Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren! Vor Eintritt in die Tagesordnung liegt mir daran, unsere britischen Kollegen zu begrüßen, die auf der Tribüne uns die Ehre ihrer Anwesenheit geben.
Ich hoffe, daß sie, die sie die Sprößlinge der Mutter der Parlamente sind, die Verhandlungen der Enkel mit einiger Nachsicht anhören werden.
Zunächst einige Worte zur Behandlung unserer Geschäfte. Nach der Vereinbarung im Ältestenrat soll dieser Tag mit der Erörterung des Einzelplans 05, Auswärtiges Amt, beginnen. Ich denke, wir bleiben bei dieser Vereinbarung. Um 10 Uhr werde ich die Beratung unterbrechen, um die noch nachzuholenden Abstimmungen durchzuführen. Es handelt sich um Abstimmungen über die Einzelpläne 11, 13, 20, 26, 27, 28, 31 und 32. Nach dieser Unterbrechung fahren wir in der Beratung des Einzelplanes 05 fort. Wenn die Beratung dieses Einzelplanes abgeschlossen ist, setzen wir die Diskussion über den Einzelplan 25 fort, die wir gestern nicht zu Ende führen konnten. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dein 20. Juni 1958 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Burgemeister, Dr. Czaja, Kraft und Genossen betr. Beamtenplanstellen für Unterbringungsteilnehmer gemäß § 18 b des Gesetzes zu Artikel 111 GG beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 488 verteilt.
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— Sie sind alle gesperrt! Nichtsdestoweniger fürchte ich, daß sie doch noch irgendwo erscheinen. Aber ich bin immerhin schon für diesen halben Erfolg dankbar.Mir wäre lieber, wenn man in der Frage der Kulturattachés noch weniger sperrig wäre; ich glaube, daß wir sie dringend brauchen. Wir haben gelesen, daß der Gesprächskreis „Wissenschaft und Wirtschaft" sogar eigene Wissenschaftsattachés gefordert und dies mit sehr guten Gründen belegt hat.Wir haben im Antrag Umdruck 110 gebeten, eine Aufstockung des Tit. 302 um 2 Millionen DM vorzunehmen. Wir haben sie auf gezielte Zweckbestimmungen hin beantragt. Wir glauben, daß die vorgesehenen Beträge in dem in Aussicht genommenen Verteilungsplan sehr ungleich angesetzt sind. Mißverstehen Sie das nicht, wenn ich jetzt sage, daß für die auswärtigen Seelsorge- und Missionsaufgaben der Betrag nahezu verdoppelt ist. ich will damit nicht sagen, daß diese Ausgaben unberechtigt sind; wir anerkennen sie durchaus. Aber uns scheint doch eine gewisse Ungleichgewichtigkeit in der Erhöhung vorzuliegen. Wir meinen das nicht, weil es sich hier um konfessionelle Einrichtungen handelt. Denn wenn ich Ihnen sage,daß wir in unserem Antrag die wesentlichste Hutstockung für die deutschen Krankenhäuser im Ausland vorsehen — auch wir wissen, daß zwei Drittel dieser Krankenhäuser von Ordensschwestern und kirchlichen Einrichtungen betreut werden —, werden Sie nicht schlußfolgern können, daß wir das hier aus einer Voreingenommenheit sagen.Ich glaube, daß man die Ansätze insbesondere für die deutschen Krankenhäuser erhöhen muß. Sie sind eine besondere, auch kulturelle Einrichtung. Ihre geistige Wirkung für das Deutschtum im Ausland, insbesondere in den asiatischen Ländern, ist außerordentlich groß. Vom Auswärtigen Amt wurde gesagt, für die neuzeitlichen Geräte und Medikamente brauche man eine beträchtliche Erhöhung des Etats. Wenn man dann aber nur 100 000 DM mehr einsetzt, scheint uns das zuwenig zu sein.Wie wenig selbst die Erhöhung um 600 000 DM ausmacht, die wir vorgesehen haben, sieht man beim deutschen Krankenhaus in Korea. Sie wissen, daß diese Frage im Augenblick auch im Schoße des Deutschen Roten Kreuzes diskutiert wird. Ich glaube, daß es in diesen Tagen zu der Entscheidung kommen wird, das Krankenhaus in Pusan aufzulösen und statt dessen vielleicht eines in Kalkutta und eines in Bangkok zu errichten. Der Haushalt sieht für das Krankenhaus in Korea 3,6 Millionen DM vor, für ein Krankenhaus, das dazu noch sehr unzulänglich ausgerüstet und in einer alten Schule untergebracht ist. Das Personal ist in Baracken untergebracht. Wie wenig sind dann die vorgesehenen 600 000 DM für insgesamt 78 Krankenhäuser draußen in der Welt!Wenn ich betrachte, daß für das Krankenhaus in Pusan 3,6 Millionen DM vorgesehen sind, und dies zur Entstehungsgeschichte dieses Krankenhauses — es ist nämlich im Zusammenhang mit dem Korea-Krieg entstanden — in Beziehung bringe, dann frage ich mich: muß es immer erst zu einem Krieg kommen, ehe wir uns zu einer wirklich gewichtigen Hilfe entschließen? Wir meinen, daß nicht nur die deutschen Krankenhäuser besser dotiert werden sollten, sondern auch die im Ausland tätigen Wissenschaftler.Die Zeit erlaubt es mir nicht, zu diesem sehr wichtigen Problem einiges zu sagen, was dazu eigentlich gesagt werden müßte. Lassen Sie mich nur zu einem Punkt noch ein paar Bemerkungen machen. Wir glauben, daß Mittel nicht nur für ins Ausland zu entsendende Wissenschaftler, sondern beispielsweise auch für junge Arbeiter vorgesehen werden sollten. So fordern wir, daß der Titel „Förderung des internationalen Austausches von Jungarbeitern, in der Ausbildung befindlichen Jugendlichen und Praktikanten" auch mit einem Mehr von 100 000 DM ausgestattet wird.Wir haben dankbar zur Kenntnis genommen, daß eine neue Position in die Zweckverwendung der Mittel eingebaut worden ist: „Zuschüsse an ausländische Staatsangehörige zum beruflichen Erfahrungsaustausch und zur Fortbildung in der Bundesrepublik". Aber auch diese Position ist viel zu gering ausgestattet. Das können Sie feststellen, wenn2040 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. .Juni 1958Kühn
Sie studieren, was das Auswärtige Amt selbst zur Bedeutung dieser Position sagt.Man könnte noch sehr viele andere Punkte aufzeigen. Wir haben nicht die Zeit zu einer ausführlichen Beratung über die Kulturprobleme unserer Außenpolitik. Lassen Sie mich nur ein paar Zeitungsmeldungen erwähnen. Die „Zeit" hat geschrieben, daß in der Lesehalle der Universität Kalkutta alle englischen Zeitungen ausliegen, aber nicht eine deutsche, eine Tatsache, die wir übrigens auch vor eineinhalb Jahren, als wir durch Asien reisten, in allen diesen Städten erlebt haben. Eine andere Zeitungsmeldung sagt, daß wir beispielsweise vor einer geistigen Niederlage der Bundesrepublik in Finnland ständen. In einem Bericht über eine Tagung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung hat eine der Referentinnen — ich glaube, daß es die Frau Konsul aus Helsinki war — gesagt, daß es nach ihrer Meinung notwendig sei, für die kulturellen Leistungen der Bundesrepublik in Finnland zu werben, da sich sonst die Sowjetzone als Vertreterin des deutschen Kultur und Geistesleben ausgeben könnte; dies wäre jedoch eine nicht wieder gutzumachende geistige Niederlage. Das scheint mir ein ganz ernster Punkt zu sein. Wir sind ähnlichen Erscheinungen auch in Asien begegnet. In Rangun, um nur eins zu erwähnen, gibt es eine von den Amerikanern neu erbaute Universität für mehr als 4000 Studenten; sie sind sehr stark kommunistisch infiltriert und haben Chruschtschow und Bulganin vor eineinhalb Jahren einen triumphalen Empfang bereitet. Sie haben aber auch großes Interesse an deutschen Dingen, an deutscher Literatur, deutscher Wissenschaft und deutschem Geist. Die Gesandtschaft in Rangun ist nicht in der Lage, jemanden abzustellen, der dort regelmäßig Vorträge halten könnte. Was geschah? Sofort etablierte sich eine kulturelle Delegation der DDR, die diese Universität mit Vorträgen über Deutschland füttert, die ganz aus der Sicht Pankows gegeben werden. Hier liegt eine ganz ernste Gefahr vor. Ich will nicht die vielen anderen Punkte erörtern, die uns dort auch aufgestoßen sind. Ich glaube, daß es auch in diesem Hause darüber keinen Streit gibt.Gestern las ich im „Union-Dienst", also in Ihrer Korrespondenz, einen Aufsatz, aus dem ich ein abschließendes Zitat geben möchte:Die Probleme der Entwicklungsländer müßten uns ebenso beschäftigen wie die Probleme im eigenen Land; tun sie es nicht, so würde uns eines Tages eine Rechnung präsentiert werden, die wir nicht begleichen können.Ich bin vollends der gleichen Meinung: die kulturelle Auseinandersetzung mit dem Kommunismus in der Welt erfordert von uns große Anstrengungen. Die Auseinandersetzung mit dem Kommunismus scheint sich immer mehr auf eine neue Ebene zu verlagern. Das Schwergewicht geht vom Militärischen weg zum Ideologischen, Kulturellen und Ökonomischen. Auf eine Formel gebracht könnte man sagen: Das Schwergewicht der Auseinandersetzung verlagert sich von den Kasernen weg und zu den Hörsälen hin. Nicht mehr wird so sehrentscheidend sein, wer die meisten Divisionen hat, sondern wem es gelingt, die Milliarde Menschen im asiatisch-afrikanischen Raum für sich zu gewinnen, ob es den Sowjets gelingt, sie auf ihre Waagschale zu plazieren, oder ob man ihnen zu einer freiheitlichen Gestaltung aus ihren eigenen Gesetzen, nicht nach unseren Vorschriften, helfen kann. Dabei müssen wir ihnen helfen und dabei — und das ist meine letzte Bemerkung — fällt uns Deutschen eine besondere Aufgabe zu. Wir sind frei vom Geruch des Kolonialismus im Bewußtsein dieser Völker. Wir haben keine Veranlassung, uns darauf sehr viel einzubilden. Denn das ist nicht unser moralisches Verdienst, es ist vielleicht die Gunst, oder, wie manche meinen, die Ungunst der Geschichte, die uns die Kolonien verlieren ließ, als wir den ersten Weltkrieg verloren haben. In der gegenwärtigen Situation ist dies im Bewußtsein dieser Völker ein großes Plus. Jetzt, in den auf uns zukommenden Jahren kommt es darauf an, daß wir die Beziehungen zu den Entwicklungsländern auf eine neue Ebene stellen: weg vom Kolonialismus und hin zu einer gleichberechtigten Partnerschaft. Dabei haben wir die Möglichkeit, sehr viel mehr zu tun als andere.Unsere kulturelle Auslandsaktivität haben wir zu untersuchen unter dem Gesichtspunkt der Probleme ihres geistigen Inhalts— das kann heute in dieser gedrängten Etatberatung nicht unsere Aufgabe sein —, wir haben sie auch zu untersuchen unter dem Gesichtspunkt der materiellen Ausstattung dieser auswärtigen Kulturpositionen. In dieser Frage sollte das Haus bereit sein, über die durchaus anerkennenswerte Steigerung dieses Etatstitels hinaus noch einen Schritt zu tun. Deshalb beantragen wir die Erhöhung dieses Etatstitels um weitere 2 Millionen DM.
Will jemand dazu das Wort ergreifen? — Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, ich schlage vor, daß wir in folgender Reihenfolge diskutieren — nicht nach den Ziffern der Umdrucke, sondern nach den Titeln —: der erste Antrag, Umdruck 126, war zu Tit. 962 gestellt, der jetzt begründete Antrag Umdruck 110 zu Tit. 302, und der Antrag Umdruck 86 betrifft Tit. 970.
Ich rufe den Antrag Umdruck 86 auf. — Bitte, Herr Abgeordneter Vogel.
Herr Präsident, wenn Sie gestatten, möchte ich gleich alle von uns gestellten Anträge — Umdrucke 84, 86 und 89 — gemeinsam begründen.
Gut, bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beginne mit der Begründung des Antrags Umdruck 86. Sie werden darin gebeten, den Ansatz in Tit. 970 —Außenpolitische Ausarbeitungen — um
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Dr. Vogel100 000 DM auf 200 000 DM zu erhöhen und in der Erläuterung einen kleinen Zusatz anzubringen, der folgendermaßen lautet:Daneben wird eine laufende Dokumentation und Chronik über alle Vorgänge in Osteuropa und in den Vertreibungsgebieten— dies ist der Zusatz — geführt.Dieser Vorschlag ist ein Kompromiß aus einer Reihe von ursprünglich widerstreitenden Erwägungen. Ich kann nicht verhehlen, daß der Haushaltsausschuß bei dem ursprünglich mit 100 000 DM neu beantragten Tit. 972 eine Ablehnung beschlossen hatte, und zwar deshalb, weil ihm die Erläuterungen nicht klar genug gefaßt waren und weil aus den Erläuterungen u. a. hervorging, daß eine „Koordination" der Arbeit der bestehenden Ostinstitute ins Auge gefaßt war.Nun hat der Haushaltsausschuß — ich glaube, es war mit unsere Initiative, daß es dazu gekommen war — die Ansätze für die Osteuropainstitute in den letzten Jahren rundweg verdoppelt. Es wird auch allgemein anerkannt, daß damit die fünf großen Institute heute über ausreichende Mittel verfügen, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Uns schien es aber nicht gerechtfertigt zu sein, nun ein dem Auswärtigen Amt angegliedertes neues Institut zu schaffen, das die Aufgabe hätte - wie es in den Erläuterungen hieß —, diese hoch dotierten Osteuropainstitute noch einmal zu koordinieren.Außerdem hatten wir Bedenken dagegen, daß in den Erläuterungen gleichfalls noch eine Reihe von neuen Stellen ausgewiesen wurde, so daß dann in der Organisation des Auswärtigen Amtes ein neuer Appendix erschienen wäre. Das Auswärtige Amt verfügt schon über eine Reihe derartiger Anhängsel, die wir keineswegs für erfreulich halten. Es wäre besser, wenn die neu geschaffene Ostabteilung in ihren eigenen Reihen — darüber wäre durchaus zu reden — im kommenden Jahr einige Angestellte einstellen würde, die sich mit der in der Erläuterung festgelegten Zweckaufgabe befassen. Aber so, wie es in der Vorlage vorgesehen war, konnte es unsere Zustimmung nicht finden.Nach einigen Beratungen mit meinen Freunden, vor allen Dingen denen, die in der auswärtigen Politik tätig und besonders daran interessiert sind, sind wir übereingekommen, diesen Änderungsantrag einzubringen, den schon seit Jahren bestehenden Ansatz in Tit. 970 — Außenpolitische Ausarbeitungen — zu verdoppeln und die Zweckbestimmung auch auf die Vertreibungsgebiete auszudehnen.Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einen ganz kurzen Satz über die im Auswärtigen Amt vorhandenen Unterlagen auf diesem Gebiete sagen. Ich glaube, daß die in mühseliger Arbeit in den Jahren 1947 bis 1949/1950 vom „Deutschen Büro für Friedensfragen" in Stuttgart erarbeiteten 340 — oder noch mehr — Gutachten heute leider nicht mehr die Beachtung finden, die sie vielleicht verdienen. Es ist damals in einer überaus sorgfältigen Arbeit unter Hinzuziehung aller Forscher,die 1947-49 in Deutschland überhaupt für eine solche Aufgabe herangezogen werden konnten, ein sehr umfangreiches Material zusammengetragen worden, das teilweise auch dem Druck übergeben werden konnte. Es wäre sehr sinnvoll, wenn man auf diese Ausarbeitungen heute zurückgriffe, sie durch neue ergänzte und auf den heutigen Stand brächte. Eine solche Arbeit sollte von der vollen Autorität des Auswärtigen Amtes getragen sein und nicht in ein neues Institut verlagert werden. Darum glauben wir, daß die Fassung des neuen Tit. 970, so wie wir sie vorschlagen, diesem Zweck gerecht wird.Ich komme nun zu der Begründung des zweiten Umdrucks, des Umdrucks 84. Wir beantragen, den Ansatz in Tit. 302 — Pflege kultureller, humanitärer und wissenschaftlicher Beziehungen zum Ausland — von 23 050 000 DM um. 150 000 DM zu erhöhen. Diese Erhöhung hat einen ganz einfachen Grund. Wir hoffen, die UNESCO-Tagung des Jahres 1958 in der Bundesrepublik begrüßen zu können. Um hier die notwendigen Mittel für die Vorbereitung euer solchen Tagung zur Verfügung zu haben, möchten wir Sie bitten, den Titel um diese 150 000 DM zu erweitern. Ob er in Anspruch genommen werden wird, wissen wir nicht. Aber wir wollen vorsorglich jedenfalls die 150 000 DM zur Verfügung haben.Lassen Sie mich noch ein Wort zu Umdruck 89 sagen, der in Tit. 674 eine Erhöhung des Beitrags zum Flüchtlingsfonds der Vereinten Nationen um 1 Million DM vorsieht. Wir kommen hier einer sehr dringenden Bitte der UNREF nach, die uns nahegelegt hat, den Titel um diesen Betrag zu erhöhen. Die gleiche Bitte ist nicht nur an Deutschland, sondern auch an alle anderen Nationen ergangen. Ich glaube, es wird ihr allgemein entsprochen werden. Wir dürfen erwarten, daß aus diesem Fonds auch Rückflüsse nach der Bundesrepublik in sehr beachtlicher Höhe gelangen werden. Ich glaube, daß wir nicht nur deshalb, sondern weil wir es immer als ein spezielles Anliegen betrachtet haben, trotz unserer eigenen unerhörten Flüchtlingsnöte auch die anderen nicht zu vergessen, hier eine solche Million neu einfügen sollten.Ich würde es allerdings begrüßen, wenn das Auswärtige Amt die Initiative ergriff, vielleicht noch mehr als bisher das Ausland über das Ausmaß der deutschen Flüchtlingsaufnahme aufzuklären. Man stößt überall draußen — auch in Zeitungsartikeln und Zeitschriftenaufsätzen — auf eine Auffassung, die dieses Anliegen nur zu berechtigt erscheinen läßt. Neulich las ich z. B. einen solchen Aufsatz in „Readers Digest" mit seiner riesigen Auflage von über 14 Millionen, aus dem eine betrübliche Unkenntnis über die wirkliche Flüchtlingslage in Deutschland sprach.Wenn das Ausland darüber hinreichend informiert würde, daß wir im letzten Jahr annähernd 400 000 Flüchtlinge allein aus der Sowjetzone aufgenommen haben — ganz zu schweigen von den Umgesiedelten aus den unter polnischer Verwaltung stehenden Gebieten und aus dem Balkan, auch ganz zu schweigen von den in der Sowjetunion noch befindlichen 25 000, die wir genau nachweisen
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Dr. Vogelkönnen -, dann, glaube ich, würde auch die Bereitschaft des Auslandes wachsen, uns bei der Unterbringung dieser enormen Zahl von Vertriebenentatkräftiger als bisher unter die Arme zu greifen.
Das Wort hat der Abgeordnete Gülich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einige Worte zu dem Antrag Umdruck 86, wonach der Ansatz bei Tit. 970 — Außenpolitische Ausarbeitungen — von 100 000 auf 200 000 DM erhöht werden soll. Vor drei Jahren hatte ich im Haushaltsausschuß den damaligen Ansatz von 50 000 DM zu verdoppeln beantragt. Dem Antrag wurde stattgegeben. Ich freue mich, wenn jetzt noch einmal verdoppelt wird. Aber ich muß einige Bemerkungen dazu machen.
Herr Kollege Vogel hat es mir leichter gemacht, als ich erwartet hatte. Ich hatte befürchtet, Sie würden eine Hintertür für den im Haushaltsausschuß gegen eine Stimme abgelehnten Tit. 972 — Kosten des Forschungsinstitutes für deutsche Ostfragen in Bonn — suchen. In der alten Erläuterung zu Tit. 970 stand, daß über die Vertreibungssachen eine Dokumentation in Karteiform geführt werden solle; lediglich die Worte „die Karteiform" sind jetzt weggeblieben.
Zu der vom Auswärtigen Amt beabsichtigten Einrichtung eines Forschungsinstituts für Ostfragen — eine Angelegenheit, die ja noch nicht ausgestanden ist; wir werden sie vermutlich demnächst wiedersehen — möchte ich sagen, daß die bestehenden Ostforschungsinstitute jetzt besser ausgestattet sind als früher, aber noch nicht gut genug. Sie sollten weiter ausgestattet werden, um ihren Aufgaben gerecht zu werden. Eine Koordinierung der wissenschaftlichen Forschungen dieser Institute durch das Auswärtige Amt würde aber einen Eingriff in die Unabhängigkeit der Wissenschaft bedeuten, und das darf nicht geschehen! Alle Ostforscher kennen sich untereinander und koordinieren schon von allein. Sie haben selbstverständlich auch Verbindung zu den Ostforschungsstätten in den Vereinigten Staaten und anderen Ländern. Was man hier geplant hatte, dem Auswärtigen Amt ein Institut mit einem Beamten an der Spitze anzugliedern, der im Ausschuß noch nicht einmal genannt wurde oder genannt werden konnte, mit einem vorgesehenen Personalstab von zunächst neun Personen, wäre der Anfang zu diesem Eingriff gewesen. Die einschlägige Literatur gehört in die Bibliothek des Auswärtigen Amts, — man soll also nicht im Auswärtigen Amt noch eine weitere Literatursammelstelle einführen wollen.
Die Sache ist deshalb so problemgeladen, weil die Ostforschung in großer Gefahr steht, politisiert zu werden, weil sie in der Vergangenheit, im Dritten Reich, politisiert worden ist und weil ihr nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs durch die Besatzungsmächte ebenfalls oftmals fragwürdige politische Aufgaben übertragen worden sind. Deswegen gilt es, die Ostforschungsinstitute wissenschaftlich absolut sauber zu haben, Die Forschung darf niemals idie Grenzen der Politik überschreiten. Wir müssen aus der Vergangenheit die Lehre ziehen, daß wir auf dem Gebiete der Ostforschung ganz besonders vorsichtig sein müssen.
Im übrigen sollte es unsere Aufgabe sein, uns
, mit Rußland und dem gesamten Osten und den Ostblockstaaten viel mehr zu beschäftigen, als das bisher geschieht. Seit Jahrzehnten ist die die östliche Welt betreffende Forschung in Deutschland vernachlässigt worden; wir haben auf diesem Gebiet viel nachzuholen.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Punkt? — Das ist nicht der Fall.
Dann rufe ich auf den Antrag Umdruck 123. Zur Begründung Abgeordneter Ritzel!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorhin war von den Aktivposten auf dem Gebiete der Moral die Rede. Wir, die Bundesrepublik, besitzen stellvertretend für ganz Deutschland, für das ganze deutsche Volk in der ganzen Welt einen Aktivposten, dessen Bedeutung gar nicht überschätzt werden kann. Das sind die deutschen Schulen im Ausland. Sie haben eine große Bedeutung. Ihrer Bedeutung wird aber nicht Rechnung getragen, wenn man sich im einzelnen betrachtet, wie deutscherseits die Lehrer und die Schulen im Ausland in bezug auf ihre materielle Ausstattung vielfach behandelt werden. Es ist zwar in der jüngsten Zeit eine Besserung eingetreten; aber die Zustände sind durchaus unbefriedigend. Aus den Beratungen des Haushaltsausschusses könnte ich Ihnen eingehendes Material unterbreiten, das beweist, daß die Dinge einfach so nicht weitergehen können. Wir haben vor etwa sechs Wochen im Haushaltsausschuß die Bundesregierung ersucht, uns eine Übersicht über die Bezahlung der Auslandslehrer vorzulegen. Diese Übersicht ist uns bis zur Stunde noch nicht gegeben worden. Wir haben jedoch den dringenden Wunsch, nun wenigstens eine Richtschnur in den Erläuterungen über die Bewirtschaftung der Mittel des Tit. 303 in Kap. 05 02 des diesjährigen Bundeshaushalts zu geben, indem wir in Umdruck 123 beantragen, bei der Berechnung von Zuschüssen an deutsche Schulen bzw. Schulgemeinden im Ausland hinsichtlich der Bezahlung der Lehrkräfte die entsprechenden Besoldungsgruppen und Besoldungsstufen des Bundesbesoldungsgesetzes und außerdem den Kaufkraftausgleich nach § 2 des Bundesbesoldungsgesetzes zugrunde zu legen. Dann sind immer noch Varianten möglich; jedoch müssen wir im großen und ganzen darauf sehen, daß unsere Lehrer draußen im Ausland in den deutschen Schulen anständig bezahlt werden. Bisher war das zu einem erheblichen Teil nicht der Fall. Damit das erreicht wird, stellen wir diesen Antrag.Ich möchte mir gestatten, noch auf etwas hinzuweisen, das Herr Kollege Kühn vorhin in einem
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Ritzelanderen Zusammenhang angesprochen hat. Er sprach von den deutschen Krankenhäusern im Ausland und zitierte insbesondere das deutsche Spital in Korea. Im Haushaltsausschuß haben wir die Anregung gegeben, das Auswärtige Amt möge einmal prüfen, ob man dieses Spital in Korea nicht der koreanischen Regierung oder dem Internationalen Roten Kreuz schenken könne. Wir glauben, daß das in der gegebenen Situation ein sehr vernünftiger Ausweg wäre.Da ich nicht die Absicht habe, mich zu diesem Einzelplan noch einmal zu Wort zu melden, möchte ich eine Anregung geben und deren Annahme durch das Hohe Haus empfehlen, die auf Grund der Haushaltsbeschlüsse bereits ihre Aufnahme in den Etat gefunden hat, nämlich die Anregung, auf dem Gebiet der Auslandsvertretungen für das Jahr 1959 mit einer Ersparnismaßnahme einzusetzen. Wir haben im Auswärtigen Ausschuß beantragt, 10 % der deutschen Konsulate im Ausland ab 1959 einzusparen. Wir sehen eine solche Möglichkeit, da nicht widerlegt werden kann, daß vom Zeitpunkt der Begründung der Bundesrepublik an im Ausland Konsulate eingerichtet worden sind, von denen man heute weiß, daß sie nicht eine unbedingte Notwendigkeit darstellen. Wir sehen eine Möglichkeit auch in der weiteren Tatsache, daß es im Gegensatz zu 1949 und den ersten Jahren nach 1949 nicht möglich war, Wahlkonsuln zu gewinnen. Es gibt zahlreiche Plätze im Ausland, wo an Stelle der wesentlich teureren Berufskonsuln Wahlkonsuln dieselben Funktionen erfüllen können, die dort erfüllt werden müssen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diesen Ersparnisvorschlag in die Tat umsetzten.
Das Wort hat Herr Abgeordnete Dr. Vogel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Kollege Ritzel! Ich wäre dankbar gewesen, wenn dieser Vorschlag nicht hier vor das Plenum gekommen wäre.
Wir stimmen im allgemeinen in diesen Dingen völlig überein. Auch wir haben die Absicht — das haben wir im Ausschuß deutlich zum Ausdruck gebracht —, die Besoldung der Lehrer, die an den deutschen Auslandsschulen tätig sind, einer Prüfung zu unterziehen, und Wir sind durchaus bereit, auch hier das Notwendige zu tun, genauso, wie auf meine Anregung hin bereits vor drei Jahren eine entsprechende Besoldungserhöhung der Lehrer an den Auslandsschulen erfolgte. Ich glaube also dem Verdacht völlig fernzustehen, nicht das notwendige Verständnis bereits früher dafür aufgebracht zu haben. Ein Antrag mit solchen Konsequenzen sollte aber noch einmal an den Ausschuß zurückverwiesen werden. Er sollte dort geprüft werden, wenn das von dem Auswärtigen Amt, dem Bundesfinanzministerium und den Länderverwaltungen zugesagte Material dem Ausschuß unterbreitet wird.
Ohne eine solche Ausschußvorbereitung sollte man
einen derartigen grundsätzlichen Schritt nicht tun.
Das bedeutet keine Aufschiebung der Maßnahme. Wir sind uns völlig darüber im klaren, daß der Ausschuß, wenn die Regierung nachher eine außerplanmäßige Ausgabe für notwendig hält, diese nicht verweigern wird. Infolgedessen möchte ich mich dafür aussprechen, den Antrag hier nicht anzunehmen, sondern ihn an den Ausschuß zurückzuverweisen.
Keine weiteren Wortmeldungen. — Dann — es ist erfreulich das mitzuteilen — sind sämtliche Änderungsanträge zu diesem Einzelplan begründet. Wir können aber vor 10 Uhr nicht darüber abstimmen. Es fragt sich nur, zu welchem Einzelplan wir übergehen sollen, falls nicht noch der Herr Außenminister das Wort ergreifen will. — Ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Anregung des Herrn Kollegen Vogel unterstützen und wäre dankbar, wenn auch Sie, Herr Kollege Ritzel, sich mit ihr einverstanden erklären könnten. Die finanziellen Auswirkungen des Antrags müssen in der Tat noch einmal im Haushaltsausschuß eingehend diskutiert werden.Ich erinnere mich einer Aussprache über dieses Thema, in der die Frage überraschend gestellt wurde und nicht hinreichend beantwortet werden konnte. Inzwischen habe ich Feststellungen treffen lassen und darf Ihnen folgendes sagen. Die reine Anhebung der Grundgehälter von 140 auf 165 % für die Auslandslehrer würde eine Mehrbelastung von 1,5 Millionen DM bedeuten. Da aber das Bundesbesoldungsgesetz von 1957 die Anhebung der Grundgehälter auf den Index von 165 in einen Zusammenhang mit anderen Verbesserungen stellt — die Aufhebung der ersten Dienstaltersstufe, die Verbesserungen des Besoldungsdienstalters und die Anhebung der Besoldungsgruppen — und wir wahrscheinlich, wenn wir das Bundesbesoldungsgesetz anwenden, gezwungen wären, auch diese Vorschriften anzuwenden, würde der Mehrbedarf auf 3,5 Millionen DM ansteigen, eine Belastung, über die wir hier nicht beschließen können, da sie die ganze Planung im Kulturhaushalt über den Haufen werfen würde. Deswegen unterstütze ich die Anregung, diese Frage noch einmal im Ausschuß zu besprechen.Im übrigen, Herr Kollege Ritzel, darf ich Ihnen sagen, daß die Frage der Auflösung des Hospitals in Korea von mir schon mit dem Roten Kreuz besprochen worden ist. Ich nehme an, daß wir den Weg, über den wir uns hier gemeinsam unterhalten haben, gehen werden. Die Ersparnismaßnahmen, die der Haushaltsausschuß vom Auswärtigen Amt erwartet, werde ich selbstverständlich sorgfältig vorbereiten.Was die Einsparung von 10 % der Konsulate anlangt, glaube ich Ihnen heute schon voraussagen zu können, daß die Meinungen darüber, welche
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Bundesaußenminister Dr. von BrentanoKonsulate überflüssig sind, im Hohen Haus wahrscheinlich sehr auseinandergehen werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Ritzel.
Nach den im Grunde positiven Bekundungen sowohl des Herrn Dr. Vogel als auch des Herrn Bundesaußenministers darf ich mich namens meiner Fraktion mit einer nochmaligen Ausschußverweisung des Antrags Umdruck 123 einverstanden erklären.
Keine weiteren Wortmeldungen? — Dann ist die Debatte über diesen Einzelplan geschlossen. Wir können, wie ich schon sagte, Vor 10 Uhr nicht abstimmen lassen, sondern müssen einen Einzelplan vorziehen. Ich möchte einen Einzelplan aufrufen, dessen Behandlung etwa 10 Minuten dauert. Herr Kollege Dr. Vogel, Sie kennen sich besser aus als ich; was schlagen Sie vor?
- Meine Damen und Herren, wir können nicht über die Kollegen verfügen, die jetzt nicht da sind und sich darauf verlassen, daß sie vor 10 Uhr nicht benötigt werden. Das kann man nicht interfraktionell vereinbaren. Nicht nur die Fraktionen haben ein Recht auf Abstimmung, sondern auch die einzelnen Abgeordneten.
- Dann rufe ich auf:
Einzelplan 36: Zivile Notstandsplanung
Berichterstatter ist der Abgeordnete Kreitmeyer. Ich erteile ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe schon gestern versucht, vom Platz aus klarzumachen, daß ich Sie bitten darf, im Hinblick auf meine schriftliche Berichterstattung und in Anbetracht der Zeitumstände auf einen zusätzlichen mündlichen Bericht zu verzichten.
Auch ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Das Wort zur Begründung des Änderungsantrags Umdruck 114 hat Frau Abgeordnete Renger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In diesem Haushaltsjahr ist uns zum ersten Male der Einzelplan 36 vorgelegt worden. Ich möchte dazu bemerken, daß auch die darin vorgesehenen Maßnahmen nicht darüber hinwegtäuschen können, daß der Bundesinnenminister in der Vergangenheit sehr viele Versäumnisse auf dem Gebiet des zivilen Bevölkerungsschutzes begangen hat. Nach wie vor ist die Situation für die Bevölkerung die, daß, wenn eines Tages eine Katastrophe eintreten sollte, sie ihr hilflos ausgeliefert wäre. Wir alle wissen, daß es keinen Schutz gegen eine Atombombe, sondern im besten Fall nur eine Hilfe für die Überlebenden geben kann. Ich meine, deshalb sollte man nicht von Schutz reden und den Begriff in „Hilfe" für die Bevölkerung umwandeln, da sonst eine Irreführung vorliegen könnte.Die Notstandsmaßnahmen im Rahmen des Einzelplans 36 bestehen leider in der Hauptsache darin, den Schutz von Regierungsbauten und die Nachrichtenübermittlung dahin sicherzustellen. Für diese Aufgabe sind rund 76 Millionen DM vorgesehen, wenn man die Bindungsermächtigungen für das Jahr 1959 hinzurechnet. Ich meine, daß darin ein Mißverhältnis zwischen solchen Maßnahmen und wirklichen Hilfsmaßnahmen für die Bevölkerung zum Ausdruck kommt. Das wird besonders deutlich, wenn man hiermit die Tit. 712 und 878 vergleicht, die die Erstellung von Hilfskrankenhäusern und deren Einrichtungen betreffen. In beiden Titeln sind lediglich 3 Millionen DM vorgesehen, und hier findet sich auch keine Bindungsermächtigung für das kommende Jahr. Die Erhöhung dieses Ansatzes erscheint meiner Fraktion ganz besonders bedeutsam; denn im Katastrophenfall ist es doch in erster Linie wichtig, Ausweichmöglichkeiten für die Aufnahme der Bevölkerung zu haben. Wir haben in der Bundesrepublik — und deswegen möchte ich den Schwerpunkt auf diese Titel legen — schon lange einen Mangel an Krankenhäusern. Wir haben es erst gestern wieder gehört. Wir wissen, daß die heute vorhandenen Betten im Falle einer Katastrophe längst nicht ausreichen würden. Diese Maßnahmen wären also besonders wichtig. Zudem würde es unserer Bevölkerung heute schon zugute kommen, wenn wir diesen Ansatz erhöhen könnten. Wir würden damit schon jetzt etwas Vernünftiges tun, statt darauf zu warten, daß wir vielleicht einmal gezwungen werden, es zu tun. Wenn wir diesen Ansatz echt erhöhen, dann erkennt die Bevölkerung wenigstens den Versuch, wirkliche Hilfsmaßnahmen vorzusehen.Aber auch die Erhöhung der anderen Titel, die meine Fraktion beantragt, ist deswegen notwendig, um die Maßnahmen überhaupt sinnvoll anlaufen zu lassen. Auch wenn das geschehen ist, sind die Versäumnisse immer noch nicht aufgeholt; darüber dürfen wir uns nicht etwa hinwegtäuschen. Wenn der Herr Bundesinnenminister im vorigen Jahr gesagt hat, daß es eigentlich nur deswegen mit den Maßnahmen für den Bevölkerungsschutz so schlecht gegangen sei, weil das Gesetz für den Schutz der Zivilbevölkerung noch nicht zustande gekommen wäre, so muß ich dazu bemerken, auch heute sind die entscheidenden Fragen noch offengeblieben. Wir wissen heute immer noch nicht: Wieviel Krankenhäuser sind denn überhaupt geplant? Hat man schon ausreichende Arzneimittel vorgesehen? Oder steht das alles nur auf dem Papier? Ist die Versorgung der Bevölkerung mit Erkennungsmarken schon eingeleitet, oder denkt kein Mensch daran?
