Gesamtes Protokol
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Sitzung ist eröffnet.
Die amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 28. Juni 1957 die Kleine Anfrage 352 der Fraktion der DP betr. Verwendung der durch zusätzliche Weineinfuhren erhöhten Zolleinnahmen (3399) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 3672 verteilt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 24. Juni 1957 die Kleine Anfrage 359 der Fraktion der FDP betr. Privatisierung öffentlichen Vermögens beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 3708 verteilt.
Der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat unter dem 19. Juni 1957 zu den Ausführungen des Abgeordneten Neubauer über die Verteilung von Druckschriften der politischen Parteien in Diensträumen oder auf Grundstücken der Deutschen Bundespost in der 210. Sitzung des Deutschen Bundestages das Ermittlungsergebnis des Ministeriums übersandt, das im Archiv zur Kenntnisnahme ausliegt.
Zur Tagesordnung hat Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth um das Wort gebeten. Ich erteile ihm das Wort.
Meine Damen und Herren! Es ist allgemein üblich, daß auf die neue Tagesordnung an die erste Stelle die in der letzten Sitzung nicht abgewickelten Punkte der vorigen Tagesordnung gesetzt werden. Von dieser Übung haben Sie im Ältestenrat diesmal Abstand genommen. Dadurch ist die Beratung unseres Antrags
Drucksache 3525 wieder einmal hinausgeschoben worden; er steht auf keiner der fünf Tagesordnungen dieser Woche. Ich beantrage hiermit, unseren Antrag Drucksache 3525 als Punkt 4 auf die heutige Tagesordnung zu setzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Rasner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Ältestenrat bestand — mit Ausnahme der Fraktion der FDP — Übereinstimmung darüber, daß wir in der letzten Arbeitswoche dieses Bundestages an den Tagen Dienstag bis Freitagvormittag zunächst einmal die legislativen Funktionen dieses Hauses wahrnehmen wollten. Wir wollten zunächst einmal die Gesetze in zweiter und dritter Lesung verabschieden, die durch die Ausschüsse in mühseliger Arbeit verabschiedungsreif gemacht worden sind. Diejenigen Arbeiten des Hauses, die sich aus seiner Kontrollfunktion ergeben, und diejenigen Arbeiten, die mit ersten Lesungen von Gesetzentwürfen zusammenhängen, sollten nach unser aller Auffassung — mit Ausnahme der FDP — am Freitag nach den Verträgen bzw. am Sonnabend behandelt werden.
Die Fraktion der CDU/CSU steht dem Verlangen der FDP, die Debatte über die Änderung des Artikels 15 des Grundgesetzes noch in diesem Bundestag zu führen, mit Sympathie gegenüber und wird einen entsprechenden Antrag auch unterstützen. Da wir uns aber darauf geeinigt haben, zunächst die zweiten und dritten Lesungen der Gesetze durchzuführen, die die Ausschüsse fertiggestellt haben, widersprechen wir heute dem Antrag des Kollegen Atzenroth.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Für Anträge zur Tagesordnung sind in der Regel nur ein Redner pro und ein Redner kontra zugelassen. Es ist zwar möglich, das zu erweitern, ich glaube aber, bei der großen Tagesordnung wollen wir uns darauf beschränken.
Ich komme also zur Abstimmung über den Antrag, den der Kollege Atzenroth begründet hat. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist abgelehnt.
Ich habe bekanntzugeben, daß zur heutigen Tagesordnung noch die zweite Beratung des Selbst-verwaltungs- und Krankenversicherungsangleichungsgesetzes Berlin hinzukommt. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll diese Vorlage an den Ausschuß für Sozialpolitik zurückverwiesen werden.
Ich rufe, gestützt auf die eben erwähnte interfraktionelle Vereinbarung, zunächst diesen Punkt der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung der Selbstverwaltung auf dem Gebiet der Sozialversicherung und Angleichung dés Rechts der Krankenversicherung im Land Berlin (Drucksache 3127);
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (Drucksache 3702).
