktur eine andere Finanzierung vorsieht als bei den beiden anderen Gemeinschaftsaufgaben, gerade den finanzschwachen Ländern Rechnung getragen wird. Daß man Unterschiede zwischen den Ländern nicht machen kann, ergibt sich eben daraus, daß man sonst in den Länderfinanzausgleich eingreift und dann dort nichts mehr erreicht.
Zu einer Zusatzfrage Herr Moersch.
Herr Staatssekretär, ist es denn nicht so, daß in den Gebieten, in denen die Realteilung vorherrscht, frühzeitig industrialisiert wurde, so daß gerade dort die finanzstarken Gebiete sind und nicht da, wo Anerbenrecht herrscht?
Ich würde das nicht ohne weiteres sagen, Herr Kollege Moersch. Ich kann z. B. nicht sagen, daß mein Land besonders gut strukturiert ist.
Aber die Pfalz ist doch finanzstark.
Die Pfalz ist nur ein Teil des Landes Rheinland-Pfalz. Dort gibt es z. B. Gebiete im Westerwald, im Hunsrück und an der Mosel, die eben nicht so strukturiert sind. Ähnlich könnte ich mir vorstellen, daß das auch in den anderen finanzschwachen Ländern der Fall ist. Oder nehmen Sie das Saargebiet mit der einseitigen Strukturierung, bezogen auf den Kohlebergbau.
Vielen Dank für die Beantwortung dieser Fragen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zur Beantwortung ist der Herr Parlamentarische Staatssekretär Köppler anwesend.
Zunächst rufe ich die Frage 12 des Herrn Abgeordneten Ertl auf:
Ist die Bundesregierung bereit, entsprechend den Vorstellungen der Bayerischen Staatsregierung 50 % der Kosten für die Olympischen Spiele 1972 zu übernehmen?
Ist der Fragesteller im Saal? — Er ist da. Bitte, Herr Staatsekretär!
Im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister der Finanzen möchte ich die Frage wie folgt beantworten.
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9778 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968
Parlamentarischer Staatssekretär KöpplerVorstellungen der Bayerischen Staatsregierung, nach denen der Bund die Hälfte der Kosten für die Olympischen Spiele 1972 übernehmen soll, sind der Bundesregierung nicht unterbreitet worden. Der Bundesregierung ist allerdings bekannt, daß einzelne Persönlichkeiten, vor allem der Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium der Finanzen, Herr Kollege Jaumann, derartige Überlegungen geäußert haben. Um Vorstellungen oder gar Vorschläge der Bayerischen Staatsregierung handelt es sich jedoch dabei nicht.
Eine Zusatzfrage, Herr Ertl.
Herr Staatssekretär, haben Sie in der Zwischenzeit konkrete Zahlen über die Kosten für die Mehrfinanzierung, und wird sich der Bund an den Mehrkosten anteilmäßig beteiligen?
Herr Kollege, eine genaue Übersicht über die neuesten Kostenschätzungen kann ich Ihnen heute noch nicht geben, weil die Prüfung noch im Gange ist.
Sie wissen, daß vom Organisationskomitee in München eine eigene Kommission zur Prüfung der Einsparungsmöglichkeiten eingesetzt worden ist, die ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen hat. Es entspricht dem Vertrag, den der Bund, Bayern und die Landeshauptstadt München abgeschlossen haben, daß diese drei Vertragspartner anteilig die Kosten der Olympischen Spiele in München übernehmen. Der Bund gedenkt, für seinen Teil Buchstaben und Geist dieses Vertrages zu erfüllen, und hat keinen Anlaß, daran zu zweifeln, daß bei den übrigen Konsortialpartnern dieselbe Einstellung besteht.
Noch eine Frage, Herr Ertl.
Dann darf ich Ihrer letzten Antwort entnehmen, daß Sie — und wohl auch die Bundesregierung — der Auffassung sind, daß es bei der Drittelung bleiben soll?
Jawohl.
Eine Zusatzfrage, Herr Müller .
Herr Staatssekretär, würden Sie, wenn ein Antrag der Bayerischen Staatsregierung oder des anderen Partners käme, eine Neuverteilung vorzunehmen, grundsätzlich dagegen sein oder würden Sie bereit sein, das wohlwollend zu prüfen, zumal ja ein Teil der Kosten durch neue Arten der Finanzierung aufgebracht wird, z. B. Olympiamünze, Toto und ähnliche Dinge?
Herr Kollege, es ist
etwas mißlich, sich hier über hypothetische- Situationen äußern zu müssen. Ein solches Ersuchen der Bayerischen Staatsregierung liegt, wie ich schon gesagt habe, nicht vor. Sollte — wenn ich das ganz grundsätzlich einmal sagen darf — ein solches Ersuchen gestellt werden, ist der Bund selbstverständlich bereit, in ein Gespräch darüber einzutreten. Ich glaube aber, daß zunächst einmal die getroffene Aufgaben- und Kostenverteilung beibehalten werden sollte. Sie dürfen nicht übersehen, daß eine Veränderung im Schlüssel natürlich auch erhebliche Veränderungen innerhalb des Gefüges der Organe zur Folge hätte, die mit der Vorbereitung der Olympischen Spiele in München beauftragt sind.
Zweite Zusatzfrage, Herr Müller .
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß bei der Durchführung von Spielen in anderen Ländern der Anteil des jeweiligen Staates an den Kosten wesentlich größer war --bis zu 80 und 90% — als hier in der Bundesrepublik?
Wenn Sie den Anteil des Staates vergleichen, Herr Kollege, müssen Sie natürlich die Anteile zusammenzählen, die vom Freistaat Bayern und von der Bundesrepublik. aufgebracht werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Althammer.
Herr Staatssekretär, nachdem in der letzten Äußerung der Bundesregierung bereits von einer zu erwartenden Kostenerhöhung auf 840 Millionen DM die Rede war und Fachkenner die Befürchtung äußern, daß die Milliardengrenze wahrscheinlich erreicht werden wird, frage ich: wird die Bundesregierung darauf einwirken, daß die Dinge möglichst kostensparend behandelt werden, und sind darüber schon Ergebnisse zu erwarten?
Herr Kollege, ich mußte schon darauf hinweisen, daß die Arbeiten der sogenannten Einsparungskommission des Organisationskomitees noch nicht abgeschlossen sind und daß deshalb auch hier noch keine Ergebnisse bekanntgegeben werden können. Aber ihre bis jetzt überschaubare Arbeit läßt schon erkennen, daß nicht unerhebliche Einsparungen vorgenommen werden konnten, ohne daß damit dem erklärten Ziel aller Beteiligten geschadet wäre, die Voraussetzungen für 'die Abhaltung der Olympischen Spiele in München so zu schaffen, daß wir die Zusagen einhalten, die bei der Vergabe der Olympischen Spiele an München gegeben worden sind.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968 9779
Keine Zusatzfrage.
Wir kommen zur Frage 13 des Herrn Abgeordneten Jung:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, Maßnahmen dahin gehend zu veranlassen, daß wehrpflichtige Abiturienten ihr Studium unmittelbar nach Abschluß des Wehrdienstes aufnehmen können?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, Ihre Frage berührt zwei Probleme. Einmal handelt es sich darum, die Termine für die Ableistung des Grundwehrdienstes mit den Semesteranfangsterminen der Hochschulen abzustimmen. Zum anderen reicht die Anzahl der Studienplätze, wie wir wissen, vor allem in medizinischen und naturwissenschaftlichen Fakultäten, trotz der Neugründungen und Erweiterungen von Universitäten derzeit bekanntlich nicht aus, um alle Studienbewerber aufzunehmen.
Die Bundesregierung war und ist bemüht, die Termine für die Ableistung des Grundwehrdienstes so festzulegen, daß Unterbrechungen oder Wartezeiten in der beruflichen Ausbildung tunlichst vermieden werden. Der Bundesminister der Verteidigung hat daher die Einberufungstermine der Abiturienten ständig den Schulabschlußterminen angepaßt. Dies ist in der Fragestunde des Hohen Hauses ja auch wiederholt erörtert worden. Wehrtaugliche Abiturienten werden möglichst alsbald nach Ablegung des Abiturs zum Grundwehrdienst einberufen, in der Regel also nunmehr zum 1. Juli oder — nach den großen Ferien — zum 1. Oktober. Ihr 18monatiger Grundwehrdienst endet demgemäß am 31. Dezember des nächsten bzw. 31. März des übernächsten Jahres. Diese Wehrpflichtigen können also ihr Studium im allgemeinen mit Beginn des folgenden Sommersemesters aufnehmen. Abiturienten aus der Freien und Hansestadt Hamburg, in der das Abitur in den kommenden Jahren noch weiterhin im Frühjahr . abgelegt wird, werden zum 1. April zum Grundwehrdienst einberufen. Sie erreichen zeitlich den Anschluß an das jeweils im Spätherbst beginnende Wintersemester des nächsten Jahres. — Soweit zum ersten Problemkreis.
Zum zweiten: Infolge der Diskrepanz zwischen der Anzahl der Studienbewerber und der Anzahl der Studienplätze mußten für bestimmte Studiengebiete vorübergehend Beschränkungen eingeführt werden. Insoweit sehen die Zulassungsrichtlinien der Kultusminister der Länder bzw. der Fakultäten der betreffenden Hochschulen vor, bei der Auswahl der Bewerber die Ableistung der Wehrpflicht oder des zivilen Ersatzdienstes zu berücksichtigen. Die Bundesregierung ist bereit, darauf hinzuwirken, daß den Wehrdienst leistenden Studienbewerbern durch Zulassungsbeschränkungen keine unangemessenen Nachteile entstehen. Eine allseits befriedigende Lösung wird sich allerdings wohl erst durch die Schaffung einer hinreichenden Anzahl von Studienplätzen erreichen lassen.
Eine Zusatzfrage, Herr Jung.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß der Bundesregierung bekannt ist, daß eine große Zahl von Wehrpflichtigen — wehrpflichtige Abiturienten, die ihren Wehrdienst abgeleistet haben — trotzdem noch einige Semester warten muß, um das Studium an den Hochschulen beginnen zu können?
Ja, dieser Übelstand — kann man nur sagen — ist der Bundesregierung bekannt, und ich habe ja versucht, gerade was die naturwissenschaftlichen und medizinischen Fakultäten angeht, die Maßnahmen aufzuzeigen, die uns im Augenblick zu Gebote stehen. Ich kann nur noch einmal wiederholen, daß eine befriedigende Regelung erst dann gegeben sein wird, wenn in diesen Fakultäten eine ausreichende Zahl von Studienplätzen vorhanden ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Moersch.
Herr Staatssekretär, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die doppelte Benachteiligung von wehrpflichtigen Abiturienten aus Baden-Württemberg bei der Zulassung zu vermeiden, die darin besteht, daß der Notendurchschnitt in Baden-Württemberg, obwohl die Leistungen relativ hoch liegen, wesentlich niedriger ist als in anderen Bundesländern, d. h. daß das Abitur dort offensichtlich sehr viel mehr wert ist als in anderen Bundesländern und daß sich dieser Umstand bei der Zulassung zuungunsten der Studienbewerber auswirkt?
Herr Kollege, ich bin gern bereit, diesen Hinweis zum Anlaß zu nehmen, um prüfen zu lassen, ob eine solche besondere Benachteiligung der Studenten in Baden-Württemberg besteht und ob dieser besonderen Benachteiligung durch Maßnahmen der Bundesregierung abgeholfen werden kann.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Moersch.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie darauf hinweisen, daß dieser von mir gegebene Hinweis in der baden-württembergischen Presse seit Wochen behandelt wird und daß es offensichtlich versäumt worden ist, diesem Hinweis nachzugehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Ott.
Herr Staatssekretär, sehen Sie darin eine Benachteiligung der Wehrpflichtigen, daß
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9780 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968
Ottdiese zunächst ihren Wehrdienst ableisten und nach Ableistung des Wehrdienstes zusätzlich warten müssen, biss sie einen Studienplatz bekommen, im Gegensatz zu denen, die nicht Wehrdienst leisten und früher zum Studium gelangen?
Herr Abgeordneter, ich habe bereits in meiner Beantwortung der Frage darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung bereit ist, mit allen ihr möglichen Maßnahmen und im übrigen im Einvernehmen und in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Kultusminister und der betreffenden Fakultäten darauf hinzuwirken, daß eine auf Grund der Ableistung des Wehrdienstes gegebene zusätzliche Benachteiligung nicht vorkommen soll.
Noch eine Frage,
Herr Ott.
Würden Sie die Möglichkeit einer Beseitigung dieser Benachteiligung nicht darin sehen, daß Sie im Zusammenwirken mit dem Bundesminister der Verteidigung darauf hinwirken, daß Wehrpflichtige, die einen Studienplatz in Aussicht haben, ihren Wehrdienst vorzeitig beenden können?
Innerhalb der Bundesregierung werden zur Zeit gewisse Erwägungen angestellt - sie sind aber noch nicht zum Abschluß gekommen—, die sich allerdings nicht nur auf Abiturienten bzw. Studenten beziehen, sondern ganz allgemein unter dem Gesichtspunkt stehen, ob und wie vermeidbare Schwierigkeiten bei der Berufsausbildung, die durch den Wehrdienst eintreten könnten, ausgeräumt werden können. Es wird geprüft, wie hier Abhilfe zu schaffen ist. Ich bin leider heute noch nicht in der Lage, Ihnen über das Ergebnis dieser Prüfungen und Überlegungen zu berichten. Sie sind noch im Gange.
Eine Zusatzfrage, Frau Jacobi.
Würden Sie bereit sein, Herr Staatssekretär, einmal nachzuprüfen und nachzufragen, ob nicht gerade in Baden-Württemberg schon solche Rücksichtnahmen stattgefunden haben, indem Abiturienten einige Wochen eher entlassen worden sind, damit sie noch rechtzeitig in das entsprechende Semester hineinkommen konnten?
Frau Kollegin, die vom Herrn Kollegen Moersch angeregte Prüfung der besonderen Situation in Baden-Württemberg wird selbstverständlich auch diesen Sachverhalt mit einbeziehen.
Wir kommen zur Frage 14 des Herrn Abgeordneten Baier:
Werden Ereignisse der letzten Zeit und Feststellungen, wie sie beispielsweise die „Neue Zürcher Zeitung" am 27. Mai 1968 traf: „Noch selten hat ein Stipendium der Bundesrepublik derartige Wirkung erzielt, wenn auch eine unbeabsichtigte, wie dasjenige für Cohn-Bendit", für die Bundesregierung Anlaß sein, die Studienförderung und das Stipendienwesen einer Reform zu unterziehen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, Studienförderung und Stipendienwesen sind, wie Sie wissen, in erster Linie Sache der Länder. Der Bund ist daran im wesentlichen über das sogenannte Honnefer Modell beteiligt. Die Richtlinien, die diesem zugrunde liegen, haben sich im großen und ganzen bewährt. Selbstverständlich müssen sie den jeweils 'gegebenen Verhältnissen . angepaßt, muß eventuell auftretenden Mißverständnissen bei ihrer Interpretation vorgebeugt werden. Ich würde das allerdings nicht als eine Reform bezeichnen wollen.
Ich möchte aber auch klar sagen, daß Vorkommnisse der letzten Zeit an deutschen Universitäten, die wir alle kennen und die die Bundesregierung selbstverständlich nicht billigt, keinen Anlaß gebèn, das Honnefer Modell grundsätzlich zu ändern oder zu reformieren. Diese Ereignisse hängen wohl auch nicht mit dem Honnefer Modell zusammen; ihnen kann man daher auch nicht durch dessen Reform entgegenwirken.
Eine Zusatzfrage, Herr Baier.
Herr Staatssekretär, treffen die Meldungen der „Neuen Zürcher Zeitung" über den Studenten Cohn-Bendit zu, die ich in meiner Frage zitiert habe?
Herr Kollege, ich habe mich natürlich bemüht, über die Stipendien des von Ihnen genannten Studenten Klarheit zu bekommen. Angesichts der außerordentlich komplizierten Lage des Stipendienwesens in Deutschland ist es mir in der kurzen Zeit nicht gelungen, diese Nachrichten zu bekommen. Ich kann Ihnen nur sagen: nach unseren bisherigen Ermittlungen kann davon ausgegangen werden, daß Herr Cohn-Bendit kein Stipendium aus dem Deutschen Akademischen Austauschdienst erhält. Das ist das, was wir von der Bundesregierung her verhältnismäßig einfach überprüfen können.
Noch eine Frage, Herr Baier.
Herr Staatssekretär, was hat die Bundesregierung getan, um sicherzustellen, daß in allen Fällen der Studienförderung mit Bundesbeteiligung darauf geachtet wird, daß diese Förderung nur solchen Studenten zuteil wird, die, wie es wörtlich in den Richtlinien für die Studienförderung des Honnefer Modells heißt, „neben guten Leistun-
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Baiergen charakterliche Reife, fachliche Leistungen und Verständnis für die Umwelt zeigen"?
Herr Kollege, ich habe schon in meiner Antwort auf eine ähnliche Frage des Kollegen Hofmann am 9. Mai darauf hingewiesen,
daß die Richtlinien zum Honnefer Modell bei richtiger Interpretation eine solche Handhabe bieten. Bei der bevorstehenden Überprüfung der Richtlinien wird die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern prüfen, ob diese Bestimmungen eventuell noch verdeutlicht werden können.
Eine Zusatzfrage, Herr Müller .
Herr Staatssekretär, nach meiner Information bekommt Herr Cohn-Bendit eine Waisenrente aus der Bundesrepublik, die ihm noch gezahlt wird, weil er noch im Studium ist. Sind Sie mit mir der Ansicht, daß die Zurückhaltung einer Waisenrente in diesem Fall nicht angebracht wäre, auch wenn Herr Cohn-Bendit sich nicht unbedingt so verhält, wie der Kollege Baier es gern sähe?
Herr Kollege, ich teile Ihre Auffassung. Ich hätte nur gern — das war der Sinn meiner Antwort auf die erste Zusatzfrage — dem Herrn Fragesteller und dem Hohen Hause über die eigentliche faktische Lage Auskunft gegeben, woher, aus welchen Mitteln und auf Grund welcher Rechtsgrundlage Herr Cohn-Bendit das in der in- und ausländischen Presse oft behandelte Stipendium erhält. Ich bedauere es außerordentlich, daß die Feststellungsmöglichkeiten des Bundesinnenministeriums nicht ausgereicht haben, diese Auskunft hier zu geben.
Eine Zusatzfrage, Herr Moersch.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung nicht bekannt, daß es sich bei Herrn Cohn-Bendit um den Sohn eines vor 1933 tätig gewesenen sozialdemokratischen Politikers handelt, dessen Eltern aus rassischen und politischen Gründen verfolgt worden sind und der deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit ein Stipendium aus dem Wiedergutmachungsfonds erhält?
Herr Kollege, natürlich war der Bundesregierung bekannt, daß diese Möglichkeit auf Grund der persönlichen Verhältnisse von Herrn Cohn-Bendit besteht, und wir haben uns auch in erster Linie bemüht, festzustellen, ob ein Stipendium nach dem Bundesentschädigungsgesetz gewährt wird. Aber unsere Bemühungen in dieser Richtung sind ohne konkretes Ergebnis geblieben.
Eine Zusatzfrage, Frau Freyh.
Herr Staatssekretär, in welcher Richtung ist das, was Sie soeben zur Verdeutlichung der Richtlinien über die Vergabe der Honnef-Mittel gesagt haben, zu verstehen gewesen?
Ich weiß nicht, ob jetzt alle Bestimmungen, die die Honnefer Richtlinien enthalten und die in der Tat in manchen Formulierungen etwas allgemein und wenig konkret ge-
. halten sind, dem Hohen Hause geläufig sind. Man könnte nach meiner Auffassung z. B. daran denken, daß Studenten, die sich strafbare Handlungen haben zuschulden kommen lassen, die sich an strafbaren Handlungen beteiligt haben, durch eine Präzisierung — nicht durch eine Neufassung — der bestehenden Richtlinien ausdrücklich vom Genuß solcher Stipendien auszuschließen wären.
Noch eine Frage, Frau Freyh.
Herr Staatssekretär, das ist die einzige Richtung, in der Sie Überlegungen anstellen?
In der Tat.
Ich danke für die Beantwortung dieser Fragen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Zunächst die Fragen 35 bis 37 des Herrn Abgeordneten Vit:
Ist die Bundesregierung gewillt, der deutschen Landwirtschaft bei ihren Anstrengungen im Wettbewerb neben anderen Förderungen auch durch eine moderne Forschung zu helfen?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß bei der Kernforschungsanlage Jülich ein den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft entsprechendes landwirtschaftliches Institut — mit bereits vorhandenen Einrichtungen für seinen vollständigen Ausbau, mit Hilfsmitteln für das Arbeiten mit Radioisotopen und Strahlungen jeder beliebig hohen Aktivität — erfolgreich arbeitet?
Wird die Bundesregierung, wie für alle Einrichtungen der Kernforschungsanlage Jülich, nach den bisher stattgefundenen Verhandlungen nunmehr auch die Bundesbeteiligung für das landwirtschaftliche Institut übernehmen?
Zur Beantwortung ist der Herr Bundesminister Höcherl hier. Ich nehme an, daß die drei Fragen im Zusammenhang beantwortet werden können. — Kein Widerspruch. Bitte, Herr Minister!
Der Wille der Bundesregierung, der deutschen Landwirtschaft bei ihren Anstrengungen im Wettbewerb auch durch eine moderne Forschung zu helfen, findet den sichtbaren Ausdruck in den 16 Bundesforschungsanstalten meines Geschäftsbereichs, die mit mehr als 2500 Mit-
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9782 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968
Bundesminister Höcherlarbeitern und einem jährlichen Aufwand von etwa 100 Millionen DM alle Probleme, von der Erzeugung über die Verarbeitung bis zur Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte wissenschaftlich bearbeiten und ihre Forschungsergebnisse auf dem Wege über die Beratung der Praxis zur Verfügung stellen.Auf die Frage 36 möchte ich antworten: Der Bundesregierung ist lediglich bekannt, daß bei der Kernforschungsanlage in Jülich ein Institut für Botanik und Mikrobiologie erfolgreich arbeitet. Daneben ist vor einiger Zeit eine Arbeitsgruppe „Institut für Landwirtschaft" gebildet worden, die mangels geeigneter Arbeitsmöglichkeiten in Jülich zunächst in Instituten der landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn untergebracht ist.Zur Frage 37 darf ich sagen: Im Rahmen der geplanten Bundesbeteiligung an der Kernforschungsanlage Jülich ist der Bundesregierung wiederholt nahegelegt worden, ein Institut für Landwirtschaft bei der Kernforschungsanstalt in Jülich einzurichten. Dazu kann sich die Bundesregierung jedoch nicht entschließen, weil nach ihrer Auffassung die Landbauforschung an den sieben Landbaufakultäten und bei den Forschungsanstalten meines Hauses über ausreichende Möglichkeiten zur radio-chemischen Forschung verfügt. Der Arbeitskreis „Biologie und Medizin" der Deutschen Atomkommission hat sich im Januar dieses Jahres gleichfalls mit dieser Frage befaßt und dazu folgendes festgestellt:Im Hinblick auf die in der Bundesrepublik Deutschland bereits vorhandenen Forschungseinrichtungen an landwirtschaftlichen Fakultäten und Bundesforschungsanstalten wird ein landwirtschaftliches Institut bei der Kernforschungsanlage Jülich nicht für notwendig gehalten.Dieser Auffassung schließt sich die Bundesregierung an.
Eine Zusatzfrage, Herr Vit.
Herr Minister, ist die Bundesregierung nicht der Meinung, daß die Nähe der Kernforschungsanstalt Jülich zu den Universitäten Köln, Bonn und Düsseldorf sowie zu Aachen ungewöhnlich günstige Möglichkeiten eines fachlichen Austauschs bietet und daher die Effektivität des angeschlossenen landwirtschaftlichen Instituts vergrößert?
Herr Kollege, ich darf Sie vielleicht darüber informieren, daß ein bedeutsames und ganz modernes strahlenbiologisches und Isotopen-Laboratorium bei der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Völkenrode unmittelbar vor der Vollendung steht und daß darüber hinaus noch in Karlsruhe eine ähnliche Einrichtung existiert. Wir glauben, daß damit dem Bedarf von heute Genüge geleistet ist.