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Frau RengerWas ist eigentlich mit den Warnämtern geschehen? Ich glaube, es gibt ein oder zwei. Was hat denn der Innenminister auf diesem Gebiet getan?Im vergangenen .Jahr hat der Bundesinnenminister uns erklärt, daß er die Erfahrungen, die er in den USA gesammelt hat, für die Bundesrepublik nutzen möchte. Er hat damals auch davon gesprochen, daß die Vereinigten Staaten, die man sich ja sonst so gern als Vorbild nimmt, ein Zehnjahresprogramm für Schutzraumbauten von 30 Milliarden Dollar vorgesehen haben. Wir hätten gern gewußt, was die Bundesregierung hier plant, nachdem sie ja für Regierungsbauten Schutzräume zu bauen beabsichtigt. Man hört auch verschiedentlich etwas über Evakuierungspläne. Auch hier wüßten wir gern, woran denn nun eigentlich gedacht ist, in welchem Umfang, wohin und welche Bevölkerungsteile eventuell evakuiert werden sollen.Trotz der Abneigung des Bundesinnenministers gegen Befragungen der Bevölkerung hat er uns im vergangenen Jahr ebenfalls erzählt, daß sich 80 % der Bevölkerung für Luftschutzmaßnahmen erklärt hätten. Ich frage den Herrn Minister, ob er der Meinung ist, daß er mit den Maßnahmen, die er in Einzelplan 36 vorgesehen hat, die Bevölkerung hat beruhigen können. Ich glaube das nicht, sondern meine, der Herr Minister wäre verpflichtet, endlich diesem Hause und der Bevölkerung einen ernsthaften und überzeugenden Plan vorzulegen, wie er sich wirklich sinnvolle Hilfsmaßnahmen für die Bevölkerung denkt.Der Ausschuß für innere Verwaltung hat kürzlich in Berlin übereinstimmend erklärt, daß die Aufgaben des zivilen Bevölkerungsschutzes allein in die Hände des Bundesinnenminsters gehören sollen. Sehr verehrter Herr Minister er ist anscheinend nicht da —, die Unterlassungen, die Sie in der Vergangenheit begangen haben, können auch nicht etwa aufgeholt werden, wenn in der nächsten Zeit das neue Bundesamt für den zivilen Bevölkerungsschutz zu funktionieren beginnen soll. Ich kann Ihnen seitens meiner Fraktion nur erklären: Der zivile Bevölkerungsschutz war bei Ihnen nicht in guten Händen. Wir hoffen, daß dieses Hohe Haus den Maßnahmen, die wir mit unserem Antrag Umdruck 141 gern verwirklicht sehen möchten, zustimmen wird, um wenigstens die ersten sinnvollen Bemühungen anlaufen zu lassen.
Wird weiter das Wort gewünscht? — Der Herr Bundesfinanzminister!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Infolge des Tempos ist der zuständige Innenminister im Augenblick noch nicht im Hause. Ich will deshalb kurz zu dem Antrag der SPD Stellung nehmen.
Ich darf darauf hinweisen, daß in diesen Haushalt erstmalig die Titel eines zivilen Notstandsprogramms eingestellt worden sind. Dieses Programm sieht die vordringlichsten Maßnahmen vor, die noch außerhalb des zivilen Luftschutzgesetzes
für den Personen- und Sachschutz notwendig sind. Eingesetzt sind 123 Millionen DM. Die Erhöhung, die jetzt verlangt wird, beträgt nach einer flüchtigen Schätzung 162 Millionen DM.
Meine Damen und Herren! Diese 162 Millionen DM sind im Augenblick gar nicht zu verwenden. Ich sehe einmal einen Augenblick von der Dekkungsfrage ab; aber um 162 Millionen DM ausgeben zu können, müssen personelle, organisatorische und planmäßige Voraussetzungen für die Verausgabung der Beträge vorliegen, und es müssen die bautechnischen Verfahren beim Schutzraumbau festgelegt werden, die im letzten noch nicht geklärt sind. Wir sind aber im Anlauf, im Aufbau dieser Dinge, und ich bin der Meinung, daß allerdings im nächsten Rechnungsjahr höhere Mittel eingesetzt werden müssen. Sie sollen auch eingesetzt werden; aber in dem langsamen Zug des Aufbaues genügt der derzeitige Ansatz. Das Mehr, das berechtigterweise verlangt werden kann, kann auch erst im nächsten Jahr verbaut werden.
Zur Deckungsfrage wäre zu sagen, daß auch nicht ohne weiteres 162 Millionen DM in den Haushalt eingesetzt werden können. Auch aus diesem Grunde bitte ich, den Antrag abzulehnen.
Ich wiederhole: Im Grundsatz langsamer, stufenweiser Aufbau. Die 123 Millionen DM erster Ansatz sind im Augenblick in Anbetracht aller Voraussetzungen personeller, technischer Art usw. ausreichend. Das Mehr muß in den nächsten Haushalt eingesetzt werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von dem neuen Finanzminister hören wir die alten Worte. Herr Minister, vor drei Jahren hat Herr Staatssekretär Ritter von Lex im Auftrage der Bundesregierung erklärt: Meine Damen und Herren von der SPD, was wollen Sie denn, wir haben ein 1,2-Milliarden-Programm aufgestellt, und dieses Programm werden wir in den nächsten Jahren durchführen. Von diesem Dreijahresprogramm, das im Etatjahr 1957 abgelaufen ist, sind praktisch noch nicht einmal 300 Millionen DM ausgegeben worden, so daß noch nicht einmal das Minimalprogramm ausgeführt worden ist.
Ich will gar nicht darüber reden, daß die Bundesregierung in der Grundfrage völlig untätig geblieben ist, ob und inwieweit im modernen Krieg überhaupt ein Bevölkerungsschutz oder eine Hilfe für die Überlebenden möglich ist, und sie noch nicht einmal in Angriff genommen hat. Ich erinnere mich noch, mit welchem Optimismus der Herr Bundesinnenminister im letzten Jahre aus Amerika zurückkehrte. Da hatte man das Gefühl, er sprüht vor Aktivität, um die Versäumnisse aufzuholen. Inzwischen ist ein Jahr vergangen. Abgesehen davon, daß er hier die Sozialdemokratische Partei diffamiert, habe ich von seiner Aktivität noch nichts gespürt.
Ich möchte hier aber doch noch auf einen Punkt besonders hinweisen. Im „Tagesspiegel" vom 25. Jun:
2046 Deutscher Bundestag. -- 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Schmitt
— der Herr Bundesverteidigungsminister ist ja glücklicherweise im Hause — ist ein Aufsatz erschienen: „Das Bonner Tauziehen um die Zivilverteidigung." Darin ist etwas sehr Interessantes gesagt: Die Vorkehrungen auf dem Gebiet der zivilen Bevölkerungshilfe — über diesen Ausdruck wird man sich allgemein verständigen können — gehen nicht weiter, weil keine Einigung zwischen den beteiligten Bundesressorts bestehe. Der Herr Bundesinnenminister erklärt uns im Ausschuß immer frisch-fröhlich, es sei alles in bester Ordnung. Aus diesem Aufsatz, der wahrscheinlich mit einem der beteiligten Ministerien besprochen ist, sieht man sehr deutlich, daß in keiner Weise Klarheit besteht. In diesem Aufsatz wird gesagt: „Wie so oft sitzt Herr Minister Strauß am längeren Hebel." Meine Damen und Herren, der Herr Bundesinnenminister ist uns darauf eine klare Antwort schuldig.
Keine weiteren Wortmeldungen? — Dann schließe ich die Aussprache. Wir können zur Abstimmung schreiten.Ich schlage vor, wir stimmen zunächst über den soeben verhandelten Einzelplan 36 ab. Ich bitte, den Umdruck 114 zur Hand zu nehmen. Ich kann über diesen Änderungsantrag wohl im ganzen abstimmen lassen; oder beantragen Sie, daß ziffernweise abgestimmt wird?
Wer dem Änderungsantrag Umdruck 114 zustimmen will, der möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.Wir stimmen nunmehr ab über den Einzelplan 36 nach der Vorlage. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Nun stimmen wir ab über die Änderungsanträge zu Einzelplan 05. Bitte nehmen Sie zur Hand die Umdrucke 126, 86, 110, 84, 123, 89 und 85.Zunächst Änderungsantrag Umdruck 126. Wer für diesen Antrag ist, der möge die Hand erheben.— Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.Antrag Umdruck 86! Wer diesem Antrag zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.Antrag Umdruck 110! — Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, der möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.Antrag Umdruck 84! Wer zustimmen will, der möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Umdruck 123!
— Der Antrag soll an den Ausschuß überwiesen werden. Das ist nicht gut möglich; denn dann können wir ja nicht über den Einzelplan abstimmen.
— Wird zurückgezogen und neu eingebracht.Antrag Umdruck 89 ! — Wer zustimmen will, der möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.Antrag Umdruck 85! Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.Wir stimmen nunmehr ab über den Einzelplan 05 in der geänderten Fassung. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; der Einzelplan 05 ist angenommen.Nunmehr stimmen wir ab über die Anträge, über die gestern noch nicht entschieden worden ist.Zunächst Änderungsantrag zum Einzelplan 11. Ich bitte, den Umdruck 91 zur Hand zu nehmen. Es ist wohl am besten, ich lasse nach Ziffern abstimmen.Antrag Umdruck 91 , Ziffer 1. Wer der Ziffer 1 zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — 'Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.Antrag Umdruck 91 Ziffer 2! Wer zustimmen will, möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das letzte war die Mehrheit; abgelehnt.Antrag Umdruck 91 Ziffer 3! Wer zustimmen will, möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; abgelehnt.Antrag 91 Ziffer 4! Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. — Die Gegenprobe! -Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.Wir stimmen nunmehr ab über den Einzelplan 11. Wer zustimmen will, möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Einzelplan 13! Hier liegen keine Änderungsanträge vor. Wer dem Einzelplan 13 nach Drucksache 402 zustimmen will, der möge die Hand erheben.— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Einzelplan 20! Auch hier liegen keine Änderungsanträge vor. Wir stimmen ab nach der Drucksache 441. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.Einzelplan 26! Auch hier liegen Änderungsanträge nicht vor. Wir stimmen ab nach Drucksache 363. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958 2047
Vizepräsident Dr. SchmidEinzelplan 27! Hier liegt ein Änderungsantrag vor, Umdruck 101. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.Wir stimmen nunmehr ab über den Einzelplan selbst, Drucksache 442. Wer zustimmen will, möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Einzelplan 28! Hier liegt ein Änderungsantrag vor. Sie finden ihn auf Umdruck 102. Der Antrag ist einfach: der Einzelplan wird gestrichen; darüber brauche ich nicht abstimmen zu lassen. Wir stimmen über den Einzelplan ab. Wer der Vorlage Drucksache 413 zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen zahlreiche Gegenstimmen bei einigen Enthaltungen angenommen.Einzelplan 31! Hier liegt ein Änderungsantrag vor. Sie finden ihn auf Umdruck 104. Wer diesem Antrag zustimmen will, der möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.Wir stimmen nunmehr ab über den Einzelplan selbst, und zwar auf der Grundlage der Drucksache 443. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Einzelplan 32! Hier liegen Änderungsanträge nicht vor. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Drucksache 466. Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! - Enthaltungen? Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Einzelplan 25! Hier haben die Parteien die Wortmeldungen zurückgezogen. Wir können abstimmen unmittelbar über alle Änderungsanträge. Ich rufe sie auf nach ihrer Zugehörigkeit zu den einzelnen Titeln und Kapiteln, weil wir bei Umdruck 118 zum Beispiel ziffernweise abstimmen müssen. Zunächst Umdruck 115! Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Antrag Umdruck 118 Ziffer 1! Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.Antrag Umdruck 88! Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.Antrag Umdruck 118 Ziffer 2! Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; abgelehnt.Antrag Umdruck 118 Ziffer 3! Wer zustimmen will, möge das Handzeichen geben. - Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; abgelehnt.Antrag Umdruck 118 Ziffer 4! Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; abgelehnt.Antrag Umdruck 118 Ziffer 5! Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! —Das ist die Mehrheit; abgelehnt.Antrag Umdruck 118 Ziffer 6! Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. - Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.Damit sind die Änderungsanträge beschieden.Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Einzelplan 25 in der geänderten Fassung. Wer zustimmen will, möge das Handzeichen geben. —Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zu Einzelplan 14:Einzelplan 14: Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung .Hierzu liegen eine Reihe von Änderungsanträgen vor. Ich werde Ihnen die Umdrucknummern der Anträge verlesen: Umdrucke 122, 113 und 100. — Ich bitte den Berichterstatter, zunächst Herrn Abgeordneten Dr. Vogel, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Einzelplan 14 — Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung — wurde vom Haushaltsausschuß zeitlich als letzter ,der Einzelpläne der Fachressorts beraten. Wir waren daher als Berichterstatter nicht in der Lage, den Bericht schriftlich so schnell niederzulegen, daß er Ihnen in gedruckter Form rechtzeitig zugehen konnte. Ich bitte daher um Nachsicht, wenn ich den Bericht hier ausführlich erstatten und Ihre Zeit noch etwas in Anspruch nehmen muß.Die Berichterstatter anderer Einzelpläne haben bereits darauf hingewiesen, daß der Haushaltsausschuß nur eine außerordentlich geringe Zeit für die Beratung der Einzelpläne zur Verfügung hatte. Dies ist beim Einzelplan 14, dem Einzelplan des Bundesministers für Verteidigung, besonders bedenklich. Denn erstens handelt es sich bei diesem Einzelplan mit seinen 10 Milliarden DM um den größten Einzelplan, der ,dem Hohen Hause zur zweiten Lesung vorliegt, und zweitens handelt es sich bei dem Verteidigungsressort um ein Aufgabengebiet, das erst im Aufbau begriffen ist. Es wäre daher besonders notwendig gewesen, daß sowohl der Verteidigungsausschuß als auch der Haushaltsausschuß die erforderliche Zeit gehabt hätten, um diesen Einzelplan in allen seinen umfangreichen Einzelheiten sorgfältig zu beraten. Der Haushaltsausschuß erwartet daher gerade wegen des Einzelplans 14, daß ,die Bundesregierung den Entwurf des Haushaltsplans 1959 viel frühzeitiger als bisher vorlegt, um eine sorgfältige Beratung der hohen Ansätze zu garantieren. Der Bundesfinanzminister hat erfreulicherweise bereits einen vernünftigen Terminplan dem Ausschuß vorgetragen.Der Einzelplan 14 mit seinem Gesamtansatz von 10 Milliarden DM gliedert sich auf die Ausgabengruppen wie folgt auf: Personalausgaben rund 1,560 Milliarden DM, Sachausgaben rund 364 Millionen DM, allgemeine Ausgaben rund 2,193 Milliarden DM, einmalige Ausgaben rund 5,882 Milliarden DM. Der Einzelplan 14 weist damit gegenüber dem Rechnungsjahr 1957 eine Steigerung um rund 2,2 Milliarden DM auf.
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2048 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Dr. VogelIn dem Entwurf des Einzelplans waren folgende Personalstärken vorgesehen: Soldaten 230 500, Beamte 9915, Angestellte 27 657, Arbeiter 42 843. Die Gesamtzahl von 80 415 Beamten, Angestellten und Arbeitern zu 230 500 Soldaten erscheint außerordentlich hoch. Der Haushaltsausschuß hat daher, soweit es seine Zeit erlaubte, den zivilen Stellenplänen des Verteidigungsressorts seine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Im Stellenplan des Ministeriums selbst ließ sich eine beträchtliche Stellenvermehrung nicht vermeiden, da ,das im Aufbau befindliche Ressort im Haushaltsplan 1957 für das Ministerium keine Stellenvermehrung vorsah. Trotz einiger Kürzungen durch den Haushaltsausschuß wird dem Verteidigungsministerium durch Verabschiedung des Haushaltsplans 1958 ein Stellensoll für 1100 Soldaten, 799 Beamte, 1430 Angestellte, 249 Arbeiter, also insgesamt für 3578 Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.Der Haushaltsausschuß erwartet, daß nach Auffüllung des Personals auf dieses Stellensoll nunmehr der personelle Aufbau des Ministeriums endgültig vollzogen ist. Von den 1100 Soldaten des Ministeriums sind 804 als Offiziere ausgebracht. Von den 799 Beamten arbeitet der größere Teil in den sogenannten zivilen Abteilungen, ein beträchtlicher Teil aber auch bei dem Generalinspekteur und Inspekteuren, also bei den sogenannten militärischen Abteilungen. Es handelt sich insoweit insbesondere um sogenannte Titelbearbeiter und um Beamte in Registraturen und dabei hauptsächlich in den Geheimregistraturen.Auffallend sind für das Ministerium wie überhaupt für den gesamten Einzelplan 14 die hohen Ansätze für Reisekosten im Inland und Ausland. Der Haushaltsausschuß verkennt nicht, daß bei dem Aufbau einer integrierten und volltechnischen Bundeswehr viele Reisen in das Ausland zur Gewinnung technischer Erkenntnisse und für Ausbildungszwecke erforderlich sind. Der Haushaltsausschuß erwartet aber, daß das Verteidigungsressort nicht nur aus Ordnungsgründen, sondern auch wegen der hohen Kosten insbesondere für die Auslandsreisen in Zukunft einen strengeren Maßstab an diese Reisen anlegt als bisher.Ebenso auffallend wie die hohen Ansätze für Reisekosten sind bei allen Kapiteln dieses Einzelplans die hohen in Aussicht genommenen Beträge für Beschäftigungsvergütungen und Trennungsentschädigungen. Es handelt sich hierbei zwar um gesetzliche Verpflichtungen des Bundes. Die Bundesregierung sollte jedoch in Zukunft ihre Bemühungen verstärken, den Wohnungsbau für die verheirateten Soldaten und zivilen Kräfte der Bundeswehr so rasch wie möglich voranzutreiben, um Restebildungen zu vermeiden. Der Haushaltsausschuß hat daher bei Kap. 1412 Tit, 830 die beantragten 110 Millionen DM für den Wohnungsbau gutgeheißen und die in den Ausschußberatungen erzielten Einsparungen bei anderen Kapiteln dem Wohnungsbautitel noch hinzugeschlagen. Dem Verteidigungsressort stehen einschließlich der früheren Bewilligungen nunmehr 566 Millionen DM für den Wohnungsbau zur Verfügung. Es liegt alsonicht an der Beschränkung der Haushaltsmittel, sondern an anderen außerhalb der Legislative zu suchenden Gründen, wenn der Wohnungsbau für die Soldaten und zivilen Kräfte der Bundeswehr nicht mit der gewünschten Schnelligkeit zum Erfolge führt. Der Haushaltsausschuß hat daher sowohl der Bundesregierung als auch dem Bundesrechnungshof empfohlen, durch Vereinfachung der Bestimmungen und auch des Prüfungsverfahrens für einen beschleunigten Fortschritt des Wohnungsbaues zu sorgen.Wie aus den Titeln 719 und 720 des Kap. 14 01 hervorgeht, hat die Bundesregierung die frühere Absicht fallenlassen, eine völlig neue Unterkunft für das Ministerium zu errichten. Dies wurde vom Haushaltsausschuß begrüßt, und es erscheint auch dem Haushaltsausschuß richtiger, die Erschwernisse des Arbeitsbetriebes durch die Unterbringung in drei verschiedenen Gebäudekomplexen in Kauf zu nehmen, als durch einen grundsätzlichen Neubau eine weitere Überfüllung des Raumes Bonn mit neu hinzuziehenden Menschen zu veranlassen. Denn bei einem Neubau würden die bisher benutzten Gebäude nicht leerstehen, durch einen Neubau würden weitere Dienststellen zusätzlich nach Bonn gezogen werden.Wegen des grundsätzlichen Zusammenhangs der personellen Fragen darf ich nach dem Kap. 14 01 nun zunächst auf das Kap. 14 03 eingehen. Dieses Kapitel enthält den gesamten militärischen Stellenplan einschließlich der Stellen für das Ministerium. In der Gesamtzahl von 230 500 Soldaten bei Tit. 102 sind 60 000 Wehrpflichtige und 170 500 länger dienende Soldaten enthalten. In der Regierungsvorlage ist eine Vermehrung der Planstellen für Generale, Admirale und Generalärzte von 99 Planstellen des Haushaltsplans 1957 auf 144 Planstellen für das Rechnungsjahr 1958 vorgesehen. Der Haushaltsausschuß hat in eingehender Beratung jede bereits vorhandene und neu geplante Stelle überprüft. Er schlägt dem Hohen Hause insgesamt 125 Planstellen zur Genehmigung vor. Dies bedeutet immer noch eine Vermehrung um 26 Planstellen für diese Sondergehälter. Die Vermehrung der Planstellen für Generale, Admirale und Generalärzte um rund 26 % gegenüber einer Vermehrung der übrigen Soldatendienstgrade um nicht ganz 20 % ist darauf zurückzuführen, daß die Bundesregierung von der NATO in den letzten Monaten aufgefordert wurde, in internationalen Stäben eine Reihe von Generalsstellen mit deutschen Offizieren zu besetzen. Der Haushaltsausschuß glaubte sich dieser Aufforderung im Interesse der Bundesrepublik nicht entziehen zu können.Weitere Generalsstellen waren erforderlich, um entsprechend dem fortschreitenden Aufbau der Bundeswehr leitende Stellen zu besetzen. Der Ausschuß hat ferner zustimmend von der Absicht der Regierung Kenntnis genommen, einem Teil der in internationale Stäbe zu entsendenden Offiziere nur zeitlich den Rang eines Generals zuzubilligen. Die Verleihung eines nur zeitlichen Ranges ist um so mehr erforderlich, als nach den Gebräuchen der NATO die Entsendung von Offizieren in inter-
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Dr. Vogelnationale Stäbe jeweils nur für einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren erfolgt. Bei einer Verleihung des endgültigen Generalsranges würden dann die Offiziere nach ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik oft keine Verwendungsmöglichkeit mehr finden.Neben der Kürzung der beantragten Generalsstellen hat der Haushaltsausschuß ferner die beantragten Planstellen für die Dienstränge vorn Oberst bis zum Major, also für die sogenannten Stabsoffiziere, und für die entsprechenden Ärzte, Zahnärzte, Veterinäre und Apotheker einer besonderen Prüfung unterzogen. Die beantragten Planstellen für Stabsoffiziere wurden um 291 Planstellen, also um etwa 4 % der Gesamtanträge gekürzt. Dies war insbesondere auch deshalb notwendig, weil ein Teil der Stärkenachweisungen noch nicht vom Bundesminister der Finanzen und vom Bundesrechnungshof überprüft ist. Der Haushaltsausschuß setzte die 19 gekürzten Planstellen für Generale und die 291 gekürzten Planstellen für Stabsoffiziere je zur Hälfte bei den Dienstgraden der Gefreiten und Grenadiere hinzu, so daß sich dieselbe Abschlußzahl von 230 500 Soldaten wie in der Regierungsvorlage ergibt.Der Stellenplan für den überwiegenden Teil des zivilen Personals der Bundeswehr ist in Kap. 14 04 Tit. 101 und Tit. 104 enthalten. Der Haushaltsausschuß setzte die beantragte Anzahl von Stellen bei den leitenden Regierungsdirektoren von 33 auf 32, bei den Regierungsdirektoren von 50 auf 47, bei den Oberregierungsräten von 270 auf 256 und bei den Regierungsräten von 550 auf 503 herunter. Bei den Angestellten wurde die beantragte Zahl für Angestellte der TO.A. II von 85 auf 73 und bei der Vergütungsgruppe TO.A. III von 235 auf 200 heruntergesetzt. Ähnliche, jedoch prozentual geringere Kürzungen setzte der Haushaltsausschuß bei den Beamten des gehobenen Dienstes und bei den Angestellten ab Vergütungsgruppe TO.A IV b fest.Es ist nicht zu verkennen, daß die Bundeswehr in den Kasernen, Depots, Reparaturwerkstätten, Arsenalen und Erprobungsstellen eine große Anzahl von technischen Beamten und Angestellten sowie von Arbeitern braucht. In den Schulen, in der Führungsakademie und insbesondere für die Luftwaffe sind ferner in großer Anzahl Lehrkräfte und sonstige Spezialkräfte wie z. B. Meteorologen erforderlich. Der Haushaltsausschuß erwartet, daß das Verteidigungsressort die zivilen Planstellen nunmehr entsprechend dem fortschreitenden Aufbau der Bundeswehr besetzt, hierbei zurückhaltend verfährt und daß jedenfalls im Entwurf des Haushaltsplans 1959 im wesentlichen keine neuen Planstellen für zivile Arbeitskräfte beantragt werden.Es zeigt sich hier die auch für andere Einzelpläne angeregte Methode des Zweijahreshaushalts für Planstellen als besonders zweckmäßig. Wenn diese Anregung von allen Ressorts und besonders vom Verteidigungsressort — dort vielleicht mit Ausnahme des militärischen Stellenplans - befolgt würde, dann würden auch zugleich die Beratungen des Haushaltsausschusses zeitlich entlastet und es würde möglich sein, den Haushaltsplan 1959 ungefähr zu Beginn des neuen Rechnungsjahres gesetzlich zu verabschieden.Ich komme nunmehr zu dem vorher ausgeklammerten Kap. 14 02, in dem die allgemeinen Bewilligungen des Verteidigungsressorts enthalten sind. In Kap. 14 02 Tit 222 finden Sie die Ansätze für Erstattungen an andere Bundesbehörden für Aufwendungen zur Durchführung von Verteidigungsaufgaben. Die entsprechenden Ansätze wurden bei der Beratung derjenigen Ressorts erörtert, denen diese Erstattungen zugute kommen. Es handelt sich hierbei z. B. um ,die Ansätze für das Presse- und Informationsamt, ferner um die Aufwendungen ,des Auswärtigen Amtes für die Militärattachéstäbe für das NATO-Generalsekretariat, für den in Einzelplan 06 — Innenministerium — behandelten Wehrdienstsenat beim Bundesdisziplinarhof, für die Durchführung oder Bauaufgaben des Verteidigungsressorts durch den Bundesminister für wirtschaftlichen Besitz des Bundes, für die von Dienststellen des Wirtschaftsministeriums durchzuführenden Materialprüfungen im Interesse ,des Verteidigungsressorts und für die im Einzelplan 33 eingesetzten Mittel für ,die Versorgung der Soldaten des Bundes. Insgesamt schlägt der Haushaltsausschuß Erstattungen von 70,2 Millionen DM an die Einzelpläne anderer Ressorts vor. Der Haushaltsausschuß behält sich vor, die entsprechenden Ansätze bei den anderen Ressorts im nächsten Jahre einer genaueren Überprüfung zu unterziehen, als es unter dem Zeitdruck der hinter uns liegenden Haushaltsberatungen möglich war.Der Einzelplan 14 enthält drei Haushaltsansätze für Repräsentationsausgaben, und zwar bei Kap. 14 01 Ziffer 240 den üblichen Repräsentationstitel des Ressortministers, der im Einzelplan 14 mit 40 000 DM ausgestattet ist, ferner im Kap. 14 02 1 Tit. 240 einen Ansatz von 88 800 DM für außergewöhnlichen Aufwand im Ausland und in Kap. 14 02 bei Tit. 399 einen Ansatz von 308 900 DM für außergewöhnliche Ausgaben, die im Zusammenhang mit dem Besuch von Einrichtungen der Bundeswehr und der Bundeswehrverwaltung stehen. Die Gesamtansätze von rund 435 000 DM für repräsentative Zwecke werden Ihnen vom Haushaltsausschuß zwar zur Genehmigung empfohlen; es läßt sich auch nicht leugnen, daß bei den nun einmal bestehenden internationalen Bräuchen erhebliche Aufwendungen für Repräsentation im Ausland entstehen und daß z. B. bei einem Besuch ausländischer Kriegsschiffe in Häfen der Bundesrepublik ein gewisser repräsentativer Aufwand nicht zu vermeiden ist. Aber gerade bei der Unvermeidlichkeit dieses Aufwandes erwartet der Haushaltsausschuß und wohl auch das Hohe Haus, daß der Verteidigungsminister für eine sorgfältige und sparsame Bewirtschaftung dieser Mittel sorgt. Es würde gut sein, wenn von deutscher Seite dazu beigetragen würde, daß die repräsentativen Veranstaltungen innerhalb der NATO auf ein erträgliches Maß herabgesetzt werden. Wenn schon nicht auf anderen Gebieten, so könnte die Bundeswehr entsprechend der traditionellen deutschen Sparsamkeit doch auf diesem Gebiet auch international mit gutem Beispiel vorangehen.Eine besondere Bedeutung haben im Kap. 14 02 die Tit. 308 für Forschung und Tit. 309 für Entwicklung, die mit rund 45,8 Millionen DM und 217,9
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2050 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Dr. VogelMillionen DM ausgestattet sind. Der Haushaltsausschuß hat diese Ansätze ungekürzt passieren lassen. Gerade beim Aufbau der Bundeswehr aus dem Nichts ist die wehrtechnische Forschung und Entwicklung notwendig. Der Haushaltsausschuß behält sich jedoch vor, im Zusammenwirken mit dem Verteidigungsausschuß nach Abschluß der Haushaltsberatungen die Forschungs- und Entwicklungsvorhaben des Verteidigungsressorts zu überprüfen und zu diesem Zweck wahrscheinlich auch Besuchsreisen zu unternehmen. Auch auf diesem Gebiet wird dafür gesorgt werden müssen, daß die erheblichen Geldmittel nur für 'notwendige und sinnvolle Vorhaben eingesetzt werden.Im Grundsatz wichtig, wenn auch zunächst nur mit 138 000 DM ausgestattet, ist der Tit. 603 — Studienbeihilfen für Fachschüler höherer technischer Lehranstalten. Der Haushaltsausschuß hat diesen neuen Ansatz begrüßt, denn bei dem hochwertigen technischen Gerät der Bundeswehr ist es erforderlich, die nötige Anzahl von Ingenieuren heranzuziehen, um dieses Gerät sorgfältig zu behandeln und instand zu halten. Aus dem Titel soll es befähigten Offizieren und Unteroffizieren der Bundeswehr ermöglicht werden, höhere technische Lehranstalten zu besuchen. Die gleiche Maßnahme ist vorgesehen, um Angehörige der Bundeswehr zum Studium an technische Universitäten abzuordnen. Auch dies ist nötig, da es auf die Dauer nicht möglich sein wird, aus dem zivilen Bereich die nötige Anzahl von Diplom-Ingenieuren herauszuziehen. Von grundsätzlicher Bedeutung ist auch der Tit. 617 mit einem Ansatz von 5 Millionen DM als Zuschuß für den Wiederaufbau und für den Betrieb der wissenschaftlichen Institute der Luftfahrtforschung. Wie im Haushaltsausschuß geklärt wurde, wirken verschiedene Bundesressorts mit den Ländern zusammen, um ohne Überschneidungen den Wiederaufbau der Luftfahrtforschungsanstalten durchzuführen. Ansätze für diese gemeinsame Aufgabe finden wir auch in den Einzelplänen des Wirtschaftsministeriums und des Verkehrsministeriums.Damit bin ich für meinen Teil als Berichterstatter am Ende, Herr Präsident. Ich bitte, dem Mitberichterstatter, Herrn Lenz, das Wort zu erteilen, damit er fortfahren kann.
