Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Meine Damen und Herren! Vor Eintritt in die Tagesordnung gebe ich bekannt, daß die Tagesordnung ergänzt werden soll um die Vorlagen, die in der Ihnen vorliegenden Liste aufgeführt sind. Es handelt sich um folgende Punkte:1. Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. April 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat über ArbeitslosenversicherungDrucksache V/1445 —a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung— Drucksache V/1685Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Götzb) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit
— Drucksache V/1681Berichterstatter: Abgeordneter Varelmann
2. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker— Drucksachen V/1284, V/1682 —Berichterstatter: Abgeordneter ErtlWeiterhin haben wir folgende Vorlagen der Bundesregierung:1. Vorlage des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und ForstenBetr.: Struktur- und Preisenquete auf den Märkten land- und ernährungswirtschaftlicher GüterBezug: Beschluß des Bundestages vom 22. Januar 1965 — Drucksache V/1627 —zuständig: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten , Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen2. Vorlage des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung Betr.: Bericht über Internationale OrganisationenBezug: Beschluß des Bundestages vom 18. Januar 1967 — Drucksache V/1635 —zuständig: Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik , Auswärtiger Ausschuß, HaushaltsausschußDiese Vorlagen bedürfen keiner Beschlußfassung und sollen deshalb gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden. Sind Sie damit einverstanden? — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:Der Haushaltsausschuß hat einen Bericht über die Zustimmung zur Festlegung des Investitionsprogramms gemäß § 4 Abs. 1Kreditfinanzierungsgesetz 1967 vorgelegt, der als Drucksache V/1672 verteilt wird.Das Bundesversicherungsamt hat am 19. April 1967 die Abrechnung über die Rentenzahlungen und Beitragserstattungen in der Rentenversicherung der Angestellten für das Kalenderjahr 1966 und die Abrechnung über die Rentenzahlungen, Beitragserstattungen und Beitragszahlungen für die Krankenversicherung der Rentner in der Rentenversicherung der Arbeiter für das Kalenderjahr 1966 übersandt, die im Archiv zur Einsichtnahme ausliegen.Meine Damen und Herren, damit kommen wir zu Punkt 1 ,der Tagesordnung:Fragestunde— Drucksachen V/1634, zu V/1634, V/1677 —Ich habe hier noch etwa 40 Fragen, und ich nehme an, daß wir idamit fertig werden. Eine ganze Reihe von Fragen wird nämlich mit Zustimmung der Fragesteller schriftlich 'beantwortet werden.Zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Die Fragen 37 bis 47 der Abgeordneten Dr. Hammans, Blumenfeld, Dr. Jahn , Dröscher und Schwabe:37. Abgeordneter Dr. HammansIst der Bundesregierung bekannt, daß die heimische Lederindustrie in ihrer Existenz bedroht ist dadurch, daß die Fertigschuhwarenimporte aus EWG-Ländern, aus dem EFTA-Raum, aus Jugoslawien, anderen Ostblockstaaten und die sehr erheblichen Fertighandschuhimporte aus Hongkong, Japan, Korea und Taiwan erdrückend geworden sind?38. Abgeordneter Dr. HammansKann die heimische Lederindustrie vor den in Frage 37 erwähnten lebensbedrohenden Importen geschützt werden?39. Abgeordneter BlumenfeldIst der Bundesregierung bekannt, daß aus Dienstleistungen im Rahmen deutscher Entwicklungshilfe zwei deutschen Firmen seit vielen Jahren anerkannte Forderungen in der Höhe von über 2 Millionen DM gegenüber iranischen Staatsstellen überfällig sind?40. Abgeordneter BlumenfeldWelche Unterstützungen hat die Bundesregierung bei Kenntnis der in Frage 39 geschilderten Situation den deutschen Firmen angedeihen lassen, damit sie ihre Forderungen beglichen erhalten?41. Abgeordneter BlumenfeldWas gedenkt die Bundesregierung in der in Frage 39 erwähnten Angelegenheit zu tun, falls die bisherigen Bemühungen sowohl der Firmen wie der Bundesregierung ohne irgendeinen sichtbaren Erfolg geblieben sind?42. Abgeordneter Dr. Jahn
Trifft es zu, daß die Tuch- und Kleiderstoffindustrie darum nachgesucht hat, die Bundesregierung möge bei der EWG-Kommission gemäß Artikel 226 EWG-Vertrag einen Antrag steilen, in dem um die Genehmigung zur Ergreifung von Schutzmaßnahmen gegenüber Einfuhren aus Prato gebeten wird?43. Abgeordneter Dr. Jahn
Trifft es zu, daß die Bundesregierung es abgelehnt hat, den in Frage 42 erwähnten Antrag zu stellen, obwohl seitens der holländischen und belgischen Regierung derartige Anträge gestellt worden sind?
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5010 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967
Präsident D. Dr. Gerstenmaier44. Abgeordneter Dr. Jahn
Ist die Bundesregierung nicht der Ansicht, daß die in Frage 42 erwähnte betroffene Industrie den Eindruck gewinnen muß, ihre Interessen würden von der Bundesregierung mit weniger Nachdruck vertreten als die Interessen der Industrien in den beiden Nachbarländern, da sie sich lange vor Abschluß des EWG-Vertrages bemüht hat, eine Begrenzung der Prato-Einfuhren zu erreichen?45. Abgeordneter DröscherWie weit sind die Bemühungen der Bundesregierung bzw. des Bundeskartellamtes gediehen, das Maß der durch keine ökonomische Notwendigkeit, sondern nur durch das Vorhandensein von verbotenen Preisabsprachen begründeten Differenzen der Treibstoffpreise zwischen den Ballungsgebieten und den weniger dicht bewohnten Räumen auf eine erträgliche Höhe zu ermäßigen?46. Abgeordneter SchwabeSind die in jüngster Zeit wiederholten Senkungen der Benzinpreise durch die Mineralölgesellschaften kostenbedingt oder mussen sie als willkürliche Maßnahmen im Konkurrenzkampf angesehen werden?47. Abgeordneter SchwabeGibt es Anhaltspunkte für den Umfang des Mehrgewinnes, den die Gesellschaften vor der zweimaligen Preissenkung zwangsläufig erzielt haben müssen?Die Fragesteller Dr. Hammans, Blumenfeld, Dr. Jahn und Dröscher haben ihre Fragen zurückgezogen. Herr Abgeordneter Schwabe hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Zunächst die Fragen 53 und 54 des Herrn Abgeordneten Mick:Entspricht es den Tatsachen, daß die Versicherung der selbständigen Handwerker bei der Rentenversicherung nach Angabe ihres Verbandes von 1962 bis 1965 ein Defizit von 448 Millionen DM verursacht hat?Ist das in Frage 53 erwähnte Defizit von Jahr zu Jahr angewachsen?Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.
In den Angaben des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger, auf die Sie sich beziehen, Herr Kollege Mick, ist für die Rentenversicherung der selbständigen Handwerker in den Jahren 1962 bis 1965 ein Defizit von 448 Millionen DM errechnet. Hierbei muß jedoch ein Problem berücksichtigt werden, das für die Berechnung eines solchen Defizits grundsätzlich besteht. Der Deutsche Bundestag ist nämlich — wie Sie sich sicherlich noch erinnern werden — bei der Beratung des Handwerkerversicherungsgesetzes im Jahre 1960 dem Vorschlag seines Sozialpolitischen Ausschusses, im Gesetz eine getrennte Rechnungsführung der Handwerkerversicherung vorzusehen, nicht gefolgt. Deshalb war es nun für den Verband Deutscher Rentenversicherungsträger nicht möglich, die Einnahmen aus Beiträgen freiwillig versicherter Handwerker, die diese durch den Markenkauf bei der Bundespost entrichtet haben, zu berücksichtigen. Diese Beiträge müssen aber, wenn man die Einnahme den Rentenaufwendungen auf Grund von Beiträgen früherer pflichtversicherter Handwerker gegenüberstellt, mindestens zum Teil hinzugerechnet werden.
In Anbetracht der von mir geschilderten gegenwärtigen Rechtslage läßt sich, wie Sie verstehen werden, Herr Kollege Mick, nicht endgültig feststellen, ob die Versicherung der selbständigen Handwerker — isoliert betrachtet — auch tatsächlich ein Defizit in der berechneten Höhe verursacht hat. Aus dem gleichen Grunde ist auch Ihre weitere Frage, ob das angebliche Defizit in der Handwerkerversicherung von Jahr zu Jahr angewachsen ist,
leider nicht zu beantworten.
Keine Zusatzfrage.Die Fragen 55 bis 57 ,des Herrn Abgeordneten Lenders:Hat der Bundesarbeitsminister Kenntnis von der Absicht des gemeindlichen Unfallversicherungsträgers , eine neue Unfallverhütungsvorschrift (UVV) für den Bereich der kommunalen Sparkassen zu verabschieden?Trifft es zu, daß der in Frage 55 erwähnte Entwurf der UVV des gemeindlichen Unfallversicherungsträgers in einem für die Sicherheit der Beschäftigten nachteilig wirkenden Punkt von der im Februar 1966 in Kraft getretenen UVV der Verwaltungsberufsgenossenschaft insoweit abweicht, als für Arbeitsplätze, die dem Publikumsverkehr dienen, wenn sie von anderen Räumen aus einsehbar oder nur über gewisse Behinderungen erreichbar sind, schon dann für die unübersteigbare Abtrennung keine Schußsicherheit mehr gefordert wird, wenn mindestens sechs Beschäftigte in dem vom Publikum erreichbaren Raum ständig anwesend sind?Ist der Bundesarbeitsminister bereit, als aufsichtsführende Behörde für die Berufsgenossenschaften im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für Unfallverhütungsvorschriften im Interesse der Sicherheit der bei den kommunalen Sparkassen Beschäftigten und der Einheitlichkeit von Sicherheitsbestimmungen für die Beschäftigten von Banken und Sparkassen darauf hinzuwirken, daß die im Anhang der UVV „Kassen" der Verwaltungsberufsgenossenschaft aufgeführten Sicherheitsbestimmungen zu § 2 dieser UVV von der UVV des gemeindlichen Unfallversicherungsträgers voll übernommen werden?werden im Einverständnis mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antwort des Bundesministers Katzer vom 19. April 1967 lautet:Die Absicht der gemeindlichen Unfallversicherungsträger, eine Unfallverhütungsvorschrift Kassen" zu erlassen, ist mir bekannt. Der Entwurf ist in meinem Hause mehrfach beraten worden.Es trifft zu, daß der von der Bundesarbeitsgemeinschaft der gemeindlichen Unfallversicherungsträger erarbeitete Entwurf von der Unfallverhütungsvorschrift „Kassen" der Verwaltungsberufsgenossenschaft in dem von Ihnen genannten Punkt abweicht. Ich bin jedoch der Meinung, daß diese Abweichung im Hinblick auf die Sicherheit der Beschäftigten vertretbar ist.Nr. 1 Abs. 2 Satz 2 des Anhangs der UVV „Kassen" der Verwaltungsberufsgenossenschaft lautet:Voraussetzung ist ferner, daß in diesen Räumen ständig mindestens 10 Beschäftigte anwesend sind und die in § 2 Abs. 1 genannten Arbeitsplätze unübersteigbar abgetrennt sind."Zur Zeit der Beratung der Unfallverhütungsvorschrift „Kassen" der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft lagen Statistiken oder gleichwertiges Tatsachenmaterial, aus denen sichere Rückschlüsseüber die vordringlich zu schützenden Kassen zu ziehen gewesen wären, nicht vor.Inzwischen hat jedoch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband bei seinen Mitgliedern umfassende Erhebungen über die in den letzten Jahren verübten Raubüberfälle angestellt. Diese Statistik zeigt, daß in der Zeit von Januar 1965 bis September 1966 168 Überfälle auf Kassen verübt wurden, und zwar:95 Überfälle auf Ein-Mann-Stellen 34 Überfälle auf Zwei-Mann-Stellen 15 Überfälle auf Drei-Mann-Stellen 9 Überfälle auf Vier-Mann-Stellen 7 Überfälle auf Fünf-Mann-Stellen 4 Überfälle auf Sechs-Mann-Stellen 1 Überfall auf eine mit neun Personen besetzte Kassenstelle3 Überfälle auf Kassenstellen, die mit mehr als 10 Personen besetzt waren.Von insgesamt 168 ausgewerteten Überfällen entfiel somit nur einer auf eine Kasse, in der mehr als 6, aber weniger als 10 Personen ständig im Kassenraum beschäftigt waren.Diese erste Statistik erlaubt den Schluß, daß die Festsetzung der Grenze auf 6 Personen dem tatsächlichen Sicherheitsbedürfnis nicht offensichtlich widerspricht.Außerdem wurde von seiten der BAGUV darauf hingewiesen, daß sich seit Inkrafttreten der UVV „Kassen" der VerwaltungsBerufsgenossenschaft auf dem deutschen Markt eine Verknap-
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5011
Präsident D. Dr. Gerstenmaierpung an schußsicherem Glas bemerkbar gemacht habe. In diesem Zusammenhang wurde die Befürchtung geäußert, daß es kaum gelingen werde, innerhalb von 3 Jahren die am stärksten gefährdeten Kassenstellen mit schußsicherem Material zu versorgen, wenn der Kreis der abzuschirmenden Kassen zu weit gezogen werde.Diesen Argumenten konnte ich mich nicht verschließen, selbst wenn dadurch die Einheitlichkeit von Sicherheitsbestimmungen nicht eingehalten werden konnte. Ich habe mich daher mit der „Sechs-Personen-Grenze" einverstanden erklärt. Um jedoch zu gewährleisten, daß alles Erforderliche für die Sicherheit der Beschäftigten getan wird, habe ich die Einfügung eines Abs. 3 in § 2 des Entwurfs der BAGUV veranlaßt. Der Absatz lautet:„ Die Arbeitsplätze müssen unabhängig von Abs. 2 den Anforderungen entsprechen, die vom Gemeindeunfallversicherungsverband im Einzelfall zur Abwehr besonderer Gefahren für die Beschäftigten gestellt werden."
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Durch die Einfügung des Abs. 3 werden die gemeindlichen Unfallversicherungsträger angehalten, die zusätzlichen Maßnahmen auch bei Kassen mit mehr als sechs im Kassenraum Beschäftigten zu fordern, wenn dies nach den örtlichen Verhältnissen im Einzelfall erforderlich ist.Ich stimme mit Ihnen grundsätzlich darin überein, daß bei Vorliegen gleicher Voraussetzungen die Sicherheitsbestimmungen für die Beschäftigten möglichst einheitlich sein sollen. Angesichts der durch die vorgenannte Statistik vermittelten Erkenntnisse halte ich es jedoch gegenwärtig für dringender, durch Erlaß von Unfallverhütungsvorschriften die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die am stärksten gefährdeten Spar- und Darlehenskassen mit bis zu sechs Beschäftigten ohne weitere Verzögerungen geschützt werden.Die Entwicklung wird sorgfältig beobachtet werden. Bei neuen Erkenntnissen werde ich auf die zuständigen Unfallversicherungsträger einwirken, die Vorschriften der veränderten Situation anzupassen.Frage 58 des Herrn Abgeordneten Schulte:Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß Ersatzdienstverweigerer nach Verbüßung ihrer Strafe von manchen Gerichten bei erneuter Ersatzdienstverweigerung nochmals mit derselben Strafe belegt werden?Bitte sehr, Herr Minister!
Herr Präsident, darf ich die Fragen 58 und 59, die gleichen Inhalts sind, gemeinsam beantworten?
Frage 59 ist die Frage des Herrn Abgeordneten Kübler. Sind Sie einverstanden, Herr Abgeordneter Kübler? — Sie können dann ja noch zwei Zusatzfragen stellen.
Ich rufe also noch die Frage 59 des Herrn Abgeordneten Kübler auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung rechtlich die Tatsache, daß Ersatzdienstverweigerer nach Verbüßung ihrer Strafe von manchen Gerichten bei erneuter Ersatzdienstverweigerung nochmals mit derselben Strafe belegt werden?
In der vorigen Fragestunde hatte der Herr Kollege Dr. Geißler die gleiche Frage gestellt. Er hat sie bis zum Abschluß der Besprechungen, die ich gegenwärtig über diesen Fragenkomplex mit dem Herrn Bundesminister der Justiz führe, zurückgestellt. Ich möchte dem Ergebnis dieser Besprechungen nicht vorgreifen und bitte deshalb um Verständnis dafür, daß ich erst nach abschließender Klärung der Frage mit dem Herrn Bundesminister der Justiz eine Erklärung zur Sache abgeben möchte.
Sobald die Besprechungen mit .dem Bundesminister der Justiz abgeschlossen sind, werde ich Ihnen selbstverständlich Mitteilung machen.
Eine Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, wann rechnen Sie mit dem Abschluß dieser Besprechungen?
Ich habe die Sache in meinem Hause selbst in die Hand genommen und führe heute eine erste Hausbesprechung. Ich hoffe, daß wir in zwei oder drei Wochen zu einem Abschluß kommen werden.
Keine weiteren Zusatzfragen, auch nicht vom Herrn Abgeordneten Dr. Kübler.
Ich rufe die Fragen 60 und 61 des Herrn Abgeordneten Eckerland auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß infolge der stark angestiegenen Arbeitslosigkeit seit dem letzten Winter die Sozialhilfeträger erhebliche Aufwendungen für Arbeitslose erbringen mußten, diese nur teilweise zurückerstattet erhielten und diese Vorleistungen der Sozialhilfe nur deswegen erfolgen mußten, weil die Arbeitsämter nicht in der Lage waren, die gesetzlichen Leistungen nach dem AVAVG schnell und rechtzeitig zur Auszahlung zu bringen?
Ist die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß diese Vorleistungen der Sozialhilfeträger erheblich reduziert werden könnten, wenn die Arbeitsämter von der Bundesanstalt Anweisung erhielten, den § 174 AVAVG entsprechend seinem Wortlaut anzuwenden, d. h. nur Glaubhaftmachung und Angaben von Tatsachen zu verlangen und auf den Nachweis der angegebenen Tatsachen und Verhältnisse zu verzichten bzw. die Arbeitsämter entsprechend § 181 AVAVG das Arbeitslosengeld in der Regel wöchentlich auszahlen würden und nicht, wie es fast überall geschieht, in größeren Zeitabständen?
Zur Beantwortung der Herr Minister.
Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Sozialhilfeträger im vergangenen Winter in zahlreichen Fällen Arbeitslosen vor der ersten Auszahlung von Arbeitslosengeld Leistungen gewährt haben, mit denen sie zu einem gewissen Teil auch endgültig belastet worden sind. Neben der Inanspruchnahme der Sozialhilfeträger, die in Ihrer Frage, Herr Kollege Eckerland, angesprochen wird, entsteht bei Verzögerung der Bearbeitung von Anträgen auf Arbeitslosengeld ein Problem, das uns allen wohl noch mehr am Herzen liegt: daß nämlich die betroffenen Arbeitslosen und ihre Angehörigen zusätzliche Schwierigkeiten haben.Im Hinblick darauf hat sich die Bundesregierung mit Nachdruck um möglichst schnelle und möglichst weitgehende Abhilfe bemüht. Das Hohe Haus hat sie dabei im Rahmen der Behandlung des Siebenten Änderungsgesetzes zum AVAVG, das am 1. April dieses Jahres in Kraft getreten ist, tatkräftig unterstützt. Durch dieses Gesetz sind einige Leistungsvorschriften, deren Anwendung erheblichen Verwaltungsaufwand erforderte, vereinfacht worden. So ist vor allem die zeitraubende und komplizierte Bedürftigkeitsprüfung weggefallen, die der Gewährung der Familienzuschläge vorausging. Familienzuschläge werden seit dem 1. April dieses. Jahres nach Maßgabe der Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte gewährt. Außerdem wurden die einer raschen Bearbeitung entgegenstehenden Schwierigkeiten beseitigt, die sich daraus ergaben, daß die erforderlichen Arbeitsbescheinigungen häufig noch nicht bei Antragstellung beigebracht werden konnten. Denn selbst bei Verwendung datenverarbeitender Maschinen ist es vielen Betrieben nicht möglich, den Entlassenen
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5012 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967
Bundesminister Katzersofort für den letzten Lohnzahlungszeitraum eine Abrechnung mitzugeben.Vor Inkrafttreten dieser Erleichterungen, also vor Ende März dieses Jahres, waren die Arbeitsämter in der Tat sehr viel stärker belastet. Hier liegt ein Teil der Ursachen für Verzögerungen in der Bearbeitung von Anträgen auf Arbeitslosengeld, während ein anderer Teil in der schwierigen Personallage zu suchen ist. Bei den Arbeitsämtern war in den Monaten, in denen die Arbeitslosigkeit unerwartet und rasch stark anstieg, die Zahl der Stammkräfte verhältnismäßig gering. Die Einstellung von Aushilfskräften wirkte sich nur langsam aus, weil diese verwaltungsfremden Angestellten erst mit ihren Aufgaben vertraut gemacht werden mußten. Die Männer und Frauen in den Versicherungsabteilungen der Arbeitsämter waren daher zum Teil weit über ihre Leistungsfähigkeit hinaus beansprucht. Aber auch hier ist inzwischen eine spürbare Entlastung eingetreten.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, wäre es nicht möglich, die Arbeitsämter zu verpflichten, sofortige Abschlagszahlungen auf ,den künftigen Anspruch in angemessener Höhe zu leisten?
Herr Kollege, die Arbeitsämter können solche Abschlagszahlungen leisten, und es wird auch sehr häufig davon Gebrauch gemacht.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Frage 62 des Herrn Abgeordneten Buschfort:
Was veranlaßte die Bundesregierung, die vom Bundestag beschlossene Verbesserung für Umschüler nach § 133 AVAVG durch Streichung des bisher gewährten Taschengeldes wesentlich zu verschlechtern?
Die im Rahmen des § 133 a AVAVG eingeführten Verbesserungen verfolgen das Ziel, für Teilnehmer an beruflichen Bildungsmaßnahmen mit einem Unterhaltsgeld von 120 % des Arbeitslosengeldes die Sicherung des Lebensunterhaltes in angemessenem Umfang zu gewährleisten. Der Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hat zugleich mit der Einführung dieses Unterhaltsgeldes am 1. April 1967 durch Richtlinien den begünstigten Personenkreis großzügig erweitert. Dieses Unterhaltsgeld wird künftig nicht nur an Arbeitslose, sondern auch an sonstige Arbeitsuchende gewährt.
Gleichzeitig mit der Einführung des Unterhaltsgeldes hat der Verwaltungsrat in seinen Richtlinien das bisherige Taschengeld gestrichen, während er im übrigen die nach seinen Richtlinien vorgesehenen Leistungen weiter verbessert hat. Dieser Neufassung der Richtlinien habe ich zugestimmt. Hinsichtlich des Wegfalls des Taschengeldes ist zu berücksichtigen, daß der Deutsche Bundestag die Höhe des
Unterhaltsgeldes so festgelegt hat, daß den finanziellen Erfordernissen bei einer Teilnahme an beruflichen Bildungsmaßnahmen ausreichend Rechnung getragen ist.
Ferner ist zu bedenken, daß in der Vergangenheit berufliche Bildungsmaßnahmen in der Regel nur für Arbeitslose durchgeführt werden konnten, deren Lebensunterhalt lediglich durch das niedrigere Arbeitslosengeld oder gar die Unterstützung aus der Arbeitslosenhilfe gesichert wurde. Unter diesen Umständen war es notwendig, den Mehrbedarf, der einem Teilnehmer an beruflichen Bildungsmaßnahmen gegenüber den sonstigen Arbeitslosen entstand, durch die Gewährung eines Taschengeldes auszugleichen. Seit dem 1. April 1967 ist diesem Gedanken bereits durch die Höhe des Unterhaltsgeldes — es beträgt, wie bereits erwähnt, 120 % des Arbeislosengeldes — Rechnung getragen. Es kommt hinzu, daß das Unterhaltsgeld auch an Arbeitsuchende gezahlt wird, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Unterstützung aus der Arbeitslosenhilfe hätten. Diese Personen hätten nach altem Recht — trotz Zahlung eines Taschengeldes — keine ausreichende Sicherung des Lebensunterhalts gehabt.
Das Hohe Haus hat zusammen mit der Bundesregierung bei der Festlegung der Höhe des Unterhaltsgeldes grundsätzliche Erwägungen angestellt, in welchem Verhältnis dieses Unterhaltsgeld zum Arbeitslosengeld und zum früher verdienten Lohn stehen sollte. Im Hinblick darauf erschiene es ohne ausdrückliche Ermächtigung des Gesetzgebers sachlich nicht gerechtfertigt, wenn der Verwaltungsrat durch Richtlinien eine weitere Leistung in Form des Taschengeldes für die jetzt abschließend im Gesetz geregelte Unterhaltssicherung gewähren würde.
Zusatzfrage.
Herr Minister, kann ich Ihrer Antwort entnehmen, daß es zutrifft, daß Sie Herrn Dr. Käfferbitz Weisung erteilt haben, sich für die Streichung einzusetzen? Denn es ist ja bekannt, daß es bei der Abstimmung nur eine Mehrheit von einer Stimme gab.
Ich möchte darüber in diesem Zusammenhang keine Auskunft erteilen, da es sich um einen internen Verwaltungsvorgang handelt.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Minister, um wieviel Prozent ist das Umschulungsgeld durch die Streichung des Taschengeldes überhaupt noch erhöht worden?
Diese Frage ist individuell zu beantworten, sie kann nicht generell beantwortet werden. Es hängt vom jeweiligen Einkommen ab.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5013
Weitere Zusatzfragen.
Herr Minister, ist bekannt, daß die Rentenversicherungsträger weitaus bessere Leistungen zahlen und zusätzlich ein Taschengeld von 1,50 DM gewähren und daß jetzt durch die Streichung des Taschengeldes nach den Bestimmungen der Arbeitslosenversicherung dieser Personenkreis schlechter gestellt ist?
Herr Kollege, ich nehme an, daß sich dies auf Ihre zweite Frage bezieht, die ich gleich noch gesondert beantworten möchte.
Herr Abgeordneter Matthöfer, Zusatzfrage.
Herr Minister, trifft es zu, daß ein großer Teil der Umschüler bei der Gewährung des einfachen Arbeitslosengeldes und eines zusätzlichen Taschengeldes früher sich nicht schlechter gestanden hätte, als er jetzt mit dem erhöhten Unterhaltsgeld ohne Taschengeld steht?
Herr Kollege Matthöfer, ich glaube, die jetzige Regelung ist für die breite Schicht wesentlich besser als die frühere Regelung.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, wären Sie bereit, das einmal gründlich nachrechnen zu lassen, und falls das, was Sie soeben gesagt haben, nicht stimmen sollte, Ihre Meinung zu ändern?
Herr Kollege Matthöfer, ich bin selbstverständlich gern dazu bereit. Ich habe das gestern schon vorprüfen lassen, und deshalb habe ich die Antwort vorhin so geben können. Ich bin aber gern bereit, in eine detaillierte Prüfung einzutreten.
Herr Abgeordneter Buschfort, wollen Sie noch eine Zusatzfrage stellen?
Das geht im Moment nicht. Die zweite Frage muß noch beantwortet werden.
Ich hatte es so verstanden, daß beide Fragen beantwortet sind.
Ich wollte die zweite Frage gesondert beantworten, Herr Präsident.
Dann habe ich eben schon eine Zusatzfrage zuviel gegeben.
— Ja, so kundig bin ich nicht in der Frage, wie ich zu Taschengeld kommen kann.
Ich rufe dann die Frage 63 des Herrn Abgeordneten Buschfort auf:
Wann glaubt die Bundesregierung eine angemessene Gleichbehandlung bei der Gewährung von Taschengeld für Umschüler nach dem Bundessozialhilfegesetz, AVAVG, LAG und Bundesjugendplan wieder herstellen zu können?
Bitte sehr, Herr Minister, fahren sie fort!
