Protokoll:
5107

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 5

  • date_rangeSitzungsnummer: 107

  • date_rangeDatum: 28. April 1967

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:02 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:55 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 107. Sitzung Bonn, den 28. April 1967 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 5009 A Überweisung von Vorlagen der Bundesregierung 5009 B Amtliche Mitteilungen . . . . . . . 5009 B Fragestunde (Drucksachen V/1634, zu V/1634) Fragen des Abg. Dr. Hammans: Existenzbedrohung der deutschen Lederindustrie durch Importe . . . . . 5009 C Frage des Abg. Schwabe: Senkungen der Benzinpreise durch die Mineralölgesellschaften . . . . . . 5010 A Frage des Abg. Schwabe: Anhaltspunkte für den Umfang des Mehrgewinnes der Gesellschaften vor der zweimaligen Preissenkung . . . 5010 A Fragen des Abg. Mick: Defizit der Rentenversicherung der selbständigen Handwerker Katzer, Bundesminister . . . . . 5010 B Fragen des Abg. Lenders: Plan einer neuen Unfallverhütungsvorschrift für den Bereich der kommunalen Sparkassen 5010 C Fragen der Abg. Schulte und Dr. Kübler: Zweimalige Strafe für Ersatzdienstverweigerer Katzer, Bundesminister 5011 B Schulte (SPD) 5011 C Fragen des Abg. Eckerland: Aufwendungen der Sozialhilfeträger für Arbeitslose Katzer, Bundesminister 5011 D Eckerland (SPD) . . . . . . . 5012 A Fragen des Abg. Buschfort: Unterhalts- und Taschengeld für Umschüler Katzer, Bundesminister 5012 B Buschfort (SPD) 5012 D Matthöfer (SPD) 5013 A Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Lebensbescheinigungen bzw. Rentenjahresbescheinigungen Katzer, Bundesminister 5013 D Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . 5014 B II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 Fragen des Abg. Wagner: Änderung der Pfändungsschutzvorschriften der Sozialversicherungsgesetze Katzer, Bundesminister 5014 C Wagner (CDU/CSU) 5015 A Frage des Abg. Dr. Wörner: Sonderrecht für Krankenwagen des DRK im Straßenverkehr D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 5015 B Wittrock, Staatssekretär . . . . . 5015 B Dr. Wörner (CDU/CSU) . . . . . 5015 C Frage des Abg. Büttner: Familienfahrpreisermäßigungen der französischen Eisenbahnen Wittrock, Staatssekretär . . . . . 5016 A Büttner (SPD) . . . . . . . . . 5016 A Fragen des Abg. Picard: Ausbau der B 26 zwischen Darmstadt und Aschaffenburg — Bau der Umgehungsstraße Roßdorf—Gundernhausen Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 5016 C Wittrock, Staatssekretär . . . . . 5016 D Fragen des Abg. Dr. Prassler: Neue Straßenverkehrs-Ordnung — Neue Verkehrszeichen D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 5017 A Wittrock, Staatssekretär . . . . . 5017 A Dr. Prassler (CDU/CSU) . . . . . 5017 C Frage des Abg. Fritsch (Deggendorf) : Bundesbahnstrecken München—Bayerisch-Eisenstein und DeggendorfKalteneck Wittrock, Staatssekretär . . . . . 5018 C Fritsch (Deggendorf) (SPD) . . . . 5018 D D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 5018 D Frage des Abg. Dröscher: Vorschriften über die Anbringung der Stoßstangen in gleicher Höhe Wittrock, Staatssekretär . . . . . 5019 A Frage des Abg. Dröscher: Jahresreingewinn der Tankstellen an den Bundesautobahnen Wittrock, Staatssekretär 5019 B Dröscher (SPD) 5019 B Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . . 5019 C Ott (CDU/CSU) 5019 C Frage des Abg. Eckerland: Auswirkungen der Planung einer BAB zwischen Ruhrgebiet und Emden auf Finanzierung und Bau des Abschnitts Recklinghausen—Münster der EB 51 Wittrock, Staatssekretär 5019 D Eckerland (SPD) . . . . . . . 5019 D Frage des Abg. Schlee: Zusätzliche fiskalische Belastung deutscher Transportunternehmer in Spanien Wittrock, Staatssekretär 5020 A Frage des Abg. Schlee: Höchstzulässige Länge deutscher Transportfahrzeuge in Spanien Wittrock, Staatssekretär 5020 B Ott (CDU/CSU) . . . . . . . 5020 C Frage des Abg. Schlee: Schwierigkeiten des deutschen Güterkraftverkehrs wegen Verminderung der in Frankreich zulässigen Nutzlast der eingesetzten Fahrzeuge Wittrock, Staatssekretär 5020 C Frage des Abg. Josten: Ordnungsgemäßer Verkauf des bisherigen Fahrzeugs bei Kauf eines neuen oder gebrauchten Wagens Wittrock, Staatssekretär 5020 D Josten (CDU/CSU) 5020 D Fragen des Abg. Cramer: Zustand der Nordostmole der ehem. 1. Hafeneinfahrt in Wilhelmshaven — Abwehr von Gefahren für die im Nassau-Hafen in Wilhelmshaven liegenden Seefahrzeuge Wittrock, Staatssekretär 5021 A Büttner (SPD) 5021 B Frage des Abg. Cramer: Lagerung der Bekämpfungsmittel gegen Ölverschmutzung der Seewasserstraßen in Cuxhaven Wittrock, Staatssekretär . . . . . 5021 C Büttner (SPD) . . . . . . . . . 5021 C Fragen des Abg. Hilbert: Angebliche Lieferaufträge des Bundespostministeriums an Polen Bornemann, Staatssekretär . . . . 5021 D Dr. Hauser (Sasbach) (CDU/CSU) . 5022 A Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 III Fragen des Abg. Spitzmüller: Drohender Abbau der Funkgeräte in Notfall- und Krankentransportwagen des DRK Bornemann, Staatssekretär . . . 5022 B Reichmann (FDP) 5022 C Frage der Abg. Frau Freyh: Verbesserung des Paketdienstes im Bereich der OPD Frankfurt (Main) Bornemann, Staatssekretär . . . 5022 C Frau Freyh (SPD) 5023 A Entwurf eines . .. Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 95 GG) (Drucksache V/1449) — Erste Beratung —, in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes (Drucksache V/1450) — Erste Beratung — Dr. Dr. Heinemann, Bundesminister 5023 C Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) . . . . 5024 B Dr. Reischl (SPD) 5026 B Busse (Herford) (FDP) 5026 D Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) 5028 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches (Abg. Frau Dr. DiemerNicolaus, Dorn, Busse [Herford] und Fraktion der FDP) (Drucksache V/1492) — Erste Beratung —, in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Verhinderung des Mißbrauchs von Abhörgeräten (SPD, CDU/CSU) (Drucksache V/1643) — Erste Beratung — und in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches (CDU/CSU, SPD) (Drucksache V/1680) — Erste Beratung — Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 5029 A Dr. h. c. Güde (CDU/CSU) . . . . 5030 D Dr. Müller-Emmert (SPD) . . . . 5030 D Antrag betr. Zuständigkeit im Bereich für Wissenschaft, Bildung und Kunst (Abg. Dr. Mühlhan, Moersch, Dorn und Fraktion der FDP) (Drucksache V/1565) Dr. Dehler, Vizepräsident . . . . 5034 A Dr. Mühlhan (FDP) 5034 B Frau Geisendörfer (CDU/CSU) . 5035 C Dr. Lohmar (SPD) 5037 B Moersch (FDP) 5038 A Benda, Parlamentarischer Staatssekretär 5040 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Assoziierungsabkommen vom 16. Juli 1966 zwischen der EWG und der Republik Nigeria sowie dem Internationalen Durchführungsabkommen (Drucksache V/1610), — Erste Beratung —, in Verbindung mit Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes (Drucksache V/1517) — Erste Beratung — 5042 A Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (Drucksache V/1601) - Erste Beratung — 5042 B Entwürfe eines Gesetzes zu dem Internationalen Übereinkommen vom 2. Dezember 1961 zum Schutz von Pflanzenzüchtungen Gesetzes über den Schutz von Pflanzensorten (Sortenschutzgesetz) Gesetzes über den Verkehr mit Saatgut (Saatgutverkehrsgesetz) (Drucksache V/1630) 5042 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Durchführungsgesetzes EWG Milch- und Milcherzeugnisse und des Durchführungsgesetzes EWG Getreide (Drucksache V/1623) — Erste Beratung — 5042 C Antrag betr. schnelle Behebung von Sturmschäden in Privat- und Staatswaldungen (Abg. Ertl, Dr. Effertz, Logemann, Wächter, Reichmann, Walter und Fraktion der FDP) (Drucksache V/1558) Ertl (FDP) . . . . . . . . . . 5042 C Stooß (CDU/CSU) . . . . . . 5044 A Dröscher (SPD) 5045 B Antrag betr. Sicherheit im Verkehr (Abg. Ramms, Wendelborn, Schmidt [Braunschweig] u. Gen.) (Drucksache V/1573) . . 5046 B Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden (Abg. Dr. Müller-Hermann, Lemmrich, Holkenbrink u. Gen.) (Drucksache V/1175) — Erste Beratung — Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 5046 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (Abg. Erhard [Bad Schwalbach], Picard, Dr. Häfele u. Gen.) (Drucksache V/1452) — Erste Beratung —, in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (CDU/CSU) (Drucksache V/1622) — Erste Beratung — und mit IV Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 Antrag betr. steuerliche Regelung für Elektrofahrzeuge (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal], Bading, Mertes, Elbrächter u. Gen.) (Drucksache V/1638) Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) 5047 A Dr. Dehler, Vizepräsident . . . 5049 D Rasner (CDU/CSU) 5051 B Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 5051 C Fellermaier (SPD) 5051 D Ramms (FDP) . . . . . . . . 5052D Wittrock, Staatssekretär . . . . 5053 D Antrag betr. Verwaltungsvereinfachung durch Datenverarbeitung (Abg. Gscheidle, Brück [Köln], Dorn u. Gen.) (Drucksache V/1633), in Verbindung mit Antrag betr. Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung (Abg. Schoettle, Windelen, Dr. Emde u. Gen.) (Drucksache V/1655) Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . . 5054 B D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . . 5054 C Übersicht 13 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache V/1637) . . . 5055 A Schriftliche Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Sechsundneunzigste, Einhundertundzweite und Einhundertundvierte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/1606, V/1644, V/1607, V/1625, V/1645) . . . . . . . 5055 A Antrag betr. Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaften, des Europarates und der Westeuropäischen Union, hier: Beschluß des Deutschen Bundestages vom 22. Februar 1967 (Drucksachen V/1010, V/1653) 5055 B Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit über die Übereinkommen 123 über das Mindestalter für die Zulassung zu Untertagearbeiten in Bergwerken Übereinkommen 124 über die ärztliche Untersuchung Jugendlicher im Hinblick auf ihre Eignung zur Beschäftigung bei Untertagearbeiten in Bergwerken Empfehlung 123 betr. die Beschäftigung von Frauen mit Familienpflichten Empfehlung 124 betr. das Mindesalter für die Zulassung zu Untertagearbeiten in Bergwerken Empfehlung 125 betr. die Beschäftigungsbedingungen Jugendlicher bei Untertagearbeiten in Bergwerken (Drucksachen V/1253, V/1668) 5055 B Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rates zur Bekämpfung der San-JoséSchildlaus (Drucksachen V/1506, V/1663) 5055 C Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rates über die Regeln für die Ableitung der Interventionspreise und die Festsetzung bestimmter Handelsplätze für Getreide (Drucksachen V/1615, V/1664) 5055 C Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rates über die Koordinierung und Vereinheitlichung der von den einzelnen Mitgliedstaaten gegenüber dritten Ländern angewandten Einfuhrregelungen für Obst und Gemüse (Drucksachen V/1482, V/1667) . . . . . 5055 C Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Liste der Waren, auf die die Verordnung Nr. 160/66/EWG des Rates vom 27. Oktober 1966 über die Einführung einer Handelsregelung für bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse Anwendung findet eine Verordnung des Rates über die Gleichstellung bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die zur Herstellung von unter die Verordnung Nr. 160/66/ EWG des Rates vom 27. Oktober 1966 fallenden Waren verwendet werden, mit Grunderzeugnissen oder deren Verarbeitungserzeugnissen eine Verordnung des Rates über die Zurückstellung der Anwendung der Verordnung Nr. 160/66/EWG des Rates vom 27. Oktober 1966 auf Waren der Tarifstellen 35.01 A und 35.01 C eine Verordnung des Rates zur Festlegung der Zollspezifikationen für unter die Verordnung Nr. 160/66/EWG des Rates vom 27. Oktober 1966 fallende Erzeugnisse und zur Festsetzung der für diese anzuwendbaren festen Teilbeträge sowie der Mengen von Grunderzeugnissen, bei denen davon ausgegangen wird, daß sie bei ihrer Herstellung verwendet worden sind Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 V eine Verordnung des Rates zur vorübergehenden Abweichung bei bestimmten Waren von den Bestimmungen der Verordnung Nr. 160/66/EWG des Rates in bezug auf das Verfahren zur Berechnung der mit dieser Verordnung eingeführten beweglichen Teilbeträge (Drucksachen V/1559, V/1669) 5055 D Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Achtundachtzigste, Einhundertunddritte, Vierundachtzigste, Neunzigste, Dreiundneunzigste, Neunundneunzigste und Siebenundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Drucksachen V/1416, V/11608, V/1658, V/1425, V/1659, V/1503, V/1660, V/1541, V/1661, V/1602, V/1666, V/1542, V/1671) . . . 5056 A Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen über die Elfte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung — (Drucksachen V/1435, V/1670) 5056 D Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Selbstverwaltungsgesetzes (Drucksache V/1674) — Erste Beratung — 5056 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. April 1966 mit dem Spanischen Staat über Arbeitslosenversicherung (Drucksache V/1445); Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache V/1685), Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache V/1681) — Zweite und dritte Beratung — 5056 D Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (Drucksachen V/1284, V/1682) Ertl (FDP) 5057 B Fortsetzung der Beratung des Dritten Jahresgutachtens des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der Stellungnahme der Bundesregierung zum Jahresgutachten 1966 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sowie des Sondergutachtens über die Wirtschaftslage im Frühjahr 1967 (Drucksachen V/1160, V/1313. V/ 1588) D. Dr. Gerstenmaier, Präsident . 5057D Nächste Sitzung 5057 D Anlagen 5059 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April. 1967 5009 107. Sitzung Bonn, den 28. April 1967 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Abelein 28. 4. Frau Albertz 28. 4. Dr. Apel ** 28. 4. Arndt (Wattenscheid) ** 28. 4. Dr. Arendt (Berlin/Köln) 28. 4. Dr.-Ing. Dr. h. c. Balke 28. 4. Bauer (Wasserburg) 28. 4. Bauer (Würzburg) * 28. 4. Prinz von Bayern 1. 6. Dr. Bechert (Gau-Algesheim) 28. 4. Bergmann ** 28. 4. Berkhan * 28. 4. Berlin 28. 4. Blumenfeld * 28. 4. Frau Brauksiepe 28. 4. Buchstaller 28. 4. Corterier * 28.4. Cramer 28. 4. Dr. Dahlgrün 28. 4. Deringer 28. 4. Dr. Dittrich ** 28.4. Draeger * 28. 4. Dr. Eckhardt 28. 4. Eisenmann 28. 4. Dr, Elbrächter 28. 4. Faller ** 28. 4. Flämig * 28. 4. Frau Freyh 12. 5. Frieler 28. 4. Frau Funcke 28. 4. Frau Geisendörfer 28. 4. Geldner 28. 4. Gerlach ** 28.4. Gewandt 28. 4. Graaff 28. 4. Dr. Gradl 28. 4. Haage (München) 28. 4. Dr. Haas 28. 4. Hahn (Bielefeld) ** 28. 4. Dr. Hellige * 28. 4. Frau Herklotz * 28. 4. Herold * 28.4. Hilbert * 28.4. Höhne 15. 6. Hösl * 28. 4. Jacobi (Köln) 15.5. Dr. Jaeger 28.4. Kahn-Ackermann * 28. 4. Dr. Kempfler * 28. 4. Kiep 12. 5. Frau Klee * 28. 4. Dr. Kliesing (Honnef) * 28. 4. Klinker * 28. 4. Dr. Koch 28. 4. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Kopf * 28. 4. Dr. Kraske 28. 4. Kriedemann ** 28. 4. Freiherr v. Kühlmann-Stumm 28. 4. Kulawig ** 28. 4. Kunze 6. 5. Lautenschlager 28. 4. Lemmer 28. 4. Lemmrich * 28. 4. Lenz (Brühl) 28.4. Lenz (Trossingen) 23. 5. Lenze (Attendorn) * 28. 4. Logemann 28. 4. Lücker (München) ** 28. 4. Matthes 28. 4. Mattick 28. 4. Mauk ** 28. 4. Frau Dr. Maxsein * 28. 4. Memmel ** 28. 4. Dr. Mende 28. 4. Mengelkamp 15. 5. Merten ** 28. 4. Michels 28.4. Müller (Aachen-Land) ** 28.4. Neumann (Stelle) 28. 4. Opitz 28. 4. Paul 28. 4. Peters (Norden) 30. 6. Frau Pitz-Savelsberg 2. 6. Pöhler * 28. 4. Frau Dr. Probst 12. 5. Raffert 28. 4. Richarts ** 28. 4. Richter * 28. 4. Riedel (Frankfurt) ** 28. 4. Dr. Rinderspacher * 28. 4. Rösing 28. 4. Ross 28. 4. Dr. Rutschke * 28. 4. Sander 28.4. Scheel 28. 4. Schlee 28. 4. Schmidt (Würgendorf) * 28. 4. Dr. Schulz (Berlin) * 28. 4. Seifriz ** 28. 4. Dr. Serres * 28. 4. Seuffert 28. 4. Spitzmüller 28. 4. Struve 31.5. Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell * 28. 4. Dr. Wahl * 28. 4. Wächter 28. 4. Wellmann 30. 4. Wienand * 28. 4. Dr. Wilhelmi 28.4. Zerbe 28. 4. * Für die Teilnahme an einer Tagung der Beratenden Versammlung des Europarats ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments 5060 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Luda (CDU/CSU) zu Punkt 4 der Tagesordnung. Die gestrige Rede des Bundeswirtschaftsministers Professor Schiller bedarf in einigen wesentlichen Punkten einer Entgegnung: Es ist sehr bedauerlich, daß in so polemischer Weise die Politik der Bundesbank und auch die Haltung des Bundesbankpräsidenten behandelt worden ist. Wenn der Bundeswirtschaftsminister im Hinblick auf die Diskontpolitik der Bundesbank von einer „Politik der 1/2%igen Trippelschritte" spricht, so muß ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß wir seit Ende vorigen Jahres laufend erhebliche Geldexporte hatten, die auf das teilweise höhere Zinsniveau im Ausland zurückzuführen waren. Eine schnellere Senkung des deutschen Diskontsatzes hätte somit nicht zur Verbesserung der Liquiditätsversorgung der deutschen Wirtschaft, sondern mit Sicherheit zu einer Vermehrung der Geldexporte geführt. Wenn es weiter heißt, es sei nicht förderlich gewesen, daß der Bundesbankpräsident den Vorschlag eines zweiten Eventualhaushaltes öffentlich abgelehnt habe, bevor die Regierung ihre Meinung gebildet habe, so wird hier verkannt, daß ja erklärtermaßen die Bundesbank den eventuellen zweiten Eventualhaushalt finanzieren müßte. Es diente somit nur den allgemeinen Belangen, wenn die Bundesbank rechtzeitig klarstellt, daß es an der Finanzierungsmöglichkeit fehle, bevor eventuell vollendete Tatsachen geschaffen wurden. Wie schwerwiegend diese Dinge sind, ergibt sich aus der Tatsache, daß nach Auffassung des Wirtschaftsforschungsinstitutes in Berlin, von dem auch dieser Vorschlag ausgeht und dessen Denkprozesse doch bekanntermaßen seit einiger Zeit ein gewisses Präjudiz für spätere Bonner Reaktionen sind, der zweite Eventualhaushalt ein Volumen von 4 Milliarden DM haben soll. Meines Erachtens ist es auch bedauerlich, daß gegenüber führenden Wirtschaftlern in ähnlicher Weise argumentiert wurde. Um aus der vielzitierten Talsohle herauszukommen, bedarf es einer Wiederbegründung des Vertrauens der Öffentlichkeit. Meinungsverschiedenheiten zwischen der Regierung, der Bundesbank und auch führenden Wirtschaftlern sind zeitweise unvermeidlich, aber es bestünden größere Aussichten, dieses Vertrauen wieder herzustellen, wenn derartige Meinungsverschiedenheiten nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen würden, gleichgültig, wer sie öffentlich begonnen haben mag. Über die von dem Bundeswirtschaftsminister mit Recht festgestellte Tatsache, daß die Preisentwicklung sich beruhigt hat, empfinden auch wir Genugtuung. Um allseits Klarheit zu schaffen, bedarf es jedoch der Feststellung, daß dieser Erfolg Ergebnis der Stabilitätspolitik von Bundesbank und Bundesregierung in den zurückliegenden ein bis zwei Jahren ist. Der Sachverständigenrat hat sich sowohl in seinem zweiten als auch in seinem dritten Jahresgutachten gegen die „kurzsichtige Methode der Simultanzurechnung" ausgesprochen, die von der irrigen Vorstellung ausgeht: Heutige Phänomene haben heutige Ursachen. Also nochmals: Die Weichen für die inzwischen erfolgreiche Stabilitätspolitik wurden bereits 1965/66 gestellt. In diesem Zusammenhang hat der Bundeswirtschaftsminister ausgeführt, er habe durch Verhinderung administrativer Preiserhöhungen zur Preisstabilität beigetragen, Es darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Verhinderung administrativer Preiserhöhungen nur dann eine sinnvolle Preispolitik darstellt, wenn die entsprechenden Anträge auf Genehimgung von Preiserhöhungen unbegründet waren. Wenn z. B. in der von dem Bundeswirtschaftsminister aufgeführten Liste zweimal auf die Bundesbahn verwiesen wird, so dürfte klar sein, daß eventuell notwendige Preiserhöhungen, die durch Entscheidung des Bundeswirtschaftsministers in diesem Bereich verhindert worden sind, demnächst aus Haushaltsmitteln des Bundes kompensiert werden müssen. Auch im übrigen muß gesagt werden, daß die Zurückweisung eventuell begründeter Preiserhöhungsanträge nur zur Verminderung der Erträge und damit der Investitionsfähigkeit der betroffenen Unternehmen führen muß. An Neuinvestitionen ist aber gerade der Bundeswirtschaftsminister so dringend interessiert. Bedauerlicherweise sind diese Ausführungen des Bundeswirtschaftsministers geeignet, in Kreisen der Öffentlichkeit über die volkswirtschaftliche Funktion des Preises falsche Vorstellungen zu nähren. Der vielfach vertretenen Meinung, daß die Preisentwicklung in einer Marktwirtschaft Sache der unternehmerischen Willkür sei, sollte gerade von so hervorragenden Sachkennern immer wieder energisch entgegengetreten werden. Schließlich heißt es in der Rede des Bundeswirtschaftsministers: „Soziale Symmetrie ist der Grundsatz einer Politik, die der zweiten Phase der sozialen Marktwirtschaft entspricht." Wenn aus dieser Äußerung entnommen werden soll, die soziale Marktwirtschaft sei in der ersten Phase nicht sozial gewesen, so muß ich dem entschieden widersprechen. Die Ergebnisse der ersten Phase der sozialen Marktwirtschaft haben die Finanzierung einer Sozialpolitik ermöglicht, die in keinem anderen Land der freien Welt, von den Ländern der unfreien Welt ganz zu schweigen, erreicht wird. Dem Bundeswirtschaftsminister ist zu wünschen, daß seine Politik der deutschen Volkswirtschaft Erträge sichert, die diese Sozialleistungen auch in Zukunft ermöglichen. Der Bundeswirtschaftsminister hat zum Schluß gebeten: „Helfen Sie uns in Zukunft weiter." Er kann versichert sein, daß die CDU/CSU wie in der Vergangenheit so auch in Zukunft ihm diese Mitarbeit und Hilfe nicht versagen wird; an uns wird nichts scheitern. Als Partner dieser Regierungskoalition sind wir jedoch der Meinung, daß der Bundeswirtschaftsminister fairerweise von uns erwarten darf, daß wir eventuell abweichende Meinungen oder Bedenken offen äußern, um den vollen Erfolg der Zusammenarbeit zu gewährleisten. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5061 Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Stein (Honrath) zu Punkt 4 der Tagesordnung. Den auch in unseren Reihen sehr geschätzten Herrn Bundeswirtschaftsminister haben wir gestern von einer neuen Seite kennengelernt. Wir wußten, daß er sein Programm und seine Thesen mit echter, großer Leidenschaft vertritt und daß es ihm auf den Erfolg und auf nichts anderes ankommt. Vielleicht besteht gerade in diesen Tagen Anlaß, ihm dies nochmals zu bestätigen. Diese Anerkennung läßt über kleine Schönheitsfehler hinwegsehen. Wir wußten beispielsweise nicht, daß unser Bundeswirtschaftsminister einen gewissen Arger, den er zwangsläufig hinnehmen muß, so dicht an den Tisch herankommen läßt, an dem er seine immer wieder interessanten und fesselnden Reden ausarbeitet. Wir können natürlich dem Herrn Minister nicht vorschreiben, wie er auf andere Weise seinen Arger, der ja bekanntlich ein schlechter Ratgeber ist, abreagiert. Aber wir dürfen, was meine speziellen Freunde angeht, mit einem echten Bedauern registrieren, daß Herr Professor Schiller diesen Arger offenbar nicht voll zu bändigen vermag. Mein koalitionsgetragener Rat geht dahin, er möge das von allen Mitgliedern dieses Hohen Hauses anerkannte Niveau nicht aus Emotionen gefährden. Ich will aber nicht in denselben Fehler verfallen und auf die gestrigen Ausflüge des Herrn Bundeswirtschaftsministers in entsprechender Weise antworten. Nur eines möchte ich in aller Klarheit sagen: das freie Wort, und damit auch das freie Wort deutscher Unternehmer, sollten wir uns bewahren und nicht in Gefahr bringen. Man kann auf alles sachlich antworten und braucht nicht gleich hinter jedem Arbeitgeber einen unbelehrbaren Dogmatiker oder einen geldgierigen Menschen zu sehen. Der Unternehmer ringt 'in dieser Zeit, die für ihn nicht leicht ist, mit denselben Waffen wie die amtliche Wirtschaftspolitik um die Richtigkeit der eingeschlagenen Wege, und niemand kann ihm bestreiten, daß in der Vergangenheit bei den Kräften, die politisch dem Herrn Bundeswirtschaftsminister etwas näherstehen, da und dort das letzte Verständnis für den Ernst der Entwicklung vielleicht gefehlt hat, mindestens, daß es manchem Unternehmer in seiner Not so scheinen mußte. Der Heerbann, derhinter dem neuen Kurs unserer Wirtschaftspolitik folgt, ist groß und stark genug, um das freie Wort besorgter Wirtschaftler aufzunehmen. Ich meine deshalb, daß, was die Art der Freundlichkeiten angeht, die wir gestern hören durften, sich die Tonart vielleicht besser — wie sagten Sie doch — „dezent in der Mitte" gehalten hätte, statt in die Optik und Augenheilkunde auszuweichen. Eine symphonische Meisterleistung schien mir diese Tonart jedenfalls nicht zu sein. In der Sache selbst ist von meiner Seite nichts mehr zu sagen. Ich kann nur hoffen, daß die allseitigen Bemühungen um die Belebung unserer Konjunktur in der kühlen Sachlichkeit weiterlaufen, die dem ganzen Ausmaß ihrer Notwendigkeit entspricht. Meine für gestern vorbereiteten Bemerkungen habe ich aus Zeitgründen zu Protokoll gegeben. Ich darf auf sie hinweisen. Sie betreffen die wichtige Frage der Methode unserer Sachverständigengutachten. Ich habe angeregt, daß. wir im Wirtschaftsausschuß dieses Hauses in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsminister eine Ausgestaltung des zugrunde liegenden Gesetzes erörtern, um für die Zukunft sicherzustellen, daß der Wert dieser Gutachten sich erhöht und Wissenschaft und Praxis ausreichend zur Geltung kommen. Ich unterstreiche gern den Ernst und die Bedeutung der Dinge, die bei diesen Sachverständigengutachten auf dem Spiel stehen und die uns, die Initiatoren des Gutachtens, veranlassen sollten, das bestehende Verfahren ganz kritisch zu untersuchen. Anlage 4 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. h. c. Menne zu Punkt 4 der Tagesordnung Wenn wir heute das dritte Jahresgutachten der Sachverständigen und ihr Sondergutachten diskutieren, so kann es sich nur darum handeln, die praktische Anwendbarkeit der Gedanken der Sachverständigen durch wirtschaftspolitische Maßnahmen zu untersuchen. Man soll die Gutachten unbefangen als eine wichtige Information betrachten, sie aber auf keinen Fall zum wirtschaftspolitischen Evangelium machen. Es besteht sonst die Gefahr, daß die Gutachten in der Öffentlichkeit überbewertet werden. Die Sachverständigen haben in ihrem Sondergutachten den heute selten anzutreffenden Mut aufgebracht, zuzugeben, daß ihre letzte Prognose im vorhergehenden Herbst-Gutachten nicht mehr der heutigen Situation entspricht. Sie selbst sind sich also offensichtlich der Relativität ihrer Aussagen sehr gut bewußt, während andere offensichtlich glauben, daß man mit globalen Betrachtungen den Wirtschaftsverlauf genau vorhersagen oder sogar planen kann. In diesem Zusammenhang fordern die Sachverständigen immer wieder Maßnahmen für eine außenwirtschaftliche Absicherung. Wir von der FDP halten eine solche außenwirtschaftliche Absicherung für unzweckmäßig. Die außenwirtschaftliche Absicherung durch einen garantierten Paritätsanstieg oder eine Erweiterung der Bandbreite der Wechselkurse würde einseitig den deutschen Export treffen. Sie ist schon deshalb abzulehnen. Ich glaube im übrigen nicht, daß es überhaupt möglich ist, die wirtschaftliche Entwicklung im Ausland und die zu erwartenden Inflationsquoten vorherzusagen, wenn selbst Prognosen über die inländische Konjunkturentwicklung sich so schnell als falsch herausstellen und die Sachverständigen in ihren Sondergutachten einräumen, daß sie nur eine Prog- 5062 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 nose für das erste Halbjahr 1967, also einen Zeitraum von effektiv drei Monaten, geben können. Im Export können wir uns keine Experimente erlauben. Man kann ihn nicht wie einen Wasserhahn auf- und zudrehen. Die Schäden, die durch eine Verdrängung von bestimmten Exportmärkten eintreten, sind nicht kurzfristig zu beseitigen. In Ihrem Sondergutachten sehen die Sachverständigen in einem vielleicht zu erwartenden Exportüberschuß von 10 bis 15 Milliarden DM und der dadurch zu erwartenden Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts eine Fehlentwicklung. Ich kann hierin keine Fehlentwicklung sehen. Ich erinnere nur an unsere Zahlungsbilanzsorgen von 1965/66. Wir haben 7,3 Milliarden DM Überschuß zum Ausgleich unserer defizitären Posten nötig. Exporte sind bei einem intakten Weltmarkt das klassische Ventil zum Ausgleich der fehlenden Inlandsnachfrage. Ohne den Exportüberschuß der Bundesrepublik hätte die EWG ihren Importüberschuß nicht ausgleichen können, wie die EWG- Kommission in ihrem soeben eingetroffenen Bericht 3/67 mitteilt. Meines Erachtens wird die Gefahr der importierten Inflation immer wieder überzeichnet, während der Kosteninflation im Inland nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird. Auch die immer wieder erhobene Forderung der Sachverständigen nach verstärkter Mengenkonjunktur kann ich nicht unterstützen. Der Wettbewerb im In- und Ausland ist ungeheuer hart. Der beste Beweis hierfür sind die gedrückten Gewinne bei den Unternehmen. Man kann nicht die mangelnde Investitionsbereitschaft beklagen, die nur ein Ausdruck für die geringe Gewinnerwartung ist, und im gleichen Atemzug einen noch stärkeren Wettbewerb fordern. Auch bei der von den Sachverständigen aufgezeigten mangelhaften Kapazitätsausnutzung müßte man sorgfältig ermitteln, ob sie allgemein vorhanden ist oder nur in bestimmten oder in strukturell benachteiligten Bereichen. Im letzteren Fall kann man nämlich nicht durch eine expansive Wirtschaftspolitik Abhilfe schaffen. Bei dem Verlust der Arbeitsplätze stellt sich die gleiche Frage, ob sie nämlich nicht wie beim Bergbau strukturell verursacht ist. Hier muß allerdings das richtige Maß zwischen Überbeschäftigung und Arbeitslosigkeit gefunden werden. In den Ausführungen der Sachverständigen fehlt die Auseinandersetzung mit akuten Strukturproblemen der deutschen Wirtschaft. Deshalb ist ihre Deutung der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation einseitig. Der Vorschlag über die kontrollierte Expansion mit Lohn-, Preis- und außenwirtschaftlicher Absicherung geht inhaltlich noch über die Maßnahmen hinaus, welche die Sachverständigen in ihrem dritten Jahresgutachten (dort unter Ziffer 298) als Expansion um jeden Preis beschrieben haben. Sie wollen jetzt zusätzlich noch die Steuern senken und damit das Defizit im Bundeshaushalt vergrößern. Es ist kaum zu begreifen, wie die Sachverständigen zu der Überzeugung kommen können, daß sich die Gewerkschaften auf eine „stabilitätskonforme Lohnpolitik" einlassen, wenn die Zeichen auf „Expansion" stehen. Wie man in einer Marktwirtschaft die Lohn-, Preis- und außenwirtschaftliche Absicherung durchsetzen will, ist schleierhaft. Selbst ein verstärkter staatlicher Interventionismus versagt, wie das englische Beispiel beweist. Die FDP wendet sich entschieden dagegen, daß die öffentlichen Haushalte immer weiter aufgebläht werden. Wir wenden uns auch gegen jede Art der Geldschöpfung, um geplante Wachstumsziele unter allen Umständen zu erreichen, wenn dabei die Stabilität des Geldwertes erneut gefährdet wird. Einen zweiten Eventualhaushalt, den der parlamentarische Staatssekretär Arndt in Würzburg gefordert hat, lehnt die FDP ab. Mit einer stärkeren Verschuldung der öffentlichen Hand ist niemandem geholfen. Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich hier einmal etwas Grundsätzliches zur Wirtschaftspolitik der neuen Bundesregierung sagen. Herr Professor Schiller hat sich durch den Elan, mit dem er die vorhandenen wirtschaftspolitischen Probleme in Angriff genommen hat, viele Bewunderer geschaffen. Es ist ohne Zweifel ein neuer Stil der Wirtschaftspolitik, der von ,der Persönlichkeit Professor Schillers geprägt wird. Mancher glaubt, daß Herr Professor Schiller den Stein der Weisen besitzt, nach dem seine Vorgänger vergeblich suchten. Ob das wirklich so ist, wird sich jedoch erst dann zeigen, wenn echte Erfolge eintreten. Es vergeht heute kaum eine Woche, in der das Publikum nicht von neuen Ideen und Begriffen in der Wirtschaftspolitik überrascht wird. Wir hören von „konzertierten Aktionen", „kontrollierter Expansion", „stabilitätskonformer Lohnpolitik", „Globalsteuerung", „sozialer Symmetrie und Asymmetrie", usw. Ich als Wirtschaftspraktiker bin gegenüber derartigen Begriffen mißtrauisch. Es sind doch meist nur andere Formeln für längst bekannnte Tatbestände. Aus der Erfahrung aller Länder in Ost und West kann ich nur sagen: Der Staat ist nicht in der Lage, den modernen Wirtschaftsprozeß selbst zu lenken und zu leiten. Daher sollte der wirtschaftspolitische Tätigkeit des Staates nach wie vor in erster Linie auf die Gestaltung der Ordnungsformen der Wirtschaft gerichtet sein. Wer glaubt, daß ,der Staat den Wirtschaftsprozeß selbst lenken bzw. global steuern könne, wird unweigerlich Schiffbruch erleiden. Im theoretischen Modell mag manches überzeugend sein, in der täglichen Bewährung sieht vieles ganz anders aus. Nur zu oft habe ich erlebt, daß die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung jeden Respekt vor noch so klugen staatlichen Lenkungsmaßnahmen oder Prognosen vermissen ließ. Wer diese Bedenken nicht teilt, den erinnere ich an die Prognose des Sachverständigenrates in seinem vorjährigen Jahresgutachten. Sie war — wie wir jetzt in dem neuen Sondergutachten lesen können — falsch. Die volkswirtschaftlichen Prognosen werden stets zweifelhaft sein. Das liegt daran, daß sie sich nur auf Zahlen stützen können, dagegen die ebenso wichtigen psychologischen Tatbestände bei Unternehmern und Konsumenten nicht erfaßbar sind. Ich glaube, es gibt nichts Schädlicheres als eine experimentierende Wirtschaftspolitik. Wenn Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5063 Währungs-, Handels- und Steuerpolitik zu dauernd veränderlichen Größen werden, dann fehlt die Atmosphäre des Vertrauens. Vertrauen ist aber die Grundlage für den Erfolg jeder Wirtschaftspolitik. Eine hektische und unstete Wirtschaftspolitik, die heute das verwirft, was gestern galt, schafft Unsicherheit. Weder die Wirtschaft noch der Verbraucher weiß, was morgen kommt. Bei einer solchen Unsicherheit kann die Wirtschaft nicht gedeihen. Auch die stärksten Investitionsspritzen können die Investitionsfreudigkeit nicht anregen, wenn die Kalkulation durch alle möglichen wirtschaftspolitischen Maßnahmen in Frage gestellt ist. Vielleicht ist es ein Warnzeichen, wenn der Sachverständigenrat nach nur einem halben Jahr der neuen Wirtschaftspolitik bei den Investoren und Verbrauchern „Labilität" feststellt. Zu den gefährlichen neuen Schlagworten gehört auch die Formel von der „sozialen Symmetrie". Mit ihr werden künstlich Interessengegensätze zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern konstruiert, die in Wirklichkeit nicht bestehen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind in gleichem Maße an einer gesunden wirtschaftlichen Entwicklung und genügenden Gewinnen interessiert. Irgendwelche Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur sind keine „Geschenke an Unternehmer", die durch Geschenke an Arbeitnehmer ausgeglichen werden müssen. Jeder Verantwortliche weiß, daß die Lohneinkommen stärker als die Betriebseinkommen gewachsen sind und der Selbstfinanzierungsspielraum der Wirtschaft sich in einem beängstigenden Maße verringert hat. Kein Unternehmen kann ohne ausreichende Gewinne existieren. Auch die zur Sicherung des wirtschaftlichen Wachstums unentbehrlichen Investitionen hängen von den Gewinnerwartungen ab. Die Wirtschaftsordnung, die von allen im Bundestag vertretenen Parteien bejaht wird, ist die soziale Marktwirtschaft. Ein laufender staatlicher Interventionismus ist mit diesem System nicht zu vereinbaren. Natürlich muß der Staat bei sektoralen oder regionalen Strukturkrisen eingreifen können. Es kommt hier nicht auf das Überhaupt, sondern auf das rechte Maß an. Der Staat sollte nur dort eingreifen, wo es unbedingt erforderlich ist, im übrigen aber äußerste Zurückhaltung üben und die Kraft des Marktes wirken lassen. Wer an die Kräfte des Marktes nicht glaubt, der verneint bereits die soziale Marktwirtschaft. Die Wirtschaftspolitik von Professor Schiller wird scheitern, wenn alles auf einmal verändert wird. Wenn wir am 1. 1. 1968 die Nettoumsatzsteuer einführen, so bedeutet das für die gesamte Wirtschaft und den Konsumenten eine ungeheure Umstellung. Nachdem wir gestern abend das Gesetz in dritter Lesung verabschiedet haben, möchte ich doch nochmal darauf aufmerksam machen, daß die Investitionssteuer trotz des Stufenplans konjunkturell äußerst bedenklich ist. Es handelt sich nämlich um eine systemwidrige Belastung der Investitionen mit Mehrwertsteuer, die zu einer Einschränkung und Verschiebung von Investitionen auf spätere Jahre führt. Hier wurde — allerdings aus dem wichtigen Grunde der Vermeidung einer Anhebung des Mehrwert-Steuersatzes über 10 % — eine Chance zur Verbesserung des Investitionsklimas nicht genutzt. Statt dessen gibt man Investitionsspritzen, die allerdings nicht sofort als Defizit im Haushalt erscheinen, weil die Bundesbank mit kurzfristigen Papieren hilft. Also herein mit der Investitionssteuer und heraus mit dem geborgten Geld, statt es gleich in der Wirtschaft zu lassen. Zwei Schritte vorwärts — einen Schritt zurück! Auch die Lagervorräte sind nur zu zwei Drittel entlastet. Es ist zwar erfreulich, daß die Regierungskoalition der Kritik der Opposition gefolgt ist und die Lagervorräte stärker entlastet hat, als sie zunächst beabsichtigte. Die Mehrwertsteuer bedeutet eine riesige Arbeitsbelastung für die Wirtschaft. Man sollte daher nicht hach all diesen Umstellungen noch weitere schwerwiegende wirtschaftspolitische Umwälzungen durchführen, was aber durch das Stabilitätsgesetz geschehen kann. Schmücker und Dahlgrün wollten ein Stabilitätsgesetz, um das Vertrauen der Wirtschaft wiederherzustellen. Es sollte dem Staat eine antizyklische Konjunkturpolitik ermöglichen und eine Handhabe geben, die Kreditaufnahme der öffentlichen Hände zu beschränken. Die SPD wollte dagegen von vornherein ein globales Konjunktursteuerungsgesetz. Die Konzeption der SPD zeigt deutlich die Hand von Professor Schiller. Sobald das Gesetz mit den SPD-Vorschlägen verabschiedet wird, haben wir eine globale Konjunktursteuerung, die alles erfaßt außer den Löhnen. In diesem Punkt wird auch weiterhin die Regierung nur an die Vernunft der Tarifpartner appellieren können. Dagegen werden Tatbestände, auf deren Konstanz sich die Wirtschaft einfach verlassen können muß, in Frage gestellt. Obgleich keinerlei konkrete Erfahrungen vorliegen, will man die Einkommen-, Lohn-und Körperschaftsteuer je nach der Konjunktur variabel gestalten. Eine solche variable Gestaltung aus konjunkturellen Gründen existiert nirgends. Darüber hinaus bedroht der Gesetzentwurf durch die Einbeziehung der degressiven Abschreibung selbst die Konstanz der Normalabschreibungen. Wer Normalabschreibungen als konjunkturelles Mittel einsetzen will, verkennt, daß sie ebenso wie Löhne oder Rohstoffe echte betriebliche Kosten sind. Die degressive Abschreibung ist eine solche Normalabschreibung, und ich kann nur davor warnen, sie aus konjunkturellen Gründen einzuschränken oder aufzuheben. Sie ist kein Instrument für Konjunkturpolitik. Die von der SPD vorgeschlagenen Änderungen des Stabilitätsgesetzes sind geeignet, die Investitionsbereitschaft in der Wirtschaft weiter zu beeinträchtigen. Wer jedoch die Investitionen gefährdet, gefährdet langfristig die Produktivität. Die zentrale Rolle der Investitionen für das Wirtschaftswachstum und den Produktivitätsfortschritt scheint mir bei den neuen Maßnahmen nicht ausreichend beachtet nu werden. Ich glaube, daß es einmal ausgesprochen werden muß: Eine gute Wirtschaftspolitik ist nur diejenige, 5064 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 die durch Konstanz der Wirtschaft und dem Verbraucher Vertrauen gibt. Währungsstabilität und Wachstum, das muß hier noch einmal deutlich gesagt werden, sind auf die Dauer nicht allein durch weitere Konjunkturspritzen zu sichern. Dazu bedarf es vielmehr einer Neuorientierung in der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik. Hierzu gehört eine mittelfristige Finanzplanung wie die Finanzreform sowie die Überprüfung der Maßnahmen für den Bergbau, für die Landwirtschaft, für den Wohnungsbau und für den sozialen Sektor. Dies alles und etwaige weitere Maßnahmen müßten mit den Möglichkeiten und Grenzen unserer Wirtschaftskraft in Übereinstimmung gebracht werden. Die Stabilität von Geld- und Preisniveau ist das Wichtigste, damit der Verbraucher und der Sparer geschützt bleibt. Inflationäre Tendenzen müssen vermieden werden! Das Wachstum der Wirtschaft sollte in diesem Rahmengefördert werden. Aber vergessen wir nicht, daß die hohen Wachstumsraten der Jahre bis 1965 nicht mehr möglich sind. Das bedeutet keine Rezession, sondern eine Konsolidierung, die durchaus zu begrüßen ist. Wir sollten nicht nervös werden, wenn das geschieht, was in allen anderen Ländern auch geschehen ist, nämlich strukturelle Schwierigkeiten wie z. B. im Kohlenbergbau. Die Vollbeschäftigung ist heute im ganzen vorhanden, was die geringe Zahl der Arbeitslosen beweist. Hier sind nur die Auswirkungen der sektoralen und strukturellen Schwierigkeiten zu bekämpfen. Natürlich ist der Eventualhaushalt produktionsfördernd. Aber es ist eine einmalige Aktion! Wenn die Bundesbank funktionsfähig bleiben soll, kann und darf sie nicht Konjunkturspritzen finanzieren. Wir von der FDP wollen nicht Defizitfinanzierung durch die Bundesbank! Dieser Minimaxfeuerlöscher, wie der Wirtschaftsministers dies bezeichnete, ist uns zu teuer. Die Bundesbank und ihr Präsident verdienen jede Anerkennung. Er hat leider nur zu wenig Instrumente; diejenigen, die er hat, hat er jedoch gebraucht. Die Autonomie der Bundesbank muß ,erhalten bleiben, und deshalb können nur wirkliche Persönlichkeiten starken Formats diese Präsidentenstellung einnehmen. Ich sage dies heute, weil mir bekanntgeworden ist, daß auf dieser Position in absehbarer Zeit ein Wechsel eintreten wird. Wir von der FDP werden genau darauf achten, daß nicht ein Theoretiker, sondern ein Mann mit großer Bankpraxis — möglichst auch Währungspraxis — der Nachfolger wird. Ich bin ganz anderer Meinung als unser Wirtschaftsminister. Der Areopag von Frankfurt genießt unser Vertrauen! Die alten Wachstumsraten führten uns in die Inflation, und da hat der Areopag gehandelt — gemäß seiner Aufgabe. Er ist nämlich durch ein Gesetz dieses Hohen Hauses für die Währung verantwortlich. Der Herr Wirtschaftsminister sprach davon, daß uns andere Länder wegen unseres gegenwärtigen hohen Exportüberschusses als Störenfried bezeichnen. So ärgerlich, wie dies ist, so möchte ich doch sagen, daß die Situation vor 1 1/2 Jahren unangenehmer war, als wir befürchten mußten, 4 bis 5 Milliarden DM pro Jahr aus unserem Devisenbestand entnehmen zu müssen. Vergessen wir nicht, daß wir eine schwere Last ausländischer Zahlungsverpflichtungen zu tragen haben, und zwar jährlich: zirka 2 Milliarden Wiedergutmachungszahlungen, zirka 3,3 Milliarden Ausgabenüberschuß im Reiseverkehr, zirka 2 Milliarden Überweisungen der Gastarbeiter in die Heimat, insgesamt 7,3 Milliarden DM. Dazu kommen eventuelle Einkäufe und Zahlungen an die USA und Großbritannien für den Devisenausgleich der hier bei uns stationierten Truppen. Das sind weitere 4 bis 5 Milliarden DM, falls wir die englischen und amerikanischen Wünsche erfüllen müssen. Warum also eine solche Angst der Gutachter und des Wirtschaftsministers vor einem eventuellen Exportüberschuß von 10 bis 15 Milliarden DM, zumal dieser Überschuß zum großen Teil auf die Verringerung der Importe zurückgeht, wie der Herr Wirtschaftsminister sagte? Hier wirkt sich auch das Fehlen der früheren Rüstungskäufe aus den USA von bis zu 4 Milliarden DM pro Jahr aus; denn sie wurden als Importe in der Statistik geführt. Was nun die Optik angeht, die in der Rede des Herrn Wirtschaftsministers solch eine große Bedeutung hatte, als er seinen Unwillen über die Meinung des Leiters eines optischen Unternehmens zum Ausdruck brachte, so muß ich dazu sagen, daß die Brille des Praktikers von der des Theoretikers sehr verschieden ist. Der Praktiker muß Gewinne erzielen, sonst ist er pleite und seine Belegschaft arbeitslos, während der Theoretiker alle möglichen Denkmodelle zusammenzimmern kann, ohne Schaden anzurichten, solange er sie nicht in die Praxis überträgt. Auch die Zustimmung und die Kritik der Wirtschaft und ihrer Verbände wurde vom Wirtschaftsminister mit Eloquenz bedacht. Ich bin erfreut, daß er diese Ansichten so stark beachtet, möchte aber sagen, daß ich seine Schlüsse daraus nicht alle teilen kann, besonders nicht, was den Areopag in Frankfurt angeht, der und dessen Leiter von 1949 an es verstanden haben, die deutsche Mark aus dem Nichts zu einer stabilen Weltwährung zu machen —und die Stabilität dieser Währung auch zu bewahren. Die deutsche Wirtschaft hat mit ihren Belegschaften dazu das Fundament geliefert. Sie hat ein Wachstum ermöglicht, das in der ganzen Welt einmalig ist, so daß der Ausdruck „das deutsche Wirtschaftswunder" geprägt wurde. Dieser Aufschwung erfolgte unter der Leitung Ihres Vorgängers Erhard sowie des großen Staatsmannes Adenauer, den wir diese Woche zu Grabe getragen haben, und unter Mitwirkung der FDP in der alten Koalition. Wenn wir uns zum ersten Male in all diesen Jahren Schwierigkeiten haben, so brauchen wir deshalb nicht gleich die Nerven zu verlieren. Die Bäume wachsen eben nicht in den Himmel, sagt der Volksmund. Ich selbst habe mich schon seit einigen Jahren gewundert, daß sich die Wachstumsraten auf einem so hohen Stand gehalten haben. Gewiß haben wir seit einem Jahr einen Stillstand dieses steilen Aufstieges. Es handelt sich jedoch dabei nur um das Zusammentreffen struktureller Veränderungen mit einer Konsolidierungsphase. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5065 Als Praktiker möchte ich mich an den Theoretiker wenden und vorschlagen, daß wir versuchen, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen. Nicht spektakuläre Theorien, sondern ruhige ausgewogene praktische Maßnahmen stellen dieses Vertrauen wieder her. Es muß ein Klima geschaffen werden, das den Konsumenten und den Produzenten veranlaßt, ihre Zurückhaltung aufzugeben. Dann werden wir wieder ein langsames Wachstum erreichen, was uns nicht gelingen wird durch ein deficit-spending zu Lasten der Bundesbank oder des Kapitalmarktes. Woher soll denn das Geld kommen, wenn nicht durch höhere Steuern oder Verschuldung? Beides halten wir von der FDP für gefährlich. Wenn der Herr Wirtschaftsminister sich hier befleißigt, nicht nur neue Theorien zu verkünden, sondern zur Wiederherstellung des Vertrauens beizutragen, dann werden wir auch als Opposition seine Maßnahmen unterstützen, sofern sie in den von der wirtschaftlichen Situation bestimmten Grenzen bleiben. Wir wollen kein Schrumpfen der Wirtschaft, genauso wenig wie Sie. Wir wollen eine Anpassung der Wirtschaft an die Gegebenheiten und — in aller Freundschaft sei es gesagt — mehr Praxis und nicht soviel Theorie in der kommenden Wirtschaftspolitik. Anlage 5 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Pohle zu Punkt 4 der Tagesordnung. In manchen großen Blättern ist kürzlich und vor einiger Zeit die Frage angeschnitten worden, ob die CDU überhaupt noch Wirtschaftspolitik mache. Die Wirtschaftspolitik gehe ohne die Union vor sich. Die Union habe sich gewissermaßen verausgabt, der Wirtschaftsrat — der übrigens nicht die Union und erst recht nicht verantwortlich für die Wirtschatspolitik der Union ist — zerfleische sich in inneren Kämpfen oder in solchen mit den Sozialausschüssen. Ich bin dankbar für solche Worte der Kritik —regen sie doch zum Nachdenken, aber auch zum Widerspruch an. Und ich widerspreche dieser Feststellung mit dem Hinweis, daß die Union sich nach wie vor recht eingehend mit der Gestaltung der Wirtschaftspolitik befaßt, auch vom praktischen Standpunkt aus. Wir wissen ziemlich genau, wie es in den Betrieben aussieht und wie es besser aussehen könnte. Dabei versage ich es mir, aus noch so interessanten Verbandszeitschriften zu zitieren, und ich gedenke mich auch nicht auf positive oder negative Urteile von Verbandspräsidenten zu berufen, die der Herr Bundeswirtschaftsminister in seiner Rede hat aufmarschieren lassen. Denn auch Verbandspräsidenten sind nicht allwissend. „Ein jeder hat für sich zu tun." Unabhängig von den Verbandspräsidenten haben wir hier nach eigenem Urteil zu entscheiden und unsere eigene Ansicht zum Ausdruck zu bringen. Es zeugt von Verantwortungsbewußtsein, wenn diese Ansichten nicht alle miteinander übereinstimmen. Doch möchte ich in diesem Zsammenhang auf zwei Bemerkungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers eingehen. Selbstverständlich steht es ihm frei, auch am Herrn Bundesbankpräsidenten Kritik zu üben. Doch stimme ich meinem Kollegen Burgbacher bei: wenn der Herr Bundeswirtschaftsminister glaubt Anlaß dazu zu haben, sollte er den Herrn Bundesbankpräsidenten offen ansprechen und nicht von dem Herrn aus Frankfurt und seinem Wirken in Hagen reden. Im übrigen hat die Politik der Bundesbank im letzten Jahrzehnt entscheidend zum wirtschaftlichen Aufstieg unter Aufrechterhaltung der stabilen Währung beigetragen. Hierfür schulden wir ihr und an ihrer Spitze Bundesbankpräsident Blessing unseren Dank. Auch in der jetzigen Phase unserer Konjunktur erweist sich die Bundesbank als Hüter und Wahrer unserer Währung, ohne ihre Flexibilität verloren zu haben. Die jüngste weitere Senkung der Mindestreserve z. B. beweist es. Daß der Präsident des Deutschen Industrieinstitutes sich zu den großen Fragen der Wirtschaftspolitik äußert, wird man ihm auch dann nicht verargen können, wenn er an dieser oder jener Maßnahme der Bundesregierung Kritik übt. Dies ist nicht nur sein Recht, sondern ebenso seine Pflicht, wie wir dies beispielsweise vom Präsidenten des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts der Gewerkschaften erwarten. Ob er zufällig unter anderen Produkten auch Brillen herstellt, die im In- und Auslande von einer großen Käuferschicht, u. a. auch von den Krankenkassen, benötigt werden, hat damit nicht das geringste zu tun, denn schließlich ist er als Professor ein Mann bedeutenden wissenschaftlichen Grades. Wir würden in der sachlichen Diskussion sicherlich weiterkommen, wenn der Herr Bundeswirtschaftsminister seine Ausführungen nicht mit derartigen Ornamenten versehen hätte. Wirtschaftspolitik erschöpft sich nicht in Konjunkturpolitik. Zu ihr gehört auch die langfristige Finanzpolitik; zu ihr gehört in erster Linie auch die Strukturpolitik. Ohne Behebung der Strukturkrise muß die Konjunktur anfällig bleiben. Struktur-, Konjunktur- und Finanzpolitik gehören zusammen. Keine ist ohne die andere denkbar. Belebung der Konjunktur allein und um jeden Preis ist nicht der Stein der Weisen. Natürlich wissen wir, daß die Konjunktur nicht mehr die gleiche ist wie im Vorjahr. Das wußten aber wirtschaftsnahe Kreise bereits in der ersten Hälfte des zweiten Halbjahrs 1966, also zu jener Zeit, als das dritte Jahresgutachten des Sachverständigenrates erschien, nicht erst an dessen Ende. Daß die von den Sachverständigen empfohlene langsame, aber stetige Steigerung der deutschen Wechselkurse das richtige Rezept zur Aufrechterhaltung des sogenannten außenwirtschaftlichen Gleichgewichts, zur Bekämpfung der importierten Inflation war, glaube ich freilich nicht. Ich will hierzu noch einige Punkte hervorheben: 1. Eine Gegenüberstellung der Preisindizes für 1958 bis 65 zeigt keinen überzeugenden Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Inlandspreise, der Ausfuhrpreise und der Preise der Exportgüter. Eine Gegenüberstellung der Preisentwicklung der 5066 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 Güter macht deutlich, daß sich die Preisentwicklung im wesentlichen nach der jeweiligen besonderen Situation der einzelnen Branchen und ihrer internationalen Marktbedingungen vollzog. Anhaltspunkte dafür, daß aus der sehr unterschiedlichen Entwicklung der einzelnen Branchenpreise ein allgemeiner inflationierender Einfluß auf das innerdeutsche Preisniveau ausgegangen sei, werden nicht sichtbar. Der Anstieg des Ausfuhrpreisindexes vermag die Behauptung einer allgemeinen internationalen Inflationsrate nicht zu rechtfertigen. Dabei sind auch Zweifel angebracht, ob die von den Sachverständigen zugrunde gelegte Tatbestandsanalyse zutreffend ist. Von einem Ausfuhranstieg zu „stark erhöhten" Preisen kann jedenfalls nicht allgemein gesprochen werden, im Gegenteil, teilweise sind die Exporte unter erheblichen Preiszugeständnissen erkauft worden. 