Protokoll:
5173

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 5

  • date_rangeSitzungsnummer: 173

  • date_rangeDatum: 10. Mai 1968

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:02 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:14 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 173. Sitzung Bonn, den 10. Mai 1968 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg Hörauf 9247 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . 9247 A Amtliche Mitteilungen 9247 A Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über technische Arbeitsmittel (Drucksache V/2886) Junghans (SPD) 9247 D Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über eine Statistik der Einkommen- und Körperschaftsteuererklärungen (Drucksache V/2887) Wertz, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 9248 A D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 9248 C Ravens (SPD) . . . . . . . 9248 C Frau Funcke (FDP) 9248 D Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) (Drucksache V/2888) in Verbindung mit dem Mündlichen Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (EGOWiG) (Drucksache V/2889) Dr. Heinsen, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg 9249 A Fragestunde (Drucksachen V/2868, V/2885, V/2890) Fragen des Abg. Fellermaier: Margarinesteuer Höcherl, Bundesminister 9250 C Fellermaier (SPD) . . . . . . 9251 A Frau Meermann (SPD) 9251 D Kriedemann (SPD) . . . . . . 9252 A Dr. Mommer (SPD) . . . . . . 9252 C Bading (SPD) 9252 D Logemann (FDP) . . . . . . . 9253 B Ravens (SPD) . . . . . . . . 9253 B Ertl (FDP) . . . . . . . . . 9253 D Kurlbaum (SPD) . . . . . . . 9254 A Fragen der Abg. Schulte und Dr. Frerichs: Zu dem „Sternmarsch auf Bonn" durch das „Kuratorium Notstand der Demokratie" verbreitete Parolen — Stellungnahme der Bundesregierung zu der Argumentation der Organisatoren Benda, Bundesminister . . . . 9254 B Schulte (SPD) 9255 A Matthöfer (SPD) . . . . . . . 9255 B Busse (Herford) (FDP) . . . . . 9255 C II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 Frage des Abg. Hauser (Bad Godesberg) : Stellungnahme der Bundesregierung zu der beabsichtigten Notstandsdemonstration Benda, Bundesminister 9256 A Hauser (Bad Godesberg) (CDU/CSU) 9256 C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 9257 A Haase (Kassel) (CDU/CSU) . . . . 9257 B Matthöfer (SPD) . . . . . . . 9257 C Baier (CDU/CSU) 9258 A Frau Kalinke (CDU/CSU) . . . 9258 A Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 9258 B Frage der Abg. Frau Enseling: Aufklärung der Bevölkerung über die beabsichtigte Notstandsgesetzgebung Benda, Bundesminister 9258 C Frau Enseling (CDU/CSU) . . . 9259.A Dr. Mommer (SPD) 9259 B Ott (CDU/CSU) 9259 C Genscher (FDP) . . . . . . . 9259 D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 9259 D D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 9260 A Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 9260 B Fragen des Abg. Lenders: Propaganda der griechischen Militärregierung in der Bundesrepublik durch Verbreitung der Wochenzeitung der griechischen Streitkräfte „Militärische Nachrichten" in Betrieben und griechischen Betreuungszentren 9260 C Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Entwurf eines Konsulargesetzes Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 9260 D Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 9261 A Fragen des Abg. Dr. Besold: Geschäfte des Hans Hermann Weyer, Feldafing, mit Konsultiteln ausländischer Staaten — Seine angebliche Bestellung durch die bolivianische Regierung zum Konsul für Luxemburg Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 9261 B Dr. Besold (CDU/CSU) 9261 D Moersch (FDP) 9262 A Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) . . 9262 C Frage des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern) : Adäquate Gegenmaßnahmen gegen das Durchreiseverbot der Sowjetzonenbehörden für Bundesminister und höhere Beamte Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär 9262 C Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 9263 B Zur Geschäftsordnung Frehsee (SPD) 9263 D D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 9263 D Aktuelle Stunde „Sternmarsch auf Bonn" am 11. Mai 1968 Dr. Even (CDU/CSU) 9263 D Benda, Bundesminister 9264 C Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister 9265 D D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 9267 C Nellen (SPD) . . . . . . . . 9267 C Busse (Herford) (FDP) 9268 C Hauser (Bad Godesberg) (CDU/CSU) 9270 A Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . 9270 D Dorn (FDP) 9271 D Dr. Wörner (CDU/CSU) . . . . 9272 C Metzger (SPD) 9273 C Mischnick (FDP) 9274 D Dr. Jaeger, Vizepräsident . . . 9275 D Damm (CDU/CSU) 9275 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Mehrwertsteuer) (Drucksache V/2833) — Erste Beratung Frau Funcke (FDP) . . . 9277 A, 9281 B Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 9280 A Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Antrag der Fraktion der FDP zur Großen Anfrage der Fraktion der FDP betreffend die Lage der Landwirtschaft (Umdruck 300, Drucksache V/2589) in Verbindung mit Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO über den Antrag der Fraktion der FDP zur Großen Anfrage der Fraktion der FDP betreffend die Lage der Landwirtschaft (Drucksache 2590) Logemann (FDP) 9282 A Höcherl, Bundesminister . . . . 9285 A Ertl (FDP) ......... 9289 A Nächste Sitzung 9289 D Anlagen 9291 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 9247 173. Sitzung Bonn, den 10. Mai 1968 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 169. Sitzung, Seite 8998 D, Zeile 11 statt beschreiben: bestreiten. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 10.5. Dr. Apel ** 10. 5. Arendt (Wattenscheid) 10.5. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 10. 5. Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 10. 5. Bals 17. 5. Bauer (Würzburg) * 11. 5. Prinz von Bayern 10. 5. Behrendt ** 10. 5. Berberich 10. 5. Bergmann ** 10. 5. Berkhan * 11.5. Blachstein * 11. 5. Blumenfeld * 11. 5. Borm 10. 5. Brese 10. 5. Brück (Holz) * 11.5. Burgemeister 11. 5. Dr. Conring 10. 5. Corterier ** 10. 5. Cramer 20. 5. Deringer 10. 5. Dichgans ** 10. 5. Diekmann 20. 5. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 10. 5. Dr. Dittrich ** 10. 5. Draeger * 11.5. Frau Dr. Elsner 11. 5. Enk 31.5. Flämig * 11.5. Dr. Frey 30. 6. Dr. Furler* 11. 5. Frau Geisendörfer 10. 5. Dr. Giulini 10. 5. Haehser 10. 5. Haage (München) 10.5. Hamacher 11. 5. Frau Herklotz * 11. 5. Herold * 11.5. Hilbert * 11.5. Hörauf 10. 5. Hörmann (Freiburg) 10. 5. Hösl * 11.5. Frau Dr. Hubert 1. 7. Hufnagel 11.5. Illerhaus ** 10. 5. Kahn-Ackermann * 11. 5. Dr. Kempfler * 11. 5. Frau Klee * 11.5. Dr. Kliesing (Honnef) * 11. 5. Klinker ** 10. 5. Dr. Koch 10. 5. Dr. Kopf * 11.5. Kunze 1. 6. Lautenschlager ** 10. 5. Lemmrich * 11. 5. Lenz (Brühl) ** 10. 5. Lenze (Attendorn) * 11. 5. Frau Lösche 17. 5. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Lohmer 10. 5. Lücker (München) ** 10. 5. Dr. Martin 10. 5. Mauk ** 10. 5. Frau Dr. Maxsein * 11. 5. Memmel *' 10. 5. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 10. 5. Dr. von Merkatz * 11. 5. Müller (Aachen-Land) 10. 5. Dr. Müller (München) * 11. 5. Neumann (Berlin) 17. 5. Frau Pitz-Savelsberg * 11. 5. Pöhler * 11.5. Porsch 10. 5. Rawe 10. 5. Reichmann 10. 5. Richter * 11.5. Riedel (Frankfurt) ** 10. 5. Dr. Rinderspacher * 11. 5. Dr. Rutschke * 11.5. Sander * 11.5. Dr. Schmidt (Offenbach) * 11. 5. Schmidt (Würgendorf)* 11. 5. Schröder (Sellstedt) 10. 5. Schulhoff 10. 5. Dr. Schulz (Berlin) 25. 5. Frau Dr. Schwarzhaupt 10. 5. Seibert 10. 5. Dr. Serres * 11.5. Spitzmüller 10. 5. Springorum ** 10. 5. Dr. Starke (Franken) ** 10. 5. Steinhoff 15. 5. Stingl 11.5. Unertl 10. 5. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell * 11. 5. Vogt * 11.5. Dr. Wahl * 11.5. Frau Dr. Wex 10. 5. Wienand * 11. 5. * Für die Teilnahme an einer Tagung der Beratenden Versammlung des Europarats ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Weigl (Drucksache V/2868 Frage 6) : Was gedenkt das Bundesgesundheitsministerium zu tun, um unter Anwendung der bestehenden Gesetze den deutschen Verbraucher vor der Einfuhr tbc-verseuchter Molkereiprodukte aus anderen EWG- und Drittländern ausreichend zu schützen? Importierte Produkte unterliegen nach § 21 des Lebensmittelgesetzes den deutschen lebensmittelrechtlichen Vorschriften, wonach gesundheitsschädliche Lebensmittel nicht in den Verkehr gebracht 9292 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 werden dürfen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Einfuhren aus EWG- wie auch aus Drittländern. Der Einführer ist für die Beachtung dieser Vorschriften im Zeitpunkt ihres Verbringens in die Bundesrepublik verantwortlich. Den für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Stellen obliegt es, die Einhaltung der Vorschriften zu kontrollieren. Dein BMGes ist bisher kein Fall des Nachweises von Tuberkelbakterien in importierten Molkereiprodukten bekanntgeworden. Die Länder sind aber erst kürzlich nochmals gebeten worden, das besondere Augenmerk der Überwachungsorgane hierauf zu lenken. Von der EWG werden z. Z. entsprechende einheitliche Hygienenormen vorbereitet, die dann natürlich auch für Drittländer gelten. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Drucksache V/2868 Frage 7) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung von Medizinern, beim Bundesgesundheitsamt zu erwirken, daß die bisher frei verkäuflichen Schlafmittel Noludar und Adalin künftig unter Rozeptzwang gestellt werden? Die Frage, ob bisher nicht rezeptpflichtige Schlaf- und Beruhigungsmittel wie z. B. Noludar rezeptpflichtig werden sollen und können, wird seit längerer Zeit im Gesundheitsministerium zusammen mit pharmazeutischen Sachverständigen des Bundesgesundheitsamtes geprüft. Hierbei ergab sich die Schwierigkeit, daß die Ermächtigung des § 35 AMG nicht ausreicht, um Arzneimittel rezeptpflichtig zu machen, die nachweislich erst dann zu Schäden führen, wenn sie mißbräuchlich, d. h. übermäßig häufig oder in größeren Mengen als üblich verwendet werden. Im letzten Jahr haben sich die Anzeichen verstärkt, daß bestimmte Schlaf- und Beruhigungsmittel in immer größerem Umfange mißbräuchlich eingenommen werden. Eine Umfrage der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft bei rund 150 deutschen Kliniken hat dies bestätigt. Die Ergebnisse dieser Umfrage haben zu der bekannten Empfehlung einer Sachverständigenkommission der deutschen Ärzteschaft geführt. Unabhängig von diesen Erhebungen ist der Entwurf einer Verordnung über eine bundeseinheitliche Rezeptpflicht so weit fertiggestellt, daß der nach § 35 des Arzneimittelgesetzes vorgeschriebene Beirat am 14. Mai hierzu gehört wird. Der Beirat wird sich auch mit der Empfehlung befassen und ein Votum abgeben, welche der vorgeschlagenen Arzneimittel rezeptpflichtig zu machen sind und ob die Ermächtigung für solche Mißbrauchsfälle ausgedehnt werden muß. Ich beabsichtige, die vorgesehene Verordnung über die Rezeptpflicht dem Bundesrat noch vor der Sommerpause zur Beschlußfassung vorzulegen. Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Jahn vom 6. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Mommer (Drucksache V/2868 Frage 28) : Wird die Bundesregierung nach Unterzeichnung der beiden Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen vom 16. Dezember 1966 den gesetzgebenden Körperschaften so rechtzeitig den Entwurf eines Ratifizierungsgesetzes zuleiten, daß das Gesetz noch in diesem „Jahr der Menschenrechte" verabschiedet werden kann? Die Bundesregierung wird nach Unterzeichnung der beiden Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen die Vorbereitung des Vertragsgesetzes unverzüglich in Angriff nehmen. Jedoch ist in Anbetracht des umfassenden Charakters der beiden Pakte und der großen Zahl der in ihnen enthaltenen Einzelregelungen nicht zu erwarten, daß das Vertragsgesetz noch in diesem Jahre verabschiedet werden kann, zumal die Prüfung des Verhältnisses der Europäischen Menschenrechtskonvention zu dem Pakt der Vereinten Nationen über staatsbürgerliche und politische Rechte durch den Sachverständigenausschuß für Menschenrechte des Europarats noch nicht abgeschlossen ist. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Köppler vom 9. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kahn-Ackermann (Drucksache V/2868 Frage 33): Hat die Bundesregierung Anlaß zu der Annahme, daß Fernsprechanschlüsse der Ministerien und anderer Bundesdienststellen in größerem Umfang abgehört werden? Die Bundesregierung hat keinen Anlaß zu einer solchen Annahme. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Köppler vom 9. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kahn-Ackermann (Drucksache V/2868 Fra- ge 12) : Welche Gründe haben die Bundesregierung bisher veranlaßt, der Möglichkeit, über die Organisation Terre des Hommes eine größere Zahl von Schwerverletzten südvietnamesischen Kindern zur Ausheilung nach Deutschland zu bringen, ihre Unterstützung zu versagen? Die Bundesregierung hat bei der Prüfung der zweckmäßigsten Formen der Ende 1965 eingeleiteten deutschen humanitären Hilfe für Südvietnam geprüft, ob vietnamesische Kinder nach Deutschland gebracht werden sollten, wie es u. a. von der Organisation „Terre des hommes" praktiziert wird. Bei voller Würdigung dieser Art der Hilfe vertritt die Bundesregierung jedoch die Auffassung, daß den vom Krieg betroffenen Kindern erheblich wirksamer in Südvietnam selbst geholfen werden kann. Daher läßt sie in Südvietnam durch verschiedene Hilfs- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 9293 Organisationen mehrere Projekte der Gesundheitsfürsorge, der Flüchtlingshilfe und im sozialen Bereich durchführen, durch die auch Kindern sehr wirksam geholfen wird. Darüber hinaus hat sich die Bundesregierung der Jugendlichen und Kinder durch mehrere Projekte ganz besonders angenommen, so z. B. durch die Förderung des SOS-Kinderdorfes Go Vap für ca. 650 elternlose Kinder und Jugendliche und durch Hilfe bei der Errichtung eines buddhistischen Waisenhauses. Demgegenüber begegnet die Verbringung vietnamesischer Kinder nach Europa fürsorgerischen, rechtlichen und politischen Schwierigkeiten. Hierauf haben Fachorganisationen der freien Wohlfahrtspflege im In- und Ausland mehrfach hingewiesen. Nach ihren Erfahrungen besteht bei einer Aufnahme vietnamesischer Kinder in die völlig anders gearteten Lebensverhältnissen in Europa die Gefahr einer religiösen und kulturellen Entwurzelung. Nach der Rückkehr ergeben sich andererseits auch Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung. Unter dem Gesichtspunkt einer möglichst wirksamen Hilfe ist zu beachten, daß allein für den Transport der Kinder sehr hohe Kosten entstehen; mit dem hierfür erforderlichen Geld kann einer Vielzahl von Kindern an Oft und Stelle geholten werden. Auf diese Probleme hat das Deutsche Rote Kreuz erst kürzlich in einer Veröffentlichung hingewiesen und hierbei besonders hervorgehoben, daß nach Art. 24 des IV. Genfer Abkommens verwaiste oder von ihren Familien getrennte Kinder der Fürsorge von Personen der gleichen kulturellen Überlieferung anvertraut werden sollen. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Köppler auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schmidt (Kempten) (Drucksache V/2868 Frage 35) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, durch eine Anpassung des Bundessozialhilfegesetzes und entsprechende Umschulungsmaßnahmen zu verhindern, daß infolge der fortschreitenden Automatisierung ganz besonders Kriegs- und Zivilblinde ihre Arbeitsplätze ohne Veränderungsmöglichkeit verlieren? Zu den Aufgaben nach dem Bundessozialhilfegesetz gehört es bereits jetzt, allen Behinderten, und damit auch den Blinden, durch Ausbildung, Fortbildung und Umschulung die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen und ihnen Hilfe zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes oder zur Sicherung ihrer Eingliederung in das Arbeitsleben zu gewähren. Entsprechendes ist für Kriegsblinde im Rahmen der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz vorgesehen. Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen werden aber auch auf der Grundlage des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung und in Zukunft verstärkt nach dem Arbeitsförderungsgesetz durchgeführt, das dem Hohen Hause zur Beratung vorliegt. Außerdem sind auf Grund des Schwerbeschädigtengesetzes die Hauptfürsorgestellen und die Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung verpflichtet, dafür zu sorgen, daß den Blinden der Arbeitsplatz erhalten bleibt oder ein geeigneter neuer Arbeitsplatz beschafft wird. Die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung beobachtet sorgfältig die Auswirkungen der Automation auf die Beschäftigungslage der Behinderten und dabei insbesondere auch der Blinden. Der technische Wandel führt zwar auch zum Wegfall von Arbeitsplätzen. In solchen Fällen setzen sich jedoch die Arbeitsämter zusammen mit den Hauptfürsorgestellen frühzeitig mit den Betrieben in Verbindung, um durch Umsetzung im Betrieb oder durch Vermittlung eines geeigneten anderen Arbeitsplatzes berufliche Nachteile für den Blinden zu verhindern. Auf Grund dieser Maßnahmen hat es bisher kaum Arbeitslosigkeit von Blin- den gegeben. Gleichwohl muß darauf Bedacht genommen werden, daß in vielen Fällen die beruflichen Kenntnisse der Blinden durch berufliche Bildungsmaßnahmen an den technischen Wandel angepaßt werden. Desgleichen sind die modernen technischen Erkenntnisse für die Fortentwicklung von Blindenhilfsmitteln nutzbar zu machen. Mit den Auswirkungen der technischen Entwicklung auf den Berufsraum für Blinde befaßt sich auch der beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung bestehende Ausschuß für Blindenberufe. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung beabsichtigt zudem, einen Forschungsauftrag zu erteilen, bei dem durch arbeitsanalytische Untersuchungen in Industriebetrieben ermittelt werden soll, welche aussichtsreichen Berufe für Blinde, etwa auch in der Datenverarbeitung, in Betracht kommen. Ich sehe daher keinen zwingenden Anlaß, das Bundessozialhilfegesetz unter dem hier angesprochenen Gesichtspunkt im Rahmen der in Vorbereitung befindlichen Novelle zu ändern. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers Benda vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Marx (Kaiserslautern) (Drucksache V/2868 Frage 42) : Treffen Pressemeldungen zu, wonach Streifen der NVA-Grenze die amtlichen Kennzeichen oder Aufschriften von Omnibussen, die Zonengrenzbesucher befördern, registrieren und in vielen Fällen die Fahrer solcher Omnibusse hei späteren Fahrten aus Westdeutschland nach Westberlin Schikanen und Repressalten an Zonengrenzübergangsstellen durch NVA-Posten ausgesetzt sind und mitunter sogar zurückgeschickt worden? Nach Beobachtungen des Bundesgrenzschutzes notieren die Streifen der Nationalen Volksarmee sehr wahrscheinlich die Kennzeichen und Aufschriften von Omnibussen, die Besucher nahe an die Demarkationslinie befördern. Unseren Kontrollstellen an der Demarkationslinie liegen jedoch keine Erkentnisse vor, daß die Fahrer solcher Omnibusse bei späteren Fahrten nach WestBerlin seitens der sowjetzonalen Kontrollorgane 9294 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 Schikanen ausgesetzt sind oder gar an der Reise gehindert werden. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers Benda vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fritsch (Deggendorf) (Drucksache V/2868 Frage 43) : Wann ist mit einer Öffnung der deutschtschechischen Grenze in Bayerisch Eisenstein auf Straße oder Schiene — auch probeweise — zu rechnen? Wie der tschechoslowakische Grenzbevollmächtigte Beamten der Bayerischen Grenzpolizei am 5. 4. 1968 mitgeteilt hat, wird von den zuständigen Behörden in Prag zur Zeit geprüft, ob der Straßenübergang Bayerisch-Eisenstein versuchsweise bereits am 1. 7. 1968 oder nach Fertigstellung eines neuen Kontrollgebäudes endgültig am 1. 5. 1969 wieder geöffnet werden soll. Der Grenzbevollmächtigte hat zugesagt, die Bayerische Grenzpolizei nach Eingang der Entscheidung aus Prag unverzüglich zu unterrichten. Hinsichtlich der Wiedereröffnung des Eisenbahnübergangs Bayerisch-Eisenstein haben sich gegenüber meiner schriftlichen Antwort auf Ihre Frage vom 24. 10. 1967 keine neuen Erkenntnisse ergeben. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Benda vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Moersch (Drucksache V/2868 Frage 44) : Welche konkreten und verbindlichen Zusagen hat der Bundesinnenminister bei seinem Besuch in Marbach (Neckar) der Schillergesellschaft für die finanzielle Unterstützung des projektierten Neubaus des Deutschen Literaturarchivs gemacht? Bei einer Beseitigung des Schiller-Nationalmuseums und des Deutschen Literaturarchivs in Marbach/Neckar, die seit vielen Jahren vom Bundesministerium des Innern finanziell mitgetragen werden, habe ich mich auch über die Pläne für einen Neubau des Literaturarchivs unterrichten lassen. Ein Neubau für das Deutsche Literaturarchiv ist dringend notwendig. Gestützt auf die Tatsache, daß der Deutsche Bundestag bereits im Haushalt 1967 einen Betrag von 25 000,— DM für die Vorbereitungen des Neubaus bewilligt und damit dessen Notwendigkeit anerkannt hat, habe ich bei meinem Besuch in Marbach zugesagt, mich dafür einzusetzen, daß der Bund im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten zusammen mit dem Land Baden-Württemberg und sonstigen Förderern dieser Einrichtung die erforderlichen Mittel für den Neubau aufbringt. Im Haushalt des Bundesministeriums des Innern sind im Jahre 1968 200 000,— DM als Zuschuß für die weiteren Vorbereitungen des Neubaus eingesetzt; für den Haushalt 1969 sind als erste Baurate 700 000,— DM angemeldet. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers Benda vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Borm (Drucksache V/2868 Fragen 45 und 46) : Welche Gründe haben zur Ablehnung der Einbürgerung des griechischen Lyrikers Tsakiridis geführt? Bildet der Fall Tsakiridis für die Bundesregierung Anlaß, die Einbürgerungsbestimmungen zu überprüfen und dabei insbesondere Kriterien wie „wertvoller Bevölkerungszuwachs" genauer zu definieren? Die Einbürgerung des Herrn Tsakiridis ist vom Senator für Inneres in Berlin abgelehnt worden, weil der Antragsteller seine Wehrverhältnisse bisher nicht in Ordnung gebracht hat und eine Einbürgerung gegen den Widerspruch seines Heimatlandes die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu Griechenland erheblich belastet hätte. Die zwischen Bund und Ländern vereinbarten Einbürgerungsrichtlinien werden ständig auf Verbesserungsmöglichkeiten überprüft. Der Begriff „wertvoller Bevölkerungszuwachs" hat in der Sache Tsakiridis keine Rolle gespielt. Seine nähere Definition ist nicht beabsichtigt, da er in der Praxis sehr großzügig gehandhabt wird und eine Definition nur zur Erschwerung der Einbürgerungsbedingungen führen könnte. Eine solche Erschwerung wird zur Zeit nicht für erforderlich gehalten. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesministers Benda vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Kiep (Drucksache V/2868 Fragen 47 und 48) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß das Wort „Antrag" im Artikel 116 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bei den von dieser Vorschrift Betroffenen häufig den Eindruck erweckt, als könne es sich bei der Wiederzuerkennung der deutschen Staatsbürgerschaft um eine Ermessensentscheidung handeln? Wie ist nach Auffassung der Bundesregierung das in Frage 47 erwähnte Wort „Antrag" zu verstehen? Ich möchte beide Fragen zusammenhängend beantworten: Durch die Worte „sind wieder einzubürgern" bringt Art 116 Abs. 2 Satz 1 GG klar zum Ausdruck, daß es sich hier um einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung handelt. Die Einbürgerung „auf Antrag" sagt nur, daß der Rückerwerb der deutschen Staatsangehörigkeit vom Willen des Betroffenen abhängt. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat Art. 116 Abs. 2 Satz 1 GG insoweit bisher in der Praxis noch keine Zweifel ausgelöst. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Bundesministers Benda vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dorn (Drucksache V/2868 Frage 49) : Ist die Bundesregierung bereit, die jüngsten Äußerungen der Ministerpräsidenten des Saarlandes und von Rheinland-Pfalz über den Zusammenschluß ihrer Länder mit anderen Ländern Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 9295 zum Anlaß für eine politische Neugliederung im Südwesten zu nehmen? Die jüngsten Äußerungen der Ministerpräsidenten des Saarlandes und von Rheinland-Pfalz über die Frage des Zusammenschlusses ihrer Länder mit anderen Ländern geben der Bundesregierung keinen Anlaß, ihre Auffassung zur Frage der Neugliederung zu ändern, die Herr Bundesminister Lücke in diesem Hohen Hause am 9. Februar 1968 vorgetragen hat. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Bundesministers Benda vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Weigl (Drucksache V/2868 Frage 60) : Was kann deutscherseits getan werden, um die sich in letzter Zeit häufenden Gewaltverbrechen im Bereich des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr einzudämmen? Die Verfolgung strafbarer Handlungen und die vorbeugende Verbrechensbekämpfung sind Sache der Länder. Für die Verfolgung der im Gebiet des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr verübten Gewaltverbrechen und für alle Maßnahmen präventiver Art ist die Polizei des Landes Bayern zuständig. Nach den mir vorliegenden Informationen sind die in den letzten Monaten begangenen Verbrechen von der Polizei des Landes Bayern in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Kriminalpolizei aufgeklärt worden; die Täter konnten festgenommen werden. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Grund vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Wagner (Drucksache V/2868 Fragen 61 und 62) : Was gedenkt die Bundesregierung hinsichtlich der Besteuerung der nicht buchführungspflichtigen Landwirte zu tun, die nach dem Gesetz über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen besteuert werden, nachdem die bis 30. Juni 1968 geltende Übergangsregelung ausgelaufen ist? Wann werden nach Auffassung der Bundesregierung die Ergebnisse der Einheitsneubewertung (Grundvermögen) vorliegen, die aus den repräsentativ erfaßten und festgestellten 10 °/a der Fälle im Weg der Hochrechnung gewonnen werden sollen? Zu Frage 1: Die Geltungsdauer der in § 12 GDL getroffenen Übergangsregelung zur Ermittlung der Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, die zunächst mit dem Ende des Wirtschaftsjahres 1967/68 enden sollte, wird bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahres 1970/71 verlängert werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist dem Bundeskabinett bereits zugeleitet worden. Die Finanzminister (Finanzsenatoren) der Länder haben im Hinblick auf diesen Gesetzentwurf die Finanzämter angewiesen, auch über den 30. Juni 1968 hinaus nach der Übergangsregelung in § 12 GDL zu verfahren. Zu Frage 2: Die von den Landesfinanzbehörden durchgeführte repräsentative Vorerhebung von 10 v. H. der auf den 1. Januar 1964 festzustellenden Einheitswerte des Grundvermögens wird im Mai dieses Jahres abgeschlossen sein. Sodann werden die Ergebnisse über die Statistischen Landesämter dem Statistischen Bundesamt zugeleitet. Die Aufbereitung und die Auswertung des Materials wird mehrere Monate in Anspruch nehmen. Mit dem dabei gewonnenen Ergebnis, dem voraussichtlichen Volumen der Einheitswerte des Grundvermögens, kann daher frühestens im Herbst dieses Jahres gerechnet werden. Anlage 16 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Ertl (Drucksache V/2868 Fragen 63, 64 und 65) : Trifft es zu, daß ca. 60 % der Haus- und Grundstückseigentümer, die im südbayerischen Raum in den vergangenen Wochen die ersten Bescheide über die Neufestsetzung der Einheitswerte bekommen haben, Einspruch erhoben, weil sie nicht nach dem Ertragswert, sondern nach dem Bodenwert erfolgten und dadurch zu Steigerungen bis zu 1000 % führten? Trifft es zu, daß das bayerische Finanzministerium seine besitzverwaltenden Behörden vorsorglich angewiesen hat, gegen die Neubewertung des staatseigenen Grundbesitzes Einspruch einzulegen, was bedeuten würde, daß staatliche Stellen gegen ihre eigenen Maßnahmen Widerspruch erheben und damit den Staatsbürgern ein denkbar schlechtes Beispiel geben? Teilt die Bundesregierung die Befürchtung, daß die Neufestsetzung der Einheitswerte nach der bisherigen Regelung und die vorn Bundesfinanzministerium bestätigte „maßvolle" Erhöhung der Grundsteuer zahlreiche Haus- und Grundstückseigentümer zum Verkauf ihres Besitzes bzw. zu Mieterhöhungen zwingen wird? Im Freistaat Bayern sind in der Zeit von Mitte Februar bis Anfang April 1968 600 000 Einheitswertbescheide zugestellt worden. Von diesen Bescheiden betreffen 74 000 Bescheide die Mindestbewertung nach § 77 BewG 1965, das sind etwas mehr als 10 v. H. der zugestellten Einheitswertbescheide. Es ist deshalb unmöglich, daß etwa 60 v. H. der Haus- und Grundstückseigentümer, die Einheitswertbescheide erhalten haben, Einspruch eingelegt haben, weil die Einheitswerte nicht nach dem Ertragswertverfahren, sondern nach dem Mindestwertverfahren gemäß § 77 BewG 1965 festgestellt worden sind. Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen hat auf Anfrage des Bundesfinanzministeriums mitgeteilt, daß es ausgeschlossen sei, daß überhaupt 60 v. H. der Haus- und Grundstückseigentümer, die einen Einheitswertbescheid erhalten haben, gleich mit welcher Begründung, Einspruch eingelegt haben. Der Bayerische Staat muß wie jeder andere Eigentümer von Grundbesitz die Möglichkeit haben, die Einheitswertbescheide auf ihre sachliche Richtigkeit zu überprüfen. Es ist offensichtlich, daß es bei einer großen Zahl von Grundstücken, die demselben Eigentümer, wie hier dem Bayerischen Staat, gehören, nicht möglich ist, alle Einheitswertbescheide innerhalb der Einspruchsfrist von einem Monat auf ihre sachliche Richtigkeit prüfen zu lassen. Um den Eintritt der Rechtskraft zu vermeiden, muß der 9296 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 Bayerische Staat als Fiskus von der Möglichkeit Gebrauch machen, gegen alle Einheitswertbescheide, die der Bayerische Staat als Hoheitsverwaltung erläßt, vorsorglich Einspruch einlegen zu lassen. Der Bayerische Staat tut damit nichts anderes als jeder private Eigentümer vieler Grundstücke, wie z. B. Wohnungsunternehmen und andere Unternehmen mit umfangreichem Grundbesitz. Er hat jedoch seine besitzverwaltenden Behörden angewiesen, den Einspruch sofort zurückzunehmen, wenn die Überprüfung, die durch besonders ausgebildete Beamte durchgeführt wird, ergibt, daß der Einheitswert sachlich nicht zu beanstanden ist. Vor der Entscheidung über eine evtl. Erhöhung der Grundsteuer wird die Bundesregierung sorgfältig die Auswirkungen prüfen. Das ist aber erst möglich, wenn die Ergebnisse der Untersuchungen über die Neufeststellung der Einheitswerte vorliegen, mit denen frühestens 1970 zu rechnen ist. Erst dann können Ausmaß und Abgrenzung einer Grundsteuererhöhung festgelegt werden, wie ich bereits in meiner Antwort, die im Protokoll über die 160. Sitzung des Bundestages vom 14. März 1968 abgedruckt ist, auf Ihre Fragen erklärt habe. Eine Steuererhöhung muß notwendig zu Auswirkungen auf die Betroffenen führen. Die Bundesregierung wird aber bei ihren Vorschlägen darauf Bedacht nehmen, daß eine maßvolle und für die Betroffenen zumutbare Regelung vorgesehen wird. Soziale Härten für Mieter bei der Umlegung von Grundsteuererhöhungen und für Besitzer von Eigenheimen und Eigentumswohnungen werden in jedem 1 Fall durch das System des Wohngeldes ausgeschlossen. Anlage 17 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Saam (Drucksache V/2868 Fragen 66, 67 und 68) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Bundes Deutscher Steuerbeamten, daß das Steuerzahlen heute ein Lotteriespiel ist? Ist die Behauptung des Bundes Deutscher Steuerbeamten richtig, daß jährlich 1 his 1,2 Milliarden DM Steuern „mangels Funktionsfähigkeit des Finanzamtes" nicht erhoben werden können? Wenn Frage 67 bejaht wird, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um diesen Mißstand abzustellen? Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Bundes Deutscher Steuerbeamten nicht, daß das Steuerzahlen heute ein Lotteriespiel sei. Die Steuerverwaltung erfüllt ihre Aufgabe, die Steuern den Gesetzen gemäß zu erheben, trotz unverkennbarer personeller Schwierigkeiten durchaus zufriedenstellend. Es ist zwar nicht zu verkennen, daß die Arbeit der Steuerbeamten in den letzten Jahren zunehmend schwieriger und umfangreicher geworden ist. Die vom Bund Deutscher Steuerbeamten mehrfach aufgestellte Behauptung, die Steuerverwaltung sei nicht mehr funktionsfähig, ist aber eine nicht zu verantwortende Übertreibung. Die Steuerbeamten, die verantwortungsbewußt ihre Pflicht erfüllen, haben eine derartige Beurteilung nicht verdient. Sie tun alles, um auch unter erschwerten Bedingungen die Steuern vollständig und gleichmäßig zu erheben. Eine funktionsunfähige Verwaltung wäre wohl kaum in der Lage, mehr als Hundert Milliarden DM an Steuern jährlich zu erheben. Die vom Bund Deutscher Steuerbeamten aufgestellte Behauptung eines jährlichen Steuerausfalls von 1 bis 1,2 Mrd. DM entbehrt der stichhaltigen Begründung. Schätzungen über Steuerausfälle beruhen weitgehend auf Vermutungen. Die Behauptung des Bundes Deutscher Steuerbeamten läßt sich daher auch nicht mit Sicherheit überprüfen. Im übrigen lassen sich Steuerausfälle niemals vermeiden, da eine lückenlose Steuererhebung unmöglich ist. Hinsichtlich der Größenordnung aber sollte man sich vor Augen halten, daß gemessen am Steueraufkommen des Jahres 1966 in der Bundesrepublik Deutschland, das 112 686 Mrd. DM betragen hat, ein evtl. Steuerausfall von 1 bis 1,2 Mrd. DM noch nicht einmal 1 °/o ausmachen würde. Im internationalen Vergleich wäre dies sicherlich kein schlechtes Ergebnis. Die Bundesregierung ist im Zusammenwirken mit den Ländern bemüht, die Steuerverwaltung so effektiv wie möglich zu gestalten. Dabei wird den Fragen der Modernisierung der Steuerverwaltung besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Im Rahmen dieser Bestrebungen hat die Automation der Steuerverwaltung bereits einen hohen Stand erreicht und wird weiter vorangetrieben. Fragen der Modernisierung des Besteuerungsverfahrens sind auch Gegenstand der Arbeiten für eine Reform des allgemeinen Abgabenrechts. Die organisatorischen und personellen Angelegenheiten der Landessteuerverwaltungen fallen allerdings ausschließlich in die Zuständigkeit der Länder. Gleichwohl widmet die Bundesregierung auch diesen Problemen ihre besondere Aufmerksamkeit. Anlage 18 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Ott (Drucksache V/2868 Fragen 69, 70 und 71) : Sind Informationen richtig, wonach gegen die bisher ergangenen Einheitswertbescheide für Grundstücke zum 1. Januar 1964 bei einzelnen Finanzämtern Rechtsmittel bis zu 70 % der erteilten Bescheide eingelegt wurden und damit die Funktionsfähigkeit der Finanzverwaltung bedroht wird? Ist die Bundesregierung der Meinung, daß diese zahlreichen Einsprüche zum überwiegenden Teil daher kommen, daß für die Steuerpflichtigen die Folgewirkungen aus diesen Bescheiden heute noch nicht übersehbar sind? Ist die Bundesregierung bereit, eine gesetzgeberische Initiative zu ergreifen, wonach die Rechtskraft dieser Einheitswertbescheide ausgesetzt wird, bis zu einem späteren Zeitpunkt, in welchem die Folgewirkungen übersehbar sind? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß Informationen, nach denen bei einzelnen Finanzämtern Einsprüche gegen Bescheide über die Feststellung der Einheitswerte des Grundvermögens bis zu 70 % der zugestellten Einheitswertbescheide eingelegt worden sind, nicht den Tatsachen ent- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 9297 sprechen. Es ist der Bundesregierung mit Rücksicht auf noch fehlende Feststellungen bei den Länderfinanzverwaltungen nicht möglich, genaue Angaben über die Zahl der Einsprüche gegen die Einheitswertbescheide zu machen. Auf Anfrage hat das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, in dessen Bereich die weitaus meisten Einheitswertbescheide (etwa 600 000) bis jetzt zugestellt worden sind, erklärt, es werde für unmöglich gehalten, daß gegen bis zu 70 % der zugestellten Einheitswertbescheide Einsprüche eingelegt worden seien. Es ist wahrscheinlich, daß ein Teil der Einsprüche darauf beruht, daß die Haus- und Grundeigentümer die Folgewirkungen aus den Einheitswertbescheiden nicht zu übersehen vermögen. Sie betreffen aber sicher nicht den überwiegenden Teil der Einsprüche. Der überwiegende Teil der Einsprüche wird darauf beruhen, daß eine wesentliche Erhöhung der Einheitswerte bei bebauten Grundstücken wegen der in § 77 BewG 1965 vorgeschriebenen Mindestbewertung eingetreten ist. § 77 BewG 1965 schreibt vor, daß der für ein bebautes Grundstück festzustellende Wert nicht geringer sein darf als der Wert, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück zu bewerten ist. Es erscheint nicht notwendig, durch eine Änderung der bestehenden gesetzlichen Vorschriften die Rechtskraft der Einheitswertbescheide bis zu dem Zeitpunkt auszusetzen, in welchem die Folgewirkungen der Einheitswertbescheide übersehbar sind. Die Einheitswertbescheide können von den Hausund Grundbesitzern mit dem Einspruch innerhalb eines Monats nach Zustellung des Einheitswertbescheides vorsorglich angefochten werden. Damit wird bis zur Entscheidung des Einspruchverfahrens und des sich möglicherweise anschließenden Rechtsmittelverfahrens verhindert, daß die Einheitswertbescheide rechtskräftig werden. Für die Fälle, in denen der Einspruch nicht rechtzeitig eingelegt worden ist, kann Nachsicht nach § 86 AO gewährt werden. Das bedeutet, das in diesen Fällen auch nach Ablauf der Einspruchsfrist noch Einspruch eingelegt werden kann, wenn die Einspruchsfrist ohne Verschulden des Haus- und Grundbesitzers versäumt worden ist. Die Bundesregierung wird sich bei den obersten Finanzbehörden der Länder dafür einsetzen, daß bei der Nachsichtgewährung großzügig verfahren wird. Anlage 19 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Logemann (Drucksache V/2868 Fragen 72, 73 und 74) : \Velche Treibstoffpreise hatte die Landwirtschaft in den einzelnen EWG-Ländern im ersten Quartal 1968 zu zahlen? Wann wird die Bundesregierung in der Lage sein, den in den Drucksachen V 2322, zu V 2322 (angenommen in der 141. Sitzung am 7. Dezember 1967) angeforderten Bericht über die Kennzeichnung von Gasöl fair Heizzwecke und für die Verwendung in der Landwirtschaft vorzulegen? Trifft es zu, daß die Bundesregierung die Rückerstattung der auf Dieselkraftstoff lastenden Abgaben auf Grund des Gesetzes über die Verwendung von Gasöl durch Betriebe der Landwirtschaft vom 22. Dezember 1967 als ,,Einkommenssubventionen" ansieht? Nach dem Ergebnis vielfältiger Erkundigungen und Rückfragen — auch in Brüssel können die gewünschten Angaben über die Treibstoffpreise für die Landwirtschaft im ersten Quartal 1968 in den EWG-Mitgliedstaaten erst nach Vorliegen statistischer Angaben zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt ermittelt und bekanntgegeben werden. Es läßt sich nur feststellen, wie sich die Treibstoffpreise im IV. Quartal 1967 in den übrigen Ländern der Gemeinschaft entwickelt haben. Die Zahlen sind jedoch noch nicht amtlich überprüft. Danach ergibt sich folgendes Bild: Italien etwa . . . . . . 14,5 Pfennig je Liter Frankreich etwa . . . . . 18,0 Pfennig je Liter Niederlande etwa . . . 23,3 Pfennig je Liter Belgien etwa 28,1 Pfennig je Liter Diese Preise sind jedoch nicht unbedingt miteinander vergleichbar, da sie sich auf die Abnahme unterschiedlich großer Mengen beziehen, bei denen unterschiedlich hohe Rabatte gewährt werden. Der Preis bezieht sich z. B. bei Italien auf Abnahmemengen von mindestens 1000 Litern frei Großhandelslager, für r delslager für Frankreich bei Lieferung von mehr als 500 Litern in Fässern frei Haus. Wenn man unterstellt, daß sich ähnliche Zahlen in den genannten Ländern auch für 1968 ergeben, so wird der deutsche Landwirt nach dem Einsetzen der Verbilligung in Höhe von 32,15 Pfennig je Liter eine Mittelstellung in-1 Vergleich zu seinen Kollegen in der EWG einnehmen. Er zahlt damit praktisch nur noch den Produktpreis, ähnlich wie es in den übrigen Mitgliedstaaten aufgrund verschiedenartiger Verbilligungsmaßnahmen bzw. geringer Steuerbelastung des Dieselöls allgemein der Fall ist. Die Frage der technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Heizölkennzeichnung soll noch im Laufe dieses Monats in einer letzten Besprechung mit den Verbänden der Mineralölwirtschaft erörtert werden. Die Bundesregierung wird dann unverzüglich gegenüber dem Finanzausschuß des Deutschen Bundestages im Sinne des Beschlusses in der 141. Sitzung (zu Drucksache V/2322) Stellung nehmen. Ich darf zunächst feststellen, daß es sich bei der Verbilligung von Gasöl nicht — wie Sie in Ihrer Frage unterstellen — um eine Rückerstattung der auf Dieselkraftstoff lastenden Abgaben handelt, sondern um die Gewährung eines Verbilligungsbetrages. Das Gasöl-Verwendungsgesetz spricht nicht von einer Einkommenssubvention, es kennt diesen Begriff nicht. Das Gesetz bestimmt vielmehr, daß für in der Landwirtschaft verbrauchtes Gasöl eine Verbilligung gewährt wird. In der Aufgliederung der Ausgaben des Kapitels 10 02 des Haushalts des Herrn Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist die Verbilligung des Gasöls in der Maßnahmengruppe E „Verbesserung der Einkommenslage der landwirtschaftlichen Bevölkerung" aufgeführt. Der Bericht der Bundesregierung vom 21. Dezember 1967 über die Entwicklung der Finanz- 9298 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 hilfen des Bundes und der Steuerbegünstigungen für die Jahre 1966 bis 1968 gemäß § 12 des Stabilitätsgesetzes vom 8. Juni 1967 in Drucksache V/2423 reiht die Verbilligung von Gasöl in die Finanzhilfen zur Anpassung von Betrieben oder Wirtschaftszweigen an neue Bedingungen ein. Es handelt sich also um Beträge, die der Landwirtschaft zufließen, um ihre Ausgaben für ein bestimmtes Betriebsmittel zu ermäßigen und dadurch zu einer Angleichung des Gasöl-Preises an die Preise in den übrigen EWG-Ländern unter Wettbewerbsgesichtspunkten zu gelangen. Anlage 20 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Weigl (Drucksache V/2868 Frage 75) : Trifft es zu, daß der zur Industrieansiedlung in den Zonenrandgebieten in Aussicht gestellte 15%ige Investitionszuschuß als außerordentlicher Ertrag zu versteuern ist und damit in seiner Effektivität im Vergleich mit der Investitionsprämie zur Industrieansiedlung in den Steinkohlenbergbaugebieten wesentlich niedriger angesetzt werden muß? Die Strukturkrise in den Steinkohlenbergbaugebieten erfordert wegen der überragenden wirtschaftlichen Bedeutung dieser Gebiete außergewöhnliche Maßnahmen. Es ist außerdem erforderlich, daß die Strukturprobleme kurzfristig gelöst werden, damit gefährliche Rückwirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft und krisenhafte soziale Spannungen verhindert werden. Zu den für die Steinkohlenbergbaugebiete beschlossenen Maßnahmen gehört u. a. die Gewährung einer Investitionsprämie durch einen Abzug von der Einkommen- oder Körperschaftsteuer bis zu 10 v. H. bestimmter Investitionsaufwendungen. Es ist richtig, daß diese Investitionsprämie im Gegensatz zu den aus Haushaltsmitteln gewährten Investitionszulagen im Zonenrandgebiet nicht zu den Betriebseinnahmen gehört und daher nicht versteuert zu werden braucht. Dieses Ergebnis ist bei der Verabschiedung des Steinkohlenanpassungsgesetzes durchaus gesehen worden. Bei einem Vergleich beider Förderungsmaßnahmen darf aber nicht außer Betracht bleiben, daß die Prämie in den Steinkohlenbergbaugebieten eine zeitlich eng begrenzte Maßnahme ist, während die Gewährung von Investitionszuschüssen im Zonenrandgebiet nicht befristet ist; ferner, daß in den Steinkohlebergbaugebieten nur Neugründungen oder Erweiterungen begünstigt werden, während im Zonenrandgebiet auch Rationalisierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen in die Begünstigung einbezogen sind, und daß die Prämie in den Steinkohlebergbaugebieten das Vorhandensein eines Gewinns voraussetzt, während die Zulage im Zonenrandgebiet ohne Rücksicht auf die Gewinnlage gewährt werden kann. Schließlich können im Zonenrandgebiet neben den Investitionszulagen unter erleichterten Bedingungen Sonderabschreibungen zugestanden werden, was in den Steinkohlenbergbaugebieten grundsätzlich nicht möglich ist. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die auf längere Sicht angelegten Förderungsmaßnahmen für das Zonenrandgebiet durch die gezielten zeitlich begrenzten Förderungsmaßnahmen für die Steinkohlebergbaugebiete nicht in einem Maße beeinträchtigt werden, das zu Bedenken Anlaß geben müßte. Anlage 21 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schmidt (Kempten) (Drucksache V/2868 Frage 87) : Welche Gründe sind dafür maßgebend, daß trotz gleicher Getreidepreise innerhalb der EWG die Preise für 1 Kilo Mischbrot im Dezember 1967 zwischen 0,94 DM in den Niederlanden und 1,24 DM in der Bundesrepublik Deutschland und der Jahresdurchschnittspreis für Weißbrot 1967 zwischen 0,90 DM pro Kilo in Luxemburg und Frankreich und 1,56 DM in der Bundesrepublik Deutschland differierte, ohne daß die deutsche Landwirtschaft von den Mehrpreisen in der Bundesrepublik Deutschland irgendeinen Vorteil gehabt hätte? 1. Beim Verkaufspreis für Brot machen die Kosten für das Mehl nur 40 bis 45 % aus. Vorwiegend wird der Brotpreis durch die Kosten für Löhne und Gehälter, Hilfsstoffe, Energie, Mieten und Steuern sowie durch staatliche Subventionen und Preisregelungen beeinflußt. Diese Preisfaktoren sind in der EWG noch nicht vereinheitlicht. 2. Die Niederlande gewährten noch im Dezember 1967 eine Subvention für Brotweizen. Außerdem wurde für eine bestimmte Konsumbrotsorte der Verkaufspreis staatlich festgesetzt und damit der allgemeine Brotpreis beeinflußt. 3. Das deutsche Weißbrot ist der Qualität nach nur mit dem französischen ,,baguette" (Stangen)-Weißbrot zu vergleichen. Dieses Brot war im Durchschnitt des Kalenderjahres 1967 nur um 8 Pf/kg billiger als deutsches Weißbrot. Auch in Frankreich wird der Brotpreis staatlich festgelegt. 4. Beim Vergleich der Durchschnittspreise für Weizen in Frankreich und Deutschland im Kalenderjahr 1967 ist zu berücksichtigen, daß a) der französische Preis bis zum 30. Juni 1967 um 16,5 % unter dem deutschen Preis lag, b) auch nach der Einführung gemeinsamer Preise in der EWG am 1. Juli 1967 das Preisniveau im französischen Hauptzuschußgebiete infolge der Preisregionalisierung der EWG-Getreidemarktordnung um 5 % unter dem Preisniveau im deutschen Hauptzuschußgebiet (Duisburg) liegt. Anlage 22 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Reichmann (Drucksache V/2868 Fragen 88, 89 und 90) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die zur Zeit anfallenden Schlachtfette nicht oder nur schlecht verwertet werden können? Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung zu ergreifen, um die Schlachtfette besser verwerten zu können? Wie hoch waren die Einfuhren tierischer Fettrohstoffe in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1967? Die im Jahre 1967 und vor allem in den ersten vier Monaten dieses Jahres sehr stark gestiegenen Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 9299 Schweineschlachtungen haben auch einen verstärkten Anfall von Schlachtfetten zur Folge gehabt. Hinzu kommt, daß kalorien- und fettreiche Nahrung, wie allgemein bekannt sein dürfte, in den letzten Jahren nicht mehr in dem Maße gefragt ist wie früher. Aus diesen Gründen können die zur Zeit anfallenden Schlachtfette nur schlecht, d. h. zu nicht zufriedenstellenden Preisen, verwertet werden. Die Bundesregierung ist aber nicht der Auffassung, daß eine Verwertung ausgeschlossen ist. Im Hinblick auf die schlechten Verwertungsmöglichkeiten bei Schlachtfetten drängt die Bundesregierung bei den EWG-Verhandlungen auf eine schnelle Verabschiedung einer Regelung für Beihilfen zur privaten Lagerhaltung bei Speck. Die Bundesregierung hat mit der Fleischwirtschaft die erforderlichen Vorbereitungen abgestimmt, so daß die Maßnahme nach ihrer Verabschiedung im Ministerrat in Brüssel unverzüglich anlaufen kann. Die Bundesregierung glaubt, daß auf diese Weise ein Teil des anfallenden Schlachtfettes aus dem Markt genommen und eine Beruhigung des Schlachtfettmarktes herbeigeführt werden kann. Außerdem wird durch die Gewährung von Exporterstattungen die sich günstig entwickelnde Ausfuhr von Schlachtfetten weiterhin gefördert. Die Einfuhren an Schlachtfetten für Nahrungszwecke lagen 1967 bei rd. 12 700 t. Diesen Einfuhren stehen jedoch Ausfuhren in Höhe von rd. 48 900 t gegenüber, so daß sich eine Nettoausfuhr von rd. 36 200 t ergibt. Anlage 23 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Geldner (Drucksache V/2868 Fragen 93, 94 und 95) : In welchem Maß soll die Forstwirtschaft nach Ansicht der Bundesregierung die Selbstversorgung der deutschen Volkswirtschaft durch Rohholzproduktionen noch sicherstellen? Wieweit muß die Forstwirtschaft nach Ansicht der Bundesregierung zur Erhaltung der Bodennutzung und insbesondere zur Wirtschaftlichkeit der Landwirtschaft beitragen? In welchem Ausmaß hut die Forstwirtschaft nach Ansicht der Bundesregierung durch die Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes einen Sozialbeitrag zum Allgemeinwohl zu leisten? Nach Auffassung der Bundesregierung muß die Forstwirtschaft auch in Zukunft soweit als von Natur aus möglich die Volkswirtschaft mit Rohholz versorgen. Infolge der Altersstruktur der Waldflächen wird der Anteil der inländischen Forstwirtschaft an der Rohholzversorgung gegenüber der Einfuhr sogar noch steigen: Während gegenwärtig die deutsche Forstwirtschaft etwa 26 Mill. Festmeter jährlich auf den Markt bringt — gegenüber einer Einfuhr an Rohholz und Holzhalbwaren von etwa 18 Mill. fm (40 %) — wird sich in den nächsten 10 bis 20 Jahren der Holzeinschlag auf bis zu 30 Mill. Festmeter jährlich erhöhen. Zur Erhaltung der Bodennutzung trägt der Wald nach Auffassung der Bundesregierung in erheblichem Umfang bei; er reguliert den Wasserhaushalt des Bodens, gewährt Schutz gegen zu starke Verdunstung, gegen aushagernde Winde, gegen Windverwehungen und Erosionen und er gleicht örtliche Klimaextreme aus. Darüber hinaus leistet der Wald in den über 430 000 landwirtschaftlichen Betrieben mit Wald bei normaler Ertragslage einen regelmäßigen oder einen periodischen finanziellen Beitrag zum Gesamthaushalt des Betriebes. Die Möglichkeit zur Deckung eines außerordentlichen Geldbedarfs aus dem Walde für Investitionen, für den Ausgleich bei Mißernten und für die Hofübergabe ist erfahrungsgemäß von besonderer Bedeutung. Neben dieser Einkommensfunktion sorgt der Wald in den landwirtschaftlich arbeitsarmen Zeiten des Jahres für einen Arbeitsausgleich bei Arbeitskräften und Maschinen, wodurch eine Dauerbeschäftigung der Arbeitskräfte, eine Kostensenkung sowie eine höhere Intensität des Gesamtbetriebes mit entsprechend höherem Arbeitseinkommen erreicht werden. Dem Arbeitsausgleich dient auch der fremde Wald, in dem ein großer Teil der kleinen und mittleren Landwirte und der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte als nichtständige Waldarbeiter tätig sind. Daher ergibt sich auch aus agrarwirtschaftlicher Sicht die Notwendigkeit, den Wald nicht zu einem den Betriebserfolg nachteilig beeinflussenden Betriebsteil werden oder bleiben zu lassen. Das Ausmaß der Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes ist nach Auffassung der Bundesregierung erheblich; es ist jedoch wertmäßig nicht exakt meßbar. Der sozialökonomische Beitrag des Waldes erspart der Wirtschaft, den Gemeinden und der gesamten Bevölkerung aber Kosten, deren Ausmaß deutlich wird, wenn man sich beispielsweise die Aufwendungen in waldarmen Gegenden für die Wasserversorgung von Industrie und Bevölkerung, für die Luftreinhaltung und für die Anlage von Grünanlagen zur Erholung der Bevölkerung vor Augen hält. Das waldarme Holland mißt den sozialökonomischen Leistungen des Waldes einen Wert von 10 bis 60 Gulden, im Durchschnitt etwa 30 Gulden je Jahr und ha bei, den das Land den Waldbesitzern vergütet. Anlage 24 Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Freiherr von Gemmingen (Drucksache V/2868 Frage 96) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Niederlande zusätzlich zu ihrem Beitrug für das Welternährungsprogramm Milchpulver und Käse im Wert von 22,1 Millionen DM zur Verfügung stellten, deren Kosten zur Hälfte vom niederländischen Ministerium für Entwicklungshilfe getragen werden? Es ist der Bundesregierung bekannt, daß die Niederlande zusätzlich zu ihrem Beitrag für das Welternährungsprogramm Milchpulver und Käse im Werte von 22,1 Mio DM zur Verfügung stellen, wobei es sich hierbei zum größten Teil um Magermilchpulver und zu einem geringeren Teil um 9300 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 Schmelzkäse handelt. In diesem Zusammenhang möchte ich jedoch darauf hinweisen, daß zwar die Hälfte der Kosten dieser Aktion von der niederländischen Regierung getragen werden, jedoch die andere Hälfte vom Wirtschaftsverband für Molkereiprodukte, d. h. von den Erzeugern. Anlage 25 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 18. April 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Biermann (Drucksache V/2868 Fragen 97, 98 und 99) : Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts — 1 BvR 709/66 — vom 23. Januar 1968, insbesondere aus dem Teil 13 IV, in dem es heißt: „Das Bundesverfassungsgericht verkennt nicht, daß die jetzige Regelung des Nachtbackverbots nicht in jeder Hinsicht befriedigt. Namentlich könnten die Automatisierung, Rationalisierung und die internationale Wirtschaftsverflechtung in der Backwarenherstellung Anlaß geben, das geltende Recht zu überprüfen."