Das Wort hat der Abgeordnete Lenz als Mitberichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf die Berichterstattung fortsetzen und dem Hohen Hause über die Kap. 14 05 bis 14 23 berichten.Die Kap. 14 05 — Bildungswesen — und 14 06 — Seelsorge — gaben dem Haushaltsausschuß keinen Anlaß zu wesentlichen Beanstandungen oder zu Kürzungen der Ansätze.Bei Kap. 14 07 – Rechtspflege — Tit. 101 kürzte der Haushaltsausschuß die vorgesehene Zahl von 18 Verwaltungsgerichtsdirektoren auf 16, die Zahlder beantragten Oberregierungsräte von 23 auf ebenfalls 16 und erhöhte gleichzeitig die Zahl der Regierungsräte von 4 auf 10. Es erschien dem Haushaltsausschuß nicht erforderlich, daß bei jeder im Aufbau befindlichen Division von vornherein eine Truppendienststrafkammer vorhanden ist. Die Herabsetzung der Planstellen für Oberregierungsräte unter gleichzeitiger Erhöhung der Planstellen für Regierungsräte ist darauf zurückzuführen, daß der Haushaltsausschuß die Besetzung der Rechtsberaterstellen bei einem Teil der militärischen Kommandobehörden zunächst mit Regierungsräten für ausreichend hält. Entsprechend der Herabsetzung der Zahl der Truppendienststrafkammern um zwei wurde auch die Zahl der Regierungsinspektoren von 14 auf 12 gekürzt.In dem folgenden Kap. 14 08 — Sanitätswesen - nahm der Haushaltsausschuß zwar keine Änderungen vor. In der Zahl der zu schaffenden Lazarettbetten muß sich die Bundesregierung bis zu einem gewissen Grade an die Richtsätze der NATO halten. Da jedoch anzunehmen ist, daß die zu schaffenden Lazarettbetten nicht ständig mit kranken Soldaten belegt sind, erwartet der Haushaltsausschuß von der Bundesregierung, daß die freien Betten für die zivile Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden. Hierdurch kann gleichzeitig, jedenfalls bis zu einem gewissen Grade, dem großen Mangel an stationären Behandlungsmöglichkeiten für die Zivilbevölkerung abgeholfen werden.In dem Kap. 14 10 -- Verpflegungswesen — beschäftigte sich der Haushaltsausschuß eingehend mit Tit. 103, Truppenverpflegung und Verpflegungszuschüsse. Es waren aus der Truppe Klagen darüber laut geworden, daß das Verpflegungsgeld von 2,50 DM pro Tag und Soldat nicht ausreiche. Dieser Satz wird für die Wehrpflichtigen aus der Staatskasse getragen, während die länger dienenden Soldaten diesen Betrag durch einen entsprechenden Abzug von ihrer Besoldung selbst zahlen. Auf Grund der vorliegenden Berichte und der Diskussion konnte sich der Haushaltsausschuß in seiner Mehrheit nicht davon überzeugen, daß im Augenblick eine Erhöhung des Satzes von 2,50 DM erforderlich ist. Der Betrag ist nämlich nur dazu bestimmt, im Großeinkauf die Lebensmittel zu beschaffen. Im Gegensatz zu früher wird von dem Betrag jedoch nichts für die Bereitstellung von Küchen und für den Betrieb der Küchen einschließlich des zivilen Hilfspersonals abgezogen.Der Haushaltsausschuß hielt es jedoch für erforderlich, den im Tit. 103 vorgesehenen Satz von 0,50 DM für Verpflegungszuschüsse während der Übungen heraufzusetzen. Der nunmehr vorgeschlagene Betrag von 1 DM pro Tag und Soldat kommt zu dem Verpflegungsgeld hinzu. Hierdurch kann die Truppe dem Soldaten während der Übungstage für die Verpflegung 3,50 DM zur Verfügung stellen, die ausschließlich zum Einkauf der Lebensmittel zu verwenden sind.Während das folgende Kap. 1411 - Dienstbekleidung — zu keinen Beanstandungen führte, ergaben sich bei Kap. 14 12 -- Unterbringung — viele
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Lenz
Probleme, die vom Haushaltsausschuß eingehend erörtert wurden. Die Einzelheiten bitte ich aus dem Mündlichen Bericht des Haushaltsausschusses zu Einzelplan 14, Drucksache 464, zu ersehen.Zu Tit. 750 laufende Nr. 12, Betriebsstoffdepots, hält es der Haushaltsausschuß für erforderlich, daß die Frage der Lagerung des Betriebsstoffes sofort und eingehend geprüft wird. Die überirdische oder nur teilweise versenkte Lagerung des Betriebsstoffes scheint dem Haushaltsausschuß auf die Dauer nicht tragbar zu sein. Es müssen daher Mittel gefunden werden, uni den Betriebsstoff unterirdisch und damit einigermaßen luftschutzsicher zu lagern. Entsprechend dieser Auffassung hat der Haushaltsausschuß den Ansatz von 5 Millionen DM qualifiziert gesperrt, d. h. die Mittel dürfen nur mit vorheriger Zustimmung des Haushaltsausschusses freigegeben werden.Bei Tit. 753 und 759 wurde die Frage geprüft, ob es notwendig ist, von vornherein oder endgültig zwei Marinearsenale aufzubauen. Der Haushaltsausschuß hat die Erstansätze für diese beiden Titel zwar passiern lassen; er wird jedoch unmittelbar nach den Parlamentsferien die Frage der Arsenale erneut aufgreifen. Die Mittel für die Erstansätze brauchten nicht qualifiziert gesperrt zu werden, weil diese Mittel zunächst im wesentlichen nur für die Räumung von Trümmern und für die erste Instandsetzung vorgesehen sind.Tit. 755 laufende Nr. 7, Betriebsstoffdepots für die Marine, wurde aus den gleichen Gründen qualifiziert gesperrt wie der vorher erwähnte Tit. 750 laufende Nr. 12.Zu Tit. 820 und 821 vertritt der Haushaltsausschuß ebenso wie der Verteidigungsausschuß die Auffassung, daß der Bau von Soldatenheimen nur auf entlegenen Kasernenanlagen, Übungsplätzen und Flugplätzen in Frage kommen kann. Erholungsheime sollen möglichst nicht für die ausschließliche Benutzung durch Soldaten betrieben werden. Es erscheint vielmehr zweckmäßiger, daß vorhandene, aber noch nicht in Benutzung genommene Erholungsheime in einen größeren Rahmen eingebracht werden, damit die Soldaten und die Angehörigen anderer Berufe gemeinsam die Erholungsheime besuchen. Die Mittel bleiben gesperrt, bis ein vom Verteidigungsausschuß eingesetzter Unterausschuß gemeinsam mit den beteiligten Ressorts Richtlinien ausgearbeitet hat.Bei den folgenden Kapiteln 1 4 1 3 bis 1 4 1 7, nämlich Pionierwesen, Fernmeldewesen, Feldzeugwesen und ABC-Schutz, hat der Haushaltsausschuß keine nennenswerten Änderungen der Regierungsvorlage vorzuschlagen. Dies ist allerdings teilweise darauf zurückzuführen, daß der Haushaltsausschuß infolge des außergewöhnlichen Zeitdrucks nicht in der Lage war, jeden der zum Teil sehr hohen Ansätze sorgfältig zu überprüfen.Das Kap. 14 18 — Indienst- und Instandhaltung von Schiffen - führte zur Berichtigung des ersten und zweiten Schiffbauplans bei Tit. 975 auf den heutigen Stand der militärischen und technischen Erkenntnisse. Die Mittel für zwei Minenschiffe und vier Zerstörer des zweiten Schiffbauplans sowie ein Ansatz von 20 Millionen DM für Schlepper des ersten und zweiten Schiffbauplans wurden qualifiziert, und zwar sowohl für den Haushaltsausschuß als auch für den Verteidigungsausschuß gesperrt. Durch die Sperre soll es ermöglicht werden, daß nach Abschluß der Haushaltsberatungen diese Programmpunkte nochmals eingehend erörtert werden. Das ist besonders für die vier Zerstörer des zweiten Schiffbauprogramms erforderlich, da es zweifelhaft ist, ob in der nächsten Zeit weitere Zerstörer in Auftrag gegeben werden sollen oder ob es möglich ist, sich zunächst mit Leihzerstörern zu helfen.In dem Kap. 14 19 — Indienst- und Instandhaltung von Flugzeugen — wurde geklärt, daß in diesem Kapitel, und zwar bei Tit. 965, in die Zweckbestimmung der Begriff „Flugkörper" aufgenommen wurde. Es bestand jedoch mit der Bundesregierung Übereinstimmung darüber, daß der Haushaltsplan 1958 keinen Betrag für solche Flugkörper vorsieht. Die Einsetzung des Wortes „Flugkörper" erfolgte lediglich zu dem Zweck, die auf Grund früherer Haushaltsermächtigungen zu Übungszwecken bestellten Flugkörper hinsichtlich der Bezahlung verbuchen zu können. Bei dem Tit. 965 wurde im übrigen klargestellt, das eine Entscheidung über weitere wichtige zu beschaffende Flugzeuge bisher noch nicht getroffen wurde.Durch eine Herabsetzung im Rahmen des Tit. 530 wurde ein neuer Tit. 600 für Maßnahmen zur Förderung des Wiederaufbaues der deutschen Flugzeugindustrie mit einem Ansatz von 3 384 000 DM ermöglicht. Der bisherige Ansatz des Tit. 530 war ausschließlich für Darlehen vorgesehen. Es hat sich nunmehr aber als notwendig herausgestellt, daß in dem genannten Umfang von rund 3,3 Millionen DM auch andere, also nicht darlehnsmäßig zu bestreitende Finanzierungsmöglichkeiten geschaffen werden müssen.In Kap. 14 21 — Amt für Wehrtechnik und Beschaffung — finden Sie die Planstellen und die Geldansätze für das Amt für Wehrtechnik und Beschaffung. Dieses Amt wird zur Zeit noch als Abteilung des Ministeriums geführt, obwohl es seinen Sitz nicht in Bonn, sondern in Koblenz hat. Die Regierungsvorlage enthält den Antrag, die Zahl der Planstellen für Beamte von 720 auf 847 zu vermehren. Der Haushaltsausschuß schlägt dem Hohen Hause vor, die Zahl der Planstellen des höheren Dienstes um 9 und die des gehobenen Dienstes um 11, also auf insgesamt 827, herabzusetzen.Bei der Erörterung des Kap. 14 21 zeigte sich ebenso wie bei anderen Kapiteln die Notwendigkeit, daß sich der Deutsche Bundestag möglichst bald mit der Frage eines Organisationsgesetzes für die Bundeswehr beschäftigt. Nachdem der tatsächliche Aufbau der Bundeswehr nun fast drei Jahre läuft, sollte sich die Bundesregierung jetzt endlich darüber klarwerden, ob sie eine entsprechende Gesetzesvorlage macht und welche Einzelheiten in diesem Organisationsgesetz festgelegt werden sollen.Das Amt für Wehrtechnik und Beschaffung soll nach Inkrafttreten des Haushaltsplans 1958 aus dem Ministerium ausgegliedert und in eine Bundesober-
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behörde umgewandelt werden. Hierbei ergibt sich die Frage, ob diese Bundesoberbehörde für ihre Soldaten, Beamten und Angestellten eine Aufwandsentschädigung erhalten soll. Im Haushaltsausschuß bestand völlige Übereinstimmung darüber, daß eine Aufwandsentschädigung jedenfalls nicht auf Dauer gewährt werden darf. Dagegen erschien es dem Haushaltsausschuß zweckmäßig, dem Hohen Hause vorzuschlagen, daß das Personal dieses Amtes im ersten Jahr nach der Ausgliederung eine Aufwandsentschädigung von 75 %, im zweiten Jahr von 60 % und im dritten Jahr von 40 % der bisherigen Ministerialzulage erhält. Nach Abschluß des dritten Jahres nach der Ausgliederung soll dann die Aufwandsentschädigung völlig fortfallen. Da es nicht möglich ist, innerhalb derselben Behörde und in demselben Arbeitsgebiet Personal mit und ohne Aufwandsentschädigung zu beschäftigen, soll diese Regelung für das gesamte Personal des Amtes gelten, auch soweit es in Zukunft eingestellt wird.In dem Kap. 14 22 — Wehrersatzwesen — ergab sich im Haushaltsausschuß eine eingehende Diskussion der Frage, ob es überhaupt erforderlich ist, besondere Behörden für das Wehrersatzwesen beizubehalten. Die Übertragung der Aufgabe des Wehrersatzwesens auf die Behörden der Länder und Gemeinden würde jedoch Gesetzesänderungen und eine längere Anlaufzeit erforderlich machen. Selbst wenn aber das Wehrersatzwesen auf der untersten Ebene der Kreiswehrersatzämter durch Bundesbehörden bearbeitet wird, so hält es der Haushaltsausschuß doch für prüfenswert, ob ab 1959 das Bundeswehrersatzamt beibehalten werden soll. Die Prüfung wird sich darauf zu erstrecken haben, ob die Aufgaben dieses Amtes in das Verteidigungsministerium eingegliedert werden können.Da die Dienststellen des Wehrersatzwesens nicht gleichmäßig im ganzen Jahre voll ausgelastet sind, schlägt der Haushaltsausschuß dem Hohen Hause vor, daß über die von der Regierung vorgeschlagenen Kürzungen der Zahl der Beamtenstellen von 630 auf 610 hinaus eine weitere Kürzung um 25 Beamte erfolgt. Bei Tit. 104 schlägt der Haushaltsausschuß die Kürzung des Geldansatzes und damit der Zahl der Angestellten und Arbeiter um 30 vor.Neben dem Wehrersatzwesen besteht eine besondere Organisation für .das Annahmewesen der Bundeswehr. Die Annahmeorganisation hat die Überprüfung der sich freiwillig zum Dienst in der Bundeswehr meldenden Bewerber durchzuführen. Der Haushaltsausschuß hat die Bundesregierung und den Bundesrechnungshof ersucht, zumindest die volle Eingliederung der Annahmeorganisation in die Organisation des Wehrersatzwesens zu prüfen und im Entwurf des Haushaltsplans 1959 entsprechende Vorschläge zu machen.In das Kap. 14 23 — Fürsorge — empfiehlt der Haushaltsausschuß dem Hohen Hause entsprechend einer nachgereichten Vorlage der Bundesregierung einen Ansatz von 1 540 000 DM für Übergangsbeihilfen einzusetzen, die nach zu erlassenden Richtlinien an die ausscheidenden wehrpflichtigen Soldaten nach Ableistung des 12monatigen Grundwehrdienstes zu zahlen sind. Diese Übergangsbeihilfen — oder vielleicht zutreffender gesagt: Entlassungsgelder — sollen dem ausscheidenden wehrpflichtigen Soldaten eine wirtschaftliche Überbrückungsmöglichkeit geben, bis der ausscheidende Soldat wieder in seinen Zivilberuf eingetreten ist und dort seine erste Lohnzahlung erhält.Nach der Beratung der einzelnen Kapitel des Einzelplans 14 hat der Haushaltsausschuß das Problem des jetzigen und künftigen Gesamtansatzes und ferner die Probleme der sogenannten Ausgabereste und Bindungsermächtigungen erörtert. Die Haushaltsreste in Höhe von zur Zeit rund 5,4 Milliarden DM geben zu besonderen Besorgnissen Anlaß. Die Haushaltsreste sind Ansätze früherer Haushaltspläne bei übertragbaren Bewilligungen, die jedoch in .den Bewilligungsjahren nicht ausgegeben werden konnten. Die Ausgabereste bestehen rechtlich weiter und könnten nur durch ein folgendes Haushaltsgesetz beseitigt werden. Sinngemäß können .die Ausgabereste nichtbeseitigt werden, da auf Grund dieser alten Haushaltsansätze bereits Bauten und Beschaffungen in .die Wege geleitet sind. Die Schwierigkeit liegt nun aber darin, daß den sehr hohen Ausgaberesten von 5,4 Milliarden DM keine entsprechende Deckung gegenübersteht. Die Dekkung war selbstverständlich vorhanden, aber das Hohe Haus hat bekanntlich die Deckungsbeträge zum zweiten Male dadurch anderweitig verwendet, daß sie zunächst in den Haushalt 1957 und dann nunmehr in den Haushalt 1958 zur allgemeinen Deckung des Bundeshaushalts eingesetzt wurden. Der Haushaltsausschuß hält es für erforderlich, daß die Bundesregierung die Ausgabereste für .den Entwurf des Haushaltsplans 1959 überprüft und die Streichung derjenigen Ausgabereste vorschlägt, die durch eine Änderung der Planung nicht mehr aufrechterhalten werden müssen. Da trotz einer solchen Streichung .der weitaus größere Teil der Ausgabereste bestehen bleiben wird, erscheint es dem Haushaltsausschuß erforderlich, daß von dem Gesamtansatz .des Einzelplans 14 im Haushaltsplan 1959 ein erheblicher Teilbetrag zur Deckung der früheren Ausgabereste eingesetzt wird. Dies würde bedeuten, daß dann dem Verteidigungsressort nicht neue Ansätze in der vollen Höhe des Gesamtbetrages zur Verfügung gestellt werden. Es ist aber finanzpolitisch richtiger und nach Ansicht des Haushaltsausschusses absolut notwendig, .daß »die in der Luft hängenden Augabereste in den künftigen Jahren nicht weiter ansteigen, sondern daß sie allmählich abgleiten und daß ihnen eine echte Dekkung gegenübersteht.Der Haushaltsausschuß hält es ferner für erforderlich, daß für den Haushaltsplan 1959 die zur Zeit in Höhe von rund 15,2 Milliarden DM vorgesehenen Bindungsermächtigungen ernsthaft überprüft werden. Es ist zwar zweckmäßig, daß die Bindungsermächtigungen offen ausgewiesen werden, damit das Hohe Haus weiß, was in den künftigen Jahren durch die Bewilligung der Erstansätze an weiteren zwangsläufigen Folgeraten auf den Bundeshaushalt zukommt. Die Umänderung der Planungen für die Bundeswehr sollte jedoch Anlaß dazu geben, daß in den Monaten bis zur Einreichung des Haushalts-
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plans 1959 alle Bindungsermächtigungen überprüft und der neuen Planung angepaßt werden.Herr Präsident, meine Damen und Herren, nach diesen zwangsläufig etwas langen Ausführungen haben die Berichterstatter des Ausschusses den Auftrag, dem Hohen Hause — der Haushaltsausschuß hat einen entsprechenden Beschluß mit Stimmenmehrheit gefaßt — die Annahme des Entwurfs des Einzelplans 14 mit den Änderungen vorzuschlagen, die sich aus der Drucksache 464 ergeben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich schlage Ihnen vor, wie folgt zu prozedieren. Ich werde die Umdrucke nicht in der Reihenfolge ihrer Bezifferung, sondern in der Reihenfolge der Titel aufrufen und jeweils die zu den betreffenden Titeln gehörigen Ziffern der Anträge begründen lassen. Ich werde also in folgender Reihenfolge aufrufen: Tit. 222, Tit. 399, Tit. 102, Tit. 300, Tit. 830, Tit. 975, Tit. 965. Bei den Umdrucken gilt folgende Reihenfolge: 101 Ziffer 1, 100 Ziffer 2, 122, 100 Ziffer 3, 100 Ziffer 4, 113, 100 Ziffer 5 und 100 Ziffer 6. Soeben wird mir ein neuer Antrag vorgelegt, der noch nicht verteilt ist. Es ist ein Antrag der Fraktion der Deutschen Partei zu Kap. 14 19 — Indienst- und Instandhaltung von Flugzeugen —. Ich nehme an, daß Sie den Umdruck noch rechtzeitig bekommen werden.
Ich rufe zunächst auf den Antrag auf Umdruck 100 Ziffer 1. Das Wort. zur Begründung hat der Abgeordnete Lohmar.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Während der gestrigen Beratung des Einzelplans des Bundeskanzleramts habe ich Gelegenheit genommen, dieses Hohe Haus auf einige Publikationen hinzuweisen, die aus den dem Bundeskanzleramt zur Bewirtschaftung übertragenen Mitteln finanziert worden sind. Die Regierung und die Koalition haben zu diesen unbestreitbaren Tatbeständen bisher keine Stellung genommen.
Ich möchte mir erlauben, heute morgen bei der Begründung unseres Antrags zu Tit. 222 darauf zurückzukommen. Nach diesem Antrag soll der Bundeskanzler für die dem Bundeskanzleramt zur Bewirtschaftung übertragenen Mittel auf Vorschlag der Fraktionen einen aus neun Abgeordneten bestehenden Beirat berufen, dessen Aufgabe darin bestehen soll, die überparteiliche Verwendung der bereitgestellten Geldmittel zu überwachen. Von dieser Aufgabenstellung werden im übrigen die Zweckbestimmungen in den Erläuterungen bei Kap. 04 03 Tit. 309 nicht berührt. Beides schließt sich nicht aus.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang die Bitte äußern, daß das Presse- und Informationsamt möglichst bald dem Wunsch des Verteidigungsausschusses nachkommt, ihm die zugesagte Liste der finanzierten Organisationen und Publikationen zugänglich zu machen. Es ist nicht einzusehen, warum das Bundespresse- und Informationsamt nicht seinerseits darum bemüht ist, uns durch die rechtzeitige Zurverfügungstellung dieser Übersicht eine hinreichende Grundlage für unsere Erörterungen zu geben.
Im übrigen, meine Damen und Herren von der Mehrheit dieses Hauses, möchte ich Sie daran erinnern, daß ich in meiner Kritik an der Verwendung der hier in Frage stehenden Mittel durchaus einen Unterschied gemacht habe — und auf diesen Unterschied einiges Gewicht legen möchte — zwischen dem, was von der Abteilung Inneres Gefüge im Bundesministerium für Verteidigung geschieht und was im großen und ganzen bisher im Rahmen einer Wehrpolitik in der Demokratie vertretbar ist, und den Entwicklungen, die sich bei der Verwendung dieser Mittel des Tit. 222 bzw. 309 gezeigt haben. Vielleicht ermöglicht Ihnen diese Differenzierung in der Kritik auch eine differenzierte Stellungnahme zu unserem Antrag. Denn es wäre schwer einzusehen, warum Sie eine differenzierte Kritik mit einer der Sache unangemessenen bloßen Ablehnung beantworten sollten, wenngleich die Zwischenrufe, die Sie gestern gemacht haben, mehr auf Ignoranz als auf Intelligenz schließen lassen.
Aber das muß nicht so bleiben.
Dieser Beirat, um dessen Berufung wir bitten, könnte — so glaube ich — besser als irgendeine andere Einrichtung dafür Sorge tragen, daß solche Fehlleistungen wie die, auf die ich gestern hinzuweisen gezwungen war, in Zukunft bei der Verwendung dieser Mittel unterbleiben und daß wir vielleicht in manchen Teilproblemen der Vertretung der Bundeswehr und ihrer Aufgaben in der Öffentlichkeit eine weitergehende Übereinstimmung erzielen können, als dies in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Ich darf Sie bitten, unserem Antrag zuzustimmen.
Ich stelle den Antrag zur Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Stoltenberg.
- Sie verzichten. Wird das Wort gewünscht zu Umdruck 100 Ziffer 1? — Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich abstimmen über Umdruck 100 Ziffer 1. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe auf Umdruck 100 Ziffer 2. Das Wort hat der Abgeordnete Schäfer. Ich darf gleich sagen, zur Aussprache haben sich gemeldet die Abgeordneten Blank und Meyers.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Beratung des Haushalts des Bundesverteidigungsministeriums wurde es als besonderer Mangel empfunden, daß bis heute kein Organisationsgesetz besteht, das die Verteilung der Aufgaben auf dem Gebiet der Verteidigung regelt. Die Bundesregierung regelt diese Frage bis jetzt auf Grund ihrer Organisationsbefugnis, ob-Dr. Schäferwohl es sich unbestreitbar um politische Fragen handelt und nach gesetzlicher Vorschrift die Bundesregierung gehalten ist, diesem Hause einen entsprechenden Entwurf vorzulegen. Allein der Bundestag ist berechtigt, diese Fragen endgültig zu entscheiden. Sicher mußte man zunächst einige Erfahrungen sammeln. Die Zeit scheint aber nunmehr dafür reif zu sein, den Entwurf eines solchen Organisationsgesetzes vorzulegen.Der Entwurf des Haushaltsplans sieht nach der Beratung im Haushaltsausschuß für das Ministerium eine Verstärkung von 199 Beamten und 105 Angestellten und Arbeitern vor, so daß es nunmehr insgesamt 2472 Bedienstete umfassen soll. Da die Ausführung des Haushaltsplanes praktisch erst in den nächsten Monaten zu der Personalverstärkung um 304 Bedienstete führen kann, darf man erwarten, daß man erst einige Erfahrungen mit dieser Verstärkung sammelt und daß für das Haushaltsjahr 1959 von diesem Ministerium weitere Personalanforderungen nicht gestellt werden.
Ein Ministerium mit 2.500 Bediensteten sollte ohnedies prüfen, ob alle Aufgaben, die derzeit im Ministerium zusammengefaßt sind, auch tatsächlich in das Ministerium gehören. Das gilt z. B. für das Amt für Wehrtechnik in Koblenz.Nach dem Haushaltsentwurf umfaßt der gesamte Haushalt des Bundesverteidigungsministeriums 170 500 Berufssoldaten und 60 000 Wehrpflichtige, insgesamt also 230 500 Soldaten. Von den Berufssoldaten sind 20 230 Offiziere, 70 971 Unteroffiziere, 70 908 Gefreite und 8391 Grenadiere. Der Umstand, daß die Bundeswehr in ihrer Planung erst von 500 000, dann von 350 000 Soldaten ausging und nun zunächst nur 230 500 umfaßt, führt zu einer sehr unbefriedigenden Personallage. Die Bundeswehr ist von oben nach unten aufgebaut, sie ist ausgesprochen kopflastig. Das führt zu Verhältnissen, die sich für den einzelnen in der Zukunft bezüglich seiner Aufstiegsmöglichkeiten ungünstig auswirken müssen. Der Stellenkegel soll sich gegenüber 1957 zugunsten der Generalstellen und der Stabsoffizierstellen wesentlich verbessern. Für die Zukunft bedeutet aber die Kürzung der Stellen für Leutnante und Oberleutnante unter gleichzeitiger Anhebung der höheren Stellen eine weitere Belastung des gesamten Stellenkegels. Man muß vom Bundesverteidigungsministerium erwarten, daß es für die nächsten Haushalte einen Stellenkegel vorlegt, der eine geordnete Laufbahn für die Zukunft sicherstellt.Die Zahl der Zivilbediensteten soll 80 415 umfassen. Das heißt, daß auf drei Soldaten ein Zivilbediensteter kommt. Diese Frage hat ja auch schon in der Öffentlichkeit Beachtung gefunden; man sprach von „Papierkriegern". Wir sind der Ansicht, daß man eine genaue Abgrenzung der Tätigkeiten herbeiführen soll, wobei wir allerdings der Meinung sind, daß unsere Soldaten als Kartoffelschäler wirklich zu schade wären. Der Soldat soll sich in erster Linie der Ausbildung widmen, und alles, was nicht unbedingt von ihm wahrgenommen werden muß, kann von Zivilisten, insbesondere auchvon solchen, die im Arbeitsverhältnis stehen, getan werden. Wenn wir aber sehen, daß in der Wehrverwaltung 73 534 Zivilpersonen beschäftigt sind, dann müssen wir dazu doch sagen: Sicherlich sind die Aufbauarbeiten sehr groß; aber sie werden in einigen Jahren abgeschlossen sein, und wir meinen, man sollte die Zahl der Zivilbediensteten möglichst nicht mehr vergrößern, so daß wir im Endergebnis auf ein Verhältnis von 5 : 1 kommen — ein Verhältnis, das sich dann auch rechtfertigen ließe.Ein Wort zu den Reisekosten für Reisen ins Ausland. Allein für das Ministerium und die Kommandobehörden ist insgesamt eine Erhöhung von 402 000 DM vorgesehen, so daß dafür nun insgesamt 3,26 Millionen DM ausgegeben werden sollen. Einige Sparsamkeit scheint hier notwendig zu sein. Es muß doch nicht immer gleich ein halbes oder ein ganzes Dutzend Herren zu den Besprechungen ins Ausland fahren. Man darf erwarten, daß man sich hier der Militärattachés bedient, damit Reisekosten nicht in der Höhe ausgegeben zu werden brauchen.Das gilt auch für den Verfügungsfonds des Herrn Ministers. — Damit darf ich gleichzeitig den Antrag Umdruck 100 Ziffer 2 begründen. - Der Herr Verteidigungsminister hat im Gegensatz zu seinen Herren Kollegen einen Verfügungsfonds von 40 000 DM. Normalerweise haben die Bundesminister 20 000 DM, der Vizekanzler 30 000 DM. Wir wollen diesen Verfügungsfonds von 40 000 DM unangetastet lassen. Sein Haus ist groß, und seine Verpflichtungen sind zahlreich. Wir meinen aber, daß die Gesamtsumme zu groß ist; denn dem Minister stehen bei Kap. 14 02 Tit. 240 weitere 88 800 DM zur Verfügung für außergewöhnlichen Aufwand, der den deutschen Angehörigen in integrierten Stäben sowie den Angehörigen der militärischen Vertretungen im Ausland, soweit sie nicht Leiter dieser Vertretungen sind, und sonstigen Vertretern aus dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen entsteht. Ich weiß, daß diese Summe von 88 800 DM weitgehend auf die einzelnen Positionen aufgeschlüsselt ist und daß die Verfügung des Ministers in diesem Punkt verhältnismäßig gering ist. Aber man muß in diesem Zusammenhang auch erwähnen, daß die Leiter der intergrierten Stäbe für sich persönlich außerordentlich hohe Aufwandsentschädigungen erhalten: der Befehlshaber der Alliierten Landstreitkräfte Europa-Mitte 86 400 DM, der Leiter des Stabes „Deutscher militärischer Vertreter heim Military Representative Committee in Washington" 52 800 DM, der Leiter des Stabes bei SHAPE in Paris 43 200 DM. Dem Minister selber steht bei Kap. 14 02 Tit. 399 ein weiterer Betrag von 308 900 DM zur Verfügung für außergewöhnliche Ausgaben, die im Zusammenhang mit dem Besuch von Einrichtungen der Bundeswehr und der Bundeswehrverwaltung entstehen. Der Minister hat demnach allein für innerdeutsche Repräsentation den Betrag von 348 900 DM; es kommt also auf jeden Tag ein Betrag von beinahe 1000 DM; für militärische Representation im Ausland sind es 271 300 DM. Insgesamt stehen also über 600 000 DM für militärische Repräsentation von verhältnismäßig wenigen Stellen bzw. Leitern zur Verfügung. Die vielen großen
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Dr. SchäferRepräsentationsveranstaltungen sind dabei noch gar nicht einbegriffen.Wir meinen, daß es uns sehr wohl anstände, etwas bescheidener aufzutreten. Wir wissen, daß Militär ohne Repräsentation nicht möglich ist. Wir meinen aber, etwas weniger Geltungsbedürfnis und etwas weniger protziges Wirtschaftswundergebahren wären sicherlich angebracht und würden uns nicht schaden. Deshalb beantragen wir, den Ansatz des Tit. 399 in Kap. 14 02 von 308 900 DM auf 200 000 DM zu kürzen.Ich darf noch einige weitere Bemerkungen anschließen, die bei dieser Lesung gemacht werden müssen. Bei Kap. 14 12 Tit. 753 ist der Bau eines Marinearsenals in Kiel und bei Tit. 759 der Bau eines weiteren Marinearsenals in Wilhelmshaven vorgesehen.
— Es ist interfraktionell vereinbart, daß zu diesen Dingen Stellung genommen werden kann. — Für jedes dieser Projekte sind 80 Millionen DM, insgesamt 160 Millionen DM veranschlagt. Im Haushaltsausschuß betonte der Vertreter des Ministeriums, es sei unbedingt notwendig, Regiebetriebe anzulegen; sie seien billiger, sie seien zuverlässiger, und außerdem sei die Geheimhaltung gewährleistet. Die Vergabe der Aufträge an Privatfirmen sei nicht angängig. Nun, mit einem Aufwand von 160 Millionen DM sollen neue Projekte in Bundesregie entstehen, und gleichzeitig verhandelt dieselbe Regierung über den Verkauf der Howaldtswerft zum Preise von 34 Millionen DM.
Welch ein Mißverhältnis in der Begründung, und welch ein Mißverhältnis der Summen! Es drängt sich doch geradezu die Frage auf: Zu was denn bauen, wenn schon bundeseigene Einrichtungen bestehen? Warum geht man nicht dazu über, einen Teil der Howaldtswerft dazu zu benutzen, Staatsaufträge zu übernehmen, und dadurch rund 150 Millionen DM einzusparen?
Bei Kap. 14 02 Tit. 308 sind für wehrtechnische Forschung und sonstige militärische Forschung rund 52 Millionen DM ausgebracht, bei Tit. 309 für wehrtechnische Entwicklung und sonstige militärische Entwicklung 220 Millionen DM und bei Tit. 310 für Erprobung 27 Millionen, insgesamt also rund 300 Millionen DM. Wehrtechnische Forschung und wehrtechnische Entwicklung können aber ganz bestimmt nicht für sich allein betrieben werden. Sie können doch nur im Zusammenhang mit dein anderen technischen Wissenschaften gepflegt werden. Warum wird der Einsatz von rund 300 Millionen DM allein von einer Abteilung des Bundesverteidigungsministeriums durchgeführt? Warum entscheidet darüber nicht ein wissenschaftliches Gremium? Warum bestehen nicht die entsprechenden Beziehungen zur Forschungsgemeinschaft und zum Wissenschaftsrat? Wir meinen, daß man bis zur Vorlage des nächsten Haushalts hier eine Änderung mindestens insoweit vornehmen müßte, als über den zweckentsprechenden und zuverlässigen Einsatz dieser Mittel ein Gremium entscheiden sollte. Man wird etwas hellhörig, wenn man hört, daß daraus Investitionen geleistet werden, z. B. an private Entwicklungsfirmen, die einen Auftrag bekommen und mit ihren Laboratorien diesen Auftrag nicht ausführen können.Wenn man in diesem Zusammenhang an die Abmachungen Bonn-Paris-Rom denkt, drängt sich die Vermutung auf, daß die Mittel für einen deutschen Anteil an einer gemeinsamen Atomforschung aus diesem Kapitel beschafft wurden. Wir erwarten von dem Bundesverteidigungsministerium darüber Aufschluß.Bei Kap. 14 02 Tit. 617 ist ein Betrag von 5 Millionen DM für Luftfahrtforschung als Unterstützung vorgesehen. Wir meinen, es wäre eigentlich richtiger, diesen Titel beim Etat ,des Verkehrsministerums unterzubringen. Wenn der Herr Bundesverteidigungsminister vor kurzem in Bad Godesberg bei der Tagung des Verbandes der Luftfahrtindustrie Milliardenaufträge in Aussicht stellte, wie man in der Presse lesen konnte, dann meinen wir, daß hier Vorsicht am Platze ist und daß auch das in erster Linie eine Frage des Wirtschaftsministerums und nicht des Verteidigungsministeriums wäre; denn es sind zweifellos außerordentlich große staatlich subventionierte Investitionen notwendig. Nur mit Militäraufträgen kann eine deutsche Luftfahrtindustrie für die Zukunft nicht existieren.Noch ein Wort zum Sanitätswesen! Es ist bekannt, daß die NATO gewisse Anforderungen auf diesem Gebiet stellt. Entscheidend ist jedoch, ob die Betreuung der Soldaten mit der Einrichtung und dem Betrieb der vorgesehenen Lazarette sichergestellt ist. Die Zahl der kranken Soldaten und derjenigen, die durch Unfall krankenhausbedürftig sind, ist erfreulicherweise gering, aber die Planung, die uns vorgelegt wird, wird nicht dazu führen, daß die Soldaten in Standortlazaretten oder in Standortnähe betreut werden können. Es ist insgesamt ein Projekt von 65 Millionen DM vorgesehen. Davon sollen in diesem Jahr allein rund 31,56 Millionen DM ausgebracht werden. Wir meinen, es ist anzustreben, daß in jedem Standort die ordnungsgemäße Behandlung der Soldaten sichergestellt sein muß. Daß in jedem Standort dafür Lazarette eingerichtet werden, ist unmöglich; es wäre verschwenderisch.Aber es scheint uns möglich, mit den bestehenden Krankenanstalten in Verbindung zu treten. Sie haben ja vor kurzem auf ihrem Krankenhaustag zum Ausdruck gebracht, daß sie einen Investitionsbedarf von 4 Milliarden haben. Es erscheint durchaus möglich, daß dort Abteilungen angebaut werden, so daß nichtbelegte Betten auch für die Zivilbevölkerung zur Verfügung stünden und die teueren Operationssäle und sonstigen Einrichtungen mitbenutzt werden könnten.Noch ein Wort zu den Unterkünften! Bei Kap. 14 12 sind 2,2 Milliarden Reste vorhanden. In dem neuen Haushalt werden ganz bestimmt nochmals ungefähr 3/4 Milliarden Reste entstehen. Über die finanzpolitischen Fragen, die damit zusammen-
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2056 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Dr. Schäferhängen, wird an anderer Stelle noch gesprochen werden müssen. Wir möchten aber hier darauf hinweisen, ,daß eine Überprüfung dieses Kapitels im Haushaltsausschuß nicht möglich war. Es ist praktisch eine Blankovollmacht, die dem Bundesverteidigungsminister gegeben wird. Es besteht wohl ein Programm, es sind wohl gewisse Typen entwickelt, man hat gewisse Vorstellungen von der zeitlichen Durchführung dieses Programms, aber ich möchte den Herrn Bundesverteidigungsminister darauf hinweisen, daß wir Wert darauf legen, daß noch in diesem Jahr eine sehr genaue Überprüfung durchgeführt wird. Wir meinen, man sollte Vorsorge treffen, damit nicht nachher Fehlinvestitionen festgestellt werden.Nun komme ich auf die Anlage von Flugplätzen. Wir haben im Haushaltsausschuß gehört, daß es noch Jahre dauern wird, bis die Ausstattung mit Flugzeugen durchgeführt ist. 'Damit drängt sich die Frage auf, ob die Flugplätze, wie sie heute angelegt werden, den technischen Erfordernissen dann überhaupt noch entsprechen würden und ob hier nicht Fehlinvestitionen erfolgen, so daß, wenn die Flugzeuge in zwei, drei Jahren dasein werden, diese Plätze überhaupt nicht mehr genügen würden. Dann wären eine neue Landnahme und neue Investitionen notwendig.Über das Mißverhältnis zwischen dem Wohnungsbautitel und den Posten für Trennungsentschädigungen wird ein Kollege von mir noch sprechen. Ich darf hier nur anführen, daß für Wohnungsbau 110 Millionen DM und bei allen Kapiteln zusammen für Trennungsentschädigungen 91 Millionen DM vorgesehen sind.Es wäre nützlich, wenn der Herr Bundesverteidigungsminister zu folgendem ein Wort sagte. Er hat in den letzten Haushaltsjahren die Genehmigung erhalten, 10 000 lange Schützenpanzerwagen zu beschaffen. Bis jetzt sind, soweit wir wissen, nur 4400 davon in Auftrag gegeben worden. Von 5000 kurzen Schützenpanzerwagen wurden nur 3000 in Auftrag gegeben. Der Herr Bundesverteidigungsminister möge seine Planung hier dem Hause darlegen; denn es ist unter Umständen eine haushaltsmäßige Berichtigung erforderlich. Hinsichtlich der 1100 M 47, dieser Leihgabe aus den USA, hat man uns im Ausschuß auf Fragen erklärt, 40 % seien ständig nicht einsatzfähig. Aber man mußte auch zugeben, daß man allein für die Beschaffung der Ersatzteile 148 Millionen DM braucht. Diese Ersatzteile hat man seither unmittelbar vom Ministerium aus beschafft. Nun ist man dazu übergegangen, auch noch Privatfirmen in das Geschäft einzuschalten.Ein Wort zu dem Munitionsvertrag, der letztes Jahr abgeschlossen wurde. 250 Millionen DM wurden vorausbezahlt. Der jetzige Haushalt sieht 536 Millionen DM vor, aber noch ist kein Schuß geliefert. Wir haben Zweifel, wie dieser Vertrag tatsächlich abgewickelt werden soll.Zum Abschluß noch ein Wort zu dem neuen Amt für Wehrtechnik und Beschaffung in Koblenz. Dieses Amt untersteht praktisch der Abteilung im Ministerium. Es soll erproben und beschaffen. Wir glauben, daß innerhalb dieses Amts ein echter Interessenkonflikt entstehen muß. Denn wer erprobt und auf Richtigkeit hin prüft, ist in der Entscheidung darüber, ob etwas auch beschafft werden soll, doch befangen. Die Entwicklungsfirmen sind zweifellos daran interessiert, daß die von ihnen entwickelten Geräte beschafft werden. Wir meinen, daß man hier eine echte Kontrolle einbauen muß; denn über die eigene Arbeit, über die eigene Leistung zu entscheiden, ist doch beinahe ein bißchen zuviel verlangt.Meine Damen und Herren, ich habe in diesem Zusammenhang nur einige der wichtigsten Fragen angeschnitten. Ich möchte zum Schluß darauf hinweisen, daß der Einzelplan 14 nicht so beraten und überprüft werden konnte, wie es der Bedeutung dieses enorm großen Postens von 10 Milliarden DM zukäme. Wir dürfen erwarten, daß die Vorlage für den Haushalt 1959 einwandfrei vorbereitet und rechtzeitig eingebracht wird, so daß eine genaue Überprüfung möglich ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Blank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die beiden ersten Punkte des Antrags der SPD beschäftigen sich mit der Öffentlichkeitsarbeit nach innen und außen. Daß ich heute morgen dazu Stellung nehme, ist veranlaßt durch ein Vorkommnis, das mich als Abgeordneter dieses Hauses und als Bürger der Stadt Dortmund auf das tiefste betroffen hat und das heute hier in diesem Hause und damit vor dem deutschen Volke behandelt werden soll.