2. Dabei werden die aktuellen Hauptursachen der binnenwirtschaftlichen Stabilitätsbedrohung, nämlich die ungesunde Haushaltspolitik, die mißliche Lage der Finanzen, die übermäßige Verteuerung der Arbeitskosten und die Überhöhung des Konsums zu Lasten der Investitionen im Gegensatz zum zweiten Jahresgutachten unterbewertet. 3. Die Sachverständigen meinen, daß die verbindliche Ankündigung einer Aufwertungsrate die Sozialpartner veranlassen „müßte", Lohnforderungen und Lohnkonzessionen um den Aufwertungssatz zu mindern, da sonst die internationale Wettbewerbsfähigkeit leiden würde. Da die Arbeitsmarktlage jedoch nur in geringerem Maße von den außenwirtschaftlichen Beziehungen, viel mehr aber von der Binnenmarktsituation beeinflußt wird, ist keinerlei Gewähr gegeben, daß aus dem „müßte" ein Tatbestand wird, es sei denn, die Tarifautonomie würde durch staatliche Intervention eingeschränkt. 4. Erfahrungen bei der Aufwertung von 1961 haben gezeigt, daß diese einen störenden Einfluß auf die Geschäftsbeziehungen zwischen Inländern und Ausländern hatte, zum Teil zu erheblichen Preiskonzessionen und damit zu Verlusten oder doch Erlösminderungen der Exporteure führte. Eine Reaktion des Auslandes war seinerzeit auch die vielfache Ablehnung einer Fakturierung in D-Mark. Die Rolle der D-Mark als internationales Zahlungsmittel war durch die Aufwertung zumindest vorübergehend geschwächt. Ein Jahr zuvor hatte der Sachverständigenrat ein Gutachten vorgelegt, über das hier in diesem Hohen Hause diskutiert wurde. Damals hieß es, daß die mißliche Lage der Finanzen und die wirtschaftlichen Krisenerscheinungen vor allem darauf zurückzuführen seien, daß die öffentlichen Haushalte und vor allem der Bund zu viel Geld ausgegeben hätten und der Bundeshaushalt nicht stärker ausgeweitet werden dürfe, als dem Zuwachs des Bruttosozialprodukts entspreche. Heute muß und soll nach Ansicht der Sachverständigen der Bund viel mehr Geld ausgeben, und zwar sogar mittelfristiges Geld, während einer rückläufigen Entwicklung des Sozialprodukts. Gut, die Zeiten sind schnellebig, sie ändern sich, und mit ihnen ändern sich die wirtschaftlichen Bedingungen. Aber sie ändern sich ganz gewiß nicht von heute auf morgen mit elementarer Plötzlichkeit, sondern werfen ihre Schatten voraus. Deshalb wäre es gut, wenn auch die wirtschaftlichen Prognosen von Sachverständigen mögliche konjunkturelle Änderungen von vornherein ins Kalkül einbeziehen würden, statt nur von der im Augenblick gegebenen Situation auszugehen. Damit will ich nicht sagen, daß nicht auch das außenwirtschaftliche Gleichgewicht ein Erfordernis für die stabile Haltung der Währung ist und denkbaren Einflüssen der Zahlungsbilanz auf die gesamtwirtschaftliche Liquidität eine hohe Bedeutung beigemessen werden muß. Dies und die wissenschaftlich fundierte, bis ins einzelne gehende Arbeit des Sachverständigenrates ausdrücklich anzuerkennen, ist mir auch als Praktiker Bedürfnis. Nun kommt jedoch das Nachtragsgutachten auf den Tisch. Ich wiederhole, die Schnelligkeit aufeinander folgender Gutachten mit widersprüchlichen Ansichten kann sich durchaus durch andersgeartete oder nicht vorhersehbare Wirtschaftsabläufe erklären. Dennoch, so meine ich, ist die Häufigkeit solcher Gutachten weder für den Politiker noch für den Gesetzgeber noch für die volkswirtschaftliche Wissenschaft einträglich. Zeigt es doch zugleich, wie vorsichtig alle Vorausschauen zu bewerten sind. Auf solchen Vorausschauen sollen jedoch die Regierungen bei ihren sogenannten mittelfristigen Planungen aufbauen. Das fordern bekanntlich nicht nur die Theoretiker und Planer aller Seiten, sondern auch die Industrie und ihre Verbände. Ich sage das nicht, um uns des mühsamen Beginnens zu entheben, mittelfristige Vorausschauen vorzulegen, die gewiß keine starren Vierjahrespläne darstellen sollen, vielmehr laufender Fortschreibung unterliegen, sondern um um Verständnis dafür zu werben, daß diese Vorausschauen kein Allheilmittel sind. Daß das Wachstum heute nicht mehr das gleiche von einst ist, kann niemand bestreiten. Das war auch der Grund, weshalb die Regierung durch Sonderabschreibungen und entsprechende Überlegungen im Stabilitätsgesetz mit unserer völligen Billigung sogenannte incentives gab. Das war auch der Grund, weshalb wir die Altvorräte bei der Einführung der Mehrwertsteuer erheblich höher, die Warenvorräte außerdem differenziert entlasten, wenngleich solchen Maßnahmen durch die notwendige Koordination mit der Fiskalpolitik Grenzen gesetzt sind. Das war auch der Grund, weshalb wir dem Kreditfinanzierungsgesetz mit seinem Eventualhaushalt durchaus zustimmten. Alle Praktiker der Wirtschaft und Politik, die den früheren Optimismus der Gutachter hinsichtlich der Konjunkturlage nicht teilen wollten, finden in dem Sondergutachten ihre Bestätigung. Beschäftigungsstand und Wachstum der Wirtschaft sind gefährdet. Das reale Wachstum in der vom Bundeswirtschaftsministerium als Norm gesetzten Höhe von 2 % für das Jahr 1967 kann nur erreicht werden, wenn die konjunkturellen Antriebskräfte bald zu einer Beschleunigung des Wirtschaftswachstums Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5067 führen. Noch immer sind viele Kapazitäten nur ungenügend ausgelastet. Von hier aus verbreitet sich nach wie vor Unbehagen, das zu einer Lähmung der wirtschaftlichen Aktivität führt. Es ergibt sich daraus ein unheilvoller Kreislauf. Die Ertragslage hat sich verschlechtert; die Investitionen blieben zurück; es wurden weniger Überstunden und mehr Kurzarbeit verfahren; der Verbrauch ist rückläufig, z. B. in gewissen Wagenklassen der Atomobilindustrie, die heute vielfach als Gradmesser der Konjunktur betrachtet wird. Der Radius des Kreises wird kleiner und führt zu einer sich verengenden Spirale. Ich begrüße es, daß die Bundesregierung und der Herr Bundeswirtschaftsminister diesen Erscheinungen ernsteste Aufmerksamkeit widmen und um jeden Preis einen rein deflatorischen Kurs zu vermeiden wünschen. Auch die Krise, der Brüning durch deflatorische Notverordnungen zu Leibe zu rücken versuchte, begann 1929 nicht nur mit dem New Yorker Börsenkrach, sondern mit einem Rückgang der industriellen Investitionen und Gewinne. Freilich unterscheiden sich die damaligen Zeiten von den heutigen durch eine Reihe von anderen Umständen, in denen die Höhe unserer heutigen Währungsreserve, die Ausfuhrüberschüsse und andere Symptome eine Rolle spielen. Gleichwohl stimme ich der Regierung zu, daß zur Zeit der sogenannte Zielkonflikt zwischen dem Streben nach Stabilität und einer Stützung der Konjunktur zurückgetreten ist. Ein weiteres Absinken der Konjunktur muß das Stabilitätsziel beeinträchtigen. Der Präsident der Deutschen Bundesbank hat andererseits vor wenigen Tagen in diesem Zusammenhang mit Recht darauf hingewiesen, daß die Konjunkturabschwächung im Grunde nichts anderes sei als eine Reaktion auf die voraufgegangene Konjunkturüberhitzung. Er hat von einem Regenerationsprozeß gesprochen. Mit Eindringlichkeit muß deshalb davor gewarnt werden, in die Öffentlichkeit zu viele neue Vorschläge zur konjunkturellen Belebung zu tragen und damit das Gegenteil einer Beruhigung zu erreichen. Ein weiser Arzt gibt nur ab und zu Spritzen. Zu viele hintereinander schwächen den Körper und machen den Kranken entweder apathisch oder hypernervös. Nicht mehr Pläne sind notwendig, sondern die entschlossene Durchführung der bereits eingeleiteten Maßnahmen. Mit Befriedigung haben wir gehört, daß vom Eventualhaushalt inzwischen 742 Millionen DM Aufträge vergeben sind und daß der Bundeswirtschaftsminister sich mit aller Energie dafür einsetzt, daß für die noch nicht verausgabten zwei Drittel die bürokratischen Hürden baldigst überwunden werden. Mit Befriedigung haben wir auch gehört, daß beim Vollzug des Haushalts 1967 die investiven Aufwendungen vorgezogen werden. Bis diese Maßnahmen eingreifen, sollten neue Pläne in der Öffentlichkeit nicht erörtert werden. Das ist im Augenblick am allerwenigsten erforderlich. Mit dem Herrn Bundesfinanzminister meine ich, daß wir zur Zeit weder Euphorie noch Pessimismus brauchen. Wir sollten nicht in den Fehler verfallen, vor dem Wirksamwerden der bisher getroffenen Maßnahmen die jetzige konjunkturelle Entwicklung zu pessimistisch zu betrachten. Noch immer haben wir nämlich Zuwachsraten zu verzeichnen, wenngleich nicht so große wie im Vorjahr. In den letzten drei Monaten haben die Verhältnisse sich nicht verschlechtert. Natürlich hat der Bundeswirtschaftsminister recht, wenn er darauf verweist, daß die industrielle Produktion gegenüber März 1966 im März 1967 um 7,4 % gesunken ist. Aber gegenüber dem Februar 1967 ist nur eine Verschlechterung von 0,7% eingetreten, in der Grundstoffindustrie und Produktionsgüterindustrie sogar eine Steigerung um 1,2 %, bei den Verbrauchsgütern eine solche von 0,3 %, in der Nahrungs- und Genußmittelindustrie um 2,5 %. Die Auftragseingänge lagen im Februar gegenüber Januar 1967 um fast 2,2 % höher, davon aus dem Inland um fast 2 %. Die Märzzahlen lassen eine Festigung der konjunkturellen Lage erkennen, allerdings zum Teil auf niedrigerem Niveau als im Vorjahr. Auf Grund einer Ifo-Umfrage kann angenommen werden, daß im Handel wie in der Produktion seit einiger Zeit ein stärkerer Lagerabbau stattfindet. Darauf weist die Steigerung der Einzelhandelsumsätze gegenüber dem Vorjahr bei gleichzeitigem Rückgang der Produktion hin. Es gibt auch noch andere Zeichen, z. B. eine gewisse Entspannung des Kapitalmarktes. Die Anleihen von Rheinland-Pfalz, Hessen und der Bundesbahn sind zügig untergebracht. Kurz nach Auflegung wurden sie über Emissionskurs gehandelt. Weiteres Anzeichen für die Besserung ist die Notierung der 7%igen Anleihen mit über 100 %. Die neue Bundesanleihe wird nach der neuesten Senkung der Mindestreserven mit 6 1/2 % und bei einem Ausgabekurs von 97 1/4% vom Markt aufgenommen werden. Realkredite werden zunehmend mit 6 % beantragt und aufgelegt. Der Bruttoabsatz der festverzinslichen Wertpapiere betrug im Februar 1967 1,7 Milliarden DM gegenüber 875 Millionen DM im Februar 1966. Wenn man zur Zeit von einer Krise sprechen will, so ist es nicht zum wenigsten eine Ertrags- und Kostenkrise. Bisher ist es nicht gelungen, die Kosten niedriger zu halten und damit Erträge für die Selbstfinanzierung frei zu machen. Die Selbstfinanzierung aber, wie wir aus der Abschreibungspraxis und -theorie genau wissen, ist auch heute noch und trotz aller Geringschätzung, die ihr gewisse Kreise angedeihen lassen, die wichtigste Finanzierungsquelle für Investitionen. Solange die Erträge zurückgehen und kein Vertrauen wiederhergestellt ist, werden alle investitionsfördernden Maßnahmen der Bundesregierung und der Bundesbank nicht zum Tragen kommen. Tatsächlich besteht der Eindruck, daß die Abschreibungsnovelle bisher nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat. Gewisse Ereignisse der letzten Wochen haben deutlich gemacht, daß die Wiederbelebung der Investitionen nicht nur eine Frage der Liquidität ist. Das Ausmaß der Nutzung bereitzustellender Kredite hängt in erster Linie von der Verschuldungsgrenze und der Ertragserwartung der Unternehmungen ab. Neben der Liquidität hat nach wie vor die Bonität entscheidende Bedeutung. Ich stimme deshalb der Bundesbank zu, wenn sie in 5068 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 ihrem neuesten Monatsbericht darauf hinweist, daß die weitere Investitionstätigkeit der Unternehmer davon abhängen wird, ob sich bald bessere Gewinnerwartungen durchsetzen. Sie wird nur davon abhängen. Nach den Ergebnissen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung waren die Gewinne der privaten Unternehmen in Relation zu den Umsätzen und zu den gesamten Einkommen im zweiten Halbjahr 1966 niedriger als seit langem. Die Bundesbank meint, daß die Gewinnerwartungen nur dann wieder optimistischer werden, wenn nicht nur wachsende Umsätze, sondern auch sinkende Kosten und geringere Steuerlasten zu erwarten sind. Das letztere wird wohl Hoffnung bleiben. Die Zinskosten sind bereits rückläufig. Die Steuerbelastung der Unternehmen wird sich bei zugelassenen Sonderabschreibungen oder Abschreibungserhöhungen vielleicht vorübergehend etwas verringern. Entscheidend aber für die Gewinnerwartung ist auch nach Auffassung der Bundesbank die weitere Entwicklung der Kostenfaktoren, in erster Linie der Hauptkostenfaktor Löhne und Gehälter. Auch die Sachverständigen haben diesem Problem ernste Aufmerksamkeit gewidmet. Hier steht auch die weitere Frage zur Entscheidung, wieweit eine Diskrepanz in der Entwicklung der Nettoeinkommen aus der Unternehmertätigkeit einerseits und der Nettolöhne und -gehälter andererseits zu neuen sozialpolitischen Spannungen führen könnte. In diesem Zusammenhang ist das Stichwort von der „sozialen Symmetrie" gefallen. Darüber hinaus gibt es Äußerungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers des Inhalts, daß die soziale Symmetrie „wiederhergestellt" werden müsse. Dieses Wort hat manche Unklarheit heraufbeschworen. Die Gewerkschaften haben sie in dem einen, die Unternehmer in anderem Sinne ausgelegt. Es wäre gut, wenn wir über die diesbezüglichen Vorstellungen Näheres erfahren könnten. Mit den Sachverständigen bin ich einig, daß eine stabilitätskonforme Lohnpolitik notwendig ist. Auch viele andere Punkte des Sondergutachtens sind zu billigen, so: daß auch die außenwirtschaftliche Absicherung, insbesondere bei einem Exportüberschuß allein im ersten Quartal 1967 von 4,3 Millionen DM, Voraussetzung langfristiger Stabilität ist; daß die öffentlichen Investitionsvorhaben — wie geschehen — beschleunigt in Angriff zu nehmen sind; daß die Unterstützung der Belebung des Kapitalmarktes genau dosierte monetäre Maßnahmen erfordert; daß eine Vorplanung zusätzlicher öffentlicher Investitionen schon jetzt — wie der Herr Bundeswirtschaftsminister zutreffend durch Hinweis auf Schubladenprojekte ausgeführt hat — stattfinden sollte für den Fall, daß eine Verstärkung der Konjunkturanreize notwendig ist. Andere Punkte des Sondergutachtens halten kritischer Nachprüfung nicht stand: 1. Die Sachverständigen stellen fest, daß das Arbeitsvolumen gegenüber Beginn 1966 um 4% schlechter ausgenutzt sei. Gegen diese rein quantitative Betrachtung des Gutachtens ist anzumerken, daß dabei die folgenden Gesichtspunkte unberücksichtigt geblieben sind: a) Die Hortung von Arbeitskräften und deren unproduktive Verwendung in den Betrieben fällt zunehmend weg. b) Der Krankenstand hat sich deutlich verringert. c) Die Arbeitskraft ist keine konstante Größe, sondern von psychologischen Faktoren abhängig. Dies zeigt sich deutlich in einer höheren Leistung und geringeren Ausfallzeiten während der letzten Monate. d) Der Zwang zu schärferer Kalkulation zwingt die Betriebe zu einem rationelleren Einsatz ihrer Arbeitskräfte. 2. Das Gutachten läßt das Verhältnis zwischen Eigenkapitalbildung und Fremdfinanzierung sowie deren Fristigkeit außer Betracht. Aber gerade hier liegt einer der Schwerpunkte der gegenwärtigen Konjunktursituation. 3. Das Gutachten vernachlässigt bei seinen Vorschlägen für weitere konjunkturfördernde Maßnahmen die Möglichkeit, daß auch in Erwartung noch besserer Finanzierungsbedingungen auf dem Geld- und Kreditmarkt Investitionsentscheidungen aufgeschoben sein können. 4. Der vorgeschlagene Nachfragestoß von 30 bis 40 Milliarden DM ist angesichts der bereits eingeleiteten Konjunkturmaßnahmen so groß, daß es fraglich erscheint, ob die Volkswirtschaft ohne Preiserhöhungen und erneute Übernachfrage ein neues Ungleichgewicht vermeiden kann. 5. Endlich geht das Gutachten nicht darauf ein, daß zur Zeit ein Konsolidierungs- und Bereinigungsprozeß auf Grund des übersteuerten Wachstums der Vorjahre vorliegt. Geht das Gutachten insoweit also von unvollständigen Prämissen aus, so hegen wir gegen zwei der Empfehlungen des Sachverständigenrates mit der Bundesregierung erhebliche Bedenken: 1. Senkungen in der Einkommen- und Körperschaftsteuer würden die Haushaltsmisere nur vergrößern und die konjunkturpolitischen Wirkungen nach wie vor zweifelhaft erscheinen lassen. Wir bemühen uns mit dem Bundesfinanz- und dem Bundeswirtschaftsminister zur Zeit, eine mittelfristige Vorausschau zu erstellen, in der wir uns mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie wir die Finanzierungslücken zu decken gedenken. Senkungen in der Körperschaft- und Einkommensteuer im jetzigen Zeitpunkt würden diese Lücken unverantwortlich vergrößern. Solche Steuersenkungen würden in der Bevölkerung und in der Wirtschaft nicht verstanden werden. 2. Ein zweiter Eventualhaushalt wäre heute nicht zu verantworten, weil er einmal das Haushaltsdefizit durch kurzfristige Verschuldung erneut vergrößern würde, zum anderen die Wirkung des noch in der Durchführung begriffenen Eventualhaushaltes Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5069 zunächst einmal abgewartet werden muß. Dagegen sollten wir einer Erhöhung der Abschreibungsmöglichkeiten nähertreten, um auch von dieser Seite her Wettbewerbsgleichheit für die deutsche Industrie mit den ausländischen Konkurrenten herzustellen. Mit großem Bedauern registrierten wir, daß noch immer nicht die Richtlinien zwischen Bund und Ländern vereinbart wurden, wie die 660 Millionen DM aus der beschlossenen Erhöhung des Mineralölsteueraufkommens verteilt werden sollen. Denn auch Investitionsvorhaben der Länder und Gemeinden gehören in das Grundkonzept. Ich wiederhole, das Wichtigste scheint zu sein, daß gerade heute zusätzlicher Kostendruck vermieden werden muß. Die ohnehin ertragsschwachen Betriebe müssen die derzeitige Konjunkturpause zur inneren Konsolidierung verwenden und von jeglichem neuen Kostendruck befreit werden. Ebenso notwendig ist, daß sich die öffentliche Hand, d. h. wir alle, zu einer überlegten Ausgabenwirtschaft entschließt und durch Prioritäten dem Gießkannenprinzip ein Ende setzt. Hier werden unser aller gemeinsame Anstrengungen im Laufe des Sommers sehr notwendig sein. Meine Damen und Herren, es ist deshalb erforderlich, daß die konzertierte Aktion sich auch dem Erfordernis der Kostenstabilität zuwendet. Der sprunghafte technische Fortschritt wird uns immer wieder Struktureinbrüche bringen. Ein konjunkturpolitisches Instrumentarium allein hilft nicht. Die grundlegenden politischen Entscheidungen, die im Zuge der mittelfristigen Finanzplanung getroffen werden müssen, sind nicht Sache irgendeiner Verfahrenstechnik. Anläßlich der ersten Sitzung des neuen Kabinettsausschusses für mittelfristige Finanzplanung ist das Wort von der „Gruselkiste" der Finanzpolitik viel gebraucht worden. Das hört sich ganz einprägsam, aber auch ein bißchen lächerlich an. Finanzpolitik ist keine abstrakte und schon gar keine lächerliche Materie. Sie kann das Leben jedes einzelnen Staatsbürgers an der empfindlichen Stelle des Geldbeutels mehr oder weniger angenehm machen. Auch aus diesem Grunde ist jetzt eine konsequente Finanzpolitik nicht nur für die Gemeinschaft unseres Staates, sondern auch für jeden, der in diesem Staate lebt, von erstrangiger Bedeutung. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 25. April 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Josten (Drucksache V/1634, Frage 3) : Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, damit die steigende Verschmutzung unserer Landschaft durch unerlaubtes Abladen von Schmutz und Unrat unterbleibt? Das Bundesgesundheitsamt ist mit der Wahrnehmung zentraler Aufgaben auf dem Gebiet der Abfallbeseitigung beauftragt worden. Diese Arbeiten sind im Institut für Wasser-, Boden- unnd Lufthygiene dieses Amtes am 1. Oktober 1965 aufgenommen worden. Das Bundesgesundheitsamt berät seitdem die Länder durch Ausarbeitung von Grundsätzen und Richtlinien. Ich darf in diesem Zusammenhang auf den zweiten Bericht der Bundesregierung vom 28. Januar 1966 — Drucksache V/248 — verweisen. Darüber hinaus wird z. Z. in meinem Hause geprüft, welche insbesondere rechtlichen Möglichkeiten dem Bund zu einer gesetzlichen Neuordnung der Abfallbeseitigung gegeben sind. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 27. April 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Müller (Ravensburg) (Drucksache V/1634, Fragen 4 und 5) : Hält die Bundesregierung die auf der deutschen Seite des Bodensees getroffenen Maßnahmen für eine „Ölwehr" für ausreichend? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die zu treffenden Maßnahmen zur Abwehr von Ölunfällen im Bodensee nicht nur zwischen den Ländern Baden-Württemberg, sondern auch zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der Schweiz koordiniert werden sollten? Zu Frage 1: Auf deutscher Seite sind die Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern für .den Schutz des Bodensees vor Verunreinigung zuständig. In beiden Ländern ist gewährleistet, daß Ölunfälle sofort gemeldet und im Zusammenwirken von Wasserbehörden, Polizei und Feuerwehren sowie kommunalen Fachdienststellen bekämpft bzw. Schäden verhindert oder beseitigt werden. Die vorhandene Ausstattung von Gerät und Material wird dem Stand der Technik jeweils angepaßt. Diese Vorsorgemaßnahmen kommen auch dem Bodensee zugute, denn der See wird am wirksamsten geschützt, wenn ein Hineinfließen des Öls in den See von vornherein verhindert wird. Um dies weitmöglich sicherzustellen, führen die Länder weitere Maßnahmen durch, die verhindern sollen, daß Mineralöl aus den Kanalisationsnetzen der Gemeinden oder über natürliche Zuflüsse in den See gelangen. Hierzu gehören z. B. Ölauffanganlagen in Kanalisationen und Kläranlagen, Ölsperren an Häfen und Flußmündungen, die Vorratshaltung von Ölbindemitteln und die Bereitstellung von Absauggeräten. Aus den gleichen Erwägungen hat man auch bei der Ölfernleitung am Bodensee-Ufer zunächst durch sehr weitgehende Auflagen sichergestellt, daß nach menschlichem Ermessen aus dieser Leitung kein Öl in den See gelangen kann. Außerdem wurde der Unternehmerin aber auch vorgeschrieben, eine eigene Ölwehr für diese Leitung einzurichten. 5070 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 Die Bekämpfung von größeren Ölverunreinigungen auf dem See selbst ist besonders schwierig. Sichtverhältnisse, Entfernungen, Strömung, Wellengang und Witterung stellen eine wirksame Bekämpfung und zuverlässige Beseitigung des Öls in Frage. Dennoch sind die beiden Bundesländer bemüht, auch für :die Bekämpfung von Verunreinigungen der Seeoberfläche durch Öl geeignetere Bekämpfungsmaßnahmen zu entwickeln und einzusetzen. Es besteht kein Anlaß zu zweifeln, daß die beiden Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles tun, um einen größtmöglichen Schutz des Sees vor Verunreinigung durch Mineralöle sicherzustellen. Zu Frage 2: Im Jahre 1959 ist zwischen Österreich, der Schweiz Baden-Württemberg und Bayern die Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee gebildet worden, die sich darum bemüht, den Bodensee vor Verunreinigung zu schützen und die hierfür erforderlichen Maßnahmen koordiniert. Diese Kommission hat sich u. a. auch schon mit der Bekämpfung von Ölverschmutzungen befaßt und ,eine gegenseitige Meldepflicht über Ölunfälle (Benachrichtigungsplan) eingeführt. Sie hat nach eingehender Prüfung durch ihre Sachverständigen vor allem eine Reihe von Vorsorgemaßnahmen zur Verhütung von Ölverschmutzungen im See empfohlen. Die Bildung einer gemeinsamen Ölwehr für den ganzen See wurde 1965 zurückgestellt, da die Kommission die Auffassung vertrat, das „der damit erzielbare Effekt in keinem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand stünde" und die Organisation von Ölwehrmaßnahmen weitgehend von den örtlichen Verhältnissen abhängt. Die Kommission hat deshalb empfohlen, zur wirksameren Bekämpfung von Ölunfällen Bim Hinterland und am See in jedem Anliegerstaat 'eine Ölwehr-Organisation aufzubauen. Sie hat dabei die gegenseitige Hilfeleistung und das Zusammenwirken der nationalen Dienststellen bei evtl. Ölunfällen und eine gemeinsame und koordinierte Weiterentwicklung aller mit dier Verunreinigung des Sees durch Mineralöle zusammenhängenden Fragen als selbstverständlich vorausgesetzt. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Nahm vom 20. April 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Müller (Berlin) (Drucksache V/1634, Fragen 96, 97 und 98) : Hat die Bundesregierung schon einen Überblick über den Umfang der nach § 30 des Beweissicherungs- und Feststellungsgesetzes gestellten Anträge? Kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, wieviel Zeit etwa die durchführende Behörde vom Tag der Antragstellung bis zum Erlaß des Feststellungsbescheides nach § 37 des Beweissicherungs- und Feststellungsgesetzes benötigt? Hat die Bundesregierung die Absicht, dein Deutschen Bundestag in absehbarer Zeit ein Leistungsgesetz nach § 2 Abs. 2 des Beweissicnerungs- und Feststellungsgesetzes vorzulegen? Bis zum 31. Dezember 1966 waren von 131.094 Personen Anträge nach § 30 des Beweissicherungs- und Feststellungsgesetzes gestellt worden. Im einzelnen wurden gestellt: 21 712 Anträge auf land- und forstwirtschaftliche Vermögen 60 313 Anträge auf Grundvermögen 21 373 Anträge auf Ansprüche und Anteilsrechte 52 235 Anträge auf Hausrat, die allerdings nur die Beweissicherung betreffen. Von diesen Spezialanträgen gehen oft mehrere von einer Person aus. Es ist nicht feststellbar, wieviel Zeit die durchführende Behörde vom Tage der Antragstellung bis zum Erlaß eines Feststellungsbescheides nach § 37 benötigen kann. Die Anträge unterscheiden sich erheblich nach Art, Umfang und Beweismitteln. Selbst die mehr als 15jährige Erfahrung bei dem Feststellungsgesetz zum Lastenausgleich läßt — obwohl über 90 % der vorliegenden Anträge erledigt sind — die Errechnung eines repräsentativen Mittelwertes der Zeitdauer nicht zu. Es kommt hinzu, daß die Ausgleichsämter neben dem Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz auch noch ältere Gesetze, z. B. das Feststellungsgesetz, das Lastenausgleichsgesetz und das Flüchtlingshilfegesetz, durchführen. Sie müssen dann, wenn die Arbeitslage eine Abstufung erfordert, jenen Anträgen Vorrang geben, die schon längere Zeit auf Erledigung warten oder von deren Entscheidung Leistungen abhängig sind. Eine längere Bearbeitungsdauer kann sich auch ergeben, wenn z. B. der für ein Grundstück vorgelegte Einheitswertbescheid neueren Datums ist. In solchen Fällen mußte die 2. Durchführungsverordnung zum Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz abgewartet werden, durch die die Ersatzeinheitswerte für die sowjetische Besatzungszone Deutschlands und dem Sowjetsektor von Berlin festgelegt worden sind. Die Verordnung ist erst am 23. März d. J. im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Sollte dier Anfrage ein Einzelfall zugrunde liegen, so bin ich bereit, eine Überprüfung anzuordnen und bitte um die näheren Angaben. Der Herr Bundesminister der Finanzen hat in Beantwortung der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP — Bundestagsdrucksache V/1424 — unter Ziffer 3 mitgeteilt, daß Entscheidungen über gesetzliche Regelungen zum Ausgleich von Kriegs- und Nachkriegsfolgen für Deutsche aus dem anderen Teil Deutschlands nur im Rahmen der vorgesehenen mittelfristigen Finanzplanung getroffen werden können, die alle Prioritäten sachgerecht gegeneinander abzuwägen haben wird. Diese Planung wird im Laufe der nächsten Monate erstellt. Beschlüsse der Bundesregierung liegen noch nicht vor. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5071 Anlage 9 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dollinger vom 27. April 1967 auf die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Frau Freyh (Drucksache V/1634, Fragen 94 und 95) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich im Bereich der Oberpostdirektion Frankfurt (Main) die Fälle mehren, in denen Privatpersonen bei Wohnungswechsel oder Weitervermietung von Geschäftsräumen dem nachfolgenden Mieter bereits installierte Telefonanschlüsse verkaufen bzw. gegen Abstandszahlungen überlassen? Wie beurteilt die Bundesregierung den in der Frage 94 angesprochenen Handel mit Telefonanschlüssen? Konkrete Fälle, in denen Privatpersonen bei Wohnungswechsel oder Weitervermietung von Geschäftsräumen dem nachfolgenden Mieter bereits installierte Fernsprechanschlüsse „verkaufen" bzw. gegen Abstandzahlung überlassen, sind mir nicht bekannt. Ein „Handel" mit Fernsprechanschlüssen ist nicht zulässig. Fernsprechanschlüsse werden von der Deutschen Bundespost auf Antrag eingerichtet, sie können auch nur mit Genehmigung der Deutschen Bundespost auf einen anderen übertragen werden. Voraussetzung für die Übertragung eines Fernsprechanschlusses ist, daß der Übernehmende Nachfolger in den Wohn- oder Geschäftsräumen oder Geschäftsnachfolger des bisherigen Fernsprechteilnehmers ist. Sind diese Voraussetzungen gegeben und besteht nicht der Verdacht, daß sie nicht lediglich vorgetäuscht werden, wird die Übertragung genehmigt. In den Fällen, wo sich nachträglich herausstellt, daß die Voraussetzungen lediglich vorgespiegelt waren, wird die Genehmigung widerrufen und der Fernsprechanschluß fristlos aufgehoben. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dr. Heinemann vom 19. April 1967 auf die Mündliche Anfrage dies Abgeordneten Dr. Becher (Pullach) (Drucksache zu V/1634, Frage 99) : Wann wird die Bundesregierung dem Bundestag das Vierte Ergänzungsprotokoll des Europäischen Abkommens zum Schutz der Menschenrechte zur Ratifizierung weiterleiten bzw. vorlegen? Der Bundesrat hat beim ersten Durchgang eine Ergänzung des Entwurfs des Vertragsgesetzes zu dem Protokoll Nr. 4 zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten angeregt. Diese Ergänzung betrifft die Frage der innerstaatlichen Ermächtigung der Bundesregierung zur Anerkennung der Zuständigkeit der Europäischen Kommission und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in bezug auf das Protokoll Nr. 4. Der völkerrechtliche Inhalt des Protokolls wird durch diese Frage nicht berührt. Die Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates liegt zur Zeit dem Kabinett zur Beschlußfassung im Umlaufverfahren vor. Mit der Gegenäußerung wird der Entwurf des Vertragsgesetzes noch im Laufe dieses Monats dem Bundestag vorgelegt werden. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Dollinger vom 27. April 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Becher (Pullach) (Drucksache zu V/1634, Frage 113) : Welche Maßnahmen wird die Deutsche Bundespost treffen, um Telefonanschlüsse in kürzerer Frist als bisher durchzuführen? In ihrem Gutachten vom 6. 11. 1965 hat bereits die Sachverständigen-Kommission für die Deutsche Bundespost auf die dringend notwendige Verstärkung der Investitionen im Fernmeldewesen und der Sicherstellung der dazu notwendigen Finanzierungsmittel eindringlich hingewiesen. Die Hauptschwierigkeit, der lebhaften Nachfrage nach Fernsprechanschlüssen kurzfristig zu entsprechen, besteht in der derzeitigen Unmöglichkeit, die Investitionen zum Ausbau der Fernmeldeanlagen der Deutschen Bundespost in gleichem Maße zu steigern, wie der Bedarf wächst. Die Beschaffung dieser erforderlichen Geldmittel ist nicht in dem notwendigen Ausmaß möglich. Es ist zwar der Deutschen Bundespost gelungen, die Wartezeiten zwischen Antragstellung und Einrichtung eines Anschlusses in den letzten Jahren wesentlich abzukürzen und die Zahl der unerledigten Anträge auf Einrichtung von Fernsprechanschlüssen trotz der stark gestiegenen Nachfrage fühlbar zu senken. So wurden im Jahre 1964 bei einem Bestand von 4,6 Millionen Hauptanschlüssen 357 168 neue Hauptanschlüsse gelegt. 1965 erhöhte sich der Bestand von fast 5 Millionen Hauptanschlüssen um 399 536. Im vergangenen Jahr ist sogar ein Zugang von 485 512 neuen Hauptanschlüssen zu verzeichnen. Bei dieser Sachlage bedarf es ganz besonders sorgfältiger Dispositionen bei der Planung der Ausbaumaßnahmen, bei der Verteilung der begrenzten Mittel auf die wichtigsten Investitionsbereiche, in denen Engpässe bei der Herstellung von Anschlüssen entstanden sind, und bei der regionalen Streuung dieser Mittel. Darüber hinaus ist die Deutsche Bundespost nach wie vor bemüht, durch weitere Verbesserung der Organisation, der praktischen Handhabung des Anmeldeverfahrens und der Einrichtung von Fernsprechanschlüssen, des Kräfteeinsatzes, der Motorisierung im Fernmeldebaudienst, der Hinzuziehung von Unternehmern im Sprechstellenbau, der Typisierung der Fernmeldebauten und des Fernmeldebauzeugs usw. die Wartezeiten weiter zu verkürzen. Wegen der bekannten Finanzierungsschwierigkeiten sind leider diese Möglichkeiten begrenzt. 5072 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 Anlage 12 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 27. April 1967 auf .die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Rutschke (Drucksache zu V/;1634, Frage 114) : Was tut die Bundesregierung, um dem vom Präsidenten des Bundes Deutscher Zahnärzte für die Jahre ab 1977 vorhergesagten Zahnärztenotstand mit 5000 bis 6000 fehlenden Zahnärzten entgegenzuwirken? Das Bundesministerium für Gesundheitswesen hat im Juni 1964 mit Zustimmung des Bundesrates leine Verordnung zur Änderung der Prüfungsordnung für Zahnärzte erlassen, durch die auch vorlesungsfreie Monate in die zahnärztliche Universitätsausbildung einbezogen worden sind. Dies sollte dazu verhelfen, die vorhandenen Ausbildungsplätze besser zu nutzen. Im Rahmen der Mitfinanzierung des Ausbaues und Neubaues von Hochschulen beteiligt sich der Bund auch an der Schaffung neuer Ausbildungsplätze für Zahnmediziner. Der Bundesminister für Gesundheitswesen hat sich sowohl an den Präsidenten der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder als auch an den Vorsitzenden dier Konferenz der für das Gesundheitswesen zuständigen Minister und Senatoren der Länder gewandt und gebeten, alles zu tun, um eine Vermehrung der Ausbildungsplätze für Studierende der Zahnheilkunde zu erreichen. Die Länderminister haben auf ihrer letzten Tagung am 1. Dezember 1966 den Beschluß gefaßt, eine gemeinsame Empfehlung an die Kultusministerkonferenz zu richten. Die Kultusministerkonferenz hat ihrerseits empfohlen, eine entsprechende Berücksichtigung bei den einzelnen Ausbauplänen der Länder und nach Möglichkeit eine bessere und intensivere Ausnutzung der Ausbildungskapazitäten der Zahnkliniken anzustreben. Ich habe außerdem in einem Gespräch mit dem Vorsitzenden des Wissenschaftsrates, Herrn Professor Dr. Leussink, Anfang Februar dieses Jahres auf den Mangel an Ausbildungsplätzen in der Zahnmedizin hingewiesen und ihn gebeten, bei den Empfehlungen des Wissenschaftsrates diesen Sachverhalt zu berücksichtigen. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 27. April 1967 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Rutschke (Drucksache zu V/1634,Frage 115) : Teilt die Bundesregierung die Kritik von Dr. Werner Knott am Bundesgesundheitsrat, der zwar zur Reduzierung der Kariesanfälligkeit eine Fluoridierung des Trinkwassers bejahe, es aber an Aktivität fehlen lasse? Die Bundesregierung kann sich den Standpunkt von Herrn Dr. Knott nicht zu eigen machen. Der Bundesgesundheitsrat hat sich in mehreren Sitzungen unter Hinzuziehung zahlreicher namhafter Wissenschaftler mit dieser Frage sehr eingehend befaßt. Die Vollversammlung des Bundesgesundheitsrates sagt in dem Beschluß vom 6. Juli 1966, daß die Fluoridierung des Trinkwassers ,ein zur Vorbeugung der Karies dienendes Mittel ist, daß allerdings eine allgemeine Trinkwasserfluoridierung vom Standpunkt der öffentlichen Wasserversorgung aus praktisch nicht durchführbar und nicht vertretbar sei. Die Spitzenverände der Wasserversorgungsunternehmen vertreten die Auffassung, daß dier Zusatz von Fluor technisch nicht allgemein realisiert werden kann. Nach ihren Angaben werden außerdem maximal nur 1-3 % des gelieferten Wassers für den menschlichen Genuß verwendet. Außerdem haben sich mehrere deutsche Ernährungswissenschaftler noch gegen eine allgemeine Fluoridierung des Trinkwassers ausgesprochen. Eine zwangsweise Fluoridierung des Trinkwassers wirft auch rechtliche Probleme auf. Ich sehe deshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Möglichkeit, eine von dem Votum des Bundesgesundheitsrates abweichende Haltung einzunehmen. Das Bundesministerium für Gesundheitswesen hat die für Kassel, und zwar speziell für den Stadtteil Wahlershausen, seit dem Jahre 1953 bestehende Versuchsgenehmigung erneut verlängert, und zwar unter 'ergänzten Bedingungen und Auflagen. Die Bundesregierung ist bereit, weiteren Anträgen auf Ausnahmegenehmigungen stattzugeben, wie es der Bundesgesundheitsrat empfohlen hat. Zur Zeit liegen allerdings trotz der Empfehlung des Bundesgesundheitsrates weitere Anträge nicht vor. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Bundesministers Lücke vom 25. April 1967 auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Funcke (Drucksache V/1677, Frage 9) : Ist die Bundesregierung bereit, im amtlichen Verkehr die Anrede „Frau" gegenüber allen weiblichen erwachsenen Personen verbindlich zu machen, sofern nicht ledige Frauen im Einzelfall zu erkennen geben, daß sie mit „Fräulein" angeredet werden möchten? Ihre Anfrage bezieht sich auf den Runderlaß des Bundesministers des Innern an die obersten Bundesbehörden vom 9. Februar 1955 (GMBl. 1955 S. 47), wonach gegenüber einer unverheirateten weiblichen Person die Anrede „Frau" zu verwenden ist, wenn dieser Wunsch erkennbar geäußert wird. Ihre Anfrage läßt Ihren Wunsch nach einer inhaltlichen Änderung dieses Runderlasses im Sinne einer Umkehrung erkennen. Der Fragenbereich einer Änderung des Runderlasses ist bereits im Bericht der Bundesregierung über die Situation der Frauen in Beruf, Familie und Gesellschaft (BT-Drucks. V/909) auf den Seiten 264 und 265 behandelt worden. Hier wurde auf inhaltlich gleiche Regelungen in den Ländern hingewiesen, die in den Jahren 1954/1955 getroffen worden waren. Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 5073 Da eine Änderung des Runderlasses von 1955 nur zweckmäßig erscheint, wenn gleichzeitig auch die entsprechenden Regelungen in den Ländern geändert werden, wurde Erörterung des Fragenbereichs mit den Innenministern der Länder angekündigt. Diese Erörterungen haben am 15. November 1966 im Bundesministerium des Innern begonnen; sie sind jedoch noch nicht abgeschlossen. Eine Erwägung meines Hauses, wie der Runderlaß von 1955 — vielfachem Wunsch entsprechend — geändert werden könne, ist den Staats- bzw. Senatskanzleien der Länder in einem Rundschreiben vom 9. 1. 1967 übermittelt worden; die hierzu erbetenen Stellungnahmen sind mir noch nicht vollzählig zugegangen. Auf Anregung einiger Länder soll der Fragenbereich zunächst 'in der Arbeitsgemeinschaft der Innenminister der Länder erörtert werden. Wie diese mir mit Schreiben vom 24. 2. 1967 mitteilte, ist die Angelegenheit für die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Arbeitskreises I „Staatsrecht, Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit" der Arbeitsgemeinschaft vorgemerkt. Erst nach Abstimmung der Länder untereinander kann dier Fragenbereich von hier aus weiter verfolgt werden. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 26. April 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Dr. Häfele (Drucksache V/1677, Fragen 13, 14 und 15) : Wie beurteilt die Bundesregierung das Schweizer Projekt, durch den Bau der Splügen-Bahnlinie eine neue Alpentransitstrecke zu schaffen? Könnte das Splügen-Bahnprojekt die Verkehrsverhältnisse im Raum zwischen Schwarzwald und Bayern verbessern? Wann ist mit der Ausführung des Splügen-Bahnprojektes zu rechnen? Um die Abwicklung ides ansteigenden Reise- und Güterverkehrs durch .die Schweiz in der Nord-SüdRichtung zu verbessern, wurden von Schweizer Stellen verschiedene Projekte entwickelt. Hierzu gehört auch das Projekt einer neuen Ostalpenbahn durch den Splügen. Bei der Beurteilung der verschiedenen Vorschläge spielen die internere Landesinteressen eine maßgebende Rolle. Dies um so mehr, als bei fast allen Lösungsmöglichkeiten die Baukosten von der Schweiz allein getragen werden müssen. Der Chef des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartements hat eine Kommission eingesetzt und ihr die Prüfung der verschiedenen Vorschläge für den Ausbau bestehender und den Bau neuer Schienenstränge durch das Alpengebiet dier Schweiz .übertragen. Eine Entscheidung zugunsten eines bestimmten Projektes ist noch nicht getroffen worden. Von Schweizer Seite wird also alles getan, um zu einer objektiven Beurteilung zu gelangen. Es ist deshalb nicht geboten, etwa von deutscher Seite mit einer offiziellen Stellungnahme ein bestimmtes Projekt hervorzuheben. Aus der Sicht der Deutschen Bundesbahn ergeben sich keine Gründe — selbst bei weiterem Ansteigen des Verkehrsaufkommens —, für den Hauptverkehrsstrom einen anderen Übergang als Basel zu wählen. Im übrigen können auch die Strecken, die zu den östlichen Grenzübergängen zur Schweiz führen, es handelt sich vor allem um die Strecken aus dem württembergischen und westbayerischen Raum, einen in Zukunft stärkeren Verkehr ebenfalls noch bewältigen. Anlage 16 Schriftliche Antwort dies Bundesministers Leber vom 26. April 1967 auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Wächter (Drucksache V/1677, Frage 16) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß durch eine Genehmigung einer Anbringung eines international anerkannten Versehrtenzeichens (3 schwarze Punkte auf gelbem Grund) an Kraftfahrzeugen eine gewisse Rücksichtnahme auf schwerbeschädigte Verkehrsteilnehmer erreicht werden könnte? Die Auffassung teilt die Bundesregierung nicht, weil bei den Anforderungen, die der heutige Straßenverkehr an die Aufmerksamkeit eines jeden Kraftfahers stellt, nicht damit gerechnet werden kann, daß ein solches Zeichen rechtzeitig wahrgenommen und richtig gewertet wird. Für die Einführung eines solchen Schildes besteht auch keine Notwendigkeit. Jeder Kraftfahrer muß nach geltendem Riecht ausbildungsmäßig und auch körperlich und geistig, ggf. unter Zuhilfenahme von besonderen Einrichtungen am Kraftfahrzeug, die Voraussetzung erfüllen, um als Kraftfahrer ohne Gefährdung anderer am Straßenverkehr teilnehmen zu können. Eines besonderen Schutzes einzelner Kraftfahrer, der über die von jedem Kraftfahrer zu fordernde Rücksichtnahme im Straßenverkehr hinausgeht, bedarf es somit nicht. Die Frage wurde auch schon kurz nach Kriegsende in der Öffentlichkeit behandelt, ich darf dazu auf das Verkehrsblatt Nr. 7/8 vom 30. 4. 1947 verweisen. Anlage 17 Schriftliche Antwort des Bundesministers Dr. Lauritzen vom 27. April 1967 auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Buschfort (Drucksache V/1677, Frage 17): Trifft es zu, daß nach dem Wohngeldgesetz vom 1. April 1965 Veränderungen des Familienstandes erst nach Ablauf der Bewilligungsfrist Berücksichtigung finden? Ihre Annahme trifft zu. Nach § 38 des Wohngeldgesetzes in der Fassung vom 1. April 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 177) ist eine Neubewilligung von Wohngeld im laufenden Bewilligungszeitraum nur unter den dort ausdrücklich genannten Voraus- 5074 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1967 Setzungen zulässig; in allen anderen Fällen, insbesondere auch bei Veränderung des Familienstandes infolge Geburt eines oder mehrerer Kinder, kommt eine Neubewilligung nicht in Betracht. Der Bundestag hat diese Regelung nach eingehenden Beratungen getroffen. Der Gesichtspunkt, im Wohngeldverfahren die Verwaltungsarbeit der Bewilligungsstellen zu vereinfachen und den Verwaltungsaufwand zu beschränken, erschien ihm von übergeordneter Bedeutung. Die Vorschriften sehen deshalb vor, daß für längstens 12 Monate eine Art „Festwohngeld" gewährt wird. Veränderungen im Familienstand können deshalb erst bei einer Weitergewährung des Wohngeldes nach Ablauf des Bewilligungszeitraums berücksichtigt werden. Die Regelung hat sich in der Praxis bewährt, so daß der Bundestagsausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen bei der Beratung über den Ersten Wohngeldbericht der Bundesregierung (Drucksache V/796) ausdrücklich von einer Änderung dieser Vorschrift abgeraten hat. Der Herr Präsident des Deutschen Bundestages, der Chef des Bundeskanzleramtes und der Herr Bundesminister für Familie und Jugend haben Abdruck dieses Schreibens erhalten. Anlage 18 Schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 27. April 1967 auf die Mündlichen Anfragen des Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (Drucksache V/1677, Fragen 18 und 19) : Treffen Meldungen zu, daß in den Niederlanden für den Export bestimmte Mastkälber mit Futtermitteln oder Zusatzstoffen gefüttert werden, die wegen ihrer gesundheitsgefährdenden Wirkung in Deutschland verboten sind? Sind ausreichende Kontrollen seitens der Bundesregierung vorgesehen, um den Import solcher in Frage 18 erwähnter mit gesundheitsschädlichen — insbesondere hormonhaltigen — Mitteln gefütterter Tiere zu verhindern? Zu Frage 1: Anläßlich einer Sitzung der EWG-Arbeitsgruppe „Veterinärrecht" am 5. April 1967 in Brüssel wurden von niederländischen Regierungsvertretern Presseberichte bestätigt, wonach in den Niederlanden verbotswidrig Stoffe mit östrogener Wirkung als Injektionspräparate in der Kälberaufzucht zum Zweck der Beeinflussung des Fleisch- und Fettansatzes Verwendung gefunden haben und daß deswegen in den Niederlanden Strafverfahren durchgeführt worden sind. Ob in den Niederlanden für den Export bestimmte Mastkälber mit Futtermitteln oder Zusatzstoffen gefüttert werden, die wegen ihrer gesundheitsgefährdenden Wirkung in der Bundesrepublik verboten sind, ist mir nicht bekannt. Nach § 4 Nr. 2 des Lebensmittelgesetzes ist es in der Bundesrepublik verboten, lebenden Tieren Stoffe mit östrogener Wirkung einzupflanzen, einzuspritzen oder unvermischt oder nach Vermischung mit Futtermitteln zu verabfolgen, um den Fleischoder Fettansatz zu beeinflussen; § 4 e Nr. 1 des Lebensmittelgesetzes verbietet das Inverkehrbringen von Lebensmitteln, bei deren Gewinnung entgegen den Vorschriften des § 4 b verfahren worden ist. Zu Frage 2: Nach § 21 Abs. 1 des Lebensmittelgesetzes dürfen Lebensmittel, die nicht den in der Bundesrepublik geltenden lebensmittelrechtlichen Bestimmungen entsprechen, nicht in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden. Der Importeur ist verantwortlich dafür, daß nicht Schlachttiere oder Fleisch entgegen diesen Verboten eingeführt werden. Der Vollzug der gesetzlichen Vorschriften und die Überwachung obliegen nach dem Grundgesetz den Ländern. Ich habe jedoch die mir zugegangenen Informationen zum Anlaß genommen, den Deutschen Vieh- und Fleischhandelsbund e. V. auf die strafrechtliche Verantwortung der Importeure hinzuweisen und empfohlen, Importe nur vorzunehmen, wenn z. B. aufgrund von Zertifikaten oder Untersuchungen davon ausgegangen werden kann, daß den deutschen lebensmittelrechtlichen Vorschriften entsprochen worden ist. Desgleichen habe ich mich in dieser Angelegenheit an die Länder gewandt mit der Bitte um verschärfte Überwachung. Die niederländischen Behörden haben mir ihrerseits auf der erwähnten Sitzung der EWG-Arbeitsgruppe „Veterinärrecht" schnelle und wirksame Maßnahmen zur Abstellung der in ihrem Bereich festgestellten Gesetzesübertretung zugesagt.
Gesamtes Protokol
Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510700000
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren! Vor Eintritt in die Tagesordnung gebe ich bekannt, daß die Tagesordnung ergänzt werden soll um die Vorlagen, die in der Ihnen vorliegenden Liste aufgeführt sind. Es handelt sich um folgende Punkte:
1. Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. April 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat über Arbeitslosenversicherung
Drucksache V/1445 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/1685
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Götz
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (19. Ausschuß)