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß bei Vorliegen gleichartiger Tatbestände eine möglichst gleichartige ausreichende Sicherung des Lebensunterhalts während der Aus- und Fortbildung und der Umschulung angestrebt werden sollte. Dabei sollte es nicht wesentlich darauf ankommen, ob .ein Teil dieser Leistungen als Taschengeld bezeichnet wird. Wie dem Bericht der Bundesregierung über den Stand der Maßnahmen auf dem Gebiet der individuellen Förderung von Ausbildung und Fortbildung vom 20. März 1967 — Bundestagsdrucksache V/1580 — entnommen werden kann, wird dieses Taschengeld im übrigen nicht nach allen dort genannten Rechtsgrundlagen gewährt und kommt nur bei Unterbringung außerhalb der Familie, d. h. in der Regel bei Internatsunterbringung, in Betracht. In diesem Falle sieht § 133 a AVAVG die Zahlung des Unterhaltsgeldes neben der vollen Übernahme der Kosten für Unterkunft und Verpflegung vor. Das Unterhaltsgeld ist lediglich in angemessener Weise zu kürzen. Ich bin gerne bereit, Herr Kollege — ich komme damit auf die Zusatzfrage zurück —, mich dafür einzusetzen, daß die Kürzung, sofern dies nicht 'bereits geschieht, so bemessen wird, daß dem Teilnehmer an beruflichen Bildungsmaßnahmen ein angemessener Betrag als Taschengeld verbleibt.
Zusatzfrage.
Herr Minister, werden Sie sich mit den anderen Gewährern von Umschulungsmaßnahmen zusammensetzen, um eine Gleichbehandlung zu ermöglichen?
Jawohl, Herr Kollege. Wie ich bereits sagte, werde ich mich darum bemühen.
Ich rufe die Frage 64 des Herrn Abgeordneten Fritsch auf. Die Fragen 80 und 81 des Herrn Abgeordneten Riegel (Göppingen) wurden zurückgezogen.
Hält es die Bundesregierung weiterhin für zweckmäßig, Lebensbescheinigungen mit Erklärungen über die persönlichen Verhältnisse in Jahres- bzw. Zweijahresabständen von Beziehern von Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz und von Sozialversicherungsrenten einzufordern?
Die Bundesregierung ist der Auffassung,
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5014 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967
Bundesminister Katzerdaß die Einholung von Lebensbescheinigungen bzw. Rentenjahresbescheinigungen auch in Zukunft grundsätzlich erforderlich ist, da sonst die Gefahr einer Weiterzahlung von Renten, deren Voraussetzungen inzwischen entfallen sind, zu stark erhöht würde. Wegen der Belastungen, die sich für die Rentenempfänger wie für die Verwaltungsstellen durch die jährliche Beibringung der Bescheinigungen ergeben, ist die Bundesregierung aber schon seit langem um eine Vereinfachung und Erleichterung des hierbei, angewendeten Verfahrens bemüht.Diesem Zweck dient auch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Aussetzung der Einholung von Rentenjahresbescheinigungen für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen Unfallversicherung, nach der für das Kalenderjahr 1967 die Einholung der Rentenjahresbescheinigungen probeweise ausgesetzt wird. Mit diesem praktischen Versuch sollen Erfahrungen hinsichtlich der Präventivwirkung der Rentenjahresbescheinigungen gewonnen werden. Auf dem Gebiete der Kriegsopferversorgung ist eine solche Aussetzung der Einholung der Lebensbescheinigungen bereits vorgenommen worden, über deren Ergebnis sich jedoch zur Zeit noch nichts sagen läßt. Von den bei diesen Versuchen gemachten Erfahrungen wird es wesentlich abhängen, ob im Benehmen mit den übrigen Beteiligten, nämlich dem Bundesminister der Finanzen, dem Bundesminister des Innern, dem Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen, dem Bundesrechnungshof und den Versicherungsträgern, eine Verlängerung des Einholungszeitraumes verantwortet werden kann.
Zusatzfrage.
Herr Minister, glauben Sie nicht, daß die in den Gesetzen, die für die jeweiligen Rentenbezieher gelten, gegebenen Vorschriften, über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Mitteilung zu machen, ausreichen, um Lebensbescheinigungen wie sie bisher eingefordert worden sind, überflüssig zu machen?
Ich glaube das nicht, Herr Kollege. Wir möchten vorerst die Erfahrungen abwarten, die wir mit diesen Aussetzungen machen.
Herr Minister, ist damit zu rechnen, daß das Ergebnis bekanntgemacht wird?
Selbstverständlich, Herr Kollege. Sobald das Ergebnis vorliegt, werde ich es gern bekanntgeben.
Aus der Drucksache zu V/1634 rufe ich nunmehr die Frage 105 des Herrn Abgeordneten Wagner auf:
Erwägt die Bundesregierung eine Änderung der Pfändungsschutzvorschriften in der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Ziel, die augenblicklich nur ausnahmsweise zulässige Zwangsvollstreckung in Rentenansprüche zu erleichtern?
Herr Präsident, darf ich die drei Fragen des Herrn Abgeordneten Wagner wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantworten?
Bitte sehr! Dann rufe ich aus der Drucksache zu Drucksache V/1634 noch die Fragen 106 und 107 des Abgeordneten Wagner auf:
Hält die Bundesregierung die in Frage 105 erwähnte geltende Regelung unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes und des Gleichheitsgrundsatzes für vertretbar, nachdem die gesetzliche Altersversorgung — vor allem dann, wenn sie, wie beim öffentlichen Dienst, mit einer weiteren gesetzlichen Versorgung zusammentrifft — seit der Rentenreform zu einer vollwertigen Altersversorgung geworden ist?
Sind der Bundesregierung Einzelfälle bekannt, aus denen hervorgeht, daß der Pfändungsschutz für die Rentenbezüge zur Vereitelung der Ansprüche von gutgläubigen privaten Darlehensgebern geführt hat?
Das von Ihnen, Herr Kollege Wagner, angesprochene Problem einer Änderung der Pfändungsvorschriften der Sozialversicherungsgesetze wird gegenwärtig in meinem Hause geprüft. Auf der Grundlage dieser Untersuchung ist eine Überarbeitung der diesbezüglichen Vorschriften mit dem Ziel einer Auflockerung des Vollstreckungsschutzes, wie sie heute auch unter sozialen Gesichtspunkten vertretbar erscheint, beabsichtigt. Die geltende Regelung über den Pfändungsschutz für Renten aus der Sozialversicherung ist nicht mehr ganz zeitgemäß, weil sich seit der Begründung des Pfändungsschutzes die Verhältnisse, insbesondere hinsichtlich Höhe und Funktion der Renten, wesentlich geändert haben.Zu dem von Ihnen erwähnten Gleichheitsgrundsatz möchte ich auf ein in diesem Zusammenhang sehr interessantes Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juli 1960 — Bundesverfassungsgerichts-Entscheidungen Band 11 Seite 283 — hinweisen. In diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht eine auf Artikel 3 des Grundgesetzes gestützte Verfassungsbeschwerde gegen § 76 des Angestelltenversicherungsgesetzes mit der Begründung zurückgewiesen, daß sich bei den Renten aus der Sozialversicherung ein Interesse an einer Zweckbindung der öffentlichen Mittel nicht verneinen lasse und die Gründe für einen- besonderen Schutz dieser Leistungen auch heute noch nicht völlig weggefallen seien. Dabei wurde in den Entscheidungsgründen die unterschiedliche Regelung der Pfändbarkeit öffentlicher Leistungen in anderen Rechtsbereichen eingehend gewürdigt.Zu Ihrer Frage nach Einzelfällen, Herr Kollege Wagner, in denen der Pfändungsschutz die Durchsetzung von Ansprüchen gutgläubiger Darlehensgeber vereitelt hat, kann ich sagen, daß so etwas in der Tat zuweilen vorkommt. Deshalb wird auch, wie ich bereits ausgeführt habe, eine Änderung der Pfändungsschutzvorschriften für die Renten aus der Sozialversicherung angestrebt.Der Vollständigkeit halber möchte ich aber hier noch erwähnen, daß bereits das geltende Recht einen gewissen Schutz für die Darlehensgläubiger vorsieht. Diese haben nämlich nach § 119 Abs. 2
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5015
Bundesminister Katzerder Reichsversicherungsordnung die Möglichkeit, vor Hingabe des Darlehens vom Rentenberechtigten die Abtretung seiner Rente, die mit Genehmigung des Versicherungsamtes zulässig ist, zu verlangen.
Zusatzfrage.
Herr Minister, können Sie heute schon angeben, wann voraussichtlich die von Ihnen erwähnte Überprüfung abgeschlossen sein kann?
Herr Kollege, Sie wissen, daß solche Terminangaben immer sehr schwierig zu machen sind. Ich bemühe mich, rechtzeitig eine Lösung zu bekommen. Ich möchte glauben, daß es möglich sein sollte, das im Jahre 1968 zu erreichen.
Keine weiteren Zusatzfragen. Damit ist der ,Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung erledigt.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Frage 72 des Abgeordneten Dr. Wörner:
Hält es die Bundesregierung für notwendig, Fahrern von Krankenwagen des Roten Kreuzes und bestimmter ähnlicher anerkannter Organisationen die gleichen Sonderrechte im Straßenverkehr einzuräumen, wie sie z. B. die Feuerwehr und die Zollfahndung nach § 48 Abs. 1 der Straßenverkehrs-Ordnung genießen?
Bitte sehr, zur Beantwortung!
Herr Staatssekretär Wittrock, herzlich willkommen in diesem Hause. Herr Staatssekretär, .als wir uns seinerzeit hier verabschiedet haben, saßen Sie da unten als Abgeordneter. Ich gratuliere zur Erhöhung,
aber noch mehr zur Rückkehr.
Bitte sehr, zur Beantwortung!
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Haben Sie herzlichen Dank, Herr Präsident.
Bitte sehr!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, diese Frage hatten Sie bereits ,im März gestellt, und sie war damals schriftlich beantwortet worden. Ich darf die Antwort, die Ihnen seinerzeit übermittelt worden ist, verlesen:
Die Führer von Krankenwagen dürfen sich im Straßenverkehr durch blaues Blinklicht und durch Einsatzhorn bemerkbar machen, wenn zur Rettung von Menschenleben höchste Eile geboten ist. Auf diese Zeichen hin müssen die anderen Fahrzeugführer sofort freie Bahn schaffen. Die Bundesregierung hält es im Interesse der
Verletzten und Schwerkranken nicht für geboten und im Hinblick auf die Verkehrssicherheit für nicht vertretbar, die Führer von Krankenwagen von allen Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung zu befreien. Der gleichen Ansicht sind die für den Verkehr zuständigen Landesbehörden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wenn ich auf der mündlichen Beantwortung bestand, so hatte das seinen Grund eben in der Möglichkeit jener Zusatzfragen, die ich jetzt zu stellen beabsichtige. Die erste Frage wäre: Ist der Bundesregierung bekannt, daß es bei ,der zunehmenden Dichte des Straßenverkehrs immer schwieriger, gelegentlich sogar unmöglich wird, unter Einhaltung der Verkehrsvorschriften so schnell, wie es eben zur Rettung von Menschenleben geboten ist, an Ort und Stelle zu kommen? Und wie soll nach ihrer Meinung der Fahrer dann reagieren?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die zunehmende Dichte im Straßenverkehr rechtfertigt es im Interesse der Sicherheit des Verletzten nicht, beispielsweise bei Rot die Ampel zu überfahren oder eine Straßenbahn links zu überholen. Denn gerade wegen der von Ihnen erwähnten größeren Dichte im Straßenverkehr wird in einer solchen Situation die Gefahr nicht nur für den Verletzten oder den Kranken, der transportiert wird, sondern auch für die übrigen Verkehrsteilnehmer ganz wesentlich erhöht. Es muß die Auffassung vertreten werden, daß dieses Gefahrenmoment nicht in Kauf genommen werden darf.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da es bekanntlich nicht nur eine Rückfahrt, sondern auch eine Hinfahrt ohne den Verletzten im Wagen gibt, möchte ich Sie einmal fragen, welche Überlegungen denn den Unterschied zwischen der Behandlung beispielsweise eines Wagens der Zollfahndung und eines Krankenwagens rechtfertigen, gerade angesichts der Gesichtspunkte, die Sie genannt haben, und angesichts der Tatsache, daß es sich bei dem einen um Sachwerte, bei dem anderen aber um Menschenleben handeln kann.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die Sonderrechte der Polizei und der Feuerwehr auf diesem Gebiet bestehen angesichts der gegebenen Straßen- und Verkehrsverhältnisse in tatsächlicher Hinsicht nur noch ganz beschränkt, denn der Fluß und der Abfluß im Straßenverkehr wird durch die harten Realitäten bestimmt. Ich räume ein, daß die von Ihnen angeschnittene Frage Anlaß zu erneuten berlegungen sein muß; das ist ohne weiteres zuzugestehen.
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5016 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967
Staatssekretär WittrockIm übrigen möchte ich ergänzend noch darauf hinweisen, daß dann, wenn wirklich Not am Mann ist und wenn es die Verkehrslage erlaubt, das höhere Rechtsgut, nämlich Schutz von Leben und Erhaltung von Gesundheit, es im Einzelfall auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung rechtfertigt, von einzelnen Bestimmungen, z. B. Geschwindigkeitsbeschränkungen nach der Straßenverkehrs-Ordnung, abzuweichen. Die Grundsätze über den übergesetzlichen Notstand bieten die Grundlage für praktische Lösungen.
Wir kommen zu der Frage 73 des Herrn Abgeordneten Büttner:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die französischen Eisenbahnen Familien eine Fahrpreisermäßigung in der Form gewähren, daß bei Bezahlung des vollen Fahrpreises für zwei Erwachsene jede weitere Person eine Ermäßigung von 75 Prozent — Kinder unter 10 Jahren von 87,5 Prozent — erhält, was bei sechs Familienmitgliedern einer Ermäßigung von 50 Prozent pro Person entspricht?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, der Bundesregierung sind diese Regelungen bekannt.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich dann fragen, ob in Aussicht genommen ist, ähnliche Regelungen auch für die Bundesrepublik zu treffen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, das ist mindestens zur Zeit aus mannigfachen Gesichtspunkten nicht beabsichtigt. Ich darf vielleicht zur Erläuterung auf folgendes hinweisen. Das von Ihnen erwähnte französische Tarifsystem .auf diesem Gebiet ist völlig anders geartet als die deutschen Regelungen, und zwar mit dem Ergebnis, daß — gemessen an dem, was bei uns gilt —die französischen Regelungen ihre Vor- und Nachteile haben. Entsprechendes gilt für unsere Regelungen.
Ich darf also beispielsweise darauf hinweisen, daß die französische Regelung nur dann gilt, wenn mindestens drei Kinder unter 18 Jahren vorhanden sind. Bei uns dagegen kommt es darauf an, daß die Jugendlichen als Unselbständige, also gewissermaßen zum Familienbereich gehörend betrachtet werden und nicht älter als 25 Jahre sind. An diesem Beispiel erkennen Sie die Unterschiedlichkeit der Struktur. Es kommt noch hinzu, daß beispielsweise nach dem sogenannten französischen Tarif für Gruppenfahrten von Familien die Ermäßigung nur dann eingeräumt wird, wenn wenigstens eine Entfernung von 300 km zurückgelegt wird. bei uns ist das anders. Bei uns ist in dieser Beziehung die Regelung großzügiger. Aus diesen unterschiedlichen — jeweils — Vor- und Nachteilen ist zu folgern, daß die Bundesregierung mindestens zur Zeit keinen Anlaß sieht, das bei uns praktizierte System zu ändern.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Büttner.
Herr Staatssekretär, dürfte ich Sie trotz dieser Auskunft bitten, aus familienpolitischen Gründen die von mir gestellte Frage noch einmal überprüfen zu lassen, weil ich mir nicht vorstellen kann, daß eine besondere Belastung der Bundesbahn dadurch eintreten könnte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Letzteres, Herr Abgeordneter, muß entgegen Ihrer Auffassung bejaht werden. Die Bundesbahn hat bereits gegen die heute bestehende Regelung Bedenken geäußert mit der Begründung, daß es nicht Sache der Bundesbahn sei, gewissermaßen Familienpolitik zu finanzieren und zu subventionieren. Nach meiner Meinung ist im übrigen angesichts der gegenwärtigen Situation der Bundesbahn aus diesem Bereich in dem von Ihnen angeschnittenen Punkt kein Entgegenkommen zu erwarten. Praktisch würde das bedeuten, daß im Wege einer Auflage nach § 16 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes der Bund diese Lasten übernehmen müßte, weil die Bundesbahn dazu gezwungen werden müßte, erweiterte Lasten auf diesem Gebiet zu tragen. Ob der Bundeshaushalt das verträgt, obliegt nicht meiner Beurteilung.
Frage 74 des Herrn Abgeordneten Picard. — Herr Abgeordneter Fritz, wollen Sie in die Bresche springen?
— Aus reiner Menschlichkeit? Oder hat er Sie darum gebeten?
Aus welchem Motiv auch immer, Sie sind dazu berechtigt. Die Fragen werden beantwortet.
Zunächst die Frage 74:
Wie weit sind die Planungen und sonstigen Vorarbeiten zum Ausbau der Bundesstraße 26 zwischen Darmstadt und Aschaffenburg gediehen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, darf ich, sofern der Herr Abgeordnete zustimmt, die beiden hier in Betracht kommenden Fragen 74 und 75 gemeinsam beantworten?
Ich rufe dann noch die Frage 75 des Herrn Abgeordneten Picard auf?
Wann ist mit dem Bau der Umgehungsstraße bei Roßdorf zu rechnen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, für die Straßenführung zwischen Darmstadt und Roßdorf ist die Vorplanung für eine Verlegung der B 26 im Gange. Eine Abstimmung mit der Stadt Darmstadt ist noch erforderlich.Dann weiter: Die Planungen für die Umgehungsstraße Roßdorf—Gundernhausen sind fast abgeschlossen. Die hessische Straßenbauverwaltung bereitet zur Zeit die baureife Planung und das
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5017
Staatssekretär WittrockPlanfestellungsverfahren vor, das noch in diesem Jahr eingeleitet werden soll.Für den Bereich östlich Gundernhausen sind Untersuchungen über einen eventuell auch hier notwendigen zweibahnigen Ausbau eingeleitet worden.Mit dem Bau der Umgehungsstraße RoßdorfGundernhausen ist voraussichtlich gegen Ende 1968 zu rechnen.
Keine Zusatzfrage. Fragen des Herrn Abgeordneten Dr. Prassler.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, gestatten Sie, sofern der Herr Abgeordnete Dr. Prassler zustimmt, daß ich die Fragen Nr. 76, Nr. 77 und Nr. 78 gemeinsam beantworte?
Ja, das können Sie. Wenn sie zusammenpassen, bitte sehr! — Ist das e i n Fragenkomplex, Herr Staatssekretär? Hier hat sich der „Fragenkapitalismus" eingebürgert. Man stellt drei Fragen, dann hat man von vornherein sechs Zusatzfragen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich habe deshalb gefragt.
Es ist zwar der gleiche Fragenkomplex. So ist das halt, und ich kann deshalb nicht die Geschäftsordnung ändern. Also drei Fragen werden beantwortet und dann sechs Zusatzfragen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Da somit das Recht des Abgeordneten auf viele Zusatzfragen tangiert ist, darf ich den Herrn Abgeordneten fragen, ob er einverstanden ist, daß ich die Fragen gemeinsam beantworte.
Ich rufe also die Fragen 76 bis 78 des Herrn Abgeordneten Dr. Prassler auf:
Ist damit zu rechnen, daß die 29 neuen und 12 geänderten Verkehrszeichen im Entwurf einer Straßenverkehrs-Ordnung dem internationalen Verkehrsrecht endgültig entsprechen?
Ist schon abzusehen, mit welchen Übergangsfristen ab Inkrafttreten der neuen Straßenverkehrs-Ordnung gerechnet werden kann?
Wie hoch sind voraussichtlich die finanziellen Auswirkungen durch das Inkrafttreten einer neuen Straßenverkehrs-Ordnung auf Bund, Länder und Gemeinden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, wieviel neue und wieviel geänderte Verkehrszeichen die neue, die künftige Straßenverkehrsordnung enthalten wird, kann heute noch nicht mit Sicherheit gesagt werden, weil die Beratungen auf nationaler und insbesondere auf internationaler Ebene noch nicht abgeschlossen sind. Vorgesehen ist, daß alle Verkehrszeichen in der neuen Straßenverkehrsordnung den international vereinbarten Regelungen entsprechen. Ich darf noch hinzufügen, daß im Oktober 1968 auf breitester internationaler Basis eine Weltkonferenz stattfindet. Wir werden abzuwarten haben — es ist zweckmäßig, das zu tun —, zu welchen Regelungen auf 'internationalem Gebiet man kommen wird. Die Dauer von Übergangsfristen wird je nach der Bedeutung der Verkehrszeichen abgestuft werden. Die längste Übergangsfrist wird voraussichtlich fünf Jahre sein.
Die finanziellen Auswirkungen der Einführung neuer oder geänderter Verkehrszeichen werden deshalb nicht sehr groß sein, weil die Mehrzahl dieser Verkehrszeichen im Zuge der laufenden Erneuerung ausgewechselt werden wird. Die durchschnittliche Lebensdauer eines Verkehrszeichens beträgt ungefähr fünf Jahre. Der Mehraufwand für die Neubeschilderung wird nach groben Schätzungen etwa ein Viertel des normalen Jahresaufwands, nämlich 5 Millionen DM, betragen, und zwar für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie 'in Ihrem Hause schon Hinweise darauf gegeben 'haben, daß geplante Verkehrszeichen heute schon aufgestellt werden — im Verkehrsblatt Heft 2/1966 —, wäre es da nicht möglich, daß solche Hinweise in Zukunft auch für die etwaige Außerkraftsetzung von Verkehrszeichen gegeben werden, die nach der internationalen Regelung in Zukunft nicht mehr 'benötigt werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich halte es — soweit es heute überschaubar ist — für durchaus erwägenswert und vernünftig, Ihre Anregung, Herr Abgeordneter, mit in Betracht zu ziehen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie es auch für denkbar, daß Übergangsvorschriften für die Verkehrszeichen mit nur geringfügiger Änderung frühzeitiger bekanntgegeben werden können? Denn daraus könnte die Möglichkeit hergeleitet werden, daß diese Verkehrszeichen unter Umständen gar nicht ausgewechselt werden müßten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das halte ich für möglich. Übergangsregelungen sind in den neuen Bestimmungen enthalten.
Eine weitere Zusatzfrage.
Ich darf aber dann noch einmal fragen: als Sie vorhin die Unsicherheit
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5018 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967
Dr. Prasslerwegen der noch bevorstehenden weltweiten Abkommen erwähnten, hatte ich den Eindruck, daß mit den neuen Verkehrsvorschriften jetzt kaum noch gerechnet werden kann. Wie beurteilen Sie das? Wann kann mit der Veröffentlichung gerechnet werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich sagte bereits: die Konferenz findet im Herbst 1968 statt, und dann kann endgültig gesagt werden, wieviel Verkehrszeichen zu ändern sind und wieviel — immer bezogen auf die Art der Verkehrszeichen — etwa neu eingeführt werden. Im Jahre 1969 wird dann völlige Klarheit bestehen. Sie können sicher sein, Herr Abgeordneter, daß, sobald hinreichende Klarheit gegeben ist, die Öffentlichkeit über das, was an Veränderungen zu erwarten ist, unterrichtet wird.
In diesem Zusammenhang darf ich sagen, daß keineswegs umwälzende Veränderungen des Straßenverkehrsrechtes auf diesem Gebiet zu erwarten sind. Wir sehen ein wesentliches Anliegen darin, die geltenden Bestimmungen lesbarer zu machen, zu vereinfachen. Selbstverständlich werden die Kraftfahrer über alles das, was es an Neuem ,gibt, rechtzeitig orientiert werden, aber nicht nur diese, sondern auch die gesamte Öffentlichkeit. Denn beispielsweise das Anbringen neuer Verkehrsschilder erfordert finanzielle Aufwendungen. Sie haben das Thema selbst angeschnitten. Es gibt nach einer privaten Schätzung in der Bundesrepublik 3 Millionen Verkehrszeichen im Wert von 100 Millionen DM. Es ist ganz klar, daß man bei Veränderungen alle Beteiligten rechtzeitig unterrichten muß, damit man sich darauf einstellen kann, wenn die Beträge im einzelnen auch relativ gering sind.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sehen Sie in Ihrem Hause eine Möglichkeit, gerade diese finanziellen Auswirkungen, die sich in tragbarem Rahmen halten, über die Länderministerien bis hinunter zu den Gemeinden in irgendeinem Erlaßwege so darzustellen, daß draußen die Sorge genommen werden kann, daß hier allzu hohe Kosten auf die Verkehrsträger zukommen könnten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich sagte, die Kosten werden sich für das Gebiet der Bundesrepublik schätzungsweise auf 5 Millionen DM im Jahr belaufen. Wenn man bedenkt, daß es sich um das gesamte Gebiet der Bundesrepublik handelt, muß man zugeben, daß die Einzelbelastung doch recht gering ist. Aber der Hinweis ist richtig, daß alle Betroffenen frühzeitig über Einzelheiten orientiert werden müssen.
Ich rufe die Frage 79 des Abgeordneten Fritsch auf:
Trifft es zu, daß auf den Bundesbahnstrecken München-
Bayerisch-Eisenstein und Deggendorf—Kalteneck ab Inkrafttreten des Sommerfahrplanes 1967 weitere Einschränkungen im Personenbeförderungsverkehr vorgesehen sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesbahn ist gehalten, ihr Angebot der Verkehrsnachfrage anzupassen. Die Deutsche Bundesbahn hat mitgeteilt, daß auf dem Abschnitt Zwiesel—Bayerisch-Eisenstein einige kaum besetzte Züge in verkehrsschwachen Stunden nicht mehr fahren. Die Verkehrszählungen haben ergeben, daß es nur in einem Fall erforderlich ist, eine Straßenbusfahrt als Ersatz einzulegen.
Auf der Strecke Deggendorf—Kalteneck werden die schwach besetzten Früh- und Spätzüge sämtlich durch Straßenbusse ersetzt.
Die Bundesbahn ist zu dieser Maßnahme allein deshalb gezwungen, weil das Platzangebot in den Zügen nicht ausgenutzt wird. Durch die dargestellten Maßnahmen erzielt die Bundesbahn einen beachtlichen Rationalisierungsgewinn. Ich betone: Durch den Einsatz von Omnibussen tritt keine Verschlechterung der Verkehrsbedienung ein.
Im übrigen, Herr Abgeordneter, bewegt sich die Bundesbahn bei den dargestellten Maßnahmen völlig im Bereich der eigenen Zuständigkeit, da es sich nicht um eine Streckenstillegung handelt.
Was hier geschieht, hat natürlich Einfluß auf die Fahrplangestaltung. In diesem Zusammenhang haben die Länder die Möglichkeit, ihre Stellungnahme abzugeben. Die Länder werden dazu gehört.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für vernünftig — ich denke dabei insbesondere an die Strecke Zwiesel—BayerischEisenstein, die bis unmittelbar an die Landesgrenze herangeht —, daß man ein Zugpaar auf einer Entfernung von 10 km nicht mehr fahren läßt? Zu bedenken ist der Umstand, den die Reisenden, insbesondere die Pendler und diejenigen, die BayerischEisenstein im Rahmen des Fremdenverkehrs besuchen, hinnehmen müssen durch das nachteilige Umsteigen. Dabei ist hinzuzusetzen, daß sich die Bundesstraße 11 nicht in einem Zustand befindet, bei dem sie mit Omnibussen befahren werden kann.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, Sie stellen die Frage, ob ich das für vernünftig halte. Ich glaube, die hier getroffenen Maßnahmen sind wohl ausgewogen. Gewiß hat jede Entscheidung ihre zwei Seiten. Aber Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Bundesbahn — ich denke beispielsweise an die Wirtschaftlichkeit im Personaleinsatz —, aber auch die Gesamtsituation der Bundesbahn, die ja den Hintergrund all dieser Überlegungen bildet, haben diese Maßnahmen als sinnvoll erscheinen lassen. Dabei muß ich betonen, daß den Belangen des Publikums, denen die Bundesbahn primär verpflichtet ist, durch den dargestellten Omnibuseinsatz selbstverständlich entsprochen werden soll.