? Wieweit sind die Überlegungen der Bundesregierung in Absprache mit den Vertretern der Sozialpartner und der beteiligten Berufsverbände gediehen, eine für alle Beteiligten tragbare Neuordnung des Gesetzes über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien vorzunehmen? Sieht die Bundesregierung insbesondere Möglichkeiten, unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts — u. a. Einfrosten von Backwaren - den Arbeitszeitbeginn auf 6 Uhr festzulegen? Die Bundesregierung hat bereits vor längerer Zeit die Überprüfung des Bäckerreiarbeitszeitgesetzes aufgenommen. Die in diesem Zusammenhang mit den Sozialpartnern und den beteiligten Berufsverbänden geführten Gespräche über eine Novellierung des Bäckereiarbeitszeitgesetzes sind innerhalb des letzten Jahres intensiviert worden; sie konzentrieren sich insbesondere auf eine Lockerung des Nachtbackverbots für die Nächte vom Freitag zum Samstag und vor Feiertagen sowie auf eine allgemeine Vorverlegung des Ausfahrbeginns. Erörtert wird ferner eine Regelung, die im Ergebnis dazu führt, daß der Arbeitnehmer jede zweite Woche in der Zeit von 4 bis 5 Uhr von der Arbeit freigestellt wird, soweit durch Tarifvertrag nichts anderes bestimmt ist. Eine Einigung der beteiligten Verbände ist noch nicht zustande gekommen. Das Bundesverfassungsgericht hat durch den Beschluß vom 23. Januar 1968 1 BvR 709/66 — zu einer wesentlichen Klärung der im Zusammenhang mit dem Bäckereiarbeitszeitgesetz aufgeworfenen Rechtsfragen beigetragen. Möglicherweise wird durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts auch eine gegenseitige Annäherung der Auffassungen in den Sachfragen erleichtert. Es erscheint jedoch nicht zweckmäßig, im gegenwärtigen Stadium der Verhandlungen einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Bäckereiarbeitszeitgesetzes vorzulegen. Es sollten zunächst alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, einen annehmbaren Ausgleich der Interessen der beteiligten Verbände durch Verhandlungen zu erreichen. Ich bitte um Verständnis dafür, daß die Bundesregierung im Hinblick auf die Gespräche zwischen den Beteiligten von einer Stellungnahme zu Einzelfragen einer Neugestaltung des Bäckereiarbeitszeitgesetzes, wie der Festlegung des Arbeitszeitbeginns auf 6 Uhr, absehen möchte. Die vorstehende Antwort erteile ich im Einvernehmen mit den Bundesministern für Wirtschaft und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Anlage 26 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Seibert (Drucksache V/2868 Fragen 100, 101 und 102) : War es bei der Vorlage des Finanzänderungsgesetzes 1967 Absicht der Bundesregierung, daß Personen, die zur Rentnerkrankenversicherung versicherungspflichtig sind, immer dann, wenn sie Rente aus eigener Versicherung und einer Witwenrente beziehen, aus beiden Renten den Beitrag von zwei Prozent zur Rentnerkrankenversicherung bezahlen müssen? Wie viele Personen sind von dieser Doppelbelastung schätzungsweise betroffen? In welcher finanziellen Größenordnung sind sie durchschnittlich belastet? Die Bundesregierung ist bei Vorlage des Finanzänderungsgesetzes 1967 davon ausgegangen, daß in solchen Fällen, in denen ein Rentner mehrere Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen — also zum Beispiel Rente aus eigener Versicherung und Witwenrente — bezieht, ein Beitrag zur Krankenversicherung der Rentner aus allen Renten zu zahlen ist. Wäre das nicht vorgesehen, würde die folgende, sozial unerwünschte Situation eintreten: Derjenige Rentner, der nur eine Rente erhält, müßte aus dem vollen Zahlbetrag den Beitrag zur Krankenversicherung der Rentner entrichten, während ein Rentner, der zum Beispiel den gleichen Zahlbetrag aus zwei Renten erhält, nur aus einer der beiden Renten einen Rentnerbeitrag zur Krankenkasse entrichten müßte. Die Zahl der Personen, die in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten neben einer Rente aus eigener Versicherung noch eine Hinterbliebenenrente beziehen, wird auf rund 550 000 geschätzt. Für diesen Personenkreis beträgt die durchschnittliche Belastung durch Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner rund 8,50 DM im Monat. Anlage 27 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Budde (Drucksache V/2868 Fragen 103, 104 und 105) : Gedenkt die Bundesregierung Schritte zu unternehmen, daß die Absolventen der Deutschen Angestelltenakademie e. V. ebenso wie die Absolventen der höheren Wirtschaftsfachschulen der Länder graduiert werden und den Titel „Betriebswirt grad." führen dürfen? Billigt die Bundesregierung unter Berücksichtigung des im Dienstrecht wirkenden Gleichbehandlungsgrundsatzes, daß au Dozenten gleicher Vorbildung, gleicher Lehrfächer, gleicher sozialer Lage und mit gleichen Anfahrts- und Rückfahrtswegen an den Instituten der Deutschen Angestelltenakademie ungleiche Vorlesungshonorare gezahlt werden? Billigt es die Bundesregierung, daß die Deutsche Angestelltenakademie sich weigert, an freiberufliche Honorardozenten ihrer Institute unter Außerachtlassung von § 616 BGB während Kurzzeiterkrankungen Honorare zu zahlen? Mit den Bestrebungen in einzelnen Bundesländern, den Absolventen der Höheren Wirtschafts- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 9301 Fachschule den von Ihnen erwähnten Titel eines graduierten Betriebswirt („Betriebswirt grad.") zu verleihen, ergab sich für die Deutsche AngestelltenAkademie e. V. die Aufgabe, auch für die Absolventen ihrer Einrichtungen — natürlich ohne Aufgabe ihrer Eigenart als echter Fortbildungsstätte für Berufstätige — das gleiche Recht zu erlangen. Die Deutsche Angestellten-Akademie e. V. hat mit diesem Ziel in den drei Bundesländern, in denen sich ihre Institute befinden, entsprechende Anträge gestellt und Verhandlungen mit den zuständigen Stellen geführt. Inzwischen konnten die Verhandlungen mit dem Kultusministerium in Schleswig-Holstein erfolgreich abgeschlossen werden. Dieses hat mit Verfügung vom 25. April 1968 der Deutschen Angestellten-Akademie e. V. für das Institut in Großhansdorf das Recht erteilt, nach den allgemeinen für öffentliche Schulen geltenden Vorschriften Prüfungen abzuhalten und Zeugnisse zu erteilen. Nach bestandener Abschlußprüfung werden die Absolventen vom Kultusminister graduiert. In den Ländern Nordrhein-Westfalen und Bayern werden die Verhandlungen weiter fortgesetzt. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung hat diese Bemühungen, die Bildungseinrichtungen der Deutschen Angestellten-Akademie e. V. in bezug auf ihre Abschlußprüfung den Höheren Wirtschaftsfachschulen gleichzustellen, lebhaft begrüßt und im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützt. Wie Sie vielleicht wissen, wurde die Deutsche Angestellten-Akademie e. V. als Mustermaßnahme im wesentlichen mit Mitteln des Bundes im Rahmen des Programms zur Förderung der beruflichen Fortbildung, dem sogenannten Institutionellen Förderungsprogramm, nach den Richtlinien des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 19. Mai 1959 aufgebaut und unterhalten. Zur Frage der Vorlesungshonorare ist festzustellen, daß an den Instituten der Deutschen Angestellten-Akademie e. V. in Düsseldorf und Nürnberg an die Dozenten bei Vorliegen gleicher Voraussetzungen Honorare in gleicher Höhe gezahlt werden. Lediglich für das Institut in Großhansdorf wird dem Umstand der langen An- und Abfahrtszeiten von und nach Hamburg durch eine Pauschalabgeltung der entstehenden Fahrkosten zusätzlich zu den Honoraren Rechnung getragen. Im übrigen erhalten festangestellte Dozenten bei der Deutschen Angestellten-Akademie e. V. alle sozialen Leistungen eines Angestellten, also auch Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfalle. Diese Dozenten sind beitragspflichtig für die Sozialversicherungen und lohnsteuerpflichtig. Daneben werden — wie das auch bei vergleichbaren Institutionen der Erwachsenenbildung, wie Volkshochschulen oder Handelsschulen, üblich ist — freiberufliche Dozenten stundenweise beschäftigt, die ein Honorar für jede tatsächlich erteilte Vorlesungsstunde erhalten. Da diese Dozenten keine Angestellten sind, entfällt die Pflicht, Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer abzuführen. Ihre soziale Stellung ist die gleiche wie bei jedem anderen freiberuflich Tätigen. Anlage 28 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schmidt (Kempten) (Drucksache V/2868 Frage 106) : Zu welchen Ergebnissen ist die Bundesregierung hei der zugesagten Überprüfung der Anhebung der Beitragssätze der Deutschen Angestelltenkrankenkasse über 0,3 % hinaus gekommen, nachdem zunächst seitens der Bundesregierung behauptet wurde, daß das Finanzänderungsgesetz nur eine Beitragserhöhung von 0,3 % erforderlich mache? In meiner Antwort auf die mündliche Frage des Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Schellenberg in der 145. Sitzung des Deutschen Bundestages am 15. Dezember 1967 habe ich erklärt, daß nach vorläufigen Schätzungen die Mehrbelastungen durch das Finanzänderungsgesetz 1967 für alle Angestellten-Ersatzkassen wahrscheinlich einer Größenordnung von etwa 0,3 Beitragsprozent entsprächen. Zur speziellen Situation der Deutschen Angestellten-Krankenkasse hat das Bundesversicherungsamt als die für die Ersatzkassen zuständige Aufsichtsbehörde berichtet, daß diese Krankenkasse für das Jahr 1968 mit einem Fehlbetrag von rd. 210 Mio DM rechnen müsse. Das Bundesversicherungsamt hat —entsprechend dem Beschluß der Vertreterversammlung dieser Krankenkasse — Beitragserhöhungen genehmigt. So werden der für den größten Teil der versicherungspflichtigen Mitglieder geltende ermäßigte Beitragssatz von 8,2 v. H. auf 9 v. H. und der allgemeine Beitragssatz von 13,0 auf 14,2 v. H. angehoben sowie eine entsprechende Erhöhung der Beiträge der nichtversicherungspflichtigen Mitglieder vorgenommen. Von dem zu deckenden Fehlbetrag von rd. 210 Mio DM entfallen knapp 1/3, nämlich rd. 68 Mio DM, auf die Auswirkungen des Finanzänderungsgesetzes. Der Anteil der Beitragserhöhung, der zur Deckung von Mehrausgaben auf Grund des Finanzänderungsgesetzes erforderlich wird, hält sich also im Rahmen der seinerzeit angegebenen vorsichtigen Schätzung (etwa 0,3 Beitragsprozent). Anlage 29 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/2868 Frage 107) : In welcher Weise wird das Urteil des Zehnten Senats des Bundessozialgerichts — Az. 10 RV 333'66 —, das einen Anspruch auf die sogenannte „Bräuteversorgung" nach dem BVG auch dann als gegeben ansieht, wenn aus dem Verlöbnis kein Kind hervorgegangen ist, die bisherige Haltung der Bundesregierung und die sich daraus ergebenden Rechtsvorschriften zu ändern in der Lage sein? Nach den vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung zu § 89 des Bundesversorgungsgesetzes aufgestellten Grundsätzen kann der Braut eines gefallenen Soldaten unter bestimmten Voraussetzungen Witwenversorgung im Wege des Härteausgleichs gezahlt werden. Nach diesen Grundsätzen war Voraussetzung, daß aus dem Verlöbnis ein Kind hervorgegangen ist. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung war dabei von dem Gedanken 9302 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 ausgegangen, daß die Mutter durch die Sorge für das Kind in vielen Fällen davon abgehalten wird, wirtschaftlich für sich selbst zu sorgen. Nunmehr hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 1. Februar 1968 entschieden, daß in besonders begründeten Ausnahmefällen auch eine kinderlose Soldatenbraut Witwenversorgung erhalten kann. Ein solcher Ausnahmefall liegt nach dem genannten Urteil vor, wenn die Braut durch den Verlust ihres Verlobten in persönlicher und wirtschaftlicher Beziehung in eine der Kriegerwitwe vergleichbare Lage geraten ist. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung wird die Grundsätze zu § 89 des Bundesversorgungsgesetzes auf Grund dieses Urteils ändern, sobald das Bundessozialgericht die schriftliche Begründung des Urteils niedergelegt hat. Eine Änderung des Bundesversorgungsgesetzes selbst ist nicht erforderlich. Anlage 30 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 16. April 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Tamblé (Drucksache V/2868 Frage 118) : Ist die Bundesregierung bereit, in Anbetracht der Entwicklung in der kleinen Hochseefischerei — größeren Bruttoraumgehalt, höhere Motorenstärke — das Befähigungszeugnis B 1 auf 36 BRT und das Befähigungszeugnis C 1 auf 300 PS-Motorenstärke aufzuwerten? Im Rahmen der Neufassung der Schiffsbesetzungsordnung ist beabsichtigt, die Befugnisse des Befähigungszeugnisses B 1 auf Fahrzeuge bis zu 36 BRT und die des Befähigungszeugnisses C 1 auf Maschinenanlagen bis zu einer Motorenstärke von 300 PS in der Küsten- und Kleinen Hochseefischerei zu erweitern. Anlage 31 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Kempfler (Drucksache V/2868 Frage 119) : Erwägt die Bundesregierung angesichts der üblichen Höchstgeschwindigkeit der modernen Schlepper die Begrenzung der Fahrterlaubnis für Inhaber der Klasse IV des Führerscheins von 20 km/h auf 30 km/h hinaufzusetzen? Nein, jedenfalls nicht in dem in der Frage erwähnten Umfang. Eine Erhöhung der durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 20 km/h für Kraftfahrzeuge der Fahrerlaubnisklasse 4 ist nicht auf 30 km/h, sondern nur auf 25 km/h vorgesehen. Diese Geschwindigkeitsgrenze entspricht dem Entwurf der EWG-Kommission „Vorschlag einer Richtlinie des Rates für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über landwirtschaftliche Zugmaschinen auf Rädern" (BT-Drucksache V/547). Die Einführung der Geschwindigkeitsgrenze von 25 km/h setzt jedoch die Verabschiedung dieser Richtlinie durch den Rat voraus. Die Bundesregierung wird dann den Geltungsbereich der Fahrerlaubnisklasse 4 entsprechend erweitern. Anlage 32 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 16. April 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Corterier (Drucksache V/2868 Frage 120) : Was sagt die Bundesregierung zu den in Inseraten einer „Interessengemeinschaft mittelständischer Betriebe in Baden-Württemberg, Sitz Freiburg" aufgestellten Behauptungen, das Verkehrspolitische Programm der Bundesregierung bringe eine „entschädigungslose Enteignung mittelständischer Betriebe"? Dem Bundesminister für Verkehr sind die in verschiedenen süddeutschen Tageszeitungen erschienenen Inserate einer „Interessengemeinschaft mittelständischer Betriebe in Baden-Württemberg, Sitz Freiburg" bekannt. Der Bundesminister für Verkehr hat in einer Pressemitteilung am 5. April 1968 zu der Anzeigenaktion Stellung genommen und dabei erklärt, daß hier in Verfälschung der Absichten der Bundesregierung und mit Hilfe unbewiesener Behauptungen versucht wird, einseitige Interessentenstandpunkte durchzusetzen. Kein Unternehmer werde aus Gründen des Verkehrspolitischen Programms seinen Betrieb einstellen müssen, auch kein Unternehmen des gewerblichen Güterfernverkehrs, denn das vorgesehene Transportverbot ausgewählter Massengüter im Fernverkehr solle erst zum 1. Juli 1970 in Kraft treten. Das bedeute eine lange Übergangs- und Anpassungszeit, in der die Unternehmen im kombinierten Verkehr Schiene/Straße und durch die Zunahme der nicht dem Verbot unterliegenden hochwertigen Gütertransporte neue Beschäftigung finden werden. Von Enteignung zu sprechen, wie es die Interessengemeinschaft in dieser Anzeigenaktion tut, sei daher eine böswillige Unterstellung. Das Verkehrspolitische Programm zielt darauf ab, den Transport von Massengütern auf weiten Entfernungen von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Damit ist sowohl der Deutschen Bundesbahn wie auch den Autofahrern geholfen; denn wenn nichts geschieht, — wird sich die Situation auf unseren Fernstraßen weiter verschlechtern, — müssen wir für die Bundesbahn bald jährlich 5 Milliarden DM aufbringen, — ist die mittelfristige Finanzplanung des Bundes nicht mehr einzuhalten, — sind deshalb allgemeine Steueranhebungen unausbleiblich. Der Bundesminister für Verkehr vertraut darauf, daß die Öffentlichkeit auch in Baden-Württemberg diese massierten Aktionen von Interessenten richtig einzuschätzen weiß. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 9303 Anlage 33 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Jaschke (Drucksache V/2868 Frage 121) : Besteht die Möglichkeit, daß die Deutsche Bundesbahn in Eilzügen, die über weite Strecken im Personenverkehr eingesetzt sind, ein Abteil für die Selbstbedienung der Fahrgäste mit Erfrischungsgetränken und Imbissen einrichtet? Nein. Technische Gründe stehen dem entgegen. Die negativen Erfahrungen, die in Großbritannien mit einem Automatenbetrieb in Zügen gemacht worden sind, bestätigen das. Die Deutsche Bundesbahn hat deshalb begonnen, in Zusammenarbeit mit der Deutschen Schlaf- und SpeisewagenGesellschaft in den Schnellzügen ohne Speisewagen und in den über längere Strecken verkehrenden Eilzügen Servierwagendienste einzurichten. Die auf den Servierwagen gebotene Auswahl von Speisen und Getränken ist wesentlich reichhaltiger als das bei Automatenbetrieb mögliche Angebot. Anlage 34 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Zebisch (Drucksache V/2868 Fragen 122, 123 und 124) : Erwägt die Bundesregierung die für die Verbesserung der infrastrukturellen Lage Weidens und seines weiten Einzugsbereiches so wichtige Eisenbahnverbindung Weiden—Nürnberg in der nächsten Zeit auszubauen? Welche Kosten werden entstehen, wenn die Strecke für eine Geschwindigkeit von 80 km/h und mehr ausgebaut wird? Besteht die Möglichkeit, daß auf dieser Strecke anschließend mehr durchgehende Eil- oder D-Züge eingesetzt werden, da die jetzigen durchgehenden Züge völlig unzureichend sind? Maßnahmen wie der Ausbau der Strecke Weiden–Neukirchen für eine höhere Geschwindigkeit fallen in die eigene Zuständigkeit der Deutschen Bundesbahn. Die Deutsche Bundesbahn berücksichtigt sie in ihrem Wirtschaftsplan. Sie muß sich bei der Auswahl der einzelnen Vorhaben nach den finanziellen Möglichkeiten richten, wobei wirtschaftliche Überlegungen im Vordergrund stehen. Da die Untersuchungen und Verhandlungen mit Dritten im Augenblick noch nicht abgeschlossen sind, kann noch kein Zeitpunkt der Verwirklichung dieses Projektes von der Deutschen Bundesbahn angegeben werden. Nach Mitteilung der Deutschen Bundesbahn rechnet sie nach den neuesten Planungen mit einem Aufwand von etwa 3,2 Mio DM für die Erhöhung der Streckengeschwindigkeit auf 80 km/h und mit einem Aufwand von etwa 5,1 Mio DM bei einer Erhöhung der Geschwindigkeit auf 100 km/h. Die Deutsche Bundesbahn bemüht sich, im Rahmen ihrer Zuständigkeit bei ihrem Verkehrsangebot weitgehend Kundenwünsche zu berücksichtigen. Um die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Zugleistungen herbeizuführen, muß jedoch bei neu einzulegenden Zügen ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis bestehen. Sollte eine derartige Verkehrsnachfrage gegeben sein, wird es der Bundesbahn möglich sein, weitere durchgehende Züge einzulegen. Der Ausbau der Strecke ist hierfür nicht Voraussetzung. Gegenwärtig verkehren auf dieser Strecke täglich zwei Eilzugpaare und an Samstagen ein weiteres durchgehendes Eilzugpaar zwischen Weiden und Nürnberg. Anlage 35 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 9. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (Drucksache V/2868 Frage 125) : Kann die Bundesregierung zusichern, daß die Bundesautobahn Rhönlinie (Fulda—Schweinfurt) zum frühestmöglichen Termin freigegeben wird — u. U. zunächst einseitig in Richtung des Hauptferienverkehrs — nachdem anhaltend trockenes Wetter die Bauarbeiten inzwischen begünstigt hat, selbst wenn dabei der erstaunlicherweise bereits Anfang April für Ende Juli 1968 angekündigte offizielle Festakt vorverlegt werden müßte? Es ist selbstverständlich, daß die Bundesautobahn-Neubaustrecke Bad Hersfeld—Würzburg (Rhönlinie) zum frühestmöglichen Termin dem Verkehr übergeben wird. Der bekannte Freigabetermin ist sachgerecht festgesetzt worden. Die Auftragsverwaltungen der Länder Bayern und Hessen haben mir erneut bestätigt, daß nach der Ihnen gewiß bekannten Vorverlegung des früher genannten Freigabetermins eine weitere Vorverlegung unmöglich ist. Aus Gründen der Verkehrssicherheit halte ich es nicht für vertretbar, den Verkehr auf einer Fahrbahn — etwa in Nord-Süd-Richtung — zu eröffnen, wenn gleichzeitig noch Restarbeiten wie die Aufstellung von Leitplanken, Verkehrsschildern, Notrufeinrichtungen sowie das Anbringen der Markierung und die Bepflanzung an der in Betrieb befindlichen und an der noch fertigzustellenden Fahrbahn ausgeführt werden müssen. Anlage 36 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 9. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. MüllerEmmert (Drucksache V/2868 Fragen 126, 127 und 128) : Sind in der Öffentlichkeit verbreitete Behauptungen richtig, wonach der Verschiebebahnhof und das Bundesbahnausbesserungswerk in Kaiserslautern-Einsiedlerhof, die zusammen rund 1450 Bahnbedienstete beschäftigen, in ihrer Tätigkeit weiter eingeschränkt werden sollen, wodurch auch die Beschäftigtenzahlen des Bahnbetriebswerkes, Bahnbetriebswagenwerkes, der Signalmeisterei und der Fahrleitungsmeisterei in Kaiserslautern und der Bahnmeisterei auf dem Einsiedlerhof in Mitleidenschaft gezogen würden? Ist es richtig, daß der Verschiebebahnhof im Raume Saarbrücken für rund 34 Millionen DM ausgebaut werden soll, obwohl der Ausbau des Verschiebebahnhofes in Kaiserslautern, der sich bisher gut bewährt hat, nur rund 12 Millionen DM kosten würde und demnach weit billiger und wirtschaftlicher wäre? Berücksichtigt die Deutsche Bundesbahn bei ihren zukünftigen Entscheidungen im Bereich der Westpfalz, daß diese Region wirtschaftlich dringend gestärkt werden muß und deshalb bei der Erhaltung bestehender und der Schaffung neuer Arbeitsplätze jeglicher Hilfe bedarf? 9304 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 Zu Frage 126: Als Folge der Rationalisierungsbemühungen der Deutschen Bundesbahn (DB) hat das Arbeitsaufkommen für die Bundesbahnausbesserungswerke (AW) ständig abgenommen. Der Personalbestand mußte dieser Entwicklung laufend angepaßt werden. Er hat in der Zeit von 1952 bis 1967 um mehr als 50 % abgenommen. Im AW Kaiserslautern betrug der Rückgang des Personalbestandes im gleichen Zeitraum dagegen nur rd. 35 %. Seit Herbst 1965 besteht eine totale Zugangssperre für das Werkstättenwesen, wovon auch das AW Kaiserslautern betroffen ist. Wie mir die Hauptverwaltung der DB mitteilt, wird diese Sperre auch für das Jahr 1968 beibehalten werden. Größere organisatorische Veränderungen sind für das AW Kaiserslautern jedoch vorerst nicht geplant. Die DB ist bestrebt, ihren Betriebsaufwand u. a. auch durch die Konzentration der Rangieraufgaben auf wenige große, weitgehend automatisierte und im Schwerpunkt des Verkehrsaufkommens liegende Knotenbahnhöfe zu senken, Im Zuge dieser Maßnahmen beabsichtigt die DB, die Zugbildungsaufgaben für den Ferngüterzugverkehr im Rangierbahnhof Saarbrücken wegen seiner Lage im Schwerpunkt des Verkehrsaufkommens des Saargebietes zu konzentrieren. Mit dieser Maßnahme ist keinesfalls die Auflösung des Rangierbahnhofs Einsiedlerhof verbunden, sondern lediglich eine Einschränkung seiner Aufgaben auf den Bereich des Nahverkehrs. Zu Frage 127: Nach Schätzungen der DB wird der Umbau des Rangierbahnhofs Saarbrücken etwa 35 Mio DM kosten. Diese Investitionen müssen von der DB in nächster Zukunft auf jeden Fall getätigt werden, weil die Gleis- und Signalanlagen des Rangierbahnhofs Saarbrücken wegen ihres schlechten Erhaltungszustandes abgängig sind. Gleichzeitig werden mit dem Umbau die Anlagen nach den neuesten Erkenntnissen der Rangiertechnik modernisiert. Trotz einer gewissen Einschränkung des jetzigen Umfangs der baulichen Anlagen wird damit eine Steigerung der Leistungsfähigkeit erzielt, so daß es ohne wesentliche Mehrkosten möglich wird, Leistungen für die Bildung von Durchgangsgüterzügen von Einsiedlerhof nach Saarbrücken zu übernehmen. Es ist wirtschaftlich nicht vertretbar, für den Ausbau des Rangierbahnhofs Einsiedlerhof, der in nächster Nähe liegt, zusätzlich noch etwa 12 Mio DM zu investieren. Zu Frage 128: Die DB ist im Rahmen ihrer Möglichkeiten bestrebt, wirtschaftlich schwache Regionen zu unterstützen. Im Vordergrund ihrer Bemühungen müssen jedoch die Bedienung des Verkehrs und die Verbesserung der eigenen Wirtschaftlichkeit stehen. In diesem Rahmen sind Veränderungen im Personalbereich nicht zu vermeiden. Selbstverständlich werden alle Personalveränderungen nur nach Sozialplänen durchgeführt, die rechtzeitig aufgestellt werden. Entlassungen sind in keinem Fall vorgesehen. Anlage 37 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/2868 Frage 129) : Ist die Bundesregierung, nachdem die Preise fur Hochbordsteine in den letzten Jahren erheblich angestiegen sind, bereit, ihren Bundesbeitrag gemäß Abschnitt III Ziffer 12 der Ortsdurchfahrtenrichtlinien den heutigen Preisverhältnissen anzupassen? Die Bundesregierung prüft zur Zeit, ob und in welchem Umfang der finanzielle Beitrag des Bundes an die Gemeinden zur Herstellung von Hochborden an Gehwegen erhöht werden kann. Sie wird gegebenenfalls die Ortsdurchfahrtenrichtlinien ändern. Anlage 38 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 9. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Mommer (Drucksache V/2868 Fragen 130 und 131): In welchen europäischen Staaten braucht der einreisende Autofahrer eine grüne Versicherungskarte? Ist es richtig, daß in einigen europäischen Ländern Kraftfahrzeuge neu angemeldet werden können, ohne daß der Kfz-Brief vorgelegt werden muß, und auf diese Weise der Verkauf gestohlener Autos erleichtert wird? Zu Frage 130 In Österreich, Ungarn, der Schweiz und Liechtenstein braucht der deutsche Autofahrer keine grüne Versicherungskarte. Hier bestehen Gegenseitigkeitsvereinbarungen zwischen den Dachverbänden der Versicherungsunternehmen, wonach die Versicherer des Inlands alle vom Versicherungsvertrag erfaßten Schäden, die der Ausländer im Inland verursachte, abdecken. In Italien, Griechenland, Island, Portugal, Jugoslawien, Albanien, Bulgarien und der UdSSR ist deshalb keine grüne Versicherungskarte erforderlich, weil hier keine Pflichtversicherung für den Ausländer besteht. Der Nachweis bestehenden Versicherungsschutzes, der mit der grünen Versicherungskarte geführt wird, entfällt. Zu Frage 131 Es trifft zu, daß in zahlreichen europäischen Ländern bei der Neuanmeldung eines Kraftfahrzeuges von der Vorlage eines Kraftfahrzeugbriefes abgesehen wird. Während in Österreich, Italien, Griechenland, Norwegen, Portugal und Spanien ein besonderer Nachweis der Verfügungsberechtigung über das anzumeldende Kraftfahrzeug (z. T. die Vorlage einer notariellen Beglaubigung des Kaufvertrages) geführt werden muß, besteht in Frankreich, den Niederlanden, Großbritannien, Dänemark, Schweden, Finnland, der Schweiz und Luxemburg eine dahin gehende Forderung nicht. Im Rahmen des Europarates bestehen Bemühungen, ein Fahrzeugpapier einzuführen, das als Eigentumsnachweis Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 9305 dienen soll. Es ist jedoch nicht abzusehen, ob und wann diese Bemühungen Erfolg haben werden. Anlage 39 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Lenz (Bergstraße) (Drucksache V/2868 Frage 132) : Warum ist die Bundesregierung der Autfassung, daß der Zeitpunkt der endgültigen Beschlußfassung durch den Rat der Europäischen Gemeinschaften über eine Verordnung über gemeinsame Regeln für die Normalisierung der Konten der Eisenbahnunternehmen (Drucksache V/2662) noch nicht abzusehen ist, nachdem der Rat der EWG am 14. Dezember 1967 beschlossen hat, eine derartige Verordnung vor dem 31. Dezember 1968 zu genehmigen? Es trifft zwar zu, daß der Rat der Europäischen Gemeinschaften am 14. 12. 1967 u. a. beschlossen hat, noch vor dem 31. 12. 1968 eine „Verordnung über die gemeinsamen Regeln für die Normalisierung der Konten der Eisenbahnunternehmen" zu verabschieden. Damit ist jedoch eine rechtzeitige Verabschiedung noch nicht gewährleistet. Art. 75 des EWG-Vertrages schreibt zwingend vor, daß der Rat auf dem Gebiet der gemeinsamen Verkehrspolitik Maßnahmen nut erlassen dart, wenn er z u v o r das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuß angehört hat. Diese Gremien benötigen jedoch zur Erarbeitung ihrer Stellungnahmen erfahrungsgemäß eine Zeit von mindestens 6-12 Monaten. Der Vorschlag über die Normalisierung der Eisenbahnkonten liegt beiden Gremien seit dem 9. 3. 1968 vor. Es ist fraglich, ob ihre Stellungnahmen so rechtzeitig ergehen werden, daß der Rat noch bis zum Jahresende über die Normalisierungsverordnung Beschluß fassen kann. Die Bundesregierung wird jedoch darauf drängen, daß die Verordnung, sobald die Stellungnahmen der europäischen Gremien vorliegen, vom Rat zügig beraten und verabschiedet wird. Anlage 40 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Graaf (Drucksache V/2868 Frage 133) : Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt, auf Grund des Ergebnisses in der Versuchszeit von Januar bis April 1968 die Aktion „50 Prozent Fahrpreisermäßigung für über 65 Jahre alte Personen" auf weitere Monate auszudehnen? Die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt nicht, die Fahrpreisermäßigung für ältere Reisende in den kommenden Monaten fortzuführen. Anlage 41 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ramms (Drucksache V/2868 Frage 134) : Stimmen Nachrichten, nach denen die Bundesregierung bei den Beratungen in Genf über die Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung ihren zunächst unterbreiteten Vorschlag au( Zulassung der gelbroten Warnblinkanlagen auf internationaler Ebene wieder zurückgezogen hat? Nein. Die Bundesregierung hat ihren Antrag auf Änderung des Entwurfs für das neue Weltabkommen über den Straßenverkehr nicht zurückgezogen. Anlage 42 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ramms (Drucksache V/2868 Frage 135) : Vertritt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Erweiterung des bisherigen Verkehrssystems um einen neuen Verkehrsträger staatliche Maßnahmen erfordert, wenn frühere Investitionen der bisherigen Verkehrsträger in einem gesamtwirtschaftlich bedenklichen Ausmaß entwertet werden? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß im Verkehr, ebenso wie in der Wirtschaft insgesamt, die technische Entwicklung und die sich daraus ergebenden Strukturveränderungen nicht aufgehalten werden sullen, wenn sie dem gesamtwirtschaftlichen Fortschritt dienen. Das gilt grundsätzlich auch für das neue Transportmittel der Rohrleitungen für Mineralölprodukte, das Sie in Ihren Anfragen behandeln. Es muß daher in erster Linie der unternehmerischen Initiative überlassen bleiben, sich auf solche Entwicklungen einzustellen. Sollten jedoch derartige Strukturveränderungen innerhalb einer kurzen Zeitspanne in einer Stärke auftreten, daß soziale Spannungen, erhebliche wirtschaftliche Reibungsverluste und Rückwirkungen auf den Bundeshaushalt unausbleiblich sind, wird die Bundesregierung rechtzeitig geeignete Maßnahmen in Erwägung ziehen. Zur Zeit scheint ihr dies auf Grund der Abwägung aller Gesichtspunkte nicht erforderlich. Anlage 43 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ramms (Drucksache V/2868 Frage 136) : Welche gesetzlichen Regelungen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, urn beim Bau von Mineralproduktenrohrleitungen die Prüfung und Beachtung verkehrswirtschaftlicher Belange zu sichern und dadurch der entstehenden Minderauslastung der klassischen Verkehrsträger und ihrer Infrastruktur mit den daraus resultierenden volkswirtschftlichen Nochteilen zu begegnen? Wie ich Ihnen bereits in einer schriftlichen Antwort auf eine Frage vom November 1967 (Anlage 16 des Bundestagsprotokolls über die 133. Sitzung am 10. November 1967) mitgeteilt habe, ist im Grundgesetz eine spezielle Bundeskompetenz für Mineralölleitungen nicht vorgesehen. Die Bundesregierung beabsichtigt zur Zeit auch nicht, zusätzliche gesetzliche Regelungen für den Bau und Betrieb von Mineralölproduktrohrleitungen zu schaffen. 9306 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 Anlage 44 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Opitz (Drucksache V/2868 Fragen 137 und 138) : Wann wird das Planfeststellungsverfahren für die Bundesautobahn Ruhrgebiet—Ostfriesland zum Abschluß kommen? Welcher Linienführung wird die Bundesautobahn folgen? Die Bundesautobahn Ruhrgebiet–Ostfriesland befindet sich noch im Stadium der Voruntersuchungen. Die Linie der neuen Autobahn liegt im einzelnen noch nicht fest. Über den Zeitpunkt der Einleitung und des Abschlusses des Planfeststellungsverfahrens können daher zur Zeit noch keine Aussagen gemacht werden. Anlage 45 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Hammans (Drucksache V/2868 Fragen 139, 140 und 141): Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Deutsche Bundesbahn mit Wirkung vom 1. Januar 1968 ihre Mindestvergütungssätze für Gestattungen um 100 °/o und mehr erhöht hat? Teilt die Bundesregierung meine Ansicht, daß Erhöhungen solchen Ausmaßes, ganz gleich, ob ein kommunaler Tarif oder eine Gestattungsgebühr erhöht wird, wirtschaftspolitisch bedenklich und psychologisch als Aufforderung für andere Kreise verstanden werden könnten, anhand des Beispiels eines Bundesunternehmens gleiches zu veranlassen? Ist es denkbar, daß die von der Deutschen Bundesbahn gel. tend gemachten, seit 1960 eingetretenen Grundstückswerterhöhungen, die sie zur Erhöhung ihrer Gestattungsgebühr veranlassen, auch beim Bahnkörper zu verzeichnen sind? Ja, der Bundesregierung ist bekannt, daß die Deutsche Bundesbahn ihre Mindestvergütungssätze für Gestattungen vom 1. Januar 1968 an erhöht hat. Verdoppelt wurden jedoch nur die Jahresvergütungssätze von 10,— DM und 20,— DM. In allen anderen Fällen ist die Erhöhung geringer. Eine Erhöhung der Nettovergütungen im bedeutenden Bereich der Kreuzungen von Bundesbahngebiet durch Leitungen der öffentlichen Versorgungsunternehmen ist von der Bundesbahn z. Z. nicht vorgesehen. Ihre Auffassung in Frage 140 teilt die Bundesregierung nicht. Die neuen Jahressätze sind immer noch so niedrig, daß bedenkliche Auswirkungen wirtschaftlicher Art nicht zu erwarten sind. Bei der Beurteilung der Höhe der wiederkehrenden Gestattungsvergütungen darf nicht übersehen werden, daß es sich um jährliche Vergütungen handelt. Bei den bisherigen minimalen Jahressätzen von 10,— DM und 20,— DM ist die jetzige Verdoppelung allein schon durch den höheren Verwaltungsaufwand (Unterhaltungsarbeiten und wiederkehrende Prüfungen usw.) gerechtfertigt. Grundsätzlich ist das nicht denkbar. Gestattungen im Zusammenhang mit dem Bahnkörper betreffen in aller Regel Leitungskreuzungen. Hierbei richtet sich die Gestattungsvergütung nicht nach dem Grundstückswert, sondern im wesentlichen nach dem Nutzungswert für den Gestattungsnehmer und nach dem Verwaltungsaufwand der Deutschen Bundesbahn. Anlage 46 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Rollmann (Drucksache V/2868 Frage 142) : Aus welchen Gründen wird seit geraumer Zeit im internationalen Flugverkehr auf den Flughäfen der Bundesrepublik Deutschland das Ausfüllen von Landekarten verlangt? Die Anfrage bezieht sich offenbar auf die Wiedereinführung der Aussteigekarte, zu der ich bereits auf Anfrage des Kollegen Kahn-Ackermann in der 148. Sitzung des Deutschen Bundestages — Anlage 42 zum Protokoll vom 19. Januar 1968 — Stellung genommen habe. In den letzten Jahren haben wiederholt Personen, die aus überseeischen Gebieten auf dem Luftwege in die Bundesrepublik Deutschland einreisten, die Pocken eingeschleppt. In diesen Fällen hat es den Gesundheitsbehörden oft große Schwierigkeiten bereitet, die Kontakpersonen zu ermitteln; dies soll durch die Aussteigekarte ermöglicht werden. Die Grenzpolizeidienststellen auf den Verkehrsflughäfen ziehen die Aussteigekarten ein und bewahren sie — für jeden Flug getrennt — für die Dauer der Inkubationszeit auf, damit sie erforderlichenfalls den Gesundheitsbehörden der Länder die Anschriften aller Kontaktpersonen eines an Pocken Erkrankten sofort mitteilen können Außerdem ermöglicht die Frage nach dem Flughafen, auf dem die Flugreise begonnen wurde, dem Paßkontrollbeamten ohne nähere Befragung des Fluggastes die Entscheidung, ob er von dem Fluggast einen gültigen Pockenimpfschein verlangen muß oder nicht. Anlage 47 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Freyh (Drucksache V/2868 Frage 143) : Sieht die Bundesregierung die Möglichkeit, den Bau einer Flughafenbahn zwischen dem Flughafen Rhein/Main und dem Gleisnetz der Deutschen Bundesbahn so rechtzeitig zu fördern, daß bereits Anfang 1969 mit dem Bau begonnen werden kann? Ja. Im März wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die eine technisch und wirtschaftlich vertretbare Lösung so rechtzeitig erarbeiten soll, daß ein Baubeginn 1969 möglich sein wird. Die Vorarbeiten, die Entscheidung der Arbeitsgruppe vorzubereiten, sind in vollem Gange. Die Vordringlichkeit, den Flughafen wegen seines fortgeschrittenen Ausbaues einschließlich des damit zusammenhängenden Straßennetzes an das Schienennetz der Deutschen Bundesbahn anzubinden, ist mir bekannt. Das Verkehrspolitische Programm der Bundesregierung hat daher auch die Anbindung des Großflughafens Frankfurt/Main in seine Zielsetzung aufgenommen. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 9307 Anlage 48 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 9. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Josten (Drucksache V/2868 Fragen 144 und 145) : Wie hat sich die internationale Zusammenarbeit bei den Eisenbahnen im Westen wie im Osten Europas in den letzten Jahren entwickelt? Bis wann kann mit dem Abschluß der Einführung einheitlicher Kennzeichen für die Personen- und Güterwagen im internationalen Verkehr gerechnet werden? Zu Frage 144 Zur Frage der internationalen Zusammenarbeit der Eisenbahnen übersende ich Ihnen vorerst die beiliegende Zusammenstellung. Zu Frage 145 Die einheitliche Kennzeichnung der Eisenbahnwagen muß aufgrund internationaler Vereinbarungen bis zu folgenden Terminen durchgeführt sein: Reisezugwagen für den internationalen Verkehr 31. 5. 1969 Reisezuwagen für den Binnenverkehr 31. 10. 1970 Güterwagen 1. 10. 1968 Wie mir die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn mitteilt, wird die Deutsche Bundesbthn diese Termine einhalten. Anlage zum Schreiben der Abteilung E vom 6. Mai 1968 — E 1 — Abu — 225 Ve 68 Internationale Zusammenarbeit der Eisenbahnen Die Zusammenarbeit der DB mit anderen Eisenbahnverwaltungen wird nach Art und Umfang in erster Linie von der Notwendigkeit bestimmt, Vereinbarungen für die durchgehende Abfertigung von Personen und Gütern, für die Schaffung internationaler Fahrpläne im Personen- und Güterverkehr, für den Übergang von rollendem Material zu treffen. Außerdem hat sich ein gemeinsames Vorgehen bei Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, insbesondere zur Nutzung moderner Techniken für den Eisenbahnbetrieb, als zweckmäßig erwiesen. Es bestehen folgende Zusammenschlüsse: a) Organisationen, in denen westliche und östliche Eisenbahnverwaltungen vertreten sind: Internationaler Eisenbahnverband — UIC —, Dachorganisation mit Koordinierungsaufgaben; Tätigkeit auf allen Gebieten des Eisenbahnwesens; Ausschüsse und Büros für Teilaufgaben. Internationale Eisenbahn-Kongreßvereinigung — AICCF —: z. Z. Untersuchungen über den Verkehr mit hohen Geschwindigkeiten bei den Eisenbahnen, Europäische Güterzug-Fahrplankonferenz, Europäische Reisezug-Fahrplankonferenz, Internationaler Personen- und Gepäckwagenverband, Internationaler Güterwagenverband, Internationales Eisenbahn-Transportkomitee, Forschungs- und Versuchsamt des Internationalen Eisenbahnverbandes, Europäischer Paletten-Pool, Internationale Gesellschaft der Eisenbahnen für Kühltransporte (INTERFRIGO), Intercontainer, Verband der Straßenverkehrsdienste der europäischen Eisenbahnen. b) Organisationen, in denen nur westliche Eisenbahnverwaltungen vertreten sind: Europäische Gesellschaft für die Finanzierung von Eisenbahnmaterial (EUROFIMA) (CEMTLänder; Jugoslawien), Europäische Güterwagengemeinschaft (EUROP), Transeuropexpreßgruppe (TEE). c) Organisationen, in denen nur östliche Eisenbahnverwaltungen vertreten sind: Organisation für die Zusammenarbeit der Eisenbahnen (u. a. Bearbeitung der Personen- und Güterverkehrsabkommen S.M.P.S. und S.M.G.S.), Gemeinsamer Güterwagenpark (OPW). Die DB ist Mitglied aller unter a) und b) genannten Organisationen. Einige Organismen minderer Bedeutung sind nicht aufgeführt. Als besondere Fragen, die in letzter Zeit von östlichen und westlichen Eisenbahnverwaltungen behandelt wurden, sind zu nennen: automatische Kupplung, elektropneumatische Bremse, Kodifizierung, Anwendung der Kybernetik im Eisenbahnwesen. Die Zusammenarbeit in den genannten Organisationen war allgemein gut; wesentliche Veränderungen in Zusammenfassung und Arbeitsweise haben sich in den letzten Jahren nicht ergeben. Anlage 49 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Pausch vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Peiter (Drucksache V/2868 Frage 146) : Ist die Bundesregierung bereit, die Bestimmungen über die Zustellung von Postsachen so zu ändern, daß die Zustellung von Eilbriefen insofern beschleunigt wird, indem bei Abwesenheit des Empfängers nicht der Benachrichtigungsschein sondern der Eilbrief am Ort der Zustellung hinterlassen wird? Die Bestimmungen über die Zustellung von Postsachen bedürfen deshalb keiner Änderung, weil bereits nach den geltenden Betriebsvorschriften 9308 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 gewöhnliche Eilbriefe bei Abwesenheit der Empfangsberechtigten durch den Hausbriefkasten zugestellt werden, wenn beim zuständigen Postamt kein Nachsendungsantrag des Empfängers vorliegt. Ein Benachrichtigungsschein muß allerdings anstelle der Sendung dann hinterlassen werden, wenn es sich um Einschreib-, Nachnahme- oder Nachgebührensendungen handelt oder wenn die Sendung infolge ihres Umfanges nicht in den Hausbriefkasten eingelegt werden kann. Dies gilt natürlich auch, falls eine solche Vielzahl von Sendungen vorliegt, daß hiervon nur ein Teil im Briefkasten unterzubringen ist. Anlage 50 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Pausch vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Baron von Wrangel (Drucksache V/2868 Fragen 147, 148 und 149) : Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um das täglich mit der Teilung Deutschlands konfrontierte Zonenrandgebiet aus den Erschwernissen der nun auch noch im Bereich des Fernmeldewesens eingeführten Teilung herauszulösen, d. h. alle schleswigholsteinischen Fernsprechanschlüsse im Amtlichen Fernsprechbuch Schlewig-Holstein unterzubringen? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die bewährte, der engen Verflechtung mit dem Hamburger Wirtschaftsraum entsprechende gleichzeitige 'Eintragung der Fernsprechanschlüsse im Hamburg-Randgebiet im Amtlichen Fernsprechbuch Hamburg wieder sicherzustellen? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um der Deutschen Bundespost den finanziellen Mehraufwand für Doppeleintragungen gemäß Frage 148 von der Hand zu halten? Die rasch zunehmende Teilnehmerzahl zwang zu einer Teilung des Fernsprechbuches Hamburg, das ursprünglich für die Bezirke der Oberpostdirektionen Hamburg und Kiel gemeinsam herausgegeben worden war. Diese Teilung lag im Interesse der Teilnehmer, weil das Buch zu unhandlich geworden wäre. Die Grenzen der Geltungsbereiche beider Fernsprechbücher sind im Einvernehmen mit allen zuständigen Stellen in Hamburg und Kiel ausschließlich nach den Verkehrsbedürfnissen der Teilnehmer abgestimmt und entsprechend festgelegt worden. Wie die Praxis überzeugend bestätigt hat, ist der Gesprächsverkehr der zum Land Schleswig-Holstein gehörenden und an die Hauptvermittlungsstelle Hamburg angeschlossenen Fernsprechkunden hauptsächlich nach Hamburg und darüber hinaus ausgerichtet. Diese Teilnehmer gehören also nach gegebener Verkehrsstruktur, geschäftlichen Interessen und betrieblichen Notwendigkeiten eindeutig zum Geltungsbereich des Fernsprechbuchs Hamburg. Nur ein geringer Anteil von etwa 12 '0/o der von diesen Teilnehmern geführten Gespräche entfällt auf Schleswig-Holstein. Um den durch die Teilung der beiden Fernsprechbücher entstandenen Übergang für das Zonenrandgebiet zu erleichtern, wurden ausnahmsweise die Teilnehmereinträge noch zwei Jahre lang gleichzeitig im Fernsprechbuch Kiel aufgeführt. Diese Doppeleintragungen haben der Deutschen Bundespost Kosten in Höhe von 260 000 DM verursacht. Nach Ablauf der Übergangszeit bestanden bei den klar konsolidierten Betriebsverhältnissen keine Voraussetzungen für weitere Doppeleintragungen mehr, deren Kosten weder die Deutsche Bundespost noch das Land Schleswig-Holstein übernehmen konnten. im Einvernehmen mit der Landesregierung Schleswig-Holstein entfielen daher ab Ausgabe 1967 die Doppeleintragungen dieser Ortsnetze. Die Namen der zum Fernsprechbuch Hamburg gehörenden schleswig-holsteinischen Orte werden jedoch im Fernsprechbuch Schleswig-Holstein mit entsprechendem Hinweis auf das Fernsprechbuch Hamburg auch künftig aufgeführt. Außerdem können die Teilnehmer das zusätzlich gewünschte Fernsprechbuch bei jeder Postanstalt zum üblichen Verkaufspreis bestellen. Das amtliche Fernsprechbuch Hamburg, Auflage 1968, kostet 10,60 DM und das für Kiel 5,60 DM. In dringenden Einzelfällen bietet sich außerdem für alle Teilnehmer die Möglichkeit, die gewünschte Rufnummer kostenlos bei der Fernsprechauskunft zu erfragen. Für die von Ihnen gewünschten Doppeleintragungen der zum Geltungsbereich Schleswig-Holstein gehörenden Anschlüsse des „Hamburger Randgebiets" im Hamburger Fernsprechbuch gilt sinngemäß Gleiches wie vorstehend gesagt. Bei diesem Sachstand sieht die Bundesregierung weder eine Veranlassung noch eine Möglichkeit, etwas für erneute Doppeleintragungen tun zu können. Bei der Haushaltslage wäre sie auch nicht in der Lage, den finanziellen Mehraufwand für Doppeleintragungen zu übernehmen. Anlage 51 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Leicht vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Collet (Drucksache zu V/2868 Fragen 157, 158 und 159) : Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, nach der die deutschen Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Rahmen der NATO-Verträge eine Tätigkeit im deutschen öffentlichen Interesse ausüben? Worin unterscheidet sich nach Meinung der Bundesregierung die Tätigkeit der deutschen Arbeitnehmer bei NATO-Streitkräften in der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich ihrer Auswirkung für die deutsche Verteidigungspolitik von der Tätigkeit der deutschen Arbeiter, Angestellten und zivilen Beamten bei der Bundeswehr? In welcher Weise beabsichtigt die Bundesregierung ihre Fürsorgepflicht gegenüber diesen Arbeitnehmern hinsichtlich ihrer arbeitsrechtlichen und sozialen Sicherung zu erfüllen? Die Bundesregierung teilt Ihre Auffassung, daß die Tätigkeit der deutschen Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften dazu beiträgt, deren Verteidigungsbereitschaft im Rahmen der NATO zu erhalten und zu stärken. Sie liegt folglich im deutschen öffentlichen Interesse. Für die deutsche Verteidigungspolitik ist die Tätigkeit der deutschen Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften von ähnlicher Bedeutung wie die vergleichbare Tätigkeit der zivilen Arbeitskräfte bei der Bundeswehr. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 9309 Die Beschäftigung bei den Stationierungsstreitkräften gleicht dem Dienst in der Bundeswehr jedoch nicht in der Hinsicht. Dies ergibt sich schon aus der Arbeitgeberstellung der ausländischen Streitkräfte. Das Ziel rechtlicher Gleichstellung ist mit dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut seit dem Jahre 1963 weitgehend erreicht worden. Nach diesem Abkommen gelten die für die zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr maßgebenden gesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des Arbeits- und Sozialrechts grundsätzlich auch für die Beschäftigungsverhältnisse der zivilen Arbeitskräfte bei den ausländischen Truppen in der Bundesrepublik. Soweit das Zusatzabkommen aber noch Regelungen enthält, die von diesem Grundsatz zum Nachteil der Arbeitnehmer abweichen, verhandelt die Bundesregierung zur Zeit mit den Regierungen der Entsendestaaten über eine Änderung dieser Vorschriften. Über den Stand dieser Verhandlungen ist dem Hohen Hause mehrfach, zuletzt am 23. Juni 1967, berichtet worden. Eine arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht gegenüber den deutschen Arbeitnehmern bei den Stationierungsstreitkräften obliegt dem Arbeitgeber, also den Stationierungsstreitkräften. Die Bundesregierung tritt nach Artikel 44 des Truppenvertrages als Treuhänder auch im Interesse der Arbeitnehmer auf und hat für die Belange der exempten Stationierungsstreitkräfte die Stellung als Tarifvertragspartei gegenüber den gewerkschaftlichen Organisationen. Insoweit hat sie seit 1955 am Zustandekommen tarifvertraglicher Vereinbarungen mitgewirkt, die im Ergebnis die Tarifvertragsparteien zufriedengestellt haben. In diesem Rahmen hat sie maßgeblich dazu beigetragen, die soziale Sicherheit dieses Personenkreises ständig zu verstärken. Anlage 52 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Wittrock vom 10. Mai 1968 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Baier Drucksache zu V/2868 Frage 160) : Sieht die Bundesregierung die starke Übereinstimmung der britischen Planungen zur Einführung von regionalen Omnibusnetzen (Ausführungen des dritten britischen Weißbuches über den öffentlichen Personenverkehr) mit den seit längerer Zeit in der Bundesrepublik Deutschland von der Raumordnung, dem Deutschen Landkreistag, dem Deutschen Gemeindetag, dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städtehund sowie dem Deutschen Bauernverband gestellten Forderungen zur Neuordnung des öffentlichen Personenverkehrs mit Omnibussen als eine Bestätigung ihres im Verkehrspolitischen Programm enthaltenen Entwurfs zur Änderung des geltenden Personenbeförderungsgesetzes an? Ihre Frage, sehr geehrter Herr Abgeordneter, ist zu bejahen, soweit es sich um das von der Bundesregierung in gleicher Weise wie von der britischen Regierung gemeinsam verfolgte Ziel einer Verbesserung der öffentlichen Verkehrsbedienung handelt. Bei den Methoden zur Verwirklichung dieses Ziels gehen die Vorstellungen allerdings zum Teil auseinander. Anlage 53 Schriftliche Antwort des Bundesministers Benda vom 10. Mai 1968 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Haase (Kassel) (Drucksache V/2868 Fragen 39, 40 und 41) : Wie groß ist die Zahl der Personen, die in der vergangenen Woche an den Ausschreitungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland beteiligt war? Welchen Personen- und Sachschaden hatten diese auf die Vernichtung der freiheitlichen Grundordnung zielenden Terrorakte im Gefolge? Gegen wie viele Teilnehmer an den Ausschreitungen sind bereits Strafverfahren eingeleitet worden oder noch zu erwarten? Zur Frage 39: 1. Anzahl der Teilnehmer (ohne Ostermarschierer) an Demonstrationen 5000 bis 18 000 täglich davon an Demonstrationen mit Ausschreitungen 4000 bis 11 000 täglich 2. Anzahl der Städte mit Demonstrationen 9 bis 27 täglich 3. Anzahl der Demonstrationen mit Ausschreitungen: insgesamt 26 Zur Frage 40 1. Personenschäden a) über die Zahl der verletzten Demonstranten und Unbeteiligten liegen keine zuverlässigen Angaben vor; viele verletzte Demonstranten wurden der Polizei nicht bekannt. Leichter Verletzte haben sich oft ohne fremde Hilfe vom Demonstrationsort entfernt. Demonstranten mit schweren Verletzungen sind oft ohne Zutun und ohne Wissen der Polizei u. a. vom Roten Kreuz weggefahren worden. Den Innenministern (-senatoren) der Länder sind bekanntgeworden: Verletzte Demonstranten 25 Fälle verletzte Unbeteiligte 8 Fälle. Nach Pressemitteilungen (z. B. Spiegel Nr. 17 Seite 27) sind verletzt worden: In Berlin 200 Demonstranten In Hamburg 60 Demonstranten In Frankfurt/M. 30 Demonstranten Es wäre aber falsch, jede Verletzung der Polizei anzulasten; ich erlaube mir, in diesem Zusammenhang auf die tödlichen Verletzungen bei dem Reporter Frings und dem Studenten Schreck hinzuweisen. b) Die Zahl der verletzten Polizeivollzugsbeamten beträgt 280. 9310 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 173. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Mai 1968 2. Sachschäden Die Höhe des den Innenministern (-senatoren) der Länder bekanntgewordenen Sachschadens beträgt ca. 100 000,— DM. In dieser Angabe sind nicht die Schäden enthalten, die Springer geltend macht. Ein großer Teil der Schadenssumme entfällt auf Schäden, die der Polizei u. a. an Ausrüstung entstanden sind. Zur Frage 41 Gegen 827 Personen wurden polizeiliche Ermittlungsverfahren eingeleitet, und zwar u. a. wegen Auflauf (§ 116 StGB) Aufruhr (§ 115 StGB) Landfriedensbruch (§ 125 StGB) Widerstand gegen Vollstreckungs- beamte (§ 113 StGB) In wieviel Fällen die Staatsanwaltschaft Anklage erheben und in wieviel Fällen das Gericht dann Verurteilungen aussprechen wird, kann heute noch nicht übersehen werden.
Gesamtes Protokol
Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517300000
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung gratuliere ich dem Herrn Abgeordneten Hörauf zum 60. Geburtstag.