— Drucksache V/1681
Berichterstatter: Abgeordneter Varelmann (Erste Beratung 96. Sitzung)

2. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker
— Drucksachen V/1284, V/1682 —Berichterstatter: Abgeordneter Ertl
Weiterhin haben wir folgende Vorlagen der Bundesregierung:
1. Vorlage des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Betr.: Struktur- und Preisenquete auf den Märkten land- und ernährungswirtschaftlicher Güter
Bezug: Beschluß des Bundestages vom 22. Januar 1965 — Drucksache V/1627 —
zuständig: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (federführend), Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen
2. Vorlage des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung Betr.: Bericht über Internationale Organisationen
Bezug: Beschluß des Bundestages vom 18. Januar 1967 — Drucksache V/1635 —
zuständig: Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik (federführend), Auswärtiger Ausschuß, Haushaltsausschuß
Diese Vorlagen bedürfen keiner Beschlußfassung und sollen deshalb gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden. Sind Sie damit einverstanden? — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Haushaltsausschuß hat einen Bericht über die Zustimmung zur Festlegung des Investitionsprogramms gemäß § 4 Abs. 1
Kreditfinanzierungsgesetz 1967 vorgelegt, der als Drucksache V/1672 verteilt wird.
Das Bundesversicherungsamt hat am 19. April 1967 die Abrechnung über die Rentenzahlungen und Beitragserstattungen in der Rentenversicherung der Angestellten für das Kalenderjahr 1966 und die Abrechnung über die Rentenzahlungen, Beitragserstattungen und Beitragszahlungen für die Krankenversicherung der Rentner in der Rentenversicherung der Arbeiter für das Kalenderjahr 1966 (Abrechnung 1966) übersandt, die im Archiv zur Einsichtnahme ausliegen.
Meine Damen und Herren, damit kommen wir zu Punkt 1 ,der Tagesordnung:
Fragestunde
— Drucksachen V/1634, zu V/1634, V/1677 —Ich habe hier noch etwa 40 Fragen, und ich nehme an, daß wir idamit fertig werden. Eine ganze Reihe von Fragen wird nämlich mit Zustimmung der Fragesteller schriftlich 'beantwortet werden.
Zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Die Fragen 37 bis 47 der Abgeordneten Dr. Hammans, Blumenfeld, Dr. Jahn (Braunschweig), Dröscher und Schwabe:
37. Abgeordneter Dr. Hammans
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die heimische Lederindustrie in ihrer Existenz bedroht ist dadurch, daß die Fertigschuhwarenimporte aus EWG-Ländern, aus dem EFTA-Raum, aus Jugoslawien, anderen Ostblockstaaten und die sehr erheblichen Fertighandschuhimporte aus Hongkong, Japan, Korea und Taiwan erdrückend geworden sind?
38. Abgeordneter Dr. Hammans
Kann die heimische Lederindustrie vor den in Frage 37 erwähnten lebensbedrohenden Importen geschützt werden?
39. Abgeordneter Blumenfeld
Ist der Bundesregierung bekannt, daß aus Dienstleistungen im Rahmen deutscher Entwicklungshilfe zwei deutschen Firmen seit vielen Jahren anerkannte Forderungen in der Höhe von über 2 Millionen DM gegenüber iranischen Staatsstellen überfällig sind?
40. Abgeordneter Blumenfeld
Welche Unterstützungen hat die Bundesregierung bei Kenntnis der in Frage 39 geschilderten Situation den deutschen Firmen angedeihen lassen, damit sie ihre Forderungen beglichen erhalten?
41. Abgeordneter Blumenfeld
Was gedenkt die Bundesregierung in der in Frage 39 erwähnten Angelegenheit zu tun, falls die bisherigen Bemühungen sowohl der Firmen wie der Bundesregierung ohne irgendeinen sichtbaren Erfolg geblieben sind?
42. Abgeordneter Dr. Jahn (Braunschweig)

Trifft es zu, daß die Tuch- und Kleiderstoffindustrie darum nachgesucht hat, die Bundesregierung möge bei der EWG-Kommission gemäß Artikel 226 EWG-Vertrag einen Antrag steilen, in dem um die Genehmigung zur Ergreifung von Schutzmaßnahmen gegenüber Einfuhren aus Prato gebeten wird?
43. Abgeordneter Dr. Jahn (Braunschweig)

Trifft es zu, daß die Bundesregierung es abgelehnt hat, den in Frage 42 erwähnten Antrag zu stellen, obwohl seitens der holländischen und belgischen Regierung derartige Anträge gestellt worden sind?



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
44. Abgeordneter Dr. Jahn (Braunschweig)

Ist die Bundesregierung nicht der Ansicht, daß die in Frage 42 erwähnte betroffene Industrie den Eindruck gewinnen muß, ihre Interessen würden von der Bundesregierung mit weniger Nachdruck vertreten als die Interessen der Industrien in den beiden Nachbarländern, da sie sich lange vor Abschluß des EWG-Vertrages bemüht hat, eine Begrenzung der Prato-Einfuhren zu erreichen?
45. Abgeordneter Dröscher
Wie weit sind die Bemühungen der Bundesregierung bzw. des Bundeskartellamtes gediehen, das Maß der durch keine ökonomische Notwendigkeit, sondern nur durch das Vorhandensein von verbotenen Preisabsprachen begründeten Differenzen der Treibstoffpreise zwischen den Ballungsgebieten und den weniger dicht bewohnten Räumen auf eine erträgliche Höhe zu ermäßigen?
46. Abgeordneter Schwabe
Sind die in jüngster Zeit wiederholten Senkungen der Benzinpreise durch die Mineralölgesellschaften kostenbedingt oder mussen sie als willkürliche Maßnahmen im Konkurrenzkampf angesehen werden?
47. Abgeordneter Schwabe
Gibt es Anhaltspunkte für den Umfang des Mehrgewinnes, den die Gesellschaften vor der zweimaligen Preissenkung zwangsläufig erzielt haben müssen?
Die Fragesteller Dr. Hammans, Blumenfeld, Dr. Jahn (Braunschweig) und Dröscher haben ihre Fragen zurückgezogen. Herr Abgeordneter Schwabe hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Zunächst die Fragen 53 und 54 des Herrn Abgeordneten Mick:
Entspricht es den Tatsachen, daß die Versicherung der selbständigen Handwerker bei der Rentenversicherung nach Angabe ihres Verbandes von 1962 bis 1965 ein Defizit von 448 Millionen DM verursacht hat?
Ist das in Frage 53 erwähnte Defizit von Jahr zu Jahr angewachsen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510700100
In den Angaben des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger, auf die Sie sich beziehen, Herr Kollege Mick, ist für die Rentenversicherung der selbständigen Handwerker in den Jahren 1962 bis 1965 ein Defizit von 448 Millionen DM errechnet. Hierbei muß jedoch ein Problem berücksichtigt werden, das für die Berechnung eines solchen Defizits grundsätzlich besteht. Der Deutsche Bundestag ist nämlich — wie Sie sich sicherlich noch erinnern werden — bei der Beratung des Handwerkerversicherungsgesetzes im Jahre 1960 dem Vorschlag seines Sozialpolitischen Ausschusses, im Gesetz eine getrennte Rechnungsführung der Handwerkerversicherung vorzusehen, nicht gefolgt. Deshalb war es nun für den Verband Deutscher Rentenversicherungsträger nicht möglich, die Einnahmen aus Beiträgen freiwillig versicherter Handwerker, die diese durch den Markenkauf bei der Bundespost entrichtet haben, zu berücksichtigen. Diese Beiträge müssen aber, wenn man die Einnahme den Rentenaufwendungen auf Grund von Beiträgen früherer pflichtversicherter Handwerker gegenüberstellt, mindestens zum Teil hinzugerechnet werden.
In Anbetracht der von mir geschilderten gegenwärtigen Rechtslage läßt sich, wie Sie verstehen werden, Herr Kollege Mick, nicht endgültig feststellen, ob die Versicherung der selbständigen Handwerker — isoliert betrachtet — auch tatsächlich ein Defizit in der berechneten Höhe verursacht hat. Aus dem gleichen Grunde ist auch Ihre weitere Frage, ob das angebliche Defizit in der Handwerkerversicherung von Jahr zu Jahr angewachsen ist,
leider nicht zu beantworten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510700200
Keine Zusatzfrage.
Die Fragen 55 bis 57 ,des Herrn Abgeordneten Lenders:
Hat der Bundesarbeitsminister Kenntnis von der Absicht des gemeindlichen Unfallversicherungsträgers (BAGUV), eine neue Unfallverhütungsvorschrift (UVV) für den Bereich der kommunalen Sparkassen zu verabschieden?
Trifft es zu, daß der in Frage 55 erwähnte Entwurf der UVV des gemeindlichen Unfallversicherungsträgers in einem für die Sicherheit der Beschäftigten nachteilig wirkenden Punkt von der im Februar 1966 in Kraft getretenen UVV der Verwaltungsberufsgenossenschaft insoweit abweicht, als für Arbeitsplätze, die dem Publikumsverkehr dienen, wenn sie von anderen Räumen aus einsehbar oder nur über gewisse Behinderungen erreichbar sind, schon dann für die unübersteigbare Abtrennung keine Schußsicherheit mehr gefordert wird, wenn mindestens sechs Beschäftigte (im Gegensatz zu zehn Beschäftigten bei der UVV der Verwaltungsberufsgenossenschaft) in dem vom Publikum erreichbaren Raum ständig anwesend sind?
Ist der Bundesarbeitsminister bereit, als aufsichtsführende Behörde für die Berufsgenossenschaften im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für Unfallverhütungsvorschriften im Interesse der Sicherheit der bei den kommunalen Sparkassen Beschäftigten und der Einheitlichkeit von Sicherheitsbestimmungen für die Beschäftigten von Banken und Sparkassen darauf hinzuwirken, daß die im Anhang der UVV „Kassen" der Verwaltungsberufsgenossenschaft aufgeführten Sicherheitsbestimmungen zu § 2 dieser UVV von der UVV des gemeindlichen Unfallversicherungsträgers voll übernommen werden?
werden im Einverständnis mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antwort des Bundesministers Katzer vom 19. April 1967 lautet:
Die Absicht der gemeindlichen Unfallversicherungsträger, eine Unfallverhütungsvorschrift Kassen" zu erlassen, ist mir bekannt. Der Entwurf ist in meinem Hause mehrfach beraten worden.
Es trifft zu, daß der von der Bundesarbeitsgemeinschaft der gemeindlichen Unfallversicherungsträger (BAGUV) erarbeitete Entwurf von der Unfallverhütungsvorschrift „Kassen" der Verwaltungsberufsgenossenschaft in dem von Ihnen genannten Punkt abweicht. Ich bin jedoch der Meinung, daß diese Abweichung im Hinblick auf die Sicherheit der Beschäftigten vertretbar ist.
Nr. 1 Abs. 2 Satz 2 des Anhangs der UVV „Kassen" der Verwaltungsberufsgenossenschaft lautet:
Voraussetzung (d. h. für den Verzicht auf schußsichere Trennwände) ist ferner, daß in diesen Räumen ständig mindestens 10 Beschäftigte anwesend sind und die in § 2 Abs. 1 genannten Arbeitsplätze unübersteigbar abgetrennt sind."
Zur Zeit der Beratung der Unfallverhütungsvorschrift „Kassen" der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft lagen Statistiken oder gleichwertiges Tatsachenmaterial, aus denen sichere Rückschlüsse
über die vordringlich zu schützenden Kassen zu ziehen gewesen wären, nicht vor.
Inzwischen hat jedoch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) bei seinen Mitgliedern umfassende Erhebungen über die in den letzten Jahren verübten Raubüberfälle angestellt. Diese Statistik zeigt, daß in der Zeit von Januar 1965 bis September 1966 168 Überfälle auf Kassen verübt wurden, und zwar:
95 Überfälle auf Ein-Mann-Stellen 34 Überfälle auf Zwei-Mann-Stellen 15 Überfälle auf Drei-Mann-Stellen 9 Überfälle auf Vier-Mann-Stellen 7 Überfälle auf Fünf-Mann-Stellen 4 Überfälle auf Sechs-Mann-Stellen 1 Überfall auf eine mit neun Personen besetzte Kassenstelle
3 Überfälle auf Kassenstellen, die mit mehr als 10 Personen besetzt waren.
Von insgesamt 168 ausgewerteten Überfällen entfiel somit nur einer auf eine Kasse, in der mehr als 6, aber weniger als 10 Personen ständig im Kassenraum beschäftigt waren.
Diese erste Statistik erlaubt den Schluß, daß die Festsetzung der Grenze auf 6 Personen dem tatsächlichen Sicherheitsbedürfnis nicht offensichtlich widerspricht.
Außerdem wurde von seiten der BAGUV darauf hingewiesen, daß sich seit Inkrafttreten der UVV „Kassen" der VerwaltungsBerufsgenossenschaft auf dem deutschen Markt eine Verknap-



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
pung an schußsicherem Glas bemerkbar gemacht habe. In diesem Zusammenhang wurde die Befürchtung geäußert, daß es kaum gelingen werde, innerhalb von 3 Jahren die am stärksten gefährdeten Kassenstellen (insbesondere die Zwei- und Drei-MannStellen) mit schußsicherem Material zu versorgen, wenn der Kreis der abzuschirmenden Kassen zu weit gezogen werde.
Diesen Argumenten konnte ich mich nicht verschließen, selbst wenn dadurch die Einheitlichkeit von Sicherheitsbestimmungen nicht eingehalten werden konnte. Ich habe mich daher mit der „Sechs-Personen-Grenze" einverstanden erklärt. Um jedoch zu gewährleisten, daß alles Erforderliche für die Sicherheit der Beschäftigten getan wird, habe ich die Einfügung eines Abs. 3 in § 2 des Entwurfs der BAGUV veranlaßt. Der Absatz lautet:
(3) Die Arbeitsplätze müssen unabhängig von Abs. 2 den Anforderungen entsprechen, die vom Gemeindeunfallversicherungsverband im Einzelfall zur Abwehr besonderer Gefahren für die Beschäftigten gestellt werden."

(Abs. 2 enthält die Bezugnahme auf die Personengrenze).

Durch die Einfügung des Abs. 3 werden die gemeindlichen Unfallversicherungsträger angehalten, die zusätzlichen Maßnahmen auch bei Kassen mit mehr als sechs im Kassenraum Beschäftigten zu fordern, wenn dies nach den örtlichen Verhältnissen im Einzelfall erforderlich ist.
Ich stimme mit Ihnen grundsätzlich darin überein, daß bei Vorliegen gleicher Voraussetzungen die Sicherheitsbestimmungen für die Beschäftigten möglichst einheitlich sein sollen. Angesichts der durch die vorgenannte Statistik vermittelten Erkenntnisse halte ich es jedoch gegenwärtig für dringender, durch Erlaß von Unfallverhütungsvorschriften die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die am stärksten gefährdeten Spar- und Darlehenskassen mit bis zu sechs Beschäftigten ohne weitere Verzögerungen geschützt werden.
Die Entwicklung wird sorgfältig beobachtet werden. Bei neuen Erkenntnissen werde ich auf die zuständigen Unfallversicherungsträger einwirken, die Vorschriften der veränderten Situation anzupassen.
Frage 58 des Herrn Abgeordneten Schulte:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß Ersatzdienstverweigerer nach Verbüßung ihrer Strafe von manchen Gerichten bei erneuter Ersatzdienstverweigerung nochmals mit derselben Strafe belegt werden?
Bitte sehr, Herr Minister!

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510700300
Herr Präsident, darf ich die Fragen 58 und 59, die gleichen Inhalts sind, gemeinsam beantworten?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510700400
Frage 59 ist die Frage des Herrn Abgeordneten Kübler. Sind Sie einverstanden, Herr Abgeordneter Kübler? — Sie können dann ja noch zwei Zusatzfragen stellen.
Ich rufe also noch die Frage 59 des Herrn Abgeordneten Kübler auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung rechtlich die Tatsache, daß Ersatzdienstverweigerer nach Verbüßung ihrer Strafe von manchen Gerichten bei erneuter Ersatzdienstverweigerung nochmals mit derselben Strafe belegt werden?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510700500
In der vorigen Fragestunde hatte der Herr Kollege Dr. Geißler die gleiche Frage gestellt. Er hat sie bis zum Abschluß der Besprechungen, die ich gegenwärtig über diesen Fragenkomplex mit dem Herrn Bundesminister der Justiz führe, zurückgestellt. Ich möchte dem Ergebnis dieser Besprechungen nicht vorgreifen und bitte deshalb um Verständnis dafür, daß ich erst nach abschließender Klärung der Frage mit dem Herrn Bundesminister der Justiz eine Erklärung zur Sache abgeben möchte.
Sobald die Besprechungen mit .dem Bundesminister der Justiz abgeschlossen sind, werde ich Ihnen selbstverständlich Mitteilung machen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510700600
Eine Zusatzfrage!

Manfred Schulte (SPD):
Rede ID: ID0510700700
Herr Bundesminister, wann rechnen Sie mit dem Abschluß dieser Besprechungen?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510700800
Ich habe die Sache in meinem Hause selbst in die Hand genommen und führe heute eine erste Hausbesprechung. Ich hoffe, daß wir in zwei oder drei Wochen zu einem Abschluß kommen werden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510700900
Keine weiteren Zusatzfragen, auch nicht vom Herrn Abgeordneten Dr. Kübler.
Ich rufe die Fragen 60 und 61 des Herrn Abgeordneten Eckerland auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß infolge der stark angestiegenen Arbeitslosigkeit seit dem letzten Winter die Sozialhilfeträger erhebliche Aufwendungen für Arbeitslose erbringen mußten, diese nur teilweise zurückerstattet erhielten und diese Vorleistungen der Sozialhilfe nur deswegen erfolgen mußten, weil die Arbeitsämter nicht in der Lage waren, die gesetzlichen Leistungen nach dem AVAVG schnell und rechtzeitig zur Auszahlung zu bringen?
Ist die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß diese Vorleistungen der Sozialhilfeträger erheblich reduziert werden könnten, wenn die Arbeitsämter von der Bundesanstalt Anweisung erhielten, den § 174 AVAVG entsprechend seinem Wortlaut anzuwenden, d. h. nur Glaubhaftmachung und Angaben von Tatsachen zu verlangen und auf den Nachweis der angegebenen Tatsachen und Verhältnisse zu verzichten bzw. die Arbeitsämter entsprechend § 181 AVAVG das Arbeitslosengeld in der Regel wöchentlich auszahlen würden und nicht, wie es fast überall geschieht, in größeren Zeitabständen?
Zur Beantwortung der Herr Minister.

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510701000
Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Sozialhilfeträger im vergangenen Winter in zahlreichen Fällen Arbeitslosen vor der ersten Auszahlung von Arbeitslosengeld Leistungen gewährt haben, mit denen sie zu einem gewissen Teil auch endgültig belastet worden sind. Neben der Inanspruchnahme der Sozialhilfeträger, die in Ihrer Frage, Herr Kollege Eckerland, angesprochen wird, entsteht bei Verzögerung der Bearbeitung von Anträgen auf Arbeitslosengeld ein Problem, das uns allen wohl noch mehr am Herzen liegt: daß nämlich die betroffenen Arbeitslosen und ihre Angehörigen zusätzliche Schwierigkeiten haben.
Im Hinblick darauf hat sich die Bundesregierung mit Nachdruck um möglichst schnelle und möglichst weitgehende Abhilfe bemüht. Das Hohe Haus hat sie dabei im Rahmen der Behandlung des Siebenten Änderungsgesetzes zum AVAVG, das am 1. April dieses Jahres in Kraft getreten ist, tatkräftig unterstützt. Durch dieses Gesetz sind einige Leistungsvorschriften, deren Anwendung erheblichen Verwaltungsaufwand erforderte, vereinfacht worden. So ist vor allem die zeitraubende und komplizierte Bedürftigkeitsprüfung weggefallen, die der Gewährung der Familienzuschläge vorausging. Familienzuschläge werden seit dem 1. April dieses. Jahres nach Maßgabe der Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte gewährt. Außerdem wurden die einer raschen Bearbeitung entgegenstehenden Schwierigkeiten beseitigt, die sich daraus ergaben, daß die erforderlichen Arbeitsbescheinigungen häufig noch nicht bei Antragstellung beigebracht werden konnten. Denn selbst bei Verwendung datenverarbeitender Maschinen ist es vielen Betrieben nicht möglich, den Entlassenen



Bundesminister Katzer
sofort für den letzten Lohnzahlungszeitraum eine Abrechnung mitzugeben.
Vor Inkrafttreten dieser Erleichterungen, also vor Ende März dieses Jahres, waren die Arbeitsämter in der Tat sehr viel stärker belastet. Hier liegt ein Teil der Ursachen für Verzögerungen in der Bearbeitung von Anträgen auf Arbeitslosengeld, während ein anderer Teil in der schwierigen Personallage zu suchen ist. Bei den Arbeitsämtern war in den Monaten, in denen die Arbeitslosigkeit unerwartet und rasch stark anstieg, die Zahl der Stammkräfte verhältnismäßig gering. Die Einstellung von Aushilfskräften wirkte sich nur langsam aus, weil diese verwaltungsfremden Angestellten erst mit ihren Aufgaben vertraut gemacht werden mußten. Die Männer und Frauen in den Versicherungsabteilungen der Arbeitsämter waren daher zum Teil weit über ihre Leistungsfähigkeit hinaus beansprucht. Aber auch hier ist inzwischen eine spürbare Entlastung eingetreten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510701100
Eine Zusatzfrage.

Günther Eckerland (SPD):
Rede ID: ID0510701200
Herr Minister, wäre es nicht möglich, die Arbeitsämter zu verpflichten, sofortige Abschlagszahlungen auf ,den künftigen Anspruch in angemessener Höhe zu leisten?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510701300
Herr Kollege, die Arbeitsämter können solche Abschlagszahlungen leisten, und es wird auch sehr häufig davon Gebrauch gemacht.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510701400
Keine weiteren Zusatzfragen.
Frage 62 des Herrn Abgeordneten Buschfort:
Was veranlaßte die Bundesregierung, die vom Bundestag beschlossene Verbesserung für Umschüler nach § 133 AVAVG durch Streichung des bisher gewährten Taschengeldes wesentlich zu verschlechtern?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510701500
Die im Rahmen des § 133 a AVAVG eingeführten Verbesserungen verfolgen das Ziel, für Teilnehmer an beruflichen Bildungsmaßnahmen mit einem Unterhaltsgeld von 120 % des Arbeitslosengeldes die Sicherung des Lebensunterhaltes in angemessenem Umfang zu gewährleisten. Der Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hat zugleich mit der Einführung dieses Unterhaltsgeldes am 1. April 1967 durch Richtlinien den begünstigten Personenkreis großzügig erweitert. Dieses Unterhaltsgeld wird künftig nicht nur an Arbeitslose, sondern auch an sonstige Arbeitsuchende gewährt.
Gleichzeitig mit der Einführung des Unterhaltsgeldes hat der Verwaltungsrat in seinen Richtlinien das bisherige Taschengeld gestrichen, während er im übrigen die nach seinen Richtlinien vorgesehenen Leistungen weiter verbessert hat. Dieser Neufassung der Richtlinien habe ich zugestimmt. Hinsichtlich des Wegfalls des Taschengeldes ist zu berücksichtigen, daß der Deutsche Bundestag die Höhe des
Unterhaltsgeldes so festgelegt hat, daß den finanziellen Erfordernissen bei einer Teilnahme an beruflichen Bildungsmaßnahmen ausreichend Rechnung getragen ist.
Ferner ist zu bedenken, daß in der Vergangenheit berufliche Bildungsmaßnahmen in der Regel nur für Arbeitslose durchgeführt werden konnten, deren Lebensunterhalt lediglich durch das niedrigere Arbeitslosengeld oder gar die Unterstützung aus der Arbeitslosenhilfe gesichert wurde. Unter diesen Umständen war es notwendig, den Mehrbedarf, der einem Teilnehmer an beruflichen Bildungsmaßnahmen gegenüber den sonstigen Arbeitslosen entstand, durch die Gewährung eines Taschengeldes auszugleichen. Seit dem 1. April 1967 ist diesem Gedanken bereits durch die Höhe des Unterhaltsgeldes — es beträgt, wie bereits erwähnt, 120 % des Arbeislosengeldes — Rechnung getragen. Es kommt hinzu, daß das Unterhaltsgeld auch an Arbeitsuchende gezahlt wird, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Unterstützung aus der Arbeitslosenhilfe hätten. Diese Personen hätten nach altem Recht — trotz Zahlung eines Taschengeldes — keine ausreichende Sicherung des Lebensunterhalts gehabt.
Das Hohe Haus hat zusammen mit der Bundesregierung bei der Festlegung der Höhe des Unterhaltsgeldes grundsätzliche Erwägungen angestellt, in welchem Verhältnis dieses Unterhaltsgeld zum Arbeitslosengeld und zum früher verdienten Lohn stehen sollte. Im Hinblick darauf erschiene es ohne ausdrückliche Ermächtigung des Gesetzgebers sachlich nicht gerechtfertigt, wenn der Verwaltungsrat durch Richtlinien eine weitere Leistung in Form des Taschengeldes für die jetzt abschließend im Gesetz geregelte Unterhaltssicherung gewähren würde.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510701600
Zusatzfrage.

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0510701700
Herr Minister, kann ich Ihrer Antwort entnehmen, daß es zutrifft, daß Sie Herrn Dr. Käfferbitz Weisung erteilt haben, sich für die Streichung einzusetzen? Denn es ist ja bekannt, daß es bei der Abstimmung nur eine Mehrheit von einer Stimme gab.

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510701800
Ich möchte darüber in diesem Zusammenhang keine Auskunft erteilen, da es sich um einen internen Verwaltungsvorgang handelt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510701900
Zweite Zusatzfrage.

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0510702000
Herr Minister, um wieviel Prozent ist das Umschulungsgeld durch die Streichung des Taschengeldes überhaupt noch erhöht worden?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510702100
Diese Frage ist individuell zu beantworten, sie kann nicht generell beantwortet werden. Es hängt vom jeweiligen Einkommen ab.




Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510702200
Weitere Zusatzfragen.

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0510702300
Herr Minister, ist bekannt, daß die Rentenversicherungsträger weitaus bessere Leistungen zahlen und zusätzlich ein Taschengeld von 1,50 DM gewähren und daß jetzt durch die Streichung des Taschengeldes nach den Bestimmungen der Arbeitslosenversicherung dieser Personenkreis schlechter gestellt ist?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510702400
Herr Kollege, ich nehme an, daß sich dies auf Ihre zweite Frage bezieht, die ich gleich noch gesondert beantworten möchte.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510702500
Herr Abgeordneter Matthöfer, Zusatzfrage.

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0510702600
Herr Minister, trifft es zu, daß ein großer Teil der Umschüler bei der Gewährung des einfachen Arbeitslosengeldes und eines zusätzlichen Taschengeldes früher sich nicht schlechter gestanden hätte, als er jetzt mit dem erhöhten Unterhaltsgeld ohne Taschengeld steht?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510702700
Herr Kollege Matthöfer, ich glaube, die jetzige Regelung ist für die breite Schicht wesentlich besser als die frühere Regelung.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510702800
Weitere Zusatzfrage.

Hans Matthöfer (SPD):
Rede ID: ID0510702900
Herr Minister, wären Sie bereit, das einmal gründlich nachrechnen zu lassen, und falls das, was Sie soeben gesagt haben, nicht stimmen sollte, Ihre Meinung zu ändern?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510703000
Herr Kollege Matthöfer, ich bin selbstverständlich gern dazu bereit. Ich habe das gestern schon vorprüfen lassen, und deshalb habe ich die Antwort vorhin so geben können. Ich bin aber gern bereit, in eine detaillierte Prüfung einzutreten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510703100
Herr Abgeordneter Buschfort, wollen Sie noch eine Zusatzfrage stellen?

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0510703200
Das geht im Moment nicht. Die zweite Frage muß noch beantwortet werden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510703300
Ich hatte es so verstanden, daß beide Fragen beantwortet sind.

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510703400
Ich wollte die zweite Frage gesondert beantworten, Herr Präsident.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510703500
Dann habe ich eben schon eine Zusatzfrage zuviel gegeben.

(Heiterkeit.)

— Ja, so kundig bin ich nicht in der Frage, wie ich zu Taschengeld kommen kann.
Ich rufe dann die Frage 63 des Herrn Abgeordneten Buschfort auf:
Wann glaubt die Bundesregierung eine angemessene Gleichbehandlung bei der Gewährung von Taschengeld für Umschüler nach dem Bundessozialhilfegesetz, AVAVG, LAG und Bundesjugendplan wieder herstellen zu können?
Bitte sehr, Herr Minister, fahren sie fort!

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510703600
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß bei Vorliegen gleichartiger Tatbestände eine möglichst gleichartige ausreichende Sicherung des Lebensunterhalts während der Aus- und Fortbildung und der Umschulung angestrebt werden sollte. Dabei sollte es nicht wesentlich darauf ankommen, ob .ein Teil dieser Leistungen als Taschengeld bezeichnet wird. Wie dem Bericht der Bundesregierung über den Stand der Maßnahmen auf dem Gebiet der individuellen Förderung von Ausbildung und Fortbildung vom 20. März 1967 — Bundestagsdrucksache V/1580 — entnommen werden kann, wird dieses Taschengeld im übrigen nicht nach allen dort genannten Rechtsgrundlagen gewährt und kommt nur bei Unterbringung außerhalb der Familie, d. h. in der Regel bei Internatsunterbringung, in Betracht. In diesem Falle sieht § 133 a AVAVG die Zahlung des Unterhaltsgeldes neben der vollen Übernahme der Kosten für Unterkunft und Verpflegung vor. Das Unterhaltsgeld ist lediglich in angemessener Weise zu kürzen. Ich bin gerne bereit, Herr Kollege — ich komme damit auf die Zusatzfrage zurück —, mich dafür einzusetzen, daß die Kürzung, sofern dies nicht 'bereits geschieht, so bemessen wird, daß dem Teilnehmer an beruflichen Bildungsmaßnahmen ein angemessener Betrag als Taschengeld verbleibt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510703700
Zusatzfrage.

Hermann Buschfort (SPD):
Rede ID: ID0510703800
Herr Minister, werden Sie sich mit den anderen Gewährern von Umschulungsmaßnahmen zusammensetzen, um eine Gleichbehandlung zu ermöglichen?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510703900
Jawohl, Herr Kollege. Wie ich bereits sagte, werde ich mich darum bemühen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510704000
Ich rufe die Frage 64 des Herrn Abgeordneten Fritsch (Deggendorf) auf. Die Fragen 80 und 81 des Herrn Abgeordneten Riegel (Göppingen) wurden zurückgezogen.
Hält es die Bundesregierung weiterhin für zweckmäßig, Lebensbescheinigungen mit Erklärungen über die persönlichen Verhältnisse in Jahres- bzw. Zweijahresabständen von Beziehern von Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz und von Sozialversicherungsrenten einzufordern?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510704100
Die Bundesregierung ist der Auffassung,



Bundesminister Katzer
daß die Einholung von Lebensbescheinigungen bzw. Rentenjahresbescheinigungen auch in Zukunft grundsätzlich erforderlich ist, da sonst die Gefahr einer Weiterzahlung von Renten, deren Voraussetzungen inzwischen entfallen sind, zu stark erhöht würde. Wegen der Belastungen, die sich für die Rentenempfänger wie für die Verwaltungsstellen durch die jährliche Beibringung der Bescheinigungen ergeben, ist die Bundesregierung aber schon seit langem um eine Vereinfachung und Erleichterung des hierbei, angewendeten Verfahrens bemüht.
Diesem Zweck dient auch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Aussetzung der Einholung von Rentenjahresbescheinigungen für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen Unfallversicherung, nach der für das Kalenderjahr 1967 die Einholung der Rentenjahresbescheinigungen probeweise ausgesetzt wird. Mit diesem praktischen Versuch sollen Erfahrungen hinsichtlich der Präventivwirkung der Rentenjahresbescheinigungen gewonnen werden. Auf dem Gebiete der Kriegsopferversorgung ist eine solche Aussetzung der Einholung der Lebensbescheinigungen bereits vorgenommen worden, über deren Ergebnis sich jedoch zur Zeit noch nichts sagen läßt. Von den bei diesen Versuchen gemachten Erfahrungen wird es wesentlich abhängen, ob im Benehmen mit den übrigen Beteiligten, nämlich dem Bundesminister der Finanzen, dem Bundesminister des Innern, dem Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen, dem Bundesrechnungshof und den Versicherungsträgern, eine Verlängerung des Einholungszeitraumes verantwortet werden kann.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510704200
Zusatzfrage.

Walter Fritsch (SPD):
Rede ID: ID0510704300
Herr Minister, glauben Sie nicht, daß die in den Gesetzen, die für die jeweiligen Rentenbezieher gelten, gegebenen Vorschriften, über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Mitteilung zu machen, ausreichen, um Lebensbescheinigungen wie sie bisher eingefordert worden sind, überflüssig zu machen?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510704400
Ich glaube das nicht, Herr Kollege. Wir möchten vorerst die Erfahrungen abwarten, die wir mit diesen Aussetzungen machen.

Walter Fritsch (SPD):
Rede ID: ID0510704500
Herr Minister, ist damit zu rechnen, daß das Ergebnis bekanntgemacht wird?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510704600
Selbstverständlich, Herr Kollege. Sobald das Ergebnis vorliegt, werde ich es gern bekanntgeben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510704700
Aus der Drucksache zu V/1634 rufe ich nunmehr die Frage 105 des Herrn Abgeordneten Wagner auf:
Erwägt die Bundesregierung eine Änderung der Pfändungsschutzvorschriften in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 119 Abs. 2 RVO, § 76 AnVNG) mit dem Ziel, die augenblicklich nur ausnahmsweise zulässige Zwangsvollstreckung in Rentenansprüche zu erleichtern?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510704800
Herr Präsident, darf ich die drei Fragen des Herrn Abgeordneten Wagner wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantworten?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510704900
Bitte sehr! Dann rufe ich aus der Drucksache zu Drucksache V/1634 noch die Fragen 106 und 107 des Abgeordneten Wagner auf:
Hält die Bundesregierung die in Frage 105 erwähnte geltende Regelung unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes und des Gleichheitsgrundsatzes für vertretbar, nachdem die gesetzliche Altersversorgung — vor allem dann, wenn sie, wie beim öffentlichen Dienst, mit einer weiteren gesetzlichen Versorgung zusammentrifft — seit der Rentenreform zu einer vollwertigen Altersversorgung geworden ist?
Sind der Bundesregierung Einzelfälle bekannt, aus denen hervorgeht, daß der Pfändungsschutz für die Rentenbezüge zur Vereitelung der Ansprüche von gutgläubigen privaten Darlehensgebern geführt hat?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510705000
Das von Ihnen, Herr Kollege Wagner, angesprochene Problem einer Änderung der Pfändungsvorschriften der Sozialversicherungsgesetze wird gegenwärtig in meinem Hause geprüft. Auf der Grundlage dieser Untersuchung ist eine Überarbeitung der diesbezüglichen Vorschriften mit dem Ziel einer Auflockerung des Vollstreckungsschutzes, wie sie heute auch unter sozialen Gesichtspunkten vertretbar erscheint, beabsichtigt. Die geltende Regelung über den Pfändungsschutz für Renten aus der Sozialversicherung ist nicht mehr ganz zeitgemäß, weil sich seit der Begründung des Pfändungsschutzes die Verhältnisse, insbesondere hinsichtlich Höhe und Funktion der Renten, wesentlich geändert haben.
Zu dem von Ihnen erwähnten Gleichheitsgrundsatz möchte ich auf ein in diesem Zusammenhang sehr interessantes Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juli 1960 — Bundesverfassungsgerichts-Entscheidungen Band 11 Seite 283 — hinweisen. In diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht eine auf Artikel 3 des Grundgesetzes gestützte Verfassungsbeschwerde gegen § 76 des Angestelltenversicherungsgesetzes mit der Begründung zurückgewiesen, daß sich bei den Renten aus der Sozialversicherung ein Interesse an einer Zweckbindung der öffentlichen Mittel nicht verneinen lasse und die Gründe für einen- besonderen Schutz dieser Leistungen auch heute noch nicht völlig weggefallen seien. Dabei wurde in den Entscheidungsgründen die unterschiedliche Regelung der Pfändbarkeit öffentlicher Leistungen in anderen Rechtsbereichen eingehend gewürdigt.
Zu Ihrer Frage nach Einzelfällen, Herr Kollege Wagner, in denen der Pfändungsschutz die Durchsetzung von Ansprüchen gutgläubiger Darlehensgeber vereitelt hat, kann ich sagen, daß so etwas in der Tat zuweilen vorkommt. Deshalb wird auch, wie ich bereits ausgeführt habe, eine Änderung der Pfändungsschutzvorschriften für die Renten aus der Sozialversicherung angestrebt.
Der Vollständigkeit halber möchte ich aber hier noch erwähnen, daß bereits das geltende Recht einen gewissen Schutz für die Darlehensgläubiger vorsieht. Diese haben nämlich nach § 119 Abs. 2



Bundesminister Katzer
der Reichsversicherungsordnung die Möglichkeit, vor Hingabe des Darlehens vom Rentenberechtigten die Abtretung seiner Rente, die mit Genehmigung des Versicherungsamtes zulässig ist, zu verlangen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510705100
Zusatzfrage.

Dr. Leo Wagner (CSU):
Rede ID: ID0510705200
Herr Minister, können Sie heute schon angeben, wann voraussichtlich die von Ihnen erwähnte Überprüfung abgeschlossen sein kann?

