Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Zunächst eine Bekanntmachung. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 15. März 1967 für den ausgeschiedenen Abgeordneten Dr. Schäfer als ordentliches Mitglied im Vermittlungsausschuß den Abgeordneten Wienand benannt. Das Haus ist sicherlich damit einverstanden. — Dann ist der Abgeordnete Wienand als ordentliches Mitglied des Vermittlungsausschusses gewählt.Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 14. März 1967 die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Effertz und der Fraktion der FDP betr. Ausgleich der Einkommensverluste der deutschen Landwirtschaft durch die Getreidepreissenkung — Drucksache V/1481 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/1572 verteilt.Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 15. März 1967 mitgeteilt, daß der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und der mitberatende Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen von der Beratung derVerordnung des Rates über einzelne Maßnahmen zur gemeinsamen Marktorganisation für Zucker für das Wirtschaftsjahr 1967/68— Drucksache V/1281 —abgesehen haben, nachdem die Verordnung vom Rat der EWG zwischenzeitlich beschlossen wurde. Gegen die Verordnung wurden keine Bedenken erhoben.Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen hat mit Schreiben vom 16. März 1967 mitgeteilt, daß der Ausschuß von der Beratung derVerordnung des Rates über die teilweise Aussetzung des Gemeinsamen Zolltarifs bei der Einfuhr von Färsen und Kühen bestimmter Höhenrassen— Drucksache V/1483 —abgesehen hat, nachdem die Verordnung vom Rat der EWG zwischenzeitlich beschlossen wurde. Gegen die Verordnung wurden keine Einwendungen erhoben.Der Vorsitzende des Innenausschusses hat am 15. März 1967 mitgeteilt, daß der Innenausschuß dieVerordnung der Räte der EWG/EAG Nr. 8/66 Euratom 196/66 EWG zur Änderung der Regelung der Amtsbezüge für die Mitglieder des GerichtshofsVerordnung der Rate der EWG/EAG Nr. 9/66 Euratom 197/66 EWG zur Änderung der Regelung der Amtsbezüge für die Mitglieder der Kommission der EWG/EAGVerordnung der Räte der EWG/EAG Nr. 11/66 Euratom 199/66 EWG zur Änderung der Regelung der Amtsbezüge für die Mitglieder des GerichtshofsVerordnung der Räte der EWG/EAG Nr. 12/66 Euratom 200/66/EWG zur Anderung der Regelung der Amtsbezüge für die Mitglieder der Kommission der EWG/EAGzur Kenntnis genommen und beschlossen habe, keine Bedenken dagegen zu erheben.Der Präsident der Monopolverwaltung für Branntwein bei der Oberfinanzdirektion Berlin hat am 13. März 1967 gemäß §§ 6 und 9 des Gesetzes über das Branntweinmonopol den Geschäftsbericht der Monopolverwaltung für Branntwein bei der Oberfinanzdirektion Berlin sowie die Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung der Verwertungsstelle für das Geschäftsjahr 1965/66 vorgelegt. Bericht und Bilanz werden als Drucksache V/1571 verteilt.Zu der in der Fragestunde der 98. Sitzung des Deutschen Bundestages am 15. März 1967 gestellten Frage des Abgeordneten Dröscher, Drucksache V/1537 Nr. II/2 *), ist inzwischen die schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Barth vom 16. März 1967 eingegangen:Das von Ihnen erwähnte Urteil des Bundesgerichtshofes liegt mir nicht vor. Aber auch ohne Kenntnis von Einzelheiten der Begründung darf ich bemerken, daß der Bund nicht zuständig ist für eine gesetzliche Versorgung von Kindern, die während des Turnunterrichts in der Schule Unfallverletzungen und schwere Körperschäden erleiden. Wie mir aus einer Pressenotiz bekannt ist, hat der Bundesgerichtshof als Beispiel auf die Regelung in dem Gesetz über das Schulwesen der Freien und Hansestadt Hamburg hingewiesen. Der Erlaß derartiger Schulgesetze gehört aber in die ausschließliche Kompetenz der Länder.Ich habe mich in der fraglichen Angelegenheit bereits mit der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in Bonn in Verbindung gesetzt. Wie ich erfahren habe, hat man dort mit der Prüfung der rechtlichen Probleme begonnen, die sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16. Februar 1967 ergeben. Ich habe gebeten, mich über das Ergebnis und die evtl. von den Ländern zu treffenden Maßnahmen zu unterrichten. Ich werde mir erlauben, Ihnen zu gegebener Zeit Kenntnis von dem Bericht zu geben.Es ist nun zweckmäßig, daß wir uns über die Folge der heutigen Tagesordnung verständigen. Ich rege an, nach der Fragestunde zunächst den Bericht über die Lage der Nation, anschließend die Änderung des Bundespolizeibeamtengesetzes, dann die Änderung des Einkommensteuergesetzes und danach das ERP-Wirtschaftsplangesetz 1967 zu behandeln. Wollen wir so verfahren? — Es bestehen keine Bedenken.Wir kommen dann zurFragestunde— Drucksachen V/1537, V/1538 —Wir sind bei dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Ich rufe zunächst die Frage IV/1 des Herrn Abgeordneten Dr. Geißler auf:Beabsichtigt die Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag in Bälde den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, das den freien Verkauf von Abhörgeräten und deren mißbräuchliche Verwendung verbietet?Bitte, Herr Minister!*) Siehe 98. Sitzung, Seite 4460 B
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4622 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung beabsichtigt, den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, das den freien Verkauf von Abhörgeräten verbietet. Der Entwurf ist ausgearbeitet, mit anderen Ressorts erörtert, und die Prüfung der noch offenen Fragen steht kurz vor dem Abschluß. Es ist nicht beabsichtigt, in den Entwurf ein Verbot der mißbräuchlichen Verwendung von Abhörgeräten aufzunehmen. Es ist einmal nach dem Gesetz über Fernmeldeanlagen bereits jetzt strafbar, wenn jemand Abhörgeräte ohne erforderliche Verleihung errichtet oder betreibt. Darüber hinaus soll nach dem neuen Strafgesetzbuch derjenige mit Strafe bedroht werden, der das nicht zu seiner Kenntnis bestimmte nicht öffentlich gesprochene Wort eines anderen ohne dessen Einwilligung mit einem Abhörgerät abhört.
Da der Entwurf des Strafgesetzbuches aber noch nicht verabschiedungsreif ist — er liegt, wie Sie wissen, hier in dem Sonderausschuß des Bundestages —, beabsichtigt die Bundesregierung, den gesetzgebenden Körperschaften vorzuschlagen, in den Ihnen demnächst zugehenden Entwurf eines Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses nach Art. 10 des Grundgesetzes eine Vorschrift im Sinne Ihrer Frage aufzunehmen.
Dann rufe ich die Frage IV/2 des Herrn Abgeordneten Ramms auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Bedenken der Gewerkschaft der Polizei, des ADAC und anderer Verbände gegen den Entwurf des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten?
Sie wird vom Herrn Abgeordneten Opitz übernommen.
Bitte, Herr Minister!
Die Frage, wie die Bundesregierung die Bedenken der Polizeigewerkschaft und anderer Verbände gegen den Entwurf des Ordnungswidrigkeitengesetzes beurteilt, sehen wir so an:
Der Entwurf dieses neuen Gesetzes ist, wie Sie wissen, in der ersten Lesung hier von allen Fraktionen grundsätzlich gebilligt worden. Inzwischen hat sich auch der Verkehrsausschuß des Bundestages dem Entwurf zugewandt und ihn grundsätzlich gebilligt. Auch der ADAC, der Deutsche Anwaltsverein, der Deutsche Verkehrsgerichtstag und andere Stellen haben die Entwürfe in eingehenden Stellungnahmen grundsätzlich begrüßt .Vorgebrachte Bedenken, wie z. B. auch die der Gewerkschaft der Polizei, richten sich gegen Einzelregelungen, über die demnächst der hierfür zuständige Ausschuß des Bundestages zu befinden haben wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Opitz.
Herr Minister, wird die Bundesregierung dieser Gewerkschaft die Möglichkeit zu einer Auseinandersetzung bzw. einer Diskussion mit der Regierung geben?
Herr Kollege, zunächst einmal habe ich mit dieser Gewerkschaft, die Sie meinen — das ist die von Herrn Kuhlmann geführte Gewerkschaft —, persönlich schon eine Reihe von Aussprachen gehabt. Sie werden sich fortsetzen. Inwieweit der Ausschuß anhören wird, ist dessen Entscheidung.
Ich rufe dann die Frage IV/3 des Herrn Abgeordneten Dr. Wahl auf:
Welches ist der gegenwärtige Stand der Ratifizierung des Haager Übereinkommens zur Einführung eines einheitlichen Gesetzes über den Abschluß von internationalen Kaufverträgen über bewegliche Sachen und des Haager Übereinkommens zur Einführung eines einheitlichen Gesetzes über den internationalen Kauf beweglicher Sachen, die beide im Oktober 1965 von der Bundesregierung unterzeichnet wurden?
Ist der Kollege im Raum? — Die Frage wird nicht übernommen. Sie wird dann schriftlich beantwortet.
Ich rufe dann die Frage IV/4 des Abgeordneten Fritz auf.
Zu welchem Ergebnis haben die Erörterungen zwischen dem Bundesjustizministerium und den Landesjustizverwaltungen über die Anpassung der Gebührensätze für gerichtliche Sachverständige an die heutigen Verhältnisse geführt?
Der Abgeordnete hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt.
Die Antwort des Bundesministers Dr. Dr. Heinemann vom 16. März 1967 lautet:
Die Frage, ob die Entschädigungssätze für Sachverständige erhöht werden sollten, ist mit Vertretern der Landesjustizverwaltungen erörtert worden. Die Überlegungen sind jedoch noch nicht abgeschlossen.
Es hat sich ergeben, daß einer Erhöhung der Entschädigungssätze für Sachverständige nur im Rahmen einer größeren Kostenrechtsnovelle näher getreten werden könnte. Eine solche Kostenrechtsnovelle müßte eine Erhöhung der Gebühren auch in anderen Bereichen vorsehen; dabei ist insbesondere an die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, die Kostenordnung und das Gerichtsvollzieherkostengesetz zu denken. Es bedarf noch eingehender Überlegungen, ob so umfassende Maßnahmen im gegenwärtigen Zeitpunkt wirtschafts- und finanzpolitisch vertretbar sind.
Ich rufe dann die Frage IV/5 des Herrn Abgeordneten Dr. Geißler auf.
Ist es richtig, daß die Aufdeckung einer großen Zahl von Kindesmißhandlungen an einer falschen Auffassung der zur Behandlung dieser Kinder zugezogenen Ärzte über die ärztliche Schweigepflicht scheitert?
Bitte, Herr Minister!
Herr Kollege, es mag sein, daß bei Ärzten gelegentlich eine Ungewißheit über die Grenzen der Schweigepflicht besteht, so daß ein Arzt sich gehindert glaubt, Kindesmißhandlungen zu offenbaren. § 300 des Strafgesetzbuches verbietet aber nur die unbefugte Offenbarung ärztlicher Geheimnisse. Nach den Grundsätzen der Güter- und Interessenabwägung ist eine Offenbarung zum Schutz höherwertiger Rechtsgüter zulässig. Der Arzt ist aber nicht verpflichtet, sondern es steht in seinem Ermessen, d. h. in der Beurteilung dessen, was ihm die ärztliche Ethik auferlegt, ob er mitteilt oder nicht. Er wird dabei berücksichtigen, daß das richtige Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Patienten durch jede Offenbarung beeinträchtigt wird, so daß möglicherweise das mißhandelte Kind wegen der Gefahr
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967 4623
Bundesminister Dr. Dr. Heinemanneiner Offenbarung künftig überhaupt nicht mehr der ärztlichen Versorgung zugeführt werden wird, was noch schwerere Schäden auslösen könnte.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abg. Dr. Geißler.
Darf ich also zur Präzisierung noch einmal fragen, ob Sie die Auffassung teilen, daß es kein unbefugtes Offenbaren eines anvertrauten oder bekanntgewordenen Geheimnisses im Sinne des § 300 StGB darstellt, wenn der Arzt solche schweren Körperverletzungen dem Jugendamt oder der Polizei mitteilt.
Das bestätige ich ausdrücklich.
Eine weitere Frage, bitte.
Herr Minister, würden Sie glauben — das greift vielleicht ein bißchen über die eigentliche Frage hinaus —, ob es der Verbesserung des Kinderschutzes dienen und eine Hilfe für die Ärzte darstellen würde, wenn entsprechend amerikanischen Vorbildern ein Katalog bestimmter Symptome aufgestellt und auch den Ärzten, unter Umständen schon während des Studiums, nahegebracht würde, Symptome, die mit Wahrscheinlichkeit vermuten lassen, daß es sich bei solchen Verletzungen nicht um Unfälle oder Unglücksfälle handelt, sondern daß der Verletzung oder Erkrankung eben eine Gewaltanwendung zugrunde liegt?
Mir scheint, daß diese Frage ins Medizinische greift. Aber so auf Anhieb angesprochen würde ich sagen, das könnte nützlich sein.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abg. Dr. Kübler.
Herr Bundesminister, halten Sie es für zweckmäßig, daß mißhandelte Kinder von der Polizei erst verhört werden dürfen, wenn die Eltern, gegen die sich ja meistens der Verdacht der Mißhandlung richtet, die Genehmigung gegeben haben?
Ich weiß nicht, worauf das beruhen soll, daß die Eltern erst genehmigen müssen.
Die Polizei klagt darüber, daß sie nach unserer neuen Strafprozeßordnung ohne Einwilligung der Erziehungsberechtigten nicht verhören darf.
Wenigstens muß das Kind darüber belehrt werden, daß seine etwaigen Aussagen die Eltern belasten könnten und daß sich von daher ein Aussageverweigerungsrecht ergibt.
Eine weitere Zusatzfrage.
Ist nur die Belehrung gegenüber dem minderjährigen Kind erforderlich, oder kann das Kind ohne Zustimmung der Eltern überhaupt nicht verhört werden?
Diese Frage will ich speziell prüfen. Ich werde Ihnen gegenüber schriftlich darauf zurückkommen.
Ist die zweite Frage des Herrn Abg. Dr. Geißler schon beantwortet?
Noch eine Zusatzfrage hierzu, Herr Abg. Dr. Meinecke.
Herr Minister, in der Presse wird von etwa 90 Todesfällen im Jahr durch Kindesmißhandlungen gesprochen, und es wird zuweilen behauptet, daß die wirkliche Zahl — d. h. also die Dunkelziffer — etwa zehnmal so hoch sei. Bestehen irgendwelche Anhaltspunkte dafür, daß dieser in der Presse geäußerte Verdacht gerechtfertigt ist?
Herr Kollege, die Gesamtzahl der gerichtlichen Verfahren wegen Kindesmißhandlung betrug im Durchschnitt der letzten Jahre jeweils 300 bis 400. An Verurteilungen kamen dabei zwischen 200 und 300 heraus. In wievielen Fällen davon vorher Ärzte eingeschaltet gewesen sind und die Möglichkeit gehabt hätten, amtliche Stellen zu unterrichten, ist statistisch natürlich nicht erfaßbar. Exakte Erhebungen darüber dürften auch kaum möglich sein, ebensowenig wie sich zahlenmäßig feststellen läßt, wie oft es Ärzten gelingt, durch eine besondere Rücksprache mit den Eltern diese zur Vernunft zu bringen.
Ich rufe jetzt die Frage IV/6 des Abg. Dr. Geißler auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß aus dem in Frage IV/5 Gesagten im Rahmen der Strafrechtsreform Konsequenzen gezogen werden müssen?
Wir haben in der Vorlage zum neuen Strafrecht einen Text, der etwa so gedacht ist, daß eine Tat nach den und den Bestimmungen nicht strafbar ist, soweit der Täter das Geheimnis zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht oder zur Wahrnehmung eines berechtigten öffentlichen oder privaten Interesses offenbart und die Tat unter Berücksichtigung der einander widerstreitenden Interessen und der dem Täter nach den Umständen obliegenden Prüfungspflicht ein angemessenes Mittel ist, den angestrebten Zweck zu erreichen. Das ist gegenüber dem augenblicklichen Rechtszustand eine Auflockerung; wenn Sie so wollen: eine Erweiterung der Befugnis zur Offenbarung.