Meine Damen und Herren, ich ,plädiere dafür, daß jetzt etwas straf-
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5019
Präsident D. Dr. Gerstenmaierfer verfahren wird. Wir haben noch nicht einmal die Hälfte der Fragen beantwortet. Heute ist Freitag, und ich möchte, daß möglichst viele Kollegen hier eine mündliche Antwort bekommen. Wir müssen die Sache etwas straffen; Zusatzfragenrecht hin, Zusatzfragenrecht her; jetzt geht es weiter. Es kommen die Fragen des Herrn Abgeordneten Dröscher. — Meine Herren, ich bitte, sich auf das Minimum und auf das Notwendige an Zusatzfragen zu beschränken.Die Fragen 80 und 81 des Herrn Abgeordneten Riegel wurden zurückgezogen.Ich rufe die Frage 82 des Herrn Abgeordneten Dröscher auf:Hält es die Bundesregierung für möglich, Vorschriften zu' erlassen, nach welchen Autoherstellern vorgeschrieben wird, die Stoßstangen in gleicher Höhe anzubringen, um damit die ständigen Unfallschäden durch Auffahren zu verringern?Herr Staatssekretär, zur Beantwortung der Frage des Herrn Abgeordneten Dröscher.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, diese Frage ist hier wiederholt gestellt und auch in Kleinen Anfragen aufgeworfen worden. Ich kann nur das wiederholen, was früher ausgeführt wurde: die Bundesregierung sieht keinen Anlaß, 'auf diesem Gebiet eine Regelung zu treffen.
Zusatzfrage? — Keine Zusatzfrage.
Die nächste Frage, die Frage 83, des Herrn Abgeordneten Dröscher:
Wie hoch ist der durchschnittliche Jahresreingewinn der Tankstellen an den Bundesautobahnen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, es handelt sich um selbständige Unternehmer. Die Umsätze sind zwar bekannt, nicht aber die Reingewinne, die erzielt werden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, wenn ich unterstelle, daß bei der monopolartigen Stellung der Tankstellen an den Bundesautobahnen, die ja nur auf große Entfernungen anzutreffen sind, sehr hohe Jahresgewinne erzielt werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, Herr Abgeordneter.
Zweite Zusatzfrage.
Wie kommt es, Herr Staatssekretär, daß mehrere solcher Tankstellen in einer Hand sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das ergibt sich wahrscheinlich aus der
jeweiligen Vertragssituation. Diese Frage kann ich nur schriftlich beantworten, weil ich die Zusammenhänge bezüglich des Abschlusses eines solchen Pachtvertages nur nach vorherigen Erhebungen darstellen kann.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmidt .
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Meinung, daß die beachtlichen Umsätze der Bundesautobahntankstellen in keiner Weise mit den Durchschnittsumsätzen der üblichen Tankstellen verglichen werden können?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich räume ein, daß hier völlig differenzierte Verhältnisse bestehen. Ich kann nur sagen, daß die Umsätze der Tankstellen je nach Standort völlig unterschiedlich sind.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ott.
Herr Staatssekretär, in welcher Weise werden die Pachten bei den Tankstellen an den Bundesautobahnen berechnet? Sind das feste Pachten oder Umsatzpachten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es handelt sich um Umsatzpachten.
Eine Sekunde! An sich war die Frage gar nicht zulässig, weil sie in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Hauptfrage stand. — Weiter geht es: Frage 84 des Abgeordneten Eckerland:
Welche Auswirkungen hat die Planung einer Bundesautobahn zwischen dem Ruhrgebiet und Emden auf die Finanzierung und den Bau des Abschnitts Recklinghausen—Münster der EB 51?
Herr Staatssekretär, zur Beantwortung!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, es gibt keine Auswirkungen. Die Planung einer Bundesautobahn Ruhrgebiet—Ostfriesland hat keine Auswirkung auf die Finanzierung des Baues der EB 51.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, Ihrer Antwort entnehme ich, daß diese Straße baldigst weitergebaut wird bis zum Anschluß an die HansaLinie bei Münster, zumal damit die äußerst schwierige Verkehrssituation des betroffenen Raumes und eines großen Teiles des Ruhrgebietes verbessert wird. Ich frage Sie daher: Wann wird mit dem Bau des genannten Teilabschnitts der EB 51 begonnen und wann und in welcher Höhe werden die ersten Anlaufmittel bereitgestellt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, nach dem derzeiti-
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5020 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967
Staatssekretär Wittrockgen Stand der Überlegungen werden namhafte Beträge für die Straße nördlich von Recklinghausen erst im Jahre 1971 verfügbar sein. Falls im Einzelfall vorbereitender Grunderwerb früher getätigt werden müßte, stehen hierfür allerdings Mittel zur Verfügung.
Dann die Fragen 85, 86 und 87 des Herrn Abgeordneten Schlee:
Hat die Bundesregierung die Tatsache der seit Oktober 1966 bestehenden zusätzlichen fiskalischen Belastung deutscher Transportunternehmer in Spanien zum Anlaß neuer Beratungen mit den zuständigen Ministerien der spanischen Regierung genommen, insbesondere in der Richtung, auf der Grundlage der Gegenseitigkeit die Beseitigung der Belastung durch Kraftfahrzeugsteuer zu erreichen?
Hat die Bundesregierung, nachdem nunmehr deutsche Transportfahrzeuge, die den neuen spanischen Vorschriften über die höchstzulässige Länge von 14 m nicht mehr entsprechen, an der spanischen Grenze zurückgewiesen wurden, Verhandlungen mit der spanischen Regierung eingeleitet, um entweder die bisherige Regelung einer Duldung der längeren deutschen Lastzüge zu erhalten oder eine Übergangsregelung bis zur Anpassung des deutschen Fahrzeugparks an die neue Lage zu erreichen?
Hat die Bundesregierung im Rahmen der deutsch-französischen Zusammenarbeit die französische Regierung auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die sich für den deutschen Güterkraftverkehr wegen der Verminderung der in Frankreich zulässigen Nutzlast der eingesetzten Fahrzeuge von 38 t auf 35 t ergeben, insbesondere im grenzüberschreitenden Güterverkehr nach Spanien und in dem damit häufig verbundenen Zwischenverkehr mit Frankreich, und erwogen, etwa die deutsche Toleranz in bezug auf die Zulassung der Überladung französischer Fahrzeuge bis zu 10 0/o und in bezug auf die Anerkennung der 13-t-Achslast französischer Fahrzeuge aufzuheben?
Die Fragen werden übernommen von Herrn Abgeordneten Ott.
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, in Spanien wird für alle Lkw-Beförderungen eine sogenannte Transportkoordinierungssteuer erhoben. Diese ist durch einen spanischen Erlaß im Herbst vergangenen Jahres für die Beförderungen mit ausländischen Kraftfahrzeugen auf die Sätze angehoben worden, die bisher nur für Beförderungen mit spanischen Fahrzeugen galten. Die Bundesregierung wird bei den nächsten bilateralen Verhandlungen mit Spanien die Möglichkeit eines gegenseitigen Steuerbefreiungsabkommens erörtern.
Keine Zusatzfrage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die nächste Frage beantworte ich wie folgt. Es ist richtig, daß in Spanien die höchstzulässige Lastzuglänge 14 Meter beträgt, jedoch kann beim spanischen Verkehrsministerium gegen eine Gebühr von 500 Pesetas eine Jahressondergenehmigung für Lastzüge bis zu einer höchstzulässigen Länge von 16,5 Metern beantragt werden.
Die Bundesregierung beabsichtigt, bei den nächsten Verhandlungen die Frage der höchstzulässigen Länge für deutsche Lastzüge in Spanien erneut zu erörtern.
Zusatzfrage,
Herr Staatssekretär, ist der deutschen Wirtschaft bekannt, daß diese Genehmigung auf Antrag erteilt wird? •
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja, das ist bekannt.
Nächste Frage!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung verspricht sich zur Zeit von Verhandlungen mit Frankreich mit dem Ziel einer Zulassung des 38-Tonnen-Lastzuges gegenüber der jetzt zulässigen Nutzlast von 35 t keinen Erfolg. Es ist jedoch veranlaßt, daß die Einhaltung der deutschen Vorschriften über die höchstzulässigen Achslasten und über die Gesamtgewichte bei französischen Fahrzeugen genauso wie umgekehrt die Einhaltung der nationalen Vorschriften auf französischer Seite kontrolliert wird und daß Verstöße, insbesondere gegen die zulässige Achslast, verfolgt werden.
Keine Zusatzfrage.
Dann die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Josten:
Wie soll in Zukunft sichergestellt werden, daß Käufer von neuen oder gebrauchten Wagen ihr bisheriges Fahrzeug ordnungsgemäß verkaufen oder bei einem Altwarenhändler abliefern, statt dieses irgendwo als Autowrack abzustellen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, das geltende Verkehrsrecht kennt keine Eingriffsmöglichkeiten der von Ihnen genannten Art.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, sind Sie denn in Ihrem Hause der Meinung, daß die Bundesregierung in Verbindung mit den Ländern gesetzgeberische Maßnahmen einleiten müßte?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Innenminister der Länder haben sich im vergangenen Jahr mit dieser Frage befaßt. Die Innenminister sind zu dem Ergebnis gekommen, daß keine gesetzlichen Regelungen zu treffen sind. Es besteht die Auffassung, daß es eine Sache der Raumordnung ist, die auch im kommunalen Bereich angepackt werden muß. Ob die weitere Entwicklung neue Perspektiven für die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung eröffnet, vermag heute noch niemand zu sagen. Die Position der Innenminister habe ich Ihnen dargestellt; die Bundesregierung sieht bei dieser Sachlage keinen Anlaß zu weiteren Regelungen.
Zweite Zusatzfrage.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5021
Herr Staatssekretär, wären Sie von Ihrem Hause aus bereit, darauf hinzuwirken, daß diese Maßnahmen mit der „Länderarbeitsgemeinschaft Abfallbeseitigung" abgestimmt werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das ist zu erwägen. Ich werde die Anregung prüfen lassen, ob hier die von Ihnen erwähnte Arbeitsgemeinschaft mit eingeschaltet werden kann.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich rufe die Fragen aus der Zusatzliste aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr auf, zunächst die Frage Nr. 110 des Abgeordneten Cramer:
Ist der Bundesregierung der gegenwärtige schadhafte Zustand der Nordostmole der ehemaligen 1. Hafeneinfahrt in Wilhelmshaven bekannt?
Die Frage wird übernommen von Herrn Abgeordneten Büttner.
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Darf ich die Fragen 110 und 111 gemeinsam beantworten?
Dann rufe ich auch die Frage 111 auf:
Was soll geschehen, um Gefahren für die im Nassau-Hafen in Wilhelmshaven liegenden Privatfahrzeuge, die Forschungsfahrzeuge des Senckenberg-Instituts, die Fahrzeuge der Krabbenfischer, das dort stationierte Rettungsboot sowie die Fahrzeuge der Wasserschutzpolizei abzuwehren?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, der Zustand ist bekannt. Die Gefahrenabwehr ist eine Angelegenheit des Landes Niedersachsen. Es ist nämlich Eigentümer des Hafens.
Zusatzfrage.
Darf ich fragen, ob und welche Möglichkeiten die Bundesregierung hat, im Einvernehmen mit dem Land Niedersachsen doch etwas zu unternehmen, weil die Gefahr so groß ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nur den Weg der Verhandlungen, und Verhandlungen werden ständig geführt.
Sind zur Zeit Verhandlungen im Gange?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es ist darüber verhandelt worden, und die Verhandlungen sind bisher zu keinem abschließenden Ergebnis gekommen. Ich darf also annehmen, daß die Verhandlungen als im Gange befindlich anzusehen sind.
Dann die Frage 112 des Herrn Abgeordneten Cramer:
Hält die Bundesregierung es für ausreichend, daß die gesamte Menge von 52 770 Liter Bekämpfungsmittel gegen Ölverschmutzung der Seewasserstraßen ausschließlich in Cuxhaven lagert?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Lagerung in Cuxhaven ist richtig und zweckmäßig.
Zusatzfrage.
Ist es für den Fall einer Ölkatastrophe, wie sie jetzt in Dangast passiert ist, nicht zweckmäßiger, daß diese Abwehrmittel auf verschiedene Stellen verlagert werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung hält den jetzigen Aufbewahrungsort Cuxhaven für so zentral, daß dies die zweckmäßigste Lösung ist. Ich räume ein, daß die Erfahrungen der letzten Monate Anlaß zu einer ständigen Überprüfung des Problems der Lagerung, d. h. des wirkungsvollsten Einsatzes geben.
Zweite Zusatzfrage.
Darf ich mit Rücksicht auf die Frage, die ich für einen Kollegen übernommen habe, annehmen, daß an Hand des konkreten Beispiels in eine erneute Überprüfung eingetreten wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Jawohl, Herr Abgeorndeter.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Ich rufe die Fragen 88 und 89 des Herrn Abgeordneten Hilbert auf:
Ist es richtig, daß das Bundespostministerium in letzter Zeit Aufträge über Lieferung von 100 000 fm Mastenholz aus Polen gegeben hat?
Falls die Frage 88 mit ja beantwortet wird, hält es die Bundesregierung für richtig, daß der Deutschen Bundespost ein größerer Betrag aus dem Investitionshaushalt zur Belebung der deutschen Wirtschaft zur Verfügung gestellt wurde und diese dann Aufträge an ausländische Lieferanten vergibt?
Zur Beantwortung!
— Die Frage wird übernommen. Bitte sehr!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Deutsche Bundespost kauft kein Rohholz ein, sondern beschafft nur fertig imprägnierte Leitungsmasten. Die Aufträge werden nach den allgemeinen Grundsätzen der Bundesregierung, d. h. im Wettbewerb nach erfolgter Ausschreibung, erteilt, und zwar nur an deutsche Imprägnierwerke und Holzhändler. Solche Aufträge an ausländische Lieferanten wurden von der Deutschen Bundespost nicht erteilt.
Metadaten/Kopzeile:
5022 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist dann nicht richtig, was in der zweiten Frage angesprochen ist, daß 100 000 fm aus polnischen Beständen mit Mitteln des Investitionshaushalts beschafft wurden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, das ist nicht richtig. Aus dem Investitionshaushalt sind keine Masten beschafft worden. Die Masten, die wir dieses Jahr beschafft haben, sind vorher beschafft worden, in den ersten Monaten des Jahres 1967, und zwar mit einem Gesamtbestand von 43 000 fm. Für diese Aufträge stellen die Imprägnierwerke auch 7400 fm — das sind ungefähr 17 v. H. — Rohhölzer bei, die aus Polen oder — und zwar überwiegend — aus Gebieten kommen, die zur Zeit unter polnischer Verwaltung stehen.
Ich rufe die Fragen 90, 91 und 92 des Herrn Abgeordneten Spitzmüller auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß das Deutsche Rote Kreuz einen Großteil der Notfall- und Krankentransportwagen mit Funkgeräten ausgerüstet hat, um sowohl für den Einsatz dieser Fahrzeuge als auch für die rechtzeitige Information von Krankenhäusern über die auf dem Transport befindlichen Patienten über schnellste Informationsmöglichkeiten zu verfügen?
Trifft es zu, daß die Deutsche Bundespost für den Funkverkehr eine so einschneidende Gebührenerhöhung vorsieht, daß dem Deutschen Roten Kreuz nichts übrig bleibt, als die in Frage 90 erwähnten Funkgeräte wieder auszubauen und zu verkaufen?
Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, bei der Deutschen Bundespost sicherzustellen, daß für den Funkverkehr der Notfall- und Krankentransportfahrzeuge des Deutschen Roten Kreuzes die Gebührensätze auf dem bisherigen Stand verbleiben?
Die Fragen werden übernommen. Zur Beantwortung!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Bundesregierung 'ist bekannt, daß das Deutsche Rote Kreuz rund 2000 Fahrzeuge, die für den Unfallrettungsdienst und für Krankentransporte benötigt werden, mit Sprechfunkanlagen für den nichtöffentlichen beweglichen Landfunk ausgerüstet hat. Die in den Fahrzeugen des Deutschen Roten Kreuzes eingebauten Funkanlagen sind von einer Gebührenerhöhung nicht betroffen. Wohl aber unterliegen ab 1. September 1966 die festen Funkverbindungen, die das Deutsche Rote Kreuz im Rahmen und auf Frequenzen des beweglichen Funkdienstes betreibt, einer Erhöhung der Genehmigungsgebühren. Im Hinblick auf die besondere betriebliche Arbeitsweise der Funkstellen des Deutschen Roten Kreuzes wird zur Zeit in Verhandlungen mit dem Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes eine Regelung vorbereitet, die den Belangen des Deutschen Roten Kreuzes und anderer vergleichbarer Bedarfsträger Rechnung tragen wird.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, muß Ihrer Antwort entnommen werden, daß die Berichterstattung des „Deutschen Ärzteblattes" vom 8. April 1967 die Situation zu pessimistisch eingeschätzt hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Diese Berichterstattung liegt mir nicht vor; sie ist mir nicht bekannt. Ich kann nur sagen, daß die Verhandlungen mit dem Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes einen zufriedenstellenden Abschluß der Angelegenheit erwarten lassen.
Frage 93 der Abgeordneten Frau Freyh:
Welche Absichten hat die Bundesregierung, um im Bereich der Oberpostdirektion Frankfurt die seit Jahren für notwendig erachtete Verbesserung des Paketumschlags bzw. des Paketzustelldienstes zu erreichen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wie für viele andere Bereiche des Bundesgebietes, so wird auch für den Bereich der Oberpostdirektion Frankfurt am Main alles getan, um eine Verbesserung des Palhetumschlags bzw. des Paketzustelldienstes zu erreichen. Durch eine Reihe organisatorischer und betrieblicher Maßnahmen wurde der Arbeitsablauf im Paketdienst vereinfacht und beschleunigt. Soweit möglich, wurde versucht, durch den Einsatz technischer Einrichtungen die Arbeitsbedingungen günstiger zu gestalten.
Eine durchgreifende Besserung läßt sich aber nur durch großzügige bauliche Maßnahmen erzielen. Nur entsprechend dimensionierte Neubauten sind auch für den Einbau moderner, leistungsfähiger Paketförder- und -verteilanlagen geeignet. Einer raschen Verwirklichung dieser Vorhaben stehen die Schwierigkeiten bei der Beschaffung des erforderlichen Baugeländes im Kern der Städte und bei der Bereitstellung des notwendigen Kapitals entgegen.
Trotzdem sind aber in vielen großen und kleineren Städten des Oberpostdirektionsbezirks Frankfurt am Main und in der Stadt Frankfurt am Main selbst Neubauten für Postämter im Gange oder in der Planung. Die Deutsche Bundespost bleibt auch hier bemüht, gerade die bei den raumaufwendigen Paketdienststellen auftretenden Schwierigkeiten Zug um Zug zu beseitigen, die Betriebsgüte zu verbessern und für die Paketsendungen möglichst gute Laufzeiten zu erhalten.
Falls Sie es wünschen, Frau Abgeordnete, darf ich Ihnen eine Zusammenstellung über die im Gange befindlichen und geplanten Bauvorhaben im Bezirk der Oberpostdirektion Frankfurt am Main überlassen, da ein Verlesen dieser umfangreichen Aufstellung die hier verfügbare Zeit überschreiten würde.
Zusatzfrage!
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5023
Darf ich zunächst einmal antworten, daß ich diese Zusammenstellung gerne erhalten würde. Ich möchte aber nun noch konkret die Zusatzfrage stellen: Es ist also nicht damit zu rechnen, daß das Paketumschlagamt am Hauptbahnhof in Frankfurt, das ja auch eine zentrale Funktion haben sollte, in absehbarer Zeit errichtet werden kann?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir sind auch hier dabei. Ich darf zuerst gerade diese spezielle Frage beantworten. In Frankfurt wird mit dem Neubau eines zweiten Paketzustellamtes im Nordosten demnächst begonnen. Am Hauptbahnhof sind westlich und östlich der Hafenstraße Neubauten für den Postbahnhof, die Postämter 9 — Paketumschlag —, 8 — Paketzustellung — und 2 geplant. Geschätzte Baukosten 230 Millionen DM. Diese Baumaßnahmen setzen die Verlegung des Eilgutbahnhofs der Deutschen Bundesbahn voraus; sie wird voraussichtlich im Jahre 1969 beendet sein.
Meine Damen und Herren, ich muß zu meinem Bedauern jetzt abbrechen. Die Fragestunde ist vorüber. Alle nicht mehr behandelten Fragen werden, soweit sie nicht zurückgezogen sind, schriftlich beantwortet. Alle Fragen auf Drucksache V/1677 werden schriftlich beantwortet.
Bevor ich in der Tagesordnung fortfahre, möchte ich noch folgendes sagen. Gestern ist die Aussprache über das Sachverständigengutachten nicht abgeschlossen worden. Es besteht die Absicht, nach Abwicklung der übrigen Punkte der Tagesordnung darauf zurückzukommen, falls das Wort dann noch gewünscht wird.
Herr Abgeordneter Rasner, Sie haben den Wunsch geäußert, Punkt 5 der Tagesordnung um 11 Uhr aufzurufen?
— Aber ich denke, Ihr Motiv ist entfallen?
— Der Minister ist noch nicht da.
Dann rufe ich Punkt 6 der Tagesordnung auf:
a) Erste Beratung des von der Budesregierung eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes
— Drucksache V/1449 —
b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes
— Drucksache V/1450 —
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung schlägt Ihnen vor, den Art. 95 des Grundgesetzes zu ändern. In Art. 95 des Grundgesetzes ist davon die Rede, daß zur Wahrung der Einheit des Bundesrechts ein Oberstes Bundesgericht etabliert werden soll. Wir haben bekanntlich fünf Zweige von Gerichtsbarkeiten, deren jeder in letzter und höchster Instanz bei einem Bundesgericht ausläuft. Diese fünf letztinstanzlichen Bundesgerichte sind der Bundesgerichtshof in Karlsruhe für Zivil- und Strafsachen, das Bundesarbeitsgericht in Kassel, das Bundessozialgericht in Kassel, das Bundesverwaltungsgericht in Berlin und der Bundesfinanzhof in München. Zwischen diesen fünf obersten Gerichten sind Unterschiede bei grundsätzlichen Rechtsfragen möglich. Bisher haben sich deren 29 Fälle ergeben, die in der Anlage zur Drucksache V/1450 im einzelnen aufgeführt sind.Die Verfasser des Grundgesetzes haben sich damals vorgestellt, daß zur Behebung unterschiedlicher Urteile oder Rechtsauffassungen ein Oberstes Bundesgericht über diese fünf Bundesgerichte gesetzt werden sollte. Diese Auffassung ist unpraktisch. Zunächst einmal ist festzustellen, daß unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen den fünf Bundesgerichten nur selten vorgekommen sind. Aus der Liste, auf die ich schon hinwies, ergibt sich, daß es bisher 29 solcher Fälle gab, mit anderen Worten: etwa zwei Fälle im Jahr. Ferner ist zu bedenken, daß dann, wenn eine unterschiedliche Rechtsauffassung bereinigt werden muß, aus den vorliegenden Prozessen eben nur diese eine Teilfrage zur Bereinigung steht, während der gesamte übrige Streitstoff bei dem Gericht verbleibt, in dessen Rechtszweig er sich entwickelt hat.Bei dieser geringen Zahl von Unterschiedlichkeiten ist nach Auffassung der Bundesregierung kein Oberstes Bundesgericht als ein völlig neuer zusätzlicher Gerichtshof nötig. -Die Bereinigung von unterschiedlichen Rechtsfragen kann einfacher dadurch gelöst werden, daß ein sogenannnter Gemeinsamer Senat gebildet wird, und zwar aus den fünf Chefpräsidenten der fünf Bundesgerichte und je zwei weiteren Richtern aus den Senaten der beiden Gerichte, zwischen denen eine unterschiedliche Rechtsauffassung aufgekommen ist. Der Gemeinsame Senat würde also in der Regel aus neun Richtern bestehen. Sind dagegen — ganz ausnahmsweise kommt das nur vor — an der unterschiedlichen Rechtsauffassung mehr als zwei Bundesgerichte beteiligt, etwa drei,. so kann der Gemeinsame Senat auf elf Richter erweitert werden.Ein Oberstes Bundesgericht also, so schlägt die Bundesregierung vor, wollen wir nicht einrichten, sondern eben nur diesen Gemeinsamen Senat. Damit verbindet sich dann aber auch eine Änderung in der Bezeichnung der Gerichte. Der Titel „Ober-
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5024 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967
Bundesminister Dr. Dr. Heinemannstes Bundesgericht" wird frei, und die fünf Gerichte, die unter Umständen mit widersprüchlicher Rechtsauffassung dastehen, können oberste Bundesgerichte von sich aus werden.Unverändert bleibt die Position des Bundesverfassungsgerichts. Das im einzelnen weiter darzulegen, dürfte sich erübrigen.Damit, meine verehrten Damen und Herren, habe ich Ihnen die Grundzüge der Drucksache V/1449 dargestellt. Die andere Drucksache regelt nur alles das, was mit Geschäftsordnung, mit dem Antragswesen und dergleichen zusammenhängt. Daran ist nichts Sonderliches.Nur eine Frage will ich hier ansprechen, weil sie wahrscheinlich in der Diskussion aufkommen wird. Es ist beabsichtigt, diesen Gemeinsamen Senat bei dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe zu etablieren, also bei dem Gericht, das die ordentliche Rechtsprechung judiziert. Auf die Frage, ob dieser Gemeinsame Senat nicht etwa nach Berlin gelegt werden sollte, möchte ich schon jetzt antworten, daß das um deswillen keine gute Sache wäre, weil damit nur rein optisch etwas für Berlin getan werden würde, aber nichts Sachliches. Der Gemeinsame Senat ist keine neue Behörde an sich. Er besteht, wie ich vorhin sagte, aus Richtern der bestehenden Gerichtshöfe und tritt allenfalls zweimal im Jahre zusammen. Es würde damit also Berlin sicherlich nichts zugewendet werden. Soviel wird auch immer Berlin schulden — dies hier wäre nur eine optische Maßnahme, aber nichts Reales. Das Normale sollte sein, daß dieser Gemeinsame Senat an den Gerichtshof angelehnt wird, von dem einmal alle Rechtsprechung sich entwickelt hat, nämlich bei dem Gerichtshof der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Deshalb also die Absicht, ihn in Karlsruhe amtieren zu lassen in den wenigen Fällen, in denen er überhaupt Recht zu sprechen haben wird.