— Warten Sie ruhig ab, Herr Mommer!
— Herr Mommer, Sie scheinen schon zu wissen, worum es sich handelt.
Es scheint richtig zu sein, daß ich hier spreche.
Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen zuzunächst den Tatbestand bekannt,
weil ich Ihnen -- —
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter!
Wer hat gerufen: „Warum so arrogant?"
— Das ist eine Beleidigung. Ich rufe Sie zur Ordnung.
— weil ich Ihnen mal sagen will, was Sie gegenwärtig in Deutschland betreiben Der Deutsche Gewerkschaftsbund, Ortsausschuf
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958 2057
BlankDortmund, hat am gestrigen Nachmittag zur Zeit des größten Verkehrs eine Kundgebung der „Aktion gegen den Atomtod" veranstaltet
— warten Sie ruhig ab! —, die vom Ortsausschuß und von dem Herrn SPD-Landtagsabgeordneten Smektala organisiert war. Wissen Sie, wer Smektala ist? Dieser Herr Smektala war jahrelang, noch zu ,der Zeit, als ich Stadtverordneter in Dortmund war, Parteisekretär der KPD!
Diese Kundgebung stand also unter der Regie dieses alten KPD-Mannes und jetzigen Landtagsabgeordneten der SPD, Herrn Smektala.Nehmen Sie bitte weiter zur Kenntnis: Der sozialistische Betriebsrat — Sie haben dort die absolute Mehrheit — der Stadtverwaltung hatte mehrere tausend Arbeiter und Angestellte zur Teilnahme veranlaßt, und der Betriebsrat der Stadtwerke hatte, um die „Freiwilligkeit" dieser Aktion zu demonstrieren, aus eigener Machtvollkommenheit den Straßenbahn- und Omnibusverkehr getreu dem Vorbild Hamburgs stillgelegt.
— Das hat etwas mit der Öffentlichkeitsarbeit zu tun, meine sehr verehrten Damen und Herren,
die wird nach diesen Vorkommnissen noch verstärkt werden müssen, und Sie werden Rede und Antwort stehen müssen!
— Auf Kosten des DGB — darauf komme ich auch noch —, auf Kosten der Mitgliedsbeiträge, auch der christlichen Mitglieder dieser Organisation!
— Ihre Erregung beweist mir, daß wir am richtigen Punkt angekommen sind.
Ich berichte zunächst weiter: Das sowjetzonale Fernsehen
— wie sinnig! — sah sich veranlaßt,
— es hat sehr große Liebe zu Ihnen! —,
Aufnahmen zu machen während der Rede des Herrn von Knoeringen, des stellvertretenden Vorsitzen-den der SPD — ich hoffe, daß er sich bei der Wiedergabe des sowjetischen Fernsehens jetzt betrachten wird — in holder Eintracht mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Frau Wessel und dem als sozialistischem Versammlungsredner bekannten Oberkirchenrat Cloppenburg und — damit die Opposition auch vollständig ist — zusammen mit dem für die FDP in Köln kandidierenden Professor Bauermeister.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, so weit sind wir in Deutschland gekommen,
daß führende Leute der SPD — ich weiß, ich weiß, wie weh Ihnen das tut, und deshalb trage ich das hier vor —
vor den Kameras des sowjetischen Fernsehens, organisiert vom Ortsausschuß des DGB, von dem früheren Kommunisten Smektala, dort gemeinsam eine Kundgebung „Aktion gegen den Atomtod" abhalten, die so freiwillig ist, daß man die Angehörigen der Stadtverwaltung dahin dirigieren muß und die Verkehrsmittel dieser Stadt stillegt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, merkwürdige Methoden der Demokratie!
— Lassen Sie sie ruhig ein bißchen schreien. Das deutsche Volk nimmt Kenntnis davon!
— Ich bin noch nicht am Ende.
— Ich spreche zur Sache.
Ich spreche zur Notwendigkeit der Öffentlichkeitsarbeit in den entscheidenden Verteidigungsfragen.
Meine Damen und Herren, offenbar aber waren die Herrschaften selber der Meinung, daß alles das, was dort in Worten vorgetragen wurde, nicht genügend Überzeugungskraft hatte. Deshalb griff man anschließend zu den drastischen Methoden der Straße. Denn es ereignete sich nun folgendes:
die abmarschierenden Demonstranten griffen die alsCDU-Fahrzeuge gekennzeichneten Wagen mangels
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2058 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Blankgeistiger Argumente mit Steinen, mit Stöcken und mit Messern an:
— Ich bin noch nicht am Ende!
— Das war ein Ausdruck des „Pazifismus"! — Leitungen wurden zerschnitten, Lautsprecher wurden demoliert, es wurden die Fahrer aus den Wagen gezerrt, und einer wurde durch einen Messerstich erheblich verletzt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen heute hier nur hören, ob Sie sich klar von solchen Methoden distanzieren.
— Wohin das führt? Meine Damen und Herren, eine Feststellung:
der Mob ist los in Deutschland!
Meine Damen und Herren,
die KPD — das habe ich Ihnen schon einmal, in Frankfurt, gesagt; ich sage nicht einmal, daß Sie das gewollt haben, aber der Tatbestand steht fest —, die KPD kommt aus ihren Löchern hervorgekrochen.
SPD und DGB — wie hier dargetan — Arm in Arm! 50 000 Flugblätter — —(Zuruf von der SPD: Das werden wir unsmerken! — Weitere Zurufe links.)— Das merken Sie sich ruhig!
50 000 Flugblätter hat der DGB gedruckt. Die Einheit der Gewerkschaften wird mit solchen Methoden zerbrochen. Die christlichen Arbeitnehmer werden sich das nicht gefallen lassen.
Wir werden den DGB zur Neutralität zwingen oder die Konsequenzen aus seinem Verhalten ziehen.
Wir wenden uns mit Abscheu von solchen Methoden des politischen Kampfes.
Das sind ja, meine Damen und Herren, die Zeiten, wie wir sie von 1930 bis 1933 auf den Straßen unserer Großstädte erlebt haben.
Ich frage als Abgeordneter dieses Hauses und als Bürger meiner Heimatstadt Dortmund den sozialistischen Herrn Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen: Sind Sie gewillt, solche Vorkommnisse weiter zu dulden,
oder wollen Sie Ruhe und Ordnung im Ruhrrevier aufrechterhalten, wie es Ihre Pflicht ist?
Die deutsche Öffentlichkeit verlangt eine Antwort. Dazu Sie zu zwingen, war der Anlaß, der mich auf dieses Rednerpult geführt hat.
Wir wollen Antwort, ob Sie die großen entscheidenden politischen Fragen in den Parlamenten, in den Versammlungssälen mit Waffen des Geistes austragen wollen oder mit Schlagstöcken und Messern auf der Straße. Darauf wollen wir eine Antwort.
Dieser Vorfall beweist uns, daß unsere Öffentlichkeitsarbeit auch in Fragen der Verteidigung noch gar nicht genügend ist. Diese Tatsache beweist es. Wenn jemand auf schmutzige Dinge — wie auf diesen Überfall — hinweisen muß, dann muß man den Schmutz dort suchen, wo er lag. Sie können nicht dem, der den Schmutz wegfegen will, den Vorwurf machen, sondern nur denjenigen, die ihn in Haufen herbeigeführt haben.
Meine Damen und Herren! Die deutsche Öffentlichkeit verlangt eine klare Antwort. Verteidigungsfragen sind Fragen von größter politischer Bedeutung.
— Ich bilde mir ein, davon mehr zu verstehen und zu kennen als Sie. Das habe ich Ihnen mehr als einmal in diesem Hause und auch im Ausschuß bewiesen.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958 2059
Blank— Ich habe Ihnen schon einmal darauf geantwortet: ich heiße doch nicht Mommer!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir verlangen, daß zu diesen Vorkommnissen Stellung genommen wird. Wir verlangen, daß Herr Innenminister Biernat dazu der deutschen Öffentlichkeit eine Erklärung abgibt. Wir werden vor dem deutschen Volke bei jeder Gelegenheit diese Methoden als das kennzeichnen, was sie sind. Sie sind nämlich nichts anderes als ein Lebendigwerden der KPD, die aus den Mauselöchern wieder hervorkommt.
Ich warne Sie. Ich habe es schon einmal gesagt: Beim Auslösen dieser Aktion mögen Sie noch handelnd sein. Am Ende stehen nicht Sie, sondern am Ende steht der Tod der Demokratie,
steht der totalitäre Kommunismus. Auch Sie werden dann nicht mehr sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, ich habe meinen Zweck erreicht.
Äußern Sie sich, heute und hier! Das deutsche Volk will Antwort von Ihnen.
Meine Damen und Herren! Es ist üblich, daß in den Haushaltsberatungen alle möglichen Dinge zur Sprache kommen und aufgerollt werden.
Ich bin dafür, daß in diesem Hause eine freie und offene Sprache geführt wird, vor allem deshalb, um dem deutschen Volk keinen Anlaß zu bieten, auf der Straße zu demonstrieren.
Wir werden deshalb diese Sache jetzt auch ruhig weiterführen. Ich gebe zunächst das Wort Herrn Abgeordneten Kühn.
Der Herr Minister Blank hat hier eine Sprache geführt, in der ich ihm nicht folgen will.
Er hat — lassen Sie mich ruhig aussprechen — an
die Adresse eines unserer politischen Freunde die
Worte gerichtet, er habe früher einmal der KPD
angehört. Es wäre für den Herrn Blank vielleicht untersuchungswürdig, sich in seiner Umgebung einmal diejenigen seiner Freunde auszusuchen, die in der SA und in der SS und in ähnlichen Organisationen gesessen haben.
Wenn hier einer im Sprachstil der SA und des Rotfrontkämpferbundes gesprochen hat, dann war es dieser Minister eben.
Ich habe keine Veranlassung, mich in irgendeiner Form mit den Ereignissen zu solidarisieren, die sich gestern in Dortmund abgespielt haben. Wir haben hier noch keine anderen Unterlagen als Pressenotizen,
und ich muß sagen, daß die Darstellungen des Ministers Blank dazu in einem solchen Verhältnis gestanden haben, daß ich ihm nur zubilligen kann, er habe vielleicht geglaubt, hier sein Scherflein zum Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen beisteuern zu müssen.
Der Herr Minister Blank hat gesagt: Der Mob ist los in Deutschland. Wir wissen auf Grund der Dinge, die uns bisher vorliegen, nicht genau, ob der Mob nicht auch in den Lautsprecherwagen gesessen hat.
Man sollte die zweite Lesung des Haushalts nicht improvisiert dazu mißbrauchen, einen solchen Streit vom Zaun zu brechen, ohne daß beide Seiten des Hauses die Tatsachen auf dem Tisch liegen haben.
Der Herr Minister hat hier als die Personifizierung des Geistes gesprochen, den er anzugreifen behauptet hat.
Wir Sozialdemokraten sind für eine geistige Auseinandersetzung, und ich will Ihnen ganz offen sagen, wenn Sie diese Erklärung hier haben wollen: wenn von irgendeiner Seite mit Messern und ähnlichen Gewaltwerkzeugen operiert worden ist, dann werden wir das auf das schärfste mißbilligen.
Bevor wir uns aber dazu äußern, müssen wir die Tatsachen auf dem Tisch liegen haben.
Das, was der Minister bisher gesagt hat, ist bei den Berichten, die wir genauso wie Sie auf dem Tisch liegen haben, eine unzulässige Dramatisierung.
2060 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag. den 27. Juni 1958
Kühn
Wir wollen uns auf beiden Seiten verpflichtet fühlen, um der Demokratie willen den Wahlkampf mit geistigen Mitteln zu führen
und uns offen davon zu distanzieren, wenn auf irgendeiner Seite von diesem Prinzip abgewichen wird. Das muß erst genau untersucht werden, und dann werden wir feststellen, wo der größere Prozentsatz der Schuld an diesen Vorkommnissen liegt.
Ich sagte soeben, daß wir uns mit geistigen Waffen auseinandersetzen wollen. Wer hat denn damit begonnen, die geistigen Waffen preiszugeben? Das begann mit jener Rede, in der an die Adresse der Sozialdemokratischen Partei gesagt wurde, unser Sieg wäre der Untergang Deutschlands.
Das führten Sie fort in den Plakaten, die wir jetzt in den Städten der Ruhr sehen können, wo auf blutrotem Untergrund sowjetische Marschälle abgebildet sind und wo wiederum die Dinge so dargestellt werden, als wären wir die Wegbereiter dieser sowjetischen Gewaltherrschaft.
Da sehen Sie ein neues Plakat an den Anschlagsäulen des Ruhrgebiets: „Moskau zählt auf die SPD."
Das ist eine Perfidie ohnegleichen.
Wenn Sie mit diesen Mitteln den Wahlkampf führen wollen, dürfen Sie sich über die Reaktion nicht wundern, und dann sind Sie nicht mehr berechtigt, in diesem Hause davon zu sprechen, daß Sie gewillt seien, diesen Wahlkampf mit geistigen Mitteln zu führen.
In dem Pamphlet des Bundeskanzlers, das er als Wahlbrief herausgeschickt hat, — —
— Ja, auch das gehört zu dem Charakter der „geistigen Auseinandersetzung" ! In dem Pamphlet des Bundeskanzlers steht der Satz: „Auch eine Partei muß einen Charakter haben."
D e n Charakter, den Herr Blank soeben manifestierte, überlassen wir Ihnen als Monopolangelegenheit Ihrer Partei.
Meine Damen und Herren! Das Haus hat sich gegenseitig mit hinreichender Deutlichkeit die Wahrheit oder das, was es dafür hält, gesagt. Ich mache aber jetzt folgenden Vorschlag. Der Präsident hat vor allem darauf zu achten, daß Sie nicht morgen früh um 9 Uhr hier wieder antreten müssen, um weiterzutagen. Ich habe bis jetzt fünf oder sechs Wortmeldungen, von denen ich annehme, daß sie alle zu diesem erregenden Thema gekommen sind. Mein Vorschlag geht dahin, daß wir von jeder Fraktion noch einen Redner zu diesem Punkt sprechen lassen und dann fortfahren.
— Aber, Herr Kollege Mommer — das freie Wort! Ich rede ja in Ihrem Interesse, damit Sie morgen nicht mit der ganzen Mannschaft antreten müssen.
— Das wollen Sie! Gut.
— Herr Abgeordneter Ritzel, beruhigen Sie sich! Es hat keinen Zweck, auch noch private Auseinandersetzungen zu führen.
Herr Abgeordneter Schultz hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht wird es dem Sprecher der Freien Demokraten so, wie es gestern Herrn Kollegen Lenz gelungen ist, auch jetzt wieder gelingen, das sehr erregte Haus etwas zu beruhigen.Ich darf mich dazu auf die Zeitung „Christ und Welt" und den Artikel beziehen, den sie am 19. Juni 1958 in Nr. 25 veröffentlicht hat mit der Überschrift: „So geht das nicht weiter. — Es gibt kein Zweiparteiensystem, dessen Partner nicht miteinander reden." In dem Artikel wird über die Atombefragungsdebatte, die wir jüngst gehabt haben — ,die zweite Lesung —, berichtet, und es wird dabei — ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren — folgendes ausgeführt:Es mochte zu den Aufgaben des Innenministers zählen, daß er die kommunistischen Infiltrationsversuche bei der „Kampf dem Atomtod"-Aktion nachwies. Er vermochte ,das in der heute herrschenden Atmosphäre offenbar nicht mehr, ohne die SPD dabei in das Licht zu bringen, daß sie ,den Kommunisten damit in die Hände arbeite. Das war genug! Unter Lärm und Drohung, erhobenen Fäusten und persönlichen Beleidigungen des Ministers verließ die sozialdemokratische Fraktion den Saal.Wir kennen das ja alles und erinnern uns daran. Mich wundert, ,daß es heute noch nicht so weit gekommen ist.
In diesem Artikel heißt es nun weiter:Das ganze ist nun schon ein Jahr im Gang. Es hat mit dem Wahlkampf des letzten Sommers begonnen. Damals fing Adenauer mit den Jüngsten-Tags-Perspektiven von Christentum und Antichristentum an und erklärte, daß ein SPD-Sieg der Untergang Deutschlands sei.
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Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958 2061
SchultzUnd nach dem errungenen Wahlsieg blickte dann sein Parteiapparat mit Bewunderung auf diesen „harten Stil", ,diese staatsmännisch-geniale Vereinfachung. Man schätzte alle Bedenken und Empfindlichkeiten gering ein.Wenn ich mir nun die Rede des Herrn Abgeordneten Blank durch den Kopf gehenlasse, die hier an Umdruck 100 Ziffern 1 und 2 aufgehängt wird, und wenn ich ferner berücksichtige, wie bewundernd seine Fraktion auf diesen „harten Stil" geblickt hat, dann muß ich sagen: Dann stimmt das, was hier von mir zitiert worden ist. Leider haben Sie nicht nur geblickt, sondern Sie haben in der üblichen Form mit voller Lautstärke die Spannungen, die hier im Hause sowieso schon bestehen, noch vertieft.
In ,dem Artikel heißt es weiter:
Es kamen im letzten Winter und Frühling die beiden Atomdebatten. Nun hätte die CDU überzeugen können. Sie hat aber nicht sehr brilliert. Die persönliche Bitterkeit wurde nur noch verschärft und vertieft.Da wir heute früh schon ohnehin eine Wahlkampfdebatte führen, die tatsächlich nicht in dieses Haus gehört, möchte ich doch auch einen kleinen Beitrag für meine Partei dazu leisten.
Der Artikel fährt dann nämlich fort:
Das einzige positive Verhalten in dieser Debatte muß man der FDP bestätigen.
- Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daßich „Christ und Welt" zitiere und nicht „Das freie Wort".
Ich darf weiter zitieren:Diese kleine Partei,— ich will Ihnen auch das Unangenehme nicht verschweigen —die in den letzten Jahren doch wirklich vieles tat, um ihren Kredit zu ruinieren, hat hier ein Beispiel gegeben. Sie bekämpft die Atombewaffnung; sie lehnt die Volksbefragung trotzdem ab.Ich darf hier hinzufügen: die Vorgänge in Dortmund lehnen wir selbstverständlich ab.
— Richtig, ganz falsch wird aber wohl auch nicht berichtet worden sein. Es heißt nun weiter:. . . solange sich die beiden großen Parteien so aufführen wie jetzt, hat damit die FDP sich selbst und der Demokratie eine Chance gegeben.Soweit mein Beitrag, vor allen Dingen an die Öffentlichkeit und — das darf ich mir heute einmal erlauben zu sagen — vor allen Dingen auch an die Presse.Ich habe vorhin auf die gestrige Debatte zurückgegriffen, in der von unserer Fraktion Herr Lenz tatsächlich wieder für die Beruhigung des Hauses gesorgt und die Dinge auf das richtige Maß, auf die sachliche Debatte zurückgeführt hat, wohin sie gehören. In den großen Zeitungen habe ich davon leider nichts gelesen. Nur der Krach scheint die Zeitungen zu interessieren.
Ich möchte dieses Thema abschließen und Ihnen, Herr Kollege Blank, sagen: Es ist gar nicht notwendig, daß die KPD draußen irgendwo aus den Mauselöchern kriecht, um die Demokratie zu ruinieren. Wenn Sie beide sich hier so aufführen, dann ruinieren Sie die Demokratie hier im Hause, und dann brauchen wir dazu gar keine KPD mehr.
Das Wort hat der Abgeordnete Hermsdorf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe noch nie in einer so harten Diskussion, wie sie soeben hier geführt worden ist, das Wort ergriffen. Der Beitrag des Herrn Blank hat mich sehr erregt. Ich möchte deshalb besonders die Kollegen von der CDU bitten, mir einen Augenblick Gehör zu schenken. Wir befinden uns in den Haushaltsberatungen, und jeder wird mir zugeben müssen, daß in diesen Beratungen von allen Seiten des Hauses versucht warden ist, so ernsthaft und so tatkräftig wie nur möglich an die Arbeit zu gehen und zu einem Resultat zu kommen.
— Ich komme auf alle Ihre Zwischenrufe zurück. Sie werden mich doch wohl einmal in aller Ruhe anhören können. Es muß doch in diesem Hause möglich sein, miteinander zu reden; sonst könnten wir ja gleich nach Hause gehen.
Ich bin absolut dagegen, daß von irgendeiner Seite des Hauses, sei es von der meinigen oder von der Ihren, laufend mit Unterstellungen gearbeitet wird. Ich halte das für einen sehr schlechten Stil. Irgendwann muß man einmal damit aufhören. Wir haben bisher eine Beratung geführt, die wenigstens einigermaßen der Sache gerecht wurde. Sie müssen mir aber zugeben: Das, was heute morgen von Herrn Blank an Stil geliefert worden ist, hat mit Parlamentarismus nicht das geringste zu tun.
— Herr Blank, ich habe bis heute morgen noch geglaubt, daß man auch mit Ihnen reden könne. Das,was Sie heute geliefert haben, reicht nicht bis an
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2062 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Hermsdorfdie Fußsohlen eines anständigen Menschen! Das müssen Sie zugeben.
Sie können dabei lachen, Herr Blank. Mir ist es ernst, das sage ich Ihnen, bitter ernst! Sie werden mir zugeben müssen, daß ich mit einer Reihe von Kollegen Ihrer Fraktion immer wieder in persönlichen Gesprächen und in Diskussionen gesagt habe, wir sollten hier einander zuhören. Aber so kann man das nicht machen, daß man sagt: „In Deutschland ist der Mob los" und einer demokratischen Partei unterstellt, sie sei Mob. Herr Blank, dann machen wir Wahlversammlungen, aber leisten keine parlamentarische Arbeit mehr!
Ich kenne die Untersuchungen in Dortmund nicht. Ich gebe zu, ich weiß nicht, was los ist. Wenn das die Wahrheit ist — ich glaube es nicht —, dann werde ich mich selbstverständlich davon absetzen. Aber, Herr Blank, ist es denn überhaupt notwendig, eine Sache, die gestern passiert ist, die heute noch nicht untersucht ist, hier in den Haushaltsberatungen zur Sprache zu bringen und damit aus der Beratung eine Wahlversammlung zu machen, die an einen KP-Stil schlimmster Sorte von 1933 erinnert? Das war doch Ihr Stil!
Entschuldigen Sie, daß ich so hart werde. Ich möchte Sie alle, meine Freunde und auch Sie, bitten: So kann man nicht miteinander reden, wenn man nicht die letzte Chance dieses Hauses und damit die Demokratie als Ganzes verspielen will.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Meyers.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Neuling dieses Hauses habe ich mir jetzt einige Wochen den Stil angesehen. Ich habe den Eindruck, daß alles das, was der sozialdemokratischen Fraktion zu Nutzen ist, Stil des Parlamentarismus ist, und daß alles das, was ihr abträglich ist, gegen den Stil des Parlamentarismus ist.
Wenn die sozialdemokratische Fraktion in diesem Hause den Bundeskanzler und die Bundesregierung beschimpfen kann, dann tut sie das maßlos und hemmungslos.
Wenn sie aber glaubt, sie sei im Nachteil, weil sieangeblich die Tatsachen von gestern nicht kennt,dann ist sie dafür, daß Friede sein müsse und daß wir, die Christlichen Demokraten und insbesondere mein Parteifreund Blank, uns nicht aufregen dürften.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind sehr langmütig.
— Ich möchte nicht erleben, daß nächstens das Sprichwort heißt: Am Lachen erkennt man den sozialdemokratischen Abgeordneten.
Da ist nämlich nichts zu lachen. Wir haben zugesehen und haben nichts gesagt, als man uns in Ostwestfalen den ersten Wagen demolierte. Ich habe damals gesagt: Das kann in der Hitze des Wahlkampfes vorkommen. Wir haben nichts gesagt, als jetzt wochenlang systematisch in den größeren Städten des Ruhrgebietes, auch bis nach Bonn hinein, unsere Plakate, unsere Anschläge zerstört und teilweise durch sozialdemokratische Anschläge überklebt wurden.
Wir haben nichts gesagt. Aber nun ist Schluß, meine sehr verehrten Damen und Herren!
„Sie sind in Wort und Schrift gegen die atomare Aufrüstung der Bundeswehr aufgetreten und deshalb Kommunisten."
— Sie können nie abwarten. Beim Wahlkampf fangen Sie immer zu früh an und jetzt auch. Ich habe einen Satz aus der mehrere Gründe anführenden Begründung des Beschlusses des Landeswahlausschusses des Landes Nordrhein-Westfalen zitiert, der bekanntlich dem Innenminister nahesteht, wenn er ihm auch nicht untersteht — und der Innenminister gehört ja Ihrer Partei an, wie Sie eben gesagt haben —, mit dem gestern die Mehrzahl der unabhängigen Kandidaten in Nordrhein-Westfalen, nämlich 13, abgelehnt, also nicht zugelassen wurden. „Sie sind in Wort und Schrift" — jetzt wiederhole ich es — „gegen die atomare Aufrüstung der Bundeswehr eingetreten und deshalb Kommunisten."
— Ich will Ihnen einmal ehrlich sagen, Sie können mich gar nicht beleidigen.
— Wenn Sie was wissen wollen, fragen Sie nach dem Tatbestand in Ihrer eigenen Fraktion im Landtag.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958 2063
Einen Augenblick, meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Mommer, was heißt „Pistolenmeyers"?
— Ist das eine Beleidigung?
— Dieser Zuruf ist also nicht ehrenrührig gemeint?
Fahren Sie bitte fort, Herr Abgeordneter.
Sie wollen die Vorgänge von gestern nicht kennen, weil Ihnen das unangenehm ist. Wir sind aber der Ansicht: Jetzt ist der Punkt erreicht, und gerade hier bei dem Etat des Verteidigungsministers!
— Herr Professor Schmid, haben Sie kein besseres Argument als „aha!"? Das haben Sie uns immer zugerufen.
— Wenn die Frage an mich gerichtet ist, sicherlich nicht. Denn ich halte es immer noch mit Goethe und lobe mir den heiteren Mann am meisten unter meinen Gästen.
— Entschuldigen Sie bitte, mir ist auch der Tatbestand von gestern zu ernst, als daß ich noch heiter darüber sein könnte. Wenn Sie darüber heiter sind, dann ist das Ihre Sache.
— Ich sprach gerade mit einem Mann, der humanistisch gebildet ist.
— Ich habe Zeit; ich bin auch morgen frei.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sagte Ihnen: Wir haben diese Vorgänge hingenommen, weil wir nicht der Ansicht sind, ,daß ein Wahlkampf mit seidenen oder Samthandschuhen geführt wird. Aber jetzt ist es deswegen an der Zeit, daß solche Methoden hier an Ort und Stelle zur Sprache kommen und gegeißelt werden, weil sie ihren Urgrund haben in den maßlosen Angriffengegen den Bundesverteidigungsminister, gegen die Bundesverteidigung und gegen die Bundeswehr.
Das ist nämlich der ganze Urgrund: „Kampf dem Atomtod" — diese unsinnige Parole, die Sie in ,das Land geschleudert haben,
mit der Sie die Massen aufputschen.Der Tatbestand war noch gar nicht zu Ende erzählt. Herr Blank kennt ihn auch nur zum Teil. Es ist z. B. nicht zur Sprache gekommen, daß vorher von unseren Leuten um den Versammlungsort herum Plakate geklebt wurden und daß Angestellte oder Beamte des Ordnungsamts der Stadt Dortmund diese entfernt haben. Herr Kollege Blank hat auch nicht gewußt oder mindestens nicht erwähnt, daß nach Ihren eigenen Zeitungen Herr Smektala, der immerhin der Leiter des Betriebsgruppenreferats der SPD ist, die Betriebsgruppenarbeit für den Wahlkampf leitet.
Ich muß sagen, es ist eine merkwürdige Inkonsequenz, daß man im Landeswahlausschuß auch von seiten des Innenministeriums die unangenehmen Kandidaten — unangenehm für uns alle, zugegeben, obwohl die FDP glaubt, es liege der CDU daran, diese Kandidaten nicht zum Zuge kommen zu lassen, warum, ist Geheimnis Ihrer Korrespondenz — ablehnt. Aber da wird gesagt: „Sie sind in Wort und Schrift gegen die atomare Aufrüstung und deswegen Kommunisten."Wenn wir einmal nur wagen, Ihnen zu sagen: Sind se denn selbst nicht bestürzt, in welche Nähe der Kommunisten Sie kommen?, dann lehnen Sie das ab; dann ist das irgendeine Verdächtigung von seiten der CDU, und dann ist ,das etwas Unfaires.
Jedenfalls, in den CDU-Versammlungen war bisher noch kein Fernseh-Sendewagen aus der Ostzone.
Ich muß Ihnen sagen, daß die Empörung meiner politischen Freunde keine Grenzen kennt.
— Mögen Sie lachen. Gehen Sie ruhig auf die Straße, denn wer auf die Straße geht, kommt auf der Straße um.
Aber wir verbitten es uns, daß jetzt an die Stelle von Argumenten die Messer treten und an die Stelle der Diskussion die brutale Gewalt gegen Menschen und Sachen.
Denn was daraus entsteht, das kann man nur mit den Worten einer Zeitung — die ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten vorlese — zusammenfassen:
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2064 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Dr. Meyers
Für Stunden glaubte man sich in die finsteren dreißiger .Jahre zurückversetzt, als die Radikalisierung und Fanatisierung der Massen den Mord am politischen Gegner zu einer alltäglichen Erscheinung werden ließ und die Dolche der SA und des Roten Frontkämpferbundes der Demokratie den Todesstoß gaben.Da, Herr Schultz, wird der Todesstoß geführt — nicht, wenn hier einmal von uns aus eine offene Sprache in einer schamlosen Sache geführt wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Heiland.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In solch ernster Situation, wie in Deutschland leider der Wahlkampf wieder geführt wird, sollte man darüber nachdenken, daß solche Dinge irgendwo ihre kausale Wurzel haben könnten. Herr Blank, ich möchte sehr klar und deutlich sagen, was mein Freund Kühn schon gesagt hat, und möchte es an den Anfang meiner Ausführungen stellen: Wenn irgendwo die Faust, das Messer oder sonst irgend etwas als politisches Argument genommen wird, dann bedauere ich das nicht nur, sondern dann verurteile ich das, weil wir so die Freiheit an sich zu Grabe tragen.
saß. Es wurden Ziegelsteine in den Saal geworfen, und alle solche Dinge. Ich habe damals mit Ihren Parteifreunden, die die Verantwortung in diesem Kreise tragen, darüber gesprochen und habe ihnen gesagt, sie möchten dafür sorgen, daß solche Dinge nicht wieder passieren; ich habe keinen großen Eklat daraus gemacht.Ich wollte damit eins beweisen: daß die politische Verirrung überall passieren kann. Aber nun wollen wir auch einmal konkret zu Dortmund Stellung nehmen. Herr Blank, in Dortmund war ich nicht dabei; aber ich war im vergangenen Jahr bei einer Kundgebung, die der Vorsitzende unserer Partei im Wahlkampf zur Bundestagswahl 1957 abhielt. Es war in Zierten. Herr Ollenhauer hatte seine Rede noch gar nicht richtig geschlossen, da kreuzten Lautsprecherwagen von Ihnen auf und brachten folgenden Slogan – ob er klug oder nicht klug ist, darüber kann man sich bei Wahlen immer streiten —: „Hier sprach heute Ollenhauer, Deutschland wählt aber Adenauer!" — Ich würde bei solchen Dingen jetzt nicht lachen, Herr Stoltenberg; es ist wirklich ernst. Ich wollte nämlich auf folgendes kommen: Wenn man provoziert, darf man sich nicht wundern, daß, wenn zehntausend Menschen zusammen sind, nicht alle zehntausend in Ruhe zusammengehalten werden können, — wenn Sie sehen, daß sogar bei uns in diesem Hause, die wir doch nach unserer Auswahl eine gewisse Repräsentanz, eine gewisse Auslese des deutschen Volkes darstellen sollen, die Erregung hochkommt, wenn so argumentiert wird, wie Sie es vorhin taten.Ich wollte also sagen: Wenn gegnerische Kundgebungen sind, dann sollte man den notwendigen Takt haben, nicht mit Lautsprecherwagen störend einzugreifen.
Die kausale Ursache ist es!
.
Aber wir haben ja über das Recht auf die Straße gesprochen.
— Nun warten Sie doch erst einmal ab! Ich wollte jetzt gerade Pastor Klinkhammer zitieren und Ihren Kollegen Gockeln, der hier im Hause sitzt. Es hat einmal in Deutschland eine Filmvorführung „Die Sünderin" gegeben; und als „Die Sünderin" aufgeführt wurde, ist — wie sagten Sie, Herr Blank: der Mob losgebrochen.
— Wenn ich von „Mob" spreche, ist es immer in Anführungsstrichen.
— Ich sehe den Unterschied: daß Sie auf die Straße gegangen sind, Stinkbomben geschmissen haben in Kinos, Bürger, die mit ihrer Freizeit machen können, was sie wollen, unter Druck genommen haben, und daß dann Herr Gockeln gesagt hat: „Hier ist eine Verfassungslücke; diese Verfassungslücke müssen wir auf der Straße ausfüllen."
Es ist wörtlich — —
— Es hat ein Anwalt gesagt, der den Angeklagten Klinkhammer verteidigte; Herr Gockeln hat es unterstrichen; das habe ich Ihnen gesagt. Das ist das Entscheidende.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958 2065
Heiland— Ich habe Ihnen gesagt: ich mache mir Ihren Ausdruck „Mob" auch nicht zu eigen.
- Dann müßten Sie sich tatsächlich die Ohren waschen. Ich habe gesagt: ich gebrauche den Ausdruck „Mob" in Anführungsstrichen.Aber, meine Damen und Herren: Sie haben seit langer Zeit eine Methode, die etwas mehr ist als nur Verdächtigung, nämlich der Versuch, die Sozialdemokratische Partei dadurch zu diffamieren, daß Sie sie dauernd in die Nähe der Kommunistischen Partei bringen.
- Herr Meyers, ich werde Ihnen jetzt gleich einiges sagen! Es ist ja gestern noch etwas anderes passiert. Anscheinend haben Sie noch nicht alle Nachrichten darüber auf dem Tisch, was Ihre Leute gestern getan haben; sonst würden Sie vielleicht einen kleinen Moment ruhiger sein; vielleicht haben Sie auch noch dieses Quentchen Scham in der Politik, das auch notwendig ist.