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4624 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967
Herr Abgeordneter Schulz zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, Sie sprachen von etwa 300 bis 400 Fällen von Kindesmißhandlungen, die im Jahr verhandelt werden. Können Sie Angaben darüber machen, wie hoch die Zahl der Frühehen im Zusammenhang mit den Kindesmißhandlungen ist?
Aus dem Handgelenk leider nein. Ich will gern schriftlich darauf zurückkommen.
Frage IV/7 des Abgeordneten Dröscher:
Ist die Bundesregierung bereit, erneut in Verhandlungen mit den Versicherungsgesellschaften mit dem Ziel einzutreten, den alten Mitbürgern, die in dankenswerter Eigenvorsorge ihren Lebensabend durch Kapitalversicherung hatten sichern wollen und dann durch die Währungsreform so geschädigt wurden, daß sie heute im hohen Alter in vielen Fällen in großer Not leben, angesichts des großen, mit den Beiträgen dieser Versicherten geschaffenen Versicherungsvermögens durch freiwillige und zusätzliche Leistungen der Versicherungen an diesen Personenkreis, welche dem Vertrauen in die Sicherheit solcher Vorsorge nur zuträglich sein könnten, zu helfen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen, zunächst zur Frage V/1 des Herrn Abgeordneten Cramer:
Besteht noch Aussicht, daß die den deutschen Soldaten in den Kriegsgefangenenlagern gegen Quittung abgenommenen ausländischen Zahlungsmittel jemals wieder zurückgezahlt werden?
Ist Herr Abgeordneter Cramer im Saal? — Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Roß übernommen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die ausländischen Zahlungsmittel, die den deutschen Soldaten bei ihrer Gefangennahme abgenommen wurden, sind ebenso wie die auf Grund des Militärregierungsgesetzes Nr. 53 in Deutschland abgelieferten ausländischen Zahlungsmittel von den Alliierten als- für Zwecke der Reparation in Anspruch genommen anzusehen. Es handelt sich also um Reparationsschäden. Es besteht keinerlei Aussicht, daß etwa die Alliierten diese Zahlungsmittel zurückzahlen. Es ist aber auch nicht damit zu rechnen, daß diese Verluste nach dem Reparationsschädengesetz entschädigt werden; denn für derartige Verluste werden auch nach dem Lastenausgleichsgesetz den Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten keine Leistungen gewährt.
Fragen V/2, V/3 und V/4 der Abgeordneten Frau Dr. Krips:Welche Bauvorhaben planen die US-Luftstreitkräfte im Bereich des Flughafens Stuttgart-Echterdingen im Zusammenhang mit der Übersiedlung des US-Hauptquartiers von Frankreich nach Stuttgart-Vaihingen?Will die Bundesregierung darauf hinwirken, daß die Abwicklung des derzeitigen und die Weiterentwicklung des künftigen Stuttgarter Luftverkehrs durch die in Frage V/2 erwähnte Übersiedlung nicht beeinträchtigt wird?Trifft es zu, daß die US-Behörden wegen ihrer in Frage V/2 erwähnten Pläne mit der Leitung des Flughafens Stuttgart bisher noch keinen Kontakt aufgenommen haben?Die Fragestellerin hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Dr. h. c. Strauß vom 14. März 1967 lautet:Zu 1Die Verlegung des US-Hauptquartiers EUCOM aus Frankreich nach Stuttgart bedingt unter Umständen eine Änderung der Mitbenutzung des Flughafens Stuttgart-Echterdingen durch die US-Streitkräfte sowie gewisse bauliche Maßnahmen auf dem bundeseigenen Südteil des Flughafens. Verbindliche Angaben über Art und Umfang der Maßnahmen sind mir von den US-Streitkräften noch nicht mitgeteilt worden. Nach meinen bisherigen Feststellungen handelt es sich um den Bau eines Hangars sowie um bauliche Verbesserungen und Ergänzungen .Zu 2Die Bundesregierung ist nicht nur an einer ungehinderten Abwicklung des derzeitigen zivilen Luftverkehrs auf dem Flughafen Stuttgart, sondern auch an dessen Weiterentwicklung interessiert und ist bereit, unter Berücksichtigung ihrer internationalen Verpflichtungen aus dem NATO-Truppenstatut und den Zusatzvereinbarungen darauf hinzuwirken, daß Berücksichtigungen nach Möglichkeit vermieden werden.Zu 3Die US-Streitkräfte haben sowohl mit der Landesregierung Baden-Württemberg als auch mit der Flughafen Stuttgart GmbH über mögliche Änderungen in der Flugplatzbenutzung im Zusammenhang mit der Verlegung des Hauptquartiers EUCOM Gespräche geführt und hierbei bereits ihre Bauabsichten angedeutet. Verbindliche Anforderungen können aber erst gestellt werden, wenn die Zustimmung der amerikanischen Regierung vorliegt.Fragen V/5 und V/6 des Abgeordneten Dr. Schmidt :Treffen die „Informationen über die steuerlichen Wettbewerbsvergünstigungen der öffentlich-rechtlichen Sparkassen", die der Bundesverband des privaten Bankgewerbes e. V. mit Schreiben vom 22. Februar 1967 den Mitgliedern des Finanz- und Wirtschaftsausschusses zugesandt hat, zu?Ist die Bundesregierung bereit, aus den in Frage V/5 genannten Informationen Schlußfolgerungen zu ziehen?Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt.Die Antwort des Staatssekretärs Grund vom 15. März 1967 lautet:Der Kernpunkt der in Ihrer Frage bezeichneten Informationen ist wohl darin zu sehen, daß die jährlichen Steuerersparnisse, die mit dem Sparkassenprivileg verbunden sind, rund 350 Mio DM ausmachen. Die Höhe des Betrags dürfte den tatsächlichen Verhältnissen sehr nahe kommen. Im übrigen sind in der Schrift noch einmal alle die Gründe dargelegt, die seit Jahren gegen den weiteren Fortbestand des Sparkassenprivilegs genannt werden. Eine Stellungnahme hierzu wird die Bundesregierung in ihrem Bericht über die Untersuchung über die Wettbewerbsverschiebungen im Kreditgewerbe abgeben. Unabhängig davon wird die Bundesregierung aber schon im Zusammenhang mit der mittelfristigen Finanzplanung prüfen, ob die Voraussetzungen fürdie Weitergeltung des Sparkassenprivilegs noch gegeben sind und verneinendenfalls in einer Gesetzesvorlage die entsprechenden Schlußfolgerungen ziehen.Frage V/7 des Abgeordneten Mischnick:Ist die Information des Präsidenten des Deutschen Städtetages zutreffend, daß der Bundesfinanzminister nicht beabsichtigt, im Rahmen der Finanzreform die Gewerbeertragsteuer wegfallen zu lassen?Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Opitz übernommen.Bitte, Herr Staatssekretär!
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967 4625
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung hat mehrfach zu erkennen gegeben, daß sie im Rahmen der Gemeindefinanzreform eine Senkung der Gewerbesteuer unter der Voraussetzung anstrebt, daß ein Ausgleich für die dabei eintretenden Einnahmeausfälle gefunden werden kann.
Über die Frage, in welcher Form eine Senkung der Gewerbesteuer durchzuführen ist, also auch über die Frage, ob in diesem Zusammenhang nach dem Vorschlag der Sachverständigenkommission für die Finanzreform die Gerwebeertragsteuer aufgehoben werden soll, steht die Entscheidung der Bundesregierung noch aus. Der Bundesminister der Finanzen wird bei seinem Vorschlag zu dieser Frage auch die Bedenken in Betracht ziehen müssen, die gegen eine völlige Aufhebung der Gewerbeertragsteuer vorgebracht worden sind.
In diesem Sinne ist eine Äußerung zu verstehen, die der Bundesminister der Finanzen in einem unverbindlichen Informationsgespräch mit Vertretern des Deutschen Städtetages gemacht hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Opitz.
Herr Staatssekretär, ist zu übersehen, in welcher Richtung diese Frage in etwa bei einer Harmonisierung in der EWG behandelt wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, wenn die Harmonisierung soweit fortschreitet, daß sie ein endgültiges Stadium erreicht, könnte in der Tat die Frage des völligen Wegfalls der Gewerbeertragsteuer aktuell werden. Das werden wir dann erneut prüfen müssen, allerdings immer unter der Voraussetzung, daß die Gemeinden quantitativ und qualitativ einen Ersatz für den Einnahmeausfall erhalten.
Frage V/8 des Abgeordneten Dr. Staratzke:
Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um die Wettbewerbsverzerrung zwischen Zeitungen und Rundfunk bzw. Fernsehen zu beseitigen, die durch die Steuerfreiheit der Gebühreneinnahmen, vor allem aber der Erträge aus den Werbesendungen der Rundfunk- und Fernsehanstalten eingetreten ist?
Die Frage wird vom Herrn Abgeordneten Moersch übernommen.
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, darf ich die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Staratzke zusammen beantworten?
Herr Abgeordneter Moersch, sind Sie damit einverstanden?
Dann rufe ich noch die Frage V/9 des Abgeordneten Dr. Staratzke auf:
Ist die Bundesrepublik das einzige Land in der EWG, das den Zeitungen die vollen Steuerlasten auferlegt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bei Ihrer ersten Frage gehen Sie davon aus, daß im Verhältnis zwischen den Zeitungen auf der einen Seite und den Rundfunk- und Fernsehanstalten auf der anderen Seite Wettbewerbsverzerrungen bestehen. Inwieweit solche Wettbewerbsverzerrungen tatsächlich gegeben sind, wird zur Zeit gerade geprüft. Wie Sie wissen, ist vor etwa zwei Jahren eine Kommission eingesetzt worden mit dem Auftrag, die Wettbewerbsverhältnisse im Pressewesen zu untersuchen. Diese Kommission hat nunmehr im wesentlichen ihre Arbeiten abgeschlossen und wird ihren Bericht voraussichtlich im Laufe des Sommers vorlegen.Ihre Frage geht weiterhin davon aus, daß die Gebühreneinnahmen und vor allem die Erträge aus den Werbesendungen der Rundfunk- und Fernsehanstalten steuerbefreit sind. Das trifft nur teilweise zu. Richtig ist, daß die Gebühreneinnahmen nicht der Steuer unterliegen; die Erträge aus den Werbesendungen werden jedoch nach den einschlägigen steuerrechtlichen Bestimmungen besteuert. Insoweit bestehen keine spezifischen, nur für die Rundfunk- und Fernsehanstalten geltenden steuerlichen Vergünstigungen.Die steuerliche Behandlung der Erträge aus den Werbesendungen kann deshalb nicht die Ursache für die Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Zeitungen und den Rundfunk- und Fernsehanstalten sein. Inwieweit die Steuerfreiheit der Gebühreneinnahmen einen Einfluß auf die Wettbewerbssituation hat, wird die bereits erwähnte Kommission im Rahmen ihrer Untersuchungen klären. Auf Grund des Ergebnisses wird die Bundesregierung dann zu entscheiden haben, welche Folgerungen hieraus im einzelnen gezogen werden müssen.Was die künftige umsatzsteuerliche Behandlung von Presse und Rundfunk einschließlich Fernsehen anlangt, so sind in den zuständigen parlamentarischen Gremien bereits bestimmte Beschlüsse gefaßt worden. Hiernach sollen Presse, Rundfunk und Fernsehen in gleicher Weise der Umsatzsteuer unterworfen werden, und zwar mit einem ermäßigten Steuersatz. Anzeigenumsätze und Werbesendungen sollen jedoch sowohl bei der Presse als auch beim Rundfunk und beim Fernsehen dem vollen Steuersatz unterliegen. Das Hohe Haus wird in Kürze endgültig darüber zu beschließen haben, wie Presse, Rundfunk und Fernsehen durch die Mehrwertsteuer besteuert werden.Zur zweiten Frage. Ganz allgemein läßt sich die Frage nach den Steuerlasten der Zeitungen dahingehend beantworten, daß im Rahmen der direkten Steuern, insbesondere der Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuern, Zeitungsunternehmen und Vertriebsgesellschaften in allen EWG-Staaten gleichmäßig die vollen Steuerlasten wie andere Unternehmer zu tragen haben.Im Rahmen der Umsatzsteuern bestehen allerdings zahlreiche Unterschiede. In Luxemburg und Frankreich gelten ab 1968 keine Steuererleichterungen mehr für die Zeitungen. Die zur Zeit noch geltenden Vergünstigungen laufen Ende dieses Jahres, also
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4626 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967
Staatssekretär Grund1967, aus. In den Niederlanden sind Zeitungspapierlieferungen, Zeitungsvertrieb und Anzeigenerlöse umsatzsteuerfrei. In Belgien unterliegen Vertriebserlöse einer zu Steuererleichterungen führenden pauschalen Umsatzsteuer an Stelle der Kumulativsteuer, während Anzeigenerlöse voll steuerpflichtig sind. In Italien hingegen sind Anzeigenerlöse umsatzsteuerfrei, da sie einer besonderen Publizitätsteuer unterliegen, während der Zeitungsvertrieb voll umsatzsteuerpflichtig ist.Falls Sie es wünschen, Herr Abgeordneter, bin ich gern bereit, Ihnen nähere Einzelheiten hinsichtlich der sehr unterschiedlichen partiellen Umsatzsteuererleichterungen in den EWG-Staaten zu geben.
Keine Zusatzfrage, — aber den Wunsch haben Sie?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich werde sie Ihnen .schriftlich zuleiten.
Die Fragen V/10, V/11 und V/12 des Herrn Abgeordneten Reichmann sind bereits beantwortet.
Frage V/13 des Herrn Abgeordneten Vogt:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die steuerliche Rechtsgleichheit für sämtliche an die Auslandsvertretungen entsandten Bundesbediensteten wieder herzustellen, nachdem neuerdings die entsandten Angestellten und Arbeiter im Gegensatz zu den entsandten Beamten und entgegen bisheriger Praxis als beschränkt einkommen-/lohnsteuerpflichtig behandelt werden, damit von den Vorteilen des Wohnungsprämiengesetzes und des Sparprämiengesetzes ausgeschlossen sind und die im Zweiten Vermögensbildungsgesetz möglichen Anlageformen nach den beiden vorgenannten Gesetzen nicht in Anspruch nehmen können?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß Auslandsbeamte und ins Ausland entsandte Angestellte und Lohnempfänger des auswärtigen Dienstes lohnsteuerlich und prämienrechtlich gleichbehandelt, d. h. also als unbeschränkt steuerpflichtige Personen angesehen werden sollten. Mit diesem Ziele wird das Bundesfinanzministerium demnächst die von Ihnen aufgeworfene Frage mit den obersten Finanzbehörden der Länder erörtern. Sollte sich dabei ergeben, daß die angestrebte Gleichbehandlung auf der Grundlage des § 14 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes nicht erreicht werden kann, so wird eine Gesetzesänderung ins Auge gefaßt werden müssen.
Vizepräsident, Dr. Dehler: Dann kommen die Fragen des Herrn Abgeordneten Dr. Pohle, Fragen V/14, V/15 und V/16:
Erwägt die Bundesregierung auf Grund des Urteils des Bundesfinanzhofes vom 17. November 1966 — I 280/63 — außer einer Überyangs- und Anpassungsregelung im Zuge des § 131 AO nicht auch eine gesetzliche Regelung des Inhalts, daß einem Ergebnisabführungsvertrag zwischen einem Personenunternehmen als Organträger und einer juristischen Person als Organ die steuerliche Anerkennung gewährt wird?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß insbesondere die Vertreter mittelständischer Unternehmen die Aufrechterhaltung der Organschaft zwischen einem Personenunternehmen und einer juristischen Person dringend befürworten?
Wie steht die Bundesregierung zur Anwendung des Organschaftserlasses vom 23. Oktober 1959 im Rahmen einer Übergangs- und Anpassungsregelung?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, darf ich die Fragen gemeinsam beantworten?