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0510705300
Herr Kollege, Sie wissen, daß solche Terminangaben immer sehr schwierig zu machen sind. Ich bemühe mich, rechtzeitig eine Lösung zu bekommen. Ich möchte glauben, daß es möglich sein sollte, das im Jahre 1968 zu erreichen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510705400
Keine weiteren Zusatzfragen. Damit ist der ,Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung erledigt.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Frage 72 des Abgeordneten Dr. Wörner:
Hält es die Bundesregierung für notwendig, Fahrern von Krankenwagen des Roten Kreuzes und bestimmter ähnlicher anerkannter Organisationen die gleichen Sonderrechte im Straßenverkehr einzuräumen, wie sie z. B. die Feuerwehr und die Zollfahndung nach § 48 Abs. 1 der Straßenverkehrs-Ordnung genießen?
Bitte sehr, zur Beantwortung!
Herr Staatssekretär Wittrock, herzlich willkommen in diesem Hause. Herr Staatssekretär, .als wir uns seinerzeit hier verabschiedet haben, saßen Sie da unten als Abgeordneter. Ich gratuliere zur Erhöhung,

(Beifall und Heiterkeit)

aber noch mehr zur Rückkehr.

(Erneute Heiterkeit.) Bitte sehr, zur Beantwortung!


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510705500
Haben Sie herzlichen Dank, Herr Präsident.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510705600
Bitte sehr!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510705700
Herr Abgeordneter, diese Frage hatten Sie bereits ,im März gestellt, und sie war damals schriftlich beantwortet worden. Ich darf die Antwort, die Ihnen seinerzeit übermittelt worden ist, verlesen:
Die Führer von Krankenwagen dürfen sich im Straßenverkehr durch blaues Blinklicht und durch Einsatzhorn bemerkbar machen, wenn zur Rettung von Menschenleben höchste Eile geboten ist. Auf diese Zeichen hin müssen die anderen Fahrzeugführer sofort freie Bahn schaffen. Die Bundesregierung hält es im Interesse der
Verletzten und Schwerkranken nicht für geboten und im Hinblick auf die Verkehrssicherheit für nicht vertretbar, die Führer von Krankenwagen von allen Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung zu befreien. Der gleichen Ansicht sind die für den Verkehr zuständigen Landesbehörden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510705800
Zusatzfrage.

Dr. Manfred Wörner (CDU):
Rede ID: ID0510705900
Herr Staatssekretär, wenn ich auf der mündlichen Beantwortung bestand, so hatte das seinen Grund eben in der Möglichkeit jener Zusatzfragen, die ich jetzt zu stellen beabsichtige. Die erste Frage wäre: Ist der Bundesregierung bekannt, daß es bei ,der zunehmenden Dichte des Straßenverkehrs immer schwieriger, gelegentlich sogar unmöglich wird, unter Einhaltung der Verkehrsvorschriften so schnell, wie es eben zur Rettung von Menschenleben geboten ist, an Ort und Stelle zu kommen? Und wie soll nach ihrer Meinung der Fahrer dann reagieren?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510706000
Herr Abgeordneter, die zunehmende Dichte im Straßenverkehr rechtfertigt es im Interesse der Sicherheit des Verletzten nicht, beispielsweise bei Rot die Ampel zu überfahren oder eine Straßenbahn links zu überholen. Denn gerade wegen der von Ihnen erwähnten größeren Dichte im Straßenverkehr wird in einer solchen Situation die Gefahr nicht nur für den Verletzten oder den Kranken, der transportiert wird, sondern auch für die übrigen Verkehrsteilnehmer ganz wesentlich erhöht. Es muß die Auffassung vertreten werden, daß dieses Gefahrenmoment nicht in Kauf genommen werden darf.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510706100
Zweite Zusatzfrage.

Dr. Manfred Wörner (CDU):
Rede ID: ID0510706200
Herr Staatssekretär, da es bekanntlich nicht nur eine Rückfahrt, sondern auch eine Hinfahrt ohne den Verletzten im Wagen gibt, möchte ich Sie einmal fragen, welche Überlegungen denn den Unterschied zwischen der Behandlung beispielsweise eines Wagens der Zollfahndung und eines Krankenwagens rechtfertigen, gerade angesichts der Gesichtspunkte, die Sie genannt haben, und angesichts der Tatsache, daß es sich bei dem einen um Sachwerte, bei dem anderen aber um Menschenleben handeln kann.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510706300
Herr Abgeordneter, die Sonderrechte der Polizei und der Feuerwehr auf diesem Gebiet bestehen angesichts der gegebenen Straßen- und Verkehrsverhältnisse in tatsächlicher Hinsicht nur noch ganz beschränkt, denn der Fluß und der Abfluß im Straßenverkehr wird durch die harten Realitäten bestimmt. Ich räume ein, daß die von Ihnen angeschnittene Frage Anlaß zu erneuten berlegungen sein muß; das ist ohne weiteres zuzugestehen.



Staatssekretär Wittrock
Im übrigen möchte ich ergänzend noch darauf hinweisen, daß dann, wenn wirklich Not am Mann ist und wenn es die Verkehrslage erlaubt, das höhere Rechtsgut, nämlich Schutz von Leben und Erhaltung von Gesundheit, es im Einzelfall auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung rechtfertigt, von einzelnen Bestimmungen, z. B. Geschwindigkeitsbeschränkungen nach der Straßenverkehrs-Ordnung, abzuweichen. Die Grundsätze über den übergesetzlichen Notstand bieten die Grundlage für praktische Lösungen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510706400
Wir kommen zu der Frage 73 des Herrn Abgeordneten Büttner:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die französischen Eisenbahnen Familien eine Fahrpreisermäßigung in der Form gewähren, daß bei Bezahlung des vollen Fahrpreises für zwei Erwachsene jede weitere Person eine Ermäßigung von 75 Prozent — Kinder unter 10 Jahren von 87,5 Prozent — erhält, was bei sechs Familienmitgliedern einer Ermäßigung von 50 Prozent pro Person entspricht?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510706500
Herr Abgeordneter, der Bundesregierung sind diese Regelungen bekannt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510706600
Zusatzfrage.

Fritz Büttner (SPD):
Rede ID: ID0510706700
Herr Staatssekretär, darf ich dann fragen, ob in Aussicht genommen ist, ähnliche Regelungen auch für die Bundesrepublik zu treffen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510706800
Herr Abgeordneter, das ist mindestens zur Zeit aus mannigfachen Gesichtspunkten nicht beabsichtigt. Ich darf vielleicht zur Erläuterung auf folgendes hinweisen. Das von Ihnen erwähnte französische Tarifsystem .auf diesem Gebiet ist völlig anders geartet als die deutschen Regelungen, und zwar mit dem Ergebnis, daß — gemessen an dem, was bei uns gilt —die französischen Regelungen ihre Vor- und Nachteile haben. Entsprechendes gilt für unsere Regelungen.
Ich darf also beispielsweise darauf hinweisen, daß die französische Regelung nur dann gilt, wenn mindestens drei Kinder unter 18 Jahren vorhanden sind. Bei uns dagegen kommt es darauf an, daß die Jugendlichen als Unselbständige, also gewissermaßen zum Familienbereich gehörend betrachtet werden und nicht älter als 25 Jahre sind. An diesem Beispiel erkennen Sie die Unterschiedlichkeit der Struktur. Es kommt noch hinzu, daß beispielsweise nach dem sogenannten französischen Tarif für Gruppenfahrten von Familien die Ermäßigung nur dann eingeräumt wird, wenn wenigstens eine Entfernung von 300 km zurückgelegt wird. bei uns ist das anders. Bei uns ist in dieser Beziehung die Regelung großzügiger. Aus diesen unterschiedlichen — jeweils — Vor- und Nachteilen ist zu folgern, daß die Bundesregierung mindestens zur Zeit keinen Anlaß sieht, das bei uns praktizierte System zu ändern.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510706900
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Büttner.

Fritz Büttner (SPD):
Rede ID: ID0510707000
Herr Staatssekretär, dürfte ich Sie trotz dieser Auskunft bitten, aus familienpolitischen Gründen die von mir gestellte Frage noch einmal überprüfen zu lassen, weil ich mir nicht vorstellen kann, daß eine besondere Belastung der Bundesbahn dadurch eintreten könnte.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510707100
Letzteres, Herr Abgeordneter, muß entgegen Ihrer Auffassung bejaht werden. Die Bundesbahn hat bereits gegen die heute bestehende Regelung Bedenken geäußert mit der Begründung, daß es nicht Sache der Bundesbahn sei, gewissermaßen Familienpolitik zu finanzieren und zu subventionieren. Nach meiner Meinung ist im übrigen angesichts der gegenwärtigen Situation der Bundesbahn aus diesem Bereich in dem von Ihnen angeschnittenen Punkt kein Entgegenkommen zu erwarten. Praktisch würde das bedeuten, daß im Wege einer Auflage nach § 16 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes der Bund diese Lasten übernehmen müßte, weil die Bundesbahn dazu gezwungen werden müßte, erweiterte Lasten auf diesem Gebiet zu tragen. Ob der Bundeshaushalt das verträgt, obliegt nicht meiner Beurteilung.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510707200
Frage 74 des Herrn Abgeordneten Picard. — Herr Abgeordneter Fritz, wollen Sie in die Bresche springen?

(Abg. Fritz Frage auf!)

— Aus reiner Menschlichkeit? Oder hat er Sie darum gebeten?

(Abg. Fritz [Welzheim] : Er hat mich darum gebeten!)

Aus welchem Motiv auch immer, Sie sind dazu berechtigt. Die Fragen werden beantwortet.
Zunächst die Frage 74:
Wie weit sind die Planungen und sonstigen Vorarbeiten zum Ausbau der Bundesstraße 26 zwischen Darmstadt und Aschaffenburg gediehen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510707300
Herr Präsident, darf ich, sofern der Herr Abgeordnete zustimmt, die beiden hier in Betracht kommenden Fragen 74 und 75 gemeinsam beantworten?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510707400
Ich rufe dann noch die Frage 75 des Herrn Abgeordneten Picard auf?
Wann ist mit dem Bau der Umgehungsstraße bei Roßdorf zu rechnen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510707500
Herr Abgeordneter, für die Straßenführung zwischen Darmstadt und Roßdorf ist die Vorplanung für eine Verlegung der B 26 im Gange. Eine Abstimmung mit der Stadt Darmstadt ist noch erforderlich.
Dann weiter: Die Planungen für die Umgehungsstraße Roßdorf—Gundernhausen sind fast abgeschlossen. Die hessische Straßenbauverwaltung bereitet zur Zeit die baureife Planung und das



Staatssekretär Wittrock
Planfestellungsverfahren vor, das noch in diesem Jahr eingeleitet werden soll.
Für den Bereich östlich Gundernhausen sind Untersuchungen über einen eventuell auch hier notwendigen zweibahnigen Ausbau eingeleitet worden.
Mit dem Bau der Umgehungsstraße RoßdorfGundernhausen ist voraussichtlich gegen Ende 1968 zu rechnen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510707600
Keine Zusatzfrage. Fragen des Herrn Abgeordneten Dr. Prassler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510707700
Herr Präsident, gestatten Sie, sofern der Herr Abgeordnete Dr. Prassler zustimmt, daß ich die Fragen Nr. 76, Nr. 77 und Nr. 78 gemeinsam beantworte?

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510707800
Ja, das können Sie. Wenn sie zusammenpassen, bitte sehr! — Ist das e i n Fragenkomplex, Herr Staatssekretär? Hier hat sich der „Fragenkapitalismus" eingebürgert. Man stellt drei Fragen, dann hat man von vornherein sechs Zusatzfragen.

(Heiterkeit.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510707900
Ich habe deshalb gefragt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510708000
Es ist zwar der gleiche Fragenkomplex. So ist das halt, und ich kann deshalb nicht die Geschäftsordnung ändern. Also drei Fragen werden beantwortet und dann sechs Zusatzfragen.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510708100
Da somit das Recht des Abgeordneten auf viele Zusatzfragen tangiert ist, darf ich den Herrn Abgeordneten fragen, ob er einverstanden ist, daß ich die Fragen gemeinsam beantworte.

(Abg. Dr. Prassler Selbstverständlich!)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510708200
Ich rufe also die Fragen 76 bis 78 des Herrn Abgeordneten Dr. Prassler auf:
Ist damit zu rechnen, daß die 29 neuen und 12 geänderten Verkehrszeichen im Entwurf einer Straßenverkehrs-Ordnung (Bad Gandersheimer Entwurf vom 1. Juni 1966) dem internationalen Verkehrsrecht endgültig entsprechen?
Ist schon abzusehen, mit welchen Übergangsfristen ab Inkrafttreten der neuen Straßenverkehrs-Ordnung gerechnet werden kann?
Wie hoch sind voraussichtlich die finanziellen Auswirkungen durch das Inkrafttreten einer neuen Straßenverkehrs-Ordnung auf Bund, Länder und Gemeinden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510708300
Herr Abgeordneter, wieviel neue und wieviel geänderte Verkehrszeichen die neue, die künftige Straßenverkehrsordnung enthalten wird, kann heute noch nicht mit Sicherheit gesagt werden, weil die Beratungen auf nationaler und insbesondere auf internationaler Ebene noch nicht abgeschlossen sind. Vorgesehen ist, daß alle Verkehrszeichen in der neuen Straßenverkehrsordnung den international vereinbarten Regelungen entsprechen. Ich darf noch hinzufügen, daß im Oktober 1968 auf breitester internationaler Basis eine Weltkonferenz stattfindet. Wir werden abzuwarten haben — es ist zweckmäßig, das zu tun —, zu welchen Regelungen auf 'internationalem Gebiet man kommen wird. Die Dauer von Übergangsfristen wird je nach der Bedeutung der Verkehrszeichen abgestuft werden. Die längste Übergangsfrist wird voraussichtlich fünf Jahre sein.
Die finanziellen Auswirkungen der Einführung neuer oder geänderter Verkehrszeichen werden deshalb nicht sehr groß sein, weil die Mehrzahl dieser Verkehrszeichen im Zuge der laufenden Erneuerung ausgewechselt werden wird. Die durchschnittliche Lebensdauer eines Verkehrszeichens beträgt ungefähr fünf Jahre. Der Mehraufwand für die Neubeschilderung wird nach groben Schätzungen etwa ein Viertel des normalen Jahresaufwands, nämlich 5 Millionen DM, betragen, und zwar für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510708400
Eine Zusatzfrage.

Dr. Helmut Prassler (CDU):
Rede ID: ID0510708500
Herr Staatssekretär, nachdem Sie 'in Ihrem Hause schon Hinweise darauf gegeben 'haben, daß geplante Verkehrszeichen heute schon aufgestellt werden — im Verkehrsblatt Heft 2/1966 —, wäre es da nicht möglich, daß solche Hinweise in Zukunft auch für die etwaige Außerkraftsetzung von Verkehrszeichen gegeben werden, die nach der internationalen Regelung in Zukunft nicht mehr 'benötigt werden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510708600
Ich halte es — soweit es heute überschaubar ist — für durchaus erwägenswert und vernünftig, Ihre Anregung, Herr Abgeordneter, mit in Betracht zu ziehen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510708700
Zweite Zusatzfrage.

Dr. Helmut Prassler (CDU):
Rede ID: ID0510708800
Herr Staatssekretär, halten Sie es auch für denkbar, daß Übergangsvorschriften für die Verkehrszeichen mit nur geringfügiger Änderung frühzeitiger bekanntgegeben werden können? Denn daraus könnte die Möglichkeit hergeleitet werden, daß diese Verkehrszeichen unter Umständen gar nicht ausgewechselt werden müßten.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510708900
Das halte ich für möglich. Übergangsregelungen sind in den neuen Bestimmungen enthalten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510709000
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Helmut Prassler (CDU):
Rede ID: ID0510709100
Ich darf aber dann noch einmal fragen: als Sie vorhin die Unsicherheit



Dr. Prassler
wegen der noch bevorstehenden weltweiten Abkommen erwähnten, hatte ich den Eindruck, daß mit den neuen Verkehrsvorschriften jetzt kaum noch gerechnet werden kann. Wie beurteilen Sie das? Wann kann mit der Veröffentlichung gerechnet werden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510709200
Ich sagte bereits: die Konferenz findet im Herbst 1968 statt, und dann kann endgültig gesagt werden, wieviel Verkehrszeichen zu ändern sind und wieviel — immer bezogen auf die Art der Verkehrszeichen — etwa neu eingeführt werden. Im Jahre 1969 wird dann völlige Klarheit bestehen. Sie können sicher sein, Herr Abgeordneter, daß, sobald hinreichende Klarheit gegeben ist, die Öffentlichkeit über das, was an Veränderungen zu erwarten ist, unterrichtet wird.
In diesem Zusammenhang darf ich sagen, daß keineswegs umwälzende Veränderungen des Straßenverkehrsrechtes auf diesem Gebiet zu erwarten sind. Wir sehen ein wesentliches Anliegen darin, die geltenden Bestimmungen lesbarer zu machen, zu vereinfachen. Selbstverständlich werden die Kraftfahrer über alles das, was es an Neuem ,gibt, rechtzeitig orientiert werden, aber nicht nur diese, sondern auch die gesamte Öffentlichkeit. Denn beispielsweise das Anbringen neuer Verkehrsschilder erfordert finanzielle Aufwendungen. Sie haben das Thema selbst angeschnitten. Es gibt nach einer privaten Schätzung in der Bundesrepublik 3 Millionen Verkehrszeichen im Wert von 100 Millionen DM. Es ist ganz klar, daß man bei Veränderungen alle Beteiligten rechtzeitig unterrichten muß, damit man sich darauf einstellen kann, wenn die Beträge im einzelnen auch relativ gering sind.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510709300
Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Helmut Prassler (CDU):
Rede ID: ID0510709400
Herr Staatssekretär, sehen Sie in Ihrem Hause eine Möglichkeit, gerade diese finanziellen Auswirkungen, die sich in tragbarem Rahmen halten, über die Länderministerien bis hinunter zu den Gemeinden in irgendeinem Erlaßwege so darzustellen, daß draußen die Sorge genommen werden kann, daß hier allzu hohe Kosten auf die Verkehrsträger zukommen könnten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510709500
Ich sagte, die Kosten werden sich für das Gebiet der Bundesrepublik schätzungsweise auf 5 Millionen DM im Jahr belaufen. Wenn man bedenkt, daß es sich um das gesamte Gebiet der Bundesrepublik handelt, muß man zugeben, daß die Einzelbelastung doch recht gering ist. Aber der Hinweis ist richtig, daß alle Betroffenen frühzeitig über Einzelheiten orientiert werden müssen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510709600
Ich rufe die Frage 79 des Abgeordneten Fritsch (Deggendorf) auf:
Trifft es zu, daß auf den Bundesbahnstrecken München-
Bayerisch-Eisenstein und Deggendorf—Kalteneck ab Inkrafttreten des Sommerfahrplanes 1967 weitere Einschränkungen im Personenbeförderungsverkehr vorgesehen sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510709700
Die Bundesbahn ist gehalten, ihr Angebot der Verkehrsnachfrage anzupassen. Die Deutsche Bundesbahn hat mitgeteilt, daß auf dem Abschnitt Zwiesel—Bayerisch-Eisenstein einige kaum besetzte Züge in verkehrsschwachen Stunden nicht mehr fahren. Die Verkehrszählungen haben ergeben, daß es nur in einem Fall erforderlich ist, eine Straßenbusfahrt als Ersatz einzulegen.
Auf der Strecke Deggendorf—Kalteneck werden die schwach besetzten Früh- und Spätzüge sämtlich durch Straßenbusse ersetzt.
Die Bundesbahn ist zu dieser Maßnahme allein deshalb gezwungen, weil das Platzangebot in den Zügen nicht ausgenutzt wird. Durch die dargestellten Maßnahmen erzielt die Bundesbahn einen beachtlichen Rationalisierungsgewinn. Ich betone: Durch den Einsatz von Omnibussen tritt keine Verschlechterung der Verkehrsbedienung ein.
Im übrigen, Herr Abgeordneter, bewegt sich die Bundesbahn bei den dargestellten Maßnahmen völlig im Bereich der eigenen Zuständigkeit, da es sich nicht um eine Streckenstillegung handelt.
Was hier geschieht, hat natürlich Einfluß auf die Fahrplangestaltung. In diesem Zusammenhang haben die Länder die Möglichkeit, ihre Stellungnahme abzugeben. Die Länder werden dazu gehört.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510709800
Eine Zusatzfrage.

Walter Fritsch (SPD):
Rede ID: ID0510709900
Herr Staatssekretär, halten Sie es für vernünftig — ich denke dabei insbesondere an die Strecke Zwiesel—BayerischEisenstein, die bis unmittelbar an die Landesgrenze herangeht —, daß man ein Zugpaar auf einer Entfernung von 10 km nicht mehr fahren läßt? Zu bedenken ist der Umstand, den die Reisenden, insbesondere die Pendler und diejenigen, die BayerischEisenstein im Rahmen des Fremdenverkehrs besuchen, hinnehmen müssen durch das nachteilige Umsteigen. Dabei ist hinzuzusetzen, daß sich die Bundesstraße 11 nicht in einem Zustand befindet, bei dem sie mit Omnibussen befahren werden kann.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510710000
Herr Abgeordneter, Sie stellen die Frage, ob ich das für vernünftig halte. Ich glaube, die hier getroffenen Maßnahmen sind wohl ausgewogen. Gewiß hat jede Entscheidung ihre zwei Seiten. Aber Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Bundesbahn — ich denke beispielsweise an die Wirtschaftlichkeit im Personaleinsatz —, aber auch die Gesamtsituation der Bundesbahn, die ja den Hintergrund all dieser Überlegungen bildet, haben diese Maßnahmen als sinnvoll erscheinen lassen. Dabei muß ich betonen, daß den Belangen des Publikums, denen die Bundesbahn primär verpflichtet ist, durch den dargestellten Omnibuseinsatz selbstverständlich entsprochen werden soll.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510710100
Meine Damen und Herren, ich ,plädiere dafür, daß jetzt etwas straf-



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
fer verfahren wird. Wir haben noch nicht einmal die Hälfte der Fragen beantwortet. Heute ist Freitag, und ich möchte, daß möglichst viele Kollegen hier eine mündliche Antwort bekommen. Wir müssen die Sache etwas straffen; Zusatzfragenrecht hin, Zusatzfragenrecht her; jetzt geht es weiter. Es kommen die Fragen des Herrn Abgeordneten Dröscher. — Meine Herren, ich bitte, sich auf das Minimum und auf das Notwendige an Zusatzfragen zu beschränken.
Die Fragen 80 und 81 des Herrn Abgeordneten Riegel (Göppingen) wurden zurückgezogen.
Ich rufe die Frage 82 des Herrn Abgeordneten Dröscher auf:
Hält es die Bundesregierung für möglich, Vorschriften zu' erlassen, nach welchen Autoherstellern vorgeschrieben wird, die Stoßstangen in gleicher Höhe anzubringen, um damit die ständigen Unfallschäden durch Auffahren zu verringern?
Herr Staatssekretär, zur Beantwortung der Frage des Herrn Abgeordneten Dröscher.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510710200
Herr Abgeordneter, diese Frage ist hier wiederholt gestellt und auch in Kleinen Anfragen aufgeworfen worden. Ich kann nur das wiederholen, was früher ausgeführt wurde: die Bundesregierung sieht keinen Anlaß, 'auf diesem Gebiet eine Regelung zu treffen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510710300
Zusatzfrage? — Keine Zusatzfrage.
Die nächste Frage, die Frage 83, des Herrn Abgeordneten Dröscher:
Wie hoch ist der durchschnittliche Jahresreingewinn der Tankstellen an den Bundesautobahnen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510710400
Herr Abgeordneter, es handelt sich um selbständige Unternehmer. Die Umsätze sind zwar bekannt, nicht aber die Reingewinne, die erzielt werden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510710500
Zusatzfrage.

Wilhelm Dröscher (SPD):
Rede ID: ID0510710600
Herr Staatssekretär, ist es richtig, wenn ich unterstelle, daß bei der monopolartigen Stellung der Tankstellen an den Bundesautobahnen, die ja nur auf große Entfernungen anzutreffen sind, sehr hohe Jahresgewinne erzielt werden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510710700
Nein, Herr Abgeordneter.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510710800
Zweite Zusatzfrage.

Wilhelm Dröscher (SPD):
Rede ID: ID0510710900
Wie kommt es, Herr Staatssekretär, daß mehrere solcher Tankstellen in einer Hand sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510711000
Das ergibt sich wahrscheinlich aus der
jeweiligen Vertragssituation. Diese Frage kann ich nur schriftlich beantworten, weil ich die Zusammenhänge bezüglich des Abschlusses eines solchen Pachtvertages nur nach vorherigen Erhebungen darstellen kann.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510711100
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmidt (Braunschweig).

Walter Schmidt (SPD):
Rede ID: ID0510711200
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Meinung, daß die beachtlichen Umsätze der Bundesautobahntankstellen in keiner Weise mit den Durchschnittsumsätzen der üblichen Tankstellen verglichen werden können?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510711300
Ich räume ein, daß hier völlig differenzierte Verhältnisse bestehen. Ich kann nur sagen, daß die Umsätze der Tankstellen je nach Standort völlig unterschiedlich sind.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510711400
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ott.

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0510711500
Herr Staatssekretär, in welcher Weise werden die Pachten bei den Tankstellen an den Bundesautobahnen berechnet? Sind das feste Pachten oder Umsatzpachten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510711600
Es handelt sich um Umsatzpachten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510711700
Eine Sekunde! An sich war die Frage gar nicht zulässig, weil sie in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Hauptfrage stand. — Weiter geht es: Frage 84 des Abgeordneten Eckerland:
Welche Auswirkungen hat die Planung einer Bundesautobahn zwischen dem Ruhrgebiet und Emden auf die Finanzierung und den Bau des Abschnitts Recklinghausen—Münster der EB 51?
Herr Staatssekretär, zur Beantwortung!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510711800
Herr Abgeordneter, es gibt keine Auswirkungen. Die Planung einer Bundesautobahn Ruhrgebiet—Ostfriesland hat keine Auswirkung auf die Finanzierung des Baues der EB 51.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510711900
Zusatzfrage!

Günther Eckerland (SPD):
Rede ID: ID0510712000
Herr Staatssekretär, Ihrer Antwort entnehme ich, daß diese Straße baldigst weitergebaut wird bis zum Anschluß an die HansaLinie bei Münster, zumal damit die äußerst schwierige Verkehrssituation des betroffenen Raumes und eines großen Teiles des Ruhrgebietes verbessert wird. Ich frage Sie daher: Wann wird mit dem Bau des genannten Teilabschnitts der EB 51 begonnen und wann und in welcher Höhe werden die ersten Anlaufmittel bereitgestellt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510712100
Herr Abgeordneter, nach dem derzeiti-



Staatssekretär Wittrock
gen Stand der Überlegungen werden namhafte Beträge für die Straße nördlich von Recklinghausen erst im Jahre 1971 verfügbar sein. Falls im Einzelfall vorbereitender Grunderwerb früher getätigt werden müßte, stehen hierfür allerdings Mittel zur Verfügung.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510712200
Dann die Fragen 85, 86 und 87 des Herrn Abgeordneten Schlee:
Hat die Bundesregierung die Tatsache der seit Oktober 1966 bestehenden zusätzlichen fiskalischen Belastung deutscher Transportunternehmer in Spanien zum Anlaß neuer Beratungen mit den zuständigen Ministerien der spanischen Regierung genommen, insbesondere in der Richtung, auf der Grundlage der Gegenseitigkeit die Beseitigung der Belastung durch Kraftfahrzeugsteuer zu erreichen?
Hat die Bundesregierung, nachdem nunmehr deutsche Transportfahrzeuge, die den neuen spanischen Vorschriften über die höchstzulässige Länge von 14 m nicht mehr entsprechen, an der spanischen Grenze zurückgewiesen wurden, Verhandlungen mit der spanischen Regierung eingeleitet, um entweder die bisherige Regelung einer Duldung der längeren deutschen Lastzüge zu erhalten oder eine Übergangsregelung bis zur Anpassung des deutschen Fahrzeugparks an die neue Lage zu erreichen?
Hat die Bundesregierung im Rahmen der deutsch-französischen Zusammenarbeit die französische Regierung auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die sich für den deutschen Güterkraftverkehr wegen der Verminderung der in Frankreich zulässigen Nutzlast der eingesetzten Fahrzeuge von 38 t auf 35 t ergeben, insbesondere im grenzüberschreitenden Güterverkehr nach Spanien und in dem damit häufig verbundenen Zwischenverkehr mit Frankreich, und erwogen, etwa die deutsche Toleranz in bezug auf die Zulassung der Überladung französischer Fahrzeuge bis zu 10 0/o und in bezug auf die Anerkennung der 13-t-Achslast französischer Fahrzeuge aufzuheben?
Die Fragen werden übernommen von Herrn Abgeordneten Ott.
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510712300
Herr Abgeordneter, in Spanien wird für alle Lkw-Beförderungen eine sogenannte Transportkoordinierungssteuer erhoben. Diese ist durch einen spanischen Erlaß im Herbst vergangenen Jahres für die Beförderungen mit ausländischen Kraftfahrzeugen auf die Sätze angehoben worden, die bisher nur für Beförderungen mit spanischen Fahrzeugen galten. Die Bundesregierung wird bei den nächsten bilateralen Verhandlungen mit Spanien die Möglichkeit eines gegenseitigen Steuerbefreiungsabkommens erörtern.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510712400
Keine Zusatzfrage.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510712500
Die nächste Frage beantworte ich wie folgt. Es ist richtig, daß in Spanien die höchstzulässige Lastzuglänge 14 Meter beträgt, jedoch kann beim spanischen Verkehrsministerium gegen eine Gebühr von 500 Pesetas eine Jahressondergenehmigung für Lastzüge bis zu einer höchstzulässigen Länge von 16,5 Metern beantragt werden.
Die Bundesregierung beabsichtigt, bei den nächsten Verhandlungen die Frage der höchstzulässigen Länge für deutsche Lastzüge in Spanien erneut zu erörtern.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510712600
Zusatzfrage,

Anton Ott (CSU):
Rede ID: ID0510712700
Herr Staatssekretär, ist der deutschen Wirtschaft bekannt, daß diese Genehmigung auf Antrag erteilt wird? •

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510712800
Ja, das ist bekannt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510712900
Nächste Frage!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510713000
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung verspricht sich zur Zeit von Verhandlungen mit Frankreich mit dem Ziel einer Zulassung des 38-Tonnen-Lastzuges gegenüber der jetzt zulässigen Nutzlast von 35 t keinen Erfolg. Es ist jedoch veranlaßt, daß die Einhaltung der deutschen Vorschriften über die höchstzulässigen Achslasten und über die Gesamtgewichte bei französischen Fahrzeugen genauso wie umgekehrt die Einhaltung der nationalen Vorschriften auf französischer Seite kontrolliert wird und daß Verstöße, insbesondere gegen die zulässige Achslast, verfolgt werden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510713100
Keine Zusatzfrage.
Dann die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Josten:
Wie soll in Zukunft sichergestellt werden, daß Käufer von neuen oder gebrauchten Wagen ihr bisheriges Fahrzeug ordnungsgemäß verkaufen oder bei einem Altwarenhändler abliefern, statt dieses irgendwo als Autowrack abzustellen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510713200
Herr Abgeordneter, das geltende Verkehrsrecht kennt keine Eingriffsmöglichkeiten der von Ihnen genannten Art.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510713300
Zusatzfrage!

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0510713400
Herr Staatssekretär, sind Sie denn in Ihrem Hause der Meinung, daß die Bundesregierung in Verbindung mit den Ländern gesetzgeberische Maßnahmen einleiten müßte?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510713500
Die Innenminister der Länder haben sich im vergangenen Jahr mit dieser Frage befaßt. Die Innenminister sind zu dem Ergebnis gekommen, daß keine gesetzlichen Regelungen zu treffen sind. Es besteht die Auffassung, daß es eine Sache der Raumordnung ist, die auch im kommunalen Bereich angepackt werden muß. Ob die weitere Entwicklung neue Perspektiven für die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung eröffnet, vermag heute noch niemand zu sagen. Die Position der Innenminister habe ich Ihnen dargestellt; die Bundesregierung sieht bei dieser Sachlage keinen Anlaß zu weiteren Regelungen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510713600
Zweite Zusatzfrage.




Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0510713700
Herr Staatssekretär, wären Sie von Ihrem Hause aus bereit, darauf hinzuwirken, daß diese Maßnahmen mit der „Länderarbeitsgemeinschaft Abfallbeseitigung" abgestimmt werden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510713800
Das ist zu erwägen. Ich werde die Anregung prüfen lassen, ob hier die von Ihnen erwähnte Arbeitsgemeinschaft mit eingeschaltet werden kann.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510713900
Ich rufe die Fragen aus der Zusatzliste aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr auf, zunächst die Frage Nr. 110 des Abgeordneten Cramer:
Ist der Bundesregierung der gegenwärtige schadhafte Zustand der Nordostmole der ehemaligen 1. Hafeneinfahrt in Wilhelmshaven bekannt?
Die Frage wird übernommen von Herrn Abgeordneten Büttner.
Bitte, Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510714000
Darf ich die Fragen 110 und 111 gemeinsam beantworten?

(Abg. Büttner: Bitte sehr!)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510714100
Dann rufe ich auch die Frage 111 auf:
Was soll geschehen, um Gefahren für die im Nassau-Hafen in Wilhelmshaven liegenden Privatfahrzeuge, die Forschungsfahrzeuge des Senckenberg-Instituts, die Fahrzeuge der Krabbenfischer, das dort stationierte Rettungsboot sowie die Fahrzeuge der Wasserschutzpolizei abzuwehren?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510714200
Herr Abgeordneter, der Zustand ist bekannt. Die Gefahrenabwehr ist eine Angelegenheit des Landes Niedersachsen. Es ist nämlich Eigentümer des Hafens.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510714300
Zusatzfrage.

Fritz Büttner (SPD):
Rede ID: ID0510714400
Darf ich fragen, ob und welche Möglichkeiten die Bundesregierung hat, im Einvernehmen mit dem Land Niedersachsen doch etwas zu unternehmen, weil die Gefahr so groß ist.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510714500
Nur den Weg der Verhandlungen, und Verhandlungen werden ständig geführt.

Fritz Büttner (SPD):
Rede ID: ID0510714600
Sind zur Zeit Verhandlungen im Gange?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510714700
Es ist darüber verhandelt worden, und die Verhandlungen sind bisher zu keinem abschließenden Ergebnis gekommen. Ich darf also annehmen, daß die Verhandlungen als im Gange befindlich anzusehen sind.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510714800
Dann die Frage 112 des Herrn Abgeordneten Cramer:
Hält die Bundesregierung es für ausreichend, daß die gesamte Menge von 52 770 Liter Bekämpfungsmittel gegen Ölverschmutzung der Seewasserstraßen ausschließlich in Cuxhaven lagert?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510714900
Die Lagerung in Cuxhaven ist richtig und zweckmäßig.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510715000
Zusatzfrage.

Fritz Büttner (SPD):
Rede ID: ID0510715100
Ist es für den Fall einer Ölkatastrophe, wie sie jetzt in Dangast passiert ist, nicht zweckmäßiger, daß diese Abwehrmittel auf verschiedene Stellen verlagert werden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510715200
Die Bundesregierung hält den jetzigen Aufbewahrungsort Cuxhaven für so zentral, daß dies die zweckmäßigste Lösung ist. Ich räume ein, daß die Erfahrungen der letzten Monate Anlaß zu einer ständigen Überprüfung des Problems der Lagerung, d. h. des wirkungsvollsten Einsatzes geben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510715300
Zweite Zusatzfrage.

Fritz Büttner (SPD):
Rede ID: ID0510715400
Darf ich mit Rücksicht auf die Frage, die ich für einen Kollegen übernommen habe, annehmen, daß an Hand des konkreten Beispiels in eine erneute Überprüfung eingetreten wird?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510715500
Jawohl, Herr Abgeorndeter.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510715600
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Ich rufe die Fragen 88 und 89 des Herrn Abgeordneten Hilbert auf:
Ist es richtig, daß das Bundespostministerium in letzter Zeit Aufträge über Lieferung von 100 000 fm Mastenholz aus Polen gegeben hat?
Falls die Frage 88 mit ja beantwortet wird, hält es die Bundesregierung für richtig, daß der Deutschen Bundespost ein größerer Betrag aus dem Investitionshaushalt zur Belebung der deutschen Wirtschaft zur Verfügung gestellt wurde und diese dann Aufträge an ausländische Lieferanten vergibt?
Zur Beantwortung!

(Abg. Dr. Hauser [Sasbach] : Ich übernehme, Herr Präsident!)

— Die Frage wird übernommen. Bitte sehr!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510715700
Die Deutsche Bundespost kauft kein Rohholz ein, sondern beschafft nur fertig imprägnierte Leitungsmasten. Die Aufträge werden nach den allgemeinen Grundsätzen der Bundesregierung, d. h. im Wettbewerb nach erfolgter Ausschreibung, erteilt, und zwar nur an deutsche Imprägnierwerke und Holzhändler. Solche Aufträge an ausländische Lieferanten wurden von der Deutschen Bundespost nicht erteilt.




Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510715800
Eine Zusatzfrage.

Dr. Hugo Hauser (CDU):
Rede ID: ID0510715900
Herr Staatssekretär, ist dann nicht richtig, was in der zweiten Frage angesprochen ist, daß 100 000 fm aus polnischen Beständen mit Mitteln des Investitionshaushalts beschafft wurden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510716000
Nein, das ist nicht richtig. Aus dem Investitionshaushalt sind keine Masten beschafft worden. Die Masten, die wir dieses Jahr beschafft haben, sind vorher beschafft worden, in den ersten Monaten des Jahres 1967, und zwar mit einem Gesamtbestand von 43 000 fm. Für diese Aufträge stellen die Imprägnierwerke auch 7400 fm — das sind ungefähr 17 v. H. — Rohhölzer bei, die aus Polen oder — und zwar überwiegend — aus Gebieten kommen, die zur Zeit unter polnischer Verwaltung stehen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510716100
Ich rufe die Fragen 90, 91 und 92 des Herrn Abgeordneten Spitzmüller auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß das Deutsche Rote Kreuz einen Großteil der Notfall- und Krankentransportwagen mit Funkgeräten ausgerüstet hat, um sowohl für den Einsatz dieser Fahrzeuge als auch für die rechtzeitige Information von Krankenhäusern über die auf dem Transport befindlichen Patienten über schnellste Informationsmöglichkeiten zu verfügen?
Trifft es zu, daß die Deutsche Bundespost für den Funkverkehr eine so einschneidende Gebührenerhöhung vorsieht, daß dem Deutschen Roten Kreuz nichts übrig bleibt, als die in Frage 90 erwähnten Funkgeräte wieder auszubauen und zu verkaufen?
Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, bei der Deutschen Bundespost sicherzustellen, daß für den Funkverkehr der Notfall- und Krankentransportfahrzeuge des Deutschen Roten Kreuzes die Gebührensätze auf dem bisherigen Stand verbleiben?
Die Fragen werden übernommen. Zur Beantwortung!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510716200
Der Bundesregierung 'ist bekannt, daß das Deutsche Rote Kreuz rund 2000 Fahrzeuge, die für den Unfallrettungsdienst und für Krankentransporte benötigt werden, mit Sprechfunkanlagen für den nichtöffentlichen beweglichen Landfunk ausgerüstet hat. Die in den Fahrzeugen des Deutschen Roten Kreuzes eingebauten Funkanlagen sind von einer Gebührenerhöhung nicht betroffen. Wohl aber unterliegen ab 1. September 1966 die festen Funkverbindungen, die das Deutsche Rote Kreuz im Rahmen und auf Frequenzen des beweglichen Funkdienstes betreibt, einer Erhöhung der Genehmigungsgebühren. Im Hinblick auf die besondere betriebliche Arbeitsweise der Funkstellen des Deutschen Roten Kreuzes wird zur Zeit in Verhandlungen mit dem Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes eine Regelung vorbereitet, die den Belangen des Deutschen Roten Kreuzes und anderer vergleichbarer Bedarfsträger Rechnung tragen wird.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510716300
Eine Zusatzfrage.

Martin Reichmann (FDP):
Rede ID: ID0510716400
Herr Staatssekretär, muß Ihrer Antwort entnommen werden, daß die Berichterstattung des „Deutschen Ärzteblattes" vom 8. April 1967 die Situation zu pessimistisch eingeschätzt hat?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510716500
Diese Berichterstattung liegt mir nicht vor; sie ist mir nicht bekannt. Ich kann nur sagen, daß die Verhandlungen mit dem Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes einen zufriedenstellenden Abschluß der Angelegenheit erwarten lassen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510716600
Frage 93 der Abgeordneten Frau Freyh:
Welche Absichten hat die Bundesregierung, um im Bereich der Oberpostdirektion Frankfurt (Main) die seit Jahren für notwendig erachtete Verbesserung des Paketumschlags bzw. des Paketzustelldienstes zu erreichen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510716700
Wie für viele andere Bereiche des Bundesgebietes, so wird auch für den Bereich der Oberpostdirektion Frankfurt am Main alles getan, um eine Verbesserung des Palhetumschlags bzw. des Paketzustelldienstes zu erreichen. Durch eine Reihe organisatorischer und betrieblicher Maßnahmen wurde der Arbeitsablauf im Paketdienst vereinfacht und beschleunigt. Soweit möglich, wurde versucht, durch den Einsatz technischer Einrichtungen die Arbeitsbedingungen günstiger zu gestalten.
Eine durchgreifende Besserung läßt sich aber nur durch großzügige bauliche Maßnahmen erzielen. Nur entsprechend dimensionierte Neubauten sind auch für den Einbau moderner, leistungsfähiger Paketförder- und -verteilanlagen geeignet. Einer raschen Verwirklichung dieser Vorhaben stehen die Schwierigkeiten bei der Beschaffung des erforderlichen Baugeländes im Kern der Städte und bei der Bereitstellung des notwendigen Kapitals entgegen.
Trotzdem sind aber in vielen großen und kleineren Städten des Oberpostdirektionsbezirks Frankfurt am Main und in der Stadt Frankfurt am Main selbst Neubauten für Postämter im Gange oder in der Planung. Die Deutsche Bundespost bleibt auch hier bemüht, gerade die bei den raumaufwendigen Paketdienststellen auftretenden Schwierigkeiten Zug um Zug zu beseitigen, die Betriebsgüte zu verbessern und für die Paketsendungen möglichst gute Laufzeiten zu erhalten.
Falls Sie es wünschen, Frau Abgeordnete, darf ich Ihnen eine Zusammenstellung über die im Gange befindlichen und geplanten Bauvorhaben im Bezirk der Oberpostdirektion Frankfurt am Main überlassen, da ein Verlesen dieser umfangreichen Aufstellung die hier verfügbare Zeit überschreiten würde.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510716800
Zusatzfrage!




Brigitte Freyh (SPD):
Rede ID: ID0510716900
Darf ich zunächst einmal antworten, daß ich diese Zusammenstellung gerne erhalten würde. Ich möchte aber nun noch konkret die Zusatzfrage stellen: Es ist also nicht damit zu rechnen, daß das Paketumschlagamt am Hauptbahnhof in Frankfurt, das ja auch eine zentrale Funktion haben sollte, in absehbarer Zeit errichtet werden kann?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510717000
Wir sind auch hier dabei. Ich darf zuerst gerade diese spezielle Frage beantworten. In Frankfurt wird mit dem Neubau eines zweiten Paketzustellamtes im Nordosten demnächst begonnen. Am Hauptbahnhof sind westlich und östlich der Hafenstraße Neubauten für den Postbahnhof, die Postämter 9 — Paketumschlag —, 8 — Paketzustellung — und 2 geplant. Geschätzte Baukosten 230 Millionen DM. Diese Baumaßnahmen setzen die Verlegung des Eilgutbahnhofs der Deutschen Bundesbahn voraus; sie wird voraussichtlich im Jahre 1969 beendet sein.

(Abg. Frau Freyh: Danke schön!)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510717100
Meine Damen und Herren, ich muß zu meinem Bedauern jetzt abbrechen. Die Fragestunde ist vorüber. Alle nicht mehr behandelten Fragen werden, soweit sie nicht zurückgezogen sind, schriftlich beantwortet. Alle Fragen auf Drucksache V/1677 werden schriftlich beantwortet.
Bevor ich in der Tagesordnung fortfahre, möchte ich noch folgendes sagen. Gestern ist die Aussprache über das Sachverständigengutachten nicht abgeschlossen worden. Es besteht die Absicht, nach Abwicklung der übrigen Punkte der Tagesordnung darauf zurückzukommen, falls das Wort dann noch gewünscht wird.
Herr Abgeordneter Rasner, Sie haben den Wunsch geäußert, Punkt 5 der Tagesordnung um 11 Uhr aufzurufen?

(Abg. Rasner: Wir hatten darum gebeten, Herr Präsident!)

— Aber ich denke, Ihr Motiv ist entfallen?

(Abg. Genscher: An sich hat man sich verständigt, es jetzt zu machen! — Abg. Rasner: Da war ich nicht dabei! Minister Stoltenberg ist auch noch nicht da!)

— Der Minister ist noch nicht da.
Dann rufe ich Punkt 6 der Tagesordnung auf:
a) Erste Beratung des von der Budesregierung eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 95 GG)

— Drucksache V/1449 —
b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur
Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes
— Drucksache V/1450 —
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

Dr. Gustav W. Heinemann (SPD):
Rede ID: ID0510717200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung schlägt Ihnen vor, den Art. 95 des Grundgesetzes zu ändern. In Art. 95 des Grundgesetzes ist davon die Rede, daß zur Wahrung der Einheit des Bundesrechts ein Oberstes Bundesgericht etabliert werden soll. Wir haben bekanntlich fünf Zweige von Gerichtsbarkeiten, deren jeder in letzter und höchster Instanz bei einem Bundesgericht ausläuft. Diese fünf letztinstanzlichen Bundesgerichte sind der Bundesgerichtshof in Karlsruhe für Zivil- und Strafsachen, das Bundesarbeitsgericht in Kassel, das Bundessozialgericht in Kassel, das Bundesverwaltungsgericht in Berlin und der Bundesfinanzhof in München. Zwischen diesen fünf obersten Gerichten sind Unterschiede bei grundsätzlichen Rechtsfragen möglich. Bisher haben sich deren 29 Fälle ergeben, die in der Anlage zur Drucksache V/1450 im einzelnen aufgeführt sind.
Die Verfasser des Grundgesetzes haben sich damals vorgestellt, daß zur Behebung unterschiedlicher Urteile oder Rechtsauffassungen ein Oberstes Bundesgericht über diese fünf Bundesgerichte gesetzt werden sollte. Diese Auffassung ist unpraktisch. Zunächst einmal ist festzustellen, daß unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen den fünf Bundesgerichten nur selten vorgekommen sind. Aus der Liste, auf die ich schon hinwies, ergibt sich, daß es bisher 29 solcher Fälle gab, mit anderen Worten: etwa zwei Fälle im Jahr. Ferner ist zu bedenken, daß dann, wenn eine unterschiedliche Rechtsauffassung bereinigt werden muß, aus den vorliegenden Prozessen eben nur diese eine Teilfrage zur Bereinigung steht, während der gesamte übrige Streitstoff bei dem Gericht verbleibt, in dessen Rechtszweig er sich entwickelt hat.
Bei dieser geringen Zahl von Unterschiedlichkeiten ist nach Auffassung der Bundesregierung kein Oberstes Bundesgericht als ein völlig neuer zusätzlicher Gerichtshof nötig. -Die Bereinigung von unterschiedlichen Rechtsfragen kann einfacher dadurch gelöst werden, daß ein sogenannnter Gemeinsamer Senat gebildet wird, und zwar aus den fünf Chefpräsidenten der fünf Bundesgerichte und je zwei weiteren Richtern aus den Senaten der beiden Gerichte, zwischen denen eine unterschiedliche Rechtsauffassung aufgekommen ist. Der Gemeinsame Senat würde also in der Regel aus neun Richtern bestehen. Sind dagegen — ganz ausnahmsweise kommt das nur vor — an der unterschiedlichen Rechtsauffassung mehr als zwei Bundesgerichte beteiligt, etwa drei,. so kann der Gemeinsame Senat auf elf Richter erweitert werden.
Ein Oberstes Bundesgericht also, so schlägt die Bundesregierung vor, wollen wir nicht einrichten, sondern eben nur diesen Gemeinsamen Senat. Damit verbindet sich dann aber auch eine Änderung in der Bezeichnung der Gerichte. Der Titel „Ober-



Bundesminister Dr. Dr. Heinemann
stes Bundesgericht" wird frei, und die fünf Gerichte, die unter Umständen mit widersprüchlicher Rechtsauffassung dastehen, können oberste Bundesgerichte von sich aus werden.
Unverändert bleibt die Position des Bundesverfassungsgerichts. Das im einzelnen weiter darzulegen, dürfte sich erübrigen.
Damit, meine verehrten Damen und Herren, habe ich Ihnen die Grundzüge der Drucksache V/1449 dargestellt. Die andere Drucksache regelt nur alles das, was mit Geschäftsordnung, mit dem Antragswesen und dergleichen zusammenhängt. Daran ist nichts Sonderliches.
Nur eine Frage will ich hier ansprechen, weil sie wahrscheinlich in der Diskussion aufkommen wird. Es ist beabsichtigt, diesen Gemeinsamen Senat bei dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe zu etablieren, also bei dem Gericht, das die ordentliche Rechtsprechung judiziert. Auf die Frage, ob dieser Gemeinsame Senat nicht etwa nach Berlin gelegt werden sollte, möchte ich schon jetzt antworten, daß das um deswillen keine gute Sache wäre, weil damit nur rein optisch etwas für Berlin getan werden würde, aber nichts Sachliches. Der Gemeinsame Senat ist keine neue Behörde an sich. Er besteht, wie ich vorhin sagte, aus Richtern der bestehenden Gerichtshöfe und tritt allenfalls zweimal im Jahre zusammen. Es würde damit also Berlin sicherlich nichts zugewendet werden. Soviel wird auch immer Berlin schulden — dies hier wäre nur eine optische Maßnahme, aber nichts Reales. Das Normale sollte sein, daß dieser Gemeinsame Senat an den Gerichtshof angelehnt wird, von dem einmal alle Rechtsprechung sich entwickelt hat, nämlich bei dem Gerichtshof der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Deshalb also die Absicht, ihn in Karlsruhe amtieren zu lassen in den wenigen Fällen, in denen er überhaupt Recht zu sprechen haben wird.