Ich bitte um Wortmeldungen. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Debatte. Wer dem Antrag auf Rückverweisung an den Ausschuß für
Sozialpolitik zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist angenommen.
Punkt 1 der vor Ihnen liegenden gedruckten Tagesordnung soll erst um 12 Uhr aufgerufen werden.
Punkt 2 der gedruckten Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung von Vorschriften der Kindergeldgesetze ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (Drucksache 3657). (Erste Beratung: 212. Sitzung.)
Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? —
— Der Herr Berichterstatter verweist auf den Schriftlichen Bericht.
Wir kommen zur Einzelberatung. Es liegen Änderungsanträge auf den Umdrucken 1249 und 1255 vor.
Ich rufe auf Art. I des Gesetzentwurfs, zunächst Einleitung und Nr. 1 des Art. I. Hierzu liegen Änderungsanträge nicht vor.
— Es ist ein Antrag auf Umdruck 1260 eingegangen. Ich weiß nicht, ob er schon verteilt ist.
Er bezieht sich aber auf Art. I Nr. 5. Ich darf wiederholen: ich hatte aufgerufen Art. I, Einleitung und Nr. 1. Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Debatte.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Einleitung und der Nr. 1 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einer Reihe von Enthaltungen angenommen.
Ich rufe dann Art. I Nr. 2 auf. Auch hierzu liegen Änderungsanträge nicht vor. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache.
Wer der Nr. 2 in Art. I zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einer sehr großen Zahl von Enthaltungen angenommen.
Ich rufe nunmehr Nr. 3 auf. Hierzu liegen keine Änderungsanträge vor. Die Änderungsanträge auf Umdruck 1255 beginnen erst mit den neuen Nummern 3 a) und 3 b). Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung.
Wer Art. I Nr. 3 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Angenommen.
Ich rufe nunmehr auf den Änderungsantrag Umdruck 1255 Ziffer 1, wonach eine Nr. 3 a) und eine Nr. 3 b) eingefügt werden sollen. Es handelt sich um eine Neufassung des § 5. Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten die gesamten Änderungsanträge auf Umdruck 1255 Ziffern 1 bis 13 gemeinsam begründen; das dient der Straffung der Arbeiten.
Der Bundestag muß sich heute mit dem 4. Kindergeldgesetz beschäftigen. Es ist nicht abzusehen, wann ein Kindergeld-Schlußgesetz zur Beratung kommt, und es wurde uns schon im Jahre 1955 in Aussicht gestellt. Die Ursache für die Komplikation liegt in der verfehlten Konstruktion der bisherigen Kindergeldgesetze. Es hat sich als ein schwerer Fehler erwiesen, die Gewährung von Kindergeld mit der unfallversicherten Beschäftigung des Ernährers zu koppeln. Die Gewährung von Kindergeld ist nicht nur nach unserer Auffassung keine Angelegenheit der Berufsstände, sondern eine Aufgabe der Allgemeinheit. Deshalb beantragt die sozialdemokratische Fraktion mit Umdruck 1255, das Kindergeld nicht durch Sonderbeiträge der Berufsgruppen aufzubringen, sondern die Ausgaben dafür aus dem allgemeinen Steueraufkommen zu decken.
Nach dem vorliegenden Antrag soll die Gewährung von Kindergeld bei den Finanzämtern liegen. Daraus wird sich eine wesentliche Vereinfachung nicht nur der Verwaltung, sondern auch der Gesetzgebung ergeben. Dann können gleichzeitig vielfältige Bestimmungen der verschiedenen Kindergeldgesetze gestrichen werden.