(Beifall.)

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung um die in der Ihnen vorliegenden Liste bezeichneten Vorlagen ergänzt werden. Das Haus ist einverstanden; es so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 6. Mai bzw. 8. Mai 1968 mitgeteilt, daß des Ausschuß gegen die nachstehenden Verordnungen, die zwischenzeitlich im Rat beschlossen wurden, keine Bedenken erhoben habe:
Verordnung des Rates fiber die Errichtung einer Gemeinsamen Marktorganisation für lebende Pflanzen und Waren des Blumenhandels
— Drucksache V/1514 —
Verordnung des Rates über die Festsetzung von Qualitätsnormen für Bulben, Blumenzwiebeln und Knollen
Verordnung des Rates über die Festsetzung von Qualitätsnormen für frische Schnittblumen und frisches Blattwerk
Drucksache V/1515 —
Verordnung des Rates zur Festsetzung eines Ausgleichsbetrages für Weichweizen, Gerste und Mais, die sich am Ende des Wirtschaftsjahres 1967/1968 auf Lager befinden und für die Ausfuhr bestimmt sind
— Drucksache V/2747 —
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 131/67 EWG hinsichtlich der bei der Bestimmung der abgeleiteten Interventionspreise für Getreide zu berücksichtigenden Transportkosten
— Drucksache V/2794 —
Verordnung des Rates zur Festlegung der wesentlichsten Handelsplätze für Getreide und der für diese Handelsplätze geltenden abgeleiteten Interventionspreise sowie des Interventionspreises für Mais für das Wirtschaftsjahr 196811969
— Drucksache V 2795 —
Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 8. Mai 1968 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachstehenden Verordnungen keine Bedenken erhoben habe:
Verordnung (EWG) Nr. 437/68 des Rates vom 9. April 1968 zur Änderung der Verordnung Nr. 111/64 EWG in bezug auf die bei der Einfuhr bestimmter Milcherzeugnisse zu erhebenden Abschöpfungsbeträge
Verordnung des Rates zur Berichtigung der deutschen und niederländischen Fassung der Verordnung Nr. 128/67 EWG und Nr. 130/67 EWG hinsichtlich der Bezeichnung bestimmter Getreidearten
Verordnung des Rates über die Bestimmung der Standartqualität für Rohzucker und des Grenzübergangsortes für die Berechnung der cif-Preise für Zucker
Verordnung des Rates zur Festlegung der allgemeinen Regeln für Interventionen durch den Kauf von Zucker
Der Präsident des Bundestages hat am 3. Mai 1968 gemäß § 96 der Geschäftsordnung_ die von der Bundesregierung als dringlich bezeichnete
Vierundvierzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1967 (Zollkontingent für gesalzenen Seelachs)

— Drucksache V/2870 —
m it der Bitte um fristgemäße Behandlung an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen überwiesen.
Meine Damen und Herren, wir müssen heute, ehe wir in die Tagesordnung eintreten und zur Fragestunde kommen, die Berichte des Vermittlungsausschusses bescheiden.
Ich rufe zunächst den ersten Zusatzpunkt auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über technische Arbeitsmittel
Drucksache V/2886
Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete Junghans. Ich frage, ob er das Wort wünscht. — Als Berichterstatter hat der Abgeordnete Junghans das Wort.

Hans-Jürgen Junghans (SPD):
Rede ID: ID0517300100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hat in seiner 321. Sitzung am 22. März 1968 das vom Bundestag in der 157. Sitzung beschlossene Gesetz über technische Arbeitsmittel abgelehnt. Die Bundesregierung hat mit Schreiben vom 4. April 1968 den Vermittlungsausschuß angerufen. Der Vermittlungsausschuß hat am 8. Mai den auf Drucksache V/2886 vorgelegten Antrag beschlossen. Damit wird das Gesetz praktisch unverändert zur Annahme empfohlen, abgesehen von einer kleinen Änderung in § 6. Der Abs. 3 des § 6 soll gestrichen werden, und damit soll die Anhörung des eingesetzten Ausschusses im Widerspruchsverfahren entfallen. Die anderen Änderungen folgen zwangsläufig aus der Streichung des Abs. 3.
Ferner ist noch eine Änderung in § 9 vorgenommen worden, nach der auch bei Verstößen gegen die Verordnungen nach § 4 die Bußgeldbestimmung in Kraft treten soll.
Der Vermittlungsausschuß bittet, die Vorlage so, wie sie in Drucksache V/2886 als Beschluß vorgeschlagen wird, anzunehmen.




Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517300200
Danke. — Keine Wortmeldungen.
Wir stimmen ab über den Antrag des Vermittlungsausschusses Drucksache V/2886. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! – Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe den zweiten Zusatzpunkt auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über eine Statistik der Einkommen- und Körperschaftsteuererklärungen
— Drucksache V/2887 —
Berichterstatter ist Herr Minister Wertz. Ich frage den Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Als Berichterstatter hat Herr Minister Wertz das Wort.
Wertz, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hatte wegen des Gesetzes über eine Statistik der Einkommen- und Körperschaftsteuererklärungen die Einberufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel der Aufhebung des Gesetzbeschlusses begehrt, nachdem er bereits im ersten Durchgang beschlossen hatte, den Gesetzentwurf abzulehnen. Der Vermittlungsausschuß hat sich die Ablehnungsgründe des Bundesrates zu eigen gemacht. Ich darf auf die Begründung des Bundesrates, die dem Gesetzentwurf der Bundesregierung als Anlage 2 beigefügt ist, und auf das Schreiben des Herrn Bundesratspräsidenten an den Herrn Vorsitzenden des Vermittlungsausschusses vom 5. April dieses Jahres verweisen. Hervorheben möchte ich lediglich, daß die mit dem Gesetzentwurf verfolgten Zwecke offenkundig nicht erreichbar sind. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung will im Rahmen seines gesetzlichen Auftrages kurzfristig und alljährlich ein zuverlässiges Bild der Einkommensbildung und -verteilung vermitteln. Dazu ist die beabsichtigte Einkommen- und Körperschaftsteuererklärungsstatistik nicht geeignet, weil ihre Ergebnisse erst 18 Monate nach Abschluß des Veranlagungsjahres vorliegen können, d. h. für das Jahr 1967 frühestens im Sommer 1969. Die Absicht, bis zur Vorlage des Jahresgutachtens im November Teilergebnisse auszuwerten, muß zur Verzerrung der statistischen Daten führen, weil in aller Regel bis in das erste Quartal des zweiten auf das Veranlagungsjahr folgenden Jahres die Erstattungen die Abschlußzahlungen übersteigen. Mit anderen Worten, der Veranlagungsrhythmus ist weitgehend mit der Reihenfolge der Abgabe der Steuererklärung identisch. Er bringt innerhalb der ersten 10 bis 12 Monate Ergebnisse, die unter den im Veranlagungsjahr entrichteten Vorauszahlungen liegen und deshalb nicht repräsentativ sind.
Ich bitte, dem Votum des Vermittlungsausschusses zu folgen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517300300
Herr Abgeordneter Ravens, wollen Sie hier eine Erklärung abgeben?

(Abg. Ravens: Nein, zur Abstimmung!)

— Dann lese ich Ihnen den bei § 91 der Geschäftsordnung abgedruckten § 10 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses vor — das kommt nämlich nicht so oft vor —:
Der Bundestag stimmt nur über den Einigungsvorschlag ab. Zu dem Vorschlag können vor der
Abstimmung Erklärungen abgegeben werden.

(Abg. Ravens: Eine Erklärung!)

— Also eine Erklärung nach § 91 der Geschäftsordnung. Dazu hat Herr Abgeordneter Ravens das Wort.

Karl Ravens (SPD):
Rede ID: ID0517300400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion darf ich erklären, daß wir den Antrag des Vermittlungsausschusses ablehnen werden, weil wir der Meinung sind, daß der vom Bundestag verabschiedete Gesetzentwurf über die Einführung einer Statistik der Einkommen- und Körperschaftsteuererklärung ein wesentlicher Fortschritt für zeitgerechte und für einen schnelleren Überblick bietende Steuerschätzungen und -zahlungen in Deutschland ist, die wir brauchen, um eine vernünftige Einkommens- und Vermögenspolitik betreiben zu können. Der Sachverständigenrat hat dazu alles Notwendige gesagt. Aus diesem Grunde bitten wir Sie, den Vermittlungsvorschlag abzulehnen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517300500
Das Wort zu einer Erklärung nach § 92 Geschäftsordnung hat die Frau Abgeordnete Funcke.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0517300600
Herr Präsident, meine Herren und Damen! Die FDP-Fraktion begrüßt den Beschluß des Vermittlungsausschusses und fühlt sich damit in den Bedenken, die die FDP-Fraktion von Anfang an gegen dieses Gesetz vorgetragen hat, bestätigt. Wir bitten, den Antrag anzunehmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517300700
Keine weiteren Erklärungen. Abstimmung. Wer dem Antrag des Ausschusses — damit das jedermann klar ist: das ist das, wofür der Herr Minister als Vertreter des Bundesrates plädiert hat — zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe. — Das zweite ist die Mehrheit, — also, meine Damen und Herren, ich weiß es selber nicht. Die Abstimmung muß wiederholt werden, durch Aufstehen bitte. — Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, also dem, was auf Drucksache V/2883 steht, bitte ich, sich zu erheben.— Gegenprobe. — Das zweite ist die Mehrheit; damit ist der Antrag des Ausschusses abgelehnt. Ich bitte, sich durch dieses doppelte Ablehnen nicht verwirren zu lassen. Dieser Antrag, der auf Drucksache V/2887 steht, ist vom Bundestag also abgelehnt.



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Ich rufe den dritten Zusatzpunkt auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG)
— Drucksache V/2888 —
Berichterstatter: Senator Dr. Heinsen
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. — Bitte sehr!
Dr. Heinsen, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg: Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten die Berichterstattung für beide Gesetze, das Ordnungswidrigkeitengesetz und das Einführungsgesetz, zusammenfassen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517300800
Dann rufe ich auch den vierten Zusatzpunkt auf.
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (EGOWiG)
— Drucksache V/2889 — Berichterstatter: Senator Dr. Heinsen
Dr. Heinsen, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg: Meine Damen und Herren! Vorweg darf ich sagen, daß der Bundesrat in seiner Sitzung am 26. April wegen beider Gesetze die Anrufung des Vermittlungsausschusses beschlossen und eine Reihe von Abänderungsempfehlungen gegeben hat. Der Vermittlungsausschuß hat sich in seiner Sitzung am 8. Mai auf die Empfehlungen geeinigt, die ich Ihnen jetzt vortragen will. Er hat dabei beschlossen, daß über die Änderungen im Deutschen Bundestag gemeinsam abzustimmen ist.
Noch eine weitere Vorbemerkung. Unter den Empfehlungen des Vermittlungsausschusses befinden sich einige materiell bedeutsame und eine Reihe von rein formalen, redaktionellen Berichtigungen, also Berichtigungen von Redaktionsversehen oder technischen Änderungen. Ich darf Ihr Einverständnis voraussetzen, daß ich diese mehr redaktionellen und technischen Änderungen hier nicht erläutere, sondern mich auf die insgesamt fünf für beide Gesetze bedeutungsvollen Punkte beschränke.
Beim Ordnungswidrigkeitengesetz handelt es sich um drei wichtige wichtige und fünf unwichtige Änderungen. Die erste wichtige Änderung betrifft den § 29 Abs. 2. Der Vermittlungsausschuß schlägt Ihnen hier vor, die endgültige Verjährung von Ordnungswidrigkeiten, wenn der Lauf der gesetzlichen Verjährungsfrist unterbrochen war, frühestens ein Jahr nach der Tat eintreten zu lassen. Nach dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz waren es z. B. bei Verkehrsordnungswidrigkeiten nur sechs Monate. Der Vermittlungsausschuß ist der Auffassung, daß diese Frist zu kurz ist, vor allem dann, wenn Verkehrsordnungswidrigkeiten von der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit Verkehrsstrafen ermittelt und verfolgt werden.
2 Der Vermittlungsausschuß schlägt Ihnen zu § 47 Abs. 2 und §§ 75, 77 Abs. 2 vor, die Fassung der Regierungsvorlage wiederherzustellen, wonach das Gericht vor Einstellung des Verfahrens der Zustimmung der Staatsanwaltschaft bedarf. Der Vermittlungsausschuß ist der Auffassung, daß diese Regelung erforderlich ist, um eine angemessene Berücksichtigung der öffentlichen Interessen zu sichern und auf diese Weise auch die Sachkenntnis der Verwaltungsbehörde im Felde der Ordnungswidrigkeiten zur Geltung zu bringen.
3. Zu §§ 79, 80 Abs. 1 und 83 Abs. 2 schlägt Ihnen der Vermittlungsausschuß ebenfalls Wiederherstellung der Regierungsvorlage vor, wonach die im schriftlichen Verfahren ergehenden Beschlüsse der Amtsgerichte nach Einsprüchen gegen Bußgeldbescheide mit einer Geldbuße von bis zu 200 DM unanfechtbar sein sollen. Der Grund dafür ist, daß nach Auffassung des Vermittlungsausschusses in diesem Bagatellbereich bei Bußgeld bis zu 200 DM keine zwei Rechtsmittel erforderlich sind. Ein Einspruch an die Amtsgerichte genügt. Die Oberlandesgerichte sollten von Rechtsbeschwerden in derart unbedeutenden Sachen entlastet werden.
Nun komme ich zum Einführungsgesetz für das Ordnungswidrigkeitengesetz. Es handelt sich hier um zwei bedeutungsvollere Änderungen. Die erste betrifft den Art. 2 Nrn. 6 und 7, d. h. die §§ 127 a und 132 der Strafprozeßordnung. Nach dem Gesetz, wie es bisher gilt, kann bei Straftaten von Beschuldigten, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen festen Wohnsitz haben, also z. B. durchreisende Ausländer, von der Festnahme abgesehen werden, wenn Sicherheit geleistet wird. Diese Sicherheit soll nach dem Gesetz nur der Sicherstellung des Strafverfahrens dienen.
Der Vermittlungsausschuß schlägt Ihnen hierzu vor, die Sicherheit auch auf die Sicherstellung der zu erwartenden Geldstrafe und der Verfahrenskosten zu erstrecken. Die Begründung dafür ist sehr einfach: das ist einfach technisch notwendig und zweckmäßig.
Der vielleicht bedeutungsvollste Änderungsvorschlag betrifft den Art. 2 Nr. 25, nämlich den § 467 der Strafprozeßordnung. Diese Vorschrift, die in den Beratungen in diesem Hohen Haus geändert worden war, zielt auf die Beseitigung des sogenannten Freispruchs zweiter Klasse ab, und zwar dadurch, daß der Staatskasse die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten in allen Fällen des Freispruchs, gleich aus welchen Gründen, auferlegt werden sollen. Bisher war — nach den Beratungen in diesem Hohen Haus — davon lediglich die Ausnahme gemacht, daß der Angeschuldigte seine Anwaltskosten selber tragen sollte, wenn er durch eine falsche Selbstbezichtigung das Verfahren iselbst in Gang gebracht hatte. In diesem Fall sollte er seine Anwaltskosten auch selber tragen. Ähnlich war dem Gericht das Ermessen eingeräumt worden, von der Auferlegung der



Senator Dr. Heinsen
Auslagen auf die Staatskasse abzusehen, wenn der Angeschuldigte die Anklageerhebung durch falsche, widersprüchliche oder unvollständige Angaben verschuldet hatte. Der Vermittlungsausschuß will es bei dieser Regelung belassen, schlägt Ihnen aber eine weitere Ausnahme vor. Wenn ein Angeschuldigter zwar eine strafbare Handlung begangen, also rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat, aber nur aus rein formellen Gründen nicht verurteilt werden kann, weil ein Verfahrenshindernis, z. B. Verjährung, besteht, soll das Gericht ebenfalls die Möglichkeit haben, von der Auferlegung der Auslagen auf die Staatskasse abzusehen. Der Ausschuß hat dabei insbesondere an NS-Gewaltverbrechen gedacht. Wenn wegen der langen Zeit, wie es häufig vorkommt, Zeugen, auf deren Aussagen im Ermittlungsverfahren die Staatsanwaltschaft ihre Mordanklage gründen konnte, sich in der Hauptverhandlung nicht mehr an Einzelheiten erinnern und deshalb der Mordvorwurf nicht zu beweisen ist, der Totschlag, der erwiesen ist, aber verjährt ist, muß ein Freispruch erfolgen, obwohl die Schuld des Täters feststeht. Die Verfahrenskosten, die eigentlichen Gerichtskosten soll auch in diesen Fällen nach wie vor die Staatskasse tragen. Der Vermittlungsausschuß war aber der Auffassung, daß die Öffentlichkeit kein Verständnis dafür hat, wenn der Staat einem Verbrecher, der nur aus rein formellen Gründen nicht verurteilt werden kann, auch noch die Anwälte bezahlt, vor allem in derartigen Fällen.
Meine Damen und Herren, das sind die Änderungen, die Ihnen der Vermittlungsausschuß vorschlägt. Ich bitte Sie, diesen Empfehlungen zuzustimmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517300900
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Werden Erklärungen abgegeben? — Keine Erklärungen.
Wir stimmen zunächst über den Antrag des Ausschusses in Drucksache V/2888 — Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten — ab. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dieser Antrag ist bei einer Gegenstimme angenommen.
Wir stimmen dann über den Antrag in Drucksache V/2889 — Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Einführungsgesetz über Ordnungswidrigkeiten — ab. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das ist einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, damit kommen wir zu Punkt 1 der Tagesordnung:
Fragestunde
— Drucksachen V/2868, V/2885, V/2890 —
Ich ziehe die Dringlichen Mündlichen Anfragen vor; zunächst die Fragen des Herrn Abgeordneten Fellermaier aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Ich rufe Frage 1 auf:
Fühlt sich die Bundesregierung weiterhin an eine vom Bundesfinanzminister im Namen der Bundesregierung ei dem Deutschen Bundestag am 14. März 1968 abgegebene Erklärung gebenden, derzufolge die Bundesregierung eine Margarinesteuer
nicht für erforderlich hält, da die Finanzierung der Fettmarktordnung inzwischen auf andere Weise sichergestellt ist?
Zur Beantwortung, Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten!

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517301000
Herr Präsident, ich bitte, mir zu gestatten, die drei Fragen wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam zu beantworten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517301100
Bitte sehr! Dann rufe ich noch die Fragen 2 und 3 des Abgeordneten Fellermaier auf:
Ist der Bundesernährungsminister bei der Sitzung des Rates der Landwirtschaftsminister am 1. und 2. Mai 1968 in Luxemburg von der in Frage 1 genannten Haltung abgewichen, indem er dort an einer einstimmigen Vorentscheidung der Landwirtschaftsminister über die Einführung einer Margarinesteuer mitgewirkt hat?
Ist die Bundesregierung bereit, dem Deutschen Bundestag erneut zu erklären, daß sie unter keinen Umständen der Einführung einer Margarinesteuer im EWG-Ministerrat. zustimmen wird?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517301200
Zur Frage 1: Die Bundesregierung ist nach wie vor der Auffassung, daß die Erhebung einer Abgabe auf pflanzliche Fette und Seetierfette nicht erforderlich ist, um die Finanzierung der Fettmarktordnung sicherzustellen. Die Ausgaben auf dem Binnenmarkt für Fette sind nach den Vorschriften der Verordnung Nr. 17/1964 der EWG durch den Fonds zu finanzieren. Die Kommission hat dem Rat vor wenigen Tagen eine entsprechende Finanzierungsverordnung zugeleitet, in der die Einzelheiten für den Fettsektor geregelt werden. Für die Ausgaben der Gemeinschaft zugunsten der dSSO ziierten Länder, nämlich Beihilfen für Ölsaaten und Saatenöle, ist am 25. Juli eine Sonderregelung getroffen worden. Ich glaube daher, daß ein Rückgriff auf die Ratsentschließung aus dem Jahre 1963 über die Erhebung einer Fettsteuer zur Lösung der Finanzierungsprobleme der Fettmarktordnung nicht notwendig ist.
Zur nächsten Frage: Im Ministerrat sind vom 29. April bis 1. Mai 1968 vor allem Probleme des Milchmarktes erörtert worden. Dabei sind jedoch keine Entscheidungen oder Vorentscheidungen gefallen, auch nicht über die Fettsteuer. Die deutsche Delegation hat im übrigen auch keinen Zweifel daran gelassen, daß die Einführung einer Fettsteuer gemäß Art. 201 des EWG-Vertrages nur mit Zustimmung der nationalen Parlamente erfolgen könnte. Die Bundesregierung hat im Jahre 1963 einem Beschluß zugestimmt, der die Erhebung einer Fettsteuer als eigene Einnahme der Gemeinschaft vorsah. An diesen Beschluß ist die Bundesregierung gebunden. Der Beschluß betraf jedoch alle pflanzlichen Fette und Seetierfette. Die Erhebung einer besonderen Steuer für Margarine ist bisher von keiner Seite vorgeschlagen worden. Über die Verwirklichung dieses Beschlusses und die Erhebung einer Fettsteuer entscheidet nicht die Bundesregierung, sondern das Parlament.




Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517301300
Zusatzfrage.

Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0517301400
Herr Minister, darf ich also Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie auch auf der Grundlage des Vermittlungsvorschlages des französischen Landwirtschaftsministers in der entscheidenden Runde am 29. Mai• keine andere Haltung einnehmen werden als die Ablehnung jeder Abgabe auf Fette, also auch auf Margarine?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517301500
Ich habe zum Ausdruck gebracht, Herr Kollege, daß es einen Beschluß vom Jahre 1963 gibt. Ich meine nicht, daß es richtig und gerechtfertigt ist, von Margarinesteuer zu reden. Man muß zwei Dinge scharf voneinander trennen: das eine ist der Fettmarkt mit der dazugehörigen Verordnung, zu der auch der Beschluß vom Jahre 1963 gehört, der vorsieht, die Einfuhr von Fett, pflanzlichen Fetten usw. zu besteuern, um eine eigene Einnahme zur Finanzierung dieser Fettmarktordnung zu erhalten; das ist aber ein Komplex für sich, der jetzt nicht zur Debatte steht. Das andere ist die Milchmarktordnung, bei der nicht nur von Präsident Faure, sondern von fünf Partnern — bisher mit einer gewissen Zurückhaltung Hollands; aber wir wissen, daß Holland zustimmen würde — und der Kommission vorgeschlagen worden ist, zur Finanzierung der Marktordnung und ihrer Ausgaben, insbesondere zur Entlastung der nationalen Haushalte, eine bescheidene Steuer vorzuschen. Dieser Vorschlag ist aber nicht mit dem identisch, was damals beschlossen worden ist. Die deutsche Delegation hat erklärt, daß sie die Entscheidung des Parlaments braucht und überhaupt keine Erklärung dazu abgeben kann.
Sie müssen aber noch wissen, daß auf dem Margarinesektor - den Sie hier ansprechen — die merkwürdigsten Verhältnisse herrschen. Wir finden dort nämlich die unterschiedlichsten Preise, die von 1,50 DM bis zu 5 DM für dasselbe Produkt gehen. Ich könnte mir vorstellen, daß im Rahmen dieser Preisstrategie durchaus Möglichkeiten bestünden, den Verbraucher zu schützen, wenn man den Steuerzahler, der wiederum der Verbraucher ist, ebenfalls schützen soll. So einfach und schlicht, wie man es aus Ihrer Frage entnehmen könnte, sind die Zusammenhänge nicht.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517301600
Zweite Zusatzfrage.

Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0517301700
Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, wenn ich Ihre Antwort in der Richtung ergänze, daß Sie meinen, es könnte in der Preispolitik bei den Margarineherstellern ein Kartellmißbrauch betrieben werden, wenn dasselbe Produkt bei gleicher Qualität in der Gemeinschaft den Verbrauchern zu Preisen zwischen 1,50 DM und 5 DM angeboten wird?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517301800
Herr Kollege, ich habe nicht von Kartellmißbrauch gesprochen, sondern ich habe nur Fakten über die Margarinepreise in Holland, in Deutschland und in Italien mitgeteilt. Welche Schlüsse Sie daraus ziehen, ist Ihre Angelegenheit. Ich ziehe daraus keine Schlüsse, weil die Fakten für sich sprechen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517301900
Dritte Zusatz-Trage.

Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0517302000
Herr Minister, ich habe noch eine andere Frage. Wenn es doch einmal — hypothelisch unterstellt — zu dieser Abgabe käme, würde sie sich dann auf der Basis des Art. 201 des Vertrages regeln, also mit der Budgetkontrolle durch das Europäische Parlament, oder auf dem Umweg über eine Abgabe der Mitgliedsländer, wobei es also keine parlamentarische Kontrolle über diese Abgaben in Höhe von 350 Millionen DM in der Gemeinschaft geben würde?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517302100
Sie haben damit einen sehr wichtigen zusätzlichen Punkt angesprochen. Die deutsche Delegation hat sich immer, und zwar mit Erfolg, dafür stark gemacht, daß nur der Art. 201 in Betracht kommt. Die holländische Delegation ist sehr daran interessiert, daß die Kontrollmöglichkeiten des Europäischen Parlaments auf diese Weise zum erstenmal praktisch auf eine Ausgabenkontrolle erstreckt werden können. Das ist für die holländische und auch für die deutsche Delegation ein wichtiger Gesichtspunkt, um möglicherweise einer solchen bescheidenen Abgabe zur Entlastung der nationalen Haushalte zuzustimmen. Nach meinen Kenntnissen ist nicht zu befürchten, daß eine solche Abgabe auf Grund des Art. 43 angeordnet wird, vielmehr kommt nur eine solche gemäß Art. 201 — mit nationaler Parlamentszustimmung und Kontrolle durch das Europäische Parlament — in Betracht.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517302200
Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Meermann.

Hedwig Meermann (SPD):
Rede ID: ID0517302300
Werden also diejenigen Menschen, die billige Margarine essen möchten, weil sie sich keine teuren Fette leisten können, das auch in Zukunft tun können?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517302400
Ich hoffe es sehr, gnädige Frau.

Hedwig Meermann (SPD):
Rede ID: ID0517302500
Sie hoffen nur? Werden Sie auch etwas dafür tun, Herr Minister?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517302600
Mehr, als ich schon getan habe, kann man fast nicht tun.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517302700
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kriedemann.




Herbert Kriedemann (SPD):
Rede ID: ID0517302800
Herr Minister, muß ich Sie so verstehen, daß Sie also doch in irgendeiner Weise damit rechnen, daß das, was Sie eine „bescheidene Abgabe" oder eine „bescheidene Steuer" nennen, schließlich eingeführt werden wird?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517302900
Herr Kollege, ich habe Ihnen schon gesagt, wie die derzeitige Verhandlungslage ist. Die Kommission und fünf Partnerstaaten sind dafür — vier Partnerstaaten sind kräftig dafür, der eine ist mit Zurückhaltung dafür, aber immerhin noch dafür —, und der einzige Widerstand, der bisher aufgebaut worden ist, kam von der deutschen Delegation. Wie das im Endergebnis im Rahmen eines großen Pakets einmal beschieden werden wird, weiß bisher überhaupt noch niemand.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517303000
Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kriedemann.

Herbert Kriedemann (SPD):
Rede ID: ID0517303100
Herr Minister, angesichts der Tatsache, daß es sich hier um die Belastung eines Bevölkerungsteils handelt — ob es sich um eine große oder um eine bescheidene Belastung handelt, hängt jeweils von dem Einkommen der Betreffenden ab —, und angesichts der Tatsache, daß es sich auch um eine Grundsatzfrage handelt, möchte ich jetzt von Ihnen wissen, ob die Bundesregierung, vertreten durch Sie, in der entscheidenden Sitzung von ihrer Möglichkeit Gebrauch machen wird, eine solche Regelung in Europa unmöglich zu machen.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517303200
Herr Kollege, Sie sind so erfahren in europäischen Fragen, daß Sie ganz genau wissen, daß es bei den Verhandlungen, die jetzt zum 1. Juli anstehen und bei denen vielleicht zehn bedeutsame Fragen mit zusammenspielen, für einen Delegationsführer ganz unmöglich ist, eine Frage — und mag sie noch so wichtig sein herauszugreifen und zu sagen: Daran lassen wir den Termin 1. 7. und alles andere scheitern. Die Frage stellt sich so: Soll der Verbraucher besteuert oder soll der Verbraucher auf diese Weise belastet werden, wobei angesichts der unterschiedlichen Preisstrategie immer noch eine Chance bestehen müßte, den Verbraucher überhaupt zu schonen? Es steht nirgends geschrieben, daß der Verbraucher das bezahlen müßte. Ich könnte mir vielleicht vorstellen, daß, wenn die Margarine in Holland um die Hälfte billiger ist als in der Bundesrepublik, durchaus auch ein anderer Weg gesucht werden kann. Der Verbraucherschutz könnte bei diesen Fabrikaten vom Erzeuger durchgeführt werden. Das scheint mir der beste und der gerechteste Weg zu sein, eine solche Spanne auf ein etwas bescheideneres Maß zurückzuführen.

(Zuruf von der SPD: Man könnte ja auch eine Politik machen!)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517303300
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer.

Dr. Karl Mommer (SPD):
Rede ID: ID0517303400
Herr Minister, könnten Sie dem Hause sagen, welchen Rat Ihnen Ihr Kollege Wirtschaftsminister gibt, der für die Preispolitik in diesem Lande verantwortlich ist, und Ihr Kollege Familienminister, der doch besorgt sein muß, wenn kinderreichen Familien mit kleinem Einkommen die Margarine auf dem Brot verteuert wird, damit die Butter teuer bleiben kann, die sie nicht kaufen können?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517303500
Herr Kollege, so einfach sind die Dinge nicht. Der Kollege Wirtschaftsminister und der Kollege Familienminister befinden sich mit mir in absoluter Übereinstimmung. Wir waren nämlich bisher alle dagegen. Wir sehen uns nur einer geschlossenen Front gegenüber, nämlich der Kommission und fünf Partnerstaaten. Das ist die Situation. Es geht gar nicht darum, hier in einem völlig freien, in einem luftleeren Raum, so möchte ich einmal sagen, zu agieren, sondern es geht darum, in einer sehr schwierigen Situation eine Lösung zu finden, und ich sage Ihnen ja immer wieder: ich glaube, daß es möglich sein müßte, wenn diese fünf Partnerstaaten und die Kommission von ihrer Haltung nicht abgehen, im Rahmen der Preisgestaltung den Ausgleich zu finden, ohne daß der Verbraucher geschädigt wird. Im übrigen, Herr Kollege Mommer, haben Sie, glaube ich, davon gelesen, daß es der Bundesernährungsminister ist, der Überlegungen anstellt, wie er den Butterkonsum durch Verbilligung verstärken kann. Ich möchte der breiten Masse nicht nur Margarine, sondern auch billige Butter offerieren. Das sind die Bemühungen, mit denen sich die Bundesregierung herumschlägt.

Dr. Karl Mommer (SPD):
Rede ID: ID0517303600
Gut, billige Margarine und billige Butter!

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517303700
Das ist genau mein Vorschlag.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517303800
Dieses Statement ersetzt eine zweite Zusatzfrage. — Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bading.

Harri Bading (SPD):
Rede ID: ID0517303900
Herr Minister, haben Sie diese ganzen Fragen auch mit Ihrem Kollegen, dem Herrn Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, besprochen, und hat er sich damit einverstanden erklärt, daß den Entwicklungsländern durch eine Erschwerung und Verteuerung ihrer Ausfuhr von Margarinerohstoffen ein Schaden zugefügt wird, der in einem diametralen Gegensatz zu der Förderung steht, die wir gegenüber den Entwicklungsländern betreiben?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517304000
Herr Kollege, die Sache ist so: die Beratungen der Bundesregierung gehen nicht so vor sich, daß ich von Türe zu Türe gehe und Einzelgespräche führe, sondern solche Fragen werden im Kabinett gemeinsam beschlossen; es beschließt nicht ein Minister, sondern die Regierung.



Bundesminister Höcherl
Die Regierung hat bereits im Jahre 1963 einen solchen Grundsatzbeschluß gefaßt. Daß es bisher nicht dazu gekommen ist, war dem Widerstand der deutschen Delegation zuzuschreiben.
Ich wundere mich, daß trotz wiederholter Erklärungen keiner von den Fragestellern darauf eingehen will, daß in der Preisstrategie bei der Margarine noch einiges enthalten ist, das die Entwicklungsländer und außerdem den Verbraucher schützt. Hier gibt es meines Erachtens noch einen interessanten Spielraum. Eigentlich hätte ich erwartet, daß Sie auf diese Spanne losgehen, daß Sie nicht auf den Steuerzahler oder auf unseren Haushalt losgehen, sondern auf diese Spanne. Meines Erachtens haben Sie das Ziel verfehlt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517304100
Zweite Zusatzfrage.

Harri Bading (SPD):
Rede ID: ID0517304200
Herr Minister, sind Sie nicht mit mir der Ansicht, daß es unzulässig ist, den Fragestellern vorzuschreiben, was sie zu fragen haben?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517304300
Ich habe Ihnen gar keinen Vorwurf gemacht, sondern ich habe mich mit Ihrer Frage auseinandergesetzt. Sie fragen scharf, und ich antworte scharf. Das ist der richtige Stil.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517304400
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Logemann.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0517304500
Herr Bundesminister, können Sie mir ein nachweisbares Beispiel dafür nennen, daß die Bundesregierung in Brüssel, wenn fünf Länder für eine Maßnahme waren, schon einmal nein gesagt hat und beim Nein geblieben ist?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517304600
Ich weiß, es gibt keinen absoluten Wert des Nein oder des Ja. Es kommt immer nur darauf an, um welche Dinge es sich handelt. Ich glaube nicht, daß wir hier in einen Wettbewerb des Nein-Sagens eintreten sollten. Ich gehe einen Wettbewerb ein, für Europa das herauszuholen, was überhaupt nur herauszuholen ist. Das ist mein Wettbewerb!

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517304700
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ravens.

Karl Ravens (SPD):
Rede ID: ID0517304800
Herr Minister, habe ich Ihre vorhergehende Antwort recht verstanden, daß Sie die Preisstrategie der Margarinekonzerne neuerdings als Alibi für eine zusätzliche Fettsteuer heranziehen,

(Oh-Rufe bei der CDU/CSU)

und darf ich Sie gleichzeitig fragen, was Ihr Haus getan hat, — —

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517304900
Einen Augenblick, erst die eine Zusatzfrage, und dann kommt die nächste. — Zur Beantwortung der ersten Frage.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517305000
Herr Kollege, ich brauche kein Alibi, ich habe einen Bericht gegeben. Zweitens habe ich auf die Tatsache von 1963 verwiesen, den Beschluß über die Fettmarktordnung. Dieser Beschluß steht noch im Raum; er ist von allen Ländern, auch von der Bundesrepublik getragen. Ich konnte bisher verhindern, daß man ihn auf die Milchmarktordnung übertragen hat. Ich wüßte nicht, daß ich ein Alibi brauche, wenn ich bisher etwas verhindert habe.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517305100
Zweite Zusatzfrage.

Karl Ravens (SPD):
Rede ID: ID0517305200
Herr Minister, darf ich Sie fragen, ob es einen förmlichen Kabinettsbeschluß gibt, in Brüssel einer solchen Fettsteuer nicht zuzustimmen.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517305300
Nein, es gibt keinen förmlichen Kabinettsbeschluß, sondern das Kabinett ist sich darüber einig, daß bei all diesen Beschlüssen, die ja immer wieder aus schon sichtbaren und zum Teil dann unerwarteten Bestandteilen in den Marathonsitzungen entstehen, größte Schonung zu üben ist, a) was unsere finanziellen Verpflichtungen betrifft, b) was die beteiligten Bevölkerungskreise betrifft, daß aber c) noch mehr getan werden muß, um Europa zu erreichen. Das ist das Bezugssystem, aus dem ein Gleichgewicht hergestellt werden muß. Es geht nicht an, hier einen Punkt herauszunehmen und zu sagen: Dieser Punkt wird so verhandelt. Dann könnte es sein, daß Kennedy-Runde und viele andere große und bedeutsame Gesichtspunkte unter Umständen scheitern. So lassen sich solche Komplexe nicht verhandeln.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517305400
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ertl.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0517305500
Herr Minister, trifft es zu, daß die Befürworter der Margarinesteuer deshalb so argumentieren, weil im Rahmen der Preisstrategie der Konzern Margarineunion im Bereich der EWG bis zu dreihundertfache Spannen hat?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517305600
Nein, hier wird kein Motivwettbewerb veranstaltet. Maßgebend ist vielmehr, daß sich die beteiligten Länder überlegen, ob es möglich ist, die Haushalte der einzelnen Staaten in ihrem Beitragssystem noch mehr zu strapazieren, oder ob wir einen anderen Weg finden sollten. Bezahlt werden muß ja so oder so. Die Entscheidung geht allein darum: Was ist die schonendste Maßnahme? Da sind die Meinungen verschieden. Die einen sagen: Die schonendste Maßnahme ist eine



Bundesminister Höcherl
Fettbesteuerung. Die deutsche Delegation hat erklärt: Wir müssen einen anderen Weg finden. Das ist die Situation.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517305700
Zweite Zusatzfrage.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0517305800
Herr Minister, ich darf dann noch einmal fragen: Habe ich falsch gelesen, daß z. B. Frankreich behauptet, daß, wenn die Margarine in Holland nur 1,70 DM und in Italien beinahe 7 DM kostet, offensichtlich erheblich viel Luft darin ist?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517305900
Herr Kollege, Sie haben nicht falsch gelesen, sondern Sie haben richtig gelesen, aber etwas Falsches.

(Heiterkeit und Beifall. — Abg. Ertl: Können Sie denn etwas Richtiges sagen?)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517306000
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Kurlbaum.

Georg Kurlbaum (SPD):
Rede ID: ID0517306100
Herr Minister, glauben Sie, daß von seiten der Bundesregierung etwas getan werden kann, um die Kommission zu veranlassen, daß das schon seit langem laufende Verfahren zur Untersuchung der Preisverhältnisse auf dem Margarinemarkt in der Wirtschaftsgemeinschaft beschleunigt und nunmehr zu einem Abschluß geführt werden kann?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517306200
Danke sehr fair die Anregung, Herr Kollege. Ich glaube, das ist eine sehr wichtige Anregung. Ich werde die nächste Gelegenheit benützen, um die Kommission auf diesen Gesichtspunkt hinzuweisen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517306300
Wir kommen zu den Dringlichen Mündlichen Anfragen gemäß § 111 der Geschäftsordnung aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Ich rufe die Frage 1 des Herrn Abg. Schulte auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die in Vorbereitung des „Sternmarsches auf Bonn" durch das „Kuratorium Notstand der Demokratie" verbreiteten Parolen, daß angeblich unter anderem die Gefahr bestehe, daß morgen die Bundesrepublik diktatorisch regiert werde, die Bürger zur Rüstungsarbeit dienstverpflichtet, Autos beschlagnahmt, Streik, zerschlagen und den gewerkschaftlichen Rechten der Boden entzogen würde?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister des Innern.

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517306400
Herr Präsident, ich würde wegen des engen sachlichen Zusammenhangs bitten, diese Frage des Herrn Kollegen Schulte zusammen mit der Frage des Herrn Abg. Dr. Frerichs — das ist die Frage 3 — beantworten zu dürfen, wenn die beiden Herren einverstanden sind.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517306500
Ist Herr Abg. Frerichs im Saal?

(Abg. Dr. Frerichs: Einverstanden!)

— Herr Abg. Dr. Frerichs ist einverstanden. Bitte sehr. Ich rufe auch die Frage 3 des Abgeordneten Dr. Frerichs auf:
Was hält die Bundesregierung von der Argumentation der Organisatoren z. B. der Behauptung, die Notslandsgesetzgebung werde Wegbereiter einer neuen Diktatur sein?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517306600
Mit den von Ihnen, meine Herren Abgeordneten, erwähnten und ähnlichen Parolen versuchen die Veranstalter des Sternmarsches, die Bürger über die wirklichen Probleme einer Vorsorgegesetzgebung für Zeiten der Not hinwegzutäuschen. Ganz einseitig werden diejenigen Regelungen herausgegriffen, die für den Bürger Belastungen bringen könnten. Dies geschieht in einer den wirklichen Inhalt der beabsichtigten Regelung verzerrenden Art. Die wirklichen Probleme und Gesichtspunkte der Notstandsverfassung werden dabei verschwiegen. So entsteht ein Bi kl der Notstandsgesetze, das diese als ausschließlich gegen den Staatsbürger gerichtet erscheinen läßt.
Die wirkliche Zielsetzung der Notstandsverfassung ist aber genau entgegengesetzt.

(Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

Das Anliegen der Notstandsgesetze ist gerade nicht, eine Diktatur zu etablieren, sondern es geht im Gegenteil darum, die freiheitlich-demokratische Grundordnung auch in Ausnahmezeiten zu sichern und Einschränkungen der Freiheit des einzelnen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Das Hauptziel der Notstandsverfassung ist, dem Staat im Falle einer Gefahr die Möglichkeiten zu schaffen, sich schnell und wirksam zu verteidigen und die Existenzgefährdung aller Bürger durch die Folgen einer solchen Bedrohung abzuwehren.
Um dieses Ziel zu erreichen, wird es nicht zu umgehen sein, daß dem einzelnen Bürger im Interesse aller und in seinem eigenen Interesse auch Pflichten auferlegt werden. Die Bundesregierung und das Parlament sind sich jedoch darin einig, daß derartige Belastungen auf ein Mindestmaß beschränkt und an strenge rechtsstaatliche Voraussetzungen geknüpft werden müssen.
Ohne daß ich hier auf die Fülle der gegen die Notstandsverfassung ins Feld geführten Parolen eingehen möchte, möchte ich doch nachdrücklich hervorheben, daß durch die Notstandsverfassung insbesondere auch die Rechte der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften auch in Krisenzeiten voll aufrechterhalten werden. Dies gilt insbesondere auch für die Koalitions- und Arbeitskampffreiheit.
Der Deutsche Bundestag wird in Kürze Gelegenheit haben, sich mit allen Einzelheiten der Notstandsverfassung zu befassen, wenn die vom Rechtsausschuß dieses Hohen Hauses erarbeitete Fassung beraten wird. Ohne diesen Beratungen vorgreifen zu wollen, kann man wohl jetzt schon sagen, daß diese Fassung ein Höchstmaß an Garantien zur



Bundesminister Benda
Sicherung der Freiheitsrechte des einzelnen enthält. Der Entwurf legt besonderes Gewicht darauf, daß das Parlament auch in der Stunde der Not die für das Staatsleben und die Sicherung der Demokratie notwendigen Entscheidungen trifft. Dieser Entwurf der Notstandsgesetze hält jedem Vergleich mit den Vorsorgeregelungen anderer westlicher Demokratien stand. Die geplante Regelung wird zu den freiheitlichsten der Welt zählen. Wer angesichts dieser Tatsachen einseitig bestimmte Regelungen herausgreift, trägt nicht zu einer sachlichen Diskussion bei, sondern setzt sich eher dem Verdacht aus, daß er darauf spekuliert, durch eine solche Agitation geweckte Emotionen für seine Zwecke, aber zum Schaden der Demokratie einsetzen zu können.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517306700
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schulte.

Manfred Schulte (SPD):
Rede ID: ID0517306800
Herr Minister, was beabsichtigt die Bundesregierung künftig noch zu tun, um das, was Sie eben ausgeführt haben, unserem Volk deutlich zu machen?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517306900
Ich würde vorschlagen, Herr Kollege Schulte, diese Frage im Zusammenhang mit der von Frau Kollegin Enseling gestellten Frage über die Aufklärungsarbeit der Bundesregierung mit beantworten zu dürfen. Ich werde im einzelnen dazu Stellung nehmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517307000
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Matthöfer.

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0517307100
Herr Minister, trifft es zu, daß die vom Rechtsausschuß beschlossene Regelung vorsieht, daß Dienstverpflichtungen im Bündnisfall auch außerhalb der Spannungszeit und ohne Zustimmung des Bundestages vorgenommen werden können?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517307200
Herr Kollege Matthöfer, Sie kennen wie ich den Inhalt der Ergebnisse der Beratungen des Rechtsausschusses. Hieraus ergibt sich, daß Dienstverpflichtungen nur unter den engen Voraussetzungen des Art. 12 a der Fassung des vorliegenden Entwurfs zulässig sind, d. h. nur für die dort genannten Zwecke, nur unter Berücksichtigung des Vorranges der Freiwilligkeit, das heißt nur dann, wenn andere Möglichkeiten nicht gegeben sind, unter parlamentarischer Mitwirkung, soweit nicht der von Ihnen eben als Bündnisfall bezeichnete Fall der Klausel des Art. 80 a Abs. 3 des Entwurfs in der vorliegenden Fassung gegeben ist, nämlich die Notwendigkeit, Konsequenzen aus unserer Zugehörigkeit zum nordatlantischen Bündnis zu ziehen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517307300
Zweite Zusatzfrage.

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0517307400
Ich verstehe Sie richtig, Herr Minister, es ist also möglich, dienstzuverpflichten, ohne daß vorher das Parlament mit Zweidrittelmehrheit oder mit irgendeiner qualifizierten Mehrheit zugestimmt hat?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517307500
Herr Kollege Matthöfer, ich schlage vor, daß wir die Einzeldiskussion an dem Tage führen, an dem das hier im Parlament beschlossen werden wird.

(Aha! bei der FDP.)

Ich stelle mich dann sehr gern und mit Vergnügen den Fragen nach allen Einzelheiten. Der Ruf des Herrn Kollegen Dorn „Aha!" ist für mein Empfinden völlig überflüssig.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD. Abg. Dorn: Sagen Sie doch einfach ja!)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517307600
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Busse.

Hermann Busse (FDP):
Rede ID: ID0517307700
Herr Minister, sind Ihnen oder der Bundesregierung Äußerungen, wie sie in der Frage des Herrn Abgeordneten Schulte enthalten sind, wie etwa die, daß morgen die Bundesrepublik diktatorisch regiert werde, wenn die Notstandsgesetze angenommen würden, bekanntgeworden?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517307800
Oh ja, Herr Kollege Busse. Ich habe hier in Ablichtung eine ganze Fülle von „Aktionsbriefen", wie diese Arbeiten heißen, sowie ähnliche Flugschriften einzelner Veranstalter und der Gesamtveranstalter. Wenn wir Zeit hätten und das Haus die Geduld hätte, würde ich das alles gern hier vorlesen. Da stehen noch ganz andere Dinge drin.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517307900
Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Busse.

Hermann Busse (FDP):
Rede ID: ID0517308000
Die zweite Zusatzfrage geht dahin: Können Sie mir etwa zu der eben von mir gestellten Frage sagen, wer die Behauptung aufgestellt hat, daß im Falle der Annahme der Notstandsgesetze die Bundesrepublik morgen diktatorisch regiert werde?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517308100
Herr Kollege Busse, es gibt eine Empfehlung der Veranstalter, die bei der Anfertigung von Spruchbändern Berücksichtigung finden soll. Da ist eine Reihe von Parolen genannt. Es gibt ja solche Modelle auch in anderen Bereichen, in denen derartige Parolen empfohlen werden. Und darunter befindet sich eben die Parole, auf die sich die Frage des Herrn Kollegen Schulte bezogen hat, neben einer Reihe von anderen, dem Inhalt und der Tendenz nach vergleichbaren Parolen. Ich bin gern bereit, Ihnen die Liste dieser Parolen zur Verfügung zu stellen. Ich habe sie bei mir.




Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517308200
Ich rufe die Frage Nr. 2 des Herrn Abgeordneten Hauser (Bad Godesberg) auf:
Wie stellt sich die Bundesregierung zu der beabsichtigten Notstandsdemonstration, durch die in der Bevölkerung des Bonner Raumes Besorgnisse ausgelöst wurden?
Ist der Herr Abgeordnete Hauser im Saal? — Bitte, Herr Minister.

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517308300
Der für den 11. Mai angekündigte Sternmarsch auf Bonn ist im März dieses Jahres vom Kuratorium „Notstand der Demokratie" in Frankfurt am Main beschlossen und vorbereitet worden. Träger dieses Kuratoriums „Notstand der Demokratie" sind 52 Persönlichkeiten, darunter 20 Professoren, 6 Schriftsteller, 11 Gewerkschaftler und 3 Theologen. Hauptamtlicher Sekretär dieses Kuratoriums ist ein hauptamtlicher Angestellter der Industriegewerkschaft Metall, Herr Helmut Schauer. Das Büro des Kuratoriums wird von der Industriegewerkschaft Metall diesem Herrn Schauer zur Verfügung gestellt und finanziert.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Die Arbeit des Kuratoriums und insbesondere die Vorbereitung des für morgen beabsichtigten Sternmarsches auf Bonn wird von einer Reihe von Organisationen unterstützt; ich erwähne den Verband Deutscher Studentenschaften, den SDS, SHB, LSD, Humanistische Studentenunion, Naturfreunde-Jugend, Verband der Kriegsdienstverweigerer, Republikanischer Club, DFU, VVN, Deutsche Demokratische Union des Saarlandes, Kampagne für Abrüstung, die seit Januar dieses Jahres Kampagne für Demokratie und Abrüstung heißt. Ein Teil dieser Organisationen sind kommunistische oder kommunistisch unterwanderte Organisationen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Das Zentralkomitee der in der Bundesrepublik verbotenen Kommunistischen Partei hat alle Notstandsgegner zum Handeln aufgerufen, alle von ihm selbst beabsichtigten Tätigkeiten gegen die beabsichtigte Notstandsregelung abgebrochen und dem Kuratorium die volle Unterstützung aller Kommunisten zugesichert. Die kommunistischen Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland haben sich in die Vorbereitung der Demonstration seit Monaten aktiv eingeschaltet. Die gesamte kommunistische Presse in Ost und West und auch der „Freiheitssender 904" führen eine ständige Diffamierungskampagne gegen die Notstandsgesetzgebung durch.
Die Bundesregierung hält die beabsichtigte Demonstration nicht für ein geeignetes Mittel, die notwendige Sachdiskussion über die Notstandsverfassung zu fördern. Wenn man nach den ausgegebenen Parolen zu urteilen hat, dann scheint es den Veranstaltern und auch einem Teil der Teilnehmer nicht auf Argumente, sondern auf Agitation anzukommen.

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

Die Bundesregierung weiß, daß nach Art. 8 des Grundgesetzes jeder Deutsche das Recht hat, auch gegen die Notstandsgesetzgebung oder andere beabsichtigte Regelungen im Rahmen der geltenden Gesetze zu demonstrieren. Diese Versammlungsfreiheit wird allerdings nicht dazu berechtigen, Gesetze zu brechen oder etwa Gewalt anzuwenden. Das Land Nordrhein-Westfalen hat die erforderliChen Vorkehrungen getroffen, um etwaigen Vorkommnissen rasch und wirksam zu begegnen. Die Bundesregierung erwartet jedoch, daß die angekündigte Demonstration friedlich verläuft. Sie bittet die Bonner Bevölkerung, sich trotz eines verständlichen Ärgers über Belästigungen, die der Sternmarsch für viele möglicherweise mit sich bringen wird, nicht provozieren und zu Handlungen hinreißen zu lassen, die zu Zwischenfällen führen könnten.

(Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517308400
Zusatzfrage!

Alo Hauser (CDU):
Rede ID: ID0517308500
Herr Minister, würden Sie uns bitte sagen, wo die Bundesregierung die Abgrenzung zwischen dem Recht auf Demonstration einerseits und dem Recht der Bürgerschaft auf unbehinderten Zugang zu ihren Wohnungen und Arbeitsstätten andererseits sieht?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517308600
Ich hatte schon vor etwa einer Woche in anderem Zusammenhang Gelegenheit, mich mit dieser Frage auseinanderzusetzen, Herr Kollege Hauser. Selbstverständlich ist das Recht der Demonstration als Teil des Rechtes auf freie Meinungsäußerung verfassungsrechtlich gewährleistet. In gleicher Weise ist das Recht des einzelnen Staatsbürgers gewährleistet, seiner Betätigung nach eigener freier Entscheidung auch hier im Rahmen der Gesetze nachzugehen. Wenn beide Rechte miteinander in Kollision geraten, dann ist es die Verantwortung aller Beteiligten und der zuständigen Behörden, einen Weg zu finden, der in möglichst optimalem Maße die gegeneinanderstehenden Interessen ausgleicht und jedem die Möglichkeit gibt, ohne Beeinträchtigung der Rechte des anderen seine Rechte auszuüben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517308700
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hauser.

Alo Hauser (CDU):
Rede ID: ID0517308800
Herr Minister, was hält die Bundesregierung davon, daß in Bonn die Schulen anläßlich dieser Demonstration geschlossen werden, die Eltern schriftlich zu bestätigen haben, daß sie davon Kenntnis genommen haben, daß sie ihre Kinder nur unter eigener Verantwortung auf die Straße schicken dürften, während andererseits in verschiedenen Ländern Schulkindern frei gegeben wird, um eben an dieser Demonstration in Bonn teilnehmen zu können?

(Zuruf von der FDP: Welche Länder denn?)


Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517308900
Ich möchte Herrn Kollegen Hauser vorschlagen, daß wir die Beurteilung dieser Vorgänge den hierfür zuständigen Parlamenten überlassen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!)





Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517309000
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0517309100
Herr Bundesminister, Sie haben eben den Begriff „Notstandsgegner" übernommen. Da ich mich ausdrücklich als Notstandsgegner bekenne und die Sprachverwirrung nicht noch weitertreiben möchte — ich glaube, wir sind alle Gegner des Notstands —, frage ich: Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um dieser Sprachverwirrung entgegenzutreten, die vor allem dadurch entstanden ist, daß man für diese Gesetzgebungsvorhaben die unglückliche Bezeichnung „Notstandsgesetze" gewählt hat?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517309200
Herr Kollege Dr. Schulze-Vorberg, ich hatte vor, im weiteren Verlauf unserer Beratungen — ich nehme an, daß ich dazu noch Gelegenheit haben werde — genau dasselbe zu sagen, was Sie eben gesagt haben. Wenn Sie fragen, was die Bundesregierung tun wird, dann möchte ich für meine Person sagen: Auch ich werde in Zukunft besser aufpassen, damit mir ein solcher sachlich falscher Ausdruck nicht unterläuft. Gemeint ist nichts anderes als das, was Sie gesagt haben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517309300
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0517309400
Da Sie eben erwähnt haben, Herr Bundesminister, daß Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen morgen Zuständigkeiten haben werden, um die Ordnung im Bonner Raum aufrechtzuerhalten, darf ich fragen, welche Behörden und welche Persönlichkeiten in Nordrhein-Westfalen zuständig sind.

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517309500
Herr Kollege Schulze-Vorberg, ohne daß ich zuständig bin, die Zuständigkeiten innerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen zu regeln oder auch nur hier zu erläutern, kann ich Ihnen sagen, da es mir bekannt ist, daß für die Fragen im Raum Bonn der Herr Polizeipräsident von Bonn zuständig ist. Er trägt die Verantwortung für den gegebenenfalls notwendigen Einsatz der Polizei für den ordnungsmäßigen Ablauf der Veranstaltung. Ihm werden, soweit erforderlich, Polizeikräfte aus dem Bereich des Landes Nordrhein-Westfalen hierfür zur Verfügung gestellt.

(Zuruf von der FDP: Völlig neu für Herrn Schulze-Vorberg!)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517309600
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Haase.

Lothar Haase (CDU):
Rede ID: ID0517309700
Herr Bundesminister, Sie haben eben noch einmal verdeutlicht, daß in unserem Land nur Deutsche das Recht haben zu demonstrieren. Ich habe nun der Presse entnommen, daß sich Demonstrationsgruppen aus dem Ausland morgen nach Bonn begeben wollen. Was beabsichtigt die deutsche Regierung zu unternehmen, um zu verhindern, daß Bonn morgen Tummelplatz von internationalen linksextremistischen Gruppen wird, die unsere Ruhe und Ordnung zu stören beabsichtigen?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517309800
Ich würde davon ausgehen, Herr Kollege Haase, daß der Bundesregierung und den zuständigen Stellen dieses Problem bekannt ist, und würde vorschlagen, in Ruhe abzuwarten, wie das morgen gehen wird. Ich glaube, man kann davon ausgehen, daß das Recht zu demonstrieren in erster Linie von denen ausgeübt werden soll, die berechtigt sind, an einer innenpolitischen deutschen Diskussion teilzunehmen.

(Abg. Moersch: Bundestagsabgeordnete mit Fremdsprachenkenntnissen stellen sich zur Verfügung!)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517309900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Matthöfer.

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0517310000
Herr Minister, es wurde vorhin auf die Schulfreigabe in einigen Ländern hingewiesen. Darf ich Sie fragen, ob es Ihnen bekannt ist, daß z. B. im Lande Hessen nur nichtschulpflichtige Kinder über 16 Jahre und auch diese nur auf Wunsch ihrer Eltern vom Unterricht für diesen Tag freigestellt werden können?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517310100
Ja, Herr Kollege Matthöfer, ich habe vorhin das Vergnügen gehabt, das Schreiben Ihres Fraktionsvorsitzenden Helmut Schmidt an die Kollegen Ihrer Fraktion durchzulesen. Ich glaube, daß der sachliche Inhalt dieses Schreibens — wenn ich mir diese Beurteilung erlauben darf — vollauf zutreffend ist. Daraus ergibt sich die Richtigkeit Ihrer Angaben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517310200
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Matthöfer.

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0517310300
Sehen Sie nicht auch, Herr Minister, mit mir darin eine wünschenswerte Bestätigung des Elternrechts?

(Lachen und Zurufe von der CDU/CSU.)


Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517310400
Ich möchte mich auch Ihnen gegenüber, Herr Kollege Matthöfer, nicht in eine Diskussion darüber einlassen, ob die Teilnahme von minderjährigen Schülern an einer solchen Veranstaltung eine sehr zweckmäßige und sinnvolle Ausübung sei es des Elternrechts, sei es des Rechts der Kinder auf Teilnahme an politischen Veranstaltungen ist.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517310500
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Baier (Mosbach).




Fritz Baier (CDU):
Rede ID: ID0517310600
Herr Bundesminister, sind Sie bereit, nach Abschluß der Bonner Demonstrationen mitzuteilen, wie hoch sich der finanzielle Aufwand von Bund und Ländern beläuft, der notwendig wird, um Sicherheit und Ordnung für die Bürger hier in Bonn zu wahren?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517310700
Herr Kollege Baier, ich würde doch vorschlagen, daß wir zunächst einmal den Ablauf abwarten und dann hinterher Überlegungen anstellen, in welcher Form Bilanz zu ziehen ist und welche Konsequenzen sich z. B. im Hinblick auf die von Ihnen erwähnte Frage ergeben. Ich glaube, einen Tag vorher sind wir nicht ganz so schlau wie einen Tag nachher. Wollen wir doch warten bis einen Tag nachher!

(Abg. Baier: Ich habe auch gefragt, ob Sie es nachher tun werden, Herr Minister!)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517310800
Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Kalinke.

Margot Kalinke (CDU):
Rede ID: ID0517310900
Herr Bundesminister, würden Sie bereit sein, hinterher auch zu prüfen, welche der von Ihnen genannten Organisationen aus dem Bundesjugendplan oder aus dem Haushalt des Bundes Mittel erhalten und wie diese Mittel verwandt werden?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517311000
Frau Kollegin Kalinke, da brauche ich nicht bis hinterher zu warten; denn das ist mir selbstverständlich bekannt, und ich könnte das im einzelnen darstellen.

Margot Kalinke (CDU):
Rede ID: ID0517311100
Darf ich Sie bitten, Herr Minister, uns darüber etwas zu sagen, weil wir ja in unseren Wahlkreisen danach gefragt werden.

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517311200
Man kann zusammenfassend sagen — ich nehme an, daß Sie nicht nach jeder einzelnen Organisation fragen wollen —, daß der Verband Deutscher Studentenschaften aus diesen Mitteln unterstützt wird und daß die studentischen Organisationen — wenn ich von dem SDS als einem gewissen Sonderfall im Augenblick einmal absehe — ebenfalls aus öffentlichen Mitteln unterstützt werden. Die Zahlung von öffentlichen Mitteln an den SDS ist im wesentlichen eingestellt worden. Hiergegen läuft ein Prozeß, der zur Zeit noch nicht rechtskräftig entschieden ist.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517311300
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Althammer.

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0517311400
Herr Minister, ist der Bundesregierung etwas darüber bekannt, ob Organisationen oder Einzelpersonen, die an der morgigen Demonstration teilnehmen wollen, inzwischen bereits Parolen über Gewaltanwendung gegen Sachen oder ähnliches ausgegeben haben?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517311500
Bei den Parolen handelt es sich, wie ich annehme, um dieselben, nach denen Herr Kollege Busse vorhin gefragt hat. Diese Parolen versuchen eine bestimmte Meinung zum Ausdruck zu bringen, zum Teil in einer sehr zugespitzten Form. Sie haben nicht den Inhalt, den Sie unterstellen. Es gibt aber eine Reihe von anderen Erkenntnissen über mögliche Absichten von einzelnen Teilnehmern einzelner Gruppen. Sie werden verstehen, daß ich bei dieser Gelegenheit davon absehen möchte, hierüber etwas zu sagen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517311600
Ich rufe die Frage 4 auf Drucksache V/2890 der Frau Abgeordneten Enseling auf:
Was ist geschehen, um die Bevölkerung über die beabsichtigte Notstandsgesetzgebung aufzuklären?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517311700
Frau Kollegin Enseling, das Bundesministerium des Innern hat laufend seit langer Zeit Presse, Rundfunk und Fernsehen über die Absichten der Bundesregierung bei der Vorbereitung der Notstandsgesetzgebung unterrichtet. Die überwiegende Mehrheit dieser Medien hat insbesondere aus Anlaß der öffentlichen Anhörungstermine vor dem Rechts- und Innenausschuß im November und Dezember des vergangenen Jahres über die Notstandsproblematik ausführlich und objektiv berichtet. Die Öffentlichkeitswirkung vor allem der Übertragungen der Anhörungsverfahren im vergangenen Herbst ist sehr hoch gewesen. Eine der Rundfunkanstalten hat mir beispielsweise mitgeteilt, daß bei der ersten Übertragung des ersten Anhörungsverfahrens tagsüber mehr als eine Million Fernsehgeräte eingeschaltet waren, woraus sich eine entsprechende Teilnehmerzahl, die ein Mehrfaches dieser Zahl betragen dürfte, ergibt.
Durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit wurde das Bemühen um eine Versachlichung der Diskussion und eine objektive Unterrichtung der Öffentlichkeit kontinuierlich fortgesetzt. Jeder, der von meinem Hause informiert werden wollte, hat diese Information auch erhalten. Insbesondere in dieser Legislaturperiode wurden in den Informationsreihen „schwarz auf weiß" und „Tatsachen/Meinungen" und in Sonderveröffentlichungen zum Thema der Notstandsgesetzgebung mehr als zwei Millionen Publikationen allein über das Thema „Notstandsgesetzgebung", und zwar fast durchweg auf Anforderung der interessierten Personen, versandt. in zahlreichen Veranstaltungen haben Beamte meines Hauses in Referaten und Diskussionen zum Thema der Notstandsgesetzgebung Stellung genommen. Sie haben das, nebenbei gesagt, in anerkennenswerter Weise zu einem sehr großen Teil außerhalb ihrer Dienstzeit getan, um auch ihren Beitrag zur Versachlichung der außerparlamentarischen Diskussion zu leisten. Ich selbst habe mich, ebenso wie sehr viele Mitglieder dieses Hohen Hauses, vor allem die Mitglieder der Ausschüsse, die mit der Materie besonders beschäftigt waren, sehr oft in Wort und Schrift und in zahllosen Diskussionen außerhalb des Parlaments im Universitätsbereich und anderweitig um eine Versachlichung der öffentlichen Erörterungen bemüht.




Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517311800
Zusatzfrage.

Elisabeth Enseling (CDU):
Rede ID: ID0517311900
Herr Bundesminister, meinen Sie, es ist sichergestellt, daß auch im weiteren Verlauf der Beratungen bis zu einer etwaigen Verabschiedung der Vorsorgegesetze die Bevölkerung in einem angemessenen Maße aufgeklärt werden kann?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517312000
Ich glaube, daß das, was technisch gemacht werden kann, in weitem Umfange gewährleistet, daß dieses Ziel erreicht wird. Aus dem, was ich einleitend gesagt habe, Frau Kollegin, ergibt sich auch, daß eine sehr große Aufgeschlossenheit gegenüber diesen Publikationen vorhanden ist, bei denen wir uns übrigens bemühen, sie auch in einem modernen und lesbaren Stil zu gestalten. Ich glaube, daß man insgesamt die Öffentlichkeitsarbeit, die insbesondere in den zwei letzten Jahren betrieben worden ist, durchaus positiv werten kann. Ich glaube, daß sie ihren nachdrücklichen Erfolg in der Bildung der öffentlichen Meinung gehabt hat.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517312100
Zweite Zusatzfrage.

Elisabeth Enseling (CDU):
Rede ID: ID0517312200
Herr Bundesminister, meinen Sie, daß Sie auch darauf Einfluß nehmen können, daß es nicht nur in lesbarer Form geschieht, sondern daß es auch in einer für das Sehen und Hören geeigneten Weise in unseren anderen Informationsinstituten geschehen kann?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517312300
Sie zielen wahrscheinlich auf die Massenmedien Rundfunk und Fernsehen sowie auf die Presse ab. Dort hat es ja eine enge Zusammenarbeit, insbesondere bei den Anhörungsverfahren, gegeben, die ich erwähnt habe. Ich glaube, daß diese Tätigkeit des Deutschen Fernsehens — beider Fernsehanstalten doch auch wesentlich dazu beigetragen hat, die breite Öffentlichkeit zu informieren und die Diskussion zu versachlichen. Das ist jedenfalls das Ergebnis der Feststellungen, die wir nach den Anhörungsverfahren getroffen haben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517312400
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Mommer.