Noch eine Frage, Herr Vit.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß an diesem sogenannten Institut für Botanik und Mikrobiologie an zukunftweisenden Erforschungen von Mutationen bei Pflanzen und Tieren gearbeitet wird, ohne die kurzfristig Leistungssteigerungen in der Landwirtschaft meines Erachtens nicht denkbar sind, und daß die wissenschaftlichen Erkenntnisse auf diesem Gebiet der Lebenswissenschaften auch für die Medizin von großer Bedeutung sein können und werden?
Herr Kollege, ich habe selbst zum Ausdruck gebracht, daß dieses mikrobiologische Institut außerordentlich fruchtbar arbeitet. Aber hier geht es ja um die Frage, ob der Arbeitskreis Landwirtschaft, der bei der Kernforschungsanstalt eingerichtet werden soll, vom Bund übernommen werden soll. Der Bund ist der Meinung, daß es gerade in der kulturpolitischen Konkurrenz nicht immer, wenn irgendwo etwas eingerichtet ist, heißen kann, daß wir sofort in Zahlung treten müssen. Die kulturpolitische Konkurrenz drückt sich zweckmäßigerweise auch in einer Arbeitsteilung und bei den Kosten aus.
Damit sind diese Fragen beantwortet.
Ich rufe die Fragen 38, 39 und 40 des Herrn Abgeordneten Logemann auf:
Ist die Bundesregierung bereit, zur Abwendung einer akuten Bedrohung der Existenz der deutschen landwirtschaftlichen Erzeuger Sofortmaßnahmen zur Entlastung des Eiermarktes einzuleiten?
Sieht die Bundesregierung in den von norddeutschen Geflügelwirtschaftsverbänden dem Bundesernährungsminister schon im März 1968 vorgeschlagenen Sofortmaßnahmen geeignete Möglichkeiten zur Wiederherstellung der Rentabilität der deutschen landwirtschaftlichen Eierproduktion?
Welche langfristigen Maßnahmen sind nach Auffassung der Bundesregierung zur Konsolidierung des Eiermarktes notwendig?
Diese Fragen bilden wohl auch eine Einheit und können zusammen beantwortet werden. — Bitte, Herr Minister!
Soweit es sich wirklich um eine akute Bedrohung der Existenz der deutschen landwirtschaftlichen Erzeuger durch Einfuhren von Eiern aus Drittländern zu ungewöhnlich niedrigen Preisen bzw. in ungewöhnlich großen Mengen handelt, ist die Bundesregierung nicht nur bereit, sondern sogar verpflichtet, die in der Gemeinsamen Marktordnung für Eier vorgesehenen Maßnahmen einzuleiten.Die bedauerliche Lage auf dem Eiermarkt ist wie folgt zu beurteilen. Die augenblickliche Marktlage ist dadurch entstanden, daß die deutsche Produktion stärker als die Nachfrage gestiegen ist. Die Einfuhrenspielen nur eine untergeordnete Rolle. Der Anteil der deutschen Eiererzeugung an der Marktversorgung ist in den letzten Jahren von 82 % :im Jahre 1964 über 86 % im Jahre 1965 auf 91 % im Jahre 1967 gestiegen. Der Anteil der Importe aus Mitgliedstaaten und Drittländern ist dementsprechend von 18 % auf 9 % gefallen. Der Anteil der
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Bundesminister HöcherlDrittlandeinfuhren am Gesamtverbrauch betrug im Jahre 1967 nur noch 1,3 %.Um dennoch nichts unversucht zu lassen, was zu einer Befestigung des Marktes beitragen könnte, habe ich veranlaßt, daß die Ausschreibungsbedingungen für die im Rahmen der Bevorratung ohnehin in diesem Jahr notwendige Wälzung von Eiprodukten dahin gehend geändert werden, daß Eiprodukte, die aus deutschen Schaleneiern hergestellt werden, eingelagert werden können. Das Bundesfinanzministerium hat bereits fernmündlich seine Zustimmung erteilt. Die entscheidenden Besprechungen sollten heutestattfinden. Wir konnten den Termin nicht festlegen. Die Besprechungen werden am Montag stattfinden, und wir werden die notwendigen Maßnahmen unverzüglich einleiten.Zu den Fragen 2 und 3 darf ich sagen: Die Vorschläge für Sofortmaßnahmen der regionalen Geflügelwirtschaftsverbände Norddeutschlands wurden mir durch die Landesministerien von Niedersachsen und Schleswig-Holstein unterbreitet. In meinen Antworten, die Sie sicher kennen, habe ich ausführlich zu den angeregten Maßnahmen Stellung genommen. Ein Teil dieser Maßnahmen ist nicht durchführbar oder steht im Widerspruch zu EWG-Bestimmungen. Der andere Teil ist leider nicht geeignet, die Rentabilität der deutschen landwirtschaftlichen Eierproduktion nachhaltig zu verbessern. Eine dauernde Festigung des Eiermarktes ist meiner Ansicht nach nur zu erreichen, wenn es gelingt, Angebot und Nachfrage mehr in Einklang zu bringen. Die hierfür erforderlichen langfristigen Maßnahmen, horizontale und vertikale Integration sowie jede andere Form der Zusammenarbeit können nur von der Eierwirtschaft selbst getroffen werden. Die Bundesregierung ist bereit, jede Art von erlaubter und rechtlich möglicher Hilfestellung zu leisten.Darüber hinaus hat die Bundesregierung in ihren Richtlinien dafür gesorgt, daß weitere Erzeugungsanlagen zur Zeit nicht unterstützt werden und daß Anlagen zur Verwertung von Eiern gebaut werden können. Ein Stabilisierungsfonds, wie er vorgeschlagen worden ist, läßt sich nur auf privater oder gesetzlicher Grundlage errichten. Wir sind in Verhandlungen eingetreten.Meines Erachtens müßte zwischen den Erzeugern — wir werden uns darum bemühen — eine Verständigung erreicht werden, daß der rasche Anstieg in ein Verhältnis zu den Absatzmöglichkeiten gebracht wird.
Meine Damen und Herren, der Geräuschpegel im Hause hat eine beträchtliche Höhe. Wollen Sie bitte helfen, ihn zu senken, und vor allem Platz nehmen.
Eine Zusatzfrage, Herr Logemann.
Herr Minister, ist nicht auch zur Stabilisierung des deutschen Eier- und Geflügelpreisniveaus eine Neuorganisation der bisher gebräuchlichen Preisnotierungen Voraussetzung?
Ja, das ist richtig. Sie wissen, daß wir nicht nur auf diesem Gebiet, sondern auf dem ganzen Fleischsektor bemüht sind, eine größere Transparenz zu schaffen, durch Handelsklassenverordnungen auf der einen Seite und organisatorische Maßnahmen auf der anderen Seite. Auch hier wird gearbeitet. Aber ob das ausreichen wird, den Kern der Klagen zu treffen, möchte ich bezweifeln.
Noch eine Frage, Herr Logemann.
Herr Minister, planen Sie eine entsprechende gesetzliche Regelung, die alle Handelsstufen erfassen müßte und eine entsprechende Markttransparenz zu gewährleisten hätte?
Sie wissen ja, welche Einrichtungen wir zur Markttransparenz haben: eine auch vom Berufsstand getragene ZMP, die Sie kennen. Es ist ja so, daß die starke Vermehrung der Eierproduktion ganz offenbar ohne Rücksicht auf die Marktchancen, die zweifellos schon absehbar waren, erfolgt ist. Sie wissen, daß bei dem Preisverfall recht unterschiedliche Verhältnisse in der Bundesrepublik herrschen und daß gerade von Großerzeugern immer wieder große Posten auf den Markt geworfen werden und bei der Preisderoutierung einen erheblichen Einfluß haben.
- Vizepräsident Dr. Mommer: Noch eine Frage, Herr Logemann.
Herr Minister, ich frage aus einem ganz bestimmten Grund: Sind Sie mit mir der Auffassung, daß der jetzige Abstand zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen bei Eiern in der Tat überhöht ist?
Ja.
Noch eine Frage.
Sind Ihnen aus dem norddeutschen Raum Vorgänge bekannt, die darauf schließen lassen, daß Großvermarkter von Eiern sowohl auf genossenschaftlicher Seite als auch auf seiten des privaten Eiergroßhandels durch Ausdehnung der Vermarktungsspanne den Eiererzeugern Preisnachteile bringen? -
Nein.
Sie haben noch eine Frage, Herr Logemann. — Bitte!
Entsteht nicht durch das verkehrspolitische Programm der Bundesregierung
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9784 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968
Logemann— ich meine den Leber-Plan — die Gefahr einer weiteren Benachteiligung der Eier- und Geflügelfleischerzeuger durch höhere Frachten, besonders in marktfernen Gebieten?
Der Leber-Plan wird zur Zeit im Bundestag beraten. Ich möchte annehmen, daß die Beratungen nicht zu einer solchen Verschlechterung oder einer Gefährdung führen.
Eine Zusatzfrage, Herr Wächter.
Denken Sie, Herr Minister, bei der Einführung langfristiger Maßnahmen gegebenfalls auch an die Einführung einer Genehmigungspflicht entsprechend der französischen Regelung für alle neu einzurichtenden Geflügelbetriebe mit einer Legehennenhaltung bis zu 5000 Legehennen?
Herr Kollege, wir müssen zwei Dinge unterscheiden. Die Frage einer Genehmigungspflicht liegt dem Deutschen Bundestag vor. Es gibt einen Initiativentwurf, bei dem es um die Frage geht, ob man die Populationen bei Tierhaltungen begrenzen kann. Bisher konnte sich der Bundestag mit Rücksicht auf Art. 12 des Grundgesetzes nicht entschließen, einer solchen Begrenzung näherzutreten. Was wir tun konnten, nämlich in Richtlinien die Förderung von solchen Einrichtungen zu unterlassen, ist bereits geschehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Ritz.
Herr Bundesminister, treffen Vermutungen zu, wonach durch unterschiedliche Veterinärbestimmungen innerhalb der EWG und durch überhöhte Steuerrückvergütung in einzelnen Ländern der EWG auf dem Eiermarkt der EWG noch Wettbewerbsverzerrungen bestehen, die es zu beseitigen gilt?
Es gibt nicht nur Vermutungen, sondern auch Behauptungen. Das ist mehr.
Ich habe diese Behauptungen an die Stelle herangetragen, die dafür kompetent ist, nämlich an die Kommission, und ich habe mich auch mit einem Kollegen aus dem EWG-Bereich darüber unterhalten. Ich nehme an, daß wir sehr bald, vor allem was die umsatzsteuerliche Seite betrifft, eine Aufklärung bzw. eine Abhilfe erhalten, wenn sich die Vermutungen bestätigen sollten.
Noch eine Frage, Herr Dr. Ritz.
Ich darf sicher sein, daß Sie dann die interessierten Herren dieses Hauses über die Ergebnisse dieser Kommission informieren?
Ja.
Eine Zusatzfrage, Herr von Gemmingen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Minister, wären Sie nicht vielleicht doch bereit, die Einrichtung eines Stabilisierungsfonds analog dem in den Niederlanden schon bestehenden Fonds zunächst auf nationaler Ebene zu unterstützen und dem Ministerrat gleiche EWG-Lösungen vorzuschlagen?
Ich bin nicht gegen einen Stabilisierungsfonds; aber zunächst muß entschieden werden, ob er aus eigener Kraft aufgestellt werden soll, wofür ich sehr wäre, oder ob wir eine gesetzliche Lösung finden müßten, und dann ist sofort der Finanzminister gefragt bzw. das Hohe Haus. Ich bin nicht grundsätzlich dagegen. Wir müssen uns für eine vernünftige Form entscheiden. Aber wie gesagt, ich würde der privaten Initiative, zu der wir eine Hilfestellung leisten, den Vorzug geben.
Darf ich zunächst die Kollegen bitten, den Stehkonvent aufzulösen, der hier vor mir veranstaltet wird. — Darf ich bitten, Platz zu nehmen, meine Herren.
Herr Bauknecht, Sie haben eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, treffen Pressemeldungen zu, wonach in Nordrhein-Westfalen eine neue Geflügelproduktion oder Eierproduktion mit einem Gesamtumfang von etwa 400 000 Legehennen in Angriff genommen werden soll? Dort sollen Arbeiter beschäftigt werden, die bisher im Kohlebergbau tätig sind.
Trifft es außerdem zu, daß für die Errichtung einer solchen Anstalt öffentliche Mittel gewährt werden?
Dritte Frage: Welche Auswirkungen hat das auf die bisherigen Eierproduzenten in der Umgegend?
Darf ich die Fragen von rückwärts beantworten, weil damit vielleicht die erste und die zweite Frage gegenstandslos werden.Öffentliche Mittel vom Bund werden, wenn ein solches Vorhaben tatsächlich geplant sein sollte, ganz bestimmt nicht gewährt.Was die Länder in ihrer eigenen Zuständigkeit tun können, das wissen Sie. Wir haben darauf keinen Einfluß. Aber ich kann Ihnen folgendes sagen: in einem ähnlichen Fall — der also nicht den Fall betrifft, den Sie hier in den Raum stellen, sondern in einem ähnlichen Fall — hat das zuständige Landwirtschaftsministerium eine gewisse Auflage erteilt — auch bei einem gewerblichen Produzen-
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968 9785
Bundesminister Höcherlten —, die agrarpolitisch Ihre Zustimmung finden wird. Ich glaube also, daß dieses gefährliche Projekt, das Bergbauinteressen und Eierproduktion in einen so bedenklichen Zusammenhang bringt, vielleicht doch mehr ein Gebilde der Phantasie ist. Ich wüßte auch gar nicht, wer jetzt angesichts der desolaten Lage auf dem Eiermarkt auf den Gedanken kommen sollte, auch wenn er Überschüsse aus anderen Betriebszweigen hätte, nun ausgerechnet in diese gefährliche Produktion einzusteigen. Für eine wirtschaftlich weitsichtige Haltung könnte ich das nicht akzeptieren.
Zunächst noch Herr Bauknecht zu einer Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, glauben Sie nicht, daß eine solche Maßnahme — falls es zutrifft, daß seitens des Landes solche Mittel gegeben werden — in diametralem Gegensatz zu Ihrem Agrarprogramm stehen würde?
Ja, zu . meinem und zu Ihrem, nehme ich an. Das ist das Gemeinsame.
Ich bin aber auch der Meinung, daß der Kollege Denecke, der sich ja in einem anderen Fall durchaus bereit gezeigt hat, die agrarpolitischen Interessen wahrzunehmen, auch hier Zurückhaltung zeigt. Ich kann an dieses Projekt nicht glauben. Ich würde auch den Einfluß aufbieten, der notwendig wäre, um es nicht entstehen zu lassen.
Eine Zusatzfrage, Herr Ertl.
Herr Minister, gilt die von Ihnen dargelegte Richtlinie Ihrer Agrarpolitik beispielsweise auch für Hühnerhochhäuser in Berlin?
Das Hühnerhochhaus in Berlin kann von meiner Richtlinie, ganz gleich, wie sie ist, nicht mehr verändert werden. Es existiert. Ich könnte mir vorstellen, daß es — —
— Ja, von mir nicht! Nein! Ich habe das festgestellt. Wir können ja in einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung niemandem verbieten, selbstmörderisch solche Anlagen einzurichten, ich meine wirtschaftlich selbstmörderisch, wenn er das will. Ich kann das durch Richlinien nicht mehr beseitigen.
Die Fragen 41, 42 und 43 des Herrn Abgeordneten Reichmann bilden wohl auch eine Einheit und können im Zusammenhang beantwortet werden:
Wie hoch sind die Margarineverbraucherpreise in jedem der sechs EWG-Mitgliedstaaten in DM?
Wie hoch ist das durchschnittliche Jahreseinkommen eines vierköpfigen Familienhaushalts in jedem der sechs EWG-Mitgliedstaaten in DM?
Aus welcher Haushaltsposition beabsichtigt die Bundesregierung die in Brüssel im Ministerrat zugesagten 120 Millionen DM Margarineabgabe zu bezahlen?
Bitte, Herr Minister!
Margarine einer Standardqualität kostete im April 1968 — das sind vorläufige Zahlen — bzw. im Oktober 1967 in großen Fachgeschäften und Warenhäusern der EWG-Mitgliedstaaten folgendes, und zwar je 1/4 kg, folieverpackt: Bundesrepublik Deutschland 0,71 DM, Frankreich im Oktober 1967 0,71 DM, Italien im Oktober 1967 1,18 DM, Niederlande 0,57 DM, Belgien 0,79 DM, Luxemburg 0,78 DM.Zur zweiten Frage: Im Jahre 1966 wurde in den EWG-Mitgliedstaaten ein durchschnittliches Jahreseinkommen aus unselbständiger Arbeit je beschäftigten Arbeitnehmer in folgender Höhe erzielt: Bundesrepublik Deutschland 11 116 DM, Frankreich 13 212 DM, Italien 9312 DM, Niederlande 12 060 DM, Belgien 12 116 DM.Diese Zahlen beziehen sich auf den Durchschnitt aller Arbeitnehmerhaushalte, sind also mit allem Vorbehalt entgegenzunehmen. Einheitliche Zahlenangaben über die Jahreseinkommen in Vier-Personen-Haushalten, die vergleichbar wären mit den in deutschen amtlichen Statistiken erscheinenden „Vier-Personen-Arbeitnehmer-Haushalten mit mittlerem Einkommen" sind noch nicht für alle EWG-Mitgliedstaaten verfügbar.Ihre letzte Frage: Zunächst darf ich darauf hinweisen, daß alle Finanzbeiträge der Bundesrepublik zum Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft aus dem Einzelplan 60 — Allgemeine Finanzverwaltung — geleistet werden; der Einzelplan 10, also der Landwirtschaftsetat, wird damit nicht belastet.Die Auswirkung des Beschlusses zur Fettsteuer darf ich noch wie folgt erläutern: Würde es zu einer Fettsteuer kommen, würde eine Entlastung unseres Beitrages an den Agrarfonds beim Einzelplan 60 in Höhe des Aufkommens aus der Fettsteuer eintreten, weil der Beitrag nicht mehr in voller Höhe aus allgemeinen Haushaltsmitteln aufgebracht werden müßte.Wird in der Bundesrepublik eine Fettsteuer nicht eingeführt, wie es die deutsche Delegation erklärt hat, verbleibt es bei der vollen Höhe des Beitrags ohne Entlastung des Haushalts durch das Fettsteueraufkommen. Eine Mehrbelastung des Bundeshaushalts über das bisherige Volumen tritt also durch die Zusage, eine entsprechende finanzielle Verpflichtung zu übernehmen, nicht ein. Das könnte nur dann der Fall sein, wenn sich eine Veränderung des Aufbringungsschlüssels ergäbe. Unser Beitrag nach dem Aufbringungsschlüssel ist 31,2 % und der deutsche Anteil am Fettverbrauch 30,0 %.Vielleicht noch eine abschließende Bemerkung: Ihre Vermutung, daß hier eine Zahl von 120 Millionen DM zur Debatte stehe, trifft nicht ganz zu. Unsere Berechnungen gehen auf eine Zahl zwischen 100 und 110 Millionen DM.
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9786 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968
Eine Zusatzfrage, Herr Reichmann.
Herr Bundesminister, hält es die Bundesregierung angesichts dieser Entwicklung und der bisherigen Subventionspolitik für richtig, in diesem Falle gegebenenfalls eine neue Verbrauchersubvention durchzuführen?
Herr Kollege, ich verstehe Ihre Frage nicht ganz. Welche Verbrauchersubvention ist gegeben worden? Es ist hier gar nichts verändert worden, sondern der bisherige Zustand ist aufrechterhalten worden, so daß etwas Neues überhaupt nicht geschehen ist.
Noch eine Frage, Herr Reichmann.
Ist es zutreffend, daß die 110 Millionen DM mit Rücksicht auf die Auswirkungen auf die Verbraucher vom Bund aufgebracht werden müssen, und wäre das dann nicht eine Verbrauchersubvention?
Die Zahlungen müssen so und so aufgebracht werden, sei es durch den Bund über Haushaltsmittel, sei es durch den Steuerzahler. Der Bund ist ja auch nichts anderes als die Korporation der Steuerzahler. Man kann nicht sagen, das seien zwei verschiedene Quellen. Die eine ist direkt und die andere ist indirekt. Aber zur Kasse wird immer derselbe gebeten, nämlich der Steuerzahler, der Bundesbürger.
Noch eine Frage, Herr Reichmann.
Herr Bundesminister, wird die Konzeption, von der Sie eben sprachen, auch bezüglich der Beurteilung der Maßnahmen zugunsten der Landwirtschaft und der ihr angeblich gewährten Subventionen angewendet?
Ich habe keine Konzeption entwickelt, sondern einen Sachverhalt geschildert.
Eine Zusatzfrage, Herr Wächter.
Herr Minister, habe ich Sie recht verstanden, daß bei uns in der Bundesrepublik 1/4 Kilo Margarine 0,71 DM kostet, und wenn das zutrifft, darf ich Sie fragen, um wieviel sich dieser Preis nach Ihrer Ansicht nach Einführung der Fettsteuer in der Bundesrepublik erhöhen würde?
Die Fettsteuer soll ungefähr 14 Pf pro kg ausmachen. Da ich Viertelpreise vorgetragen habe, wäre das der vierte Teil.
Bitte, Herr Kollege, Sie haben eine Zusatzfrage.
Herr Minister, sind Sie mit mir der Auffassung, daß, wenn sich die Bundesregierung entschlossen hätte, den Weg der Partnerländer bezüglich der Belastung hier zu gehen, auch bei uns keine Erhöhung der Margarinepreise eingetreten wäre?
Ich habe dieser Hoffnung schon einmal Ausdruck gegeben; aber man weiß das nie genau.
Herr Minister, Sie haben soeben angedeutet, es sei nur eine Belastung von etwa 110 Millionen DM für uns als Barzahlung nach Brüssel in Rechnung zu stellen. Ist es nicht doch so, daß in der EWG überlegt wird, zu einer höheren Fettabgabe zu kommen, und daß die Bundesregierung dann auch entsprechend mehr in Anspruch genommen werden würde?
Die Partnerstaaten haben sich auf den Betrag von rund 14 Pf pro kg geeinigt. Von einer höheren Fettabgabe ist nicht die Rede gewesen. Aber es besteht, wenn man dem Steuerzahler etwas abnehmen kann, immer die Gefahr, daß etwas .passiert. Man sollte vielleicht den Anfängen wehren. Wir haben einige Erfahrung in dieser Richtung.
Eine Zusatzfrage, Herr von Gemmingen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Minister, können Sie mir sagen, welche anderen agrarpolitischen Maßnahmen durch die Übernahme der Margarineabgabe auf den Agrarhaushalt beeinträchtigt werden?
Es wird nichts beeinträchtigt, sondern es geht um die Frage, ob dem Verbraucher das zugemutet werden soll oder nicht. Darüber müßte nämlich nicht die Bundesregierung, sondern das Hohe Haus entscheiden. Es ist furchtbar schwer, eine solche Entscheidung über so etwas abzuschätzen. Die Mutprobe lag nicht bei der Bundesregierung, sondern die Mutprobe wäre auf das Hohe Haus zugekommen.
Ich rufe die Fragen 44, 45 und 46 des Herrn Abgeordneten Budde auf:Trifft es zu, daß die Bundesrepublik Deutschland nach Chile Molkereibutter zum Preis von 1,06 DM je kg exportiert hat, während der deutsche Verbraucher für die gleiche Butter 6,72 DM je kg bezahlen muß?Trifft es ferner zu, daß die Bundesrepublik Deutschland aus dem Brüsseler Agrarfonds für diese Ausfuhr eine Exportsub-
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968 9787
Vizepräsident Dr. Mommervention von 5,15 DM pro kg erhalten und damit insgesamt 6,21 DM je kg erlöst hat, ein Betrag also, der 0,80 DM unter dem Preis liegt, den die deutsche Einfuhr- und Vorratsstelle beim Ankauf dieser Butter bezahlt hat?Hält die Bundesregierung eine solche Verfahrensweise mit den Grundsätzen sinnvoller Wirtschaftspolitik und wirksamer Verbraucherpolitik für vereinbar?Diese Fragen betreffen einen Gesamtkomplex und können wohl zusammen beantwortet werden.Bitte, Herr Minister!
Zu welchen Preisen Butter von Handelskreisen nach Chile exportiert wurde, ist mir nicht bekannt.