Gestern tagte der Landeswahlausschuß in Nordrhein-Westfalen. Es ist bekannt, daß etwa vierzig ehemalige Kommunisten als Unabhängige bei dieser Wahl in diesem Land zu kandidieren versuchten. Ich will nur einen herausgreifen, von dein Sie nicht den Mut haben werden zu sagen, er sei kein Kommunist: unseren ehemaligen sehr gewandten Redner, der häufig von der Seite aus das Haus beschäftigt hat, Heinz Renner. Sie haben gestern durch Ihre Partei im Landeswahlausschuß Nordrhein-Westfalen für die Kandidatur Renner gestimmt.
Und warum haben Sie es getan? Weil Renner in einem Wahlkreis — in Essen — kandidiert und Sie annehmen, er würde der SPD dadurch eventuell so viel Stimmen abziehen, daß Sie diesen Wahlkreis erobern können.
Sind Sie sich klar darüber, Herr Kollege Heiland, daß Sie damit jetzt gesagt haben, daß in Essen sämtliche Kommunisten die SPD wählen?
Ich weiß nicht, wie weit der logische Denkprozeß bei Ihnen ausgebildet ist.
Ich habe gesagt, was Sie unterstellen. Aber es lohnt
sich nicht, in dieser Form mit Ihnen zu diskutieren,
weil Sie gar nicht den Willen haben, eine echte
politische Diskussion in diesem Lande um die neue Grundlage zu führen.
Abschließend möchte ich noch einen Satz sagen. Finden Sie es sehr geschmackvoll,
daß, wenn eine Kundgebung wegen der Frage, ob Atomrüstung ja oder nein — —
— Herr Meyers, Sie haben vorhin gesagt, Sie seien gegen die Atomrüstung, und wer gegen die Atomrüstung sei, der stehe im Verdacht, Kommunist zu sein. Sie haben noch einige Formulierungen gebraucht. Sagen Sie, lesen Sie nicht die Plakate der Bundesregierung: Gegen den Atomtod in der ganzen Welt?
— Ich bekomme jetzt gerade aus Düsseldorf — wir können manchmal genauso schnell arbeiten wie Sie — vom Landeswahlausschuß des Innenministeriums folgende Nachricht auf den Tisch gelegt:
Die unabhängigen Kandidaten wurden einzeln überprüft und dabei ihr Wahlprogramm mit dem in den Monaten Februar und März 1958 aufgestellten Programm der illegalen KPD verglichen. Die Frage der Stellungnahme zur atomaren Aufrüstung ist wie auch andere Fragen Gegenstand der Prüfung des Programms der unabhängigen Kandidaten gewesen. Es gibt keine Feststellung, auch nicht ähnlicher Art, die da besagt: Sie sind gegen die atomare Aufrüstung
— oder eine ähnliche Formulierung —
und Kommunisten. Eine Wertung der Programmkommission in dieser Richtung kam in dieser Frage nicht in Betracht.
Herr Meyers! Das würde nine prompte Antwort
darauf sein, daß Ihre vorhin in dieser Frage vorgetragene Meinung nicht der Wahrheit entspricht.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Wessel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will zu den erregten Auseinandersetzungen hier nicht Stellung nehmen, sondern nur einiges klarlegen aus der gestrigen Kundgebung in Dortmund, wo ich ja gewesen bin. Ich muß schon dem Herrn Arbeitsminister, auch als Dortmunderin, sagen, daß gestern nicht der Mob und die Straße in dieser Kundgebung gewesen sind, sondern diese
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2066 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Frau WesselKundgebung ist in solcher Ruhe zu Ende geführt worden,
daß ich gefragt habe: was geht denn eigentlich hier vor?
Als nämlich der Versammlungsleiter — —
— Bitte, meine Herren Kollegen und Frau Kolleginnen, lassen Sie mich doch einmal aussprechen! Ich habe nämlich den Versammlungsleiter Smektala gefragt, als er seine Versammlung schloß: Was geht denn eigentlich vor? Er sagte: „Ich bitte, in aller Ruhe nach Hause zu gehen und sich nicht provozieren zu lassen; denn wir wissen genau, daß das vorgesehen ist."
Die Versammlung als solche — das muß ich noch einmal feststellen, denn ich nehme ja an, daß mit diesen Ausführungen des Herrn Kollegen Blank diese Frage nicht abgeschlossen ist — ist, wenn die Dinge sachlich dargelegt werden, aas werden Sie feststellen müssen, eine der ruhigsten Kundgebungen gewesen, die ich in dieser Frage mitgemacht habe.
Die Versammlung wurde ordnungsmäßig geschlossen. Die Redner, die ich gehört habe — ich kam nämlich später, weil ich vorher noch eine Versammlung wahrzunehmen hatte —, und zwar Herr von Knoeringen und auch Herr Oberkirchenrat Kloppenburg, bestätigten in ihren Ausführungen in keiner Weise, was hier von Herrn Blank gesagt worden ist.
Es ist noch zu sagen, daß während der Kundgebung dauernd ein Flugzeug kreiste mit einem Plakat, das aufforderte, CDU zu wählen.
Ob das besonders dazu beigetragen hat, hinterher die Provokationen auszulösen, ist mir nicht bekannt. Die Versammlung ist ruhig und sachlich verlaufen. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen stellten nach ihrem Äußeren keinen Mob der Straße dar. Ich könnte mir denken, daß diese Beleidigung Dortmunder Teilnehmer einem Dortmunder wie Herrn Blank nicht gut zu Gesichte steht.
Der Herr Abgeordnete Zoglmann hat das Wort.
— Dann hat der Herr Abgeordnete Unertl das Wort.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Beratung des Haushalts des Deutschen Bundestages ist für -alle in diesen
Hause Verantwortlichen, ob Regierungsparteien oder Opposition, eine ernste Angelegenheit.
Die Beratungen im Haushaltsausschuß, die der Plenarberatung vorangingen, haben diesen Ernst auch nach außen getragen.
Ich darf mir nun als aus Bayern kommend einen gutgemeinten Vorschlag erlauben. Ich empfehle, daß sich die Abgeordneten aus Nordrhein-Westfalen hier zunächst einmal nicht mehr zu Wort melden, damit die Beratungen weitergeführt werden können und wir zur Sache kommen und der Wahlkampf zu Hause ausgetragen wird.
Herr Kollege Eschmann, langsam kriegt der Präsident Unterstützung; das ist auch erfreulich.
Jetzt kommt erst der Kollege Behrendt von der SPD.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe vor, nur zu zwei Punkten der ungeheuerlichen provokatorischen Rede des Kollegen Blank etwas zu sagen.
— Na, lassen Sie mich ausreden, vielleicht sind Sie dann etwas ruhiger.Ich will nicht davon reden, was bereits meine Kollegin Wessel gesagt hat, ob es geschmackvoll ist, mit einem Flugzeug über eine andere Kundgebung zu fliegen, und ob es gut ist, mit zehn Propagandawagen aus Bonn zu kommen und provokatorische Reden während und nach der Kundgebung dort zu halten.
Als Teilnehmer dieser Kundgebung war ich entsetzt, heute morgen in den Zeitungen zu lesen, daß im Anschluß an die Kundgebung eine Messerstecherei stattgefunden haben soll. Ich habe mich vor 10 Minuten telephonisch an den Polizeipräsidenten der Stadt Dortmund gewandt und habe folgendes von ihm mitzuteilen. Erstens liegt bis zur Stunde— der Herr Innenminister Biernat und Kollege Blank haben bereits einen Bericht über die Vorgänge in Dortmund angefordert — keine Anzeige wegen Beschädigung eines Wagens vor. Zweitens liegt keine Anzeige wegen der Verletzung irgendeiner Person vor.
Bisher liegt vor eine Anzeige wegen zu hoher Geschwindigkeit und eine Anzeige wegen Zickzackfahrens eines PKW.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958 2067
BehrendtDie Polizei und der Vorsitzende des Ortsausschusses des DGB, der hier zitierte Herr Smektala, haben erklärt: Die Kundgebung in Dortmund wurde ordnungsgemäß abgewickelt; und die Polizei hat bis zur Stunde keine Vorfälle polizeilich aufgenommen und festgestellt.
Aber in den „Ruhr-Nachrichten", einem der CDU nahestehenden Blatt, ist ein Mann mit einer zerrissenen Hose fotografiert worden. Ob irgendwo etwas passiert ist, steht bis zur Stunde noch nicht fest. Auf das Ersuchen der Polizei an den Redakteur, den Namen dieser verletzten Person zu nennen, hat man sich geweigert, diesen Namen zu nennen.
— Dies sage ich als die Erklärung des Herrn Polizeipräsidenten von Dortmund, es ist also nicht meine Sache.
Aber, Herr Blank, lassen Sie mich eins sagen: Ich als Dortmunder schäme mich über Ihre Ausführungen, daß Sie aus dieser Stadt sind. Lassen Sie mich einmal etwas dazu sagen. Im Jahre 1956 kandidierte ich wieder zum Rat der Stadt Dortmund in meinem Vorort Dortmund-Derne. Wir hatten einige Wahltafeln aufgestellt; sie wurden zertreten, demoliert. Ein Wagen wurde festgestellt, polizeilich ermittelt. Und nun, Herr Blank, hören Sie zu, Sie kennen den Herrn, den ich nennen werde: Der Besitzer dieses Wagens ist der Kreisgeschäftsführer der CDU, Herr Niggemeier!
Das war Mob, Herr Blank! Das ist polizeilich ermittelt, Herr Blank. Ich sage das nicht daher.
Nun zu Ihrem Wort „Mob!", der zweite Punkt. Diese 20 000 oder mehr Menschen in Dortmund, die Arbeitnehmer aus den Dortmunder Zechen, aus den Hüttenwerken, aus den sonstigen Betrieben als Mob zu bezeichnen, weist die gesamte Dortmunder Arbeitnehmerschaft, die Arbeitnehmerschaft der gesamten Bundesrepublik schärfstens zurück!
Herr Blank, die deutsche Arbeitnehmerschaft weiß, wer im Kabinett Adenauer jetzt Minister für Arbeit und soziale Ordnung ist!
Das Wort hat der Herr Professor Schmid.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß gestehen, daß mich einiges, was heute in diesem Saal geschehen ist, tief beschämt. Nicht nur die Lautstärke, mit der operiert wurde, sondern z. B. auch, daß Sie, Herr Kollege Meyers, es über sich bringen konnten, falsch zu zitieren, obwohl Sie in der Lage gewesen wären,
sich, ehe Sie zitieren, den richtigen Text zu verschaffen. Wenn man einen Text benutzen und zitieren will, muß man sich den Originaltext verschaffen, ehe man zitiert; sonst sollte man ohne Zitate zu argumentieren versuchen.
Das ist bedauerlich, das tut mir leid: Sie sind vorher in Ihrer Rede so freundlich zu mir gewesen, daß ich zu Ihnen auch hätte freundlich sein mögen. Ich kann es aber so nicht sein.Im übrigen hat es mich als Mitglied des Hauses beschämt, hören und sehen zu müssen, wie man die Kollegin Wessel empfing, als sie zur Tribüne trat.
Das war nicht fein, das war nicht kollegial und das war nicht sehr human.
Wir sollten doch zumindest unter uns die Sitten und Gebräuche walten lassen, wie sie unter honorigen Leuten allgemein üblich sind.
Ich habe mich über den Kollegen Unertl gefreut. Er hat einige weise Worte gesprochen. Ich habe den Eindruck, daß man es wieder einmal merken konnte, daß offenbar in Bayern von der epikurischen Weisheit der Begleiter der römischen Legionäre etwas zurückgeblieben ist.
Wegen der Schlacht im Teutoburger Wald hat es ja leider nicht nach Westfalen dringen können.
Ich habe auch den Eindruck, daß seine Worte daran erinnern, daß die irischen Mönche in Bayern das Christentum einige Jahrhunderte vor den Missionaren des Heiligen Bonifatius in Westfalen gepredigt haben.
Es ist hier gesagt worden — das war der eigentliche Grund, weswegen ich mich zum Worte meldete —, ob wir denn nicht wüßten, daß gelegentlich Kommunisten sozialdemokratische Kandidaten wählten. Nun, ich freue mich über jede kommunistische Stimme, die für einen Sozialdemokraten abgegeben wird; denn damit kommt ein Demokrat ins Parlament. Aber ich finde es nicht schön, daß man Kommunisten die Gelegenheit gibt, in Parlamente gewählt zu werden. Diese Möglichkeit haben Sie durch die Anerkennung der sogenannten Unabhängigen geschaffen.
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2068 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Dr. Schmid
Und Herr Kollege Blank, Ihnen möchte ich den Rat geben, doch gelegentlich an das alte Sprichwort zu denken: Man spricht nicht vom Strick im Hause des Gehenkten!
Herr Abgeordneter Zoglmann hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur eine ganz kurze Bemerkung machen. Der von Herrn Kollegen Meyers zitierte Satz aus der Begründung der Ablehnung der unabhängigen Kandidaten durch den Landeswahlausschuß in Düsseldorf existiert nicht.
Ich habe soeben mit der Landeswahlleitung gesprochen und feststellen können, daß die Ablehnung der unabhängigen Kandidaten — die zum Teil mit den Stimmen der CDU auf der Kreisebene zugelassen wurden — deshalb erfolgt ist, weil in Berlin eine Konferenz unter Herrn Reimann stattgefunden hat, auf der das Wahlprogramm dieser unabhängigen Kandidaten festgelegt wurde. Das war die Veranlassung, und das ist die einzige Begründung.
Herr Abgeordneter Dr. Barzel!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Einen Augenblick, Herr Dr. Barzel! Ich höre wieder im Chor: „Lügner", „Lügner".
— Nein, nein; in der Aufregung sind die Herren weniger vorsichtig, dann schreien sie „Lügner!". Man kann sich irren, deswegen ist man noch kein Lügner. — Wenn ich einen einzelnen greife, kriegt er einen Ordnungsruf, und wenn er es dann wieder sagt, fliegt er aus der Sitzung heraus. Ich sage das zur Vorsicht vorher.
Nur zwei Erklärungen zu zwei Tatsachen, die hier vorgetragen worden sind. Zunächst: es ist hier von der Kandidatur des früheren Kommunisten Renner gesprochen worden. Dazu möchte ich folgendes erklären. Der Wahlausschuß der Stadt Essen, in dem die Sozialdemokraten die Mehrheit haben, hat sich einstimmig für die
Kandidatur Renners ausgesprochen, und zwar mit den Stimmen der SPD und der FDP.
Zweitens: es ist hier von einem Ihrer Redner vorgetragen worden, daß die Messerstechereien gar nicht stattgefunden hätten. Ich habe vor einer Viertelstunde mit der Kreisgeschäftsstelle der CDU in Wiedenbrück telefoniert. Dort war einer der Fahrer anwesend, der mit dem Messer bedroht und dem die Brille zerschlagen worden ist.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Blank.
Bleiben Sie, Mommer, hei der Aktion „Kampf dem Atomtod"!
Ich habe Ihnen noch folgendes zu erklären. Ich halte meine Bezeichnung aufrecht. Ich habe mich in meiner Rede ausdrücklich darauf beschränkt, zu erklären, ich halte diejenigen, die mit diesen Methoden, mit Stöcken, mit Steinen, mit Messern anderen politische Überzeugung beibringen wollen, für Mob. Dabei bleibe ich.
Herr Abgeordneter Lenze .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dort oben auf der Tribüne sitzen sehr viele lunge Leute, die vielleicht einmal in ihrem Leben hier erscheinen,
— entschuldigen Sie, hören Sie mich einmal zu Ende —, um hier das Funktionieren der parlamentarischen Demokratie kennenzulernen. Sicherlich werden diese jungen Leute am heutigen Tag sehr nachdenklich nach Hause gehen.
— Warten Sie doch ab, was ich Ihnen zu sagen habe! Ich darf Ihnen sagen: Die größte Erbitterung, die dieser Wahlkampf bei mir ausgelöst hat — ich glaube auch, daß dieses Faktum, das ich jetzt nenne, sehr stark die Heftigkeit des Wahlkampfes beeinflußt hat —, beruht auf etwas, was Sie verschuldet haben, woran Ihre Mehrheit in Düsseldorf die Schuld trägt. Sie wußten ganz genau, daß eine im Wahlgesetz vorgesehene Briefwahl für Sie wahrscheinlich nach den Ergebnissen der Bundestags-
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Lenze
wahl ungünstig auslaufen würde. Sie haben im Wahlgesetz die Briefwahl unmöglich gemacht.
Sie wissen ganz genau, daß es damit den alten und kranken Leuten erschwert wird, ihre Wahlpflicht zu erfüllen.
Wenn Sie den Anspruch darauf erheben, geradezu das Vorbild demokratischen Verhaltens für sich in Erbpacht zu haben, dann muß man von Ihnen verlangen, daß Sie allen Deutschen in gleicher Weise die Möglichkeit zur Wahl geben, gleichgültig, wie diese Menschen zu Ihnen oder zu uns stehen. Ich halte es für außerordentlich schlecht, daß dieses Verhalten in Nordrhein-Westfalen bei der Gestaltung des Wahlgesetzes gezeigt worden ist. Wir sollten uns nach meiner Meinung alle bemühen, in echter demokratischer Gesinnung dafür zu sorgen, daß der soziale demokratische Rechtsstaat nicht durch unser Verhalten gefährdet wird. Sie werden mir zugeben, daß ohne Zweifel Entwicklungen angelaufen sind, in denen Gefahren enthalten sind.
— Entschuldigen Sie, der gestrige Tag war ein erschütternder Tag.
Das, was heute geschieht, steht mit dem, was gestern geschah, in Zusammenhang. Herr Kollege Kühn hat gestern der Demokratie keinen Dienst erwiesen, und auch nicht Herr Kollege Arndt. Man hatte gestern das Gefühl
— hören Sie doch ruhig zu -, daß der Angriff auf den Bundeskanzler in diesem Augenblick in der massiven Form stundenlang konzentriert wurde, weil Sie das Gefühl haben, daß dieser Mann ein ungeheures Kapital für die CDU darstellt, auch bei dem Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen. Sie versuchen immer wieder, das Ansehen dieses Staatsmannes zu zerstören und das Vertrauen zu ihm in Deutschland zu untergraben, auszuhöhlen und zu vernichten.
Sie wissen aber zur gleichen Zeit, daß dieser Angriff auf den Bundeskanzler als den Regierungschef ein Angriff auf die Autorität des führenden demokratischen Staatsmannes ist.
Sie können den Angriff nicht in dieser Form vortragen,
ohne der Demokratie und dem demokratischen Rechtsstaat dadurch einen Schaden zuzufügen.
- Herr Kollege Lange, Sie sagen, das sei lächerlich.
Herr Kollege Lange, ich gehöre zu denjenigen, die daran interessiert sind, daß hier tatsächlich in letzter Wahrhaftigkeit und in letzter Sachlichkeit debattiert wird. Aber das Verhalten am gestrigen Tage war kein Beitrag dazu, eine Demokratie in Sachlichkeit und Wahrheit aufzubauen.
Glauben Sie nur ja, daß es genügend Menschen in unserer Fraktion gibt — die meisten in unserer Fraktion —, die daran interessiert sind, daß die Dinge, die hier zur Entscheidung stehen, in aller Sachlichkeit ausgetragen werden.
Ich gehöre zu denen und möchte - deswegen spreche ich hier — den Appell an alle richten, durch unser gesamtes Verhalten dazu beizutragen,
auch vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen, auch vor anderen Wahlen, daß dieser demokratische Rechtsstaat nicht noch einmal durch die Schuld der Demokraten verspielt wird.
Ich gebe das Wort dem Herrn Staatsminister Siemsen als Bundesratsmitglied.Siemsen, Minister für Bundesangelegenheiten des Landes Nordrhein-Westfalen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir ist mitgeteilt worden, daß aus Anlaß der Vorfälle in Dortmund hier im Hohen Hause Angriffe gegen meinen Kollegen Innenminister Biernath erhoben worden sind.
Herr Kollege Biernath, der benachrichtigt worden ist, hat mich ermächtigt, vor Ihnen die Erklärung abzugeben, daß er jede Gewaltanwendung in der politischen Auseinandersetzung mißbilligt. Gewalt widerspricht dem Bekenntnis jedes Sozialdemokraten zum Verfassungsstaat. Es ist klar, daß die Vorgänge in Dortmund, zu denen ich im einzelnen nicht Stellung nehmen kann, weil ich nicht orientiert bin, untersucht werden. Wenn wirklich strafbare Handlungen vorgekommen sind, werden die Täter zur Rechenschaft gezogen werden.Aber gestatten Sie mir dazu noch einige persönliche Bemerkungen. Wenn Sie, meine Herren von der CDU, dem Verlangen nach Volksbefragung stattgegeben hätten, dann wäre die Stimme des Volkes bei der Volksbefragung zum Ausdruck gekommen.
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2070 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Landesminister Siemsen— Ich rede über die Vorgänge in Dortmund, die ich mißbillige. Aber ich bitte doch, zu verstehen — —
Meine Damen und Herren, ich bitte, den Herrn Minister in Ruhe anzuhören.
Siemsen, Minister für Bundesangelegenheiten des Landes Nordrhein-Westfalen: Ich wiederhole die Erklärung: Wenn Ausschreitungen vorgekommen sind, so werden sie untersucht werden, und die Schuldigen werden zur Rechenschaft gezogen. Sie hätten aber dazu beitragen können, daß diese Ausschreitungen verhindert werden.
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Kalinke.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich hatte eigentlich die Absicht, mich zur Geschäftsordnung zu melden und zu fragen, ob denn das, was wir hier erleben, Inhalt der Aussprache über den Haushalt ist und ob wir diese Aussprache in dieser Form fortsetzen wollen. Die Gesundheit des parlamentarischen Lebens erfordert und gewährleistet eine Gleichberechtigung auch der gegensätzlichen politischen Standpunkte. Aber auch die Parteiengegensätze sollten nur in den Formen
ausgetragen werden, die uns davor bewahren, wieder das zu erleben, was wir alle einmal in der Vergangenheit erfahren haben und was zu dem Abscheu vor ,den politischen Parteien geführt hat.
Ich meine mit meinem Appell uns alle gemeinsam in diesem Hause. Wir sollten Schluß machen mit diesem grausamen Spiel, Wahlkämpfe in den Ländern in den Bundestag zu übertragen.
Ich wäre daher im Namen der Deutschen Partei, die nicht die Absicht hat, sich an dieser Auseinandersetzung zu beteiligen, dankbar, wenn wir diesen Streit jetzt aus der Diskussion um den Haushalt herauslassen könnten.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Heiland.
Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Genossen Lenz — —
— Lenze! Na, da habe ich einmal einen Namen falsch ausgesprochen, und Sie haben alle Ihre Freude.
Meine Damen und Herren, beruhigen Sie sich! Ich wollte trotzdem zu einer ernsten Sache etwas sagen. Sie sprachen davon, daß die Verhinderung der Briefwahl in Nordrhein-Westfalen eine undemokratische Handlung sei. Ich möchte mich jetzt mit Ihnen in zwei Sätzen über die Briefwahl im Konkreten und über Demokratie speziell unterhalten.Nirgendwo in der Demokratie ist vorgeschrieben, daß das Wahlgesetz eine ganz bestimmte Form haben muß, die der CDU zugute kommt;
es ist in der Demokratie auch nicht vorgeschrieben, daß man eine Briefwahl deshalb einführen muß, weil sich damit so gut Wahlschwindel betreiben läßt.
— Wir weisen Ihnen, wenn Sie wollen, an Hand konkreter Beispiele nach, daß das System der Briefwahl, das in England so mustergültig funktioniert, und zwar obwohl auf dem Wahlschein der Name steht und obwohl das Wahlgeheimnis gewahrt ist, in Deutschland bei der ersten Probe, bei der Bundestagswahl, von Ihrer Partei zu einem Wahlmißbrauch und einem Wahlschwindel benutzt worden ist, der einmalig in 'der Geschichte ist.
ansprechen — — !)Und wenn Sie jetzt davon ausgehen — nun, wir haben es sogar beantragt und haben nur nicht gewußt, daß Ihre Moral in dieser Frage so angeknackt war.
— In Hamburg ist überhaupt niemand eingesperrt worden. In Hamburg ist die Liste von einem Sozialdemokraten, nachdem die Wahl längst vorbei war, nachträglich veräußert worden, was absolut zu verwerfen ist. Der Mann ist deshalb auch aus seine Partei ausgeschlossen worden. Das ist ein Problem, das Sie nicht berühren sollten.In der Demokratie geht es um etwas ganz anderes, geht es darum, daß Sie endlich auch begreifen lernen, daß zur Demokratie — wie es im Grundgesetz steht — die Parteien notwendig sind und daß eine Partei allein nicht die Demokratie repräsentiert, sondern daß zur Demokratie mehrere Parteien notwendig sind; denn im Ein-Parteien-Staat gibt es keine Demokratie.Ich wollte Ihnen aber auch noch einen Satz betreffend die Wahrheitsliebe sagen. Die heutige Notiz kommt ja aus den „Ruhr-Nachrichten". Diese haben z. B. am 11. 3. 1950 eine Notiz gebracht, daß der Sozialdemokrat Heiland seine Strafe während der Nazizeit deshalb erhalten habe, weil er einen SA-Mann totgeschlagen habe. Ich habe postwendend dem Chefredakteur Dr. Nobel eine Berichtigung
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Heilandgeschickt. Diese Berichtigung ist nicht gebracht worden. Ich habe dann Herrn Nobel angezeigt, und die Generalstaatsanwaltschaft in Dortmund hat das Strafverfahren deswegen eingestellt, weil der Journalist, der die Nachricht nach Dortmund gegeben hatte, vertrauenswürdig sei und deshalb Herr Nobel in gutem Glauben gehandelt habe. Als dieser Journalist, der ein anständiger Mann ist, sich dann bemüht hat, in diese christliche Zeitung eine Berichtigung hineinzugeben, hat er sich über ein halbes Jahr mühen müssen, ehe man einen Mann von dem Vorwurf des Totschlags zu befreien bereit war. Das ist die Wahrheitsliebe Ihrer Dortmunder Zeitung, die Sie heute hier zum Teil als Unterlage anbieten.
Sie haben dann noch auf die gestrige Debatte abgehoben. Ich muß Ihnen sagen: Die Debatte von gestern wäre nicht gewesen, wenn der Bundeskanzler endlich einmal den Mut hätte,
den man eigentlich haben sollte, wenn man einer falschen Nachricht aufgesessen ist, den Mut nämlich, sich in aller Form zu entschuldigen.
— Das hat er nachher sehr lendenlahm vor dem Gericht getan, um dann hinterher dieselbe Methode von diesem Pult aus anzuwenden mit der Begründung, daß er sich darüber freue und daß er stolz darauf sei, daß ihm das einige Millionen Stimmen eingebracht habe. Er hat dann noch gesagt: Jetzt kennen Sie doch meine Methode; lernen Sie doch davon! — Sehen Sie, meine Damen und Herren: Ihr Bundeskanzler ist nicht bereit, die demokratischen Grundsätze zu respektieren. Das ist das, was die Demokratie gefährdet.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 100 Ziffer 2. Wer diesem Änderungsantrag zu Kap. 14 02 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enhaltungen? — Das letzte war die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Änderungsantrag Umdruck 122! — Wird zur Begründung das. Wort gewünscht? — Bitte sehr, Herr Abgeordneter Kreitmeyer!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte an den Anfang meiner Ausführungen die Bemerkung stellen, daß hier das Kuriosum vorliegt, daß sich eine Oppositionspartei um eine total zerstörte Regierungsvorlage bemüht und sich die andere Oppositionspartei der Stimme enhält. Im Namen meiner politischen Freunde möchte ich nun versuchen, Sie davon zu überzeugen, daß der im Haushaltsausschuß gefaßte Beschluß, der sicherlich aus Gründen der Gerechtigkeit auf ein gewisses Verständnis stoßen kann, nach Beurteilung der Sachlage doch noch einer Korrektur bedarf.lm Gegensatz zu allen anderen behandelten Ressorts haben in diesem Falle der zuständige Fachmann, d. h. der Generalinspekteur der Bundeswehr, und der verantwortliche politische Minister gegen die umfangreiche Streichung von Personalstellen für die Offiziere der Bundeswehr erhebliche Bedenken zum Ausdruck gebracht. Sie können das im Protokoll nachlesen. Beide haben mehr oder weniger deutlich gesagt, daß der weitere Aufbau der Bundeswehr bei Aufrechterhaltung dieser Streichungen mit dem 1. April 1959 in erhebliche Schwierigkeiten kommen wird.Sie wissen alle aus der Vergangenheit, daß wir bereits erhebliche Personen- und Sachschäden infolge mangelnder Stellenbesetzung zu verzeichnen haben. Deswegen ist doch wohl jetzt der Zeitpunkt gekommen, sich noch einmal über die Grundlagen der Streichung klar zu werden. Ich deutete bereits an, nach welchem Prinzip sie erfolgt ist. Wir haben einen Überrollungshaushalt, wir haben nicht genügend Zeit zur parlamentarischen Kontrolle. Vor allen Dingen wurde ein gewisses Dogma von der Relation des Zuwachses an Mannschaftsstellen zu den Offiziersstellen verfochten. Zu diesem Dogma möchte ich eine sehr harte Bemerkung machen. Wer dieses Dogma aufrechterhält, gleichzeitig aber den Aufbau der Bundeswehr in dieser reichlich merkwürdigen Art, nämlich von oben nach unten, zu verantworten hat ich will jetzt keine Diskussion mehr darüber entfachen, warum es so sein muß; es waren nur politische Gründe, die für diesen merkwürdigen Aufbau sprachen —, der darf sich jetzt nicht scheuen, die sich daraus ergebende Konsequenz der Erhöhung der Stellenzahl zu ziehen, wie sie uns jetzt vorgeschlagen worden ist. Ich spreche hier keineswegs im Interesse der möglichen Inhaber dieser zusätzlichen Stellen, sondern ich spreche in erster Linie zugunsten der Freiwilligen und Wehrpflichtigen, die später einmal den mehr oder weniger tüchtigen Führern für die Aufgaben zur Verfügung stehen müssen, die von ihnen verlangt werden.Sie übersehen ferner völlig, daß die Bundeswehr nach einer zehn- bis zwölfjährigen Pause in einem Tempo aufgestellt werden soll, das doppelt so schnell ist wie das Tempo, in dem in der Zeit von 1934 bis 1938 auf der Grundlage eines vorzüglich ausgebildeten Hunderttausendmannheeres die damalige Wehrmacht aufgebaut wurde. Sie haben also — und hier liegt doch die entscheidende Lückeweder vollausgebildete Unterführer, sprich Unteroffiziere, noch vollausgebildete Subalternoffiziere. Wenn Sie diese Lücke jetzt in einer möglichst kurzen Frist schließen wollen, kommt es darauf an, daß diejenigen Offiziere, die in erster Linie für diese Ausbildung ausersehen sind, nicht nur in einfacher, sondern besser in zweifacher, am allerbesten in dreifacher Besetzung zur Verfügung stehen, wenn überhaupt das von Ihnen, meine Damen und Herren der Regierungskoalition, gestellte Ziel einigermaßen und nicht auf Kosten der Untergebenen erreicht werden soll.In einem dieser Lücke entsprechenden Umfang haben wir auf der anderen Seite eine erhebliche Überalterung des bis jetzt vorhandenen Offiziers-
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Kreitmeyerkorps zu verzeichnen. Seien Sie davon überzeugt, daß Ausbilden wesentlich schwerer als Führen ist. Diejenigen Offiziere, die heute als Kompaniechef, Bataillonskommandeur und nach dem modernen Ausdruck als Kampfgruppenkommandeur eingesetzt werden sollen, sind selber einer friedensmäßigen Ausbildung nicht mehr teilhaftig geworden, die sie befähigte, als Ausbilder und Erzieher aufzutreten, es sei denn, es handelte sich um die wenigen Offiziere, die heute bereits 48 bis 50 Jahre alt sind.Darüber hinaus bedarf es eines weiteren Polsters an Personal- und Offiziersstellen, um die Weiterbildung der vorhandenen Kräfte sicherzustellen. Denn diese Weiterbildung wird ja im Zuge der rasanten technischen Entwicklung einer laufenden Ergänzung bedürfen. Außerdem stehen erhebliche zusätzliche Aufgaben bevor. Ich erinnere Sie als Beispiel nur an das Innere Gefüge der Bundeswehr, von dem Sie ja erwarten, daß es sich künftig auf einem ganz anderen Niveau als bisher bewegt. Diese zusätzlichen Aufgaben erfordern natürlich wiederum erhebliche Zeit und Arbeit.Ich streife jetzt nur noch stichwortartig die Frage der Neuaufstellung und der damit verbundenen Organisationsaufgaben. Ich erinnere Sie daran, daß im Zeitalter der Partnerschaft, wie sie von den Regierungsparteien geplant und gefordert wird, im Zeitalter der Integration, wie sie hier vorgesehen ist, wiederum eine doppelte Besetzung von Führungsstellen vorzusehen ist. Allein der Umstand, daß die NATO die Besetzung von 150 militärischen Ausschüssen verlangt, dürfte hinreichend beweisen, was hier erforderlich ist. Es geht außerdem darum, den deutschen Einfluß auf die Gesamtgestaltung und Gesamtkonzeption der NATO zu verstärken. Selbst wenn man davon ausgeht, daß der jetzt geplante Temporärrang, die vorübergehende Beförderung, eine gewisse Erleichterung bringt, kommt man doch nicht darum herum, bestimmte Stellen von vornherein planmäßig zu besetzen.Nun möchte ich Ihnen noch eine Zahl in das Gedächtnis zurückrufen, die der Herr Bundesverteidigungsminister dem Ausschuß mit besonderem Nachdruck zur Kenntnis gab. Wir werden in den nächsten drei Jahren 18 der jetzt vorhandenen führenden Offiziere, vom Generalinspekteur angefangen über die Inspekteure der Wehrmachtteile, die Kommandierenden Generale und !die Bereichskommandeure, verlieren. Es ist ein dringendes Gebot. bei dieser Vielzahl von Aufgaben den Nachwuchs so frühzeitig wie möglich in seine Aufgaben hineinzuführen.Ich möchte mir jede Bemerkung schenken über die Vernachlässigung der Landesverteidigung, der Territorialarmee, die sich zwangsläufig bei dieser Fülle der Aufgaben ergibt, die aber bei einem Grenzland, wie wir es sind, auch im Rahmen der NATO besondere Aufgaben zu leisten hat.Auf der anderen Seite möchte ich Ihnen noch etwas vor Augen führen. Wenn Sie alle die hier geschilderten Aufgaben als für den jetzigen Personalkörper tragbar ansehen und annehmen, daß sie für ihn trotz der bereits angespannten Lage durchführbar sind, möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, daß neben allen diesen Aufgaben noch eine Heeresreform durchzuführen ist. Sie sind vor wenigen Tagen darüber unterrichtet worden, daß erhebliche Umorganisationen stattfinden müssen. Das ist sehr leicht gesagt. In der Vorlage steht, daß theoretische und praktische Übungen erforderlich sind. Aber sie durchzuführen, zu erarbeiten, in Vorschriften umzusetzen und bis in die letzte Einheit der Truppe hineinzubringen, ist genauso eine Arbeitsaufgabe wie alles, was ich bisher hier schildern durfte.Zum Abschluß möchte ich noch mit einem bestimmten Slogan gewissermaßen abrechnen. — Verzeihen Sie, Herr Kollege Conring, ich habe mich bei meinem Einzelplan 36 so kurz gehalten, daß ich mir doch erlauben darf, einige Minuten mehr zu verwenden. Es ist der Slogan „Zwölf Admirale und ein Schiff". Es war sicherlich das erste größere, ja es war sogar das größte Schiff, das wir im Rahmen des uns Möglichen übernahmen. Aber es dürfte doch diesem Hohen Hause zum mindesten kein Geheimnis mehr sein, daß ,die Kampfkraft der Schiffe heute im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Größe steht, daß die großen seefahrenden Nationen sich im Gegenteil sehr bemühen, ihre großen Einheiten loszuwerden, und die kleinen bevorzugen. Wenn Sie schon auf Relationen aus der Vergangenheit eingehen wollen, dann lassen Sie sich sagen, daß die norwegische Marine, die mit sechs Admiralen auskommt, ganze 5000 Mann hat und daß die deutsche Marine der Bundeswehr zur Zeit 15 000 Mann und zwölf Admirale hat, von denen zwei zu Diensten außerhalb ihrer eigentlichen Waffe abkommandiert sind. Also hier kann kaum von einer Überbesetzung die Rede sein. Nachdem man den Haushalt der Bundeswehr im vorigen Jahr gerade in dieser Frage überrollt hat, ist es auch nicht zu verstehen, daß man ihn jetzt noch einmal überrollen will. Vielmehr sollte man hier der Elastizität und der Führungsmöglichkeit allen Raum geben. Täuschen Sie sich bitte nicht darüber, daß diese Kommandobehörden und Truppen — wie die Überschrift zu Tit. 102 lautet , nicht deshalb, weil sie in ein Ministerium eingebaut sind, nach den bürokratischen Grundsätzen der allgemeinen Ministerialbürokratie beurteilt werden dürfen. Es handelt sich hier um allerhöchste Führungsinstrumente dieser Aufbauzeit.Ich möchte deshalb im Namen meiner politischen Freunde bitten, im Interesse der gesamten Bundeswehr, nicht zuletzt auch der Wehrpflichtigen, die Regierungsvorlage in vollem Umfange wiederherzustellen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Stoltenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur kurz zu dem vorliegenden Antrag und zu den Argumenten
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958 2073
Dr. StoltenbergStellung nehmen, die wir hier von dem Kollegen Kreitmeyer gehört haben.Die Wiederherstellung der Regierungsvorlage im Kap. 03 Tit. 102 ist mit der Begründung beantragt worden, daß die Ausschußvoriage den Notwendigkeiten in diesem Haushaltsjahr nicht voll gerecht werde. Ich darf sagen, daß eine sehr große Mehrheit des Haushaltsausschusses quer durch alle Fraktionen nach einer sehr eingehenden Aussprache und auch sehr sorgfältigen Vorgesprächen die Vorlage erarbeitet hat, die Ihnen vorliegt. Die Abweichung von der Regierungsvorlage ist, glaube ich, nur von einer allgemeinen Betrachtung her zu erklären. Sie ist darin begründet, daß nach Ansicht der großen Mehrheit des Haushaltsausschusses die Eingruppierung der Führungsstellen in der Bundeswehr in einer gewissen Relation zum Gesamtaufbau der Bundeswehr erfolgen sollte. Das bedeutet nicht, daß wir die Argumente, die wir von Ihnen gehört haben, verkennen. Die Stichhaltigkeit bestimmter Argumente war uns von vornherein völlig deutlich. Wir sind uns darüber im klaren, daß die Stäbe vor den Truppen aufgebaut werden müssen. Aber wir glauben, daß ein Teil der Beförderungsstellen dann parallel zum Aufbau geschaffen werden kann.Ich glaube, Herr Kollege Kreitmeyer, die Zahlen, die wir Ihnen jetzt in der Vorlage zur Annahme empfehlen, zeigen deutlich, daß wir diesen Gesichtspunkten gerecht werden. Wir haben hier als Vorschlag vorgesehen die Zahl von 125 Generalstellen gegenüber bisher 99, von 630 Oberstenstellen gegenüber bisher 531 und von 2164 Oberstleutnantstellen gegenüber bisher 1620.Wenn wir davon ausgehen, daß wir hier den Haushalt für ein Jahr verabschieden und nicht den Anspruch erheben, in unseren Vorschlägen die Endplanung der Bundeswehr wiederzugeben, können wir sagen, daß wir mit diesen Mehrbeantragungen den Bundesverteidigungsminister in den Stand setzen, die in diesem Haushaltsjahr erforderlichen Maßnahmen durchzuführen.Das Motiv dafür, eine endgültige Meinungsbildung zu gewissen Fragen der Organisation zurückzustellen, lag für uns einmal in dem Zeitdruck, unter dem die Verhandlungen standen, lag zum anderen aber auch darin, daß wir gerade aus der jüngsten Pressekonferenz des Ministers, von der Sie sprachen, doch wieder sehr deutlich gesehen haben, wie sehr die Planungen im Ministerium selbst noch in einer 'ständigen Umdisposition begriffen sind, und zwar zwangsläufig durch die technische Entwicklung und die strategischen Überlegungen in der ganzen westlichen Welt.Wir glauben also, daß für den laufenden Haushalt unser Vorschlag den Notwendigkeiten der Bundeswehr gerecht wird. Wir haben die Hoffnung, daß wir auch zu diesen Punkten wie zu anderen Punkten in größerer Ruhe und rechtzeitiger, als es in diesem Jahr möglich war, beim Haushalt 1959 eine abschließende Meinung werden bilden können.