Meine Damen und Herren, dieser Bundestag ist für die Fehlkonstruktion der bisherigen Kindergeldgesetze verantwortlich. Es wäre deshalb ein guter Abschluß der Arbeiten dieser Legislaturperiode, wenn noch dieser Bundestag die wesentlichsten Fehler der Kindergeldgesetzgebung beseitigte. Dazu soll unser Antrag dienen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte, Herr Abgeordneter Winkelheide.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Grundsätze der Kindergeldgesetze sind von uns hier oft dargelegt worden. Es erübrigt sich, heute morgen nochmals darauf einzugehen. Die ganze Konstruktion hat sich in den zwei Jahren bewährt.
Wir werden die Anträge ablehnen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Debatte zu dem aufgerufenen Antrag Umdruck 1255 Ziffer 1 auf Einfügung einer Nr. 3 a und einer Nr. 3 b.
Ich stelle den Antrag zur Abstimmung. Wer für den Antrag Umdruck 1255 Ziffer 1 auf Schaffung einer neuen Nr. 3 a und einer neuen Nr. 3 b zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Wir sind zweifelhaft. Ich bitte, die Abstimmung zu wiederholen. Wer für den Antrag zu stimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das Präsidium ist sich nicht einig. Wir schreiten zur Auszählung. Ich bitte, den Saal zu räumen. — Ich bitte, die Türen zu schließen. — Die Abstimmung beginnt.
Ich bitte, die Abstimmung zu beschleunigen. — Die Abstimmung ist geschlossen.
Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Es wurden 312 Stimmen abgegeben. Mit Ja haben 143, mit Nein 161 Abgeordnete gestimmt; enthalten haben sich 8. Der Antrag ist also abgelehnt.
Ich rufe den Antrag Umdruck 1255 Ziffer 3 auf, wonach in Art. I hinter Nr. 3 b eine Nr. 3 c eingefügt werden soll. Wortmeldungen hierzu liegen nicht vor. Der Antrag ist bereits begründet. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte aber, vorher Platz zu nehmen, damit die Abstimmungsergebnisse übersehen werden können. Wer für den Antrag Umdruck 1255 Ziffer 3 zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einer Reihe von Enthaltungen abgelehnt.
Ich rufe jetzt den Antrag Umdruck 1255 Ziffer 4 auf, der sich auf Nr. 4 des Art. I des Ausschußentwurfs bezieht. Der Antrag ist bereits begründet. Wird das Wort zu diesem Antrag und zu Nr. 4 des Art. I gewünscht?
— Der Antrag Umdruck 1255 Ziffer 4 ist also erledigt. Wortmeldungen zu Nr. 4 liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wer Art. I Nr. 4 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? -- Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe nunmehr Nr. 5 des Art. I auf. Hierzu liegt der Antrag Umdruck 1255 Ziffer 4 Buchstabe b vor, der vorhin schon begründet worden ist.
— Alle diese Anträge auf Umdruck 1255 sind erledigt.
Dann rufe ich den Antrag Umdruck 1260 auf, der noch nicht vervielfältigt ist. Er ist ziemlich lang. Ich würde vorschlagen, ihn in zwei Teile zu zerlegen: einer bezieht sich auf einen Abs. 1 und einer auf einen Abs. 1 a. Soweit ich gesehen habe, beziehen sich diese Teile auf verschiedene Materien. Oder täusche ich mich da?
— Sie wollen beides zusammen erledigt sehen, gut.
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth. Ich darf vorschlagen, diesen Antrag langsam vorzulesen, damit das Haus davon Kenntnis nimmt.
Meine Damen und Herren! Ich bin bereit, dem Vorschlag des Herrn Präsidenten zu folgen und den Antrag langsam zu verlesen, weil er noch nicht vervielfältigt werden konnte.
— Sie können ja Unterbrechung der Beratung über diese Bestimmung beantragen.