Die Bundesregierung gewährt bei Ausfuhren von Butter nach Drittländern die nach EWG-Recht zulässigen Erstattungssätze. Beim Export von Butter nach Chile beträgt die Erstattung zur Zeit 4,85 DM pro kg ohne Frachtkostenzuschläge. Der Marktpreis in der Bundesrepublik beträgt 6,68 DM ohne Mehrwertsteuer. Das ergibt einen Unterschied von 1,83 DM pro kg, während der Weltmarktpreis 1,80 DM pro kg beträgt. Es ist möglich, daß von den Exporteuren nicht frische Butter, sondern Lagerbutter exportiert wurde. Damit wäre ein Abschlag von 0,48 DM möglich. Dieser Abschlag kommt aber auch dem inländischen Verbraucher zugute.
Nun zur nächsten Frage: Die von der Bundesrepublik aufgewendeten Exporterstattungen werden aus dem Brüsseler Agrarfonds zurückvergütet. Die Einfuhr- und Vorratsstelle „Fette" zahlt für frische Lagerbutter einen Interventionspreis von 6,68 DM pro kg netto, d. h. ohne Mehrwertsteuer. Beim Verkauf für den Export von sechs Monate alter Butter erzielt sie einen Preis von 6,20 DM pro Kilogramm. Die Differenz von 0,48 DM pro Kilogramm trägt der Agrarfonds der EWG. Es ist nicht richtig, daß die Einfuhr- und Vorratsstelle Fette für Butter einen Preis erzielt hat, der um 0,80 DM unter dem Einkaufspreis liegt.
Zu der zweiten Frage: Die Bundesrepublik beteiligt sich am Handel auf dem Weltmarkt zu den gleichen Bedingungen wie andere Drittländer. Sofern Exportmöglichkeiten nicht durch die Bundesrepublik genutzt werden, erfolgt dies durch andere Mitgliedstaaten oder sonstige Exportländer.
Die Frage, ob das mit den Grundsätzen einer sinnvollen Wirtschaftspolitik und einer wirksamen Verbraucherpolitik vereinbar sei, möchte ich dahin beantworten, daß es sich um eine der bekannten Schwierigkeiten und um ein weltweites Überschußproblem handelt, das mit den Kategorien „sinnvoll" und „wirksam" nicht ganz erschöpfend erfaßt werden kann.
Keine Zusatzfrage.
Die Fragen 47 und 48 von Frau Abg. Jacobi bilden auch eine Einheit:
Wird die Bundesregierung auch nach den Brüsseler Beschlüssen die Absicht, eine verbilligte Abgabe von Butter an sozial Schwache vorzusehen, durchführen?
Liegen bereits konkrete Pläne dafür vor?
Die Fragen können zusammen beantwortet werden.
Bitte, Herr Minister!
Meine Antwort lautet: Ja. Die Kommission hat bereits zum Ausdruck gebracht, daß sie bereit ist, solche Aktionen auch weiterhin zu fördern, wenn dadurch der Absatz von frischer Butter nicht beeinträchtigt wird.
Auch die zweite Frage ist mit Ja zu beantworten. Es war beabsichtigt, an etwa 2 Millionen Sozialempfänger und ähnliche Bedürftige Lagerbutter mittels Gutscheine verbilligt abzugeben. Hierbei war den Sozialämtern in den Städten und Landkreisen die Aufgabe zugedacht, gemeinsam mit den Vertretern karitativer und kirchlicher Organisationen die Auswahl der hilfsbedürftigen Personen zu treffen. Die Mitarbeit der Sozialämter, die die Bearbeitung für ihren Bereich koordinieren mußten, war deshalb dringend erforderlich. Der Deutsche Städtetag und der Deutsche Gemeindetag haben jedoch Bedenken gegen eine solche Aktion und konnten sich zu der erbetenen Mitarbeit nicht bereit finden. Es ist zur Zeit noch kein gleichwertiger Weg zur Durchführung der Aktion gefunden worden, den ich dem Kabinett vorschlagen könnte.
Eine Zusatzfrage, Frau Jocobi.
Frau Jacobi (CDU/CSU) ; Herr Minister, Sie halten also an Ihrem Vorhaben fest, um so den Butterberg abzubauen und den sozial Schwachen Butter zukommen zu lassen?
Ja, ich halte daran fest. Ich habe nur nicht gedacht, daß es so schwierig wäre, billige Butter an den Mann zu bringen.
Noch eine Frage, Frau Jacobi.
Herr Minister, könnte man für die Zukunft das Anwachsen des Butterberges dadurch verhindern, daß man der deutschen Vollmilch einen größeren Fettgehalt beläßt?
Die EWG wird in der Trinkmilchmarktordnung, die demnächst beraten wird, eine solche Auffettung vorsehen. Diese Auffettung allein genügt aber nicht; die Milch muß ja auch noch getrunken werden.
Die Fragen 49 bis 51 des Herrn Abgeordneten Müller können ebenfalls im Zusammenhang beantwortet werden:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in der Bundesrepublik Deutschland das Getreide von den Überschußgebieten Bayern und Schleswig-Holstein zu den Hauptbedarfsgebieten nicht abfließen kann, weil die Regionalisierung der Interventionspreise nicht den tatsächlichen Frachtkosten entsprechend vorgenommen worden ist?
Vizepräsident Dr. Mommer
Ist der Bundesregierung bekannt, daß dadurch die tiaditionellen Absatzgebiete an Rhein, Main und Ruhr, die im Durchschnitt der letzten Jahre ca. 160 bis 180 t vor allem bayerischen Weizen aufgenommen haben, an Frankreich verlorengehen und die Wettbewerbsstellung der Verarbeitungsbetriebe in den Überschußgebieten mit den überhöhten Interventionspreisen in untragbarer Weise verschlechtert wird?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um der EWG-VO Nr. 131/67 Rechnung zu tragen, in der es heißt, die abgeleiteten Interventionspreise seien so festzusetzen, daß sie „einen freien Getreideverkehr innerhalb der Gemeinschaft entsprechend den Erfordernissen des Marktes ermöglichen"?
Bitte, Herr Minister!
Wie es nicht anders zu erwarten war, beeinflußt der gemeinsame Getreidemarkt die Standortbedingungen der Wirtschaft. Französischer Weizen, der frachtgünstig zum deutschen Hauptzuschußgebiet liegt, kommt, da eine Abschöpfung nicht mehr erhoben wird, in größeren Mengen als bisher auf den deutschen Markt und tritt da in Konkurrenz zum deutschen Weizen. Das ist eine logische Konsequenz des Gemeinsamen Marktes.
Der Ministerrat hat versucht, diesen Vorgang im Wege einer Preisregionalisierung wirtschaftlich sinnvoll zu steuern. Er hat die abgeleiteten Interventionspreise daher so festgelegt, daß der Weizen von den Überschuß- in die Zuschußzonen abfließen kann. Die Preise in Bayern und Württemberg wurden daher vom Zuschußraum Mannheim/Ludwigshafen, in Schleswig-Holstein vom Zuschußraum Hamburg, der übrige Teil des Bundesgebietes von Duisburg abgeleitet, und zwar unter Berücksichtigung der echten Frachtaufwendungen. Der Markt im Hauptzuschußgebiet Duisburg wird nicht den französischen Anbietern überlassen, weil die Überschüsse in den Gebieten, deren Preise von Duisburg abgeleitet sind, z. B. Niedersachsen, größer sind als der Bedarf im Hauptzuschußgebiet. Da diese Gebiete direkt von Duisburg abgeleitet sind, befinden sie sich auch in einer guten Konkurrenzposition gegenüber Waren anderer Herkunft.
Hätte man die Ableitung für alle deutschen Gebiete nur von Duisburg aus vorgenommen, wie das Ihnen, Herr Kollege Müller, offensichtlich als wünschenswert vorschwebt, so hätte dies zu einer noch weiteren Absenkung des Weizenpreises in Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Bayern in beträchtlichem Umfang und voraussichtlich auch dazu geführt, daß der Weizen an den übrigen Zuschußplätzen und den dort ansässigen Verarbeitungsbetrieben und Verbrauchern vorbei in den Raum Duisburg verbracht worden wäre, wo sich dann voraussichtlich auf dem höheren Preisniveau Duisburgs neue Überschüsse gebildet hätten. Eine solche Regelung war unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht vertretbar.
Die abgeleiteten Interventionspreise für das Wirtschaftsjahr 1968/69 müssen in Brüssel noch festgelegt werden. Die Bundesregierung hat vorgeschlagen, die abgeleiteten Preise an den Main-Plätzen um rund 1 DM je Tonne zu senken. Diese Maßnahme ergibt sich als Folge der veränderten Frachtkosten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß die Deklaration von Passau und Regensburg zu Ausfuhrhäfen sowie der Interventionspreis Aulendorf als niedrigster Preis in der Bundesrepublik in Ober- und Niederbayern zu Interventionspreisen geführt haben, die bis zu 1,01 DM höher liegen als im Raum Mannheim?
Ich habe davon gehört. Ich könnte mir denken, daß die beteiligten Landwirte darüber ein ausgesprochen gutes Gefühl empfinden.
Noch eine Frage, Herr Müller.
Ist Ihnen bekannt, Herr Bundesminister, daß von 19 Handelsplätzen in Ober-und Niederbayern 16 den gleichen Interventionspreis haben?
Diese allerletzten Einzelheiten sind mir nicht bekannt. Aber ich möchte sie auch nicht bedauern.
Noch eine Frage, Herr Müller.
Ist Ihnen bekannt, Herr Bundesminister, daß am Weizenmarkt in Bayern rund 300 000 t in die Einfuhr- und Vorratsstelle gehen, während bei durchschnittlichen Ernten in Bayern 400 000 bis 500 000 t Futtergetreide fehlen?
Herr Kollege, ich habe hier eine Ubersicht über die Weizenernte in Bayern und die Interventionsmengen. Ich darf Ihnen dazu sagen, daß z. B. im Jahre 1966 die Weizenernte 1,5 Millionen t betrug und 170 000 t in die Intervention gegangen sind, daß zwei Jahre vorher 318 000 t in die Intervention gegangen sind und im Jahre 1967 301 000 t. Ihre Befürchtungen sind also nicht in dem Umfang berechtigt, wie Sie vermuten. Der Export von bayerischem Überschußweizen nach Südosteuropa ist angelaufen. Die erste Tranche von 46 000 t für die Tschechoslowakei ist kontrahiert worden. Weitere Mengen dürften folgen, so daß sich hier ein natürliches Ventil geöffnet hat.
Noch eine Frage, Herr Müller?
Ich habe noch drei. — Ist Ihnen bekannt, Herr Bundesminister, daß in dem Ende März in Brüssel tagenden Beratenden Ausschuß für Getreide eine Korrektur der abgeleiteten Interventionspreise in Nord- und Süddeutschland verlangt wurde, um ein Exportventil zu schaffen, weil
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Müller
das derzeitige Preisniveau derart hoch sei, daß ausfuhrfähiger Weizen von den französischen Exporthäfen in Skandinavien billiger angeboten werden könne als von deutschen Häfen?
Ich werde diesen Einzelheiten nachgehen. Es ist mir bekannt, daß solche Anregungen gekommen sind. Aber bei diesen Anregungen müssen sehr wohl Verarbeitungs- wie Produktionsinteressen angemessen berücksichtigt werden. Wir müssen eine angemessene Rücksicht auf revierferne Gebiete nehmen, weil sonst Preisabfälle eintreten würden, die auch Sie den dortigen Produzenten kaum zumuten möchten.
Noch eine Frage, Herr Müller.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß von seiten der deutschen Getreidewirtschaft wiederholt auf die Unvereinbarkeit von einheitlicher Exporterstattung und geltender Preisregionalisierung hingewiesen wurde?
Das ist mir bekannt.
Die letzte Zusatzfrage, Herr Müller.
Herr Bundesminister, würden Sie bereit sein, eine Untersuchung durch die EWG-Kommission in Brüssel anzuregen, ob in den an Bayern angrenzenden Ländern Voraussetzungen für Weizenimporte vorhanden sind und ob Passau und Regensburg zu Recht als Exporthäfen deklariert wurden?
Ja, ich will gern einer solchen Anregung entsprechen.
Vielen Dank für die Beantwortung dieser Fragen, Herr Bundesminister.
Die Fragen 94, 102, 106, 107, 117 und 118 wurden zurückgezogen. Die übrigen nicht erledigten Fragen werden schriftlich beantwortet.
Wir sind am Ende der Fragestunde.
Ich rufe nun Punkt 7 ,der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierungeingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Besoldungsrechts
— Drucksache V/2635 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache V/3033 —Berichterstatter: Abgeordneter Bremer
b) Schriftlicher Bericht des Innenausschusses
— Drucksache V/2991 —
Berichterstatter: Abgeordneter Gscheidle
Ich wurde unterrichtet, daß das Haus vor der Einzelberatung eine allgemeine Aussprache wünscht. — Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wagner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin dankbar, daß wir die heutige Beratung mit einer allgemeinen Aussprache beginnen können. Das Zweite Besoldungsneuregelungsgesetz hat in seinem Aufbau wesentliche Veränderungen erfahren. Ich meine, es ist deshalb nützlich, daß wir sowohl dem Hause wie auch der Offentlichkeit die Überlegungen darstellen, die zu diesen Veränderungen geführt haben.Die Beratung des Zweiten Neuregelungsgesetzes stand von Anfang an unter einem beachtlichen Zeitdruck, der durch Einwendungen der Länder mit ausgelöst war, die sich aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sahen, den Überlegungen der Bundesregierung zu folgen. Wenn wir dieses Ergebnis trotzdem heute noch vorlegen können, so ist das, wie ich meine, in erster Linie der Arbeit der vom Innenausschuß eingesetzten Arbeitsgruppe unter Leitung unseres Kollegen Brück zu danken, der ich hierfür herzlichen Dank sagen möchte.
Das gleiche gilt für die Arbeit des Herrn Berichterstatters, des Herrn Kollegen Gscheidle, der leider durch eine Erkrankung verhindert ist, an der heutigen Beratung teilzunehmen. Ich möchte ihm aber auf diesem Wege die besten Genesungswünsche übermitteln.
Meine Damen und Herren, mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes, das im Laufe der Ausschußberatungen an die Stelle des Zweiten Neuregelungsgesetzes getreten ist, behandelt der Deutsche Bundestag ein Besoldungserhöhungsgesetz mit zusätzlichen strukturellen Verbesserungen für die Versorgungsempfänger an Stelle eines ursprünglich geplanten Gesetzes, das durchgreifende strukturelle Maßnahmen in Kombination mit einer linearen Besoldungserhöhung vorsah.Dieses neue zur zweiten Lesung anstehende Gesetz hat folgenden Inhalt:1. Am 1. Juli 1968 erhöhen sich die Aktiv- und Versorgungsbezüge der Bundesbeamten linear um 4 %. Der Regierungsentwurf sah im Zweiten Neuregelungsgesetz dagegen 3 % vor.2. Mit der linearen Erhöhung der Grundgehälter geht die lineare Erhöhung der Zulagen und des Ortszuschlags einher. Das scheint mir in besonderem Maße bedeutsam für die Bezieher der kleinen und mittleren Einkommen zu sein; und das ist im Bundesdienst die Mehrheit. Der letztgenannte Punkt war im Regierungsentwurf ebenfalls noch nicht vorgesehen. Die Mehrausgaben für die lineare Erhöhung der
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WagnerGrundgehälter über den Regierungsentwurf hinaus sowie für die 4%ige Erhöhung des familienbezogenen Ortszuschlags machen einen Betrag von rund 100 Millionen DM aus.3. Die Versorgungsempfänger erhalten zusätzliche Verbesserungen. Im einzelnen bedeutet dies, daß diejenigen Versorgungsempfänger, die in eine Besoldungsgruppe des Bundesbesoldungsgesetzes eingeordnet sind, an Stelle der Versorgung aus der Eingangsgruppe ihrer Laufbahn künftig die Versorgung aus dem ersten Beförderungsamt erhalten, wenn sie im einfachen Dienst eine Dienstzeit von einem Jahr, im mittleren Dienst von zwei, im gehobenen Dienst von drei und im höheren Dienst von mindestens fünf Jahren zurückgelegt haben. Damit sind gegenüber dem Regierungsentwurf die Dienstzeiten als Voraussetzung für die Erlangung dieser Versorgung aus dem ersten Beförderungsamt wesentlich verkürzt worden. — Ich bin mir darüber im klaren, daß wir mit der Festlegung dieser Dienstzeiten schon eine gewisse Vorentscheidung für die nächste Novelle getroffen haben, wenn es darum geht, die Regelbeförderung wieder mehr durch das Leistungsprinzip abzulösen und damit zu einer besseren Gestaltung der Beförderungsmöglichkeiten zu kommen. — Ferner gilt die vorerwähnte Regelung uneingeschränkt auch für Aufstiegsbeamte. Für die Versorgungsempfänger, die nicht in das Besoldungsgefüge des Bundesbesoldungsgesetzes eingeordnet sind, werden unter der Voraussetzung der gleichen Dienstzeiten mindestens Versorgungsbezüge aus dem ersten Beförderungsamt gewährt. Im übrigen erhalten Versorgungsempfänger nicht ins Bundesbesoldungsgesetz übergeleiteter Beamtengruppen eine Erhöhung ihrer Grundgehälter um 8% zusätzlich zu der linearen Verbesserung von 4%.Man kann bei diesem Schwerpunkt des Vierten Änderungsgesetzes, wenn Sie wollen, von einer gewissen Bevorzugung der Versorgungsempfänger sprechen. Aber ich glaube, um der Gerechtigkeit willen war dies nötig. Sie sind im Ersten Neuregelungsgesetz nicht in entsprechendem Maße berücksichtigt worden, und ich glaube, der Personenkreis der Versorgungsempfänger ist der Kreis, dem man am schlechtesten mit dem Argument „Warten" kommen kann.
Mit diesen materiellen Leistungen wird der vom Haushalt zugestandene Spielraum voll ausgeschöpft und insgesamt ein Volumen von Mehraufwendungen für den öffentlichen Dienst in Höhe von 500 Millionen DM erreicht. Darin sind die Kosten des Vierten Besoldungsänderungsgesetzes allein mit einem Anteil von 283,5 Millionen DM enthalten. Der Haushaltsausschuß hat der Vorlage geschäftsordnungsgemäß zugestimmt.Die Gründe, warum der restliche Inhalt des Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetzes nicht schon jetzt Gesetz werden soll, sind finanzieller, sachlicher und politischer Natur. Ein mögliches Mißverständnis soll jedoch sofort ausgeräumt werden. Die Arbeitsgruppe meines Kollegen Brück und auch der Ausschuß haben sich im Grundsatz voll hinter die im Entwurf eines Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetzes vorgeschlagenen strukturellen Verbesserungen für die einzelnen Beamtengruppen gestellt und darüber hinaus weitere bessere Regelungen in Aussicht genommen. Sie haben dem Grundsatz nach auch die Harmonisierungsmaßnahmen bei Vorliegen bestimmter weiterer Voraussetzungen bejaht. Der für die Besoldungsreform vorgezeichnete Weg ist also nicht verlassen worden.Hätte man aber schon jetzt all diese Maßnahmen in Kraft gesetzt, so hätte dies über das Vierte Besoldungsänderungsgesetz hinaus einen ungedeckten Mehraufwand von wenigstens 100 Millionen DM erfordert. In dieser Lage hat sich der Ausschuß zur verstärkten linearen Besoldungsverbesserung entschlossen, was sowohl von den Beamtengruppen her für wünschenswert und notwendig erachtet wurde, als auch den Notwendigkeiten der wirtschaftlichen Situation entspricht. Es steht, so meine ich, außer Frage, daß lineare Verbesserungen die Konsumnachfrage wirkungsvoller kräftigen als strukturelle Maßnahmen gleichen Umfangs, die nicht die Allgemeinheit der Beamten betreffen. Außerdem wird damit die berechtigte Forderung der Beamten nach dem gleichen Anteil am Wirtschaftswachstum wie bei den übrigen Arbeitnehmern erfüllt.Die vom Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetz vorgesehenen strukturellen Verbesserungen waren die Grundlage der Harmonisierungsmaßnahmen. Da die strukturellen Verbesserungen nicht durchgeführt werden konnten, war es auch nicht möglich, die Maßnahmen, die zur Sicherung der erreichten Harmonisierung vorgesehen waren — das war vor allem das Gesetz zur Änderung des Art. 75 — im jetzigen Zeitpunkt zu behandeln. Dies bleibt nun der Beratung der letzten Stufe der Besoldungsreform vorbehalten. Das hat, so meine ich, den beachtlichen Vorteil, daß dann sämtliche strukturellen Maßnahmen überschaubar geworden sind. Zudem haben wir die Hoffnung, daß bis dahin die Länder von sich aus notwendige Vereinheitlichungen der Ausgangslage — wie z. B. die Lehrerbildung — besprochen und Einigung erzielt haben.Bei der Behandlung des Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetzes im ersten Durchgang hat der Bundesrat mahnende Worte an uns gerichtet. Wir haben sie weitgehend berücksichtigt. Deswegen erlauben Sie mir, hier der Bitte Ausdruck zu geben, bis zur Vorlage der dritten Stufe im Herbst die Differenzen der Länder hinsichtlich ihrer Auffassung über die Lehrer- und Richterbesoldung zu beseitigen, an der Vereinheitlichung des Zulagewesens mitzuarbeiten, aber gleichzeitig auch alle Maßnahmen zu unterlassen, die das Harmonisierungsziel erneut gefährden könnten.
Wenn wir wirklich ernst machen wollen mit der Kooperation der Dienstherren, ist dieses Vorgehen unbedingt erforderlich.Erlauben Sie mir, daß ich in diesem Zusammenhang die Beratungsergebnisse herausgreife, die wir hinsichtlich der Behandlung von vier wichtigen Gruppen des öffentlichen Dienstes, nämlich der
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WagnerUnteroffiziere, der Philologen, der Richter und der Techniker gewonnen haben.1. Zur Unteroffiziersbesoldung: Von seiten der Betroffenen sind wir immer wieder darauf aufmerksam gemacht worden, welche Bedeutung das Unteroffizierskorps für die Bundeswehr hat und welche Zusammenhänge zwischen besoldungsmäßiger Einstufung und ausreichender Zahl und Qualität der Unteroffiziere bestehen. Wir erkennen dies vollinhaltlich an. Es ist davon gesprochen worden, daß die Absicht bestehe, die von der Regierungsseite vorgeschlagenen Verbesserungen auf unabsehbare Zeit hinauszuschieben.
— Ich wiederhole das, was der Kollege SchmittVockenhausen gesagt hat: das ist Brunnenvergiftung. Die Vertrauenskrise, die da und dort an die Wand gemalt wird, ist nicht berechtigt. Ich bitte alle, uns wirklich zu glauben, daß wir Bedeutung und Leistung des Unteroffizierskorps sehr wohl zu würdigen wissen und daß die Koalitionsfraktionen in Konsequenz dieser Haltung wie im übrigen auch der Bundesrat die vorgesehene Verbesserung billigen und baldmöglichst in die Tat umsetzen wollen.
„Baldmöglichst" heißt, wie auch unser vorgelegter Entschließungsantrag, der im Schriftlichen Bericht enthalten ist, zeigt: Anfang 1969. Als weiteren Beweis für die rechte Würdigung des Sachverhalts darf ich anführen, daß die Koalitionsfraktionen den Vorschlag auf Einführung einer vierten Laufbahn bei der Bundeswehr bereitwillig aufgenommen haben und hoffen, daß dieses Ziel zusammen mit der nächsten Novelle verwirklicht werden kann.2. Zur Philologenbesoldung: Wir erkennen an, daß die Aufstiegsmöglichkeiten im Philologenbereich im Vergleich zum Rest des höheren Dienstes zu gering sind. Wir wollen durch Anhebung der Studiendirektoren- und Oberstudiendirektorengruppe Abhilfe schaffen. Da dies fast ausschließlich ein Besoldungsproblem der Länder ist, bitten wir diese, bis zur Vorlage der nächsten Novelle ihrerseits über die Vereinheitlichung der Besoldung dieser Gruppe zu beraten und dabei unserem Wunsch entgegenzukommen.