Ich danke dem Herrn Bundesjustizminister für die Einbringung der Vorlage. Wenn ich recht verstanden habe, ist es am zweckmäßigsten, die Aussprache über beide Vorlagen zu verbinden. Ich eröffne die Aussprache über beide Vorlagen. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Güde.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich folge der Anregung des Herrn Präsidenten, indem ich zu beiden Vorlagen, die zusammengehören und eine Einheit bilden, Stellung nehme.Auf den ersten Blick sind die beiden Vorlagen glatt und perfekt. Erst wenn man näher zusieht, erkennt man, daß doch bedeutsame Probleme darin stecken. Bedeutsam ist die Vorlage schon deswegen, weil das Grundgesetz geändert wird und eine Grundgesetzänderung uns eigentlich immer zwingt, zu schauen, wohin die Änderung eines ursprünglichen Planes zielt. Aber es lohnt sich hier auch, genauer zuzusehen und sich bewußt zu machen, welches denn die ursprüngliche Konzeption hinter dem Art. 95 war und was aus ihr jetzt wird.Der Verfasser, der auctor des Art. 95, der langjährige Staatssekretär im Bundesjustizministerium Walter Strauß, hat sich vor Jahren — im Jahre 1956 — hier in diesem Hause dazu bekannt, daß er der Vater dieses unglücklichen Kindes sei, und hat auch seine Motive genannt. Ihm schwebte nicht nur ein Divergenzgericht vor, sondern ein wirklich oberstes einheitliches Bundesgericht statt der Aufspaltung in fünf obere Bundesgerichte. Erst als diese Vorstellung sich im Parlamentarischen Rat nicht durchsetzte, blieb als Kompromiß der jetzige Art. 95 mit dem Gedanken, oberhalb der fünf oberen Bundesgerichte irgendeine Art von — sagte Strauß — letztem Gericht, von letzter Entscheidung einzuführen. Noch im Kompromiß des Art. 95 wurde dieses Oberste Bundesgericht als Repräsentant der rechtsprechenden Gewalt, der Dritten Gewalt angesprochen, und es wurde ihm eine integrierende Wirkung auf Recht und Staat zugeschrieben.Nun, die gegenwärtige Vorlage bedeutet die Streichung dieser Vorstellung und die Ersetzung des so hoch gezielten Obersten Bundesgerichts durch einen Koordinierungsmechanismus nach Art eines Großen Senats, so wie das Gerichtsverfassungsgesetz einen Großen Senat für den Ausgleich von Divergenzen zwischen den Entscheidungen mehrerer Senate an einem Gericht geschaffen hat.Ich will gleich sagen, ich bin mit dem Herrn Bundesjustizminister in der Grundkonzeption durchaus einig. Diese Lösung, die den bisherigen Verfassungsauftrag des Art. 95 beseitigt, ist sachgemäß und praktikabel, praktisch, kann man sagen. Sie entspricht ja auch — und es ist nicht unnütz das zu erwähnen — der einstimmigen Meinung der Gerichte selbst und weithin, trotz mancher Kritik, der juristischen öffentlichen Meinung, wenn man von einer solchen sprechen darf.Trotzdem muß man den Schrumpfungsprozeß gegenüber der ursprünglichen Konzeption, der hier sichtbar wird, zu deuten suchen. Die Aufspaltung in die fünf oberen Bundesgerichte, die — ich glaube, auch dem kann man zustimmen — jetzt oberste Bundesgerichte heißen sollen, mag man bedauern, aber sie ist wohl nicht wieder rückgängig zu machen. Sie ist eine Tatsache geworden, und die Rechtspflegeministerien, zu denen ich nachher noch ein Wort sagen werde, wären keine Aufhebung dieser Aufspaltung.Diese Aufspaltung ist ja auch nicht von ungefähr gekommen. Ich erinnere mich über lange Jahrzehnte hinweg eines Wortes, das ich bei Max Weber gelesen habe, ich glaube, in „Wirtschaft und Gesellschaft". Da prophezeit Max Weber dem Recht ein nach seiner Meinung unvermeidliches Schicksal. Er sagt: Man wird das jeweils geltende Recht zunehmend werten als einen rationalen, jederzeit zweckrational umzuschaffenden, jeder inhaltlichen Heiligheit entbehrenden, technischen Apparat. In der Tat ist in den anderthalb Menschenaltern, seit Max Weber das in „Wirtschaft und Gesellschaft" geschrieben hat, Recht in der Art des von Max Weber vorausgesagten Rechts in großer Fülle geschaffen worden. Man ist versucht, zu sagen: Recht von der Art einer Bedienungsanweisung für die Sozialapparatur, richtig, wenn es seinen Zweck erfüllt, nicht mehr richtig
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5025
Dr. h. c. Güdeund durch richtigeres zu ersetzen, wenn das neue seinen Zweck besser erfüllt. Das ist natürlich nicht das „gute alte Recht" und schon gar nicht das „heilige Recht", von dem in früheren Jahrhunderten und noch Jahrzehnten gesprochen worden ist. Das Recht solcher Art führt oder verführt zu einer aufspaltenden Spezialisierung auf die mehreren Modelle technischer Apparatur.Aber im Zuge der gleichen Entwicklung hat die Ausbreitung jener Art von Funktionsrecht die Notwendigkeit bewußt gemacht, diese neue Art von rational-technischen Normen am Maß der rechtlichen Grundwerte, an einem rechtlichen Grundkern, zu messen und zu orientieren. Und aus dieser Perspektive, scheint mir, muß man das Problem der zu wahrenden Rechtseinheit sehen und vielleicht vertiefen. Die aufgespaltenen Gerichtsbarkeiten bedürfen, vielleicht noch nicht jetzt an diesem Tag, aber auf lange Sicht, der stärkeren Sicherung und Wahrung des gemeinsamen, grundlegenden Rechts. Wenn man es so sieht, dann braucht die Neufassung der Konzeption des Grundgesetzes den ursprünglichen Sinn keineswegs zu verleugnen oder zu verlieren, man muß nur versuchen, gegenüber dem Schein der Minimalisierung, den die Grundgesetzänderung jetzt annimmt, diesen Sinn zu betonen, herauszuheben und festzuhalten. Die Einrichtung eines Gemeinsamen Senats zwischen den fünf obersten Gerichtshöfen setzt in Wirklichkeit voraus, daß diese eine zusammengehörende Einheit sind, in der Divergenzen durch eine gemeinsame Einrichtung ausgeglichen werden können; das ist nur auf der Grundlage einer geistigen Einheit möglich. So erscheinen die obersten Gerichtshöfe eigentlich in ihrer Gesamtheit als das Oberste Bundesgericht.Dabei ist zu überlegen, ob man bei der Umschreibung der Aufgaben dieses Gemeinsamen Senats es nicht bei der volleren Aussage des bisherigen Art. 95 belassen sollte, indem man auch in dem neuen Art. 95 Abs. 3 und in der dazugehörenden Stelle des korrespondierenden Gesetzes — also im § 1 — sagt: Zur Wahrung der Einheit des Rechts — bisher hieß es: Zur Wahrung der Einheit des Bundesrechts — in der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe.... Auf jeden Fall muß man an diesem Ziel der Wahrung der Einheit des Rechts — das ist mehr als die nur technische Vermeidung von Divergenzen — die Prüfung des Entwurfs orientieren. Ich beschränke mich dabei auf einige wenige Punkte, die ich für erwägenswert halte.Wenn man die Wahrung der Einheit des Rechts als die zentrale Aufgabe dieses Gemeinsamen Senats ansieht, kann man die Frage aufwerfen, ob man dem großen Senat nicht das Evokationsrecht geben will, das es ihm ermöglichen würde, zur Wahrung der Rechtseinheit Verfahren an sich zu ziehen. In der Begründung des Regierungsentwurfs ist diese Frage aufgeworfen, aber mit einer nur technischen Begründung verneint, indem gesagt wird, die dazu notwendige Übersicht über die breite und weite Rechtsprechung der verschiedenen Gerichte sei zu schwierig und zu teuer. Das scheint mir die schwächste aller möglichen Begründungen zusein. Denn wenn es so schwierig sein sollte, Divergenzen überhaupt zu bemerken — man muß da fragen: auch mit modernen Methoden? —, wenn es so schwierig und fast unlösbar sein sollte, sich der Divergenzen bewußt zu werden, was bleibt dann aus der wirklichen Funktion und Effektivität dieses Gemeinsamen Senats? In der österreichischen Diskussion über das gleiche Problem wird von einer Stelle gesprochen — auf österreichisch heißt das „Evidenzbüro" —, die die Rechtsprechung der höchsten Gerichte verfolgt, um die Gerichte auf Divergenzen aufmerksam zu machen.Ich meine, der Rechtsausschuß würde gut daran tun, diese Frage ebenso noch einmal zu prüfen wie auch die Frage des Generalanwaltes — auch diese Frage ist in der Begründung des Entwurfs verneint —, mit dessen Amt dann auch jenes — ich sage es jetzt österreichisch — Evidenzbüro zu vereinen wäre, um nicht nur die mechanische Evidenz, sondern auch die rechtliche Auswertung jener Evidenz zu haben.In der Begründung des Entwurfs wird weiter die Frage verneint, ob die Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Bundesgerichte auch zur Fortbildung und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung — ich würde auch hier lieber sagen: zur Wahrung der Einheit des Rechts — zulässig sein soll, also nicht erst bei der Feststellung einer Divergenz, sondern zur Fortbildung und zur Sicherung der Einheit. Auch diese Frage sollte noch einmal geprüft werden unter dem Gesichtspunkt, daß man dem Gemeinsamen Senat alle Möglichkeit geben sollte, ein wirksames Instrument der Rechtseinheit zu werden.Meine Damen und Herren! Der Deutsche Anwaltsverein hat eine breite und fundierte Stellungnahme zu diesem Entwurf an uns geschickt, und ich habe sie mit dem Respekt und dem Interesse gelesen, das der Vertretung eines so bedeutenden Rechtsstandes zukommt. Der Schwerpunkt der Anwaltsdenkschrift liegt in dem Vorschlag, die obersten Bundesgerichte zum Geschäftsbereich des Bundesjustizministers zu nehmen, also in einem eindrucksvollen Plädoyer für den Gedanken des Rechtspflegeministeriums. Ich verschweige meine persönliche Sympathie für diesen Gedanken nicht. Meine Meinung deckt sich durchaus mit der Erklärung, die Bundesjustizminister Schäffer 1960 in Kiel zu der Frage abgegeben hat. Sie lautete: Alle Zweige der Gerichtsbarkeit sollten in Bund und Ländern ressortmäßig den Justizministern unterstellt werden.Trotz meiner Sympathie für diesen Gedanken glaube ich, daß man diese Vorlage nicht mit dem eben bezeichneten Problem gefährden und belasten sollte. Denn der Präsident des Bundesverwaltungsgerichtshofes, Professor Dr. Werner, hat mit einem Satz das Entscheidende zu der Frage gesagt, nämlich, daß Bejahung oder Verneinung des Rechtspflegeministeriums keines der großen Probleme unseres Rechtsstaates sei. Wir kennen ja ohnehin die verfassungsrechtlichen Fragen, die sich im Verhältnis von Bund zu Ländern daran knüpfen würden, und wir kennen die Affekte, die sich in den ver-
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5026 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967
Dr. h. c. Güdegangenen Jahren an dieser Frage entzündet haben. Es scheint uns kein Zwang gegeben, diesen Sturm jetzt und hier in diesem Zusammenhang zu entfesseln.Auch in einem anderen Punkt, den der Anwaltsverein aufwirft, kann ich meine Sympathie nicht verschweigen, auch wenn dieser Punkt vielleicht nicht in der ersten Rangordnung der Probleme steht. Der Entwurf sieht in § 15 vor, daß die Entscheidung des Gemeinsamen Senats ohne mündliche Verhandlung ergeht, d. h. daß die mündliche Verhandlung ausgeschlossen wird. Der Anwaltsverein schlägt das Gegenteil vor, nämlich die mündliche Verhandlung obligatorisch zu machen. Sollte man nicht, frage ich, die mündliche Verhandlung wenigstens nach Ermessen des Gemeinsamen Senats zulassen, um das Rechtsgespräch auch in diesem Stadium des Verfahrens noch möglich zu machen und die Justiz — sagen wir einmal — vor der Inzucht der Beschäftigung bloß mit den selbst geschaffenen Argumenten zu bewahren?Ich will auf weitere Einzelheiten nicht eingehen. Ich sage noch einmal, im ganzen stimmen meine Freunde und ich den beiden Entwürfen in der Hoffnung zu, ,daß die Beratung des Rechtsausschusses in der Entwurfslösung, die ein wenig zu blaß geworden ist, ,ein wenig zu sehr auf kleine Apparatur abgestimmt, die ursprüngliche Konzeption, die hinter dem Art. 95 stand, in ihrem Sinn und Geist stärker wirksam sein läßt, damit dieser Gemeinsame Senat, den wir nun statt des Obersten Gerichts schaffen, ein Stück wirklicher Repräsentation der Dritten Gewalt sein kann, begabt mit jener Integrationskraft für Recht und Staat, wie sie die ursprünglichen Schöpfer des Grundgesetzes im Auge hatten.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Reischl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich nach den sehr eingehenden Darlegungen des Herrn Kollegen Dr. Güde sehr kurz fassen und möchte entsprechend der Übung bei der ersten Lesung nur einige politische Anmerkungen zu dem Entwurf machen.
Art. 95 des Grundgesetzes war ja schon seit langer Zeit ein Stück unerfülltes Grundgesetz. Wir haben noch ein paar solcher Punkte. Es ist erfreulich, daß wir jetzt darangehen, auf diesem Gebiet eine abschließende Regelung zu schaffen. Aus dieser Sicht begrüßt meine Fraktion diesen Entwurf sehr.
Es ist, meine ich, richtig, daß lange Zeit gewartet wurde. Ich bin überzeugt, daß man, wenn man vor Jahren an eine Regelung gegangen wäre, vielleicht aus dem Zwang heraus, den Wortlaut genau zu erfüllen, ein Oberstes Bundesgericht geschaffen hätte, das dann in zehn Jahren 29 Sachen zu behandeln gehabt hätte. Wer die Belastung der übrigen Gerichte kennt, wird mir zugeben, daß das keine angemessene Belastung gewesen wäre. Deshalb sollten wir zufrieden sein, daß jetzt der Entwurf da
ist. Ich bin überzeugt, daß der Rechtsausschuß ihn wird schnell verabschieden können.
Daß dieser Entwurf endlich die Bahn dafür frei macht, daß die anderen bisher oberen Bundesgerichte oberste Bundesgerichte werden, begrüße ich ganz besonders. Ich sage das auch denjenigen, die in diesem Raum — es klingt ein bißchen merkwürdig — für die Besoldung zuständig sind. Dazu gehört nämlich auch, daß der Präsident eines obersten Bundesgerichts jeweils dem Staatssekretär gleichgestellt wird, wie das beim Präsidenten des Reichsgerichts bis zum Dritten Reich hin der Fall war, meines Wissens nicht nur in der Besoldung, sondern auch in seiner sonstigen Stellung. Vor allem auch in der dienstaufsichtlichen Stellung sollten die Präsidenten der obersten Bundesgerichte, wie sie dann heißen werden, wieder die Stellung bekommen, die den Chefpräsidenten der obersten Gerichte der jeweiligen Gerichtsbarkeiten geziemt. Wir sollten dieses Gesetz zum Anlaß nehmen, diese alte, berechtigte Forderung der Präsidenten der oberen Bundesgerichte endlich zu erfüllen.
Dann möchte ich noch eine kleine Anmerkung zur Frage des Sitzes machen. Ich gebe dein Herrn Bundesminister der Justiz zu, daß es zweifelhaft sein könnte, dauernd Berlin als Sitz zu bestimmen. Ich möchte die Frage aufwerfen, ob es unbedingt notwendig ist, da von allen fünf Gerichten nur eines in Karlsruhe sitzt, als festen Sitz immer Karlsruhe zu nehmen. Man könnte sehr wohl noch — zumal sich die Besetzung von Fall zu Fall wandelt, je nach dem, welche Gerichte beteiligt sind — etwa an ein Roulieren des Sitzes denken. Das müßte noch näher überlegt werden.
Die Frage eines Rechtspflegeministeriums — hier stimme ich dem Herrn Kollegen Dr. Güde zu — sollten wir mit diesem Entwurf nicht verknüpfen. Wir würden seine Verabschiedung nur aufhalten und die Bereinigung der anderen Frage, die nun dringend ist, hinauszögern. Wir sollten alle mithelfen, daß möglichst schnell Art. 95 und das Ausführungsgesetz dazu eine vernünftige und ausgewogene Regelung zur Fortbildung unserer Rechtseinheit finden.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Busse.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und meine Herren Kollegen! Auch wir können uns schon deshalb, weil wir dem Grundanliegen der jetzt vorliegenden Gesetzentwürfe zustimmen, in der heutigen Diskussion verhältnismäßig kurz fassen. Ich möchte nur in einigen Punkten die Ausführungen meiner Vorredner ergänzen und dabei besonders einen Gesichtspunkt hervorheben, der mir und uns am Herzen liegt.Aus der alten Fassung des Art. 95, der zur Wahrung der Einheit des Rechts ein selbständiges, vollständiges Gericht vorsah, kann man in etwa entnehmen, welche Bedeutung die Väter des Grundgesetzes dieser Einheitlichkeit des Rechts zugemessen haben. In der Tat, gerade dann, wenn man — sei es
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5027
Busse
als Praktiker, sei es als Theoretiker — sich tagtäglich mit Rechtsfragen zu befassen hat, kann man bis hinein in das Leben jedes einzelnen Menschen verfolgen, welche enorme Bedeutung in unserem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben die Tatsache hat, daß das Recht einheitlich ist. Man wird die Bedeutung dieser Frage nicht überschätzen können.Aber wenn ich an die vergangenen Jahre meiner praktischen Tätigkeit denke und mir vor Augen führe, von welchen Zufälligkeiten es abhängen konnte, ob eine Sache bei einem Oberlandesgericht an den Senat A oder an den Senat B kam und je nachdem die Rechtsfrage — und damit der Ausgang des Prozesses — so oder so entschieden wurde, dann genügt wohl dieser Hinweis, um klarzumachen, wie erheblich die Bedeutung ist, die man der Tatsache zumessen muß, daß mit der Einheitlichkeit des Rechts die Sicherheit des Rechts gewährleistet ist.Ich habe bewußt den Ausdruck „Einheitlichkeit des Rechts" gebraucht und knüpfe damit an das an, was vorhin Herr Dr. Güde gesagt hat. In Wirklichkeit würden wir jedes Gericht überfordern, wenn wir es zum Hüter der Einheitlichkeit des Rechts machten. Diese Funktion sollten wir in erster Linie uns selber zumuten und übertragen. Daß wir es vielleicht manchmal an der notwendigen Aufmerksamkeit haben fehlen lassen, ist einmal aus der Fülle des Stoffes zu erklären, der auf uns zukommt, aber zum anderen vielleicht auch daraus, daß wir dieser Frage nicht die erhebliche Bedeutung beigemessen haben,ihr zukommt, Es kann aber nicht die Aufgabe der Gerichte sein, die — wollen wir beim Worte bleiben — Einheitlichkeit des Rechts zu gewährleisten. Die Aufgabe der Gerichte ist eben die Rechtsprechung. Um in der Rechtsprechung diese Einheitlichkeit herbeizuführen, müssen divergierende Entscheidungen ausgeräumt werden. Damit wird auch dem Gesetzgeber als Rückwirkung dessen, was der Senat entscheidet, wieder mancher Hinweis gegeben, der dazu dienen kann, die Einheitlichkeit des Rechts zu wahren. Ich glaube, das ist der gemäßere Weg.Warum betone ich die außerordentliche Bedeutung der Einheitlichkeit des Rechts und der Rechtsprechung im Zusammenhang mit den uns vorliegenden Gesetzentwürfen? Ich tue es aus einem doppelten Grunde. Einmal bin ich 'der Überzeugung, daß jede divergierende Rechtsprechung zu bestimmten Rechtsfragen bed den obersten Gerichten ein Zustand ist, der einfach nicht hingenommen werden kann. Hier eine Unterscheidung zwischen Erheblichkeit und Unerheblichkeit zu machen, scheint mir nicht angebracht 'zu sein. Denn jede divergierende Rechtsprechung hat ihre Erheblichkeit in sich. Das muß deshalb 'klargestellt werden. In diesem Punkt entspricht die Vorlage nicht unseren Vorstellungen.Aber auch unter einem anderen Gesichtspunkt gewinnt diese Frage Bedeutung. Ich will es sehr nüchtern aussprechen. Etwaige Schwierigkeiten, die auftauchen, 'die da sind — das ist uns bekannt —, sollten uns nicht davon abhalten, den Schritt zu tun, der nach Meinung der interessierten Öffentlichkeit längst hätte getan werden müssen: endlich das Rechtsprechungsministerium auf Bundesebene einzuführen.Wir haben ein Land, in dem es mit gutem Erfolg praktiziert wird. In der Tat meinen wir, daß uns auch dieses Gesetz Veranlassung geben sollte, ernsthaft zu prüfen, ob nunmehr nicht die obersten Bundesgerichtshöfe der einheitlichen Verwaltungszuständigkeit des Justizministeriums unterstellt werden sollten.Die Schwierigkeiten sind da. Aber wenn wir vor als richtig erkannten Maßnahmen immer dann zurückweichen wollten, wenn ihre Regelung schwierig ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dann könnten wir in sehr vielen Fällen sagen: Wir lassen lieber die Finger davon! Ich erinnere an die letzten Tage in diesem Hause, als wir die Diskussion über die Mehrwertsteuer geführt haben. Bei Gott eine schwierige Materie! Ich glaube, der Bundestag hat gezeigt, daß er sie zu regeln in der Lage ist. Ich meine, die hier zur Erörterung stehenden Fragen sind sowohl in der Technik wie in ihrer Auswirkung nicht annähernd so schwierig wie die Probleme des Mehrwertsteuergesetzes. Warum sollten wir nicht mit Mut und Gottvertrauen an diese Sache herangehen!Die Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Fragen hat aber auch eine weitere Konsequenz, die von Herrn Dr. Güde schon angesprochen wurde. Da es sich immer um Prozeßentscheidungen — wenn auch nur teilweise bei Entscheidungen — handelt, dürften die interessierten Parteien, wie es jetzt der Entwurf vorsieht, nicht ausgeschlossen werden. Der Entwurf sieht ihre Ausschließung vor. Ich lasse offen, ob etwas Derartiges je nach Lage der Dinge überhaupt mit Art. 103 des Grundgesetzes in Einklang zu bringen ist. Ich betone ausdrücklich, ich lasse es offen. Es ist einmal ausgesprochen worden, daß auch aus diesem Gesichtspunkt Bedenken dagegen bestünden. Aber aus einem anderen, einem rechtspolitischen Gesichtspunkt meine ich in der Tat, daß das Rechtsgespräch auch hier in reinen Rechtsfragen genauso notwendig ist, wie es beim Verfassungsgerichtshof geführt wird, und zwar mit gutem Erfolg geführt wird. So sollte es auch hier möglich sein. Daher werden wir bei den weiteren Beratungen darauf bestehen, daß die mündliche Verhandlung jedenfalls ermöglicht wird. In welcher Form, darüber wird man dann im einzelnen reden können.Wir begrüßen die Tatsache, daß die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts durch diese Regelung nicht beeinträchtigt wird. Sie in bewährter Weise zu erhalten, ist, glaube ich, ein Anliegen des ganzen Hauses. Darum werden wir hier wohl keine besonderen Änderungsanträge zu stellen brauchen, sondern höchstens die Frage aufwerfen müssen, ob hier in der Tat die Zuständigkeit dieses Gerichts eindeutig gewahrt ist.Nicht äußern möchte ich mich heute zu der Frage, wo der Senat seinen Sitz haben soll. Das ist in Anbetracht der Bedeutung der übrigen Probleme eine sekundäre Frage, sosehr solche optischen Dinge unter Umständen auch ihre Bedeutung haben. Immerhin möchte ich nicht verhehlen, daß ich auch hier dem Herrn Bundesjustizminister zustimme, indem ich meine, daß Karlsruhe aus der Natur der
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Busse
Sache und aus der Tradition des dort befindlichen obersten Gerichtshofs, des Bundesgerichshofs, der gegebene Ort wäre. Aber das ist für uns, wie gesagt, keine Prinzipienfrage, sondern eine Frage, über die man in Ruhe und Gelassenheit reden sollte.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Erhard.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige kurze Bemerkungen.
Sicher ist die Frage der Rechtseinheit sehr wichtig und die Rechtseinheit ein hohes Gut; denn sie ist die Voraussetzung für eine erkennbare Rechtssicherheit des Bürgers. Trotzdem sollten wir die Frage der Rechtseinheit im Bereich der obersten oder oberen Bundesgerichte nicht allzusehr isoliert von dem sehen, was wir im Bereich der rechtsprechenden Gewalt in Wirklichkeit an Rechtseinheit haben. Wir sollten nicht vergessen, daß wir im gleichen Zweig der Gerichtsbarkeit — z. B. in der Zivilgerichtsbarkeit, der Strafgerichtsbarkeit, in manchen Teilen der Verwaltungsgerichtsbarkeit — eine sehr divergierende Rechtsprechung haben, die auch gar nicht vereinheitlicht werden kann, weil die Zuständigkeiten in bestimmten Bereichen schon weiter unten aufhören, z. B. beim Landgericht, beim Oberlandesgericht.
Wir sollten auch daran denken, daß die Rechtsprechung nicht abstrakt d e n Fall, sondern einen konkreten Fall zu entscheiden hat, daß sie über das Recht eines Bürgers oder über seine Rechtsansprüche oder über die Ansprüche des Staates dem Bürger gegenüber zu entscheiden hat. Da ist nach meiner Ansicht eine einigermaßen rechtzeitige Entscheidung meistens wertvoller und wichtiger als die letzte Einheitlichkeit am oberen oder am obersten Gericht. In einzelnen Fällen haben wir eine Prozeßdauer über viele Jahre hinweg. Es sollte bei der künftigen Beratung dieser Vorlage bedacht werden, daß nicht eine noch längere Prozeßdauer Platz greift. Nach acht Jahren, von dem Zeitpunkt der Geltendmachung in der ersten Instanz an gerechnet, ist das Recht vielleicht gar kein Recht mehr, und dem Toten das Recht zú gewähren, ist manchmal sinnlos.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es liegt mir daran, mit wenigen Worten klar zu sagen, daß ich für das, was die Herren Fraktionssprecher vorgetragen haben, größte Sympathie hege. Sie haben ja — das gilt insbesondere von Herrn Dr. Güde — diesen Entwurf in den großen Rahmen der Grundsätze von Rechtsstaat und Rechtspflege hineingebracht. Dafür bin ich dankbar.
Ich nehme es hin, daß dieser Entwurf als blaß bezeichnet worden ist, daß gesagt worden ist, daß er sich auf ein organisatorisches Minimum beschränke. Verehrte Damen und Herren, dieser 5. Bundestag befaßt sich aber nicht zum ersten Mal mit diesem Thema; auch der 4 Bundestag tat es, auch der 3. Bundestag tat es, und es kam nichts zustande. Damit wir nun wenigstens das Allernotwendigste erreichen, haben wir von der Bundesregierung her eben diesen so blassen, nur auf das Organisatorische hinzielenden Entwurf vorgelegt, wollen aber gern auch vom Justizministerium her in der weiteren Beratung im Rechtsausschuß an all dem mitwirken, was hier angeklungen ist.
Mit großer Wehmut höre ich, daß der Herr frühere Bundesminister Schäffer 1960 in Kiel gesagt habe, er wünsche eine Zusammenfassung der verschiedenen Gerichtszweige in den Justizministerien von Bund und Ländern. Verehrte Damen und Herren, 1960 war Herr Schäffer Bundesjustizminister; aber 1950 war er Bundesfinanzminister und in der damaligen ersten Bundesregierung, an der ich als Bundesinnenminister beteiligt war, kam die Frage auf, ob man nicht die verschiedenen Zweige der Justiz im Justizministerium zusammenfassen wolle. Als damaliger Bundesinnenminister war ich bereit, die dem Bundesinnenministerium anhängende Verwaltungsgerichtsbarkeit auf das Justizministerium zu übertragen, um damit einen Anreiz dafür zu geben, daß die anderen Zweige ebenfalls dort zusammengefaßt würden. Aber der damalige Bundesfinanzminister Schäffer beharrte mit größtem Nachdruck darauf, daß ihm die Steuergerichte nicht genommen würden; und von daher ist damals das Ganze leider gescheitert.
Meine Damen und Herren, keine weiteren Wortmeldungen in dieser ersten Lesung? — Die Aussprache ist geschlossen.Beide Vorlagen sollen an den Rechtsausschuß. — Das Haus ist damit einverstanden.Dann kommen wir zu Punkt 7 der Tagesordnung:a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus, Dorn, Busse und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches— Drucksache V/1492 —b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verhinderung des Mißbrauchs von Abhörgeräten— Drucksache V/1643 —ferner zu dem in der Tagesordnung nicht ausgedruckten Punkt:Erste Beratung des von den Fraktionen derCDU/CSU, SPD eingebrachten Entwurfs einesGesetzes zur Änderung des StrafgesetzbuchesIch frage, ob zunächst zur Drucksache V/1492 dasWort zur Einbringung gewünscht wird. — Bittesehr, Frau Diemer-Nicolaus!
