Protokoll:
5027

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 5

  • date_rangeSitzungsnummer: 27

  • date_rangeDatum: 9. März 1966

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:03 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 11:02 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 27. Sitzung Bonn, den 9. März 1966 Inhalt: Glückwunsch zum Geburtstag des Abg. Dr. Haas 1217 A Fragestunde (Drucksache V/386) Frage des Abg. Opitz: Bezeichnung aus der Sowjetzone eingeführter Waren als „deutsche Waren" Dr. Langer, Staatssekretär . . . . 1217 D Opitz (FDP) . . . . . . . . . 1218 A Frage des Abg. Dröscher: Wirtschaftlicher Wettbewerb der US-Stationierungstruppen auf deutschem Boden 1218 B Frage des Abg. Moersch: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Dr. Langer, Staatssekretär . . . . 1218 B Frage des Abg. Dröscher: Straße von Baumholder-Erzweiler nach Kusel 1218 C Frage des Abg. Josten: Verbesserte Uniformen Gumbel, Staatssekretär . . . . . 1218 C Josten (CDU/CSU) . . . . . . . 1218 D Frage des Abg. Brück (Holz) : Konsequenzen aus dem Tod des Soldaten Willi Henrichs Gumbel, Staatssekretär . . . . . 1219 A Brück (Holz) (SPD) . . . . . . 1219 B Jahn (Marburg) (SPD) 1219 C Frage des Abg. Kahn-Ackermann: Ministerkonferenz der ELDO-Mitgliedstaaten Dr. Cartellieri, Staatssekretär . . . 1219 D Kahn-Ackermann (SPD) 1220 A Frau Dr. Maxsein . . . . . . 1220 B Dr. Frede (SPD) 1220 C Flämig (SPD) 1220 D Dr. Müller (München) (SPD) . . 1221 A Frage des Abg. Dr. Hellige: Ausbau der Universität Göttingen Dr. Cartellieri, Staatssekretär . . . 1221 B Dr. Hellige (FDP) . . . . . . . 1221 C Fragen des Abg. Höhmann (Hessisch Lichtenau) : „Schaffnerwagen" auf Personenzugstrecken Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 1222 A Höhmann (Hessisch Lichtenau) (SPD) 1222 B Strohmayr (SPD) . . . . . . 1223 A Cramer (SPD) 1223 B Frau Dr. Probst, Vizepräsident . . 1223 B II Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. März 1966 Fragen des Abg. Dr. Wörner: Abstimmung der Pläne zur Stillegung von Bundesbahnstrecken mit den sonstigen Verkehrsplanungen 1223 C Fragen des Abg. Richter: Bahnlinie Neckarelz—Obrigheim—Mekkesheim, Bau einer Straßenschnellverbindung 1223 C Frage des Abg. Börner: Stoßstangen an Kraftfahrzeugen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 1223 D Börner (SPD) 1224 A Dr. Ritz (CDU/CSU) 1224 D Fellermaier (SPD) 1224 D Jahn (Marburg) (SPD) 1224 D Ott (CDU/CSU) 1225 A Fragen des Abg. Picard: Entwicklung eines neuen Entgiftungsgerätes für Autos Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 1225 B Picard (CDU/CSU) 1225 D Dr. Bardens (SPD) 1226 B Josten (CDU/CSU) 1226 C Fragen der Abg. Frau Dr. Hubert: Zulässige Grenzwerte für luftverunreinigende Stoffe in Abgasen von Kraftfahrzeugen — Vorrichtungen zur Entgiftung der Abgase Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 1226 D Frau Dr. Hubert (SPD) 1227 A Dr. Müller (München) (SPD) . . 1227 D Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) 1228 A Höhmann Hessisch Lichtenau (SPD) 1228 C Dr. Mommer (SPD) 1228 D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 122.9 A Picard (CDU/CSU) 1229 B Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes (Drucksache V/267) — Erste Beratung — 1229 B Entwurf einer Patentanwaltsordnung (Abg. Deringer, Busse [Herford] und Fraktionen ,der CDU/CSU, FDP) (Drucksache V/276) — Erste Beratung — Dr. Reischl (SPD) 1229 C Busse (Herford) (FDP) 1229 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Bundesdisziplinarordnung (CDU/CSU, FDP) (Drucksache V/325) — Erste Beratung —, in Verbindung mit Antrag der Fraktion der SPD betr. Änderung der Bundesdisziplinarordnung (V/313) 1230 A Antrag der Abg. Büttner, Schwabe, SchmittVockenhausen und Fraktion der SPD betr. Entwurf eines Tierschutzgesetzes (Drucksache V/182) Büttner (SPD) 1230 B Rollmann (CDU/CSU) . . . . . 1230 C Dr. Rutschke (FDP) 1231 A Antrag betr. Anpassung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung an den technischen Fortschritt und an die wirtschaftliche Entwicklung (CDU/CSU) (Drucksache .V/222) . . . . 1231 B Schriftliche Erklärungen: Müller (Berlin) (CDU/CSU) . . . 1239 D Behrendt (SPD) 1242 D Schmidt (Kempten) (FDP) . . . 1243 D Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der landwirtschaftlichen Veredlungswirtschaft (CDU/CSU, FDP) (Drucksache V/353) — Erste Beratung —, in Verbindung mit Antrag betr. Förderung der bäuerlichen Veredlungswirtschaft (FDP) (Drucksache V/296) 1231 C Schriftliche Erklärungen: Marquardt (SPD) 1245 D Dr. Effertz (FDP) 1246 D Antrag betr. Pflegesätze von Krankenhäusern (SPD) (Drucksache V/314), in Verbindung mit Antrag betr. finanzielle Situation der Krankenhäuser (CDU/CSU, FDP) (Drucksache V/389) Rhode (SPD) 1231 D Blank (CDU/CSU) . . . . . . 1233 D Dr. Hamm (Kaiserslautern) (FDP) . 1234 C Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 1235 D Dr. Bardens (SPD) . . . . . . 1235 D Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. März 1966 III Entwurf eines Gesetzes zu dem t7bereinkommen vom 20. November 1963 zur Revision der am 17. Oktober 1868 in Mannheim unterzeichneten Revidierten Rheinschiffahrtsakte (Drucksache V/18); Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses (Drucksache V/358) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . 1236 D Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Verlängerung der Geltungsdauer der Methode der Preisfeststellung auf den einzelstaatlichen Märkten für Rindfleisch (Drucksachen V/334, V/361) . 1237 A Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Änderung der Verordnungen Nr. 45, 46, 116, 129/63/EWG und 59/64/EWG des Rats, soweit diese Bruteier von Hausgeflügel und lebendes Hausgeflügel mit einem Gewicht von höchstens 185 Gramm betreffen (Drucksachen V/328, V/365) . . . . . . . . 1237 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundespolizeibeamtengesetzes (CDU/ CSU, SPD, FDP) (Drucksache V/350) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 1237 B Entwurf eines Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm in der Umgebung von Flughäfen (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal], Bading, Dr. Hamm [Kaiserslautern] u. Gen.) (Drucksache V/355) — Erste Beratung — 1237 C Antrag betr. Lärm an Militärflughäfen (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal], Bading und Gen. (Drucksache V/365 [neu]) . . 1237 C Nächste Sitzung 1237 D Anlagen 1239 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. März 1966 1217 27. Sitzung Bonn, den 9. März 1966 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Achenbach *) 11. 3. Dr. Aigner *) 11. 3. Dr. Apel*) 11. 3. Arendt (Wattenscheid) *) 11. 3. Dr. Arndt (Berlin/Köln) 11.3. Dr. Artzinger *) 11. 3. Bading *) 11.3. Dr.-Ing. Balke 26. 3. Bergmann *) 11. 3. Berkhan 12. 3. Blumenfeld 27. 3. Böhm 11.3. Dr. Brenck 11. 3. Dr. Burgbacher *) 11. 3. Burgemeister 9. 3. Burger 10. 4. Damm 9. 3. Deringer *) 11. 3. Dichgans *) 11.3. Dr. Dittrich *) 11. 3. Dröscher *) 11. 3. Eisenmann 13. 3. Frau Dr. Elsner *) 11. 3. Dr. Eppler 12. 3. Faller *) 11. 3. Figgen 11.3. Frieler 11. 3. Fritsch 11. 3. Fritz (Wiesbaden) 31.3. Dr. Furler *) 11.3. Gerlach *) 11.3. Freiherr von und zu Guttenberg 11. 3. Haage ,(München) 11. 3. Haase (Kellinghusen) 12.3. Hahn (Bielefeld) *) 11. 3. Hamacher 31.3. Hermsdorf 9. 3. Dr. Hofmann (Mainz) 11. 3. Horten 9. 3. Hufnagel 12. 3. Illerhaus *) 11. 3. Dr. Jungmann 31. 3. Klein 18. 3. Klinker *) 11. 3. Frau Krappe 31.3. Kriedemann *) 11. 3. Frau Dr. Krips 9. 3. Kulawig *) 11. 3. Lenz (Brühl) *) 11. 3. Liedtke 15.4. Dr. Löhr *) 11. 3. Lücker (München) *) 11. 3. Mauk *) 11. 3. 1 Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Memmel *) 11. 3. Merten *) 11. 3. Mertes 12. 3. Metzger *) 11. 3. Dr. Miessner 12. 3. Missbach 22. 3. Dr, h. c. Dr.-Ing. Möller 11.3. Dr. Morgenstern 25. 3. Müller (Aachen-Land) *) 11. 3. Dr. Philipp *) 11.3. Prochazka 11.3. Richarts *) 11.3. Riedel (Frankfurt) *) 11. 3. Dr. Schmid-Burgk 9. 3. Dr. Schulz (Berlin) 11. 3. Dr.-Ing. Seebohm 11.3. Seifriz *) 11.3. Seuffert *) 11. 3. Spitzmüller 9. 3. Dr. Starke *) 11. 3. Strauß 11.3. Frau Strobel *) 11. 3. Teriete 11. 3. Unertl 11.3. Dr. Wilhemi 9. 3. Baron von Wrangel 11. 3. b) Urlaubsanträge Frau Blohm 31. 3. Anlage 2 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Müller (Berlin) für die Fraktion der CDU/CSU zu dem Antrag der Fraktion über die Anpassung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) an den technischen Fortschritt und an die wirtschaftliche Entwicklung (Drucksache V/222). Im Grunde genommen soll durch unseren Antrag das erreicht werden, was in folgendem Satz der Regierungserklärung vom 10. November 1965 zum Ausdruck kommt: „Es geht ... darum, die Anpassung an Strukturveränderungen zu erleichtern, um die knappe Arbeitskraft so produktiv wie nur möglich einzusetzen." Ich füge hinzu: unter Vermeidung von Begleitumständen, die sozial- und gesellschaftspolitisch nicht vertretbar sind. Der Antrag fordert eine Novellierung ides Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. Die Vorschriften dieses Gesetzes sollen dem technischen Fortschritt und der wirtschaftlichen Entwicklung angepaßt werden. Dabei ist nicht allein an eine Berücksichtigung der Entwicklung gedacht, die seit der großen Novelle des Jahres 1956 - also in den letzten zehn Jahren - eingetreten ist. Es besteht vielmehr die Notwendigkeit, darüber 1240 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. März 1966 hinaus auch Vorsorge für die Zukunft zu treffen. Das Gesetz muß so flexibel ,sein, daß es auch zukünftigen Entwicklungen auf dem Gebiet der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes gerecht wird. Diese Entwicklung läßt sich heute schon berücksichtigen, weil ihr Verlauf der Richtung nach bereits in der Gegenwart erkennbar ist. Der Antrag verlangt unter Ziffer 1 eine Verbesserung des Arbeitslosengeldes. Daß die geltenden Sätze des Arbeitslosengeldes ihrer geringen Höhe nach heute wie ein Anachronismus wirken, dürfte allgemein bekannt sein und hat zwei Gründe. Der eine liegt in der Lohnentwicklung der letzten zehn Jahre. Sie hat dazu geführt, daß die Leistungsbemessungsgrenze, die im Jahre 1956 auf 750 DM festgesetzt worden ist, völlig überholt ist. Auch wenn wir im Zeichen der Vollbeschäftigung und des Arbeitskräftemangels gern und mit Befriedigung feststellen, daß wir keine Arbeitslosigkeit mehr haben, so schließt das doch nicht aus, daß in den meisten trotz allem noch vorkommenden Fällen von Arbeitslosigkeit das Arbeitslosengeld sich nicht mehr nach dem tatsächlich verdienten Arbeitsentgelt richtet. Wer z. B. 1000 DM oder gar 1500 DM im Monat verdient, bekommt heute, wenn er arbeitslos wird, kein höheres Arbeitslosengeld als derjenige, der nur 750 DM monatlich verdient. Der Antrag fordert daher eine Heraufsetzung der Leistungsbemessungsgrenze für das Arbeitslosengeld und dementsprechend auch für die Unterstützung aus der Arbeitslosenhilfe. Der Antrag sagt nichts darüber, wie hoch die Grenze festgesetzt werden soll. Es soll vielmehr der Bundesregierung überlassen bleiben, in ihrer Gesetzesvorlage einen ersten Vorschlag zu unterbreiten und diesen zu begründen. Dieser wird in den zuständigen Ausschüssen dieses Hohen Hauses geprüft werden, die dann ihrerseits dem Hohen Hause entsprechende Vorschläge zur Annahme empfehlen werden. Ich möchte an dieser Stelle nur erwähnen, daß auf anderen Gebieten der sozialen Sicherung die notwendige Anpassung an die Lohnentwicklung längst vollzogen ist. So liegt die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung, die 1957 von 500 auf 660 DM erhöht worden war, jetzt bei 900 DM. Die Beitragsbemessungsgrenze der Angestelltenversicherung, die ursprünglich mit der Leistungsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung übereinstimmte, beträgt gegenwärtig 1300 DM. Die Sätze des Arbeitslosengeldes sind aber nicht nur im Hinblick auf die Lohnentwicklung überholt, sie sind es ebenso im Hinblick auf die sozialpolitische Entwicklung der letzten zehn Jahre. Die sogenannte „große Novelle" zum AVAVG ist im Jahre 1956 vor den übrigen großen sozialpolitischen Reformgesetzen verabschiedet worden. Inzwischen ist in anderen Gesetzen das Verhältnis zwischen dem verdienten Arbeitslohn und den sozialen Lohnersatzleistungen entscheidend verbessert worden. Wir brauchen dabei nur an die Verbesserungen des Krankengeldes zu denken oder an die Neuregelung der Rentenberechnung in den gesetzlichen Rentenversicherungen und der Unfallversicherung. Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion fordert daher zwei- tens eine Verbesserung des Verhältnisses des Arbeitslosengeldes zum vorher erzielten Arbeitsentgelt. Auch hier sieht er davon ab, Zahlen zu nennen. Gegenwärtig beträgt das Arbeitslosengeld — ohne Familienzuschläge — etwa 55 v. H. des Nettoarbeitsentgelts eines Ledigen. Durch Verringerung des Abstandes zwischen Arbeitsentgelt und Arbeitslosengeld soll der Schutz des Arbeitnehmers bei Arbeitslosigkeit so verbessert werden, daß er auch nach den veränderten heutigen Maßstäben als ausreichend bezeichnet werden kann. Allerdings muß ein gewisser Abstand zwischen Lohn und Arbeitslosengeld erhalten bleiben. Er muß ausreichend groß sein, um das Interesse des Arbeitslosen an einer baldigen Vermittlung in Arbeit wachzuhalten. Insofern liegen hier die Verhältnisse anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Schwerpunkt unseres Antrages liegt aber in Ziffer 2. Unter Ziffer 2 fordert der Antrag eine grundlegende Umgestaltung der im AVAVG vorgesehenen Maßnahmen zur Verhütung und Beendigung der Arbeitslosigkeit im Sinne einer aktiven Beschäftigungspolitik. Das Instrumentarium muß insbesondere so ausgestaltet werden, daß es den besonderen Anforderungen, die sich aus dem technischen Fortschritt und den wirtschaftlichen Strukturveränderungen ergeben, voll gerecht werden kann. Das AVAVG ist — auch in der Fassung der großen Novelle des Jahres 1956 — noch weitgehend geprägt von den bitteren Erfahrungen einer Zeit, in der die Beseitigung und Verhütung von Arbeitslosigkeit das zentrale und nur schwer lösbare Problem war. Heute, in der Zeit der Vollbeschäftigung, in der in der Bundesrepublik mehr als 1,2 Millionen ausländische Arbeitnehmer beschäftigt werden und in der nach der Bevölkerungsstruktur eine natürliche Zunahme der Beschäftigten für die nächsten Jahre kaum zu erwarten ist, müssen die Aufgaben der Arbeitsverwaltung im Sinne einer aktiven Beschäftigungspolitik neu durchdacht werden. Der Gesetzgeber muß der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ein Instrumentarium in die Hand geben, das sie befähigt, die Probleme der kommenden Jahre bestmöglichst zu meistern. Vor allem der allgemeine technische Fortschritt und die sich vollziehenden Wandlungen in der Struktur der Wirtschaft und der einzelnen Berufe verlangen, daß die geltenden Bestimmungen überprüft und zeitgemäß gefaßt werden. Das zweite Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, das das Hohe Haus in der 21. und 22. Plenarsitzung eingehend behandelt hat, bringt in seinem vierten Kapitel einen dankenswerten und hoch interessanten Beitrag über die Zusammenhänge von Wirtschaftswachstum und Strukturwandel. Es beginnt mit dem höchst beachtlichen Satz: Stetiges Geld erfordert stetiges Wachstum — stetiges Wachstum den Wandel der Strukturen; es betont dann aber an mehreren Stellen die Wichtigkeit der Mobilität der Arbeitskräfte, wenn ein stetiges und angemessenes Wachstum der Wirtschaft erhalten bleiben soll. Das mit dem vorliegenden Antrag verfolgte Ziel deckt sich also weitge- Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. März 1966 1241 hend mit den auf diesem Gebiet aufgestellten Forderungen des zweiten Jahresgutachtens. Wenn man vom technischen Fortschritt spricht, so denkt man insbesondere an die Probleme der Automation und ihre Folgen auf die Arbeitnehmer der Unternehmen, die aus wohlerwogenen Gründen der Rationalisierung oder wegen des Konkurrenzdrucks ihre Produktion auf automatische Fertigung umstellen. Daraus kann sich die Notwendigkeit ergeben, Arbeitnehmer zu entlassen oder auf andere Arbeitsplätze umzusetzen. Wandlungen in der wirtschaftlichen Struktur ergeben sich durch die sich immer stärker vollziehende Verflechtung innerhalb der EWG. So werden z. B. auf dem Gebiet der Landwirtschaft die Kleinbetriebe zugunsten rationeller, mit Maschinen arbeitender Großbetriebe zurückgedrängt. Ehemalige selbständige Landwirte oder mithelfende Angehörige werden künftig als Arbeitnehmer tätig sein. Aber auch z. B. die Einführung neuer chemischer Produkte oder die Einfuhr billiger Auslandserzeugnisse können es mit sich bringen, daß trotz Vollbeschäftigung ganze Wirtschaftszweige rückläufig tendieren und hier dadurch Arbeitskräfte frei werden. Schließlich ist uns allen bekannt, daß gerade der technische Fortschritt großen Einfluß auf die einzelnen Berufe hat. Eine Reihe von Berufen ist ausgestorben, andere sind neu entstanden, und wieder andere haben sich ihrem Inhalt nach teilweise oder völlig verändert. Auf all diesen Gebieten stellt sich dem Gesetzgeber die Aufgabe, Vorsorge zu treffen, daß sich dieser Wandel reibungslos vollzieht. Weder der einzelne Arbeitnehmer noch die gesamte Volkswirtschaft dürfen darunter leiden, daß etwa nicht rechtzeitig gesetzgeberische Maßnahmen getroffen worden sind, um möglicherweise auftretende Schwierigkeiten zu beheben. Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion basiert darauf, daß bereits jetzt dem zuletzt im Jahre 1956 umfassend novellierten Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung eine Reihe von Möglichkeiten gegeben sind, auftretende Schwierigkeiten abzufangen. Diese bestehenden Möglichkeiten müssen jedoch den aufgezeigten veränderten Situationen angepaßt werden. Diese Anpassung ist vorrangig als vorsorgliche Maßnahme für möglicherweise in der Zukunft auftretende Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt anzusehen. Man möge uns nicht entgegenhalten, daß bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage, die ganz und gar unter dem Zeichen der Vollbeschäftigung steht, eine solche Vorsorge nicht notwendig sei. Die Fraktion der CDU/CSU geht auch oder gerade davon aus, daß sich die wirtschaftliche Situation der Bundesrepublik auch künftig nicht grundlegend nachteilig wandeln wird. Trotzdem können sich in dem aufgezeigten Rahmen gewisse regionale und auf bestimmte Wirtschaftszweige beschränkte Schwierigkeiten ergeben. Das verlangt eine verstärkte regionale und insbesondere berufliche Mobilität des Arbeitnehmers. Es muß gewährleistet sein, daß ein Arbeitnehmer der — ganz gleich, aus welchen Gründen — seinen Arbeitsplatz verliert, nicht nur irgendeinen anderen, sondern den richtigen, seinen Fähigkeiten entsprechenden Arbeitsplatz einnehmen kann. Wenn sich für ihn ein solcher Arbeitsplatz außerhalb seines bisherigen Wohnsitzes bietet, müssen in ausreichendem Maße Beihilfen für die durch die Trennung von der Familie entstehenden Kosten und zu den Umzugskosten gewährt werden. Noch wichtiger ist es jedoch, einem entlassenen Arbeitnehmer oder besser einem von der Arbeitslosigkeit durch technischen Fortschritt bedrohten Arbeitnehmer, der in seinem bisherigen Beruf keinen Arbeitsplatz finden kann, die Möglichkeit zu bieten, in einem anderen Beruf einen gleichwertigen Arbeitsplatz einzunehmen. Das ist nicht nur eine sozialpolitische, sondern auch eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit. Mit Recht legen die Sachverständigen in ihrem zweiten Jahresgutachten dar, daß in einer vollbeschäftigten Wirtschaft die menschliche Arbeitskraft dort eingesetzt werden soll, wo sie gesamtwirtschaftlich mit dem größten Effekt Verwendung findet. Deswegen müssen berufliche Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen durchgeführt werden, die den einzelnen Arbeitnehmer in die Lage versetzen, auch künftig genauso produktiv und seinem bisherigen sozialen Stand entsprechend tätig zu sein. Das kann oder sollte sogar nicht nur durch die Bundesanstalt, sondern möglichst in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern bzw. mit den vom technischen Fortschritt bedrohten Branchen geschehen. Während derartiger beruflicher Bildungsmaßnahmen muß gewährleistet sein, daß der Lebensunterhalt des Arbeitnehmers und seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen in angemessener Weise sichergestellt ist. Es erscheint meines Erachtens gerechtfertigt, den Teilnehmern an derartigen beruflichen Bildungsmaßnahmen einen höheren Lebensunterhalt zu gewähren, als ihnen zustünde, wenn sie arbeitslos wären. Im Interesse der Volkswirtschaft und im Interesse des einzelnen Arbeitnehmers muß ein Anreiz bestehen, sich einer beruflichen Bildungsmaßnahme zu unterziehen. Die Durchführung beruflicher Bildungsmaßnahmen sollte aber nicht nur auf den Personenkreis der Bezieher von Arbeitslosengeld beschränkt werden. Es liegt im Interesse jedes einzelnen Betroffenen, aber genauso im Interesse der gesamten Volkswirtschaft, die menschliche Arbeitskraft so produktiv und sinnvoll wie möglich einzusetzen. Deswegen muß vermieden werden, daß erst überhaupt der Fall einer Arbeitslosigkeit eintritt. Berufliche Bildungsmaßnahmen müssen also so früh wie möglich einsetzen; unter Umständen bereits dann, wenn sich erst zu einem späteren Zeitpunkt eine mögliche Arbeitslosigkeit bzw. die Gefahr einer Entlassung aus dem alten Arbeitsverhältnis für den einzelnen Arbeitnehmer abzeichnet. Hier müssen also Wege gefunden werden, um gegebenenfalls Umschulungsmaßnahmen bereits während eines noch bestehenden Arbeitsverhältnisses einzuleiten. Diese Forderungen fügen sich voll und ganz in den Rahmen der bisherigen Aufgabenstellung der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ein. Der Bundesanstalt sollen hier 1242 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. März 1966 keine neuen, etwa artfremden Aufgaben übertragen werden. Nach der richtungweisenden Grundbestimmung des § 38 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hat die Bundesanstalt im Rahmen der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung dahin zu wirken, daß Arbeitslosigkeit und Mangel an Arbeitskräften vermieden oder behoben werden. In diesen Grundgedanken sind auch alle Neuregelungen sinnvoll einzufügen. Voraussetzung dafür, daß rechtzeitig sinnvolle Umschulungsmaßnahmen eingeleitet werden können, die nachher tatsächlich dazu führen, daß der umgeschulte Arbeitnehmer einen angemessenen Arbeitsplatz findet, ist eine vorausschauende Arbeitsmarktbeobachtung. Ebenso wichtig ist es, die Entwicklung der einzelnen Berufe zu kennen und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Hier ergeben sich wichtige Aufgaben für die Berufsberatung. Sie verlangen eine Neufassung der gesetzlichen Bestimmungen. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus den heutigen bildungspolitischen Zielsetzungen. Dabei handelt es sich in erster Linie darum, den Arbeitnehmer schon zu Beginn der Berufsausbildung anpassungsfähig, d. h. beruflich mobil zu machen. Bekanntlich sucht die deutsche Berufsausbildung dieses Ziel auf der Grundlage einer breiteren Grundausbildung, die möglichst jedem Jugendlichen zuteil werden soll, zu erreichen. Erst allmählich soll der Ausbildungsgang zur Fach- und Spezialausbildung fortschreiten, ein Prinzip, das in den derzeitigen Versuchen einer Stufenausbildung eine eigene Ausprägung erfährt. Eine weitere bildungspolitische Erkenntnis, der auch die Berufsberatung Rechnung tragen muß, besteht darin, daß der Arbeitnehmer in der industrialisierten Gesellschaft nicht mehr sein Leben lang mit den in der Jugend erworbenen Berufskenntnissen auskommt, sondern aus der Natur der auf uns zukommenden Verhältnisse heraus zu einem vielleicht mehrfachen Berufswechsel veranlaßt werden kann. Dies zwingt ihn, um eine ständige systematische Fortbildung während seines Arbeitslebens bemüht zu sein. Die Fülle der Berufsmöglichkeiten und die Neuerungen in der Berufs- und Beschäftigungsstruktur können bei dem vor der Berufswahl stehenden Jugendlichen das Gefühl einer sozialen Unsicherheit erwecken. Für die Berufsberatung ergibt sich aus alledem folgendes. Erstens. Die Orientierung des jungen Menschen über die Berufs- und Arbeitswelt muß intensiviert werden; deshalb kommt den auf die Allgemeinheit gerichteten Maßnahmen der Berufsaufklärung eine erhöhte Bedeutung zu. Die Berufsberatung darf sich zweitens künftig nicht mehr mit einem mehr oder weniger einmaligen Ansprechen des Berufsanwärters begnügen und einen Beratungsfall mit der Vermittlung in eine Ausbildungsstelle als abgeschlossen ansehen, sondern muß wiederholt und intensiv in den verschiedenen Etappen der Berufsausbildung mit ihrem fachlichen Rat zur Verfügung stehen. Es wird ferner zu prüfen sein, ob die Vorschriften über die finanzielle Förderung der betriebsgebundenen Ausbildung der Lehrlinge und Anlernlinge aus Mitteln der BAVAV hinsichtlich der Leistungshöhe und der Anspruchsvoraussetzungen in Einklang mit den Förderungsmaßnahmen aus anderen öffentlichen Quellen gebracht werden müssen. Im Zusammenhang mit all den vorgenannten Problemen noch ein Wort zur Frage der Berufsforschung. Sie besagt, daß im Rahmen der Arbeitsmarkt- und Berufsnachwuchspolitik der Bundesregierung der Berufsberatung wegen ihrer vorausschauenden und vorauswirkenden Tätigkeit eine wichtige Rolle zufällt. Deshalb ist es notwendig, die Aufgaben der Bundesanstalt bei der Erforschung des Nachwuchsbedarfs und der Veränderungen der Berufsinhalte gesetzlich zu verankern. Die Bundesanstalt bereitet sich meines Wissens zur Zeit bereits auf diese Aufgabe organisatorisch vor. Es kommt dabei nur darauf an, die künftigen Auswirkungen des technischen Fortschritts auf die beschäftigten Arbeitnehmer, vor allem aber auch auf die erst heute oder demnächst in einen Beruf neu eintretenden Berufsanwärter so weit wie möglich festzustellen. Daß es sich hier um eine öffentliche Aufgabe von hoher Bedeutung handelt, die zunächst der Bundesregierung auf Grund ihrer sozial- und arbeitsmarktpolitischen Verantwortung obliegt, bedarf keines besonderen Hinweises. Die Berufsforschung wird sich im einzelnen — auf der Grundlage einer umfassenden Berufsdokumentation — vor allem mit der Analyse der Berufsmerkmale sowie den beruflichen Erfordernissen in psychologischer und körperlicher Hinsicht, mit den Erfordernissen einer modernen Berufsstatistik und Berufssystematik und schließlich mit einer vorsichtigen Schätzung des quantitativen Nachwuchsbedarfs zu beschäftigen haben. Die Bundesregierung muß die vielfältigen Bemühungen um eine solche Aufhellung der vor uns liegenden Entwicklungen in der Arbeits- und Berufwelt koordinieren. Sie wird dabei auf die tatkräftige Unterstützung der BAVAV angewiesen sein. Um all diesen als notwendig erkannten Forderungen gerecht werden zu können, ist eine Änderung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung notwendig. Ich bitte deshalb, dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU zu entsprechen und die Bundesregierung zu ersuchen, auf dem von mir angesprochenen Gebiet eine Gesetzesvorlage zu erarbeiten. Anlage 3 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Behrendt für die Fraktion der SPD zur Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU über die Anpassung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenvensicherung (AVAVG) an den technischen Fortschritt und an die wirtschaftliche Entwicklung (Drucksache V/222). Zu dem vorliegenden Antrag der CDU/CSU-Fraktion erkläre ich namens meiner Fraktion, daß es zu Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. März 1966 1243 begrüßen ist, wenn gesetzgeberisch eine Initiative ergriffen werden soll, den sich seit langem abzeichnenden unerwünschten sozialen Folgen der technischen Entwicklung zu begegnen. Anzuerkennen ist auch die Forderung, daß es hierzu neben einer spürbaren Verbesserung der Arbeitslosenversicherung einer wirkungsvollen Beschäftigungs- und Berufspolitik bedarf. Trotz alledem muß bedauert werden, daß die Antragsteller jegliche Konkretisierung ihrer Forderungen vermissen lassen. So enthält z. B. die erste Forderung nicht den geringsten Hinweis auf die Frage des versicherungspflichtigen Personenkreises. Insbeasonder die die fortschreitende Büromechanisierung hat die Frage der sozialen Schutzbedürftigkeit auch der Angestellten aktualisiert, die nach geltendem Recht der Pflicht zur Arbeitslosenversicherung nicht unterliegen. Hinsichtlich der Anpassung der Leistungsbemessungsgrenze an die veränderten Einkommensverhältnisse sowie der Verbesserung des Verhältnisses des Arbeitslosengeldes zum zuvor erzielten Arbeitsentgelt wird nicht einmal in groben Zügen gesagt, welche Leitgedanken für die geforderte Regelung bestimmend sein sollen. Es wäre immerhin eine diskutable Aussage gewesen, wenn die Funktion des Arbeitslosengeldes als Lohnersatz erwähnt worden wäre. Wenn die Antragsteller zur Vermeidung unerwünschter sozialer Folgen, die sich aus dem technischen Fortschritt und den Strukturveränderungen ergeben können, lediglich eine Ausgestaltung des Instrumentarismus nach dem AVAVG fordern, so lassen sie damit erkennen, daß sie mit der Problematik dieses Themenkreises nur unzureichend vertraut sind. Die Vielschichtigkeit dieser Aufgabe wird bereits erkennbar, wenn man berücksichtigt, daß fachlich qualifizierte Institutionen wie die IAO und OECD bereits seit Jahren allein um die theoretische Bewältigung bemüht sind. Solange es noch um die Erforschung der Einzelheiten dieses Projektes geht, solange also nicht einmal mit Sicherheit gesagt werden kann, welche Auswirkung die technische Entwicklung im einzelnen haben wird, ist es absolut verfrüht, die Änderung nur eines bestimmten Gesetzes zu verlangen. Sollten die Antragsteller aber mit der Formulierung des Antrages ,die Absicht ausdrücken wollen, sämtliche Probleme, die sich aus dem technischen Fortschritt und der zunehmenden wirtschaftlichen Integration ergeben, mit den Mitteln eines völlig veralteten AVAVG zu lösen, so lohnt es einfach nicht, diesen Antrag zu diskutieren. Auf welcher Basis eine „gezielte Beschäftigungs- und Berufspolitik" betrieben werden soll, solange es an einer vorausschauenden Arbeitsmarktbeobachtung sowie an der von den Antragstellern erst an letzter Stelle geforderten Berufsforschung fehlt, bleibt demnach unklar. Es wäre wünschenswert, daß die Antragsteller ihre Forderungen konkretisieren und deutlich machen. Eine Regelung, die an die viel zu engen Grenzen des jetzigen AVAVG gebunden sein soll, muß als unzureichend verworfen werden. Anlage 4 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Schmidt (Kempten) für die Fraktion der FDP zur Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU über die Anpassung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) an den technischen Fortschritt und an die wirtschaftliche Entwicklung (Drucksache V/222). Namens der Bundestagsfraktion der FDP gebe ich folgende Erklärung zu Protokoll. Von seiten der FDP-Bundestagsfraktion werden Bestrebungen begrüßt und unterstützt, die darauf hinzielen, das AVAVG den sich ändernden wirtschaftsstrukturellen Verhältnissen anzupassen. Die Automation wie sonstige aus dem technischen Fortschritt sich ergebenden Rationalisierungsmaßnahmen bedingen neue und andere Anforderungen an die Arbeitskräfte. ;Eine+ rechtzeitige Berücksichtigung dieser Entwicklungen durch geeignete Förderungsmaßnahmen wird einer möglichen Arbeitslosigkeit der betroffenen Arbeitskräfte entgegenwirken und diese wie ihre Familien vor sozialem Abstieg und finanziellen Schwierigkeiten bewahren. Bedenken bestehen gegen eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze im gegenwärtigen Augenblick wie aus grundsätzlichen Erwägungen. Die gegenwärtige Arbeitsmarktsituation erlaubt weitgehend einen Wechsel auf einen anderen entsprechenden Arbeitsplatz ohne eine längerfristige Arbeitslosigkeit. Eine allgemeine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze ohne gleichzeitige Senkung des Beitragssatzes würde das verfügbare Arbeitsentgelt aller durch die Erhöhung Betroffenen weiter einengen und außerdem auf der Arbeitgeberseite die Lohn- und Gehaltskosten erhöhen. In Anbetracht der Problematik der Lohnbezogenheit der sozialen Abgaben können solche Erhöhungen zu weiteren Nachteilen im Wettbewerb für den lohnintensiven Bereich der Wirtschaft führen. Die FDP wird daher darauf hinwirken, daß den gezielten Maßnahmen zur Vermeidung der Arbeitslosigkeit der betroffenen Personen das besondere Augenmerk geschenkt wird. Auf diesen Wegen kann den möglicherweise Betroffenen besser geholfen werden als durch eine generelle Erhöhung der Beitrags- und Leistungsbemessungsgrenze. Anlage 5 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Dr. Reinhard für die Fraktion der CDU/CSU zu dem Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der landwirtschaftlichen Veredelungswirtschaft (Drucksache V/353). Der Grüne Bericht und die Debatte über diesen Bericht im Deutschen Bundestag haben gezeigt, wie 1244 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. März 1966 nötig die bisherigen Maßnahmen für die Landwirtschaft sind, daß sie weitergeführt und den neuen veränderten Verhältnissen angepaßt werden müssen. Es wird aber auch darauf ankommen, außerhalb des Grünen Planes Maßnahmen zur Einkommenssicherung zu ergreifen. Dabei sollte es sich unter anderem auch um einen gesetzlichen Schutz vor der Abwanderung wichtiger Produktionszweige der landwirtschaftlichen Veredelung in andere Wirtschaftsbereiche handeln. Vom Gesamtproduktionswert unserer Landwirtschaft entfallen 75,1% auf die Veredelungswirtschaft. Diese Zahl beweist eindeutig, mit der Veredelung steht und fällt unsere Landwirtschaft. Während die Rindfleisch- und Milcherzeugung weitgehend bodengebunden und damit mit der Landwirtschaft eng verbunden sind, ist es bei den weniger bodenabhängigen Zweigen der tierischen Veredelung anders. Bei Schweinefleisch, Eier und Geflügelfleisch machen sich in der letzten Zeit Tendenzen zur Abwanderung in landwirtschaftsfremde Betriebe bemerkbar. Personen oder Firmen der gewerblichen Wirtschaft wollen unter erheblichem Kapitaleinsatz in die Veredelungsproduktion einsteigen. Sie planen dabei in Größenordnungen, wie wir sie bisher nicht kennen. Diese — vorerst nur in Einzelfällen verwirklichte — Entwicklung beinhaltet für die Landwirtschaft große Gefahren. Auch diese nicht direkt bodenabhängige Veredelung hat für sie mit rund 32 % des Gesamtproduktionswertes außerordentliches Gewicht. Im einzelnen entfallen auf die Schweineerzeugung 23,6 %, auf Eier 6,8 % und auf Geflügelfleisch 1,4%. Die Bedeutung der Veredelungsproduktion für unsere Landwirtschaft wird dabei in den nächsten Jahren voraussichtlich noch über die genannten Zahlen hinausgehen. Einmal geht der Trend der Ernährung zum hochwertigen und leichtverdaulichen Nahrungsmittel. Aber auch von der Eigenversorgung her muß man die Bedeutung der Veredelung sehen. Der deutsche Inlandsbedarf wird zur Zeit bei Schweinefleisch zu rund 95 %, bei Eiern zu etwa 85 %, bei Geflügelfleisch aber erst zu rund 40 % aus deutscher Erzeugung gedeckt. Hier ergeben sich Möglichkeiten, die für die Einkommensentwicklung unserer bäuerlichen Betriebe im Sinne einer inneren Aufstockung sehr wesentlich sein werden. Voraussetzung für die Wahrnehmung dieser Möglichkeiten ist allerdings, daß die Veredelungsproduktion in der Landwirtschaft bleibt. Der Einsatz großer Kapitalbeträge ist für den landwirtschaftsfremden Betrieb nur bei Tierbeständen in Größenordnungen, die weit über die Möglichkeiten des landwirtschaftlichen Betriebes hinausgehen, interessant. Der Vorteil dieser Veredelungsfabriken liegt nicht etwa in einer besonders rationellen Erzeugung. Da kann sich die deutsche Landwirtschaft ohne weiteres mit Größtbetrieben messen. Der Vorteil solcher Großbetriebe liegt in der Stellung am Markt. Im Gegensatz zur Landwirtschaft können diese Betriebe den Standort in Verbrauchszentren legen. Das ist ein großer Vorteil. Für den bäuerlichen Familienbetrieb kommt es demgegenüber in erster Linie darauf an, vorhandene, nicht voll ausgelastete Arbeitskräfte in der Veredelungsproduktion lohnend einzusetzen und damit das Betriebs- einkommen aufzubessern. Die Bestandsgröße der Veredelungsproduktion wird dabei zwangsläufig dem Gesamtbetrieb angepaßt. Die obere Grenze dürfte beim Einsatz einer vollen Arbeitskraft liegen. Produktionstechnisch können in solchen Größenordnungen die Möglichkeiten wirklich rationeller Erzeugung voll ausgeschöpft werden. Agrarpolitiker der CDU haben den Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der landwirtschaftlichen Veredelungswirtschaft ausgearbeitet, der von der CDU/ CSU-Fraktion und der FDP-Fraktion im Bundestag eingebracht worden ist. Er fußt auf diesen Überlegungen. Er sieht bewußt Höchstgrenzen für die Haltung von Schweinen, Legehennen und Jungmastgeflügel vor, die — zumindest für den heutigen Stand — dem technischen Fortschritt noch weiten Spielraum lassen. Andererseits liegen sie aber unter dem Rahmen, der für die nichtlandwirtschaftliche Veredelungsproduktion interessant wäre. Die Höchstgrenzen werden nur für wenige landwirtschaftliche Betriebe Bedeutung haben, da rationelle Produktion, die auch einen hohen Mechanisierungsgrad zuläßt, bereits bei Tierbeständen gegeben ist, die wesentlich unter den vorgesehenen Höchstbeständen liegen. Die Veredelungsproduktion in nichtlandwirtschaftlichen Großbetrieben spielt bisher in der Bundesrepublik keine ausschlaggebende Rolle. Da aber die Tendenz in Richtung auf solche wenige Großproduktionsstätten unverkennbar ist, muß eine gesetzliche Regelung, wenn sie Wirkung haben soll, schnell kommen. Sind die Großbetriebe erst da, kann die Veredelungswirtschaft auch durch gesetzliche Maßnahmen kaum wieder in die Hand der bäuerlichen Betriebe zurückgeführt werden. Entscheidendes Motiv für die vorgesehene Beschränkung ist die Erhaltung der Existenz einer möglichst großen Anzahl selbständiger bäuerlicher Familienbetriebe und damit des Mittelstandes. Dieser notwendige Schutz rechtfertigt ohne Zweifel die Beschränkung, die sich für einzelne ergibt. Die Agrarpolitik der Bundesrepublik ist ganz eindeutig auf die Erhaltung und Förderung der bäuerlichen Familienbetriebe ausgerichtet. Sie deckt sich hier mit den im Vertrage von Rom festgelegten Grundsätzen. Landwirtschaftsgesetz und EWG-Vertrag würden ausgehöhlt werden, ginge die Veredelungswirtschaft der Landwirtschaft verloren. Der deutsche Markt könnte im heutigen Umfange z. B. von 5000 Betrieben mit einer Jahresproduktion von 5000 Schweinen oder bei Jungmastgeflügel von 100 Betrieben mit einer Jahresproduktion von 600 000 Stück versorgt werden. Die Eierversorgung — ebenfalls im heutigen Umfange — wäre durch 200 Betriebe mit je 250 000 Legehennen zu schaffen. Statt dessen findet die Erzeugung jetzt in über 1 Million Betrieben statt. Die angegebenen Zahlen sind keineswegs utopisch. Konzentration der Veredelung in diesem Maße in wenigen großen Produktionsstätten würde jedoch nicht nur der Landwirtschaft eine entscheidende Einkommensmöglichkeit nehmen, sie hätte vielmehr auch ganz allgemein gesehen gravierende Nachteile. Es darf hier nur an die Seuchengefahr speziell im Schweinemast-Großbetrieb erinnert werden. Die Konzentration der Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. März 1966 1245 Erzeugung an wenigen Stellen und speziell an Stellen großer Bevölkerungsdichte — und derartige Standorte würden für die Großproduktion sicher gewählt — birgt aber auch anderweitige Gefahren für die Sicherstellung der Versorgung. Hier spielt der gesamte