(Beifall.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510717300
Ich danke dem Herrn Bundesjustizminister für die Einbringung der Vorlage. Wenn ich recht verstanden habe, ist es am zweckmäßigsten, die Aussprache über beide Vorlagen zu verbinden. Ich eröffne die Aussprache über beide Vorlagen. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Güde.

Dr. Max Güde (CDU):
Rede ID: ID0510717400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich folge der Anregung des Herrn Präsidenten, indem ich zu beiden Vorlagen, die zusammengehören und eine Einheit bilden, Stellung nehme.
Auf den ersten Blick sind die beiden Vorlagen glatt und perfekt. Erst wenn man näher zusieht, erkennt man, daß doch bedeutsame Probleme darin stecken. Bedeutsam ist die Vorlage schon deswegen, weil das Grundgesetz geändert wird und eine Grundgesetzänderung uns eigentlich immer zwingt, zu schauen, wohin die Änderung eines ursprünglichen Planes zielt. Aber es lohnt sich hier auch, genauer zuzusehen und sich bewußt zu machen, welches denn die ursprüngliche Konzeption hinter dem Art. 95 war und was aus ihr jetzt wird.
Der Verfasser, der auctor des Art. 95, der langjährige Staatssekretär im Bundesjustizministerium Walter Strauß, hat sich vor Jahren — im Jahre 1956 — hier in diesem Hause dazu bekannt, daß er der Vater dieses unglücklichen Kindes sei, und hat auch seine Motive genannt. Ihm schwebte nicht nur ein Divergenzgericht vor, sondern ein wirklich oberstes einheitliches Bundesgericht statt der Aufspaltung in fünf obere Bundesgerichte. Erst als diese Vorstellung sich im Parlamentarischen Rat nicht durchsetzte, blieb als Kompromiß der jetzige Art. 95 mit dem Gedanken, oberhalb der fünf oberen Bundesgerichte irgendeine Art von — sagte Strauß — letztem Gericht, von letzter Entscheidung einzuführen. Noch im Kompromiß des Art. 95 wurde dieses Oberste Bundesgericht als Repräsentant der rechtsprechenden Gewalt, der Dritten Gewalt angesprochen, und es wurde ihm eine integrierende Wirkung auf Recht und Staat zugeschrieben.
Nun, die gegenwärtige Vorlage bedeutet die Streichung dieser Vorstellung und die Ersetzung des so hoch gezielten Obersten Bundesgerichts durch einen Koordinierungsmechanismus nach Art eines Großen Senats, so wie das Gerichtsverfassungsgesetz einen Großen Senat für den Ausgleich von Divergenzen zwischen den Entscheidungen mehrerer Senate an einem Gericht geschaffen hat.
Ich will gleich sagen, ich bin mit dem Herrn Bundesjustizminister in der Grundkonzeption durchaus einig. Diese Lösung, die den bisherigen Verfassungsauftrag des Art. 95 beseitigt, ist sachgemäß und praktikabel, praktisch, kann man sagen. Sie entspricht ja auch — und es ist nicht unnütz das zu erwähnen — der einstimmigen Meinung der Gerichte selbst und weithin, trotz mancher Kritik, der juristischen öffentlichen Meinung, wenn man von einer solchen sprechen darf.
Trotzdem muß man den Schrumpfungsprozeß gegenüber der ursprünglichen Konzeption, der hier sichtbar wird, zu deuten suchen. Die Aufspaltung in die fünf oberen Bundesgerichte, die — ich glaube, auch dem kann man zustimmen — jetzt oberste Bundesgerichte heißen sollen, mag man bedauern, aber sie ist wohl nicht wieder rückgängig zu machen. Sie ist eine Tatsache geworden, und die Rechtspflegeministerien, zu denen ich nachher noch ein Wort sagen werde, wären keine Aufhebung dieser Aufspaltung.
Diese Aufspaltung ist ja auch nicht von ungefähr gekommen. Ich erinnere mich über lange Jahrzehnte hinweg eines Wortes, das ich bei Max Weber gelesen habe, ich glaube, in „Wirtschaft und Gesellschaft". Da prophezeit Max Weber dem Recht ein nach seiner Meinung unvermeidliches Schicksal. Er sagt: Man wird das jeweils geltende Recht zunehmend werten als einen rationalen, jederzeit zweckrational umzuschaffenden, jeder inhaltlichen Heiligheit entbehrenden, technischen Apparat. In der Tat ist in den anderthalb Menschenaltern, seit Max Weber das in „Wirtschaft und Gesellschaft" geschrieben hat, Recht in der Art des von Max Weber vorausgesagten Rechts in großer Fülle geschaffen worden. Man ist versucht, zu sagen: Recht von der Art einer Bedienungsanweisung für die Sozialapparatur, richtig, wenn es seinen Zweck erfüllt, nicht mehr richtig



Dr. h. c. Güde
und durch richtigeres zu ersetzen, wenn das neue seinen Zweck besser erfüllt. Das ist natürlich nicht das „gute alte Recht" und schon gar nicht das „heilige Recht", von dem in früheren Jahrhunderten und noch Jahrzehnten gesprochen worden ist. Das Recht solcher Art führt oder verführt zu einer aufspaltenden Spezialisierung auf die mehreren Modelle technischer Apparatur.
Aber im Zuge der gleichen Entwicklung hat die Ausbreitung jener Art von Funktionsrecht die Notwendigkeit bewußt gemacht, diese neue Art von rational-technischen Normen am Maß der rechtlichen Grundwerte, an einem rechtlichen Grundkern, zu messen und zu orientieren. Und aus dieser Perspektive, scheint mir, muß man das Problem der zu wahrenden Rechtseinheit sehen und vielleicht vertiefen. Die aufgespaltenen Gerichtsbarkeiten bedürfen, vielleicht noch nicht jetzt an diesem Tag, aber auf lange Sicht, der stärkeren Sicherung und Wahrung des gemeinsamen, grundlegenden Rechts. Wenn man es so sieht, dann braucht die Neufassung der Konzeption des Grundgesetzes den ursprünglichen Sinn keineswegs zu verleugnen oder zu verlieren, man muß nur versuchen, gegenüber dem Schein der Minimalisierung, den die Grundgesetzänderung jetzt annimmt, diesen Sinn zu betonen, herauszuheben und festzuhalten. Die Einrichtung eines Gemeinsamen Senats zwischen den fünf obersten Gerichtshöfen setzt in Wirklichkeit voraus, daß diese eine zusammengehörende Einheit sind, in der Divergenzen durch eine gemeinsame Einrichtung ausgeglichen werden können; das ist nur auf der Grundlage einer geistigen Einheit möglich. So erscheinen die obersten Gerichtshöfe eigentlich in ihrer Gesamtheit als das Oberste Bundesgericht.
Dabei ist zu überlegen, ob man bei der Umschreibung der Aufgaben dieses Gemeinsamen Senats es nicht bei der volleren Aussage des bisherigen Art. 95 belassen sollte, indem man auch in dem neuen Art. 95 Abs. 3 und in der dazugehörenden Stelle des korrespondierenden Gesetzes — also im § 1 — sagt: Zur Wahrung der Einheit des Rechts — bisher hieß es: Zur Wahrung der Einheit des Bundesrechts — in der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe.... Auf jeden Fall muß man an diesem Ziel der Wahrung der Einheit des Rechts — das ist mehr als die nur technische Vermeidung von Divergenzen — die Prüfung des Entwurfs orientieren. Ich beschränke mich dabei auf einige wenige Punkte, die ich für erwägenswert halte.
Wenn man die Wahrung der Einheit des Rechts als die zentrale Aufgabe dieses Gemeinsamen Senats ansieht, kann man die Frage aufwerfen, ob man dem großen Senat nicht das Evokationsrecht geben will, das es ihm ermöglichen würde, zur Wahrung der Rechtseinheit Verfahren an sich zu ziehen. In der Begründung des Regierungsentwurfs ist diese Frage aufgeworfen, aber mit einer nur technischen Begründung verneint, indem gesagt wird, die dazu notwendige Übersicht über die breite und weite Rechtsprechung der verschiedenen Gerichte sei zu schwierig und zu teuer. Das scheint mir die schwächste aller möglichen Begründungen zu
sein. Denn wenn es so schwierig sein sollte, Divergenzen überhaupt zu bemerken — man muß da fragen: auch mit modernen Methoden? —, wenn es so schwierig und fast unlösbar sein sollte, sich der Divergenzen bewußt zu werden, was bleibt dann aus der wirklichen Funktion und Effektivität dieses Gemeinsamen Senats? In der österreichischen Diskussion über das gleiche Problem wird von einer Stelle gesprochen — auf österreichisch heißt das „Evidenzbüro" —, die die Rechtsprechung der höchsten Gerichte verfolgt, um die Gerichte auf Divergenzen aufmerksam zu machen.
Ich meine, der Rechtsausschuß würde gut daran tun, diese Frage ebenso noch einmal zu prüfen wie auch die Frage des Generalanwaltes — auch diese Frage ist in der Begründung des Entwurfs verneint —, mit dessen Amt dann auch jenes — ich sage es jetzt österreichisch — Evidenzbüro zu vereinen wäre, um nicht nur die mechanische Evidenz, sondern auch die rechtliche Auswertung jener Evidenz zu haben.
In der Begründung des Entwurfs wird weiter die Frage verneint, ob die Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Bundesgerichte auch zur Fortbildung und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung — ich würde auch hier lieber sagen: zur Wahrung der Einheit des Rechts — zulässig sein soll, also nicht erst bei der Feststellung einer Divergenz, sondern zur Fortbildung und zur Sicherung der Einheit. Auch diese Frage sollte noch einmal geprüft werden unter dem Gesichtspunkt, daß man dem Gemeinsamen Senat alle Möglichkeit geben sollte, ein wirksames Instrument der Rechtseinheit zu werden.
Meine Damen und Herren! Der Deutsche Anwaltsverein hat eine breite und fundierte Stellungnahme zu diesem Entwurf an uns geschickt, und ich habe sie mit dem Respekt und dem Interesse gelesen, das der Vertretung eines so bedeutenden Rechtsstandes zukommt. Der Schwerpunkt der Anwaltsdenkschrift liegt in dem Vorschlag, die obersten Bundesgerichte zum Geschäftsbereich des Bundesjustizministers zu nehmen, also in einem eindrucksvollen Plädoyer für den Gedanken des Rechtspflegeministeriums. Ich verschweige meine persönliche Sympathie für diesen Gedanken nicht. Meine Meinung deckt sich durchaus mit der Erklärung, die Bundesjustizminister Schäffer 1960 in Kiel zu der Frage abgegeben hat. Sie lautete: Alle Zweige der Gerichtsbarkeit sollten in Bund und Ländern ressortmäßig den Justizministern unterstellt werden.
Trotz meiner Sympathie für diesen Gedanken glaube ich, daß man diese Vorlage nicht mit dem eben bezeichneten Problem gefährden und belasten sollte. Denn der Präsident des Bundesverwaltungsgerichtshofes, Professor Dr. Werner, hat mit einem Satz das Entscheidende zu der Frage gesagt, nämlich, daß Bejahung oder Verneinung des Rechtspflegeministeriums keines der großen Probleme unseres Rechtsstaates sei. Wir kennen ja ohnehin die verfassungsrechtlichen Fragen, die sich im Verhältnis von Bund zu Ländern daran knüpfen würden, und wir kennen die Affekte, die sich in den ver-



Dr. h. c. Güde
gangenen Jahren an dieser Frage entzündet haben. Es scheint uns kein Zwang gegeben, diesen Sturm jetzt und hier in diesem Zusammenhang zu entfesseln.
Auch in einem anderen Punkt, den der Anwaltsverein aufwirft, kann ich meine Sympathie nicht verschweigen, auch wenn dieser Punkt vielleicht nicht in der ersten Rangordnung der Probleme steht. Der Entwurf sieht in § 15 vor, daß die Entscheidung des Gemeinsamen Senats ohne mündliche Verhandlung ergeht, d. h. daß die mündliche Verhandlung ausgeschlossen wird. Der Anwaltsverein schlägt das Gegenteil vor, nämlich die mündliche Verhandlung obligatorisch zu machen. Sollte man nicht, frage ich, die mündliche Verhandlung wenigstens nach Ermessen des Gemeinsamen Senats zulassen, um das Rechtsgespräch auch in diesem Stadium des Verfahrens noch möglich zu machen und die Justiz — sagen wir einmal — vor der Inzucht der Beschäftigung bloß mit den selbst geschaffenen Argumenten zu bewahren?
Ich will auf weitere Einzelheiten nicht eingehen. Ich sage noch einmal, im ganzen stimmen meine Freunde und ich den beiden Entwürfen in der Hoffnung zu, ,daß die Beratung des Rechtsausschusses in der Entwurfslösung, die ein wenig zu blaß geworden ist, ,ein wenig zu sehr auf kleine Apparatur abgestimmt, die ursprüngliche Konzeption, die hinter dem Art. 95 stand, in ihrem Sinn und Geist stärker wirksam sein läßt, damit dieser Gemeinsame Senat, den wir nun statt des Obersten Gerichts schaffen, ein Stück wirklicher Repräsentation der Dritten Gewalt sein kann, begabt mit jener Integrationskraft für Recht und Staat, wie sie die ursprünglichen Schöpfer des Grundgesetzes im Auge hatten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510717500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Reischl.

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0510717600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich nach den sehr eingehenden Darlegungen des Herrn Kollegen Dr. Güde sehr kurz fassen und möchte entsprechend der Übung bei der ersten Lesung nur einige politische Anmerkungen zu dem Entwurf machen.
Art. 95 des Grundgesetzes war ja schon seit langer Zeit ein Stück unerfülltes Grundgesetz. Wir haben noch ein paar solcher Punkte. Es ist erfreulich, daß wir jetzt darangehen, auf diesem Gebiet eine abschließende Regelung zu schaffen. Aus dieser Sicht begrüßt meine Fraktion diesen Entwurf sehr.
Es ist, meine ich, richtig, daß lange Zeit gewartet wurde. Ich bin überzeugt, daß man, wenn man vor Jahren an eine Regelung gegangen wäre, vielleicht aus dem Zwang heraus, den Wortlaut genau zu erfüllen, ein Oberstes Bundesgericht geschaffen hätte, das dann in zehn Jahren 29 Sachen zu behandeln gehabt hätte. Wer die Belastung der übrigen Gerichte kennt, wird mir zugeben, daß das keine angemessene Belastung gewesen wäre. Deshalb sollten wir zufrieden sein, daß jetzt der Entwurf da
ist. Ich bin überzeugt, daß der Rechtsausschuß ihn wird schnell verabschieden können.
Daß dieser Entwurf endlich die Bahn dafür frei macht, daß die anderen bisher oberen Bundesgerichte oberste Bundesgerichte werden, begrüße ich ganz besonders. Ich sage das auch denjenigen, die in diesem Raum — es klingt ein bißchen merkwürdig — für die Besoldung zuständig sind. Dazu gehört nämlich auch, daß der Präsident eines obersten Bundesgerichts jeweils dem Staatssekretär gleichgestellt wird, wie das beim Präsidenten des Reichsgerichts bis zum Dritten Reich hin der Fall war, meines Wissens nicht nur in der Besoldung, sondern auch in seiner sonstigen Stellung. Vor allem auch in der dienstaufsichtlichen Stellung sollten die Präsidenten der obersten Bundesgerichte, wie sie dann heißen werden, wieder die Stellung bekommen, die den Chefpräsidenten der obersten Gerichte der jeweiligen Gerichtsbarkeiten geziemt. Wir sollten dieses Gesetz zum Anlaß nehmen, diese alte, berechtigte Forderung der Präsidenten der oberen Bundesgerichte endlich zu erfüllen.
Dann möchte ich noch eine kleine Anmerkung zur Frage des Sitzes machen. Ich gebe dein Herrn Bundesminister der Justiz zu, daß es zweifelhaft sein könnte, dauernd Berlin als Sitz zu bestimmen. Ich möchte die Frage aufwerfen, ob es unbedingt notwendig ist, da von allen fünf Gerichten nur eines in Karlsruhe sitzt, als festen Sitz immer Karlsruhe zu nehmen. Man könnte sehr wohl noch — zumal sich die Besetzung von Fall zu Fall wandelt, je nach dem, welche Gerichte beteiligt sind — etwa an ein Roulieren des Sitzes denken. Das müßte noch näher überlegt werden.
Die Frage eines Rechtspflegeministeriums — hier stimme ich dem Herrn Kollegen Dr. Güde zu — sollten wir mit diesem Entwurf nicht verknüpfen. Wir würden seine Verabschiedung nur aufhalten und die Bereinigung der anderen Frage, die nun dringend ist, hinauszögern. Wir sollten alle mithelfen, daß möglichst schnell Art. 95 und das Ausführungsgesetz dazu eine vernünftige und ausgewogene Regelung zur Fortbildung unserer Rechtseinheit finden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510717700
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Busse.

Hermann Busse (FDP):
Rede ID: ID0510717800
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und meine Herren Kollegen! Auch wir können uns schon deshalb, weil wir dem Grundanliegen der jetzt vorliegenden Gesetzentwürfe zustimmen, in der heutigen Diskussion verhältnismäßig kurz fassen. Ich möchte nur in einigen Punkten die Ausführungen meiner Vorredner ergänzen und dabei besonders einen Gesichtspunkt hervorheben, der mir und uns am Herzen liegt.
Aus der alten Fassung des Art. 95, der zur Wahrung der Einheit des Rechts ein selbständiges, vollständiges Gericht vorsah, kann man in etwa entnehmen, welche Bedeutung die Väter des Grundgesetzes dieser Einheitlichkeit des Rechts zugemessen haben. In der Tat, gerade dann, wenn man — sei es



Busse (Herford)

als Praktiker, sei es als Theoretiker — sich tagtäglich mit Rechtsfragen zu befassen hat, kann man bis hinein in das Leben jedes einzelnen Menschen verfolgen, welche enorme Bedeutung in unserem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben die Tatsache hat, daß das Recht einheitlich ist. Man wird die Bedeutung dieser Frage nicht überschätzen können.
Aber wenn ich an die vergangenen Jahre meiner praktischen Tätigkeit denke und mir vor Augen führe, von welchen Zufälligkeiten es abhängen konnte, ob eine Sache bei einem Oberlandesgericht an den Senat A oder an den Senat B kam und je nachdem die Rechtsfrage — und damit der Ausgang des Prozesses — so oder so entschieden wurde, dann genügt wohl dieser Hinweis, um klarzumachen, wie erheblich die Bedeutung ist, die man der Tatsache zumessen muß, daß mit der Einheitlichkeit des Rechts die Sicherheit des Rechts gewährleistet ist.
Ich habe bewußt den Ausdruck „Einheitlichkeit des Rechts" gebraucht und knüpfe damit an das an, was vorhin Herr Dr. Güde gesagt hat. In Wirklichkeit würden wir jedes Gericht überfordern, wenn wir es zum Hüter der Einheitlichkeit des Rechts machten. Diese Funktion sollten wir in erster Linie uns selber zumuten und übertragen. Daß wir es vielleicht manchmal an der notwendigen Aufmerksamkeit haben fehlen lassen, ist einmal aus der Fülle des Stoffes zu erklären, der auf uns zukommt, aber zum anderen vielleicht auch daraus, daß wir dieser Frage nicht die erhebliche Bedeutung beigemessen haben,
ihr zukommt, Es kann aber nicht die Aufgabe der Gerichte sein, die — wollen wir beim Worte bleiben — Einheitlichkeit des Rechts zu gewährleisten. Die Aufgabe der Gerichte ist eben die Rechtsprechung. Um in der Rechtsprechung diese Einheitlichkeit herbeizuführen, müssen divergierende Entscheidungen ausgeräumt werden. Damit wird auch dem Gesetzgeber als Rückwirkung dessen, was der Senat entscheidet, wieder mancher Hinweis gegeben, der dazu dienen kann, die Einheitlichkeit des Rechts zu wahren. Ich glaube, das ist der gemäßere Weg.
Warum betone ich die außerordentliche Bedeutung der Einheitlichkeit des Rechts und der Rechtsprechung im Zusammenhang mit den uns vorliegenden Gesetzentwürfen? Ich tue es aus einem doppelten Grunde. Einmal bin ich 'der Überzeugung, daß jede divergierende Rechtsprechung zu bestimmten Rechtsfragen bed den obersten Gerichten ein Zustand ist, der einfach nicht hingenommen werden kann. Hier eine Unterscheidung zwischen Erheblichkeit und Unerheblichkeit zu machen, scheint mir nicht angebracht 'zu sein. Denn jede divergierende Rechtsprechung hat ihre Erheblichkeit in sich. Das muß deshalb 'klargestellt werden. In diesem Punkt entspricht die Vorlage nicht unseren Vorstellungen.
Aber auch unter einem anderen Gesichtspunkt gewinnt diese Frage Bedeutung. Ich will es sehr nüchtern aussprechen. Etwaige Schwierigkeiten, die auftauchen, 'die da sind — das ist uns bekannt —, sollten uns nicht davon abhalten, den Schritt zu tun, der nach Meinung der interessierten Öffentlichkeit längst hätte getan werden müssen: endlich das Rechtsprechungsministerium auf Bundesebene einzuführen.
Wir haben ein Land, in dem es mit gutem Erfolg praktiziert wird. In der Tat meinen wir, daß uns auch dieses Gesetz Veranlassung geben sollte, ernsthaft zu prüfen, ob nunmehr nicht die obersten Bundesgerichtshöfe der einheitlichen Verwaltungszuständigkeit des Justizministeriums unterstellt werden sollten.
Die Schwierigkeiten sind da. Aber wenn wir vor als richtig erkannten Maßnahmen immer dann zurückweichen wollten, wenn ihre Regelung schwierig ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dann könnten wir in sehr vielen Fällen sagen: Wir lassen lieber die Finger davon! Ich erinnere an die letzten Tage in diesem Hause, als wir die Diskussion über die Mehrwertsteuer geführt haben. Bei Gott eine schwierige Materie! Ich glaube, der Bundestag hat gezeigt, daß er sie zu regeln in der Lage ist. Ich meine, die hier zur Erörterung stehenden Fragen sind sowohl in der Technik wie in ihrer Auswirkung nicht annähernd so schwierig wie die Probleme des Mehrwertsteuergesetzes. Warum sollten wir nicht mit Mut und Gottvertrauen an diese Sache herangehen!
Die Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Fragen hat aber auch eine weitere Konsequenz, die von Herrn Dr. Güde schon angesprochen wurde. Da es sich immer um Prozeßentscheidungen — wenn auch nur teilweise bei Entscheidungen — handelt, dürften die interessierten Parteien, wie es jetzt der Entwurf vorsieht, nicht ausgeschlossen werden. Der Entwurf sieht ihre Ausschließung vor. Ich lasse offen, ob etwas Derartiges je nach Lage der Dinge überhaupt mit Art. 103 des Grundgesetzes in Einklang zu bringen ist. Ich betone ausdrücklich, ich lasse es offen. Es ist einmal ausgesprochen worden, daß auch aus diesem Gesichtspunkt Bedenken dagegen bestünden. Aber aus einem anderen, einem rechtspolitischen Gesichtspunkt meine ich in der Tat, daß das Rechtsgespräch auch hier in reinen Rechtsfragen genauso notwendig ist, wie es beim Verfassungsgerichtshof geführt wird, und zwar mit gutem Erfolg geführt wird. So sollte es auch hier möglich sein. Daher werden wir bei den weiteren Beratungen darauf bestehen, daß die mündliche Verhandlung jedenfalls ermöglicht wird. In welcher Form, darüber wird man dann im einzelnen reden können.
Wir begrüßen die Tatsache, daß die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts durch diese Regelung nicht beeinträchtigt wird. Sie in bewährter Weise zu erhalten, ist, glaube ich, ein Anliegen des ganzen Hauses. Darum werden wir hier wohl keine besonderen Änderungsanträge zu stellen brauchen, sondern höchstens die Frage aufwerfen müssen, ob hier in der Tat die Zuständigkeit dieses Gerichts eindeutig gewahrt ist.
Nicht äußern möchte ich mich heute zu der Frage, wo der Senat seinen Sitz haben soll. Das ist in Anbetracht der Bedeutung der übrigen Probleme eine sekundäre Frage, sosehr solche optischen Dinge unter Umständen auch ihre Bedeutung haben. Immerhin möchte ich nicht verhehlen, daß ich auch hier dem Herrn Bundesjustizminister zustimme, indem ich meine, daß Karlsruhe aus der Natur der



Busse (Herford)

Sache und aus der Tradition des dort befindlichen obersten Gerichtshofs, des Bundesgerichshofs, der gegebene Ort wäre. Aber das ist für uns, wie gesagt, keine Prinzipienfrage, sondern eine Frage, über die man in Ruhe und Gelassenheit reden sollte.

(Beifall bei der FDP und in der Mitte.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510717900
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Erhard.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0510718000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige kurze Bemerkungen.
Sicher ist die Frage der Rechtseinheit sehr wichtig und die Rechtseinheit ein hohes Gut; denn sie ist die Voraussetzung für eine erkennbare Rechtssicherheit des Bürgers. Trotzdem sollten wir die Frage der Rechtseinheit im Bereich der obersten oder oberen Bundesgerichte nicht allzusehr isoliert von dem sehen, was wir im Bereich der rechtsprechenden Gewalt in Wirklichkeit an Rechtseinheit haben. Wir sollten nicht vergessen, daß wir im gleichen Zweig der Gerichtsbarkeit — z. B. in der Zivilgerichtsbarkeit, der Strafgerichtsbarkeit, in manchen Teilen der Verwaltungsgerichtsbarkeit — eine sehr divergierende Rechtsprechung haben, die auch gar nicht vereinheitlicht werden kann, weil die Zuständigkeiten in bestimmten Bereichen schon weiter unten aufhören, z. B. beim Landgericht, beim Oberlandesgericht.
Wir sollten auch daran denken, daß die Rechtsprechung nicht abstrakt d e n Fall, sondern einen konkreten Fall zu entscheiden hat, daß sie über das Recht eines Bürgers oder über seine Rechtsansprüche oder über die Ansprüche des Staates dem Bürger gegenüber zu entscheiden hat. Da ist nach meiner Ansicht eine einigermaßen rechtzeitige Entscheidung meistens wertvoller und wichtiger als die letzte Einheitlichkeit am oberen oder am obersten Gericht. In einzelnen Fällen haben wir eine Prozeßdauer über viele Jahre hinweg. Es sollte bei der künftigen Beratung dieser Vorlage bedacht werden, daß nicht eine noch längere Prozeßdauer Platz greift. Nach acht Jahren, von dem Zeitpunkt der Geltendmachung in der ersten Instanz an gerechnet, ist das Recht vielleicht gar kein Recht mehr, und dem Toten das Recht zú gewähren, ist manchmal sinnlos.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510718100
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

Dr. Gustav W. Heinemann (SPD):
Rede ID: ID0510718200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es liegt mir daran, mit wenigen Worten klar zu sagen, daß ich für das, was die Herren Fraktionssprecher vorgetragen haben, größte Sympathie hege. Sie haben ja — das gilt insbesondere von Herrn Dr. Güde — diesen Entwurf in den großen Rahmen der Grundsätze von Rechtsstaat und Rechtspflege hineingebracht. Dafür bin ich dankbar.
Ich nehme es hin, daß dieser Entwurf als blaß bezeichnet worden ist, daß gesagt worden ist, daß er sich auf ein organisatorisches Minimum beschränke. Verehrte Damen und Herren, dieser 5. Bundestag befaßt sich aber nicht zum ersten Mal mit diesem Thema; auch der 4 Bundestag tat es, auch der 3. Bundestag tat es, und es kam nichts zustande. Damit wir nun wenigstens das Allernotwendigste erreichen, haben wir von der Bundesregierung her eben diesen so blassen, nur auf das Organisatorische hinzielenden Entwurf vorgelegt, wollen aber gern auch vom Justizministerium her in der weiteren Beratung im Rechtsausschuß an all dem mitwirken, was hier angeklungen ist.
Mit großer Wehmut höre ich, daß der Herr frühere Bundesminister Schäffer 1960 in Kiel gesagt habe, er wünsche eine Zusammenfassung der verschiedenen Gerichtszweige in den Justizministerien von Bund und Ländern. Verehrte Damen und Herren, 1960 war Herr Schäffer Bundesjustizminister; aber 1950 war er Bundesfinanzminister und in der damaligen ersten Bundesregierung, an der ich als Bundesinnenminister beteiligt war, kam die Frage auf, ob man nicht die verschiedenen Zweige der Justiz im Justizministerium zusammenfassen wolle. Als damaliger Bundesinnenminister war ich bereit, die dem Bundesinnenministerium anhängende Verwaltungsgerichtsbarkeit auf das Justizministerium zu übertragen, um damit einen Anreiz dafür zu geben, daß die anderen Zweige ebenfalls dort zusammengefaßt würden. Aber der damalige Bundesfinanzminister Schäffer beharrte mit größtem Nachdruck darauf, daß ihm die Steuergerichte nicht genommen würden; und von daher ist damals das Ganze leider gescheitert.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510718300
Meine Damen und Herren, keine weiteren Wortmeldungen in dieser ersten Lesung? — Die Aussprache ist geschlossen.
Beide Vorlagen sollen an den Rechtsausschuß. — Das Haus ist damit einverstanden.
Dann kommen wir zu Punkt 7 der Tagesordnung:
a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus, Dorn, Busse (Herford) und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches
— Drucksache V/1492 —
b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verhinderung des Mißbrauchs von Abhörgeräten
— Drucksache V/1643 —
ferner zu dem in der Tagesordnung nicht ausgedruckten Punkt:
Erste Beratung des von den Fraktionen der
CDU/CSU, SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches
Ich frage, ob zunächst zur Drucksache V/1492 das
Wort zur Einbringung gewünscht wird. — Bitte
sehr, Frau Diemer-Nicolaus!




Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0510718400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kollegen und Kolleginnen! Die technische Entwicklung kann ein Segen und kann ein Fluch sein. Wenn wir heute von den Erfolgen hören, die die Weltraumfahrt zu verzeichnen hat, und wenn wir voller Bewunderung erleben, wie über die Satelliten die unmittelbare Fernsehübertragung von einem Erdteil über den Atlantik hinweg hierher nach Europa und umgekehrt möglich ist, muß man auf der anderen Seite aber auch registrieren, daß diese technische Entwicklung leider auch zu Erscheinungen geführt hat, die wir nicht billigen können. Schon seit einiger Zeit wird in der Presse darauf hingewiesen, daß diese technische Entwicklung dazu geführt hat, daß Kleinstgeräte geschaffen werden konnten, technische Wunderwerke, die dann aber nicht benutzt werden, um der Wissenschaft zu dienen, um der Medizin zu dienen, sondern um damit in die Geheimsphäre des einzelnen einzudringen, um gegebenenfalls nachher auch zu Erpressungen benutzt zu werden. Ich verweise auf einen diesbezüglichen Aufsatz im „Deutschen Panorama", wo es heißt, in der Bundesrepublik gebe es keine gesetzliche Handhabe gegen die moderne Technik der Schnüffelei, und ich weise darauf hin, daß Herr Kollege Müller-Emmert erst gestern in der „Stuttgarter Zeitung" — wenn ich mich recht erinnere, hat er auch schon früher in der „Zeit" geschrieben — berichtet hat: Lauscher in Büros und Schlafzimmern — Der Gesetzgeber will gegen die moderne Schlüssellochguckerei mit Abhörgeräten vorgehen". Das zeigt, daß hier Probleme bestehen, vor denen wir uns nicht länger verschließen dürfen, zu denen jetzt und zu dieser Zeit dem Bundestag die Aufgabe gestellt ist, Maßnahmen zu ergreifen, damit besser, als das bisher durch das Fehlen einer gesetzlichen Regelung möglich war, die Intimsphäre des einzelnen gewahrt werden kann.
Ich habe gestern in einer Zeitung gelesen, daß zur Zeit in Paris eine große amerikanische Firma eine Ausstellung durchführt, wo jeder hingehen und diese Minispione käuflich erwerben kann. In Amerika können sie sogar schon zu sehr niedrigen Preisen im Selbstbau hergestellt werden. Wir hatten auch schon in Deutschland ein Verfahren wegen eines derartigen Miniabhörgeräts, das zu einer Verurteilung führte. Über eines sind wir uns klar, daß die bis jetzt bestehenden gesetzlichen Maßnahmen nicht ausreichen.
Unser Gesetzentwurf befaßt sich mit dem Problem, das schon in der Großen Strafrechtskommission behandelt wurde, und zwar unter der Überschrift „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes". Die technische Entwicklung ist aber in der Zwischenzeit weitergegangen. Es handelt sich heute nicht nur um die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes. Die hochentwickelte Fototechnik hat dazu geführt, daß man heute Aufnahmen selbst in nahezu dunklen Räumen machen kann, die, wie das Beispiel Amerikas zeigt, nachher zu ganz schweren Mißbräuchen verwendet werden können. Mit hochentwickelten Spezialkameras kann man nicht nur im Tageslicht oder bei künstlicher Beleuchtung in die Vertraulichkeitsbereiche eindringen. Besondere Konstruktionen ermöglichen in Verbindung mit höchst empfindlichen Infrarotfilmmaterial Aufnahmen in nahezu dunklen Räumen. Oder etwas anderes. In Aktentaschenschlösser, in Füllhalterkappen, in Zigarettenpackungen, in Armbanduhren können Miniabhörgeräte, Minispione eingebaut werden. Das zeigt, wie gefährlich dies ist und wie notwendig eine gesetzliche Regelung ist. Diese Regelung sollte so sein, daß sie einen ordnungsgemäßen Gebrauch nicht verhindert, aber einen Mißbrauch. Um diese Strafbestimmung geht es bei unserem Entwurf.
Soweit es sich um Bildaufnahmen handelt, ist ein gewisser Schutz schon im Kunsturheberrechtsgesetz gegeben. Aber in Zusammenhang mit der Beratung der Strafbestimmung über die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes müssen wir mit überprüfen, ob die Bestimmung im Kunsturheberrechtsgesetz ausreicht, den Mißbrauch des Lichtbilds gegebenenfalls zu bekämpfen.
Unter Entwurf unterscheidet sich von dem Entwurf der beiden Koalitionsparteien, der heute neu auf die Tagesordnung gesetzt worden ist, dadurch, daß er kürzer ist.
Schon in der Großen Strafrechtskommission war eine sehr eingehende Diskussion darüber, ob man ein absolutes Verbot aussprechen sollte, einen absoluten strafrechtlichen Schutz, oder ob man zu dieser Norm noch eine Gegennorm schaffen solle, die beinhaltet, in welchen Fällen trotz des grundsätzlichen Verbots die Verwendung möglich ist. Damals ging man von einer Entscheidung aus, die der Bundesgerichtshof im Jahre 1958 gefällt hat. In den Leitsätzen zu dieser Entscheidung ist das Problem in seiner ganzen Fülle enthalten. Der erste Leitsatz besagt:
Wer ein Gespräch ohne Zustimmung des Gesprächspartners durch Anwendung eines Tonbands festlegt, verletzt in der Regel das durch Art. 1, 2 des Grundgesetzes gewährleistete Persönlichkeitsrecht, das die Person in ihrer persönlichkeitsrechtlichen Eigensphäre schützt.
Dieser Hinweis auf die Grundrechte von Art. 1 und 2 zeigt, welche Bedeutung auch der Bundesgerichtshof diesen Problemen zugemessen hat und wie notwendig es ist, daß wir unser jetzt bestehendes Strafrecht schon vor der Reform diesen Grundrechten anpassen. Der zweite Leitsatz lautet:
Nur in besonderen Ausnahmefällen (Notwehr, Verfolgung überwiegender berechtigter Interessen) kann (die Widerrechtlichkeit eines solchen Eingriffs entfallen.
Leitsatz 3:
Angesichts der Bedeutung, die dem Schutz der Eigensphäre der Persönlichkeit zukommt, reicht das private Interesse an einer Beweismittelbeschaffung allein in der Regel nicht aus, eine heimliche Tonaufnahme eines Gesprächs zu rechtfertigen.
Soweit es sich um den Leitsatz 2 handelt, sind die Koalitionsparteien den Anregungen gefolgt, die der Bundesrat zu der Fassung dieser strafrecht-



Frau Dr. Diemer-Nicolaus
lichen Bestimmungen gegeben hat, indem sie in ihrem Entwurf — das darf ich vielleicht, ohne Ihre Begründung vorwegzunehmen, Herr Kollege MüllerEmmert, sagen — nur das Unbefugte verbieten wollen und eine besondere Bestimmung darüber, wann etwas befugt sein soll, vorsehen.
Wir sind nun der Meinung, die damals die Mehrheit der Großen Strafrechtsreform vertreten hatte, daß man, wenn man diesen Schutz wirklich wirksam gestalten will, ihn absolut gestalten sollte. Wir waren auch bei unserem Antrag 'der Auffassung, daß die Fälle, in denen es wirklich notwendig ist, schon durch die jetzt bestehende Notwehrregelung oder über den übergesetzlichen Notstand erfaßt werden können.
Es sind durchaus Fälle denkbar, in denen ein berechtigtes Interesse daran besteht, Gespräche abzuhören. Denken Sie nur an den letzten Kidnapperfall in Berlin. Wir haben Gott sei Dank in Deutschland nicht viele Fälle dieser Art. Aber als seinerzeit die Große Strafrechtskommission sich mit dieser Frage befaßte, hat es auch gerade einen Kidnapperfall gegeben, und zwar in Stuttgart. Ich glaube, jeder ist der Auffassung, daß es nicht mehr als recht und billig ist, wenn in einem solchen Fall die Telefongespräche abgehört werden. Das muß zulässig sein, weil hier ein viel wichtigeres Rechtsgut, ein viel höher stehendes Rechtsgut verletzt ist als das Recht an der Vertraulichkeit des Wortes. Es geht nicht an, daß hier das Recht dem Schutz eines derartigen Verbrechers dient.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Dehler.)

Ich habe deshalb einen ganz plastischen Fall angeführt, um zu zeigen, daß dies eine durchaus berechtigte Forderung ist. Ich teile aber die Auffassung, daß man es dabei bewenden lassen sollte, was in der Rechtsprechung für die Notwehr und den übergesetzlichen Notstand erarbeitet worden ist, ohne eine besondere Norm zu schaffen.
Eine andere Frage ist natürlich, wieweit es möglich sein sollte, in einem Prozeß derartige Tonbandaufnahmen zu verwerten. Es ist erfreulich, daß in den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die sich mit diesem Problem befaßt haben, schon klar herausgestellt wurde, daß grundsätzlich heimliche Tonbandaufnahmen nicht verwertet werden können. Nehmen Sie an — solche Fälle hat es gegeben —, es werden bei Mietstreitigkeiten heimlich Tonbandgeräte eingesetzt, um die Aufnahme später in einem Mietprozeß zu verwerten! Oder denken Sie an den Fall, daß in einer zerrütteten Ehe der eine Ehegatte ohne Wissen des anderen ein Aufnahmegerät aufstellt, um später vor Gericht Streitigkeiten beweisen zu können! Wie ich aus Veröffentlichungen ersehen habe, ist .die heutige Technik bereits so weit fortgeschritten, daß z. B. ein zur Eifersucht neigender Ehemann, der für zehn Tage auf Geschäftsreise 'geht, unbemerkt von seiner Ehefrau ein winziges Abhörgerät in der Wohnung aufstellen kann, das genau registriert, was während dieser Zeit in der Wohnung geschieht. Ich bin der Meinung, daß 'das selbst in einer Ehe nicht zugelassen sein
darf, vielmehr muß in dieser Hinsicht ein absoluter Schutz bestehen.