Ich darf den Antrag vorlesen: (i
Der Bundestag wolle beschließen:
In Artikel I Ziffer 5 wird § 11 Abs. 1 durch folgende Absätze 1 und 1 a ersetzt:
Die bei einer gewerblichen Berufsgenossenschaft oder bei der See-Berufsgenossenschaft errichteten Familienausgleichskassen (gewerbliche Familienausgleichskassen) haben einen Beitrag in Höhe von 1 v. H. der Lohn- und Gehaltssumme der von ihren Mitgliedern beschäftigten Arbeitnehmer zu erheben. Lohn- und Gehaltssumme im Sinne von Satz 1 ist das wirklich verdiente Entgelt mit der Maßgabe, daß Löhne und Gehälter, soweit sie über den durch die Unfallversicherung gesetzlich festgelegten Höchstbetrag des Jahresarbeitsverdienstes hinausgehen, nicht zu berücksichtigen sind.
Bis hierher entspricht der Wortlaut der Regierungsvorlage. Die folgende Bestimmung ist neu:
Bei Selbständigen ist der Beitragsberechnung an Stelle der Lohn- und Gehaltssumme das Einkommen bis zu einer Höhe von 6000 Deutsche Mark im Jahre zugrunde zu legen.
Wieder Regierungsvorlage:
Erhebt eine Berufsgenossenschaft Beiträge zur Unfallversicherung als Kopfbeiträge nach der Zahl der Beschäftigten, so kann in der Satzung der Familienausgleichskasse bestimmt werden, daß an Stelle der Beiträge nach Satz 1 Kopfbeiträge nach der Zahl der Beschäftigten zu leisten sind; die Kopfbeiträge können nach geeigneten Merkmalen gestaffelt werden. Die Kopfbeiträge sind so festzusetzen, daß das Beitragsaufkommen im ganzen demjenigen entspricht, das sich bei einer Beitragserhebung nach Satz 1 ergeben würde. Die Festsetzung bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.
Das ist der Absatz 1. Er entspricht im wesentlichen der Regierungsvorlage. Worin der Untschied liegt, werde ich gleich zeigen und auch begründen, warum wir ihn machen.
Selbständige sind von der Beitragspflicht für ihre Person befreit, sofern ihr Einkommen 4800 Deutsche Mark im Jahr nicht übersteigt. Die Befreiung von der Beitragspflicht entfällt, wenn nicht innerhalb von drei Monaten nach der Beitragsanforderung der Familienausgleichskasse der letzte Einkommensteuerbescheid oder eine Bescheinigung des Finanzamtes über die Nichtveranlagung zur Einkommensteuer vorgelegt wird.
— Ausschußfassung! —
Selbständige sind von der Beitragspflicht für einen in ihrem Unternehmen mithelfenden Familienangehörigen befreit. Unternehmer sind von der Beitragspflicht befreit, wenn die Lohn- und Gehaltssumme ihres Unternehmens 6000 Deutsche Mark im Jahr nicht übersteigt.
Auch das ist die Ausschußfassung, nichts Neues. Wir mußten es mit hineinnehmen, weil wir sonst keine Formulierung finden konnten.
Die Satzung kann bestimmen, daß Unternehmer von der Beitragspflicht befreit sind,
wenn die in ihrem Unternehmen von den
Arbeitnehmern geleistete Zahl der Arbeitstage 300 im Jahr nicht übersteigt, wobei jeweils acht Arbeitsstunden als ein Arbeitstag zu rechnen sind; in diesem Fall findet Satz 4 keine Anwendung. Die Satzung kann weitere Gruppen von Beitragspflichtigen von der Beitragspflicht befreien, wenn das von diesen Gruppen zu erwartende Beitragsaufkommen in keinem angemessenen Verhältnis zu den Kosten der Beitragseinziehung stehen würde. Das Nähere über die Berechnung der Beiträge und die Befreiung von der Beitragspflicht bestimmt die Satzung.
Nun, meine Damen und Herren, einige allgemeine Worte zur Begründung. Unsere Haltung zu diesem Kindergeldgesetz ist bekannt; unser Gesetzentwurf hat der Ausschußberatung mit zugrunde gelegen. Wir haben soeben durch unsere Abstimmung bewiesen, daß wir der von Herrn Schellenberg vertretenen Auffassung nach wie vor zustimmen. Diese Seite der Angelegenheit ist aber durch die soeben vorgenommene Abstimmung für den 2. Deutschen Bundestag nunmehr erledigt.