Fragenkomplex der Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Erzeugnissen der Ernährungs- und Landwirtschaft, der zum Ernährungssicherstellungsgesetz führte, eine Rolle. Ich brauche auf die einzelnen Probleme nicht einzugehen. Die Konzentration der Produktion in wenigen Großunternehmen unterliegt im übrigen auch Einwirkungen auf Grund von rein privatwirtschaftlichen Überlegungen, die für die Versorgung der Bevölkerung ausgesprochen nachteilig sein können. Der landwirtschaftliche Betrieb, der bei aller Spezialisierung stets mehrere Betriebszweige hat und haben wird, kann bei konjunkturellen Schwankungen auf einem Gebiet einen Ausgleich auf anderen Gebieten schaffen. Er gibt damit weitgehend Gewähr für eine kontinuierliche Produktion. Zu einer Einstellung einer zum Betriebszweig ausgebauten Erzeugung kommt es im landwirtschaftlichen Betrieb erfahrungsgemäß erst, wenn sich langfristig Unwirtschaftlichkeit herausgestellt hat. Beim spezialisierten Großbetrieb liegen die Gegebenheiten völlig anders. Hier ist kein Ausgleich zwischen Betriebszweigen möglich. Während einer Aufbauzeit und gegebenenfalls auch während eines Kampfes um den Platz am Markt kann zugesetzt werden. Ist die Marktposition erreicht, muß aber verdient werden. Kommen Störungen, so sucht das Kapital sich eine andere, lohnendere Anlagemöglichkeit. Ist die Produktion auf 100, 150 oder 200 Betriebe konzentriert, so können durch solche privatwirtschaftlich voll verständlichen Entscheidungen auch mitten im normalen Wirtschaftsablauf Marktverknappungen auftreten. Diese können sich preislich für den Verbraucher ungünstig auswirken. In solcher Situation hilft auch nicht der Rückgriff auf Importe, da die Produktion in den Exportländern nicht ad hoc gesteigert werden kann. Sie ist vielmehr auf langfristige Bedienung der Nachfrage eingestellt. Bei einer Verteilung der Inlandserzeugung auf eine Vielzahl landwirtschaftlicher Betriebe erscheint eine solche Entwicklung ausgeschlossen. Die Höchstbestände, die der Gesetzentwurf vorsieht, sollen einheitlich für alle Betriebe gelten. Es wird bewußt — um den Gleichheitsgrundsatz zu wahren — kein Unterschied zwischen landwirtschaftlichen und nichtlandwirtschaftlichen Betrieben gemacht. Der Entwurf sieht nur zwei Ausnahmen vor. Diese Ausnahmen beinhalten aber keine Sonderrechte für die Landwirtschaft. Die eine Ausnahme bezieht sich auf die Betriebe, die bereits jetzt höhere Tierbestände haben. Aus praktischen und rechtlichen Gründen ist vorgesehen, daß diese Betriebe ihre Produktion zwar nicht weiter ausbauen dürfen, jedoch können sie im bisherigen Umfang aufrechterhalten werden. Diese Regelung scheint auch im Hinblick auf die vergleichsweise noch kleine Zahl der betroffenen Betriebe, sowohl gewerblichen als auch landwirtschaftlichen Charakters, gerechtfertigt. Die zweite Ausnahme bezieht sich auf Basisgefltigelzuchtbetriebe, die besonderen Voraussetzungen entsprechen. Diesen gleichzusetzen sind auch die Vermehrungsbetriebe, die das Material für die Geflügelmast liefern, da sie praktisch keine Eiermarktleistung haben und die Voraussetzung für eine rationelle Junggeflügelmast sind. Unter diese Ausnahme fällt nur eine ganz geringe Zahl von Betrieben in der Bundesrepublik. Moderne Geflügelleistungszucht kann aus Gründen der Zuchtwahl nur mit wirklich großen Tierbeständen auf die Dauer erfolgreich durchgeführt werden. Da die Leistungsfähigkeit der Landesgeflügelhaltung von der Arbeit der Zuchtbetriebe abhängt, läßt sich diese Ausnahme nicht umgehen. Einbeziehung der Basisgeflügelzuchtbetriebe in die Regelung der Höchstbestände käme einem Rückschritt gleich. Die Gefahr der Abwanderung der Veredelungswirtschaft aus der Landwirtschaft besteht in erster Linie in der Bundesrepublik. Es kommt daher darauf an, in der Bundesrepublik dieser Gefahr zu begegnen. Das eigentliche Ziel wird aber nur erreicht werden können, wenn im ganzen EWG-Raum ähnliche Bestimmungen gelten. Daher sollte die in dem Gesetzentwurf für die Bundesrepublik vorgesehene Ordnung für die Bundesregierung Anlaß sein, darauf hinzuwirken, daß eine gleiche oder ähnliche Regelung auch auf europäischer Ebene durchgeführt wird. Die Frage ist für die Partnerländer im übrigen keineswegs neu. In Frankreich unterliegt bereits die als strukturgerecht angesehene bäuerliche Hühnerhaltung mit 2000 Hennen der Genehmigungspflicht. Das gleiche gilt für die ebenfalls als strukturgerecht angesehene Jahresproduktion von 20 000 Stück Jungmastgeflügel. Ein effektiver Höchstsatz ist noch nicht festgelegt. Die gesetzliche Grundlage für die Festlegung eines Höchstsatzes besteht jedoch bereits. Französische Stellen betonen, daß die Errichtung von Massenhaltungen auf Grund der bestehenden Bestimmungen in Frankreich in jedem Fall abgelehnt würde. Das entspricht also voll unserem Anliegen, Mammutagrarfabriken zu unterbinden. Dem Vernehmen nach hat im übrigen der holländische Landwirtschaftsminister amtlichen deutschen Stellen gegenüber betont, wenn die Bundesrepublik Höchstbestände festlegte, wäre Holland bereit, eine gleiche Regelung durchzuführen bzw. eine entsprechende europäische Regelung zu akzeptieren. Nach Berichten über Besprechungen im Rahmen von COPA tendiert auch Italien in gleicher Richtung. Es kommt nur darauf an, daß die Bundesrepublik als das Land, in dem akuter Anlaß besteht, den ersten Schritt tut. Anlage 6 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Marquardt für die Fraktion der SPD zu dem Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der landwirtschaftlichen Veredlungswirtschaft (Drucksache V/353). 1246 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. März 1966 Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat sich nie dem berechtigten Anliegen verschlossen, der deutschen Landwirtschaft Raum und Möglichkeiten für eine bessere und stärkere Veredlungswirtschaft zu schaffen. Es galt und gilt, den Wettbewerbsvorsprung der EWG-Partnerländer aufzuholen. Wir wissen auch, daß unter den veränderten Verhältnissen für viele Betriebe in einer verbesserten Veredlungswirtschaft überhaupt die einzige Chance lag und liegt, ihre Existenz zu erhalten und die Einkommenslage nachhaltig zu verbessern. In Einklang damit hat das ganze Hohe Haus schon bisher der landwirtschaftlichen Veredlungswirtschaft Präferenzen eingeräumt und finanzielle Hilfen gewährt. Es sind a) steuerliche Vorteile der Landwirtschaft gegenüber der gewerblichen Viehhaltung, b) Zuschüsse und zinsverbilligte Kredite zur Errichtung von Stallbauten, Schlachtanlagen usw. aus dem Grünen Plan. Dies hat sicherlich dazu beigetragen, daß die eigene Produktion den einheimischen Verbrauch ständig stärker gedeckt hat. Der Versorgungsgrad betrug schon 1964/65 97% bei Schweinen, 42 % bei Geflügelfleisch, 80 % bei Eiern und Eiprodukten. Fast 40% der Verkaufserlöse der deutschen Landwirtschaft kommen aus den drei genannten Produktgruppen. Durch den vorliegenden Gesetzentwurf soll nun versucht werden, erkennbare und unerwünschte Tendenzen abzuwehren, die darin liegen, daß sich die Produktion von Veredlungserzeugnissen auf wenige — finanzstarke — Produktionsstätten verlagert. Die Frage ist, ob der vorliegende Entwurf dafür ein geeignetes Instrument ist. Wir ,sind der Meinung, daß 'die Verabschiedung des von der SPD-Bundestagsfraktion im 4. Deutschen Bundestag eingebrachten Marktstrukturgesetzes der deutschen Landwirtschaft auch auf dem Veredlungssektor mehr Hilfe gebracht hätte, als es durch den jetzt zu behandelnden Gesetzentwurf jemals geschehen kann. Die Frage, ob der vorliegende Gesetzentwurf ein taugliches Mittel ist, ist zwingend. Wir wissen doch — spätestens seit der Beantwortung einer mündlichen Anfrage durch den früheren Bundesminister Schwarz am 3. 8. 1965 —, daß im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Überlegungen hinsichtlich eines Schutzgesetzes für die landwirtschaftliche Veredlungsproduktion angestellt werden. Dem Vernehmen nach liegt sogar ein reifer Entwurf auf dem Tisch des Ministers Höcherl. Aus welchen Gründen hat die Regierung bisher keinen Entwurf vorgelegt? Wir können nur rätseln. Mit einigem Einfühlungsvermögen kann man auf vier Gründe kommen. Erstens: Wollte man den Koalitionsparteien einen besonderen Propagandaeffekt — ein Erstgeburtsrecht — einräumen? Zweitens: Waren sich — wie so oft auf diesem Gebiet — die Fachministerien über den Sachinhalt nicht einig geworden? Drittens: Waren etwa rechtliche Gründe für die Nichtvorlage eines Regierungsentwurfs maßgebend? Viertens: Waren Rücksichten auf die Vorstellungen der Partnerländer oder der EWG-Kommission bestimmend? Vielleicht waren es sogar mehrere der genannten Gründe. Jedenfalls kann man dies aus den Antworten vom 3. 8. 1965 entnehmen. Wir erwarten darauf von der Regierung klare Auskünfte. Wir wollen und können hier und heute keine Detailfachdebatte führen. Das muß und wird im Ausschuß geschehen. Einige Bemerkungen müssen aber doch gemacht werden, damit die Problematik sichtbar wird und die Regierung sich für die Beratung in den Ausschüssen präparieren kann. Erstens: Ist eine Lizenzierung überhaupt möglich? Verstößt sie nicht gegen verfassungsrechtliche Grundsätze, z. B. gegen die Gewerbefreiheit. Das ist eine Kardinalfrage; denn mit Sicherheit — es ist ja schon angekündigt — wird der Entwurf, wenn er Gesetz wird, zur Beurteilung vor das Bundesverfassungsgericht kommen. Dort müssen wir mit den Festlegungen bestehen; denn wir wollen ja kein Gesetz zur Selbstberuhigung. Zweitens: Wenn Begrenzungen, sind dann die vorgeschlagenen Größen — auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit — richtig und zweckmäßig gesetzt? Wir werden vorschlagen, dazu Sachverständige zu hören, und werden auch prüfen müssen, ob die Ausnahmetatbestände richtig erfaßt sind. Denken Sie daran, eine Übergangsvorschrift für in Bau befindliche neue Produktionsstätten mit großer Kapazität und entsprechendem finanziellem Einsatz einzubauen? Drittens: Ist eine nationale Regelung überhaupt noch eine sinnvolle Sache? Müßte man nicht statt dessen — wie von der Regierung wohl auch erwogen — eine Lösung für 'den Gesamtbereich der EWG anstreben? Die völlige Freizügigkeit auch im Verkehr mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen kommt automatisch und nach dem Kalender auf uns zu. Wir können deshalb der deutschen landwirtschaftlichen Veredlungswirtschaft nur dann einen gewissen Schutz gewähren, wenn gleiche Bedingungen in der ganzen Wirtschaftsgemeinschaft gegeben sind. Anderenfalls verschlechtern wir unter Umständen sogar die Wettbewerbschancen aus unserer Erzeugung. Schießen wir bei einer nur nationalen Regelung nicht sogar in Selbsttor? Denken Sie daran, daß unter Umständen auf Grund des Gesetzes deutsche Großbetriebe in die Grenznähe, in Nachbarländer abwandern, den deutschen Markt versorgen, die Steuern aber in andere Kassen fließen. Man kann daraus ersehen, daß der Gesetzentwurf kein sogenannter „Selbstgänger" ist, sondern seine Probleme hat. Der Gesetzentwurf erfordert eine sehr gründliche Beratung in den Ausschüssen. Wir werden unseren Beitrag dazu leisten. Anlage 7 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Dr. Effertz für die Fraktion der FDP zu dem Antrag auf Förderung der bäuerlichen Veredelungswirtschaft (Drucksache V/296) Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. März 1966 1247 Mit diesem hier zur ersten Beratung gestellten Gesetzentwurf zur Sicherung der landwirtschaftlichen Veredelungswirtschaft, der gemeinschaftlich von der CDU/CSU und meiner Fraktion eingebracht worden ist, soll dem hier ebenfalls zur ersten Beratung anstehenden Antrag der FDP-Fraktion vom 11. Februar dieses Jahres betreffend Förderung der bäuerlichen Veredelungswirtschaft entsprochen werden. Die FDP-Fraktion zielte mit ihrem Antrag darauf ab, daß die Bundesregierung alsbald Vorschläge über die Begrenzung der Legehennenhaltungen, Geflügel- und Schweinemastbetriebe vorlegen sollte, die die Erhaltung der Veredelungswirtschaft in bäuerlichen Familienbetrieben in der Bundesrepublik und in der EWG sichern sollten. Die FDP-Fraktion läßt sich bei dieser Aktion zugunsten der bäuerlichen Familienbetriebe von dem Wunsch leiten, daß die Praxis der amtlichen Agrarpolitik im Bereich der Veredelungswirtschaft endlich in Übereinstimmung gebracht wird mit dem, was das Landwirtschaftsgesetz vorschreibt, nämlich die Erhaltung und Förderung der bäuerlichen Familienbetriebe. Wir sind der Meinung, daß in den letzten Jahren darüber genug diskutiert wurde und daß jetzt endlich Taten folgen müssen. Damit dies mit der gebotenen Eile geschehen kann, muß das Hohe Haus die Initiative ergreifen. Schon mit dem Antrag vom 16. April 1964 forderten wir steuerliche Maßnahmen zur Abgrenzung der landwirtschaftlichen und gewerblichen Veredelung, eine obere Grenze für Schweine- und Legehennenhaltung und wirksame Maßnahmen zur Begrenzung dei gewerblichen Verdelungswirtschaft auf das gesamtwirtschaftlich verträgliche Maß. Wir haben damals in diesem Hohen Hause keine ausreichende Unterstützung für unsere Initiative finden können. In der Zwischenzeit hat sich jedoch in der Veredelungswirtschaft einiges vollzogen, was die Notwendigkeit der von uns verlangten Maßnahmen zum Schutze der bäuerlichen Veredelungswirtschaft vollauf bestätigt. Ich kann es mir hier ersparen, im einzelnen darzulegen, in wie großem Umfange die gewerblichen Großbetriebe in die Veredelungswirtschaft eindringen. Mit steuerlichen Maßnahmen allein kann einer gesamtwirtschaftlich schädlichen Entwicklung hier nicht vorgebeugt werden. Eine ganze Reihe von gewerblichen und industriellen Unternehmen ist schon dabei, Veredelungsbetriebe, die Legehennenbestände bis zu 300 000 Tiere haben sollen, zu errichten. Die Verlagerung der tierischen Verdelungsproduktion in den gewerblich-industriellen Sektor und auch die Konzentration in großem Maßstabe auf einige landwirtschaftliche Unternehmen mit sehr großen Tierbeständen bedeutet auch nach der Meinung amtlicher Kreise für die landwirtschaftliche Veredelungsproduktion in ihrer Gesamtheit und ganz besonders für die tierische Veredelungsproduktion in bäuerlichen Betrieben eine erhebliche wirtschaftliche Gefahr. Die Befürchtung ist nicht von der Hand zu weisen, daß insbesondere die Veredelungsbetriebe in der Hand gewerblicher und industrieller Unternehmen auf Grund der für sie besonders günstigen Umstände (Finanzierung der Investitionen aus gewerblichen und industriellen Gewinnen, Verbundbetrieb mit anderen gewerblich-industriellen Betrieben usw.) die bäuerlichen Produzenten aus dem Markt drängen können. Das wäre ungefähr das Gegenteil der Entwicklung, die dem Landwirtschaftsgesetz entsprechen würde, und es wäre praktisch ein Bankrott jener Politik, die die bäuerlichen Betriebe stets auf besondere Entwicklungschancen in der Veredelungswirtschaft hingewiesen hat und den Betrieben zum Ausbau ihrer Veredelungsproduktion staatliche Mittel in erheblichem Umfange zukommen ließ. Die sich anbahnende Entwicklung, die Verlagerung der Veredelungsproduktion von bäuerlichen Betrieben in den gewerblichen Sektor liegt keineswegs im Sinne der staatlichen Agrarpolitik. Bund und Länder wenden Milliardenbeträge auf, um der Landwirtschaft den Umstellungs- und Anpassungsprozeß an die modernen Verhältnisse zu erleichtern. Diese öffentlichen Gelder wären vertan, wenn den landwirtschaftlichen und ganz besonders den bäuerlichen Familienbetrieben die Chancen, die die tierische Veredelungsproduktion tatsächlich zu bieten vermag, genommen wird. Leitbild unserer Agrarpolitik ist der bäuerliche Familienbetrieb. Dieser Betriebsgröße, die nicht nach der Betriebsfläche, sondern nach der erreichbaren Produktivität abgegrenzt werden kann, kann entscheidend geholfen werden durch eine innerbetriebliche Aufstockung, d. h. durch einen marktkonformen Aufbau und Ausbau der Veredelungswirtschaft. Dazu bietet sich vornehmlich die Geflügelwirtschaft und die Schweinemast an. Hier können mit relativ begrenztem Investitionsaufwand ganz besondere Produktivitätssteigerungen erreicht werden. Es muß jedoch in der Gesamtheit der Veredelungswirtschaft rechtzeitig dafür gesorgt werden, daß sich die Veredelungsproduktion in den Grenzen hält, die von der Aufnahmefähigkeit des Marktes bestimmt werden. Wir hatten gehofft, daß die EWG-Kommission auf diesem Gebiet die Initiative ergreifen würde; denn die gesetzlichen Maßnahmen, die z. B. Frankreich zum Schutz der bäuerlichen Veredelungswirtschaft schon vor einigen Jahren in Kraft gesetzt hat, zwingen zu bestimmten Folgerungen für den gesamten EWG-Bereich. Wenn die Kommission dies unterläßt, würden neue Wettbewerbsverzerrungen entstehen. Oder könnte sich jemand vorstellen, daß die französische Regierung ihre gesetzlichen Maßnahmen wieder aufheben würde, wenn dies von Brüssel aus gewünscht wird? Offenbar ist noch nicht abzusehen, ob und wann die EWG-Kommission hier tätig werden will. Auch darum erscheint es dringend erforderlich, daß die Bundesrepublik durch den hier vorliegenden Entwurf die Initiative ergreift. Ich möchte annehmen, daß die Partnerländer in der EWG uns bei den Bemühungen um eine gemeinsame Regelung dann bereitwilliger unterstützen werden. Gegen den hier vorliegenden Gesetzentwurf sind von nichtlandwirtschaftlicher Seite u. a. auch juristische Bedenken erhoben worden. Darüber wird man bei den Ausschußberatungen sehr sorgfältig zu reden haben. Da es sich hier um eine Grundsatzfrage der modernen Agrarpolitik handelt, und zwar um 1248 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 9. März 1966 eine solche von ganz besonderem Gewicht, bin ich überzeugt, daß dieses Anliegen in den Ausschußberatungen mit aller Gründlichkeit, aber auch mit einer wohlwollenden Bereitwilligkeit zu der agrarpolitisch und gesamtwirtschaftlich vorteilhaftesten Lösung beraten wird und daß dem Hohen Haus alsbald Beschlußvorschläge vorgelegt werden. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesminister Dr. Bucher vom 25. Februar 1966 auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Czaja zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Baier *) Die kommunalen Spitzenverbände sind in gleicher Weise wie die zuständigen Länderressorts über die Möglichkeiten der Förderung von Studien- und Modellvorhaben im Rahmen der Dorferneuerung laufend unterrichtet worden. Dies wird auch weiterhin geschehen. Auch über den jeweiligen Stand der sich aus der Haushaltslage des Bundes ergebenden Förderungsmöglichkeiten für die Gewährung von Planungszuschüssen für die Ausarbeitung von Bauleitplanungen erhalten die kommunalen Spitzenverbände Kenntnis. *) Siehe 23. Sitzung Seite 992 B Außerdem finden von Zeit zu Zeit Besprechungen mit den Geschäftsführern dieser Verbände in meinem Ministerium statt, die der weiteren Unterrichtung dienen. Es bleibt diesen Verbänden selbstverständlich überlassen, ihren Mitgliedern den Inhalt meiner Rundschreiben in geeigneter Weise bekanntzugeben, wie es erfahrungsgemäß auch geschehen ist. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schäfer vom 7. März 1966 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schlager (Drucksache V/339, Frage XVI/1): Treffen Presseberichte zu, die von einer verminderten Aufklärungsquote von Straftaten für das Jahr 1965 sprechen und diese Reduzierung z. T. sogar in Zusammenhang mit der letztjährigen Reform des Strafprozeßrechtes bringen? Die polizeiliche Kriminalistik für 1965 liegt noch nicht vor. Es ist deshalb verfrüht, schon jetzt von einer verminderten Aufklärungsquote der Straftaten für das Jahr 1965 zu sprechen. Sollte tatsächlich die Aufklärungsquote sich vermindert haben, so kann dies nach meinen Erkundigungen beim Bundeskriminalamt nicht in Verbindung mit der Reform des Strafprozeßrechts gebracht werden.
Gesamtes Protokol
Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502700000
Die Sitzung ist eröffnet.