Dr. Karl Mommer (SPD):
Rede ID: ID0517312500
Herr Minister, Sie haben auf den Vergleich der hier geplanten Maßnahmen mit ähnlichen Gesetzen in anderen Demokratien hingewiesen. Wären Sie bereit, einen Kongreß von anerkannten Sachkennern zu befürworten, der diesen Vergleich hier in unserem Lande einmal anstellte, damit sich unsere Öffentlichkeit ein Urteil darüber bilden kann, wie nun unsere Maßnahmen in diesem internationalen Vergleich — Ost und West — zu beurteilen sind?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517312600
Das ist, Herr Kollege Dr. Mommer, ein sicherlich nachdenkenswerter Vorschlag. Ich darf aber daran erinnern, daß
in einem der Anhörungsverfahren ganztägig etwa über neun Stunden bereits speziell dieses
Thema, nämlich der Vergleich der von uns vorgesehenen Regelung mit Regelungen anderer westlicher Demokratien, durch international anerkannte Sachverständige vorgenommen worden ist, so daß ich meine, daß das Material an sich bereits erarbeitet ist. Es kommt nur darauf an, daß sich derjenige, der sich ein objektives Urteil bilden will, in den Besitz dieses Materials bringt; die Wege dazu glaube ich hier angedeutet zu haben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517312700
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ott.

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0517312800
Herr Bundesminister, sind Sie mit mir der Meinung, daß diese Informationsmöglichkeit, die nach Ihren Äußerungen bisher gegeben war, gerade dann um so notwendiger durch die Massenmedien — darunter das Fernsehen — gegeben werden sollte, wenn, wie zu erwarten ist, morgen eine mehrstündige Berieselung nur von der einen Seite erfolgen dürfte?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517312900
Ich möchte sehr hoffen, Herr Kollege Ott, daß auch die für die Berichterstattung über die Vorgänge von morgen zuständigen und verantwortlichen Stellen durch die Art ihrer Berichterstattung nicht etwa den Eindruck erwecken, als ob diejenigen Gruppen, die hier morgen demonstrieren werden, auch nur in irgendeiner Weise für die Meinung der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung repräsentativ wären.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517313000
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Genscher.

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0517313100
Wird die Bundesregierung zwischen der zweiten und der dritten Lesung die deutsche Öffentlichkeit über das Ergebnis der zweiten Lesung und ihre Bedeutung mit ähnlich umfangreichen Publikationen unterrichten, wie das bei dem früheren Leber-Plan der Fall war?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517313200
Selbstverständlich wird die Bundesregierung die deutsche Öffentlichkeit über das Ergebnis der zweiten Lesung informieren, ebenso wie über das der dritten Lesung, soweit das nicht ohnehin durch die Berichterstattung der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens geschieht.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517313300
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (CSU):
Rede ID: ID0517313400
Herr Bundesminister, glauben Sie, nachdem Sie die Informationspolitik des Bundesinnenministeriums so betont haben, daß die Protestanten von morgen auch nur zu einem geringen Teil eine Kenntnis der Bestimmungen besitzen, um die es tatsächlich geht? Ist nicht das ganze Ja und das ganze Nein, das hier in der



Dr. Schulze-Vorberg
Öffentlichkeit ausgesprochen wird — vor allen Dingen das Nein — rein emotionell bedingt und eben ohne Kenntnis der tatsächlichen Fakten? Ist insofern Ihre Informationspolitik nicht doch angreifbar?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517313500
Herr Kollege Schulze-Vorberg, Ihnen ist sicherlich ein Lapsus linguae insofern unterlaufen, als Sie die Protestierer von morgen meinen und nicht die Protestanten.

(Heiterkeit und Beifall.)

„Protestant" ist ein festgelegter geschichtlicher Begriff.
Herr Minister!

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517313600
Herr Kollege, ich möchte hier eigentlich davon Abstand nehmen, irgendein Pauschalurteil abzugeben. Ich komme mit sehr vielen auch dieser Menschen in Diskussionen zusammen; ich habe das erwähnt. Es gibt einen Teil; bei dem man wirklich sagen kann, daß er nicht die minimalen Kenntnisse hat, um wirklich über die Sache zu diskutieren. Andere haben sie, nur vergessen sie manchmal — manchmal auch sehr bewußt — das, was ihnen an Material vorliegt. Gelegentlich sieht man sie in den Veranstaltungen mit Publikationen zum Beispiel des Bundesministeriums, und dennoch sagen sie genau das Gegenteil von dem, was vor ihnen auf dem Tisch liegt und was sie selber eigentlich überzeugen müßte. Gelegentlich ist es also eigentlich eine Frage nicht des Wissens, sondern einfach des Willens.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517313700
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmidt (Hamburg) .

Helmut Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0517313800
Herr Benda, können Sie die Frage beantworten, was sich wohl eigentlich hinter dem Wort „Leber-Plan" verbirgt, das der Abgeordnete Genscher in seiner an Sie gerichteten Frage gebraucht hat, und können Sie dem Hause gleichzeitig mitteilen, daß die Beifügung des Wortes „früher" und die Erwähnung eines „früheren LeberPlans" durch den Abgeordneten Genscher ein böswilliger Versprecher war?

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.)


Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517313900
Erstens, Herr Schmidt, kann ich mir von dieser Stelle aus sicher nicht erlauben, von böswilligen Versprechern aus den Reihen der Mitglieder des Hohen Hauses zu sprechen. Ich nehme Ihre Meinung mit Interesse zur Kenntnis.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich möchte auch nicht so weit gehen, Herr Kollege
Schmidt, daß ich Ihnen ausdrücklich widerspreche.

(Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich würde es mir im übrigen auch nicht erlauben wollen, den Versuch zu unternehmen, die Gedankengänge des Herrn Kollegen Genscher hier weiter aufzuklären.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517314000
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes auf. Die ersten drei Fragen, die Fragen 20 bis 22 des Herrn Abgeordneten Lenders, werden schriftlich beantwortet:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in Betrieben und griechischen Betreuungszentren die Wochenzeitung der griechischen Streitkräfte „Militärische Nachrichten" verteilt wird und in dieser Wochenzeitung alle Kritiker des griechischen Militärregimes einschließlich der europäischen Staaten, die eine Rückkehr Griechenlands zu demokratischen und rechtsstaatlichen Verhältnissen fordern, als kommunistische Agenten und Mitläufer bezeichnet werden, die die wahren Ideale von Freiheit, Demokratie und Christentum in Griechenland zunichte machen wollen?
Ist die Bundesregierung bereit, den Aussagen der an einer Verteilung der „Militärischen Nachrichten" in einem Düsseldorter Betrieb Beteiligten nachzugehen, nach denen die Verteilung von der griechischen Kommission beim Landesarbeitsamt Nordrhein-Weslfalen veranlaßt, die Zeitungen von dieser Kommission zur Verfügung gestellt und griechische Arbeitnehmer, die sich gegen die Verteilung wandten, von dieser Kommission mit Konsequenzen bei ihrer Rückkehr nach Griechenland bedroht wurden?
Falls die Aussagen der Beteiligten zutreffen: Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um eine derartige Propaganda der griechischen Militärregierung unter den hier arbeitenden griechischen Arbeitnehmern, insbesondere stier eine unter mißbräuchlicher Ausnutzung ihrer sozialen Betreuungsfunktion politische Tätigkeit der griechischen Kommission bei der Arbeitsverwaltung zu unterbinden?
Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Nun die Frage 23 des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen:
In Ergänzung der Antwort der Bundesregierung auf meine Frage vom 16. Februar 1968 frage ich, ob der Gesetzentwurf eines Konsulargesetzes so rechtzeitig eingebracht wird, daß er noch vor Ablaut der Legislaturperiode verabschiedet werden kann.
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Auswärtigen Amt.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0517314100
Ich sagte bereits am 16. Februar 1968 an dieser Stelle, daß die Bundesregierung es für richtig hält, zunächst das Ratifizierungsverfahren zum Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 abzuschließen und erst danach den Entwurf des neuen Konsulargesetzes einzubringen. Der Grund dafür ist, daß zunächst die Tätigkeit unserer konsularischen Vertretungen im Ausland und der fremden konsularischen Vertretungen -im Bundesgebiet auf eine allgemein anerkannte Rechtsgrundlage gestellt werden muß. Erst dann sollte nach Auffassung der Bundesregierung das Konsulargesetz beraten werden, das sich nur mit der innerdeutschen Rechtsgrundlage der amtlichen Tätigkeit deutscher konsularischer Vertreter im Ausland befaßt.
Der Entwurf des Zustimmungsgesetzes zum Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen ist zwar praktisch fertiggestellt. Es gibt jedoch noch Probleme, die der Klärung bedürfen. Dennoch



Parlamentarischer Staatssekretär Jahn
hält es die Bundesregierung für richtig, es bei der Entscheidung zu belassen, zunächst das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen zur Zustimmung vorzulegen und erst danach den Entwurf des Konsulargesetzes einzubringen. Es ist anzunehmen, daß dieser Entwurf noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden kann.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517314200
Eine Zusatzfrage, Herr Schmitt-Vockenhausen,

Dr. Hermann Schmitt (SPD):
Rede ID: ID0517314300
Halten Sie es für möglich, Herr Staatssekretär, daß die Arbeiten innerhalb der Bundesregierung so vorangetrieben werden können, daß zumindest noch eine parallele Behandlung in den Ausschüssen des Hohen Hauses erreicht werden könnte?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0517314400
Die Bundesregierung wird sich darum bemühen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517314500
Ich komme zu den nächsten Fragen, Fragen 24 bis 26 des Herrn Abgeordneten Dr. Besold:
Welche Möglichkeiten besitzt die Bundesregierung, um dem deutschen Staatsangehörigen Hans Hermann Weyer, Feldafing, der mit Konsultiteln ausländischer Staaten gegen hohe Vermittlungsgebühren hausieren geht, das Handwerk zu legen?
Weiß die Bundesregierung, daß solche Titelgeschäfte hinter dem Rücken und ohne Wissen der zuständigen diplomatischen Vertretungen dieser Länder, mit denen die Bundesregierung freundschaftliche Beziehungen pflegt, erfolgen und solche Titelgeschäfte außerhalb der üblichen diplomatischen Kanäle geeignet sind, dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland bei den Regierungen der uns befreundeten Staaten zu schaden?
Stimmt es, daß der deutsche Staatsangehörige Hans Hermann Weyer von der bolivianischen Regierung zum Konsul für Luxemburg bestellt wurde, obwohl Herr Weyer, der in der Bundesrepublik Deutschland zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, für die Belohnung mit einem solchen Titel im höchsten Maße ungeeignet zu sein scheint?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0517314600
Darf ich die drei Fragen zusammen beantworten?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517314700
Bitte sehr!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0517314800
Die Bundesregierung mißbilligt die entgeltliche Vermittlung von Konsultiteln und verfolgt die gelegentlich festgestellte Tätigkeit kommerzieller Vermittler für Konsultitel ausländischer Staaten seit vielen Jahren. Das Auswärtige Amt hat mit Unterstützung der Vertretungen der Länder beim Bund sowie der Staats- und Senatskanzleien der Länder und der deutschen Industrie- und Handelskammern in zahlreichen Einzelfähen zum Teil sehr umfangreiche Untersuchungen geführt und die betroffenen hiesigen fremden Missionen sowie die entsprechenden deutschen Botschaften aufgeklärt, wenn Erkenntnisse den Verdacht einer kommerziellen Vermittlung im Einzelfall bestätigten und dementsprechend kein Exequatur erteilt werden durfte. In mehreren Fällen haben Personen, die sich durch Vermittler geschädigt glaubten, Strafanzeigen erstattet und dadurch Ermittlungsverfahren in Gang gebracht. Das Auswärtige
Amt hat in allen bekanntgewordenen Fällen, in denen auch nur der Verdacht der Tätigkeit eines Vermittlers bestand, die Botschaft des Entsendestaates unterrichtet, in Zusammenarbeit mit allen in Frage kommenden Stellen Ermittlungen eingeleitet und nur dann das Exequatur erteilt, wenn auch die letzten Zweifel ausgeschlossen werden konnten, daß ein kommerzieller Vermittler bei der Ernennung durch den Entsendestaat eingeschaltet war. Die hiesigen fremden Missionen haben dabei mit dem Auswärtigen Amt eng zusammengewirkt. So wurde in einem Falle das erteilte Exequatur widerrufen, in einem schwebenden Fall der Entzug eingeleitet. Damit ist die erste Frage weitgehend beantwortet.
Zur zweiten Frage darf ich noch einmal unterstreichen, daß in jedem Fall eine Prüfung der Person eines Bewerbers in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Botschaft des Entsendestaates unter gleichzeitiger Einschaltung aller in Frage kommenden deutschen Stellen erfolgt. Den hiesigen fremden Missionen sind — wie auch dem Auswärtigen Amt — mindestens 12 Personen und Firmen mit Sitz im In- und Ausland bekannt, die sich mit kommerzieller Vermittlung von Konsultiteln befaßt haben.
Es ist nicht Sache der Bundesregierung, zu einer Bestallung des Herrn Weyer zum Konsul für Bolivien in Luxemburg Stellung zu nehmen. Ich kann jedoch hier erklären, daß die Großherzoglich Luxemburgische Botschaft bereits vor längerer Zeit erklärt hat, Herrn Weyer sei kein Exequatur als Konsul irgendeines Staates für Luxemburg erteilt worden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517314900
Eine Zusatzfrage.

Dr. Anton Besold (CSU):
Rede ID: ID0517315000
Zeigen die Vorkommnisse nicht auf, daß die derzeitigen gesetzlichen Möglichkeiten zu gering sind, um einem solchen Treiben entgegenwirken zu können, und sind Sie nicht der Auffassung, daß von seiten dieses Hauses oder der Bundesregierung hier bessere gesetzliche Voraussetzungen geschaffen werden sollten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0517315100
Die Bundesregierung oder zumindest das Auswärtige Amt würde es begrüßen, wenn noch wirksamere gesetzliche Instrumente zur Verfügung stünden, um diesen Mißbräuchen entgegenzuwirken. Falls es zu einer dem dienlichen Initiative des Hauses käme, könnten wir das nur dankbar begrüßen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517315200
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Anton Besold (CSU):
Rede ID: ID0517315300
Kann man von der Annahme ausgehen, daß behördlicherseits Veranlassung genommen wird, zu überprüfen, ob Weyer die im Jahre 1967 nach Angabe der Illustrierten „Stern" von dem Möbelversender Günther Arzberger erhaltenen 84 000 DM und die von dieser Illustrierten an Weyer bezahlten 45 000 DM ord-



Dr. Besold
nungsgemäß versteuert hat, und zugleich nachprüfen zu lassen, ob die von Arzberger ausgeworfenen Gelder zum Zwecke der Begehung einer strafbaren Handlung nicht auch noch als steuerlich absetzbare Betriebsausgaben des Möbelversandes im Jahre 1967 verbucht worden sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0517315400
Herr Kollege Besold, Sie werden sicherlich nicht von mir erwarten, daß ich hier Zweifel an der Genauigkeit und an der Findigkeit unserer Steuerbehörden äußere.

Dr. Anton Besold (CSU):
Rede ID: ID0517315500
Aber würden Sie diese Fragen vielleicht von Ihrer Seite aus an die Stelle weiterleiten, die dafür zuständig ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0517315600
Dieser Anregung werde ich gern folgen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517315700
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Moersch.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0517315800
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß hinter Weyer der in Luxemburg lebende Günther Bartels steht, der von dort aus über Weyer die Vermittlung von Konsultiteln betreibt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0517315900
Das ist in diesem Fall von mir nicht konkret zu beantworten. Allgemein kann ich sagen, daß es natürlich unter denjenigen, die glauben, auf diesem Gebiet einen geeigneten Broterwerb zu finden, auch gewisse Formen der Zusammenarbeit gibt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517316000
Eine zweite Zusatzfrage.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0517316100
Ist der Bundesregierung bekannt, Herr Staatssekretär, daß Bartels mindestens vier Konsultitel allein für Bolivien an deutsche Staatsbürger verkauft hat?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0517316200
Die Bundesregierung hat eine Fülle von Ermittlungen in diesen Zusammenhängen angestellt. Ich bin im Augenblick nicht in der Lage, konkret zu sagen, ob in dem einen oder anderen Fall eine bestimmte Zahl bestimmter Konsultitel aus einem bestimmten Land festgestellt worden ist. Aber soweit in Ihrer Frage die Vermutung steckt, daß es hier teilweise eine Vielfalt von Bemühungen und offensichtlich auch eine Vielfalt von Interessen gibt, kann ich das nur bestätigen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517316300
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Becher.

Dr. Walter Becher (CSU):
Rede ID: ID0517316400
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß der wackere Herr Weyer sich für seine Autos Schilder mit dem Kennzeichen M — CD 1 und M — CD 2 verschaffte und damit den Begriff des Corps Diplomatique auch in den Dienst seiner Aktionen stellte, und ist die Bundesregierung bereit, auch diese Nebenfrage überprüfen zu lassen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0517316500
Ich hatte noch keine Gelegenheit, eines der Autos dieses Herrn zu bewundern, aber ich will die Anregung natürlich gerne aufnehmen, Herr Kollege Becher.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517316600
Ich rufe die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Dr. Marx (Kaiserslautern) auf:
Ist die Bundesregierung bereit, das von den Sowjetzonenbehörden für Bundesminister und höhere Beamte erlassene Durchreiseverbot durch adäquate Maßnahmen, z. B. ein Einreiseverbot für bestimmte hohe SED-Funktionäre in die Bundesrepublik, zu beantworten und zugleich sicherzustellen, daß die in den letzten Monaten ott unverhüllte, auf die Zerstörung der demokratischen Grundordnung ausgerichtete Propaganda kommunistischer Funktionäre beendet wird?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0517316700
Die sowjetische Regierung hat 1949 mit den Regierungen Frankreichs, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten Vereinbarungen über den ungehinderten Zugang nach Berlin im militärischen und zivilen Bereich getroffen. Diese Abmachungen sind — auch nach Ansicht der Sowjetunion — weiterhin in Kraft. Sie gehören zu den essentiellen Bedingungen des Status der Stadt.
Mit den Anordnungen vom 11. März und 13. April dieses Jahres über Durchreiseverbote von und nach Berlin für bestimmte Personengruppen haben sich die Behörden in Ostberlin Kontrollrechte angemaßt, die zu den geltenden Vier-Mächte-Vereinbarungen in Widerspruch stehen. Die Anordnungen selbst gehören in den Bereich der zahlreichen Äußerungen Ostberliner Instanzen, mit denen Zuständigkeiten und Rechte beansprucht werden, die ihnen nicht zustehen. Es ist nicht die Praxis der drei Berliner Schutzmächte und der Bundesregierung gewesen, auf derartige verbale Angriffe gegen den Status von Berlin mit Gegenmaßnahmen zu antworten. Anders ist es mit tatsächlichen Behinderungen des freien Zugangs. Im März und April dieses Jahres sind einige Fälle bekanntgeworden, in denen unter Bezugnahme auf die vorgenannten Anordnungen die Reise von oder nach Berlin verhindert wurde. Damit wurden die Garantiemächte des freien Zugangs offen herausgefordert.
Die drei Westmächte haben deshalb am 27. April durch ihre hiesigen Botschafter gegenüber dem vierten Partner der Vereinbarungen, der Sowjetunion, zu Händen des sowjetischen Botschafters in Ostberlin, gegen das Vorgehen der Ostberliner Behörden protestiert und die Unterlassung weiterer Behinderungen gefordert. Die drei Westmächte erwarten eine Antwort der Sowjetunion auf ihr Schreiben. Nach 'Rundfunk- und Pressemeldungen gibt es wohl



Parlamentarischer Staatssekretär Jahn
seit gestern abend eine Äußerung, über deren genaue Form ich im Augenblick noch nichts sagen kann, die aber, soweit man das in den Veröffentlichungen hört, negativ sein soll.
Die Bundesregierung hat ihrerseits den NATO-Rat und alle Regierungen ins Bild gesetzt, mit denen sie diplomatische Beziehungen unterhält. Das Echo dieser Aktion beweist, daß die Welt die Entwicklungen um Berlin mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Die willkürlichen Maßnahmen der Ostberliner Stellen wurden allgemein als unvereinbar mit einer Verbesserung des Ost-West-Verhältnisses bedauert und verurteilt.
Die Bundesregierung hofft, daß diese Schritte die Verantwortlichen in Ostberlin veranlassen werden, weitere Störungen zu unterlassen. Vorsorglich prüft sie in Zusammenarbeit mit den drei westlichen Alliierten die Maßnahmen, die zu ergreifen sind, falls dennoch der freie Zugang nach Berlin durch Eingriffe der Ostberliner Behörden weiterhin behindert werden sollte.
Es ist nicht angezeigt, der weiteren Entwicklung vorzugreifen und die Lage dadurch zu verschärfen, daß konkrete Maßnahmen bereits zu diesem Zeitpunkt bekanntgegeben werden.
Die propagandistische Tätigkeit von SED-Funktionären in der Bundesrepublik Deutschland stellt nach Auffassung der Bundesregierung keine ernstzunehmende Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung dar. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Verbotsurteil gegen die KPD die Kriterien niedergelegt, die für ein Eingreifen gegen verfassungswidrige Handlungen maßgebend sind. Die Bundesregierung steht mit den Ländern in Verbindung, um die laufende Durchführung der Maßnahmen zu gewährleisten, die auf Grund des KPD-Urteils erforderlich sind.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517316800
Zusatzfrage!

Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0517316900
Herr Staatssekretär, da Sie gesagt haben, die Bundesregierung habe andere Regierungen, mit denen wir diplomatische Beziehungen pflegen, über unsere Auffassung ins Bild gesetzt, möchte ich fragen, ob wir über diese Art des Ins-Bild-Setzens etwas Genaueres erfahren können. Ist es Ihnen schon jetzt möglich, diesem Haus auch etwas Eingehenderes über die Reaktionen der Regierungen in der Dritten Welt und der mit uns befreundeten Regierungen mitzuteilen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0517317000
Wir haben alle unsere diplomatischen Missionen gebeten, wegen des Vorganges an sich und der Bewertung, die wir ihm zumessen, in den Hauptstädten der Welt vorstellig zu werden. Das ist geschehen. Auf diese unsere Demarche hin sind inzwischen aus fast allen Hauptstädten unserer Verbündeten und der Staaten der freien und neutralen Welt Berichte unserer Vertretungen über Reaktionen eingegangen. Alle Regierungen haben unsere Demarche mit vollem Verständnis für unsere Auffassung vom Ernst der Lage aufgenommen und gleichzeitig ihrer Besorgnis über die jüngste Entwicklung in Berlin Ausdruck gegeben. Zahlreiche Regierungen haben ihre ausdrückliche Bereitschaft erklärt, die Haltung der Bundesregierung in der Berlin-Frage im internationalen Gespräch aktiv zu unterstützen.
Allgemein wurde in der Welt die negative Reaktion Ostberlins auf unsere Entspannungspolitik bedauert. Gleichzeitig wurden die maßvollen Gegenaktionen der Schutzmächte und der Bundesregierung gewürdigt. Darin sah man einen erneuten Beweis für die Aufrichtigkeit und Entschlossenheit der Bundesregierung, ihre Bemühungen um eine friedliche Lösung der deutschen Frage unbeirrt fortzusetzen und einer Politik verschärfter Spannungen entgegenzuwirken.
Ich habe darüber hinaus zwei Gelegenheiten in den letzten Wochen genutzt, Herr Kollege Dr. Marx, um den Standpunkt der Bundesregierung noch einmal eingehend darzulegen, einmal in einer Tagung des Ministerrats der Westeuropäischen Union, das zweitemal am Montag dieser Woche im Ministerkomitee des Europarats. Ich kann den positiven Eindruck, der in der Wiedergabe der Meinungen, wie sie unsere diplomatischen Vertretungen erfahren haben, nur in vollem Umfange bestätigen. Zum Teil hat es in diesen Ministerkomitees sehr spontan zustimmende und unterstützende Äußerungen zu unserer Auffassung gegeben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517317100
Die Fragestunde ist beendet. Die Fragen 11, 12, 13 und 150 sind zurückgezogen. Die nicht erledigten Fragen werden schriftlich beantwortet.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Frehsee zur Geschäftsordnung.

Heinz Frehsee (SPD):
Rede ID: ID0517317200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei den Fraktionen der Koalition besteht das Bedürfnis, zu dem morgigen Sternmarsch auf Bonn einige weitere Anmerkungen zu machen. Namens der Koalition beantrage ich die Durchführung einer Aktuellen Stunde.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517317300
Sie haben den Antrag gehört. Der Antrag ist ausreichend unterstützt. Die
Aktuelle Stunde
beginnt. Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Dr. Even!

Dr. Bert Even (CDU):
Rede ID: ID0517317400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Antworten der Bundesregierung auf die Dringlichen Anfragen zur Sternfahrt auf Bonn am morgigen Tage haben ergeben, daß in unverantwortlicher Weise versucht wird, die Bevölkerung über die beabsichtigte Grundgesetzergänzung zu täuschen und systematisch Verwirrung zu stiften.

(Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr! — Beifall bei den Regierungsparteien.)




Dr. Even
Das Volk soll in eine Notstandhysterie versetzt werden, in der es keine sachliche Diskussion, keine rationale Argumentation mehr geben soll, sondern nur noch emotionelle Gefühlsausbrüche.

(Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

Das ist offenbar von einigen Drahtziehern der Notstandsdemonstration in Bonn beabsichtigt. Das Volk soll gegen das frei gewählte Parlament aufgewiegelt werden. Es handelt sich insoweit um die Aktion nicht der außerparlamentarischen, sondern der antiparlamentarischen Opposition.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Dabei wissen wir sehr wohl, daß der Kreis der Notstandsdemonstranten äußerst verschiedenartig zusammengesetzt ist; viele Gutwillige sind darunter , und viele Mitläufer, die überhaupt nicht wissen, von wem sie gesteuert sind und worum es eigentlich geht.
Es muß offen ausgesprochen werden, daß die ganze Demonstration von Kommunisten und Anarchokommunisten unterwandert ist.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Mit vollem Recht hat sich daher der Deutsche Gewerkschaftsbund von dieser Sternfahrt distanziert.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Solchen Kräften geht es nicht um die Erhaltung der freiheitlichen Grundordnung, sondern im Gegenteil um ihren Sturz. Es sind dieselben Kräfte, die bei jeder Wahl von der Bevölkerung eine vernichtende Absage erteilt bekommen.

(Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

In aller Deutlichkeit muß noch einmal festgestellt werden:
Erstens. Bei der beabsichtigten Grundgesetzergänzung geht es allein um die Vorsorge zum Schutz des Lebens und der Freiheit der Bürger und um die Erhaltung der Demokratie. Die gegenteiligen Behauptungen sind üble Verleumdungen und brutale Kränkungen aller Parlamentarier, die sich um der Menschen willen um eine sinnvolle Notstandsvorsorge auf demokratischer Basis bemühen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Zweitens. Wer gegen die deutsche Notstandsverfassung demonstriert, muß wissen, daß er damit zugleich für die Beibehaltung des alliierten Besatzungsrechtes in Notstandsfällen eintritt, in dem es keine parlamentarischen und gerichtlichen Kontrollen gibt.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Barzel: Sehr wahr!)

Und drittens. Die vorgesehene Notstandsvorsorge wird von keiner Rechtsordnung der Welt an freiheitlichem Gehalt übertroffen.
Das ist die Wahrheit. Meine Damen und Herren! Das Parlament steht jetzt vor der Bewährungsprobe, sich von keiner Seite unter Druck setzen zu lassen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517317500
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0517317600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde, die die Fraktionen beantragt haben, gibt auch mir eine willkommene Gelegenheit, meine Antworten auf die vorhin von den Herren Kollegen gestellten Fragen noch einmal zusammenzufassen und sie vielleicht in einigen Punkten zu ergänzen.
Der für morgen angekündigte Sternmarsch auf Bonn soll nach den Erklärungen der Verantwortlichen im Rahmen des verfassungsmäßig gewährleisteten Demonstrationsrechts durchgeführt werden. Die Erklärungen gehen dahin, daß Aktionen, die sich gegen Gesetz und Ordnung richten, nicht beabsichtigt seien. Wenn der tatsächliche Ablauf dieser Ankündigung entspricht, dann gibt es für niemanden, auch nicht für die Bürger von Bonn, einen Anlaß zur Beunruhigung. Die für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörden der Stadt Bonn und des Landes Nordrhein-Westfalen haben mit Umsicht und mit Besonnenheit Maßnahmen, die einen ruhigen Ablauf gewährleisten werden, vorbereitet. Wenn alle Beteiligten, d. h. die Veranstalter und Teilnehmer der Demonstration, die zuständigen Behörden und Beamten und nicht zuletzt die Bürger dieser Stadt und des Raumes um Bonn, Ruhe und Besonnenheit bewahren, gibt es keinen begründeten Anlaß zur Unruhe.
Ich beabsichtige auch nicht, vorab über das, was die Kundgebungsteilnehmer vortragen wollen, hier ein Vorurteil zu bilden. Sachliche Argumente, meine Damen und Herren, hat niemand zu fürchten, schon gar nicht Bundestag und Bundesregierung.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wir haben hier das sehr schwierige Thema einer Vorsorge für den Notstandsfall seit nunmehr zehn Jahren weitaus intensiver erörtert und behandelt, als viele der außerparlamentarischen Kritiker es wahrhaben möchten.

(Beifall bei der CDU/CSU und Abgeordneten der SPD.)

Die Sache selbst ist jeder ernsthaften Diskussion wert. Aber die Diskussion ist hier so gründlich geführt worden, daß heute wahrscheinlich keine neuen Argumente mehr zu erwarten sind. Der Bundestag wird sich ja in Kürze mit dem Ergebnis dieser jahrelangen Erörterungen zu beschäftigen haben. Für seine Entscheidung wird die Güte der Argumentation und nicht ein von irgendeiner Seite beabsichtigter Druck den Ausschlag geben. Die deutsche Öffentlichkeit kann voll auf die Fähigkeit dieses Parlaments vertrauen, zu einer sachgerechten Lösung zu kommen. Ich möchte dieser Sachdebatte heute nicht vorgreifen, den außerparlamentarischen Kritikern aber sagen, daß auch sie anerkennen sollten, daß es ausschließlich auf die Güte der Sachargumente ankommt und eben nicht auf die Lautstärke, mit der die Meinungen vorgetragen werden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)




Bundesminister Benda
Im Gegenteil, je schriller der Protest, desto eher setzt er sich dem Verdacht aus, daß er am Kern der Sachauseinandersetzung vorbeigeht. Umgekehrt kann, wer von der Stärke seiner Argumente überzeugt ist, auf emotionelle Parolen und erst recht auf plumpe Agitation wohl verzichten.
Im Für und Wider der Notstandsdiskussion gibt es auf beiden Seiten ernsthafte und ernst zu nehmende Meinungen. Wer aber ernst genommen werden will, muß auf alle Demagogie und erst recht auf den törichten und rechtswidrigen Versuch verzichten, das Parlament unter Druck setzen zu wollen.
Meine Damen und Herren, eine der Parolen für morgen heißt, daß Bonn die größte Notstandsübung aller Zeiten erleben werde. Was das konkret bedeuten könnte, wird in einem der Aktionsbriefe der Veranstalter angedeutet: „Die Planungen für die Aktion zielten darauf ab, das Bundesdorf agitatorisch zu durchschütteln." Ich sage dazu in aller Ruhe: die zuständigen Stellen werden denen, die von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen wollen, keinen Anlaß geben, sich als Opfer vermeintlicher Notstandsmaßnahmen zu fühlen. Sie werden auch nicht denen, die mit dem Gedanken spielen sollten, ihrerseits eine notstandsähnliche Situation herbeizuführen, erlauben, gegen Gesetz und Recht zu verstoßen.
Die Wortführer des Protestes können sich überhaupt nicht beklagen, daß sie bisher keine Gelegenheit gehabt hätten, ihre Meinung in aller Offenheit zu äußern. Seit Beginn der Diskussion um eine Notstandsregelung wird die Bundesrepublik gerade von dieser Seite mit einer wahren Flut von Papier überschüttet. Ihr gegenüber mutet die vorhin dargestellte Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung, so verdienstvoll sie sicher gewesen ist, immer noch mehr als bescheiden an.

(Zustimmung in der Mitte.)

In unzähligen Diskussionen haben sich sehr viele Mitglieder auch dieses Hohen Hauses der offenen Auseinandersetzung gestellt. Die beteiligten Bundestagsausschüsse haben im Herbst 1967 in öffentlichen, von Rundfunk und Fernsehen direkt übertragenen Anhörungsterminen insgesamt 45 Stunden lang — die Zusammenfassung im Fernsehen nicht mitgerechnet — Befürwortern und Gegnern einer Notstandsregelung Gelegenheit gegeben, ihre Auffassung in voller Freiheit darzulegen. Wem es hierbei nicht gelungen ist, seine Argumente überzeugend vorzubringen — und mancher wird das vielleicht selbst gefühlt haben —, der sollte hierfür dann nicht das Parlament verantwortlich machen, sondern sich selbst fragen, ob seine Auffassung wirklich dem kritischen Test der besonnenen Vernunft standhält.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich meine auch, daß die Lautstärke, mit der immer noch protestiert wird, über die wahre Meinung der Bevölkerung hinwegtäuscht. Mir liegt das Ergebnis einer Meinungsumfrage vom November 1967 vor. Sie hat ergeben, daß 98 % der Bevölkerung das
Notstandsthema kennen, und zwar hat die Mehrheit der so Befragten und so Antwortenden durchaus zutreffende Vorstellungen darüber, was mit dem Worte Notstand gemeint ist und um welche Gefahren es sich handelt, denen die Notstandsvorsorge begegnen soll. 69 % der Befragten haben eine vorsorgliche Gesetzgebung gegen solche Notstände für erforderlich gehalten; nur 11 % haben sich dagegen ausgesprochen; 20 % äußerten keine Meinung.
Meine Damen und Herren, die freiheitliche Demokratie, die wir alle wollen, kann sich Auseinandersetzungen und Konflikte leisten. Der Streit der Meinungen ist kein Anlaß zur Unruhe. Eine Gefahr für die Demokratie besteht allerdings dann, wenn an die Stelle sachlicher Argumente demagogische Parolen treten. Wer dann bereit ist, sich zur Unterstützung seiner Auffassung auch der Hilfstruppen der Ost- und Westberliner SED zu bedienen, verwirkt den moralischen Anspruch, mit seiner Behauptung ernst genommen zu werden, daß er die Demokratie gegen vermeintliche Gefahren schützen will.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wer Parolen verwendet wie die, daß Notstandsgesetze der Tod der Demokratie seien, muß wissen, daß die gleiche infame Verdächtigung auf jenen Tafeln steht, welche die sowjetzonalen Machthaber zwischen Stacheldraht und Minengürtel, z. B. bei Coburg, errichtet haben. Kollege Wehner hat in seiner Rede am 26. Mai 1966 vor diesem Hohen Hause bereits daran erinnert, und das gilt heute so wie damals vor zwei Jahren.
Meine Damen und Herren, niemand von uns ist für den Notstand. In diesem Sinne, Herr Kollege Dr. Schulze-Vorberg, sind wir alle Notstandsgegner. Aber wir sollten und werden uns nicht davon abhalten lassen, unbeirrt unsere Pflicht zu tun. Unsere Pflicht wird es sein, die freiheitlich-demokratische Ordnung gegen jeden Angriff von außen und von innen zu verteidigen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517317700
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

Dr. Gustav W. Heinemann (SPD):
Rede ID: ID0517317800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Demonstranten, die morgen das „Bundesdorf" durchschütteln wollen, bestreiten die Notwendigkeit jeglicher Vorsorge für den Notfall. Sie deuten die geplante Vorsorge in einen heimtückischen Angriff auf ihre und unser aller Freiheit um. Hier liegt ein Kernpunkt der Differenz. Leider ist diese Differenz mit vielfältigen Verfälschungen von Tatbeständen durchtränkt. Jedermann hält es für selbstverständlich, daß — zumal in Großbetrieben — im voraus überlegt und geregelt wird, was jeder zu tun hat, wenn ein Notfall eintritt. Es nicht zu tun, wäre grobe Pflichtversäumnis. Auch in jedem Staatswesen wird über die Frage nachgedacht, wie es seine Aufgaben erfüllen soll, wenn der normale Ablauf der Funktionen gestört wird. Wo es nicht geschähe, wären schwere Vorwürfe gerechtfertigt.



Bundesminister Dr. Dr. Heinemann
Darum ist die Aufgabe gestellt, vorzusorgen für den Schutz der Bürger und die Erhaltung des freiheitlichen Rechtsstaates im Falle von Krieg oder Kriegsgefahr. Die Lösung dieser Aufgabe hat ein ungewöhnliches und steigendes Interesse ausgelöst, zumal auch unter der jungen Generation. Das ist, wie ich mit Nachdruck sage, gerade auch für uns als Mitglieder einer Regierung oder des Parlaments dankenswert. Es wäre viel gewonnen, wenn wir uns wenigstens näherkämen in der Erkenntnis, daß auch die Bundesrepublik einer Vorsorge für den Fall von Krieg und Kriegsgefahr bedarf.
Meine Damen und Herren, es gibt in unserer Zeit zwei Stationen, in denen sich das Fehlen ausdrücklicher Regeln für das staatliche Handeln in besonderer Situation als eine große Versuchung, ja, ich sage: als Verführung erwiesen hat.
Die Älteren unter uns erinnern sich daran, daß in der Weimarer Zeit das Parlament mehr und mehr durch den Reichspräsidenten überspielt wurde. An die Stelle parlamentarisch beschlossener Gesetze traten Notverordnungen des Reichspräsidenten. Dafür wurde der berühmte — oder soll ich sagen berüchtigte — Art. 48 der Weimarer Verfassung in Anspruch genommen, der dem Reichspräsidenten die Befugnis zu außerordentlichen Maßnahmen einschließlich der Außerkraftsetzung von Grundrechten zuschrieb. Art. 48 Abs. 5 der Weimarer Verfassung lautet: „Das Nähere bestimmt ein Reichsgesetz". Dieses Gesetz wurde nie erlassen.

(Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

Schon früh und vielfältig haben Weimarer Politiker und Staatsrechtslehrer auf die Gefährlichkeit dieser Verfassungslücke aufmerksam gemacht. Es ist sogar behauptet worden, daß man dem Reichspräsidenten dadurch, daß man dieses Gesetz nie schuf, eine unbeschränkte Ersatzgewalt an Stelle des Parlaments nicht nur erhalten, sondern gerade zuschanzen wollte. Diese Warner hatten recht. Sie wurden nicht gehört. Den Ausgang kennen wir.
Die zweite Station in unserer Zeit hängt mit unserem eigenen Grundgesetz zusammen. Es ist als ein Provisorium geschaffen worden und enthält bis jetzt keine Aussagen über die Voraussetzungen und Grenzen des staatlichen Handelns bei Krieg und Kriegsgefahr. Das führte dazu, daß frühere Bundesregierungen die sogenannten Schubladengesetze erarbeiteten und allen Dienststellen im Lande als geheime Verschlußsachen zugehen ließen. Nur wenige wissen genau, was diese Schubladengesetze beinhalteten. Ich habe sie auf der Rosenburg angetroffen und fand sie in ihren Ausmaßen, wenn ich es gelinde sage, deprimierend. Ihre Grundlage war die Inanspruchnahme eines sogenannten übergesetzlichen Notstandsrechtes wie auch von Vollmachten der Westmächte. Inhaltlich gingen diese Schubladengesetze — ich sagte es schon — außerordentlich weit, bis hin zur Suspendierung von Grundrechten. Alles das sollte am Tage X, wenn die Schubladen aufgemacht wurden, von hoher Hand in Kraft gesetzt werden. Verehrte Damen und Herren, diese Schubladengesetze sind dank unserer
Mitwirkung in dieser Bundesregierung aufgehoben und verschwunden.

(Beifall bei der SPD.)

Aber was nun? Die Beseitigung der Schubladengesetze ist doch nur ein negativer Akt, aber keine positive Lösung.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Alle grundsätzlichen Gegner gegen eine Ergänzung des Grundgesetzes zwingen uns, wenn sie sich durchsetzen, zurück in neue interne Überlegungen für eine Notstandsvorsorge.
Es wolle uns doch bitte niemand zumuten, daß wir uns gar keine Gedanken im voraus machen. Auch die Opponenten und die Demonstranten von morgen gegen eine offene und parlamentarisch fundierte Notregelung können doch weder sich selbst noch uns allen gewährleisten, daß ein Fall von Funktionsstörung der normalen Gesetzgebung niemals eintreten wird. Deshalb habe ich oft gesagt, in unzähligen Versammlungen, und ich wiederhole es hier: Wer gegen eine klare Notstandsregelung in der Verfassung agitiert, kann ebensogut positiv sagen: Ich bin für eine neue außerparlamentarische Notstandsvorsorge nur durch die Regierung, die kein Bürger eher erfährt, als bis der Tag X da ist!

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Jede Regierung, wie immer sie zusammengesetzt ist, steht unter der Eidespflicht, Schaden von unserem Volk abzuwehren. Dazu gehört auch, daß noch so schwer zu vermeidende, aber als unmöglich leider nicht auszuschließende Situationen vorbedacht werden.
Ich frage deshalb alle grundsätzlichen Gegner jeder Notstandsregelung, ob sie sich darüber klar sind, wohin sie die weitere Entwicklung drängen, wenn ihnen nachgegeben würde.

(Sehr richtig! bei der SPD.)

Wenn eine der für morgen empfohlenen Parolen lautet: „Schütze deine Freiheit gegen den Notstand", so antworte ich: Es geht um den Schutz der Freiheit auch und gerade im Notstand!

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wenn eine andere Parole lauten soll: „Notstandsgesetze sind Kriegsrecht in Friedenszeiten", so antworte ich: Es geht um Freiheitsrechte auch in einer Kriegszeit!

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Man könnte alle diese Parolen durchkonjugieren; das führt zu weit. Erstaunlich ist die Warnung: „Wer Notstandsgesetzen zustimmt, wird nicht mehr gewählt."

(Heiterkeit.)

Verehrte Damen und Herren, das von den Gegnern prophezeite Kriegsrecht in Friedenszeiten oder die von ihnen an die Wand gemalte Diktatur scheinen also auch nach ihrer eigenen Auffassung immerhin noch eine freie Wahl zuzulassen.

(Heiterkeit.)




Bundesminister Dr. Dr. Heinemann
Es geht vernünftigerweise nicht um das Ob, sondern um das Wie einer Notregelung. Dabei weiß ich sehr wohl, daß es auch in der Begrenzung auf das Wie nicht wenige Differenzen gibt, zumal gegeben hat. Darüber sprechen wir nächste Woche. Die vor acht Jahren von der damaligen Bundesregierung präsentierten Vorschläge für eine Notstandsregelung waren ja in der Tat schockierend. Sie haben viel Widerstand auch meiner politischen Freunde und bei mir selbst ausgelöst. Aber in der jetzt achtjährigen Auseinandersetzung sind doch die alten Vorschläge völlig verändert, durch eine neue Konzeption ersetzt worden, und zwar in der Richtung, daß es um das Höchstmaß von Sicherung unserer freiheitlichen Ordnung auch im Zustand äußerer Gefahr oder des Krieges geht.
Ein Kernpunkt der jetzigen Vorlage ist es, die Mitwirkung des Parlaments zumindest in der Form des Gemeinsamen Ausschusses als Notparlament zu erhalten und die Grundrechte dem Zugriff der Exekutive zu entziehen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Deshalb ist es unsinnig, diese Vorlage als den „Abmarsch in die Diktatur" zu charakterisieren. Wir hier im Parlament wissen um den Ertrag der zähen Bemühung gegen jene alten Vorlagen und daß sie gründlich, sehr gründlich abgeändert worden sind und daß damit die Lücke im Grundgesetz jetzt in einer dem Grundgesetz entsprechenden Weise geschlossen werden kann.
Ich frage, ob das auch diejenigen sehen, die morgen hier in Bonn demonstrieren wollen. Ich wiederhole die Frage, die hier schon ausgesprochen worden ist, ob sie überhaupt die Vorlage kennen, um die es heute geht.

(Sehr wahr! bei den Regierungsparteien.)

Wenn ich an die Protestbriefe denke, die mir zumal von alten politischen Weggenossen zugehen, muß ich sagen, daß da immer noch gegen vieles protestiert wird, was längst verschwunden ist. Es liegt freilich in der Natur der außerparlamentarischen Opposition, daß sie nur von draußen hier hereinschauen kann. Das habe ich selber erlebt; ich war ja sieben Jahre in außerparlamentarischer Opposition.

(Heiterkeit.)