Wird zu dem. Änderungsantrag Umdruck 100 Ziffer 3 das Wort zur Begründung gewünscht? — Herr Abgeordneter Pöhler!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß ich mit der Begründung des SPD-Antrages auf Umdruck 100 Ziffer 3 ihre Zeit und Aufmerksamkeit nicht allzu lange in Anspruch nehmen muß.Nach diesem sozialdemokratischen Antrag soll bei Kap. 14 03 Tit. 102 unter der Besoldungsgruppe A 9 — Leutnante und Leutnante zur See — folgende Bemerkung eingefügt werden:Während einer Übergangszeit von zwei Jahren können diese Stellen auch .mit Stabsfeldwebeln, Stabsbootsmännern besetzt werden.Dieser Antrag, meine Damen und Herren, beinhaltet also keinerlei Erhöhungen auf der Ausgabenseite. Um so mehr ist zu hoffen, daß er die Zustimmung des Hohen Hauses finden wird. Ich möchte jedoch mit ein paar Worten auf den sehr ernsten personalpolitischen Hintergrund hinweisen. Es ist ja heute kein Geheimnis mehr, daß innerhalb des Unteroffizierskorps in der Bundeswehr begründete Sorgen bestehen und teilweise recht erbitterte Klagen lautgeworden sind. Sie beziehen sich vor allem auf die sehr geringen Aufstiegschancen innerhalb der Gruppe der Berufsunteroffiziere. Ich verzichte in diesem Zusammenhang darauf, Zahlen aus dem Stellenkegel zu nennen. Ich meine aber, der tiefere Grund dieser allgemeinen Unzufriedenheit liegt vor allem in einer erheblichen Diskrepanz zwischen den Versprechungen und den damit ausgelösten Hoffnungen bei der Werbung und der Einstellung einerseits und den tatsächlichen Möglichkeiten des gegenwärtigen Stellenplans andererseits; und ich denke, hierfür sollte man die Soldaten keinesfalls verantwortlich machen.Die bestehenden Besorgnisse sind durch den vorliegenden Haushaltsplan noch verstärkt worden. Im Kap. 14 03 Tit. 102 ist bei den Besoldungsgruppen A 10 und A 9 — Oberstabsfeldwebel und Stabsfeldwebel — vermerkt, daß diese Stellen während einer Übergangszeit von zwei Jahren auch mit Oberleutnanten und Leutnanten besetzt werden können. Dadurch ist bei den Berufsunteroffizieren tatsächlich der Eindruck erweckt worden, daß ihre ohnehin geringen Beförderungsmöglichkeiten nun auch noch durch Leutnante versperrt werden. Auf diesen Tatbestand hat auch der Bundeswehrverband vor kurzem auf seiner 2. Jahreshauptversammlung hingewiesen. In seiner Entschließung vom 11. Juni wird gesagt, daß der Aufstieg in die Besoldungsgruppen des gehobenen Dienstes dem echten Berufsunteroffizier ohnehin versperrt sei. Für den nach 12 Jahren aus der Bundeswehr ausscheidenden Unteroffizier auf Zeit bestehe durch den dienstzeitbegleitenden Unterricht die Möglichkeit, nach 12 Jahren in den zivilen gehobenen Dienst einzurücken. Es würde dann so sein, daß die weniger qualifizierten Unteroffiziere auf Lebenszeit in der Bundeswehr verblieben. Und im letzten Satz
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2074 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Pöhlersagt der Bundeswehrverband — mit freundlicher Genehmigung des Herrn Präsidenten darf ich zitieren —:Im Interesse der Hebung des Niveaus der Unteroffiziere wird gebeten, innerhalb der Besoldungsgruppe A 9 freie und lediglich vom Bedarf her bestimmte Austauschbarkeit zwischen Leutnant- und Stabsfeldwebelplanstellen zuzulassen.So weit diese Entschließung. Sie sehen, unser Antrag auf Umdruck 100 Ziffer 3 kommt diesem Wunsche entgegen. Wir wollen damit nicht nur die größere Elastizität in der Austauschbarkeit; es erscheint uns auch in der Sache sehr zweckmäßig — insbesondere bei der Ausbildung —, daß in dieser Übergangszeit mit so vielen Lehrgängen, Kommandos und Abstellungen, durch die die Truppe ohnehin eine große Fluktuation hat, vor allem die Zugführerstellen mit erfahrenen Stabs- und Oberstabsfeldwebeln besetzt werden.
Das ist besser — Herr Kollege, lassen Sie mich doch ausreden —, als Züge von jungen Stabsunteroffizieren führen zu lassen. Das gibt manchmal ganz bittere Dinge; ich denke nur an das Iller-Unglück.Schließlich möchte ich mir bei dieser Gelegenheit auch den Hinweis erlauben, daß sich die Kritik an der Personalpolitik des Verteidigungsministeriums nicht auf das Unteroffizierkorps beschränkt. Es ist in den Ausschußberatungen und auch hier schon auf die Kopflastigkeit des soldatischen Stellenkegels hingewiesen worden; ich erspare mir wiederum die Zahlen.' Angesichts dieser Tatsache und der sich daraus ergebenden Konsequenzen kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, Herr Minister, daß die personellen Fehlplanungen am Beginn der Aufstellung der Bundeswehr, die ja vor allem politische Aspekte hatten, heute von den Soldaten der verschiedensten Ränge mit abgeblockten Beförderungschancen bezahlt werden müssen. Das ist nicht gut und dürfte dem Betriebsklima in der Bundeswehr sicherlich nicht dienlich sein. Der Herr Verteidigungsminister hat sich ja während der Beratungen im Haushaltsausschuß mit sehr viel Nachdruck und einer, wir mir scheint, wenig angebrachten Theatralik für die höchste Rangklasse der Bundeswehr, für die Generale, eingesetzt. Ich will mir, Herr Minister, dazu jeden weiteren Kommentar ersparen. Ich möchte aber mit besonderem Nachdruck darauf verweisen, daß im Bundeswehrstellenplan auch bei den anderen Dienstgraden eine ganze Reihe wunder Punkte sind, die man gleichfalls Ihrer Aufmerksamkeit, Herr Minister, empfehlen muß. Es wird bei mancher Gelegenheit betont, daß der Berufssoldat in einem besonderen Treueverhältnis zum Staate steht. Dem muß aus der Natur des soldatischen Dienstes heraus zugestimmt wenden. Aber dieses Treueverhältnis muß zweiseitig sein und auf Gegenseitigkeit beruhen, wenn es tragfähig und von Dauer sein soll. Und das gilt eben, Herr Minister, nicht nur für die Rangklasse der Generale, sondern auch 'für alle anderen Dienstgrade der Bundeswehr. Nicht zuletzt aus diesen Erwägungen bedauern wir sehr, meine Herren Kollegen von der FDP, Ihrem Antrag auf Umdruck 122 die Zustimmung nicht geben zu können.
Zum Schluß, Herr Minister, noch ein Wort zu den Methoden, die das Verteidigungsministerium bei der Behandlung und Beantwortung von Klagen und Beschwerden aus der Truppe für richtig hält! Sie wissen, daß von Soldaten verschiedener Ränge sehr berechtigte Klagen über eine manchmal skandalöse besoldungstechnische Behandlung von Soldaten durch die Wehrbereichsgebührnisämter erhoben wurden und noch erhoben werden. Mir liegt das Schreiben vor, das der Herr Minister am 27. Mai an den Vorsitzenden des Bundeswehrverbandes zur Beantwortung dieser Fragen gerichtet hat. Ich verzichte darauf, auf Einzelheiten dieses ministeriellen Schreibens einzugehen. Es scheint mir an der Sache ein wenig vorbeizugehen. Ich möchte auch hier sagen, Herr Minister, ich fürchte, auch auf dem Gebiete des Gebührniswesens müssen die Soldaten die Zeche bezahlen, die sich aus einer ausgesprochenen Fehlkonstruktion ergibt. Ich brauche hier nur an das gut funktionierende Gebührniswesen der alten Wehrmacht zu denken. In jedem Fall möchte ich aber 'empfehlen, bei berechtigten Anliegen von Soldaten weniger mit fiskalischer und bürokratischer Kaltschnäuzigkeit zu reagieren, sondem mit etwas mehr Herz und etwas mehr V erständnis.Ich will es bei diesen wenigen allgemeinen Bemerkungen bewenden lassen. Ich meine aber, der Hoffnung Ausdruck geben zu sollen, daß dieses Hohe Haus in absehbarer Zeit doch einmal Gelegenheit bekommt, sich eingehend und ohne Zeitnot mit den Personalproblemen der Bundeswehr zu befassen. Heute möchte ich Sie nur darum bitten, unserem Antrag auf Umdruck 100 Ziffer 3 Ihre Zustimmung zu geben.
Meine Damen und Herren! Sie haben die Begründung gehört. Wird dazu noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich die Ziffern 4 a und b auf, die durch Herrn Abgeordneten Frenzel begründet werden sollen. Ich darf, da Sie gleichzeitig zur Begründung der Ziffer 5 und des Antrages Umdruck 113 vorgemerkt sind, annehmen, daß Sie diese Anträge zusammen begründen. Das Haus ist damit einverstanden. Ich darf Herrn Abgeordneten Frenzel das Wort erteilen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere von dieser Stelle aus ungemein, daß diesem wichtigen Haushalt nicht das Interesse entgegengebracht werden kann, das notwendig wäre. Aber wir alle haben ja jetzt eine Wahlversammlung hinter uns, und wir wissen, daß sich nun der größere Teil nach dem, was er in den letzten zwei Stunden hier miterleben mußte, stärken muß.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958 2075
FrenzelIch darf die Ziffer 4 a und b sowie Ziffer 5 des Antrags Umdruck 100 begründen. Ich möchte damit beginnen: Wie die Verpflegung, so die Bewegung. Das ist ein alter Satz, der in allen Armeen der Welt Geltung hat und von dem sich auch die Bundeswehr nicht ausschließen kann. Als vor Jahren die Bundeswehr aufgebaut wurde, wurde auch der Verpflegungssatz festgelegt. Er betrug pro Mann und Tag 2,50 DM. Ich glaube, Sie sind mit mir einer Meinung, daß sich seit diesen Jahren preispolitisch manches geändert hat, und ich glaube, Sie sind so wie ich auch der Meinung, daß man, wenn man solche preispolitischen Änderungen beobachtet, auch den Verpflegungssatz ändern muß.Wir hatten, als diese Frage im Verteidigungsausschuß zur Diskussion stand, einen Unterausschuß eingesetzt. Dieser sollte überprüfen, ob es angebracht ist, den Verpflegungssatz um 50 Pf pro Tag zu erhöhen. Es kam allerdings zu keiner Beschlußfassung, und zwar deswegen, weil in der Zwischenzeit der Haushaltsausschuß einen Beschluß gefaßt hatte und er nicht warten konnte oder wollte, bis die Beratungen im Verteidigungsausschuß durchgeführt worden wären.Man sollte sich aber ernstlich Gedanken darüber machen, ob es nicht doch möglich ist, diesen Verpflegungssatz zu erhöhen. Wir schlagen Ihnen mit Antrag Umdruck 100 Ziffer 4a vor, für Nr. 2 der dort genannten Erläuterungen folgende Formulierung vorzusehen:2. Verpflegungskosten für Wehrpflichtige, und zwar für 35 000 Soldaten an 365 Tagen zu 3 DM...Der Ansatz ist dann entsprechend zu berichtigen.Da wir wissen, daß der Haushalt des Bundesverteidigungsministeriums mit einer bestimmten Gesamtsumme abschließt, wollen wir gleichzeitig, wenn wir hier Mehrausgaben verlangen, auf der anderen Seite eine Deckung vorschlagen. Wir wollen uns überlegen: was kostet denn die ganze Sache? Bei 35 000 Soldaten ergibt der Mehrbetrag von 50 Pf in 365 Tagen eine Summe von 6 387 500 DM. Unter Buchstabe b fordern wir diesen Betrag auch für Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit. Dort ergibt bei 170 000 Soldaten an 365 Tagen der Mehrbetrag von je 50 Pf eine Summe von 31 025 000 DM. Die Gesamterhöhung der Verpflegungskosten für die ganze Bundeswehr würde nach diesem Haushaltsplan einen Mehrbetrag von 37 412 500 DM erfordern.Wir sind der Meinung, daß man den unter Buchstaben b genannten Soldaten einen entsprechenden Verpflegungszuschuß zubilligen muß, ohne daß die Preise, die von dieser Gruppe gezahlt werden, erhöht werden. Ich erinnere daran, daß es heute in den verschiedenen Bundesministerien, in den Länderministerien, aber auch in vielen privaten Betrieben einen Verpflegungskostenzuschuß für die dort Tätigen gibt. Wir sehen nicht ein, warum das, was für ein Ministerium oder für einen Betrieb gilt, nicht auch für die Gruppe der Berufssoldaten und der Soldaten auf Zeit gelten sollte.Nun wendet man oft ein, der Verpflegungskostenbeitrag von 2,50 DM genüge völlig; es gebe jakeine Beschwerden darüber. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich weiß nicht, ob Sie keine solche Beschwerden erhalten haben. Ich muß Ihnen jedenfalls mitteilen, daß ich regelmäßig derartige Beschwerden bekomme. Man sagt, in manchen Gebieten sei es mit der Verpflegung nicht so, wie es sein sollte, aber im allgemeinen müsse man sagen, daß man mit diesem Verpflegungskostenbeitrag auskomme.Man führt dann ein Beispiel an und sagt: In einer vier- oder sechsköpfigen Familie ist es dem Familienvater nicht möglich, pro Kopf 2,50 DM für Verpflegung auszugeben. Dieses Beispiel hinkt. Wir haben es hier mit jungen Soldaten zu tun, die viel draußen an der Luft sind, und nicht mit Kindern wie in einer Familie, wo man sich irgendwie aushelfen kann. In der Familie ist es immer anders; man kann hier manches tun, was bei der Massenverpflegung nicht möglich ist. Auf der andern Seite ist bei einer mehrköpfigen Familie auch anzunehmen, daß dort mehr Erwachsene sind, die schon verdienen, so daß der Betrag, der für die Verpflegung ausgegeben wird, größer ist. Ich glaube, daß wir, wenn wir die Dinge von dieser Seite aus betrachten, einen solchen Antrag nicht ohne weiteres ablehnen können. Wir sollten uns vielmehr überlegen, wie wir es am besten machen können.Abschließend möchte ich Ihnen noch sagen, aus welchen Titeln diese Beträge unserer Meinung nach genommen werden sollen. Unter Ziffer 5 des Umdruckes 100 haben wir zu Kap. 14 18, Indienst- und Instandhaltung von Schiffen, folgende Änderung beantragt:In Tit. 975 — Schiffsneubauten, 4. Teilbetrag des 1. Schiffbauplanes und 2. Teilbetrag des 2. Schiffbauplanes — ist der Ansatz von 410 000 000 DM um 37 712 500 DM auf 372 287 500 DM zu kürzen.Im Interesse einer zufriedenstellenden Verpflegung der Truppe bitte ich, diesen Antrag anzunehmen. Vielleicht habe ich mir diese Mühe vergeblich gemacht, weil Sie gleich auch diesen Antrag — wie alle anderen — ablehnen werden. Sie sollten sich diese Dinge aber doch einmal überlegen. Da es sich hier um Soldaten handelt und da Sie zufriedene Soldaten haben wollen, bitte ich Sie um Annahme dieses Antrags.
Meine Damen und Herren! Ich hatte vorhin vergessen, auch Ziffer 6 des Antrags Umdruck 100 aufzurufen. Darf ich Sie, Herr Kollege Frenzel, bitten, auch Ziffer 6 des Antrags Umdruck 100 und den Änderungsantrag Umdruck 113 zu begründen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begründe den Antrag Umdruck 113 und die dazugehörige Ziffer 6 des Antrags Umdruck 100.Es handelt sich um ein Kapitel, das schon oft Gegenstand von Ausführungen im Verteidigungsausschuß gewesen ist: die Beschaffung von Wohn-
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Frenzelraum für die nichtkasernierten Angehörigen der Bundeswehr und die Angehörigen der Bundeswehrverwaltung. Dieses Kapitel ist besonders wichtig, wenn man zufriedene Soldaten bekommen will. Gerade die Wohnraumbeschaffung muß vielleicht eines Tages Gegenstand von Erörterungen des Hohen Hauses sein. Von diesem Kapitel hängt es weitgehend ab, wie die Planung nicht nur der Kasernen, sondern auch der damit verbundenen Wohnungen durchgeführt wird.Wir wissen, daß der Wohnraumbedarf der Bundeswehr bei ungefähr 80 000 liegt und daß heute nur ungefähr 25 % der benötigten Wohnungen zur Verfügung stehen. Wenn wir auch berücksichtigen wollen, daß diese 80 000 Wohnungen nicht auf einmal benötigt werden, so ist es, glaube ich, doch höchste Zeit, daß wir bereits in diesem Haushalt größere Mittel für diesen Zweck einsetzen.Ich bin mit Herrn Bundesverteidigungsminister Strauß einer Meinung, ,der einmal im Verteidigungsausschuß erklärte, daß er sich angesichts der hohen Summe der Trennungsentschädigungen oft Gedanken darüber mache, daß für diesen Betrag Wohnungen erstellt werden könnten. Auch anläßlich der Versammlung des Bundeswehrverbandes hat er dies erklärt. Wir haben heute von meinem Kollegen Schäfer gehört, daß an Trennungsentschädigungen nicht weniger als 21 Millionen DM ausgeworfen werden. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, man muß sich doch überlegen, ob hier nicht etwas geschehen kann, damit nicht der Bund und der Steuerzahler diese Gelder unnötigerweise ausgeben müssen. Auf der anderen Seite würden dadurch nicht nur Geldmittel erspart, sondern es würde oftmals auch eine Befriedung der getrennt lebenden Familien herbeigeführt werden. Ich möchte darauf hinweisen, daß gerade dem Bundesverteidigungsministerium — aber auch uns allen — viel Sorge erspart bleiben würde, wenn wir mehr Wohnungen für die Bundeswehr zur Verfügung hätten. Dieser Arger und diese Sorgen sind mit darin begründet, daß es heute innerhalb der Bundesrepublik eine Unmenge von Ehen gibt, die nicht mehr intakt sind. Das alles müssen wir sehen. Deshalb muß es unser Bestreben sein und ist es unsere Aufgabe, hier zu helfen. In erster Linie gilt es, höhere Geldmittel einzusetzen.Natürlich kann man sagen, das könne man nicht gerade jetzt tun. Aber einmal muß doch der Anfang gemacht werden! Ich möchte Sie daran erinnern, wie den Soldaten zumute ist, deren Familien beispielsweise in Norddeutschland wohnen, während sie in Süddeutschland Dienst tun müssen. Wir alle wissen doch, daß es beim Militär nicht anders möglich ist, daß beim Militär des öfteren Versetzungen vorkommen. Aber sollten wir nicht versuchen, sie auf ein Mindestmaß zu beschränken? Dieses Mindestmaß kann jedoch nur erreicht werden, wenn es uns gelingt, die entsprechenden Wohnungen zu erstellen. Deswegen müssen wir dafür Sorge tragen, daß bei dem Bau militärischer Liegenschaften — ganz gleich, welcher Art sie sein mögen — gleichzeitig auch die entsprechenden Wohnungen erstellt werden. Hätten wir das bereits vor Jahren getan, als die Bundeswehr aufgebaut wurde, wären uns vieleSorgen erspart geblieben. Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen. Denn ich bin der Meinung, daß auch Sie, welcher Fraktion Sie auch immer angehören mögen, dasselbe Anliegen haben, das ich soeben vorgetragen habe.Wir schlagen Ihnen auf Umdruck 100, Ziffer 6, vor, daß die Deckung dieses erhöhten Betrages aus Kap. 14 19 — Indienst- und Instandhaltung von Flugzeugen — erfolgen soll. Unser Antrag lautet folgendermaßen:In Tit. 965 — Beschaffung von Flugzeugen und Flugkörpern, 4. Teilbetrag — ist der Ansatz von 938 730 000 DM um 85 680 000 DM auf 853 050 000 DM zu kürzen.Ich bitte Sie im Interesse einer Befriedung der nichtkasernierten Bundeswehrangehörigen und der Angestellten und Arbeiter der Bundeswehrverwaltung dringend, diesen Antrag anzunehmen.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung gehört.
Das Wort hat der Bundesminister für Verteidigung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht meine Absicht, zu allen hier angeschnittenen einzelnen Fragen Stellung zu nehmen, die Gründe für und wider die vorgeschlagenen Lösungen darzutun, weil das die Debatte außerordentlich hinausziehen würde. Ich möchte das wieder einsparen, was vorhin an Zeit verwendet worden ist.
Ich möchte mich deshalb auf zwei Punkte beschränken und zu den beiden Anträgen sprechen, die Kollege Frenzel begründet hat. Es handelt sich einmal um die Frage der Verpflegung, — eine sehr wesentliche Frage, im allgemeinen und für die Soldaten im besonderen. Der Verpflegungssatz beträgt 2,50 DM. Außerdem gibt es nach der bisherigen Regelung vom dritten Tage an für jeden Übungstag eine Zulage von 50 Pf. Der Verpflegungssatz für die Bundeswehr ist nicht von selbst entstanden, sondern er ist nach den Erfahrungen, die man beim Bundesgrenzschutz und bei der Bereitschaftspolizei der Länder gewonnen hat, seinerzeit in Verhandlungen mit dem Bundesrechnungshof, dem Finanzministerium und dem Haushaltsausschuß festgelegt worden. Erlauben Sie mir nur, meinem Erstaunen darüber Ausdruck zu geben, daß der Verpflegungssatz bei der Bereitschaftspolizei der Länder bisher nicht zu niedrig war, wenn ich das Wort eben richtig gehört habe, sondern daß er da durchaus ausreichend zu sein schien. Er scheint nur dort zu niedrig zu sein, wo man die Mittel für eine Erhöhung auf Kosten der Beschaffung von Waffen und Gerät aufbringen kann, also bei der Bundeswehr.Ich darf nur drei Vergleichsbeispiele nennen. Bayern hat einen Tagessatz von 2,60 DM, Rhein-
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958 2077
Bundesverteidigungsminister Straußland-Pfalz für die Bereitschaftspolizei einen Tagessatz von 2 DM — müssen also anders konstruiert sein und geringeren Appetit haben -
und der Bundesgrenzschutz einen Tagessatz von 2,50 DM.
Die Zahlen der übrigen Länder sind mir im einzelnen nicht bekannt. Mir ist aber eben aus dem Bundesinnenministerium versichert worden, daß sie alle etwa in der gleichen Höhe lägen.Was den Zuschuß von 50 Pf betrifft, so gibt es ihn selbstverständlich dort, wo auch ein Kantinenzuschuß gegeben wird. Aber der Zuschuß von 50 Pf, Herr Kollege Frenzel, wird bei Bundesdienststellen und anderen Dienststellen gezahlt, um ein Wirtshausessen zu verbilligen. Bei den Kosten für das Kantinenessen sind ja nicht nur die Kosten für die Lebensmittelbeschaffung zu sehen, sondern auch die Kosten für die Zubereitung einschließlich der menschlichen Dienstleistungen, das Küchenpersonal, das Reinemachen. In den 2,50 DM, die als Verpflegungssatz gewährt werden oder als Verpflegungssatz abgezogen werden, sind nur die Kosten für die Lebensmittelbeschaffung enthalten, sonst nichts. Keinerlei andere Kosten sind darin enthalten, selbstverständlich auch nicht die Kosten für Heizung, selbstverständlich auch nicht die für Personal, gleichgültig welcher Art. Aus diesem Grunde stimmt auch der von Ihnen gewählte Vergleich nicht. Wir haben aber jetzt eine Regelung gefunden, die wohl den zum Teil berechtigten Beschwerden Rechnung trägt, nämlich in der Weise, daß in Zukunft nicht vom dritten Übungstag an 50 Pf Zulage, sondern vom ersten Übungstag an 1 DM Zulage gegeben wird. Wenn das Hohe Haus dieser Regelung in der Haushaltsgestaltung zustimmt
— das weiß ich ja, er beruht auf einem gemeinsamen Gespräch; ich meine nicht das Ministerium —, dann ist den Erfordernissen Rechnung getragen. Ich weiß allerdings nicht, ob Sie, meine Herren von der Opposition, einen Weg finden, wenigstens diesen Betrag im Haushalt zu bewilligen, da Sie ihn sicher in der Gesamtheit ablehnen werden.
Ich darf zu einem zweiten Punkt Stellung nehmen. Da muß ich allerdings sagen, Herr Kollege Frenzel, hier haben Sie den Kern des Problems überhaupt nicht berührt. Für den Wohnungsbau der Bundeswehr ist es völlig unerheblich, ob Sie im Haushaltsjahr 1958 85 Millionen DM mehr bewilligen, — immer natürlich mit dem Hintergedanken, denselben Betrag der Beschaffung von Waffen und Gerät zu entziehen.
Es ist völlig gleichgültig, ob Sie 85 Millionen DMmehr bewilligen oder 200 oder 400 Millionen DM.Das ist im Rechnungsjahr 1958 absolut unerheblich.
— Ich sage Ihnen gleich, warum. In den Haushaltsansätzen haben wir vom Parlament bereits genehmigte Ausgabeberechtigungen in Höhe von 496,5 Millionen DM. Davon sind bisher 160 Millionen DM ausgegeben worden. Nicht ausgegeben worden sind 336 Millionen DM.
— Das liegt auch nicht an der Planung, sondern das liegt einmal an der komplizierten Verteilung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern. Das liegt aber auch daran, daß örtlich bei der Landbeschaffung, manchmal auch aus politischen Gründen, Widerstand gegen den Wohnungsbau für die Bundeswehr geleistet wird.
Sie würden dem Wohnungsbau der Bundeswehr einen viel größeren Dienst erweisen, wenn Sie als Abgeordnete örtlich durch Interventionen bei den Gemeinden, bei den Landkreisen, bei den Stadtkreisen — nicht nur bei Bundesdienststellen; — mit dafür sorgten, daß diese quälenden, schleppenden, sich über Jahre hinziehenden Verhandlungen um die Landbeschaffung endlich abgeschlossen werden können. Ich bin gerne bereit, hier einmal einen detaillierten Bericht zu geben, welche örtlichen Schwierigkeiten uns von Fall zu Fall von allen möglichen Seiten bereitet werden,
manchmal auch mit politischen Hintergründen.Ihr Antrag, Herr Kollege Frenzel, ist für den Wohnungsbau der Bundeswehr völlig wertlos. Wir werden uns nächstes Jahr beim Haushalt 1959 mit einer Erhöhung der Ansätze für den Wohnungsbau melden. Da mögen wir ,die Grenze erreicht haben. Nachdem wir bisher in sämtlichen Haushaltsjahren nicht mehr als 160 Millionen DM ausgeben konnten und noch Haushaltsreste von 336 Millionen DM haben, nützt uns die Erhöhung auf 450 Millionen DM in der Sache gar nichts. Die Widerstände überwinden, die sich dem Wohnungsbau auf der Landesebene in den Zuständigkeiten entgegenstellen, das hilft dem Wohnungsbau voran, nicht die Erhöhung der Haushaltsansätze.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wienand?
Bitte!
Herr Minister, glauben Sie nicht auch, daß gerade diese Schwierigkeiten auf der örtlichen Ebene im wesentlichen auf die kommunalen Nachfolgekosten zurückzuführen sind, weil auf diesem Gebiet keine Klarheit herrscht? Wenn Sie bereit wären, den Gemeinden im Hinblick auf diese
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WienandKosten etwas großzügiger entgegenzukommen, könnten, glaube ich, sehr viele Schwierigkeiten überwunden werden.
Es ist nicht meine Sache, in der Frage der Unterstützung der Gemeinden für Folgekosten großzügig oder nicht großzügig zu sein. Wenn die gesamten Haushaltsansätze für diese Zwecke in einem entsprechenden Ausmaß erhöht werden, ohne daß die anderen Belange der Bundeswehr darunter leiden, hat es weder mit meinem Geiz noch mit meiner Großzügigkeit zu tun, wie hier entschieden wird. Aber der Verteidigungshaushalt ist auch nicht eine allgemeine Unterstützungskasse. Die Menschen, die heute in der Bundeswehr Dienst tun, fallen nicht vom Himmel und kommen nicht aus dem Ausland. Sie waren vorher schon mit ihren Familien im Bundesgebiet. Nur verschieben sich die Menschen von Gemeinde zu Gemeinde. Es ist nicht in jedem Falle Sache des Verteidigungsministeriums, mit Sportplatz, Schwimmbad, Straßeninstandsetzung und Schulhausbau das zu tun, wozu die Gemeinden sonst mit ihren oft sehr hohen Investitionen nicht in der Lage sind.
Herr Minister, gestatten Sie dazu noch eine Zwischenfrage?
Herr Minister, Sie wissen doch, daß die Baulandbeschaffung für Siedlungsvorhaben schwierig ist. Glauben Sie nicht, daß eine Erleichterung eintreten würde, wenn Sie davon abgingen, geschlossene Siedlungen für Wehrmachtsangehörige zu errichten? Sie würden damit wahrscheinlich auch den Angehörigen Ihres Ressorts einen Gefallen tun.
Soweit es sich um Projekte im Zusammenhang mit der Errichtung neuer militärischer Anlagen handelt, Herr Kollege, ist es wesentlich einfacher und geht es wesentlich schneller voran, wenn man eine geschlossene Stellung errichtet. Ich bin kein Freund geschlossener Siedlungen, ich bin kein Anhänger von Soldatengettos oder ähnlichen Einrichtungen. Wenn man aber für eine Garnison von insgesamt 1000 Soldaten, sagen wir 100, 120 oder 150 Wohnungen braucht, würde es doch wesentlich schwieriger sein und wesentlich längere Verhandlungen erfordern, zehn Bauprojekte an verschiedenen Stellen zu verfolgen, als eine geschlossene Siedlung zu errichten. Sehen Sie sich die praktischen Fälle an!
- Es dauert wesentlich länger und ist wesentlich schwieriger.
Ich bitte, auch dafür zu sorgen, daß das Klima örtlich manchmal verbessert wird. Ich lese immer wieder - und gerade in bestimmten Zeitungen, die
Ihnen nahestehen —: Warum soll die Bundeswehr bevorzugt Wohnungen erhalten? Sind denn wir übrigen Staatsbürger gar nichts, sondern nur die Soldaten?
— Die örtlichen Widerstände haben verschiedene Gründe, materielle und politische Gründe.
— Ich sage ja: materielle und politische Gründe!
Ich möchte also bitten, daß diese beiden Anträge und die damit verbundenen Anträge, die Herr Kollege Frenzel gestellt hat, abgelehnt werden. Die Frage des Verpflegungssatzes wird durch die Erhöhung der Zuschläge bei Übungen vom ersten Tag an von 50 Pf auf 1 DM — statt bisher vom dritten Tag an 50 Pf — befriedigend geregelt. Wenn eine Erhöhung der Verpflegungssätze wegen eines Ansteigens der Preise notwendig wäre, müßte sie einheitlich wohl für den Bereich des Bundesgrenzschutzes, der Landesbereitschaftspolizeien und ähnlicher kasernierter Einrichtungen sowie der Bundeswehr erfolgen. Dann würde sicherlich auch der Bundesverteidigungsminister nicht dafür sprechen, daß die Bundeswehr bei 2,50 DM bliebe, während der Satz bei den übrigen erhöht würde.