3. Zur Richterbesoldung: Wir haben bei den Beratungen nicht verkannt, daß die Richter innerhalb des öffentlichen Dienstes eine verfassungsmäßige und gesetzliche Sonderstellung einnehmen. Wir können aber andererseits nicht an der Tatsache vorbeigehen, daß Vor- und Ausbildungsvoraussetzungen der Richter und der höheren Verwaltungsbeamten gleich sind
und daß eine einseitige Bevorzugung der Richterüber das bereits im Ersten Besoldungsneuregelungsgesetz Veranlaßte hinaus Auswirkungen auf dasPersonalangebot und die Qualität des Verwaltungspersonals haben müßte. Da wir über Art und Umfang der Aufstiegsmöglichkeiten der Verwaltungsbeamten jetzt keine Festlegung treffen konnten und da wir in der zur Verfügung stehenden Zeit auch keine Ubersicht über die durch eine zweite automatische Durchstufung entstehenden Kosten gewinnen konnten, mußte diese Frage jetzt ausgeklammert werden und konnte eine dezidierte Meinungsäußerung im jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgen.4. Zur Technikerbesoldung: Die Ausdehnung der Technikerzulage auch auf das zweite Beförderungsamt als Folge der eingeräumten Aufstiegsmöglichkeit ohne Funktionswechsel bleibt ebenfalls der nächsten Novelle vorbehalten. An der grundsätzlich befürwortenden Haltung der Koalitionsfraktionen, die bereits mehrfach dargelegt wurde, hat sich nichts geändert.Aus der kurzen Erörterung dieser wenigen Spezialprobleme ist zu ersehen, daß es nicht möglich ist, eines davon isoliert herauszugreifen und zu lösen, ohne gleichzeitig die anderen zu bedienen. Wir bitten die einzelnen Beamtengruppen, sich dies vor Augen zu halten, wenn sie bedauern, daß gerade ihr spezielles Anliegen nicht berücksichtigt wurde. Dies gilt selbstverständlich auch für die Gruppen, die ich in diesem Zusammenhang nicht ansprechen konnte.Erlauben Sie mir zum Schluß eine kurze Berner-kung über die künftigen Aspekte der Beamtenbesoldung. Meine Damen und Herren, es besteht die Chance, daß einige der uns hier beschäftigenden Probleme, die für die Endstufe der Besoldungsreform zurückgestellt sind, leichter lösbar werden, wenn die Länder in der Zwischenzeit die erforderlichen Vorberatungen vornehmen. Im großen und ganzen aber verliert die Materie der Besoldungsreform dadurch nichts von ihrer Schwierigkeit und von ihrer Bedeutung. Niemand darf sich der Illusion hingeben, daß ohne einen entsprechend großzügigen Mitteleinsatz im Jahre 1969 eine wirksame und dauernde Harmonisierung herbeigeführt werden kann.
Deshalb möchte ich mir die im Schriftlichen Bericht zum Ausdruck kommende Bitte an den Herrn Bundesfinanzminister und den Haushaltsausschuß voll zu eigen machen, den Ansatz der mittelfristigen Finanzplanung uneingeschränkt für die notwendigen Maßnahmen zur Verfügung zu stellen. Die zukünftige Entwicklung wird diese Investition für unseren öffentlichen Dienst voll honorieren.Eine letzte Bitte! Bei der Ausweisung des Familienstandszuschlages an Stelle des Ortszuschlages in der nächsten Novelle bitte ich zu berücksichtigen, daß der Kinderzuschlag schon seit geraumer Zeit nicht angehoben wurde. Im Interesse unserer kinderreichen Beamten wären hier Verbesserungen nötig. Ich bin mir darüber klar, daß dies wahrscheinlich nur im Zusammenhang mit Verbesserungen für die Familien in den anderen Bereichen unseres Volkes geschehen kann.
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9792 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968
WagnerMeine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben mit diesem Vierten Besoldungsänderungsgesetz, so meine ich, erreichen können, daß der öffentliche Dienst an der wirtschaftlichen Entwicklung teilnimmt. Ich hoffe, daß wir noch in dieser Periode das Bemühen, das Besoldungsgefüge zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu harmonisieren, also zu vereinheitlichen, verwirklichen können. Dazu ist eine sehr frühzeitige Vorlage der nächsten Novelle durch die Bundesregierung erforderlich. Ich möchte an den Herrn Bundesinnenminister die dringende Bitte richten, mit den Vorarbeiten doch unverzüglich zu beginnen, damit garantiert werden kann, daß diese Novelle rechtzeitig dieses Haus erreicht. Ich glaube, daß so der 5. Deutsche Bundestag sein Ziel erreichen könnte, unser Besoldungsrecht zu harmonisieren und zu modernisieren und damit den Gegebenheiten der heutigen Zeit anzupassen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Spillecke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ausgangspunkt für die Beratungen zum Vierten Besoldungsänderungsgesetz sind — ich darf das hier noch einmal ausdrücklich klarstellen — die Grundsätze, die der Bundestag im April 1966 angenommen hat und denen damals auch meine Fraktion vollinhaltlich zustimmte. Wir gingen davon aus, daß nunmehr die Harmonisierung des öffentlichen Dienstes in Bund, Ländern und Gemeinden keine allzu großen Schwierigkeiten mehr bereiten würde. Leider ist das nicht so gegangen, wie Regierung und Opposition es hofften. Ende 1966, meine Damen und Herren, mußten wir die schwerste Finanzkrise seit Bestehen der Bundesrepublik erleben. Ihre Auswirkungen erstreckten sich auch auf den öffentlichen Dienst. Schon mit einiger Verzögerung trat erst zum 1. Juli 1967 das Erste Besoldungsneuregelungsgesetz in Kraft. Dieses Gesetz hat — das läßt sich nicht leugnen und wird auch von der Beamtenschaft anerkannt — für die Betroffenen eine Reihe von Verbesserungen gebracht.Ebenfalls später als vorgesehen legte die Bundesregierung den Entwurf zum Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetz, der die zweite Harmonisierungsstufe umfassen sollte, vor. Aber noch ehe dieser Entwurf überhaupt im Bundestag eingebracht war, wurden an uns zahlreiche Wünsche aus allen Beamtengruppen herangetragen. Es ist nun nicht so, daß diese Wünsche durchweg unvertretbar wären; viele haben durchaus ihre Berechtigung.Wenn der Innenausschuß am 31. Mai dieses Jahres die weiteren Beratungen zum Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetz bis nach der parlamentarischen Sommerpause verschob, womit die Hoffnung auf eine Verabschiedung dieses Gesetzes noch vor den Parlamentsferien hinfällig wurde, so war aber nicht dies dafür entscheidend, sondern die Tatsache, daß sich erstens in den Beratungen immer mehr zeigte, daß wegen der politischen, sachlichen und deckungsmäßigen Schwierigkeiten die Verabschiedung des Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetzes noch vor der Sommerpause völlig fraglich war. Hinzu kommt, daß schnelle Lösungen in dem einen oder anderen Fall mit Sicherheit zur Anrufung des Vermittlungsausschusses geführt hätten, so daß das Inkrafttreten der Verbesserungen des Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetzes zum 1. Juli 1968 auch aus diesem Grunde keineswegs sicher war. Zweitens erschien es auch nicht zweckmäßig, wollte man die Verabschiedung der dritten Harmonisierungsstufe in dieser Legislaturperiode — wie beabsichtigt — noch erreichen, beide Stufen in einem Gesetz zusammenzufassen.Andererseits ist auch die sozialdemokratische Bundestagsfraktion der Auffassung, daß der Bundesgesetzgeber die Verbesserungen, die der Entwurf zum Vierten Besoldungsänderungsgesetz enthält, nicht länger aufschieben konnte. Dabei ist zu bedenken, daß es Aufgabe dieses Gesetzes ist, die in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehenen Besoldungsverbesserungen für den öffentlichen Dienst für das Jahr 1968 auch in der Tat zu verwirklichen. Meine Fraktion geht also, meine Damen und Herren, davon aus, daß erstens die Besoldungseinheit in Bund, Ländern und Gemeinden noch in dieser Legislaturperiode im wesentlichen abgeschlossen werden soll
und daß zweitens diese Besoldungseinheit alle Beamtengruppen — ich sage mit Nachdruck: alle —
und nicht zu diesem Zeitpunkt einige Teile der Beamtenschaft umfaßt.Um dieses Ziel zu erreichen, ist es notwendig, daß die Bundesregierung rechtzeitig nach der Sommerpause des Parlamentes den Entwurf zum geplanten Dritten Besoldungsgesetz vorlegt. Außerdem erwarten wir in dieser Angelegenheit — und ich scheue mich gar nicht, Herr Kollege Brück, das vor dem Plenum des Parlaments einmal offen ohne Hintergedanken zum Ausdruck zu bringen — von den Ländern eine aufgeschlossenere und tatkräftigere Mithilfe, und zwar sowohl im eigenen Bereich der Länder als auch über den Bundesrat, die Gesetzgebung des Bundes selbst betreffend.Zum Schluß, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf ich mich für meine Fraktion der Bitte, die Herr Kollege Wagner an die Bundesregierung gerichtet hat, anschließen, daß sie ihrerseits in den Etatentwurf für 1969 die Mittel einstellt, die notwendig sind, damit wir das, was das Parlament im Hinblick auf strukturelle Verbesserungen und auf den großen Komplex der Harmonisierung endlich schaffen will und soll, durch Mithilfe und Vorarbeit der Regierung, den Etat 1969 betreffend, endlich einmal vom Tisch bekommen. Wir alle wollen — das ist unser ehrliches und offenes Anliegen —, daß das, was die Beamtenschaft vom Deutschen Bundestag in dieser Legislaturperiode erwartet, in der Tat in dieser Periode auch noch geschafft wird.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968 9393
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Miessner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der erklärten Absicht der Bundesregierung sollte dies die zweite Stufe der Harmonisierung zwischen Bundes- und Landes-beamten sein. Dafür waren in der mittelfristigen Finanzplanung bekanntlich 724 Millionen DM vorgesehen. Hätte sich nun die Bundesregierung bei der Haushaltsgestaltung 1968 an den von ihr selbst gesetzten Kostenansatz gehalten,
dann wäre — das möchte ich auf Grund der Beratungen im Innenausschuß sagen — ein allseits befriedigendes Ergebnis herausgekommen. Denn als Folge der zeitlichen Verschiebung des Inkrafttretens dieses Gesetzes vom 1. Januar auf den 1. Juli 1968 wäre auch noch genügend Spielraum gewesen, die zum Teil erheblichen Mängel der Regierungsvorlage, über die sich übrigens die Opposition mit den Regierungsparteien in den. wesentlichen Punkten völlig einig war, auszubügeln. Ich verweise hier auf den Abschnitt II Ziffer 5 des Schriftlichen Berichts Drucksache V/2991, wo, wenn auch in recht zurückhaltender Form und in sehr taktvoller Weise, darauf hingewiesen wird, daß die Überlegungen in der vom Ausschuß bestellten Arbeitsgruppe zum Teil doch recht andere waren als die der Regierung.
Zu allem Mißgeschick aber hatte die Regierung durch ihren verminderten Haushaltsansatz von nur 500 Millionen DM, den der Haushaltsausschuß in dieser Höhe leider auch für ausreichend befunden hat, selbst dafür gesorgt, daß eine wirklich sachgerechte Gestaltung im zuständigen Innenausschuß unmöglich wurde. Wie es der Zufall nun einmal will, meine Damen und Herren, die gestrichenen und nun fehlenden 224 Millionen DM hätten nicht nur ausgereicht, die im wesentlichen aus Kostengründen abgelehnten Verbesserungen zu decken, sondern hätten es darüber hinaus sogar ermöglicht, auch noch Regelungen für die nächste Stufe einzuleiten, über die sich alle drei Fraktionen im Ausschuß einig waren.
Meine Damen und Herren! Bei soviel — ich darf das einmal auch von der Opposition her sagen — konstruktiver Übereinstimmung in den Beratungen im Fachausschuß war es wirklich bedauerlich, daß genau ein Drittel der für die notwendige Harmonisierung eingeplanten Mittel im letzten Augenblick in den allgemeinen Haushaltstopf geworfen wurde. Eine gute Gelegenheit, die Besoldungsentwicklung vom Bund her richtungsweisend voranzutreiben, ist damit, jedenfalls für den Augenblick, verschüttet worden. Ich glaube, meine Damen und Herren und insbesondere meine Kollegen vom Innenausschuß, 'so ist das wohl zutreffend ausgedrückt. Das, was heute in dem uns vorliegenden Gesetzentwurf zu verabschieden ist, ist gar nicht zu kritisieren. Im Gegenteil, der Inhalt des jetzt vor uns liegenden Gesetzentwurfs ist bis auf die der allgemeinen Einkommensentwicklung im Jahre 1968 vermutlich nicht
voll entsprechende 4%ige lineare Anhebung im ganzen als durchaus akzeptabel zu bezeichnen. Zu beanstanden ist jedoch, daß manches in diesem Gesetzentwurf fehlt, was nach unserer Meinung unbedingt hineingehört hätte, weil hier seit längerem eine besondere Dringlichkeit, wie übrigens auch von meinen Herren Vorrednern betont wurde, gegeben ist.
Ich will natürlich nicht verschweigen, daß auch ich als Vertreter der Opposition bei den Ausschußberatungen der nach längerer Diskussion festgelegten Rangfolge zugestimmt habe. Die Rangfolge wurde, übrigens in weitgehender Abänderung der Regierungsvorlage, von dem Ausschuß einmütig wie folgt festgelegt. Den ersten Rang sollte die allgemeine lineare Angleichung an das gestiegene Einkommen ...
— Herr Brück, vielleicht habe ich mich versehen; ich meine, das war der zweite Rang. — Erstens die lineare Angleichung an die allgemeine Einkommensentwicklung des Jahres 1968, die allerdings mit den 4 % sicherlich nicht voll erreicht ist, zweitens die Ausdehnung der linearen Anhebung auf den Ortszuschlag, was aus Gründen der familienrechtlichen Sicht auf jeden Fall notwendig war, und drittens die Vorrangigkeit für die Pensionäre, weil diese Gruppe von Beamten nun schon zu wiederholten Malen bei früheren Besoldungsgesetzen ausgeklammert gewesen war.
Meine Damen und Herren, ich sage das hier absichtlich im voraus, damit in der folgenden Debatte darüber kein unnötiger Streit aufkommt.
Nun waren mit diesen drei Prioritäten, wie ich es vorhin schon geschildert habe, die Mittel, die die Regierung hier in Übereinstimmung mit dem Haushaltsausschuß vorgesehen hat, also die 500 Millionen DM, ausgeschöpft. Viele Einzelfragen, die wir an sich schon in den Beratungen zum großen Teil einer positiven Lösung zugeführt hatten, sind nun zurückgestellt worden und sollen in diesem Augenblick nicht gelöst werden.
Schon in den Ausschußberatungen habe ich erklärt: wir sind der Auffassung, daß wir grundsätzlich von den ursprünglich in der mittelfristigen Finanzplanung eingeplanten Mitteln ausgehen sollten, und so ist meine Fraktion der Auffassung, daß der Spielraum zwischen 500 Millionen und 724 Millionen in etwa heute und nicht erst in einem halben Jahr ausgefüllt werden sollte. Die FDP hat daher einige Anträge zu Einzelfragen gestellt. Meine Kollegen werden diese Anträge noch im einzelnen begründen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Schmitt-Vockenhausen? — Bitte.
Ist es denn nicht richtig, daß dieser Spielraum durch die Entscheidungen über den Bundeshaushalt 1968 nicht mehr besteht?
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9794 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968
Na ja, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, über diesen Einwand haben wir uns schon unterhalten. Ich habe dazu im Ausschuß erklärt, daß es wohl nicht Sache der Opposition sein kann, für jeden Vorschlag im Einzelfall eine Deckung vorzulegen, sondern daß sie doch darauf verweisen kann — wie Sie es ja als Opposition auch 16 Jahre getan haben —, daß die Haushaltsvorstellungen im Grundsätzlichen andere sind und daß man im übrigen auch mit einem Nachtragshaushalt helfen könnte, wie er ohnehin jedes Jahr vorgelegt werden mußte und wie er jetzt aus anderen Gründen, die uns allen bekannt sind, auch wieder vorgelegt werden muß.
Ich darf Sie aber jetzt bitten, die Begründung meiner Fraktionskollegen zu den Einzelanträgen zu hören.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wuermeling.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst sehr um Ihre Nachsicht bitten, daß ich mit dem Anliegen, das ich jetzt vortragen werde, erst in dieser Stunde kommen kann. Wir haben die Vorlage des Innenausschusses erst vor wenigen Tagen in die Hand bekommen, und als vorgestern unsere Fraktion die Sache behandelte, wurde ich ausgerechnet kurz vor der Behandlung dieses Punktes zwingend herausgerufen. Unmittelbar danach besprach ich dann die Ergebnisse mit meinem Fraktionsvorsitzenden. Dieser war — wie manche Kollegen, mit denen ich gestern darüber sprach — genauso erschrocken über das, was ich jetzt hier vortragen muß.
Ich habe in den Gesprächen mit verschiedenen Kollegen festgestellt, daß sie davon ausgingen, daß sich die Besoldungserhöhung, die hier beschlossen werden soll, auf die Gesamtbezüge der Beamten beziehe. Leider ist das nicht der Fall. Es werden nämlich nur die Grundgehälter und die Ortszuschläge, nicht aber die Kinderzuschläge um 4 % erhöht. Es ist ja wohl allgemein bekannt, daß die Beamtenbesoldung aus Grundgehalt, Ortszuschlag und Kinderzuschlägen besteht.
Ich möchte Ihnen jetzt einmal die Wirkung des Gesetzesinhalts an vier meines Erachtens erschrekkenden Zahlen vor Augen führen. Ich wähle dafür einmal das Beispiel, daß vier Beamte vor uns stehen, von denen jeder 1000 DM monatlich brutto bezieht. Der eine hat die 1000 DM deshalb, weil Grundgehalt und Ortszuschlag das ausmachen. Der andere hat die 1000 DM deshalb — das liegt in der Linie der Fürsorgepflicht des Staates für den Beamten —, weil Grundgehalt, Ortszuschlag plus Kinderzuschläge zu diesen 1000 DM führen.
Das Gemeinsame dieser vier Beispiele ist: der Staat entspricht seiner Fürsorgepflicht für den einzelnen Beamten in jedem dieser Fälle durch bisherige Gewährleistung eines Bruttoeinkommens von 1000 DM. Werden jetzt die Kinderzuschläge aus der Erhöhung ausgeschlossen, dann hat das folgende
Konsequenz: Der Beamte ohne Kinder bekommt 4 % mehr, nämlich 40 DM mehr. Der Beamte mit zwei Kindern bekommt nur 36 DM mehr, weil 100 DM Kinderzuschläge nicht an der Erhöhung beteiligt sind; er hat nur eine Erhöhung von 3,6 %. Der Beamte mit den vier Kindern bekommt nur 32 DM Erhöhung, sprich 3,2%. Wenn einer durch sechs Kinder auf die 1000 Mark kommt, dann hat er nur eine Erhöhung von 2,8 %, d. h. auf deutsch: je mehr Kinder, um so geringer die Erhöhung der Gesamtbezüge,
je weniger Grundbezüge, um so geringer die Erhöhung der Gesamtbezüge.
Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage von Herrn Abgeordneten Leicht?
Herr Kollege Wuermeling, glauben Sie nicht, daß das eine Milchmädchenrechnung ist,
schon deshalb, weil Sie von Bruttobezügen aus-
gehen und nicht die Nettobezüge berücksichtigen?
Sie haben insofern recht, Herr Kollege,
als eine kleine Veränderung der Ziffern dann eintritt — —
- Herr Präsident, ich habe von dem Herrn Kollegen das Wort „demagogisch" gehört.
Ja, ich möchte auch diesen Ausdruck rügen. Hier kann argumentiert werden; Sie können sich zu Wort melden, Herr Kollege.
Daß eine kleine Abweichung in diesem Zusammenhang eintritt, unterliegt keinem Zweifel; aber dadurch, meine Damen und Herren, wird die Sache im Prinzip in keiner Weise anders.Zweitens. Trotz dieses Ergebnisses möchte ich ausdrücklich einen besonderen Dank den Mitgliedern des Innenausschusses aussprechen, die ja eine familienpolitisch viel schlimmere Regierungsvorlage dadurch wesentlich verbessert haben, daß sie die von der Regierung vorgeschlagene Erhöhung nur der Grundgehälter in eine Erhöhung der Grundgehälter zuzüglich der Ortszuschläge, in denen bekanntlich auch Kinderzuschläge enthalten sind, ausgeweitet haben.Ich möchte dem Hohen Hause ersparen, auch noch die Zahlen anzuhören, die man nennen müßte, wenn
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Dr. Wuermelingman sich nach der Regierungsvorlage richtete. Trotz dieses dankenswerten Bemühens des Innenausschusses sind aber die Zahlen, die ich soeben absolut objektiv als Bruttobezüge vorgetragen habe, das Ergebnis.Drittens. Ich meine, wir müßten darauf bestehen, daß Familien mit Kindern ihre Bezüge nicht weniger erhöht bekommen als Familien ohne Kinder, und erst recht darauf bestehen müßten, daß der Prozentsatz der Erhöhung nicht mit steigender Kinderzahl sinkt.Darf ich hier eine kleine Reminiszenz einfügen. Dieses Problem, über das ich jetzt spreche, ist nicht neu. Es besteht schon jahrelang. Ich erinnere mich aus meiner Amtszeit als Familienminister, daß wir um die Jahreswende 1959/60 im Bundeskabinett auch eine Besoldungserhöhung vorbereiteten, die damals 6 oder 7 oder 8 % betrug. Ich habe mich damals in den Ressortverhandlungen sehr dafür eingesetzt, daß bei dieser Erhöhung die familienbezogenen Einkommensteile nicht ausgeschlossen werden, wie das vom damaligen Finanzminister gefordert wurde. Ich konnte damals bei der Schlußberatung des Kabinetts leider deswegen nicht anwesend sein, weil ich drei Monate wegen Erkrankung zur Kur mußte. Ich habe dann aus der Zeitung ersehen, daß das Kabinett ungeachtet aller meiner Bemühungen den Beschluß gefaßt hat, die Bezüge der Familien mit Kindern geringer anzuheben als die der anderen. Ich habe damals — ich darf das heute hier einmal berichten — aus dem Urlaub dem verehrten Herrn Bundeskanzler Adenauer ein sehr hartes Protesttelegramm geschickt. Ich habe ihm telegrafiert: Wenn die Grundsätze der Familienpolitik nicht länger Richtlinien der Politik bleiben, empfehle ich, das Familienministerium aufzulösen,
da wir zur Tarnung einer anderen Familienpolitik, einer Antifamilienpolitik, kein Ministerium brauchen.Meine Damen und Herren, ich habe mich dann nach Rückkehr von meiner Kur mit dem Herrn Bundeskanzler Adenauer über diese Sache unterhalten mit dem Ergebnis, daß Herr Dr. Adenauer mir voll und ganz zustimmte und erklärte: Sie haben völlig recht, die Sache ist jetzt im Bundestag; sorgen Sie im Bundestag dafür, daß das dort in Ordnung gebracht wird.
Meine Damen und Herren, darum haben wir uns dann gemeinsam bemüht. Die Sache wurde im Bundestag dadurch in Ordnung gebracht, daß zwar nicht formal eine Erhöhung der Kinderzuschläge erfolgte, statt dessen aber eine entsprechend stärkere Anhebung der Ortszuschläge, so daß genau das erreicht war, was geboten war, nämlich die gleichmäßige Behandlung aller.
Seitdem hat es mehrere Gehaltserhöhungen gegeben. Bei all diesen Gehaltserhöhungen ist immer an Stelle einer Erhöhung des Kinderzuschlags eine entsprechend stärkere Anhebung des Ortszuschlagserfolgt. Wenn wir das heute das erste Mal nicht mehr tun, bewegen wir uns meines Erachtens auf Wegen und in Grundsätzen, die eigentlich längst überwunden gewesen sind.