Ich bin sicher, daß manch einer der heutigen Protestier sich nach der Lektüre der endgültigen Texte selber fragen wird, ob es nötig war, daß wir uns so auseinanderlebten. Übrig bleiben freilich diejenigen, die gar nichts über die Voraussetzungen und die präzisen Grenzen des staatlichen Handelns im Notfall auf parlamentarische Weise in der Verfassung ausgesagt wissen wollen. Ich frage: Womit wollen diese Gegner aus Grundsatz eigentlich ihre Rechte verteidigen, wenn alles auf ungeschriebenes Notstandshandeln der Regierung zurückfällt? Sie alle werden doch am schwächeren Hebel sitzen.
Vergessen wir doch nicht — und damit möchte ich schließen —, daß die Waffe des Schwachen seit jeher das geschriebene Recht war. Am Anfang unserer abendländischen Rechtskultur steht das Aufbegehren der Plebejer in Rom vor 2500 Jahren gegen die Patrizier mit der Forderung, niederzuschreiben, was in Rom Rechtens sei. Die Patrizier als die Mächtigen sperrten sich bekanntlich dagegen. Aber am Ende des Streites entstanden die weltbekannten zwölf Tafeln des römischen Rechts, auf die sich der Civis romanus, der römische Bürger, berufen konnte. Auch der deutsche Bürger will wissen, was in guten und was in bösen Zeiten Recht oder Unrecht ist.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der FDP.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0517317900
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir die ungewöhnliche Bemerkung, daß ich nur dem Wunsch Ausdruck geben kann, daß das deutsche Fernsehen, und zwar beide Anstalten, diese orientierenden Feststellungen der Bundesregierung und die Einlassung des Hauses dem deutschen Volk zur Kenntnis bringt.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Nellen.

Peter Nellen (SPD):
Rede ID: ID0517318000
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, daß wir sehr besorgt sein müßten, wenn die morgige Demonstration bedeuten würde, daß der einzige und wahre Souverän in der Demokratie, nämlich das wählende Volk, mit sich selbst uneins wäre. Das wäre gefährlich. Dazu, glaube ich, müßte man sagen: Allein der Hinweis, wer in der Bundesrepublik bei den letzten zwei Bundestagswahlen gewählt worden ist, welche Parteien und welche Kandidaten, gibt darauf eine Antwort.
Der Herr Bundesminister des Innern hat soeben eine interessante Zahl genannt, eine demoskopische Zahl vom Ende des vorigen Jahres, und ich möchte das ganz ins Konkrete übersetzen in Hinwendung auch auf die Bevölkerung, ich möchte sagen, unserer Quartierstadt, in der wir ja mit zwei Säulen der staatlichen Gewalt, nämlich dem Parlament und der Regierung, beheimatet sind. Wer gewählt hat, wer etwa dem Direktkandidaten dieses Wahlkreises, dem Abgeordneten Dr. Adenauer, bei den letzten zwei Wahlen zum Einzug in das Parlament über die Freitreppe verholfen hat, der hat genau gewußt, daß über das Ob einer Notstandsvorsorge und damit die Absicht einer Notstandsgesetzgebung für diesen Kandidaten und seine Partei überhaupt kein Zweifel möglich war. Und wer einen anderen Kandidaten, auch mit respektabler Stimmenzahl, gewählt hat, der dann nicht gerade durch den Lieferanteneingang, aber den Nebeneingang in dieses Haus gekommen ist, der hat genauso gewußt, daß auch dieser Kandidat und seine Partei über das Ob, also über all die Notwendigkeiten, die der Herr Bundesminister der Justiz eben in einer lichtvollen, überzeugenden Weise dargelegt hat, keine Fragen übrig blieben.
Es kann also morgen nicht etwa der Eindruck erweckt werden, als hätten Parteien und Kandidaten — und dabei schließe ich auch die dritte Partei, die



Nellen
einen ihrer Freunde morgen als Hauptredner im Hofgarten sehen wird,

(Abg. Dr. Mommer: Pfui! — Abg. Dr. Barzel: Dafür ist Herr Weyer im Polizeipräsidium!)

ganz bewußt ein; auch sie hat an dem Ob, an den Notwendigkeiten einer Notstandsvorsorge im Wahlkampf keinerlei Zweifel gelassen — —

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wenn wir also die Zahlen der Abstimmung und die Stimmen, die die einzelnen Kandidaten dieser drei Parteien bekommen haben, ganz ruhig und mit milden, sachlichen Worten analysieren, stellen wir fest: Gott sei Dank ist der wahre Souverän in dieser Demokratie, das wählende Volk, mit sich selbst nicht uneins.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Daß über das Wie einer Notstandsvorsorge bei dem Kandidaten Nr. 1 und Direktmandatsträger andere Vorstellungen als etwa bei dem Nr. 2 oder dem Nr. 3 vorhanden sind, ist eine zweite Frage. Die Geschichte der Lösung dieser Frage ist eben auch von einem der Herren Bundesminister sehr deutlich dargelegt worden, so daß die Demonstranten auch in diesem Punkte, wenn sie bereit sind, überhaupt zu hören und den heutigen Zustand ernsthaft und wahrheitsgemäß zur Kenntnis zu nehmen, nichts zu erinnern haben.
Lassen Sie mich aber noch zu einem zweiten Punkt etwas sagen. Der Souverän in der Demokratie wird, wie wir alle wissen, durch die Repräsentanten, die er in dieses Haus abordnet und denen er ein Mandat, einen Auftrag gibt, vertreten. Wir müssen uns aber bei aller Loyalität, bei aller Bereitschaft, auf den Souverän zu hören, ihn vor allem im Wahlkampf und auch später ihn zu informieren, ihn auf dem laufenden zu halten, darüber klar sein, daß der Souverän in der Demokratie anerkennt, daß der härteste Kern einer echten und würdigen Repräsentanz in jener Freiheit des Wissens und Gewissens besteht, die der Artikel über den Abgeordneten im Grundgesetz klar und deutlich ausspricht.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich möchte sehr deutlich sagen: die Andeutung oder den Ausspruch: „Wer für diese Notstandsvorsorge ist, wird nicht mehr gewählt" halte ich allerdings für außerordentlich bedenklich. Der Souverän kann sich von Fall zu Fall entscheiden, wen er wählt. Er kann sagen: Wahltag ist Zahltag. Aber ich bitte Sie, wir gehen doch nicht, wenn wir gewählt werden oder wenn wir uns zur Wahl stellen, eine Wahlkapitulation ein! Wir haben kein imperativisches Mandat. Wir können und dürfen nicht gezwungen werden. Und wenn ich höre: Dann wird eben ein anderer gewählt, muß ich diese Demonstranten fragen: Wollen Sie dann einen wählen, der darauf verzichtet, nach bestem Wissen und Gewissen das zu tun, das zu beraten, das zu beschließen und dafür die Hand hier zu erheben, für das er sich verantwortlich fühlt? Hier ist ein Widerspruch, der an den Kern der Demokratie rührt.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517318100
Herr Abgeordneter, Sie haben Ihre Redezeit bereits überschritten.

Peter Nellen (SPD):
Rede ID: ID0517318200
Ich möchte nur noch einen Satz sagen. Die Bevölkerung dieser Stadt braucht nach dem, was sie vor vier Jahren und vor acht Jahren gewählt hat, keine besondere Beruhigung und keinen besonderen Trost. Ich bedaure nur, daß die Demonstranten den Vortag des Muttertages benutzen, um Unbequemlichkeiten zu machen.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517318300
Das Wort hat der Abgeordnete Busse.

Hermann Busse (FDP):
Rede ID: ID0517318400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren Kollegen! Nach den Äußerungen des Herrn Bundesministers des Innern mit ihrem sachlichen Inhalt und nach den klärenden Äußerungen des Herrn Bundesjustizministers brauche ich mich zu einigen Grundfragen, die heute angeschnitten worden sind, jetzt nicht mehr zu äußern. Um aber von vornherein auch hier etwaigen Mißdeutungen vorzubeugen, möchte ich klarstellen, Herr Nellen, daß die FDP das Ob der Notstandsgesetzgebung nicht nur im letzten Wahlkampf, sondern wiederholt in diesem Hause bis in die letzten Tage hinein bejaht hat, in denen sie sich aktiv an der Mitberatung der Notstandsgesetzgebung beteiligt hat.

(Beifall bei der FDP. — Zurufe von der CDU/CSU: Herrn Dorn fragen!)

Eine andere Frage ist das Wie der Notstandsgesetzgebung. Ich glaube, hier wird man ohne Übertreibung eine klare Unterscheidung machen müssen. Es gibt in der Bundesrepublik eine Reihe von Menschen, die, insbesondere durch die historischen Erfahrungen gewitzt, Sorge haben, daß Vollmachtgesetze, ganz gleich welcher Art, von der Regierung mißbraucht werden könnten. Die Gefahr oder die Möglichkeit eines Mißbrauchs solcher Vollmachten auszuschließen, ist im Zuge der jahrelangen Beratungen ein Anliegen des ganzen Hauses gewesen. In dieser Sorge haben wir nie allein gestanden, sondern wir wissen uns hier mit allen Mitgliedern des Hauses einig. Über die Frage, wieweit solche Vorsorgen möglich sind, ohne der Praktikabilität Schaden zuzufügen, darüber sind freilich bis in die jüngste Zeit hinein die Meinungen auseinandergegangen. Aber wir sollten den nicht tadeln, dem die Aufrechterhaltung unserer grundrechtlichen Ordnung selbst unter Gefährdung der Praktikabilität dieser Gesetze ein wirkliches Herzensanliegen ist; denn mit dem kann man über das Notwendige reden. Seine Grundeinstellung zu unserem Staate, zu unserem Grundgesetz ist bejahend, und wir sollten diese Haltung achten.

(Beifall bei der FDP.)

Wir sollten diese Haltung achten, selbst wenn sie zu einem Nein führt zu den nur einigen Mitgliedern



Busse (Herford)

selbst dieses Hauses bekannten Entwürfen, Wie sie jetzt im Rechtsausschuß besprochen sind,

(Zurufe von der CDU/CSU: Unterstellung! — Wir kennen sie!)

selbst wenn sie nur einigen im Detail bis heute bekannt sind.

(Lebhafter Widerspruch bei der CDU/CSU.)

— Lassen Sie mich doch den Gedanken zu Ende führen. Es dreht sich nicht um die Kenntnis, sondern darum — —

(Abg. Dr. Barzel: Aha!)

— Was heißt „aha"? Herr Barzel, was ich sagen wollte, ist doch dies: Wer auch nach Kenntnis dieser jetzt vorliegenden Beschlüsse noch nein sagt, weil ihm unsere grundgesetzliche Ordnung nicht genügend gesichert scheint — —

(Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Aber zum Benda-Ausschuß ja gesagt hat wie der Herr Dorn!)

— Ich spreche doch nicht von uns oder von Herrn Dorn

(Abg. Rasner: Das ist auch besser!)

oder von mir. Die Entscheidung, wie wir zu diesem Entwurf stehen, fällt in der Fraktion, sie wild in der Fraktion getroffen werden. Sie ist noch nicht erfolgt. Ich weiß aber, daß es in der Bundesrepublik eine Fülle von Menschen gibt, Herr Dr. Schmidt, die heute schon zu dem ihnen Bekanntgewordenen nein sagen, weil ihnen die grundgesetzlichen Regelungen nicht genügend zu sein scheinen.

(Beifall bei der FDP.)

Man mag darüber streiten, ob das stimmt oder ob das unrichtig ist, ob man das vertreten muß oder nicht. Man soll aber diese Menschen nicht tadeln und wegen ihres Nein sagen: In welch schöner Gesellschaft befindet ihr euch! Das sind z. B. SED-Leute. Das sind Leute, die kommunistisch unterwandert sind.

(Zuruf von der CDU/CSU: Man muß nur eine Linie halten!)

Diese Leute werden mit jenen gleichgestellt. Man tut den Leuten in unserem deutschen Volke, die aus echter demokratischer Sorge zu dieser Gesetzgebung nein sagen, keinen Dienst, wenn man sie mit Kommunisten und SED-Leuten in einen Topf wirft. Es sind Menschen, die wie Sie und ich um das Wohl der Bundesrepublik besorgt sind.

(Beifall bei der FDP.)

Das sollten wir bei allen unseren Äußerungen mit beachten.
Ich habe in Hunderten von Diskussionen versucht, auch bei diesen Leuten Verständnis, ja eventuell Zustimmung für unseren Standpunkt, den wir immer wieder vorgetragen haben, zu gewinnen. Ich habe es versucht in Veranstaltungen, die ebenso prononciert gegen eine Notstandsgesetzgebung aufgezogen waren wie etwa die morgige. Meine Damen und Herren, wollen Sie daraus irgendeinem Mitglied dieses Hauses den Vorwurf machen, wenn es auch
in solche Veranstaltungen hineingeht, um den Standpunkt etwa der FDP oder der CDU oder der SPD zu vertreten? Ich weiß — —

(Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller [ein Plakat mit der Aufschrift „Wer jetzt nicht aufpaßt" zeigend] : Eine solche Veranstaltung! — Weitere Zurufe von der SPD und von der CDU/CSU.)

— Ich spreche doch nicht davon!

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517318500
Herr Abgeordneter, ich bitte zum Ende zu kommen.

Hermann Busse (FDP):
Rede ID: ID0517318600
Dann lassen Sie mich zum Schluß, wenn ich zum Ende kommen muß — —

(Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Auf welchem Podium die morgen stehen!)

— Warten Sie doch ab — und das hat der Herr Minister allgemein gesagt —, was morgen gesagt werden wird, und kritisieren Sie das, was dann gesagt worden ist, und nicht das, was Sie bereits heute als gesagt unterstellen.

(Beifall bei der SPD.)

Das ist doch die Situation, die wir haben.

(Zuruf von der SPD: Ist heute schon geschrieben!)

Lassen Sie mich hier abschließend noch eine Bemerkung machen. Die Gegner der Notstandsgesetzgebung würden sich selbst den schlechtesten Dienst tun, wenn sie mit unsachlichen Argumenten, mit Schlagwortparolen, die nichts beinhalten, versuchten — —

(Abg. Rasner: Das tun sie doch! — Zuruf von der SPD: „Wer jetzt nicht aufpaßt"! — Weitere lebhafte Zurufe von den Regierungsparteien.)

Ich sage, daß sie sich mit diesen Dingen den schlechtesten Dienst tun. Kann ich es denn deutlicher sagen?

(Beifall bei der FDP.)

Meine Damen und Herren, das sage ich denen, die morgen reden werden,

(Hört! Hört! bei der SPD)

als Mahnung und Warnung. Ich meine aber auch, daß u n s dann die gleiche Aufgabe obliegt und daß wir nicht durch scharfe, schlagwortartige Äußerungen — ich denke hier an manches Wort, das Herr Dr. Even heute morgen gesagt hat —

(Sehr richtig! bei der FDP)


die Stimmung jetzt noch anheizen sollten. Das ist nicht unsere Aufgabe.
Unser Standpunkt zum Ob der Notstandsgesetzgebung ist klar; unser Standpunkt zum Wie ist in den Beratungen deutlich zum Ausdruck gekommen. Ob das, was Ergebnis ist — —

(Abg. Hirsch: Herr Busse, bei welchen Beratungen? 1965 oder jetzt?)




Busse (Herford)

— In den Beratungen, die wir jetzt geführt haben, Herr Kollege Hirsch.

(Abg. Hirsch: Aha!)

Ich glaube, daß es da recht deutlich zum Ausdruck gekommen ist.

(Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Glauben Sie nicht, daß es auch in der Opposition auf die Verläßlichkeit der Linie ankommt?)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517318700
Meine Damen und Herren, machen Sie es dem Redner, der seine Redezeit überschritten hat, möglich, zu Ende zu kommen, indem Sie von Zwischenrufen absehen.

Hermann Busse (FDP):
Rede ID: ID0517318800
Zu welchen Ergebnissen unsere Überlegungen führen, werden wir hier am kommenden Dienstag oder Mittwoch erörtern. Was morgen geschieht, steht in erster Linie in der Verantwortung derjenigen, die diese Veranstaltung aufgezogen haben. Wir aber sollten durch Ruhe und Vernunft ein Beispiel geben, wie politische Diskussionen in der Bundesrepublik zu führen sind.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517318900
Das Wort hat der Abgeordnete Hauser.

Alo Hauser (CDU):
Rede ID: ID0517319000
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist hier weder der Ort noch die Stunde, die Einzelheiten der geplanten Notstandgesetzgebung zu behandeln. Schon aus diesem Grunde erscheint es auch nicht angebracht, jetzt vorliegende Entwürfe mit früheren Entwürfen und noch früheren Entwürfen, mit Verhandlungen, die in diesem Hause und in den Ausschüssen dieses Hauses in der Vergangenheit stattgefunden haben, zu vergleichen.
Ich bin eigentlich nur hierher gekommen, um dem Ausdruck zu geben, was die Bevölkerung, die mit der morgigen Demonstration unmittelbar konfrontiert wird und angesprochen werden soll, empfindet und welche Befürchtungen sie hat und welche Belästigungen auf sie zukommen. Es beginnt schon damit, daß die Organisatoren der Demonstration wieder einmal die so beliebte Methode zur Hand nehmen, die Bundeshauptstadt als „Bundesdorf" zu diffamieren.

(Zurufe von der FDP und von der CDU/CSU.)

Das geht damit weiter, daß — etwa seitens der Schulen dieses Raumes — Vorkehrungen getroffen werden müssen dahin gehend, daß der Unterricht nicht stattfinden darf und die Eltern genötigt werden, Revers zu unterschreiben, daß sie zur Kenntnis genommen hätten, es sei keine Schule, und daß sie also die Verantwortung dafür zu übernehmen hätten, wenn sie nichtdestoweniger ihre Kinder auf die Straße schickten.
Das geht weiter mit umfangreichen Absperrmaßnahmen der Polizei, das geht weiter damit, daß öffentliche Verkehrsmittel ausfallen, das geht weiter damit, daß Kraftfahrzeugzufahrtsstraßen, daß eine
Rheinbrücke gesperrt wird. Das geht weiter damit, daß letztendlich das Leben dieser Stadt, das Leben in diesem Raum für den Zeitraum eines ganzen Tages praktisch lahmgelegt wird. Und wenn man sich einmal die Zusammensetzung der Gesellschaft ansieht, die diese Demonstration organisiert, kann man die Besorgnis der Behörden und ihre Vorkehrungen, aber auch die Besorgnis der Bevölkerung verstehen.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Denn ,es sind ja nicht nur diejenigen, die ernsthaft vorhaben, über das Wie oder auch über das Ob einer Notstandsgesetzgebung zu diskutieren, sondern in diesen Reihen mischen sich Berufsprotestler, Anarchisten, Kommunisten und u. a. auch die Leute, die für die Toten der Osterunruhen verantwortlich sind.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Diejenigen, die ohnehin behaupten, die Demokratie in der Bundesrepublik sei keine erhaltenswerte Staatsform, ja, wir hätten gar keine Demokratie, sind am wenigsten berufen, vor Notstandsgesetzgebung zu warnen, um angeblich die Demokratie vor uns zu schützen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Die Bevölkerung wird auf Plakaten, die Sie heute überall in der Stadt lesen können, zur Diskussion mit den Demonstranten aufgefordert, und es kursieren auch Parolen, daß beabsichtigt sei, die Bürger dieser Stadt in ihren Häusern aufzusuchen, d. h. also, in die Häuser hineinzugehen und dann dort zu diskutieren, falls diese Diskussion nicht auf der Straße zustande komme.
Meine Damen und Herren, das Demonstrationsrecht ist in diesem Staate unbestritten, aber mir scheint, daß das Demonstrationsrecht auch dort Grenzen hat, wo die Rechte anderer, insbesondere das Recht, in seinem eigenen Hause unbelästigt zu bleiben, tangiert werden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Die Erklärungen, die der Herr Bundesinnenminister hinsichtlich der seitens des Innenministers des Landes getroffenen Vorbereitungen gegeben hat, wirkten beruhigend. Ich glaube, daß wir nur alle wünschen können, daß die Bürger dieses Raumes, Bonns, Bad Godesbergs und Beuels, morgen gute Nerven, viel Ruhe und, sagen wir, ein klein wenig Gelassenheit haben werden. Dann wird nämlich die Demonstration so verlaufen, wie die Demonstranten es sich nicht gewünscht haben: Sie werden durch stille Straßen ziehen und werden sich selbst miteinander unterhalten.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517319100
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schmidt (Hamburg).

Helmut Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0517319200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Wort zu Herrn Kollegen Busse. Ich bin dankbar, daß Herr Kollege Busse für die Fraktion der Freien Demokratischen Partei sicherheitshalber noch einmal klargestellt hat, was wir ja schon wußten, daß es auch für die Freien De-



Schmidt (Hamburg)

mokraten keineswegs um das Ob gehe, daß das Ob für sie positiv entschieden sei, sondern daß es nur um das Wie gehe; und ich stimme ihm bei, beim Wie kann man sehr verschiedener Meinung sein. Aber darum geht es ja heute morgen hier nicht.

(Sehr gut! in der Mitte.)

Über das Wie wird es eine streitige Auseinandersetzung mit, ich nehme an, wechselnden Mehrheiten des Deutschen Bundestages in der nächsten Woche geben.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Heute geht es um eine gewisse Klärung gegenüber der öffentlichen Meinung unseres Landes, weil wir annehmen, daß sie durch manches, was am Wochenende geschieht, vorsätzlich verunklart werden soll.
Zu dem, was die in Bonn zugereisten Agitatoren behaupten, gehört z. B. die Insinuation, die Gesetzgebung solle in der nächsten Woche „durchgepeitscht" werden. Hier haben schon die Kollegen dargelegt, daß der Bundestag seit fast einem Jahrzehnt an dieser Gesetzgebung arbeitet, daß er drei Gesetzentwürfe von drei verschiedenen Bundesregierungen durchgearbeitet hat, daß er selber durch seinen Rechtsausschuß zwei vollständige Gesetzentwürfe vorgelegt hat. Einer von diesen steht in der nächsten Woche zur Debatte und zur Entscheidung.
Ich darf für meine Freunde sagen: die Sozialdemokratische Partei hat seit 12 Jahren durch hervorragende Sprecher ihre Absicht zu einer solchen Verfassungsergänzung bekundet und diskutiert. Seit 1960 haben Sozialdemokraten auf insgesamt fünf Bundesparteitagen und in unzähligen Diskussionen ihre Meinung zum Problem entfaltet und gefestigt. Wahrhaftig, es ist in diesem Hause und in den Parteien über alle Fragen, die damit zusammenhängen, sehr lange gesprochen worden! Der Höhepunkt dieses Ringens wird in der nächsten Woche erreicht werden.
Das Reden und das Ringen miteinander ist unerläßlich für die Demokratie. Aber ebenso unerläßlich für die Selbstachtung und für die Stabilität der Demokratie ist es, daß schließlich und endlich aus einer langen Debatte dann auch eine Konsequenz gezogen und ein Beschluß gefaßt wird.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich nehme zur Sache nicht Stellung, aber ich meine, dieser Punkt der Entscheidung ist jetzt nach acht Jahren erreicht, und wer das „durchpeitschen" nennt, der hat kein ausreichendes Verhältnis zur Wahrheit.

(Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wir Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind auf allen Bänken harte Auseinandersetzungen gewohnt; wir schonen uns ja gegenseitig auch nicht. Es gibt aber auch Beleidigungen, die uns wirklich verletzen. Zu diesen Beleidigungen gehört die Parole, die hier in Bonn zu lesen ist: „Wer NS-Gesetzen zustimmt, wird nicht mehr gewählt."

(Abg. Dr. Schmidt Ich habe für meine sozialdemokratischen Kollegen zu erklären — mein Freund Nellen hat es schon anklingen lassen —: Es ist das gute Recht jedes Bürgers und Wählers, einen Abgeordneten nicht wiederzuwählen, der nach Meinung des Wählers falsche Beschlüsse herbeigeführt hat. Und wir alle setzen uns selbstverständlich immer wieder diesem Risiko aus. Aber wir wehren uns mit Empörung gegen die Unterstellung, daß es Kollegen unter uns geben könnte, die aus Angst vor solchem Risiko bereit wären, gegen ihre persönliche Gewissensüberzeugung abzustimmen. Es wird unerträglich, wenn der öffentlichen Meinung vorgeschwindelt wird, es gebe in diesem Hause Abgeordnete, die bei den bevorstehenden Abstimmungen sich fremder Manipulation unterwerfen wollen. Das Wählervolk hat uns alle in diesem Hause, die Freien Demokraten, die Christlich-Sozialen, die Christlichen Demokraten und die Sozialdemokraten, gleicherweise legitimiert und beauftragt. Keiner von uns kann sich dein Auftrag entziehen, nach seinem eigenen Gewissen für das ganze Volk zu entscheiden. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dorn. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundestagsdrucksache, mit der am Mittwoch die zweite Lesung dieses Gesetzentwurfes hier beendet werden soll, liegt uns bis heute nicht vor. Wir können also frühestens am Montag innerhalb der Fraktionen unsere Änderungsanträge formulieren. Wir haben sie zwar in der politischen Argumentation vorbereitet, aber eine genaue geschäftsordnungsmäßige Vorbereitung war auf Grund dieses Mangels bisher nicht möglich. Das bedeutet natürlich, daß ein großer Teil der Mitglieder dieses Hauses vielleicht kaum noch in der Lage sein wird, die Änderungsanträge der sozialdemokratischen Kollegen, die uns freundlicherweise schon zugestellt worden sind, und die 25 Änderungsanträge, die wir Freien Demokraten zur zweiten Lesung einbringen wollen, bei den Fraktionssitzungen am Dienstag ganz zu beraten, es sei denn, es würde von Montag auf Dienstag überall Nachtarbeit durchgeführt. Das ist das, was uns in dieser Frage sehr bedrückt. Wäre es nicht vielleicht doch besser gewesen, Herr Kollege Schmidt, wir hätten die zweite Lesung, wie es unser Wunsch war, auf den 27. Mai vertagt, um sie so besser vorbereiten zu können? Meine Damen und Herren, nun zu den Demonstrationen. Wir haben hier in Bonn ja schon Demonstrationen gehabt, die auch hinsichtlich der Zahl der beteiligten Demonstranten doppelt so groß waren wie die, die morgen hier stattfinden wird. Wir haben Demonstrationen mit Parolen für das Parlament und zum Teil auch mit Parolen sehr massiver Dorn Art gegen das Parlament von Organisationen erlebt, von denen viele Mitglieder gleichzeitig auch Mitglieder dieses Parlaments sind. Das ist das eine, was es ganz nüchtern festzustellen gilt. Wir erinnern uns auch daran, daß im Jahre 1953 oder 1955, als es in diesem Hause um die Wiederbewaffnung ging, der Kollege Nellen ja auch eine sehr markante Rede für seine freiheitliche Geistesentscheidung gehalten hat, genauso wie er sie — nach meiner Auffassung in hervorragender Weise —heute noch einmal begründet hat. Es hat hier in Bonn Demonstrationen gegeben, bei denen die Bannmeile durch Stacheldrahtzäune abgesichert wurde. Ich erinnere an die Aktion „Kampf dem Atomtod". Damals sind eine ganze Reihe von Mitgliedern dieses Hauses aus der sozialdemokratischen Fraktion als Redner aufgetreten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir Freien Demokraten haben nie einen Zweifel daran gelassen — und ich glaube, aus diesem Hause ist kaum jemand mehr bei Veranstaltungen und Diskussionen über die Notstandsgesetzgebung aufgetreten als ich selbst —, daß wir der Meinung sind. daß unsere Verfassung, so wie sie uns im Augenblick vorliegt, nicht ausreicht, so daß die Frage des Ob — da brauchen Sie keine Sorge zu haben; ich weiß schon, was ich zu sagen habe — eindeutig geklärt ist. Wenn es nicht so wäre, hätten wir Ihnen nicht einen eigenen Fraktionsentwurf vorgelegt. Meine Damen und Herren, wir wollen durch unser Auftreten in diesem Hause als parlamentarische Opposition klarmachen, welche Vorstellungen wir im einzelnen haben. Ich kann darauf heute nicht eingehen. Das wird in der nächsten Woche am Mittwoch geschehen. Diese neue Vorlage aber, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD und der CDU, kann ja wohl hinsichtlich der kritischen Auseinandersetzung der Bevölkerung mit ihr — so wie es vorhin bei Herrn Kollegen Even und wohl auch etwas bei dem Kollegen Hauser anklang — nicht so gesehen werden, als ob die Bevölkerung inzwischen darüber informiert wäre, sie in weiten Kreisen akzeptierte, während die anderen, die dagegen opponieren, nicht wüßten, wogegen sie opponieren. Ich weiß sehr wohl, daß hier morgen vielleicht auch manche auftreten werden, die nicht auf dem Boden der parlamentarischen Demokratie stehen. Aber, meine Damen und Herren, die große Mehrzahl derjenigen, die morgen hier auftreten, bekennt sich zu dieser Demokratie und zu diesem Grundgesetz. (Zuruf von der CDU/CSU: Woher wissen Sie das? — Zuruf von der SPD: Sind Sie Hellseher?)


(Beifall im ganzen Hause.)


(Beifall bei den Regierungsparteien.)


(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517319300
Wolfram Dorn (FDP):
Rede ID: ID0517319400




(Zuruf von den Regierungsparteien)


(Sehr richtig! bei der FDP.)

— Das habe ich in vielen Diskussionen bei anderen Veranstaltungen, wo auch Kollegen der CDU und der SPD als Redner aufgetreten sind, oft genug erfahren können. Sie dürfen mit Sicherheit davon ausgehen, daß ich die Gelegenheit wahrnehme,
morgen auf dieser Veranstaltung die Auffassung der parlamentarischen Opposition zu vertreten.

(Beifall bei der FDP. — Zuruf von der CDU/CSU: Na, dann viel Glück!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517319500
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wörner.

Dr. Manfred Wörner (CDU):
Rede ID: ID0517319600
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst ganz kurz zu dem Vorwurf Stellung nehmen, der draußen aufgetaucht ist und den sich der Herr Kollege Busse zu einem Teil zu eigen gemacht hat, daß dieses Haus in der nächsten Woche über eine Vorlage beschließen werde, die es heute noch nicht kenne. Demgegenüber ist festzuhalten, daß der Entwurf, der hier in der nächsten Woche beraten wird, mit Ausnahme von vier Punkten — darunter nur einem substantiellen Punkt, nämlich dem Widerstandsrecht — bereits Anfang April festgestanden hat und in der Presse veröffentlicht worden ist. Die Einigung über das Widerstandsrecht ist gestern erzielt worden; sie ist den Mitgliedern dieses Hauses, die daran ein Interesse hatten, bekannt.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Infolgedessen muß ich diesen Vorwurf mit aller Entschiedenheit zurückweisen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Die Einigung über das Widerstandsrecht ist doch aber zugunsten derjenigen erfolgt, die noch Bedenken gegenüber diesem Entwurf hatten.

(Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

Ihnen, Herr Kollege Dorn, möchte ich folgendes sagen. Wenn die FDP-Fraktion diesen Entwurf für so bedeutend hält — und ich nehme an, daß sie ihn für bedeutend hält —, muß sie auch die Zeit finden, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Die CDU/CSU-Fraktion hat sich gestern abend in einer Nachtsitzung ausführlich mit allen Einzelpunkten auseinandergesetzt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

In unserer Fraktion ist jeder hinreichend aufgeklärt.

(Abg. Mischnick: Das ist aber ganz neu!)

— Wenn es Ihnen ganz neu ist, dann darf ich es Ihnen hiermit mitteilen, Herr Mischnick!
Nun lassen Sie mich bitte noch folgendes sagen. Jeder von uns weiß, daß unter denen, die morgen demonstrieren, ganz unterschiedliche Überzeugungen, Motive und Beweggründe vorhanden sind. Niemand beabsichtigt, sie alle in einen Topf zu werfen. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wer sich in einen Karren setzt, dessen Richtung er nicht zu bestimmen vermag, muß wissen, was er tut.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wer sich zu einer bestimmten Gesellschaft setzt — ich bringe jetzt ein paar Zitate, die zu erkennen geben, worum es hier geht —, muß auch wissen, was er tut. Und wer sich in einen Karren setzt, dessen Aufschriften — wie Sie draußen an den Zäunen



Dr. Wörner
lesen können — nicht von demokratischer Gesinnung zeugen, muß ebenfalls wissen, was er tut, und kann nicht den Vorwurf erheben, daß man ihm Unrecht tut, wenn er in dieser Gesellschaft entsprechend behandelt wird.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist ein Zitat aus einem Teach-in des SDS zu dieser morgigen Veranstaltung:
Wir haben nicht die Wahl zwischen Unschuld und Gewalt, sondern zwischen verschiedenen Formen der Gewalt.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Am 11. Mai wird Bonn eine Notstandsfestung sein.

(Zuruf von der CDU/CSU: Zuhören, Herr Dorn!)

Wir werden Formen der angemessenen Gegengewalt diskutieren. Die Diskussion wird vor allem auch die voraussichtliche Notstandssituation am 11. Mai in Bonn und eine dort mögliche Aktion zum Gegenstand haben. Dieser Marsch auf Bonn wird zur größten Machtdemonstration der außerparlamentarischen Opposition.
Meine Damen und Herren! Wer sich so oft wie ich im Wahlkampf mit dem SDS und seinen Überzeugungen und Methoden auseinandergesetzt hat, der weiß, daß es denen nicht um die Demokratie geht, sondern um den Sturz der Demokratie.

(Lebhafter Beifall hei den Regierungsparteien.)

Dort sucht man den Notstand unter dem Vorwand, gegen den Notstand zu demonstrieren.

(Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Keiner von uns in diesem Hause ruft nach Gewalt, auch morgen nicht. Jeder von uns ist bereit, sich der Diskussion zu stellen — gestern, heute und auch morgen. Aber eines werden wir nicht: wir werden uns nicht von der Straße und wir werden uns nicht von Organisatoren unter Druck setzen lassen, die nichts anderes im Sinne haben, als dieses Parlament daran zu hindern, seine Pflicht zu tun.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wir sind nicht bereit, uns nach etwas anderem zu richten als nach unseren eigenen Überzeugungen. Und denen, die morgen demonstrieren, weil sie in Sorge sind um unsere Demokratie, kann ich sagen, daß sie morgen auf diejenigen achten sollten, die bei ihnen und mit ihnen sind und das Gegenteil im Sinn haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir sichern auch denen die Freiheit der Demonstration, genauso wie wir den Bürger, der nicht mitdemonstriert, zu schützen bereit sind. Aber auch das muß gesagt werden: Wer morgen Gewalt anwendet, der wird diesen Staat auf der Hut finden.

(Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517319700
Das Wort hat der Abgeordnete Metzger.

Ludwig Metzger (SPD):
Rede ID: ID0517319800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird von manchen, die sich als Notstandsgegner bezeichnen — es ist schon mit Recht gesagt worden: wir alle sind Notstandsgegner —, erklärt, daß sie das deutsche Volk bewahren wollten vor dem Weg in die Weimarer Republik. Ich kann diese Sorge sehr gut verstehen, und ich glaube, alle, die die nationalsozialistische Zeit miterlebt haben, können diese Sorge verstehen. Und wir wollen und müssen dieser Sorge Rechnung tragen. Aber gerade wenn wir den Weg in die Weimarer Republik vermeiden wollen, müssen wir Entsprechendes tun. Es ist schon darauf hingewiesen worden: Die Weimarer Republik hat durch ihre Verfassung und durch die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten überhaupt erst die Voraussetzung dafür geschaffen, daß der Reichspräsident zusammen mit einer Reichsregierung Dinge tun konnte, an denen das Parlament nicht beteiligt war. Der wesentliche Sinn der geplanten Notstandsgesetzgebung scheint mir aber gerade der zu sein — und das ist die Überzeugung auch meiner Fraktion —, daß wir dafür sorgen müssen, daß im Falle eines Notstandes nicht die Stunde der Exekutive, sondern die Stunde des Parlaments ist.

(Beifall bei der SPD.)

Deswegen müssen wir durch Verfassungsänderung dafür sorgen, daß die Zuständigkeiten geregelt werden. Es muß also die Zuständigkeit des Parlaments festgelegt werden. Es muß festgelegt werden, daß das Parlament mit qualifizierter Mehrheit — und nur das Parlament — zu erklären hat, ob ein Notstand besteht. Es muß dafür gesorgt werden, daß das Parlament — und nur das Parlament — Notstandsgesetze zu erlassen hat, im Gegensatz zur Weimarer Zeit. Wer nicht will, daß sich die Weimarer Zeit wiederholt, der muß diese Regelung treffen. Wer diese Regelung nicht trifft, der nimmt alles das mit in Kauf, was sich in Weimar ereignet hat. Es ist erstaunlich, daß es für manche Leute so schwer ist, das zu begreifen, und bei einigen hat man das Gefühl: sie wollen es nicht begreifen.

(Sehr wahr! in der Mitte.)

Wir haben ja mancherlei Äußerungen. Ich denke jetzt an eine Äußerung, die mich besonders bewegt, die Äußerung eines Pfarrers Werner mit einer Reihe von Unterschriften, in der unglaubliche Dinge stehen.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Da wird von einer Art von Gewaltakt gesprochen, und um den Widerstand zu rechtfertigen — nachdem ja längst durch die Entwicklung bewiesen ist, daß die Notstandsgesetze ganz anders aussehen, als man ursprünglich angenommen hat —, greift man zu Behauptungen, die mit der Wahrheit schlechterdings nicht im Einklang stehen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Es wird z. B. die Behauptung aufgestellt, die Spitzen der Koalitionsfraktionen hätten Geheimabsprachen getroffen. Nun, alle, die wir in diesem Parlament sitzen und die wir ehrlich sind, wissen und können



Metzger
bestätigen, daß das eine Unwahrheit ist. Wenn Fraktionen gemeinsam eine Regierung bilden, ist es selbstverständlich, daß sie miteinander sprechen müssen. Und wer soll miteinander sprechen? Die Spitzen der Fraktionen! Wer denn sonst?! Daß dann die Ergebnisse dieser Gespräche in den geschäftsordnungsmäßigen Gang kommen, daß sie den Ausschüssen überwiesen werden, daß sie in den Fraktionen besprochen werden, daß sie also nicht geheim sind, ist selbstverständlich. Wer die Behauptung von Geheimabsprachen aufstellt, tut das bösartig.

(Sehr wahr! in der Mitte.)

Ich erkläre das ganz ausdrücklich: Das sind bösartige Behauptungen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Es wird dann darauf aufgebaut und in diesem Schreiben gesagt, die demokratische Öffentlichkeit solle bewußt überrumpelt werden. Jeder weiß, daß die Dinge zunächst einmal in den Ausschüssen behandelt werden und dann, wenn sie in den Ausschüssen zu Ende beraten sind, in die Fraktionen kommen und dort beraten werden. Die Fraktionen haben die Möglichkeit, diese Dinge in aller Ausführlichkeit zu beraten. Meine Fraktion wird sich mit diesen Dingen den ganzen Dienstag beschäftigen, nachdem sie sich schon in vielen, vielen Sitzungen damit beschäftigt hat. Die Öffentlichkeit ist gehört worden, und von einer Überrumpelung der Öffentlichkeit zu sprechen, ist einfach mit der Wahrheit nicht im Einklang.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wenn dann in diesem Schreiben weiter gesagt wird, es liege nahe, schon jetzt von einem Staatsstreich zu sprechen, so kann ich nur sagen, daß das eine Vergiftung unserer öffentlichen Meinung ist, die einfach nicht verständlich ist.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich muß auch ganz offen sagen, daß dieses Schreiben — ich weiß gar nicht, ob Sie es alle gelesen haben — die Unterschrift von Männern trägt, die ich aus einer langen Tätigkeit sehr gut kenne, mit denen ich zum Teil während der nationalsozialistischen Zeit im Abwehrkampf der Bekennenden Kirche gestanden habe. Das schmerzt mich tief. Wer die nationalsozialistische Zeit kennengelernt hat, muß wissen, daß das, was hier geschieht, was hier von unseren Ministern und von anderen vorgetragen worden ist, das genaue Gegenteil von Staatsstreich ist,

(Beifall bei den Regierungsparteien)

daß das die Verwirklichung der Verfassung und die Garantierung unserer demokratischen Grundordnung ist. Ich will gar nicht bestreiten, daß jemand anderer Meinung sein kann. Dann sollte er aber wenigstens die Offenheit und die Ehrlichkeit besitzen, zuzugeben, daß andere aus ehrlicher Sorge um die Demokratie einen anderen Weg gehen wollen als er selbst.
Herr Präsident, ich darf noch eine kurze Bemerkung machen. Ich habe in diesen Tagen zufällig an einer Studentenversammlung teilgenommen, in der am Vorstandstisch prominente Sprecher der sogenannten außerparlamentaarischen Opposition saßen. Auch Pfarrer Werner saß dabei. Einer dieser Sprecher hat erklärt — und er hat es in die Versammlung hineingeschrieen —. „Wir haben lange genug argumentiert, jetzt hört das Argumentieren auf!"

(Hört! Hört! bei den Regierungsparteien.)

Er hat damit einen großen Teil der Versammlung, nicht die ganze, zu einem frenetischen Beifall veranlaßt.
Ich kann nur eines sagen: Wer erklärt, daß das Argumentieren aufhört, soll uns sagen, was er will. Er kann einen leninistischen Kommunismus wollen, er kann einen stalinistischen Kommunismus wollen, er kann einen maoistischen Kommunismus wollen, er kann eine Anarchie nach Marcuse wollen; er kann aber niemals eine Demokratie wollen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wer glaubt, daß er das Argumentieren ausschalten kann, hat die Demokratie bereits verraten und — die Vermutung habe ich — hat die Demokratie nie gewollt.

(Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich bin auch der Meinung, man muß Unterscheidungen treffen. Unter denen, die da demonstrieren, gibt es sehr viele, die guter Meinung sind, die aber zum großen Teil ahnungslos sind. Aber sie sollten einmal hinhören, was da gesagt wird, und sie sollten diese Leute fragen, was sie denn eigentlich wollen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517319900
Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.

Wolfgang Mischnick (FDP):
Rede ID: ID0517320000
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Recht ist hier davon gesprochen worden, daß in manchen der Flugschriften Dinge unterstellt werden, die von keiner Seite in diesem Hause gewollt werden und in keiner Vorlage enthalten sind. Mit Recht wehren wir uns dagegen. Ich wäre aber dankbar, wenn das Sich-Wehren gegen Unterstellungen auch dann erfolge, wenn es sich um Kollegen dieses Hauses handelt, denen man Dinge unterstellt, die einfach nicht den Tatsachen entsprechen, nämlich mit der Behauptung, wie es durch Zwischenrufe geschehen ist, wir stellten das Ob einer Notstandsgesetzgebung in Frage. Nach beiden Seiten sollten wir hier korrekt handeln und nicht nur nach einer Seite.

(Beifall bei der FDP.)

Mit Recht hat der Kollege Wörner davon gesprochen: Wer in Sorge um unsere Demokratie ist, muß darauf achten, was die anderen wollen, die da mitgehen. Völlig einer Meinung! Gerade aber um diejenigen geht es doch, wenn wir der Auffassung sind: Den außerparlamentarischen Kräften muß klargemacht werden, was die parlamentarische Opposition will, damit wir nicht zusammentreiben, was nicht zusammengehört. Gerade wer Sorge hat, daß sich die außerparlamentarische Opposition anreichert, daß es Mitläufer gibt, die glauben, das sei der



Mischnick
einzige Weg, der muß dafür Verständnis haben, daß die parlamentarische Opposition ihren auf dem Boden des Grundgesetzes stehenden Standpunkt auch bei solchen Gelegenheiten in aller Offenheit und aller Klarheit darlegt. Um das geht es uns, um nichts anderes.

(Beifall bei der FDP.)

Meine Damen und Herren, hier ist vom Herrn Kollegen Wörner wieder darauf hingewiesen worden, man habe doch ausreichend Zeit, sich mit diesen Dingen zu befassen. Meine Damen und Herren, welches Gesetz von einer solch weittragenden Bedeutung haben wir in solch kurzer Zeit

(Zuruf von der CDU/CSU: Zehn Jahre!)

in zweiter Lesung im Parlament behandelt, obwohl wir wissen, daß die zweite Lesung zur Notstandsgesetzgebung vergleichbar — nicht gleichzusetzen — mit einer dritten Lesung ist, weil ja entsprechende Verhandlungen zwischen der zweiten und der dritten Lesung mit den Alliierten geführt werden müssen?! Wenn Sie sich zurückerinnern, müssen Sie zugeben, daß es für ein solch weitreichendes Gesetz nicht üblich gewesen ist, daß, wenn am Dienstag beraten werden soll, am Freitag der Text des Gesetzes noch nicht im einzelnen vorliegt bis auf die Übersicht, die wir gestern bekommen haben. Das ist eben etwas, was wir nicht für richtig halten, meine Damen und Herren.