(in den Verfahrensvorschriften ausdrückliche Regelungen treffen müssen. Ich weise auf einen Vorgang hin, der sich kürzlich im Zusammenhang mit einem Prozeß in Frankfurt 'abgespielt 'hat. Dort hat die Polizei ein 'Ehepaar, das unter Mordverdacht stand, in einen Raum geführt, in dem, ohne daß 'das Ehepaar das wußte, ein Aufnahmegerät 'gelaufen ist, das die Unterhaltungen dieses Ehepaars aufgenommen hat. Dies wurde von einem Richter oder Staatsanwalt —ich weiß das nicht mehr genau — mit Recht beanstandet. Dieser Fall hat damals Aufsehen erregt. Ich hoffe, daß derartige heimliche Aufnahmen in solchen Fällen künftig nicht mehr gemacht werden, auch wenn noch keine ausdrückliche gesetzliche Regelung besteht. Meine Damen und Herren, auch in dem Entwurf unseres Strafgesetzbuches ist eine Bestimmung über die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes enthalten. Wir waren uns aber im Sonderausschuß Strafrecht einig, 'daß dieses Problem durch die rasante technische Entwicklung so brennend geworden ist, daß wir vorab eine Regelung treffen müssen. In dieser Frage wird es auch zwischen den Koalitionsparteien und der Opposition keine großen Meinungsverschiedenheiten geben. Es geht uns allen darum, die 'bestmögliche Regelung zu finden. Ich muß nur noch eines sagen: Entgegen dem Vorschlag 'des Ältestenrates, wie er auf der Tagesordnung 'vermerkt ist, beantrage ich die Überweisung der strafrechtlichen Bestimmungen an den Sonderausschuß Strafrecht und nicht an 'den Rechtsausschuß, weil es sich um ein vordringliches Problem der in 'der Beratung befindlichen Strafrechtsreform handelt. Keine weiteren Wortmeldungen. Es besteht eine Absprache im Ältestenrat, daß der Sonderausschuß nicht mit zusätzlichen Aufgaben belastet wird. Herr Dr. Güde als Vorsitzender, Sie sind doch der gleichen Meinung zu diesem Überweisungsantrag, den die Frau Kollegin Dr. Diemer-Nicolaus gestellt hat? Wir haben uns interfraktionell geeinigt — auch Herr Wilhelmi und ich als die Vorsitzenden der beiden Ausschüsse —, daß, soweit Strafrecht aus dem Entwurf 1962 entnommen ist, der Sonderausschuß und für das Übrige der Rechtsausschuß zuständig gemacht wird. Einverständnis! — Der Punkt 7 b wird begründet vom Abgeordneten Dr. Müller-Emmert. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Namens der Fraktionen der CDU/CSU und SPD begründe ich die Anträge Drucksache V/1680 und Drucksache V/1643. Ich darf zunächst im allgemeinen auf die Ausführungen Bezug nehmen, die die Frau Kollegin Dr. Müller-Emmert Dr. Diemer-Nicolaus zur Begründung des Antrages der FDP, Drucksache V/1492, gemacht hat. Seit Beginn des vorigen Jahres tauchen in der Bundesrepublik immer mehr Abhörgeräte auf, mit denen unbefugt das gesprochene Wort anderer abgehört und unter Umständen auch verwertet wird. Dies ist eine Seuche, die von Amerika her zu uns nach Europa gekommen ist und die es sofort bei ihrem Beginn zu bekämpfen gilt. Unsere moderne Technik hat insoweit Möglichkeiten geschaffen, von denen die Öffentlichkeit weitgehend überhaupt nicht die geringste Ahnung hat. Es gibt in Amerika nachgewiesenermaßen schon mindestens rund 80 Abhörgeräte verschiedenster Typen, die so weit entwikkelt sind, daß praktisch ein jedes Wort in raffiniertester Weise abgehört werden kann. Ich erspare es mir, im einzelnen auf diese raffinierte Abhörtechnik und den Fortschritt der Technik insgesamt auf diesem Gebiet einzugehen. Es ist aber eine Tatsache, daß insoweit unbedingt etwas geschehen muß, um die Persönlichkeitsrechte des einzelnen und seine Würde als Mensch zu schützen. Bei uns in der Bundesrepublik kann man beobachten — wenn man sich dafür interessiert —, daß sehr viele Zeitungen, Tageszeitungen, Handelsblätter und ähnliche Veröffentlichungen ständig Inserate bringen, in denen diese Abhörgeräte dem Publikum angeboten werden. Darunter gibt es sogar schon Abhörgeräte, die nur rund 150 DM kosten, die also verhältnismäßig leicht erschwinglich sind. Es gibt natürlich auch Abhörgeräte, die entschieden teurer sind, die man in der Preislage von 2000, 3000 und 5000 DM kaufen kann. Bei vernünftiger Würdigung dieses Sachverhalts ist es wohl keine Frage, daß gegen diese Seuche etwas geschehen muß. Dies ist die Grundüberlegung der beiden Entwürfe, die die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD dem Hohen Hause vorgelegt haben. Zur Zeit ist der Rechtszustand der, daß nur insoweit eingegriffen werden kann, als die Errichtung und der Betrieb solcher Abhörgeräte dann strafbar sind, wenn die zuständige Bundespost hierzu keine Genehmigung gegeben hat. Diese Abhörgeräte sind nämlich Funkanlagen im Sinne des Fernmeldeanlagengesetzes. Sie enthalten ein Mikrophon, das mit einem Sender gekoppelt ist. Das Mikrophon nimmt die Geräusche und Worte in der Umgebung auf, der angekoppelte Sender strahlt diese Worte und Geräusche aus, und diese Worte und Geräusche werden von einem benachbarten Empfänger, meistens auf Ultrakurzwelle empfangen. Wenn man also ein solches Abhörgerät etabliert, ohne die Genehmigung der Bundespost zu haben, macht man sich strafbar. Dieser Schutz ist aber zweifellos entschieden zu gering. So wird die Abhörhandlung an sich nicht unter Strafe gestellt, so ist es bisher auch nicht strafbar, solche Geräte in die Bundesrepublik einzuführen, sie hier herzustellen oder auch zu verbreiten. Nur dann also, wenn man ein solches Abhörgerät errichtet oder in Betrieb setzt, kommt man mit dem Staatsanwalt in Konflikt. Die beiden Gesetzentwürfe, die Ihnen vorliegen, haben den Sinn, diese strafrechtlichen Lücken zu schließen. Der Gesetzentwurf V/1680, der eine Änderung des Strafgesetzbuches beabsichtigt, geht in grundsätzlicher Übereinstimmung mit dem Gesetzentwurf der FDP-Drucksache V/1492 davon aus, daß das unbefugte Abhören zukünftig grundsätzlich unter Strafe gestellt werden muß, weil es eine klare Verletzung des Rechtes der Persönlichkeit des einzelnen Bürgers darstellt. Darüber hinaus sieht der Antrag Drucksache V/1680 aber auch vor, daß derjenige, der als Beamter ein solches unbefugtes Abhören vornimmt oder in irgendeiner Weise an ihr beteiligt ist, ebenfalls unter Strafe gestellt wird, wobei für ihn ein erschwerender Strafrahmen gilt. Es muß auch dafür Sorge getragen werden, daß gewissermaßen im Vorfeld der Abhörmöglichkeiten eine staatliche Kontrolle erfolgt, damit kein Mißbrauch bezüglich der Abhörgeräte geübt werden kann. Dies ist der Sinngehalt des Entwurfs Drucksache V/1643. Mit diesem Gesetzentwurf soll grundsätzlich festgelegt werden, daß es verboten ist, Abhörgeräte geschäftsmäßig herzustellen, zu vertreiben oder einzuführen. Zukünftig soll es also so sein, daß eine noch zu bestimmende Behörde — nach dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf soll es das Bundesverwaltungsamt sein, darüber läßt sich aber reden — Ausnahmegenehmigungen erteilt, daß aber jeder, der keine Ausnahmegenehmigung vorweisen kann, sich strafbar macht, wenn er zukünftig geschäftsmäßig Abhögeräte herstellt, vertreibt oder einführt. Bezüglich des Gesetzentwurfs Drucksache V/1643 werden ganz fraglos eine Fülle von Problemen aufgeworfen, die — darüber kann man durchaus reden — in diesem Gesetzentwurf vielleicht noch nicht hinreichend gelöst sind. Er stellt eine sicher sehr brauchbare Arbeitsgrundlage für die Beratungen dar. Es muß in den Beratungen noch dafür Sorge getragen werden, daß durch Anhörung von Sachverständigen, aber auch von Vertretern der Industrie und der Wissenschaft einzelne Fragen genauer untersucht und möglicherweise besser gelöst werden. Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, noch ganz kurz einige Sätze zu dem Entwurf, den die FDP-Fraktion vorgelegt hat, sagen. Wenn man diesen Entwurf kritisch untersucht, muß wohl festgestellt werden, daß er sich in einigem von dem Entwurf, den die Koalitionsfraktionen vorgelegt haben, unterscheidet, wenn auch im grundsätzlichen eine klare Übereinstimmung vorliegt. Im Laufe der Beratungen werden diese kleineren Unterscheidungen wohl noch eine Rolle spielen. Es muß aber so viel gesagt werden, daß der Entwurf der FDP-Fraktion die Versuchshandlung nicht unter Strafe stellt, was meines Erachtens eine Lücke darstellt, und zwar deshalb, weil es durchaus Versuchshandlungen geben kann, aus denen heraus zwangläufig einleuchtet, daß sie strafwürdig sind. Denken Sie beispielsweise nur an den Fall, daß ein Abhörgerät bereits in einer fremden Wohnung installiert worden ist, daß es aber auf Grund eines technischen Defekts nicht funktioniert. In diesem Falle ist der gewissermaßen verDr. Müller-Emmert brecherische Wille schon tätig geworden. Nur ist durch einen Zufall, der von dem Täter nicht beeinflußt werden konnte, die strafbare Handlung nicht vollendet worden. In einem solchen Fall müßte sicher auch eine Bestrafung erfolgen. Deswegen sollte auch die Versuchshandlung unter Strafe gestellt werden. Darüber hinaus hat Frau Kollegin Dr. DiemerNicolaus das Problem des unbefugten Abhörens angesprochen. Ich 'will mich darüber nicht näher äußern. Ich möchte nur so viel sagen, daß nach der jetzigen Gesetzessystematik das Wort „unbefugt", das in dem Antrag der Koalition enthalten ist, notwendigerweise aufgenommen werden mußte, weil nämlich die Vorschriften der Verletzung des Briefgeheimnisses und der Verletzung des Berufsgeheimnisses, die jetzt noch geltendes Recht sind, ebenfalls das Wort „unbefugt" enthalten. Darüber hinaus bestehen noch gewisse Sonderheiten bezüglich des Strafmaßes, auf die ich nicht eingehen möchte. Schließlich will ich noch darauf hinweisen, daß der Antrag der FDP-Fraktion das Problem nicht löst, daß ein Beamter, der in Ausübung seines Dienstes abhört, eigentlich in erschwerter Weise bestraft werden muß. Diese einzelnen Punkte werden wohl noch Gegenstand der Beratungen im zuständigen Ausschuß sein, so daß hier weitere Einzelheiten nicht vorgetragen 'zu werden brauchen. Lassen Sie mich zum Abschluß, meine sehr geehrten Damen und Herren, kurz noch eines sagen. Die Gesetzentwürfe, die Ihnen heute zur Beratung vorliegen, enthalten noch eine Lücke, über die man sich in den Ausschüssen auch eingehend aussprechen muß. Frau Kollegin Dr. Diemer-Nicolaus hat hierüber auch schon etwas gesagt. Es geht um die sogenannten unzulässigen Bildaufnahmen. Die Technik ist auch auf dem Gebiet der Infrarotstrahlung so weit fortgeschritten, daß, wie Frau Kollegin Dr. Diemer-Nicolaus schon sagte, es heute ohne weiteres möglich ist, durch dickste Mauern hindurch mit Hilfe der Infrarotstrahlung Fotoaufnahmen zu machen, selbstverständlich solche Aufnahmen auch in der Dunkelheit zu machen. Damit taucht das Problem auf, wie zukünftig das Recht am Bilde geschützt werden soll. Wir haben wohl gute zivilrechtliche Grundsätze, die auf dem Gebiete des Zivilrechtes eigentlich bisher ausgereicht haben. Wenn aber diese Aufnahmetechnik sich weiterhin so entwickelt, daß man Aufnahmen 'in das hinterste Kämmerlein eines einzelnen machen kann, dann ist die automatische Folge, daß man sich überlegen muß, ob man nicht auch unzulässige Bildaufnahmen unter Strafe stellen soll. Es ist sicher notwendig, sich in den zuständigen Ausschüssen auch über diese Frage zu unterhalten. Vielleicht kommt man dabei zu einer allseitigen Einigung. Ich darf abschließend noch kurz zu der Überweisung in die zuständigen Ausschüsse Stellung nehmen. Es wurde schon gesagt, es sei interfraktionell vereinbart, die Anträge Drucksache V/1680 und V/1492, die lediglich Strafrechtsprobleme zum Inhalt haben, dem Sonderausschuß für die Strafrechtsreform zu überweisen. Ich darf dies namens der Koalitionsfraktionen beantragen. Anders ist es bei dem Antrag Drucksache V/1643, mit dem nicht nur Probleme der Strafrechtsreform angesprochen werden. Bei diesem Antrag geht es auch um die Lösung anderer Fragen. Deshalb ist es zweckmäßig, diesen Antrag an den Rechtsausschuß und zu Mitberatung an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen zu überweisen. Ich darf dies beantragen. Zum Schluß darf ich die Hoffnung ausdrücken, daß die Beratungen in den zuständigen Ausschüssen so schnell vorangehen, daß diese fühlbare Gesetzeslücke beschleunigt geschlossen wird. Die Vorlagen sind begründet. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Güde. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. MüllerEmmert hat diesen Antrag als Koalitionsantrag auch für uns begründet. Ich will dieser Begründung keine weiteren Einzelheiten hinzufügen. Ich bin mit seinen Darlegungen im wesentlichen einverstanden. Ich will nur zweierlei sagen, und zwar erstens ein Wort zur Ehre des zur Zeit so viel geschmähten Entwurfs 1962. Es ist geradezu schick, in der deutschen Öffentlichkeit diesen Entwurf 1962 in die Rumpelkammer zu verdammen und zu sagen, er sei alt, aus dem Mittelalter und weiß der Teufel was. Zu seiner Ehre darf ich bemerken, daß die beiden Entwürfe, soweit sie das Strafrecht betreffen, auf dem Entwurf 1962 und den Beratungen der Großen Strafrechtskommission beruhen; die Probleme sind im wesentlichen dort entfaltet, entwickelt und ergründet worden. Das muß man einmal sagen. Ich sage das auch deswegen, weil das der Übergang zu der geschäftsordnungsmäßigen Bemerkung ist, die ich noch machen will. Herr Dr. Wilhelmi als Vorsitzender des Rechtsausschusses und ich als Vorsitzender des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform haben uns abgesprochen, die Sache so zu teilen, wie Herr Dr. Müller-Emmert das soeben vorgetragen hat. Das geschah aus sachlichen Gründen. Die Strafvorschrift, die zu beraten ist, stammt, wie gesagt, aus dem Entwurf 1962. Wir werden sie ohnedies im Laufe unserer Beratungen behandeln müssen. Darum ist es zweckmäßig, daß der Sonderausschuß für die Strafrechtsreform das macht, weil die Strafrechtler naturgemäß im wesentlichen in diesem Ausschuß sitzen. Herr Dr. Wilhelmi ist einverstanden, daß der andere Entwurf in den Rechtsausschuß kommt. Ich schließe mich in dieser Beziehung dem Antrag des Herrn Kollegen Dr. Müller-Emmert an. Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus. Herr Präsident! Meine Kollegen und Kolleginnen! Aus der Frau Dr. Diemer-Nicolaus Begründung der von uns vorgelegten Strafbestimmungen haben Sie schon entnommen, daß wir eine Regelung für notwendig erachten. Wir sind der Auffassung, daß es richtig ist, nicht nur eine neue Strafbestimmung, sondern auch ein Gesetz zur Verhinderung des Mißbrauchs von Abhörgeräten zu schaffen. Wir stimmen deshalb dem Gedanken, der hinter dem Gesetzentwurf auf Drucksache V/1643 steht, in vollem Umfange zu. Es muß sozusagen schon im Vorfeld des Strafrechts sichergestellt werden, daß nicht Geräte hergestellt und vertrieben werden können, die eine derart starke Gefährdung, einen Einbruch in die Intimsphäre und in die Persönlichkeitsrechte ermöglichen. Auf die Problematik ist schon von dem Herrn Kollegen Dr. Müller-Emmert hingewiesen worden. Ich bin der Meinung, daß der Entwurf in verschiedener Hinsicht noch sehr eingehend geprüft werden muß. Zunächst einmal ist festzustellen, daß mit dem restlosen Verbot, Abhörgeräte herzustellen, zu vertreiben oder einzuführen, in eines der Grundrechte — nämlich die Freiheit der Berufsausübung — eingegriffen wird. Ich hatte zu Beginn meiner Ausführungen darauf hingewiesen, daß diese Geräte gegebenenfalls einen sehr nützlichen Zweck haben können, z. B. für die Satelliten oder für die medizinische Forschung, also wirkliche Wunderwerke sind, die einem guten Zweck dienen. Daher muß man sich überlegen, ob man das Verbot in dieser allgemeinen Form aussprechen kann oder ob man sich nicht bemühen müßte, dieses schärfer einzugrenzen. Es ist vorgesehen, daß Ausnahmebewilligungen erteilt werden. Das muß natürlich sein. Gerade wenn man von der Konzeption dieses Gesetzes — einem bedingungslosen Verbot — ausgeht, muß die Möglichkeit geschaffen werden, für berechtigte Fälle eine Ausnahmebewilligung zu erteilen. Ich stimme Ihnen zu, wenn Sie sagen, daß die Ausnahmebewilligungen erteilt werden sollen, wenn derartige Geräte für wissenschaftliche Zwecke hergestellt oder eingeführt werden sollen. Aber die Formulierung, die Sie in § 3 Abs. 1 Nr. 2 haben, ist sehr allgemein: Durch Ausnahmebewilligung kann gestattet werden, . . . 2. Abhörgeräte herzustellen oder einzuführen, wenn die Geräte im Auftrage von Körperschaften oder Anstalten des. öffentlichen Rechts zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben . . . hergestellt oder eingeführt werden. Das ist eine sehr weite Fassung. Ich habe Bedenken, ob man es bei dieser allgemeinen Formulierung belassen kann. Wir müssen in diesem Zusammenhang noch ein anderes Gesetz sehen, das noch nicht dem Bundestag vorliegt, aber schon an den Bundesrat weitergeleitet wurde, nämlich das Ausführungsgesetz zu Art. 10 des Grundgesetzes. Hier geht es darum, ob mit diesen modernen Geräten gegebenenfalls so in das Grundrecht des Art. 10 auch durch die öffentliche Hand eingegriffen werden kann, wie es vielleicht nicht immer wünschenswert ist. Ich darf es ganz konkret sagen: Ich möchte nicht, daß trotz dem Ausführungsgesetz zu Art. 10 doch noch Möglichkeiten für Nachrichtendienste und sonstige Abwehrdienste bestehen, ohne dieses Ausführungsgesetz zu verletzen, mit dieser Ausnahmebewilligung nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 „öffentliche Aufgaben" zu erfüllen. Wir wollen deshalb sehr genau wissen, welche Vorstellungen insofern bestehen. Lassen .Sie mich auch noch auf etwas anderes hinweisen. Bei der Fassung des Gesetzes, mit diesen allgemeinen Formulierungen werden Ausführungsverordnungen notwendig sein, Anweisungen an die Verwaltung, die diese Ausnahmebewilligungen erteilen soll. In diesem Zusammenhang ist auch die verfassungsrechtliche Frage zu prüfen, ob die allgemeinen Formulierungen des Gesetzentwurfs auch dem Art. 80 des Grundgesetzes und der Rechtsprechung hierzu gerecht werden. ' Ich bin mir durchaus bewußt: es ist nicht ganz der Fall des Artikels 80. Aber der Gedanke, daß keiner Exekutive oder Verwaltung Pleinpouvoir zu Rechtsverordnungen gegeben werden soll, sondern sie nach Inhalt, Zweck und Ausmaß durch den Gesetzgeber begrenzt werden müssen, gilt natürlich auch für § 3 Abs. 1 Nr. 2 dieses Gesetzentwurfes. Etwas hat mich noch gewundert, meine verehrten Kollegen von der jetzigen Regierung. Wir bemühen uns im Augenblick im Sonderausschuß Strafrecht doch, alles zu entkriminalisieren. Sie haben in dem Gesetzentwurf Drucksache V/1643 eine Zuwiderhandlung gegen eine Verwaltungsmaßnahme, gegen ein Herstellungsverbot, zu einem Vergehen gemacht, das mit Gefängnis bestraft wird. Auf der anderen Seite enthält der Gesetzentwurf auch Ordnungswidrigkeiten. Soweit es sich um die Ordnungswidrigkeiten handelt, ist Ihr Gesetzentwurf durchaus den Bestimmungen des Ordnungswidrigkentengesetzes angepaßt, das wir zur Zeit behandeln, auch bei den Tagesbußen, in der Möglichkeit, auch gegen juristische Personen Bußen zu verhängen. Wir müssen uns sehr genau überlegen, ob nicht auch die Zuwiderhandlungen, bei denen Sie glauben, eine Gefängnisstrafe verhängen zu müssen, richtiger als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Ich teile die Auffassung, daß dieses Gesetz mit seiner großen verfassungsund verwaltungsrechtlichen Problematik nicht verabschiedet werden kann, ohne daß wir uns eingehend darüber unterrichtet haben, welche Geräte es in Deutschland gibt, wozu sie verwendet werden können und zu welchem Zweck sie bereits hergestellt werden. Das Gesetz muß so gestaltet werden, ,daß es wohl einen Mißbrauch verhindert, aber auch dem wissenschaftlichen Fortschritt und gegebenenfalls auch einer weiteren sachgemäßen wirtschaftlichen Nutzung nicht hindernd im Wege steht. Wir werden die Wirtschaft und andere Organisationen hören müssen. Wer im einzelnen gehört werden muß, wird noch der Überlegung im Rechtsausschuß bedürfen. Grundsätzlich sagen wir auch zu dieser Regelung ja. Es • handelt sich um ein Rechtsproblem, das Frau Dr. Diemer-Nicolaus keinen parteipolitischen Zündstoff enthält, ein Fall, wo wir uns meistens gut verständigen können. Ich schließe die Beratung. Die Vorlagen unter Punkt 7 a und 7 c sollen an den Sonderausschuß für die Strafrechtsreform überwiesen werden, die Vorlage unter Punkt 7 b der Tagesordnung soll an den Rechtsausschuß — federführend — sowie an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — mitberatend — überwiesen werden. — Es ist so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Mühlhan, Moersch, Dorn und der Fraktion der FDP betr. Zuständigkeit im Bereich für Wissenschaft, Bildung und Kunst — Drucksache V/1565 — Der Herr Bundesminister für wissenschaftliche Forschung hat mitgeteilt, daß er durch den Besuch des französischen Wissenschaftsminister Maurice Schuman in Anspruch genommen ist. Die Bundesregierung wird durch den Parlamentarischen Staatssekretär des Bundesministers des Innern, Herrn Abgeordneten Benda, vertreten. Das Wort zur Begründung 'des Antrages hat der Herr Abgeordnete Dr. Mühlhan. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Inhalt des vorliegenden Antrages V/1565, der hier begründet werden soll, ist schon öfter zum Gegenstand von Plenarverhandlungen des Deutschen Bundestages erhoben worden. Die parlamentarischen Auseinandersetzungen, die in diesem Hohen Hause um das Bundeswissenschaftsministerium geführt wurden, sind nämlich so alt wie die Bundesrepublik selber. Sie waren die notwendige Folge eines durch die Gesetzgeber des Grundgesetzes geregelten Tatbestandes, daß nämlich den territorialen Gliedern dieses Bundesstaates die eigene Kulturhoheit verliehen wurde, der amtierenden Bundesregierung aber in Sachen der Kulturpolitik eine gesetzlich verfügte Enthaltsamkeit auferlegt worden war. Ich will nicht an die Odyssee kulturpolitischer Irrfahrten erinnern, die zu überstehen waren, ehe eine allmähliche Institutionalisierung der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern besonders in den durch Art. 74 Nr. 13 des Grundgesetzes angesprochenen Angelegenheiten der Forschungsförderung ermöglicht wurde. Weniger Vernunft und Einsicht als die zwingende Notwendigkeit, unhaltbare Zustände zu ändern, führten zur Bildung des Wissenschaftsrates, zum Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern über die Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der Studienförderung des Honnefer Modells, des Max-Planck-Instituts, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, des Ausbaus der Hochschulen u. a. Im Zusammenhang dieser Entwicklung wurde auch das Bundeswissenschaftsministerium gebildet. Dreizehn Jahre wechselvoller Bemühungen aller Parteien waren notwendig gewesen, ehe die allseitig anerkannte Zweckmäßigkeit dieses Bundesamtes die Einsetzung des ersten Amtsträgers bewirkte. Es hatte sich zur sachgemäßen Erledigung der der Bundesregierung zugewiesenen kulturpolitischen Aufgaben auf die Dauer als unentbehrlich er wiesen. Denn nur durch die Tätigkeit eines für dieses besondere Resort zuständigen und verantwortlichen Ministers war der der Exekutive und Legislative der BRD zugewiesenen Forschungsförderung in vollem Umfang zu genügen. Außerdem hatte es im Kompetenzbereich der Bundesregierung eine bedeutsame Lücke geschlossen. Volle zehn Jahre waren die Einnahmen des Bundes unter Ausschluß der notwendigen Finanzierung gesamtstaatlicher kulturpolitischer Verpflichtungen verteilt worden, so daß mit Fug und Recht der 'Eindruck entstehen konnte, als ob dieses Staatswesen in erster Linie von wirtschaftlichen und sozialen Motiven bewegt wurde. Tatsächlich bewirkte das jahrelange Fehlen dieses notwendigen Bundesressorts, daß im Lebensbereich der Bundesrepublik Deutschland auf kulturpolitischem Gebiet im Gegensatz zur gleichzeitigen Neugestaltung der wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen unseres Volkes weniger erfolgreich gearbeitet wurde. Heute geht es also nicht mehr um die Errichtung dieses Ministeriums, sondern um die Neugestaltung seiner Zuständigkeit. Wenn die Regelung des Verhältnisses zwischen Bund und Ländern in den Fragen der Kulturpolitik große Schwierigkeiten bereitete, immer wieder Kompetenzstreitigkeiten bewirkte, die Lösung dringender gemeinsamer Aufgaben jahrelang verzögerte — z. B. die Universitätsneubauten seit sieben Jahren —, so beruhten diese Gegensätze auf wohlbegründeten, durch das Grundgesetz festgelegten Rechten. Die ungeregelten Kompetenzverhältnisse in der Bundesregierung auf kulturpolitischem Gebiet beruhen auf keinerlei Recht oder sonstigen Notwendigkeiten, sondern allein auf einer unbegreiflichen Vornahme der Ressortverteilung. Seit der Bildung des Wissenschaftsministeriums sind annähernd fünf Jahre vergangen. Nichts wurde bislang unternommen, um die Sachbezogenheit des kulturpolitischen Ressorts herzustellen. Vor allem sind die kulturpolitischen Zuständigkeiten des Innenministeriums weder vernünftig noch zweckmäßig noch notwendig. Der Innenminister ist zuständig für die Angelegenheiten des Bildungsrates. Der Bildungsrat hat sich von Bundes wegen mit der Bildungsplanung und mit Bildungsforschung zu beschäftigen. Das Innenministerium ist weiter zuständig für die Studienförderung durch das Honnefer Modell. Außerdem betreut es den Preußischen Kulturbesitz. Der 'Preußische Kulturbesitz läßt vor allem erkennen, daß der Innenminister in diesen Angelegenheiten wirklich nichts zu bearbeiten hat. Dr. Mühlhan Der museale Bestand des Preußischen Kulturbesitzes besteht aus 'folgenden Abteilungen: der Ägyptischen, Antiken, Islamischen Abteilung, der Ostasiatischen Kunst, der Gemäldegalerie, der Nationalgalerie, dem Museum für Vorund Frühgeschichte, dem Museum für Völkerkunde u. a. Dem Innenministerium sind alle diese Dinge ressortfremd. Das Archäologische Institut in Rom mit seinen Arbeitsbereichen der Ägyptologie, der Archäologie des vorderen Orients und des Perserreichs, der Hetitologie, der Spätantike usw. ist ebensowenig geeignet, im Arbeitsbereich 'des Innenministeriums zu verbleiben. In der letzten „Welt am Sonntag" wurde über das Archäologische Institut in Rom geschrieben und festgestellt, daß die deutsche Archäologie ihre frühere Spitzenstellung eingebüßt und mit großen augenblicklichen .Schwierigkeiten zu kämpfen habe. Mit diesen Schwierigkeiten wird das Wissenschaftsministerium besser fertig als das Innenministerium. Ebensowenig gehört 'das Deutsche Historische Institut in Rom in das Ressort des Innenministeriums. Auch die Preußische Staatsbibliothek würde in der Betreuung des Wissenschaftsministerium besser aufgehoben sein als im Innenministerium. In dem eigentlich zuständigen Ressort des Wissenschaftsministeriums würde sie schneller in geregelte Verhältnisse überführt worden sein, 'als es jetzt geschehen wird. Im Verlauf des Prozesses um diesen Preußischen Kulturbesitz urteilte das Bundesgericht abschließend: Die Bedeutung des Preußischen Kulturbesitzes besteht darin, daß er eine Aufgabe hatte, die den preußischen Sammlungen einen gesamtdeutschen, national-repräsentativen Charakter verlieh. Diese Sammlungen bieten ein in Deutschland einmaliges Gesamtbild der kulturellen und geistesgeschichtlichen Entwicklung des Erdkreises von den Anfängen bis zur Gegenwart. Dieser Beurteilung und Wertschätzung des Bundesgerichts ist nichts hinzuzufügen als höchstens die Frage, warum diese kulturellen und -wissenschaftlichen Einrichtungen dem Bundesinnenminister immer noch unterstehen, obwohl seit fünf Jahren das hierfür zuständige 'Bundesressort des Wissenschaftsministeriums amtiert. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß beispielsweise die Tatsache, daß das Bundeswissenschaftsministerium auf diese Zuständigkeiten zugunsten eines Ministerkollegen in 'der Bundesregierung verzichten muß, auf eine 'besondere Verteilung des politischen Einflusses innerhalb der Regierung selbst zurückzuführen ist. Der Bundeswissenschaftsminister ist wahrscheinlich deswegen nicht in der Lage, die Vereinigung dieser Zuständigkeiten in seinem Ministerium durchzusetzen. Auch aus Gründen der Kollegialität dürfte die Sachbezogenheit des Wissenschaftsressorts berücksichtigt werden müssen. Es ist in diesem Zusammenhang der Hinweis zweckmäßig, daß viele Mitglieder dieser 'Bundesregierung nach ihrer ursprünglichen Berufswahl im 'wissenschaftlichen Arbeitsbereich tätig sein wollten und sind. Ich denke beispielsweise an den Herrn Wirtschaftsund den Finanz-, ebenfalls an den Herrn Familienminister. Auch in diesem Zusammenhang dürfte die Überlegung angebracht sein, ob die Vereinigung der Kulturpolitischen Zuständigkeiten des Bundes in der Hand des Wissenschaftsministers nicht beschleunigt durchgeführt werden könnte. Die Herren der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Rektorenkonferenz, des Wissenschaftsrats, der MaxPlanck-Gesellschaft 'begrüßen ebenfalls eine solche Zusammenlegung der Zuständigkeiten. Für eine zweckmäßige Lösung dieser Frage 'sollten sich alle drei Parteien in gleicher Weise einsetzen. Ich darf 'an ein Wort erinnern, das die CDU einmal in einem Antrag zitiert hat, und zwar an das Wort des preußischen Kultu'smini'sters Becker. Er brachte zum Ausdruck, daß er nur einer Partei angehöre, nämlich der Partei der Bildung. In diesem Sinne sollten sich alle drei Parteien um eine zweckmäßige Regelung bemühen. Das Wort hat Frau Abgeordnete Geisendörfer. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag auf Drucksache V/1565 hat die Fraktion der FDP die Bundesregierung schlicht und lapidar ersucht, alle in den Bereich der Wissenschaft, Bildung und Kunst fallenden Zuständigkeiten des Bundes im Ministerium für Wissenschaft und Forschung zu vereinigen. Das ist unmißverständlich wieder einmal, wie der Kollege Mühlhan selber zugegeben hat, der Ruf nach dem Bundeskultusministerium. Daß ich mich darin nicht irre, geht wohl auch aus dem Beitrag des Kollegen Mischnick in der „Abendzeitung" vom 21. April hervor. Ich will in dieser vorgerückten Stunde nicht die „Odyssee" dieser Diskussion um das Bundskultusministerium, wie Sie es genannt haben, Herr Kollege Mühlhan, und auch nicht die Begründung wiederholen, warum wir dazu nach wie vor nein sagen. Eine ganz andere Frage ist. aber — ich sage das, um nicht mißverstanden zu werden — die Koordinierung verschiedener Aufgaben, die der Bund auf den angesprochenen Gebieten hat. Über eine Neuverteilung der Zuständigkeiten läßt sich durchaus reden und werden ja auch ständig Überlegungen angestellt. — Lassen Sie mich nur weiterreden. Sie haben vorhin von einer Willkür der Ressortverteilung gesprochen. Ich glaube, davon kann man nicht sprechen; diesen Ausdruck möchte ich nachdrücklich zurückweisen. Sie wissen genau, daß gerade vom Wissenschaftsausschuß in der Vergangenheit die stärkste Impulse ausgegangen sind, alle Aufgaben und Maßnahmen des Bundes auf diesen Gebieten zu koordinieren. Es gibt dazu aber andere und der Sache gemäßere Wege als die der automatischen Frau Geisendörfer und. mechanischen Zusammenfassung in einem Ressort. Wir haben bereits den Interministeriellen Ausschuß und das Wissenschaftskabinett. Ich will Ihnen sogar insoweit entgegenkommen, als ich gerne zugebe, daß auch ich es lieber gesehen hätte, wenn das Wissenschaftskabinett schon etwas früher aktionsfähig geworden wäre und die Aufgaben hätte wahrnehmen können, die wir ihm zugedacht haben. Ich habe vorhin davon gesprochen, daß es nicht nur um ein Gespräch über die Verteilung der Aufgaben geht, sondern daß da auch schon ganz konkrete Vereinbarungen erzielt worden sind und immer wieder erzielt werden. Sie wissen, daß die ursprüngliche Festlegung des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums für wissenschaftliche Forschung vom 10. Mai 1963 stammt, daß aber am 13. April 1966 eine neue Vereinbarung getroffen worden ist. Wenn meine Unterlagen stimmen und ich richtig informiert bin, dann ist z. B. gerade die Zuständigkeit für das Deutsche Historische Institut in Rom, das Sie, Herr Kollege Mühlhan, auch zitiert haben, vom Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern der Zuständigkeit des Bundesministeriums für wissenschaftliche Forschung übertragen worden. Insofern haben Sie offene Türen eingerannt: ich glaube, darüber brauchen wir gar nicht zu sprechen. (Zuruf von der FDP: Aber im Parlament muß man natürlich sprechen!)

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510718500
Dr. Max Güde (CDU):
Rede ID: ID0510718600
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510718700
Dr. Adolf Müller-Emmert (SPD):
Rede ID: ID0510718800




(Sehr gut! rechts.)





(Abg. Könen [Düsseldorf] : Sehr richtig!)

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510718900
Dr. Max Güde (CDU):
Rede ID: ID0510719000
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510719100
Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (FDP):
Rede ID: ID0510719200







(Beifall bei der FDP.)

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510719300
Dr. Bernhard Mühlhan (FDP):
Rede ID: ID0510719400

(Sehr wahr! bei der FDP.)





(Beifall.)

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510719500
Ingeborg Geisendörfer (CSU):
Rede ID: ID0510719600

(Zurufe von der FDP.)


(Zurufe von der FDP.)




— Ich bitte Sie, Sie haben eine Forderung aufgestellt, die längst erfüllt ist. Deswegen habe ich gesagt, daß wir über diese Frage heute nicht mehr zu sprechen brauchen.

(Zuruf von der FDP: Dann wäre die Tür schon geschlossen; Sie haben gerade von der offenen Tür gesprochen!)

— Ich habe gesagt, daß diese eine Forderung, die Herr Mühlhan erhoben hat, inzwischen erfüllt ist, und insofern hat er eine Tür eingerannt, Sie können auch sagen: eine geschlossene.
Aber lassen Sie mich ruhig weitersprechen. Sie haben aus meinen bisherigen Ausführungen erkannt, daß ich durchaus bereit bin — Sie kennen ja auch meine Stellung aus den Ausschußverhandlungen —, immer wieder darüber zu sprechen, wenn es von der Sache her notwendig ist, Umverteilungen vorzunehmen. Allerdings bin ich der Meinung, daß die ressortbezogene Forschung auch nicht einfach automatisch in das Wissenschaftsministerium übernommen werden kann. Gerade wegen der engen sachlichen Bindungen an die Aufgaben der einzelnen Bundesressorts sollten die Dinge wirklich bei den jeweils sachlich zuständigen Ressorts bleiben.
In dem Antrag sprechen Sie von einer Übertragung der Zuständigkeit auf dem Gebiete der Kunst auf das Wissenschaftsministerium. Ich glaube, soweit der Bund überhaupt Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Kunst hat — ich weiß nicht genau, wie Sie das definieren, ob das die Institute sind, von denen Sie gesprochen haben —, stehen sie wirklich nicht in so engem Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Forschung, daß die Zuständigkeit nur beim Bundeswissenschaftsministerium zusammengefaßt werden sollte.

(Abg. Moersch meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

— Bitte schön!

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0510719700
Frau Kollegin Geisendörfer, ist Ihnen nicht der Gedanke geläufig, den der Herr Kollege Mühlhan ja hier zum Ausdruck gebracht hat, daß ein Museum gleichzeitig eine Darbietung bildender Kunst ist und natürlich auch der wissenschaftlichen Forschung dient? Das kann man doch gar nicht für verschiedene Ressorts auseinandernehmen! Das ist nur bei uns möglich, und hier klappt es ja auch nicht!

Ingeborg Geisendörfer (CSU):
Rede ID: ID0510719800
Daß ein solches Museum der Forschung im weiteren Sinne dient, darüber sind wir uns alle vollkommen klar. Es ist die Frage, ob es von der Sache her sinnvoll ist, das jetzt zu dem Ministerium für wissenschaftliche Forschung in dem Augenblick hinüberzubringen, wo dieses eine ganz andere Zielrichtung bekommen hat, nämlich die Forschung auf dem naturwissenschaftlichen Gebiet sehr viel stärker weiterzuführen.
Herr Kollege Mühlhan, Sie haben vorhin davon gesprochen, daß der Wissenschaftsminister zu schwach sei, um sich im Kabinett durchzusetzen und diese Zusammenfassung zu erreichen. Ich habe nicht den Eindruck, daß der augenblickliche Bundeswissenschaftsminister solch eine schwache Persönlicheit ist, weder äußerlich noch nach seiner Bedeutung im Kabinett,

(Beifall in der Mitte)

daß wir hier seine Durchsetzungsfähigkeit anzweifeln müßten.

(Abg. Dr. Lohmar: Er ist so stark, daß er nicht einmal nötig hat, hier zu sein! — Abg. Moersch: Der ist vor lauter Schwäche heute gar nicht anwesend! — Abg. Dorn: Sie meinen, die anderen seien zu stark?)

— Ich glaube, daß wir für die Tatsache, daß er heute nicht da ist, Verständnis haben sollten. Ich möchte doch bitten, zu berücksichtigen, daß in dieser Woche aus Gründen, die wirklich nicht in unserer Hand lagen, verschiedene Termine durcheinandergekommen sind.
Da Sie mir gerade das Stichwort gegeben haben, Herr Kollege Lohmar, daß der Minister Stoltenberg mit dem Wissenschaftsminister oder Erziehungsminister aus Frankreich spricht, möchte ich gleich hier etwas sagen, was ich eigentlich am Schluß sagen wollte. Ich bin nicht nur dafür, daß über das Wissenschaftskabinett und den Interministeriellen Ausschuß eine Koordinierung der Aufgaben auf Bundesebene stattfindet. Ich möchte noch sehr viel weitergehen. Wir sollten bei all unseren Gesprächen und Überlegungen davon ausgehen, daß wir zu einer stärkeren Zusammenarbeit auf europäischem Gebiet kommen müssen. Die Mitglieder der Delegationen, die in Frankreich und in England waren, wer-



Frau Geisendörfer
den sich daran erinnern, wie unsere Gesprächspartner in diesen Ländern immer wieder diese Anregung und diesen Wunsch ausgesprochen haben. Im übrigen ist auch heute in der „Welt" dieser Gedanke wieder nachdrücklich begründet und befürwortet worden.
Sie sprachen davon, daß die Länder dazu nicht bereit sind. Ich glaube, wir müssen auch da im Gespräch und in der Zusammenfassung schrittweise vorgehen. Wir haben alle aus der Erfahrung der letzten Jahre gelernt, daß ein Kraftakt auf diesem Gebiet sicher nichts nützt. Nicht etwa nur die Länder, die von der CDU oder der CSU. regiert werden, sondern auch die SPD-Kollegen in den Ländern melden Vorbehalte an und sind nicht ohne weiteres bereit, da einer Zentralisierung und Änderung der gesetzlichen Grundlagen unwidersprochen zuzusehen.
Daher mein Votum, in ständigem Gespräch zu bleiben und die geeigneten und sachgemäßen Mittel und Wege finden, um zu diesem Ziel zu kommen. Ich glaube, es ist notwendig, daß wir im Ausschuß all diese Fragen sehr sorgfältig prüfen, die Sachzusammenhänge zwischen den Forschungsvorhaben der Ressortforschung prüfen und die Funktionen der einzelnen Gremien daraufhin ansehen, ob sie geeignet und imstande sind, ihre Aufgaben zu erfüllen, damit die größtmögliche Effektivität erzeugt wird. Ich glaube, die Fragen sind sehr viel subtiler, als sie hier jetzt aufgezeigt worden sind und als sie in der Kürze der Zeit heute auch dargestellt werden können. Ich möchte deswegen noch einmal den Gedanken betonen, der sich durch alle meine Ausführungen gezogen hat: Koordinierung ja, Kooperation soweit nur irgend möglich, ständige elastische Überprüfung, ob die jetzigen Organisationen mit ihren Zuständigkeiten noch geeignet sind, die Aufgaben wirklich zu erfüllen. Aber ich bin gegen jeden Kraftakt und vor allem gegen die Annahme dieses Antrags und dagegen, alle Zuständigkeiten mit einem Federstrich und etwa mit der Zweidrittelmehrheit des Plenums, die dazu notwendig wäre, jetzt zusammenzufassen. — Sie schütteln den Kopf, Herr Moersch. Wenn es heißt, alle Zuständigkeiten zu vereinigen, — —

(Zuruf von der SPD: Das ist sein gutes Recht!)

— Es ist sein gutes Recht. Ich wollte ihm bloß auf den angedeuteten Zweifel antworten. — Darauf würde das hinauslaufen. Sie wissen selber, wenn Ihnen an einer Koordinierung dieser Aufgaben liegt, dann müssen Sie die Wege beschreiten, die langsam zum Ziel führen, und nicht immer versuchen, den Gedanken des Bundeskultusministeriums durchzudrücken.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dorn: Zeitplanung für das Jahr 2000! — Abg. Ertl: „Keine Experimente" !)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510719900
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Lohmar.

Dr. Ulrich Lohmar (SPD):
Rede ID: ID0510720000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema der möglichst effektiven und vernünftigen Organisation unserer Wissenschaftspolitik ist ein gutes Demonstrationsbeispiel dafür, daß man auch in der Großen Koalition nicht alles auf Anhieb erreichen kann.

(Abg. Dorn: Sie haben aber noch etwas Zeit, bis 1969!)

Ich möchte damit zum Ausdruck bringen, daß ich in der Sache für meine Fraktion heute wie früher die Auffassung vertrete, daß eine Zusammenfassung der Zuständigkeiten der Bundesregierung im Bundeswissenschaftsministerium sachlich vernünftig und sachlich geboten wäre.

(Beifall bei der FDP.)

Ich meine aber, die FPD hätte der Sache — verzeihen Sie, Herr Kollege Mühlhan, diese nicht in der Sache kritische, sondern nur die Formulierungen betreffende Anmerkung — einen besseren Dienst tun können, wenn sie etwas genauer gesagt hätten, worum es ihr im einzelnen geht.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Die Sozialdemokraten haben vor den letzten Bundestagswahlen die drei unserer Auffassung nach wesentlichen Aufgabenbereiche in diesem Rahmen — Wissenschaftsförderung, Ausbildungsförderung und Bedarfsplanung oder Bildungsplanung — genannt, von denen wir meinen, daß sie in der Tat in der Hand des Wissenschaftsministers zusammengefaßt werden sollten. Über andere Gebiete, Randgebiete wie etwa die Kunst, kann man sich durchaus unterhalten. Aber diese drei Punkte, Bedarfs- oder Bildungsplanung, Ausbildungsförderung und Wissenschaftsförderung, stehen in einem so engen sachlichen Kontext, daß sie vernünftigerweise auch in die Hand eines Bundesministers gelegt werden sollten.
Frau Geisendörfer, natürlich haben Sie recht, wenn Sie sagen, daß die beiden interministeriellen Ausschüssen eine Art Notbehelf, ein Versuch gewesen sind, die Kooperation verschiedener Minister in geordnete Bahnen zu lenken.

(Abg. Frau Geisendörfer: Vielleicht sogar ein Schritt auf dem Wege!)

— Ja, wenn man es so interpretieren könnte, daß es ein Schritt auf dem Wege sein soll, wäre ich schon ganz froh. Das wäre in der Tat gut.
Es wäre aber, glaube ich, besser, wenn wir den bürokratischen „Verschiebebahnhof", den das Ganze heute mit den beiden interministeriellen Ausschüssen, dem Wissenschaftskabinett etc. darstellt, etwas entflechten und etwas übersichtlicher gestalten würden. Dies wäre wohl am ehesten möglich, wenn man Herrn Stoltenberg die Zuständigkeiten, jedenfalls in den drei von mir genannten Bereichen, gäbe. In der Sache sind wir also, soweit ich sehe, weitgehend einig.
In der Form des Vorgehens, meine Damen und Herren, muß man leider daran erinnern, daß dies eine Frage ist, in der das Parlament, der Bundestag, seine Auffassung formulieren und nachdrücklich betonen kann; entscheiden kann er diese Fragen nicht, weil sie in die Organisationsgewalt des



Dr. Lohmar
Bundeskanzlers fallen. Im Grunde genommen kann es uns also auch bei den Ausschußberatungen nur darum gehen, ein möglichst überzeugendes Votum gegenüber dem Regierungschef zu formulieren und ihm nahezulegen, seine Organisationsgewalt in einer Weise zu gebrauchen, die die Organisationsformen in der Wissenschaftspolitik, gemessen am Maßstab der Effektivität, vernünftig regelt. Meine Fraktion ist selbstverständlich bereit, in den Ausschußberatungen in diesem Sinne an einer vernünftigen Meinungsbildung mitzuwirken und dem Regierungschef möglichst bald eine solche Empfehlung 2u unterbreiten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510720100
Das Wort hat der Abgeordnete Moersch.

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0510720200
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Freien Demokraten sind den Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion sehr dankbar für die Erklärung, _die soeben hier abgegeben worden ist. Genau das war 'das Ziel unseres Antrages, hier ein Votum des Parlaments, so möchte ich sagen, eine Meinungsäußerung des Parlaments herbeizuführen, keineswegs aber irgendwie die Verfassung zu ändern.
Herr Dr. Lohmar, ich erkenne Ihren Hinweis auf die Genauigkeit des Antrags durchaus an, möchte Ihnen aber sagen, weshalb wir unseren Antrag im Gegensatz zu Ihrem damaligen Antrag nicht so genau gefaßt haben. Wir sind nämlich der Ansicht, daß inzwischen Ereignisse eingetreten sind, die es uns geraten erscheinen lassen, gerade im Wissenschaftsausschuß noch einmal gründlich über die Frage zu reden, ob nicht einige Bereiche über Ihren damaligen Antrag hinaus gewissermaßen im Sinne einer weiteren Kompetenzzusammenfassung geregelt werden müssen, und zwar im Zusammenhang mit der Möglichkeit einer 'europäischen Zusammenarbeit. Wir wollten deshalb keinen eng formulierten Antrag vorlegen, sondern zunächst einmal die Auffassung der Sachverständigen aller Seiten zu der Frage hören, wie die Entwicklung jetzt auch im Zusammenhang mit dem Atomsperrvertrag, mit Euratom und mit einer europäischen Wissenschaftsgemeinschaft weitergeht. Weil wir außerdem der Ansicht sind — das ist nun allerdings etwas, was uns unterscheidet, vielleicht aber künftig nicht mehr —, daß ein großer Teil dessen, was man heute verwaltungsbezogene Forschung oder Ressortforschung nennt, in Wahrheit nicht mehr zu den Ressorts zu gehören braucht, sondern der Übersichtlichkeit wegen in einer Dachorganisation zusammengefaßt werden sollte, um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden, um auch, so möchte ich einmal sagen, eine Ordnung etwa in das System der Honorierung, in das System der Tarife usw. zu bringen — in jenes System, das bisher, etwa bei der Luftfahrtforschung, ja keineswegs übersichtlich war —, wollten wir diesen Weg offenhalten. Mein Kollege Mühlhan hat gerade im Zusammenhang mit dem preußischen Kulturbesitz genügend klargemacht, was wir dabei alles möchten.
Nun, Frau Kollegin Geisendörfer, muß ich doch ein paar Worte zu dem sagen, was Sie hier unterstellt haben. Sie operieren mit dem vagen Begriff des Bundeskultusministeriums, mit dem kein Mensch wirklich etwas anfangen kann, weil sich jeder etwas völlig anderes darunter vorstellt. Diesen Begriff haben wir nicht gebraucht, auch nicht auf unserem Parteitag, auch nicht in unserem Aktionsprogramm, sondern wir haben ganz klar das gesagt, was Herr Dr. Lohmar auch soeben ausgeführt hat, daß nämlich dieses Ministerium für wissenschaftliche Forschung zu einem Ministerium für wissenschaftliche Forschung — eventuell Technik — und Bildungsplanung werden muß. Die Zuständigkeit für den Bildungsrat gehört hier mit hinein, und wir halten es nach wie vor für abwegig, daß Wissenschaftsrat und Bildungsrat nicht nur organisatorisch derartig getrennt sind, sondern auch noch in verschiedenen Ressorts beheimatet sind bzw. ihnen zugeteilt werden. Das ist auf die Dauer einfach nicht sinnvoll, es ist unerträglich. Darum geht es uns.
Wir haben auch genaue Vorstellungen darüber, wie man die Verfassung ergänzen muß, um dem Bund eine Kompetenz etwa für die Forschungsorganisation, die Hochschulorganisation zu geben. Wir glauben sogar, daß man eines Tages auch in der Lehrerbildung zu einer Rahmengesetzgebung des Bundes kommen muß, wobei ich mir allerdings darüber im klaren bin — das muß ich hier offen aussprechen —, daß gewisse Konkordate dem entgegenstehen, weil sie diese Frage ein für allemal festgelegt haben, so z. B. das Niedersachsen-Konkordat in bezug auf die Pädagogische Hochschule Vechta.
Hier sind also objektive Schwierigkeiten vorhanden. Aber den Willen, die Rahmenkompetenz des Bundes zu erweitern, sollten wir meiner Ansicht nach hier ernsthaft vertreten und müssen ihn auch vertreten. Ich glaube, auch in Ihrer Fraktion, Frau Kollegin Geisendörfer, gibt es sehr prominente Sprecher, die das vertreten, die ich allerdings heute hier nicht sehe. Es scheint mir sehr bemerkenswert zu sein, daß Sie als Vertreterin der CSU hierzu gesprochen und uns zunächst unterstellt haben, wir wollten einen Bundeskultusminister. Wir sind uns längst darüber klar, daß eine Schulkompetenz des Bundes, die dieses Kultusministerium haben müßte, schon aus Gründen des Reichskonkordats gar nicht in Frage kommt, weil wir dieses Konkordat auf diese Weise nicht in Kraft setzen wollen. Wir sind statt dessen aber der Meinung, daß man in der Bildungsplanung und vor allem in der Forschungsorganisation die Rahmenkompetenz des Bundes erweitern müßte. Ich sehe aus Ihren Ausführungen, daß offensichtlich innerhalb der CDU/CSU eine Diskrepanz über die Möglichkeiten besteht, die dazu gegeben sind. Das ist auch nicht neu. Die Kollegen von der CDU waren sehr oft zusammen mit der SPD und der FDP der Meinung, die wir in unserem Antrag hier zum Ausdruck gebracht haben. Es ist doch wohl bezeichnend, daß die gleiche Gruppe, die sich in diesem Parlament so vehement für die europäische Zusammenarbeit einsetzt, offensichtlich die Möglichkeit der Zusammenarbeit nicht so sehr hoch



Moersch
einschätzt, wenn es darum geht, die Zusammenarbeit innerhalb der Bundesregierung zu verbessern und innerhalb des Bundes den Bundesstaat stärker zur Geltung zu bringen. Ich sehe darin einen eklatanten Widerspruch zu Ihrer Argumentation, wenn Sie sagen: Bayern zuerst und dann Europa zuerst, der Bund jedenfalls zuletzt. Das scheint mir nicht sehr logisch zu sein.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510720300
Frau Geisendörfer möchte eine Frage stellen. — Bitte!

Ingeborg Geisendörfer (CSU):
Rede ID: ID0510720400
Herr Kollege, haben Sie nicht gehört, daß ich vorhin genau auf die europäische Zusammenarbeit abgestellt habe, daß dieser Gedanke vorhin zum erstenmal von mir ausgesprochen worden ist?

Karl Moersch (FDP):
Rede ID: ID0510720500
Eben, Frau Kollegin Geisendörfer! Gerade deswegen meine ich, daß es ganz unlogisch ist, wenn Sie das so sehr betonen, wenn Sie nicht bereit sind, zunächst einmal die Zusammenarbeit im Bund zu stärken. Wie wollen wir es den Europäern klarmachen, daß wir hier leistungsfähig und kooperationsfähig sind, wenn wir gleichzeitig zeigen, daß wir unfähig sind zur Kooperation innerhalb der Bundesregierung und zur Bereinigung der Organisation selbst. Das können Sie doch niemandem klarmachen. Darum geht es in Wahrheit. Das ist der Bruch in der Logik Ihrer Argumentation.
Ich kann Ihnen sagen, daß uns Ihre Gedanken zu diesem Punkt längst vertraut sind. Sie sind von Herrn Höcherl — damals noch Innenminister, ein wirklich witziger Innenminister; das unterscheidet ihn vielleicht von seinem Nachfolger — schon einmal im Parlament dargelegt worden, bei einer Debatte im Jahre 1962. Das war eine bemerkenswerte Antwort auf eine Große Anfrage der SPD, wie ich glaube.

(Abg. Dr. Lohmar: Wir waren damals die einzigen, die sich mit einer solchen Frage beschäftigt haben!)

— Herr Dr. Lohmar, das Urheberrecht sei Ihnen dankbar zuerkannt. Aber Sie sind durch die Gründe, die Sie zur Bildung dieser Koalition veranlaßt haben, jetzt offensichtlich etwas in Ihren Möglichkeiten gedämpft. Sie haben das vorhin selbst so ausgedrückt. Wir haben da praktische Erfahrungen, und wir könnten Ihnen vielleicht noch manchen kleinen Tip geben, damit Sie nicht allzuviel Lehrgeld zahlen müssen.
Herr Höcherl hat damals gesagt: Die Regierung ist der Auffassung,
— das war die Regierung Adenauer, der die FDP angehört hat, 1962 —
daß die in vielen Ressorts betreute wissenschaftliche Forschung keines besonderen Ministeriums für die Koordinierung bedarf. Die gegenseitige Abstimmung erfolgt in einem interministeriellen Ausschuß unter dem Vorsitz
des Innenministers, in dem alle an der Forschung interessierten Ressorts vertreten sind. Wir gehören nicht zu den Institutionsgläubigen und Organisationsgläubigen. Wir glauben, daß die Lockerung und lose Zusammenarbeit am runden Tisch,
— vor allen Dingen am runden Tisch, möchte ich betonen —
getragen von gutwilligen Kräften,
— das kommt natürlich noch hinzu —
bessere Erfolge erzielt als das der Einzwängungen und des Einpressens in Institutionen und Organisationen.
Ich meine, das ist eine Antwort gewesen, die natürlich nicht befriedigt hat und die übrigens auch, soweit mir bekannt ist, im Kabinett niemals in dieser Form abgesprochen war,

(Hört! Hört! bei der SPD) das möchte ich gleich hinzufügen.