Ich möchte mich jetzt noch kurz mit drei Einwendungen beschäftigen, die gegen meine Ausführungen geltend gemacht werden können. Ich weiß, meine Damen und Herren, daß die Verabschiedung dieser Vorlage außerordentlich dringlich ist, und ich weiß auch, daß der Bundesrat am 5. Juli über diese Vorlage beschließen soll. Wenn wir hier noch eine Änderung eintreten lassen wollen, natürlich nicht eine Änderung in dem Sinne, daß mehr Geld verlangt wird, sondern nur dahin gehend, daß das Geld, das mehr bewilligt wird, gerechter, sozialgerechter und familiengerechter, verteilt wird, müßten wir das nochmals im Innenausschuß erörtern, könnten die Vorlage aber dann Ende der nächsten Woche verabschieden. Ich gebe aber zu, daß dann die Zweiwochenfrist des Bundesrates bis zum 5. Juli nicht mehr voll gewahrt ist. Der Bundesrat könnte — theoretisch — sagen: Wir können die Vorlage nicht behandeln, wir brauchen diese vierzehn Tage. Ich glaube aber, meine Damen und Herren, daß gerade bei einem solchen Anlaß, wie schon in vielen Fällen, von den Mitgliedern des Bundesrates auf eine Einhaltung dieser Frist wohl verzichtet werden kann. Jedenfalls habe ich das Vertrauen, daß daran eine Verabschiedung nicht scheitern wird, so daß wir von daher noch eine Woche Zeit hätten.Der zweite gewichtige Einwand, der erhoben werden kann, ist: Im öffentlichen Dienst sind die Familienleistungen trotz Steuerpflicht — ich bestreite das nicht — sowieso schon besser als in der privaten Wirtschaft, wir können sie nicht gut im öffentlichen Dienst erhöhen und dann die Arbeitnehmer der privaten Wirtschaft noch weiter nachhängen lassen. Das ist ein sehr ernster Einwand. Meine Damen und Herren, wenn mir jemand einen Weg zeigte, das Zuviel im öffentlichen Dienst in das Zuwenig in der privaten Wirtschaft hinüberzuspielen, wäre ich der letzte, der sich einem solchen Bestreben widersetzen würde. Aber einstweilen haben wir hier völlig getrennte Bereiche, die Regelungen im öffentlichen Dienst auf einer bestimmten Basis, die Regelungen in der Privatwirtschaft auf einer anderen Basis, und die kann man leider Gottes im Augenblick noch nicht miteinander vermischen, so daß wir im Moment nur die Frage zu beantworten haben, ob wir innerhalb des öffentlichen Dienstes den Anteil der familienbezogenen Gehaltsteile mindern oder nicht mindern.
Herr Kollege Wuermeling, Sie sprachen vom „Zuviel" im öffentlichen Dienst. Bezieht sich das Ihrer Auffassung nach auf den Kinderzuschlag?
Das „Zuviel", lieber Herr Kollege, bitte ich rein relativ zu verstehen, nämlich im Verhältnis zur privaten Wirtschaft.
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9796 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968
Dr. WuermelingVon den Angehörigen der privaten Wirtschaft wird uns immer wieder vorgetragen: Wir sind in den Familienausgleichsmaßnahmen wesentlich benachteiligt; die Kinder der Beamten und der öffentlichen Angestellten gelten mehr als die Kinder der Arbeiter in der privaten Wirtschaft. Von da aus sieht das relativ als ein Zuviel aus. Sie werden mir, verehrter Herr Kollege, doch sicherlich nicht unterstellen, daß ich irgendwo die Behauptung aufstellte, unsere Familinpolitik sei bereits über das Ziel hinausgeschossen.
Nun der letzte Einwand. — Sie kommen mir mit Ihrem Zwischenruf schon entgegen: „Sie kennen ja den Besoldungsrückstand!" Es wird also angestrebt: Wir wollen unter allen Umständen nicht nur den von der Regierung vorgeschlagenen Satz von 3 % — auch hier Dank an den Innenausschuß —, sondern wir wollen 4 %, damit wegen der notwendigen Nachholung nun etwas Wirksames geschieht. Gut, meine Damen und Herren! Ich weiß, daß vor allem der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, mit dem ich früher deswegen schon einmal eine erhebliche Auseinandersetzung gehabt habe, immer wieder primär darauf besteht: Erst einmal generell alle Bezüge erhöhen, und, wenn dann noch etwas übrigbleibt, eventuell auch die Kinderzuschläge, damit man — bitte, sagen wir es ganz offen — vor den Mitgliedern der Organisation sagen kann: Seht ihr, wir haben euch allen 4 % verschafft. Daß hierin ein großes Unrecht liegt — man tut das ja auf Kosten der Familien mit Kindern, um auf die 4 % zu kommen —, übersieht man hier in einem gewissen Funktionärsdenken. Bei einem Funktionär eines Verbandes kann das verständlich sein; aber wir hier im Deutschen Bundestag sind doch davon ganz entscheidend entfernt. Wir machen doch keine Gesetze, um mit einem möglichst hohen Erhöhungssatz einen guten Eindruck zu machen, sondern wir machen hier unsere Gesetze doch wohl um der Gerechtigkeit, der sozialen Gerechtigkeit wie der Familiengerechtigkeit wie auch den Grundsätzen des Berufsbeamtentums zu dienen.
Herr Abgeordneter Wuermeling, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Berger?
Herr Kollege Wuermeling, würden Sie mir wohl zustimmen, daß Ihre Interpretation der Forderung des Herrn Krause vom Deutschen Beamtenbund zumindest eine sehr eigenwillige ist, die nicht die Zustimmung derer, die die Forderungen genau kennen, finden kann?
Herr Kollege, ich bin sehr dankbar für diese Frage, weil sie mir die Antwort ermöglicht: Ich bin überzeugt davon, daß vor allem die Mitglieder des Deutschen Beamtenbundes, die Kinder haben, diesem Verhalten ihres Vorsitzenden nicht zustimmen.
Ich möchte diese Mitglieder auffordern, in diesem Sinne vorstellig zu werden.
Ich muß noch einen Satz dazu sagen, damit keine Mißverständnisse auftauchen. Ich habe über diese Frage damals eine gründliche Unterhaltung mit dem Herrn Krause gehabt. In dieser Unterhaltung hat mir Herr Krause erklärt: „Es ist nicht wahr, daß ich nicht in gleicher Weise für die Kinderzuschläge kämpfe wie für die Grundbezüge."
Da habe ich ihm geantwortet: Herr Krause, ich nehme das zur Kenntnis, aber wir wollen einmal die Praxis abwarten, wie sie ist. Und wie war jetzt wiederum die Praxis, wo war der Herr Krause, der die Forderung gestellt hat, daß die Familienzuschläge genauso angehoben werden wie die anderen Leistungen? Nirgends war der Herr Krause, und nirgends war wahrscheinlich auch der DGB; ich weiß es nicht. Ich will hier niemand weh tun, wenn ich nicht genau im Bilde bin. Ich lege Wert darauf, hier einmal festzustellen, daß die Organisationen der Beamten in ihren Forderungen nicht familienfreundlich sind, sondern vorrangig individualistische Ansprüche erheben.
Herr Abgeordneter Wuermeling, gestatten Sie noch eine Frage des Herrn Abgeordneten Berger?
Ist Ihnen wirklich nicht bekannt, daß sowohl vom Deutschen Gewerkschaftsbund wie vom Deutschen Beamtenbund seit langem eine Erhöhung des Kinderzuschlages gefordert wird?
Ich bestreite nicht, Herr Kollege, daß diese Forderung erhoben wird. Ich stelle aber fest, daß, wenn nachgegeben werden muß, immer zuerst bei den familienbezogenen Gehaltsteilen nachgegeben wird. Es ist, glaube ich, mein gutes Recht, als Abgeordneter in diesem Hause das in aller Deutlichkeit und Klarheit zu beanstanden und darum zu bitten, sich dieses Funktionärsdenken nicht zu eigen zu machen, es nicht auf die Optik abzustellen, sondern auf die Gerechtigkeit.
— Herr Kollege, die Gehälter der Funktionäre — wenn Sie die Frage so stellen; ich hatte nicht die Absicht, diese Bemerkung zu machen — sind doch wohl so hoch, daß mehr dabei herauskommt, wenn der Grundgehaltssatz erhöht wird, als wenn die Kinderzuschläge erhöht werden. Ich habe niemandem unterstellt, daß er aus persönlichen Gründen eine solche Haltung einnimmt. Nur, wenn Sie die Frage so stellen, muß ich antworten. Dieses Argument kommt wohl nicht hin.Meine Damen und Herren, mir lag sehr daran, die Aufmerksamkeit des Hohen Hauses noch einmal sehr gründlich und eindringlich auf diesen Punkt zu
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968 9797
Dr. Wuermelinglenken. Die Frage ist: Was sollen wir jetzt tun? Ich möchte im Augenblick keinen Antrag auf Rücküberweisung an den Ausschuß stellen, sondern möchte zunächst einmal hören, was die Koalitionsfraktionen grundsätzlich zu diesem Anliegen zu sagen haben und wie sie glauben, daß wir aus dieser Misere herauskommen. Ich darf mich persönlich noch einmal herzlich bedanken, daß Sie mich trotz der relativ vorgeschrittenen Stunde geduldig angehört haben.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Brück.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es tut mir persönlich außerordentlich leid, daß ich nunmehr gegen Herrn Dr. Wuermeling das Wort ergreifen muß, und zwar deshalb, weil Herr Dr. Wuermeling selbst alter Berufsbeamter ist, weil er im „Dritten Reich" aus seiner Stellung verjagt wurde und weil er nach 1949 in diesem Hohen Hause maßgeblich an dem Grundgesetz der Beamtenschaft, nämlich dem Bundesbeamtengesetz, mitgewirkt und sich immer für die Belange des öffentlichen Dienstes und der Erhaltung des Berufsbeamtentums eingesetzt hat.
Verehrter Herr Dr. Wuermeling, wenn ich Sie nun bitten möchte, den Antrag zurückzustellen, das Gesetz wieder in den Innenausschuß zu überweisen, so tue ich das deswegen,
um, wie Sie selbst ausgeführt haben, das derzeitige Gesetz im Augenblick nicht zu gefährden. Das muß ich auch jetzt schon den Antragstellern von der FDP sagen. Wir haben — das haben Sie dankenswerterweise anerkannt — den Ortszuschlag in die lineare Erhöhung einbezogen. Sie wissen auch, daß in dem Ortszuschlag praktisch noch eine Sozialstaffel zugunsten der kinderreichen Familie drin ist.
Das muß man einmal nüchtern sehen. Das ist drin.
Aber ich erkenne Ihr Anliegen an, Herr Dr. Wuermeling. Ich möchte Sie auch nur bitten, sich jetzt während der Parlamentsferien doch einmal Gedanken zu machen — Sie sind ein erfahrener Mann auf diesem Gebiet —, wie die Konstruktion im Herbst aussehen soll. Wir wollen im Herbst sicherlich gern auf die von Ihnen vorgetragene Anregung in den Beratungen Rücksicht nehmen. Aber ich bitte Sie wirklich herzlich, daß Sie nicht auf Ihrem Antrag bestehen. Nach dieser mühevollen Arbeit, wo für uns, politisch gesehen, oberster Grundsatz war: Einordnung des Notwendigen in den Bereich des Möglichen, wollen wir diese Vorlage heute noch fristgerecht verabschieden. Wenn vom Innenausschuß eine neue Konstruktion gewählt würde, müßte das auch wieder an den Haushaltsausschuß, und es ist die Frage, ob es uns dann überhaupt gelingt, die Sache bis heute in acht Tagen hinzubekommen, abgesehen davon, was der Bundesrat dann macht. Dann hätten wir nachher etwas vollbracht, was auch nicht im Interesse der Familie sein kann.
Verehrter Herr Dr. Wuermeling, bei aller Anerkennung Ihrer Sorgen und Ihrer Anliegen wäre ich Ihnen doch dankbar, wenn Sie heute von dem Antrag Abstand nähmen und mit uns versuchten, bei der nächsten Stufe eine andere Regelung zu finden..
Wird das Wort in der allgemeinen Aussprache noch gewünscht? — Herr Abgeordneter Wuermeling!
Meine Damen und Herren! Ich darf ganz kurz ,auf die Ausführungen meines Freundes Brück folgendes erwidern. Da auch ich inzwischen erfahren habe, daß der Bundesrat möglicherweise aus triftigen Gründen auf Einhaltung der 14-Tages-Frist glaubt bestehen zu müssen, scheint mir der Einwand des Herrn Kollegen Brück, daß wir die Gesamtvorlage nicht gefährden dürfen, so durchschlagend zu sein, daß man im Augenblick — nun darf ich von mir aus sagen: leider — an den Dingen wirklich nichts ändern kann.Ich habe ja, Herr Präsident, einen Antrag bisher nicht gestellt. Ich brauche also auch keinen Antrag zurückzunehmen.Was mir in der Erklärung des Herrn Kollegen Brück aber zweitens besonders wichtig ist, ist, daß man bei der dritten Stufe der Besoldungsverbesserungen, die wohl schon im Herbst folgen soll, meinem Anliegen Rechnung tragen will, das diesmal zu kurz gekommen ist. Meine Damen und Herren, an dieser Feststellung liegt mir ganz besonders deswegen, weil ich betont dem Eindruck entgegentreten möchte, daß sich da nur ein ehemaliger Familienminister immer wieder um die familienpolitischen Dinge kümmert. Die Erklärung meines Fraktionskollegen Brück hat klargemacht, daß das Anliegen, das ich vorgetragen habe, ein Anliegen der gesamten Fraktion der Christlich-Demokratischen Union ist.
— Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, ich bin sehr dankbar, Ihrem Zwischenruf entnehmen zu dürfen, daß auch Sie bei der dritten Stufe die Bestrebungen unterstützen werden, das, was hier nicht mehr zum Zuge gekommen ist, dann durchzusetzen.
— Dabei kann man die Sache sicherlich gut machen.Meine Damen und Herren, ich glaube, mich von mir aus — ich bitte, mir das nicht übelzunehmen — darauf beschränken zu dürfen, mich bei der Abstimmung wegen des, wie ich sagen darf, Fehlers im Gesetz der Stimme zu enthalten, und vertraue und baue darauf, das daß, was heute von den beiden
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9798 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968
Dr. WuermelingKoalitionsfraktionen erklärt wurde, bei der nächsten Stufe in Ordnung gebracht wird.
Wird in der allgemeinen Aussprache des weiteren das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Dr. Miessner!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nur zu dem Punkt sprechen, den Herr Kollege Dr. Wuermeling angeschnitten hat. Wir haben uns dabei natürlich auch unsere Gedanken gemacht. Aber, Herr Kollege Wuermeling, Sie werden sich noch daran erinnern, daß wir, als Sie früher selbst im Beamtenrechtsausschuß waren, im allgemeinen nicht — ich glaube sogar: noch niemals — eine lineare Anhebung auf das Kindergeld ausgedehnt haben, weil das mit diesen Prozentsätzen rein technisch einfach nicht zu machen ist.
Stellen Sie sich einmal 4 % umgerechnet auf das Kindergeld vor! Das gibt ganz krumme Pfennigbeträge.
Wir sind so vorgegangen — und das wird und muß natürlich auch diesmal so sein —, daß wir von Zeit zu Zeit das Kindergeld mit runden Beträgen erhöhen, seien es 5 DM oder 10 DM, und damit die Dinge wieder in Ordnung bringen.
Herr Abgeordneter Miessner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wuermeling?
Bitte!
Herr Kollege Miessner, ist Ihnen entgangen, daß ich in meinen Ausführungen genau darauf abgestellt habe, daß wir wie bei den letzten Malen nicht den Kinderzuschlag, sondern den Ortszuschlag entsprechend mehr erhöhten? Ich bin in diesem Punkt ganz mit Ihnen einig.
Das ist mir nicht entgangen. Das ist auch eine durchaus zutreffende Feststellung. Man kann es mal so und mal so machen. Aber Sie weisen damit im Grunde selbst darauf hin, daß wir diese familienrechtliche Betrachtung niemals aus den Augen gelassen haben. Diesmal haben wir nun speziell für das Kindergeld nichts vorgesehen. Das muß nun selbstverständlich beim nächstenmal mit einem runden Betrag nachgeholt werden. Das ist jedenfalls die Auffassung meiner Fraktion.
Wird noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich rufe in der Einzelberatung die Art. I und II auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte urn die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Wir kommen dann zu dem Antrag der Fraktion der Freien Demokratischen Partei auf Umdruck 502*), dem Antrag auf Einfügung eines Art. II a. Ich erteile das Wort zur Begründung dem Abgeordneten Dr. Mühlhan.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der auf Umdruck 502 vorliegende Änderungsantrag bezüglich der Besoldungsordnung A, den meine Fraktion hiermit vorlegt, hat weniger haushaltsbezogene als kulturpolitische Bedeutung. Die Annahme dieses Antrags wird derart geringfügige finanzielle Belastungen verursachen, daß sie eher weniger denn mehr als 1 Million ausmachen. Das Bundesparlament würde sich bei Annahme des Antrags in einer wichtigen kulturpolitischen Frage den Ländern gegenüber beispielgebend verhalten. Es würde nämlich zum Ausdruck bringen, daß die Geistes- und Naturwissenschaftler, soweit sie auf Bundesebene eine schulische Laufbahn einschlagen, von Staats wegen nicht mehr einen Stempel aufgedrückt erhalten dürfen, der sie ihr Leben lang gegenüber den Rechtswissenschaftlern — soweit sie Beamte werden — erheblich abwertet. Der Antrag würde diese Abwertung, die die betroffenen Lehrer an den Gymnasien immer als kränkend empfunden haben, wenigstens auf Bundesebene beseitigen. Außerdem gebietet der kaum noch erträgliche Lehrermangel an Gymnasien in allen Ländern schnelles Handeln.
Eine zustimmende Entscheidung dieses Hohen Hauses würde eine wirksame Maßnahme darstellen, diesem Lehrermangel abzuhelfen, weil damit die wirtschaftlich-finanzielle Zurückstellung der Philologen wenigstens auf Bundesebene aufhören würde. Es ist nicht einzusehen, warum die Entscheidung dieser Frage, soweit der Bund betroffen ist, weiterhin auf die lange Bank geschoben werden soll, da heute Gelegenheit ist, sie zu treffen, das Bundesparlament aber wegen der sprichwörtlich gewordenen und überall kritisierten Schwerfälligkeit des bundesdeutschen Kulturapparats mit gutem Beispiel vorangehen muß und außerdem in eigener Sache, nämlich nur für die im Bundesdienst befindlichen Beamten, handelt.
Es ist angeregt worden, daß wir jetzt der Reihe nach die Änderungsanträge begründen und dann gemeinsam abstimmen. — Offenbar erhebt sich kein Widerspruch.Dann rufe ich den Antrag der FDP auf Umdruck 499 *) auf Einfügung eines Art. II b auf und erteile das Wort zur Begründung der Frau Abgeordneten Dr. Diemer-Nicolaus.*) Siehe Anlage 2 *) Siehe Anlage 3
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968 9799
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Umdruck 499, der Ihnen heute von der FDP vorgelegt worden ist, ist für diejenigen, die an den Beratungen im Mai des vergangenen Jahres teilgenommen haben, nichts Neues. Sein Inhalt stand schon damals zur Debatte. Es handelt sich um die wichtige Frage, welche Stellung unsere Richter in besoldungsmäßiger Hinsicht und vor allen Dingen in ihrer Einstufung haben sollen. Das Problem ist damals — in der 110. Sitzung des Bundestages, am 12. Mai 1967 — von meinem Parteifreund Dorn und nachher auch von dem Kollegen Süsterhenn angesprochen worden. Obwohl wir auch damals nicht in der Regierung saßen, sondern Opposition waren, bestand zwischen der FDP und dem Herrn Kollegen Süsterhenn in vollem Umfang Übereinstimmung. Herr Kollege Süsterhenn hat als früheres Mitglied des Parlamentarischen Rates überzeugend darauf hingewiesen, daß die Richter wegen ihrer besonderen Stellung, die sie nun einmal nach dem Grundgesetz haben, auch entsprechend eingestuft werden müssen.
Ich darf Sie daran erinnern, daß sich auch die Ausschüsse des Bundestages mit diesem Problem eingehend befaßt haben. Der Rechtsausschuß hat auf Grund eines einmütigen Beschlusses unter dem 14. April 1967 den Antrag vorgelegt, diesem Anliegen im Zusammenhang mit der Novellierung des Bundesbesoldungsgesetzes Rechnung zu tragen. Leider ist damals dieser einmütige Beschluß des Rechtsausschusses nicht vom Innenausschuß übernommen worden. Aber es ist damals die Zusage gegeben worden, daß dieses Anliegen, wenn auch nicht in der ersten Stufe, so doch in der zweiten Stufe der Besoldungsneuregelung berücksichtigt werde.
Frau Kollegin, ist Ihnen klar, daß wir heute nicht die zweite Stufe verabschieden, daß wir die vielmehr zurückgestellt haben und daß wir uns heute nur mit der linearen Besoldungsverbesserung beschäftigen?
Ja, Herr Kollege, dessen bin ich mir durchaus bewußt. Aber Sie gehen sehr formal vor, wenn Sie sagen, das sei jetzt nicht die zweite Stufe. Sie meinen damit ja die Harmonisierung.
— Bitte!
Frau Kollegin, haben Sie sich auch die Überschrift des Gesetzes angesehen, aus der bereits deutlich wird, daß das Zweite Besoldungsneuregelungsgesetz nach wie vor zur Beratung ansteht und daß es sich hier nur um ein Viertes Besoldungsänderungsgesetz handelt?
Ja, Herr Kollege Schmitt. Daß eine solche Änderung gegenüber dem ursprünglichen Regierungsentwurf vorgenommen worden ist und dadurch etwas ganz anderesentstanden ist, ist vorhin von den Vorrednern ja schon vorgetragen worden.
Aber, Herr Kollege, ob Sie es so oder so nennen, auf jeden Fall ist damals die Zusage gegeben worden — und das ist auch in einem Entschließungsantrag niedergelegt —, daß diese Frage überprüft und neu geregelt werden soll. Sie können doch diese wichtige Frage, die mit dem Wesen unseres Rechtsstaates zusammenhängt, nicht immer weiter auf die lange Bank schieben! Herr Kollege Süsterhenn hat mit Recht darauf hingewiesen, daß ein Verfassungsauftrag zu erfüllen ist. Unsere Verfassung sieht die Dreiteilung der Gewalten in Exekutive, Legislative und Rechtsprechung vor. Die Rechtsprechung ist eben etwas anderes als die Exekutive. Deshalb sind die Richter auch keine Beamten. Obwohl ich der FDP angehöre, unterstreiche ich in vollem Umfang, was Kollege Süsterhenn in der 110. Sitzung als früheres Mitglied des Parlamentarischen Rates über die Stellung der Richter und darüber, wie sie geordnet werden müßte, gesagt hat, weil das durchaus unserer Überzeugung entspricht. Das Grundgesetz ist eben ein liberales Gesetz. Bei den Beratungen des vorliegenden Gesetzentwurfs ist dieses Problem erneut angesprochen worden, und der Rechtsausschuß, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, hat ja in seinem Schreiben vom 10. Mai 1968 noch einmal ausdrücklich auf die Notwendigkeit der Beseitigung dieser Disharmonien hingewiesen, die sich eingestellt haben, nachdem im Jahre 1953 zunächst einmal zufriedenstellende Verhältnisse geschaffen worden waren.Sie sind überrascht über die Unzufriedenheit mit den Parlamenten, die in der Bevölkerung herrscht. Warum gibt es denn diese Unruhe? Ich darf hier wiederum den Kollegen Süsterhenn zitieren, der bereits im Mai 1967 auf die Unruhe in der Richterschaft hingewiesen hat, die darauf zurückzuführen ist, daß immer wieder Zusagen gemacht, aber nachher nicht eingehalten werden. Diese dringende Regelung können Sie jetzt nicht mit dem Hinweis, es handle sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf nur um eine lineare Erhöhung, wieder hinausschieben. Sie müssen vielmehr dem Anliegen, das ja auçh in einem Entschließungsantrag angesprochen worden ist, schon heute Rechnung tragen.Wir Freien Demokraten haben deshalb den Antrag, den wir schon in der Sitzung vom 12. Mai 1967 gestellt haben, heute erneut vorgelegt. Durch die Annahme des Antrags entstehen, soweit es sich um den Bundeshaushalt handelt, keine wesentlichen Kostenprobleme.
- Herr Kollege Brück — —
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9800 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968
Meine Damen und Herren, ich darf um etwas Ruhe bitten. Die Argumente können ja von der Rednertribüne aus ausgetauscht werden.
Herr Kollege Brück, ich glaube, Sie wissen, wie gering die Zahl der Bundesrichter ist, die wir haben. Eine ganz andere Sache ist, daß in dieser Beziehung nachher auch in den Ländern eine entsprechende Regelung erfolgen muß.
— Ja, Herr Kollege Wuermeling, das verkenne ich nicht. Ich war lange genug im Landtag. Aber ich kann Ihnen eines sagen: mich hat immer wieder überrascht, daß gerade bei der rechtsprechenden Gewalt immer gespart und gerechnet werden soll.
- Ja, doch, es ist wahr!
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie zunächst einmal um die Höflichkeit bitten, eine Dame in Ruhe aussprechen zu lassen. Und dann möchte ich Sie bitten, Ihre Argumente von der Rednertribüne aus zu vertreten.