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5029
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kollegen und Kolleginnen! Die technische Entwicklung kann ein Segen und kann ein Fluch sein. Wenn wir heute von den Erfolgen hören, die die Weltraumfahrt zu verzeichnen hat, und wenn wir voller Bewunderung erleben, wie über die Satelliten die unmittelbare Fernsehübertragung von einem Erdteil über den Atlantik hinweg hierher nach Europa und umgekehrt möglich ist, muß man auf der anderen Seite aber auch registrieren, daß diese technische Entwicklung leider auch zu Erscheinungen geführt hat, die wir nicht billigen können. Schon seit einiger Zeit wird in der Presse darauf hingewiesen, daß diese technische Entwicklung dazu geführt hat, daß Kleinstgeräte geschaffen werden konnten, technische Wunderwerke, die dann aber nicht benutzt werden, um der Wissenschaft zu dienen, um der Medizin zu dienen, sondern um damit in die Geheimsphäre des einzelnen einzudringen, um gegebenenfalls nachher auch zu Erpressungen benutzt zu werden. Ich verweise auf einen diesbezüglichen Aufsatz im „Deutschen Panorama", wo es heißt, in der Bundesrepublik gebe es keine gesetzliche Handhabe gegen die moderne Technik der Schnüffelei, und ich weise darauf hin, daß Herr Kollege Müller-Emmert erst gestern in der „Stuttgarter Zeitung" — wenn ich mich recht erinnere, hat er auch schon früher in der „Zeit" geschrieben — berichtet hat: Lauscher in Büros und Schlafzimmern — Der Gesetzgeber will gegen die moderne Schlüssellochguckerei mit Abhörgeräten vorgehen". Das zeigt, daß hier Probleme bestehen, vor denen wir uns nicht länger verschließen dürfen, zu denen jetzt und zu dieser Zeit dem Bundestag die Aufgabe gestellt ist, Maßnahmen zu ergreifen, damit besser, als das bisher durch das Fehlen einer gesetzlichen Regelung möglich war, die Intimsphäre des einzelnen gewahrt werden kann.Ich habe gestern in einer Zeitung gelesen, daß zur Zeit in Paris eine große amerikanische Firma eine Ausstellung durchführt, wo jeder hingehen und diese Minispione käuflich erwerben kann. In Amerika können sie sogar schon zu sehr niedrigen Preisen im Selbstbau hergestellt werden. Wir hatten auch schon in Deutschland ein Verfahren wegen eines derartigen Miniabhörgeräts, das zu einer Verurteilung führte. Über eines sind wir uns klar, daß die bis jetzt bestehenden gesetzlichen Maßnahmen nicht ausreichen.Unser Gesetzentwurf befaßt sich mit dem Problem, das schon in der Großen Strafrechtskommission behandelt wurde, und zwar unter der Überschrift „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes". Die technische Entwicklung ist aber in der Zwischenzeit weitergegangen. Es handelt sich heute nicht nur um die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes. Die hochentwickelte Fototechnik hat dazu geführt, daß man heute Aufnahmen selbst in nahezu dunklen Räumen machen kann, die, wie das Beispiel Amerikas zeigt, nachher zu ganz schweren Mißbräuchen verwendet werden können. Mit hochentwickelten Spezialkameras kann man nicht nur im Tageslicht oder bei künstlicher Beleuchtung in die Vertraulichkeitsbereiche eindringen. Besondere Konstruktionen ermöglichen in Verbindung mit höchst empfindlichen Infrarotfilmmaterial Aufnahmen in nahezu dunklen Räumen. Oder etwas anderes. In Aktentaschenschlösser, in Füllhalterkappen, in Zigarettenpackungen, in Armbanduhren können Miniabhörgeräte, Minispione eingebaut werden. Das zeigt, wie gefährlich dies ist und wie notwendig eine gesetzliche Regelung ist. Diese Regelung sollte so sein, daß sie einen ordnungsgemäßen Gebrauch nicht verhindert, aber einen Mißbrauch. Um diese Strafbestimmung geht es bei unserem Entwurf.Soweit es sich um Bildaufnahmen handelt, ist ein gewisser Schutz schon im Kunsturheberrechtsgesetz gegeben. Aber in Zusammenhang mit der Beratung der Strafbestimmung über die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes müssen wir mit überprüfen, ob die Bestimmung im Kunsturheberrechtsgesetz ausreicht, den Mißbrauch des Lichtbilds gegebenenfalls zu bekämpfen.Unter Entwurf unterscheidet sich von dem Entwurf der beiden Koalitionsparteien, der heute neu auf die Tagesordnung gesetzt worden ist, dadurch, daß er kürzer ist.Schon in der Großen Strafrechtskommission war eine sehr eingehende Diskussion darüber, ob man ein absolutes Verbot aussprechen sollte, einen absoluten strafrechtlichen Schutz, oder ob man zu dieser Norm noch eine Gegennorm schaffen solle, die beinhaltet, in welchen Fällen trotz des grundsätzlichen Verbots die Verwendung möglich ist. Damals ging man von einer Entscheidung aus, die der Bundesgerichtshof im Jahre 1958 gefällt hat. In den Leitsätzen zu dieser Entscheidung ist das Problem in seiner ganzen Fülle enthalten. Der erste Leitsatz besagt:Wer ein Gespräch ohne Zustimmung des Gesprächspartners durch Anwendung eines Tonbands festlegt, verletzt in der Regel das durch Art. 1, 2 des Grundgesetzes gewährleistete Persönlichkeitsrecht, das die Person in ihrer persönlichkeitsrechtlichen Eigensphäre schützt.Dieser Hinweis auf die Grundrechte von Art. 1 und 2 zeigt, welche Bedeutung auch der Bundesgerichtshof diesen Problemen zugemessen hat und wie notwendig es ist, daß wir unser jetzt bestehendes Strafrecht schon vor der Reform diesen Grundrechten anpassen. Der zweite Leitsatz lautet:Nur in besonderen Ausnahmefällen kann (die Widerrechtlichkeit eines solchen Eingriffs entfallen.Leitsatz 3:Angesichts der Bedeutung, die dem Schutz der Eigensphäre der Persönlichkeit zukommt, reicht das private Interesse an einer Beweismittelbeschaffung allein in der Regel nicht aus, eine heimliche Tonaufnahme eines Gesprächs zu rechtfertigen.Soweit es sich um den Leitsatz 2 handelt, sind die Koalitionsparteien den Anregungen gefolgt, die der Bundesrat zu der Fassung dieser strafrecht-
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Frau Dr. Diemer-Nicolauslichen Bestimmungen gegeben hat, indem sie in ihrem Entwurf — das darf ich vielleicht, ohne Ihre Begründung vorwegzunehmen, Herr Kollege MüllerEmmert, sagen — nur das Unbefugte verbieten wollen und eine besondere Bestimmung darüber, wann etwas befugt sein soll, vorsehen.Wir sind nun der Meinung, die damals die Mehrheit der Großen Strafrechtsreform vertreten hatte, daß man, wenn man diesen Schutz wirklich wirksam gestalten will, ihn absolut gestalten sollte. Wir waren auch bei unserem Antrag 'der Auffassung, daß die Fälle, in denen es wirklich notwendig ist, schon durch die jetzt bestehende Notwehrregelung oder über den übergesetzlichen Notstand erfaßt werden können.Es sind durchaus Fälle denkbar, in denen ein berechtigtes Interesse daran besteht, Gespräche abzuhören. Denken Sie nur an den letzten Kidnapperfall in Berlin. Wir haben Gott sei Dank in Deutschland nicht viele Fälle dieser Art. Aber als seinerzeit die Große Strafrechtskommission sich mit dieser Frage befaßte, hat es auch gerade einen Kidnapperfall gegeben, und zwar in Stuttgart. Ich glaube, jeder ist der Auffassung, daß es nicht mehr als recht und billig ist, wenn in einem solchen Fall die Telefongespräche abgehört werden. Das muß zulässig sein, weil hier ein viel wichtigeres Rechtsgut, ein viel höher stehendes Rechtsgut verletzt ist als das Recht an der Vertraulichkeit des Wortes. Es geht nicht an, daß hier das Recht dem Schutz eines derartigen Verbrechers dient.
Ich habe deshalb einen ganz plastischen Fall angeführt, um zu zeigen, daß dies eine durchaus berechtigte Forderung ist. Ich teile aber die Auffassung, daß man es dabei bewenden lassen sollte, was in der Rechtsprechung für die Notwehr und den übergesetzlichen Notstand erarbeitet worden ist, ohne eine besondere Norm zu schaffen.Eine andere Frage ist natürlich, wieweit es möglich sein sollte, in einem Prozeß derartige Tonbandaufnahmen zu verwerten. Es ist erfreulich, daß in den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die sich mit diesem Problem befaßt haben, schon klar herausgestellt wurde, daß grundsätzlich heimliche Tonbandaufnahmen nicht verwertet werden können. Nehmen Sie an — solche Fälle hat es gegeben —, es werden bei Mietstreitigkeiten heimlich Tonbandgeräte eingesetzt, um die Aufnahme später in einem Mietprozeß zu verwerten! Oder denken Sie an den Fall, daß in einer zerrütteten Ehe der eine Ehegatte ohne Wissen des anderen ein Aufnahmegerät aufstellt, um später vor Gericht Streitigkeiten beweisen zu können! Wie ich aus Veröffentlichungen ersehen habe, ist .die heutige Technik bereits so weit fortgeschritten, daß z. B. ein zur Eifersucht neigender Ehemann, der für zehn Tage auf Geschäftsreise 'geht, unbemerkt von seiner Ehefrau ein winziges Abhörgerät in der Wohnung aufstellen kann, das genau registriert, was während dieser Zeit in der Wohnung geschieht. Ich bin der Meinung, daß 'das selbst in einer Ehe nicht zugelassen seindarf, vielmehr muß in dieser Hinsicht ein absoluter Schutz bestehen.
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— Ich bitte Sie, Sie haben eine Forderung aufgestellt, die längst erfüllt ist. Deswegen habe ich gesagt, daß wir über diese Frage heute nicht mehr zu sprechen brauchen.
— Ich habe gesagt, daß diese eine Forderung, die Herr Mühlhan erhoben hat, inzwischen erfüllt ist, und insofern hat er eine Tür eingerannt, Sie können auch sagen: eine geschlossene.Aber lassen Sie mich ruhig weitersprechen. Sie haben aus meinen bisherigen Ausführungen erkannt, daß ich durchaus bereit bin — Sie kennen ja auch meine Stellung aus den Ausschußverhandlungen —, immer wieder darüber zu sprechen, wenn es von der Sache her notwendig ist, Umverteilungen vorzunehmen. Allerdings bin ich der Meinung, daß die ressortbezogene Forschung auch nicht einfach automatisch in das Wissenschaftsministerium übernommen werden kann. Gerade wegen der engen sachlichen Bindungen an die Aufgaben der einzelnen Bundesressorts sollten die Dinge wirklich bei den jeweils sachlich zuständigen Ressorts bleiben.In dem Antrag sprechen Sie von einer Übertragung der Zuständigkeit auf dem Gebiete der Kunst auf das Wissenschaftsministerium. Ich glaube, soweit der Bund überhaupt Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Kunst hat — ich weiß nicht genau, wie Sie das definieren, ob das die Institute sind, von denen Sie gesprochen haben —, stehen sie wirklich nicht in so engem Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Forschung, daß die Zuständigkeit nur beim Bundeswissenschaftsministerium zusammengefaßt werden sollte.
— Bitte schön!
Frau Kollegin Geisendörfer, ist Ihnen nicht der Gedanke geläufig, den der Herr Kollege Mühlhan ja hier zum Ausdruck gebracht hat, daß ein Museum gleichzeitig eine Darbietung bildender Kunst ist und natürlich auch der wissenschaftlichen Forschung dient? Das kann man doch gar nicht für verschiedene Ressorts auseinandernehmen! Das ist nur bei uns möglich, und hier klappt es ja auch nicht!
Daß ein solches Museum der Forschung im weiteren Sinne dient, darüber sind wir uns alle vollkommen klar. Es ist die Frage, ob es von der Sache her sinnvoll ist, das jetzt zu dem Ministerium für wissenschaftliche Forschung in dem Augenblick hinüberzubringen, wo dieses eine ganz andere Zielrichtung bekommen hat, nämlich die Forschung auf dem naturwissenschaftlichen Gebiet sehr viel stärker weiterzuführen.Herr Kollege Mühlhan, Sie haben vorhin davon gesprochen, daß der Wissenschaftsminister zu schwach sei, um sich im Kabinett durchzusetzen und diese Zusammenfassung zu erreichen. Ich habe nicht den Eindruck, daß der augenblickliche Bundeswissenschaftsminister solch eine schwache Persönlicheit ist, weder äußerlich noch nach seiner Bedeutung im Kabinett,
daß wir hier seine Durchsetzungsfähigkeit anzweifeln müßten.
— Ich glaube, daß wir für die Tatsache, daß er heute nicht da ist, Verständnis haben sollten. Ich möchte doch bitten, zu berücksichtigen, daß in dieser Woche aus Gründen, die wirklich nicht in unserer Hand lagen, verschiedene Termine durcheinandergekommen sind.Da Sie mir gerade das Stichwort gegeben haben, Herr Kollege Lohmar, daß der Minister Stoltenberg mit dem Wissenschaftsminister oder Erziehungsminister aus Frankreich spricht, möchte ich gleich hier etwas sagen, was ich eigentlich am Schluß sagen wollte. Ich bin nicht nur dafür, daß über das Wissenschaftskabinett und den Interministeriellen Ausschuß eine Koordinierung der Aufgaben auf Bundesebene stattfindet. Ich möchte noch sehr viel weitergehen. Wir sollten bei all unseren Gesprächen und Überlegungen davon ausgehen, daß wir zu einer stärkeren Zusammenarbeit auf europäischem Gebiet kommen müssen. Die Mitglieder der Delegationen, die in Frankreich und in England waren, wer-
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Frau Geisendörferden sich daran erinnern, wie unsere Gesprächspartner in diesen Ländern immer wieder diese Anregung und diesen Wunsch ausgesprochen haben. Im übrigen ist auch heute in der „Welt" dieser Gedanke wieder nachdrücklich begründet und befürwortet worden.Sie sprachen davon, daß die Länder dazu nicht bereit sind. Ich glaube, wir müssen auch da im Gespräch und in der Zusammenfassung schrittweise vorgehen. Wir haben alle aus der Erfahrung der letzten Jahre gelernt, daß ein Kraftakt auf diesem Gebiet sicher nichts nützt. Nicht etwa nur die Länder, die von der CDU oder der CSU. regiert werden, sondern auch die SPD-Kollegen in den Ländern melden Vorbehalte an und sind nicht ohne weiteres bereit, da einer Zentralisierung und Änderung der gesetzlichen Grundlagen unwidersprochen zuzusehen.Daher mein Votum, in ständigem Gespräch zu bleiben und die geeigneten und sachgemäßen Mittel und Wege finden, um zu diesem Ziel zu kommen. Ich glaube, es ist notwendig, daß wir im Ausschuß all diese Fragen sehr sorgfältig prüfen, die Sachzusammenhänge zwischen den Forschungsvorhaben der Ressortforschung prüfen und die Funktionen der einzelnen Gremien daraufhin ansehen, ob sie geeignet und imstande sind, ihre Aufgaben zu erfüllen, damit die größtmögliche Effektivität erzeugt wird. Ich glaube, die Fragen sind sehr viel subtiler, als sie hier jetzt aufgezeigt worden sind und als sie in der Kürze der Zeit heute auch dargestellt werden können. Ich möchte deswegen noch einmal den Gedanken betonen, der sich durch alle meine Ausführungen gezogen hat: Koordinierung ja, Kooperation soweit nur irgend möglich, ständige elastische Überprüfung, ob die jetzigen Organisationen mit ihren Zuständigkeiten noch geeignet sind, die Aufgaben wirklich zu erfüllen. Aber ich bin gegen jeden Kraftakt und vor allem gegen die Annahme dieses Antrags und dagegen, alle Zuständigkeiten mit einem Federstrich und etwa mit der Zweidrittelmehrheit des Plenums, die dazu notwendig wäre, jetzt zusammenzufassen. — Sie schütteln den Kopf, Herr Moersch. Wenn es heißt, alle Zuständigkeiten zu vereinigen, — —
— Es ist sein gutes Recht. Ich wollte ihm bloß auf den angedeuteten Zweifel antworten. — Darauf würde das hinauslaufen. Sie wissen selber, wenn Ihnen an einer Koordinierung dieser Aufgaben liegt, dann müssen Sie die Wege beschreiten, die langsam zum Ziel führen, und nicht immer versuchen, den Gedanken des Bundeskultusministeriums durchzudrücken.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Lohmar.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema der möglichst effektiven und vernünftigen Organisation unserer Wissenschaftspolitik ist ein gutes Demonstrationsbeispiel dafür, daß man auch in der Großen Koalition nicht alles auf Anhieb erreichen kann.
Ich möchte damit zum Ausdruck bringen, daß ich in der Sache für meine Fraktion heute wie früher die Auffassung vertrete, daß eine Zusammenfassung der Zuständigkeiten der Bundesregierung im Bundeswissenschaftsministerium sachlich vernünftig und sachlich geboten wäre.
Ich meine aber, die FPD hätte der Sache — verzeihen Sie, Herr Kollege Mühlhan, diese nicht in der Sache kritische, sondern nur die Formulierungen betreffende Anmerkung — einen besseren Dienst tun können, wenn sie etwas genauer gesagt hätten, worum es ihr im einzelnen geht.
Die Sozialdemokraten haben vor den letzten Bundestagswahlen die drei unserer Auffassung nach wesentlichen Aufgabenbereiche in diesem Rahmen — Wissenschaftsförderung, Ausbildungsförderung und Bedarfsplanung oder Bildungsplanung — genannt, von denen wir meinen, daß sie in der Tat in der Hand des Wissenschaftsministers zusammengefaßt werden sollten. Über andere Gebiete, Randgebiete wie etwa die Kunst, kann man sich durchaus unterhalten. Aber diese drei Punkte, Bedarfs- oder Bildungsplanung, Ausbildungsförderung und Wissenschaftsförderung, stehen in einem so engen sachlichen Kontext, daß sie vernünftigerweise auch in die Hand eines Bundesministers gelegt werden sollten.Frau Geisendörfer, natürlich haben Sie recht, wenn Sie sagen, daß die beiden interministeriellen Ausschüssen eine Art Notbehelf, ein Versuch gewesen sind, die Kooperation verschiedener Minister in geordnete Bahnen zu lenken.
— Ja, wenn man es so interpretieren könnte, daß es ein Schritt auf dem Wege sein soll, wäre ich schon ganz froh. Das wäre in der Tat gut.Es wäre aber, glaube ich, besser, wenn wir den bürokratischen „Verschiebebahnhof", den das Ganze heute mit den beiden interministeriellen Ausschüssen, dem Wissenschaftskabinett etc. darstellt, etwas entflechten und etwas übersichtlicher gestalten würden. Dies wäre wohl am ehesten möglich, wenn man Herrn Stoltenberg die Zuständigkeiten, jedenfalls in den drei von mir genannten Bereichen, gäbe. In der Sache sind wir also, soweit ich sehe, weitgehend einig.In der Form des Vorgehens, meine Damen und Herren, muß man leider daran erinnern, daß dies eine Frage ist, in der das Parlament, der Bundestag, seine Auffassung formulieren und nachdrücklich betonen kann; entscheiden kann er diese Fragen nicht, weil sie in die Organisationsgewalt des
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Dr. LohmarBundeskanzlers fallen. Im Grunde genommen kann es uns also auch bei den Ausschußberatungen nur darum gehen, ein möglichst überzeugendes Votum gegenüber dem Regierungschef zu formulieren und ihm nahezulegen, seine Organisationsgewalt in einer Weise zu gebrauchen, die die Organisationsformen in der Wissenschaftspolitik, gemessen am Maßstab der Effektivität, vernünftig regelt. Meine Fraktion ist selbstverständlich bereit, in den Ausschußberatungen in diesem Sinne an einer vernünftigen Meinungsbildung mitzuwirken und dem Regierungschef möglichst bald eine solche Empfehlung 2u unterbreiten.
Das Wort hat der Abgeordnete Moersch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Freien Demokraten sind den Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion sehr dankbar für die Erklärung, _die soeben hier abgegeben worden ist. Genau das war 'das Ziel unseres Antrages, hier ein Votum des Parlaments, so möchte ich sagen, eine Meinungsäußerung des Parlaments herbeizuführen, keineswegs aber irgendwie die Verfassung zu ändern.Herr Dr. Lohmar, ich erkenne Ihren Hinweis auf die Genauigkeit des Antrags durchaus an, möchte Ihnen aber sagen, weshalb wir unseren Antrag im Gegensatz zu Ihrem damaligen Antrag nicht so genau gefaßt haben. Wir sind nämlich der Ansicht, daß inzwischen Ereignisse eingetreten sind, die es uns geraten erscheinen lassen, gerade im Wissenschaftsausschuß noch einmal gründlich über die Frage zu reden, ob nicht einige Bereiche über Ihren damaligen Antrag hinaus gewissermaßen im Sinne einer weiteren Kompetenzzusammenfassung geregelt werden müssen, und zwar im Zusammenhang mit der Möglichkeit einer 'europäischen Zusammenarbeit. Wir wollten deshalb keinen eng formulierten Antrag vorlegen, sondern zunächst einmal die Auffassung der Sachverständigen aller Seiten zu der Frage hören, wie die Entwicklung jetzt auch im Zusammenhang mit dem Atomsperrvertrag, mit Euratom und mit einer europäischen Wissenschaftsgemeinschaft weitergeht. Weil wir außerdem der Ansicht sind — das ist nun allerdings etwas, was uns unterscheidet, vielleicht aber künftig nicht mehr —, daß ein großer Teil dessen, was man heute verwaltungsbezogene Forschung oder Ressortforschung nennt, in Wahrheit nicht mehr zu den Ressorts zu gehören braucht, sondern der Übersichtlichkeit wegen in einer Dachorganisation zusammengefaßt werden sollte, um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden, um auch, so möchte ich einmal sagen, eine Ordnung etwa in das System der Honorierung, in das System der Tarife usw. zu bringen — in jenes System, das bisher, etwa bei der Luftfahrtforschung, ja keineswegs übersichtlich war —, wollten wir diesen Weg offenhalten. Mein Kollege Mühlhan hat gerade im Zusammenhang mit dem preußischen Kulturbesitz genügend klargemacht, was wir dabei alles möchten.Nun, Frau Kollegin Geisendörfer, muß ich doch ein paar Worte zu dem sagen, was Sie hier unterstellt haben. Sie operieren mit dem vagen Begriff des Bundeskultusministeriums, mit dem kein Mensch wirklich etwas anfangen kann, weil sich jeder etwas völlig anderes darunter vorstellt. Diesen Begriff haben wir nicht gebraucht, auch nicht auf unserem Parteitag, auch nicht in unserem Aktionsprogramm, sondern wir haben ganz klar das gesagt, was Herr Dr. Lohmar auch soeben ausgeführt hat, daß nämlich dieses Ministerium für wissenschaftliche Forschung zu einem Ministerium für wissenschaftliche Forschung — eventuell Technik — und Bildungsplanung werden muß. Die Zuständigkeit für den Bildungsrat gehört hier mit hinein, und wir halten es nach wie vor für abwegig, daß Wissenschaftsrat und Bildungsrat nicht nur organisatorisch derartig getrennt sind, sondern auch noch in verschiedenen Ressorts beheimatet sind bzw. ihnen zugeteilt werden. Das ist auf die Dauer einfach nicht sinnvoll, es ist unerträglich. Darum geht es uns.Wir haben auch genaue Vorstellungen darüber, wie man die Verfassung ergänzen muß, um dem Bund eine Kompetenz etwa für die Forschungsorganisation, die Hochschulorganisation zu geben. Wir glauben sogar, daß man eines Tages auch in der Lehrerbildung zu einer Rahmengesetzgebung des Bundes kommen muß, wobei ich mir allerdings darüber im klaren bin — das muß ich hier offen aussprechen —, daß gewisse Konkordate dem entgegenstehen, weil sie diese Frage ein für allemal festgelegt haben, so z. B. das Niedersachsen-Konkordat in bezug auf die Pädagogische Hochschule Vechta.Hier sind also objektive Schwierigkeiten vorhanden. Aber den Willen, die Rahmenkompetenz des Bundes zu erweitern, sollten wir meiner Ansicht nach hier ernsthaft vertreten und müssen ihn auch vertreten. Ich glaube, auch in Ihrer Fraktion, Frau Kollegin Geisendörfer, gibt es sehr prominente Sprecher, die das vertreten, die ich allerdings heute hier nicht sehe. Es scheint mir sehr bemerkenswert zu sein, daß Sie als Vertreterin der CSU hierzu gesprochen und uns zunächst unterstellt haben, wir wollten einen Bundeskultusminister. Wir sind uns längst darüber klar, daß eine Schulkompetenz des Bundes, die dieses Kultusministerium haben müßte, schon aus Gründen des Reichskonkordats gar nicht in Frage kommt, weil wir dieses Konkordat auf diese Weise nicht in Kraft setzen wollen. Wir sind statt dessen aber der Meinung, daß man in der Bildungsplanung und vor allem in der Forschungsorganisation die Rahmenkompetenz des Bundes erweitern müßte. Ich sehe aus Ihren Ausführungen, daß offensichtlich innerhalb der CDU/CSU eine Diskrepanz über die Möglichkeiten besteht, die dazu gegeben sind. Das ist auch nicht neu. Die Kollegen von der CDU waren sehr oft zusammen mit der SPD und der FDP der Meinung, die wir in unserem Antrag hier zum Ausdruck gebracht haben. Es ist doch wohl bezeichnend, daß die gleiche Gruppe, die sich in diesem Parlament so vehement für die europäische Zusammenarbeit einsetzt, offensichtlich die Möglichkeit der Zusammenarbeit nicht so sehr hoch
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Moerscheinschätzt, wenn es darum geht, die Zusammenarbeit innerhalb der Bundesregierung zu verbessern und innerhalb des Bundes den Bundesstaat stärker zur Geltung zu bringen. Ich sehe darin einen eklatanten Widerspruch zu Ihrer Argumentation, wenn Sie sagen: Bayern zuerst und dann Europa zuerst, der Bund jedenfalls zuletzt. Das scheint mir nicht sehr logisch zu sein.
Frau Geisendörfer möchte eine Frage stellen. — Bitte!
Herr Kollege, haben Sie nicht gehört, daß ich vorhin genau auf die europäische Zusammenarbeit abgestellt habe, daß dieser Gedanke vorhin zum erstenmal von mir ausgesprochen worden ist?
Eben, Frau Kollegin Geisendörfer! Gerade deswegen meine ich, daß es ganz unlogisch ist, wenn Sie das so sehr betonen, wenn Sie nicht bereit sind, zunächst einmal die Zusammenarbeit im Bund zu stärken. Wie wollen wir es den Europäern klarmachen, daß wir hier leistungsfähig und kooperationsfähig sind, wenn wir gleichzeitig zeigen, daß wir unfähig sind zur Kooperation innerhalb der Bundesregierung und zur Bereinigung der Organisation selbst. Das können Sie doch niemandem klarmachen. Darum geht es in Wahrheit. Das ist der Bruch in der Logik Ihrer Argumentation.Ich kann Ihnen sagen, daß uns Ihre Gedanken zu diesem Punkt längst vertraut sind. Sie sind von Herrn Höcherl — damals noch Innenminister, ein wirklich witziger Innenminister; das unterscheidet ihn vielleicht von seinem Nachfolger — schon einmal im Parlament dargelegt worden, bei einer Debatte im Jahre 1962. Das war eine bemerkenswerte Antwort auf eine Große Anfrage der SPD, wie ich glaube.
— Herr Dr. Lohmar, das Urheberrecht sei Ihnen dankbar zuerkannt. Aber Sie sind durch die Gründe, die Sie zur Bildung dieser Koalition veranlaßt haben, jetzt offensichtlich etwas in Ihren Möglichkeiten gedämpft. Sie haben das vorhin selbst so ausgedrückt. Wir haben da praktische Erfahrungen, und wir könnten Ihnen vielleicht noch manchen kleinen Tip geben, damit Sie nicht allzuviel Lehrgeld zahlen müssen.Herr Höcherl hat damals gesagt: Die Regierung ist der Auffassung,— das war die Regierung Adenauer, der die FDP angehört hat, 1962 —daß die in vielen Ressorts betreute wissenschaftliche Forschung keines besonderen Ministeriums für die Koordinierung bedarf. Die gegenseitige Abstimmung erfolgt in einem interministeriellen Ausschuß unter dem Vorsitzdes Innenministers, in dem alle an der Forschung interessierten Ressorts vertreten sind. Wir gehören nicht zu den Institutionsgläubigen und Organisationsgläubigen. Wir glauben, daß die Lockerung und lose Zusammenarbeit am runden Tisch,— vor allen Dingen am runden Tisch, möchte ich betonen —getragen von gutwilligen Kräften,— das kommt natürlich noch hinzu —bessere Erfolge erzielt als das der Einzwängungen und des Einpressens in Institutionen und Organisationen.Ich meine, das ist eine Antwort gewesen, die natürlich nicht befriedigt hat und die übrigens auch, soweit mir bekannt ist, im Kabinett niemals in dieser Form abgesprochen war,
das möchte ich gleich hinzufügen.