Dr. Pohle ist einverstanden. — Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bundesregierung hält eine gesetzliche Regelung der Organschaft auch für den Bereich der Körperschaftsteuer für notwendig. Das Bundesfinanzministerium hat deshalb bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf als Diskussionsgrundlage ausgearbeitet und diesen den Spitzenverbänden der Wirtschaft zur Stellungnahme zugeleitet. Er wird in nächster Zeit mit Vertretern der Wirtschaft und der Verwaltung besprochen werden. Im Zuge der weiteren Arbeiten an dem Entwurf wird entschieden werden müssen, ob Personenunternehmen uneingeschränkt als Organträger zugelassen werden können. Der bisherige Entwurf geht davon aus, daß das nur dann der Fall sein soll, wenn sämtliche Gesellschafter einer Personengesellschaft Kapitalgesellschaften sind. Dem Bundesfinanzministerium ist bekannt, daß insbesondere auch mittelständische Unternehmen die uneingeschränkte Aufrechterhaltung der körper-schaftsteuerlichen Organschaft mit Ergebnisabführungsvertrag zwischen einem Personenunternehmen als Organträger und einer Kapitalgesellschaft als Organ dringend befürworten. Gerade das ist der Anlaß zu der Bemerkung, die ich vorhin gemacht habe, daß wir diese Frage sehr sorgfältig überprüfen wollen.
Das Bundesfinanzministerium hat entsprechend der in der Antwort auf die mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stammberger in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 17. Februar 1967 gegebenen Zusage inzwischen den Finanzministerien der Länder den Entwurf einer Übergangsregelung übersandt. Danach soll für eine Übergangszeit das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17. November 1966 nicht angewendet werden. Für die Übergangszeit werden dementsprechend im Rahmen der bisherigen Praxis auch noch die Bestimmungen des Organschaftserlasses der Länder vom 23. Oktober 1959, wie sie bis zuletzt gegolten haben, angewendet werden.
Das war Ihre dritte Frage.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Pohle.
Herr Staatssekretär, welches sind die Gründe, aus denen sich die Bundesregierung nicht kurzerhand an die Regelung hält, die in der Kodifikation des Aktiengesetzes zustande gekommen ist, nach der diese Organschaft in dem von mir gewünschten Sinne aufrechterhalten und
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967 4627
Dr. Pohleanerkannt ist, zumal das Bundesfinanzministerium mit Recht den Grundsatz der Bindung der Steuerbilanz an die Handelsbilanz aufrechterhält?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, daß das lediglich eine Frage des Zusammenhangs zwischen Steuerbilanz und Handelsbilanz ist. Wir haben dabei die Entscheidungen der obersten Gerichte zu beachten. Sie wissen, in einem der Urteile ist ausdrücklich gesagt worden, daß die Frage, ob eine Personengesellschaft, insbesondere eine natürliche Person, der Organträger für eine Organgesellschaft sein kann, mit dem körperschaftsteuerlichen Grundgedanken nicht vereinbar ist. Wir werden aber diese Frage auch unter den Gesichtspunkten prüfen, die sich aus dem Aktiengesetz ergeben.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Pohle.
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, welchen Standpunkt in der hier angeschnittenen Frage die Länderreferenten einnehmen? Hegen alle Referenten die gleichen Bedenken, oder gibt es auch Länderreferenten, die dieser Möglichkeit der Organschaft zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften das Wort reden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die Besprechungen mit den Länderreferenten sind noch nicht abgeschlossen. Es sind uns zum Teil unterschiedliche Meinungen bekanntgeworden; auch gerade aus dem Lande, das Sie hier mit vertreten, sind Bedenken hinsichtlich einer Teilfrage geäußert worden.
Herr Abgeordneter Kiep, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, welche Frist würde die Bundesregierung als Übergangsfrist für angemessen halten, bis eine Neuregelung durchgeführt wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Auf diese Frage werde ich noch eingehen, wenn ich zu der Frage komme, die speziell von Herrn Abgeordneten Friderichs für heute gestellt worden ist. Ich kann die Antwort aber schon jetzt vorwegnehmen. Wir denken uns die Übergangsregelung in der Weise, daß das alte Recht noch gelten soll für alle diejenigen Gesellschaften, die ihr Wirtschaftsjahr vor dem 1. Januar 1968 abschließen. Liegt ein abweichendes Wirtschaftsjahr vor, dann möchten wir die Übergangsregelung so weit ausdehnen, daß auch noch das abweichende Wirtschaftsjahr 1967/68 hineinfällt, also auch über den 1. Januar 1968 hinaus,
Ich rufe die Frage V/17 des Herrn Abgeordneten Wagner auf:
Auf welche Weise will die Bundesregierung sicherstellen, daß die Bestimmung des § 2 Abs. 2 des Kreditfinanzierungsgesetzes, wonach bei der aus Mitteln des Investitionshaushalts finanzierten Auftragsvergabe Gebiete mit überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit bevorzugt zu berücksichtigen sind, eingehalten wird?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, erlauben Sie mir auch hier, daß ich die beiden Fragen wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantworte?
Der Herr Kollege Wagner ist damit einverstanden. Dann rufe ich auch noch die Frage V/18 des Herrn Abgeordneten Wagner auf:
Ist die Bundesregierung mit dem Fragesteller der Auffassung, daß die üblichen Verteilungsschlüssel für die Aufteilung von Bundesmitteln auf die Länder für die Mittel des Investitionshaushalts, insbesondere die Sofortprogrammittel nach § 3 des Kreditfinanzierungsgesetzes im Hinblick auf § 2 Abs. 2 des Kreditfinanzierungsgesetzes nicht anwendbar sind?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat am 21. Februar 1967 in Beantwortung einer Kleinen Anfrage betreffend Einsatz von Mitteln des Investitionshaushalts erklärt, daß die Bundesregierung in geeigneter Form darauf hinwirken werde, daß bei der Auswahl der Investitionsprojekte und bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Rahmen der Maßnahmen des Investitionshaushalts bei Vorliegen der konjunkturpolitischen Voraussetzungen soweit wie möglich auch regionalwirtschaftliche Belange berücksichtigt werden. Mit Schnellbrief vom 28. Februar 1967 hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft die für die Durchführung der Maßnahmen des Investitionshaushalts zuständigen Ressorts ersucht, im Rahmen ihrer Zuständigkeit dafür Sorge zu tragen, daß bei der regionalen Verteilung der Mittel neben den bestehenden Präferenzgebieten — Berlin, Zonenrandgebiet, Bundesausbaugebiete, Bundesausbauorte — auch solche Gebiete bevorzugt berücksichtigt werden, die von der Abschwächung der Konjunktur stärker betroffen sind und in denen eine überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit gegeben ist. Voraussetzung für die Berücksichtigung regionalwirtschaftlicher Belange in den Gebieten mit überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit ist allerdings, daß durch die zusätzlichen Investitionsmaßnahmen in diesen Gebieten die mit dem Investitionshaushalt bezweckten konjunkturellen Anstoßwirkungen in keinem Fall beeinträchtigt werden. Mit der Zielsetzung des Investitionshaushalts ist es danach unvereinbar, die Mittel nach dem üblichen Verteilungsschlüssel für die Aufteilung von Bundesmitteln auf die Länder zuzuweisen. Die Bundesregierung teilt also ihre Auffassung, Herr Abgeordneter, voll und ganz.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wagner.
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4628 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967
Herr Staatssekretär, kann der Bundesfinanzminister auf die Auswahl der zu fördernden Projekte in den einzelnen Bereichen Einfluß nehmen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die Verteilung der Mittel und auch die Vergabe von Aufträgen obliegen an sich den einzelnen Ressorts. Aber der Bundesfinanzminister hat die Möglichkeit, Vorhaben zurückzuweisen, wenn sie der Zielsetzung, die ich eben umrissen habe, nicht entsprechen, wenn also insbesondere das Ziel der Wiederbelebung der Wirtschaft oder die überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit nicht genügend berücksichtigt ist.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Wagner.
Herr Staatssekretär, werden im Rahmen des Investitionshaushalts den Ländern auch Globalmittel zugewiesen, die sie dann selbst verteilen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, im allgemeinen werden die Mittel von den Bundesressorts verwaltet und verteilt. Es gibt allerdings drei Bereiche, in denen eine Ausnahme besteht. Das sind im wesentlichen die Landwirtschaft, teilweise wohl auch Wissenschaft und Forschung und schließlich noch der soziale Wohnungsbau. In diesen Bereichen erfolgt die Verteilung über die Länder. Aber insoweit ist mit den Ländern Fühlung genommen worden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Niederalt.
Herr Staatssekretär, ist auch bei den Mitteln für den Straßenbau im Rahmen des sogenannten Eventualhaushalts eine globale Zuteilung an die Länder vorgesehen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein.
Darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß die Mittel für den Straßenbau einzig und allein erstens nach der Zielsetzung des Kreditfinanzierungsgesetzes und zweitens nach dem sehr wichtigen § 2 Abs. 2, nämlich unter Berücksichtigung der überdurchschnittlichen Arbeitslosigkeit, verteilt werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sicherlich, die Frage kann ich bejahen.
Herr Abgeordneter Dr. Pohle, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, zu welchem Zeitpunkt ist mit einer Verteilung der Mittel aus dem Sofortprogramm zu rechnen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, das Sofortprogramm ist vollkommen verplant, und die Aufträge sind, soweit ich unterrichtet bin — sie werden ja durch die Ressorts erteilt —, auch schon vollständig vergeben.
Herr Abgeordneter Röhner, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die .Arbeitslosenquote im Bundesgebiet im Durchschnitt — Stichtag 1. März 1967 —3,1 % betragen hat und daß demgegenüber in Nordbayern zu diesem Zeitpunkt eine Arbeitslosenquote von 6,4 % und in Südbayern eine Arbeitslosenquote von 4,4 % zu verzeichnen war? Meine Frage geht nun dahin: Wie hoch ist in Anbetracht dieser Zahlen die quotenmäßige Beteiligung des Freistaates Bayern an den gesamten Mitteln des Investitionshaushalts?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, Sie wissen, daß das Bundesfinanzministerium gerade in den letzten Tagen eine Vorlage über die Verteilung der Mittel an den Haushaltsausschuß gegeben hat. Ihnen ist sicherlich auch bekannt, daß im Gesetz die Mitwirkung des Haushaltsausschusses vorgesehen ist. Über die endgültige Verteilung der Mittel kann ich Ihnen also noch keine festen Zahlen nennen.
Aber eins darf ich heute schon sagen: Der zusätzliche Investitionshaushalt ist kein reines Arbeitsbeschaffungsprogramm. Das Land Bayern wird im Rahmen der Zielsetzung des Investitionshaushalts unter angemessener Abwägung aller Umstände berücksichtigt werden. Sie haben vielleicht schon gewisse Zahlen gehört. Nach unseren Vorstellungen, so wie sie Eingang in die soeben erwähnte Finanzvorlage gefunden haben, ist das Land Bayern in angemessenem Umfang, auch unter Beachtung der von Ihnen genannten Arbeitslosenzahl, berücksichtigt.
Herr Abgeordneter Müller-Hermann zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie in diesem Zusammenhang Auskunft darüber geben, ob die Länder, die ja an einer Arbeitsbeschaffung unmittelbar interessiert sind, sich endlich auch über die Richtlinien mit dem Bund verständigt haben, die zur Vergabe der 660 Millionen DM aus der Erhöhung der Mineralölsteuer nötig sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich sehe zwar keinen unmittelbaren Sachzusammenhang zwischen dem Investitionshaushalt und den 660 Millionen DM des Mineralölsteueraufkommens. Trotzdem möchte
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967 4629
Staatssekretär Grundich die Frage beantworten. Sie lautet leider: nein; die Verständigung ist noch nicht herbeigeführt.
Herr Abgeordneter Moersch zu einer Zusatzfrage.
Herr Staaatssekretär, können Sie Nachrichten bestätigen, wonach in Gebieten mit einer relativ hohen Arbeitslosenquote der Bedarf an neuen Straßen am geringsten ist, während der Bedarf an neuen Straßen dort am höchsten ist, wo die geringste Arbeitslosigkeit herrscht, so daß die hier angeregte Zweckbestimmung investitionspolitisch geradezu falsch wäre?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Diese paradoxe Frage will ich gern überprüfen. Ich kann das so, wie Sie es soeben vorgetragen haben, nicht schlechthin bestätigen.
Herr Abgeordneter Dr. Schulze-Vorberg!
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, bei der Vergabe von Mitteln aus dem Investitionshaushalt in die bisher unterstrukturierten Gebiete zu berücksichtigen, daß diese Gebiete leider an manchen Teilen des Gesamtprogramms kaum teilnehmen können? Wird die Bundesregierung zum Ausgleich aus anderen Teilen des Investitionsprogramms bevorzugt Mittel in diese Gebiete geben? Ich denke hier z. B. an den Landeskulturbau.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich glaube, Sie spielen darauf an, daß im Gesamthaushalt ohnehin gewisse strukturpolitische Maßnahmen vorgesehen sind, aber nicht in dem gewünschten Umfang. Die Frage, ob jetzt etwa über den Eventualhaushalt oder über den, wie ich ihn nenne, zusätzlichen Investitionshaushalt ein Ausgleich für die unterstrukturierten Gebiete erfolgen kann, vermag ich leider nicht positiv zu beantworten. Die vorgesehenen strukturpolitischen Maßnahmen im Gesamthaushalt werden unabhängig davon getroffen. Aber sicherlich wird der zusätzliche Investitionshaushalt dazu beitragen, daß in einzelnen unterstrukturierten Teilgebieten eine Verbesserung eintritt.
Herr Dr. Stecker zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß in die schlecht strukturierten Gebiete, die der Kollege Moersch offenbar abschreiben will,
durch den Bau von Straßen einiges Leben kommen kann?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sicher, Herr Abgeordneter.
Herr Abgeordneter Mertes zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist die erwähnte überdurchschnittliche Arbeitslosenquote in Bayern allein eine Folge der zu geringen Investitionsmittel, oder spielt hier vielleicht auch die Frage der Ausbildungsstruktur mit hinein, die mit dem Schulsystem zusammenhängt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, einen ursächlichen Zusammenhang des letzten Komplexes vermag ich wirklich nicht zu erkennen; aber die Ursachen sind sicherlich sehr vielfältig.
Herr Abgeordneter Fritsch zu einer Zusatzfrage.
Ist Ihnen bekannt, Herr Staatsekretär, daß nach Auskunft der obersten Baubehörde des bayerischen Staatsministeriums des Innern im bayerischen Zonenrand- und Grenzgebiet derzeit 100 Vorhaben für den Bundesfernstraßenbau existieren, die allein einen Aufwand von 400 Millionen DM erfordern? Wird dieser Tatbestand bei den Mitteln des Kreditfinanzierungsgesetzes genügend berücksichtigt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, einer der tragenden Gesichtspunkte bei der Vergabe der Aufträge gerade auch im Straßenbau ist doch der, daß es sich um Aufträge handeln muß, die sofort effizient werden, d. h. sofort vergeben werden können und damit die Konjunktur beleben. Wenn also in dem von Ihnen erwähnten Raum so viele Projekte vergabereif sind, bin ich überzeugt, daß sie bei der Verteilung der Mittel auch entsprechend berücksichtigt werden.
Herr Abgeordneter Moersch!
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß ein Teil der strukturellen Arbeitslosigkeit in Bayern unter anderem dadurch eingetreten ist, daß dank dem segensreichen Wirken mancher Kollegen hier im Hause vor Jahren die Straßenbaukapazität so hochgetrieben wurde, daß jetzt einfach keine Beschäftigungsmöglichkeiten mehr für das Straßenbaugewerbe dort vorhanden sind?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich müßte erst prüfen, ob das Unwahrscheinliche in Ihrer Frage wirklich zutrifft.
Herr Abgeordneter Fritsch zu einer weiteren Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich im Anschluß an meine vorherige Frage noch
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4630 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967
Fritsch
die Frage stellen, ob denn in Bayern bei der Vergabe von Mitteln für den Straßenbau nach dem Kreditfinanzierungsgesetz besondere Gebiete, die weit über den Landesdurchschnitt hinaus arbeitslose Mitbürger zu verzeichnen haben, punktuell berücksichtigt werden. Ich denke dabei insbesondere an Landkreise im Zonenrandgebiet, bei denen sich ja die Durchschnittszahlen der Arbeitslosen der 40 %-Quote nähern.Grund, Staatssekretär des Bundesministeriums der 'Finanzen: Herr Abgeordneter, ich habe jetzt den Eindruck, daß die Debatte auf eine Straßenbaudebatte hinausläuft. Ich würde anregen, dem hier anwesenden Herrn Minister Leber diese Frage zu stellen. Ich bin beim besten Willen nicht in der Lage, ad hoc alle diese Fragen konkret zu beantworten.