Unsere jetzigen Anträge beruhen auf Ihrer Konzeption; sie stellen einen Versuch dar, aus Ihrer Konzeption, die an und für sich nicht die unsere ist, einige Härten und Ungerechtigkeiten herauszubringen. Im Gegensatz zu der von Herrn Winkelheide geäußerten Ansicht sind wir der Meinung, daß sich dieses Kindergeldgesetz keineswegs bewährt hat. Die Anschauungen mögen verschieden sein, aber uns wird aus der Bevölkerung immer wieder erklärt, das Kindergeldgesetz habe sich gar nicht bewährt. Wir versuchen nun aus Ihrer Formulierung etwas Besseres zu machen.
Da bot sich uns zunächst einmal die Vorlage an, die Ihr eigener Minister dem Hohen Hause vorgelegt hat. Wir sind der Meinung, es war vom Ausschuß falsch, von der Regierungsvorlage abzuweichen. Sie haben die Regelung für das Beitragsaufkommen, das für die Zahlung von Kindergeld nötig ist, auf der, ich möchte sagen, fast mittelalterlich anmutenden Idee eines Ständestaates aufgebaut.
Wie kann man denn heute noch von Berufsgenossenschaften sprechen, als ob das ein Kreis von Personen wäre, der für sich selber sorgen müsse, unabhängig von all den Menschen, die draußen neben ihnen und mit ihnen arbeiten. Dieser Gedanke, der Ihrer Konzeption zugrunde liegt, ist uns unverständlich und hat sich in der Praxis als ungeeignet erwiesen. Das geht aus der Tatsache hervor, daß der Herr Bundesarbeitsminister eine neue Vorlage bringen mußte. Die sogenannte Selbstverwaltung war überfordert. Ihr war die Aufgabe gestellt, einen angemessenen Ausgleich der Lasten zwischen den einzelnen gewerblichen Berufsgenossenschaften herzustellen. Bei dieser Aufgabe hat die Selbstverwaltung versagt. Die Selbstverwaltungskörperschaften haben keinen angemessenen Ausgleich vorgenommen, und an den Herrn Bundesarbeitsminister sind aus dem Kreis der Familienausgleichskassen eine Fülle von Klagen und Beschwerden herangetragen worden. Das war der Grund für die Vorlage, die diesem Hohen Hause gemacht worden ist.
Der Herr Bundesarbeitsminister hat daraus die unserer Meinung nach einzig mögliche Folgerung gezogen — sie ergab sich aus seiner Vorlage, und
wir nehmen sie mit unserem Antrag wieder auf —, von allen gewerblichen Berufsgenossenschaften einen einheitlichen Beitragssatz von 1 % zu erheben. Dadurch wären die Ungerechtigkeiten, die mit dem „angemessenen Ausgleich" verbunden waren, beseitigt worden.
Nun sind die Selbstverwaltungsorgane — das sagt ja auch der Berichterstatter — unter dem Druck der Regierungsvorlage plötzlich von der Haltung, die sie zuerst eingenommen hatten, abgewichen und haben einen Kompromiß geschlossen; ihm haben sich alle Berufsgenossenschaften angeschlossen in der Erwartung, wenigstens ihn zu bekommen; denn die Regierungsvorlage stand ja auf sehr unsicheren Füßen.
Diese Tatsache — eigentlich ist das verwunderlich — hat den Ausschuß veranlaßt, von der Regierungsvorlage, die man doch mindestens von seiten der CDU vorher mit dem Minister abgesprochen hatte, abzuweichen. Man hat gesagt: Nachdem nun ein sogenannter angemessener Ausgleich zustande gekommen ist — ich bemerke: nur für das Jahr 1956; wie dieser Ausgleich aussehen wird, wenn wir auch dieses Gesetz verabschiedet haben, wissen wir alle noch nicht —, weichen wir von der Regierungsvorlage ab und gehen auf die alte — nach Meinung der FDP fehlerhafte — Konstruktion zurück.