Ein Jahr später aber hat die durchaus gegenteilige Maßnahme dann offensichtlich allgemeine Zustimmung gefunden, nämlich die Gründung des Bundesministeriums für wissenschaftliche Forschung. Das ist sozusagen der Weg von Etappe zu Etappe, den wir hier zurückgelegt haben, auch in der Erkenntnis. Nur: die Sprecherin der CDU/CSU scheint mir doch heute noch sehr stark auf der Basis zu stehen, die Herr Höcherl damals schon relativ einsam in diesem. Parlament 1962 vertreten hat.
— Nun gut; es gibt auch die Echternacher Springprozession, liebe Kollegin Geisendörfer, und die geht bekanntlich zwei Schritte vor und einen Schritt zurück. Ich hatte vorhin den Eindruck, daß Sie jetzt gerade beim Rückschritt sind.
— Ich bin da ebensowenig sachverständig wie die Frau Kollegin Geisendörfer, das möchte ich Ihnen, Herr Köppler, gern zugestehen. Aber trotzdem sollte es auch Protestanten erlaubt sein, über die Echternacher Springprozession zu sprechen.
—Gut. Aber jedenfalls meine ich, daß Ihre Gründe, die Sie hier gegen unseren Antrag vorgebracht haben — es war ein deutliches „Ja-aber" dabei —, gar nicht durchschlagend sind, daß .aber vieles, was Sie gesagt haben, eigentlich unseren Antrag geradezu noch unterstreicht.
Ich möchte die Kollegen von der SPD ebenso wie die Kollegen von der CDU — von denen ich hoffe, daß sich vielleicht doch noch jemand in dieser Sache zum Wort meldet — dringend bitten, daß wir im Ausschuß zu einem klaren Votum in der Sache kommen. Ich hoffe, das wird auch auf diese Bundesregierung nicht ohne Eindruck 'bleiben. Wir 'handeln hier
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Moerschnicht für .den einen oder den anderen oder gegen den einen oder den anderen Minister, wir handeln hier für eine Sache. Wenn wir glaubwürdig darlegen wollen, daß wir aus Euratom künftig eine europäische Wissenschaftsgemeinschaft machen wollen — wie ich hoffe, dann auch mit den Engländern und den Skandinaviern zusammen, die gehören nämlich für mich auch zu Europa und nicht nur die Sechs —, wenn uns das gelingen soll, diese europäische Wissenschaftsgemeinschaft zu schaffen, .die aus Gründen der europäischen wissenschaftlichen Situation dringend notwendig ist .gegenüber den Großen, den Giganten in der wissenschaftlichen Forschung, dann müssen wir jetzt anfangen, in diesem Parlament den Willen zu bekunden, wenigstens unser Haus, nämlich das „Bundeshaus" im weitesten Sinne, die Bundesorganisation in Ordnung zu bringen; dann müssen wir uns klarmachen, daß wir erst dann mit Respekt auf die Länder einwirken können, zu einer besseren Zusammenarbeit zu kommen, wenn wir hier einmal klare Kompetenzzen geschaffen haben. Und dann wird es uns auch möglich sein, Gesprächspartner einer europäischen Zusammenarbeit zu sein.Wer also von Europa spricht, kann gar nicht umhin, unseren Antrag in diesem Sinne zu unterstützen.
Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium des Innern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht auf die Fülle von Einzelfragen eingehen, die von den Damen und Herren, die sich an der Diskussion beteiligt haben, aufgeworfen worden sind, sondern nur noch einige grundsätzliche Bemerkungen anfügen.
Ich möchte, Herr Kollege Moersch, jetzt nicht die Frage wiederholen, welche Motive hinter dem FDP-Antrag stecken, ob es sich nicht doch um die berühmte Frage der Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiete der Kulturpolitik, um ein Bundeskultusministerium, oder wie immer man es nennen mag, handelt. Sie haben das beinahe im selben Satz von sich gewiesen als ein Ihnen, wie Sie meinten, unterstelltes Motiv; und im gleichen Satz, wenn ich mich richtig entsinne, haben Sie die Erweiterung der Rahmenkompetenz des Bundes auf diesem Gebiet gefordert. Das kann man also nennen, wie man will — dann ist das also ein Ministerium für die erweiterten 'Rahmenkompetenzen des Bundes oder so etwas. Es ist eine Frage de's Etiketts, nicht der Sache. Ich würde von mir aus jedenfalls meinen, daß man in 'dieser Stunde auf diese Frage überhaupt nicht eingehen sollte. Insoweit liegt kein Antrag hier vor. Zur Beurteilung des Hintergrundes des gegenwärtig zur Debatte stehenden Antrages mag das von Bedeutung sein; aber im übrigen scheint es mir nicht so sehr fruchtbar zu sein, hier über einen Antrag, der dem Hause gar nicht vorliegt, sondern allenfalls in der Zukunft einmal zur Erörterung steht, weiter zu diskutieren.
Nun habe ich sowohl von Herrn Kollegen Dr. Mühlhan als auch von Herrn Kollegen Moersch die Behauptung gehört, es gebe innerhalb ,der Bundesregierung auf dein Gebiete, das uns beschäftigt, unklare Kompetenzen. Herr Kollege Dr. Mühlhan hat sogar davon gesprochen, daß die Unordnung der Kompetenzverhältnisse innerhalb der Bundesregierung sehr groß sei, daß das Bundes'innenm'inisterium eine Reihe von Sachgebieten habe, die ihm vollkommen sachfremd seien.
Ich darf demgegenüber sagen, daß die Behauptung, die Kompetenzverhältnisse seien unklar, sicherlich falsch ist. Es ist eindeutig klar, welche Sachgebiete in welchem Haus bearbeitet werden. Es ist also nicht eine Frage der Klarheit oder Unklarheit.
— Herr Kollege, wenn wir uns über eine Sache verständigen wollen, wollen wir uns zunächst sprachlich zu verständigen versuchen.
— Sofort. Ich darf nur noch meinen Gedanken zu Ende bringen.
Sie können argumentieren — und darüber können wir im Einzelfall reden —, daß die Regelung, so wie sie ist, unzweckmäßig ist. Daß etwas unklar sei, kann man höchstens für die Behauptung sagen, daß das' Deutsche Historische Institut in Rom noch dem Bundesinnenministerium unterstellt sei. Soweit liegt eine Unklarheit vor, aber nicht innerhalb der Bundesregierung, sondern bei Ihnen. Seit Anfang 1966 untersteht es nämlich der Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums nicht mehr. Darüber gibt es innerhalb der Bundesregierung bei den beteiligten Ressorts keine Unklarheit.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Ertl!
Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie dann dem zu, daß es sich hier um eine klare Zersplitterung handelt?
Ich wollte gerade auf die Frage der Zweckmäßigkeit 'zu sprechen kommen. Sie können also argumentieren — ich brauche das ja nicht alles zu wiederholen —, dies sei aus den und jenen Gründen unzweckmäßig oder es würde zweckmäßigerweise anders gemacht. Aber unklar ist gar nichts. — Bitte schön!
Herr Dr. Mühlhan!
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5041
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß das Innenministerium der Bundesrepublik das einzige Innenministerium der Welt ist, das in einem solchen Ausmaß, wie es jetzt beim Bundesinnenministerium der Fall ist, kulturpolitische Kompetenzen hat?
Ich bin sehr dankbar für den Hinweis, Herr Kollege. Sie haben vorhin die Fähigkeit der Bediensteten des Bundesinnenministeriums, sich etwa mit der Frage der Archäologie oder mit verwandten Gebieten zu befassen, in Zweifel gezogen. Um zu beweisen, daß wir auch dazu fähig sind, haben wir in den Archiven herumgekramt und uns u. a. Ihre Rede von 1966 vor diesem Hohen Hause im Rahmen der Aussprache über die Regierungserklärung noch einmal vorgenommen. Ich erwähne sie deshalb, weil Sie dieselbe Behauptung, die jetzt in Ihrer Frage zum Ausdruck kommt, damals schon aufgestellt haben. Wir sind ihr selbstverständlich nachgegangen 'und haben festgestellt, daß die Behauptung, die Ihrer Frage zugrunde liegt, falsch ist. Um nur ein Beispiel zu nennen: Innerhalb der Schweizer Bundesregierung ressortieren alle kulturellen Angelegenheiten beim Departement des Innern.
So ist die Situation. Die Unterstellung, von der Sie ausgehen, ist eben nicht richtig, und wahrscheinlich sind die Folgerungen, die Sie daraus ziehen wollen, auch nicht zutreffend.
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5042 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967
b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes— Drucksache V/1517 —Eine Aussprache wird nicht gewünscht.Beim Punkt 8 a) soll nach dem Überweisungsvorschlag des Ältestenrates der Auswärtige Ausschuß federführend sein. Dem Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen und dem Ausschuß für Entwicklungshilfe sowie dem Haushaltsausschuß — gemäß § 96 der Geschäftsordnung — soll die Vorlage zur Mitberatung überwiesen werden. Bei dem Achten Gesetz zur Änderung des Zollgesetzes soll die Überweisung an den Ausschuß für Mittelstandsfragen und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung erfolgen. — Das Haus ist mit den Überweisungsvorschlägen des Ältestenrates einverstanden; es ist so beschlossen.Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes— Drucksache V/1601 —Eine Aussprache wird nicht gewünscht. Ist das Haus mit der Überweisung an den Ausschuß für Gesundheitswesen — federführend - und den Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen einverstanden? — Es ist so beschlossen.Wir kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung:Erste Beratung der von der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe einesa) Gesetzes zu dem Internationalen Übereinkommen vom 2. Dezember 1961 zum Schutz von Pflanzenzüchtungenb) Gesetzes über den Schutz von Pflanzensorten
c) Gesetzes über den Verkehr mit Saatgut
— Drucksache V/1630 —Eine Aussprache wird nicht gewünscht. Der Ältestenrat schlägt die Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — federführend — an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung und gemäß § 96 der Geschäftsordnung sowie an den Rechtsausschuß zur Mitberatung vor. — DasHaus stimmt den Überweisungsvorschlag des Ältestenrates zu.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Durchführungsgesetzes EWG Milch und Milcherzeugnisse und des Durchführungsgesetzes EWG Getreide— Drucksache V/1623 —Eine Aussprache wird nicht begehrt. Der Ältestenrat schlägt die Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — federführend — und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen zur Mitberatung vor. — Dem Überweisungsvorschlag wird zugestimmt.Ich rufe den Punkt 12 der Tagesordnung auf:Beratung des Antrags der Abgeordneten Ertl, Dr. Effertz, Logemann, Wächter, Reichmann, Walter und der Fraktion der FDP betr. schnelle Behebung von Sturmschäden in Privat- und Staatswaldungen— Drucksache V/1558 —Das Wort zur Begründung des Antrags hat der Abgeordnete Ertl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als dieser Antrag vorgelegt wurde, gab es zur selben Zeit eine Reihe von Kleinen Anfragen, eine Anfrage der CDU/CSU, und immer wieder hat die Regierung dazu erklärt, sie werde die Situation, die sich aus den Sturmschäden ergibt, prüfen und auch geeignete Maßnahmen vorschlagen. Wir als Freie Demokraten halten es daher für sinnvoll, daß dieser Antrag nun der Bundesregierung Gelegenheit gibt, noch einmal konkret Schritte einzuleiten, um der deutschen Forstwirtschaft in einer schwierigen Situation zu helfen.Als die Sturmschäden im Februar eintraten, war auch auf dem forstlichen und insbesondere dem holzwirtschaftlichen Sektor die Situation bereits weitgehend durch rote Zahlen gekennzeichnet, und zwar nicht nur im privaten Bereich, sondern auch in weiten Bereichen der Staatsforste. Nun kam der Sturmschaden mit über 10 Millionen Festmetern, die — wenn Sie durch das Land ziehen, stellen Sie das fest — heute noch zum Teil liegen, noch nicht einmal aufgearbeitet sind, und zwar ebenso in Schleswig-Holstein wie in Baden-Württemberg oder in Bayern. Wir meinen, daß es im Sinne der Zielsetzung der neuen Bundesregierung — „Es wird regiert", „es wird gehandelt!" — Zeit ist, daß Maßnahmen ergriffen werden. Deshalb haben wir hier eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet, die sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluß sind und die in den Ausschußberatungen noch in Einzelheiten zu diskutieren sein werden, die aber nach unserer Meinung einen Weg zeigen, um die schwierigsten Situationen zu beheben.Wir schlagen zunächst vor, zu prüfen, inwieweitdie Importe von Holz und Holzprodukten, die ohne- hin ausreichend im Bundesgebiet oder durch die
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ErtlSturmkatastrophen außerplanmäßig zur Verfügung stehen, gestoppt werden können. Mit Recht wird man sagen: Das läßt sich mit unserer Handelspolitik nicht vereinbaren, schon gar nicht mit der sich jetzt öffnenden Ostpolitik. Wir anerkennen die Schwierigkeiten. Wir haben ja auch gesagt: die Bundesregierung möge prüfen. Wir wissen aber, daß beispielsweise Ungarn auf einem anderen Sektor entgegengekommen ist. Als wir mit Rindern Absatzschwierigkeiten hatten, haben sich die Ungarn von sich aus verpflichtet, zwei Monate lang stillzuhalten. Ich bin der Meinung, daß man in dieser Frage zu einer Entscheidung kommen muß und daß es sicher auch Möglichkeiten gibt, hier zumindest den deutschen Markt in der jetzigen Situation nicht durch Importe zusätzlich zu belasten. 50 % des bei uns verarbeiteten Holzes kommt aus Importen. Daher spielen die Holzimporte hier eine sehr entscheidende Rolle.In diesem Zusammenhang hat die Bundesregierung von sich aus Schritte unternommen, den Export zu fördern. Wir begrüßen diese Maßnahmen, wären aber auch sehr dankbar, — —
- Ich bin ja kein Fraktionsvorsitzender und kann mich nicht einmal beschweren! Nicht ein einziges Mitglied dieser Regierung ist noch hier! Aber ein Abgeordneter, der bis nach Bayern fahren muß, muß noch um 1 Uhr hier sein!
Wir begrüßen es, daß die Bundesregierung die Exportförderung beabsichtigt hat. In diesem Fall wäre es interessant, von der Regierung zu hören, welche Ergebnisse diese Bemühungen bisher gebracht haben und inwieweit auch im EWG-Bereich Schritte für den Holzabsatz und ähnliches eingeleitet werden, beispielsweise bei jenen Ländern, die eine Unterbilanz in Holz haben, z. B. Italien.Wir haben als zweites vorgeschlagen, die Frage der Tarife im Verkehr und insbesondere der Tarifbenachteiligung zu prüfen. Mir liegen Unterlagen vor, wonach die Bundesregierung beispielsweise im Rahmen des deutsch-tschechoslowakischen Gütertarifs einen Sondertarif für Faserholz eingeräumt hat, der sich so auswirkt, daß der Festmeter Faserholz aus der Tschechoslowakei um rund 3 DM begünstigt wird gegenüber den Transporttarifen für deutsches Holz. Hier besteht natürlich weiß Gott eine Benachteiligung. Man müßte wenigstens zu einer Regelung dahin kommen, daß die Tarife für deutsches Holz die gleichen sind wie die für Importhölzer. Diese Frage müßte von der Bundesregierung im Benehmen mit der Bundesbahn geprüft werden, und es müßte hier endlich etwas unternommen werden.Ich möchte mich wegen der knappen Zeit nicht auf die Frage des Güterverkehrs, auf die Nahverkehrszone und solche Einzelheiten einlassen.Wir haben in einem dritten Punkt vorgeschlagen, gegebenenfalls zinsverbilligte Kredite zur Verfügung zu stellen. Die Bundesregierung erklärt, das sei Ländersache.Man könnte daran denken, daß man auch im Rahmen des Grünen Planes Möglichkeiten findet, um zumindest sicherzustellen, daß das Holz, das jetzt nicht zum Markt gebracht werden kann, nicht völlig verfault.Etwas Ähnliches gilt natürlich auch für die Schädlingsbekämpfung. Nicht zuletzt stellt sich das Problem: Sind überhaupt genügend Arbeitskräfte zur Aufarbeitung da? Als ergänzende Maßnahme wäre ein befristeter Erlaß des Lastenausgleiches in Betracht zu ziehen.Es stellt sich ferner die Frage, wie wir Holz bei öffentlichen Bauten besser verwenden können, ein Problem, das dieses Hohe Haus schon wiederholt, aber, wie ich meine, mit nicht sehr großem Erfolg und ohne wesentliches Ergebnis beschäftigt hat. Mir ist berichtet worden, daß beim Bau des großen NATO-Hauptquartiers, das eben in Brüssel vollendet worden ist, wobei wir über 50 % der Kosten getragen haben, nicht daran gedacht worden ist, in sehr starkem Maße auch Holz zu verwenden. Auch bei Bauten der Bundeswehr wäre es manchmal nicht nur sinnvoller, sondern auch für die Förderung der einheimischen Forstwirtschaft dienlicher, wenn man an Stelle von Beton das Holz verwenden und es nicht ganz vergessen würde.
— Für den Brand spielt Holz heute keine Rolle mehr.
— Auch beim Aussiedlerhof, eingeräumt, und dergleichen mehr!Ich möchte nur am Rande erwähnen: es wäre gerade in diesem Zusammenhang die Frage zu prüfen, inwieweit die Gasöl-Betriebsbeihilfe auf die Forstwirtschaft angewendet werden könnte.Lassen Sie mich eine Schlußbemerkung machen. Man könnte ja leicht fragen: Ist das alles so sehr notwendig, ist es überhaupt sinnvoll, brauchen wir das? — Nun, die Fragen sind nicht nur für den Waldbesitzer von Interesse, sondern auch für die Allgemeinheit. Ich habe im März im Feuilleton der „Welt" einen sehr interessanten Artikel von Germain Bazin, dem Direktor des Louvre, gelesen. In dem Artikel schrieb er, daß unsere Erde zur kahlgefressenen Kugel zu werden droht. Er wies darauf hin, daß die große Unwetterkatastrophe in Florenz nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, daß dort durch Devastierung, durch ständige Abholzung der Forsten gesündigt wurde. Italien hat heute stark unter der Erosion zu leiden, die auf die viel zu starke Abholzung der dortigen Waldungen zurückzuführen ist.Wir sollten daher unsere Forstwirtschaft lebens- und leistungsfähig halten. Angesichts einer Naturkatastrophe besonderen Ausmaßes ist es die Pflicht des Parlaments wie der Regierung, nach Wegen zu suchen, durch die auf die Dauer die größten Schwierigkeiten vermieden werden. Es müssen aber auch
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ErtlMöglichkeiten eröffnet werden, daß unsere Forstwirtschaft in Zukunft ihren Auftrag als Teil unserer Landwirtschaft, aber auch für die Gesundheit unserer Luft und des Wasserhaushalts, darüber hinaus aber auch als wertvoller Teil unserer Volkswirtschaft erfüllen kann. Daher sollte die Bundesregierung besonders darangehen, mit tatkräftigen Maßnahmen mitzuhelfen, die Schwierigkeiten zu beheben.
Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat der Abgeordnete Stooß.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist bedauerlich, daß .wir hier ein Thema unter Zeitdruck behandeln müssen, das wichtig genug wäre, ausführlich besprochen zu werden.
Aber weil die Uhr schon ziemlich vorgerückt ist, möchte ich mich nur auf die wichtigsten Punkte beschränken.Zur Aussprache steht die Katastrophe, die in den letzten Februartagen und im März über den deutschen Wald gekommen ist, verursacht durch die orkanartigen Stürme. Etwa 10 Millionen Festmeter Holz wurden in deutschen Waldungen — von den Alpen bis zur dänischen Grenze — geworfen. In den letzten Jahrzehnten haben wir nur eine solche Katastrophe gehabt. Das war schon im Jahre 1940. Damals sind insgesamt 16 Millionen Festmeter im ganzen Reichsgebiet Sturmholz angefallen.Bei den Schäden in diesem Frühjahr liegt der Schwerpunkt im südwestdeutschen Raum. Allein in Baden-Württemberg sind 5 Millionen Festmeter geworfen worden. Hinzu kommt in unserem Land noch ein Sturmschaden vom letzten Jahre in Höhe von 0,5 Millionen Festmetern. Aber auch in Bayern, in Hessen und in Schleswig-Holstein sind schwere Sturmschäden entstanden.Diese Lage hat zu Initiativen einer Anzahl Abgeordneter dieses Hauses geführt. Wie uns bekanntgeworden ist, sind schriftliche Vorstellungen beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erhoben worden. Mündliche Anfragen sind gestellt worden; ich habe selber eine solche gestellt. Eine Kleine Anfrage ist von den Kollegen Bewerunge, Dr. Reinhard, Bauer und Bauknecht eingebracht worden. Schließlich ist uns noch der Antrag unterbreitet worden, der heute zur Behandlung steht, der Antrag der Kollegen Ertl, Dr. Effertz und anderen.
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— Jawohl, Herr Kollege. Deshalb will ich auch gar nicht im 'einzelnen die Maßnahmen erwähnen. Es wäre sehr viel dazu zu sagen. Aber darauf möchte ich doch noch hinweisen, daß verkehrspolitische Maßnahmen der verschiedensten Art für den Abtransport des Holzes von ,allergrößter Bedeutung sind. Ich will auch sie, Herr Kollege, hier nicht aufzählen. Man müßte auch dazu Verschiedenes erwähnen. Ich bin gern bereit, im Ausschuß dazueingehend zu sprechen.Eine Frage möchte ich noch aufgreifen, die vorhin schon angesprochen worden ist. Es drängt sich in dieser Situation die Forderung auf, der Forstwirtschaft die Dieselkraftstoffverbilligung in gleichem Maße einzuräumen wie der Landwirtschaft.Abschließend: Wir halten auch Beihilfen und Zinsverbilligungen für die Aufarbeitung und Verarbeitung des Sturmholzes und für die Wiederaufforstung abgeholzter Flächen für unbedingt notwendig. Auch darüber soll eingehend im Ausschuß gesprochen werden. Ich hoffe, daß wir dann zu Beschlüssen kommen, die bei der katastrophalen Lage, die wir heute in der Forstwirtschaft und auf dem Holzmarkt haben, wirksam genug sind. Jedenfalls ist durch die Sturmkatastrophe im Wald und in der Forstwirtschaft eine Lage entstanden, der nur durch die Zusammenfassung aller Kräfte und aller Maßnahmen des Waldbesitzes und der Forstverwaltungen der Länder, vor allem aber auch durch die Maßnahmen des Bundes, wirksam zu begegnen ist. Es geht hier nicht nur um den Wald und um die Forstwirtschaft, sondern hier wird das Allgemeininteresse berührt. Der deutsche Wald muß so erhalten werden, daß unser Volk in Stadt und Land auch in Zukunft die Segnungen des Waldes in jeder Hinsicht genießen kann.
Das Wort hat der Abgeordnete Dröscher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich entschuldige mich nicht dafür, daß ich jetzt fünf Minuten zu diesem Problem reden werde; denn für jede Minute, die wir in diesen Jahren der entscheidenden Weichenstellung in der Forst- undWaldwirtschaft zuwenig hier im Bundestag reden, werden wir Monate und Jahre diskutieren müssen, wenn wir jetzt versäumen, die eingetretenen Schäden zu beheben.
Was durch den Sturm geschehen ist, das ist, wie wenn 'der Blitz eingeschlagen hätte; und in dem Licht dieses Blitzes sehen wir nun, was in der Forstwirtschaft auf uns zukommt, wenn wir erst beginnen, uns näher mit diesen Fragen zu beschäftigen.Wer wie ich selbst und wie viele Kollegen durch sein kommunales Amt Tausende von Hektar Wald zu verwalten hat oder als Eigentümer darüber verfügt, weiß, daß wir in der zweiten industriellen Revolution, in dieser Phase des Wirtschaftens, in eine ganz andere, in eine sich nicht mehr oder kaum noch verändernde schwierige Situation hinsichtlich des ökonomischen Ergebnisses des Waldes hineingeraten sind und daß gerade in einer solchen Lage Schäden, wie sie jetzt katastrophenartig gekommen sind, in die Substanz eingreifen und an vielen Orten nicht mehr zu reparieren sind, wenn nicht das große Ganze gesehen und von der Allgemeinheit her geholfen wird. Insofern begrüßen wir diesen Antrag der Freien Demokraten. Alles, was dazu zu sagen ist, werden wir natürlich im Landwirtschaftsausschuß sagen müssen; aber vielleicht werden wir auch in andere Ausschüsse gehen müssen; denn gerade die Verkehrs- und Transportfragen spielen in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle.Ich will mich darauf beschränken, hier zwei oder drei Gedanken, die in diesem Zusammenhang wichtig sind, herauszustellen, gewissermaßen als Einleitung für die Diskussion, die wir in den Ausschüssen haben müssen. Um dieses konkrete Problem der Sturmschäden in den Ausschüssen behandeln zu können, muß man vorausstellen, daß es nur ein Teil einer umfassenden Frage ist, die wir in der gesamten deutschen Wirtschaft, in der Volkswirtschaft, aber auch — ich möchte beinahe sagen — im Sinne unserer Volksgesundheit und der Gesunderhaltung von Wasser, Luft und allen diesen Dingen lösen müssen. Wir werden jetzt mit der Nase darauf gestoßen, daß hier etwas geschehen muß, und wir sollten vielleicht einmal in einem anderen Zusammenhang eine ausgedehnte Diskusison dieser Frage in diesem Hause haben.
Andere Völker haben das, was sie versäumt haben, in unseren Tagen schon bitter bezahlt. Nicht nur in Kalifornien, nicht nur in Italien besteht doch dieses Problem, es besteht eigentlich in der ganzen Welt. Wir sind deshalb in den Jahren gut davongekommen, weil die ökonomischen Leistungen des Waldes in diesem Volk, das so ungeheuer viel aufgebaut hat, den Wald sich selbst finanziell tragend gehalten haben.Aber wir sind jetzt an einer Wende. Die zweite industrielle Revolution faßt auch diese Primärproduktion des Holzes an und verändert ihre Voraussetzungen. Wir müssen mit den Ländern darüber reden, was in der Verwaltung vereinfacht, verbilligt
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Dröscherwerden kann; denn in der Forstverwaltung bleiben im Gegensatz zu den Waldarbeitern, wo heute wirklich rationell gearbeitet wird und wo man glänzende Leistungen vollbringt — das ist hier schon herausgestellt worden —, entscheidende Möglichkeiten zur Verbesserung der ökonomischen Bedingungen. Darüber hinaus muß dann auch, wenn das gelöst ist, klargestellt werden, wie man die Wohlfahrtswirkung des Waldes honorieren will. Auch das ist eine der Fragen.Meine Damen und Herren, die Probleme, die hier im Antrag der Freien Demokraten gemeint sind — wir hatten übrigens die ganze Frage der Forstwirtschaft schon in unserer Kleinen Anfrage im. Januar dieses Jahres eingebracht —, sind in der Tat mit einer vernünftigen Regelung des Imports, die mit unseren Außenpolitikern und mit unseren Wirtschaftspolitikern sehr hart umkämpft werden wird, in einen — ich möchte einmal sagen — gewissen Einklang zu bringen.Zum anderen müssen wir darauf achten, daß wir helfen können, wenn wir in der Frage der Verfrachtung ein bißchen die Weichen stellen. Da ist ja der Schwarzwald, und da sind die marktfernen Gebiete, denen im Wege des Fernverkehrs über die Achse — sie haben ja kaum Anschlußgleise für die Bahn — unter Umständen in einer solchen Zeit mit günstigeren Bedingungen geholfen werden kann. Man müßte die Frage klären, ob das nasse Holz jetzt gewogen transportiert werden kann oder ob man nicht in einer Übergangszeit, um konkurrenzfähig zu bleiben, nach Kubikmetern transportieren kann. Alle diese Dinge sollten da behandelt werden; es ist hier nicht der Platz, das zu tun. Wir wollen es an den Ausschuß überweisen, wollen uns aber vornehmen — ich glaube, das sollte diese blitzlichtartige Erhellung der Situation uns aufgeben —, in absehbarer Zeit einmal hier vor dem Hohen Hause die Lage unserer Forstwirtschaft sowie die Wohlfahrtswirkung des Waldes insgesamt ausführlich zu diskutieren.