(Abg. Dr. Mommer [angesichts des mit drei Damen 'besetzten Präsidiums] : Wo bleibt die Gleichberechtigung .der Männer? — Heiterkeit und Beifall.)

— Befürchten Sie nicht, meine Herren, daß hier ein Matriarchat entstünde; die Ablösung wird turnusgemäß erfolgen.
Ich habe zunächst die Freude und die Ehre, dem Herrn Abgeordneten Dr. Haas zur Vollendung des 60. Lebensjahres im Namen des ganzen Hauses 7U gratulieren.

(Beifall.)

Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 4. März 1966 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
Gesetz zu dem Abkommen vom 26. November 1964 zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung
Gesetz zu dem Vertrag vom 3. März 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik der Philippinen über die Förderung und den Schutz von Kapitalanlagen
Gesetz zu dem Übereinkommen vom 17. Dezember 1962 über die Haftung der Gastwirte für die von ihren Gästen eingebrachten Sachen
Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Einbringung von Sachen bei Gastwirten
Gesetz zu dem Vertrag vom 9. Juni 1965 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über die Abgrenzung des Festlandsockels der Nordsee in Küstennähe.
Der Staatssekretär des Bundesministeriums des Auswärtigen hat am 2. März 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Burgbacher, Rommerskirchen, Dr. Klepsch, Frau Kalinke, Busse (Herford) und Genossen betr. Vergleichsverfahren über das Vermögen der niederländischen Versicherungsgesellschaft „BRANDARIS", Amsterdam (Drucksache V/289) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/327 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat am 3. März 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bauer (Würzburg), Dr. Wahl, Dr. Hellige und Genossen betr. Empfehlung 453 der Beratenden Versammlung des Europarates (Drucksache V/300) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V 366 verteilt.
Zu den in der Fragestunde der 26. Sitzung des Deutschen Bundestages am 4. März 1966 gestellten
Fragen des Abgeordneten Dr. Rau, Drucksache V/339 Nr. XI/6, XI/7 und XI/8, ist inzwischen die schriftliche Antwort des Bundesministers von Hassel vom 1. März 1966 eingegangen. Sie lautet:
Eine den Ausbildungszielen gerecht werdende Mitbenutzung eines städtischen Hallenbades in einem Großstandort wie Ulm läßt sich auch beim besten Willen und größten Entgegenkommen der zivilen Stellen nicht erreichen. Im Raum Ulm sind außer dem Korpsstab etwa 35 Kompanien der Bundeswehr untergebracht. Die Endbelegung wird 5300 bis 5500 Soldaten betragen. Selbst wenn für jede Kompanie nur 1 Schwimmstunde je Woche angesetzt würde, müßte das Bad für 35 Stunden in der Woche allein für die Bundeswehr zur Verfügung stehen. Das aber ließe sich ohne wesentliche Beeinträchtigung des eigentlichen Zwecks eines zivilen Hallenbades für eine Stadt mit 93 000 Einwohnern nicht ermöglichen. Hinzu kommt, daß die militärische Schwimmausbildung dem Dienstplan der Truppenteile angepaßt werden muß und nicht nur auf die betriebsschwachen Stunden des Bades verteilt werden kann. Aus diesen Gründen halte ich nach wie vor den Bau eines bundeseigenen Hallenbades in Ulm für gerechtfertigt.
Bei der großen Anzahl von Soldaten in Ulm würde sich ein sehr erheblicher Betrag als Interessenanteil der Bundeswehr ergeben, der eventuell höher sein müßte als die Baukosten für eine bundeseigene Schwimmhalle, die bei den beiden in München im Bau befindlichen Objekten je 1,5 Millionen DM betragen.
Eine Mitbenutzung des Bundeswehr-Hallenbades durch Ulmer Sportvereine oder andere Gruppen der Zivilbevölkerung wird sich m. E. zumindest an einigen Abenden und Samstagen ermöglichen lassen. Darüber kann aber endgültig erst entschieden werden, wenn die Benutzungszeiten für die Soldaten und deren Angehörige festgelegt sind. Die Frage, ob eine solche Mitbenutzung kostenfrei oder gegen Erstattung gewisser Selbstkosten ermöglicht werden kann, wird zur Zeit im Benehmen mit dem Herrn Bundesminister der Finanzen und den zuständigen Ausschüssen des Bundestages geprüft.
Wir kommen zu Punkt 1 der Tagesordnung: Fragestunde
— Drucksachen V/386, V/387 —
Die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Kreutzmann, die bisher im Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen vorgesehen war, wird jetzt vom Bundesinnenminister beantwortet und bei dessen Geschäftsbereich aufgerufen.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Frage II/1 des Abgeordneten Opitz:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß aus der Sowjetzone eingeführte preisgünstige Waren in der Bundesrepublik nicht einfach als „deutsche Waren" angepriesen werden sollten?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502700100
Waren, die im Rahmen des Interzonenhandels aus der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands in die Bundesrepublik verbracht worden sind, sind deutsche Waren und können deshalb als solche angeboten werden.




Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502700200
Eine Zusatzfrage.

Rudolf Opitz (FDP):
Rede ID: ID0502700300
Herr Staatssekretär, sehen Sie eine Möglichkeit, es etwas mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu bringen, daß auch diese Waren von deutschen Arbeitern, deutschen Technikern und deutschen Ingenieuren hergestellt werden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502700400
Herr Abgeordneter, ich fürchte, daß jeder Zusatz nur Mißverständnisse auslösen könnte. Ich glaube, die Bezeichnung dieser Waren als deutsche Waren macht unsere rechtliche und politische Auffassung über den Interzonenhandel sehr deutlich.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502700500
Eine weitere Zusatzfrage.

Rudolf Opitz (FDP):
Rede ID: ID0502700600
Herr Staatssekretär, ich meine nicht durch einen Zusatz, sondern durch Aufklärung der interessierten Wirtschaftskreise.
Dr. Langer, Staatssekretär im .Bundesministerium für Wirtschaft: Herr Abgeordneter, ich habe gar keine Bedenken, bei erster sich bietender Gelegenheit, vielleicht bei einem Gespräch mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft, darauf aufmerksam zu machen, daß diese Waren deutsche Waren sind und als deutsche Waren bezeichnet werden können.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502700700
Ich rufe die Frage 11/2 des Abgeordneten Dröscher auf:
Wie weit gehen die Möglichkeiten militärischer Stellen der US-Stationierungstruppen in Deutschland, die Ausübung wirtschaftilchen Wettbewerbs auf deutschem Boden zugunsten des European Exchange System (EES) zu verhindern, wie das jetzt wieder in Baumholder mit Bulletin Nr. 4 der „Baumholder Military Community" versucht worden ist?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Frage II/3 des Abgeordneten Moersch:
Welche gesetzlichen Bestimmungen haben die Bundesregierung veranlaßt, bei der Ergänzung des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung um ein Mitglied dem Bundespräsidenten die Entscheidung über die Auswahl aus mehreren Vorschlägen zu übertragen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502700800
Im Gesetz über die Bildung des Sachverständigenrates heißt es: „Die Mitglieder des Sachverständigenrates werden auf Vorschlag der Bundesregierung durch den Bundespräsidenten berufen."
Diese Gesetzesvorschrift enthält keine Bestimmung darüber, wieviel Vorschläge die Bundesregierung dem Herrn Bundespräsidenten zur Berufung vorzulegen hat. Abgesehen davon beschränken sich die Beziehungen zwischen dem Herrn Bundespräsidenten und der Bundesregierung nicht auf gesetzliche Bestimmungen; sie beruhen auf vertrauensvoller Zusammenarbeit.
Deshalb hat es die Bundesregierung im vorliegenden Fall für zweckmäßig und richtig gehalten, den Herrn Bundespräsidenten an der Auswahl zu beteiligen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502700900
Keine Zusatzfragen. — Ich danke dem Herrn Staatssekretär.
Ich rufe dann die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung auf, zunächst die Frage III/1 des Abgeordneten Dröscher:
Warum darf die vom Bund neu erbaute Straße von Baumholder-Erzweller nach Kusel nicht von deutschen Zivilisten benutzt werden?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich rufe die Frage III/2 des Abgeordneten Josten auf:
Wie weit sind unsere Soldaten mit den verbesserten Uniformen ausgerüstet?
Zur Beantwortung bitte der Herr Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502701000
Mit den verbesserten Uniformen sind bis jetzt alle Unteroffiziere und die Mannschaften zu über 70 % ausgestattet. Es war an sich vorgesehen, alle Soldaten bis zum Ende des vergangenen Jahres auszustatten. Das ist deswegen nicht möglich gewesen, weil bei den Röcken eine Lieferverzögerung eingetreten ist. Es ist damit zu rechnen, daß bis Ende Mai auch alle Mannschaften die neuen Uniformen erhalten haben werden.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502701100
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0502701200
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß die Truppenstäbe oder -kommandos bei der Auslieferung der neuen Uniformen bevorzugt wurden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502701300
Das ist mir nicht bekannt. Ich weiß nur, daß die Unteroffiziere bevorzugt mit den neuen Uniformen ausgestattet worden sind. Das ist der Grund dafür, daß bis jetzt schon alle Unteroffiziere die neue Uniform erhalten haben.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502701400
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.

Johann Peter Josten (CDU):
Rede ID: ID0502701500
Herr Staatssekretär, in welcher Weise ist beabsichtigt, die alten Uniformröcke noch auftragen zu lassen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502701600
Sie sind bisher schon aufgetragen



Staatssekretär Gumbel
worden. Das ist der Grund, warum die Umstellung auf die neue Uniform erst jetzt restlos durchgeführt wird.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502701700
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage III/3 des Abgeordneten Brück (Holz) auf:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Tod des Soldaten Willi Henrichs vom Fernmelderegiment 751, der trotz teilweiser Erwerbsunfähigkeit zum Wehrdienst einberufen wurde und dessen Klagen über seine Krankheit mit dem Hinweis abgetan wurden, er sei ein Simulant?
Ich bitte den Herrn Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502701800
Herr Abgeordneter, der Tod des Soldaten Willi Henrichs gibt keinen Anlaß zu irgendwelchen Konsequenzen. Der Soldat Henrichs erkrankte nach achtmonatiger Dienstzeit während eines Urlaubs zu Hause an einer inneren Krankheit. Diese Krankheit wurde zunächst hausärztlich, dann in einem Krankenhaus und schließlich in einer Universitätsklinik stationär behandelt. Die Krankheit führte zum Tode des Wehrpflichtigen.
Wie mir berichtet wird, hatte Henrichs vorher zu keinem Zeitpunkt gegenüber seinem Truppenarzt über Beschwerden geklagt, die als Anzeichen dieser Krankheit aufzufassen gewesen und als Simulation abgetan worden wären.
Die Erkrankung stand auch in keinerlei Zusammenhang mit der Erwerbsminderung, die auf einen Arbeitsunfall im Jahre 1957 zurückging. Damals hatte Herr Henrichs Knochenbrüche erlitten. Nach fachärztlichem Urteil führten die Folgen dieses Arbeitsunfalls jedoch nicht zur Wehrdienstuntauglichkeit. Herr Henrichs ist tauglich III gemustert worden.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502701900
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Brück.

Alwin Brück (SPD):
Rede ID: ID0502702000
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß Herr Henrichs in Koblenz untersucht worden ist und auf Grund des Ergebnisses der Untersuchung zum Stab in die Schreibstube versetzt worden ist, so daß man also Anhaltspunkte dafür gehabt haben muß, daß er nicht mehr ganz gesund ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502702100
Das ist mir nicht bekannt.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502702200
Eine zweite Zusatzfrage.

Alwin Brück (SPD):
Rede ID: ID0502702300
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung dafür Sorge tragen, daß in Zukunft Klagen von Soldaten über Krankheiten sorgfältiger beachtet werden und daß man mit dem Ausdruck „Simulant" etwas vorsichtiger umgeht, zumal der behandelnde Arzt des Verstorbenen gesagt hat, er sei zu spät gekommen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502702400
Erstens wird den Klagen über Krankheiten sofort nachgegangen. Zweitens habe ich gesagt, daß der Ausdruck „Simulant" überhaupt nicht nachgewiesen ist. Drittens ist der Soldat zu Hause erkrankt, also nicht im Dienst oder in der Kaserne, und es ist, wie ich den mir vorliegenden Berichten entnehmen muß, zunächst der Hausarzt zugezogen worden, der dann später die Einweisung in ein Krankenhaus veranlaßt hat. Es ist also in keiner Weise irgend etwas von dem Sanitätsdienst der Bundeswehr verabsäumt worden.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502702500
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jahn.

Gerhard Jahn (SPD):
Rede ID: ID0502702600
Da Ihnen, Herr Staatssekretär, wie Sie soeben eingeräumt haben, offenbar nicht alle Umstände des Falles bekannt sind, möchte ich Sie fragen: sind Sie bereit, eine nochmalige Überprüfung vorzunehmen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502702700
Eine Überprüfung könnte nur insoweit notwendig sein, als hier auf eine Untersuchung in einem Bundeswehrlazarett Bezug genommen worden ist, die mir nicht bekannt ist. Insoweit bin ich gerne zu einer Nachprüfung bereit.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502702800
Keine weitere Zusatzfrage. Ich danke dem Herrn Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung. Ich rufe die Frage IV/1 des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann auf:
Welche Haltung beabsichtigt die Bundesregierung in der Ministerkomitee-Sitzung für ELDO am 29. März 1966 in Paris angesichts des britischen Zögerns hinsichtlich der Weiterentwicklung der Europa-I-Rakete und der Weiterführung der Träger- und der Nachrichten-Satelliten-Programme einzunehmen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502702900
Die für den 29. März 1966 vorgesehene Ministerkonferenz der ELDO-Mitgliedstaaten mußte auf britisches Ersuchen wegen der am 31. März 1966 in Großbritannien stattfindenden Neuwahlen auf Ende April 1966 verschoben werden. In den zwischenzeitlich erfolgten und noch weiter vorgesehenen Konsultationen mit der britischen Regierung und mit den Regierungsstellen der anderen ELDO-Staaten hat die Bundesregierung die Auffassung vertreten, daß die begonnene europäische Zusammenarbeit in der ELDO aus technisch-wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Gründen fortgesetzt werden sollte.
Die endgültige deutsche Haltung in dieser Angelegenheit kann jedoch erst nach Abschluß der zwischenstaatlichen Beratungen festgelegt werden. In jedem Fall strebt die Bundesregierung jedoch die Durchführung des gesamten Anfangsprogramms einschließlich der Flugerprobung der deutschen 3. Stufe an.



Staatssekretär Dr. Cartellieri
Die Frage eines europäischen Nachrichtensatellitenprogramms wird auf dieser Konferenz nicht behandelt werden. Die bisherigen Arbeiten in den Ausschüssen der Europäischen Konferenz für Fernmeldeverbindungen mittels Satelliten — der CETS, d. h. Conférence Européenne des Télécommunications par Satellites — sehen vor, innerhalb der nächsten 5 bis 6 Jahre gemeinsam unter Nutzung von ESRO und ELDO einen experimentellen Fernmeldesatelliten zu entwickeln. Die hierüber zu treffende Entscheidung der CETS-Vollkonferenz wird wesentlich von dem Ergebnis der Verhandlungen über die Zukunft der ELDO beeinflußt werden.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502703000
Eine Zusatzfrage.

Georg Kahn-Ackermann (SPD):
Rede ID: ID0502703100
Herr Staatssekretär, sind innerhalb der Bundesregierung Beratungen darüber gepflogen worden, ob die Bundesrepublik auf einer Weiterführung dieser Programme auf jeden Fall bestehen wird, auch wenn das bedeutet, daß erheblich größere finanzielle Beiträge als bisher zu leisten sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502703200
Herr Abgeordneter, es handelt sich jetzt um einen Zeitpunkt, wo zwischenstaatliche Beratungen stattfinden. Die Bundesregierung ist natürlich erheblich interessiert, daß ihr „Gesellenstück'', die 3. Stufe, vollendet und erprobt wird. Sie muß auch weiter mit anderen europäischen Staaten daran interessiert sein, daß die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Nutzung von Satelliten gegeben ist und jeweils eine Trägerrakete zu wirtschaftlichen Bedingungen zur Verfügung steht.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502703300
Frau Dr. Maxsein zu einer Zusatzfrage.

Dr. Agnes Katharina Maxsein (CDU):
Rede ID: ID0502703400
Herr Staatssekretär, welche Summe hat die Bundesrepublik in das Gemeinschaftswerk ELDO A investiert? Wäre dieser finanzielle Beitrag à fonds perdu geleistet, wenn das Projekt eingestellt würde, nachdem der britische Arbeitsanteil erledigt ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502703500
Die Bundesregierung hat bisher, d. h. bis Ende 1965, rund 184 Millionen DM für das Projekt gezahlt. Diese Summe ist in vollem Umfang durch Aufträge zum Bau der 3. Stufe in die Bundesrepublik zurückgeflossen.


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502703600
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Dr. Maxsein.

Dr. Agnes Katharina Maxsein (CDU):
Rede ID: ID0502703700
Wie konnte es zu den gravierenden finanziellen Fehleinschätzungen und den zeitlichen Verschiebungen kommen? Wo liegen die Gründe?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502703800
Die Gründe liegen hier auf unserer Seite zunächst darin, daß wir, als wir der ELDO beitraten, kaum Experten hatten, um die Zahlenangaben, die im Ausland über das ELDO-Projekt gemacht worden waren, im einzelnen nachzuprüfen. Die Fehleinschätzungen sind aber auch im Ausland niemanden zur Last zu legen; denn dieses Vorhaben, eine dreistufige Rakete international durch verschiedene Staaten bauen zu lassen, ließ sich am Anfang nicht voll übersehen. Es ist auch in der amerikanischen Entwicklung sehr oft der Fall, daß die Projekte nachher nicht nur doppelt, sondern sogar dreifach so teuer werden. Ich glaube, es läßt sich hier niemandem ein Vorwurf machen, auch im Ausland nicht, weil die Entwicklung der Kosten am Anfang einfach noch nicht zu übersehen war.

Dr. Günter Frede (SPD):
Rede ID: ID0502703900
Woraus erklärt sich der wesentlich höhere Anteil, den die Bundesregierung im Jahre 1966 für das ELDO-Projekt zu zahlen hat?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502704000
Die höhere Beitragsleistung für 1966 ergibt sich aus dem entsprechend dem Baufortschritt des Projekts erhöhten Finanzbedarf und aus der Verteuerung des ELDO-Programms insgesamt. Sie wissen, daß ursprünglich der Ansatz für die ELDO ungefähr die Hälfte von dem betragen hat, was jetzt international errechnet worden ist.


Gerhard Flämig (SPD):
Rede ID: ID0502704100
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß ein Mitgliedsland der ELDO, nämlich Großbritannien, in letzter Zeit die Absicht geäußert hat, aus der ELDO auszuscheren?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502704200
Es ist Ihnen bekannt, daß die britische Regierung den anderen Mitgliedstaaten der ELDO die Nachricht gegeben hat, daß sie wegen der finanziellen Entwicklung Bedenken hat, die Arbeiten in der bisher gedachten Form fortzuführen. Darüber sollen eben nach den britischen Wahlen Besprechungen stattfinden. Inzwischen finden unter den anderen ELDO-Partnern bereits Abstimmungen statt.

Gerhard Flämig (SPD):
Rede ID: ID0502704300
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Antwort so verstehen, daß bisher noch kein offizieller Schritt seitens der britischen Regierung in dieser Beziehung unternommen wurde, daß also die Besorgnis wegen der Zukunft dieses Projekts bis jetzt nur auf einem Rauschen im Blätterwald beruht?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502704400
Ich möchte sagen, es liegt ein Zwischenstadium vor. Die britische Regierung hat die anderen Mitgliedstaaten von ihren Gedankengängen über die Kosten und über die Notwendigkeit, das ganze Projekt der ELDO noch einmal zu überprüfen, unterrichtet.




Dr. Günther Müller (CSU):
Rede ID: ID0502704500
Glauben Sie, Herr Staatssekretär, daß die Ursachen für diesen Schritt der britischen Regierung darin liegen könnten, daß die britische Regierung daran interessiert ist, ihren Anteil an den Gesamtkosten zu senken, der ja bisher der weitaus höchste Anteil aller beteiligten Länder ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502704600
Richtig ist, Herr Abgeordneter, daß die britische Regierung bisher den größten Anteil getragen hat, nämlich rund 38 %, während wir 22,01 % tragen. Man kann aber nicht sagen, das sei das Motiv der britischen Regierung.