Herr Abgeordneter Schulze-Vorberg!
Herr Staatssekretär, damit kein falscher Eindruck entsteht, möchte ich auf die Frage des Kollegen Mertes nach den Schulverhältnissen zurückkommen und Sie fragen, ob dieses ernste Problem nicht auch Ihrer Meinung nach in erster Linie gesehen werden muß unter dem Gesichtspunkt der deutschen Teilung, daß Bayern leider eine sehr lange Zonengrenze hat, daß wir dort eben mit besonderen Schwierigkeiten zu rechnen haben und daß zusätzliche Verdächtigungen dieser Art das Problem gewiß nicht erleichtern. Stimmen Sie darin mit mir überein?
Ich glaube nicht, daß der Herr Staatssekretär die umfassende Kompetenz hat, diese sehr weitreichende Frage zu beantworten. Wir wollen ihn nicht überfordern. Er ist kein Politiker, sondern ein Beamter.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, ich möchte nur sagen: wenn ich vorhin auf die vielfältigen Ursachen hingewiesen habe, so habe ich speziell gerade auch an diese Gesichtspunkte gedacht, die. Sie, Herr Abgeordneter, jetzt hier noch einmal ausdrücklich erwähnt haben.
Ich bin Ihnen sehr dankbar, Herr Staatssekretär.
Herr Abgeordneter Vogt als letzter.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, im Zusammenhang mit den hier gestellten Fragen noch diese meine Frage zu beantworten: Sind Pressenachrichten richtig, daß die Bundesregierung eine Aufstockung des Eventualhaushalts erwägt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Darüber sind noch keine Beschlüsse gefaßt. Dieses Problem ist übrigens an die Bundesregierung auch noch von keiner Seite und von keinem Ressort offiziell herangetragen worden.
Ich rufe dann die Frage V/19 des Hern Abgeordneten Dr. Müller-Hermann auf:
Wie hoch schätzt der Bundesfinanzminister den Steuerausfall ein, der sich allein aus der Tatsache ergibt, daß sogenannte Cash-and-Carry-Unternehmen in ständig wachsendem Umfang — statt an Zwischenhändler — unter Aussparung der 4%igen Umsatzsteuer Waren aller Art an Letztverbraucher abgeben?
sowie seine Frage VI/23, die unter dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft aufgeführt ist:
Welche Konsequenzen gedenkt der Bundeswirtschaftsminister aus der Tatsache zu ziehen, daß sogenannte Cash-and-Carry-
Unternehmen, die ihrer Funktion und ihrer steuerlichen Behandlung nach als Unternehmen des Zwischenhandels gelten, in ständig wachsendem Umfang Waren aller Art an Letztverbraucher abgeben und damit den Wettbewerb des Einzelhandels entscheidend verfälschen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich darf zunächst einmal die Frage beantworten, die an mein Haus gerichtet ist. Im Bundesfinanzministerium liegen keine amtlichen Zahlen darüber vor, in welchem Umfang Cash-and-Carry-Großhändler ihre Waren an Letztverbraucher liefern. Es ist jedoch aus anderen Quellen bekannt, daß der Anteil dieser Lieferungen etwa 8 bis 12 v. H. des Umsatzes der Cash-and-Carry-Großhändler, aber nur 0,5 v. H. der gesamten Lieferungen aller Einzelhändler an Letztverbraucher in der Bundesrepublik beträgt. Der Cash-and-Carry-Großhandel hat diese Umsätze genauso wie andere Großhändler als Einzelhandelslieferungen mit 4 v. H. zu versteuern. Ob und in welchem Umfang in den Umsätzen, für die die Cash-and-Carry-Unternehmen Großhandelsvergünstigungen in Anspruch nehmen, Lieferungen an Letzverbraucher enthalten sind, ist nicht bekannt. Etwaige Mißbrauchsfälle werden im Rahmen der allgemeinen Betriebsprüfung und bei der Umsatzsteuersonderprüfung aufgegriffen. Inwieweit danach noch ein Steuerausfall verbleibt, kann ohne weitere Ermittlungen nicht geschätzt werden. Soviel zu der Frage, die Sie an mein Haus gestellt hatten.Anschließend möchte ich wegen des Sachzusammenhangs gleich die Frage beantworten, die an den Herrn Bundesminister für Wirtschaft gestellt worden ist. Die Entwicklung auf dem Gebiet des Cash-and-Carry-Großhandels wird vom Bundeswirtschaftsminister ständig und aufmerksam beobachtet. Es handelt sich um ein Selbstbedienungssystem, das sowohl beim Einzelhandel als auch beim Großhandel aus Gründen der Rationalisierung und der Kostensenkung Eingang gefunden hat. Dabei ergibt sich die Notwendigkeit, durch entsprechende Kontrollen den Verkauf auf gewerbliche Einkäufer zu beschränken. Hierüber haben mit den beteiligten Wirtschaftskreisen eingehende Beratungen stattgefunden. Von der Wirtschaft sind Kontrollsysteme ausgearbeitet und eingeführt worden, durch die der ursprünglich oft unkontrollierte Zugang von pri-
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967 4631
Staatssekretär Grundvaten Verbrauchern zu Cash-and-Carry-Lägern weitgehend unterbunden worden ist.Die Kontrolle stützt sich u. a. auf die von den zuständigen Behörden ausgestellten Bescheinigungen über die Gewerbeanmeldung — § 15 der Gewerbeordnung — oder auf die Reisegewerbekarte — § 55 der Gewerbeordnung —. Es ist vorgekommen, daß Letztverbraucher nur zum Schein ein Gewerbe angemeldet oder eine Reisegewerbekarte beantragt haben, um die behördliche Bescheinigung als „Ausweis" für den Einkauf in Cash-and-Carry-Betrieben zu benutzen. In Erörterungen mit den Länderwirtschaftsministerien hat das Bundesministerium für Wirtschaft erreicht, daß die zuständigen Behörden im Erlaßwege jetzt angewiesen wurden, in Fällen erkennbarer Scheinanmeldungen oder Scheinanträge eine Empfangsbescheinigung oder Reisegewerbekarte zu verweigern.Nach Kenntnis des Bundeswirtschaftsministeriums sind diese Maßnahmen, wo sie zum Zuge gekommen sind, auch schon wirksam geworden. Das schließt nicht aus, daß angesichts des raschen Entstehens neuer Cash-and-Carry-Betriebe da und dort in diesem Stadium der Entwicklung gelegentlich auch ein anderer Eindruck erweckt wird.
Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Müller-Hermann.
Herr Staatssekretär, sprechen nicht leider die Erfahrungen dafür, daß die Gewerbescheine in den Ländern in einer so großzügigen Art und Weise ausgegeben werden, daß eben sehr viele — wie Sie sagen — private Verbraucher sich den Anschein geben, gewerbliche Einkäufer zu sein, ohne es tatsächlich zu sein, und daß dadurch in der Tat nicht nur dem Fiskus erhebliche Steuereinnahmen verlorengehen, sondern auch dem Einzelhandel eine fast unlautere Konkurrenz erwächst?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, für die Vergangenheit möchte ich Ihren Eindruck bestätigen. Ich hoffe aber, daß das vom Bundeswirtschaftsminister in Angriff genommene Verfahren, besonders die Anweisung, jetzt strenger zu prüfen, doch Erfolge zeitigen wird.
Eine weitere Frage des Herrn Kollegen Dr. Müller-Hermann.
Ist, wenn man etwas schärfere Kontrollbestimmungen praktiziert, nach einer angemessenen Zeit mit einem Erfahrungsbericht von seiten der Länder zu rechnen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich weiß nicht, ob das im Rahmen der Vorstellungen des Bundeswirtschaftsministers liegt. Aber ich will gern in diesem Sinne eine Anregung weitergeben, nachdem ich heute die Beantwortung dieser Frage übernommen habe. Ich werde das Bundeswirtschaftsministerium
bitten, in angemessener Zeit Berichte anzufordern.
Ich rufe die Frage V/20 des Abgeordneten Fritsch auf:
Wann ist mit der beabsichtigten Verlegung des Hauptzollamtes von Landshut nach Deggendorf zu rechnen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bereits seit mehreren Jahren und auch heute noch besteht die Absicht, den Sitz des Hauptzollamtes von Landshut nach Deggendorf zu verlegen. In dem tief gestaffelten Bezirk liegt das Hauptzollamt Landshut zu weit von der Grenze entfernt. Vor der Verlegung nach Deggendorf muß dort jedoch ein neues Verwaltungsgebäude errichtet werden. Die angespannte Haushaltslage hat bisher leider die Verwirklichung dieses Planes nicht zugelassen. Es ist zur Zeit auch nicht zu übersehen, wann das Projekt in Angriff genommen werden kann.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fritsch.
Herr Staatssekretär, Ihr Haus hat unter dem 21. November 1966 mitgeteilt, daß zunächst die Einstellung von 500 000 DM für die Errichtung eines neuen Hauptzollamtsgebäudes in Deggendorf vorgesehen sei, daß aber dieser Betrag wegen Haushaltsschwierigkeiten nicht habe eingesetzt werden können. Ich darf in diesem Zusammenhang auf den vorhin erwähnten Eventualhaushalt zurückkommen, da es sich hier um Hochbaumaßnahmen des Bundes handelt. Besteht keine Möglichkeit, nunmehr aus diesen Mitteln dieses Bauvorhaben verstärkt in Angriff zu nehmen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, von meinem Haus, insbesondere von der zuständigen Zollabteilung, ist wiederholt Anlauf genommen worden, entsprechende Mittel in den Entwurf des Haushalts einzubringen. Alle Anläufe sind bisher gescheitert. Ob jetzt im Rahmen des zusätzlichen Investitionshaushalts Mittel dafür aufzubringen sind, wird entscheidend davon abhängen, ob es sich schon um einen vergabereifen Auftrag handelt. Ich glaube das bezweifeln zu müssen, weil ja ,die Neubaupläne für dieses Hauptzollamt dann schon fix und fertig vorliegen müßten, damit eine Ausschreibung erfolgen kann. Aber ich will der Sache nachgehen und sie prüfen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, würden Sie für den Fall, daß Ihre Vermutung stimmen sollte, von Ihrem Hause aus mit Nachdruck dafür sorgen, daß die baureife Planung des Vorhabens in Deggendorf betrieben wird?
Metadaten/Kopzeile:
4632 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich fürchte, daß solche Maßnahmen zu spät kämen, weil die Sache dann in diesem Jahr nicht mehr rechtzeitig bewerkstelligt werden könnte.
Herr Abgeordneter Niederalt zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß dieses Projekt ein planfertiges Projekt sein muß, nachdem dafür schon ein erheblicher Betrag ausgeworfen worden ist? Sind Sie nicht weiter mit mir der Meinung, daß das dann geradezu ein typischer Fall des Kreditfinanzierungsgesetzes — der 200 Millionen, die für Hochbaumaßnahmen vorgesehen sind — ist, nachdem hiermit erstens sofort eine Konjunkturspritze gegeben werden kann und es sich zweitens um ein Gebiet handelt, das eine Arbeitslosigkeit von 30 und mehr Prozent aufweist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, wenn ich recht unterrichtet bin, ist es bisher leider nicht gelungen, einen einzigen Ansatz in den Haushalt hineinzubringen. Es mag aber durchaus sein, daß, da wiederholt Anläufe genommen worden sind und auch einmal der Betrag von 500 000 DM genannt worden ist, Vorplanungen weitgehend gediehen sind. Ich bin aber im Moment überfragt. Ich will die Sache überprüfen lassen. Sollten vergabereife Vorhaben vorliegen, dann würde ich in der Tat der Meinung sein, daß man sie noch einbeziehen sollte.
Auch der Herr Abgeordnete Büttner ist an Niederbayern interessiert; ich bin gespannt. Bitte!
Herr Staatssekretär, darf ich mir dazu die grundsätzliche Frage erlauben, wie es mit der Verlegung von Zollämtern überhaupt ist. Ich denke dabei an das Zollamt in Kleve, das im Rahmen des deutsch-niederländischen Abkommens um wenige Kilometer verlegt werden soll. Ist das überhaupt noch erforderlich, wenn wir daran denken, daß im Rahmen der EWG die Zölle abgebaut werden sollen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, diese Grundsatzfrage kann ich, ohne nun auf den Einzelfall Kleve einzugehen, nur ganz allgemein beantworten. In dem ersten Teil Ihrer Frage klang der Zweifel an, ob nach Harmonisierung der Binnenzölle noch ein berechtigtes Interesse am Ausbau von neuen Zollämtern bestehe. Leider ist es doch so, daß durch den Wegfall der Binnenzölle keineswegs die Verbrauchsteuergrenzen wegfallen. Wegen dieser Verbrauchsteuergrenzen wird der Zöllner immer noch an der Grenze stehen müssen. Das macht es erforderlich, dort, wo es nottut, auch Neubauten zu erwägen.
Andererseits muß ich aber gerade im Hinblick auf die zunehmende Harmonisierung — Wegfall der
Binnenzölle und Schaffung eines gemeinsamen Außenzolltarifs — auf die Notwendigkeit der Rationalisierung der Zollverwaltung hinweisen. Das wird uns zwingen, auch in organisatorischer Hinsicht gewisse Schlußfolgerungen zu ziehen. Als Folge davon wird hier und dort ein Hauptzollamt wegfallen, oder es werden überhaupt Umorganisationen im Aufbau der Zollverwaltung vorgenommen werden müssen.
Herr Abgeordneter Büttner zu einer weiteren Frage.
Wann glauben Sie, Herr Staatssekretär, daß im Interesse der Beruhigung der Zollbeamten eine abschließende Klärung erfolgen kann?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, diese Frage kann ich Ihnen nicht konkret beantworten. Wir sind laufend mit dem Problem befaßt, wie wir der Entwicklung insbesondere auf dem. Gebiete der Harmonisierung Rechnung tragen können. Ich habe vor, diese Frage vor den Zollbeamten auf der nächsten Jahrestagung des Zollbeamtenbundes in Münster ausführlich zu behandeln und dazu Stellung zu nehmen, um 'damit einen Beitrag zur Beruhigung in der Zollbeamtenschaft zu liefern.
Herr Abgeordneter Schulz zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, meinen Sie nicht auch, daß die Umwandlung der heutigen Fragestunde in eine Art Bayerndebatte auf ein stark entwickeltes Bayernbewußtsein des Hohen Hauses schließen läßt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Von der letzten Zusatzfrage habe ich nicht diesen Eindruck, weil diese ganz generell gestellt war.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Frage VIII/1 des Herrn Abgeordneten Schmidt :
Ist die Bundesregierung mit dem Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für Arbeit einer Meinung, daß der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung baldigst von 1,3 Prozent auf 2 Prozent angehoben werden müsse?
Bitte, Herr Minister!
Herr Kollege Schmidt, nach dem mir vorliegenden Bericht der „Welt" vom 18. Februar 1967 und einer mir ebenfalls vorliegenden Abschrift eines Briefes ides Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für Arbeit an den Pressedienst der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hat dieser nicht davon gesprochen, wie Sie offenbar annehmen, daß der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung „baldigst", also ohne Rücksicht auf die Wirtschaftslage,
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967 4633
Bundesminister Katzererhöht werden sollte. Er hat vielmehr die Auffassung vertreten, daß der Beitrag nach Überwindung der Wirtschaftsabflachung wieder mit dem im Gesetz vorgesehenen Satz von 2 % erhoben werden sollte.Ich darf daher feststellen, daß die Bundesregierung in Übereinstimmung mit dem Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für Arbeit der Auffassung ist, daß der Beitragssatz für die nächste Zeit nicht erhöht werden sollte. Die Bundesregierung ist der Meinung, ,daß bei rückläufiger Beschäftigungslage der Beitragssatz solange wie möglich nicht erhöht werden sollte. Die Rücklage der Bundesanstalt soll die in diesem Fall rasch anwachsenden Mehrausgaben auffangen. Dies entspricht auch der Auffassung des Hohen Hauses, wie sie bei Erteilung der Ermächtigung an die Bundesregierung im Jahre 1961, den Beitrag von 2 % „nach Maßgabe der Finanzlage der Bundesanstalt zeitweise zum Teil auszusetzen", im. Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Arbeit zum Ausdruck gekommen ist. Die Höhe der gegenwärtigen Rücklage erlaubt es, die weitere Entwicklung abzuwarten.Da die Rechtsverordnung, durch die der jetzige ermäßigte Beitrag festgesetzt ist, am 31. Dezember 1967 außer Kraft tritt, wird die Bundesregierung bis Ende dieses Jahres prüfen müssen, ob die Beitragsermäßigung auch nach Überwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten beibehalten werden kann.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmidt.