(Zuruf von der CDU/CSU: Der Text liegt doch schon lange vor! — Ein Abgeordneter meldet sich zu einer Zwischenfrage.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517320100
In der Aktuellen Stunde gibt es keine Zwischenfragen.

Wolfgang Mischnick (FDP):
Rede ID: ID0517320200
Ich wäre mit der Zwischenfrage einverstanden. Aber, Herr Präsident, Sie haben recht: Jetzt darf keine Zwischenfrage gestellt werden.
Sie sagen, der Text liegt vor. Es ist aber doch unbestritten, daß gerade für die Kollegen, die sich nicht in den Ausschüssen ausführlich damit befassen konnten, bis jetzt keine Gelegenheit war, im einzelnen Paragraph für Paragraph durchzusehen, weil sie nichts in der Hand hatten.

(Abg. Dr. Barzel: Wir haben gestern die Nacht genommen!)

Das ist ein Punkt, meine Damen und Herren, der nicht gut ist.
Wären Sie auf den Vorschlag der Freien Demokraten eingegangen, es acht Tage später zu beraten, wäre kein Schaden entstanden. Herr Kollege Schmidt, die Entscheidungen hätten dann genauso fallen können. Hier erwecken Sie aber nach außen den Eindruck, daß die Dinge schneller über die Bühne gezogen werden sollen, als es unbedingt notwendig ist.

(Beifall bei der FDP. — Pfui-Rufe bei der CDU/CSU. — Zuruf von der CDU/CSU: Diesen Eindruck haben doch Sie geschaffen!)

Da brauchen Sie nicht Pfui zu rufen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Doch!)

Die Dinge sind einfach falsch, wenn man in einer solch wichtigen Frage, bei der die verschiedensten Gruppierungen unterschiedlicher Meinung sind, die Öffentlichkeit über die jetzt gefaßten Beschlüsse bis hin zur Entscheidung nicht ausreichend unterrichten kann und auch als Abgeordneter Verhandlungen und Gespräche mit Sachverständigen zwischen den Beratungen gar nicht mehr führen kann. Das müssen Sie doch zugeben.
Meine Damen und Herren, erfreulicherweise ist hier ein klares Bekenntnis zum Demonstrationsrecht abgelegt worden. Wir sind gemeinsam der Auffassung, daß diejenigen, die Gewalt anwenden, damit ihrer eigenen Sache schaden, sofern sie sich zu einer Sache bekennen und nicht nur aus purer Obstruktion dagegen sind. Wir sollten aber auch nicht in den Fehler verfallen, von dem, was an Negativem bei Demonstrationen hier und dort eingetreten ist, bei der grundsätzlichen Betrachtung von Demonstrationen auszugehen. Dann würden wir vielen Unrecht tun. Seien sie bereit, das, was morgen gesagt wird, in aller Nüchternheit zu prüfen und hei den Beratungen am nächsten Mittwoch in die Diskussion zu nehmen, um sich dann sachlich zu entscheiden.
Wir lassen uns genauso wenig wie Sie unter Druck setzen. Uns geht es darum, der Öffentlichkeit das Gefühl zu vermitteln: Hier wird wirklich gründlich beraten und nicht überhastet entschieden.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517320300
Meine Damen und Herren, ich muß feststellen, daß die für die Beratung der nächsten Woche maßgebende Bundestagsdrucksache V/2873 heute vormittag verteilt worden ist.

(Zurufe von der FDP: Heute!)

— Heute vormittag. Sie muß sich also in den Fächern befinden, wo Sie sie abholen können.
Das Wort hat der Abgeordnete Damm.

(Abg. Rasner: Heute abend kann man gut tagen! — Abg. Dorn: Herr Rasner, heute morgen um 10 Uhr lag die Drucksache noch nicht vor!)


Carl Damm (CDU):
Rede ID: ID0517320400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte dem Abgeordneten Mischnick sagen: Nicht wir erwecken den Eindruck, als ob etwas durchgepeitscht werden solle, sondern seine Argumentation hinsichtlich des Terminplanes, wie er sie eben vorgetragen hat, muß draußen den Eindruck erwecken, als ob hier etwas durchgepeitscht werde.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der FDP: Ist doch erst heute verteilt worden!)

— Meine Herren Kollegen von der FDP, wenn jemandem die Dinge, wie Sie hier mit Recht unterstellen können, am Herzen liegen, dann hat er über



Damm
Monate und insbesondere in den letzten Wochen Gelegenheit gehabt,

(Abg. Mischnick: Sie haben keine Ahnung! — Weitere Zurufe von der FDP)

mit den Experten seiner Fraktion ständig Kontakt zu halten, und er konnte genau wissen, worum es sich handelt.

(Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

Im übrigen ist schon gesagt worden: Die CDU/ CSU-Fraktion hat gestern abend in mehrstündiger Sitzung die Einzelheiten dieser jetzt gefaßten Beschlüsse so ausführlich beraten, daß für meine Fraktion festgestellt werden kann: Wir sind genau im Bilde.
Meine Damen und Herren, ich habe mich hier gemeldet, um zu den vielen berechtigten Hinweisen auf die — wie Herr Kollege Metzger es genannt hat — Vergiftung der Atmosphäre ein, wenn ich so sagen darf, praktisches Beispiel beizutragen, von dem ich heute morgen Kenntnis erlangt habe. Ich möchte um die Genehmigung des Herrn Präsidenten bitten, etwas zitieren zu dürfen. In den „Harburger Anzeigen und Nachrichten", einer Zeitung, die sowohl dem Herrn Kollegen Wehner als auch dem Herrn Kollegen Dr. Dahlgrün nicht unbekannt ist, finde ich in der Ausgabe von gestern folgenden Bericht. Dort wird geschildert, was eine Hamburger Hausfrau beim Einkaufen in der Hamburger Innenstadt erlebt hat. Lassen Sie mich das Sie werden gleich den Zusammenhang mit diesem Thema erkennen — insoweit vorlesen:
Plötzlich
— so erzählt eben diese Hausfrau —
tauchten am Eingang zum Gerhart-HauptmannPlatz
— das ist die Karstadt-City —
eine Rotte wildaussehender junger Burschen mit weißen Helmen auf, in der Hand kurze Knüppel, und einige trugen Holzgewehre. Sie stürzten sich auf einige Kunden, junge Männer und junge Mädchen, packten sie und zerrten sie unter fortwährenden lauten Zurufen: „Das ist eine Notstandsübung, die könnt ihr jeden Tag erleben!" Dabei schwangen sie ihre .Knüppel und „Gewehre" und drängten die von ihnen Ergriffenen mit Gewalt aus dem Kaufhaus auf die Straße hinaus. Draußen rannten mit wildem Gebrüll weitere Männer in Tarnanzügen und Helmen und zerrten ihre Opfer über die Straße, trotz der Hilferufe der jungen Mädchen. Hinter ihnen liefen ebenfalls junge Leute mit Photoapparaten und knipsten diese Szenen, die mir vorkamen, als ob hier etwas für das Kino aufgenommen würde. Sie zerrten die von ihnen Festgehaltenen in Richtung auf die unterirdischen Toiletten, stießen sie gegen die Mauer mit dem Rücken zur Straße und befahlen ihnen, stillzustehen und sich nicht zu rühren. Die Behelmten hoben ihre Gewehre gegen ihre Gefangenen.
Das Ganze geschah ohne einen Widerstand der Passanten, aber die Burschen hatten sich wohlweislich nur an ganz jungen Menschen vergriffen, während sie ältere Personen nicht belästigten.
Und ein Stück weiter heißt es dann in diesem Bericht, daß ähnliche Aktionen auf dem nicht weit entfernt gelegenen Gelände des C & A-Kaufhauses in der Mönckebergstraße geschahen; dort sind gleichzeitig vom „Aktionsausschuß 11. Mai" Flugblätter verteilt worden,

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

die auf den sogenannten „Notstand der Demokratie" hinweisen und dazu auffordern, am 11. Mai an dem Sternmarsch auf Bonn teilzunehmen.

(Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, wenn man so mit dem Bürger umgeht, um ihn gegen die Notstandsgesetze einzunehmen, dann ist das eben nun wirklich handfeste Manipulation der Meinung der Bürger, und dagegen muß man auch hier in diesem Hause entschieden Front machen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

In dem Flugblatt, von dem hier die Rede ist, wird natürlich auch die These wiederholt, die Politiker hätten nicht ihr Versprechen erfüllt, mit den Studenten bespielsweise und den Notstandsgegnern — den sogenannten Notstandsgegnern — zu sprechen. Ich möchte hier als Beispiel eine Gesprächsaufforderung des sogenannten „Arbeitskreises Notstandsgesetze" in Hamburg erwähnen, dessen Sprecher ein Professor Bäumer ist. Dieser hat im März dieses Jahres noch die Hamburger Bundestagsabgeordneten aufgefordert, zu diskutieren, und hat bei dieser Gelegenheit seinem Brief ein Fotokopie des Ermächtigungsgesetzes von 1933 beigelegt, natürlich mit dem Hinweis darauf, daß das, was wir hier jetzt zu beschließen hätten, sich davon nicht unterscheide. Ich habe diese Gleichsetzung, wie Sie sich denken können, brieflich als Unverschämtheit zurückgewiesen. Daraufhin hat er erneut geschrieben — und nur das möchte ich hier noch vortragen —, es unterscheide sich das Ermächtigungsgesetz von 1933 von den zu beschließenden Notstandsgesetzen — so sagt er wörtlich
im wesentlichen nur dadurch, daß die Notstandsgesetze statt in fünf kurzen Artikeln in einer Fülle von Paragraphen vernebelten, was wirklich gemeint sei.

(Abg. Metzger: Dem sollte man die Professur entziehen!)

So sieht dort die Gesprächsbereitschaft aus. So eine „Gesprächsbereitschaft" ist in Wirklichkeit eben nicht eine Bereitschaft zum Ringen miteinander, sondern das ist der Versuch, diese Demokratie zu torpedieren.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)





Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517320500
Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende der Aktuellen Stunde.
Ich rufe nunmehr Punkt 41 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Mehrwertsteuer)

— Drucksache V/2833 —
Wird der Gesetzentwurf begründet? — Das ist offensichtlich nicht der Fall. Wird das Wort in der Aussprache gewünscht? — Frau Abgeordnete Funcke!

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0517320600
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Als wir vor genau einem Jahr das Mehrwertsteuergesetz in diesem Hause verabschiedeten, war wohl allen denen, die an diesem Gesetz mitgearbeitet haben, klar, daß es nicht ohne Novellen abgehen kann. Jeder von uns hat damit gerechnet, und die Regierung hat ja dann, noch bevor es überhaupt in Kraft trat, die erste Novelle vorgelegt. Novellen sind bei einem so umfassenden Systemwechsel deswegen unvermeidlich, weil das Leben doch etwas vielschichtiger ist, als es selbst in vier Jahren redlichen Mühens die Abgeordneten des Finanzausschusses in vollem Umfang übersehen konnten. Und nicht alle Verbände haben uns auf alle möglichen Schwierigkeiten aufmerksam gemacht. Sie ist auch deswegen nötig, weil sich sachliche Argumente nicht immer gegen abweichende politische Zielsetzungen durchgesetzt haben, und auch deswegen, weil mitunter erst die Entwicklung zeigt, daß die Verschiebung in der Steuerbelastung zu unerträglichen wirtschaftlichen Folgen führt. Erst jetzt können wir die praktische Auswirkung überschauen. Es sind auch manche Ungerechtigkeiten nicht erkannt worden, die sich erst jetzt herausgestellt haben. Schließlich hat sich erst nach der Einführung manche Frage der praktischen Durchführbarkeit ergeben.
Der Vorsitzende des Finanzausschusses, Herr Dr. Schmidt, hat dieser Tage gesagt, es sei noch zu früh, man sollte noch warten, man müsse erst einmal so etwa ein Jahr laufen lassen. Wir sind da anderer Meinung. Denn wenn es in der Tat Ungerechtigkeiten gibt, wenn es bewiesene Unzulänglichkeiten gibt, ja, Verfassungsbedenken oder erhebliche wirtschaftliche Benachteiligungen, sollte man sich sehr bald zu ihrer Beseitigung entschließen und nicht warten, bis die Schäden noch größer werden oder gar Verfassungsbeschwerden in Karlsruhe anhängig werden.
Meine Herren und Damen, gerade dieses Gesetz ist nicht nur in wirtschaftlicher, sondern vor allem auch in psychologischer Hinsicht so empfindlich, daß wir uns wohl hüten sollten, allzu dickfellig auf beachtliche Vorstellungen zu reagieren. Nicht zuletzt sollten wir aus vor Augen halten, daß in diesem Fall der Hauptbetroffene nicht aktiv legitimiert ist zu klagen. Denn die Umsatzsteuer wird ja, soweit es die Betriebe angeht, weitergewälzt. Soweit sie aber den Letztverbraucher trifft, gilt dieser nicht als Betroffener im Sinne des Verfassungsgerichtsgesetzes und kann daher nicht in Karlsruhe klagen; er ist
nicht unmittelbar Steuerpflichtiger gegenüber dem Finanzamt. Gerade diese empfindliche Stellung des Verbrauchers sollte uns besonders aufmerksam machen, wenn es um Fragen der Ungerechtigkeit oder der allzu starken Belastung durch dieses Gesetz geht.
Wir wissen alle, daß das Ministerium an einer Novelle arbeitet. Wir wissen alle, daß die Fraktionen dieses Hauses, und zwar alle drei, bereits Änderungsanträge beraten oder formulieren. Wir fragen uns deswegen, warum es denn nun nicht endlich losgehen soll. Da wir mit einer Novelle nicht auskommen, wird es sowieso notwendig sein, gelegentlich später noch auftretende Unzulänglichkeiten in einer weiteren Novelle zusammenzufassen. Wir sollten uns da nicht scheuen, zuzugeben, daß nicht alles auf Anhieb klappt. Schließlich beschäftigen sich ja z. B. auch unsere französischen Kollegen laufend mit Änderungen, weil einfach die wirtschaftliche Entwicklung sie unvermeidbar macht.
Wir haben seitens der FDP in dieser Novelle nicht alles aufgegriffen, was uns reformbedürftig erscheint. Diejenigen, die sich hier mit ihrem Anliegen vielleicht nicht hinreichend angesprochen fühlen, mögen sich sagen, daß eine Opposition in diesem Hause mit verminderten Hilfsmöglichkeiten — es geht hier ja alles nach d'Hondt — nicht gleichzeitig alle Probleme in Angriff nehmen kann. Wir bekennen das freimütig. So werden wir zweifelsohne, wenn erst einmal diese Novelle beraten wird, weitere Fragen zur Diskussion stellen. Ich komme gleich noch auf einige zu sprechen. Worum es uns ging, ist, die Beratung im Parlament überhaupt zu beginnen, die Novelle also praktisch in die Diskussion zu geben und damit all denen, die weitergehende Wünsche, Anträge oder Bedenken haben, sei es in den Fraktionen, sei es im Ministerium, sei es von draußen, die Möglichkeit zu geben, ihr Anliegen vorzubringen.
Es geht bei den Änderungen, die wir vorschlagen, im wesentlichen um drei Gruppen, und zwar einmal um die Fälle, in denen sich wirtschaftliche Nachteile ergeben haben, die in diesem Umfang von uns nicht gewollt sein können, zum zweiten um die Fälle, wo sich herausgestellt hat, daß sich Ungerechtigkeiten ergeben haben, und drittens um Fragen der praktischen Durchführung.
Zum Punkt 1: Wir schlagen vor, den Steuersatz für den Gaststättenumsatz auf 5 0/o zu setzen. Diesen Antrag haben wir seinerzeit schon gestellt und begründet. Die Entwicklung hat uns recht gegeben. Die Gaststättenumsätze sind nicht nur netto, sondern auch brutto zurückgegangen, d. h. selbst unter Anrechnung der erhöhten Umsatzsteuer liegen die Umsätze im Gaststättengewerbe unter denen des Vorjahres. Dabei müssen wir noch sagen, daß das Vorjahr zweifellos ein Jahr besonders zurückhaltender und sparsamer Wirtschaftsführung des einzelnen Verbrauchers gewesen ist. Hier zeigt sich offensichtlich, daß die hohe Besteuerung der Gaststätten gegenüber den Einkäufen im Lebensmittelbereich, auch gegenüber Einkäufen von fertigen Gerichten, so benachteiligt, daß wir uns ernstlich fragen müssen, ob hier nicht die Gerechtigkeit der Besteuerung



Frau Funcke
und die wirtschaftliche Notwendigkeit uns zu einer Herabsetzung des Steuersatzes zwingen. Wir sind dieser Meinung.
Zugleich hat sich herausgestellt, daß die Abgrenzungen zwischen dem Verzehr in Gaststätten und dem Verzehr im Vorbeigehen praktisch und rechtlich möglich ist. Man müht sich, da köstliche Abgrenzungen zu finden, und das Ministerium gibt sich zweifellos Mühe, sie möglichst schußfest zu machen. Wir sollten aber ehrlich zugeben, daß Speisen in Gaststätten und Speisen in Lebensmittelgeschäften praktisch das gleiche sind und daß wir daher keine Diskriminierung in der Besteuerung vornehmen dürfen.
Wenn unser Antrag, wie es gelegentlich von außen gesagt wurde, nicht klar genug und nicht urn-fassend genug ist, sind wir gern bereit, ihn im Text zu ändern. Selbstverständlich ist auch die Verpflegung, die vom Arbeitgeber im Familienhaushalt gestellt wird, mitgemeint. Es geht darum, daß alles, was an Fertiggerichten auf den Tisch gebracht wird, in der 5%igen Besteuerung gleichgestellt wird.
Wir denken weiterhin an die wirtschaftlichen Entwicklungen, die sich auf dem Altwaren- und Altwagenmarkt ergeben haben. Gegenüber dem ersten Vierteljahr 1966 hat es in den Neuzulassungen der Wagen einen 25%igen Rückgang gegeben. Dies ist zweifelsohne darauf zurückzuführen, daß Kraftfahrzeugbesitzer den fälligen Fahrzeugwechsel nicht vorgenommen haben. Man fährt den Wagen weiter und gibt ihn nicht mehr in Zahlung. Dadurch ist natürlich auch das Neugeschäft in Mitleidenschaft gezogen. Durch eine verbandseigene Befragung hat man festgestellt, daß sich im Altwagengeschäft, d. h. bei der Inzahlungnahme von Wagen, ein Rückgang um 27,6 % ergeben hat. Meine Herren und Damen, das sollte uns zu denken geben.
Ich glaube, hier muß etwas geschehen. Herr Kollege Dr. Schmidt, Sie haben bei den Steuerbevollmächtigten gesagt, unser Änderungsvorschlag sei ein Einbruch in das System. Man kann da aber verschiedener Meinung sein. Auch wir haben es zunächst so beurteilt. Man kann aber genauso gut der Meinung sein, daß auch eine Doppelbesteuerung desselben Wagens nicht im System liegt. Ein Wagen, der bereits einmal an den Letztverbraucher gegangen ist, hat die Umsatzsteuerbelastung von 10% schon getragen. Wenn er nun erneut in den Wirtschaftsablauf kommt, erfährt er praktisch eine Doppelbesteuerung. Man kann — ich gebe das zu — beides begründen. Aber weil man beides begründen kann, sollten wir der wirtschaftlichen Überlegung folgen und eine Erleichterung in der Steuerbelastung zur Belebung des Altwagenmarktes und des damit zusammenhängenden Neugeschäftes schaffen. Das gilt auch für Altmaschinen und Altwagen aller Art. Wir stellen uns das so vor, daß in diesem Falle ein bereits einmal versteuertes Gut nicht noch einmal Grundlage der Besteuerung sein soll. Es soll vielmehr beim Wiederverkauf mit dem Einlösungswert aus dem Verkaufserlös herausgenommen werden. Der Restbetrag — das ist die Leistung des Händlers, es kann aber sehr häufig auch noch
der Einbau zusätzlicher Neuteile sein — ist dann selbstverständlich mit 10 % zu versteuern.
Die zweite Gruppe bezieht sich auf Ungerechtigkeiten, die nach unserer Auffassung beseitigt werden sollten. Da geht es zunächst um unseren Antrag aus dem vorigen Jahr, nach dem wir alle Leistungen, die gegenüber Ausländern mit Wirkung im Ausland erbracht werden, so behandelt sehen wollen wie alle Warenlieferungen ins Ausland. Auch die geistige Leistung gegenüber dem Ausland und mit Wirkung im Ausland sollte uneingeschränkt steuerfrei sein. Denn es ist einfach nicht zu verstehen — und nicht zu vertreten —, daß zwar jeder Export — unabhängig davon, um was es sich handelt — steuerfrei ist, während eine geistige Leistung, die über die Grenzen hinweg erbracht wird, sehr unterschiedlich behandelt wird. Nach dem geltenden Recht ist wirtschaftliche und technische Beratung steuerfrei, aber rechtliche und steuerliche Beratung steuerpflichtig. Sie haben uns auch trotz aller Bemühungen des Herrn Kollegen Seuffert nicht klarmachen können, warum Sie diese Ungerechtigkeit für gerecht halten. Darum greifen wir diese Frage erneut auf.
Ähnlich ist es mit einer anderen Frage. Im Rahmen des § 12 sind die Leistungen aller Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten ebenso wie die der Steuerberatungsgesellschaften mit 5 % gleichgestellt. Wir haben aber die Wirtschaftsberatungsgesellschaften nicht entsprechend behandelt. Dadurch liegt hier eine einseitige Benachteiligung vor. Es hat sich herausgestellt, daß Differenzen mit Oberfinanzdirektionen entstanden sind darüber, ob etwa die wirtschaftliche Beratung von Krankenhäusern durch eine entsprechende Gesellschaft jetzt 5 oder 10 % kosten soll. Die Beratung auf Parallelgebieten durch eine Steuerberatungsgesellschaft ist nur mit 5 % belastet. Aber die Beratung durch eine solche Wirtschaftsberatungsgesellschaft würde mit 10 % besteuert werden. Das scheint uns nicht gerecht zu sein.
Es geht auch um die Frage der Künstleragenturen. Die künstlerischen Leistungen haben wir mit 5 % versteuert oder sie ganz freigestellt, während die Steuer der Agenturen bei 10 % liegt. Die Folge ist, daß vielfach aus dem Ausland heraus die Vermittlung vorgenommen wird und die deutschen Agenturen übergangen werden. Oder die deutschen Agenturen müßten ihren Sitz in das Ausland verlegen.
Es geht auch um die leidige Frage — Herr Kollege Schulhoff ist gerade nicht hier — der Zahntechniker. Wir haben drei verschiedene Steuersätze für den Zahnersatz. Macht ihn der Arzt selbst, ist er steuerfrei. Beschäftigt der Arzt einen Techniker, kostet die Prothese 5 %. Wird die technische Leistung vom handwerklichen Zahntechniker erbracht, beträgt die Steuer 10 %. Uns scheint das ungereimt zu sein. Wir sollten einfach den Satz auf 5% festlegen, was ja auch logisch ist, da wir auch sonst alle Körperersatzstücke mit 5 % besteuern. Es ist nicht einzusehen, warum ein Glasauge 5 %, die dritten Zähne aber 10 % kosten sollen.
Schließlich geht es noch um eine Gleichstellung im Bereich der Druckerzeugnisse. Wir haben auf



Frau Funcke
dem deutschen Bücher- und Kalendermarkt eine Form von Kalendern, die buchähnlichen Charakter haben. Ich meine nicht die reinen Terminkalender, sondern ich meine jene Kalender, aus denen letztendlich seinerzeit das Buch hervorgegangen ist. Es ist nicht ganz einzusehen, warum etwa besonders hochwertige Kalender — mit buchähnlichem Inhalt oder mit Kunstdrucken — anders behandelt werden als Bücher oder lose Drucke.
Schließlich geht es noch um die leidige Getränkesteuer der Gemeinden. Sie besteht nur in einzelnen Gemeinden und in unterschiedlicher Höhe. Es erscheint nicht gerecht, daß dort, wo sie besteht, die Getränke nicht nur zusätzlich mit der Getränkesteuer, sondern auch noch mit der Mehrwertsteuer auf die Getränkesteuer belastet werden. Wir sehen in der Getränkesteuer nach wie vor einen durchlaufenden Posten und meinen, sie müßte von der Mehrwertsteuer freigestellt werden.
Schließlich, meine Herren und Damen, geht es um die Praktikabilität dieses Gesetzes. Es gibt ein hochinteressantes Gutachten unseres Kollegen dieses Hauses, Dr. Eckhardt, der einmal dem Charakter des Flaschenpfandes nachgegangen ist und festgestellt hat, daß das Flaschenpfand kein Entgelt ist. Ich glaube, er hat recht. Flaschenpfand ist kein Entgelt, sondern ist, soweit die Flasche nicht wieder zurückgegeben wird, eine Ersatzleistung für verlorengegangenes Umfassungsgut. Wenn das so ist, ist nach steuerrechtlicher Terminologie kein Raum für eine Besteuerung; denn für Ersatzleistungen ist keine Steuer vorgesehen. Deswegen, so meine ich, sollten wir den Vorschlägen folgen, das Flaschenpfand freizustellen. Es ist doch geradezu unsinnig, daß wir eine Riesenarbeit verursachen dadurch, daß zunächst das gegebene Flaschenpfand versteuert wird und bei Rückgabe der Flasche die Steuer wieder entsprechend gekürzt wird. Das mag im Einzelhandel gerade noch gehen, wo man am Ende eines Tages jeweils die Nettoeinnahme versteuert. Aber in den Zwischenstufen, im Handel, in der Produktion macht das eine unsinnige Arbeit für nichts; denn zum guten Schluß wird nahezu alles wieder rückgerechnet. Dieses Hinüber- und Herüberrechnen scheint uns wahrlich weit mehr Kosten zu verursachen, als es nachher bringt. Wir meinen, hier sollten wir, sowohl der rechtlichen wie der praktischen Begründung folgend, das Flaschenpfand freistellen.
Schließlich gibt es noch das leidige Thema des Termins zur Abgabe der Steuererklärung. Wir haben in diesem Hause vor einem Jahr mit allem Nachdruck erklärt, daß wir die derzeitige Regelung für unzumutbar halten. Eine Demokratie, die ihren Bürgern Unzumutbarkeiten aufbürdet, ist schlecht. Nun hat es sich erwiesen, daß es unmöglich ist, bis zum 10. des folgenden Monats alle Unterlagen für die Mehrwertsteuerabrechnung zur Verfügung zu haben. Die steuerberatenden Berufe haben das eindeutig gesagt, und die Regierung hat sich ja auch ein bißchen darauf eingestellt, indem sie bis Ende Mai eine Übergangsregelung mit sehr fragwürdiger praktischer Auswirkung zugelassen hat. Aber dieser Termin läuft ab. Ich würde Ihnen allen wünschen, daß Sie einmal diese vier Seiten ernstlich und rich-
tig ausfüllen müßten. Leider sind es nur zu wenige, die das selbst praktisch zu tun haben. Ich bin nicht in der Lage, die Steuererklärung bis zum 10. abzugeben, und viele, nahezu alle, sind es nicht, weil die Vorarbeiten jetzt ja nicht nur auf dem Verkaufssektor, sondern auch auf dem Einkaufssektor bis zu diesem Termin abgeschlossen sein müssen. Sagen Sie nicht, daß die Automation das erleichtert. Nicht jede Firma kann sich im Rechnungswesen die Vollautomation leisten. Es gibt Gemeinschaftseinrichtungen, aber natürlich können nicht alle zur gleichen Zeit die gleiche Arbeit verlangen. Es geht so in der Tat nicht.
Wir haben den damaligen Antrag einfach mechanisch wiederholt, aber ich möchte Ihnen eigentlich einen anderen Vorschlag machen. Ich glaube, damit könnten auch das Finanzministerium und die Länder, die da am schwierigsten sind, einverstanden sein. Es ist der Vorschlag, den die Steuerbevollmächtigten uns vorgelegt haben: Wir behalten den 10. bei, aber wir rechnen jeweils am 10. den vorvorigen Monat ab und machen eine einmalige Zwischen-Akontozahlung, damit auch Herr Strauß zu seinen monatlichen Einnahmen kommt. Das heißt, es wird am 10. Juni eine Akontozahlung geleistet, und am 10. Juli wird der Mai abgerechnet. Ich glaube, damit kommen wir allen Beteiligten entgegen und verhindern Manipulationen, die heute notwendig sind. Ich sage ganz freimütig, wie wir es machen; denn bei uns in der Firma geht es gar nicht anders: Wir schließen den Monat — zumindest im Einkauf — etwa am 20. ab, um dann wenigstens bis zum Erklärungstermin einen wenn auch fiktiven Vorsteuerbetrag zu haben. Das ergibt natürlich doppelte Arbeit, denn in der kurzfristigen Erfolgsrechnung müssen wir ja die richtigen Zahlen per 31. haben. Das heißt, die derzeitige Regelung führt zu permanenter Doppelarbeit und zu Unübersichtlichkeiten im betriebsinternen Zahlenwerk. Wir bitten also, in diesem Punkte das Gesetz einmal von der praktischen Seite her zu reformieren.
Nun, meine Herren und Damen, ich könnte noch auf einige Punkte hinweisen, die wir darüber hinaus für diskussionswürdig halten, möchte das aber wegen der vorgeschrittenen Zeit nicht tun. Es gibt eine Reihe von Dingen. Hier ist einmal die Frage, die ja offensichtlich in allen Fraktionen diskutiert wird, wie es etwa mit den ausländischen Inseraten in deutschen Zeitungen ist, wobei man darüber diskutieren kann, wie die vergleichbare Rechtslage ist. Daß die Leistung für Ausländer erbracht wird, ist eindeutig, ob aber die Wirkung im Ausland oder im Inland liegt, darüber müßten wir uns klarwerden.
Wir müssen auch die Frage der Kunstversteigerung noch einmal diskutieren; denn damit sind wir damals nicht ganz sachgerecht umgegangen.
Es gibt noch eine ganze Reihe von Fragen, die ich jetzt wegen der Kürze der Zeit nicht aufwerfen möchte, von denen ich aber glaube, daß sie es wert sind, von uns nach den Erfahrungen, die wir inzwischen gemacht haben, noch einmal durchdacht zu werden.

(Beifall bei der FDP.)





Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517320700
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmidt (Wuppertal).

Dr. Otto Schmidt (CDU):
Rede ID: ID0517320800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich an all die Unkenrufe denke, mit denen dieses Gesetz bedacht wurde,

(Sehr richtig! in der Mitte)

an die Proteste und das Geschrei, das überall im voraus gemacht worden ist, wie katastrophal sich die Mehrwertsteuer nach dem 1. Januar auswirken würde, so kann ich nur sagen: wider Erwarten auch der Optimisten ist es gut angelaufen. Das heißt nicht, daß das Gesetz keine Unebenheiten hätte und in der Praxis nicht Schwierigkeiten machte. Aber wenn ich die Umstellung eines Steuersystems in dieser Weise vornehme, ist das unvermeidlich.

(Zustimmung bei der CDU/CSU.)

Nun meine ich, wir sollten hier in erster Linie einmal der Abteilung des Ministeriums unseren Dank aussprechen, die es verstanden hat, dort, wo Schwierigkeiten auftraten, die Dinge mit Durchführungsbestimmungen, Ausführungsanweisungen, sehr elastischen Verwaltungsanweisungen zu glätten und zu ebnen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Das ist mit sehr viel Verständnis geschehen, und wir dürfen sicher sein, daß das auch in Zukunft mit demselben Verständnis der Fall sein wird.
Wir sollten auch einmal der betroffenen Wirtschaft danken, die all die Umstellungsschwierigkeiten auf sich genommen hat.

(Sehr richtig! in der Mitte.)

Sie hat sich in erstaunlicher Weise elastisch angepaßt und dort, wo Schwierigkeiten waren, die, sagen wir einmal, nur gesetzlich hätten beseitigt werden können, Mittel und Wege gefunden, auch diese Hürden zu überspringen.
Meine Damen und Herren, wenn man ein solches Gesetz macht, das am 1. Januar in Kraft tritt, kann man meines Erachtens nicht am 10. April mit einem so umfassenden Änderungsantrag kommen.

(Abg. Ertl: Warum nicht?)

Es wäre mir ein Leichtes, aus den Eingaben, die an Sie und an mich herangetragen werden, den Katalog der Änderungen noch um ein Vielfaches zu ergänzen. Da werden nämlich zu einem großen Teil die alten Wünsche wieder wach, mit denselben Argumenten. Glauben Sie im Ernst, ein Gesetzgeber kann es sich leisten, all diese alten Wünsche hier wieder mit denselben Argumenten neu auf den Tisch zu bringen?

(Abg. Frau Funcke meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

— Verehrte Frau Funcke, Sie haben so lange gesprochen und die Zeit ist so vorgeschritten, daß ich jetzt meine Sache gern im Zusammenhang vortragen möchte.

(Zuruf von der FDP: Aha!)

Meine Damen und Herren, hier wird auch wieder der Versuch gemacht, mit sehr populären Anliegen, Dinge wieder in Fluß zu bringen, so z. B. mit der Gemeindegetränkesteuer. Die Verbrauchsteuern sind um die es hier einen harten Kampf gegeben hat, die Teil des Preises. Das haben wir noch gestern bei der Tabaksteuer durchexerziert. Das haben wir durchexerziert bei der Branntweinsteuer und bei allen Verbrauchsteuern. Hinsichtlich der Gemeindegetränkesteuer soll hier wieder eine Ausnahme gemacht werden. Nach meiner Auffassung ist das Thema im Für und Wider so breit diskutiert, daß es von einer verantwortlichen Fraktion in diesem Hause jetzt nicht wieder vorgebracht werden sollte, jedenfalls so frühzeitig nicht. Dasselbe gilt von dem Gaststättenumsatz. Wir können doch beim besten Willen nicht die Entwicklung der Umsätze von vier Monaten zum Anlaß nehmen, nun alles zu wiederholen.

(Abg. Dr. Dahlgrün meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

— Nein, ich möchte mich jetzt ausschließlich dieser Sache widmen, Herr Kollege Dahlgrün. Wir können doch nun unmöglich die ganze Debatte des Für und Wider — Sie wissen, wie heiß das hier im Hause gewesen ist — im vierten Monat gewissermaßen wiederholen. Natürlich steckt in diesem Antrag der FDP etwas drin, und wie Sie von Frau Funcke gehört haben, gibt es auch noch andere Punkte. Aber Sie dürfen überzeugt sein: die werden nicht bei der FDP allein diskutiert, die werden vor allem im Ministerium diskutiert; denn dort kennt man all diese Fragen aus dem Effeff, und das Ministerium wird Erfahrungen sammeln. Ich meine, mit dem Minister sagen zu sollen: man braucht wenigstens ein Jahr dazu, bevor man ein solches Gesetz wieder in Bewegung bringt. Denn wenn wir es in Bewegung bringen, meine Damen und Herren, können Sie sicher sein, daß in jedem alten Paragraphen jeder alte Wunsch und noch ein paar neue dazu erweckt werden. Das können wir uns jetzt nicht leisten und das sollten wir uns nicht leisten. Da sich die Wirtschaft entsprechend vernünftig benommen hat, da sich das Ministerium vernünftig benommen hat und wirklich sehr schwerwiegende Brüche in der Sache nicht zu erkennen sind, sollten wir mit Geduld abwarten und erst einmal die Erfahrungen sammeln.
Wir haben alle diesen Protest, diesen Aufruf der Steuerzahler und der Steuerbeamten bekommen: Schafft einfache Steuergesetze! Bei jedem dieser Punkte — auch bei denen, die Frau Funcke vorgebracht hat — können Sie nun überlegen: Wollen Sie das einfacher haben dann müssen Sie das genereller regeln, dann müssen Sie das gröber regeln —, oder wollen Sie die Gerechtigkeit haben? Dann müssen Sie es eben sehr kompliziert machen.

(Beifall in der Mitte.)

In diesem Dilemma sollen wir uns dann mit relativ primitiven Aufrufen zum naiven Simplifikateur machen. Das eine können wir nicht, und hinsichtlich des anderen müssen wir immer sorgfältig im Auge behalten, daß wir die Gerechtigkeit nun nicht übertreiben dürfen.



Dr. Schmidt (Wuppertal)

Ich könnte Ihnen jetzt auch eine große Rede über das Pfand und seine Besteuerung und die Frage, welche Folgen das hat, halten. Der Einzelhandel würde sich mit Händen und Füßen gegen die Regelung wehren, die Frau Funcke hier vorgetragen hat. Das wird man alles erwägen müssen. Aber die Komplizierung — die steuerfreien und die steuerpflichtigen Umsätze auseinanderzuhalten und jeweils die Vorsteuerabzüge auseinanderzuhalten — würde bei einer solchen Lächerlichkeit wie dem Flaschenpfand außerordentliche Schwierigkeiten machen. Die Verwaltung arbeitet zur Zeit an einer praktikablen Lösung dieser Frage und wird in einem Verwaltungserlaß eine vorläufige Regelung treffen. Wir sollten das abwarten. So geht es also auf den verschiedenen Gebieten.
Meine Damen und Herren, eine der wichtigsten Fragen ist zweifellos die Abgabe der Voranmeldung. Das haben wir ja damals schon erkannt. Das Problem ist im Für und Wider damals sehr eingehend erörtert worden. Die Länder wehren sich gegen die Verschiebung des Termins wegen unüberbrückbarer Verwaltungsschwierigkeiten. Der Vorschlag, den Ihnen Frau Funcke soeben gemacht hat, ist lange in der Erörterung, dankenswerterweise angeregt von den Steuerbevollmächtigten, und im Ministerium gibt es, soviel ich weiß, durchaus positive Überlegungen dazu, so daß uns, wenn die Übergangsregelung noch einmal verlängert wird, möglicherweise eine Regelung vorgelegt wird, die für das ganze Haus praktikabel ist. Ich wehre mich nur dagegen, daraus nun einen großen Ballon zu machen, das Haus zu beunruhigen und uns selbst als Gesetzgeber draußen unglaubwürdig zu machen. Selbstverständlich sind wir keine Perfektionisten. Wir haben ein Gesetz gemacht, das seine Unebenheiten hat und das auch seine Unebenheiten behalten wird. Aber das ist kein Anlaß, nun praktisch das ganze Gesetz zur Diskussion zu stellen, und das, bevor nicht einmal ein Jahr vergangen ist.
Meine Damen und Herren, überweisen Sie deshalb dem Ausschuß. Ich versichere Ihnen, bis wir zu einer wirklichen Novelle kommen können, vergeht meines Erachtens noch einige Zeit; denn wir werden sorgfältig und gewissenhaft prüfen müssen, auf welche Punkte wir uns zu konzentrieren haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517320900
Das Wort hat der Abgeordnete Dahlgrün.

(Abg. Dr. Dahlgrün: Ich verzichte!) — Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke.


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0517321000
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich habe volles Verständnis dafür, daß Herr Dr. Schmidt nach der vielen Arbeit, die er sich in vier Jahren mit dem Gesetz gemacht hat, die Fragen jetzt nicht gern wieder aufgreift. Aber ich wehre mich gegen die ungerechtfertigten Anwürfe gegen uns, die hier von dieser Stelle erhoben worden sind. Erstens ist es nicht die erste Novelle, die wir vorschlagen. Die erste Novelle hat die Regierung selbst eingebracht, und zwar noch bevor
das Gesetz überhaupt in Kraft trat. Herr Dr. Schmidt, seinerzeit sind nicht nur der Steuersatz und die Altwarenvorräte besprochen worden, sondern auch noch einige Wünsche der Koalitionsparteien. Sie können uns doch wohl nicht den Vorwurf machen, wir brächten Unruhe, nachdem Sie selbst erst einige Ihrer Wünsche unter Dach und Fach gebracht haben.

(Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Soweit meine Person in Frage kommt, können Sie diesen Vorwurf nicht erheben!)

Sie können hier nach meiner Meinung auch nicht von einem großen Ballon reden, mit dem wir das Haus beunruhigten. Auch wenn die Regierung eine Novelle einbringt, und sei es auch nur bezüglich der Termine, liegt natürlich das gesamte Werk auf dem Tisch. Das ist genauso wie mit unseren elf Punkten. Und wenn Sie meinen, wir sollten immer nur auf die Regierung warten, und wenn Sie uns als unqualifiziert abstempeln, weil wir überhaupt da hineinreden, dann widersprechen Sie den parlamentarischen Grundsätzen, nach denen auch die Opposition das Recht hat, Anträge und Vorlagen einzubringen zu Fragen,

(Abg. . Dr. Schmidt [Wuppertal] : Jedes Recht haben Sie, natürlich!)

die in der Öffentlichkeit aufgegriffen worden sind. Ich meine, wir sollten das nicht in Erregung tun, Herr Dr. Schmidt. Aber ich bin der Auffassung, daß diese Art der Schulmeisterei gegenüber der Opposition, und zwar ohne sachliche Stellungnahme, wirklich fehl am Platze ist.

(Abg. Brück [Köln] : Herr Dr. Schmidt ist aber kein Schulmeister! — Zuruf von der CDU/CSU: Er ist Jurist!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517321100
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kurlbaum-Beyer.

(Frau Abg. Kurlbaum-Beyer: Ich verzichte!)

--- Sie verzichten. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf an den Finanzausschuß sowie gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß zu überweisen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe jetzt Punkt 42 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. . Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP zur Großen Anfrage der Fraktion der FPD
betr. die Lage der Landwirtschaft
— Umdruck 300, Drucksache V/2589 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Reinhard in Verbindung damit
Bericht des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung



Vizepräsident Dr. Jaeger
über den Antrag der Fraktion der FPD zur Großen Anfrage der Fraktion der FPI)
betr. die Lage der Landwirtschaft
Drucksache V/2590 — Berichterstatter: Abgeordneter Röhner
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Reinhard für seinen Schriftlichen Bericht. Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Logemann.

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0517321200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte um Verständnis, wenn ich zu dieser vorgeschrittenen Zeit noch das Wort zu einigen Anmerkungen zu dem vorgelegten Bericht Drucksache V/2589 für meine Fraktion ergreife. Wir halten es für richtig, daß sich die Landwirtschaft gerade in der jetzigen Zeit, also etwa acht Wochen, bevor der Gemeinsame Markt endgültig in Kraft treten soll, immer wieder bemüht, von der Regierung eine agrarpolitische Zwischenbilanz zu erhalten. Das möchte ich auch mit meinen Ausführungen erreichen.
Zunächst lassen Sie mich aber zu unserem Antrag Umdruck 300 etwas sagen. Wir haben uns mit diesem Antrag bemüht, eine Festlegung von landwirtschaftlichen Erzeugerpreisen für die EWG-Verhandlung in Brüssel zu erreichen. Diese unsere FDP-Forderung, die wir in den Ausschüssen vertreten haben, ist von einer Ausschußmehrheit abgelehnt worden. Damit stellt sich eigentlich die Frage, ob ein nationales Parlament überhaupt die Regierung auf die Beachtung von Preiszielen in den EWG-Beratungen festlegen soll. Ich bin nach unseren Erfahrungen, die wir mit den Brüsseler Verhandlungen und mit den Initiativen unserer Regierung gemacht haben, der Meinung, daß es richtig ist, diese Frage mit Ja zu beantworten.
Ich darf vielleicht für die Mitglieder des Ernährungsausschusses wiederholen, daß gerade wir allen Grund hätten, so zu verfahren, wie es unser Antrag vorsieht. Meine Kollegen erinnern sich sicherlich noch an die Sitzung des Ernährungsausschusses im Herbst des letzten Jahres, als wir uns bemühten, dem Herrn Minister für die Getreidepreisberatungen in Brüssel eine ganz klare Preisvorstellung mit auf den Weg zu geben. Der Herr Minister hat uns damals erklärt, das sei an sich nicht notwendig; er werde sich bemühen, den Beschlüssen des Europäischen Parlaments bezüglich der Preise weitgehend zu folgen. Die Mehrheit des Ausschusses hat daraufhin eine Preisfestlegung für Brüssel abgelehnt.
Nun, meine Damen und Herren, das Ergebnis der damaligen Getreidepreisverhandlungen und -beratungen ist uns bekannt. Ich bin nach wie vor der Auffassung, daß damals — ich möchte es ganz deutlich sagen — eine Sternstunde bezüglich der Möglichkeit der Veränderung unserer Getreidepreise versäumt worden ist. Der Minister hat uns erklärt, man habe sich um Preisverbesserungen bemüht. Aber das alles klingt doch recht unwahrscheinlich, wenn sich derselbe Minister wenige Tage später von dem Wirtschaftsminister anläßlich einer Verbrauchertagung in Bad Godesberg bestätigen lassen muß, daß er die Getreidepreise in Luxemburg dankenswerterweise nicht nach oben geschunkelt habe.
Das haben wir natürlich nicht vergessen. Deshalb sind wir der Auffassung, daß man hier Preisziele nennen muß. Aber nun hat ja in der Zwischenzeit die CDU/CSU erfreulicherweise — vielleicht mit auf Grund dieser Erfahrungen — einen Entschließungsantrag eingebracht, der ähnliche Preisziele, wie wir sie in unserem Antrag schon im vorigen Herbst genannt haben, enthält.