Dr. Günther Müller (CSU):
Rede ID: ID0502704700
Wie würde sich die Bundesregierung verhalten, wenn diese Frage zwischen den beteiligten Ländern' geklärt werden sollte? Ist sie bereit, den deutschen Anteil zu erhöhen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502704800
Hierüber läßt sich noch nichts sagen. Zunächst müßte man dazu wissen, auf welches technische Zukunftsprojekt man sich einigt. Die Bundesregierung wird bemüht sein, wie ich bereits ausführte, das erste, also das Anfangsprogramm A der ELDO durchzuführen, in dem sich unser „Gesellenstück", die dritte Stufe, befindet. Diese Entwicklung muß erprobt werden, und es scheint mir auch vernünftig zu sein, daß man diese erste Rakete nicht in Riesenausmaßen gebaut hat, sondern in der Größenordnung, in der man auch in der Industrie Projekte beginnt, also in einem zunächst kleineren Maßstab, um erst einmal Erfahrungen zu sammeln.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502704900
Ich rufe die Frage IV/2 des Herrn Abgeordneten Dr. Hellige auf:
Welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, den Fortgang der Bauarbeiten an der Göttinger Universität entsprechend den Vorschlägen des Wissenschaftsrates durch Zuweisung von Bundesmitteln sicherzustellen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502705000
Der Bund hat den Ausbau der Universität Göttingen von 1958 bis 1965 mit insgesamt 35,3 Millionen DM unterstützt. Für 1966 sind nach den Empfehlungen des Wissenschaftsrates Bundeszuschüsse von fast 20 Millionen DM — genau 19,995 Millionen DM — für 13 Bauvorhaben der Universität Göttingen sowie Bindungsermächtigungen in Höhe von 7 Millionen DM vorgesehen. Für zwei weitere an sich förderungswürdige Bauvorhaben, das Institutsgebäude für Leibesübungen einschließlich Sportplatzanlagen und den Neubau der Forstlichen Fakultät, hat der Wissenschaftsrat allerdings auf eine Empfehlung verzichtet, weil dafür 1966 keine ausreichenden Mittel zur Verfügung stehen. Die vorgesehene Erhöhung der Hochschulbaumittel von 281,3 Millionen DM — Ist-Ausgabe 1965 — um über 30 % auf 372 Millionen DM 1966 — darunter erstmalig 22 Millionen DM für die Neugründung von Hochschulen, nämlich
die Medizinischen Akademien in Lübeck und Hannover — zeigt jedoch, daß die Bundesregierung erhebliche Anstrengungen unternimmt, um den raschen Ausbau der Hochschulen weiter zu fördern.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502705100
Die erste Zusatzfrage.

Dr. Walther Hellige (CDU):
Rede ID: ID0502705200
Herr Staatssekretär, besteht nicht die Möglichkeit, über die bisher gewährten Mittel hinaus die Dotationen für die Medizinische Akademie in Hannover zu erhöhen, um dadurch den Herrn Niedersächsischen Kultusminister in die Lage zu versetzen, dafür ursprünglich vorgesehene Mittel der Universität Göttingen zuzuwenden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502705300
Ob diese Möglichkeit besteht, hängt im wesentlichen mit von diesem Hohen Hause ab. Wir bemühen uns, daß es auch im Jahre 1967 möglich sein wird, in ausreichendem Umfang Bundesmittel für den Ausbau der bestehenden Hochschulen und für die Neuerrichtung von Hochschulen zur Verfügung zu stellen. Wie Sie wissen, Herr Abgeordneter, beruht der Bundeszuschuß an die beiden medizinischen Hochschulen in Lübeck und Hannover auf unmittelbaren Vereinbarungen zwischen dem Bund und den beiden Ländern, während ein Abkommen über die Finanzierung der neuen Hochschulen zwischen dem Bund und den Ländern allgemein noch nicht geschlossen worden ist.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502705400
Zweite Zusatzfrage.

Dr. Walther Hellige (CDU):
Rede ID: ID0502705500
Darf ich damit rechnen, Herr Staatssekretär, daß auch in den kommenden Jahren die Zuweisungen für Göttingen in größtmöglichem Rahmen gehalten werden, damit die Bauten zügig weitergeführt werden können?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502705600
Herr Abgeordneter, ich darf versichern, daß wir alles versuchen werden, um dies zu erreichen. Wenn der Gesamtbetrag der Zuwendungen des Bundes für Göttingen im Vergleich zu den Zuwendungen für einzelne andere Hochschulen etwas niedriger liegt, so ist das darauf zurückzuführen, daß die niedersächsische Ausbauplanung zunächst gegenüber anderen Hochschulen noch nicht so weit fortgeschritten war.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502705700
Keine Zusatzfragen. — Ich danke dem Herrn Staatssekretär. — Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr auf. Frage V/1 des Abgeordneten Höhmann:
Ist der Bundesregierung bekannt, in welchem Umfange die Deutsche Bundesbahn sogenannte „Schaffnerwagen" auf Personenzugstrecken einzuführen gedenkt, in denen Reisende ihre Fahrausweise lösen können, wenn sie an Haltepunkten oder bahnsteiglosen Bahnhöfen eingestiegen sind?
Herr Staatssekretär, bitte!




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502705800
Frau Präsidentin, ich bitte, die drei Fragen des Abgeordneten Höhmann gemeinsam beantworten zu dürfen, da sie im Zusammenhang stehen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502705900
Ist der Herr Fragesteller damit einverstanden?

(Abg. Höhmann [Hessisch Lichtenau] : Einverstanden!)

— Dann rufe ich auch die Fragen V/2 und V/3 auf:
Ist aus Gründen der Rationalisierung daran gedacht, die „Schaffnerwagen" auch besonders auf wenig rentablen Nebenstrecken im Zonengrenzgebiet einzuführen?
Liegen über das System der „Schaffnerwagen" bereits Erfahrungen vor?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502706000
Herr Abgeordneter, ich beantworte Ihre Frage mit Nein. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, in welchem Umfang die Deutsche Bundesbahn sogenannte Schaffnerwagen einführen will; die Bundesbahn ist sich selbst darüber noch nicht schlüssig geworden.
Da noch nicht feststeht, ob die Bundesbahn überhaupt das System der Schaffnerwagen auf größeren oder kleineren Teilen ihres Streckennetzes einführen wird, wäre es verfrüht, schon jetzt die Frage zu erörtern, inwieweit etwa das System im Zonenrandgebiet Anwendung findet. Die bisherigen recht spärlichen Erfahrungen erlauben es noch nicht, ein Urteil darüber abzugeben, ob sich das Verfahren für den Bundesbahnbetrieb eignet.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502706100
Eine Zusatzfrage, Herr Höhmann.

Egon Höhmann (SPD):
Rede ID: ID0502706200
Herr Staatssekretär, können Sie hier darstellen, welche spärlichen Erfahrungen vorliegen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502706300
Nach den Unterlagen, die ich von der Bundesbahn bekommen habe, sind zur Zeit nur Versuche auf einzelnen Strecken der Bundesbahndirektionen Stuttgart und Essen durchgeführt worden oder in Durchführung.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502706400
Zweite Zusatzfrage.

Egon Höhmann (SPD):
Rede ID: ID0502706500
Hat die Bundesbahn schon darüber einen Bericht geben können, in welchem Maße sich Personaleinsparungen auf die Senkung des Betriebs dieser Strecken auswirken?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502706600
Nein, Herr Abgeordneter.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502706700
Eine weitere Zusatzfrage.

Egon Höhmann (SPD):
Rede ID: ID0502706800
Wäre es nicht notwendig, Herr Staatssekretär, daß man sich, bevor die Deutsche Bundesbahn ein zweites Verfahren zur Stillegung von Strecken im Zonenrandgebiet anstrebt, Gedanken darüber macht, ob man nicht auf diesem Wege zur Verbilligung des Betriebs von Nebenstrecken im Zonenrandgebiet kommen könnte?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502706900
Die Frage wird sicher berücksichtigt.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502707000
Vierte Zusatzfrage.

Egon Höhmann (SPD):
Rede ID: ID0502707100
Wird die Bundesregierung mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln darauf hinwirken, daß die Bundesbahn, die jetzt an die Pläne für ein zweites Stilllegungsverfahren herangeht, diese Dinge im Zonenrandgebiet nicht weiter betreibt, damit nicht noch mehr Unruhe geschaffen wird, als bisher schon entstanden ist?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502707200
Herr Abgeordneter, ich habe wohl bereits mehrfach in diesem Hohen Hause erklärt, daß irgendwelche Stillegungsmaßnahmen im Zonenrandgebiet außer Diskussion stehen. Wenn und soweit Untersuchungen durchgeführt werden, sind sie ausschließlich innerbetrieblicher Art, nämlich um den von der Bundesbahn beabsichtigten Ersatzanspruch nach Maßgabe des Bundesbahngesetzes gegen die Bundesregierung belegen zu können.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502707300
Fünfte Zusatzfrage.

Egon Höhmann (SPD):
Rede ID: ID0502707400
Herr Staatssekretär, sollte Ihnen nicht bekannt sein, daß die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn sich an die Bezirksdirektionen gewendet und um weitere Vorschläge für Stillegungsmaßnahmen auch im Zonenrandgebiet gebeten hat und daß dabei aus keinem Wort hervorgeht, daß es sich hier lediglich darum handelt, Ersatz nach § 28 a des Bundesbahngesetzes zu bekommen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502707500
Das ist mir nicht bekannt. Ich werde Ihre Mitteilung sofort nachprüfen lassen. Ich kann mir nur denken, daß die Bundesbahn mit Rücksicht auf das sogenannte zweite Stillegungsprogramm, das uns noch gar nicht vorliegt, die Bundesbahndirektionen gebeten hat, festzustellen, welche Strecken eventuell im Zonenrandgebiet in Frage kämen, wenn nicht die Situation des Zonen-



Staatssekretär Dr. Seiermann
randgebiets vorläge, weil dann bestimmte Unkosten zu Lasten des Bundes gehen müßten. Diese Unkosten muß die Bundesbahn berechnen.

(Abg. Höhmann [Hessisch Lichtenau] : Dann hat sich die Bundesbahn sehr ungeschickt ausgedrückt!)

Ich will das gerne nachprüfen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502707600
Herr Abgeordneter Strohmayr zu einer ersten Zusatzfrage.

Alois Strohmayr (SPD):
Rede ID: ID0502707700
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß es möglich wäre, die Fahrkarten nicht in dem sogenannten Schaffnerwagen, sondern in einschlägigen Geschäften zu verkaufen?

(Heiterkeit.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502707800
Die Anregung ist mir noch nicht gegeben worden; aber ich will sie gerne weitergeben.

Alois Strohmayr (SPD):
Rede ID: ID0502707900
Herr Staatssekretär, die Sache wäre gar nicht so schlecht. Die Bundesbahn sollte sich überlegen, ob die Zeitkarten nicht beispielsweise in Milchgeschäften verkauft werden könnten.

(Heiterkeit.)

Ich glaube, daß das wirklich eine Erleichterung wäre und daß man dadurch die Schaffnerwagen auf den Nebenstrecken sparen könnte.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502708000
Ich will diese Anregung gerne weitergeben und prüfen lassen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502708100
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Cramer.

Johann Cramer (SPD):
Rede ID: ID0502708200
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, in die Prüfung auch die Frage einzubeziehen, ob es vertretbar ist, die Strecke von Jever nach Harle, die zur Nordseeinsel Wangerooge führt, stillzulegen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502708300
Herr Abgeordneter, Sie wissen, daß jede Stillegungsüberlegung von der Bundesbahn zunächst mit der zuständigen Landesregierung besprochen und abgeklärt werden muß, um festzustellen, ob und welche außerbetriebswirtschaftlichen Gründe für die Aufrechterhaltung einer Strecke sprechen. Ich bin überzeugt, daß das auch bei den Strecken geschieht, die Sie im Auge haben.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502708400
Ich mache darauf aufmerksam, daß die Zusatzfragen sich im Rahmen der ursprünglichen Frage halten müssen; sie dürfen nicht zu stark davon abweichen. Wir haben 107 Fragen vorliegen und müssen konzentriert arbeiten.