Herr Kollege, darf ich Sie vielleicht daran erinnern — möglicherweise haben Sie es im Handbuch des Bundestages gelesen —, daß ich nicht weniger als acht Jahre Mitglied eines Landtags war. Ich war dort schon im Rechtsausschuß und im Finanzausschuß und habe mich bereits damals auch besonders mit den Problemen der Richterbesoldung befaßt.
— Also, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, erstens ist das ein sehr unqualifizierter Zwischenruf. Zweitens kann ich Ihnen eines sagen.
— Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil!
- Ich darf Ihnen eines sagen — Sie lachen zwar freundlich dabei —: ich war bis 1957 im Landtag.
Ich kenne daher die Situation. Wegen der Frage, wie die Richter ihrer Stellung entsprechend in ,einem Rechtsstaat besoldet werden, ist nie eine Finanzkrise entstanden.
Sie betonen hier immer den Rechtsstaat. Sie wissen aber doch auch, wie sehr es auf die Qualifikation unserer Richter ankommt. Daher müssen Sie den Richtern im Leben auch die Position geben, die ihnen nun einmal nach dem Grundgesetz — ich verweise wieder nur auf die Ausführungen des Kollegen Süsterhenn — zusteht. Meine persönliche Meinung ist sogar, daß wir diesem Auftrag, der doch ein Verfassungsauftrag, ein Auftrag unseres Grundgesetzes ist, am besten dadurch Rechnung tragen würden, daß wir die Richterbesoldung überhaupt für sich gestalteten.
- Gut, das steht hier im Augenblick nicht zur Diskussion; ich möchte es nicht weiter vertiefen. Aber ich darf Sie bitten, zu bedenken, daß es hier nicht nur um ein Anliegen der FDP geht, sondern daß diesem Begehren einmütige Beschlüsse aller Fraktionen im Rechtsausschuß zugrunde liegen.
Ich bitte Sie, dem doch Rechnung zu tragen und jetzt endlich im Zusammenhang mit der 'Verabschiedung dieses Gesetzes — ich lasse die Überschrift außer Betracht — wenigstens diese so notwendige Reform vorzunehmen. Denken Sie daran, daß die Nichteinhaltung von Zusagen sehr zu Mißstimmungen gegenüber dem Parlament beiträgt! Es ist nicht damit getan, zu sagen: Zusagen, ja, schon, aber nur nicht jetzt, sondern im Herbst! Sie werden dieser Zusage nur dann gerecht, wenn Sie sie so schnell erfüllen, wie Sie sie erfüllen können. Und Sie können sie heute erfüllen, indem Sie dem Antrag der FDP zustimmen.
Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion der FPD auf Umdruck 500 *) auf, nach dem in das Gesetz ein Art. II c eingefügt werden soll. Zur Begründung erteile ich dem Abgeordneten Dorn das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begründe den Antrag unserer Fraktion auf Umdruck 500. Es geht hier praktisch um eine Wiederherstellung der Regierungsvorlage bezüglich der Technikerbesoldung. Die Technikerbesoldung — das ist das sachliche Anliegen unseres Antrages — soll durchgestuft werden, wie es in der Regierungsvorlage ursprünglich vorgesehen war. Natürlich können die Argumente, die meiner Frau Kollegin Diemer-Nicolaus hier in den Zwischenrufen entgegnet wurden, auch mir entgegengehalten werden. Ich halte diese Argumente für unbegründet. Denn wenn die Bundesregierung dem Parlament eine solche Vorlage unterbreitet und damit also die sachliche Notwendigkeit dessen, was ich hier zu begründen habe, selbst eingesehen hat, wie der begründete Gesetzentwurf zeigt, und wenn nunmehr der Ausschuß sich auf den Standpunkt stellt: wir wollen erst einmal die strukturelle Verbesserung ausschalten und zunächst nur die lineare Erhöhung der Grundgehälter durchführen, so ist*) Siehe Anlage 4
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Dorndas eine Entscheidung, über deren sachliche Berechtigung man ja wohl streiten kann.Meine Damen und Herren! Wie lange haben wir uns in diesem Hause darum bemüht — der Kollege Gscheidle ist leider nicht da, der das mit mir versucht hat, nicht nur im Ausschuß, sondern auch in früheren Plenarsitzungen —, von dieser Stelle aus das Haus davon zu überzeugen, daß es notwendig ist, die Durchstufung dieser Technikerzulage zu erreichen. Wenn wir nun erkennen, daß die Bundesregierung in einem ersten zaghaften Versuch, diese Technikerzulagen in die Eingangsstufen einzubauen, diesem Hause eine Regierungsvorlage zuleitet, um der Durchstufung zwar nicht bis zur letzten Konsequenz, aber doch in den entscheidenden Beförderungsstufen nunmehr Geltung zu verschaffen, dann wundern wir uns eigentlich darüber, daß die Koalitionsfraktionen diese Regierung, die sie ja normalerweise auch über das hinaus unterstützen, was die Regierung manchmal selber beantragt, in dieser entscheidenden Frage völlig im Stich lassen und daß die Koalitionsfraktionen eine völlige Veränderung der Vorstellungen, die von der Regierung hier vorgetragen worden sind, vorgenommen haben.Herr Kollege Brück, Ihr Zwischenruf von vorhin: Das soll alles gar nichts kosten!, ist doch nun — —
— Nein, Herr Kollege Brück. Lassen Sie mich aussprechen, dann werden Sie gleich feststellen, was ich Ihnen sagen will. Wenn Sie sagen: das soll alles gar nichts kosten, dann wundere ich mich doch sehr über diese Argumentation. Wir alle haben als Parlament zwei sehr entscheidende Vorhaben mit erheblichen Kostenaufwendungen ohne jeden Dekkungsvorschlag hingenommen und in der Sache positiv entschieden, die in ihren Auswirkungen weit über das hinausgehen, was hier von uns beantragt wird. Was nach unserem Antrag benötigt wird, ist nur ein ganz minimaler Prozentsatz von dem, was Sie mit uns und mit der SPD gemeinsam in diesem Hause in dieser Woche durch Ihre Entscheidung vorgesehen haben. Ich denke an die Berlin-Hilfe, und ich denke an die EWG-Entscheidungen.
— Was heißt hier vergleichbar?
— Aber sehr verehrter Herr Kollege, es ging gar nicht darum, daß ich die Probleme vergleichen will, sondern darum, daß ich das Verfahren der Entscheidung über die finanziellen Aufwendungen, das hier kritisiert worden ist, vergleiche. Und das ist doch wohl vergleichbar.
— Nein.
Herr Abgeordneter Dr. Kliesing, ich darf Sie bitten, nachher von der Tribüne aus Ihre Ansicht zu vertreten.
Ich habe den Eindruck, daß Sie nur meinen letzten Satz aufgegriffen haben, während Sie Zeitung gelesen haben, und daß Sie die Begründung dessen, was ich vorher vorgetragen habe, nicht mitbekommen haben.
Ich meine, so einfach kann man es sich hier auch nicht machen, wie Sie das jetzt vortragen.Die Problematik ist doch die, meine Damen und Herren, daß die Sache, um .die es hier geht, begründet ist. Darüber gibt es doch gar keinen Zweifel. Die Bundesregierung selbst hat das doch anerkannt, sonst hätte sie doch diese Vorschläge gar nicht erst in die Regierungsvorlage eingebaut. Und daß die Mehrkosten, die dadurch entstehen werden, der Bundesregierung bekannt waren, können Sie doch auch nicht bestreiten, denn Sie glauben doch wohl nicht, daß die Bundesregierung uns hier Vorlagen macht und selber nicht weiß, was das dann nachher kostet! Und daß die Bundesregierung bereit und in der Lage gewesen sein muß, diese Mehrkosten als berechtigt anzuerkennen, können Sie doch auch nicht bestreiten. Denn sonst hätte die Regierung das nicht in die Regierungsvorlage eingebaut. Ich meine also, wenn hier ein sachliches Begehren von uns in dieser Stunde noch einmal als dringend notwendig vorgetragen wird und auch von der Regierung so anerkannt worden ist, dann machen Sie es sich viel zu leicht, wenn Sie glauben, diese Dinge mit einigen Zwischenrufen hier vom Tisch wischen zu können.Auch was meine Kollegin Frau Diemer-Nicolaus hier vorgetragen hat und was der Kollege Schmitt-Vockenhausen in seinem Zwischenruf angegriffen hat, ist berechtigt. Herr Schmitt, Sie sagen, das soll im Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetz geregelt werden.
In dem Bericht, den der Innenausschuß vorgelegt hat, steht, daß der Bundestag und der Innenausschuß von der Bundesregierung erwarten, daß sie diese Regelung dann einbaut. Nur, was nützt es, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, wenn die Bundesregierung eine solche Vorlage dem Parlament zuleitet, Sie in der Sache aber dann völlig anders entscheiden?
— Aber Sie haben das doch alles verändert. Wer garantiert denn dafür, daß Sie bei der nächsten Lesung nicht vielleicht mit der gleichen Begrün-
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9802 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode — 181. Sitzung. Bonn, Freitag, den 21. Juni 1968
Dorndung — kein Geld oder keine Deckung oder andere Dinge — wieder zum gleichen Ergebnis kommen?Wir sind der Meinung, das, was hier entschieden werden soll, reicht nicht aus. Deswegen haben wir diese Änderungsanträge gestellt, um endlich die sachlichen Forderungen, die 'in diesen Änderungsanträgen enthalten sind, auch im Parlament durchzubringen.
Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 501 *), einen Artikel II d einzufügen, auf. Ich erteile zur Begründung das Wort dem Abgeordneten Ollesch.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte den Änderungsantrag der Freien Demokraten auf Umdruck 501 begründen, der ebenso wie der von meinem Kollegen Dorn vorhin begründete Änderungsantrag nichts weiter bezweckt, als die Regierungsvorlage zum Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetz wiederherzustellen. Wir fordern also als parlamentarische Opposition nicht mehr als das, was die Regierung bereit war zu geben.
Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, wenn Sie die Skepsis meines Kollegen Dorn gegenüber der Ernsthaftigkeit Ihres Bemühens, die Strukturverbesserung vorzunehmen, aus der Welt wischen wollen, dann darf ich Sie daran erinnern, daß Sie anläßlich der Beratung über das Erste Besoldungsneuregelungsgesetz mir, der ich strukturelle Verbesserungen für die Unteroffiziere beantragte, vorgeworfen haben, sachlich unbegründete Anträge vorzutragen. Sie fragten mich damals, ob ich nicht noch irgendwo im Lande eine andere Gruppe finden könne, über die das Füllhorn des Geldsegens ausgeschüttet werden könne.
Hier, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, stellen wir keinen agitatorischen Antrag, sondern wir wollen das, was die Regierung bereit ist zu geben, auch geben.
Herr Ollesch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen?
Bitte schön!
Herr Kollege Ollesch, ist Ihnen bekannt, was die Arbeitsgruppe in diesem Sachzusammenhang beraten hat und daß die Angelegenheit so weit vorbereitet ist, daß die Bedenken des Bundesrates überwunden werden können, die Ihnen ja sicher nicht unbekannt sind, so daß die Dinge in der eigentlichen Stufe entschieden werden können?
*) Siehe Anlage 5
Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, die Ausführungen, die Beschlüsse und die Erklärungen der Arbeitsgruppe Brück sind mir bekannt. Sie stehen ja auch in dem Schriftlichen Bericht des Innenausschusses. Ich darf mit der Genehmigung des Herrn Präsidenten den Punkt 5 zitieren mit den Erwartungen, von denen aus Sie Ihre Entscheidungen gefällt haben:
Der Ausschuß erwartet, daß die Bundesregierung im Herbst dieses Jahres die weitere Stufe der Besoldungsneuregelung beim Deutschen Bundestag einbringt und hierbei auch die Überlegungen berücksichtigt, die bei der Behandlung des Regierungsentwurfs des Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetzes in der vom Ausschuß bestellten Arbeitsgruppe angestellt worden sind.
Sicherlich! Aber ich darf Sie daran erinnern, daß am 12. Mai 1967 anläßlich der Verabschiedung des Ersten Besoldungsneuregelungsgesetzes hier auch eine Entschließung einstimmig angenommen wurde, in der es heißt — ich zitiere wieder mit der Genehmigung des Herrn Präsidenten —:
Der Bundestag hält eine weitere Überprüfung für notwendig, wie im Rahmen der Gesamtbetrachtung des mittleren Dienstes den ständig gestiegenen Anforderungen an die Unteroffiziere der Bundeswehr hinsichtlich ihrer Ausbildung und Verwendung in der Besoldungsordnung Rechnung getragen werden kann.
Und weiter heißt es:
Die Bundesregierung wird ersucht, bei der weiteren Besoldungsneuregelung die veränderte Lage der Unteroffiziere in einer modernen, hochtechnisierten Armee sowie der Techniker, der Ingenieure usw. zu berücksichtigen.
Das war vor über einem Jahr. Da wurde schon der Erwartung Ausdruck gegeben, daß die Bundesregierung demnächst etwas tut. Jetzt tut sie etwas. Das lehnen Sie nun ab,
und Sie geben wieder der weiteren Erwartung Ausdruck,
daß die Bundesregierung demnächst wieder diese Grundsätze berücksichtigt.
Herr Ollesch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Berkhan?
Herr Ollesch, sind Sie gewillt, zur Kenntnis zu nehmen, daß wir den Fortschritt in der Unteroffiziersbesoldung nicht ablehnen, sondern daß wir die Entscheidung nur für die zweite Besoldungsneuregelung vorbehalten?
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Herr Kollege Berkhan, ich will nicht an Ihrer guten Absicht zweifeln. Ich stelle mir nur vor, wie das draußen bei den Betroffenen ankommt.
Meine Damen und Herren, ist das so unwichtig für uns, ob das Parlament in den Verdacht gerät, unwahrhaftig zu werden? Ist das so unwichtig? Kommt die Staatsverdrossenheit,
über die draußen allgemein geklagt wird, nicht auch daher, daß immer wieder Versprechungen gemacht werden, die nicht realisiert werden, deren Erfüllung für einen späteren Zeitpunkt in Aussicht genommen wird, und daß, wenn dieser spätere Zeitpunkt gekommen ist, wieder einmal verschoben wird? Das scheint uns kein Verfahren der Glaubhaftmachung unseres guten Willens zu sein.
Sie können mir doch nun nicht erzählen, Herr Kollege Brück: „Das sind alles finanzielle Überlegungen, die wir haben anstellen müssen. Wir haben die lineare Erhöhung von 3 auf 4 % vornehmen müssen". Herr Schmidt-Vockenhausen, wir begrüßen sie. Wir sind der Auffassung, daß ein Nachholbedarf in der Besoldung besteht. Meine Damen und Herren, aber bei der strukturellen Verbesserung der Besoldung der Unteroffiziere haben Sie sich über die Finanzierung dieser Höherstufung doch nicht so sehr den Kopf zerbrechen müssen! Herr Staatssekretär Hase hat Ihnen im Haushaltsausschuß doch die Deckung aus dem Verteidigungshaushalt heraus angeboten.
Herr Ollesch, darf ich Sie einmal etwas fragen?
Bitte!
Ich beziehe mich auf diesen Deckungsvorschlag, den Sie jetzt hier erwähnen. Ist Ihnen bekannt, daß der Herr Staatssekretär von Hase — ich war dabei — das im Haushaltsausschuß gesagt hat und daß der Haushaltsausschuß erklärt hat, daß er dazu keine sachliche Stellung beziehen könne? Als wir darüber berieten, hat uns weder Herr Staatssekretär von Hase noch sonst jemand diese Deckung angeboten.
Herr Kollege Brück, der Verteidigungshaushalt umfaßt über 18 Milliarden DM, die zum Teil für hochkompliziertes technisches Gerät ausgegeben werden. Es fehlen andererseits 36 000 Unteroffiziere, und wir geben auf den verschiedensten Gebieten, in der Werbung, bei den Übergangsgebührnissen, bei den Verpflichtungsprämien, erhebliche Beträge aus, um dieses Fehl
auszugleichen. Das Fehl von Unteroffizieren ist nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, daß es uns bisher nicht gelungen ist, eine ausreichende, an den Aufgaben orientierte Besoldungsordnung für die Soldaten einzuführen.
Herr Abgeordneter Ollesch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Dichgans?
Bitte schön!
Herr Kollege Ollesch, fürchten Sie nicht, daß die Verärgerung, die das punktuelle Herumbasteln an Besoldungsneuregelungen bei den jeweils nicht Begünstigten auslöst, viel ungünstiger wirkt als die Freude über die einzelnen Vorteile, und glauben Sie deshalb nicht, daß der Vorschlag des Innenausschusses, das in einem Guß zu erledigen, doch der politisch richtigere ist?
Herr Kollege Dichgans, ich spreche hier für die Soldaten der Bundeswehr.
— Was heißt denn hier „Aha"?
Ich will im Sinne der Regierungsvorlage die strukturelle Verbesserung für vier Dienstgradgruppen erreichen.
Das hat mit punktueller Bevorzugung von Beamtengruppen erst einmal gar nichts zu tun. Denn was steckt im Grunde genommen dahinter? Dahinter steckt, daß wir auf dem Gebiet der Besoldung der Soldaten endlich zu einer klaren Besoldungsordnung kommen
mit dem Ziel, Herr Dichgans, für jeden Dienstgrad eine Besoldungsgruppe zu erreichen, damit endlich das Zulagewesen, das die gesamte Besoldungsordnung verwirrt, entfallen kann.
Nach dem Regierungsvorschlag wäre die klare Durchsicht der Besoldungsgruppen für die Soldaten bis einschließlich Feldwebel unter Wegfall der bisherigen Zulagen erreicht. Denn anderes sieht ja die Regierungsvorlage nicht vor: die Einstufung der Stabsunteroffiziere von der Besoldungsgruppe A 5 plus 25 DM Zulage jetzt nach A 6 und die Umstufung der Feldwebel von A 6 plus 35 DM nach A 7. Mit der Annahme der Regierungsvorlage zum Zweiten Besoldungsänderungsgesetz hätten wir die klare Stufung bis einschließlich Feldwebel erreicht, für jeden Dienstgrad eine Besoldungsgruppe. Jeder Soldat kommt — klar ersichtlich — bei der nächsten Beförderung in die nächste Besoldungsgruppe hinein.Wir Freien Demokraten hatten im Verteidigungsausschuß beantragt, diese klare Durchstufung bis
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Olleschzum Oberstabsfeldwebel vorzunehmen. Wir kamen mit unserem Antrag nicht durch. Wir haben uns mit den übrigen Kollegen des Verteidigungsausschusses hinter die Regierungsvorlage gestellt und einen einstimmigen Beschluß herbeigeführt. Der einstimmige Beschluß des Verteidigungsausschusses im Jahre 1967 zum Ersten Besoldungsneuregelungsgesetz bedeutete wesentliche Verbesserungen für die Unteroffiziere. Durch dieses Haus kamen nur geringfügige Verbesserungen heraus mit der Entschließung: Beim nächsten Mal wird es anders und besser im Sinne des Ausschusses gemacht. Jetzt wieder ein einstimmiger Beschluß des Verteidigungsausschusses. Was kommt bei den Beratungen im Innenausschuß und im Haushaltsausschuß heraus? Wieder einmal wird über den einstimmigen Beschluß des Sachausschusses hinweggegangen.
— Herr Schmitt-Vockenhausen, die Vorlage geht unter, und an die Stelle dieser Vorlage ist Ihre vierte Vorlage getreten.
Sie erwarten, daß die Bundesregierung im Herbst dieses Jahres die weitere Stufe bringt.
Herr Abgeordneter Ollesch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jung?
Bitte schön!
Herr Kollege Ollesch, sind Sie bereit, mitzuteilen, daß die Freien Demokraten im Verteidigungsausschuß nicht nur eine Besoldungsregelung bis A 8, sondern sogar darüber hinaus eine bis einschließlich A 16 vorgeschlagen haben, daß aber dieser Vorschlag dort aus finanziellen Gründen von den Koalitionsfraktionen zurückgewiesen wurde?
Herr Kollege Jung, das ist mir bekannt. Aber hier steht im Moment die Frage der Besoldung der Unteroffiziere an, und ich habe mich in der Betrachtung unserer Anträge nur im Rahmen dieser Frage bewegt.
Herr Abgeordneter Ollesch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schlager?
Bitte sehr!
Herr Kollege Ollesch, liegt es nicht auch im wohlverstandenen Interesse der Unteroffiziere und ihrer Familien, daß wir zunächst einmal zum 1. Juli dieses Jahres die Gehälter des öffentlichen Dienstes entsprechend der Zielprojektion der Bundesregierung allgemein der wirtschaftlichen Entwicklung anpassen, damit alle Beamten an dieser linearen Entwicklung teilhaben?
Herr Kollege Schlager, ich habe vorhin erwähnt, daß wir bereit sind, der linearen Erhöhung zuzustimmen, und daß wir sie begrüßen. Sie gilt allgemein. Aber Sie müssen doch genauso wie ich zur Kenntnis nehmen, daß die Unteroffiziere der Bundeswehr endlich einen Anspruch darauf haben, daß die Versprechungen, die ihnen seit Jahren nicht nur von der Opposition und den Parteisprechern, sondern auch von der Regierung gemacht werden, endlich einmal erfüllt werden, und da hilft es gar nichts, wenn man darauf hinweist, daß nunmehr nach fünfjähriger Beratung demnächst die vierte Laufbahn eingeführt wird. Herr Kollege Wagner hat darauf hingewiesen. Herr Kollege Wagner, die vierte Laufbahn ist kein Ersatz für die geplanten und in der Regierungsvorlage angegebenen Strukturverbesserungen für die Unteroffiziere. Denn sie löst das Problem der ungerechten und unzeitgemäßen Besoldung der Unteroffiziere nicht, weil sie nur das Problem der Stabsfeldwebel und Oberstabsfeldwebel behandelt. Hier in der Vorlage sind die Unteroffiziere und Feldwebel angesprochen.
Herr Kollege Schlager, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß die Unteroffiziere darüber hinaus Grund zur Unzufriedenheit durch die Tatsache haben, daß entgegen den Versprechungen bei der Einstellung, entgegen den Erklärungen in allen Werbeblättern die Unteroffiziere nur zu einem ganz geringen Teil in den Status des Berufssoldaten übernommen werden können. Warum? Weil wir aus finanziellen Gründen gezwungen waren, die Bundeswehr in ihrer Personalstärke anzuhalten und sie auf 450 000 Mann zu reduzieren.
Wir stellen ja keine überhöhten Forderungen. Wir wollen nur, daß die Mindestforderungen, die in der Regierungsvorlage enthalten sind, nicht durch den Beschluß dieses Hauses beim Vierten Besoldungsänderungsgesetz aus der Welt geschafft werden. Wir wollen, daß hier und heute über diese strukturelle Verbesserung in der Regierungsvorlage entschieden wird, damit die Veränderungen und die Erhöhungen zum 1. Juli Wirklichkeit werden können.
Wir dürfen Sie bitten, unserem Änderungsantrag zuzustimmen, bei dem Sie sich von der Deckungsseite her keine Gedanken über den Vorschlag des Staatssekretärs von Hase hinaus zu machen brauchen.
Meine Damen und Herren, diejenigen, die noch Zwischenfragen stellen wollten und nicht mehr zum Zuge gekommen sind, darf ich bitten, nachher vom Podium aus das Wort zu ergreifen.
Das Wort in der Aussprache über die vier Änderungsanträge hat der Abgeordnete Hübner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Worunter die Aussprache, die wir
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Hübnerheute mittag hier führen, leidet, ist ganz einfach, und das muß ich zu den Anträgen der FDP sagen: alle diese Anträge werden hier heute auf dem falschen Markt gehandelt. Das Unangenehme dabei ist, daß Sie selbst das ganz genau wissen. Sie wissen das deshalb ganz genau, weil Sie die einvernehmlichen Beratungen ebenfalls kennen und wissen, das alles, was heute hier in den Anträgen zusammengefaßt ist, ganz sicher eine Regelung in der zweiten Stufe finden wird, aber erst dann, wenn sie stattfindet, und das wird im Herbst sein. Sie wissen aber genauso, Herr Ollesch, und Sie ganz besonders: wenn auch die Unteroffiziersbesoldung dann in dieser Stufe ihre Regelung auf dem richtigen Markt finden wird, wird Ihr Antrag nicht mehr als Markenartikel der FDP erscheinen, so wie er heute hier — aber auf dem falschen Markt — dazustehen scheint.
Herr Kollege Hübner, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus?
Bitte schön!
Herr Kollege, Sie machten zu Beginn Ihrer Ausführungen die Bemerkung, die FDP bringe ihre Anträge auf den falschen Markt. Ist nicht der Bundestag der absolut richtige Markt, weil hier über die Besoldungsfragen entschieden wird?