Ein Jahr später aber hat die durchaus gegenteilige Maßnahme dann offensichtlich allgemeine Zustimmung gefunden, nämlich die Gründung des Bundesministeriums für wissenschaftliche Forschung. Das ist sozusagen der Weg von Etappe zu Etappe, den wir hier zurückgelegt haben, auch in der Erkenntnis. Nur: die Sprecherin der CDU/CSU scheint mir doch heute noch sehr stark auf der Basis zu stehen, die Herr Höcherl damals schon relativ einsam in diesem. Parlament 1962 vertreten hat.

(Zuruf der Abg. Frau Geisendörfer.)

— Nun gut; es gibt auch die Echternacher Springprozession, liebe Kollegin Geisendörfer, und die geht bekanntlich zwei Schritte vor und einen Schritt zurück. Ich hatte vorhin den Eindruck, daß Sie jetzt gerade beim Rückschritt sind.

(Zurufe von der Mitte: Aber sie kommt vorwärts!)

— Ich bin da ebensowenig sachverständig wie die Frau Kollegin Geisendörfer, das möchte ich Ihnen, Herr Köppler, gern zugestehen. Aber trotzdem sollte es auch Protestanten erlaubt sein, über die Echternacher Springprozession zu sprechen.

(Abg. Frau Geisendörfer: Aber die Hauptsache ist doch, daß es vorangeht!)

—Gut. Aber jedenfalls meine ich, daß Ihre Gründe, die Sie hier gegen unseren Antrag vorgebracht haben — es war ein deutliches „Ja-aber" dabei —, gar nicht durchschlagend sind, daß .aber vieles, was Sie gesagt haben, eigentlich unseren Antrag geradezu noch unterstreicht.

(Abg. Frau Geisendörfer: Na also!)

Ich möchte die Kollegen von der SPD ebenso wie die Kollegen von der CDU — von denen ich hoffe, daß sich vielleicht doch noch jemand in dieser Sache zum Wort meldet — dringend bitten, daß wir im Ausschuß zu einem klaren Votum in der Sache kommen. Ich hoffe, das wird auch auf diese Bundesregierung nicht ohne Eindruck 'bleiben. Wir 'handeln hier



Moersch
nicht für .den einen oder den anderen oder gegen den einen oder den anderen Minister, wir handeln hier für eine Sache. Wenn wir glaubwürdig darlegen wollen, daß wir aus Euratom künftig eine europäische Wissenschaftsgemeinschaft machen wollen — wie ich hoffe, dann auch mit den Engländern und den Skandinaviern zusammen, die gehören nämlich für mich auch zu Europa und nicht nur die Sechs —, wenn uns das gelingen soll, diese europäische Wissenschaftsgemeinschaft zu schaffen, .die aus Gründen der europäischen wissenschaftlichen Situation dringend notwendig ist .gegenüber den Großen, den Giganten in der wissenschaftlichen Forschung, dann müssen wir jetzt anfangen, in diesem Parlament den Willen zu bekunden, wenigstens unser Haus, nämlich das „Bundeshaus" im weitesten Sinne, die Bundesorganisation in Ordnung zu bringen; dann müssen wir uns klarmachen, daß wir erst dann mit Respekt auf die Länder einwirken können, zu einer besseren Zusammenarbeit zu kommen, wenn wir hier einmal klare Kompetenzzen geschaffen haben. Und dann wird es uns auch möglich sein, Gesprächspartner einer europäischen Zusammenarbeit zu sein.
Wer also von Europa spricht, kann gar nicht umhin, unseren Antrag in diesem Sinne zu unterstützen.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510720600
Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium des Innern.

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510720700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht auf die Fülle von Einzelfragen eingehen, die von den Damen und Herren, die sich an der Diskussion beteiligt haben, aufgeworfen worden sind, sondern nur noch einige grundsätzliche Bemerkungen anfügen.
Ich möchte, Herr Kollege Moersch, jetzt nicht die Frage wiederholen, welche Motive hinter dem FDP-Antrag stecken, ob es sich nicht doch um die berühmte Frage der Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiete der Kulturpolitik, um ein Bundeskultusministerium, oder wie immer man es nennen mag, handelt. Sie haben das beinahe im selben Satz von sich gewiesen als ein Ihnen, wie Sie meinten, unterstelltes Motiv; und im gleichen Satz, wenn ich mich richtig entsinne, haben Sie die Erweiterung der Rahmenkompetenz des Bundes auf diesem Gebiet gefordert. Das kann man also nennen, wie man will — dann ist das also ein Ministerium für die erweiterten 'Rahmenkompetenzen des Bundes oder so etwas. Es ist eine Frage de's Etiketts, nicht der Sache. Ich würde von mir aus jedenfalls meinen, daß man in 'dieser Stunde auf diese Frage überhaupt nicht eingehen sollte. Insoweit liegt kein Antrag hier vor. Zur Beurteilung des Hintergrundes des gegenwärtig zur Debatte stehenden Antrages mag das von Bedeutung sein; aber im übrigen scheint es mir nicht so sehr fruchtbar zu sein, hier über einen Antrag, der dem Hause gar nicht vorliegt, sondern allenfalls in der Zukunft einmal zur Erörterung steht, weiter zu diskutieren.
Nun habe ich sowohl von Herrn Kollegen Dr. Mühlhan als auch von Herrn Kollegen Moersch die Behauptung gehört, es gebe innerhalb ,der Bundesregierung auf dein Gebiete, das uns beschäftigt, unklare Kompetenzen. Herr Kollege Dr. Mühlhan hat sogar davon gesprochen, daß die Unordnung der Kompetenzverhältnisse innerhalb der Bundesregierung sehr groß sei, daß das Bundes'innenm'inisterium eine Reihe von Sachgebieten habe, die ihm vollkommen sachfremd seien.
Ich darf demgegenüber sagen, daß die Behauptung, die Kompetenzverhältnisse seien unklar, sicherlich falsch ist. Es ist eindeutig klar, welche Sachgebiete in welchem Haus bearbeitet werden. Es ist also nicht eine Frage der Klarheit oder Unklarheit.

(Zuruf des Abg. Dr. Lohmar.)

— Herr Kollege, wenn wir uns über eine Sache verständigen wollen, wollen wir uns zunächst sprachlich zu verständigen versuchen.

(Abg. Ertl meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

— Sofort. Ich darf nur noch meinen Gedanken zu Ende bringen.
Sie können argumentieren — und darüber können wir im Einzelfall reden —, daß die Regelung, so wie sie ist, unzweckmäßig ist. Daß etwas unklar sei, kann man höchstens für die Behauptung sagen, daß das' Deutsche Historische Institut in Rom noch dem Bundesinnenministerium unterstellt sei. Soweit liegt eine Unklarheit vor, aber nicht innerhalb der Bundesregierung, sondern bei Ihnen. Seit Anfang 1966 untersteht es nämlich der Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums nicht mehr. Darüber gibt es innerhalb der Bundesregierung bei den beteiligten Ressorts keine Unklarheit.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510720800
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Ertl!

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510720900
Bitte schön, Herr Kollege.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0510721000
Herr Staatssekretär, stimmen Sie dann dem zu, daß es sich hier um eine klare Zersplitterung handelt?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510721100
Ich wollte gerade auf die Frage der Zweckmäßigkeit 'zu sprechen kommen. Sie können also argumentieren — ich brauche das ja nicht alles zu wiederholen —, dies sei aus den und jenen Gründen unzweckmäßig oder es würde zweckmäßigerweise anders gemacht. Aber unklar ist gar nichts. — Bitte schön!

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510721200
Herr Dr. Mühlhan!




Dr. Bernhard Mühlhan (FDP):
Rede ID: ID0510721300
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß das Innenministerium der Bundesrepublik das einzige Innenministerium der Welt ist, das in einem solchen Ausmaß, wie es jetzt beim Bundesinnenministerium der Fall ist, kulturpolitische Kompetenzen hat?

Dr. Ernst Benda (CDU):
Rede ID: ID0510721400
Ich bin sehr dankbar für den Hinweis, Herr Kollege. Sie haben vorhin die Fähigkeit der Bediensteten des Bundesinnenministeriums, sich etwa mit der Frage der Archäologie oder mit verwandten Gebieten zu befassen, in Zweifel gezogen. Um zu beweisen, daß wir auch dazu fähig sind, haben wir in den Archiven herumgekramt und uns u. a. Ihre Rede von 1966 vor diesem Hohen Hause im Rahmen der Aussprache über die Regierungserklärung noch einmal vorgenommen. Ich erwähne sie deshalb, weil Sie dieselbe Behauptung, die jetzt in Ihrer Frage zum Ausdruck kommt, damals schon aufgestellt haben. Wir sind ihr selbstverständlich nachgegangen 'und haben festgestellt, daß die Behauptung, die Ihrer Frage zugrunde liegt, falsch ist. Um nur ein Beispiel zu nennen: Innerhalb der Schweizer Bundesregierung ressortieren alle kulturellen Angelegenheiten beim Departement des Innern.

(Abg. Moersch: Die haben einen Staatenbund!)

So ist die Situation. Die Unterstellung, von der Sie ausgehen, ist eben nicht richtig, und wahrscheinlich sind die Folgerungen, die Sie daraus ziehen wollen, auch nicht zutreffend.

(sie ressortieren, genau am richtigen Platze; das wird niemand ,ernsthaft bestreiten. Ich möchte das noch etwas allgemeiner sagen. Ich möchte gar nicht das Problem der formalen Berechtigung dieses Hauses, die Frage zur Entscheidung zu stellen, aufwerfen. Herr Kollege Lohmar hat mit Recht darauf hingewiesen, daß dies an sich eine Frage der Organisationsgewalt innerhalb der Bundesregierung ist. Ich bestreite diem Hohen Hause nicht das Recht, sich hierüber Gedanken zu machen und diese Gedanken vorzutragen. Das ist ebenfalls unibestritten. Ich möchte nur etwas vor der Vorstellung warnen — sie ist mir sympathisch, weil sie ein Zeichen für Ordnungsliebe ist —, als ob Sachprobleme dann schon geklärt wären, wenn man Ressortsund Kompetenzfragen immer wieder neu sortiert. Man muß über eine Reihe von Kompetenzfragen sicher immer mal reden. Sie wissen, daß bei jeder Neubildung der Bundesregierung Fragen der Geschäftsverteilung zur Diskussion stehen. Aber, verehrter Herr Kollege Dr. Mühlhan, in der Sache wird zunächst einmal gar nichts gefördert und gar nichts erreicht, wenn man die Diskussion immer und immer wieder nur um eine organisatorisch wichtige, aber für das Sachproblem im Grunde zweitrangige Frage führt, nämlich die Frage, wo das hingehört. Das Entscheidende auf den Gebieten, die Sie erwähnt haben — auch auf so speziellen Gebieten 'wie meinetwegen Archäologie und Ägyptologie; ich weiß nicht, welche Einzelbeispiele Sie noch gegeben haben —, ist natürlich, daß die Leute vor Ort, die die Aufgabe konkret bearbeiten, die richtigen sind. Die Frage, unter welchem Dach das zusammengefaßt wird, ist zwar vom Organisatorischen her wichtig; aber sie ist, wie ich glaube, doch eine zweitrangige Frage. Ich darf zum Abschluß sagen, daß ich es im Grunde nicht für sehr sinnvoll halte — es bringt uns nämlich der Lösung der Sachprobleme nicht näher —, immer wieder die Frage der Kompetenzverteilung aufzuwerfen. Als meinen Beitrag zur Sache möchte ich — wie immer man sich über Einzelfragen unterhalten mag — folgendes sagen, und das glaube ich nicht nur für mein Haus, sondern für die anderen beteiligten Ressorts der Bundesregierung sagen zu können, zwischen denen über diese Frage Übereinstimmung 'besteht. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß es im Bereich der Bundesregierung ein Ressort geben muß, 'das für die nach dem Grundgesetz dem Bund unterstehenden und zustehenden Aufgaben auf dem Gebiet der Kulturpolitik verantwortlich ist. Ich schließe die Aussprache. Ist das Haus mit der Überweisung an den Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik — federführend — und an den InnenVizepräsident Dr. Dehler ausschuß sowie den Auswärtigen Ausschuß zur Mitberatung einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf: a)


(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510721500



b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes
— Drucksache V/1517 —
Eine Aussprache wird nicht gewünscht.
Beim Punkt 8 a) soll nach dem Überweisungsvorschlag des Ältestenrates der Auswärtige Ausschuß federführend sein. Dem Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen und dem Ausschuß für Entwicklungshilfe sowie dem Haushaltsausschuß — gemäß § 96 der Geschäftsordnung — soll die Vorlage zur Mitberatung überwiesen werden. Bei dem Achten Gesetz zur Änderung des Zollgesetzes soll die Überweisung an den Ausschuß für Mittelstandsfragen und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung erfolgen. — Das Haus ist mit den Überweisungsvorschlägen des Ältestenrates einverstanden; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes
— Drucksache V/1601 —
Eine Aussprache wird nicht gewünscht. Ist das Haus mit der Überweisung an den Ausschuß für Gesundheitswesen — federführend - und den Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen einverstanden? — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 10 der Tagesordnung:
Erste Beratung der von der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe eines
a) Gesetzes zu dem Internationalen Übereinkommen vom 2. Dezember 1961 zum Schutz von Pflanzenzüchtungen
b) Gesetzes über den Schutz von Pflanzensorten (Sortenschutzgesetz)

c) Gesetzes über den Verkehr mit Saatgut (Saatgutverkehrsgesetz)

— Drucksache V/1630 —
Eine Aussprache wird nicht gewünscht. Der Ältestenrat schlägt die Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — federführend — an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung und gemäß § 96 der Geschäftsordnung sowie an den Rechtsausschuß zur Mitberatung vor. — Das
Haus stimmt den Überweisungsvorschlag des Ältestenrates zu.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Durchführungsgesetzes EWG Milch und Milcherzeugnisse und des Durchführungsgesetzes EWG Getreide
— Drucksache V/1623 —
Eine Aussprache wird nicht begehrt. Der Ältestenrat schlägt die Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — federführend — und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen zur Mitberatung vor. — Dem Überweisungsvorschlag wird zugestimmt.
Ich rufe den Punkt 12 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Ertl, Dr. Effertz, Logemann, Wächter, Reichmann, Walter und der Fraktion der FDP betr. schnelle Behebung von Sturmschäden in Privat- und Staatswaldungen
— Drucksache V/1558 —
Das Wort zur Begründung des Antrags hat der Abgeordnete Ertl.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0510721600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als dieser Antrag vorgelegt wurde, gab es zur selben Zeit eine Reihe von Kleinen Anfragen, eine Anfrage der CDU/CSU, und immer wieder hat die Regierung dazu erklärt, sie werde die Situation, die sich aus den Sturmschäden ergibt, prüfen und auch geeignete Maßnahmen vorschlagen. Wir als Freie Demokraten halten es daher für sinnvoll, daß dieser Antrag nun der Bundesregierung Gelegenheit gibt, noch einmal konkret Schritte einzuleiten, um der deutschen Forstwirtschaft in einer schwierigen Situation zu helfen.
Als die Sturmschäden im Februar eintraten, war auch auf dem forstlichen und insbesondere dem holzwirtschaftlichen Sektor die Situation bereits weitgehend durch rote Zahlen gekennzeichnet, und zwar nicht nur im privaten Bereich, sondern auch in weiten Bereichen der Staatsforste. Nun kam der Sturmschaden mit über 10 Millionen Festmetern, die — wenn Sie durch das Land ziehen, stellen Sie das fest — heute noch zum Teil liegen, noch nicht einmal aufgearbeitet sind, und zwar ebenso in Schleswig-Holstein wie in Baden-Württemberg oder in Bayern. Wir meinen, daß es im Sinne der Zielsetzung der neuen Bundesregierung — „Es wird regiert", „es wird gehandelt!" — Zeit ist, daß Maßnahmen ergriffen werden. Deshalb haben wir hier eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet, die sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluß sind und die in den Ausschußberatungen noch in Einzelheiten zu diskutieren sein werden, die aber nach unserer Meinung einen Weg zeigen, um die schwierigsten Situationen zu beheben.
Wir schlagen zunächst vor, zu prüfen, inwieweit
die Importe von Holz und Holzprodukten, die ohne-
hin ausreichend im Bundesgebiet oder durch die



Ertl
Sturmkatastrophen außerplanmäßig zur Verfügung stehen, gestoppt werden können. Mit Recht wird man sagen: Das läßt sich mit unserer Handelspolitik nicht vereinbaren, schon gar nicht mit der sich jetzt öffnenden Ostpolitik. Wir anerkennen die Schwierigkeiten. Wir haben ja auch gesagt: die Bundesregierung möge prüfen. Wir wissen aber, daß beispielsweise Ungarn auf einem anderen Sektor entgegengekommen ist. Als wir mit Rindern Absatzschwierigkeiten hatten, haben sich die Ungarn von sich aus verpflichtet, zwei Monate lang stillzuhalten. Ich bin der Meinung, daß man in dieser Frage zu einer Entscheidung kommen muß und daß es sicher auch Möglichkeiten gibt, hier zumindest den deutschen Markt in der jetzigen Situation nicht durch Importe zusätzlich zu belasten. 50 % des bei uns verarbeiteten Holzes kommt aus Importen. Daher spielen die Holzimporte hier eine sehr entscheidende Rolle.
In diesem Zusammenhang hat die Bundesregierung von sich aus Schritte unternommen, den Export zu fördern. Wir begrüßen diese Maßnahmen, wären aber auch sehr dankbar, — —

(Zuruf.)

- Ich bin ja kein Fraktionsvorsitzender und kann mich nicht einmal beschweren! Nicht ein einziges Mitglied dieser Regierung ist noch hier! Aber ein Abgeordneter, der bis nach Bayern fahren muß, muß noch um 1 Uhr hier sein!

(Zuruf von der SPD: Jeder Abgeordnete kann sich beschweren!)

Wir begrüßen es, daß die Bundesregierung die Exportförderung beabsichtigt hat. In diesem Fall wäre es interessant, von der Regierung zu hören, welche Ergebnisse diese Bemühungen bisher gebracht haben und inwieweit auch im EWG-Bereich Schritte für den Holzabsatz und ähnliches eingeleitet werden, beispielsweise bei jenen Ländern, die eine Unterbilanz in Holz haben, z. B. Italien.
Wir haben als zweites vorgeschlagen, die Frage der Tarife im Verkehr und insbesondere der Tarifbenachteiligung zu prüfen. Mir liegen Unterlagen vor, wonach die Bundesregierung beispielsweise im Rahmen des deutsch-tschechoslowakischen Gütertarifs einen Sondertarif für Faserholz eingeräumt hat, der sich so auswirkt, daß der Festmeter Faserholz aus der Tschechoslowakei um rund 3 DM begünstigt wird gegenüber den Transporttarifen für deutsches Holz. Hier besteht natürlich weiß Gott eine Benachteiligung. Man müßte wenigstens zu einer Regelung dahin kommen, daß die Tarife für deutsches Holz die gleichen sind wie die für Importhölzer. Diese Frage müßte von der Bundesregierung im Benehmen mit der Bundesbahn geprüft werden, und es müßte hier endlich etwas unternommen werden.
Ich möchte mich wegen der knappen Zeit nicht auf die Frage des Güterverkehrs, auf die Nahverkehrszone und solche Einzelheiten einlassen.
Wir haben in einem dritten Punkt vorgeschlagen, gegebenenfalls zinsverbilligte Kredite zur Verfügung zu stellen. Die Bundesregierung erklärt, das sei Ländersache.
Man könnte daran denken, daß man auch im Rahmen des Grünen Planes Möglichkeiten findet, um zumindest sicherzustellen, daß das Holz, das jetzt nicht zum Markt gebracht werden kann, nicht völlig verfault.
Etwas Ähnliches gilt natürlich auch für die Schädlingsbekämpfung. Nicht zuletzt stellt sich das Problem: Sind überhaupt genügend Arbeitskräfte zur Aufarbeitung da? Als ergänzende Maßnahme wäre ein befristeter Erlaß des Lastenausgleiches in Betracht zu ziehen.
Es stellt sich ferner die Frage, wie wir Holz bei öffentlichen Bauten besser verwenden können, ein Problem, das dieses Hohe Haus schon wiederholt, aber, wie ich meine, mit nicht sehr großem Erfolg und ohne wesentliches Ergebnis beschäftigt hat. Mir ist berichtet worden, daß beim Bau des großen NATO-Hauptquartiers, das eben in Brüssel vollendet worden ist, wobei wir über 50 % der Kosten getragen haben, nicht daran gedacht worden ist, in sehr starkem Maße auch Holz zu verwenden. Auch bei Bauten der Bundeswehr wäre es manchmal nicht nur sinnvoller, sondern auch für die Förderung der einheimischen Forstwirtschaft dienlicher, wenn man an Stelle von Beton das Holz verwenden und es nicht ganz vergessen würde.

(Zuruf.)

— Für den Brand spielt Holz heute keine Rolle mehr.

(Zuruf von der CDU/CSU: Aussiedlerhöfe!)

— Auch beim Aussiedlerhof, eingeräumt, und dergleichen mehr!
Ich möchte nur am Rande erwähnen: es wäre gerade in diesem Zusammenhang die Frage zu prüfen, inwieweit die Gasöl-Betriebsbeihilfe auf die Forstwirtschaft angewendet werden könnte.
Lassen Sie mich eine Schlußbemerkung machen. Man könnte ja leicht fragen: Ist das alles so sehr notwendig, ist es überhaupt sinnvoll, brauchen wir das? — Nun, die Fragen sind nicht nur für den Waldbesitzer von Interesse, sondern auch für die Allgemeinheit. Ich habe im März im Feuilleton der „Welt" einen sehr interessanten Artikel von Germain Bazin, dem Direktor des Louvre, gelesen. In dem Artikel schrieb er, daß unsere Erde zur kahlgefressenen Kugel zu werden droht. Er wies darauf hin, daß die große Unwetterkatastrophe in Florenz nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, daß dort durch Devastierung, durch ständige Abholzung der Forsten gesündigt wurde. Italien hat heute stark unter der Erosion zu leiden, die auf die viel zu starke Abholzung der dortigen Waldungen zurückzuführen ist.
Wir sollten daher unsere Forstwirtschaft lebens- und leistungsfähig halten. Angesichts einer Naturkatastrophe besonderen Ausmaßes ist es die Pflicht des Parlaments wie der Regierung, nach Wegen zu suchen, durch die auf die Dauer die größten Schwierigkeiten vermieden werden. Es müssen aber auch



Ertl
Möglichkeiten eröffnet werden, daß unsere Forstwirtschaft in Zukunft ihren Auftrag als Teil unserer Landwirtschaft, aber auch für die Gesundheit unserer Luft und des Wasserhaushalts, darüber hinaus aber auch als wertvoller Teil unserer Volkswirtschaft erfüllen kann. Daher sollte die Bundesregierung besonders darangehen, mit tatkräftigen Maßnahmen mitzuhelfen, die Schwierigkeiten zu beheben.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510721700
Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat der Abgeordnete Stooß.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510721800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist bedauerlich, daß .wir hier ein Thema unter Zeitdruck behandeln müssen, das wichtig genug wäre, ausführlich besprochen zu werden.

(Zurufe von der SPD: Ausschuß!)

Aber weil die Uhr schon ziemlich vorgerückt ist, möchte ich mich nur auf die wichtigsten Punkte beschränken.
Zur Aussprache steht die Katastrophe, die in den letzten Februartagen und im März über den deutschen Wald gekommen ist, verursacht durch die orkanartigen Stürme. Etwa 10 Millionen Festmeter Holz wurden in deutschen Waldungen — von den Alpen bis zur dänischen Grenze — geworfen. In den letzten Jahrzehnten haben wir nur eine solche Katastrophe gehabt. Das war schon im Jahre 1940. Damals sind insgesamt 16 Millionen Festmeter im ganzen Reichsgebiet Sturmholz angefallen.
Bei den Schäden in diesem Frühjahr liegt der Schwerpunkt im südwestdeutschen Raum. Allein in Baden-Württemberg sind 5 Millionen Festmeter geworfen worden. Hinzu kommt in unserem Land noch ein Sturmschaden vom letzten Jahre in Höhe von 0,5 Millionen Festmetern. Aber auch in Bayern, in Hessen und in Schleswig-Holstein sind schwere Sturmschäden entstanden.
Diese Lage hat zu Initiativen einer Anzahl Abgeordneter dieses Hauses geführt. Wie uns bekanntgeworden ist, sind schriftliche Vorstellungen beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erhoben worden. Mündliche Anfragen sind gestellt worden; ich habe selber eine solche gestellt. Eine Kleine Anfrage ist von den Kollegen Bewerunge, Dr. Reinhard, Bauer (Wasserburg) und Bauknecht eingebracht worden. Schließlich ist uns noch der Antrag unterbreitet worden, der heute zur Behandlung steht, der Antrag der Kollegen Ertl, Dr. Effertz und anderen.

(die Kleine Anfrage, in der auch der Beschluß des Bundeskabinetts vom 15. März 1967 enthalten ist, Drucksache V/1599. Deshalb möchte ich zur Lage selber nicht mehr viel sagen, sondern nur das eine, daß sie sich in den letzten Wochen weiter verschärft hat. Der Holzmarkt ist völlig verstopft. Wir haben einen Preisverfall, wie wir ihn seit langem nicht mehr gehabt haben. Man kann sagen, der ganze Holzmarkt ist in völliger Unordnung. Einige Bemerkungen zu den möglichen Maßnahmen zur Behebung. Natürlich hat der Waldbesitz erkannt, daß er zunächst zur Eigenhilfe greifen muß. Das ist tatkräftig geschehen, und zwar seitens der verschiedensten Arten des Waldbesitzes, aber auch im Zusammenwirken mit allen forstlichen Organisationen. Ich möchte hier im besonderen den Deutschen Forstwirtschaftsrat, aber auch die Forstverwaltungen in den Ländern und nicht zuletzt die Forstämter in den einzelnen Ländern erwähnen. Seitens dieser Stellen ist alles Mögliche getan worden, um mit der Lage fertig zu werden, vor allem soweit es um die entschlossene Aufbereitung des Sturmholzes geht. Die Kräfte sind zusammengefaßt eingesetzt worden. Darüber hinaus haben die Forstämter eine gute beratende und Betreuungstätigkeit in bezug auf Aufbereitung, Lagerung und Verkauf des Holzes durchgeführt. In diesem Zusammenhang darf ich feststellen, hier hat sich wieder einmal gezeigt, daß wir in Deutschland ein sehr gut ausgebildetes Forstpersonal haben, das in der Lage ist, auch einer solchen Situation bestmöglich gerecht zu werden. Es sei mir erlaubt, in dieser Stunde und in diesem Hohen Hause unseren Forstbeamten, die so tatkräftig eingegriffen und sich in dieser Katastrophenlage bewährt haben, aber auch den Waldarbeitern herzlichen Dank zu sagen. Meine Damen und Herren, mit diesen Selbsthilfemaßnahmen allein können wir (die Lage, wie sie sich entwickelt hat, nicht meistern. Wir benötigen die Hilfe und Unterstützung des Bundes und der Länder. Man kann wohl sagen — ich möchte es dankend und lobend hervorheben —, daß auch die Länderregierungen in den letzten Wochen eine große Aktivität entfaltet haben. Sie haben Maßnahmen der verschiedensten Art ergriffen. Das ist sogar ihre Pflicht, das sollen sie tun. Ich darf vor allem auf mein Heimatland Baden-Württemberg hinweisen, das meines Erachtens sehr beispielhafte Maßnahmen ergriffen hat. Im besonderen möchte ich hervorheben, daß die Holzverwendungserlasse, die die Landesregierung an die einzelnen Ministerien ergehen ließ, größte Beachtung verdienen. Ich möchte der Meinung sein, daß dies eine Sache ist, wo die Bundesregierung in derselben Weise vorgehen sollte. Wir halten weitere Maßnahmen des Bundes für unbedingt notwendig. Ich möchte in diesem Zusammenhang dankbar anerkennen, daß sich die Bundesregierung mit der Lage befaßt hat. Sie hat auch einen Beschluß gefaßt, den wir kennen. Er ist auf Drucksache V/1599 verzeichnet. Zu diesem Beschluß der Bundesregierung wäre allerdings sehr vieles zu sagen, Positives und auch Negatives. Die handelspolitischen Maßnahmen, die die Bundesregierung trifft, sind zwar schön und gut, aber meines Erachtens ungenügend. Sie bedürfen unbedingt einer Ergänzung. Denn wir sind der Meinung, daß jedenfalls die Exportländer durch freiwillige VerStooß einbarung nicht dahin zu bringen sein werden, sich auf die nötigen Exportbeschränkungen einzulassen, die bei unserer heutigen Situation unter allen Umständen notwendig wären. Wenn dieser Antrag in den Ausschüssen behandelt wird, hat man sich gerade über diese handelspolitischen Maßnahmen, über einen eventuellen befristeten Einfuhrstopp sehr eingehend zu unterhalten. Die Regierung wird uns dann zu sagen haben, wie sie die Dinge sieht, welche Möglichkeiten gegeben sind. Auf alle Fälle sind wir der Meinung, daß bis zum letzten zu prüfen ist, ob in dieser Hinsicht nicht mehr zu erreichen ist, als bis jetzt vorgesehen und geschehen ist. (Zuruf von der Mitte: Das kann man doch alles im Ausschuß klären; das braucht doch nicht 'hier zu geschehen!)


(Beifall auf allen Seiten.)




— Jawohl, Herr Kollege. Deshalb will ich auch gar nicht im 'einzelnen die Maßnahmen erwähnen. Es wäre sehr viel dazu zu sagen. Aber darauf möchte ich doch noch hinweisen, daß verkehrspolitische Maßnahmen der verschiedensten Art für den Abtransport des Holzes von ,allergrößter Bedeutung sind. Ich will auch sie, Herr Kollege, hier nicht aufzählen. Man müßte auch dazu Verschiedenes erwähnen. Ich bin gern bereit, im Ausschuß dazu
eingehend zu sprechen.
Eine Frage möchte ich noch aufgreifen, die vorhin schon angesprochen worden ist. Es drängt sich in dieser Situation die Forderung auf, der Forstwirtschaft die Dieselkraftstoffverbilligung in gleichem Maße einzuräumen wie der Landwirtschaft.
Abschließend: Wir halten auch Beihilfen und Zinsverbilligungen für die Aufarbeitung und Verarbeitung des Sturmholzes und für die Wiederaufforstung abgeholzter Flächen für unbedingt notwendig. Auch darüber soll eingehend im Ausschuß gesprochen werden. Ich hoffe, daß wir dann zu Beschlüssen kommen, die bei der katastrophalen Lage, die wir heute in der Forstwirtschaft und auf dem Holzmarkt haben, wirksam genug sind. Jedenfalls ist durch die Sturmkatastrophe im Wald und in der Forstwirtschaft eine Lage entstanden, der nur durch die Zusammenfassung aller Kräfte und aller Maßnahmen des Waldbesitzes und der Forstverwaltungen der Länder, vor allem aber auch durch die Maßnahmen des Bundes, wirksam zu begegnen ist. Es geht hier nicht nur um den Wald und um die Forstwirtschaft, sondern hier wird das Allgemeininteresse berührt. Der deutsche Wald muß so erhalten werden, daß unser Volk in Stadt und Land auch in Zukunft die Segnungen des Waldes in jeder Hinsicht genießen kann.

(Beifall.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510721900
Das Wort hat der Abgeordnete Dröscher.

Wilhelm Dröscher (SPD):
Rede ID: ID0510722000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich entschuldige mich nicht dafür, daß ich jetzt fünf Minuten zu diesem Problem reden werde; denn für jede Minute, die wir in diesen Jahren der entscheidenden Weichenstellung in der Forst- und
Waldwirtschaft zuwenig hier im Bundestag reden, werden wir Monate und Jahre diskutieren müssen, wenn wir jetzt versäumen, die eingetretenen Schäden zu beheben.

(Beifall bei der SPD.)

Was durch den Sturm geschehen ist, das ist, wie wenn 'der Blitz eingeschlagen hätte; und in dem Licht dieses Blitzes sehen wir nun, was in der Forstwirtschaft auf uns zukommt, wenn wir erst beginnen, uns näher mit diesen Fragen zu beschäftigen.
Wer wie ich selbst und wie viele Kollegen durch sein kommunales Amt Tausende von Hektar Wald zu verwalten hat oder als Eigentümer darüber verfügt, weiß, daß wir in der zweiten industriellen Revolution, in dieser Phase des Wirtschaftens, in eine ganz andere, in eine sich nicht mehr oder kaum noch verändernde schwierige Situation hinsichtlich des ökonomischen Ergebnisses des Waldes hineingeraten sind und daß gerade in einer solchen Lage Schäden, wie sie jetzt katastrophenartig gekommen sind, in die Substanz eingreifen und an vielen Orten nicht mehr zu reparieren sind, wenn nicht das große Ganze gesehen und von der Allgemeinheit her geholfen wird. Insofern begrüßen wir diesen Antrag der Freien Demokraten. Alles, was dazu zu sagen ist, werden wir natürlich im Landwirtschaftsausschuß sagen müssen; aber vielleicht werden wir auch in andere Ausschüsse gehen müssen; denn gerade die Verkehrs- und Transportfragen spielen in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle.
Ich will mich darauf beschränken, hier zwei oder drei Gedanken, die in diesem Zusammenhang wichtig sind, herauszustellen, gewissermaßen als Einleitung für die Diskussion, die wir in den Ausschüssen haben müssen. Um dieses konkrete Problem der Sturmschäden in den Ausschüssen behandeln zu können, muß man vorausstellen, daß es nur ein Teil einer umfassenden Frage ist, die wir in der gesamten deutschen Wirtschaft, in der Volkswirtschaft, aber auch — ich möchte beinahe sagen — im Sinne unserer Volksgesundheit und der Gesunderhaltung von Wasser, Luft und allen diesen Dingen lösen müssen. Wir werden jetzt mit der Nase darauf gestoßen, daß hier etwas geschehen muß, und wir sollten vielleicht einmal in einem anderen Zusammenhang eine ausgedehnte Diskusison dieser Frage in diesem Hause haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Andere Völker haben das, was sie versäumt haben, in unseren Tagen schon bitter bezahlt. Nicht nur in Kalifornien, nicht nur in Italien besteht doch dieses Problem, es besteht eigentlich in der ganzen Welt. Wir sind deshalb in den Jahren gut davongekommen, weil die ökonomischen Leistungen des Waldes in diesem Volk, das so ungeheuer viel aufgebaut hat, den Wald sich selbst finanziell tragend gehalten haben.
Aber wir sind jetzt an einer Wende. Die zweite industrielle Revolution faßt auch diese Primärproduktion des Holzes an und verändert ihre Voraussetzungen. Wir müssen mit den Ländern darüber reden, was in der Verwaltung vereinfacht, verbilligt



Dröscher
werden kann; denn in der Forstverwaltung bleiben im Gegensatz zu den Waldarbeitern, wo heute wirklich rationell gearbeitet wird und wo man glänzende Leistungen vollbringt — das ist hier schon herausgestellt worden —, entscheidende Möglichkeiten zur Verbesserung der ökonomischen Bedingungen. Darüber hinaus muß dann auch, wenn das gelöst ist, klargestellt werden, wie man die Wohlfahrtswirkung des Waldes honorieren will. Auch das ist eine der Fragen.
Meine Damen und Herren, die Probleme, die hier im Antrag der Freien Demokraten gemeint sind — wir hatten übrigens die ganze Frage der Forstwirtschaft schon in unserer Kleinen Anfrage im. Januar dieses Jahres eingebracht —, sind in der Tat mit einer vernünftigen Regelung des Imports, die mit unseren Außenpolitikern und mit unseren Wirtschaftspolitikern sehr hart umkämpft werden wird, in einen — ich möchte einmal sagen — gewissen Einklang zu bringen.
Zum anderen müssen wir darauf achten, daß wir helfen können, wenn wir in der Frage der Verfrachtung ein bißchen die Weichen stellen. Da ist ja der Schwarzwald, und da sind die marktfernen Gebiete, denen im Wege des Fernverkehrs über die Achse — sie haben ja kaum Anschlußgleise für die Bahn — unter Umständen in einer solchen Zeit mit günstigeren Bedingungen geholfen werden kann. Man müßte die Frage klären, ob das nasse Holz jetzt gewogen transportiert werden kann oder ob man nicht in einer Übergangszeit, um konkurrenzfähig zu bleiben, nach Kubikmetern transportieren kann. Alle diese Dinge sollten da behandelt werden; es ist hier nicht der Platz, das zu tun. Wir wollen es an den Ausschuß überweisen, wollen uns aber vornehmen — ich glaube, das sollte diese blitzlichtartige Erhellung der Situation uns aufgeben —, in absehbarer Zeit einmal hier vor dem Hohen Hause die Lage unserer Forstwirtschaft sowie die Wohlfahrtswirkung des Waldes insgesamt ausführlich zu diskutieren.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510722100
Wir können die Aussprache schließen. Die vorgesehene Überweisung ist akzeptiert? — Es ist so beschlossen.
Punkt 13 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Ramms, Wendelborn, Schmidt (Braunschweig) und Genossen
betr. Sicherheit im Verkehr
— Drucksache V/1573 —
Vorgeschlagen ist die Überweisung an den Verkehrsausschuß. — Es ist so beschlossen.
Punkt 14 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Müller-Hermann, Lemmrich, Holkenbrink
und Genossen eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Förderung der Verbesserung
der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden
— Drucksache V/1175 —
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Könen.

Willy Könen (SPD):
Rede ID: ID0510722200

(CDU/CSU, der stellvertretende Vorsitzende ist der Abgeordnete Willy Könen von der SPD. Ich habe das hier deshalb gesagt, damit endlich einmal schwarz auf weiß im Protokoll zu lesen ist, daß es diesen Ausschuß gibt, nicht etwa um hier die hartnäckigen Parlamentarier, die durch ihre Anwesenheit beweisen, daß sie hartnäckige Parlamentarier sind, darüber zu belehren. Ich stelle den Antrag, die Drucksache V/1175 dem Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung Städtebau und Wohnungswesen zur Mitberatung zu überweisen. Nun bin ich in einer etwas verzwickten Lage, Herr Präsident. Ich würde dazu Ausführungen machen, wenn ich wüßte, daß Widerspruch erfolgt. Wenn es die Geschäftsordnung zuläßt: könnten Sie vielleicht, Herr Präsident, einmal so zwischendurch feststellen lassen, ob es zu einem Widerspruch kommt? Ich könnte mir gegebenenfalls die Ausführungen sparen. — Geht nicht? Es besteht die Schwierigkeit, daß wir im allgemeinen nur an drei Ausschüsse überweisen, und wir kommen jetzt durch Ihren Antrag zu vier Ausschüssen, Verkehrsausschuß, Finanzausschuß, Haushaltsausschuß und Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen. Dann darf ich darauf aufmerksam machen, daß in den vergangenen Jahren unsere Wünsche auf Ausschußüberweisung mit der Begründung, die auch hier der Herr Präsident eben bekanntgegeben hat, meistens abgelehnt wurden. Ich will mir trotzdem ersparen, Ihnen zu sagen, warum das aufhören muß und warum das nicht so weitergehen kann. Das würde in dieser Stunde ein bißchen zu weit führen. Es kommt nachher noch einmal so etwas, bei Punkt 16. Ich bitte also herzlich darum, die Vorlage zur Mitberatung an diesen Ausschuß für Kommunalpolitik usw. zu überweisen. Eine weitere Aussprache wird nicht gewünscht. Es liegt der Überweisungsvorschlag des Ältestenrats vor: Verkehrsausschuß, Finanzausschuß, Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 der Geschäftsordnung. — Insoweit Einverständnis des Hauses. Dann haben wir den Antrag des Herrn Abgeordneten Könen, daß auch der Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und WohnungsVizepräsident Dr. Dehler wegen mutberaten soll. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Es ist so beschlossen. Tagungsordnungspunkt 15: a)

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510722300
Willy Könen (SPD):
Rede ID: ID0510722400
Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510722500



— Drucksache V/1452 —
b) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes
— Drucksache V/1622 —
c) Beratung des Antrages der Abgeordneten Dr. Schmidt (Wuppertal), Bading, Mertes, Elbrächter und Genossen
betr. steuerliche Regelung für Elektrofahrzeuge
— Drucksache V/1638 —
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Erhard.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0510722600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Situation in diesem Saale legt den Gedanken nahe, man befände sich in einer Rednerschule gleich Demosthenes. Der Blick nach rechts auf die Regierungsbank beweist, wie wichtig der Regierung mindestens mit ihren Vertretern die Debatte in diesem Hause über Gesetzesvorschläge der Fraktionen und von Gruppen ist.

(Abg. Ertl: Die Aktentasche da ist die Regierung! — Weitere Zurufe.)

Das alles soll uns — ich möchte an meinen Herrn Vorredner anschließen und sagen: die hartnäckigen Parlamentarier — aber nicht hindern, trotzdem über Sachfragen zu beraten, die nicht mit wenigen Worten abgetan werden können, die unmittelbar mehr als 10 Millionen Kraftfahrzeughalter betreffen und die wegen all der Fragen, die damit zusammenhängen, von der Gesundheit bis zur Sicherheit auf der Straße, die ganze Bevölkerung angehen.

(Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

Der Gesetzesvorschlag, der von einer Gruppe von CDU-Kollegen eingebracht worden ist, enthält fünf Vorschläge zur Änderung der Kraftfahrzeugsteuer, erstens, den Personenlinienverkehr von der Kraftfahrzeugsteuer ganz, nicht nur halb, wie zur Zeit, freizustellen, zweitens, den Grenzeingangsverkehr beim Güterkraftverkehr an die deutschen Steuersätze für die inländischen Unternehmer anzugleichen, drittens die Steuer, die für Tage entsteht, an denen sich der deutsche Güterkraftverkehr mit seinen Fahrzeugen nicht auf deutschen Straßen, sondern im Ausland abwickelt, von einer bestimmten Grenze an zurückzuerstatten, viertens die Einführung eines Leistungsfaktors, also einer Steuerermäßigung im Lkw-Verkehr bei größerer Leistung im Verhältnis zum Gesamtgewicht und fünftens — das Wichtigste — die Änderung der Bemessungsgrundlage im Pkw-Verkehr.
Ich möchte mir einige Vorbemerkungen erlauben, damit kein Mißverständnis entsteht. Der Gruppenantrag ist bewußt Gruppenantrag und nicht Fraktionsantrag. Denn eine so schwierige Materie kann nur in engem Zusammenwirken von Bundestag und Regierung ausgewogen geregelt werden, weil der Bundestag nicht über so viele statistische Hilfsmittel verfügt wie naturgemäß eine umfangreiche Bürokratie. Diese offizielle Zusammenarbeit soll aber nicht hinter den Fraktions- und Ministerialtüren geschehen, sondern fraktionsoffen im Ausschuß erfolgen. Deswegen braucht man den Gruppenantrag.
Die Frage der Steuerhöhe, wegen derer der Entwurf wiederholt in der Öffentlichkeit angegriffen worden ist, ist eine völlig untergeordnete Frage. Es ist nicht beabsichtigt, die Steuer zu erhöhen, sondern es ist lediglich beabsichtigt, die wesentlichen Grundlagen für die Steuer zu ändern. Für die Steuerhöhe muß man ein ausgewogenes System erarbeiten. Wir waren der Meinung, daß das ausgewogene System vorsehen muß, daß nicht große Gruppen besser verdienender Kraftfahrzeughalter geschont werden, also bei der Änderung des Systems weniger Steuer bezahlen müssen, und daß nur die Kleinen mehr Steuer zahlen müssen. Wenn man die Kleinen bei einer Änderung des Systems schon belasten muß, dann sollte man die Mittleren — das ist die große Mehrheit — jedenfalls nicht schonen.
Der nächste Punkt meiner Vorbemerkung betrifft das Inkrafttreten. In dem Gesetzentwurf steht, daß das Gesetz erst em 1. Januar 1969 in Kraft treten soll. In der Begründung ist ein kleiner Druckfehler enthalten. Es heißt dort am Ende: 1968. Das ist aber nicht beabsichtigt, wie sich aus der Gesetzesformulierung klar ergibt.
Der letzte Punkt meiner Vorbemerkung. Die Kraftfahrzeugsteuer fließt in die Länderkassen und nicht in die Bundeskasse. Die Länder haben allesamt einen bestimmten Schlüssel — in unterschiedlicher Höhe — für die Beteiligung der Gemeinden hinsichtlich ihres Straßenbaus vorgesehen, so daß die Länder seit 1963 mit Sicherheit mehr an Straßenbaumitteln ausgegeben haben, als sie an Kraftfahrzeugsteuer eingenommen haben. Ich wünschte, wir könnten das für den Bund bei der Mineralölsteuer in absehbarer Zeit auch erreichen.
Einige wenige Gedanken zu den einzelnen Punkten.
Zu Nr. 1 Die Entlastung des Personenlinienverkehrs ist schon von der Bundesregierung in der Drucksache IV/3602 auf Seite 17 als erforderlich und wünschenswert bezeichnet worden. Wir stoßen hier also offene Türen ein. Leider hat aber seit dem Jahre 1964, also seit der Zeit, wo die Bundesregierung das erklärt hat, keine entsprechende Gesetzesvorlage den Bundestag erreicht.
Zu Nr. 2. Die wachsende Wettbewerbsverzerrung ist sehr beachtlich. Der ausländische Güterverkehr nimmt auf deutschen Straßen in einem außerordentlich großen Ausmaß zu. Während wir im Jahre 1966 eine Steigerung des Aufkommens beim deutschen Güterfernverkehr in Höhe von 0,2 % hatten, lag die Zuwachsrate beim ausländischen Güterkraft-



Erhard (Bad Schwalbach)

verkehr auf deutschen Straßen bei über 13% und in den Jahren davor stets beim Drei-, Vier-, ja beinahe Fünffachen des Zuwachses des eigenen Verkehrs. Deswegen müssen die Sätze der Eingangsabgabe für den grenzüberschreitenden Verkehr auf die Höhe der deutschen Kraftfahrzeugsteuersätze angehoben werden. Die Wettbewerbsentzerrung läßt sich allerdings nicht allein durch die Eingangsabgabe, wie sie auch in dem Antrag der CDU unter dem Buchstaben b gefordert wird, bewerkstelligen, sondern muß. auch über die Rückerstattung der Kraftfahrzeugsteuer vorgenommen werden.
Die Direktionen Verkehr und Wettbewerb der EWG-Kommission haben in einer Zusammenstellung vom 28. Juni 1966 darauf hingewiesen, daß die Niederlande, Belgien und Frankreich eigene gesetzliche Regelungen getroffen haben, die z. B. in den Niederlanden eine Steuerrückerstattung von bis zu 58 %, in Belgien bis zu 60 % vorsehen. Die mit Gesetz vom 6. Januar 1966 getroffene französische Regelung tritt erst am 1. Januar 1968 in Kraft und wird dann den Güterkraftverkehr von mehr als 3 t generell von der Kraftfahrzeugsteuer freistellen. Dänemark hat eine Regelung — natürlich außerhalb der EWG — vorgenommen und eine Steuerrückerstattung bis zu 50 % gesetzlich vorgeschrieben, so daß unsere Unternehmen alle entsprechend benachteiligt sind. Das soll abgeschafft werden.
Zu Nr. 4. Der Leistungsfaktor, d. h. die Prämie für höhere Leistungen im Verhältnis zum Gesamtgewicht bei den gewerblichen Fahrzeugen ist etwas schwieriger und umstrittener. Wir schlagen vor eine Steuerermäßigung um je 5 % für jede Pferdestärke je Tonne Gesamtgewicht, die über das, was als Mindestmaß vorgeschrieben ist, erreicht wird. Das ist eine sehr vorsichtige Regelung, aber vielleicht ein Anreiz, um die größeren Kräfte nun doch in die einzelnen Fahrzeuge einzubauen. Außerdem soll es ein Anreiz dafür sein, daß die Turbinen als Antriebskräfte schneller und besser entwickelt werden, daß man sich hier die Erfahrungen von Amerika zunutze macht und daß außerdem nicht allzu viele sehr schwere und überschwere Fahrzeuge weiterhin auf unseren Straßen zu sehen sein werden. Wenn man nämlich die Zahlen über Herstellung und Verkauf dieser schweren Fahrzeuge betrachtet, dann kann man mit großer Überraschung feststellen, daß bei genereller Abnahme der neuzugelassenen Fahrzeuge im ersten Vierteljahr 1967 bei den überschweren, also mehr als 16 t schweren Fahrzeugen eine Zunahme gegenüber dem vorigen Jahr von rund 10% eingetreten ist. Es muß sich also immer noch sehr lohnen, sehr schwere Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. Ob das volkswirtschaftlich sinnvoll ist, ist eine Frage, die wir zu beantworten haben. Ich bin der Meinung, daß es volkswirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Darüber werden wir zu diskutieren haben. Wir müssen dabei auch der Frage nachgehen, ob es richtig ist, daß der schwere Lastwagen etwas höher besteuert wird als seither. Das muß man natürlich im Ausschuß klären. Nach dem Gesetzentwurf würden jedenfalls die schweren Kraftfahrzeuge, also die ganz schweren Lkw, höher besteuert, weil sie den Rabatt nicht erreichen können. Wir würden uns mit dieser Regelung den Vorstellungen anschließen, die dazu auch außerhalb unserer Grenzen entwickelt worden sind. Ich erinnere an den ASHO-Test in Amerika. Ich erinnere an den zur Zeit in Frankreich laufenden Test, bei dem sich schon jetzt ganz ähnliche Ergebnisse abzeichnen, wie sie in Amerika festgestellt wurden. Ich erinnere weiter daran, daß die überschweren Lastwagen an tödlichen Unfällen prozentual am stärksten beteiligt sind. Auch das ist ernsthaft in die Überlegungen einzubeziehen.
Diese vorsichtige Regelung sieht jedenfalls nicht vor, was Dr. Deischl vorgeschlagen hat. Dr. Deischl hat in dem vorliegenden Entwurf zu einer Kraftfahrzeugsteueränderung eine Progression wesentlich höherer Art und auch einen wesentlich geringeren Rabatt vorgeschlagen. Wir sind dem nicht gefolgt. Der Vorschlag des Herrn Dr. Deischl würde z. B. bedeuten, daß für Fahrzeuge, die bei 20 t Gesamtgewicht mehr als 10 PS je Tonne Gesamtgewicht auf die Straße bringen, 6300 DM Kraftfahrzeugsteuer gezahlt werden müßten, während nach unserem Vorschlag nur 3625 DM an Jahressteuer entstünden. Bei Fahrzeugen, die das nicht erbringen, würde das Verhältnis sogar 7875 DM : 4530 DM betragen.
Wir befinden uns mit unserem Vorschlag nicht in allerbester, aber doch in guter Gesellschaft. Wir sind auch wesentlich vorsichtiger gewesen, als es in dem verkehrspolitischen Programm der SPD für den 5. Bundestag ausgesprochen worden ist. Ich darf daran erinnern, daß in diesem verkehrspolitischen Programm für den 5. Bundestag zu lesen steht, daß der Sechstonner-Lkw nur zirka ein Drittel seiner Abnutzungskosten zahlen würde, der Lkw mit 32 t sogar nur 15 % seiner Abnutzungskosten, und es ist ausdrücklich in zwei Punkten die Forderung aufgestellt, die Kraftfahrzeugsteuer so zu ändern, daß der Lkw stärker belastet und der Pkw entlastet werde.
Das Problem ist vielschichtig. Ich darf außerdem daran erinnern, ,daß in Amerika so schwere Lastwagen wie bei uns überhaupt nicht — wenigstens nicht von der Achslast her — zugelassen werden und daß der Präsident Johnson vor dem Kongreß vor nicht allzu langer Zeit zu diesem Problem, als die höheren Achslasten gefordert wurden, erklärt hat, er sei dazu nicht bereit; es stehe fest, daß die schweren Lastwagen nicht vollständig die zusätzlichen Kosten trügen, die durch die Befestigung der Straßen und andere besondere Erfordernisse dieses Verkehrs entstehen.
Die fünfte und entscheidende Frage bei der Begründung ist die Bemessungsgrundlage. Die Hubraumsteuer als Bemessungsgrundlage wird allgemein abgelehnt. Darin sind sich, soweit ich erkennen konnte, alle Parteien und Gruppen einig. Die Hubraumsteuer hat nach allen wissenschaftlichen Unterlagen, die mir zugänglich sind — und zwar seit Jahren zugänglich sind —, mindestens sechs schwere Nachteile: erstens beeinflußt sie den Verkehrsfluß nachteilig, zweitens ist sie nachteilig für die Verkehrssicherheit, drittens erhöht sie die Verkehrs-