(C Wörner auf: Wird dafür gesorgt, daß die Pläne zur Stillegung von Bundesbahnstrecken im Zuge der Rationalisierung der Deutschen Bundesbahn laufend mit den sonstigen Verkehrsplanungen des Bundes und der Länder abgestimmt werden? Frau Präsidentin, ich bitte, auch hier die drei Fragen des Herrn Abgeordneten Dr. Wörner gemeinsam beantworten zu dürfen. Ist der Fragesteller damit einverstanden? — Ist der Fragesteller überhaupt anwesend? — Dann muß ich fragen, wer bereit ist, die Fragen zu übernehmen. — Niemand. Die soeben aufgerufene Frage und die zwei weiteren Fragen des Herrn Abgeordneten Dr. Wörner: Wird die Bundesregierung sicherstellen, daß bei der Auswahl von stillzulegenden Bundesbahnstrecken nicht nur Gesichtspunkte der Rentabilität, sondern vor allem auch die sonstige Verkehrslage des betroffenen Gebiets berücksichtigt werden? Ist die Bundesregierung bereit, bei ihren Straßenbauprogrammen die von der Stillegung von Bundesbahnstrecken betroffenen Gebiete künftig vorrangig zu berücksichtigen, um die im Interesse einer vernünftigen Raumordnung unerläßliche Gleichmäßigkeit der Verkehrsbedienung aller Räume zu sichern? werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Fragen V/7 und V/8 des Herrn Abgeordneten Richter auf: Sind die Bundesregierung und die Deutsche Bundesbahn bereit, nach Ablauf von 20 Jahren eine endgültige Entscheidung zu treffen, ob die Bahnlinie Neckarelz—Obrigheim—Meckesheim, die durch Sprengung der Eisenbahnbrücke über den Neckar seit dem Jahre 1945 unterbrochen ist, durch Aufbau der Brücke wieder in Betrieb genommen werden kann? Ist die Deutsche Bundesbahn bereit, bis zur Indienststellung der Strecke Neckarelz—Meckesheim zwischen den Gemeinden Mörtelstein, Asbach, Daudenzell und Aglasterhausen eine Straßenschnellverbindung zum Ausgleich herzustellen? Die Fragen werden ebenfalls schriftlich beantwortet. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt. Ich rufe die Frage V/9 des Herrn Abgeordneten Börner auf: Ist die Bundesregierung bereit, die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung dahin gehend zu ändern, daß Stoßstangen an Kraftfahrzeugen zweckentsprechend in einer bestimmten Höhe angebracht werden müssen? Bitte, Herr Staatssekretär! Stoßstangen an Kraftfahrzeugen können die Fahrzeuge nur vor Berührungsschäden, z. B. bei Rangierbewegungen, schützen, nicht aber Verletzungen der Fahrzeuginsassen beim Aufprall ausschließen oder mildern. Ihre Verstärkung und ihre Anbringung in einer bestimmten Höhe ist empfehlenswert, soll jedoch nicht vorgeschrieben werden, weil es die Verkehrssicherheiet nicht erfordert. Wir sind im Zweifel darüber, Herr Abgeordneter, ob die Ermächtigung des § 6 des Straßenverkehrsgesetzes ausreichen würde, auch solche Vorschriften zu erlassen, die sich auf empfehlenswerte und nicht im Interesse der Verkehrssicherheit notwendige Maßnahmen erstrecken. Es ist aber vorStaatssekretär Dr. Seiermann gesehen, an der Rückseite der Lastkraftwagen und deren Anhänger eine Einrichtung vorzuschreiben — und zwar aus Gründen der Verkehrssicherheit —, die das Unterfahren durch Kraftfahrzeuge niedriger Bauart verhindert. Erste Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Börner. Herr Staatssekretär, sind Sie sich bewußt, daß diese Ihre Erfahrungen, daß die Stoßstange keine zusätzliche Sicherheit gebe, nicht mit den Erfahrungen übereinstimmt, die man in hochmotorisierten Ländern, wie z. B. in den USA, oder auch im französischen Automobilbau bei gewissen Finnen gemacht hat? Meinen Sie nicht auch, daß angesichts des immer stärker werdenden Innenstadtverkehrs in den Ballungszentren der Bundesrepublik z. B. auch beim Parken eine ganze Reihe von Bagatellunfällen vermeidbar wäre, wenn die Stoßstange wirklich eine Stoßstange und keine Zierleiste wäre, wie es heute der Fall ist? Herr Abgeordneter, ich darf auf den letzten Punkt vorweg eingehen. Sie wissen, daß langjährige Normungsvorbereitungen und Normungsarbeiten abgeschlossen sind, die die Stoßstangen und ihre Anbringung betreffen. Das Ergebnis dieser Arbeiten — also entsprechende Normen — wird den Mitgliedsfirmen von der Automobilindustrie auch sehr stark empfohlen. Die Erfahrungen in Deutschland, Herr Abgeordneter, gehen allerdings dahin — und mir liegt keine gegenteilige Äußerung vor —, daß die Stoßstange für den Schutz von Leib und Leben praktisch ohne Bedeutung ist. Sie kann Blechschäden mildern, aber wohl in keinem Falle die Verkehrssicherheit, nämlich den Schutz von Leib und Leben, fördern. Die Erfahrungen und die Verhältnisse in den Vereinigten Staaten sind mir durchaus bekannt. Hierbei ist aber zweierlei zu berücksichtigen. Einmal weichen in den Vereinigten Staaten die Bauformen und die Größe der verschiedenen Pkw-Typen nicht in dem Maße voneinander ab, wie das bei der großen Streuung von Klein-, Mittelund Großwagen in der Bundesrepublik der Fall ist. Dadurch wird in den Vereinigten Staaten die Anbringung der Stoßstangen auf gleicher Höhe wesentlich erleichtert, während sie bei uns kaum für alle Fahrzeugarten erreichbar ist. In den Vereinigten Staaten liegt für diese gleiche Stoßstangenhöhe auch deswegen ein verstärktes Bedürfnis vor, weil dort so eng geparkt wird, daß vielfach zunächst ein Verschieben anderer Fahrzeuge erforderlich ist, um den Standplatz mit dem Fahrzeug verlassen zu können. Ein solches Verfahren begegnet bei uns in Deutschland Schwierigkeiten, weil die erforderliche Sicherung der Fahrzeuge gegen unbefugte Benutzung — § 38 a Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung — ein Verschieben abgestellter Fahrzeuge vielfach nicht zuläßt. Ihre Bemerkung, Herr Abgeordneter, daß diese Auffassung hinsichtlich der Bedeutung der Stoßstange für die Sicherheiet von Leib und Leben nicht allgemein geteilt wird, wird mir Anlaß geben, diese Frage noch einmal überprüfen 2u lassen. Zweite Zusatzfrage. Herr Staatssekretär, würden Sie nicht mit mir darin übereinstimmen, daß der immer enger werdende Parkraum in unseren Großstädten schon ein Grund wäre, die Frage zu überdenken, und würden Sie nicht auch darin mit mir übereinstimmen, daß es im Interesse des Allgemeinwohls nützlich wäre, an diese Frage nicht unter Berücksichtigung des starken Individualismus in der deutschen Automobilherstellung heranzugehen, sondern im Interesse der Sicherheit des Verkehrs in den nächsten Jahren eine weitgehende Typisierung und Normierung anzustreben? Herr Abgeordneter, wir kommen möglicherweise dazu, durch gesetzliche Änderungen die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß, wenn die Empfehlungen der Automobilindustrie hinsichtlich der Normung der Stoßstangen nicht in dem erforderlichen Maße erfüllt werden sollten, dann auch in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung entsprechende Vorschriften erlassen werden. Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Ritz. Herr Staatssekretär, würden Sie es im Zusammenhang mit der Frage des Kollegen Börner für zweckmäßig halten, daß grundsätzlich die Stoßstangen aller Fahrzeuge mit Gummipuffern ausgestattet würden? Ich bin zu wenig Techniker, um diese Frage aus dem Handgelenk beantworten zu können. Ich will sie aber gern prüfen lassen. Erste Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Fellermaier. Herr Staatssekretär, darf man Ihre Antwort so verstehen, daß die Bundesregierung bereit wäre, der Automobilindustrie dringend die Normierung zu empfehlen, ähnlich wie die Automobilindustrie im Export nach den Vereinigten Staaten darauf Rücksicht nimmt und eigene Stoßstangen entwickelt hat? Herr Abgeordneter, das ist bereits geschehen, und das wird auch weiterhin geschehen. Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jahn. Warum genügt nicht die Möglichkeit, die Gefährlichkeit von Auffahrunfällen Jahn zu mildern, unter Umständen wesentlich zu mildern, um die Bundesregierung zu einer sinnvollen Auslegung der entsprechenden Vorschriften zu veranlassen? Herr Abgeordneter, ich habe mich über diese Frage gerade heute vormittag noch mit den Juristen meines Hauses unterhalten, und die Herren neigen doch der Auffassung zu, daß nach dem Sinn der Ermächtigung des § 6 des Straßenverkehrsgesetzes Vorschriften auf Grund der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nur dann erlassen werden sollten, wenn sie der Sicherheit von Leben und Gesundheit dienen. Da die Anregung aber von einem so qualifizierten Juristen kommt, will ich die Frage gern noch einmal prüfen lassen. Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ott. Herr Staatssekretär, würden Sie bitte bei der von Ihnen angekündigten Prüfung hinsichtlich der Stoßstangen weiterhin prüfen lassen, ob auch einheitliche Abschleppvorrichtungen für sämtliche Fahrzeuge angebracht wären? Es wird bei Unfällen immer wieder festgestellt, daß das Abschleppen Schwierigkeiten macht, weil keine geeigneten Abschleppvorrichtungen vorhanden sind. Ich will diese Anregung gern 1 aufgreifen. Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Fellermaier. Herr Staatssekretär, Sie haben Ihre Antwort eben so formuliert, daß die Rechtsexperten in Ihrem Hause keine Veranlassung sehen, weil Schädigungen in der Gesundheit der Menschen trotzdem möglich wären. Gibt es nicht volkswirtschaftliche Überlegungen — da Auffahrunfälle zu ungeheuren Schadenssummen führen können —, die Anlaß geben könnten, hier trotzdem tätig zu werden? Herr Abgeordneter, ich habe bereits zum Ausdruck gebracht, daß wir unter Umständen tätig werden. Das kann aber nicht auf Grund bestehender Gesetze oder Verordnungen geschehen, sondern es müßte wahrscheinlich — jedenfalls nach unserer bisherigen Auffassung — eine gesetzliche Ermächtigung dazu geschaffen werden. Ich rufe die Frage V/10 des Herrn Abgeordneten Picard auf: Ist der Bundesregierung ein Bericht im „Rheinischen Merkur" vom 18. Februar 1966 über die Entwicklung eines neuen Entgiftungsgerätes für Autos bekannt? Frau Präsidentin, darf ich die drei Fragen gemeinsam beantworten? Ist der Fragesteller damit einverstanden? — Ich bin es ebenfalls und rufe zusätzlich die Fragen V/11 und 12 des Abgeordneten Picard auf: Welche Meinung hat die Bundesregierung zur Frage der Eignung des unter V/10 bezeichneten, offenbar neuartigen Gerätes? Ist die Bundesregierung in der Lage, darüber Auskunft zu geben, wann mit der Vorlage eines Gesetzes zur Reinhaltung der Luft von schädlichen Abgasen der Kraftfahrzeuge zu rechnen ist? Bitte, Herr Staatssekretär! Unterlagen über die Konstruktion, Wirkungsweise und Eignung des Geräts für den vorgesehenen Zweck liegen dem Bundesverkehrsministerium nicht vor. Der Bericht ist uns natürlich bekannt. Es wäre zweckmäßig, wenn der Erfinder sein Gerät bei der auf Veranlassung meines Hauses errichteten Prüfstelle für die Abgase von Kraftfahrzeugen beim Technischen ÜberwachungsVerein in Essen, auf deren Zuständigkeit bereits wiederholt hingewiesen wurde, unter anderem im Verkehrsblatt Nr. 20/1965, begutachten ließe. In Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Gesundheitswesen ist der Bundesminister für Verkehr gegenwärtig bemüht, zur Ergänzung der Forderung des § 47 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung Vorschriften über eine Begrenzung der schädlichen Bestandteile im Abgas der Kraftfahrzeugmotoren durch Rechtsverordnung vorzubereiten. Mein Haus hofft, daß diese gesetzlichen Bestimmungen im Laufe dieses Jahres erlassen werden können. Erste Zusatzfrage. Herr Staatssekretär, wenn Sie diese Rechtsverordnung im Laufe dieses Jahres erlassen wollen, — sind Sie heute in der Lage, etwas über den Wirkungsgrad von Geräten, wie wir sie im Augenblick in der Erprobung oder in der Erfahrung haben, zu sagen? Darüber kann ich noch nichts sagen, Herr Abgeordneter. Zweite Zusatzfrage. Herr Staatssekretär, können Sie etwas darüber sagen, auf Grund welcher Tatsachen in den Vereinigten Staaten eine gesetzliche Verpflichtung zu dem Gebrauch solcher Geräte --soweit ich informiert bin, ab Ende dieses Jahres — eingeführt wird? Herr Abgeordneter, die Verhältnisse in den Vereinigten Staaten habe ich mir sehr eingehend darlegen lassen. Es ist, kurz gefaßt, Staatssekretär Dr. Seiermann so: Im Jahre 1960 wurde in Kalifornien erstmalig ein Gesetz erlassen, wonach Kraftfahrzeuge mit Abgasreinigungsgeräten ausgerüstet werden müssen. Dieses Gesetz sah aber weiterhin vor, daß zunächst eine bestimmte Anzahl solcher Vorrichtungen entwickelt und im Handel sein müssen. Erst vier Jahre später, nämlich im Jahre 1964, sind die ersten vier Geräte zugelassen worden. Daraufhin ist in den Vereinigten Staaten ein Bundesrahmengesetz ergangen. Der Gesetzentwurf ist am 7. Januar 1965 eingebracht worden; das Gesetz ist am 20. Oktober 1965 in Kraft getreten mit der Maßgabe zusätzlicher Verordnungen, daß die Produktion vom Jahre 1968 an mit diesen Geräten ausgestattet sein muß. In den Vereinigten Staaten wird gefordert — auf Grund dieses Gesetzes —, daß die Auspuffgase von Kraftfahrzeugen mit einem Motorhubraum bis 2,3 1 höchstens 2 % Kohlenmonoxyd und 375 ppm Kohlenwasserstoff enthalten dürfen; bei Fahrzeugen über 2,3 1 sind die entsprechenden Sätze 1,5 % Kohlenmonoxyd und 275 ppm Kohlenwasserstoff. Diese Unterlagen liegen dieser unserer Prüfstelle in Essen vor und werden bei den weiteren Vorarbeiten für die Rechtsverordnungen berücksichtigt werden. Dritte Zusatzfrage. Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß die Tatsache, daß wir in der Bundesrepublik im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten kleinvolumige Motoren haben, also Motoren mit einem kleineren Hubraum, besondere Erschwernisse bei der Entwicklung dieser Geräte mit sich bringt? Jawohl, das trifft zu. Vierte Zusatzfrage. Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, in Ihrem Hause Überlegungen anzustellen, die darauf hinzielen, die Kraftfahrzeugindustrie durch eine Änderung der Besteuerung anzureizen, auch in der Bundesrepublik Motoren zu entwickeln, die einen größeren Hubraum haben, um die Entwicklung solcher Geräte zu erleichtern? Diese Überlegungen sind im Gange. Ich bin überzeugt, daß das Moment der Luftverunreinigung sehr stark dabei berücksichtigt wird. Herr Dr. Bardens, eine erste Zusatzfrage. Herr Staatssekretär, bedeutet nach den Meldungen über neue überraschende Initiativen des Gesundheitsministeriums auf diesem Gebiet am Wochenende die Abwesenheit der Frau Minister heute, daß sie das Interesse an dieser Sache vielleicht schon wieder verloren hat? Ich glaube nicht, Herr Abgeordneter. Alle unsere Fragen, die dieses Gebiet betreffen, werden vorher hinsichtlich der Beantwortung mit ihr bzw. ihrem Hause abgestimmt. Erste Zusatzfrage, Herr Josten. Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, im Interesse der Gesundheit unserer Bevölkerung auf eine beschleunigte Regelung des hier angeschnittenen Problems hinzuwirken, da inzwischen von vielen Ärzten schon auf die große Gefahr für die Gesundheit der Menschen hingewiesen wurde? Herr Abgeordneter, wir sind seit Jahren mit dieser Aufgabe befaßt, und Sie dürfen überzeugt sein, daß wir alles tun, um dieses Problem so schnell wie möglich zu lösen. Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage V/13 der Abgeordneten Frau Dr. Hubert auf: Was hat die Bundesregierung getan, um zur Verringerung der Luftverunreinigung durch Kraftfahrzeuge dem Antrag des Bundestages vom Januar 1965 zu entsprechen, nämlich unverzüglich Richtlinien über zulässige Grenzwerte für luftverunreinigende Stoffe in Abgasen von Kraftfahrzeugen zu erlassen Bitte, Herr Staatssekretär! Frau Präsidentin, ich bitte, die beiden Fragen der Frau Abgeordneten Dr. Hubert gemeinsam beantworten zu dürfen, wenn sie einverstanden ist. Sind Sie einverstanden, Frau Dr. Hubert? Sie sind zwar etwas unterschiedlich, aber bitte! Also gut, einverstanden, ich ebenfalls. Dann rufe ich auch die Frage V/14 auf: Was hat die Bundesregierung getan, um Vorrichtungen zur Entgiftung der Abgase auf ihre Eignung prüfen zu lassen und die Entwicklung solcher Vorrichtungen zu fördern? In Durchführung des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom Januar 1965 hat das Bundesverkehrsministerium eine Prüfstelle für die Abgase von Kraftfahrzeugen beim Technischen Überwachungsverein in Essen errichtet. Die Prüfstelle hat die Aufgabe, Untersuchungen und Entwicklungen auf dem Gebiet der Abgasbekämpfung durchzuführen, die für den Erlaß von Bestimmungen über die zulässigen Grenzwerte von Staatssekretär Dr. Seiermann schädlichen Abgasbestandteilen und für die Kontrolle der Einhaltung. dieser Grenzwerte notwendig sind. Weiterhin soll sie die dazu erforderlichen Meßgeräte in Zusammenarbeit mit den Herstellern entwickeln und die Geräte und Einrichtungen zur Abgasbekämpfung, mit denen die Kraftfahrzeuge künftig auszurüsten sind, auf ihre Eignung prüfen. Zur Festlegung eines Prüfverfahrens, das den deutschen Verhältnissen entspricht, wird im Auftrage meines Hauses durch Herrn Professor Dr. Luther an der Bergakademie Clausthal-Zellerfeld eine Forschungsarbeit zur Aufstellung eines Fahrzyklus durchgeführt, die vor dem Abschluß steht. Die Bestimmungen über die zulässigen Grenzwerte für luftverunreinigende Stoffe in den Abgasen der Kraftfahrzeugmotoren sind in Vorbereitung und werden im Einvernehmen mit dem Bundesgesundheitsministerium als Rechtsverordnungen erlassen werden, sobald die notwendigen Vorarbeiten abgeschlossen sind. Frau Dr. Huber, eine Zusatzfrage. Das war die Beantwortung der ersten Frage. Die andere Frage ist noch nicht beantwortet. Zu der eben gegebenen Antwort möchte ich fragen: Wie lange wird es noch dauern, bis die notwendigen Unterlagen zum Erlaß dieser Richtlinien da sind? Frau Abgeordnete, ich habe bereits zu der vorhergehenden Anfrage ausgeführt, daß wir hoffen, diese Rechtsverordnungen noch im Laufe dieses Jahres erlassen zu können. Zweite Zusatzfrage. Was hält die Bundesregierung von dem Vorschlag des nordrhein-westfälischen Ministers Weyer, den Autoverkehr stillzulegen, falls durch bestimmte Witterungsverhältnisse durch Abgase eine besondere Gefahr entsteht? Das ist eine Angelegenheit, die den Landespolizeibehörden vorbehalten ist. Wenn der Chef der Landespolizeiverwaltung meint, daß eine solche Maßnahme im Interesse der Allgemeinheit, der Gesundheit der Bevölkerung, zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung usw. notwendig ist, ist er dazu ermächtigt. Dritte Zusatzfrage? Meint die Bundesregierung nicht, daß es richtiger wäre, vorsorglich der Industrie Auflagen zu machen, damit eine solche Gefahrensituation nicht eintritt? Ja, selbstverständlich. Deswegen erlassen wir auch die Rechtsverordnungen und verzichten auf den ursprünglichen Gedanken, uns mit Richtlinien zu begnügen. Vierte Zusatzfrage. Es ist Ihre letzte! Ich hätte gern eine Antwort auf die zweite Frage. Sie haben sich jetzt auf die Richtlinien bezogen. Ich habe noch die Frage gestellt, was die Bundesregierung tut, um Vorrichtungen zur Entgiftung der Abgase auf ihre Eignung prüfen zu lassen. Ich darf noch einmal vorlesen, was ich zur Beantwortung dieser Frage gesagt habe: Die Prüfstelle hat die Aufgabe, Untersuchungen und Entwicklungen auf dem Gebiet der Abgasbekämpfung durchzuführen, die für den Erlaß von Bestimmungen über die zulässigen Grenzwerte ... notwendig sind. Weiterhin soll sie die dazu erforderlichen Meßgeräte in Zusammenarbeit mit den Herstellern entwickeln und die Geräte und Einrichtungen zur Abgasbekämpfung, mit denen die Kraftfahrzeuge künftig auszurüsten sind, auf ihre Eignung prüfen. Ist der Bundesregierung nicht bekannt — — Verzeihung, Frau Hubert, Sie haben Ihr Kontingent erschöpft. Sie hatten zwei Fragen, und Sie haben vier Zusatzfragen gestellt. (Abg. Frau Dr. Hubert: Zu zwei Fragen habe ich doch sechs Zusatzfragen!)

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(Abg. Picard: Ja!)

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Johann Peter Josten (CDU):
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Dr. Maria Probst (CSU):
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Dr. Elinor Hubert (SPD):
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
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Dr. Elinor Hubert (SPD):
Rede ID: ID0502714900
Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502715000
— Nein, Sie haben vier Zusatzfragen, je zwei für jede Frage. Zwei und zwei ist vier.

(Heiterkeit und Beifall in der Mitte. — Abg. Frau Dr. Hubert: Ich hatte geglaubt, daß ich zu jeder Frage drei Zusatzfragen hätte!)

— Nein! Ich bitte die Geschäftsordnung nachzulesen.
Ich bitte jetzt Herrn Dr. Müller (München).

Dr. Günther Müller (CSU):
Rede ID: ID0502715100
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Meinung, daß die Entwicklung etwa eines Elektroautomobils für den Großstadtverkehr die beste Lösung dieses Problems wäre?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502715200
Jawohl, ich bin dieser Meinung — unter dem Gesichtspunkt der Reinhaltung der Luft.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502715300
Herr Dr. Müller (München) !




Dr. Günther Müller (CSU):
Rede ID: ID0502715400
Herr Staatssekretär, sind Ihnen Pressemeldungen bekannt, wonach in den Vereinigten Staaten vom Staat etwa 70 % der Entwicklungskosten eines solchen Automobils getragen werden, und beabsichtigt die Bundesregierung, sich in der Bundesrepublik in einem ähnlichen Umfang an der Entwicklung eines solchen Elektromobils zu beteiligen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502715500
Soweit ich unterrichtet bin, sind Entwicklungsarbeiten auf diesem Gebiet bereits im Gange. Aber ich will diese Frage gern noch prüfen und Ihnen das Ergebnis schriftlich mitteilen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502715600
Herr Bechert, bitte! Es ist Ihre erste Zusatzfrage.
Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) : Herr Staatssekretär, Sie sprachen von der technischen Überwachungsstelle in Essen, die die Aufgabe habe, nachzuprüfen — ich will es mit meinen Worten formulieren —, wieviel an Blei und krebserzeugenden Kohlenwasserstoffen — denn darum geht es ja — der Mensch verträgt. Ich möchte fragen: Ist das nicht lange bekannt? Das weiß man doch alles längst! Oder geht es in Wirklichkeit nur darum, festzustellen, wieviel man der Industrie auf diesem Gebiet zumuten kann?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502715700
Nein, Herr Abgeordneter. Ich bin zwar kein Ingenieur, aber soweit ich mir habe berichten lassen, handelt es sich in erster Linie darum, festzustellen, wie bei der speziellen Art a) der deutschen Fahrzeuge, b) des Verkehrs in deutschen Städten — des sogenannten Fahrzyklus — diese schädlichen Stoffe am besten und zweckmäßigsten beseitigt oder bekämpft werden können. So einfach liegen die Dinge nicht, daß man sagen könnte: Die Industrie ist bestrebt, das zu verhindern. Dazu ist die technische Wissenschaft seit vielen Jahren in viel zu starkem Maße mit dieser ganzen Problematik beschäftigt. Es vergeht ja kein Monat, in dem nicht irgendeine wissenschaftliche Stelle über diese Arbeiten und den Fortschritt bzw. den Rückschritt auf diesem Gebiet berichtet.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502715800
Herr Dr. Bechert, zweite Zusatzfrage.
Dr. Bechert (Gau-Algesheim) (SPD) : Herr Staatssekretär, darf ich darauf aufmerksam machen, daß sich der erste Teil meiner Frage darauf bezog, ob es nicht lange bekannt sei, wieviel man dem Menschen zumuten könne, daß also ein Teil der Aufgabe, die Sie genannt haben, bereits gelöst ist, aber von dieser technischen Überwachungsstelle nochmals behandelt werden soll.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502715900
Ich weiß nicht, ob man diese Frage so apodiktisch mit einem ganz bestimmten Prozentsatz beantworten kann. Ich glaube, es
kommt auch auf die Dichte des Verkehrs an, in welchem Umfang sich die Fahrzeuge an bestimmten Stellen und zu bestimmten Zeiten massieren. Jedenfalls weiß ich, daß diese Problematik sehr schwierig ist und daß sich viele, viele Wissenschaftler seit Jahren damit befassen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502716000
Herr Abgeordneter Höhmann, erste Zusatzfrage.

Egon Höhmann (SPD):
Rede ID: ID0502716100
Herr Staatssekretär, nachdem Sie an der Frage V/14 der Kollegin Dr. Hubert etwas vorbeigekommen sind, indem Sie dargestellt haben, was die Prüfungsstelle tun sollte, möchte ich noch einmal ganz konkret fragen: Was ist denn inzwischen getan worden?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502716200
Was getan worden ist? Es vergeht keine Woche, in der nicht neue Apparate angeboten oder vorgeführt werden, die dann an diese Stelle verwiesen und dort geprüft werden.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502716300
Zweite Zusatzfrage.

Egon Höhmann (SPD):
Rede ID: ID0502716400
Wie lange wird man warten müssen, Herr Staatssekretär, bis man dann zu einem Beschluß oder zu einem Entschluß kommt?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502716500
Ich habe bereits zweimal zum Ausdruck gebracht, daß wir, d. h. das Gesundheitsministerium und mein Haus, Rechtsverordnungen noch im Laufe dieses Jahres erlassen können.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502716600
Zu Ihrer ersten Zusatzfrage, Herr Höhmann, möchte ich bemerken, daß keine Wertungen erlaubt sind.
Jetzt kommt Herr Mommer zur ersten Zusatzfrage.

Dr. Karl Mommer (SPD):
Rede ID: ID0502716700
Herr Staatssekretär, könnte das Quantum Giftgas, das wir so atmen müssen, nicht dadurch reduziert werden, daß man vorschriebe, daß insbesondere die Lastwagen ihre Auspuffgase nicht ausgerechnet in Nasenhöhe, sondern in Dachhöhe ablassen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502716800
Herr Abgeordneter, ich glaube mich zu erinnern, daß diese Frage bereits wiederholt Gegenstand der Erörterung und der Prüfung gewesen ist. Ich kenne die Gründe, die dagegen sprechen, daß die Auspuffgase in Nasenhöhe abgelassen werden. Aber ich glaube mich zu erinnern, daß immer bestimmte technische Gründe gegen diese von Ihnen vorgeschlagene Lösung vorgebracht werden. Ich will mich aber gern nach dem neuesten Stand dieser Sache erkundigen und Sie unterrichten.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502716900
Zweite Frage.




Dr. Karl Mommer (SPD):
Rede ID: ID0502717000
Ist es nicht so, daß in den Vereinigten Staten die Lastwagenbesitzer gezwungen sind, die Auspuffrohre in Dachhöhe anzubringen?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502717100
Es ist möglich. Ich kann es nicht bestätigen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502717200
Herr Dr. Müller-Hermann, erste Zusatzfrage.

Dr. Ernst Müller-Hermann (CDU):
Rede ID: ID0502717300
Herr Staatssekretär, wäre die Bundesregierung angesichts des Interesses, das dieses Thema in diesem Hohen Hause erweckt hat und das sich durch ständig wiederholte Fragen in der Fragestunde zeigt, nicht bereit, einmal dem Bundestag einen schriflichen Bericht vorzulegen, was auf diesem Gebiet von seiten der Bundesregierung, von seiten der Automobilindustrie und von seiten unserer wissenschaftlichen Institute vorbereitet ist und sich in Gang befindet?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502717400
Ich werde diese Anregung gern aufgreifen und mit der Frau Gesundheitsministerin besprechen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502717500
Eine weitere Zusatzfrage, bitte! Wir nähern uns dann dem Schluß der Fragestunde.


Walter Picard (CDU):
Rede ID: ID0502717600
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß derjenige, der in Essen ein solches Gerät prüfen lassen will, eine gewisse Summe Geldes selber aufbringen muß?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502717700
Er muß natürlich die Prüfungskosten zahlen.

Walter Picard (CDU):
Rede ID: ID0502717800
Können Sie etwas darüber sagen, wie hoch die Prüfungskosten sind?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0502717900
Das kann ich nicht sagen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502718000
Damit sind wir am Schluß der Fragestunde. Ich danke dem Herrn Staatssekretär für die Beantwortung.
Ich rufe auf Punkt 22 der Tagesordnung:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes (Drucksache V/267).
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Es ist niemand vom Bundesrat da. Ich kann daraus schließen, daß das Wort nicht gewünscht wird. Wird das Wort zur Debatte gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Ich schlage vor, den Entwurf entsprechend den Empfehlungen des Ältestenrates an den Ausschuß für Arbeit als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Familien- und Jugendfragen zur Mitberatung zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 23:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Deringer, Busse (Herford) und den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs einer Patentanwaltsordnung (Drucksache V/276).
Wünscht jemand das Wort zu einer Erklärung oder zur Begründung? — Zu einer Erklärung, bitte schön.

Dr. Gerhard Reischl (SPD):
Rede ID: ID0502718100
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf namens der SPD-Fraktion zu dem hier eingebrachten Gesetzentwurf kurz folgende Erklärung abgeben:
Die SPD-Fraktion begrüßt es, daß sich die Koalitionsfraktionen dazu bereit erklärt haben, diesen Gesetzentwurf einzubringen. Sie ist ebenfalls der Meinung, daß es notwendig ist, daß bald eine neue, moderne Regelung des Berufsstands der Patentanwälte geschaffen wird, genauso wie es in den vergangenen Jahren für die Rechtsanwälte, für die Wirtschaftsprüfer und für die Steuerberater geschehen ist.
Die SPD-Fraktion konnte sich an der Einbringung des Entwurfs deswegen nicht beteiligen, weil hier ein Regierungsentwurf mit vollständiger Begründung eingebracht wurde und es, glaube ich, doch nicht zu den verfassungsgemäßen Aufgaben der Opposition gehört, Einbringungshilfe für einen Regierungsentwurf zu leisten.
Ich darf aber für unsere Fraktion klarstellen, daß wir uns nach Kräften an der Beratung dieses Entwurfs beteiligen werden und ebenfalls daran interessiert sind, daß so bald als möglich die Neuregelung der Patentanwaltsordnung in Kraft tritt.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502718200
Herr Abgeordneter Busse zu einer Erklärung.