Wir können die Aussprache schließen. Die vorgesehene Überweisung ist akzeptiert? — Es ist so beschlossen.
Punkt 13 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Ramms, Wendelborn, Schmidt und Genossen
betr. Sicherheit im Verkehr
— Drucksache V/1573 —
Vorgeschlagen ist die Überweisung an den Verkehrsausschuß. — Es ist so beschlossen.
Punkt 14 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Müller-Hermann, Lemmrich, Holkenbrink
und Genossen eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Förderung der Verbesserung
der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden
— Drucksache V/1175 —
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Könen.
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— Drucksache V/1452 —b) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes— Drucksache V/1622 —c) Beratung des Antrages der Abgeordneten Dr. Schmidt , Bading, Mertes, Elbrächter und Genossenbetr. steuerliche Regelung für Elektrofahrzeuge— Drucksache V/1638 —Das Wort hat der Herr Abgeordnete Erhard.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Situation in diesem Saale legt den Gedanken nahe, man befände sich in einer Rednerschule gleich Demosthenes. Der Blick nach rechts auf die Regierungsbank beweist, wie wichtig der Regierung mindestens mit ihren Vertretern die Debatte in diesem Hause über Gesetzesvorschläge der Fraktionen und von Gruppen ist.
Das alles soll uns — ich möchte an meinen Herrn Vorredner anschließen und sagen: die hartnäckigen Parlamentarier — aber nicht hindern, trotzdem über Sachfragen zu beraten, die nicht mit wenigen Worten abgetan werden können, die unmittelbar mehr als 10 Millionen Kraftfahrzeughalter betreffen und die wegen all der Fragen, die damit zusammenhängen, von der Gesundheit bis zur Sicherheit auf der Straße, die ganze Bevölkerung angehen.
Der Gesetzesvorschlag, der von einer Gruppe von CDU-Kollegen eingebracht worden ist, enthält fünf Vorschläge zur Änderung der Kraftfahrzeugsteuer, erstens, den Personenlinienverkehr von der Kraftfahrzeugsteuer ganz, nicht nur halb, wie zur Zeit, freizustellen, zweitens, den Grenzeingangsverkehr beim Güterkraftverkehr an die deutschen Steuersätze für die inländischen Unternehmer anzugleichen, drittens die Steuer, die für Tage entsteht, an denen sich der deutsche Güterkraftverkehr mit seinen Fahrzeugen nicht auf deutschen Straßen, sondern im Ausland abwickelt, von einer bestimmten Grenze an zurückzuerstatten, viertens die Einführung eines Leistungsfaktors, also einer Steuerermäßigung im Lkw-Verkehr bei größerer Leistung im Verhältnis zum Gesamtgewicht und fünftens — das Wichtigste — die Änderung der Bemessungsgrundlage im Pkw-Verkehr.Ich möchte mir einige Vorbemerkungen erlauben, damit kein Mißverständnis entsteht. Der Gruppenantrag ist bewußt Gruppenantrag und nicht Fraktionsantrag. Denn eine so schwierige Materie kann nur in engem Zusammenwirken von Bundestag und Regierung ausgewogen geregelt werden, weil der Bundestag nicht über so viele statistische Hilfsmittel verfügt wie naturgemäß eine umfangreiche Bürokratie. Diese offizielle Zusammenarbeit soll aber nicht hinter den Fraktions- und Ministerialtüren geschehen, sondern fraktionsoffen im Ausschuß erfolgen. Deswegen braucht man den Gruppenantrag.Die Frage der Steuerhöhe, wegen derer der Entwurf wiederholt in der Öffentlichkeit angegriffen worden ist, ist eine völlig untergeordnete Frage. Es ist nicht beabsichtigt, die Steuer zu erhöhen, sondern es ist lediglich beabsichtigt, die wesentlichen Grundlagen für die Steuer zu ändern. Für die Steuerhöhe muß man ein ausgewogenes System erarbeiten. Wir waren der Meinung, daß das ausgewogene System vorsehen muß, daß nicht große Gruppen besser verdienender Kraftfahrzeughalter geschont werden, also bei der Änderung des Systems weniger Steuer bezahlen müssen, und daß nur die Kleinen mehr Steuer zahlen müssen. Wenn man die Kleinen bei einer Änderung des Systems schon belasten muß, dann sollte man die Mittleren — das ist die große Mehrheit — jedenfalls nicht schonen.Der nächste Punkt meiner Vorbemerkung betrifft das Inkrafttreten. In dem Gesetzentwurf steht, daß das Gesetz erst em 1. Januar 1969 in Kraft treten soll. In der Begründung ist ein kleiner Druckfehler enthalten. Es heißt dort am Ende: 1968. Das ist aber nicht beabsichtigt, wie sich aus der Gesetzesformulierung klar ergibt.Der letzte Punkt meiner Vorbemerkung. Die Kraftfahrzeugsteuer fließt in die Länderkassen und nicht in die Bundeskasse. Die Länder haben allesamt einen bestimmten Schlüssel — in unterschiedlicher Höhe — für die Beteiligung der Gemeinden hinsichtlich ihres Straßenbaus vorgesehen, so daß die Länder seit 1963 mit Sicherheit mehr an Straßenbaumitteln ausgegeben haben, als sie an Kraftfahrzeugsteuer eingenommen haben. Ich wünschte, wir könnten das für den Bund bei der Mineralölsteuer in absehbarer Zeit auch erreichen.Einige wenige Gedanken zu den einzelnen Punkten.Zu Nr. 1 Die Entlastung des Personenlinienverkehrs ist schon von der Bundesregierung in der Drucksache IV/3602 auf Seite 17 als erforderlich und wünschenswert bezeichnet worden. Wir stoßen hier also offene Türen ein. Leider hat aber seit dem Jahre 1964, also seit der Zeit, wo die Bundesregierung das erklärt hat, keine entsprechende Gesetzesvorlage den Bundestag erreicht.Zu Nr. 2. Die wachsende Wettbewerbsverzerrung ist sehr beachtlich. Der ausländische Güterverkehr nimmt auf deutschen Straßen in einem außerordentlich großen Ausmaß zu. Während wir im Jahre 1966 eine Steigerung des Aufkommens beim deutschen Güterfernverkehr in Höhe von 0,2 % hatten, lag die Zuwachsrate beim ausländischen Güterkraft-
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verkehr auf deutschen Straßen bei über 13% und in den Jahren davor stets beim Drei-, Vier-, ja beinahe Fünffachen des Zuwachses des eigenen Verkehrs. Deswegen müssen die Sätze der Eingangsabgabe für den grenzüberschreitenden Verkehr auf die Höhe der deutschen Kraftfahrzeugsteuersätze angehoben werden. Die Wettbewerbsentzerrung läßt sich allerdings nicht allein durch die Eingangsabgabe, wie sie auch in dem Antrag der CDU unter dem Buchstaben b gefordert wird, bewerkstelligen, sondern muß. auch über die Rückerstattung der Kraftfahrzeugsteuer vorgenommen werden.Die Direktionen Verkehr und Wettbewerb der EWG-Kommission haben in einer Zusammenstellung vom 28. Juni 1966 darauf hingewiesen, daß die Niederlande, Belgien und Frankreich eigene gesetzliche Regelungen getroffen haben, die z. B. in den Niederlanden eine Steuerrückerstattung von bis zu 58 %, in Belgien bis zu 60 % vorsehen. Die mit Gesetz vom 6. Januar 1966 getroffene französische Regelung tritt erst am 1. Januar 1968 in Kraft und wird dann den Güterkraftverkehr von mehr als 3 t generell von der Kraftfahrzeugsteuer freistellen. Dänemark hat eine Regelung — natürlich außerhalb der EWG — vorgenommen und eine Steuerrückerstattung bis zu 50 % gesetzlich vorgeschrieben, so daß unsere Unternehmen alle entsprechend benachteiligt sind. Das soll abgeschafft werden.Zu Nr. 4. Der Leistungsfaktor, d. h. die Prämie für höhere Leistungen im Verhältnis zum Gesamtgewicht bei den gewerblichen Fahrzeugen ist etwas schwieriger und umstrittener. Wir schlagen vor eine Steuerermäßigung um je 5 % für jede Pferdestärke je Tonne Gesamtgewicht, die über das, was als Mindestmaß vorgeschrieben ist, erreicht wird. Das ist eine sehr vorsichtige Regelung, aber vielleicht ein Anreiz, um die größeren Kräfte nun doch in die einzelnen Fahrzeuge einzubauen. Außerdem soll es ein Anreiz dafür sein, daß die Turbinen als Antriebskräfte schneller und besser entwickelt werden, daß man sich hier die Erfahrungen von Amerika zunutze macht und daß außerdem nicht allzu viele sehr schwere und überschwere Fahrzeuge weiterhin auf unseren Straßen zu sehen sein werden. Wenn man nämlich die Zahlen über Herstellung und Verkauf dieser schweren Fahrzeuge betrachtet, dann kann man mit großer Überraschung feststellen, daß bei genereller Abnahme der neuzugelassenen Fahrzeuge im ersten Vierteljahr 1967 bei den überschweren, also mehr als 16 t schweren Fahrzeugen eine Zunahme gegenüber dem vorigen Jahr von rund 10% eingetreten ist. Es muß sich also immer noch sehr lohnen, sehr schwere Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. Ob das volkswirtschaftlich sinnvoll ist, ist eine Frage, die wir zu beantworten haben. Ich bin der Meinung, daß es volkswirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Darüber werden wir zu diskutieren haben. Wir müssen dabei auch der Frage nachgehen, ob es richtig ist, daß der schwere Lastwagen etwas höher besteuert wird als seither. Das muß man natürlich im Ausschuß klären. Nach dem Gesetzentwurf würden jedenfalls die schweren Kraftfahrzeuge, also die ganz schweren Lkw, höher besteuert, weil sie den Rabatt nicht erreichen können. Wir würden uns mit dieser Regelung den Vorstellungen anschließen, die dazu auch außerhalb unserer Grenzen entwickelt worden sind. Ich erinnere an den ASHO-Test in Amerika. Ich erinnere an den zur Zeit in Frankreich laufenden Test, bei dem sich schon jetzt ganz ähnliche Ergebnisse abzeichnen, wie sie in Amerika festgestellt wurden. Ich erinnere weiter daran, daß die überschweren Lastwagen an tödlichen Unfällen prozentual am stärksten beteiligt sind. Auch das ist ernsthaft in die Überlegungen einzubeziehen.Diese vorsichtige Regelung sieht jedenfalls nicht vor, was Dr. Deischl vorgeschlagen hat. Dr. Deischl hat in dem vorliegenden Entwurf zu einer Kraftfahrzeugsteueränderung eine Progression wesentlich höherer Art und auch einen wesentlich geringeren Rabatt vorgeschlagen. Wir sind dem nicht gefolgt. Der Vorschlag des Herrn Dr. Deischl würde z. B. bedeuten, daß für Fahrzeuge, die bei 20 t Gesamtgewicht mehr als 10 PS je Tonne Gesamtgewicht auf die Straße bringen, 6300 DM Kraftfahrzeugsteuer gezahlt werden müßten, während nach unserem Vorschlag nur 3625 DM an Jahressteuer entstünden. Bei Fahrzeugen, die das nicht erbringen, würde das Verhältnis sogar 7875 DM : 4530 DM betragen.Wir befinden uns mit unserem Vorschlag nicht in allerbester, aber doch in guter Gesellschaft. Wir sind auch wesentlich vorsichtiger gewesen, als es in dem verkehrspolitischen Programm der SPD für den 5. Bundestag ausgesprochen worden ist. Ich darf daran erinnern, daß in diesem verkehrspolitischen Programm für den 5. Bundestag zu lesen steht, daß der Sechstonner-Lkw nur zirka ein Drittel seiner Abnutzungskosten zahlen würde, der Lkw mit 32 t sogar nur 15 % seiner Abnutzungskosten, und es ist ausdrücklich in zwei Punkten die Forderung aufgestellt, die Kraftfahrzeugsteuer so zu ändern, daß der Lkw stärker belastet und der Pkw entlastet werde.Das Problem ist vielschichtig. Ich darf außerdem daran erinnern, ,daß in Amerika so schwere Lastwagen wie bei uns überhaupt nicht — wenigstens nicht von der Achslast her — zugelassen werden und daß der Präsident Johnson vor dem Kongreß vor nicht allzu langer Zeit zu diesem Problem, als die höheren Achslasten gefordert wurden, erklärt hat, er sei dazu nicht bereit; es stehe fest, daß die schweren Lastwagen nicht vollständig die zusätzlichen Kosten trügen, die durch die Befestigung der Straßen und andere besondere Erfordernisse dieses Verkehrs entstehen.Die fünfte und entscheidende Frage bei der Begründung ist die Bemessungsgrundlage. Die Hubraumsteuer als Bemessungsgrundlage wird allgemein abgelehnt. Darin sind sich, soweit ich erkennen konnte, alle Parteien und Gruppen einig. Die Hubraumsteuer hat nach allen wissenschaftlichen Unterlagen, die mir zugänglich sind — und zwar seit Jahren zugänglich sind —, mindestens sechs schwere Nachteile: erstens beeinflußt sie den Verkehrsfluß nachteilig, zweitens ist sie nachteilig für die Verkehrssicherheit, drittens erhöht sie die Verkehrs-
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geräusche, viertens vermehrt sie die Luftverunreinigung und erschwert die Luftreinhaltung, fünftens hat sie keine Beziehungen zur Straßenbenutzung und -abnutzung und sechstens stellt sie ein Hindernis für die technische Entwicklung dar.Die CDU hat seit Jahren in den verschiedensten Gremien die Abschaffung der Hubraumsteuer gefordert. Die SPD hat, soweit ich das feststellen kann, seit 1956, dem Kongreß in Hamburg, 1961 in Stuttgart, 1964 in Pforzheim und im verkehrspolitischen Programm für den 5. Bundestag jeweils die Abschaffung der Hubraumsteuer verlangt. Es wäre reizvoll, vorzulesen, mit welch deutlichen Worten das gefordert wurde: dieses heiße Eisen müsse, wenn niemand den Mut dazu habe, dann eben von der SPD-Fraktion angegriffen werden. Ich halte das für sehr richtig, ich unterstütze das und unterstreiche das. Bitte — wir haben jetzt die Gelegenheit, nicht nur vor dem Parlament zu pfeifen, sondern jetzt im Parlament zu sagen, woran wir sind und was wir wirklich wollen.Professor Nordhoff hat auf der Jahreshauptversammlung im vergangenen Jahr zu diesem Problem erklärt:Da eine Begrenzung des Hubvolumens durch das bei uns gültige Steuersystem der Forderung nach Entgiftung der Abgase direkt entgegengesetzt wirkt, wird man das Hubvolumen als Steuerbemessungsgrundlage verlassen müssen, wenn man es mit der Entgiftung der Abgase ernst meint.Er hat noch weitere Dinge gesagt; in diesem Zusammenhang ist es nicht notwendig, es zu zitieren.Leider hat aber bisher keine Fraktion und keine Partei wirklich gesagt, was denn an die Stelle der Hubraumsteuer treten soll. Man kann aber nicht einfach sagen: „Die Hubraumsteuer muß weg!", ohne zu sagen, was an ihre Stelle treten soll. Das zu sagen, ist nicht leicht; es erfordert eine sorgfältige wissenschaftliche Durchforschung. Diese ist inzwischen abgeschlossen. Es liegt darüber ein sehr umfangreiches Gutachten von Herrn Professor Koeßler vor. Es haben sich viele andere dazu geäußert. Es ist nun, nachdem die Sache wissenschaftlich durchleuchtet und abgeklärt ist, Sache der politischen Entscheidung, welches System man an die Stelle der Hubraumsteuer setzen will. Da können wir nicht darauf warten, daß uns der Wissenschaftler das letzte an Entscheidungen abnimmt. Wir werden es entscheiden müssen. Wir werden uns darüber 'im klaren sein müssen, daß ein System, wie auch immer es gewählt wird, niemals ganz ohne Mängel sein wird. Es gibt kein System, gegen das nicht auch gewisse Bedenken geltend zu machen wären. Da ist die Abgrenzung und das Abwägen notwendig. Wir haben den Vorschlag gemacht. Wir haben ihn nicht völlig von Dr. Deischl übernommen.Mitglieder der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft haben auf Drucksache V/466 die Bundesregierung gefragt, was sie auf diesem Gebiet zur Verminderung der Unfälle, des Lärms und der Luftverpestung zu tun gedenke und ob sie bereit sei, die Kraftfahrzeugsteuer zu ändern. Dann werden konkrete Vorstellungen geäußert, wie und auf welcher Grundlage die Änderungen erfolgen sollten, nämlich bei den Personenwagen und Dreiradkraftfahrzeugen nach der Motorleistung progressiv gestaffelt und nach dem Platzbedarf des Fahrzeugs. Die Bundesregierung hat darauf auf der Drucksache V/525 im vorigen Jahr geantwortet und hat gegen die zweite Komponente, nämlich die Motorleistung,Bedenken erhoben.Wir haben diese Bedenken berücksichtigt und haben deshalb von 50 PS an aufwärts kleinere Stufen in der PS-Besteuerung gewählt, um keinen Anreiz zu geben, von beispielsweise 60 oder 65 PS Motorleistung unter 50 PS zurückzugehen, sondern einen Anreiz zu geben, an die nächsthöhere Grenze heranzukommen. Diese Vorstellungen, die die Interparlamentarische Arbeitsgemeinschaft entwickelt hat, haben wir abgewandelt. Um die sicherlich vorhandenen Unebenheiten, auch die allzu starken Steuererhöhungen, die sich in weiten Bereichen ergeben würden, zu vermeiden, haben wir die Stufen kleiner gewählt.Dadurch ergibt sich nach dem vorliegenden Entwurf, daß in dem gesamten Mittelbereich der Kraftfahrzeuge nur eine ganz geringfügige Steuererhöhung einträte, natürlich eine unterschiedliche Erhöhung, weil die Kraftfahrzeuge heute nicht auf der Grundlage dieses Vorschlags, sondern anders konstruiert sind. Nur so wird vermieden, daß in der Kraftfahrzeugbesteuerung eine unsoziale Struktur ensteht, nämlich daß der Kleine belastet, der Mittlere entlastet und der Große noch mehr entlastet wird.
— Herr Kollege Winkelheide, wir beschäftigten uns in diesem Parlament auf anderem Gebiet mit Fragen, die ganz sicher noch eher in den Ausschuß gehören als dies hier, für das Sie dies vorschlagen. Es gehört nicht alles in den Ausschuß.
Herr Kollege Erhard, vielleicht darf ich bemerken, daß im Ältestenrat eine Begründung dieser Anträge nicht vorgesehen war. Sie haben sich offensichtlich nicht mit ihrer Fraktionsführung in Verbindung gesetzt. Es ist dem Ältestenrat nicht mitgeteilt worden, daß die Anträge, noch dazu in dieser breiten Form, begründet werden sollten.
Herr Präsident, dann erlaube ich mir als Hinterbänkler in diesem Hause — —
Hinterbänkler gibt es nicht. Herr Kollege Erhard, es gibt keine Hinterbänkler in diesem Hause. Alle Abgeordneten haben gleichen Rang.
Nun, was es gibt, Herr Präsident, darüber möchte ich mit
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Ihnen natürlich nicht streiten. Ich akzeptiere Ihren Einwand. Aber, Herr Präsident, die Methodik, wie man einen Gruppenantrag behandelt, könnte und sollte vielleicht auch einmal im Präsidium erwogen werden. Jedenfalls ist das eine Sache, die, wenn man sonst das Parlament oder andere Parlamente kennt, nicht ohne weiteres überzeugt.Ich darf mir erlauben fortzufahren. Es sind andere Vorschläge für die Bemessungsgrundlage gemacht worden, vor allem vom Verband der Automobilindustrie. Es wird das Gesamtgewicht vorgeschlagen. Zur Zeit gibt es nirgends auf dieser Erde eine Kraftfahrzeugsteuer, die das Gesamtgewicht für den Pkw als Bemessungsgrundlage hätte. Das wäre kein Grund, das Gesamtgewicht nicht zu befürworten. Aber ich darf darauf hinweisen, daß Herr Professor Koeßler sich sehr eingehend mit dem Gesamtgewicht als Besteuerungsgrundlage beschäftigt und es abgelehnt hat.
— Ich habe gesehen, daß ein Staatssekretär gekommen ist.Dr. Deischl hat das Gesamtgewicht als Besteuerungsgrundlage mit sehr eingehender Begründung ebenfalls abgelehnt, und weiter haben die Kraftfahrzeugüberwachungsvereine es schon 1964 abgelehnt, weil die Verkehrssicherheit dadurch gefährdet würde. Der Deutsche Touring Automobilklub hat neben anderen die Gewichtsbesteuerung ganz klar abgelehnt. Die Gegenüberstellung der verschiedenen Vorschläge ist hochinteressant, und man sollte sich damit beschäftigen. Ich will es mir ersparen, näher darauf einzugehen.
Trotz der aus dem Entwurf resultierenden Steuererhöhung, die nicht Prinzip und die nicht notwendig ist, würde für einige Fahrzeuge sogar eine Steuerermäßigung eintreten, z. B. für den BMW 2000 und für den Opel Kadett. Wenn man die Steuer geringfügig im Ansatz ändert — z. B. um 10 DM —, erreicht man eine wesentliche Steuerentlastung, allerdings nicht zugunsten der Großen; denn die würden nach wie vor erheblich höher besteuert sein.Ich darf Ihnen hier ganz wenige Zahlen vorführen. Der BMW 700 würde nach unserem Vorschlag bei einer geringfügigen Änderung mit 120 DM besteuert sein. Nach dem derzeitigen Steuersatz beträgt die Steuer 101 DM. Nach dem Gewichtsbesteuerungsvorschlag der Automobilindustrie würde die Steuer 132 DM betragen. Beim Fiat 600 beträgt die heutige Steuer 116 DM. Nach unserem leicht abgewandelten Vorschlag würde sie 120 DM betragen und beim Vorschlag des Verbandes der Automobilindustrie auch 120 DM. Beim Mercedes 300 SE ist jetzt eine Steuer von 432 DM zu zahlen. Nach unserem Vorschlag würden 680 DM und nach dem Vorschlag des Verbandes der Automobilindustrie nur 269 DM zu zahlen sein. Ich bitte das zu beachten. Hier kommt etwas, was wir nicht alsgerechtfertigt ansehen, sehr deutlich zum Ausdruck.
Die hier vorgeschlagene Bemessungsgrundlage ist vorsichtig und wohl überlegt gewählt. Sie enthält dennoch einige Unebenheiten.Nun zu den politischen Erwägungen, die gegen eine Änderung geltend gemacht werden. Es wird vorgeschützt, die EWG müsse eine einheitliche Regelung finden, und man könne nicht so schnell und kurzfristig wiederum Änderungen vornehmen. Wenn wir jetzt Änderungen vornähmen, müßten wir in kurzer Zeit wegen der EWG-Vereinbarungen neue Änderungen vornehmen.Ich weiß, daß die Kommission bereits am 20. Mai 1963 vorgeschlagen hat, die Kraftfahrzeugsteuer mit Wirkung vom 1. Januar 1966 und die Mineralölsteuer mit Wirkung vom 1. Januar 1969 zu vereinheitlichen. Der Bundestag hat schon am 30. April 1964 die Bundesregierung gebeten, darauf hinzuwirken, daß die damals vorgesehenen Fristen abgekürzt werden. Es wurde gleichzeitig darauf hingewiesen, daß auch die Bemessungsgrundlage, die Sätze und die Höhe vereinheitlicht werden müßten. Das Europäische Parlament hat erst kürzlich die Einführung einer einheitlichen Kraftfahrzeugsteuer mit Wirkung ab 1. Januar 1968 verlangt.Wir wissen, daß auf Referentenebene seit Herbst des vorigen Jahres bei der EWG nach einer Vereinheitlichung gesucht wird. Die Voraussetzungen dazu sind aber erst so weit gediehen, daß mit einer Vereinheitlichung in absehbarer Zeit überhaupt nicht zu rechnen ist. Für die Bemessungsgrundlage der Kraftfahrzeugsteuer, die Anlastung der Wegekosten ist ein Zeitplan vorgesehen, der überhaupt erst Ende 1969 zu technischen Ergebnissen führen kann. Erst dann kann die Vereinheitlichungsregelung überhaupt in Angriff genommen werden.Der EWG-Ministerrat hat in seiner Entscheidung vom 9. Februar 1967 zur Steuerharmonisierung auch die Kraftfahrzeugsteuer genannt. Aus dem Dokument ergibt sich, daß die Kraftfahrzeugsteuer zusammen mit der Mineralölsteuer vereinheitlicht werden müsse. Das setze aber eine gemeinsame Energiepolitik voraus, und gleichzeitig müsse eine gemeinsame Verkehrspolitik in die Wege geleitet werden. Wer aber weiß, wie schwierig eine Vereinheitlichung der Energiepolitik und der Verkehrspolitik ist, wird zugeben, daß wir darauf nicht warten sollten. Es ist wirklich notwendig, daß wir jetzt zur Entscheidung schreiten.Das Wegekostenproblem ist ebenfalls von mir angesprochen und muß hier ebenfalls mit berücksichtigt werden. Wenn ich daran denke und Sie daran erinnern darf, daß Holland mit Wirkung vom 1. April 1966, also erst im vorigen Jahr, eine Änderung in der Kraftfahrzeugsteuer vorgenommen hat, daß Frankreich am 6. Januar 1966 eine Änderung vorgenommen hat, daß in Belgien die Änderung etwas früher vorgenommen wurde, dann ist doch nicht
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einzusehen, warum die anderen immer die entsprechenden Entscheidungen treffen und wir nichts tun. Das halte ich für nicht vertretbar.Im übrigen wird gesagt, es müsse Ruhe im Bereich der Kraftfahrzeugherstellung und für den Kraftfahrzeugnutzer eintreten. Er sei in der letzten Zeit genug belastet worden. Ich stimme dem zu. Wir haben auch nicht vorgesehen, daß die Belastung morgen in Kraft treten soll, sondern es ist ausdrücklich gesagt worden: nach einer Frist, die — und das gehört dazu — im Zusammenwirken mit der beteiligten Industrie auszuhandeln ist, damit keine entscheidenden Störungen im Bereich der Industrie eintreten. Das ist selbstverständlich.Wenn aber schon jetzt Verkehrsminister Leber zu diesem Vorschlag gesagt hat, es müsse Ruhe eintreten, damit nicht ein noch stärkerer Einbruch im Bereich der Kraftfahrzeugherstellung eintrete, dann möchte ich dazu eine Frage stellen. Herr Minister Leber ist nicht hier. Herr Staatssekretär, Sie haben es ja nicht gesagt, aber Sie können das jetzt vielleicht beantworten. Wenn durch die Einbeziehung der Mineralölsteuer in die Bemessungsgrundlage der Mehrwertsteuer mit Wirkung vom 1. Januar 1968 eine Erhöhung des Benzinpreises von mindestens 3,5 Pf unausweichlich ist und damit eine Erhöhung für den durchschnittlichen Kraftfahrzeugbesitzer von im Durchschnitt 50 bis 70 DM pro Jahr entsteht und wenn man weiter weiß, daß durch die Mehrwertsteuer ab 1. Januar 1968 die Gebrauchtwagen bis zu 22 % höher als bisher besteuert werden, so daß von da her ein sehr starker Druck auf den Absatz von neuen Wagen einsetzen wird, dann ist es unverständlich, daß dazu von seiten des Verkehrsministers nichts gesagt worden ist unter dem Gesichtspunkt der Ruhe im Bereich der Kraftfahrzeugherstellung und der Kraftfahrzeughalter. Denn diese Gesetzgebung ist erst in dieser Woche verabschiedet worden und tritt mit Sicherheit zum 1. Januar 1968 in Kraft, während unser Vorschlag zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in Kraft treten soll.Hier ist also, möchte ich sagen, eine politische Äußerung, die in ihrer Substanz sicherlich richtig ist, in der Anwendung auf diesen Vorschlag mit eben solcher Sicherheit falsch ist.Wenn also seit Jahren die Notwendigkeit der Abschaffung der Hubraumsteuer erkannt ist und verlangt wird, dann ist es nach meiner Meinung auch an uns, darüber zu beraten und dann zu entscheiden. Um die Beratung in Gang zu setzen, ist der Entwurf eingebracht worden. Ich bitte daher, dem Überweisungsvorschlag des Ältestenrates stattzugeben.