(Abg. Ertl: Spät kommt ihr, doch ihr kommt!)

Es wird nun interessant sein, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, was aus Ihrem Entschließungsantrag wird. Für uns ergibt sich die Frage: Ist dieser Entschließungsantrag als eine echte politische Zielsetzung bei allen Preisverhandlungen gedacht, oder war er nur mehr oder weniger ein Entschließungsantrag vor den Wahlen in Baden-Württemberg?

(Abg. Rawe: Sie wissen selbst, daß gestern darüber noch abgestimmt wurde, Herr Logemann!)

— Wir werden immer wieder Gelegenheit nehmen, Herr Kollege Rawe, darauf zu achten, denn wir wissen ja jetzt: in diesem Hohen Hause ist eine parlamentarische Mehrheit zwischen FDP und CDU/CSU für diese Preisvorstellung vorhanden. Sie werden also gestatten, daß wir bei allen Maßnahmen immer wieder darauf zurückkommen.

(Beifall bei der FDP.)

In diesem Zusammenhang aber eine weitere Anmerkung. Ich will dazu die Überschrift wählen: Was geschieht nun von seiten der Regierung zum Problem landwirtschaftlicher Erzeugerpreise in Brüssel? Ich habe soeben davon gesprochen, daß die Opposition hier die Beratungen unserer Regierung in Brüssel immer wieder mit Mißtrauen verfolgt. Wir sind der Meinung, daß wir, wenn wir die Beratungsergebnisse lesen — der Herr Minister gibt uns dafür erfreulicherweise immer Anlaß, und ich bin ihm dankbar für die Briefe, die wir bekommen —, immer wieder feststellen müssen, vor allen Dingen auch aus Presseberichten, daß sich alle Partnerländer in Brüssel mehr um Erzeugerpreisverbesserungen bemühen als die Vertreter der Bundesregierung in Bonn. Ich finde, das gibt doch Anlaß zu kritisieren, wenn man an die Situation unserer Landwirtschaft denkt, die ja allen durch die verschiedenen Protestaktionen bekannt wurde und die vor allen Dingen auch jedem Praktiker in lebhafter Erinnerung ist durch die Situation, die wir schon seit Monaten auf dem Preisgebiet haben. Aber ich finde auch, daß wir recht haben, etwas zu kritisieren angesichts der erfreulichen Entwicklung der übrigen Wirtschaft.
Wir sind der Auffassung, daß der Bauer auch durchaus Grund hat, daß er Ursache hat zur Unruhe, weil ihm verschiedenes einfach unverständlich vorkommen muß. Er kann sich einfach nicht erklären, daß eine Bundesregierung, die weiß, daß der deutsche Bauer innerhalb der EWG unter den höchsten Erzeugungskosten zu wirtschaften hat, nicht entsprechend handelt. Er müßte doch einen Anspruch auf



Logemann
entsprechende Preisverbesserungen haben. Es ist auch auf dem Lande durchaus bekannt, daß sich unser Wirtschaftsminister tagtäglich durch Appelle um eine weitere Steigerung z. B. der Massenkaufkraft bemüht. Hier wird dauernd vorausgesagt: das und das ist an Zuwachs möglich; ihr müßt es in Anspruch nehmen. Das bedeutet doch — auch das betrifft jetzt wieder die Landwirtschaft —, daß landwirtschaftliche Erzeugerpreisverbesserungen allgemein zu verkraften sind und daß sie für den Verbraucher tragbar sind.
Ich möchte noch einen weiteren Punkt anführen. Es ist doch so — auch diese Erfahrung müssen wir immer wieder machen —, daß die Veränderung landwirtschaftlicher Erzeugerpreise kaum nennenswerte Auswirkungen auf die Verbraucherpreise hat. Hier sollten wir den Vorgang der Senkung der deutschen Getreidepreise vom Juli 1967 noch deutlich in Erinnerung haben. Unsere Getreidepreise wurden um rund 13 % gesenkt. Meine Damen und Herren, Sie wissen genau, daß Brot und Backwaren deshalb nicht einen Pfennig billiger geworden sind, sondern daß im Gegenteil wahrscheinlich sogar wieder Preiserhöhungen zu erwarten sind.
Das Zweite, was ich dazu sagen möchte, ist folgendes. Gerade in diesen Monaten stellen die Verbraucherverbände fest, daß auch die gesenkten Schweinepreise, die wir jetzt haben und die den tiefsten Stand seit 1949 erreicht haben, nicht voll weitergegeben werden. Ich könnte weitere Beispiele aufzählen. Ich könnte auf die gefallenen Eierpreise hinweisen und auf die gestiegenen Vermarktungspreise. All das ist aber doch Tatsache und beweist an sich auch, daß Erzeugerpreisverbesserungen durchaus möglich sind.
Ich würde heute eigentlich viel lieber über die Möglichkeit von Kostensenkungen für die Landwirtschaft reden als nur immer wieder das Preisproblem ansprechen zu müssen. Aber auch hier — ich komme nachher noch darauf zurück — sind wir ja gleich mit unserem Latein zu Ende, wenn wir an die Möglichkeiten, die auf der Kostenseite gegeben sind, denken. Ich möchte andererseits auch mit Nachdruck betonen, daß das, was durch eine versäumte Erzeugerpreispolitik der deutschen Landwirtschaft verlorengeht, mit anderen Mitteln einfach nicht ersetzbar ist. Das dicke Ende der jetzigen gesenkten Getreidepreise kommt ja im nächsten Grünen Bericht noch voll zur Auswirkung. Sie werden dann die Milliardenverluste feststellen können, die der deutschen Landwirtschaft durch Preisausfälle bei den verschiedensten Erzeugnissen entstanden sind.
Abschließend noch einige Anmerkungen zu wenigen Erzeugnissen. Darüber mochte ich wieder die Frage stellen: Was wird die Regierung bei den einzelnen Erzeugerpreisen künftig tun? Hier geht es ja wieder — wenn ich das zuerst ansprechen darf — in absehbarer Zeit um eine Neuberatung der Getreidepreise. Wir vertreten die Auffassung, daß 475 DM je Tonne Weizen und 450 DM je Tonne Futtergetreide angesteuert werden sollten. Hier ist aber die Frage: Werden die von uns vertretenen Preise von der Regierung mit entsprechender Härte in Brüssel vertreten werden? Wird man frühzeitig bereit sein, dafür entsprechend die Weichen zu stellen, damit bei Getreide endlich wieder ein Preis erreicht wird, der der Kostenentwicklung in der Bundesrepublik entspricht? Ich darf dazu sagen, daß eine solche Forderung ja weder den Haushalt noch irgendwie den Verbraucher — wie ich vorhin schon ausgeführt habe — belasten würde. Die Regierung sollte erkennen, wie wichtig es ist, daß dieser Schlüsselpreis Getreide wiederhergestellt wird. Haben wir den wieder erreicht, Herr Minister, sind wir der Rentabilität der Bodenproduktion und der Veredelungswirtschaft schon nähergekommen.
Ein zweites Erzeugnis sei angeführt, zu dem in der letzten Zeit von der Regierung kaum etwas gesagt worden ist. Ich denke an die Kartoffel. Wir haben im Herbst 1967 und im Frühjahr 1968 eine Preiskatastrophe erlebt. Ich weiß, wie schwierig es ist, eine Riesenernte abzusetzen; aber ich kritisiere hier, daß man bis vor wenigen Wochen von seiten der Regierung überhaupt nicht versucht hat, den Kartoffelanbauern irgendeine Hilfestellung mit flankierenden Maßnahmen oder so etwas zu geben. Ich darf vielleicht darin erinnern, daß wir 1964 eine ähnliche Überschußsituation hatten. Damals hat es die kleine Koalition fertiggebracht, mit bestimmten Maßnahmen, die man heute in der gleichen Form nicht hätte wiederholen können — das sehe ich durchaus ein —, Marktüberschüsse aus dem Markt herauszunehmen und sie kostenbegünstigt über den Futtertrog zu verwerten.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517321300
Herr Abgeordneter Logemann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Ehnes?

Georg Ehnes (CSU):
Rede ID: ID0517321400
Herr Kollege Logemann, sind Sie mit mir der Auffassung, daß man versuchen sollte, die aus Drittstaaten eingeführten Futtermittel an der Grenze zu versteuern, damit die Produktion aus unserer Bodenwirtschaft besser zum Tragen kommt und bessere Preise erzielt?

Fritz Logemann (FDP):
Rede ID: ID0517321500
Ich glaube, das könnte vielleicht eine flankierende Maßnahme sein. Ich muß offen sagen, ich verspreche mir von anderen Möglichkeiten einen besseren Erfolg, obwohl man der Meinung sein könnte, daß vielleicht dies oder das an der Grenze abgefangen werden kann. Ich denke, Herr Kollege Ehnes, da liegt nicht das Problem. Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen, daß damals von der kleinen Koalition wirksam gehandelt worden ist.
Nun, ich will zugehen, Herr Minister, Sie haben auch jetzt einige Vorschläge entwickelt, wie man noch in letzter Minute den Pflanzkartoffelmarkt entlasten kann. Auch dazu muß ich aber sagen: wieder einmal zu spät. Ich habe gleich eine Frage an die Regierung: Welche Vorstellung hat die Regierung, Herr Minister, zur künftigen Entwicklung in der Kartoffelwirtschaft? Was soll mit der Preisentwicklung bei Frühkartoffeln werden? Wären Sie hier bereit, frühzeitig mit entsprechenden Mindestpreisen den deutschen Frühkartoffelanbauern eine



Logemann
Chance zu geben und damit gleichzeitig den Spätkartoffelanbauern zu einem guten Preisstart zu verhelfen?
Noch ein letztes Problem, Herr Dr. Schmidt; es geht wirklich sehr schnell.

(Abg. Marquardt: Die Presse ist schon entfleucht!)

— Das schadet nichts. Was gesagt werden muß, muß trotzdem gesagt werden, Herr Kollege Marquardt.
Herr Minister, wie stehen Sie zu einer EWG-Marktorganisation für Kartoffeln? Ich habe dazu von Ihnen bisher eigentlich kaum Anmerkungen gehört, und wenn, dann nur negativ. Meine Damen und Herren, wenn man im Ministerrat oder in den anderen Gremien schon Zeit hat — so ist mir berichtet worden —, über eine EWG-Agrarmarktordnung für Schafsmilch zu beraten, sollte man sich auch Zeit nehmen, in der EWG über das Problem der Kartoffeln zu beraten und darüber Vorstellungen zu entwickeln.
Was wird drittens aus den Rinderpreisen? Ich habe immer wieder feststellen können, daß die Bundesregierung im Ministerrat nicht Vorkämpfer für 280 DM plus Interventionspflicht gewesen ist. Es kommt hinzu, daß auch der Rinderpreis gefährdet wird, und zwar durch immer mehr Importe von Gefrierfleisch.
Ich habe hier eine Frage auf Grund einer Mitteilung in der Presse: Herr Minister, ist es zutreffend, daß für die 50 000 Schweine, die wir nach Polen liefern können — erfreulicherweise, muß ich sagen —, nun eine Rücklieferung von Rindfleischkonserven mit vereinbart worden ist? Wir sind gespannt auf die Beantwortung dieser Frage.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0517321600
39,2 Pf bleiben Preisziel für die Regierung. Im übrigen hat er wörtlich gesagt, Bundesminister Höcherl habe in Brüssel weder von einem Mengen- noch von einem Finanzplafond gesprochen.
Herr Minister, wenige Tage später bekam ich Ihren Brief über den gleichen Vorgang. Darin stand nun allerdings, daß Sie ganz bestimmte Vorschläge bezüglich Begrenzung und Erhaltung des Richtpreises für eine bestimmte Produktionsmenge gemacht haben. Dazu habe ich eine Frage. Wir haben Berechnungen von Experten über Ihre Vorschläge lesen können, die darauf hinauslaufen, daß in Wirklichkeit eine Preissenkung um etwa 2 bis 3 Pf unter 39 Pf herauskommen würde. Dazu hätte ich gern eine Antwort.
Bezüglich des Abbaus der Buttervorräte sollten wir uns doch an Frankreich ein Beispiel nehmen. Frankreich hat in den letzten Wochen und Monaten beim Export von Butter einen Rekord aufgestellt. Es wird von 57 000 t ab 1. Januar 1968 berichtet. Auch hier rächt es sich schwer für uns, daß nicht frühzeitig im letzten Jahr bestehende Exportchancen entsprechend genutzt worden sind. Diese meine Behauptung geht auf Aussagen von Milchsachverständigen zurück, die wir im Ernährungsausschuß gehört haben.
Ein letztes zur Milch.

(Abg. Marquardt: Nehmen Sie die Braugerste auch noch hinzu!)

— Nein, die kommt hei mir nicht dran. Darüber wird der Kollege Ehnes wahrscheinlich noch sprechen. —
Im übrigen, warum so eilig, Herr Kollege Dr. Schmidt? Ihr Zug fährt ja noch gar nicht.
Meine Damen und Herren, noch ein Hinweis. Herr Minister, nehmen Sie bitte für Brüssel eine Aussage mit auf den Weg, die der Betriebswirtschaftler Prof. Blohm vor einigen Tagen auf einer Vortragsveranstaltung zum Milchproblem gemacht hat. Er hat erklärt: Jede Senkung des Erzeugermilchpreises zwingt zu höheren Leistungen. der Kühe bzw. zu ihrer Abschaffung. Aber hier ist das Problem: Wer kann Kühe abschaffen, wenn er Dauergrünland hat? Sie sollten auch diese These berücksichtigen.
Der letzte Punkt betrifft Schweine. Beim Schweinepreis haben wir tatsächlich ein Niveau unter der Talsohle erreicht. Nur ein Hinweis. Ich habe zu kritisieren, daß die jetzt angelaufenen Interventionen zu spät erfolgt sind. Ich hätte gern eine Antwort auf die Frage: Ist es zutreffend, daß sich nach Pressemeldungen in den Brüsseler Ausschüssen besonders die Bonner Vertreter immer wieder gegen eine Interventionsmaßnahme eingesetzt haben? Ich halte es für wichtig, daß, wenn schon interveniert wird, in allen Partnerländern gleichzeitig interveniert wird, weil sonst die Gefahr besteht, daß Länder, die intervenieren, später andere Länder wieder mit den Vorräten, die sie eingelagert haben, beschicken, wenn dort die Marktsituation günstiger wird. Wir neigen zu der Auffassung, daß ein Schweinefleischgrundpreis von 259 DM je 100 kg Schlachtgewicht, für die Bauern also 205 DM je 100 kg Lebendgewicht, nach den Erfahrungen der letzten Wochen zu niedrig angesetzt ist. Hier sollte eine Initiative der Bundesregierung erfolgen, um zur Festsetzung eines höheren Grundpreises zu kommen.
Nun, meine Damen und Herren, zum Schluß: Ich habe betont, daß wir es durchaus begrüßen würden, wenn die Landwirtschaft durch die Bundesregierung mehr Möglichkeiten zur Kostensenkung bekäme. Eine Politik der Kostensenkung ist ja auch Einkommensverbesserung. Ich möchte es durchaus nicht allein auf den Preis abstellen. Aber wenn ich versuche, Bilanz zu machen, muß ich auch feststellen, daß hier mögliche Maßnahmen nicht genutzt worden sind. Erstens: Das EWG-Anpassungsgesetz ist praktisch außer Kraft. Zweitens: Wir stellen immer wieder fest, daß die Mittel für echte Agrarmaßnahmen im Etat gekürzt sind, auch wenn Sie, Herr Minister, sich laufend bemühen, durch Hochrechnung in der Öffentlichkeit ein anderes Bild entstehen zu lassen. Hier hätte man uns sehr wohl sehr viel wirksamer helfen können; ich denke an die Möglichkeit der Dieselkraftstoffverbilligung.
Wenn ich zusammenfasse, Herr Minister, so ist es doch in der Tat so, daß aus all diesen Dingen eben



Logemann
die Existenzangst in den bäuerlichen Betrieben, die ja in großen und kleinen Betrieben da ist, hervorgeht. Damit haben wir uns auseinanderzusetzen.
Nun haben Sie gestern im Ernährungsausschuß ankündigen lassen, in nächster Zeit werde ein Paket oder ein Entwurf für eine mittelfristige Agrarpolitik vorgelegt. Herr Minister, die Botschaft hör' ich wohl. Nur ist wichtig, daß dann mit diesem neuen Plan aber auch schnellstens agrarpolitische Maßnahmen eingeleitet werden. Dem Bauern geht es nicht um neue Worte und um neue Pläne, sondern um echte Agrarpolitik. Die müßte durchgeführt werden.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517321700
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517321800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte zu entschuldigen, daß ich Ihre Zeit trotz fortgeschrittener Stunde noch in Anspruch nehmen muß. Aber der Herr Kollege Logemann hat eine ganze Reihe von Fragen gestellt, und er hat ein Recht Antwort. Ich darf
gestellt, und hat ein Recht auf Antwort. Ich darf
das sehr kurz versuchen.
Er hat jetzt wohl die fünfte oder sechste Auflage, die erweiterte Auflage, aber nicht die verbesserte Auflage seiner Forderungen vorgelegt. Zunächst beschwert er sich, daß eine Ausschußmehrheit seine Anträge nicht wunschgerecht behandelt hat. Es ist so üblich, daß Ausschußmehrheiten so entscheiden, wie sie wollen, und daß man da mit seinen Wünschen gelegentlich zu kurz kommt. Das haben wir früher, als wir noch in der anderen Koalition waren, gelegentlich auch getan und dabei Widerspruch gefunden. Aber an diesem Spiel kann sich es ist das Gesetz des Hauses — wohl heute und auch in der Zukunft nichts ändern.
Bitte, Herr Ertl!

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517321900
Herr Ertl!

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0517322000
Herr Bundesminister Höcherl, würden Sie mir sagen, welche Art der Auflage die CDU-Punkte sind, ob es eine verbesserte, eine verschlechterte oder eine neuartige Auflage oder die Übernahme von FDP-Forderungen ist?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517322100
Ich würde Ihnen empfehlen, diese Punkte zu studieren. Sie enthalten hochinteressantes agrarpolitsches Material, und Sie können daraus lernen.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Ertl: Darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß es dann, wenn die CDU die FDP kopiert, eine interessante Sache ist?)

— Ich weiß nicht, ob hier eine Kopie vorliegt; mir ist kein Original der FDP bekannt.
Nun zu den nächsten Verhandlungen, was den Getreidepreis betrifft! Herr Kollege Logemann, wie oft haben wir uns schon über dieses Thema unterhalten. Da Sie aber offenbar nicht die Zeit finden, sich mit den Tatsachen genau vertraut zu machen, darf ich Ihnen ganz kurz meine Vollmachten und meine Anträge damals aus den Luxemburger Verhandlungen vorlesen. Die Bundesregierung hat mir, im Gegensatz zu den Regierungen der anderen Mitgliedstaaten, folgende Möglichkeiten eingeräumt: bei Weichweizen plus 4,7 %, bei Roggen plus 7,2 %, bei Gerste plus 10,1 % und bei Mais plus 14,4 %. Das waren meine Vollmachten, die habe ich vorgelegt. Die Italiener hatten überhaupt keine Vollmachten, die Franzosen nur eine Vollmacht für Mais plus 3 %; die Belgier haben eine mittlere Haltung und die Holländer eine sehr negative Haltung eingenommen. Wir hatten dazu, weil es ja um Nettopreise geht, noch die 5 %, die aus der Mehrwertsteuer stammen und die dauernd unterschlagen werden; die muß man wieder auf den Tisch bringen und muß sie vorweisen. Wir haben sie doch durch eine relativ geschickte Form der Mehrwertsteuerregelung der Landwirtschaft zuführen können. Ich bitte das auch einmal anzuerkennen; das ist ein Faktum. — Das wäre einmal das erste.
Zweitens bin ich sehr erstaunt, daß Sie als sehr erfahrener Landwirt einfach nur von Getreidepreisen reden, statt die ganz entscheidende Frage der Relation anzusprechen. Hier steht nicht der Weichweizen im Vordergrund — der macht uns eher Schwierigkeiten —, sondern der Gersten- und der Maispreis sind die entscheidenden Dinge. Es muß uns gelingen, diese Relationen, die schon verbessert werden konnten, noch weiter zu verbessern. Aber wenn Sie schon zu diesem Thema sprechen, müssen Sie eine sehr sachgerechte, die Situation behandelnde Formel finden. Darin liegt der eigentliche Kern des Problems. Ich bin überzeugt, daß wir bei den nächsten Beschlüssen, die ja bevorstehen und die bis zum 1. Juli getroffen sein werden oder sein sollen, spätestens aber noch rechtzeitig vor der Aussaat, wieder Verbesserungen erzielen werden, die aber in der Hauptrichtung abermals in die Relation hineingehen müssen.
Sie haben dem Kollegen Schiller bei einer Verbrauchertagung zitiert. Der Kollege Schiller hat mit keinem Wort gesagt, er bedanke sich dafür, daß ich die Getreidepreise irgendwo zementiert oder festgehalten hätte. Der Kollege Schiller hat gesagt, er wisse von mir, daß ich auch für die Verbraucher ein Herz habe. Ich bin der Meinung, daß er das zu Recht gesagt hat, und wiederhole: wer sich einbildet, Agrarpolitik ohne gebührende Rücksicht auf den Verbraucher treiben zu können, der weiß überhaupt nicht, was Agrarpolitik ist. Lassen Sie sich das einmal gesagt sein.
Wenn Sie sich im Fraktionskreis einmal mit Ihren Wirtschaftspolitikern auseinandersetzen wollten, würden Sie wahrscheinlich auch nicht die Befugnis bekommen, in dieser Form für Ihre Fraktion zu sprechen.
Bitte schön!

Dr. Werner Mertes (FDP):
Rede ID: ID0517322200
Herr Minister, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß das, was meine agrar-



Mertes
politischen Freunde hier im Plenum sagen, die Meinung der Bundestagsfraktion der Freien Demokratischen Partei ist?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517322300
Ich werde mal Herrn Kollegen Dr. Menne und Herrn Kollegen Dr. Friderichs fragen, ob das auch deren Meinung ist. Die sind offenbar überstimmt worden. Aber ich meine, ich habe nichts dagegen. Ich nehme das mit großem Interesse zur Kenntnis.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517322400
Nehmen Sie eine weitere Zwischenfrage an, Herr Minister?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517322500
Bitte schön!

Werner Marquardt (SPD):
Rede ID: ID0517322600
Herr Minister, darf ich Sie fragen, ob Sie der FDP mal empfehlen würden, die Ausführungen des Bundesgeschäftsführers Friderichs über Agrarpolitik in der „Zeit" nachzulesen.

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517322700
Ja, das ist eine sehr berechtigte Frage. Aber ich nehme an, die FDP wird das schon von sich aus verantworten.
Nun zur nächsten Frage. Presseberichte, Herr Kollege Logemann, gibt es solche und solche. Sie lesen natürlich nur die negativen, solange Sie in der Opposition sind. Wenn Sie nur oppositionsbetonte Presseberichte studieren, kommen Sie nie zur wahren Erkenntnis.
Bitte schön!

Dr. Burkhard Ritz (CDU):
Rede ID: ID0517322800
Herr Minister, wäre es im Zusammenhang mit der Haltung der FDP zu diesen Fragen nicht auch interessant, ihr zu empfehlen, die Ausführungen ihres stellvertretenden Vorsitzenden Dorn in der „Rheinischen Post" zu der Frage von Agrarimporten aus den Ostblockländern zu lesen?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517322900
Ja, das wäre auch eine sehr dankbare Lektüre.
Nun zu den Schweinepreisen. Herr Kollege Logemann, Sie wissen doch ganz genau, wie die Situation auf dem Schweinemarkt ist. Ein Landwirt von Format kann diese Frage gar nicht zur Debatte stellen, weil er sich sagen muß: das ist eine zyklische Erscheinung, und zwar in einem sehr, sehr kräftigen Ausschlag. Sie wissen, daß wir 1,8 Millionen mehr hatten. Sie wissen, was wir aufgeboten haben, um trotz dieser Überproduktion einigermaßen etwas zu erreichen. Wir haben interveniert. Wir exportieren Schweine nach Polen, also genau in die Windrichtung, aus der wir sonst bezogen haben; wir müssen 1,30 DM pro Kilogramm draufzahlen, um die Preisdifferenz zu überwinden. Wir haben die Notstandsvorräte geräumt, um hier wälzen zu können. Wir haben alles aufgeboten, was überhaupt nur möglich ist, um diese Preismisere — die mich ebenso wie Sie bedrückt zu überwinden. Wir können von der zuversichtlichen Erwartung ausgehen — die durch
die neuesten Zählungen bestätigt wird —, daß wir in einigen Monaten eine gewisse Beruhigung haben werden. Die Zulassungen sind erheblich zurückgegangen.
Was nun die Frage der Kostensenkung betrifft, Herr Kollege Logemann, so hat sich da auch etwas ereignet, was Sie zur Kenntnis nehmen sollten. Wir haben auf einigen Gebieten interessante Kostensenkungen. Nehmen Sie die Düngemittelpreise! Da konnten wir bei einigen nicht unwichtigen Düngemittelsorten Preissenkungen erreichen.
Außerdem ist am 1. Mai die Vorausbezahlung und eine angemessene Senkung der Dieselkraftstoffpreise in Kraft getreten.

(Lachen bei der FDP.)

Ja, sie sind in Kraft getreten. Die Vorauszahlung ist auch in Kraft. Das sind doch alles Dinge, an denen Sie mitgewirkt haben. Sie wollen doch Ihre eigenen Kinder nicht schlechtmachen.
Was nun die Frage betrifft, ob wir in Brüssel hart verhandelt haben oder nicht, — ich weiß gar nicht, welche Versicherung ich noch abgeben soll. Soll ein Gottesurteil gefällt werden? Soll ich mit bloßen Füßen auf einem glühenden Eisen tanzen, um Ihnen das zu bestätigen? Ich weiß nicht, was Sie noch alles erwarten.

(Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien.)

Außerdem werden wir ja durch diese heftige Opposition in Härte erzogen. Das wird sich schon nach Brüssel übertragen.
Auch in der Kartoffelfrage haben wir uns etwas einfallen lassen. Ich stehe ganz und gar auf dem Standpunkt, den die Kartoffel-Union vertreten hat. Erstens müssen wir allmählich das Problem der Anbaufläche überlegen. Zweitens müssen wir zu einer ganz klaren Sortenscheidung zwischen Konsumkartoffeln und Industriekartoffeln kommen, zu besseren Sorten und zu besseren Vermarktungseinrichtungen. Sonst wäre es nicht möglich, daß 500 000 t Konsumkartoffeln zu höheren Preisen hereinkommen, weil die eigenen Qualitäten nicht reichen.
Darüber hinaus habe ich bei Saatkartoffeln, um hier einen Einbruch zu verhindern, eine Auffangaktion mit einigen Überschußländern durchführen können. Wir haben außerdem auf dem Gebiet der Spiritusherstellung einen Überbrand möglich gemacht, und zwar in einem großen Umfang, dessen Absatz uns nun Schwierigkeiten macht.

(Zuruf des Abg. Ertl.)

— Von Mindestpreisen kann doch überhaupt nicht die Rede sein. Ich bin überrascht, daß eine liberale Partei bei Kartoffeln immer Mindestpreise verlangt. Das paßt doch gar nicht in Ihren Katechismus; aber Sie haben einen doppelten: Sie haben eine agrarpolitische Ausgabe, und Sie haben eine wirtschaftspolitische Ausgabe. Ich möchte aber endlich wissen, welcher Text gilt. Ist das denn nicht festzustellen?
Zu den Rinderpreisen. Meine Damen und Herren, Sie haben sich für die Mitteilungen bedankt, die ich



Bundesminister Höcherl
Ihnen jeweils aus Brüssel zukommen lasse. Aber Sie studieren die Mitteilungen nicht. Sonst hätten Sie feststellen müssen, daß es ein Verdienst der deutschen Delegation war, obwohl die Rindermarktordnung noch nicht zum Abschluß gekommen ist, dafür zu sorgen, daß bereits am 1. April der neue Orientierungspreis mit dem verstärkten Außenschutz von 2,72 DM für fünf Länder eingeführt wurde. Holland ist immer noch bei 2,49 DM. Wir sind jetzt bei 2,72 DM in fünf Ländern. Das hat die deutsche Delgation durchgesetzt, natürlich um eine bescheidene, gute Zensur bei der Opposition zu erreichen.
Sie haben dann nach Polen gefragt. Es ist richtig, wir mußten bei den Schweineexporten nach Polen Rindfleischkonserven in Zahlung nehmen. Aber wir heben die drei Jahre auf, und wir haben bereits einen Vertrag, daß die Polen sie dann wieder zurücknehmen. So mühselig sind diese Geschäfte. Ich weiß nicht, woher Sie die Märchen haben, daß irgendwelche Exportchancen versäumt worden seien.
Was den Milchpreis betrifft, ist von 39,2 Pf überhaupt nicht die Rede, sondern von 39 bzw. von 41,2 Pf, je nachdem, wo Sie zählen. Zweitens haben wir den entscheidenden Beitrag dazu leisten können, daß dieser Milchpreis aufrechterhalten bleibt und daß das gemeinsame Auffassung aller Mitgliedsländer ist. Ihn zu verwirklichen ist leider etwas schwieriger.
Die Mengenvorstellungen sind nicht nur eine Erfindung des Ernährungs- und Landwirtschaftsministeriums; der Deutsche Bauernverband hat Mengenvorstellungen entwickelt, und zwar nationale Kontingente. Diesen Grundgedanken haben wir uns zu eigen gemacht. Über nationale Kontingente wird das nicht möglich sein, weil die Anlieferungen über die Molkereien bei einigen Ländern noch nicht ,so weit sind, nämlich 60 % bei Belgien und bei Frankreich. Nationale Kontingente in dieser Form werden sich also schwer verwirklichen lassen. Aber die Mengenvorstellung ist enthalten, und kein Mensch kann die Behauptung aufstellen, daß eine allgemeine Garantie für eine x-beliebige Produktionsmenge ausgesprochen worden sei.
Wenn Sie es aber mit der Milchwirtschaft wirklich gut meinen, dann provozieren Sie nicht eine Regelung, die uns Milliardenbeträge kosten wird, und zwar nicht für unsere Milchwirtschaft, sondern für die Milchwirtschaft eines anderen Partnerlandes, das noch unerhörte Produktionsreserven hat. Hier eine richtige Lösung zu finden liegt durchaus in unserem Interesse.
Sie haben einen Betrag von 3 Pfennig ausgerechnet. Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen. Ihr Computer war wohl nicht richtig eingestellt, sondern falsch programmiert. Von 3 Pfennig kann überhaupt nicht die Rede sein.

(Abg. Ertl: Hoffentlich ist Ihr Computer richtig programmiert!)

— Ja, der ist schon in Ordnung.

(Abg. Ertl: Auf den Computer werden wir noch kommen!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0517323000
Gestatten Sie eine Zwisenfrage, Herr Minister?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517323100
Ja, bitte schön!

Gerold Wächter (FDP):
Rede ID: ID0517323200
Herr Bundesminister, wie ist der Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zu verstehen, der unter Ziffer 1 a fordert, daß der Milcherzeuger-Richtpreis von 41,2 Pfennig frei Molkerei erhalten bleibt? Ist das von der CDU lediglich für eine bestimmte Menge gefordert, oder ist es für die gesamte Produktion gefordert?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517323300
Es gibt keine gesamte Produktion, sondern es gibt eine dynamische Produktion.

(Lachen bei der FDP.)

Sie können doch von d e r Milch absolut sprechen. Denken Sie an französische Milch, denken Sie an holländische Milch! Bei diesen Mengenvorstellungen der anderen Seite bin ich daran interessiert, meine deutsche Milch in einen anständigen Schutzbereich einzufügen. Das sind meine Überiegungen und, möchte ich meinen, auch die Ihrigen.

(Abg. Ertl: Was wollen Sie denn? — Abg. Wächter: Ich möchte gerne eine zweite Frage stellen!)

— Ja natürlich!

Gerold Wächter (FDP):
Rede ID: ID0517323400
Darf ich aus Ihren Äußerungen jetzt schließen, daß die Fraktion der CDU/CSU für die Quantenregelung ist, die Sie bislang in Brüssel propagiert haben?

Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517323500
Es handelt sich erstens nicht um eine feste Quantenregelung, sondern um eine sehr bewegliche, und zweitens habe ich sie nicht propagiert, sondern auf den Tisch gelegt. Die CDU/ CSU-Fraktion ist dafür, daß möglichst viel Milch in diesen Richtpreis genommen wird. Sie hat sich der Größenordnung nach in keiner Beziehung festgelegt. Wir wollen sehen, welchen guten Kompromiß wir aus diesen und meinen Vorstellungen zusammen mit den fünf Partnerstaaten und der Kommission herausholen werden.

(Abg. Wächter: Da bin ich gespannt!)

Was die Buttervorräte betrifft, möchte ich mich nicht an Frankreich orientieren. Das ist das allerbeste Beispiel. Dort sind mit 100 000 t die höchsten Buttervorräte. Wir haben natürlich versucht, und es ist uns in einer von der Opposition leider nicht bemerkten Form gelungen, einiges von den Vorräten abzubauen. Es war sehr interessant, die Zwischenfragen von Herrn Kollegen Ehnes und von Herrn Kollegen Logemann zu hören. Sie wissen ja, daß ein großer und entscheidender Teil der steigenden Milchproduktion bei uns nicht zuletzt auf die steigenden Futtermitteleinfuhren zurückzuführen ist. Es war eine sehr gezielte Frage des Kollegen Ehnes,



Bundesminister Höcherl
und es war Ihnen sehr peinlich, weil Sie wollen, daß für Milliarden Futtermittel eingeführt werden; dann wird Milch produziert, und sie wird beim Bundesernährungsminister abgegeben. Weiter sieht es dann so aus: Entweder er kann sie absetzen, oder er kann es nicht. Wenn er sie nicht absetzen kann, ist er schlecht; wenn er sie absetzen kann, ist er ausreichend befähigt. Das ist Ihre ganze Politik!

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich habe unsere Exportchancen dargestellt, die fast null sind. Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Weisheiten beziehen, daß wir etwas versäumt hätten. Ich wäre dankbar, wenn die Exporteure kämen und sagten: Hier sind die Exportverträge. Dann bekämen sie die Erstattung. Ich muß die größten Winkelzüge machen.

(Abg. Ertl: Butter nach Japan!)

— Ich gebe Ihnen ein Privatissimum, Herr Kollege Ertl, wie das ausschaut. Das kostet erstens 11 DM pro Kilogramm. Die Steuerzahler sind hellauf begeistert, neben der Intervention von 5,80 DM noch 5 DM zahlen zu dürfen. Zweitens hat Japan keinen unbegrenzten Bedarf. Die Japaner sind auch nicht so, daß sie nur deutsche Butter haben wollen. Wir haben sogar Pech gehabt. Ein Quantum von uns wurde nicht akzeptiert, weil es gewissen Voraussetzungen nicht entsprach. Das ist die Wirklichkeit. Aber, Herr Kollege Ertl, es spricht sich so leicht, wenn man nicht ganz genau Bescheid weiß. Wir sind gern bereit, Ihnen jede Einzelheit vorher mitzuteilen, damit Sie sachgerechte Fragen stellen können, die eine gewisse Vertrautheit mit den wirklichen Verhältnissen zeigen. Die Rede von Herrn Professor Blohm habe ich mir selbst beschafft und gelesen. Man kann nicht sagen, daß die Erzeugermilchpreise nach oben und nach unten jeweils dieses Verhalten auslösen. Sie werden bei dem einen Betriebssystem das, bei dem anderen jenes Verhalten auslösen. Hier gibt es keine Fahrbahn, die nur in einer Richtung befahren werden könnte.
Schweineintervention zu spät! Was heißt zu spät? Hier gibt es gesetzliche EWG-Bestimmungen. Ich kann es mir nicht aussuchen. Ich habe etwas festgestellt, was mich sehr unangenehm berührt, und das ist folgendes. Die Schweineintervention, die ausgelöst worden ist — und zwar durch eine EWG Kommissions-Entscheidung —, hat sofort auf den Schweinemarkt gedrückt. Allein die Ankündigung, daß am 29. April die Intervention beginnt, hat die ganzen Märkte negativ beeinflußt. Das ist ein Vorgang, der die Beschränkung bei dein Interventionsinstrument offenkundig macht. Ich war immer dafür, eine freiwillige Intervention zu machen, die man etwas beweglicher gestalten kann. Die Marktbeteiligten warten. Im übrigen, Herr Kollege Logemann, dürfte es Ihrer Marktbeobachtung nicht entgangen sein, daß wir eine gewisse Festigung festzustellen haben, die vielleicht nicht zuletzt auf unsere Maßnahmen zurückgeführt werden kann.
EWG-Anpassungsgesetz! 75 % davon werden bezahlt, den Rest können wir nicht bezahlen, weil Sie uns eine leere Kasse hinterlassen haben, wie schon
oft dargestellt werden mußte. Wir haben aber den Versuch unternommen.

(Zuruf des Abg. Ertl.)

— Herr Kollege Ertl, ich kann es nicht ändern, wir haben die Kasse umgedreht. Sie war vollständig leer.

Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0517323600
Gestatten Sie, Herr Minister, eine Frage des Herrn Abgeordneten Peters?

Walter Peters (FDP):
Rede ID: ID0517323700
Herr Minister, ist Ihnen entgangen, daß wir bei der Haushaltsdebatte Kürzungsvorschläge von insgesamt 700 Millionen DM gemacht haben und daß wir dann im Agraretat Ausgabepositionen von 400 Millionen DM vorgeschlagen haben?

(Abg. Hermsdorf: Aber Entschuldigung! Wie habt Ihr die denn verbraten?)


Hermann Höcherl (CSU):
Rede ID: ID0517323800
Das ist mir nicht entgangen, aber Ihre Vorschläge haben nicht den Reifegrad gehabt, daß sie von der Mehrheit hätten angenommen werden können.

(Abg. Hermsdorf: 0,7 Vorschläge und 1,8 verbraten!)

Das waren Vorschläge, die für die Presse bestimmt waren;

(Lachen bei der FDP)

das waren aber keine Vorschläge, die das Haus hätten beeindrucken können.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Der Haushaltsausschuß war sehr agrarfreundlich eingestellt. Er hat — so kann man sagen — ein Entgegenkommen bewiesen wie noch niemals. Der Haushaltsausschuß wäre dankbar gewesen, wenn Sie ihm wirklich klingende Münze auf den Tisch hätten legen können. Sie haben ihm aber Inflationsgeld auf den Tisch gelegt.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU. — Zurufe von der FDP: Das ist doch nicht wahr! — Das entspricht nicht den Tatsachen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will Ihnen einmal etwas sagen. Ich habe — und meine Leute arbeiten intensiv daran — einen ganz genauen Kommentar zum Einzelplan 10 in Aussicht gestellt. Dort wird nach allen Funktionen — nach Zweckbestimmungen, nach Wirkungen und nach Inzidenzen — jeder Betrag von einigem Gewicht dargestellt. Ich kann nur hoffen, daß Sie trotz der Papierflut, in der wir fast alle ersticken, wenigstens diese Ausarbeitung genau studieren werden.
Noch eines darf ich Ihnen sagen. Ihre ewig wiederkehrende, aber durch die Wiederholung nicht besser werdende Behauptung, daß die Mittel für die nationalen Aufgaben gekürzt worden seien, ist falsch.

(Zurufe von der FDP: Nein!)




Bundesminister Höcherl
Wenn wir in Kap. 10 03 bei den Marktordnungsausgaben eine Verstärkung haben, liegt darin der wirklich interessante einkommenswirksame Vorgang, der mir die Preise und den Absatz der Überschüsse sichert. Das ist das, wa wir brauchen. Ich bin genauso wie Sie für eine progressive, vernünftige, sich nach vorn entwickelnde kostenorientierte Preispolitik, und zwar ständig und fortgesetzt. Ich bin vor allem wegen der Milchpolitik dafür, daß der Getreidepreis nach vorn entwickelt wird, weil ich mir hier mittelbar eine Entlastung verspreche. Ich jage aber keinen Illusionen nach. Ich könnte mich doch auch hier herstellen und könnte — weiß Gott — irgendwelche Zahlen verkünden. Ich muß die Zahlen nur verwirklichen, und zwar durch einstimmige Beschlüsse, und das ist etwas schwerer als das muntere Reden vom Oppositionsplatz aus, das Sie — das will ich gern anerkennen — mit Fleiß und Energie, in diesem Fall aber nicht mit besonders guten Gründen und Argumenten vollziehen.
Mehr möchte ich Ihnen nicht zumuten. Ich darf mich bedanken, daß Sie mir Gelegenheit gegeben haben, einige aufklärende Worte zu sagen, nachdem Irrtümer verbreitet wurden.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der FDP.)


Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0517323900
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ertl.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0517324000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war wirklich nicht meine Absicht, hier etwas zu sagen, aber ich kann mich nicht ganz enthalten, wieder einmal zum Ausdruck zu bringen: dieser Minister ist nicht nur wendig, er ist geradezu ein Tanzmeister der Agrarpolitik, und er versteht es sehr gut, über alles hinwegzutänzeln und dabei noch als Meister Qualifikationen auszuteilen. Nun, wir qualifizieren Sie nicht, Herr Minister; wir sind nur froh, wenn Sie nicht zuviel tänzeln, sondern mehr geradlinig handeln. Dann würden Sie eine bessere Agrarpolitik betreiben, und dann weiß man auch besser, woran man ist.

(Beifall bei der FDP.)

Diese Bitte haben wir, und hier darf ich Sie nur am Schluß einmal auf Ihre eigene Fiktion hinführen. Am Schluß haben Sie sich nämlich klassisch widersprochen. Zuvor haben Sie gesagt, das mit der Milch wäre sehr leicht, wenn man dieses viele Geld dazu hätte, und danach haben Sie gesagt, das Geld haben wir ja, um die Preise zu stabilisieren und die Überschüsse zu vermeiden. Warum nutzen Sie dann das Geld nicht? Dann hätten wir den Preisverfall und das Problem der Überschüsse doch nicht.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

Ich muß hier noch einmal sagen: da haben Sie nicht
mit unserer Logik gerechnet. Aber das ist wohl eine
Frage, die Sie uns vielleicht ein anderes Mal wieder
erklären. Wir als Opposition sind gerne bereit, uns von Ihnen belehren zu lassen, und wir nehmen das gerne zur Kenntnis. Wir geben auch zu, wir sind nicht immer ganz so, daß wir Sie nur schonen. Das ist auch gar nicht unsere Aufgabe. Aber wenn, bitte sehr, dann klar und ohne Widersprüche.
Ich könnte noch vieles sagen zu der Einfuhr von Futtermitteln und ähnlichem mehr. Uns ist das gar nicht zuwider, Herr Minister. Sie und diese Regierung mußten den Widerspruch zwischen der Wirtschaftspolitik und ihrer Handelspolitik zu Drittländern, ihrer Ostpolitik und den EWG-Präferenzverpflichtungen klären. Ich habe das hier schon einmal gesagt, und Sie werden das in Zukunft klären müssen. Nicht nur die Opposition muß das klären, auch Sie müssen das klären. Wir haben vor den einseitigen Zugeständnissen permanent gewarnt. Das hätten Sie früher tun können.
Ich will gleich Schluß machen. Aber weil hier von einigen Kollegen und natürlich auch vom Herrn Minister — ich bin bereit, ihm einmal ein Privatissimum über „liberal" zu geben; das würde für einen CDU-Minister sehr nützlich sein — über das Verhalten der Freien Demokraten gesprochen worden ist, möchte ich noch sagen: die Freien Demokraten gestalten ihre Politik durch Anträge und Beiträge in diesem Hohen Hause.

(Zuruf von der Mitte: Ach, so ist das?!)

Darüber hinaus sind wir frei und liberal genug, uns die Meinung einzelner Mitglieder anzuhören, die das vertreten können, was sie für richtig halten. Das ist ihr gutes Recht.

(Zurufe von der Mitte.)

Die Fraktion beschließt und die Fraktion stellt hier Anträge. Verehrte Kollegen, Ihnen würde ich raten, daß Sie sich in Ihrer Fraktion als Agrarpolitiker erst einmal so durchsetzen könnten, wie wir es seit zehn Jahren zum Wohl der deutschen Landwirtschaft mit großem Erfolg getan haben.

(Beifall bei der FDP.)


Walter Scheel (FDP):
Rede ID: ID0517324100
Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der Ihnen auf Drucksache V/2589 vorliegt. Wer diesem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag des Ausschusses ist einstimmig angenommen. Damit ist Punkt 42 der Tagesordnung erledigt.
Die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages wird einberufen für Mittwoch, den 15. Mai 1968, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.