Erhard (Bad Schwalbach)

geräusche, viertens vermehrt sie die Luftverunreinigung und erschwert die Luftreinhaltung, fünftens hat sie keine Beziehungen zur Straßenbenutzung und -abnutzung und sechstens stellt sie ein Hindernis für die technische Entwicklung dar.
Die CDU hat seit Jahren in den verschiedensten Gremien die Abschaffung der Hubraumsteuer gefordert. Die SPD hat, soweit ich das feststellen kann, seit 1956, dem Kongreß in Hamburg, 1961 in Stuttgart, 1964 in Pforzheim und im verkehrspolitischen Programm für den 5. Bundestag jeweils die Abschaffung der Hubraumsteuer verlangt. Es wäre reizvoll, vorzulesen, mit welch deutlichen Worten das gefordert wurde: dieses heiße Eisen müsse, wenn niemand den Mut dazu habe, dann eben von der SPD-Fraktion angegriffen werden. Ich halte das für sehr richtig, ich unterstütze das und unterstreiche das. Bitte — wir haben jetzt die Gelegenheit, nicht nur vor dem Parlament zu pfeifen, sondern jetzt im Parlament zu sagen, woran wir sind und was wir wirklich wollen.
Professor Nordhoff hat auf der Jahreshauptversammlung im vergangenen Jahr zu diesem Problem erklärt:
Da eine Begrenzung des Hubvolumens durch das bei uns gültige Steuersystem der Forderung nach Entgiftung der Abgase direkt entgegengesetzt wirkt, wird man das Hubvolumen als Steuerbemessungsgrundlage verlassen müssen, wenn man es mit der Entgiftung der Abgase ernst meint.
Er hat noch weitere Dinge gesagt; in diesem Zusammenhang ist es nicht notwendig, es zu zitieren.
Leider hat aber bisher keine Fraktion und keine Partei wirklich gesagt, was denn an die Stelle der Hubraumsteuer treten soll. Man kann aber nicht einfach sagen: „Die Hubraumsteuer muß weg!", ohne zu sagen, was an ihre Stelle treten soll. Das zu sagen, ist nicht leicht; es erfordert eine sorgfältige wissenschaftliche Durchforschung. Diese ist inzwischen abgeschlossen. Es liegt darüber ein sehr umfangreiches Gutachten von Herrn Professor Koeßler vor. Es haben sich viele andere dazu geäußert. Es ist nun, nachdem die Sache wissenschaftlich durchleuchtet und abgeklärt ist, Sache der politischen Entscheidung, welches System man an die Stelle der Hubraumsteuer setzen will. Da können wir nicht darauf warten, daß uns der Wissenschaftler das letzte an Entscheidungen abnimmt. Wir werden es entscheiden müssen. Wir werden uns darüber 'im klaren sein müssen, daß ein System, wie auch immer es gewählt wird, niemals ganz ohne Mängel sein wird. Es gibt kein System, gegen das nicht auch gewisse Bedenken geltend zu machen wären. Da ist die Abgrenzung und das Abwägen notwendig. Wir haben den Vorschlag gemacht. Wir haben ihn nicht völlig von Dr. Deischl übernommen.
Mitglieder der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft haben auf Drucksache V/466 die Bundesregierung gefragt, was sie auf diesem Gebiet zur Verminderung der Unfälle, des Lärms und der Luftverpestung zu tun gedenke und ob sie bereit sei, die Kraftfahrzeugsteuer zu ändern. Dann werden konkrete Vorstellungen geäußert, wie und auf welcher Grundlage die Änderungen erfolgen sollten, nämlich bei den Personenwagen und Dreiradkraftfahrzeugen nach der Motorleistung progressiv gestaffelt und nach dem Platzbedarf des Fahrzeugs. Die Bundesregierung hat darauf auf der Drucksache V/525 im vorigen Jahr geantwortet und hat gegen die zweite Komponente, nämlich die Motorleistung,
Bedenken erhoben.
Wir haben diese Bedenken berücksichtigt und haben deshalb von 50 PS an aufwärts kleinere Stufen in der PS-Besteuerung gewählt, um keinen Anreiz zu geben, von beispielsweise 60 oder 65 PS Motorleistung unter 50 PS zurückzugehen, sondern einen Anreiz zu geben, an die nächsthöhere Grenze heranzukommen. Diese Vorstellungen, die die Interparlamentarische Arbeitsgemeinschaft entwickelt hat, haben wir abgewandelt. Um die sicherlich vorhandenen Unebenheiten, auch die allzu starken Steuererhöhungen, die sich in weiten Bereichen ergeben würden, zu vermeiden, haben wir die Stufen kleiner gewählt.
Dadurch ergibt sich nach dem vorliegenden Entwurf, daß in dem gesamten Mittelbereich der Kraftfahrzeuge nur eine ganz geringfügige Steuererhöhung einträte, natürlich eine unterschiedliche Erhöhung, weil die Kraftfahrzeuge heute nicht auf der Grundlage dieses Vorschlags, sondern anders konstruiert sind. Nur so wird vermieden, daß in der Kraftfahrzeugbesteuerung eine unsoziale Struktur ensteht, nämlich daß der Kleine belastet, der Mittlere entlastet und der Große noch mehr entlastet wird.

(Abg. Winkelheide: Das ist doch Stoff für den Ausschuß!)

— Herr Kollege Winkelheide, wir beschäftigten uns in diesem Parlament auf anderem Gebiet mit Fragen, die ganz sicher noch eher in den Ausschuß gehören als dies hier, für das Sie dies vorschlagen. Es gehört nicht alles in den Ausschuß.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510722700
Herr Kollege Erhard, vielleicht darf ich bemerken, daß im Ältestenrat eine Begründung dieser Anträge nicht vorgesehen war. Sie haben sich offensichtlich nicht mit ihrer Fraktionsführung in Verbindung gesetzt. Es ist dem Ältestenrat nicht mitgeteilt worden, daß die Anträge, noch dazu in dieser breiten Form, begründet werden sollten.

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0510722800
Herr Präsident, dann erlaube ich mir als Hinterbänkler in diesem Hause — —

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510722900
Hinterbänkler gibt es nicht. Herr Kollege Erhard, es gibt keine Hinterbänkler in diesem Hause. Alle Abgeordneten haben gleichen Rang.

(Beifall.)


Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0510723000
Nun, was es gibt, Herr Präsident, darüber möchte ich mit



Erhard (Bad Schwalbach)

Ihnen natürlich nicht streiten. Ich akzeptiere Ihren Einwand. Aber, Herr Präsident, die Methodik, wie man einen Gruppenantrag behandelt, könnte und sollte vielleicht auch einmal im Präsidium erwogen werden. Jedenfalls ist das eine Sache, die, wenn man sonst das Parlament oder andere Parlamente kennt, nicht ohne weiteres überzeugt.
Ich darf mir erlauben fortzufahren. Es sind andere Vorschläge für die Bemessungsgrundlage gemacht worden, vor allem vom Verband der Automobilindustrie. Es wird das Gesamtgewicht vorgeschlagen. Zur Zeit gibt es nirgends auf dieser Erde eine Kraftfahrzeugsteuer, die das Gesamtgewicht für den Pkw als Bemessungsgrundlage hätte. Das wäre kein Grund, das Gesamtgewicht nicht zu befürworten. Aber ich darf darauf hinweisen, daß Herr Professor Koeßler sich sehr eingehend mit dem Gesamtgewicht als Besteuerungsgrundlage beschäftigt und es abgelehnt hat.

(Abg. Windelen: Die Regierungsbank ist wieder besetzt, Herr Kollege!)

— Ich habe gesehen, daß ein Staatssekretär gekommen ist.
Dr. Deischl hat das Gesamtgewicht als Besteuerungsgrundlage mit sehr eingehender Begründung ebenfalls abgelehnt, und weiter haben die Kraftfahrzeugüberwachungsvereine es schon 1964 abgelehnt, weil die Verkehrssicherheit dadurch gefährdet würde. Der Deutsche Touring Automobilklub hat neben anderen die Gewichtsbesteuerung ganz klar abgelehnt. Die Gegenüberstellung der verschiedenen Vorschläge ist hochinteressant, und man sollte sich damit beschäftigen. Ich will es mir ersparen, näher darauf einzugehen.

(Beifall.)

Trotz der aus dem Entwurf resultierenden Steuererhöhung, die nicht Prinzip und die nicht notwendig ist, würde für einige Fahrzeuge sogar eine Steuerermäßigung eintreten, z. B. für den BMW 2000 und für den Opel Kadett. Wenn man die Steuer geringfügig im Ansatz ändert — z. B. um 10 DM —, erreicht man eine wesentliche Steuerentlastung, allerdings nicht zugunsten der Großen; denn die würden nach wie vor erheblich höher besteuert sein.
Ich darf Ihnen hier ganz wenige Zahlen vorführen. Der BMW 700 würde nach unserem Vorschlag bei einer geringfügigen Änderung mit 120 DM besteuert sein. Nach dem derzeitigen Steuersatz beträgt die Steuer 101 DM. Nach dem Gewichtsbesteuerungsvorschlag der Automobilindustrie würde die Steuer 132 DM betragen. Beim Fiat 600 beträgt die heutige Steuer 116 DM. Nach unserem leicht abgewandelten Vorschlag würde sie 120 DM betragen und beim Vorschlag des Verbandes der Automobilindustrie auch 120 DM. Beim Mercedes 300 SE ist jetzt eine Steuer von 432 DM zu zahlen. Nach unserem Vorschlag würden 680 DM und nach dem Vorschlag des Verbandes der Automobilindustrie nur 269 DM zu zahlen sein. Ich bitte das zu beachten. Hier kommt etwas, was wir nicht als
gerechtfertigt ansehen, sehr deutlich zum Ausdruck.

(Zuruf von der Mitte: Wir können doch auch lesen! Das steht hier doch alles drin! — Abg. Könen [Düsseldorf]:: Aber noch nicht im Protokoll!)

Die hier vorgeschlagene Bemessungsgrundlage ist vorsichtig und wohl überlegt gewählt. Sie enthält dennoch einige Unebenheiten.
Nun zu den politischen Erwägungen, die gegen eine Änderung geltend gemacht werden. Es wird vorgeschützt, die EWG müsse eine einheitliche Regelung finden, und man könne nicht so schnell und kurzfristig wiederum Änderungen vornehmen. Wenn wir jetzt Änderungen vornähmen, müßten wir in kurzer Zeit wegen der EWG-Vereinbarungen neue Änderungen vornehmen.
Ich weiß, daß die Kommission bereits am 20. Mai 1963 vorgeschlagen hat, die Kraftfahrzeugsteuer mit Wirkung vom 1. Januar 1966 und die Mineralölsteuer mit Wirkung vom 1. Januar 1969 zu vereinheitlichen. Der Bundestag hat schon am 30. April 1964 die Bundesregierung gebeten, darauf hinzuwirken, daß die damals vorgesehenen Fristen abgekürzt werden. Es wurde gleichzeitig darauf hingewiesen, daß auch die Bemessungsgrundlage, die Sätze und die Höhe vereinheitlicht werden müßten. Das Europäische Parlament hat erst kürzlich die Einführung einer einheitlichen Kraftfahrzeugsteuer mit Wirkung ab 1. Januar 1968 verlangt.
Wir wissen, daß auf Referentenebene seit Herbst des vorigen Jahres bei der EWG nach einer Vereinheitlichung gesucht wird. Die Voraussetzungen dazu sind aber erst so weit gediehen, daß mit einer Vereinheitlichung in absehbarer Zeit überhaupt nicht zu rechnen ist. Für die Bemessungsgrundlage der Kraftfahrzeugsteuer, die Anlastung der Wegekosten ist ein Zeitplan vorgesehen, der überhaupt erst Ende 1969 zu technischen Ergebnissen führen kann. Erst dann kann die Vereinheitlichungsregelung überhaupt in Angriff genommen werden.
Der EWG-Ministerrat hat in seiner Entscheidung vom 9. Februar 1967 zur Steuerharmonisierung auch die Kraftfahrzeugsteuer genannt. Aus dem Dokument ergibt sich, daß die Kraftfahrzeugsteuer zusammen mit der Mineralölsteuer vereinheitlicht werden müsse. Das setze aber eine gemeinsame Energiepolitik voraus, und gleichzeitig müsse eine gemeinsame Verkehrspolitik in die Wege geleitet werden. Wer aber weiß, wie schwierig eine Vereinheitlichung der Energiepolitik und der Verkehrspolitik ist, wird zugeben, daß wir darauf nicht warten sollten. Es ist wirklich notwendig, daß wir jetzt zur Entscheidung schreiten.
Das Wegekostenproblem ist ebenfalls von mir angesprochen und muß hier ebenfalls mit berücksichtigt werden. Wenn ich daran denke und Sie daran erinnern darf, daß Holland mit Wirkung vom 1. April 1966, also erst im vorigen Jahr, eine Änderung in der Kraftfahrzeugsteuer vorgenommen hat, daß Frankreich am 6. Januar 1966 eine Änderung vorgenommen hat, daß in Belgien die Änderung etwas früher vorgenommen wurde, dann ist doch nicht



Erhard (Bad Schwalbach)

einzusehen, warum die anderen immer die entsprechenden Entscheidungen treffen und wir nichts tun. Das halte ich für nicht vertretbar.
Im übrigen wird gesagt, es müsse Ruhe im Bereich der Kraftfahrzeugherstellung und für den Kraftfahrzeugnutzer eintreten. Er sei in der letzten Zeit genug belastet worden. Ich stimme dem zu. Wir haben auch nicht vorgesehen, daß die Belastung morgen in Kraft treten soll, sondern es ist ausdrücklich gesagt worden: nach einer Frist, die — und das gehört dazu — im Zusammenwirken mit der beteiligten Industrie auszuhandeln ist, damit keine entscheidenden Störungen im Bereich der Industrie eintreten. Das ist selbstverständlich.
Wenn aber schon jetzt Verkehrsminister Leber zu diesem Vorschlag gesagt hat, es müsse Ruhe eintreten, damit nicht ein noch stärkerer Einbruch im Bereich der Kraftfahrzeugherstellung eintrete, dann möchte ich dazu eine Frage stellen. Herr Minister Leber ist nicht hier. Herr Staatssekretär, Sie haben es ja nicht gesagt, aber Sie können das jetzt vielleicht beantworten. Wenn durch die Einbeziehung der Mineralölsteuer in die Bemessungsgrundlage der Mehrwertsteuer mit Wirkung vom 1. Januar 1968 eine Erhöhung des Benzinpreises von mindestens 3,5 Pf unausweichlich ist und damit eine Erhöhung für den durchschnittlichen Kraftfahrzeugbesitzer von im Durchschnitt 50 bis 70 DM pro Jahr entsteht und wenn man weiter weiß, daß durch die Mehrwertsteuer ab 1. Januar 1968 die Gebrauchtwagen bis zu 22 % höher als bisher besteuert werden, so daß von da her ein sehr starker Druck auf den Absatz von neuen Wagen einsetzen wird, dann ist es unverständlich, daß dazu von seiten des Verkehrsministers nichts gesagt worden ist unter dem Gesichtspunkt der Ruhe im Bereich der Kraftfahrzeugherstellung und der Kraftfahrzeughalter. Denn diese Gesetzgebung ist erst in dieser Woche verabschiedet worden und tritt mit Sicherheit zum 1. Januar 1968 in Kraft, während unser Vorschlag zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in Kraft treten soll.
Hier ist also, möchte ich sagen, eine politische Äußerung, die in ihrer Substanz sicherlich richtig ist, in der Anwendung auf diesen Vorschlag mit eben solcher Sicherheit falsch ist.
Wenn also seit Jahren die Notwendigkeit der Abschaffung der Hubraumsteuer erkannt ist und verlangt wird, dann ist es nach meiner Meinung auch an uns, darüber zu beraten und dann zu entscheiden. Um die Beratung in Gang zu setzen, ist der Entwurf eingebracht worden. Ich bitte daher, dem Überweisungsvorschlag des Ältestenrates stattzugeben.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510723100
Kollege Rasner zu einer Erklärung.

Will Rasner (CDU):
Rede ID: ID0510723200
Herr Präsident, in Ihren Aufzeichnungen von der Verwaltung muß ein Fehler sein. Die Fairneß gebietet es, zu sagen, daß ich im Ältestenrat angekündigt habe, daß der Kollege Erhard seinen Entwurf begründen wird. Die anderen
Fraktionen waren von dieser Tatsache vorher unterrichtet.
Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit noch ein weiteres sagen. Dieses Haus hat ein Initiativrecht für 15 Abgeordnete. Das Initiativrecht haben nicht nur die Fraktionen und nicht nur die Regierung. Vor diesem Hintergrund sind alle Initiativen, ob es sich um Initiativen von Gruppen mit 15 Mann handelt, von Fraktionen oder von der Regierung, absolut gleichwertig.

(Abg. Könen [Düsseldorf] : Sehr richtig!)

Wir dürfen uns hier nicht in die Gefahr begeben,
Unterschiede zu machen, unter keinen Umständen.

(Beifall.)


Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510723300
Das Präsidium hat, glaube ich, keinen Unterschied gemacht. Sie sind alle in der gleichen Form behandelt worden.
Herr Abgeordneter Könen zu einer Frage oder zu einer Erklärung.

Willy Könen (SPD):
Rede ID: ID0510723400
Herr Kollege, Sie haben es eben aus Gründen, die selbstverständlich Ihre Sache sind, abgelehnt, mich am Fragemikrophon anzuhören. Ich hätte eine Anfrage an Sie, Herr Kollege. Sie sagten in ihren Ausführungen, bevor Sie auf die Vorschläge der SPD kamen: Wir befinden uns nicht in bester Gesellschaft, aber in guter Gesellschaft. War das jetzt ein verunglückter Schlenker — das passiert mir auch schon einmal, das kann passieren —, oder war das eine bewußt gemachte Aussage?

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510723500
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Fellermaier.

Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0510723600
. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stimme mit dem Kollegen Erhard darin überein, daß bei einer so bedeutsamen Frage — der Kollege Rasner sagte mit Recht: auch wenn es nur von einer Gruppe kommt — eigentlich hätte erwartet werden müssen, daß das Finanzministerium als federführendes Ministerium zu dieser Frage vertreten ist, weil durch den Initiativantrag des Kollegen Erhard in der Öffentlichkeit sehr viel Staub aufgewirbelt worden ist.

(Abg. Genscher: Warum haben Sie nicht Herbeirufung beantragt?)

— Das überlasse ich gern Ihnen, verehrter Herr Genscher. Sie haben in diesen Dingen sicherlich jetzt Übung, da Sie so neu in der Opposition sind.

(Abg. Genscher: Ja, wir müssen zum erstenmal Opposition machen! Bei Ihnen hat das ja immer gefehlt!)

— Ich meine, da können wir gern die Historiker über unsere und die etwas verunglückte Oppositionsrolle von Ihnen messen lassen, wenn man Ihren Parteitag als Beginn der neuen Opposition in der neuen Zeit nimmt. Wenn Sie gerade das provozieren wollen, kann ich Ihnen das gerne sagen.

(Abg. Genscher: Das haben Sie alles noch vor sich! Warten Sie mal ab!)




Fellermaier
— Ja, nun, die prophetische Begabung besitzen natürlich nicht alle. Aber Sie haben sie im Moment. Seien Sie glücklich darüber! Nun, meine Damen und Herren; ich weiß nicht, was die Rolle der Opposition gerade mit der Kraftfahrzeugsteuer zu tun hat, Herr Genscher.

(Abg. Genscher: Sie haben das ja eingeführt!)

Lassen Sie mich nun zum eigentlichen Thema kommen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion erkennt natürlich an, daß es notwendig sein wird, im Bereich der Kraftfahrzeugsteuer zu neuen Lösungen zu kommen. Die entscheidende Frage ist aber, zu welchem Zeitpunkt man das im Bundestag behandelt. Wir meinen, daß der Zeitpunkt für diesen Gruppenantrag schlecht gewählt war, weil er genau in die Phase hineinfiel, als sich die Bundesregierung bemühte, die Wirtschaft zu stabiliseren. Wir wissen, daß gerade die Automobilindustrie von der Rezession am stärksten betroffen war und daß sich die Rezession gerade beim Autokäufer in einer Konsumzurückhaltung ausgewirkt hat. Alle Pläne, die bekanntwerden und die vielleicht darauf hindeuten könnten, daß das eine oder andere Kraftfahrzeug in seiner Steuer billiger oder in sehr vielen Fällen auf Grund dieses Entwurfs teurer wird, führen natürlich zu einer gewissen Kaufzurückhaltung. Herr Kollege Erhard, die Bürger draußen lesen nicht, daß irgendwo als Schlußnote „Inkrafttreten 1. Januar 1969" steht. Sie gehen vielmehr davon aus, daß es schnell zu einer Änderung der Kraftfahrzeugsteuer kommt.
Der Bundesfinanzminister hat das einzig Richtige getan, nämlich in seinem Hause Weisung zu geben, das Kraftfahrzeugsteuererhebungsverfahren, das geändert werden sollte, nicht zu ändern, um in die Phase der Wiederbelebung unserer Konjunktur nicht ein zusätzliches Unruhemoment hineinzutragen.
Über ihren Gesetzentwurf werden wir uns im Ausschuß noch zu unterhalten haben. Er ist, meine ich, etwas unausgegoren, er ist zum Teil widersprüchlich; und er kompliziert, wenn Sie die Hubraumbesteuerung ablösen wollen, durch Grundfläche und PS-Zahl als Besteuerungsgrundlage die Dinge' noch viel mehr. jede besonders angeschraubte Stoßstange bedeutet eine Veränderung der Grundfläche und macht zusätzlich den Zollstock erforderlich, um nachzumessen, nach welcher Grundfläche das Kraftfahrzeug besteuert werden soll. Ob künftig nach PS-Zahl besteuert werden soll, muß man auch unter den unterschiedlichen internationalen Normen von der DIN-Rechnung bis zur Berechnungsmethode der Amerikaner sehen. Hier liegen nach wie vor einige Unsicherheitsfaktoren.
Die Änderung der Kraftfahrzeugsteuer muß europakonform sein. Uns hat nicht zu interessieren, ob die Franzosen oder Belgier in den vergangenen Jahren die Kraftfahrzeugsteuer geändert haben. Uns hat zu interessieren, daß es nicht geschieht, daß wir uns mit einem Reformwerk der Kraftfahrzeugsteuer herumplagen und, wenn wir nach langen Beratungen dieses Reformwerk vollendet haben, sich womöglich der Ministerrat in Brüssel auf ein anderes System geeinigt hat.

Dr. Thomas Dehler (FDP):
Rede ID: ID0510723700
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0510723800
Bitte sehr, Herr Kollege Dr. Lenz.

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0510723900
Herr Kollege, haben Sie eine Vorstellung davon, wie in Brüssel Gesetze beschlossen werden? Ist Ihnen bekannt, daß die normalerweise dadurch zustande kommen, daß jedes einzelne Land seinen Diskussionsbeitrag leistet? Und halten Sie es für möglich, daß dieser Gesetzentwurf in dem Sinne ein Diskussionsbeitrag sein könnte?

Ludwig Fellermaier (SPD):
Rede ID: ID0510724000
Ich gestehe Ihnen zu, daß dieser Gesetzentwurf ein Diskussionsbeitrag sein kann. Ich glaube aber nicht, daß er ein Diskussionsbeitrag für das ganze Haus und für die Bundesregierung bei den Verhandlungen in Brüssel sein kann. Denn wenn er ein so bedeutsamer Entwurf gewesen wäre, hätte ich mir vorgestellt, daß die namhaften Verkehrsexperten ihrer Fraktion, Herr Müller-Hermann und Herr Lemmrich, die ja sonst in der Produktion von Anträgen doch wirklich fleißig sind, gerade diesen entscheidenden Gesetzentwurf mit unterschrieben hätten. Es ist doch auch eine 'bemerkenswerte Tatsache, daß bei den Verkehrspolitikern Ihrer eigenen Fraktion eine so starke Zurückhaltung besteht.

(Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Das war zwar keine Antwort auf meine Frage, aber das war eine Antwort!)

Nun zu den anderen Fragen, die der Kollege Erhard angeschnitten hat. Darin, daß natürlich die Frage der Autoabgase bei jeder Änderung der Kraftfahrzeugsteuer eine bedeutsame Rolle spielt, stimme ich ihm voll und ganz zu. Man sollte den Antrag als einen Versuch, eine Diskussion zu beginnnen, werten. Darin stimme ich mit der Frankfurter Allgemeinen überein, die gesagt hat: Jawohl, man sollte über den Antrag diskutieren; ob er aber zur rechten Zeit gekommen sei, das sei eine große Frage, da müßten Fragezeichen gesetzt werden.

(Vorsitz : Präsident D. Dr. Gerstenmaier.)

Wir stimmen der Ausschußüberweisung zu. Wir hoffen, daß das, was jetzt noch unausgegoren ist, im Ausschuß besser und erfolgreicher gären kann, und zwar in Zusammenarbeit mit Ihren Kollegen, die hier initiativ geworden sind.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510724100
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ramms.

Egon Wilhelm Theodor Ramms (FDP):
Rede ID: ID0510724200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich nur wenige Worte dazu sagen: ich möchte hier keine Ver-



Ramms
längerungsrede halten. Das meiste ist von meinen Vorrednern bereits gesagt worden. Es sind kritische Punkte in Ihrer Vorlage. Nicht zu diskutieren brauchen wir die ersten vier Punkte, die Herr Kollege Erhard angeschnitten hat, denn sie enthalten durchaus nur Positives. Etwas anderes ist die Neuordnung der Kraftfahrzeugsteuer nach PS und nach der Flächennutzung. Sicherlich mögen wir darin übereinstimmen, daß die Kraftfahrzeugsteuer geändert werden muß; denn mit der Besteuerung nach dem Hubraum allein geht es nicht. Ob aber der Vorschlag, den Sie hier haben, gerade der richtige ist, wage ich allerdings zu bezweifeln.
Sie haben gesagt, Herr Kollege Erhard, daß — ich weiß nicht genau, wie Sie sich ausgedrückt haben —die Hubraumbesteuerung Nachteile für den Verkehrsfluß habe. Darauf muß ich Ihnen entgegenhalten, daß es unserer Automobilindustrie doch gelungen ist, bei gleichbleibendem Hubraum eine weit höhere PS-Zahl zu erreichen und damit unsere Fahrzeuge viel schneller zu machen, als sie urspürglich gewesen sind. Das ist also keine Begründung. Im Hubraum liegt kein Nachteil, denn die PS-Zahl bringt die Beschleunigung des Fahrzeugs mit sich und damit auch den Abfluß des Verkehrs.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510724300
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Egon Wilhelm Theodor Ramms (FDP):
Rede ID: ID0510724400
Bitte!

Benno Erhard (CDU):
Rede ID: ID0510724500
Herr Kollege Ramms, ist Ihnen bekannt, daß durch die Hochzüchtung kleinvolumiger Motoren sowohl die Geräusche als vor allen Dingen auch die ungünstigen Abgase gefördert werden?

Egon Wilhelm Theodor Ramms (FDP):
Rede ID: ID0510724600
Herr Kollege Erhard, ich habe nur vom Verkehrsfluß gesprochen, den Sie ebenfalls angesprochen haben.
In der zweiten Frage Ihrer Fragestellung — darin gebe ich Ihnen recht — liegt der Nachteil, aber nicht im Verkehrsfluß selber. Denn der fließt genauso schnell, möglicherweise noch schneller ab, wenn die PS-Zahlen erhöht sind, als es bei Vergrößerung des Hubraums möglich wäre.
Wir werden uns über diese Fragen im Ausschuß unterhalten müssen. Ich freue mich überhaupt, daß mit diesem Vorschlag die Diskussion in Gang gebracht worden ist.
Ich darf aber noch eines sagen. Wir sollten uns davor hüten, unseren gewerblichen Güterkraftverkehr weiterhin gegenüber dem Ausland zu benachteiligen. Sie, Herr Kollege Erhard, haben gesagt, man sollte die EWG nicht vorschieben. Darf ich Sie auf einen Satz Ihrer Begründung verweisen? Sie selber schreiben hier:
Nur mit Rücksicht auf den internationalen Wettbewerb und die Verhältnisse in der EWG ist dem Vorschlag Deischls bezüglich der Höhe der Steuer . . . nicht gefolgt worden.
Hier widersprechen Sie sich an sich selber. Sie erhöhen mit Ihrem Vorschlag die Belastung zwar nicht in diesem Maße, aber Sie erhöhen die Kraftfahrzeugsteuer und bringen damit unseren Güterkraftverkehr gegenüber dem Ausland weiter den Nachteil.
Nun ein Wort zu den Personenwagen. Die Personenkraftwagenfahrer haben in der letzten Zeit allerhand Erhöhungen hinnehmen müssen. Die Erhöhung der Mineralölsteuer um 3 Pf pro Liter bringt eine gewaltige Belastung mit sich.
Es sind viele Vorschläge für den Umbau der Kraftfahrzeugsteuer gemacht worden. Unter anderem ist schon einmal gesagt worden, man sollte die Kraftfahrzeugsteuer in die Mineralölsteuer einbauen. Dieser Vorschlag wird wohl wenig Anhänger finden, da man damit genau den Mann treffen würde, der auf sein Fahrzeug beruflich angewiesen ist.

(Abg. Erhard [Bad Schwalbach] : Auch wegen der Verteilung!)

— Ja, ebenfalls wegen der Verteilung; da haben Sie recht. — Man sollte auch hier dem kleinen Mann nicht weitere Belastungen zumuten.
Sie sagten, der kleine Mann werde davon nicht so sehr getroffen. In Ihrem eigenen Beispiel steht: Für den NSU Prinz 600 sind bisher 87 DM Jahressteuer zu zahlen; für ihn müßten in Zukunft 53 DM mehr gezahlt werden. Das ist eine Erhöhung von mehr als 60%. Ich wage hier die Behauptung aufzustellen, daß das eine unzumutbare Belastung für denjenigen ist, der diesen Kleinwagen mit hoher PS-Zahl fährt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510724700
Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0510724800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir folgende Bemerkungen.
Erstens. Herr Abgeordneter Erhard, Sie haben Ihre Ausführungen mit einem kritischen Hinweis zur Regierungsbank begonnen. Ich darf Ihnen versichern, daß die Bundesregierung und auch das in dieser Materie mitberatende Ministerium, das ich zu vertreten habe, den Anträgen aus der Mitte des Hauses die stärkste Beachtung schenkt.

(Abg. Erhard [Bad Schwalbach] : Danke schön!)

Zweitens. Aus den hier vorgetragenen Erwägungen und auch aus den Gesichtspunkten, die Sie, Herr Abgeordneter Erhard, vorgebracht haben — wobei Sie allerdings Ihre eigenen Konsequenzen ziehen —, ist der Bundesverkehrsminister der Auffassung, daß unter den gegenwärtigen Umständen eine legislative Entscheidung auf dem hier in Betracht kommenden Gebiet unterbleiben sollte. Herr Minister Leber hat das — Sie haben es erwähnt — in der Öffentlichkeit erklärt. Ich möchte es auch von dieser Stelle aus bestätigen. Sowohl die konjunkturelle Situation als auch die im EWG-Bereich geführten Verhandlungen verbieten gerade unter



Wittrock
den gegenwärtigen Umständen und Aspekten legislative Experimente und auch Belastungen.
Diskussionsbeiträge kann man selbstverständlich immer leisten. Dagegen ist nichts zu sagen. Aber soweit es sich um eine legislative Entscheidung handelt — die sollte hier offenbar angeregt werden, denn das ist ja der Sinn des Antrags —, ist der Bundesverkehrsminister der Auffassung, daß sie unterbleiben sollte.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510724900
Keine weiteren Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Vorlagen sollen wie folgt überwiesen werden: Vorlage zu Punkt 15 a an den Finanzausschuß
— federführend —, den Verkehrs- und den Haushaltsausschuß; Vorlage zu Punkt 15 b an den Finanzausschuß — federführend — und den Verkehrsausschuß; Vorlage zu Punkt 15 c an den Finanzausschuß — federführend —, den Verkehrsausschuß und den Ausschuß für Gesundheitswesen.
— Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe die Punkte 16 a und b auf
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gscheidle, Brück (Köln), Dorn und Genossen betr. Verwaltungsvereinfachung durch Datenverarbeitung
— Drucksache V/1633 —
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Schoettle, Windelen, Dr. Emde und Genossen betr. Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung
— Drucksache V/1655 — Wird das Wort zur Begründung gewünscht? —

(Abg. Könen [Düsseldorf]:: Ich bitte um das Wort zu den Überweisungsanträgen!)

— Dann muß ich erst einmal fragen, ob das Wort zur Beratung gewünscht wird. — Bitte, Sie haben das Wort zur Überweisung.

Willy Könen (SPD):
Rede ID: ID0510725000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erinnere die Damen und Herren des Hauses an das, was ich zum Tagesordnungspunkt 14 gesagt habe. Aber während man bei Tagesordnungspunkt 14 schon aus der Überschrift ersehen konnte, daß es sich um eine Angelegenheit handelt, die die Gemeinden angeht, kann man dies bei den Tagesordnungspunkten 16 a und b nicht ohne weiteres aus den Überschriften ersehen. Ich appelliere an Ihr Vertrauen und will mir hier eine Begründung ersparen. Ich bitte um Überweisung zur Mitberatung auch an den Ausschuß für Kommunalpolitik. Der Vorschlag würde dann also dahin gehen: Innenausschuß — federführend —, Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen — mitberatend —. Es handelt sich um eine Sache, die insbesondere bei .der Wohngeldgesetzgebung eine große Rolle spielte; die kommunalen Spitzenverbände und die Gemeinden beschäftigen sich damit. Glauben Sie mir also, daß es sachlich notwendig ist, daß die Anträge auch in diesen Ausschuß kommen. Ich bitte Sie, der Überweisung zuzustimmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510725100
Herr Kollege, jetzt hätte ich als Vorsitzender des Ältestenrates eigentlich dessen wohlbegründetes Votum nicht nur Ihnen gegenüber, sondern auch gegenüber einem Wunsch des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses zu vertreten, der mir geschrieben hat, der Haushaltsausschuß wolle sich auch damit befassen, und zwar mit der Begründung, daß der Ausschuß schon mehrfach darüber beraten habe. Das ist bei aller Wertschätzung auch des Haushaltsausschusses natürlich keine zureichende Begründung. Aber, wenn es Ihnen Spaß macht, meine Herren, es ist keine Frage auf Leben oder Tod.

(Abg. Könen [Düsseldorf]:: Herr Präsident, darf ich etwas dazu sagen?)

— Ja, bitte sehr, sagen Sie etwas!

Willy Könen (SPD):
Rede ID: ID0510725200
Herr Präsident, ich will hier keinen falschen Eindruck erwecken. Wenn er entstanden ist, lag es an der Kürze meiner Darstellung. Natürlich ist die Begründung nicht die, daß wir uns schon einmal damit beschäftigt haben, sondern es gibt eine ganze Menge von sachlichen Gründen. Die Aufstellung von Computern in der Gemeinde ist eine sehr kitzelige Angelegenheit, finanziell usw. Es sind also sachliche Gründe, nicht nur die Tatsache, daß wir uns schon einmal damit beschäftigt haben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510725300
Herr Kollege Könen, wie ist denn Ihr Ausschuß mit Vorlagen beschäftigt? Haben Sie viel Material? Ich frage deshalb, weil wir bis zu den Parlamentsferien in den Ausschüssen einigermaßen durchkommen müssen.

Willy Könen (SPD):
Rede ID: ID0510725400
Herr Präsident, der Ausschuß für- Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen ist mit kommunalpolitischen Vorlagen durchaus nicht gesegnet. Das ist das, was ich vorhin — Herr Präsident, Sie waren da nicht anwesend — moniert habe. Es besteht keine Gefahr, daß wir nicht termingemäß fertig werden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510725500
Der Ausschuß für Kommunalpolitik könnte es also leisten?

Willy Könen (SPD):
Rede ID: ID0510725600
Ich werde mich persönlich dafür einsetzen.

(Zurufe.)


Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510725700
Sie haben den Antrag gehört. Beantragt ist Überweisung an den Haushaltsausschuß — mitberatend — und an den Ausschuß für Kommunalpolitik zur Mitberatung. Wird das Wort gewünscht? — Keine Wortmeldungen. Wird diesen Anträgen zugestimmt? — Der Innenausschuß ist federführend. Kein Widerspruch? — Es ist so beschlossen; die beiden anderen Ausschüsse sind mitberatend befaßt.



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Nun, meine Damen und Herren, mache ich Ihnen den Vorschlag, daß Sie — in Anwendung des § 127 der Geschäftsordnung — mir gestatten, die Tagesordnungspunkte 17 bis 25 zusammen aufzurufen:
17. Beratung der Übersicht 13 des Rechtsausschusses (12. Ausschuß) über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
— Drucksache V/1637 —
18. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und :Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung beschlossene Sechsundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollkontingent für Zeitungsdruckpapier — 1966)
— Drucksachen V/1606, V/1644 — Berichterstatter: Abgeordneter Schmidhuber
19. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung beschlossene
Einhundertundzweite Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollkontingent für Schappeseidengarne — 1967)

Einhundertundvierte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollkontingent für Schappeseidengarne — 1966)

— Drucksachen V/1607, V/1625, V/1645 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres
20. Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaften, des Europarates und der Westeuropäischen Union
hier: Beschluß des Deutschen Bundestages vom 22. Februar 1967 — Drucksache V/1010 -
-Drucksache V/1653 —
21. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (19. Ausschuß) über die von der Bundesregierung vorgelegten
1. Übereinkommen 123 über das Mindestalter für die Zulassung zu Untertagearbeiten in Bergwerken
2. Übereinkommen 124 über die ärztliche Untersuchung Jugendlicher im Hinblick auf ihre Eignung zur Beschäftigung bei Untertagearbeiten in Bergwerken
3. Empfehlung 123 betreffend die Beschäftigung von Frauen mit Familienpflichten
4. Empfehlung 124 betreffend das Mindestalter für die Zulassung zu Untertagearbeiten in Bergwerken
5. Empfehlung 125 betreffend die Beschäftigungsbedingungen Jugendlicher bei Untertagearbeiten in Bergwerken
— Drucksachen V/1253, /1668 —Berichterstatter: Abgeordneter Hussong
22. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß) über .den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rates zur Bekämpfung der SanJosé-Schildlaus
— Drucksachen V/1506, V/1663 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Ritgen
23. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rates über die Regeln für die Ableitung der Interventionspreise und die Festsetzung bestimmter Handelsplätze für Getreide
— Drucksachen V/1615, V/1664 —Berichterstatter: Abgeordneter Logemann
24. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Koordinierung und Vereinheitlichung der von den einzelnen Mitgliedstaaten gegenüber dritten Ländern angewandten Einfuhrregelungen für Obst und Gemüse
— Drucksachen V/1482, V/1667 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß
25. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. Ausschuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten
Vorschlag der Kommission der EWG für
eine Verordnung des Rats zur Änderung der Liste der Waren, auf die die Verordnung Nr. 160/66/EWG des Rats vom 27. Oktober 1966 über die Einführung einer Handelsregelung für bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse Anwendung findet
eine Verordnung des Rats über die Gleichstellung bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die zur Herstellung von unter die Verordnung Nr. 160/66/EWG des Rats vom 27. Oktober 1966 fallenden Waren verwendet werden, mit Grunderzeugnissen oder deren Verarbeitungserzeugnissen
eine Verordnung des Rats über die Zurückstellung der Anwendung der Verordnung Nr.



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
160/66/EWG des Rats vom 27. Oktober 1966 auf Waren der Tarifstellen 35.01 A und 35.01 C
eine Verordnung des Rats zur Festlegung der Zollspezifikationen für unter die Verordnung Nr. 160/66/EWG des Rats vom 27. Oktober 1966 fallende Erzeugnisse und zur Festsetzung der für diese anzuwendenden festen Teilbeträge sowie der Mengen von Grunderzeugnissen, bei denen davon ausgegangen wird, daß sie bei ihrer Herstellung verwendet worden sind
eine Verordnung des Rats zur vorübergehenden Abweichung bei bestimmten Waren von den Bestimmungen der Verordnung Nr. 160/66/EWG des Rats in bezug auf das Verfahren zur Berechnung der mit dieser Verordnung eingeführten beweglichen Teilbeträge
— Drucksachen V/1559, V/1669 — Berichterstatter: Abgeordneter Blume
Ich frage, ob zu einem dieser Punkte 17 bis 25 das Wort gewünscht wird? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer diesen Beschlußvorlagen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das ist einstimmig.
Ich rufe die Punkte 26 bis 32 auf:
26. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung erlassene Achtundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Angleichungszölle — 6. Neufestsetzung)
Einhundertunddritte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Angleichungszölle — 7. Neufestsetzung)

—Drucksachen V/1416, V/1608, V/1658 — Berichterstatter: Abgeordneter Schmidhuber
27. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung erlassene Vierundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollaussetzung für Luftfahrzeuge)
— Drucksachen 1425J/1659 1659 —Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß
28. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung erlassene Neunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Zollaussetzungen 1967 — gewerbliche Waren —
I. Teil)
— Drucksachen V/1503, V/1660 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß
29. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15: Ausschuß) über die von der Bundesregierung erlassene Dreiundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Änderung des Gemeinsamen Zolltarifs der EWG — 1967)
— Drucksachen V/1541, V/1661 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres
30. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung erlassene Neunundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Rindermarktordnung — 1967)
— Drucksachen V/1602, V/1666 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß
31. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung erlassene Siebenundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 (Verlängerung der Zollaussetzung für Brennstoffelemente der Tarifnr. 84.59 - B - II - a)
— Drucksachen V/1542, V/1671 — Berichterstatter: Abgeordneter Schmidhuber
32. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (15. Ausschuß) über die von der Bundesregierung erlassene Elfte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung —— Drucksachen V/1435, V/1670 — Berichterstatter: Abgeordneter Schmidhuber
Hier bedarf es keiner Beschlußfassung, sondern nur der Kenntnisnahme. Ich frage, ob das Wort dazu gewünscht wird. — Das Wort wird nicht gewünscht. — Das Haus hat von diesen Vorlagen Kenntnis genommen.
Wir kommen zu den Punkten auf der vervielfältigten Zusatzliste. Der erste Punkt betreffend Drucksache V/1680 ist erledigt. Der zweite Punkt ist:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Selbstverwaltungsgesetzes
— Drucksache V/1674 —
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Die Vorlage soll an den Ausschuß für Sozialpolitik überwiesen werden. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Wir kommen zum nächsten Punkt:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines



Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. April 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat über Arbeitslosenversicherung
— Drucksache V/1445 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (13. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/1685 — Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Götz
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (19. Ausschuß)

— Drucksache V/1681 —
Berichterstatter: Abgeordneter Varelmann (Erste Beratung 96. Sitzung)

Ich frage zuerst die Herren Berichterstatter, ob sie das Wort wünschen. — Die Herren Berichterstatter verzichten.
Meine Damen und Herren, es handelt sich um ein Ratifizierungsgesetz, und es steht der Antrag des Ausschusses für Arbeit, diesem Gesetz zuzustimmen, zur Abstimmung. Ich frage, ob das Wort dazu gewünscht wird? — Das ist nicht der Fall. Wer in zweiter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
Dritte Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine Wortmeldung. Wer in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, ,den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.
Schließlich rufe ich noch folgenden Zusatzpunkt auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (17. AusSchuß) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker
— Drucksachen V/1284, V/1682 — Berichterstatter: Abgeordneter Ertl Der Herr Berichterstatter wünscht das Wort.

Josef Ertl (FDP):
Rede ID: ID0510725800
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe eine redaktionelle Änderung vorzuschlagen. Bei Durchsicht des Berichts wurde festgestellt, daß der Nebensatz „wenn auch zunächst für einen Zeitraum von 7 Jahren" in Nr. 2 des Ausschußantrags materiell ohne Bedeutung ist und daher auf ihn verzichtet werden kann. Ich möchte also vorschlagen, diesen Nebensatz zu streichen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU):
Rede ID: ID0510725900
Wird dazu das Wort gewünscht? —

(Abg. Könen [Düsseldorf] : Will er denn nun die Streichung, Herr Präsident?)

— Was möchten Sie?

(Abg. Ertl: Diesen Nebensatz streichen, „wenn auch zunächst nur für einen Zeitraum von 7 Jahren"!)

- Also dieser Zwischensatz: „wenn auch zunächst nur für einen Zeitraum von 7 Jahren". — Ich bin nicht so perfekt im Zuckerrübenbau. Aber mir scheint, daß man dem Vorschlag des Herrn Berichterstatters folgen kann. Widerspruch? — Kein Widerspruch.
Meine Damen und Herren, wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Damit kehren wir zu dem Punkt 4 unserer Tagesordnung zurück:
Beratung des Dritten Jahresgutachtens des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
der Stellungnahme der Bundesregierung zum Jahresgutachten 1966 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
sowie des Sondergutachtens über die Wirtschaftslage im Frühjahr 1967
— Drucksachen V/1160, V/1313, V/1588 —
Ich habe heute vormittag schon gesagt, daß gestern abgebrochen wurde, ohne daß alle Wortmeldungen hätten erledigt werden können. Ich eröffne deshalb erneut die Aussprache über das Dritte Jahresgutachten des Sachverständigenrates. Ich frage, ob das Wort dazu gewünscht wird. — Das Wort wird nicht gewünscht. Die mir hier vorliegenden Reden sind zu Protokoll genommen.
Der Ältestenrat schlägt vor Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen als federführenden Ausschuß und an den Finanzausschuß zur Mitberatung. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende unserer Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Mittwoch, den 10. Mai 1967, 14.30 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.