Frau Kollegin, ich habe gesagt, „heute und hier" ist nicht der richtige Markt, weil heute eine andere Materie behandelt wird. Ich kann es aber auf Ihren Antrag, den Sie begründet haben, zurückführen und vielleicht sagen, um es juristisch auszudrücken, es ist heute ein untauglicher Versuch, weil die Beratung dessen, was Sie in Ihren Anträgen zusammenfassen, im Herbst stattfinden wird. Wenn Ihnen der Ausdruck „Markt" nicht gefällt, nehmen Sie den des „untauglichen Versuchs" ; in der Sache bleibt es für mich das gleiche.
Herr Abgeordneter Hübner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Mertes?
Bitte!
Herr Kollege, wollen Sie einzelnen Fraktionen oder einzelnen Abgeordneten dieses Hauses das Recht bestreiten, in der zweiten Lesung eines Gesetzentwurfs Änderungsantrage stellen zu können?
Nein, ich will aber der Offentlichkeit sagen, daß es auch Anträge geben kann, die, zum unrechten Zeitpunkt gestellt, nichts weiter als falschen Propagandawert haben.
Gestatten Sie eine zweite Frage des Abgeordneten Mertes?
Ja, gern.
Kann ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie sich als Zensor über Maßnahmen, die von einzelnen Abgeordneten für richtig gehalten werden, aufspielen wollen?
Erstens würde ich sagen, daß ich weder spielen oder aufspielen will. Aber wenn Sie meine Wertung wissen wollen, muß ich Ihnen sagen, daß ich Ihre Anträge heute hier für Fensteranträge halte.
Ich darf aber zur Sache zurückkommen und dazu folgendes sagen. Was heute hier verhandelt wird, ist doch einfach die Tatsache, die zweifellos nicht erfreulich ist, daß die ganze finanzielle Manövriermasse, die wir haben, aus 250 Millionen DM besteht, nämlich nicht aus den vollen 500 Millionen DM, die im Haushalt stehen, denn davon ist die Hälfte ja doch — das weiß jeder — durch die tariflichen Abmachungen verzehrt, die bereits ab 1. Januar dieses Jahres gelten. Nun kam es also darauf an, mit diesen 250 Millionen DM einmal etwas Befriedigendes zu tun, zum zweiten aber auch, zu wissen, daß das, was darüber hinausgehen würde, abgesehen von der finanziellen Begrenzung, zugleich ständig in Gefahr wäre, auf Kollisionskurs zum Bundesrat zu geraten und nicht in einer befriedigenden Regelung, sondern im Vermittlungsausschuß zu landen. Damit wäre den Betroffenen oder den Beteiligten, wie man will, überhaupt nicht geholfen.Sie haben nun gesagt: Schön, nehmen wir doch einzelne Regelungen vorweg. Sie haben ja auch klein angefangen, mit wenigen Beamten des Bundes, die Philologen sind, mit wenigen, die Richter sind, und jetzt erst kommen wir auf viel mehr, auf diejenigen, die Unteroffiziere sind. Sie sagten: Das sollen ja nur Einzelregelungen sein, die nicht viele betreffen. Sie, Herr Ollesch, haben gesagt, wenn man hier strukturelle Verbesserungen durchführe, seien das dennoch keine punktuellen Vergünstigungen für einige. Nun, das ist ein Kunstgriff. Ich würde aber sagen, es kommt ja auch darauf an, wie die anderen das beurteilen, nicht nur darauf, wie Sie das gern sehen möchten.Wenn ich eines in den letzten Jahren, in denen ich mich mit dieser Materie intensiv befaßt habe, gelernt habe, zusätzlich auch noch vertiefend in der Arbeitsgruppe gelernt habe, in der ich auch in der ersten Stufe mitgearbeitet habe, so muß ich Ihnen sagen, daß es nirgends sonst so unheimlich viele Interessen von derart großer Unterschiedlichkeit wie im Beamtenrecht gebt, daß aber trotz dieser Unterschiedlichkeit eine geradezu magnetische Wechselwirkung besteht, diese unterschiedlichen Regelungen nun wieder aufeinander abzustimmen.
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HübnerDas ist die große Schwierigkeit, unter der wir ja ständig bei unseren Verhandlungen stehen. Sie können ja nicht einmal — ich will jetzt überspitzen — an den Leiter eines Gymnasiums in Norddeutschland denken, ohne daß der Leiter eines Instituts in Süddeutschland unruhig wird.
So sind doch die Zusammenhänge. Sie können keine Regelung bei der einen Gruppe treffen, ohne bei der anderen sofort, sagen wir einmal, wenigstens die Lust zum Vergleich — die ich gar nicht bewerten will — heraufzubeschwören. Darum können wir heute an keiner Stelle von dem abweichen, was wir tun wollen, nämlich eine allgemeine lineare Erhöhung vorzunehmen, um das, was in diesem Haushalt drin ist, für alle Betroffenen voll auszuschöpfen und mit den dann noch zu Rate stehenden materiellen Regelungen vor den Haushalt 1969 zu kommen, um dadurch nämlich von vornherein durch Tatsachen, die aus Beratungen entstehen, diesen Haushalt ebenfalls voll seiner eigentlichen Bestimmung zuführen zu können. Das ist es, was wir heute. unternehmen wollen, und kein bißchen mehr.Offenbar wollen Sie heute mit Gewalt die Unteroffiziersbesoldung vorwegnehmen, von der niemand sagt, daß er sie nicht will. Sie meinten, wir müßten auch darauf sehen, was die Betroffenen sagen. Sie sprachen sogar von Staatsverdrossenheit. Das ist eine gefährliche Sache. Die kann man nämlich auch dadurch erzeugen, daß man ständig Zweifel da weckt, wo sie nicht hingehören.
Ich traue dieser Gruppe, den Unteroffizieren, doch zu, daß sie eines erkennt, nämlich daß diese Regelung zusammen mit den anderen Regelungen, in die sie hineingehört, im Herbst getroffen werden muß, daß das aber nun einmal ein langer und beschwerlicher Marsch sein wird, um das Ziel auch wirklich mit allen zusammen, nicht nur mit den Unteroffizieren, erreichen zu können, und daß wir — ich glaube, das werden die Unteroffiziere verstehen — jetzt einmal die Masse, die noch da ist, benutzen, um für den noch kommenden beschwerlichen Marsch zunächst einmal ein Verpflegungsbiwak zu haben, aus dem die Kraft kommt, um dann das Ziel im Herbst erreichen zu können. Ich glaube, das wird man erkennen können.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jung?
Ja, bitte schön!
Herr Kollege, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß die Gefahren, die hier aufgewiesen wurden — Sie sprachen davon im Zusammenhang mit dem Begriff „Staatsverdrossenheit" —, nicht nur von den Freien Demokraten hier im Plenum genannt wurden, sondern daß auch von Regierungsvertretern gestern im Haushaltsausschuß sowie in einem Schreiben eines Ministers an den Haushaltsausschuß besonders darauf hingewiesen wurde?
Ich habe in einem Schreiben des Ministers — das war der Verteidigungsminister — im Innenausschuß nicht den Begriff der Staatsverdrossenheit gefunden, sondern da wurde von einer ernsten Sorge um diese Regelung gesprochen. Ich habe aber auch da schon durch Zwischenruf zu erkennen gegeben, daß ich es begrüßen würde, wenn der Verteidigungsminister aus dieser ernsten Sorge für sich den Schluß ziehen würde, uns für den Herbst rechtzeitig mit Material zu versorgen, das schlüssig ist. Ich denke insbesondere an Regelungen über eine vierte Laufbahn innerhalb der Bundeswehr, die in der Arbeitsgruppe eine große Rolle spielten. Auch das kann man nicht einfach aus dem Zusammenhang reißen.
Ich wollte aber eigentlich schon abschließen und Ihnen nur noch folgendes zu überlegen geben. Selbst wenn wir uns heute entschließen könnten — wir können es nicht —, eine Regelung für die Unteroffiziere vorwegzunehmen, dürfen Sie einfach nicht verkennen, daß sich daraus auch rahmenrechtliche Konsequenzen ergeben. Es müßte dann folgerichtig der Antrag kommen, zu überlegen, in welcher Art und Weise vergleichbare Gruppen — nämlich die Polizei der Länder — zu behandeln wären. An diesem einen Beispiel sehen Sie schon, daß wir zweifellos überfordert wären, wenn wir jetzt heute morgen das Ganze so mit der linken Hand über den Tisch bringen wollten.
Worauf es ankommt, ist folgendes, und ich bin froh, daß Herr Kollege Köppler hier ist: wir sollten der Bundesregierung das, was in der schriftlichen Begründung steht, noch einmal ganz deutlich mit auf den Weg geben. Ich darf es jetzt einmal so sagen: die Bundesregierung sollte die einvernehmlichen Beratungsergebnisse der Arbeitsgruppe, so wie sie jetzt in ihrer Masse und in ihrem Zusammenhang da sind, mit in das hineinnehmen, was sie uns im Herbst als neue Beratungsvorlage vorlegt. Dann können wir ohne größeren Zeitverlust auf der Basis dessen, was schon an Materie besteht, die Dinge zu Ende bringen. Dann werden wir eine Regelung zustande bringen, die — soweit das überhaupt möglich ist — die Betroffenen optimal befriedigt; voll wird das nie möglich sein. Das wissen wir, das ist unser Schicksal. Was Herr Dichgans hierzu gesagt hat, ist geradezu ein goldenes Wort gewesen. Aber wir können eines nicht tun, wir können nicht auf eine Regelung verzichten, die im Herbst möglich ist, und statt dessen heute einen Kurs steuern, der zweifellos in die Sackgasse des. Vermittlungsausschusses führen würde.
Das Wort hat der Abgeordnete Brück.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte von einem Satz ausgehen, den Herr Dr. Miessner bei seiner ersten Rede hier ausgesprochen hat. Er hat gesagt: In vielen Punkten waren sich alle drei Fraktionen einig. Einig waren sich auch alle drei Fraktionen im Innenausschuß darüber, daß jetzt ein
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Brück
viertes Änderungsgesetz verabschiedet werden soll und daß das Zweite Besoldungsneuregelungsgesetz zur Zeit nicht verabschiedet werden kann. Lediglich wurde damals von der FDP der Antrag gestellt, von 4 auf 5 % zu gehen. Aber sonst bestand Einigkeit über den Inhalt des Gesetzes. So ist es ja wohl gewesen, Herr Dr. Miessner.
— Aber das war das, worüber Einigkeit erzielt worden ist.Nun kann man natürlich der Meinung sein, daß man diese und jene Anträge hier stellen muß. Meine Damen und Herren von der FDP, ich kann Ihnen noch einige Anträge leihen, die mir genauso am Herzen liegen wie Ihnen.
— Ich kann Ihnen noch einige leihen.
— Das sind auch Anträge z. B. in Richtung auf die Versorgungsempfänger. Herr Mertes, Sie kennen das Problem vielleicht nicht ganz.
— Herr Kollege Mertes, auch die Betriebsprüfer waren in der Vorlage der Bundesregierung drin. Herr Kollege Mertes, so könnte ich eine ganze Reihe Dinge nennen, über die man sehr ernsthaft hier sprechen könnte und die mit der Sache zu tun haben; das ist uns allen bekannt.Frau Dr. Diemer-Nicolaus — ich möchte ein Wort speziell an Sie richten — hat sich z. B. für die Richter eingesetzt, und der Kollege Mühlhan hat sich für die Philologen eingesetzt. Gerechterweise müßte man dann aber auch folgendes sagen: meine Damen und Herren von der FDP, Sie sitzen, wenn ich mich recht entsinne, immerhin in sechs Landesregierungen. Sie hätten doch auch die Möglichkeit gehabt, da diese Beamten überwiegend Landes-beamte sind, dafür zu sorgen, daß zumindest der Bundesrat eine Empfehlung ausgesprochen hätte. Wir hoffen nun, daß nach diesen intensiven Beratungen auch in unseren Gremien und nach dieser Aussprache der Bundesrat und die Länder, in denen Sie mit dabei sind, für die Zukunft bei der kommenden Stufe wohlwollend zu diesen Fragen stehen. Aber haben Sie doch bitte Verständnis, daß wir heute nicht ja sagen können. Denn in dem Bericht des Haushaltsausschusses steht folgender letzter Satz: „Änderungsanträge mit finanziellen Auswirkungen, die zur zweiten und dritten Beratung eingebracht werden, werden durch diesen Bericht nicht gedeckt." Wir möchten unter gar keinen Umständen im Augenblick dieses Änderungsgesetz in Gefahr bringen.Da ich gerade einen Satz aus dem Bericht des Haushaltsausschusses zitiert habe, möchte ich auch gleich folgendes sagen. Ich war bei den Beratungen dieses Gesetzentwurfs anwesend und ich möchte den Mitgliedern des Haushaltsausschusses auch einmalein Wort des Dankes sagen, daß sie ja gesagt haben.
Es gab doch auch Bedenken. Denken wir doch einmal alle zusammen an die Mitglieder des Haushaltsausschusses! Solange es auf dieser Welt Menschen gibt, die meinen, dieser Staat sei mit einer Kuh vergleichbar, die oben im Himmel gefüttert wird und hier auf Erden nur unablässig gemolken zu werden braucht, werden die Mitglieder des Haushaltsausschusses es immer Schwerhaben; und im letzten, im weitesten Sinne sind wir alle Mitglieder des Haushaltsausschusses.Es hat mich — das möchte ich auch einmal sagen — mit innerer Bitterkeit erfüllt, als Herr Präsident Schoettle, der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, dort ein Telegramm von einer Beamtenorganisation vorlas, das nach meinem Geschmack wirklich von schlechtem Stil ist. Das lehne ich innerlich ab. Ich habe es nun einige Male dort erlebt, daß derartige Schreiben verlesen wurden. Wenn die Betreffenden glauben, das sei der richtige Weg, Wünsche — ich nenne es nicht Forderungen, ich nenne es Wünsche — erfüllt zu bekommen, ich kann das nicht billigen. Wir müssen zur Sachlichkeit zurückfinden. Es geht nicht nach der Methode: Und willst du nicht meiner Meinung sein, dann ist mir jedes Mittel recht. Das sollten wir alle zusammen in dieser schweren Zeit überlegen.Meine Damen und Herren von der FDP, die Änderungsanträge, die Sie gestellt haben, kann man natürlich hier begründen. Es ist auch richtig, daß das eine oder andere in der Vorlage drin war, selbstverständlich. Aber wir stehen vor der Entscheidung, es so oder so zu machen. Ich kann mich im wesentlichen auf die Ausführungen meines Kollegen Wagner beziehen, warum wir diesen Anträgen im Augenblick nicht zustimmen können. Da ist alles wiedergegeben. Wir wollen hoffen, daß möglichst bald die offenstehenden Fragen im Zusammenhang geregelt werden können, und zwar im Einvernehmen mit dem Bundesrat, der hier eine ganz bedeutsame Rolle spielt. Wir von der CDU/CSU können Ihren Anträgen leider nicht zustimmen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dorn.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir bedauern es, Herr Kollege Brück, daß Sie unseren Anträgen nicht zustimmen können. Aber ich glaube, die Frage kann man doch nicht so behandeln, daß Sie sagen — —
— Herr Kollege Schlager, eigentlich dürfte ich auch bei Ihnen dafür bekannt sein, daß ich meine Meinung so sage, wie ich sie denke.
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Dorn— Na, ja, dann brauchen Sie eine solche Bemerkung nicht zu machen. Ich habe bis zum heutigen Tag überhaupt noch nie vor dem Gewerbeverband gesprochen.Ich kann Ihnen nur sagen: was meine Fraktion und ich für sachlich berechtigt und politisch vertretbar halten, werden wir hier vortragen und beantragen unabhängig davon, wie der eine oder andere das innerhalb oder außerhalb dieses Hauses beurteilt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, Herr Kollege Brück hat gesagt, er könnte uns noch einige Anträge leihen. Herr Kollege Brück, ich glaube, in dieser Bemerkung liegt ein innerer Widerspruch zu Ihrer anderen Bemerkung, in der Regierungsvorlage seien auch noch andere Dinge gewesen, die wir nicht aufgegriffen hätten. Da liegt eben unsere Absicht, daß wir gesagt haben: Die Probleme, die aus der Regierungsvorlage für uns auf Grund der Begründung der Bundesregierung von so entscheidender Wichtigkeit sind, greifen wir wieder auf. Sie sind eben unterschiedlich gegenüber den anderen Punkten der Regierungsvorlage zu behandeln, die wir nicht aufgegriffen haben.Ich meine, man kann es auch nicht so einfach mit einer Handbewegung beiseite schieben, wie es der Kollege Hübner getan hat. Er hat gesagt: „Na ja, auch wir haben einen Brief vom Verteidigungsminister bekommen, man kann es hier nicht im Zusammenhang mit der falschen Staatsverdrossenheit behandeln, wie es der Kollege Ollesch vorgetragen hat." Herr Kollege Hübner, ich bin der Meinung, daß hier das Parlament selbst zu einer Vertrauenskrise bei den Betroffenen beiträgt, wenn es im Mai des vergangenen Jahres die Bundesregierung auffordert, in der Frage der Unteroffiziersbesoldung nun endlich etwas zu tun, woraufhin die Bundesregierung zwar eine Vorlage macht, die weitgehend mit dem übereinstimmt, was das Parlament will, das Parlament sie dann aber ändert und sagt: Nein, nicht jetzt, sondern im Herbst. — Ich lasse jetzt keine Zwischenfragen zu, Herr Kollege Hübner; ich möchte zu Ende kommen. Sie können sich nachher melden und hier Ihre Gegenargumente vortragen.
— Ich glaube, der Kollege Ollesch hat eine Vielzahl von Zwischenfragen hier zugelassen. Aber es ist nicht sinnvoll, daß wir das ganze Problem durch Zwischenfragen abhandeln, sondern jeder sollte seine Argumente hier vortragen.
— Ach, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, zu dem Ausschußbericht komme ich gleich; seien Sie unbesorgt!Die Problematik ist doch vom Verteidigungsministerium selbst vorgetragen worden, nicht nur in Briefen des Verteidigungsministers an die Mitglieder des Verteidigungsausschusses, sondern auch an dieFraktionen. Aus dem Verteidigungsministerium kam die Argumentation, daß das Parlament nun endlich glaubwürdig handeln muß. Wie wollen Sie das denn den Unteroffizieren klarmachen, wenn Sie ihnen ein Jahr vorher versprechen, es werde geregelt und die Bundesregierung werde aufgefordert und die Bundesregierung werde dann handeln, und dann das Parlament entscheidet: Nein, es wird jetzt nicht geregelt, während es im gleichen Atemzug verlangt, es solle im Herbst geregelt werden? Sie stellen das hier in Aussicht. Können Sie das den Betroffenen dann noch dauernd klarmachen? Glauben Sie denn, die würden immer wieder daran festhalten, wenn sie eineinhalb Jahre eine solche Behandlung erleben? Wer garantiert ihnen denn dafür, daß das, was Sie jetzt hier sagen, im Herbst auch realisiert wird? Wir haben doch Beispiele genug dafür — für alle Fraktionen, meine Damen und Herren —, daß das, was hier beschlossen wurde, nachher doch nicht so gemacht wurde, wie es in der ursprünglichen Absicht der Fraktionen lag.Damit komme ich zu der Behandlung im Innenausschuß und in der Arbeitsgruppe. Natürlich ist es so, daß der Kollege Miessner für viele seiner Anregungen, die er vorgetragen hat, keine Mehrheit gefunden hat. Er hat sich dann mit dem zufriedengegeben, was erreichbar war.
Er hat dem zugestimmt.
Ich selbst bin in der Innenausschußsitzung nicht gewesen, weil ich andere Termine hatte. Herr Kollege Miessner ist dann in die Fraktion gekommen und hat das vorgetragen. Dann hat die Fraktion — auch auf Grund der Schreiben des Verteidigungsministers an unsere Fraktionskollegen — gesagt: Wir halten zwei, drei Fragen, die in der Regierungsvorlage gewesen sind, für so wichtig, daß sie jetzt schon mitbehandelt werden müssen. Dann hat die Fraktion entschieden und Anträge gestellt, die wir Ihnen hier heute vorlegen.Der Kollege Hübner hat gesagt, wir legten das jetzt nur als reine Propagandaanträge vor. Er hat in einem anderen Zusammenhang gesagt: weil das im Herbst kein Markenartikel der FDP mehr wäre. Herr Kollege Hübner, es scheint Ihnen völlig entgangen zu sein, daß nicht nur jetzt, sondern auch im vergangenen Jahr der Kollege Ollesch sich um dieses Problem in diesem Hause schon sehr ernsthaft bemüht hat, um es einer positiven Regelung zuzuführen, und daß der gleiche Kollege Ollesch bei den Haushaltsberatungen in diesem Jahr erneut versucht hat, dafür eine Mehrheit zu finden, damit das geregelt werden konnte. Immer ist es abgelehnt worden, und zwar aus den verschiedenartigsten Gründen.Dann ist der Einwurf gekommen: Die Finanzmasse war nicht mehr so ausreichend, daß genügend Manövrierfähigkeit vorhanden war, um diese Probleme zu regeln. Sie können sagen, meine Damen und Herren, wie es der Kollege Brück gesagt hat: Warum hat der Staatssekretär von Hase nicht im Innenausschuß diesen Deckungsvorschlag gemacht, warum hat er ihn nur im Haushaltsausschuß ge-
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Dornmacht? Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Auftrag der Bundesregierung — anders kann ich es nicht auffassen — hat er immerhin im entscheidenden Ausschuß einen Deckungsvorschlag gemacht, um dieses Problem zu regeln. Nun kann man doch hier nicht sagen: Wenn das heute geregelt wird, wie die Opposition und die Bundesregierung es zu diesem Zeitpunkt wollen, und wenn die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung stehen, dann handelt es sich um reine Propagandaanträge. Das ist doch eine Argumentation, die mit Sachauseinandersetzung, Herr Kollege Hübner, entschuldigen Sie— ich kenne Sie bisher nur anders —, absolut nichts zu tun hat. So kann man die Dinge nicht behandeln.Nun kommt das Problem, das vom Kollegen Brück angesprochen worden ist: Wenn wir hier heute änderten, würde das Gesetz scheitern, wir würden vor den Parlamentsferien nicht mehr alles verabschiedet bekommen; so habe ich es sinngemäß verstanden.
— Herr Kollege Brück, ich glaube, das Argument kann man doch wirklich wegbekommen, zumindest für einen Teil unserer Anträge, zumindest für den Antrag bezüglich der Unteroffiziere. Denn wenn hier eine eindeutige Deckung vorhanden ist, kann doch in der nächsten Woche, wenn wir in zweiter Lesung den Antrag annehmen, der Haushaltsausschuß eine entsprechende Entscheidung treffen, und dann können wir doch in einer weiteren Beratung des Innenausschusses diese Entscheidung begründen. Dann kann das hier in dritter Lesung so entschieden werden.
Der Redner nimmt keine Fragen an, hat er erklärt.
— Er hat erklärt, daß er keine Frage annimmt. Das ist sein gutes Recht.
Das habe ich vorhin global erklärt. Es tut mir leid: ich kann dann auch von Ihnen keine annehmen.
Meine Damen und Herren, beschränken Sie sich doch darauf, Ihre Argumente von der Rednertribüne vorzubringen; es geht schneller.
Meine Damen und Herren, wir könnten uns ja auch, anstatt uns heute im Innenausschuß über das Ministergesetz unterhalten zu müssen, über diese Frage unterhalten. Aber ich will das jetzt hier gar nicht mehr vertiefen.
Ich bin der Meinung, daß die Anträge, die vorgelegt sind, sachlich begründet sind. Es wäre gut, wenn Sie diesen Anträgen Ihre Zustimmung nicht versagten. Sie würden mit Sicherheit bei einem großen Teil der Anträge auch der Bundesregierung und ihren Vorstellungen sehr entgegenkommen.
Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Verlauf der Debatte veranlaßt mich, für den Bundesminister der Finanzen zwei Bemerkungen zu machen.Erste Bemerkung. Ich möchte mich jetzt nicht mit der Frage auseinandersetzen, inwieweit die Regierungsvorlage, die einmal eingebracht worden ist, heute noch Bestand hat. Ich möchte nur feststellen, daß die eingebrachten Änderungsanträge ein zusätzliches Volumen von rund 54 bis 56 Millionen DM für ein halbes Jahr beinhalten. Gleichzeitig muß man die Auswirkungen für das nächste Jahr, 1969, berücksichtigen.Zweite Bemerkung. Der Bundestag selber sollte nach all dem, was. wir in den Jahren 1964 und 1965 erlebt haben, selber ein Interesse daran haben, daß, wenn Mehrausgaben beschlossen werden sollen, auch Deckungsvorschläge gemacht werden. Wenn hier eingewandt wurde, daß bei Gesetzen, die wir gestern in erster Lesung behandelt haben, ein Dekkungsvorschlag nicht verlangt worden sei, dann muß ich darauf hinweisen, daß dort besondere Umstände vorliegen.
Angesichts des hohen nationalen Ranges jener Fragen, der Notwendigkeit, möglichst rasch eine Entscheidung zu fällen, und der erwarteten Effektivität konnte die Regierung es dem Parlament nicht zumuten, insoweit Deckungsvorschläge zu machen.
— Ich rede hier doch wirklich nur sachlich, nicht polemisch. — Ich hoffe aber, daß bei den Beratungen, die in den Ausschüssen ja noch stattfinden, sowohl von der Regierung als auch vom Parlament Anregungen gegeben werden, wie wir das meistern können. Im übrigen sollte uns gerade die Tatsache, daß wir in jener Frage von hohem nationalem Rang helfen und entsprechende Mehrausgaben leisten müssen, veranlassen, in anderen Bereichen erst recht sorgfältig zu prüfen und Möglichkeiten für einen Ausgleich zu suchen.Die Regierungsvorlage, im Kabinett verabschiedet auf Grund der im Haushalt 1968 vom Bundestag bereitgestellten Mittel, sah für diesen Gesetzentwurf ein finanzielles Volumen von rund 250 Millionen DM vor. Die Vorlage, die jetzt verabschiedet werden soll, beinhaltet ein finanzielles Volumen von rund 283 Millionen DM. Es war möglich, für das Mehr von 33 Millionen DM eine Deckung aufzuzeigen, wobei
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Parlamentarischer Staatssekretär Leichtnur ein Betrag von rund 12 Millionen DM durch Sparmaßnahmen im personellen Sektor hereingeholt werden mußte. Für 1969 wäre nach der Regierungsvorlage ein Mehraufwand von 500 Millionen DM erforderlich gewesen. Wird der Gesetzentwurf in der Fassung des Innenausschusses verabschiedet, so beträgt das finanzielle Volumen rund 620 Millionen DM. Das bedeutet unter anderem — und darauf mache ich zum Schluß aufmerksam —, daß das Mehr von rund 120 Millionen DM zunächst einmal von dem abgeht, was wir in der mittelfristigen Finanzplanung auf diesem Gebiet vorgesehen haben.
Meine Damen und Herren, wird noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann kann ich die Aussprache über die Änderungsanträge abschließen.
Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zunächst über den Antrag der Fraktion der Freien Demokraten auf Umdruck 502, der die Einfügung eines Art. II a vorsieht. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich komme nunmehr zum Änderungsantrag der Fraktion der Freien Demokraten auf Umdruck 499, nach dem in das Gesetz ein Art. II b eingefügt werden soll. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich komme zum Änderungsantrag der Fraktion der Freien Demokraten auf Umdruck 500, nach dem in das Gesetz ein Art. II c eingfügt werden soll. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich komme zum Änderungsantrag der Fraktion der Freien Demokraten auf Umdruck 501, nach dem in das Gesetz ein Art. II d eingefügt werden soll. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit derselben Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe nunmehr Art. III und Art. IV auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Ich rufe den Art. V und zugleich den Änderungsantrag der Fraktion der Freien Demokraten auf Umdruck 498 *) auf. Ich erteile das Wort zur Begründung dem Abgeordneten Dr. Miessner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier handelt es sich um die zeitliche Verzögerung von einem Vierteljahr, mit der die Verbesserungen für die Versorgungsempfänger in Kraft gesetzt werden sollen. Die Versor*) Siehe Anlage 6
gungsempfänger gehören ja nun einmal zu denjenigen Beamten, die in den letzten Jahren fortwährend dadurch benachteiligt waren, daß besoldungsrechtliche Verbesserungen in indirekter Form, nämlich durch strukturelle, generelle Maßnahmen oder durch individuelle Stellenhebungen, erfolgten, an denen sie nicht beteiligt waren. So gesehen ist der gesetzlich vorgesehene Pensionssatz von 75 % der aktiven Bezüge zum Teil nur noch eine Fiktion, jedenfalls für diejenigen Beamten, die bereits vor einigen Jahren pensioniert wurden und die diese generellen oder individuellen Verbesserungen der letzten Jahre als aktive Beamte nicht mehr mitgemacht haben.
Der Bundestag selbst hat das Problem bereits vor Jahresfrist erkannt und in einer Entschließung von damals auf die Dringlichkeit entsprechender Regelungen für die Pensionäre hingewiesen. Damit ist nun in diesem Gesetz ein guter Anfang gemacht worden. Das ist erfreulich. Besonders zu begrüßen ist, daß die Regierungsvorlage hinsichtlich der erforderlichen Zeiten der Versorgung aus dem ersten Beförderungsamt erheblich verbessert wurde und daß diese Regelung uneingeschränkt auch für alle Aufstiegsbeamten gilt, was ja bekanntlich in der Regierungsvorlage erstaunlicherweise nicht vorgesehen war.
Um so bedauerlicher ist es, daß diese seit langem, wenn ich so sagen darf, überfälligen Verbesserungen nun mit einer zeitlichen Verzögerung von einem Vierteljahr, also erst am 1. Oktober, in Kraft treten sollen. Das erscheint uns gegenüber den Betroffenen in Anbetracht der geschilderten Situation auch aus der Vergangenheit als eine fast nicht mehr tragbare Zumutung.
Wir haben daher bereits im Ausschuß — insofern darf ich Herrn Brück korrigieren — den Antrag gestellt, diesen Teil des Gesetzes zum gleichen Termin wie das Gesetz im übrigen, nämlich am 1. Juli, in Kraft treten zu lassen, und wiederholen diesen Antrag heute hier im Plenum. Wir bitten um Zustimmung zu diesem Antrag.
Das Wort hat der Abgeordneter Wagner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei Verwirklichung des von der FDP vorgelegten Antrags auf Umdruck 498 würde der finanzielle Rahmen, der uns einfach durch den Haushalt gesetzt ist, überschritten. Wir bedauern deshalb, daß wir ihm nicht zustimmen können. Unter Hinweis auf die Ausführungen meines Kollegen Brück bitte ich, den Antrag abzulehnen.
Wird des weiteren das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich lasse über den Änderungsantrag der Fraktion der Freien Demokraten auf Umdruck 498, dem Art. V eine neue Fassung zu geben, abstimmen. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein
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Vizepräsident Dr. JaegerHandzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit großer Mehrheit abgelehnt.Ich lasse nunmehr über Art. V in der Ausschußfassung abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.Ich lasse abstimmen über Einleitung und Überschrift. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist so beschlossen.Damit komme ich zurdritten Beratungund eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Innern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung begrüßt es, daß die Bezüge der Beamten und Richter des Bundes sowie der Soldaten einschließlich der Versorgungsempfänger durch das nunmehr in zweiter Lesung verabschiedete Vierte Besoldungsänderungsgesetz der allgemeinen Einkommensentwicklung weiter angepaßt und aufgebessert werden. Über seinen Geltungsbereich hinaus wird sich das Gesetz mittelbar auch zugunsten der Beamten der Länder und der Gemeinden auswirken; denn die Mehrzahl der Länder wartet auf die Verabschiedung dieses Gesetzes, um für ihre Bereiche entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen einzuleiten.Die Tatsache freilich, daß das Gesetz, abgesehen von den strukturellen Maßnahmen für die Versorgungsempfänger ab 1. Oktober, keine Neuregelungsmaßnahmen im Sinne der echten Neuordnung des Besoldungsrechts und einer Harmonisierung enthält, stellt die Bundesregierung und das Parlament — das ist aus der Debatte klar geworden — vor eine neue Situation und vor eine nicht leicht zu lösende Aufgabe.Sie erinnern sich dessen, was Bundesinnenminister Benda aus Anlaß der Haushaltsberatungen am 3. April dieses Jahres dem Hohen Hause auf Fragen zur Besoldungssituation erklärt hatte, nämlich, der Bundesminister des Innern werde vorbehaltlich der Entscheidung der Bundesregierung in der Lage sein, in diesem Jahr den Entwurf eines Dritten Besoldungsneuregelungsgesetzes vorzulegen, dies allerdings unter der Voraussetzung, daß das Zweite Besoldungsneuregelungsgesetz durch den Bundestag noch bis zum Beginn der Sommerpause verabschiedet werde. Diese Voraussetzung konnte nunmehr nicht erfüllt werden.Statt dessen weist der vorliegende Entschließungsantrag einen anderen Weg. Der Bundesminister des Innern ist zu diesem Weg bereit. Ich begrüße dankbar die sich aus diesem Entschließungsantrag ergebende Bereitschaft des Hohen Hauses, sich in verhältnismäßig kurzer Zeit, nämlich schon in wenigen Monaten, erneut mit der Besoldungsneuregelung und der Harmonisierung zu befassen.Für -die in dem Entschließungsantrag angesprochene weitere Stufe der Besoldungsneuregelung haben die Beratungen — und insofern darf ich den Appell des Kollegen Hübner aufnehmen —, die die vom Innenausschuß in der Behandlung des Entwurfs des Zweiten Neuregelungsgesetzes eingesetzte Arbeitsgruppe für diesen Entwurf geführt hat, wertvolle Überlegungen und Hinweise erbracht, und an dieses Konzept wird bei der weiteren Arbeit an der Neuregelung angeknüpft werden können.In diesem Zusammenhang glaube ich auch sagen zu dürfen, daß das, was der Kollege Dr. Wuermeling, der offenbar verhindert ist, unseren Beratungen hier noch beizuwohnen, vorgetragen hat, mit Gegenstand der Beratungen sein sollte. Eine weitere familiengerechte Ausgestaltung der Ortszuschlagstabelle ist eine Strukturveränderung, die nur im Zusammenhang mit den beabsichtigten grundsätzlichen Neuregelungen vorgenommen werden sollte. Das allerdings sollten wir beachten. Insoweit werden Überlegungen für weitere Neuregelungsmaßnahmen bereits heute angeschnitten.So bedauerlich die Zurückstellung der ursprünglich für dieses Gesetz vorgesehenen strukturellen Maßnahmen zugunsten einer vorerst allgemeinen linearen Anhebung auch sein mag, meine Damen und Herren, so unverkennbar hat sie doch auch einen Vorzug. Sie ermöglicht es nämlich, unter Zugrundelegung der bisherigen Arbeitsergebnisse ein weiterreichendes und geschlosseneres Gesamtkonzept vorzulegen. Hierfür wird sich der Bundesminister des Innern sowohl im Interesse der Beamtenschaft selbst als auch im Interesse der dringend notwendigen Konsolidierung auf diesem Gebiet mit Nachdruck einsetzen. Die Vorarbeiten dafür -sind bereits im Gange, sie brauchen nicht erst aufgenommen zu werden.
Die Erfahrungen der letzten Monate haben gezeigt, wie schwer eine Lösung sein wird, die den Interessen aller Gruppen und aller Fachsparten der öffentlich Bediensteten mit dem Ziele einer wenigstens einigermaßen ausgeglichenen und ausgewogenen Ordnung Rechnung trägt. All diesen Gruppen möchte ich dies versichern: Der Bundesregierung liegt daran, ein allseits als gerecht empfundenes Ziel zu erreichen. Nur ein Ausgleich zwischen den Interessen der verschiedenen Gruppen kann zur Konsolidierung und zu einer haltbaren Neuordnung führen.Lassen Sie mich aber auch mit allem Nachdruck und mit allem Ernst sagen: Diese Strukturmaßnahmen, sowohl die jetzt zurückgestellten als auch die, die Sie von der Bundesregierung bei Vorlage des nächsten Gesetzentwurfs in wenigen Monaten erwarten, werden erhebliche finanzielle Anforderungen an den Bundeshaushalt der nächsten Jahre stellen. An alle Beteiligten und alle auf diesem Gebiet Verantwortlichen habe ich die Bitte: Tragen Sie dazu bei, im Rahmen des Möglichen und des Verantwortbaren die Voraussetzungen für die Gesetzesvorlage, die in dem Entschließungsantrag gefordert
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Parlamentarischer Staatssekretär Köpplerwird, zu schaffen. An die Länder richtet in diesem Zusammenhang die Bundesregierung die Bitte — und sie unterstreicht das, was auch vom Kollegen Wagner in der Aussprache gesagt worden ist —, sich bei ihren Anpassungsgesetzen im Rahmen der neuen Besoldungstabelle zu halten und in der Zwischenzeit auch keine sonstigen Maßnahmen zu treffen, die das für Bund und Länder gemeinsame Ziel der Zusammenführung gefährden und beeinträchtigen können.Zum Schluß, meine Damen und Herren: Mit Befriedigung habe ich aus dem Bericht des Herrn Berichterstatters entnommen, daß auch der Innenausschuß des Hohen Hauses die beabsichtigte Änderung des Art. 75 des Grundgesetzes und die damit verbundene Erweiterung der verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten des Bundes weiterhin als dringlich ansieht. Auch diese Auffassung wird der Bundesregierung die alsbaldige termin- und fristgerechte Einbringung der erwarteten Gesetzesvorlage erleichtern.
Meine Damen und Herren, zur allgemeinen Aussprache der dritten Lesung habe ich bereits eine ganze Rednerliste. Da wir wegen der Bedeutung der Sache ausnahmsweise bereits in der zweiten Lesung eine allgemeine Aussprache hatten, möchte ich im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit und mit dem Wunsch, daß wir die ganze Tagesordnung noch erledigen, alle Redner bitten, sich kurz zu fassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Wagner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Fraktionen der CDU/ CSU und SPD möchte ich zur dritten Lesung nur eine ganz kurze Bemerkung anfügen. CDU/CSU und SPD hoffen, daß es den Ländern möglich ist, die Regelungen des vorliegenden Gesetzes auch auf den Bereich der Landesbeamten auszudehnen. Wir gehen hierbei von der Erwartung aus, daß dabei der gesteckte Rahmen nicht überschritten wird und das mühselige Bemühen um die Harmonisierung der Besoldung in Bund, Ländern und Gemeinden nicht beeinträchtigt und gefährdet wird.
Wir halten an unserem Ziel fest, die Harmonisierung noch in dieser Periode, also im Jahre 1969, zum Abschluß zu bringen. Ob dies möglich ist, ist in ganz entscheidendem Maße davon abhängig, daß die erforderlichen Vorlagen rechtzeitig dem Bundestag vorgelegt werden. Ich wiederhole deshalb meine Bitte an die Bundesregierung, die Regierungsvorlage zum nächsten Neuregelungsgesetz unmittelbar im Anschluß an die Sommerpause des Deutschen Bundestages diesem Hohen Hause zuzuleiten.
Namens der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD kann ich erklären, daß wir dem Vierten Änderungsgesetz zum Besoldungsgesetz insgesamt zustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Miessner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der FDP-Fraktion erkläre ich folgendes. Die FDP erwartet, daß die Bundesregierung sehr bald ein neues Besoldungsneuregelungsgesetz vorlegt, das die heute abgelehnten Anträge einbezieht, eine allgemeine Nivellierung vermeidet und auch keine Harmonisierung nach unten bedeutet. Trotz ihrer Enttäuschung über die abgelehnten Anträge wird die FDP-Fraktion dem Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes zustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der heutigen Aussprache ist klargeworden, daß wir dem Ziel, in dieser Legislaturperiode eine Gesamtneuordnung der Beamtenbesoldung vorzunehmen, nach wie vor zustreben. Die Erreichung des Ziels hängt davon ab, daß die Vorlagen der Bundesregierung hier rechtzeitig eingebracht werden und, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, daß auch die Länder in den schwierigen Fragen kooperativ mit der Bundesregierung zusammenarbeiten und daß es darüber hinaus — das hat Herr Staatssekretär Leicht hier deutlich gemacht — auch gelingt, die finanzielle Grundlage für die Erfüllung dieser Aufgabe sicherzustellen. Wir halten an dieser für den öffentlichen Dienst und damit für unser Land so entscheidenden Aufgabe der Neuordnung fest.Meine Damen und Herren, ich muß hier noch eine Bemerkung machen, weil in den letzten Tagen eine gewisse, ich muß schon sagen, Verwilderung auch der Methoden des — legitimen — Kampfes einzelner Unterverbände um die Entscheidungen des Parlaments eingetreten ist. Wenn beispielsweise für den Personenkreis der Unteroffiziere Männer im Range eines Oberstleutnants und andere erklären, der Innenausschuß habe die Vorschläge der Bundes regierung zu Fall gebracht, so ist das einfach unwahr. Meine Damen und Herren, nach dem, was ich von dem Kollegen Ollesch hier gehört habe, wundere ich mich allerdings nicht. Wenn Parlamentarier die Dinge schon so verzerrt darstellen, kann ich von den Herren draußen ja nicht verlangen, daß sie eine bessere Gesamtübersicht haben.Herr Kollege Ollesch, es ist das Recht der Opposition, hier Anträge zu stellen; es ist sogar Ihre Pflicht. Aber es ist auch Pflicht derjenigen, die die Regierung tragen, zu sagen, daß erstens für diese Anträge keine Deckung da ist, daß die Anträge zweitens den Gesamtzusammenhang nicht beachten, daß drittens hier die vorgesehene Gesamtneuordnung von uns unverändert angestrebt wird und daß viertens dort, wo die Sachentscheidungen gefallen sind, Ihre Fraktion mit der Lösung, die heute die Regierungsparteien vorgetragen haben, einverstanden war.
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Schmitt-VockenhausenMeine Damen und Herren, die Fraktion der SPD stimmt der Vorlage zu.
Wird noch das Wort begehrt? — Herr Abgeordneter Dr. Wuermeling!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich nur eben dem Haus entschuldigen, daß ich diese Beratung hatte verlassen müssen, weil ich in einer bestimmten Angelegenheit herausgerufen wurde. Es bleibt bei der von mir angekündigten Stimmenthaltung in der Schlußabstimmung.
Wird des weiteren das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, damit schließe ich die allgemeine Aussprache und komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. — Enthaltungen? — Enthaltung des Abgeordneten Dr. Wuermeling. Der Gesetzentwurf ist angenommen.
Ich komme damit zu Nr. 2 des Ausschußantrages, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären, soweit sie die in dem anliegenden Entwurf erfaßten Sachgebiete betreffen. Widerspruch erfolgt nicht. — Es ist so beschlossen.
Ich komme zu Nr. 3 des Ausschußantrages. Der Entschließungsantrag liegt Ihnen vor. Wer dem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Dann rufe ich den dritten Punkt der heutigen, an sich Punkt 5 der gemeinsamen Tagesordnung auf:
a) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Angestelltenversicherungsgesetzes
— Drucksache V/2880 —
b) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Angestelltenversicherungsgesetzes und des Reichsknappschaftsgesetzes
— Drucksache V/2960 —
Die Fraktion der CDU/CSU verzichtet im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit auf eine Begründung.
In der Aussprache hat der Abgeordnete Spitzmüller das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich habe volles Verständnis dafür, daß die antragstellende Fraktion — nicht nur mit Rücksicht auf die fortgeschrittene Zeit — auf die Begründung dieser Anträge verzichtet. Ich bitte aber auch um Verständnis dafür, daß wir als Opposition natürlich diese Gelegenheit, wenigstens einige Anmerkungen zu den vorgelegten Gesetzentwürfen zu machen, nicht ganz vorbeigehen lassen können. Die Gesetzesänderungen sind in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert.Im Prinzip handelt es sich um nichts anderes als um zwei Härtenovellen zu dem Finanzänderungsgesetz dieser Koalition vom Dezember 1967. Wenige Monate nach der Verabschiedung wird durch die Unterschrift „Dr. Barzel und Fraktion" bereits bestätigt, was wir Freien Demokraten damals gesagt haben, nämlich daß dieses „Koalitionswerk" einem der Partner schon als reparaturbedürftig erscheint.Meine Damen und Herren, keiner dieser Gesetzentwürfe wäre überhaupt nötig geworden, wenn die Koalitionsfraktionen oder die Mehrheit dem FDP-Vorschlag gefolgt wäre, rechtzeitig — und das heißt: frühzeitiger und ausreichender — das Finanzänderungsgesetz zu beraten. Keiner dieser Gesetzentwürfe wäre notwendig geworden, wenn die Koalitionsfraktionen unseren Änderungsanträgen gefolgt wären.Überraschend ist bei diesen beiden Änderungsanträgen der CDU/CSU zum Finanzänderungsgesetz, daß sie vom 7. Mai und vom 29. Mai dieses Jahres datieren, obwohl sie denselben Problemkreis umfassen. Es ist daraus der Schluß zu ziehen, daß, wo Reparaturen notwendig sind, die Erkenntnis nur langsam tröpfelt. Sicherlich hat zu dieser Erkenntnis auch die Stellungnahme des bekannten Frankfurter Rechtsanwalts Dr. Wilhelmi einiges beigetragen, was wir hier besonders vermerken möchten.Die weitere Behandlung dieser beiden Gesetzentwürfe in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages wird für uns als Opposition und für eine breite deutsche Öffentlichkeit ein Test sein — bitte verzeihen Sie, wenn ich nun ein bißchen hart werden muß — für die Glaubwürdigkeit der CDU als Fraktion und der Unterschrift ihres Vorsitzenden. Denn wir haben ein wenig Zweifel, ob diese Entwürfe nicht das gleiche Schicksal erleiden werden wie beispielsweise der CDU-Entwurf zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, das im Ausschuß ja sehr zögerlich und schleppend behandelt wird.Der Gesetzentwurf Drucksache V/2880 in der vorgelegten Fassung wird die bestehenden Rechtsunsicherheiten. im Hinblick auf die Abgrenzung des Kreises der Angestellten nach unserer Meinung nur bedingt beseitigen. Er wird daher auch der grundsätzlichen Problematik, die dahintersteckt, nur teilweise gerecht. Wir werden im Ausschuß darüber zu sprechen haben. Das gleiche gilt für den Gesetzentwurf Drucksache V/2960.Die FPD-Fraktion hatte bereits im März durch eine Kleine Anfrage darauf hingewiesen, daß eine Benachteiligung bestimmter deutscher Angestellter, die im Ausland beschäftigt sind, im Hinblick auf die Befreiungsmöglichkeiten von der Versicherungspflicht besteht. Die völlig negative Einstellung der Bundesregierung gegenüber dieser Gruppe ist aus der Antwort in Drucksache V/2836 zu ersehen. An-
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Spitzmüllergeblich entsprach diese negative Haltung damals dem Koalitionswillen. Um so mehr freuen wir uns heute, daß zumindest die CDU die Unzulänglichkeit der Beschlußfassung vom Dezember 1967 teilweise einsieht. Wir werden auch diese Frage im Ausschuß zum Anlaß nehmen, einige damit zusammenhängende Fragen gründlich zu erörtern.Bei beiden Gesetzentwürfen zeigt es sich, daß die Koalitionsfraktionen nicht gut beraten waren, als sie sich ohne die nötige kritische Einstellung auf die Beschlüsse und Vorstellungen ihres Kabinetts im Dezember zeitlich und inhaltlich voll eingelassen haben. Wenn diese beiden CDU-Gesetzentwürfe ihren vorgesehenen Zweck erfüllen sollen, ist es erforderlich, daß sie unverzüglich in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages beraten werden. Nur auf diese Weise ist die vorhandene Rechtsunsicherheit umgehend zu beseitigen, die infolge der derzeitigen widersprüchlichen Auffassungen über den Kreis der versicherungspflichtigen Angestellten bestehen.Auch für die im Ausland beschäftigten Angestellten ist es von großer Bedeutung, zu wissen, was in der Zukunft sein wird. Wir bitten also die antragstellende Fraktion, ihr Gewicht in die Waagschale zuwerfen, damit die Anträge, die sie heute in erster Lesung eingebracht hat, in den zuständigen Ausschüssen auch zügig beraten werden. Das ist unser Wunsch zur ersten Lesung.
Das Wort wird weiter nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf zu a) zu überweisen an den Ausschuß für Sozialpolitik — federführend —, zur Mitberatung an den Ausschuß für Arbeit, den Gesetzentwurf zu b) an den Ausschuß für Sozialpolitik — federführend — und zur Mitberatung sowie gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Dienstag, den 25. Juni, 14.30 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.