In bezug auf den Wohnungsbau bitte ich nochmals — ich habe es, glaube ich, schon einmal von dieser Stelle aus vorgetragen —, die Projekte der Bundeswehr örtlich zu unterstützen. Ich bin gern bereit, nicht nur hier einen Bericht zu geben, sondern auch den örtlich zuständigen Bundestagsabgeordneten dort, wo es Schwierigkeiten gibt — sei es auf dem Behördenwege, sei es bei der Baulandbeschaffung —, davon Mitteilung zu machen und sie zu bitten, unsere Bemühungen zu unterstützen.
Das Wort zu diesen Anträgen hat jetzt Herr Abgeordneter Stoltenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen des Herrn Ministers kann ich mich, wie ich hoffe, kurz fassen. Ich darf mich auf die beiden hier besprochenen Anträge beziehen und sagen, daß wir ihnen leider nicht zustimmen können. Es ist nicht so, Herr Kollege Frenzel, daß wir sämtliche Anträge zum Einzelplan 14, die von Ihrer Seite gestellt werden, grundsätzlich ablehnen. Wir haben die Absicht, dem Antrag, den Herr Kollege Pöhler vorhin begründet hat, zuzustimmen. Die Gründe, die gegen die anderen Anträge sprechen, scheinen uns allerdings zwingend zu sein.Zu Ihrem Antrag bezüglich des Verpflegungsgeldes darf ich noch etwas hinzufügen. Nach § 23 des Bundesbesoldungsgesetzes muß die gewährte Verpflegung auf die Dienstbezüge angerechnet werden, und wenn die Argumente für eine Erhöhung — wie es auf Grund der Ausführungen des Herrn Ministers wohl deutlich geworden ist —nicht zwingend sind, wenn sich sogar Beträge für
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Dr. StoltenbergZeiträume bis zu 10 und 14 Tagen hei den Truppen ansammeln, werden wir wohl bei den betroffenen Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit Unzufriedenheit hervorrufen. Wenn wir diese Verpflegungsgelder, die ja gesetzlich zwingend auf die Bezüge angerechnet werden müssen, über das nötige Maß hinaus erhöhten, würden wir damit der Bundeswehr keinen guten Dienst erweisen.Ich darf abschließend auf den noch nicht diskutierten Antrag auf Verkürzung des Schiffbauprogramms eingehen. Ich glaube, alle Kollegen des Haushaltsausschusses werden dem zustimmen, daß wir — soweit das in der Kürze der Zeit überhaupt möglich war — in diesem Jahr das Marinebauprogramm einer besonders sorgfältigen Prüfung unterzogen haben. Wir haben, wie aus der vorliegenden Ausschußdrucksache hervorgeht, einige Veränderungen auch im Haushaltstext selber beschlossen und darüber hinaus eine Reihe von protokollarisch festliegenden Zusagen über die weiteren Verfahren von den Ministerien bekommen. Wir haben Sperrvermerke angebracht sowohl bei einigen Kriegsschiffen wie auch bei einem Teil der Versorgungsschiffe. Wir haben Sperrvermerke bei den Arsenalen gebracht, und wir haben eine Zusage erhalten, daß die Planung bezüglich der neuen Häfen zum Teil zurückgestellt, zum Teil überprüft wird. Diese Prüfung war so sorgfältig und jedenfalls für meine Freunde im Ergebnis so zufriedenstellend, daß wir keine Veranlassung haben, hier einem weitergehenden Streichungsantrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Frenzel.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur einige kurze Worte zu den Darlegungen des Herrn Ministers. Daß bei Übungen vom ersten Tage an der erhöhte Verpflegungssatz gegeben wird, ist natürlich kein Ersatz für das, was die sozialdemokratische Fraktion auf Grund der draußen bei der Truppe festgestellten Tatsachen verlangt. Ich bewundere aber die Scharfsinnigkeit unseres Herrn Ministers, der sofort herausgefunden hat, daß die für die zwei Anträge erforderlichen Beträge aus Idem Beschaffungsetat genommen werden sollten. Herr Minister, Sie kennen den Haushalt und die vielen in die Millionen und Milliarden gehenden Bindungsermächtigungen, die dort vorgesehen sind. Ich bin der Meinung, daß die Beträge, die festgelegt sind und verplant werden sollen, sei es beim Schiffsbau oder ,sei es im Rahmen des Luftwaffenprogramms, auch in diesem Jahr ohne weiteres für die Truppe hätten ausgebracht werden können. Aber die Mehrheit hat es in der Hand, den Antrag abzulehnen. Von seiten der Regierungspartei wurde das ja bereits angekündigt.
Nun hat der Herr Minister die einzelnen Abgeordneten aufgefordert, ihm die Schwierigkeiten in ihren Wahlkreisen mitzuteilen, und er hat dann an die Abgeordneten appelliert, ihm bei der Beseitigung dieser Schwierigkeiten zu helfen. Er hat gesagt, daß eine Erhöhung des Ansatzes für die nichtkasernierten Truppen gar nicht notwendig sei, sondern der volle Ansatz genüge. Ich darf darauf hinweisen, daß auf diesem Gebiet in den letzten Jahren sehr viel versäumt worden ist. Vieles hätte anders laufen können, wenn man besser geplant hätte.
Ich möchte Ihnen aber, Herr Minister, einen Vorschlag unterbreiten. Als Minister für Verteidigung gehören Sie ja dem Kabinett an. Wäre es nicht möglich, einmal mit Ihrem Kollegen vom Wohnungsbau in dieser Beziehung Rücksprache zu nehmen und zu prüfen, ob nicht die Vereinfachung bereits an der Spitze, beim Wohnungsbau, durchgeführt werden könnte? Wenn ich in den Sitzungen des Verteidigungsausschusses richtig informiert worden bin, muß ich sagen, daß hier die Dinge oftmals nicht so glatt gehen, wie sie eigentlich gehen sollten. Auf der höchsten Ebene könnte manches sehr leicht erledigt werden, wenn man sich mit den anderen Herrn Ministern zusammensetzt und prüft, welche dringenden Vorhaben vereinheitlicht werden können. Wenn das einmal auf der obersten Ebene geschieht, könnte man auch versuchen, den Schwierigkeiten auf der Landes- und der kommunalen Ebene Herr zu werden. Ich meine also, daß man erst einmal von oben sehen muß, wie die Dinge laufen, und daß man dann gemeinsam von oben nach unten oder von unten nach oben versuchen muß, die Widerstände zu beseitigen.
Das Landbeschaffungsgesetz bietet keine Möglichkeiten, einen Schritt weiterzukommen. Es gibt aber eine Reihe von Möglichkeiten — ich habe das bei meinen Besuchen in verschiedenen Ländern festgestellt —, die wir noch nicht restlos ausgeschöpft haben. Wir sollten einmal den Weg bei den Ministerien in Bonn und zum anderen den Weg zu den Wehrbereichsverwaltungen verkürzen. Wir sollten dieser Sache einmal auf den Grund gehen. Ich glaube, es ist der Wunsch aller Mitglieder des Verteidigungsausschusses, daß wir uns einmal im Herbst sehr ausführlich über das ganze Problem unterhalten, um herauszufinden, was nun praktisch getan werden kann, damit nicht die 91 Millionen DM Trennungsentschädigung im Jahr gegeben werden müssen, auf der anderen Seite aber auch die nichtkasernierten Truppenangehörigen und Verwaltungsangestellten befriedigt werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Schultz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf mich an den Herrn Bundesverteidigungsminister wenden. Ich glaube, der eigentliche Grund, warum der Ansatz nicht erhöht werden muß — ich bin auch der Meinung, daß er nicht erhöht werden muß —, liegt darin, daß der Aufbau der Bundeswehr eben sehr langsam vorangeht, und zwar gerade in bezug auf Wohnungsbau und Liegenschaften. Woran liegt denn das? Es liegt doch am Föderalismus, d. h. daran, daß die Länder jeweils noch einmal gefragt werden müssen. Zu einer schnelleren Erledigung kann man, glaube ich, nur kommen, wenn man sich das einmal klarmacht und im Rahmen der Bundeswehr den Föderalismus überwindet. Es kommt mir immer etwas komisch
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2080 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Schultzvor, daß man auf der einen Seite in den großen Debatten über Verteidigungsfragen sagt: Wir können uns in unserem eng begrenzten Rahmen nicht mehr national verteidigen, sondern müssen uns an die anderen anlehnen, daß man aber, wenn man ins eigene Land blickt, feststellen muß, daß wir hier sehr viele Nationalitäten haben, die etwas mitzusprechen haben. Einer der gewichtigsten Nationalitäten in unserer deutschen Bundesrepublik gehört ja der Herr Minister an.Herr Minister, Sie haben wieder einmal gemeint, die Landbeschaffung für die Wohnungen der Bundeswehr werde mit aus politischen Gründen sabotiert. Ich glaube, man sollte auch mit diesen Überlegungen etwas vorsichtiger sein. Ich darf Ihnen nur erzählen, daß ich die Ehre habe, über meine Frau mit dem Schwiegersohn einer Ihrer Kolleginnen in der CDU/CSU-Fraktion verwandt zu sein;
und der hat mir einmal, als die SPD in Bayern noch an der Regierung war, gesagt: Wenn die so weitermachen, dann merkt man überhaupt nicht, daß die CSU nicht mehr an der Regierung ist. Und damals begann gerade der Aufbau der Bundeswehr.
Das Wort hat der Herr Bundesverteidigungsminister. Ich hoffe, daß er sich inzwischen in diesen verwandtschaftlichen Beziehungen auskennt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich sehr kurz äußern; denn die Debatte hat ein beinahe idyllisches Niveau erreicht. Ich darf hier aber vielleicht einige Irrtümer richtigstellen. Ich habe nicht behauptet, daß der Wohnungsbau für die Bundeswehr schlechthin aus politischen Gründen erschwert wird. Aber ich habe aus gutem Grunde behauptet, was ich gesagt habe. Es wäre mancher froh, wenn ich die Gegenden nicht nennte
— auch in Ihrem Land —, wo Widerstand geleistet wird. Ich darf an das Problem Reutlingen oder Bayreuth oder an andere Dinge erinnern. Ich habe guten Grund, zu sagen, daß manche Wohnungsbauprojekte nicht vorangehen, weil sie aus materiellen oder politischen Gründen — das mögen kommunalpolitische, das mögen parteipolitische, das mögen andere politische Gründe sein — von örtlichen Instanzen erschwert werden.
— Ich habe einen guten Grund dazu, und ich kann das jederzeit beweisen.
Was nun meine Nationalität innerhalb des deutschen Volkes und die etwa daraus zu ziehenden Schlußfolgerungen — solche, die Sie gezogen haben, und solche, die Sie sich dabei gedacht haben
— betrifft, so muß ich allerdings Ihren staatsrechtlichen Kenntnissen und Ihrer staatsbürgerlichen
Bildung ein bißchen nachhelfen. Die Bundeswehr
ist unter das Grundgesetz gestellt. Es ist nicht möglich, innerhalb der Verwaltungsführung der Bundeswehr oder auch innerhalb der Gesamtorganisation der Bundeswehr das Grundgesetz aufzuheben. Ich glaube, daß der Verteidigungsminister auch vom Parlament den Auftrag hat, das Grundgesetz auszuführen.
— Ich möchte nicht wissen, was Sie und andere Kritiker sagen würden, wenn wir, ohne uns an die im Grundgesetz und in anderen Gesetzen niedergelegten Zuständigkeiten zu halten, wie sagt man so schön, frisch, fromm, fröhlich, frei daraufloswirtschafteten. Wir sind auch daran gebunden, daß sich beispielsweise die Zuständigkeit für die Bauverwaltung in den Händen der Länder befindet. Das ist weder mein guter noch mein schlechter Wille, weder mein gutes noch mein schlechtes Können; das ist einfach eine Tatsache.
Herr Minister Strauß, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schultz?
Bitte!
Herr Minister, bin ich falsch unterrichtet, wenn ich gehört habe, daß es schon einmal Grundgesetzänderungen gegeben hat?
Sie sind leider eine Periode zu spät in den Bundestag gekommen. Sonst wüßten Sie, aus welchem Anlaß Grundgesetzergänzungen erfolgt sind. Im übrigen gibt es — ich bin nicht Verfassungsrechtler —, wenn ich mich recht erinnere, eine Bestimmung im Grundgesetz, wonach die Gliederung des Bundes in Länder zu den nicht aufhebbaren, auch durch eine Verfassungsänderung nicht aufhebbaren Bestandteilen des Grundgesetzes gehört.
— Herr Kollege Becker, die Gliederung der Bundeswehr hat mit der Zuständigkeit in der Verwaltung gar nichts zu tun. Aber ich wäre sehr dankbar, wenn Sie der Bundeswehr eine eigene Bauverwaltung ermöglichten.
— Ich habe heute ein für mich interessantes Erlebnis: Es ist manchmal schwer, die Oppositionsparteien auseinanderzuhalten, aber heute ist es ganz klar. Hier Bundeswehrbauverwaltung — ja! Hier Bundeswehrbauverwaltung — nein! Das ist wesentlich für Sie, wenn Sie sagen: Hier unterscheiden wir uns sehr deutlich.
— Im Augenblick geht es für mich darum, die Trennungslinien aufzuzeigen.
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Nach dem lockeren Spiel, Bundeswehrbauverwaltung ja und nein, bleibt es in der Mitte doch nur so, daß man sagen kann: Man sah zur Rechten wie zur Linken einen halben Türken heruntersinken. Offenbar ist das in Ihrer eigenen Partei auch nicht ganz klar.
Ich habe hier nicht zu den Bemerkungen oder zu der Rede eines Angehörigen der Regierungskoalition gesprochen, sondern mich zu den Bemerkungen des Kollegen Schultz geäußert und mich darauf beschränkt. Ich habe noch eine bemerkenswerte Feststellung gemacht, Herr Kollege Erler, die Sie, glaube ich, etwas ad notam nehmen sollten. Auf ,der einen Seite wird gesagt: Der Aufbau der Bundeswehr geht sehr langsam, ich hätte beinahe gesagt, zu langsam voran. Nach der anderen Seite hin heißt es „überstürzt", „übereilt", „durchgepeitscht" usw.
Auch die Diskussion über die Frage, ob das Tempo des Aufbaus der Bundeswehr richtig oder falsch ist, offenbart also einen bemerkenswerten Unterschied mit positiven Ansatzpunkten für die Zukunft.
Zu Umdruck 100 Ziffern 4 bis 6 und Umdruck 113 liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.
Zur Begründung des Antrags Umdruck 127 hat Herr Abgeordneter Probst das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Voranschlag sieht in Tit. 965 als vierten Teilbetrag für Jagdflugzeuge 620 Millionen DM vor. Bei der Besprechung des Einzelplans faßte der Verteidigungsausschuß den Beschluß, von diesen 620 Millionen 400 Millionen DM zu sperren, 400 Millionen DM deshalb, weil durch die Bindungsermächtigungen der zurückliegenden Jahre bereits über 220 Millionen DM verfügt ist. Die Gründe, die den Verteidigungsausschuß dazu veranlaßt haben, sind darin zu sehen, daß diesem Betrag nicht nur wegen seiner Höhe, sondern vor allen Dingen auch wegen seiner Verwendung noch eine eminent politische Bedeutung zukommt. Mit diesem Betrag sollen Flugzeuge gekauft werden. Sie können in Amerika, in England, in Frankreich, in Italien oder zum Teil vielleicht sogar in .der Bundesrepublik selbst gekauft werden.
Angesichts des Umstandes, daß es ein Unterschied ist, ob wir in einem Lande kaufen, in dem wir Schulden oder in dem wir Guthaben haben, ob wir es im Währungsgebiet des Dollars oder im Währungsgebiet einer europäischen Währung kaufen, glaubte der Verteidigungsausschuß, vor der endgültigen Erteilung der Aufträge noch einmal dazu Stellung nehmen zu müssen. Der Beschluß des Verteidigungsausschusses wurde jedoch, vermutlich unter dem Zeitpunkt im Haushaltsausschuß, nicht
akzeptiert. Aus diesem Grunde ist die Vorlage zur zweiten Lesung nicht mit dem nun von mir beantragten Sperrvermerk versehen.
Eine Beschränkung der Mittel liegt ja in diesem Antrag nicht. Es soll, wie gesagt, damit lediglich erreicht werden, daß sowohl der Verteidigungsausschuß als auch der Haushaltsausschuß vor der Bewilligung noch einmal sorgfältig die politischen Argumente prüfen, die bei der Vergabe berücksichtigt werden müssen. Ich bitte Sie deshalb, meinem Antrag auf Umdruck 127 zuzustimmen.
Das Wort hierzu hat der Herr Bundesminister für Verteidigung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt muß ich bitten, den Antrag eines Abgeordneten der Regierungskoalition abzulehnen.
Ich darf bemerken, daß die Unterschrift des Herrn Dr. Vogel unter diesem Antrag, die durch einen Irrtum zustande gekommen ist, gestrichen worden ist. Herr Dr. Vogel hat angenommen, daß der Haushaltsausschuß diese Änderung beschlossen, aber versäumt habe, sie in den Ausschußbericht einzuarbeiten. Das war die Annahme, unter der Herr Kollege Dr. Vogel seine Unterschrift gegeben hat.Der Ansatz selbst, also die Summe für Flugzeugbeschaffung, ist notwendig. Wir gehen jetzt auf dem Gebiet der Flugzeugbeschaffung in die größeren Aufträge hinein. Diese Aufträge werden zum Teil, für eine bestimmte kleinere Serie, an das Ausland vergeben werden; sie werden wahrscheinlich zum größeren Teil an die deutsche Luftfahrtindustrie vergeben werden, um diese durch Krieg, Nachkriegszeit, Demontagen und Besatzungsverbote völlig zerstörte, aber für eine moderne Wirtschaft wesentliche und notwendige Industrie wiederaufbauen zu können.Wenn Mittel mit einem Sperrvermerk versehen werden, dann bedeutet der Sperrvermerk, daß es fraglich ist, ob diese Mittel benötigt werden, aber nicht, daß es fraglich ist, unter welchen politischen Gesichtspunkten sie ausgegeben werden. Die Gründe, die Kollege Probst angeführt hat, es müßten die politischen Gesichtspunkte geprüft werden, bevor ein Zuschlag erfolgen kann, stoßen auf drei große Bedenken. Erstens auf eine sehr gefährliche Verwechslung von Legislative und Exekutive.
Zweitens muß ich sehr nachdrücklich sagen: wir bestellen Flugzeuge nicht nach politischen Gesichtspunkten und nicht unter dem Gesichtspunkt: Sterling-Raum oder EZU-Raum oder Dollar-Raum, sondern ausschließlich unter dem Gesichtspunkt, unseren Soldaten angesichts der Bewaffnung eines möglichen Angreifers das vom militärisch-technischen Standpunkt aus beste Instrument in die Hand zu geben. Das ist nirgendwo so notwendig wie auf
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2082 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Bundesverteidigungsminister Straußdem Gebiet der Luftverteidigung, sei es der defensiven, sei es der offensiven Luftverteidigung.Ich darf ein drittes Bedenken sagen, und ich meine dieses Bedenken sehr ernst: es ist ausgeschlossen, daß eine Entscheidung, die in einem Ausschuß fällt, so geheimgehalten werden kann, daß nicht Interessenten davon erfahren. In dem Augenblick, wo eine solche Entscheidung gefallen ist, hat die durch die Entscheidung begünstigte Firma, sei es im Inland, sei es im Ausland, eine solche Verhandlungsposition, daß es sehr schwer ist, wenn sie preislich, vertragsrechtlich, lizenzrechtlich unerträgliche Bedingungen stellt, dann noch eine Konkurrenzfirma mit plausiblen Gründen überhaupt ins Spiel zu bringen.Ich habe mit der Praxis der Modellauswahl und der Bekanntgabe der Modellauswahl völlig gebrochen. Wir behalten es uns vor, gerade da, wo technisch gleichwertige oder beinahe gleichwertige Entwicklungen vorhanden sind, die wirtschaftlichen, die preisrechtlichen, die lizenzrechtlichen Verhandlungen mit mehreren Konkurrenten zu führen. Ich möchte aber auf der anderen Seite sagen — das wissen ja sämtliche Mitglieder des Haushalts- und des Verteidigungsausschusses —, daß wir mit jeder einzelnen Beschaffung, wenn die Sache vor der Unterschrift steht, vor die beiden zuständigen Ausschüsse gehen, obwohl kein rechtlicher Zwang dazu besteht, um die Gründe für die unmittelbar bevorstehende Entscheidung so, wie sie gefällt werden soll, wie die Unterschrift erfolgen soll, dem Ausschuß bekanntzugeben und, wenn gewichtige Gründe dagegen sprechen, selbstverständlich auch noch die Möglichkeit zu bieten, daß die Entscheidung geändert wird. Ich habe aber im Laufe der letzten Jahre auch erlebt, daß alle möglichen nichtmilitärischen und nichtpolitischen und nichttechnischen Gesichtspunkte bei solchen Entscheidungen eine Rolle gespielt haben. Ich habe erlebt, daß oft in sehr unsachlicher Weise gegen die eine oder die andere Entscheidung polemisiert worden ist, daß Panzertypen oder Flugzeugtypen empfohlen worden sind, so wie in Bonn von bestimmten Firmengruppen Pressekonferenzen oder interne Besprechungen abgehalten worden sind.Wir können für jede Entscheidung, die wir fällen, unsere Gründe mit gutem Gewissen angeben. Aber ich bitte, diesen Antrag aus den drei genannten Gründen abzulehnen.
Das Wort hat nochmals der Herr Abgeordnete Probst.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist, Herr Minister, von mir nicht beabsichtigt, die Auffassung zu vertreten, daß wir „politische Flugzeuge" kaufen sollten. Aber das Argument, daß durch die Information, die dem Verteidigungsausschuß gegeben werden soll, die Position des Verhandlungspartners besonders stark werde und deshalb das Ministerium in den Verhandlungen selbst benachteiligt werde, verstehe ich nicht ganz. Ich meine, es ist doch üblich — mindestens im privaten Bereich —, daß man die Angebote verschiedener Firmen einholt, wobei die sogenannten Liefer- und Zahlungsbedingungen bereits ein Teil eines solchen Angebots sind, und dann zwischen den Angeboten wählt. Für den endgültigen Abschluß des Geschäfts sind doch die vorher gemachten Angebote verbindlich. Wenn das Verteidigungsministerium ähnlich verführe, d. h. mit den Lieferanten, die die Angebote machen, verbindliche Abmachungen für den Fall der Lieferung träfe und dann die Entscheidung fällte — ob mit oder ohne Verteidigungsausschuß und Haushaltsausschuß, will ich jetzt dahingestellt sein lassen —, könnte doch nicht, etwa auf Grund irgendeiner Indiskretion, eine doch nun einmal auf ihr Angebot festgelegte Firma oder ein auf ein Angebot fixiertes Land hinterher noch einmal Sonderbedingungen stellen, sobald es zum Abschluß des eigentlichen Liefer- und Zahlungsvertrages kommen soll. Ich glaube, das Argument ist nicht ganz stichhaltig.
Auch die übrigen Bedenken — daß der Verteidigungsausschuß oder der Haushaltsausschuß beim Kauf allzu sehr auf politische Argumente eingehen könnte — teile ich ebenfalls nicht. Es ist zweifellos auch der Wille des Hauses, im Rahmen des Möglichen die beste Waffe zu beschaffen. Es muß aber doch auch für das Verteidigungsministerium ein gutes Gefühl sein, wenn seine Entscheidung in einem solchen Falle durch die Zustimmung des Hauses gewissermaßen rückversichert ist.
Das Wort hat nochmals Herr Bundesminister Strauß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe ja drei Gründe genannt, Herr Kollege Probst: erstens eine Vermischung von Legislative und Exekutive, zweitens die Erschwerung der Position des Ministeriums bei Verhandlungen und drittens die Auswahl nach technisch-militärischen und nicht nach politischen Gesichtspunkten, die Sie genannt haben. Denselben Grund, den Sie hier — ich möchte sagen, willkürlich — auf dem Gebiet der Flugzeugbeschaffung nennen, könnten Sie genauso gut auf dem Gebiet der Schiffsbeschaffung, auf dem Gebiet der Panzerbeschaffung und auf fast jedem anderen Gebiet ebenfalls anführen. Man müßte dann schon das System ändern, dahin, daß die Entscheidung selbst durch das Parlament erfolgt, statt durch die Regierung im Rahmen der vom Parlament bewilligten Mittel. Aber für eines von beiden müssen wir uns entscheiden.
Meine Damen und Herren! Damit sind alle Wortmeldungen zum Einzelplan 14 erschöpft; die Aussprache ist geschlossen.Wir kommen zur Abstimmung der vorliegenden Änderungsanträge, die zwar alle begründet sind, aber über die noch nicht abgestimmt worden ist. Daist zunächst auf Umdruck 122 der Antrag der Fraktion der FDP zu Kap. 14 03. Wer für die Annahme
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958 2083
Vizepräsident Dr. Preuskerdieses Antrages ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.Dann kommt Antrag Umdruck 100 Ziffer 3 ebenfalls zum Kap. 14 03, der vom Herrn Abgeordneten Köhler begründet worden ist und .der, soweit ich das vorhin aus den Erklärungen entnommen habe, wohl angenommen wird. Wer dafür ist, den bitte ich um Idas Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Einstimmig angenommen.Dann kommt Umdruck 100 Ziffer 4 zu Kap. 14 10. Wer ,dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit. Abgelehnt.Damit in Zusammenhang steht der Antrag auf Umdruck 100 Ziffer 5 zur Änderung des Kap. 14 18. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ebenfalls abgelehnt.Wir kommen zum Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 113 und 100 Ziffer 6, die beide in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Ich rufe beide zusammen auf. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; abgelehnt.Dann bleibt noch der Antrag der Fraktion der DP auf Umdruck 127. Die Unterschrift .des Abgeordneten Vogel war irrtümlich. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Abgelehnt.Wer nunmehr dem Einzelplan 14 in ,der vom Haushaltsausschuß vorgelegten Fassung mit der angenommenen Änderung des Umdrucks 100 Ziffer 3 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit Mehrheit angenommen.Ich rufe dann aufEinzelplan 24: Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftlichen Besitz des Bundes — .Der Schriftliche Bericht des Abgeordneten Hilbert liegt vor.
Der Herr Abgeordnete Hilbert verweist auf den Schriftlichen Bericht. Ich frage, ob dazu sonst das Wort gewünscht wird. Wer dem Einzelplan 24 in zweiter Beratung in der vom Ausschuß vorgelegten Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; in zweiter Beratung ist der Einzelplan 24 angenommen.Ich rufe nunmehr aufEinzelplan 29: Geschäftsbereich des Bundesministers für Familien- und Jugendfragen .Hierzu liegt der Schriftliche Bericht des Abgeordneten Dr. Stoltenberg vor. Wünscht der Berichterstatter noch das Wort?
Das ist nicht der Fall. Wird zur zweiten Beratung das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Lohmar!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf einige Bemerkungen machen zu dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD, und zwar zunächst zu Ziffer 1 unseres Änderungsantrages. Wir werden bei der dritten Lesung Gelegenheit nehmen, zu der Arbeit des Bundesministeriums für Familien- und Jugendfragen im ganzen Stellung zu nehmen. Ich darf hier nur einiges darüber sagen, warum wir aus demonstrativen Gründen — wie Sie leicht ersehen werden — den Antrag gestellt haben, die Amtsbezüge des Bundesfamilienministers zu streichen. Wir haben das nicht getan, um Ihnen Gelegenheit zu der witzigen Feststellung zu geben, die Sozialdemokraten seien offenbar der Meinung, ein Bundesminister könne ohne Gehalt arbeiten. Wir haben es auch nicht getan, weil wir etwa dem Bundesjugendminister Gelegenheit geben wollten, auf diese Weise ein Beispiel für einen idealistischen Geist einer Jugendbewegung zu geben, sondern deshalb, weil Herr Wuermeling als einer der Scharfmacher auf der Regierungsbank
unser politisches Vertrauen nicht genießt. Das einzige, was Herrn Wuermeling von seinen Kollegen der gleichen Geisteshaltung vielleicht unterscheidet, ist die Tatsache, daß er selber an das glaubt, was er sagt.
Aber dadurch wird die Sache nicht besser.Ich möchte nach diesen kurzen Bemerkungen einiges zu Ziffer 2 unseres Antrages sagen. Wir bitten darum, die Mittel für Studentenwohnheime auf 6 Millionen DM zu erhöhen. Zu Ihrer Orientierung möchte ich kurz erwähnen, daß im Wintersemester 1957/58 von insgesamt 169 000 Studierenden in Westdeutschland etwa 30 % den Wunsch geäußert haben, in einem Studentenwohnheim zu leben. Die heute verfügbaren Plätze in den vorhandenen Studentenwohnheimen reichen aus, die Wünsche von 8 % aller Studenten zu befriedigen.Die Gründe für diesen Engpaß sind unterschiedlicher Art. Einmal ist die Zahl der Studierenden in den letzten Jahren gestiegen, zum andern ist insbesondere die Zahl der ausländischen Studenten gewachsen, die schon aus sprachlichen Gründen ungern in private Haushaltungen und Wohnungen ausweichen, sondern die Gelegenheit suchen, in Studentenwohnheimen die deutsche Sprache schneller zu erlernen. Drittens beobachtet man ein Absinken des Zimmerangebotes in den meisten unserer Universitätsstädte.Diese Entwicklung hat dazu geführt, daß die Studierenden heute in vielen Universitätsstädten Zim-
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2084 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Lohmarmerpreise bezahlen müssen, die sie einfach nicht aufbringen können; außerdem wird durch diese Entwicklung die Studienförderung durch das Honnefer Modell zum Teil wiederaufgehoben. Aus diesen Erwägungen sollten wir uns dazu entschließen, den Betrag für Studentenwohnheime auf 6 Millionen DM zu erhöhen.Ich will aber noch einen anderen Grund anführen, der in Erwägung gezogen werden sollte. Vor kurzem hat hier in Bonn ein Prozeß zwischen der Deutschen Studentenzeitung, dem Organ des Verbandes Deutscher Studentenschaften, und dem sogenannten Verein für Studentenwohnheime stattgefunden. Bei diesem Verein für Studentenwohnheime handelt es sich um eine private Trägervereinigung, deren Ziel in der Förderung des Baues von Studentenwohnheimen besonderer Art liegt, — besonderer Art insofern, als es das Ziel dieses Vereins ist, Studentenwohnheime für Angehörige der Korporationen, insbesondere der schlagenden Verbindungen, zu bauen. Nach den Feststellungen, die im Verlauf dieses Prozesses getroffen worden sind, zeichnen sich diese Studentenwohnhäuser dadurch aus, daß in ihnen mehr Raum für Paukböden, Klubzimmer und Bierkeller vorhanden ist als für die Unterbringung von Studierenden.Wir meinen, daß für die Mehrheit der Studenten, die sich dieser besonderen Vorzüge der Förderung einer quasi-Altherrenvereinigung nicht erfreuen kann, vom Staat her einiges geschehen müßte, vor allem auch deshalb, weil die Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren gemeinsam bei den Studentenwohnheimen sammeln konnten, erkennen lassen, daß das Zusammenleben in diesen Studentenwohnheimen in vieler Hinsicht von Vorteil ist. Es ist von Vorteil für die Förderung des persönlichen oder wissenschaftlichen Gesprächs, es ist gut — bei der wachsenden Zahl von ausländischen Kommilitonen in Deutschland — wegen des dadurch möglichen engeren Kontaktes mit den Studierenden aus anderen Ländern, und schließlich ermöglicht das Zusammenleben in solchen Heimen auch ein Gespräch über politische, über staatsbürgerliche Fragen im weiteren Sinne. Dabei wäre, wie ich am Rande bemerken darf, zu wünschen, daß in anderen Städten das Beispiel der Stadt München nachgeahmt würde, wo man vor Jahren ein Wohnheim eingerichtet hat, in dem junge Arbeiter und Studenten zusammen leben. Die Erfahrungen, die dabei gesammelt wurden, darf man als ausgezeichnet bezeichnen. Es wäre schön, wenn das Bundesministerium für Familien- und Jugendfragen in Zusammenarbeit mit dem Herrn Bundesminister des Innern gerade solche Bestrebungen in den kommenden Jahren vordringlich fördern würde.Dies in Kürze zur Begründung der Ziffern 1 und 2 unseres Änderungsantrages. Ich würde mich freuen, wenn die Fraktionsbarriere Sie nicht daran hinderte, unserem Antrag zuzustimmen.
Sie haben die Begründung gehört. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hal Herr Abgeordneter Dr. Stoltenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lohmar hat uns angekündigt, daß seine kurzen Bemerkungen zu dem ersten Antrag nur ein Vorgeschmack dessen seien, was wir in der dritten Lesung zu erwarten hätten. Ich persönlich muß sagen und glaube auch für meine Freunde zu sprechen: uns hat dieser Vorgeschmack als ein Beispiel bedauerlicher Unsachlichkeit vollkommen genügt.Wir haben schon in der Stellungnahme des Oppositionsführers zur Regierungserklärung im vergangenen Herbst gehört, daß diese Umgruppierung im Rahmen der Bundesregierung den besonderen Unwillen der Opposition erregt hat. Wir haben eine Reihe von Verdächtigungen gegen den neuen Minister gehört, die, glaube ich, zumindest durch die bisherige Entwicklung widerlegt sind. Es ist dem Minister im Gegensatz zu Ihren Erwartungen und wahrscheinlich auch zu ihren Hoffnungen gelungen, sich im Bereich der Jugendverbände und Wohlfahrtsverbände Vertrauen und Achtung zu erwerben. Was wir dort im Hause an Vorarbeiten sehen, die Beratungen, die wir sachlich — sachlicher, als diese Ausführungen hier waren — in den zuständigen Ausschüssen geführt haben, zeigen, daß sich diese Umorganisation bisher jedenfalls zum Wohle der betroffenen Gruppen der Jugend ausgewirkt hat.Man kann in der Tat diesen Antrag nur als demonstrativen Akt — ich zitiere Herrn Kollegen Lohmar — bezeichnen; man kann aber auch etwas anderes sagen: der Antrag ist nicht ernst zu nehmen. Denn was bedeutet ein Antrag, das Ministergehalt zu streichen, das gesamte Ministerium aber von der Staatssekretärsstelle an stehen zu lassen? Das ist rein organisatorisch Unfug, um es einmal sehr deutlich zu sagen.Ich darf nun zum zweiten Antrag etwas sagen, der sachlich ernst zu nehmen ist. Aber Herr Kollege Lohmar, ich muß Ihre Kritik zurückgeben und Ihnen vorwerfen, daß Sie hier einen Antrag einbringen, ohne sich über den genauen Stand der Beratungen orientiert zu haben. Der Gesamtbetrag für die Studentenwohnheime ist nach den Vorberatungen im Aktionsausschuß und in den zuständigen Ausschüssen nicht 2,5 Millionen DM, sondern 3 Millionen DM. Ihr Ausgangspunkt ist also falsch, weil durch eine Zusage des Ministers aus dem im Bundesjugendplan verfügbaren Betrag eine halbe Million hinzugesetzt worden ist und damit bereits ein Betrag von 3 Millionen DM gesichert ist. Dies hätte in Ihrem Antrag, zumindest aber in der Begründung sichtbar werden müssen.Auf diesem sehr wichtigen und förderungswerten Sektor sind in den einzelnen Rechnungsjahren erfreuliche Fortschritte zu verzeichnen gewesen: im Bundeshaushalt 1955 standen 1,2 Millionen DM, im Haushalt 1956 1,6 Millionen DM, im Haushalt 1957 2,5 Millionen DM, und im Haushalt 1958 — so wie er jetzt vorliegt — werden 3 Millionen DM vom Bund für Studentenwohnheime gegeben.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958 2085
Dr. StoltenbergIch stimme Ihrer Beurteilung völlig zu, daß die Erfahrungen, die mit den Studentenwohnheimen gemacht sind, sowohl im Hinblick auf eine gute soziale Unterbringung der Studenten wie im Hinblick auf die Auswirkung für das Gemeinschaftsleben an den Universitäten und Hochschulen außerordentlich positiv sind. Für mich ist dies eine der erfreulichsten Erfahrungen des studentischen Gemeinschaftslebens der Nachkriegszeit überhaupt.Ich bin auch — das darf ich gleichzeitig für meine Freunde sagen — durchaus bereit, zu prüfen, ob wir im Rahmen des Volumens des Bundesjugendplans im neuen Haushaltsjahr diesen Ansatz nicht noch weiter vergrößern können. Auch möchte ich die Anregung an den Herrn Minister richten, ob nicht aus gewissen Resten des Bundesjugendplans bei dem intern möglichen Ausgleich noch eine Verstärkung möglich ist. Aber, Herr Kollege Lohmar, Sie wissen genau wie ich, daß im vergangenen Jahr der Bundesjugendplan von etwa 35 Millionen auf einen Betrag von über 50 Millionen DM erhöht worden ist.Ich glaube, wir können zu einem Zeitpunkt, nachdem im vergangenen Jahr die Verwendung dieser Mittel überhaupt noch nicht voll möglich war, zu einem Zeitpunkt, wo im Bundesjugendplan noch Reste vorhanden sind, hier nicht einen Antrag einbringen, in diesem Jahr bereits wieder eine Steigerung vorzunehmen. Die auf Grund der Erhöhung im letzten Jahr angelaufenen Maßnahmen sind noch keineswegs voll zur Auswirkung gekommen. Wir leisten der Sache, um die es uns hier geht, ) keinen guten Dienst, wenn wir ständig zu einem Zeitpunkt, wo die Erhöhung des letzten Jahres noch nicht einmal voll wirksam werden konnte, das Gesamtvolumen des Bundesjugendplans ausweiten wollen. Ich möchte deshalb die Anregung an das Ministerium geben, gemeinsam mit dem Aktionsausschuß zu prüfen, ob nicht im Rahmen eventueller Reste und nicht ausgewerteter Einzelbeträge für die Studentenwohnheime zusätzlich Mittel verwandt werden können. Aber wir sind nicht in der Lage in diesem Jahre einer Erhöhung der Mittel des Bundesjugendplans zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Spitzmüller.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin sehr erfreut, daß sich an diesem Punkt die Erregbarkeit des Hauses nicht neu entzündet hat. Ich muß sagen, ich habe die Unterlagen der letzten Haushaltsberatungen zu Rate gezogen und habe festgestellt, daß sich in den vergangenen Jahren immer ein Antrag auf Streichung des gesamten Titels wiederholt hat. Ein solcher Antrag ist unterblieben. Es ist lediglich noch der Antrag der SPD auf Umdruck 103 eingebracht worden.