Herr Minister, darf ich aus Ihrer Antwort im Hinblick auf gewisse wenigstens leichte Entspannungen der Arbeitslosenlage entnehmen, daß der Begriff „nächste Zeit" immerhin so weit geht, daß nur noch gravierende Veränderungen zum Negativen die Bundesregierung zu Überlegungen über eine Anhebung veranlassen würden?
Jawohl, Herr Kollege.
Eine weitere Frage.
Darf ich weiterhin annehmen, daß, wenn solche Überlegungen aus irgendeinem Grunde auftauchen sollten, sie immer in Zusammenhang mit Beitragserhöhungen auf anderen Gebieten, die im Gespräch sind, angestellt und koordiniert werden, um keine zu hohen Belastungen sowohl für den Beitragszahler als auch auf der Arbeitgeberseite entstehen zu lassen?
Herr Kollege Schmidt, Sie wissen, daß wir das in der Vergangenheit immer getan haben, daß wir sorgfältig abgewogen haben und nicht nur den einen Teilbereich im Auge hatten, sondern das gesamte Sozialgefüge. Das wird auch in Zukunft so sein.
Dann die Fragen VIII/2 und VIII/3 des Herrn Abgeordneten Bading:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Firmen, die eine auf
monatlicher, elektronischer Datenverarbeitung beruhende Lohnabrechnung eingeführt haben, auf Schwierigkeiten mit den Arbeitsbescheinigungen stoßen, die von freigestellten Arbeitnehmern mit dem Antrag auf Arbeitslosenunterstützung zum Nachweis ihres Arbeitsentgeltes in den letzten 20 Tagen vor der Entlassung vorzulegen sind?
Ist die Bundesregierung bereit, der technischen Entwicklung der Datenverarbeitung Rechnung zu tragen und durch Änderung der Vorschriften zu ermoglichen, daß der Inhalt der Arbeitsbescheinigungen, die beim Antrag auf Arbeitslosenunterstützung vorzulegen sind, auf den durch die Datenverarbeitung bedingten Abrechnungszeitraum vor der Entlassung abgestellt wird?
Ist Herr Kollege Bading im Raum? — Nein. Die beiden Fragen werden schriftlich beantwortet.
Dann rufe ich die Frage VIII/4 des Herrn Abgeordneten Schmidt auf:
Ich frage die Bundesregierung: wieviel Aufsichtsratssitze und Arbeitsdirektorenstellen entfallen bei den Unternehmungen, die auf Grund des Wirksamwerdens der Zweijahresfrist gem. § 16 des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie die Voraussetzungen für dieses Gesetz nicht mehr erfüllen?
Bitte, Herr Minister!
In den Geltungsbereich des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes fallen zur Zeit noch die Rheinischen Stahlwerke, Essen, die Gelsenkirchener Bergwerks AG, Essen, und die Salzgitter AG. Jede dieser drei Konzernobergesellschaften hat einen Arbeitsdirektor und 21 Aufsichtsratsmitglieder, davon 10 Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmerseite, 10 Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseignerseite und als 21. Aufsichtsratsmitglied den sogenannten neutralen Mann, der nach dem Gesetz von den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern zu wählen ist.
Wenn diese Gesellschaften aus dem Bereich des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes ausscheiden, entfällt die Pflicht zur Bestellung eines Arbeitsdirektors, und der Aufsichtsrat wäre nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer zusammenzusetzen.
Wieviel Sitze der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat bei diesem Wechsel entfallen, kann im Augenblick nicht gesagt werden, da die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder von der Hauptversammlung bei einem solchen Wechsel in der Zusammensetzung des Aufsichtsrats erneut festzusetzen ist. Unter der Voraussetzung, daß die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder nicht geändert wird, wären in allen drei Konzernobergesellschaften je 7 Arbeitnehmervertreter zu bestellen. Es würden also drei Sitze in jeder Gesellschaft entfallen. Diese Zahl erhöht sich, wenn die Zahl der Aufsichtsratssitze insgesamt verringert wird.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmidt.
Herr Minister, hat die Möglichkeit eines solchen Ausfalls von Sitzen zu der etwas beschleunigten Verabschiedung- des Ge-
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4634 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967
Schmidt
setzes zur Ausweitung oder zur Verlängerung der Montan-Mitbestimmung dieser Tage in diesem Haus beigetragen?
Ich glaube, daß man das unter diesem Gesichtspunkt nicht sehen kann, Herr Kollege Schmidt. Ich darf aber auf die vorgestrige Debatte zurückkommen und das eine sagen: Sie meinen, das sei vorschnell geschehen. Ihr Kollege hat aber bei der Debatte vorgestern zum Ausdruck gebracht, für ihn gebe es für dieses Gesetz ein logisches Argument, das aber leider nicht vorgetragen worden sei. Dieses logische Argument sei folgendes: Der Zweijahreszeitraum ist infolge der schnellen wirtschaftlichen Entwicklung zu kurz, und da könne es passieren, daß ein Konzernunternehmen unter die qualifizierte Mitbestimmung fällt und dann wieder herausfällt. Um dieses Hinein und Heraus zu verhindern, müßte man die Frist verlängern; das sei ein gewichtiges Argument. Ich glaube, ich darf es heute noch nachtragen, weil es vorgestern abend schon sehr spät war. Das ist ein Punkt, der maßgeblich und entscheidend dazu beigetragen hat, dieses Gesetz vorgestern zu verabschieden.
Eine weitere Frage.
Herr Minister, darf ich aus dieser Antwort entnehmen, daß sich der Gesetzgeber damals bei den Überlegungen bezüglich der Zweijahresfrist. nicht genügend Gedanken gemacht hat?
Ich würde sagen, der Gesetzgeber — das sind Sie selbst — hat sich sicherlich sehr viele Gedanken darüber gemacht. Aber man konnte wohl damals die rasche Entwicklung, die nun eingetreten ist, in ihrem ganzen Umfang noch nicht übersehen.
Auf jeden Fall ist ein Minister nicht das geeignete Organ, Urteile über den Gesetzgeber abzugeben.
Herr Abgeordneter Mertes zu einer Zusatzfrage.
Sind Sie wirklich der Meinung, daß auf Grund der Strukturwandlungen in unserer Wirtschaft jemals wieder die Aussicht besteht, daß diese Betriebe, die aus dem Montanbereich ausgewandert sind, wieder in ihn zurückkehren?
Herr Kollege Mertes, die Sache ist in der Tat so: Von den drei Konzernen, die ich vorhin genannt habe, ist einer ausgeschieden, der möglicherweise wieder hineinkommen könnte, weil einige Fusionierungen aus dem Nichtmontanbereich rückgängig gemacht wurden.
Eine weitere Frage.
Herr Minister, Sie nehmen auf ein Unternehmen Bezug. Darf ich unter diesem Gesichtspunkt noch einmal die Frage stellen, ob es sich bei dem verabschiedeten Gesetz nicht um ein Individualgesetz handelt, das im Gegensatz zu Art. 19 unseres Grundgesetzes steht?
Nein, Herr Kollege Mertes. Ich glaube, wir sprechen nicht von demselben Unternehmen. Es sind insgesamt drei Unternehmen, die in diesen Bereich fallen, und ich glaube, wir haben im Augenblick nicht dasselbe Unternehmen gemeint.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Ich rufe noch auf die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung, und zwar Frage IX/1 des Herrn Abgeordneten Schultz :
Wie erklärt es sich, daß in den „Mitteilungen für den Soldaten — Aktuelle Information des Bundesministers der Verteidigung —" vorn 17. Februar 1967 die Ursachen des Hüttenbrandes auf der Stoisser Alm als nicht geklärt bezeichnet werden, während gleichzeitig in den Tageszeitungen zu lesen stand, daß „bodenloser Leichtsinn, — Anzünden des Herdfeuers mit Hilfe eines halbvollen Benzinkanisters —" zum Brand und dem Tod dreier Soldaten geführt habe?
Herr Abgeordneter Moersch übernimmt die Frage.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, die Antwort ist: Die Erklärung, nach der gefragt wird, ist sehr einfach. Bei Redaktionsschluß für die Ausgabe der „Mitteilungen für den Soldaten" vom 17. Februar 1967 lag dem Informations- und Pressezentrum des Bundesministeriums der Verteidigung ein Bericht über die Ursache des Unglücks noch nicht vor. Der Redaktionsschluß für dieses Mitteilungsorgan ist regelmäßig 12 Uhr mittags des vorangegangenen Tages. Das Informations- und Pressezentrum hat auf Anfrage im weiteren Verlauf des 16. Februar Auskunft über die Brandursache erteilen können. Der Redaktionsschluß der Tageszeitungen liegt in der Regel später. Infolgedessen war es möglich, daß Tageszeitungen bereits am 17. Februar über die Ursache des Unglücks berichten konnten.
Keine Zusatzfrage. Dann die Frage IX/2 des Herrn Abgeordneten Hammans:
Ist es richtig, daß das Bundesverteidigungsministerium Bauten der Landesverteidigung so einrichtet, daß eine mögliche und zumutbare Rücksichtnahme auf die Raumordnung und Landesplanung Nordrhein-Westfalens außer acht gelassen wird?
Bitte, Herr Minister!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Antwort auf die erste dieser Fragen lautet nein. Bei allen Baumaßnahmen für die Landesverteidigung wird die Landesregierung gemäß § 1 Abs. 2 des Landbeschaffungsgesetzes um Stellungnahme gebeten. In diesem Verfahren werden alle Fragen, die von Einfluß auf die Raumordnung und Landesplanung sind, mit den Behörden der Orts- und Mittelebene geprüft. Zu dem Vorhaben „Bau eines Unterkunftsbereiches für die belgischen Stationie-
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967 4635
Bundesminister Dr. Schröderrungskräfte in Hinsbeck" hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalen am 27. September 1962 ihre Zustimmung erteilt.
Möchten Sie eine Zusatzfrage stellen, Herr Dr. Hammans?
Erst dann, wenn alle Fragen beantwortet sind.
Ich rufe dann die Fragen IX/3 und IX/4 des Abgeordneten Dr. Hammans auf:
Ist es zu verantworten, daß entgegen den gesetzlich verankerten Zielen einer Reinerhaltung der Luft und des Schutzes der Erholungsgebiete unter Hinwegsetzung über eine diesbezügliche im Landbeschaffungsverfahren ausdrücklich gegebene Empfehlung ausgerechnet ein Naherholungsgebiet, das unter erheblichem Finanzaufwand des Bundes, des Landes Nordrhein-Westfalen und der Gemeinde Grefrath im Vorfeld der Ballungszentren von Rhein und Ruhr in jüngster Zeit geschaffen worden ist, zerstört wird, indem eine Beheizung der Truppenunterkünfte mit 01 vorgesehen wird, während eine Verwendung von Erdgas das hier betroffene Naherholungszentrum nicht beeinträchtigen und zudem den gestellten Anforderungen genügen würde?
Ist der Bundesverteidigungsminister nicht der Ansicht, daß im Rahmen des NATO-Vertrages die einzelnen Partner und hier auch das Königreich Belgien gehalten sind, auf die ausdrücklich anerkannten schutzwürdigen Belange des jeweiligen Gastlandes und dessen Bevölkerung Rücksicht zu nehmen und damit die Heizungsplanung einer Truppenunterkunft an die mit beträchtlichen finanziellen Opfern verwirklichte Landesplanung Nordrhein-Westfalens anzupassen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf dann die beiden Antworten noch geben.
Zu Frage 2. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat der Kasernenplanung Hinsbeck unter anderem mit der Empfehlung, — nicht mit der Auflage — zugestimmt, die Kaserne an das Gaswerk anzuschließen. Bei der Planung der Truppenunterkunft Hinsbeck sind die Kostenträger — und zwar trägt zwei Drittel der Kosten Belgien, ein Drittel der Kosten die NATO — auf den Wunsch der Landesregierung, Heizgas zu verwenden, hingewiesen worden. Die NATO hat dieser Lösung nicht zugestimmt, da sowohl die Einsatzfähigkeit der der NATO unterstellten Truppe als auch der NATO-Anlagen im Spannungsfall bei Heizgasverwendung nicht voll gesichert sei. Sie fordert allgemein Heizungsanlagen, die mit lagerfähigen oder stapelbaren Brennstoffen betrieben werden. Belgien ist als NATO-Mitglied an diese Forderungen gebunden.
Im übrigen werden bei der Ausführung der Anlage die deutschen Vorschriften beachtet. So hat der zuständige technische Überwachungsverein die erforderliche Höhe des Schornsteines für die Ölfeuerung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen ermittelt. Schäden im Naherholungszentrum werden daher nicht auftreten. Die Ölfeuerungsanlage wird zudem im Sommer nur mit einem Viertel der Gesamtkesselleistung, und zwar täglich bis 14 Uhr, betrieben.
Die Antwort auf die dritte Frage lautet: Die NATO-Partner nehmen Rücksicht auf die Belange des Gastlandes, soweit hierdurch nicht die volle Einsatzfähigkeit der betreffenden Verteidigungsanlage berührt wird.
Herr Dr. Hammans für eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, sind Sie sich bewußt, daß bei einer Aufrechterhaltung dieser Planung, von der Sie soeben sprachen, in der Öffentlichkeit ausschließlich deutsche Stellen dafür verantwortlich gemacht werden und daß dieser Tatbestand von der öffentlichen Meinung als eklatantes Beispiel öffentlicher Fehlplanung und Fehlleitung betrachtet wird und außerdem mit beträchtlichen Entschädigungsansprüchen der Gemeinde Grefrath gerechnet werden muß?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Man kann nicht ganz übersehen, ob wirklich etwa Entschädigungsansprüche hier in Betracht kommen werden. Ich glaube, die andere Sache hängt von der Qualität der Gründe ab, die ich hier gerade aufgeführt habe. Wenn diese Gründe gut sind, dann sollten sie von verständigen Leuten eingesehen werden können.
Herr Dr. Hammans für eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, sind Sie sich darüber im klaren, daß es durchaus möglich ist, eine kombinierte Gas-Öl-Heizung mit entsprechender Bevorratung von Öl durchzuführen, ohne daß dieses Argument dabei unberücksichtigt bliebe?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine leise Vermutung würde sein, Herr Kollege, daß das eine wesentlich teurere und kompliziertere Sache ist. Aber ich weiß nicht, ob das in diesem Zusammenhang geprüft oder vorgeschlagen worden ist.
Eine weitere Frage, Herr Dr. Hammans.
Ist Ihnen bekannt, Herr Minister, daß in Rees eine NATO-Kaserne gebaut wird, allerdings für deutsche Truppen, die mit Erdgas beheizt werden soll?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das ist mir nicht bekannt, sonst hätte ich versucht, dieses Argument auszuräumen. Aber darum werde ich mich noch einmal kümmern.
Wir sind am Ende der Fragestunde. Ich danke Ihnen, Herr Minister.Ich gebe bekannt, daß der Herr Abgeordnete Max Seidel seine Fragen in der Drucksache V/1537, der Herr Abgeordnete Dr. Giulini seine Fragen Nrn. XV/5, XV/6 und XV/7 in der gleichen Drucksache und Herr Abgeordneter Glombig seine Fragen Nrn. V/1, V/2 und V/3 in der Drucksache V/1538 zurückgezogen hat.