Hermann Busse (FDP):
Rede ID: ID0502718300
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte einer Ausführung des Herrn Kollegen Reischl entgegentreten bzw. sie klarstellen. Hier ist nicht der Bundesregierung in einer vielleicht verfassungsmäßig nicht ganz korrekten Weise Hilfe geleistet worden, sondern die Betroffenen, vertreten durch den Präsidenten der Patentanwaltskammer, sind an die Abgeordneten mit der Bitte herangetreten, den schon in der vorigen Legislaturperiode eingebrachten Entwurf erneut einzubringen, damit die Sache beschleunigt werde. Dem haben wir uns nicht verschlossen, und erst auf meine Rückfrage beim Justizministerium, ob dieses Verfahren eines Initiativantrages hier angebracht sei, hat sich das Ministerium eingeschaltet



Busse (Herford)

und uns noch gewisse Ergänzungen gegeben. Im übrigen ist der Entwurf, abgesehen von diesen Ergänzungen, genau das, was in der vorigen Legislaturperiode bereits vorgelegen hat. Ich wollte hier nur eine gewisse Klarstellung anbringen.

Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502718400
Keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt Überweisung an den Rechtsausschuß. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf; zunächst 24 a) :
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Bundesdisziplinarordnung
— Drucksache V/325 —
Der Ältestenrat empfiehlt gleichzeitige Beratung des Punktes 24 b). Ich rufe daher auch Punkt 24 b) auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Änderung der Bundesdisziplinarordnung — Drucksache V/313 —
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wortmeldungen zur Debatte? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt Überweisung an den Innnenausschuß. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Punkt 25 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Büttner, Schwabe, Schmitt-Vockenhausen und der Fraktion der SPD
betr. Entwurf eines Tierschutzgesetzes
— Drucksache V/182 —
Wer wünscht das Wort zur Begründung? — Bitte, Herr Abgeordneter Büttner.

Fritz Büttner (SPD):
Rede ID: ID0502718500
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag, die Bundesregierung aufzufordern, bis zum 1. Januar 1967 dem Deutschen Bundestag den Entwurf eines Tierschutzgesetzes vorzulegen, will die sozialdemokratische Bundestagsfraktion erreichen, daß die stumme Kreatur, daß das Tier, das genau wie der Mensch aus derselben Schöpferhand kommt, ein Wesen aus Fleisch und Blut ist, einen besseren Schutz auch durch das Gesetz erhält. Dieser Antrag ließe sich bei der Vielschichtigkeit der Problematik langatmig mit Zitaten von Juristen, denen der Tierschutz am Herzen liegt, genau wie den vielen Tierärzten, Tierpsychologen, Zoologen und den vielen Tierfreunden, die sich uneigennützig dem Tierschutz widmen, begründen. Das will ich nicht tun, in der Erwartung, daß sich
die Mehrheit des Hohen Hauses unserem Antrage anschließt, und in der Hoffnung, daß auf diese Weise alsbald erreicht wird, daß wir ein besseres Tierschutzgesetz bekommen, dessen wir dringend bedürfen. Wir sind uns bei der Problematik auch darüber im klaren, daß es verfassungsrechtliche Bedenken geben könnte, die aber dadurch ausgeräumt werden könnten, daß man sich in dem guten Willen, ein besseres Tierschutzgesetz zu schaffen, zusammenfindet.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502718600
Das Wort hat Herr Abgeordneter Rollmann.

Dietrich-Wilhelm Rollmann (CDU):
Rede ID: ID0502718700
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das deutsche Tierschutzgesetz vom 24. November 1933, zu dem entscheidende Vorarbeiten bereits in der Zeit der Weimarer Republik geleistet worden sind, stellte damals eine bedeutsame Kulturtat dar, die einen großen Fortschritt für den Tierschutz in Deutschland bedeutete und von der ganzen Welt anerkannt wurde, ja von einer Reihe von Ländern nachgeahmt worden ist. Gegenüber den unzulänglichen älteren strafrechtlichen Vorschriften wurde nicht mehr abgestellt auf die Verletzung menschlicher Empfindungen, die sich im Mitgefühl für das Tier äußern; vielmehr wurde von jetzt ab das Tier um seiner selbst willen geschützt.
Nun haben sich bei der Anwendung dieses ersten deutschen Tierschutzgesetzes in den letzten dreißig Jahren Erfahrungen ergeben, die die an den Fragen des Tierschutzes interessierte deutsche Öffentlichkeit schon vor Jahren dazu veranlaßt haben, auf ein neues, verbessertes Tierschutzgesetz von seiten des Parlaments zu drängen. Bereits vor vier Jahren haben Abgeordnete aller Fraktionen, die sich in der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen haben, in diesem Hause mit der Drucksache IV/85 den Entwurf eines Tierschutzgesetzes eingebracht, der damals an den Innenausschuß als federführenden Ausschuß überwiesen worden ist. Der Innenausschuß war in der letzten Legislaturperiode guten Willens, diesen wichtigen Gesetzentwurf schnell zu beraten und zu verabschieden. Damals wurden aber so gewichtige verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes auf diesem Sektor überhaupt laut, daß sich ,der Innenausschuß an den Rechtsausschuß mit der Bitte um Erstattung eines verfassungsrechtlichen Gutachtens wenden mußte. Der durch viele Gesetzentwürfe überlastete Rechtsausschuß ist in der vergangenen Legislaturperiode leider nicht mehr dazu gekommen, dieses Rechtsgutachten zu erarbeiten, so daß die Verabschiedung eines neuen Tierschutzgesetzes in der 4. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages leider unterblieben ist.
Nun hat die sozialdemokratische Fraktion einen Antrag eingebracht, wonach die Bundesregierung ersucht werden soll, bis zum 1. Januar 1967 den Entwurf eines neuen Tierschutzgesetzes vorzulegen. Die Fraktion der CDU/CSU begrüßt dieses Ersuchen und



Rollmann
hofft, daß auf diese Weise die Möglichkeit geschaffen wird, daß wir im Deutschen Bundestag bald zur Verabschiedung eines neuen Tierschutzgesetzes kommen. Bereits in den vergangenen Jahren, seit Bestehen des Deutschen Bundestages hat sich herausgestellt, daß die Fragen des Tierschutzes in diesem Hause keine parteipolitischen Fragen sind, sondern daß sich für die Fragen des Tierschutzes alle Fraktionen des Deutschen Bundestages in gleicher Weise interessieren. Die Verbesserung des Tierschutzes in diesem Lande ist ein Anliegen aller Fraktionen des Deutschen Bundestages. Aus diesem Grunde hoffen wir, daß es möglich sein wird, in dieser Legislaturperiode wirklich zu der gewünschten Verabschiedung eines neuen und verbesserten deutschen Tierschutzgesetzes zu kommen, auf das alle Freunde des Tierschutzes in diesem Lande seit Jahren dringend warten.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502718800
Herr Abgeordneter Dr. Rutschke zur Begründung.

Dr. Wolfgang Rutschke (FDP):
Rede ID: ID0502718900
Frau Präsidentin ! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Ausführungen, die soeben Herr Kollege Rollmann gemacht hat, kann ich mich sehr kurz fassen. Er hat bereits das gesagt, was ich sagen wollte. Er hat einen Rückblick auf den Entwurf aller drei Parteien in der 4. Legislaturperiode gegeben, und in der Begründung sind ja Worte übernommen worden, die in der Präambel dieses Entwurfs enthalten waren.
Auch ich glaube, daß eine Neuregelung des Tierschutzrechtes notwendig geworden ist. Wir bedauern, daß sie im vorigen Bundestag nicht mehr abschließend beraten werden konnte.
Wenn uns die Antwort der Regierung auf den Antrag Drucksache V/182 nicht befriedigen sollte, sind wir bereit, von uns aus oder gemeinsam mit allen anderen Fraktionen den früheren Entwurf erneut einzubringen. Ich glaube aber, daß die Regierung die Notwendigkeit durchaus einsieht. Das läßt sich jedenfalls ihren seinerzeitigen Äußerungen entnehmen.
Wir werden alles tun, um eine baldige Verabschiedung eines neuen Tierschutzgesetzes zu unterstützen.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502719000
Gemäß einer interfraktionellen Vereinbarung im Ältestenrat wird vorgeschlagen, auf eine Debatte zu verzichten. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall.
Gemäß dem Beschluß des Ältestenrats schlage ich vor, den Entwurf an den Innenausschuß — federführend — und an den Rechtsausschuß — mitberatend — zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 26 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/
CSU betr. Anpassung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) an den technischen Fortschritt und an die wirtschaftliche Entwicklung — Drucksache V/222 —
Die Begründung wird schriftlich zu Protokoll gegeben. Der Altestenrat schlägt vor, auf eine Debatte zu verzichten. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall.
Gemäß dem Beschluß des Ältestenrats schlage ich vor, den Antrag an den Ausschuß für Arbeit — federführend — und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — mitberatend — zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen.
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die Überweisung ist beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 27:
a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der landwirtschaftlichen Veredelungswirtschaft
— Drucksache V/353 —
b) Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Förderung der bäuerlichen Veredelungswirtschaft
— Drucksache V/296 —
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wird das Wort zur Debatte gewünscht? — Auch das ist nicht der Fall.
Gemäß dem Beschluß des Ältestenrats schlage ich Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — federführend — sowie an den Rechtsausschuß und den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — mitberatend — vor. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen.
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Die Überweisung ist einstimmig beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 28:
a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
betr. Pflegesätze von Krankenhäusern
— Drucksache V/314 —
b) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, FDP betr. finanzielle Situation der Krankenhäuser
— Drucksache V/389 —
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Bitte sehr, Herr Abgeordneter Rohde!

Helmut Rohde (SPD):
Rede ID: ID0502719100
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Parlament weiß, daß mit dem zunächst blaß und bürokratisch klingenden Wort „Bundespflegesatzverordnung" ein schwerwiegendes Thema angesprochen ist, nämlich die große und bewegende Gemeinschaftsaufgabe, eine zeitgerechte Krankenhausversorgung sicherzustellen. Von dieser Erwägung geht der Ihnen vorliegende Antrag der SPD-Fraktion aus. Wir ersuchen darin die Regierung, dem Hohen Hause in einem Bericht offen darzulegen, welche gesundheitspolitischen, sozialpolitischen und finanziellen Auswirkungen es haben würde, wenn die Regierung eine Änderung der



Rohde
Pflegesatzverordnung vornähme. Unser Begehren nach Klarheit und Offenheit befindet sich in der Nachbarschaft jener kritischen und sorgenvollen Anmerkungen, die von Abgeordneten aller Fraktionen dieses Hauses in der öffentlichen Diskussion der letzten Wochen zu den Absichten der Bundesregierung gemacht worden sind. Es entspricht nach unserer Auffassung sowohl dem Range der Krankenhausfrage als auch der Verantwortung des Parlaments, wenn es heute seinen Anspruch anmeldet, bei der Regelung dieser Angelegenheit sein Wort mit zur Geltung zu bringen. Es müßte nicht nur von uns selbst, sondern auch von der Öffentlichkeit als unbefriedigend empfunden werden, bei vielerlei Gelegenheiten von dem Gewicht und der Bedeutung der Sozialinvestitionen zu reden, ohne dann im Bundestag gleichzeitig in einem konkreten Fall wie diesem die Konsequenzen zu behandeln.
Jeder, meine Damen und Herren, der Verantwortung trägt, hat sich mit dem Problem auseinanderzusetzen, wie die Krankenhäuser instand gebracht werden können, die erweiterten Aufgaben, die sich aus der medizinischen Entwicklung und aus der tiefgreifenden Wandlung der Sozialstruktur ergeben, auf die Dauer zu erfüllen. Hier geht es nicht nur um einen vorübergehend sichtbaren Engpaß, sondern — darüber sind wir sicherlich einig — um eine langfristig sinnvolle Lösung. Praxis und Wissenschaft haben deutlich gemacht, wie Art und Umfang der Krankenhausversorgung durch die heutigen Behandlungsmöglichkeiten, durch die Veränderung der Lebensverhältnisse und die damit verbundene Inanspruchnahme der Krankenhäuser und eine Reihe anderer Faktoren gewandelt worden sind.
Die Aufgaben, die daraus erwachsen, sind nicht plötzlich und überraschend auf die Verantwortlichen zugekommen. Die Sorgen der Krankenhäuser um ihre finanzielle Grundlage sowie um genügend Personal für die Behandlung und Pflege der Kranken und ihr Bemühen, mit der technisch-medizinischen Entwicklung Schritt zu halten, bewegen seit langem die öffentliche Diskussion.
Es könnte nun an dieser Stelle reizvoll sein, jene Zusagen, Ankündigungen und Versicherungen des Verständnisses zu zitieren, die von dem heutigen und dem früheren Bundeskanzler und den Vertretern anderer Regierungsressorts auf Krankenhaustagen, in Regierungserklärungen und bei anderen Gelegenheiten in der Vergangenheit gemacht worden sind. Allerdings, meine Damen und Herren, würde ein solches Zitieren in der Sache heute wenig helfen, weil aus diesen Zusagen der Regierungsvertreter keine ausreichende praktische Politik erwachsen ist. In jüngster Zeit noch hat der Bundeskanzler versichert, daß es sich bei der Krankenhausversorgung um eine wichtige Gemeinschaftsaufgabe handele. Es muß jedoch im Hinblick auf ein solches Wort kritisch gefragt werden, ob in der Bundesrepublik schon der Stil und die Methoden dafür gefunden worden sind, wie solche Gemeinschaftsaufgaben angefaßt werden müssen. Hätte nicht — so fragen nicht nur wir, sondern auch andere, zwar nicht öffentlich, sondern mehr in ihren Arbeitskreisen — die Regierung nach ihren Zusagen in der Vergangenheit dem Parlament einmal im Zusammenhang darstellen müssen, auf welche Weise sie nun eigentlich eine langfristige Ordnung des Krankenhauswesens erreichen will? Heute beklagen nicht nur wir das Fehlen eines Konzeptes, das sichtbar macht, was der Bund zusammen mit Ländern und Gemeinden und was auf der anderen Seite die Sozialversicherung und die Versicherten jeweils an Verpflichtungen haben und an Beiträgen für eine ausreichende Krankenhausversorgung in allen Teilen der Bundesrepublik zu leisten haben. Die öffentliche Diskussion wäre nach meiner Meinung von vornherein von anderen und, wie ich meine, besseren Voraussetzungen ausgegangen, wenn die Regierung offen und in einem Stil, der einer Gemeinschaftsaufgabe angemessen ist, dargetan hätte, was und besonders auf welche Weise von der öffentlichen Hand für die Errichtung, die Investitionen, die Modernisierung und den Unterhalt von Krankenhäusern aufgebracht werden soll und mit welchen Verpflichtungen auf der anderen Seite die Versicherten als Benutzer der Krankenhäuser zu rechnen haben.
Meine Damen und Herren, hätte nicht die Bundesregierung darüber mit den gesetzgebenden Körperschaften, also mit Bundestag und Bundesrat, einen Dialog mit dem Ziele einer sinnvollen Regelung herbeiführen müssen? Gemeinschaftsaufgaben können eben nicht neben jenen Institutionen behandelt werden, denen die Verantwortung für eine sinnvolle Gesellschaftspolitik aufgetragen ist.
Dieser Anspruch, mit dem ganzen Umfang der Sache und nicht nur mit einem kurzfristig und vielleicht auch kurzsichtig angelegten Teilaspekt konfrontiert zu werden, ist doch völlig legitim und der Aufgabe gemäß. Wenn ich den Antrag der CDU/CSU-Fraktion, der ergänzend zu der sozialdemokratischen Vorlage eingebracht worden ist, richtig deute, dann spiegelt er doch auch das Unbehagen über den Mangel an einem langfristig angelegten Konzept wider. Warum sollte sonst diese Fraktion nach Vorschlägen fragen, welche rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen geschaffen werden können, um den Krankenhäusern die Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben zu ermöglichen?
Bisher, meine Damen und Herren, hat sich insbesondere das Gesundheitsministerium damit begnügt, eine neue Bundespflegesatzverordnung anzukündigen. Damit sollen, wie verlautet, die Leistungsverpflichtungen der Versicherten wesentlich verändert werden. Praktisch heißt das, daß neue und erhebliche finanzielle Belastungen auf die Sozialversicherten zukommen. Die Höhe dieser finanziellen Belastungen ist in der öffentlichen Diskussion umstritten. Auf der einen Seite wird ein Betrag genannt, der unter 1 Milliarde DM liegt; auf der anderen Seite wird von finanziellen Belastungen der Sozialversicherten gesprochen, die über 1,5 Milliarden DM hinausgehen. Ich werde heute angesichts dieser unterschiedlichen und umstrittenen Zahlenangaben nicht versuchen, den Richter zu spielen. Dieser Sachverhalt wird wohl zu klären sein, wenn die Regierung in dem von uns beantragten Bericht die



Rohde
Berechnungsgrundlagen einer beabsichtigten Änderung der Pflegesatzverordnung vorlegt. Schon die Frage der finanziellen Konsequenzen wäre Grund genug, die Regierung um Auskunft zu ersuchen. In einer Zeit, in der das Parlament, wie wir es in der letzten Woche erlebt haben, in ernsthafter und das Engagement der Beteiligten herausfordernder Weise um eine Reihe finanzieller Positionen streitet, wäre es kaum verständlich, wenn gleichsam neben dem Parlament, aber doch im öffentlichen Bereich, eine finanzielle Verlagerung von vielen hundert Millionen DM vorgenommen würde.
In der öffentlichen Diskussion im Vorhof der Regierungsabsichten ist die Frage aufgeworfen worden, ob die Regierung überhaupt die rechtliche Legitimation besitze, auf dem Verordnungswege finanzielle Veränderungen in einem solchen Umfange vorzunehmen, die Preisverordnung also auf eine solche Bandbreite auszudehnen. Abgesehen von diesem Einwand erscheint es mir notwendig, daß das Parlament schon aus politischer Verantwortung versucht, Klarstellungen in der Sache zu erhalten. Die von uns in unserem Antrag aufgeworfenen Fragen sollten von der Regierung ohne besondere Schwierigkeiten beantwortet werden können, denn man kann doch wohl davon ausgehen, daß die Regierung, wenn sie die Bundespflegesatzverordnung ändern will, sich auch ein konkretes Bild von den Konsequenzen ihres Tuns gemacht hat. Das betrifft die gesundheitspolitischen Auswirkungen mit dem besonderen Blick auf die Sicherung der Krankenhausversorgung, die sozialpolitischen Konsequenzen mit dem Blick auf die sozialen Voraussetzungen, die mit dem Rechtsanspruch auf Krankenhausbehandlung verbunden sind, und schließlich die finanzielle Seite der Sache.
Gerade bei den Finanzen handelt es sich um einen Sachverhalt, der keine Bagatellisierungen verträgt. Weder kann gesagt werden, daß die Krankenhäuser finanzielle Grundlagen hätten, mit denen sie noch eine Weile auskommen könnten, noch erscheint es auf der anderen Seite vertretbar, die Belastung der Sozialversicherten, die an den bisher angekündigten Regierungsabsichten abzulesen ist, leichthin abzutun. Es kann niemanden verwundern, daß die Träger der Sozialversicherung sich nach den mit dem Haushaltssicherungsgesetz gemachten Erfahrungen, nach der Politik der Schuldbuchverschreibungen und anderen Maßnahmen der Regierung heute besonders energisch zu Wort melden. Im ganzen wird bei dem Blick auf die Sache deutlich, daß die öffentliche Hand nicht durch eine Ministerunterschrift unter einer neuen Pflegesatzverordnung jene finanziellen Verpflichtungen abbauen kann, die zur Finanzverantwortung der großen öffentlichen Finanzträger im Krankenhauswesen bei den sogenannten Vorhaltekosten gehören.

(Beifall bei der SPD.)