Ich darf zu dem ersten Punkt dieses Antrags der SPD kurz bemerken, daß wir Freien Demokraten bei der Betrachtung dieses Antrags daran erinnert werden, daß der Herr Minister Wuermeling selber gern mit einer gewissen Betonung und mit einem leichten Schmunzeln feststellt, die Jugend habe nun ja ein halbes Ministerium. Wir Freien Demokraten beobachten sehr aufmerksam die Arbeit gerade dieser Hälfte des Ministeriums, und wir sind zu der Überzeugung gekommen, daß es sich zweifellos um die bessere Hälfte handelt. Sie werden verstehen können, meine Damen und Herren, daß sich die Mehrheit unserer Fraktion aus diesem Grunde nicht imstande sieht, dem Antrag der SPD auf Streichung des Amtsgehalts des Herrn Bundesministers zuzustimmen.
Sie wird sich vielmehr im Hinblick auf die zuvor herausgestellte bessere Hälfte
der Stimme enthalten, insbesondere auch im Hinblick darauf, daß ja dem Herrn Minister neue Aufgaben zugeteilt worden sind
und wir abwarten müssen, wie der Herr Minister diese neuen Aufgaben nicht nur anpackt, sondern auch meistert. Denn, Herr Minister, Sie werden das verstehen, uns interessieren nicht nur Ihre Reden, sondern auch Ihre Taten. Sie können dessen gewiß sein, daß wir in Zukunft Ihre Arbeit immer einer objektiven Kritik unterziehen werden.
Zu Ziffer 2 des SPD-Antrags darf ich bemerken, daß wir es begrüßen, daß dieser Antrag eingebracht worden ist. Aber wir haben Bedenken, ob es überhaupt möglich ist, nachdem der Haushalt so spät zur Verabschiedung kommt, diese Mittel noch zu verbauen. Deshalb sollte dieser Antrag, wenn el in der dritten Lesung wieder eingebracht wird, mit einem Übertragbarkeitsvermerk versehen werden. Um diese Möglichkeit zu sichern, werden wir dem Antrag in der zweiten Lesung zustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen jetzt nicht mehr vor.Ich darf wohl im Einvernehmen mit den Antragstellern davon ausgehen, daß in Umdruck 103 der Betrag von 2,5 Millionen DM in 3 Millionen DM geändert werden soll. Wer also dem Antrag Umdruck 103 Ziffer 1 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei Enthaltungen und gegen zahlreiche Stimmen abgelehnt.Dann rufe ich den Antrag Umdruck 103 Ziffer 2 auf. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; auch dieser Antrag ist abgelehnt.Dann rufe ich auf die Drucksache zu Drucksache 403, die unveränderte Fassung des Haushaltsausschusses. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen, — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen und zahlreichen Gegenstimmen ist der Einzelplan 29 in zweiter Lesung angenommen.
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2086 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Vizepräsident Dr. Preusker Wir kommen zumEinzelplan 35: Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte .Der Schriftliche Bericht des Abgeordneten Windelen liegt vor.Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Vogel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Kollege Windelen hat mich gebeten, eine Berichtigung zu dem Bericht hier vorzutragen. Ich möchte sie Ihnen vorlesen.
Zum Einzelplan 35, der die Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte enthält, habe ich einen Schriftlichen Bericht abgegeben, der Ihnen vorliegt. Ich habe lediglich auf eine Ergänzung dieses Berichts hinzuweisen. Im zweiten Satz meines Berichts heißt es, daß neue Titel im Einzelplan 35 nicht ausgebracht worden seien. Inzwischen muß ich berichtigen, daß im Kap. 35 11 A der Tit. 326 neu ausgebracht wurde. Der neue Titel deckt die Verwendung von Einnahmen gemäß Artikel 5 und 6 des Finanzvertrages, die nach Art. 11 Abs. 2 des Finanzvertrages den amerikanischen Streitkräften zufließen. Er hat eine Höhe von 1 107 000 DM. Der Titel 950 des gleichen Kapitels wurde in entsprechender Höhe gekürzt, so daß sich eine Veränderung des Gesamtvolumens des Einzelplans 35 nicht ergibt. Im übrigen darf ich namens des Haushaltsausschusses Zustimmung zum Einzelplan 35 empfehlen.
— Ich bin nicht Berichterstatter, Herr Kollege Gülich, sondern ich trage nur eine Berichtigung vor.
Darf ich um die Berichtigung bitten? — Danke sehr. Sie haben die Berichtigung gehört. In Kap. 11 A des Einzelplans 35 wird ein neuer Titel mit 1 107 000 DM ausgebracht. Der Tit. 950 wird entsprechend gekürzt. Wird das Wort sonst zu diesem Einzelplan gewünscht? — Herr Abgeordneter Dr. Gülich!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist wie in jedem Jahre zu beklagen, daß wir den Einzelplan 35 verabschieden, ohne die Summen, die durch internationale Abmachungen bereits festgelegt und bekannt sind, in dem Einzelplan aufzuführen. Dafür haben wir bisher in jedem Jahr nach dem Schluß des Haushaltsjahres einen Nachtragshaushalt machen müssen. Das ist doch kein gutes Verfahren, und man sollte es endlich ändern.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich darf also diejenigen Damen und Herren, die mit der soeben nachgetragenen Berichtigung zur Drucksache 365 dem Einzelplan 35 in der zweiten Lesung zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen bitten. — Ich darf um die Gegenprobe bitten. - Enthaltungen? —
Bei zahlreichen Gegenstimmen und Enthaltungen ist der Einzelplan 35 in zweiter Lesung angenommen.
Ich rufe auf
Einzelplan 40: Soziale Kriegsfolgeleistungen .
Der Schriftliche Bericht des Herrn Abgeordneten Gewandt liegt Ihnen in der Drucksache zu 404 vor. Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich diejenigen Damen und Herren, die in der Fassung des Haushaltsausschusses dem Einzelplan 40 in zweiter Lesung zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen. — Ich danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf
Einzelplan 60: Allgemeine Finanzverwaltung .
Dazu liegen Änderungsanträge vor. Ein Schriftlicher Bericht liegt nicht vor. Ich frage die Berichterstatter, ob sie noch einen mündlichen Bericht erstatten wollen? Es sind Herr Dr. Aigner und Frau Krappe. — Bitte, Herr Abgeordneter Aigner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, angesichts der vorgeschrittenen Zeit werden Sie sicher keine Bedenken dagegen erheben, wenn ich den Schriftlichen Bericht, den ich auf Grund der zeitlichen Bedrängnis, in der die Beratungen standen — der Einzelplan mußte notgedrungen am Abschluß der Beratungen stehen —, nicht mehr rechtzeitig zum Druck geben konnte, zu Protokoll gebe. Wir können uns heute auf den Mündlichen Bericht mit den Beschlüssen des Haushaltsausschusses, der bereits vorliegt, beschränken.
Dann rufe ich die einzelnen Anträge auf, zunächst den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 119 Ziffer 1 zu Kap. 60 01. Wer wünscht dazu das Wort? — Herr Abgeordneter Ritzel bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag Umdruck 119 hat nur dann einen Sinn, wenn auch dem Änderungsantrag Umdruck 106 zum Haushaltsgesetz zugestimmt wird. Beide Anträge bilden ein unlösbares Ganzes.Mit Umdruck 106 wird eine Änderung des Gesetzes über Bergmannsprämien beantragt. Danach soll der Bund die Bergmannsprämie gemäß dem dort vorgeschlagenen § 6 a tragen.
— Ganz recht, eine späte Erkenntnis gegenüber Ihrem Vormarsch. Sie sehen also, Herr Kollege Conring, wir sind belehrbar.
— Wir machen es gründlicher, wie alles.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958 2087
RitzelIn dem Antrag Umdruck 106 steckt eine weitere Sache, die sich erst in dem Antrag Umdruck 119 finanzpolitisch auswirkt, nämlich die Änderung der Aufbringung der Entschädigungslasten im Lande Berlin. Da wird vorgeschlagen, daß der Bund künftig 90 v. H. tragen soll und 10 v. H. das Land Berlin wie bisher. Die Länder sind an den Belastungen aus der Wiedergutmachung im Lande Berlin gesetzlich mit 30 % beteiligt.Das würde folgende Auswirkungen haben — und damit komme ich zu dem Antrag Umdruck 119 —: Wenn nach der Ziffer 2 ein neuer Tit. 300 — Aufwendungen auf Grund des Bergarbeiterprämiengesetzes — mit einem Ansatz von 200 Millionen DM geschaffen würde, dann würden dem Bund daraus 70 Millionen DM Einnahmen aus Kap. 60 01, Steuern und Abgaben, Tit. St 9 zuwachsen. Es bliebe ihm aber eine Mehrbelastung von 130 Millionen DM. Bei dem nächsten Titel — unter Ziffer 3 —, Kap. 60 04 — Sonderleistungen des Bundes — Tit. 311, würden die Mehrleistungen des Bundes einen Neuansatz bedingen, eine Erhöhung von 1300 Millionen DM um 180 Millionen auf 1480 Millionen DM.Die Entscheidung fällt also zunächst hier mit der Annahme oder Ablehnung des Antrags Umdruck 119. Würde dieser Antrag keine Mehrheit finden, wäre der Antrag Umdruck 106 zum Haushaltsgesetz praktisch gegenstandslos geworden. Ich darf das Hohe Haus im Namen meiner Fraktion bitten, dem Antrag Umdruck 119 zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung zu dem gesamten Antrag Umdruck 119 Ziffern 1, 2 und 3 und in Zusammenhang damit zu dem Antrag Umdruck 106 gehört. Das Wort dazu hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag Umdruck 119 würde den Bund — und das möchte ich an den Eingang meiner Einwendungen setzen — rund 310 Millionen DM kosten, die den Ländern nach diesem Antrag der SPD zusätzlich zukommen sollen. Sie wissen, daß die Länder — Sie haben das wahrscheinlich aus der Presse entnommen — ursprünglich einmal in einer Denkschrift vom Bund 3 Milliarden DM verlangt haben; das ist dann reduziert worden auf 650 Millionen DM. Von diesen 650 Millionen DM bekommen die Länder auf dem Weg über die Änderung des Notopfers Berlin 340 Millionen DM. Die Differenz zwischen diesen 650 Millionen DM und den 340 Millionen DM, also 310 Millionen DM, soll nun nach dem Antrag der SPD zusätzlich den Ländern bewilligt werden. Herr Kollege Ritzel, ich begreife nicht recht, wofür. Ich glaube nicht, daß angesichts der Haushaltslage und angesichts der Tatsache, daß Ihre Fraktion inzwischen neue Wünsche in einem Umfang von 2,4 Milliarden DM anmeldet, die Haushaltslage des Bundes so ist, daß wir den Ländern diesen Betrag von 310 Millionen DM geben können.
Im einzelnen gliedert sich dieses Verlangen nach 310 Millionen DM — da kann ich Ihnen, Herr Kollege Ritzel, zustimmen — in die Punkte Bergmannsprämie und Wiedergutmachung Berlin.
Bei der Bergmannsprämie, die insgesamt 200 Millionen DM ausmacht, sind bisher insgesamt 70 Millionen DM vom Bund getragen worden, die restlichen 130 Millionen DM von den Ländern. Nach dem Antrag der SPD sollen auch diese 130 Millionen DM vom Bund getragen werden. Das sind die ersten 130 Millionen DM.
Der zweite Betrag — Wiedergutmachung Berlin —, der sich auf rund 600 Millionen DM beläuft, ist bisher in einer Höhe von 30 %, also 180 Millionen DM, von den Ländern getragen worden. 10 % trägt Berlin unbestritten weiter. Der Rest ist vom Bund genommen worden. Die erwähnten 30 %, die die Länder getragen haben, sollen jetzt auch vom Bund übernommen werden. Das wären 130 plus 180, mithin 310 Millionen DM.
Meine Damen und Herren, ich habe eine Anzahl Gespräche mit den Vertretern der Länder geführt, und ich glaube nicht, daß die Länder selber die Vorstellung haben, noch 650 Millionen DM bekommen zu müssen. Ich bitte Sie also sehr, diesen Antrag Umdruck 119 abzulehnen.
— Ja, das ist immer so. Wenn ich hier sehe, was mit bestem Herzen verlangt wird — das sind alles sehr schön begründete Dinge. Aber ich denke hier wieder an mein Wort, das offenbar doch ganz gut zuzutreffen scheint, daß im Himmel gefüttert und auf Erden gemolken wird. Jeder will melken, und um das Füttern kümmern sich die wenigsten.
— Melken ist eine sehr legitime Sache.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Ritzel.
Nur zwei Bemerkungen zu den Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers. Die erste betrifft die Errechnung der Anträge, die die SPD eingebracht hat mit einem Umfang von 2,4 Milliarden DM. Es wäre nett, Herr Minister, wenn Sie die Freundlichkeit hätten, durch Ihr Haus auch einmal errechnen zu lassen, was die SPD an Ersparnismaßnahmen zum gleichen Haushaltsplan vorgeschlagen hat.
— Wir werden Ihnen noch Gelegenheit geben, Ihre Rechnung nachzuprüfen; darauf dürfen Sie sich verlassen.Eine andere Bemerkung zu der Feststellung bezüglich der Länder! Sie erinnern sich doch, Herr Bundesfinanzminister, daß die Forderung, die ich vorhin im Namen meiner Fraktion begründete, einer ursprünglichen Forderung des Bundesrats entspricht, und ich glaube, hinter und zwischen den Kulissen gehört zu haben, daß Sie sich in der Zwischenzeit mit den Ländern verständigt haben, so daß also bei Ablehnung unserer Antrags und damit
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Ritzelauch des ursprünglichen Verlangens der Länder, des Bundesrats, der Gefahr der Anrufung des Vermittlungsausschusses durch Ihre Taktik wohl mit Erfolg begegnet sein dürfte. Das wollte ich nur zur Klarstellung sagen.
Das Wort hat der Abgeordnete Hermsdorf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur eine Bemerkung gegenüber dem Herrn Minister. Ich bedauere, daß Sie, ich möchte fast sagen, ebenso wie der Herr Minister Schäffer mit dem Rechenstift arbeiten und erklären: Die SPD hat Anträge mit einer Mehrbelastung von 2,4 oder 1,4 Milliarden DM gestellt, und jetzt will sie noch weitere 300 Millionen DM. Mit so einfachen Argumenten sollte man nicht diskutieren. Sie wissen ganz genau, Herr Minister, daß unsere Anträge, von unserer Sicht aus gesehen, eine Verschiebung der politischen Akzente darstellen. Wir wollen dort mehr geben, wo Sie weniger ausgeben wollen. Man kann nicht einfach sagen: Schaut her, da haben wir einen Haushalt von 39 Milliarden, und nun verlangt die SPD noch zusätzlich 2,4 Milliarden. So ist es nicht. Es handelt sich hier um eine völlige Verschiebung der Akzente und nicht um eine einfache Mehrausgabe.
Nachdem zu dem
Änderungsantrag Umdruck 119 keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, rufe ich nunmehr den Änderungsantrag Umdruck 87 auf. Zur Begründung Herr Abgeordneter Krammig!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die noch anwesenden Damen und Herren des Hohen Hauses haben den Antrag bestimmt gelesen und wissen, um was es geht. Ich darf daher um Annahme bitten.
Wird zu dem Antrag Umdruck 87 weiter das Wort gewünscht? — Der Herr Bundesminister der Finanzen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu dem Änderungsantrag Umdruck 87 eine Erklärung abgeben.
Die Erläuterung zu Tit. 571 sieht vor, daß Landkreise, in denen die Geburtenzahl oder die Arbeitslosenzahl unverhältnismäßig hoch sind, in das Förderungsprogramm einzubeziehen sind.
Mit dem Antrag Umdruck 87 wird eine Einschränkung bezweckt, indem beide Voraussetzungen, nämlich sowohl hohe Geburtenzahl als auch überdurchschnittliche Erwerbslosigkeit, die bisher als Einzeltatbestände genügten, nebeneinander oder vielleicht auch miteinander gegeben sein müssen, wenn die Einbeziehung in das Förderungsprogramm möglich sein soll.
Die Fixierung der Geburtenzahl auf 22 oder mehr auf 1000 Einwohner bedeutet gegenüber dem bisherigen Tatbestand eine weitere Einschränkung. Das kann meines Erachtens von den Antragstellern nicht gewollt sein.
Wenn ich das Anliegen richtig verstehe, so kommt es Ihnen darauf an, den überdurchschnittlichen Geburtenreichtum als eines der Hauptmerkmale bei Festlegung der Förderungsgebiete zu berücksichtigen. Diesem Anliegen trägt die Fassung ,der Erläuterung meines Erachtens bereits Rechnung.
Sollten die Richtlinien hierzu nicht ausreichen, so bin ich gern bereit, sie daraufhin überprüfen zu lassen, damit dem Anliegen ,der Antragsteller künftig mehr als bisher entsprochen wird.
Herr Abgeordneter Krammig!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann es ebenso kurz machen wie vorhin. Nach der Erklärung, die der Herr Bundesminister der Finanzen abgegeben hat, sehen sich die Antragsteller als befriedigt an und ziehen den Antrag zurück.
Der Antrag Umdruck 87 ist zurückgezogen.
Ich rufe auf den Antrag Umdruck 105. Zur Begründung hat das Wort Herr Abgeordneter Conrad.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion legt Ihnen den Antrag vor, das Darlehen an das Saarland, das im Rahmen des Eingliederungsgesetzes als Finanzhilfe gegeben wird, um 10 Millionen DM zu erhöhen.Es handelt sich bei diesen 10 Millionen DM um einen Teilbetrag, der zur Fortsetzung der begonnenen Elektrifizierung des Saarlandes verwendet werden soll. Wenn Sie auf dem Wege von Hornburg nach Saarbrücken sind, werden Sie feststellen, das auf den Bahnstrecken neben den mit Kohle betriebenen Dampflokomotiven die Masten für die kommende Elektrifizierung noch sehr arm in die Luft ragen. Sie haben noch keine Drähte. Es fehlen noch alle Voraussetzungen für den Betrieb einer Elektrolokomotive.Der Antrag bezweckt also, die begonnene Elektrifizierung des Saarlandes auch im nächsten Jahr fortzusetzen, und wird durch einen Antrag meiner Fraktion in einem Entschließungsantrag ergänzt werden, für das Jahr 1958 Planungsmittel in Höhe von 200 000 DM durch die Bundesregierung bereitzustellen, damit das Planungsprojekt der Elektrifizierung Ludwigshafen—Homburg durchgeführt werden kann. Sie wissen, daß diese Elektrifizierung auf der anderen Seite, von Frankreich her praktisch bis an den Grenzbahnhof beendet ist und bis nach Saarbrücken hinein durchgeführt werden soll. Wenn wir uns im nächsten und im übernächsten Jahr den Problemen der Eingliederung de:
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ConradSaarlandes zuwenden, haben wir allen Grund, daran zu denken, daß der Grenzlage der Saar auch durch die Maßnahme der Elektrifizierung der Bahn von Ludwigshafen nach Saarbrücken sowie weiterer wichtiger Strecken im Saarland selbst Rechnung getragen werden muß.Diese Anträge werden sicherlich von den Kolleginnen und Kollegen aus Rheinland-Pfalz ebenfalls unterstützt werden. Es ist nur ein kleiner Betrag, der gemäß unserem Antrag als Darlehen gegeben werden soll. Sicherlich muß die gesamte Frage der Elektrifizierung einmal generell von der Bundesregierung, der Bundesbahn, der saarländischen Regierung und der Regierung von Rheinland-Pfalz besprochen werden.Ich bitte, dem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hierzu hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß das Hohe Haus bitten, dem Antrag die Zustimmung nicht zu geben. Ich will damit, Herr Kollege Conrad, nichts über das Problem der Elektrifizierung der Saarbahn gesagt haben. Wenn ich richtig informiert bin, ist das ein altes Projekt. Aber es scheint mir nicht ganz folgerichtig zu sein, wenn man verlangt, daß eine Aufgabe der Bundesbahn, die ja dem Bund gehört, dadurch finanziert wird, daß der Bund einem Land ein Darlehen gibt, damit dieses Land das Darlehen weiter an die bundeseigene Bundesbahn verpumpt. Wenn also die Finanzierung der Saarbahn ein Problem ist, dann müßte das direkt angesprochen werden. Man kann aber nicht auf dem von Ihnen vorgeschlagenen Weg vorgehen.
Ich bitte daher, diesem Antrag nicht zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dröscher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf Ihre Aufmerksamkeit auf den Tit. 551 unter Kap. A 60 02 lenken, unter dem nach dem Beschluß des 13. Ausschusses '47 987 800 DM für ein Darlehen an den Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen in Kassel neu eingestellt worden sind. Dieser Betrag soll dem genannten Verband als Überbrückung für die Anlaufzeit der Altersversorgung darlehnsweise zur Verfügung gestellt werden. In Wirklichkeit wird dieser Betrag jedoch bereits mindestens zur Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen Altersversorgung zusätzlich zu den Beiträgen benötigt, wenn der Monatsbeitrag von 10 DM nicht wesentlich erhöht wird.
Dieser Ansatz — vor allem in der Form als Darlehen — muß als irreal und als irreführend bezeichnet werden. Der Gesamtverband wird nicht in der Lage sein, diesen Betrag zurückzuzahlen.
Eine Neuordnung der bäuerlichen Altersversorgung ist im Interesse der zu Versorgenden und der
Zahlenden unerläßlich. Das muß anerkannt werden. Wenn man dies zugibt, muß man auch zu dem Ergebnis kommen, daß der hier für 1958 vorgesehene Ansatz irreführend ist. Darauf rechtzeitig hinzuweisen, halten wir für notwendig,
Herr Abgeordneter, Sie haben also keinen Antrag gestellt, sondern nur eine Bemerkung zu Kap. A 60 02 Tit. 551 gemacht. Wird dazu noch das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Horn!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diesem Gesetz über die Altersversicherung in der Landwirtschaft widmen auch wir unsere Aufmerksamkeit und wachen durchaus darüber, wie sich die Dinge entwickeln. Eine Reihe meiner politischen Freunde in unserer Fraktion haben gerade vor einigen Tagen eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet, um sich über die Entwicklung, die seit Inkrafttreten des Gesetzes zu verzeichnen ist, und die daraus etwa zu ziehenden Folgerungen Klarheit zu verschaffen. Wir werden, sobald die Antwort der Regierung vorliegt, diese Angelegenheit genau prüfen. Zunächst sollte es nach unserer Auffassung bei dem vorgesehenen Darlehen verbleiben, bis diese Dinge sich durch weitere Prüfungen wirklich geklärt haben.
Meine Damen und Herren! Damit ist wohl nun die Beratung zum Einzelplan 60 in zweiter Lesung endgültig abgeschlossen.Wir kommen zum Umdruck 119, dessen Ziffern ich wegen der verschiedenartigen Gegenstände einzeln aufrufe. Ziffer 1. — Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; ist abgelehnt.Ich rufe auf Ziffer 2 betreffend Kap. 60 02. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; ist auch abgelehnt.Ziffer 3 betreffend Kap. 60 04 Tit. 311 und die Erläuterungen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ist ebenfalls abgelehnt.Damit ist auf Umdruck 119 alles abgelehnt. Soweit ich den Herrn Abgeordneten Ritzel verstanden habe, entfällt damit auch Umdruck 106.
— Jawohl, ich darf dann in diesem Zusammenhang darauf zurückkommen.Der Antrag auf Umdruck 87 ist von den Antragstellern zurückgezogen. Es ist noch abzustimmen über den Antrag auf Umdruck 105. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; ist ebenfalls abgelehnt.
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2090 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958
Vizepräsident Dr. PreuskerDamit liegt also Einzelplan 60 in der Fassung des Haushaltsausschusses Drucksachen 467 und zu 467 zur Abstimmung in zweiter Lesung vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Bei zahlreichen Gegenstimmen angenommen.Ich komme zu Ziffer 27:Haushaltsgesetz 1958
Dazu liegen ebenfalls eine Reihe von Änderungsanträgen vor, die jeweils zu den einzelnen Paragraphen aufgerufen werden. Ich rufe also auf die zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1958 — Drucksache 300 — in der Fassung des Ausschusses — Drucksache 468 —. Wer den §§ 1, 2, 3, 4, 5, 6 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Mit Mehrheit angenommen.Dann liegt der vorhin schon von Herrn Abgeordneten Ritzel mitbegründete Antrag auf Umdruck 106 vor, einen § 6 a und einen § 6 b einzufügen. Dieser Antrag steht im Zusammenhang mit dem Antrag zu Einzelplan 60 auf Umdruck 119. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht — wir wollen ihn nicht noch einmal formell aufrufen —, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag ist abgelehnt.Jetzt rufe ich auf die §§ 7 und 7 a. Wer diesen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Gegenstimmen angenommen.Dann rufe ich § 8 auf. Dazu liegt ein Änderungsantrag aller Fraktionen auf Umdruck 125 vor, diesen Paragraphen zu streichen. Ich glaube, der Antrag braucht nicht weiter begründet zu werden. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — § 8 ist einstimmig gestrichen.Ich rufe dann auf §§ 8 a, — 8 b, — 9, — 10. — Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Bei zahlreichen Gegenstimmen angenommen.Dann liegt auf Umdruck 124 ein Änderungsantrag des Abgeordneten Kramel und Genossen vor, einen § 10 a einzufügen. Dazu hat zur Begründung der Herr Abgeordnete Kramel um das Wort gebeten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen den Umdruck 124 mit wenigen Sätzen begründen.
Der zweite Deutsche Bundestag hat in der Zweiten Novelle zum Gesetz nach Art. 131 einen § 18 a beschlossen, wonach Bundeszuschüsse an Dienstherren gewährt werden, die Beamte, die bisher nicht entsprechend ihrer früheren Stellung verwendet worden sind, wieder gleichwertig beschäftigen wollen, so daß diese Beamten dann aus dem Kreis der Unterbringungsteilnehmer ausscheiden würden. Das war ein Schritt, der zur endgültigen Lösung des 131er-Problems führen sollte.
Der § 18 a sieht nun vor, daß diese Zuschüsse des I Bundes nur auf Antrag gewährt werden, und der Ablauf der Frist zur Antragstellung war auf den 31. März 1958 festgesetzt. Diese Frist hat sich als zu kurz erwiesen, und zwar deshalb, weil am 31. März 1958 die Länder, vor allem aber die allermeisten Gemeinden ihre Haushalte noch nicht beschlossen hatten, so daß sie nicht wußten, für welche Stellen sie diese Zuschüsse erbitten sollten. Wir beantragen daher, durch den § 10 a, den wir einzufügen bitten, die Frist bis zum 31. Dezember 1958 zu erstrecken, damit nicht eine eigene Novelle zum Gesetz nach Art. 131 beschlossen werden muß.
Wird hierzu noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann bitte ich diejenigen, die dem Antrag auf Umdruck 124 zuzustimmen wünschen, um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist offenbar einstimmig angenommen. Damit ist in zweiter Lesung ein § 10 a eingefügt.
Wer den §§ 11, 12, 13, 14, 15, 16, 16 a, 16b, 17, 18, 19 und 20 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Ehe ich die Einleitung und die Überschrift aufrufe, hat noch der Herr Bundesminister der Finanzen um das Wort gebeten. Danach hat dann Herr Kollege Dr. Vogel das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das finanzielle Ergebnis der zweiten Beratung muß noch kurz berücksichtigt werden. Durch die während der zweiten Beratung zu den verschiedenen Einzelplänen angenommenen Änderungsanträge sind folgende Mehrausgaben beschlossen worden: im ordentlichen Haushalt 5 893 100 DM, also rund 5,9 Millionen DM, und im außerordentlichen Haushalt 50 Millionen DM. Das Hohe Haus wird bei der dritten Beratung über die Deckung dieser Mehrausgaben zu beschließen haben; sie sind bei Tit. 06 02 unter Ziffer 699 hinsichtlich der 5,9 Millionen DM zu vermerken. Im außerordentlichen Haushalt brauchen wir eine zusätzliche Kreditermächtigung für die 50 Millionen DM.
Darf ich, Herr Präsident, die Gelegenheit benutzen, dem Hohen Hause, insbesondere aber dem Haushaltsausschuß, von Herzen für die außergewöhnliche Arbeit zu danken, die es geleistet hat, um den Haushalt noch vor den Ferien zu verabschieden. Ich glaube, es war eine einmalige Arbeit, für die die Verwaltung Ihnen Dank schuldet.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Erklärung des Herrn Bundesministers der Finanzen gehört. Das bedeutet, daß bis zur dritten Lesung der § 1 des Gesetzes im ordentlichen Haushalt um 5 893 100 DM und im außerordentlichen Haushalt um 50 Millionen DM nebst einer Deckungsvorlage noch geändert werden muß.Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Dr. Vogel.
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Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 36. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Juni 1958 2091
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Haushaltsgesetz hier vorzutragen, war immer das Amt des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, des Kollegen Erwin Schoettle. Er ist, wie Sie alle wissen, durch eine sehr schwere Herzerkrankung an der Ausübung dieses Amtes verhindert worden und befindet sich zur Zeit zur Erholung in Bühlerhöhe. Ich glaube, es ist eine Ehrenpflicht dieses Hauses, aus Anlaß dieses doch sehr folgenschweren Ereignisses der Verabschiedung des Jahreshaushalts an dieser Stelle des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses zu gedenken, und ich möchte den Herrn Präsidenten bitten, ihm vielleicht mitzuteilen, daß die zweite Lesung hier stattgefunden hat und daß das ganze Haus, und der Haushaltsausschuß im besonderen, ihm die besten Wünsche für seine baldige völlige Wiederherstellung übermitteln läßt.
Meine Damen und Herren, ich rufe nun auf Einleitung und Überschrift. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um ,die Gegenprobe. — Angenommen.
Damit ist die zweite Beratung beendet und das Haushaltsgesetz 1958 — Drucksache 300 — mit den beschlossenen Änderungen und mit der Maßgabe, daß eine Vorlage zu § 1 zur dritten Lesung eingebracht werden wird, in zweiter Beratung angenommen.
Ich rufe auf Punkt VII der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung — Immunitätsangelegenheiten —
betr. Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Fuchs gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 21. April 1958 .
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Höcker. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich darf diejenigen, die dem Bericht und dem Antrage des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen bitten. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen einige Stimmen angenommen.
Zur Geschäftsordnung hat gemäß § 34 der Geschäftsordnung der Herr Abgeordnete Memmel um das Wort gebeten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fünfundvierzig Damen und Herren dieses Hohen Hauses haben vor sieben Monaten einen Antrag auf Änderung des Grundgesetzes eingebracht, der die Drucksachennummer 131 trägt. Dieser Antrag ist bis jetzt noch nicht im Plenum behandelt worden; ,der Ältestenrat hat die Sache noch nicht auf die Tagesordnung gesetzt. Es bleibt nach den Informationen kein anderer Weg, als das Plenum anzurufen.
Ich bin der Meinung, daß wir diese Materie behandeln müßten. Es handelt sich um die Änderung des Grundgesetzes in Art. 102, d. h. um die Wiedereinführung der Todesstrafe.
Inzwischen ist auch noch etwas anderes hinzugekommen, das eine Behandlung dieses Punktes wohl erst recht erfordert. Eine ganze Fraktion, die der DP, hat mit den Drucksachen 389, 390 und 391 einen ähnlichen Antrag eingebracht.
Die Verhältnisse haben sich in ,den letzten Monaten seit der Einbringung unseres Antrages vor sieben Monaten so verschlechtert, daß die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat, daß sich das Parlament mit dieser Frage beschäftigt.
Ich bitte daher darum, daß dieser Punkt auf eine der nächsten Tagesordnungen ,des Plenums gesetzt wird.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag des Herrn Abgeordneten Memmel zur Geschäftsordnung gehört.
— Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Rasner.
Herr Präsident! Meine Damen Herren! Der Herr Kollege Memmel hat nicht den Antrag gestellt, daß das auf die Tagesordnung der nächsten Woche gesetzt werden solle, sondern auf eine der nächsten Tagesordnungen. Ich glaube, das müssen wir festhalten, Herr Kollege Memmel. Die Beratung dieses Themas in der nächsten Woche ist völlig ausgeschlossen; sie kann erst nach den Parlamentsferien stattfinden.
Ich empfehle dem Hause, den Antrag des Kollegen Memmel zur Kenntnis zu nehmen und im Ältestenrat darüber in der nächsten Sitzung zu beraten.
Es ist soeben beantragt worden, diesen Antrag zur Kenntnis zu nehmen und ihn dem Ältestenrat zur Festsetzung des Termins für eine der nächsten Beratungen zu überweisen. Darf ich das Haus bitten, mir zu bestätigen, daß es damit einverstanden ist. — Ich danke; es ist so beschlossen.
Ich muß noch eines nachtragen. Herr Kollege Vogel, selbstverständlich habe ich aus dem Beifall vorhin geschlossen, daß das Haus damit einverstanden war, daß Herrn Abgeordneten Schoettle dieser Brief im Namen des Bundestages geschrieben wird. Ich darf also den Beifall vorhin als Bestätigung dafür nehmen. Dann ist das auch formell in Ordnung.
Ich darf damit die heutige Sitzung des Bundestages schließen und die nächste Sitzung auf Dienstag, den 1. Juli 1958, 9 Uhr, einberufen.
Die Sitzung ist geschlossen.