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4636 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967
Vizepräsident Dr. DehlerSämtliche nicht beantworteten Fragen — es ist leider eine große Fülle — werden schriftlich beantwortet, soweit nicht inzwischen noch weitere zurückgezogen werden.Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 29 auf:Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Bericht über die Lage der Nation— Drucksache V/1407 —Zur Begründung des Antrags hat der Herr Abgeordnete Dr. Seume das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, den Interfraktionellen Antrag betreffend Bericht über die Lage der Nation für die drei Fraktionen des Hohen Hauses zu begründen.Meine Damen und Herren, der politische Anlaß dieses Antrags ist nicht grundsätzlich neu. So wurde im Mai 1956 eine interfraktionelle Große Anfrage betreffend „Entwicklung in der Sowjetzone und Möglichkeiten engerer Verbindungen zwischen den beiden Teilen Deutschlands" an die Bundesregierung gerichtet. Im September 1958 wurde — wiederum interfraktionell — eine weitere Große Anfrage mit einem ähnlichen Thema eingebracht. In der Antwort der Bundesregierung hieß es bereits damals, daß das System dort drüben die letzten Reste von Bindungen an die Landsleute in der Bundesrepublik zu beseitigen trachte, daß das System dort drüben jede Reise in den anderen Teil Deutschlands als Auslandsreise behandele und daß bereits damals — bereits damals, meine Damen und Herren! — durch Verwaltungsmaßnahmen des Regimes gegen den klaren Wortlaut der Verfassung im anderen Teil Deutschlands
eine eigene Staatsangehörigkeit konstruiert würde. Schließlich wurden im Dezember 1965 in der Aussprache über die Regierungserklärung konkrete Forderungen an einen solchen Bericht über die Lage der Nation gestellt. Aber wenn wir uns auch seit so langer Zeit mit diesem Thema befaßt haben, besteht doch ein außerordentlicher Unterschied zwischen damals und heute:Damals, meine Damen und Herren; gingen wir alle davon aus, man könnte von allen beteiligten und entscheidenden Trägern der Macht noch annehmen und glauben, daß sie die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands ernsthaft wollten. Heute wissen wir, daß das in dieser Form nicht mehr der Fall ist. So steuern die Machthaber im anderen Teil Deutschlands einen immer härteren Kurs auf die endgültige Teilung der Nation. Ich brauche darüber hinaus im größeren Zusammenhang nur noch an die Bemerkungen des Außenministers eines unserer Verbündeten vom 12. Februar 1967 zu erinnern, in denen es hieß, daß wir 20 Jahre der Wiedervereinigung keinen Schritt nähergekommen seien. Deshalb stelle sich die Frage — so jener Außenminister —, ob das deutsche Volk nicht die innerdeutschen Beziehungen verstärken sollte, um so der Wiedervereinigung im Rahmen einer allgemeinen Verbesserung der Beziehungen zwischen Ost- und Westeuropa näherzukommen.Meine Damen und Herren! Wenn es sich also um die Lage der Nation in beiden Teilen Deutschlands handelt, wenn es sich um die freie Bekundung des grundgesetzlichen Willens handelt, die nationale und staatliche Einheit des deutschen Volkes zu wahren, wenn es sich darum handelt, diesen Willen auch wachzuhalten und ihn zu stärken, dann bleiben wir allein, wir im freien Teil Deutschlands, dazu berufen und verpflichtet, die erforderlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen und die Kenntnisse über das Leben der Menschen im geteilten Deutschland in einem Bericht über die Lage der Nation zusammenzufassen.Im übrigen ergibt sich dies zwangsläufig auch aus unserer Pflicht und unserer Verantwortung, der einzig legitimierte Sprecher für Deutschland zu sein. Es ist daher zu begrüßen, daß es nun durch diesen interfraktionellen Antrag zu einem solchen Bericht an das Hohe Haus kommt.Was ist nun das politische Ziel eines solchen Berichts? Das Ziel eines solchen Berichts sollte sein, die Kenntnis nüchterner Tatsachen über das Leben in beiden Teilen Deutschlands zu vermitteln und uns in den Stand zu setzen, alle Möglichkeiten mit Geduld und Sachkunde auszuschöpfen, den Menschen im anderen Teil Deutschlands wirtschaftlich, politisch und kulturell zu helfen und nach neuen Verbindungen oder Gemeinsamkeiten zu suchen, um auch dadurch die Wirkungen der Maßnahmen des Systems dort drüben auf das unvermeidliche Maß zu reduzieren, um auch dadurch die Not der Spaltung zu mildern, um auch dadurch die weitere Teilung des Landes zu bremsen und die Lebensfähigkeit als Nation zu erhalten.Das Ziel sollte weiter sein, einen Beitrag zur Entspannung im innerdeutschen Raum zu leisten, aber auch in der übrigen Welt unübersehbar klarzumachen, daß wir uns mit dem Schicksal der Teilung unseres Landes nicht abfinden. Das Ziel sollte schließlich sein, den Menschen dort drüben mehr über sich und über uns zu sagen, als ihnen ihr System zu wissen erlaubt.So gesehen, meine Damen und Herren, könnte oder sollte ein solcher Bericht der Bundesregierung Aufschluß geben z. B. über Intensität und Erfolg der Bemühungen des Systems dort drüben um die politische Bindung und Beeinflussung der Menschen, über ihre Arbeitsbedingungen, die Lohnpolitik und das Arbeitsrecht, über die soziale Sicherung unserer Landsleute dort drüben und über ihre Sozialeinkommen. Hier meine ich, daß es politisch wichtig ist, die sehr geringe Höhe der Renten und den wenig differenzierten und kleinen Kreis der Versorgungsberechtigten drüben zu kennen im Vergleich zu dem breiten Fächer sozialer Leistungen und Entschädigungen in der Bundesrepublik.Es scheint mir politisch wichtig . zu sein, zu wissen, ob und warum das System dort drüben über die geringe Höhe der Renten und über den engen Kreis der Versorgungsberechtigten einen indirekten Zwang ausübt, um die Arbeitskraft der Menschen
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967 4637
Dr. Seumeüberdurchschnittlich lange im Produktionsprozeß zu halten.Der Bericht sollte weiter Aufschluß geben über die recht unterschiedliche, räumlich und politisch bemerkenswert abgestufte Versorgung und Lebenshaltung der Bevölkerung in Mitteldeutschland, über die Lage in Familie und Jugend, über Schule und Ausbildung und ihre fachlichen bzw. politischen Qualitäten. Es handelt sich — kurz gesagt — um alles, was die Menschen unmittelbar angeht, und die Bundesregierung wird, um die Lage der Nation im gespaltenen Deutschland klarzumachen und den Menschen in beiden Teilen Deutschlands und in der übrigen Welt ein sachgerechtes Urteil zu ermöglichen, genötigt sein, jeweils den Vergleich zur Bundesrepublik zu ziehen.Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun noch einige Gründe für die mehr gesellschaftspolitischen Kapitel dieses Berichtes aufzeigen. Hier sollte die Bundesregierung untersuchen, wie weit sich das System dort drüben von den Grundsätzen eines freiheitlichen Rechtsstaates und einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung entfernt hat und wie weit die politische und wirtschaftliche Integration in den Ostblock vorangetrieben ist und woran es liegt, daß die wirtschaftliche Effizienz seit Jahren trotz großer Anstrengungen der Bevölkerung dort drüben beträchtlich hinter der der Bundesrepublik zurückbleibt, und warum die Menschen dort drüben nicht zu dem verdienten Erfolg ihrer Arbeit kommen.Weitere politisch wichtige Gründe für einen solchen Bericht der Bundesregierung bietet auch die Tatsache, daß es den Machthabern der anderen Seite gelungen ist, mit und ohne Anerkennung eine Fülle von Beziehungen wirtschaftlicher, kultureller, wissenschaftlicher und anderer Art zur übrigen Welt einschließlich der Entwicklungsländer zu eröffnen. Dies sollte der Bundesregierung Veranlassung sein, in dem Bericht einen vergleichenden Aufschluß über Umfang, Qualität und Art dieser Beziehungen zu geben.Alle diese Gründe machen einen solchen Bericht notwendig, wobei allerdings vermieden werden muß, daß er auch dahin mißdeutet werden könnte, als sei .dies ein Bericht nur über den anderen Teil Deutschlands. Um so nachhaltiger wird daher die Bundesregierung auch über die beide Teile Deutschlands miteinander verbindenden Tatsachen und Maßnahmen berichten müssen. Die Bundesregierung sollte daher auch untersuchen, ob und inwieweit es den Machthabern der anderen Seite tatsächlich gelungen ist, die Nation, d. h. das Volk in beiden Teilen Deutschlands voneinander zu trennen, oder ob trotz aller Maßnahmen der genannten Art und noch vieler anderer mehr noch millionenfache Verbindungen zwischen den Menschen bestehen einschließlich der Frequentierung der schmalen Besuchsmöglichkeiten und daneben vielfache Verbindungen rein verwaltungstechnischer Art und vielfache Verbindungen wirtschaftlicher, wissenschaftlicher, karitativer und kirchlicher Art.Gerade in diesem Zusammenhang der beide Teile Deutschlands -miteinander verbindenden Tatsachen kommt dem Interzonenhandel oder besser: dem innerdeutschen Handel eine besondere Bedeutung zu. Der Ausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen dieses Hohen Hauses hat in ständiger Diskussion Vorschläge für die Förderung des innerdeutschen Handels erörtert. Die Bundesregierung sollte nun berichten, wieweit und mit welchen Mitteln sie entschlossen ist, im Handel mit Mitteldeutschland im gesamtdeutschen Interesse in der Führung zu bleiben, wieweit sie bereit ist, im Handel mit Mitteldeutschland zumindest nicht weniger Risiko auf sich zu nehmen als die verbündeten und befreundeten Nationen, und wieweit sie die derzeitige besondere Chance genutzt hat, den innerdeutschen Handel gerade im längerfristigen Kreditgeschäft im gesamtdeutschen Interesse auszuweiten. Der innerdeutsche Handel ist eine der wichtigsten potentionellen gesamtdeutschen Klammern und ein wirksames, weil langfristig wirkendes Mittel, die Teilung des Landes zu bremsen und das Versorgungsgefälle zwischen beiden Teilen Deutschlands langsam zu verringern.Lassen Sie mich bitte noch ,ein Wort zu Berlin sagen. Ein Bericht über die Lage der Nation wird nicht ohne Bemerkungen über das durch die Spaltung Deutschlands und durch gewisse spezifische Maßnahmen der anderen Seite besonders hart betroffene Bundesland Berlin bleiben dürfen. Hier sollte die Bundesregierung über ihre Bemühungen nach einer immer engeren Verflechtung und Verbindung des freien Teils der Stadt mit diem übrigen Bundesgebiet berichten.Zur Lage der Nation gehört auch, die verschiedenen Schwierigkeiten zu untersuchen, in die das Zonenrandgebiet durch die Spaltung geraten ist, und zu berichten, wie sie zu beheben sind. Denn auch das ist geeignet, sowohl im Falle Berlins als auch des Zonenrandgebiets, die Wirkung der trennenden Maßnahmen der anderen Seite auf das unvermeidbare Maß zu reduzieren.Alles dies sind nur Beispiele und kein vollständiger Katalog für mögliche und notwendige Teile des Berichts, zu dem die Bundesregierung hiermit aufgefordert wird und in dem sie je nach der politischen Situation die jeweils erforderlichen Schwerpunkte in bezug auf die einzelnen Sachgebiete setzen muß. Gewiß wird ein solcher Bericht seine wünschenswerte Vollständigkeit und technische Ausgestaltung nicht im Anfangsstadium aufweisen können. Aber es sei darauf verwiesen, daß seit Jahren wirtschaftswissenschaftliche Institute, Osteuropainstitute der Universitäten und vor allem der Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands zuverlässige und immer wieder auf den neuesten Stand gebrachte Arbeiten leisten, vor allem über die Lage der Menschen in Mitteldeutschland, über ,die gewerbliche Wirtschaft und die Landwirtschaft, über den Verkehr, den Handel, die Finanzen und das Recht.In diesem Zusammenhang ist besonders zu begrüßen, daß unter dem Vorsitz des Herrn Bundeskanzlers ein Kabinettsausschuß für innerdeutsche Beziehungen gebildet worden ist. Dieser Ausschuß wird
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4638 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967
Dr. Seumeauch für diese umfangreichen Arbeiten eine besondere Bedeutung haben.Die Bundesregierung hat die Chance, gestützt auf die Einmütigkeit des Willens dieses Hohen Hauses, wie er in dem Antrag der drei Fraktionen zum Ausdruck kommt, einen durch die Nüchternheit seiner Tatsachen überzeugenden Bericht vorzulegen, der den Menschen im unfreien Teil Deutschlands gegen die Resignation des Sich-Abfinden-Müssens hilft und ihnen die Möglichkeit gibt, mitzuerleben, wie hier um Deutschland gerungen wird, einen Bericht vorzulegen, meine Damen und Herren, der den Menschen im freien Teil Deutschlands zu einem Fundament des Wissens wird, sich mit der Teilung nicht abzufinden, und schließlich einen Bericht vorzulegen, der ein Appell an alle, die guten Willens sind, ist, zu erkennen, daß es uns nur darum geht, die Auswirkung der Spaltung zu mildern, die Lage in Deutschland zu entspannen und den Menschen in Mitteldeutschland Freiheit und Selbstbestimmung zu geben, das heißt selbst bestimmen zu können, in welchem System und in welcher Ordnung sie zu leben wünschen. Und schließlich ist dies ein Bericht, der sich nahtlos in das große Ziel der Friedenssicherungspolitik der Bundesrepublik einordnet.Meine Damen und Herren, die drei Fraktionen des Hohen Hauses, für die zu sprechen ich die Ehre hatte, stimmen der Überweisung des Antrags an den Ausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen zu.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Seume für die Begründung dieses bedeutsamen Antrags. Ich bedauere nur, daß die angesprochene Bundesregierung dabei nicht anwesend war.
Es ist vorgeschlagen, den Antrag an den Ausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen zu überweisen. — Kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 33:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundespolizeibeamtengesetzes
— Drucksache V/350 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache V/1564 —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Althammer
b) Schriftlicher Bericht des Innenausschusses
— Drucksache V/1491 —Berichterstatter: Abgeordneter Lautenschlager
Zunächst hat das Wort Herr Abgeordneter Lautenschlager zur Ergänzung bzw. zur Berichterstattung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Ihrer Zustimmung, Herr Präsident, darf ich anschließend an meine ergänzenden Ausführungen auch noch den interfraktionellen Antrag auf Umdruck 142 *) mit begründen.
Ja.