Kollege Rasner zu einer Erklärung.
Herr Präsident, in Ihren Aufzeichnungen von der Verwaltung muß ein Fehler sein. Die Fairneß gebietet es, zu sagen, daß ich im Ältestenrat angekündigt habe, daß der Kollege Erhard seinen Entwurf begründen wird. Die anderen
Fraktionen waren von dieser Tatsache vorher unterrichtet.
Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit noch ein weiteres sagen. Dieses Haus hat ein Initiativrecht für 15 Abgeordnete. Das Initiativrecht haben nicht nur die Fraktionen und nicht nur die Regierung. Vor diesem Hintergrund sind alle Initiativen, ob es sich um Initiativen von Gruppen mit 15 Mann handelt, von Fraktionen oder von der Regierung, absolut gleichwertig.
Wir dürfen uns hier nicht in die Gefahr begeben,
Unterschiede zu machen, unter keinen Umständen.
Das Präsidium hat, glaube ich, keinen Unterschied gemacht. Sie sind alle in der gleichen Form behandelt worden.
Herr Abgeordneter Könen zu einer Frage oder zu einer Erklärung.
Herr Kollege, Sie haben es eben aus Gründen, die selbstverständlich Ihre Sache sind, abgelehnt, mich am Fragemikrophon anzuhören. Ich hätte eine Anfrage an Sie, Herr Kollege. Sie sagten in ihren Ausführungen, bevor Sie auf die Vorschläge der SPD kamen: Wir befinden uns nicht in bester Gesellschaft, aber in guter Gesellschaft. War das jetzt ein verunglückter Schlenker — das passiert mir auch schon einmal, das kann passieren —, oder war das eine bewußt gemachte Aussage?
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Fellermaier.
. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stimme mit dem Kollegen Erhard darin überein, daß bei einer so bedeutsamen Frage — der Kollege Rasner sagte mit Recht: auch wenn es nur von einer Gruppe kommt — eigentlich hätte erwartet werden müssen, daß das Finanzministerium als federführendes Ministerium zu dieser Frage vertreten ist, weil durch den Initiativantrag des Kollegen Erhard in der Öffentlichkeit sehr viel Staub aufgewirbelt worden ist.
— Das überlasse ich gern Ihnen, verehrter Herr Genscher. Sie haben in diesen Dingen sicherlich jetzt Übung, da Sie so neu in der Opposition sind.
— Ich meine, da können wir gern die Historiker über unsere und die etwas verunglückte Oppositionsrolle von Ihnen messen lassen, wenn man Ihren Parteitag als Beginn der neuen Opposition in der neuen Zeit nimmt. Wenn Sie gerade das provozieren wollen, kann ich Ihnen das gerne sagen.
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Fellermaier— Ja, nun, die prophetische Begabung besitzen natürlich nicht alle. Aber Sie haben sie im Moment. Seien Sie glücklich darüber! Nun, meine Damen und Herren; ich weiß nicht, was die Rolle der Opposition gerade mit der Kraftfahrzeugsteuer zu tun hat, Herr Genscher.
Lassen Sie mich nun zum eigentlichen Thema kommen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion erkennt natürlich an, daß es notwendig sein wird, im Bereich der Kraftfahrzeugsteuer zu neuen Lösungen zu kommen. Die entscheidende Frage ist aber, zu welchem Zeitpunkt man das im Bundestag behandelt. Wir meinen, daß der Zeitpunkt für diesen Gruppenantrag schlecht gewählt war, weil er genau in die Phase hineinfiel, als sich die Bundesregierung bemühte, die Wirtschaft zu stabiliseren. Wir wissen, daß gerade die Automobilindustrie von der Rezession am stärksten betroffen war und daß sich die Rezession gerade beim Autokäufer in einer Konsumzurückhaltung ausgewirkt hat. Alle Pläne, die bekanntwerden und die vielleicht darauf hindeuten könnten, daß das eine oder andere Kraftfahrzeug in seiner Steuer billiger oder in sehr vielen Fällen auf Grund dieses Entwurfs teurer wird, führen natürlich zu einer gewissen Kaufzurückhaltung. Herr Kollege Erhard, die Bürger draußen lesen nicht, daß irgendwo als Schlußnote „Inkrafttreten 1. Januar 1969" steht. Sie gehen vielmehr davon aus, daß es schnell zu einer Änderung der Kraftfahrzeugsteuer kommt.Der Bundesfinanzminister hat das einzig Richtige getan, nämlich in seinem Hause Weisung zu geben, das Kraftfahrzeugsteuererhebungsverfahren, das geändert werden sollte, nicht zu ändern, um in die Phase der Wiederbelebung unserer Konjunktur nicht ein zusätzliches Unruhemoment hineinzutragen.Über ihren Gesetzentwurf werden wir uns im Ausschuß noch zu unterhalten haben. Er ist, meine ich, etwas unausgegoren, er ist zum Teil widersprüchlich; und er kompliziert, wenn Sie die Hubraumbesteuerung ablösen wollen, durch Grundfläche und PS-Zahl als Besteuerungsgrundlage die Dinge' noch viel mehr. jede besonders angeschraubte Stoßstange bedeutet eine Veränderung der Grundfläche und macht zusätzlich den Zollstock erforderlich, um nachzumessen, nach welcher Grundfläche das Kraftfahrzeug besteuert werden soll. Ob künftig nach PS-Zahl besteuert werden soll, muß man auch unter den unterschiedlichen internationalen Normen von der DIN-Rechnung bis zur Berechnungsmethode der Amerikaner sehen. Hier liegen nach wie vor einige Unsicherheitsfaktoren.Die Änderung der Kraftfahrzeugsteuer muß europakonform sein. Uns hat nicht zu interessieren, ob die Franzosen oder Belgier in den vergangenen Jahren die Kraftfahrzeugsteuer geändert haben. Uns hat zu interessieren, daß es nicht geschieht, daß wir uns mit einem Reformwerk der Kraftfahrzeugsteuer herumplagen und, wenn wir nach langen Beratungen dieses Reformwerk vollendet haben, sich womöglich der Ministerrat in Brüssel auf ein anderes System geeinigt hat.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte sehr, Herr Kollege Dr. Lenz.
Herr Kollege, haben Sie eine Vorstellung davon, wie in Brüssel Gesetze beschlossen werden? Ist Ihnen bekannt, daß die normalerweise dadurch zustande kommen, daß jedes einzelne Land seinen Diskussionsbeitrag leistet? Und halten Sie es für möglich, daß dieser Gesetzentwurf in dem Sinne ein Diskussionsbeitrag sein könnte?
Ich gestehe Ihnen zu, daß dieser Gesetzentwurf ein Diskussionsbeitrag sein kann. Ich glaube aber nicht, daß er ein Diskussionsbeitrag für das ganze Haus und für die Bundesregierung bei den Verhandlungen in Brüssel sein kann. Denn wenn er ein so bedeutsamer Entwurf gewesen wäre, hätte ich mir vorgestellt, daß die namhaften Verkehrsexperten ihrer Fraktion, Herr Müller-Hermann und Herr Lemmrich, die ja sonst in der Produktion von Anträgen doch wirklich fleißig sind, gerade diesen entscheidenden Gesetzentwurf mit unterschrieben hätten. Es ist doch auch eine 'bemerkenswerte Tatsache, daß bei den Verkehrspolitikern Ihrer eigenen Fraktion eine so starke Zurückhaltung besteht.
Nun zu den anderen Fragen, die der Kollege Erhard angeschnitten hat. Darin, daß natürlich die Frage der Autoabgase bei jeder Änderung der Kraftfahrzeugsteuer eine bedeutsame Rolle spielt, stimme ich ihm voll und ganz zu. Man sollte den Antrag als einen Versuch, eine Diskussion zu beginnnen, werten. Darin stimme ich mit der Frankfurter Allgemeinen überein, die gesagt hat: Jawohl, man sollte über den Antrag diskutieren; ob er aber zur rechten Zeit gekommen sei, das sei eine große Frage, da müßten Fragezeichen gesetzt werden.
Wir stimmen der Ausschußüberweisung zu. Wir hoffen, daß das, was jetzt noch unausgegoren ist, im Ausschuß besser und erfolgreicher gären kann, und zwar in Zusammenarbeit mit Ihren Kollegen, die hier initiativ geworden sind.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ramms.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich nur wenige Worte dazu sagen: ich möchte hier keine Ver-
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Rammslängerungsrede halten. Das meiste ist von meinen Vorrednern bereits gesagt worden. Es sind kritische Punkte in Ihrer Vorlage. Nicht zu diskutieren brauchen wir die ersten vier Punkte, die Herr Kollege Erhard angeschnitten hat, denn sie enthalten durchaus nur Positives. Etwas anderes ist die Neuordnung der Kraftfahrzeugsteuer nach PS und nach der Flächennutzung. Sicherlich mögen wir darin übereinstimmen, daß die Kraftfahrzeugsteuer geändert werden muß; denn mit der Besteuerung nach dem Hubraum allein geht es nicht. Ob aber der Vorschlag, den Sie hier haben, gerade der richtige ist, wage ich allerdings zu bezweifeln.Sie haben gesagt, Herr Kollege Erhard, daß — ich weiß nicht genau, wie Sie sich ausgedrückt haben —die Hubraumbesteuerung Nachteile für den Verkehrsfluß habe. Darauf muß ich Ihnen entgegenhalten, daß es unserer Automobilindustrie doch gelungen ist, bei gleichbleibendem Hubraum eine weit höhere PS-Zahl zu erreichen und damit unsere Fahrzeuge viel schneller zu machen, als sie urspürglich gewesen sind. Das ist also keine Begründung. Im Hubraum liegt kein Nachteil, denn die PS-Zahl bringt die Beschleunigung des Fahrzeugs mit sich und damit auch den Abfluß des Verkehrs.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte!
Herr Kollege Ramms, ist Ihnen bekannt, daß durch die Hochzüchtung kleinvolumiger Motoren sowohl die Geräusche als vor allen Dingen auch die ungünstigen Abgase gefördert werden?
Herr Kollege Erhard, ich habe nur vom Verkehrsfluß gesprochen, den Sie ebenfalls angesprochen haben.
In der zweiten Frage Ihrer Fragestellung — darin gebe ich Ihnen recht — liegt der Nachteil, aber nicht im Verkehrsfluß selber. Denn der fließt genauso schnell, möglicherweise noch schneller ab, wenn die PS-Zahlen erhöht sind, als es bei Vergrößerung des Hubraums möglich wäre.
Wir werden uns über diese Fragen im Ausschuß unterhalten müssen. Ich freue mich überhaupt, daß mit diesem Vorschlag die Diskussion in Gang gebracht worden ist.
Ich darf aber noch eines sagen. Wir sollten uns davor hüten, unseren gewerblichen Güterkraftverkehr weiterhin gegenüber dem Ausland zu benachteiligen. Sie, Herr Kollege Erhard, haben gesagt, man sollte die EWG nicht vorschieben. Darf ich Sie auf einen Satz Ihrer Begründung verweisen? Sie selber schreiben hier:
Nur mit Rücksicht auf den internationalen Wettbewerb und die Verhältnisse in der EWG ist dem Vorschlag Deischls bezüglich der Höhe der Steuer . . . nicht gefolgt worden.
Hier widersprechen Sie sich an sich selber. Sie erhöhen mit Ihrem Vorschlag die Belastung zwar nicht in diesem Maße, aber Sie erhöhen die Kraftfahrzeugsteuer und bringen damit unseren Güterkraftverkehr gegenüber dem Ausland weiter den Nachteil.
Nun ein Wort zu den Personenwagen. Die Personenkraftwagenfahrer haben in der letzten Zeit allerhand Erhöhungen hinnehmen müssen. Die Erhöhung der Mineralölsteuer um 3 Pf pro Liter bringt eine gewaltige Belastung mit sich.
Es sind viele Vorschläge für den Umbau der Kraftfahrzeugsteuer gemacht worden. Unter anderem ist schon einmal gesagt worden, man sollte die Kraftfahrzeugsteuer in die Mineralölsteuer einbauen. Dieser Vorschlag wird wohl wenig Anhänger finden, da man damit genau den Mann treffen würde, der auf sein Fahrzeug beruflich angewiesen ist.
— Ja, ebenfalls wegen der Verteilung; da haben Sie recht. — Man sollte auch hier dem kleinen Mann nicht weitere Belastungen zumuten.
Sie sagten, der kleine Mann werde davon nicht so sehr getroffen. In Ihrem eigenen Beispiel steht: Für den NSU Prinz 600 sind bisher 87 DM Jahressteuer zu zahlen; für ihn müßten in Zukunft 53 DM mehr gezahlt werden. Das ist eine Erhöhung von mehr als 60%. Ich wage hier die Behauptung aufzustellen, daß das eine unzumutbare Belastung für denjenigen ist, der diesen Kleinwagen mit hoher PS-Zahl fährt.
Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir folgende Bemerkungen.Erstens. Herr Abgeordneter Erhard, Sie haben Ihre Ausführungen mit einem kritischen Hinweis zur Regierungsbank begonnen. Ich darf Ihnen versichern, daß die Bundesregierung und auch das in dieser Materie mitberatende Ministerium, das ich zu vertreten habe, den Anträgen aus der Mitte des Hauses die stärkste Beachtung schenkt.
Zweitens. Aus den hier vorgetragenen Erwägungen und auch aus den Gesichtspunkten, die Sie, Herr Abgeordneter Erhard, vorgebracht haben — wobei Sie allerdings Ihre eigenen Konsequenzen ziehen —, ist der Bundesverkehrsminister der Auffassung, daß unter den gegenwärtigen Umständen eine legislative Entscheidung auf dem hier in Betracht kommenden Gebiet unterbleiben sollte. Herr Minister Leber hat das — Sie haben es erwähnt — in der Öffentlichkeit erklärt. Ich möchte es auch von dieser Stelle aus bestätigen. Sowohl die konjunkturelle Situation als auch die im EWG-Bereich geführten Verhandlungen verbieten gerade unter
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Wittrockden gegenwärtigen Umständen und Aspekten legislative Experimente und auch Belastungen.Diskussionsbeiträge kann man selbstverständlich immer leisten. Dagegen ist nichts zu sagen. Aber soweit es sich um eine legislative Entscheidung handelt — die sollte hier offenbar angeregt werden, denn das ist ja der Sinn des Antrags —, ist der Bundesverkehrsminister der Auffassung, daß sie unterbleiben sollte.
Keine weiteren Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Vorlagen sollen wie folgt überwiesen werden: Vorlage zu Punkt 15 a an den Finanzausschuß
— federführend —, den Verkehrs- und den Haushaltsausschuß; Vorlage zu Punkt 15 b an den Finanzausschuß — federführend — und den Verkehrsausschuß; Vorlage zu Punkt 15 c an den Finanzausschuß — federführend —, den Verkehrsausschuß und den Ausschuß für Gesundheitswesen.
— Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe die Punkte 16 a und b auf
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gscheidle, Brück , Dorn und Genossen betr. Verwaltungsvereinfachung durch Datenverarbeitung
— Drucksache V/1633 —
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Schoettle, Windelen, Dr. Emde und Genossen betr. Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung
— Drucksache V/1655 — Wird das Wort zur Begründung gewünscht? —
— Dann muß ich erst einmal fragen, ob das Wort zur Beratung gewünscht wird. — Bitte, Sie haben das Wort zur Überweisung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erinnere die Damen und Herren des Hauses an das, was ich zum Tagesordnungspunkt 14 gesagt habe. Aber während man bei Tagesordnungspunkt 14 schon aus der Überschrift ersehen konnte, daß es sich um eine Angelegenheit handelt, die die Gemeinden angeht, kann man dies bei den Tagesordnungspunkten 16 a und b nicht ohne weiteres aus den Überschriften ersehen. Ich appelliere an Ihr Vertrauen und will mir hier eine Begründung ersparen. Ich bitte um Überweisung zur Mitberatung auch an den Ausschuß für Kommunalpolitik. Der Vorschlag würde dann also dahin gehen: Innenausschuß — federführend —, Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen — mitberatend —. Es handelt sich um eine Sache, die insbesondere bei .der Wohngeldgesetzgebung eine große Rolle spielte; die kommunalen Spitzenverbände und die Gemeinden beschäftigen sich damit. Glauben Sie mir also, daß es sachlich notwendig ist, daß die Anträge auch in diesen Ausschuß kommen. Ich bitte Sie, der Überweisung zuzustimmen.
Herr Kollege, jetzt hätte ich als Vorsitzender des Ältestenrates eigentlich dessen wohlbegründetes Votum nicht nur Ihnen gegenüber, sondern auch gegenüber einem Wunsch des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses zu vertreten, der mir geschrieben hat, der Haushaltsausschuß wolle sich auch damit befassen, und zwar mit der Begründung, daß der Ausschuß schon mehrfach darüber beraten habe. Das ist bei aller Wertschätzung auch des Haushaltsausschusses natürlich keine zureichende Begründung. Aber, wenn es Ihnen Spaß macht, meine Herren, es ist keine Frage auf Leben oder Tod.
— Ja, bitte sehr, sagen Sie etwas!
Herr Präsident, ich will hier keinen falschen Eindruck erwecken. Wenn er entstanden ist, lag es an der Kürze meiner Darstellung. Natürlich ist die Begründung nicht die, daß wir uns schon einmal damit beschäftigt haben, sondern es gibt eine ganze Menge von sachlichen Gründen. Die Aufstellung von Computern in der Gemeinde ist eine sehr kitzelige Angelegenheit, finanziell usw. Es sind also sachliche Gründe, nicht nur die Tatsache, daß wir uns schon einmal damit beschäftigt haben.
Herr Kollege Könen, wie ist denn Ihr Ausschuß mit Vorlagen beschäftigt? Haben Sie viel Material? Ich frage deshalb, weil wir bis zu den Parlamentsferien in den Ausschüssen einigermaßen durchkommen müssen.
Herr Präsident, der Ausschuß für- Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen ist mit kommunalpolitischen Vorlagen durchaus nicht gesegnet. Das ist das, was ich vorhin — Herr Präsident, Sie waren da nicht anwesend — moniert habe. Es besteht keine Gefahr, daß wir nicht termingemäß fertig werden.
Der Ausschuß für Kommunalpolitik könnte es also leisten?
Ich werde mich persönlich dafür einsetzen.
Sie haben den Antrag gehört. Beantragt ist Überweisung an den Haushaltsausschuß — mitberatend — und an den Ausschuß für Kommunalpolitik zur Mitberatung. Wird das Wort gewünscht? — Keine Wortmeldungen. Wird diesen Anträgen zugestimmt? — Der Innenausschuß ist federführend. Kein Widerspruch? — Es ist so beschlossen; die beiden anderen Ausschüsse sind mitberatend befaßt.
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Präsident D. Dr. GerstenmaierNun, meine Damen und Herren, mache ich Ihnen den Vorschlag, daß Sie — in Anwendung des § 127 der Geschäftsordnung — mir gestatten, die Tagesordnungspunkte 17 bis 25 zusammen aufzurufen:17. Beratung der Übersicht 13 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht— Drucksache V/1637 —18. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und :Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung beschlossene Sechsundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollkontingent für Zeitungsdruckpapier — 1966)— Drucksachen V/1606, V/1644 — Berichterstatter: Abgeordneter Schmidhuber19. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung beschlosseneEinhundertundzweite Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966
Einhundertundvierte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966
— Drucksachen V/1607, V/1625, V/1645 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres20. Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaften, des Europarates und der Westeuropäischen Unionhier: Beschluß des Deutschen Bundestages vom 22. Februar 1967 — Drucksache V/1010 --Drucksache V/1653 —21. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit über die von der Bundesregierung vorgelegten1. Übereinkommen 123 über das Mindestalter für die Zulassung zu Untertagearbeiten in Bergwerken2. Übereinkommen 124 über die ärztliche Untersuchung Jugendlicher im Hinblick auf ihre Eignung zur Beschäftigung bei Untertagearbeiten in Bergwerken3. Empfehlung 123 betreffend die Beschäftigung von Frauen mit Familienpflichten4. Empfehlung 124 betreffend das Mindestalter für die Zulassung zu Untertagearbeiten in Bergwerken5. Empfehlung 125 betreffend die Beschäftigungsbedingungen Jugendlicher bei Untertagearbeiten in Bergwerken— Drucksachen V/1253, /1668 —Berichterstatter: Abgeordneter Hussong22. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über .den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rates zur Bekämpfung der SanJosé-Schildlaus— Drucksachen V/1506, V/1663 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Ritgen23. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rates über die Regeln für die Ableitung der Interventionspreise und die Festsetzung bestimmter Handelsplätze für Getreide— Drucksachen V/1615, V/1664 —Berichterstatter: Abgeordneter Logemann24. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Koordinierung und Vereinheitlichung der von den einzelnen Mitgliedstaaten gegenüber dritten Ländern angewandten Einfuhrregelungen für Obst und Gemüse— Drucksachen V/1482, V/1667 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß25. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegtenVorschlag der Kommission der EWG füreine Verordnung des Rats zur Änderung der Liste der Waren, auf die die Verordnung Nr. 160/66/EWG des Rats vom 27. Oktober 1966 über die Einführung einer Handelsregelung für bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse Anwendung findeteine Verordnung des Rats über die Gleichstellung bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die zur Herstellung von unter die Verordnung Nr. 160/66/EWG des Rats vom 27. Oktober 1966 fallenden Waren verwendet werden, mit Grunderzeugnissen oder deren Verarbeitungserzeugnisseneine Verordnung des Rats über die Zurückstellung der Anwendung der Verordnung Nr.
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Präsident D. Dr. Gerstenmaier160/66/EWG des Rats vom 27. Oktober 1966 auf Waren der Tarifstellen 35.01 A und 35.01 Ceine Verordnung des Rats zur Festlegung der Zollspezifikationen für unter die Verordnung Nr. 160/66/EWG des Rats vom 27. Oktober 1966 fallende Erzeugnisse und zur Festsetzung der für diese anzuwendenden festen Teilbeträge sowie der Mengen von Grunderzeugnissen, bei denen davon ausgegangen wird, daß sie bei ihrer Herstellung verwendet worden sindeine Verordnung des Rats zur vorübergehenden Abweichung bei bestimmten Waren von den Bestimmungen der Verordnung Nr. 160/66/EWG des Rats in bezug auf das Verfahren zur Berechnung der mit dieser Verordnung eingeführten beweglichen Teilbeträge— Drucksachen V/1559, V/1669 — Berichterstatter: Abgeordneter BlumeIch frage, ob zu einem dieser Punkte 17 bis 25 das Wort gewünscht wird? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer diesen Beschlußvorlagen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das ist einstimmig.Ich rufe die Punkte 26 bis 32 auf:26. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Achtundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Angleichungszölle — 6. Neufestsetzung)Einhundertunddritte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966
—Drucksachen V/1416, V/1608, V/1658 — Berichterstatter: Abgeordneter Schmidhuber27. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Vierundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollaussetzung für Luftfahrzeuge)— Drucksachen 1425J/1659 1659 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß28. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Neunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollaussetzungen 1967 — gewerbliche Waren —I. Teil)— Drucksachen V/1503, V/1660 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß29. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Dreiundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Änderung des Gemeinsamen Zolltarifs der EWG — 1967)— Drucksachen V/1541, V/1661 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres30. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Neunundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Rindermarktordnung — 1967)— Drucksachen V/1602, V/1666 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß31. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Siebenundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Verlängerung der Zollaussetzung für Brennstoffelemente der Tarifnr. 84.59 - B - II - a)— Drucksachen V/1542, V/1671 — Berichterstatter: Abgeordneter Schmidhuber32. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die von der Bundesregierung erlassene Elfte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung —— Drucksachen V/1435, V/1670 — Berichterstatter: Abgeordneter SchmidhuberHier bedarf es keiner Beschlußfassung, sondern nur der Kenntnisnahme. Ich frage, ob das Wort dazu gewünscht wird. — Das Wort wird nicht gewünscht. — Das Haus hat von diesen Vorlagen Kenntnis genommen.Wir kommen zu den Punkten auf der vervielfältigten Zusatzliste. Der erste Punkt betreffend Drucksache V/1680 ist erledigt. Der zweite Punkt ist:Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Selbstverwaltungsgesetzes— Drucksache V/1674 —Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.Die Vorlage soll an den Ausschuß für Sozialpolitik überwiesen werden. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.Wir kommen zum nächsten Punkt:Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
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Präsident D. Dr. GerstenmaierGesetzes zu dem Abkommen vom 20. April 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat über Arbeitslosenversicherung— Drucksache V/1445 —a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung— Drucksache V/1685 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Götzb) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit
— Drucksache V/1681 —Berichterstatter: Abgeordneter Varelmann
Ich frage zuerst die Herren Berichterstatter, ob sie das Wort wünschen. — Die Herren Berichterstatter verzichten.Meine Damen und Herren, es handelt sich um ein Ratifizierungsgesetz, und es steht der Antrag des Ausschusses für Arbeit, diesem Gesetz zuzustimmen, zur Abstimmung. Ich frage, ob das Wort dazu gewünscht wird? — Das ist nicht der Fall. Wer in zweiter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.Dritte Beratung.Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine Wortmeldung. Wer in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, ,den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.Schließlich rufe ich noch folgenden Zusatzpunkt auf:Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker— Drucksachen V/1284, V/1682 — Berichterstatter: Abgeordneter Ertl Der Herr Berichterstatter wünscht das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe eine redaktionelle Änderung vorzuschlagen. Bei Durchsicht des Berichts wurde festgestellt, daß der Nebensatz „wenn auch zunächst für einen Zeitraum von 7 Jahren" in Nr. 2 des Ausschußantrags materiell ohne Bedeutung ist und daher auf ihn verzichtet werden kann. Ich möchte also vorschlagen, diesen Nebensatz zu streichen.
Wird dazu das Wort gewünscht? —
— Was möchten Sie?
- Also dieser Zwischensatz: „wenn auch zunächst nur für einen Zeitraum von 7 Jahren". — Ich bin nicht so perfekt im Zuckerrübenbau. Aber mir scheint, daß man dem Vorschlag des Herrn Berichterstatters folgen kann. Widerspruch? — Kein Widerspruch.
Meine Damen und Herren, wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Damit kehren wir zu dem Punkt 4 unserer Tagesordnung zurück:
Beratung des Dritten Jahresgutachtens des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
der Stellungnahme der Bundesregierung zum Jahresgutachten 1966 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
sowie des Sondergutachtens über die Wirtschaftslage im Frühjahr 1967
— Drucksachen V/1160, V/1313, V/1588 —
Ich habe heute vormittag schon gesagt, daß gestern abgebrochen wurde, ohne daß alle Wortmeldungen hätten erledigt werden können. Ich eröffne deshalb erneut die Aussprache über das Dritte Jahresgutachten des Sachverständigenrates. Ich frage, ob das Wort dazu gewünscht wird. — Das Wort wird nicht gewünscht. Die mir hier vorliegenden Reden sind zu Protokoll genommen.
Der Ältestenrat schlägt vor Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen als federführenden Ausschuß und an den Finanzausschuß zur Mitberatung. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende unserer Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Mittwoch, den 10. Mai 1967, 14.30 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.