Von der öffentlichen Aufgabe „Krankenhausversorgung" zu sprechen, heißt allerdings, gleichzeitig auch das Mißverständnis auszuräumen, daß in erster Linie und in der Hauptsache die Gemeinden die finanziellen Verpflichtungen auf ihre Schultern zu nehmen hätten. Soweit es die Gemeinden und auch
die Träger freier gemeinnütziger Krankenanstalten angeht, haben sie in der Vergangenheit, vor allem in den Jahren des Aufbaues, große Anstrengungen gemacht und im Krankenhauswesen erhebliche finanzielle Investitionen vorgenommen. Ihre Tatkraft verdient Respekt und Anerkennung, eine Anerkennung, die sich allerdings nicht nur in Worten, sondern auch in dem politischen Willen ausdrücken sollte, ihre finanziellen Verpflichtungen und Belastungen durch eine entsprechende Politik des Bundes erträglicher zu machen.
Im einzelnen werden wir das, was in der Sache notwendig ist, bei der Beratung der beiden Anträge konkretisieren. Über kurzfristig wirksame Hilfen hinaus werden dabei eine langfristige Sicherstellung des Krankenhauswesens, im Zusammenhang damit eine sinnvolle Planung und überregionale Koordinierung, Vermeidung von Fehlinvestitionen und u. a. auch Hilfen für die Modernisierungen ins Auge zu fassen sein.
Meine Damen und Herren, einige abschließende Bemerkungen. Wir haben alle in den letzten Wochen bei der öffentlichen Diskussion um das Krankenhauswesen und um die Bundespflegesatzverordnung noch einmal deutlich feststellen können, welche Dynamik Gemeinschaftsaufgaben in einer modernen Industriegesellschaft besitzen. Je länger langfristigen Ordnungen ausgewichen wird, je länger versucht wird, nur mit kurzfristig angelegten Maßnahmen über die Runden zu kommen, desto schwieriger wird die Sache und desto komplizierter werden die Voraussetzungen, sie zu lösen. Die versäumten Jahre multiplizieren gleichsam die Probleme.
In der Wirtschafts- und Finanzpolitik haben wir in der letzten Woche eine für mein Empfinden bewegende Auseinandersetzung über die Notwendigkeiten und Möglichkeiten einer längerfristigen Haushalts- und Wirtschaftspolitik gehabt. Ich glaube, daß auch die Bewältigung der Gemeinschaftsaufgaben sich in den Zug einer solchen Entwicklung einordnen muß. Längerfristige Wirtschafts- und Haushaltspolitik ist ohne eine entsprechende Sozialpolitik nicht denkbar. Deshalb müssen wir in der Sozialpolitik immer mehr von dem Geist des Novellierens wegkommen und zu einem Konzipieren auf längere Sicht gelangen.
In der Wandlung der Industriegesellschaft erkennen wir heute eine Reihe handfester Daten, die längerfristige Orientierung ermöglichen — auch im Krankenhauswesen. In diesem Sinne entsteht dann wohl auch eine moderne Gesellschaftspolitik, die nicht ein ideologisches Glasperlenspiel um die „formierte Gesellschaft" und ähnliches darstellen soll, sondern die nüchterne und konkrete Bewältigung der uns gestellten sozialen Aufgaben.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502719200
Das Wort hat der Abgeordnete Blank zur Begründung des unter Punkt 28 b der Tagesordnung aufgeführten Antrages.

Theodor Blank (CDU):
Rede ID: ID0502719300
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als bekannt wurde,



Blank
daß die Bundesregierung eine Änderung der Pflegesatzverordnung durch eine neue Pflegesatzverordnung anstrebe, gab es in der deutschen Öffentlichkeit erregte Diskussionen. Wir sind daher auch gar nicht überrascht, daß die sozialdemokratische Fraktion einen Antrag einbringt, in dem es im wesentlichen heißt, daß ein Bericht vorgelegt werden soll, der die gesundheitspolitischen, sozialpolitischen und finanziellen Auswirkungen der beabsichtigten Änderung darlegen soll. Dazu kann man nur sagen: es ist das legitime Recht eines Parlaments, Auskunft über die Gegegebenheiten und über die Folgen zu erbitten. Wie die Bundesregierung handelt, ob sie ihre Pflegesatzverordnung dennoch erläßt oder sie im Hinblick auf die Tatsache, daß das Parlament diese Auskünfte wünscht, vorläufig zurückstellt, ist ihre eigene Entscheidung.
Aus diesem Grunde sind wir bei unseren Überlegungen zu dem sozialdemokratischen Antrag zu der Auffassung gekommen, daß man — und das haben wir in unserem Antrag getan — auf eine solche Vorformel — „Die Bundesregierung möge vor Erlaß einen Bericht vorlegen" — verzichten sollte. Damit sage ich nicht, daß wir nur hinterher etwas erfahren wollten. Vielmehr sind wir in Anbetracht der draußen so heftig geführten Diskussion genauso wie die Damen und Herren von der SPD-Fraktion daran interessiert, daß diese Tatbestände vorher geklärt werden. Nur schien uns der sozialdemokratische Antrag nicht ausreichend zu sein, und zwar deshalb, weil in der öffentlichen Diskussion häufig dargetan wird — ich lasse einmal dahingestellt, ob zu Recht oder zu Unrecht, darüber in dieser Minute schon ein Urteil auszusprechen, wäre falsch —, daß die Krankenanstalten bestimmter Träger sich in einer wesentlich schlechteren finanziellen Situation befänden als die Krankenanstalten, sagen wir einmal, der Kommunen oder sonstiger öffentlicher Gebietskörperschaften. Darüber wird zu reden sein. Es wird in der öffentlichen Diskussion auch oft geklagt, daß in dem einen Land die Verhältnisse günstiger für die Krankenanstalten seien als in einem anderen Land.
Aus diesem Grunde haben sich die Koalitionsfraktionen entschlossen, einen eigenen Antrag einzubringen, der besagt:
Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht,
im Bundestag einen Bericht vorzulegen, der folgendes enthält:
1. eine Übersicht über die finanzielle Lage der Krankenhäuser, differenziert
a) nach Ländern
b) nach der Trägerschaft,
— hier möchten wir einmal Klarheit haben —
2. Vorschläge, welche rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen geschaffen werden können, um den Krankenhäusern die Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben zu ermöglichen.
Ich glaube, meine Damen und Herren, daß man das wissen muß, um in dieser bedeutsamen Frage auch
klare Entscheidungen treffen zu können. Das beabsichtigen die Koalitionsfraktionen mit ihrem Antrag.
Da nun die Pflegesatzverordnung unzweifelhaft auf § 2 des Preisgesetzes von 1948 beruht, also in ihrer rechtlichen Fundierung wirtschaftsrechtlich ist, beantragen wir Überweisung dieser Anträge an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen und wegen der großen sozialpolitischen und gesundheitspolitischen Bedeutung selbstverständlich Mitberatung durch den Ausschuß für Sozialpolitik und den Ausschuß für Gesundheitswesen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502719400
Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Dr. Hamm.

Dr. Ludwig Hamm (FDP):
Rede ID: ID0502719500
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Entwurf des Gesundheitsministeriums für eine neue Bundespflegesatzverordnung enthält eine so entscheidende Änderung im bisherigen System der Finanzierung der Krankenhäuser, daß wir der Auffassung sind, daß beide Anträge, sowohl der Antrag der SPD wie der der Koalitionsfraktionen, gerechtfertigt sind.
Ich darf es deutlich sagen, wir sind nicht der Meinung, daß sich bei der Situation der deutschen Krankenhäuser ein Beibehalten der bisherigen Bundespflegesatzverordnung verantworten läßt. Wir sind der Meinung, daß sie geändert werden, ja sogar in ihrem System geändert werden muß. Wir glauben allerdings, daß für eine Zeit, in der die sinnvolle Finanzierung der Vorhaltekosten durch den Staat zu regeln ist, eine Übergangslösung dergestalt gefunden werden muß, daß die Krankenhäuser auch einen Teil der Vorhaltekosten in den Pflegesatz einbeziehen können.
Ich bin also der Meinung, daß die beiden Anträge wegen der großen Auswirkungen, die ich nur angedeutet habe, gerechtfertigt sind. Nach ihrem Inhalt ist man eigentlich geneigt, beide sofort anzunehmen. Uns in der Koalition ist bei der Betrachtung des SPD-Antrages allerdings etwas aufgefallen. Die SPD verlangt vom Bundestag einen Beschluß, wonach die Bundesregierung verpflichtet werden soll, vor Erlaß der Verordnung zur Änderung der Bundespflegesatzverordnung einen Bericht zu erstatten. Ich glaube, meine Damen und Herren von der Opposition, Sie werden unschwer erkennen, daß das eine nicht leichte verfassungsrechtliche Frage ist, weil die Bundesregierung auf Grund Gesetzes berechtigt ist, Verordnungen zu erlassen, auch ohne vorher einen Bericht vorzulegen. Um diesen Schwierigkeiten zu entgehen und den sachlichen Inhalt beider Anträge sinnvoll zusammenzufassen und einen Beschluß des Bundestages möglichst bald — denn wir können nicht mehr lange zuwarten — herbeiführen, hat die Koalition den Antrag gestellt, beide Anträge an die genannten Ausschüsse zu überweisen und nicht sofort im Plenum zu verabschieden.

(Beifall bei der CDU/CSU und FDP.)





Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502719600
Das Wort hat die Bundesgesundheitsministerin Frau Schwarzhaupt. Ich bitte.

Dr. Elisabeth Schwarzhaupt (CDU):
Rede ID: ID0502719700
Meine Damen und Herren! Die beiden Anträge, der der Opposition und der der Koalitionsparteien, enthalten einen entscheidenden wesentlichen Unterschied. Die Koalitionsparteien verlangen Auskunft über die Lage der Krankenhäuser, über Vorschläge für eine weitergehende, für eine langfristige Regelung der Grundfinanzierung der Krankenhäuser — Fragen, die zu stellen ein gutes Recht des Parlaments ist, und die die Regierung beantworten sollte. Der Antrag der SPD enthält ein Weiteres, nämlich das Ersuchen an die Bundesregierung, vor Erlaß einer Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Regelung der Pflegesätze einen Bericht zu erstatten. Das bedeutet also, die Arbeiten an der zur Zeit in der Diskussion innerhalb der Regierung befindlichen Änderungsverordnung zu stoppen, bis dieser Bericht dem Parlament erstattet ist.
Der Kollege Rohde hat ganz richtig zwischen den langfristigen und den kurzfristigen Problemen unterschieden. Wir sind auch der Meinung, daß die Frage des Krankenhauswesens und der Krankenhausfinanzierung langfristig behandelt und erörtert werden muß, daß eine Gesamtregelung gefunden werden muß. Die Zuständigkeit für die Krankenhäuser und die Krankenhausfinanzierung liegt allerdings im Prinzip bei den Ländern. Die Aufforderungen des Herrn Kollegen Rohde, hier zu langfristigen, grundsätzlichen Regelungen zu kommen, können sich in erster Linie an die Länder richten. Die Länder haben eine Kommission zur Erörterung der Grundfinanzierung der Krankenhäuser gebildet, die unter dem Vorsitz des im Saarland für das Krankenhauswesen zuständigen Ministers Simonis eine ganze Reihe von Sitzungen, an denen auch wir beteiligt waren, albgehalten hat. Diese Kommission hat vor kurzem den Beschluß gefaßt, von der Bundesregierung zunächst einmal eine Überprüfung und Neuregelung der Pflegesatzbestimmungen zu verlangen. Die zuständigen beteiligten Ministerien sind dieser Aufforderung nachgekommen, indem sie einen Entwurf erstellt und ihn in den Ressorts der Bundesregierung zur Verhandlung gestellt haben. Diese Verhandlungen stehen gerade vor dem Gespräch der Staatssekretäre miteinander. Ein endgültiger Entwurf der Bundesregierung liegt noch nicht vor.
In diesem Augenblick, in dem die Bundesregierung die Verhandlungen über eine Verordnung abschließt, die zur Zuständigkeit der Exekutive gehört, stellt die SPD, stellt die Opposition an uns die Forderung, diese Verhandlungen zu unterbrechen und vor Erlaß —

(Zuruf von der SPD)

— einen Moment — dieser Verordnung einen Bericht, einen schriftlichen Bericht zu erstatten mit einem sehr ausführlichen Thema, nämlich welche gesundheitspolitischen, sozialpolitischen und finanzpolitischen Auswirkungen eine beabsichtigte Änderung haben würde.

(Zuruf des Abg. Dr. Schellenberg.)

— Herr Schellenberg, ich weiß, was Sie fragen wollen. Selbstverständlich macht sich die Bundesregierung Gedanken über die ,gesundheitspolitischen und die finanziellen Auswirkungen, ehe sie eine Änderung einer Verordnung erläßt. Sie macht sich sogar noch über andere Dinge Gedanken, nämlich über die Situation der Krankenhäuser, die augenblicklich Jahr für Jahr mit einem in die Millionen gehenden Defizit arbeiten. Auch darüber sind wir bereit zu berichten.
Ihr Antrag hat aber zur Folge, daß wir zunächst einmal, zumal beide Anträge zusammen in die Ausschüsse kommen, warten müssen, bis die Beratungen in den Ausschüssen stattgefunden haben. Das bedeutet, daß das, was kurzfristig geschehen sollte und unbedingt geschehen muß, bis zu dem Zeitpunkt hinausgeschoben wird, in dem die beteiligten Ausschüsse ihre Beratungen abgeschlossen haben. Dafür, meine Damen und Herren von der Opposition, tragen Sie die Verantwortung.
Darüber hinaus sind langfristige Überlegungen und langfristige Verhandlungen mit den Ländern nötig. Sie haben recht, das ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die im Zusammenwirken von Bund und Ländern gelöst werden muß. Darüber besteht Einigkeit zwischen der Regierung, den Koalitionsparteien und wahrscheinlich auch mit Ihnen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502719800
Wird noch das Wort zur Debatte gewünscht? — Herr Dr. Bardens, Sie haben sich zu Wort gemeldet. Ich bitte.

Dr. Hans Bardens (SPD):
Rede ID: ID0502719900
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst kurz auf das eingehen, was die Frau Ministerin hier gesagt hat. Sie hat der Opposition unterstellt, sie wolle durch ihren Antrag den Fortgang der Sache verzögern. Ich sehe schon kommen, wenn in der Sache überhaupt nichts geschähe, würde die Schuld im Nachgang zu dieser Rede auf die Opposition geschoben werden.
Wir meinen, wenn eine so tiefgreifende Veränderung bei der Finanzierung der Krankenhäuser vorgesehen ist, daß sich dann doch wahrscheinlich die Fachleute in den Ministerien längst Gedanken darüber gemacht haben — das haben Sie auch gesagt — und längst mit den Untersuchungen beschäftigt sind, die hier gefordert werden. Der von uns verlangte Bericht könnte also relativ schnell dem Bundestag vorgelegt werden. Ich habe überhaupt den Eindruck, daß der Antrag der Regierungsparteien im Nachgang zu unserem Antrag nur gestellt wurde, um die Bedingung im Vorspann unseres Antrags unwirksam zu machen.
Bei der ganzen Diskussion um das Problem der Pflegesatzverordnung sind in den letzen Wochen in der Öffentlichkeit, aber auch jetzt im Parlament im wesentlichen nur finanzielle Überlegungen angestellt worden. Selbstverständlich handelt es sich um



Dr. Bardens
ein finanzielles Problem ganz erheblichen Umfangs. Das ist ja vorhin auch betont worden. Es geht hier aber auch um ein eminent gesundheitspolitisches Problem. Wir können uns nicht um die Diskussion wesentlicher gesundheitspolitischer Aspekte, die mit der Krankenhausfinanzierung zusammenhängen, herummogeln.
Der Deutsche Ärztetag hat im Jahre 1961 eine Resolution verabschiedet, in der es heißt, daß der Bau und die Bereithaltung von Krankenhäusern eine öffenliche Aufgabe seien. Zum mindesten vor der Wahl haben sich alle Parteien ebenfalls zu diesem Grundsatz bekannt. Dabei darf es einfach nicht bleiben. Wenn wir diesen Grundsatz anerkennen, dann müssen wir mehr tun, als mit dieser Änderung der Pflegesatzverordnung vorgesehen ist. Das deutsche Krankenhaus, das Krankenhaus in allen modernen Ländern hat während der letzten Jahrzehnte einen entscheidenden Funktionswandel durchgemacht. Das Krankenhaus ist von einer Einrichtung, die mehr der Pflege von Kranken und Siechen diente, zu einem wesentlichen Mittel der Therapie geworden. Neben der Versorgung der Bevölkerung durch die frei praktizierende Ärzteschaft ist das Krankenhaus heute unsere wichtigste Einrichtung für die Therapie. Aber es scheint bei unserem Krankenhauswesen in Deutschland etwas nicht in Ordnung zu sein. Sie alle kennen doch diese Klagen, daß zuwenig Betten da seien, um akut Kranke oder gar Patienten in Notfällen rechtzeitig unterzubringen. Aus meiner eigenen Erfahrung als praktischer Arzt kann ich Ihnen sagen, daß dieser Eindruck draußen entstehen muß. Zugleich aber wissen wir, daß in Deutschland im ganzen gar nicht weniger Krankenbetten im Verhältnis zur Bevölkerung zur Verfügung stehen als in anderen vergleichbaren Ländern. Es muß also irgendwie an der Struktur unseres Krankenhauswesens liegen, wenn solche Klagen immer wieder auftauchen.
Eine andere Sache — ich will jetzt nur einige Stichworte geben —, die im Zusammenhang mit der Struktur unseres Krankenhauswesens immer wieder diskutiert wird, ist das Problem der Verweildauer in den Krankenhäusern. Fachleute sind sich inzwischen darüber klar, daß dieses Problem mit finanziellen Manipulationen — sei es über bestimmte Veränderungen des Pflegesatzes oder über degressive Pflegesätze oder gar Kostenbeteiligung — gesundheitspolitisch nicht befriedigend gelöst werden kann. Wir kennen nur diese allgemeinen Klagen, die von draußen vorgebracht werden. Exakte Unterlagen, zusammenfassende Darstellungen aller Untersuchungen über das Krankenhauswesen sind uns nicht bekannt. Eben deswegen haben wir sie in unseren Anträgen gefordert.
Ich meine, daß die Neugestaltung unseres Krankenhauswesens einige Gesichtspunkte berücksichtigen müßte, die sich von der Pflegesatzverordnung her nicht in Ordnung bringen lassen, nicht berücksichtigen lassen. Unser Krankenhauswesen muß sinnvoller gegliedert werden als bisher. Es muß endlich eine sinnvolle funktionelle und quantitative Verteilung der Krankenhäuser durchgesetzt werden. Wir brauchen eine ordentliche Verteilung zwischen dem kleinen Allgemeinkrankenhaus und dem
großen hockqualifizierten Schwerpunktkrankenhaus. Diese Verteilung muß regional richtig sein, und ich meine, daß dabei auch ökonomisch noch günstige Ergebnisse zu erzielen wären. Viele Fachleute sind davon überzeugt, daß unser jetziges Krankenhauswesen recht unökonomisch gegliedert ist und dadurch zu teuer wird. Wenn wir aber alle diese Aufgaben anpacken wollen — und wir müssen das, wir müssen uns zu dieser Gemeinschaftsaufgabe bekennen —, brauchen wir eben vorher die Unterlagen, die wir gefordert haben.
Ich begrüße dem Inhalt nach sehr den Antrag der Koalitionsfraktionen. Ich meine aber, daß er nur in Verbindung mit dem Antrag der SPD-Fraktion sinnvoll ist, eben deshalb, weil wir verlangen, daß vor Verabschiedung der neuen Pflegesatzverordnung hier dieser Bericht gegeben wird und das Parlament zu dieser wesentlichen Sache Stellung nehmen kann. Wir werden uns Gedanken machen müssen, wie wir das Gesamtproblem gemeinsam lösen können. Es ist eine Gemeinschaftsaufgabe für Bund — auch den Bund, der sich bisher nur mit etwa 5 0/o an der Finanzierung der Krankenhäuser beteiligt hat
Länder und Gemeinden.


(Beifall bei der SPD.)


Dr. Maria Probst (CSU):
Rede ID: ID0502720000
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe daher die Aussprache.
Ich komme zur Abstimmung. Auf Grund einer interfraktionellen Übereinkunft empfehle ich die Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen — federführend — und an den Ausschuß für Gesundheitswesen und den Ausschuß für Sozialpolitik zur Mitberatung. — Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe, bitte! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 29:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 20. November 1963 zur Revision der am 17. Oktober 1868 in Mannheim unterzeichneten Revidierten Rheinschiffahrtsakte (Drucksache V/18)


(20. Ausschuß Der Schriftliche Bericht des Verkehrsausschuses liegt dem Hohen Hause auf Drucksache V/358 vor. Ich rufe in zweiter Beratung die Art. 1 bis 5, Einleitung und Überschrift auf. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, gebe ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist in zweiter Beratung angenommen. Ich rufe auf zur dritten Beratung. Wird das Wort zur allgemeinen Aussprache gewünscht? — Das ist offenbar nicht der Fall. Wer dem Vizepräsident Frau Dr. Probst Gesetz als ganzem zuzustimmen wünscht, erhebe sich vom Platz. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist in dritter Beratung einstimmig angenommen. Ich rufe auf Punkt 30 der Tagesordnung: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Berichterstatter: Abgeordneter Blume Nach den Beschlüssen des Ältestenrates ist eine Debatte nicht vorgesehen. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Wer ist dagegen? — Wer enthält sich? — Einstimmig angenommen. Ich rufe auf Punkt 31 der Tagesordnung: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksachen V/328, V/365 — Berichterstatter: Abgeordneter Logemann. Das Wort wird nach der Vereinbarung im Ältestenrat nicht begehrt. Wir kommen zur Beschlußfassung über den Antrag des Ausschusses. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist so beschlossen. Wir kommen zu Punkt 32 der Tagesordnung: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundespolizeibeamtengesetzes — Drucksache V/350 — Hier schlägt Ihnen der Ältestenrat Verzicht auf Debatte vor. Wenn das Haus damit einverstanden ist, kommen wir zur Abstimmung. Ich schlage in Übereinstimmung mit dem Ältestenrat Überweisung an den Innenausschuß und zugleich an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung vor. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen. Wir kommen zu Punkt 33 a: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Schmidt — Drucksache V/355 — Der Ältestenrat schlägt Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Gesundheitswesen als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Verkehr zur Mitberatung sowie an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung vor. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen. Ich rufe auf Punkt 33 b: b)


(Erste Beratung 10. Sitzung)




betr. Lärm an Militärflughäfen
— Drucksache V/365 neu) —
Entgegen dem Beschluß des Ältestenrats soll nach neuesten interfraktionellen Vereinbarungen und im Einvernehmen mit dem Verteidigungsausschuß die Vorlage an den Ausschuß für Gesundheitswesen — federführend — und an den Verteidigungsausschuß und den Verkehrsausschuß zur Mitberatung überwiesen werden. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Es ist einstimmig so beschlossen.
Wir sind damit am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung ein auf Donnerstag, den 10. März 1966, 9 Uhr.
Ich schließe die heutige Sitzung.