Zur Ergänzung des Ihnen mit Drucksache V/1491 vorliegenden Berichts darf ich Ihnen noch folgendes vortragen.Die Beratung des interfraktionellen Gesetzentwurfes gestaltete sich insofern schwierig, als einerseits die Vorwegnahme der Verbesserung der Dienstzeitversorgung hei der Bundeswehr seit dem 1. September 1964 eine gewisse Präjudizierung der Beschlüsse bedingte, andererseits Teile des gegenwärtig in der Ausschußberatung befindlichen Dritten Besoldungsänderungsgesetzes berücksichtigt und Regelungen 'der Länder für ihre Polizeien in Erwägung gezogen werden mußten. Darüber hinaus war eine befriedigendere Lösung für das Unfallrecht für alle Beamten zu finden.Der ursprüngliche Entwurf, der in der Drucksache V/350 vorgelegt wurde, fand daher eine Reihe von Ergänzungen, die sich aus der eingangs erwähnten Problemstellung ergaben.Leider mußten auch bei diesem Entwurf eine Reihe von berechtigten Wünschen der betroffenen Polizeibeamten im Hinblick auf ,die derzeitige Finanzsituation zurückgestellt werden. So konnte die Dienstzeitprämie für den Bundesgrenzschutz leider nicht verwirklicht werden, weil eine Annäherung der Standpunkte von Innenausschuß und Haushaltsausschuß trotz zweimaligen Absetzens von der Tagesordnung des Plenums nicht zu erreichen war.Der Innenausschuß empfiehlt Ihnen daher im Hinblick auf das Ziel der Novelle, den sehr ernsten Mangel an Unterführern im Bundesgrenzschutz dadurch zu beheben, daß durch einen wirksamen Anreiz Grenzschutzangehörige und Bewerber für eine längere Dienstzeit gewonnen werden, eine wohlabgewogene Stellenplanverbesserung. Diese wird sich wohl nicht sofort im Hinblick auf das angestrebte Ziel der Verbesserung der Personalsituation bei den Unterführern im Bundesgrenzschutz auswirken, jedoch auf weite Sicht eine dauerhafte Wirkung der nicht zu unterschätzenden Vorteile mit sich bringen. Ich 'darf in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, 'daß der Stellenplan für den Bundesgrenzschutz teils beträchtlich hinter dem der Bereitschaftspolizeien der Länder zurückbleibt.Ein weiterer Wunsch des Grenzschutzeinzeldienstes, eine Aufstiegschance durch die Einführung der Kommissarlaufbahn zu erhalten, konnte nicht erfüllt werden, weil die Verabschiedung des Gesetzes nach einer fast einjährigen Beratung im*) Siehe Anlage 2
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967 4639
LautenschlagerHinblick auf die Nachteile, die eine weitere Verzögerung für die Angehörigen des Bundesgrenzschutzes mit sich gebracht hätte, nicht zu verantworten war. Die Verzögerung hätte sich aus der Tatsache ergeben, daß das Finanzministerium erhebliche Bedenken wegen der im Zeitpunkt der Beratung nicht zu übersehenden Folgen für den Zollgrenzdienst angemeldet hatte. Während die Beamten des Grenzschutzeinzeldienstes als Polizeibeamte mit dem 60. Lebensjahr in den Ruhestand treten, ist diese Altersgrenze für die Zollbeamten auf 65 Jahre festgesetzt. Darüber hinaus traten wegen der Öffnung der Grenzen im Zuge der Verwirklichung der Römischen Verträge Probleme auf, die eine gründliche Untersuchung der Frage notwendig machen.Der Innenausschuß empfiehlt Ihnen daher, einem Beschluß zuzustimmen, wie Sie ihn unter B Nr. 3 Buchstabe b des Berichts auf Seite 5 formuliert finden.Wegen der angestrebten und mit der Beratung des Dritten Besoldungsänderungsgesetzes in Gang gekommenen Besoldungsreform konnte auch eine Petition der Beamtenverbände, die eine Streichung der 8000-DM-Grenze für den Ausgleich wünschte, der in § 5 des Bundespolizeibeamtengesetzes beim Eintreten eines Polizeibeamten in den Ruhestand mit dem 60. Lebensjahr vorgesehen ist, nicht berücksichtigt werden. Desgleichen fand aus diesem Grunde ein Hilfsantrag, diese Grenze wieder auf das Siebeneinhalbfache der vergleichbaren Besoldung eines 60jährigen Beamten in der Besoldungsgruppe A 11 in Ortsklasse S festzulegen, im Ausschuß keine Annahme. Wir bitten Sie daher auch für diesen Bereich um Annahme eines Antrags unter Nr. 3 Buchstabe a, der die Bundesregierung beauftragt, bis Ende dieses Jahres einen Bericht über die Untersuchung der Gründe für den Antrag vorzulegen.Ein letzter Antrag des Ausschusses unter Nr. 3 Buchstabe c, der im Gesetzestext keinen Niederschlag fand, befaßt sich mit dem Problem der Festsetzung der Altersgrenze für Beamte bzw. mit der Weiterbeschäftigung von Beamten über die Altersgrenze hinaus. Auch hier wäre eine so zeitraubende Vertiefung in die anstehenden Fragen notwendig gewesen, daß die Verabschiedung des Entwurfs in eine nicht mehr zu verantwortende Verzögerung geraten wäre.Unter Nr. 2 der Antragsentwürfe sollen alle die Petitionen der Verbände erfaßt werden, die einerseits wegen des Präzedens in anderen Bereichen der Beamtenbesoldung und andererseits wegen der Behandlung im Verlauf der Beratung zum Dritten Besoldungsänderungsgesetz bei der Beschlußfassung zum vorliegenden Entwurf keine Berücksichtigung finden konnten.Darunter fällt auch eine ursprünglich für eine verhältnismäßig kleine Zahl von Grenzschutzbeamten vorgesehene Anpassung der Anrechnung der amtslosen Zeit nach dem 31. März 1951 für ehemalige Berufssoldaten bzw. für nicht berufsmäßige ehemalige Angehörige der Wehrmacht nach dem 8. Mai 1945 an den § 70 des Soldatenversorgungsgesetzes.Nach eingehender Beratung aller Gesichtspunkte kam der Ausschuß zu der einmütigen Auffassung, daß die negativen Auswirkungen auf das Besoldungsrecht der übrigen Beamten durch die vergleichsweise geringen Verbesserungen für einen kleinen Kreis von betroffenen Beamten nicht ausgeglichen würden.Nun darf ich an die Aufzählung der unerfüllten wesentlichen Anträge noch eine solche für die Verbesserungen anschließen. Ich kann mich hierbei in der Hauptsache. auf die Ziffern 1 bis 7 auf Seite 2, linke Spalte, des Berichts berufen. Dazu darf ich noch ergänzen, daß der Innenausschuß bemüht war, die vorhandenen Gesetzesmaterien eingehend zu prüfen und sie den Gegebenheiten beim Bundesgrenzschutz anzupassen.Soweit es sich um die Angleichung der Dienstzeitversorgung und der Berufsfürsorge an die gleichen Regelungen bei der Bundeswehr handelte, gelang dies verhältnismäßig rasch und reibungslos. Es konnten sogar in der Berufsfürsorge einige Verbesserungen aufgenommen werden, die ohne wesentliche finanzielle Auswirkungen die Möglichkeiten der Berufsausbildung bzw. Vorbereitung darauf beträchtlich erweiterten. Ich darf in diesem Zusammenhang nur an das Spätabitur erinnern, das den Grenzschutzbeamten jetzt innerhalb ihrer je nach Dienstzeit verschieden langen Berufsausbildungszeit ermöglicht wird und damit die Voraussetzung schafft, daß der Beamte auf Widerruf, der nach Ablauf seiner Verpflichtung aus dem Bundesgrenzschutz ausscheidet, sich einer Ausbildung zuwendet, die den Besuch einer Universität voraussetzt.Ein Punkt beschäftigte den Ausschuß sehr lange und eingehend, nämlich die Unfallversorgung nach § 141 a des Bundesbesoldungsgesetzes. Einige Vorfälle, bei denen vornehmlich Polizeibeamte im Dienst schwer verletzt wurden, gaben den Anlaß, die gesetzlichen Bestimmungen daraufhin zu überprüfen, ob sie den dem Polizeidienst eigentümlichen Verhältnissen noch entsprachen. Die Hauptschwierigkeit stellte sich in der Absicht dar, mit der Regelung des § 141 a Abs. 1 den bewußten Einsatz des Lebens zu belohnen. Die Praxis zeigte jedoch, daß es sich oft um Sekunden oder deren Bruchteile handelt, in denen der Beamte die Entscheidung, ob er sein Leben bewußt einsetzen will, fällen muß. Vielfach bietet aber die Gefahrensituation, besonders bei der Verbrechensbekämpfung, keine Gelegenheit mehr zu solch schwerwiegenden Entscheidungen. Der Innenausschuß fand eine, wie er annimmt, brauchbare Kompromißlösung, welche die Folgen eines vorsätzlichen rechtswidrigen Angriffes auf den Polizeibeamten in die erhöhte Versorgung des § 141 a Abs. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes mit einbezieht. Eine weitergehende Formulierung hätte den Belohnungscharakter der genannten Bestimmung in Frage gestellt.Zur Reihe der Verbesserungen, die nunmehr auch die Angehörigen der Bundesverwaltung einschließlich der Bundeswehr nach den Vorstellungen des Innenausschusses ab 1. Juli 1967 erhalten sollen, gehört die sogenannte Wechseldienstzulage, wie sie
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4640 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967
Lautenschlagerbereits seit dem 1. Januar 1966 an die Bediensteten bei Bahn und Post gezahlt wird. Hierauf komme ich bei der Begründung des Änderungsantrages noch zurück.Die weiteren Bestimmungen sehen eine Angleichung der Besoldung der Fachschuloberlehrer bei der Bundeswehr und beim Bundesgrenzschutz an die Bezahlung für vergleichbare Tätigkeiten in den Ländern vor.Die auf Pfennige berechnete Erhöhung der ruhegehaltfähigen Zulagen beruht auf der zweimal um 4 % erhöhten Besoldung des Jahres 1966.Das Inkrafttreten des Gesetzes mit verschiedenen zeitlichen Wirkungen für die einzelnen Artikel hängt mit den dort geregelten Änderungen anderer Gesetze zusammen.Soweit meine Ergänzungen zum vorliegenden Schriftlichen Bericht. Nun noch ein Wort zur Begründung des Ihnen vorliegenden interfraktionellen Änderungsantrages Umdruck 142.Wie Sie aus Drucksache V/1564 ersehen, konnte der Haushaltsausschuß nicht feststellen, daß die Mittel für die Dienstzeitprämie für diejenigen Beamten auf Widerruf, die in der Zeit vom 1. Juli 1965 bis zum 30. Juni 1968 in den Bundesgrenzschutz eingestellt worden sind oder eingestellt werden und deren Dienstzeit nicht nach Ablauf von zwei Jahren endet, im Haushalt 1967 bereitstehen. Außerdem sah er die Belastung für die kommenden Haushaltsjahre als nicht tragbar an. In der Sache konnte keine Einigung erzielt werden, ob die analoge Einführung einer Dienstzeitprämie beim Bundesgrenzschutz der gleichen Begründung standhielt, die bei der Bundeswehr zur Einführung der Dienstzeitprämie als Anreiz für die Erhöhung der Zahl der längerdienenden Soldaten führte. Bei der gegenwärtigen Finanzsituation kann die Debatte zu diesem Punkt auch nicht weitergeführt werden. Es wird daher unter Ziffer 1 beantragt, die Bestimmungen über die Dienstzeitprämie zu streichen. Das betrifft dann auch die Ziffer 8 im Bericht des Innenausschusses auf Seite 2, linke Spalte.Die Ziffer 2 des Antrags Umdruck 142 ist eine Folgerung aus der Ablehnung der Dienstzeitprämie.Zu Art. I Nr. 2 — das ist § 9 Abs. 4 Satz 2 des Bundespolizeibeamtengesetzes — diene Ihnen folgende Erläuterung. Durch die Bestimmung, die dem § 55 Abs. 3 des Soldatengesetzes entspricht, soll dem Bundesgrenzschutz eine bessere Personalplanung ermöglicht werden. Eine ähnliche Vorschrift enthielt schon § 8 des Preußischen Schutzpolizeibeamtengesetzes vom 16. August 1922.Zu Art. VII Abs. 2: Polizeivollzugsbeamte auf Widerruf, die beim Inkrafttreten des Art. I eine Dienstzeit von mindestens 18 Monaten abgeleistet haben, sollen die nach bisherigem Recht unbeschränkte Möglichkeit, jederzeit ihre Entlassung zu beantragen, nicht verlieren. Beamte mit einer Dienstzeit von weniger als 18 Monaten haben danach mindestens 6 Monate lang die Möglichkeit, sich zu entscheiden, ob sie ihre Entlassung beantragen oder eine Dienstzeit von 8 Jahren ableisten wollen. NachArt. VII Abs. 1 haben sie außerdem die Möglichkeit,sich für eine zweijährige Dienstzeit zu entscheiden.Die Erläuterungen zu Art. II § 1 Nr. 5 — das ist § 47 c des Bundesbesoldungsgesetzes — wären demnach zu streichen.Da im Haushaltesentwurf 1967 die Mittel für die Gewährung einer Wechseldienstzulage auch an die übrige Bundesverwaltung erst ab 1: 7. 1967 bereitgestellt sind und der Haushaltsausschuß sich für überplanmäßige Ausgaben für die Zeit vom 1. 12. 1966 bis 30. 6. 1967 nicht entschließen und darüber hinaus eine Deckung der beantragten Ausgabe nicht feststellen konnte, empfiehlt Ihnen der interfraktionelle Antrag, die Bestimmungen über die Wechseldienstzulage, wie sie bei den Betriebsverwaltungen — das sind Bahn und Post — schon seit dem 1. 1. 1966 gezahlt wird, erst mit Wirkung vom 1. 7. 1967 in Kraft zu setzen.So weit die Begründungen zum Antrag und die Ergänzungen zum Schriftlichen Bericht.
Herr Abgeordneter Lautenschlager, ich danke Ihnen für Ihren Bericht und für die Ergänzung. Sie kennen ja den Bericht des Haushaltsausschusses, der Bedenken äußert, da für die Mehrausgaben keine Deckung vorhanden sei.
— Diesem Bedenken ist jetzt in dem Änderungsantrag unter Ziffer 1 zum Teil Rechnung getragen, aber noch nicht vollständig.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich darf noch einmal ausführen, daß im Haushaltsplan 1967 im Rahmen der Mittel, die für das Dritte Besoldungsänderungsgesetz eingesetzt sind, auch die Mittel für die Wechseldienstzulage ab 1. Juli 1967 vorgesehen sind. Ich darf mich hierbei auf die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs Grund berufen, die er gestern im Innenausschuß gemacht hat und die er mir heute morgen im Plenum noch einmal persönlich bestätigt hat.
Ich hielt es für notwendig, daß der Haushaltsausschuß, der mitberatend ist, dem Hause eine klare Erklärung abgibt, ob die Bedenken — —
— An sich ist Herr Kollege Dr. Althammer Berichterstatter.
Herr Kollege Brück!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Kollege Lautenschlager hat zu Recht auf das Dritte Gesetz zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes hingewiesen. In dem Dritten Gesetz zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes ist ausdrücklich die Schichtzulage verankert. Wir haben in einer beson-
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967 4641
Brück
deren Gruppe mit den Beratungen begonnen, und es ist ganz klar, daß wir nach den verschiedensten Positionen aufgeteilt haben.Uns ist nun immer wieder mitgeteilt worden auch der Herr Kollege Lautenschlager hat es gesagt —, daß die Absicht besteht, dieses Dritte Änderungsgesetz zum 1. Juli dieses Jahres in Kraft zu setzen. Uns ist immer mitgeteilt worden, daß wir, wenn wir uns im Rahmen dieser Vorlage halten — ich könnte hier. die Zahlen im einzelnen aufführen —, dann dieses Gesetz so vorbereiten, daß die Verabschiedung rechtzeitig erfolgen kann, damit das Gesetz dann auch mit den Schichtzulagen am 1. Juli in Kraft treten kann.Ich wollte Ihnen das nur sagen, Herr Präsident. Das bedeutet dann keine überplanmäßige Ausgabe. Sie haben von Ihrem Standpunkt aus sicherlich recht, wenn Sie sagen: nachdem der Haushaltsausschuß nun einmal Einspruch erhoben hat, müßte man ihn wieder hören. Aber unsere Meinung ist, daß das nunmehr ohne Schwierigkeiten beschlossen werden könnte.
Die Nr. 3 des Änderungsantrages Umdruck 142 bewirkt ja lediglich die Beseitigung der Deckungslücke für das Rechnungsjahr 1967. Aber die Deckungslücke für die folgenden Jahre als Konsequenz dieser Gesetzesvorlage bleibt bestehen. Insoweit gelten nach wie vor die Bedenken des Haushaltsausschusses.
Bitte, Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Beträge, die für das Dritte Besoldungsänderungsgesetz eingesetzt worden sind, sind natürlich nicht nur für das Rechnungsjahr 1967 eingesetzt worden, sondern die Konsequenzen, die sich beamten- und besoldungsrechtlich ergeben, haben auch für die kommenden Jahre Auswirkungen. Insofern berücksichtigt der Etatansatz der Bundesregierung, der ja im Augenblick ebenfalls zur Beratung steht, diese Frage. Es ist klar, daß diese Beträge, die dafür vorgesehen sind, auch im Rahmen der Haushaltskürzungen nicht mehr gekürzt werden sollen, weil der Termin des Inkrafttretens ohnehin hinausgeschoben worden ist.
Die Frage ist nur, warum wir auf eine vorzeitige Verabschiedung Wert legen. Wenn diese Bestimmungen erst mit der Verabschiedung des Dritten Änderungsgesetzes kommen, dann verschiebt sich praktisch die Auszahlung, die Handhabung noch einmal, weil die Bundesbehörden ja noch entsprechende Voraussetzungen schaffen müssen. Das wäre im Hinblick auf eine sparsame und einfache Verwaltung nicht gut.
Ich habe den Herrn Vorsitzenden des Haushaltsausschusses über unsere gestrigen Beratungen unterrichtet, und auch ich kann nur sagen, daß Herr Staatssekretär Grund an der gestrigen Auschußsitzung teilgenommen und für das Protokoll ausdrücklich bestätigt hat, daß für die Zeit ab 1. Juli die entsprechenden Mittel im Haushalt vorgesehen sind.
Wir sind an die Geschäftsordnung gebunden. § 96 Abs. 3 verlangt, daß die Deckung nachgewiesen wird, und zwar durch eine klare Erklärung des Haushaltsausschusses.
Bitte, Herr Kollege!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Einzelplan 60 sind für das Dritte Besoldungsänderungsgesetz 90 Millionen DM eingesetzt. Das ist ein Globaltitel; er wird also auch die Ausgaben auffangen, die jetzt durch dieses Gesetz entstehen.
Herr Abgeordneter Dr. Miessner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich meine, daß man es am besten so ausdrücken kann, daß .die Wechseldienstzulage mit dem zeitlichen Inkrafttreten am 1. Juli 1967 durch die allgemeine Regierungsvorlage — Drucksache V/891 — gedeckt ist, oder — um ,es anders auszudrücken, Herr Präsident —: Der Haushaltsausschuß hat haushaltsrechtliche Bedenken gehabt, weil in diesem Gesetzentwurf gegenüber der allgemeinen besoldungsrechtlichen Regierungsvorlage die Wechseldienstzulage zeitlich auf den 1. Dezember 1966 vorgezogen wurde. Wäre das nicht der Fall gewesen, wäre also der Termin vom 1. Juli 1967 von vornherein vom Innenausschuß hier eingefügt worden, dann hätte der Haushaltsausschuß nach meiner Meinung zu diesem Punkt hinsichtlich der Deckung keine Bedenken gehabt. Darum glaube ich, daß sich diese haushaltsrechtlichen Bedenken nunmehr auf Grund des Änderungsantrages der drei Fraktionen erübrigen.
Die Bestimmung des § 96 Abs. 3 ist zwingend. Ich brauche eine Erklärung des Haushaltsausschusses, ,daß für die Mehrausgaben, die durch diese Gesetzesvorlage, wenn sie Gesetz wird, entstehen, die Deckung vorhanden ist. Bisher wird erklärt, daß aus der einen Bestimmung sich Mehraufwendungen von 20,4 Millionen DM jährlich und aus der anderen von 7,2 Millionen DM jährlich ergeben. Auch durch den Änderungsantrag wird das nur zum Teil behoben. Ich bin also in einer mißlichen Lage.
Im Gesamtvolumen war es aber drin, Herr Präsident. Es war sogar besonders aufgeteilt für den Bund und für die Verteidigung. Das Dritte Änderungsgesetz hatte als Gesamtvolumen für alle Dienstherren den Betrag von 292,2 Millionen DM. Es war nach den verschiedensten Positionen aufgeteilt worden. Wenn nun das Gesetz am 1. Juli 1967 in Kraft tritt, reduzieren sich natürlich für diesen Titel — a) Bund, b) übrige Dienstherren — die Beträge entsprechend. Wir sind der Meinung, daß damit — da auch die drei Fraktionsvorsitzenden unterschrieben haben — die Sache in Ordnung ist.
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4642 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. März 1967
Der Haushaltsausschuß muß mir sagen, daß seine Bedenken wegfallen. Die Ziffer 3 des Änderungsantrags auf Umdruck 142 bewirkt die Beseitigung der Deckungslücke im Rechnungsjahr 1967 und auch da nur zur Hälfte. Die Deckungslücke in den folgenden Jahren bleibt bestehen. Der Haushaltsausschuß hat sich dazu nicht geäußert. Die Ziffer 2 hat haushaltsmäßig keine Bedeutung. Wenn wir das annehmen, dann ist nach meiner Meinung der § 96 Abs. 3 der Geschäftsordnung anzuwenden. Die erforderliche Erklärung des Haushaltsausschusses liegt nicht vor. Die Vorlage . ist gescheitert. — Ist denn der Herr Abgeordnete Dr. Althammer nicht mehr im Haus?
— Wollen wir vielleicht die Verhandlung einmal unterbrechen. Vielleicht ist der Herr Kollege Schoettle erreichbar, der uns dann mit seiner Sachkunde helfen kann.
Ich unterbreche die Beratung des Punktes 33 und rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Funcke, Moersch und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes
— Drucksache V/1471 —
Das Wort zur Begründung hat die Frau Abgeordnete Funcke.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Wenn ein Vater oder Großvater die Kosten der Ausbildung für den Sohn oder den Enkel trägt, erhält er einen Steuerfreibetrag. Wenn die Ehefrau die Ausbildungskosten des Ehemannes trägt, entfällt die Steuervergünstigung. Wenn ein Friseurgeselle seine Meisterprüfung machen will, kann er die Kosten für die Kurse und die Prüfung als Werbungskosten von seinem Lohn absetzen. Wenn eine gelernte Friseuse als nichterwerbstätige Ehefrau sich auf die Meisterprüfung vorbereiten will, um später das elterliche Geschäft zu übernehmen, sind die Fortbildungskosten nicht abzugsfähig. Wenn ein Facharbeiter sich zum Techniker weiterbildet, sind die Kosten als Werbungskosten abzugsfähig. Wenn aber ein Fachschulingenieur mit Fakultätsreife als Werkstudent auf der Technischen Hochschule studiert, gibt es keine Steuererleichterung. Wenn ein Student auf Kosten seiner Eltern studiert, gibt es einen Steuerfreibetrag. Wenn aber ein elternloser Student sich die Kosten für die gleiche Ausbildung selbst verdient, bekommt er keine Steuerermäßigung.Meine Herren und Damen, ich glaube, wir alle haben den Eindruck — und verschiedene Fragen in der Fragestunde dieses Hauses haben das bewiesen —, daß diese nach dem Steuerrecht unvermeidlichen Abgrenzungen mit der heutigen Lebenswirklichkeit nicht mehr übereinstimmen. Sie stammen aus einer vergangenen Welt, in der Vorstellungen herrschten wie: Kinder und Jugendliche lernen, Verheiratete sind fertig, und wer einmal eine Ausbildung hat, der hat etwas fürs ganze Leben. Alle diese Voraussetzungen stimmen heute nur noch sehr bedingt. Sie stimmen nicht mehr bezüglich des Personenkreises, weil nicht nur Eltern und allenfalls Großeltern die Kinder etwas werden lassen, sondern weil heute in nicht wenigen Fällen die Ausbildung selbst verdient wird, oft sehr mühsam und mit viel Doppelarbeit, oder weil nicht selten die Ehefrau verdient, um dem Ehemann die Möglichkeit zu geben, die begonnene Ausbildung fortzusetzen. Sie stimmen auch keineswegs mehr in bezug auf den zweiten Bildungsweg, den wir doch eigentlich besonders fördern sollten, und sie stimmen nicht mehr in bezug auf die Ehepaare. Die wachsende Zahl von Steuerstreitverfahren macht deutlich, daß hier offensichtlich die Lebenswirklichkeit über das Steuerrecht hinweggegangen ist.Sie stimmen auch nicht mehr in der Abgrenzung zwischen Ausbildung und Fortbildung. Unser Steuerrecht kennt im Bereich der Werbungskosten die Möglichkeit, eine Fortbildung i m Beruf zu begünstigen, nicht aber eine neue Ausbildung. Früher, als einer vom Gesellen zum Meister wurde, konnte man von einer normalen Fortbildung sprechen. Aber die Fülle dessen, was heute Ausbildung oder Fortbildung sein kann, ist in wachsendem Maße nicht mehr abgrenzbar. Denken wir nur an das große Problem der Umschulung, das uns in diesen Tagen so deutlich wird. Da merken wir schon, wie schwierig es ist. Denn Umschulung ist im Steuerrecht neue Ausbildung und kann deswegen nicht einkommensteuerrechtlich gefördert werden. Aber auch das vom Wissenschaftsrat empfohlene Kontaktstudium gilt schon als neue Ausbildung, obwohl wir alle wissen, wie dringlich unsere heutige Wirtschaft und unser heutiges Leben auf Menschen angewiesen sind, die nicht nur in einer Fakultät studiert haben, sondern darüber hinaus verschiedene Bildungsabschlüsse haben.Denken wir auch an das noch unbeackerte Gebiet der Stufenausbildung. Die Finanzverwaltungen werden vor unlösbare Probleme gestellt, wenn sie abgrenzen sollen, ob eine aufgebaute neue Stufe noch Fortbildung oder schon neue Ausbildung ist.Ich glaube deshalb, daß wir Wege suchen müßten, dieses Gestrüpp von Schwierigkeiten und die wachsende Zahl von Streitigkeiten vor den Gerichten durch eine klare gesetzliche Neuformulierung auszuräumen. Dazu bietet sich nach unserer Auffassung der Weg an, die Ausbildungskosten, sofern sie nicht über Kinderfreibeträge und über Werbungskosten geltend gemacht werden können, als Sonderausgaben zu berücksichtigen.Es gibt zwar nach unserem bisherigen System in der Einkommensteuer eine klare Abgrenzung in diesem Bereich. Man sagt, wer die Kosten für einen anderen trägt, hat dazu eine sittliche Verpflichtung; wer sie für sich selbst trägt, der hat auch etwas davon, und deswegen ist es eigener Konsum. Meine Herren und Damen, das ist natürlich steuerrechtlich im System durchaus richtig. Aber es fragt sich, ob wir dem noch zustimmen können. Schon allein die
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Frau FunckeFrage, ob die Ehefrau, die ihrem Ehemann die Ausbildung ermöglicht, wirklich für das Leben etwas davon hat, ist bei der wachsenden Zahl von Scheidungen bei Frühehen durchaus nicht sicher zu beantworten. Es können später durchaus verlorene Kosten gewesen sein.Wir sollten daher einfach die Bildung und die Ausbildung in jenen Katalog förderungswürdiger Ausgaben nehmen, die auch bei demjenigen berücksichtigt werden, der sie für sich selbst vornimmt, wie z. B. Versicherungsbeiträge, die auch abzugsfähig sind, obwohl sie einem selber eine Vergünstigung geben und nicht einem Dritten. Wir hätten also auch im geltenden System durchaus die Möglichkeit, durch eine Umstrukturierung dessen, was wir als förderungswürdige Ausgaben ansehen, im Bereich des § 10 diese Dinge zu fördern.Ich glaube nicht, daß dieser Antrag viel Geld kostet. Das sage ich gerade bezüglich der Diskussion, die soeben hier stattgefunden hat. Denn der allergrößte Teil der Kosten von Ausbildung und Fortbildung wird ja heute durch den Kinderfreibetrag bei den Eltern, durch die Absetzung von Werbungskosten bei dem, der sich im Beruf fortbildet, und durch Anträge auf Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen, sofern ein Dritter die Kosten trägt — hier werden in ganz seltenen Ausnahmefällen auch die Ehefrauen einbezogen —, begünstigt. Das letztere wird zum neuen Präzedenzfall. Außerdem kommt es nicht selten vor, daß jemand, der sein Studium selbst bezahlt, einfach einen Kostenträger angibt, der es gar nicht ist, dadurch aber diesem die Möglichkeit gibt, die Kosten auf dem Weg der außergewöhnlichen Belastungen geltend zu machen. Ich glaube auch, solche Umgehungsmöglichkeiten sollten wir nicht gerade durch eine nicht mehr zeitgemäße Bestimmung in diesem Gesetz fördern. Was dann noch übrigbleibt und nach heutigem Recht aus der Skala der Begünstigungen herausfällt, sind jene redlichen strebsamen jungen Leute, die die schwere Doppelbelastung von Beruf und Ausbildung oder — wenn es die Ehefrau ist — von Erwerbstätigkeit und Haushaltsführung auf sich nehmen, um das gewünschte Bildungsziel zu erreichen. Ich meine, wir sollten diese jungen Leute fördern und nicht benachteiligen.
Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Der Abgeordnete Seuffert wird eine schriftliche Erklärung *) zu Protokoll geben. — Ich schließe die Aussprache.
Vorgesehen sind der Finanzausschuß zur Federführung, der Ausschuß für Arbeit und der Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung. — Sie sind damit einverstanden; es ist so beschlossen.
Dann kehren wir zurück zu Tagesordnungspunkt 33. Der Herr Abgeordnete Brück möchte einen Antrag stellen.
*) Siehe Anlage 3
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind insgesamt dazu verpflichtet — und das möchten wir in jedem Falle auch —, die Geschäftsordnung streng zu beachten, insbesondere wegen jenes § 96 in der Geschäftsordnung, damit durch uns in keiner Weise eine Unklarheit hineingebracht wird.
Wir schlagen deshalb vor, daß in dem Ausschußbericht auf der Drucksache V/1491 in Art. II § 1 die Nr. 1 und in Art. X die Nr. 3 gestrichen werden. Damit wäre dann dieser strittige Punkt aus der Vorlage herausgenommen.
Ich möchte hier schon darauf hinweisen, daß dann in dem Änderungsantrag auf Umdruck 142 die Ziffer 3 bedeutungslos geworden ist.
Es sollen also in Art. II § 1 die Nr. 1 und in Art. X die Nr. 3 gestrichen werden.
Nach dem Änderungsantrag auf Umdruck 142 soll auch noch Art. II § 1 Nr. 5 gestrichen werden. Damit sind dann die beiden ausgabenbelastenden Bestimmungen gestrichen. Danke sehr.
Bitte, Herr Abgeordneter Lautenschlager.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind bereit, diesem Antrag zuzustimmen, aber nur im Hinblick auf den Zeitdruck, unter dem wir hier stehen. Wir behalten uns vor, die Angelegenheit wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Bundesverwaltung im Innenausschuß weiterhin zu verfolgen.
Wir kommen dann zur Abstimmung. Zunächst haben wir über die Ausweitung, die der Herr Abgeordnete Brück vorgeschlagen hat, abzustimmen. Art. II § 1 Nr. 1 soll gestrichen werden. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen. Ferner soll gestrichen werden Art. X Nr. 3. — Kein Widerspruch.Es wird dann entsprechend der Ziffer 1 des Änderungsantrages auf Umdruck 142 in Art. II § 1 die Nr. 5 gestrichen. — Es ist so beschlossen.Dann rufe ich Ziffer 2 .des Umdrucks 142 — Änderung des Art. VII Abs. 2 — auf. Darf ich auch so verfahren? — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.Der Antrag unter Ziffer 3 des Umdrucks 142 ist gegenstandslos.Dann kann ich über den Entwurf des Gesetzes, so wie er vorliegt, abstimmen lassen. Ich rufe auf Art. I, Art. II mit den erfolgten Änderungen, Art. III, Art. IV, Art. V, Art. VI, Art. VII mit der beschlossenen Änderung, Art. VIII, Art. IX, Art. X mit der beschlossenen Änderung, Einleitung und Überschrift. Wer zustimmt, gebe bitte Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich darf einstimmige Annahme feststellen.
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Vizepräsident Dr. Dehler Wir kommen dann zurdritten Beratung.Wer dem Gesetz in dieser in der zweiten Beratung beschlossenen Form zustimmen will, der erhebe sich. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme des Gesetzes in dieser Form.Wir haben dann noch über die Ziffern 2 und 3 des Antrags des Ausschusses — Ersuchen an die Bundesregierung — abzustimmen. Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.Wir kommen dann zum Tagensordnungspunkt 34.Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1967
— Drucksache V/1531 —Eine Einführung ist nicht gewünscht, auch keine Aussprache. Können wir uns dann dahin einigen, daß entsprechend dem Antrag des Ältestenrates an den Ausschuß für .das Bundesvermögen — federführend — und an den Haushaltsausschuß und den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — mitberatend — überwiesen wird? Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.Der Punkt 35 ist von der Tagesordnung abgesetzt.Dann sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung auf Mittwoch, den 12. April 1967, 14.30 Uhr.Ich darf Ihnen, meine Damen und Herren, gute und erholsame Ostertage wünschen.Die Sitzung ist geschlossen.