Die aber wollen wir durch unseren Antrag in Ordnung bringen und, wo nötig, beseitigen.
— Ich habe ihn Ihnen soeben vorgelesen, Herr Bausch. Er zielt im wesentlichen auf die Wiederherstellung der Regierungsvorlage ab. Ich nehme nicht an, daß Sie selber sich in die Einzelheiten so genau hineinvertiefen werden, daß Sie die kleinen Unterschiede noch merken. Unser grundsätzliches Ziel also ist die Wiederherstellung der Regierungsvorlage.
Mit unserem Antrag verfolgen wir ein zweites Anliegen. Die Bestimmungen des Gesetzes über die Aufbringung führen zu einer weiteren großen Ungerechtigkeit. Dort wird — wie bei Ihnen in der Sozialversicherung immer wieder — zwischen Selbständigen und Unselbständigen unterschieden. Diese Unterscheidung führt dazu, daß der Bäckermeister mit 6000 Mark Jahreseinkommen einen Beitrag leisten muß, der berühmte Direktor Nordhoff vom Volkswagenwerk aber keinen Beitrag zu zahlen braucht.
— Ja, das ist die alte Mär, aber sie ist gleichwohl immer wieder neu. Die Unterscheidung ist noch nicht beseitigt worden. Es ist immer noch der alte Fehler, der Ihrem Gesetz anhaftet. Darum müssen wir immer wieder auf ihn hinweisen, das müssen Sie schon mit in Kauf nehmen. Den Fehler aber müssen wir beseitigen; er ist auf die Dauer nicht tragbar.
Nun will ich noch nicht einmal so weit gehen, ich lasse den Namen Nordhoff einmal weg. Ich will den Vergleich jetzt einmal anstellen zwischen dem Bäckermeister, der sein Unternehmen selbständig betreibt, und einem anderen, der es als GmbH betreibt. Beide haben dasselbe Einkommen, sie haben gleich viele Kinder, aber sie werden ungleichmäßig, daher ungerecht behandelt. An der Beseitigung dieses Fehlers müßten Sie doch alle Interesse haben. Das ist doch kein Wunsch, den wir allein vorzutragen haben!
Nun könnte man den einfachen Weg gehen — den wir Ihnen zuerst vorschlagen wollten —, diese Sondersteuer — und das ist eine Sondersteuer für die Selbständigen — einfach zu streichen. Dann würde allerdings wieder eine Ungerechtigkeit nach der anderen Seite hin entstehen; dann würden die Gehälter in den Kapitalgesellschaften mit in die Lohnsumme hineinkommen, das Einkommen der Selbständigen aber nicht; die Selbständigen würden also bevorzugt werden. Das wollen wir ebensowenig. Infolgedessen wollen wir das Einkommen des Selbständigen mit einem Grundbetrag in die Lohn- und Gehaltssumme mithineinnehmen. Dadurch wird das Beitragsaufkommen nicht verringert, sondern vielleicht sogar noch etwas erhöht.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie einmal dringlich: Lehnen Sie nicht deswegen, weil gerade ich diesen Antrag hier begründe, die Sache sofort und unter allen Umständen ab. Versuchen Sie doch einmal, zu prüfen, ob meine Argumente nicht sachlich und unterbaut sind. Ich befinde mich ja in in einer guten Gesellschaft, nämlich in der Gesellschaft des Herrn Bundesarbeitsministers! Ich betone noch einmal, daß es eigentlich nicht unsere Konzeption ist. Wir bringen diesen Vorschlag, nachdem wir bei der letzten Abstimmung unterlegen sind und nun in diesem Bundestag von Ihrer Konzeption ausgehen müssen. Aber hier sind zwei Punkte, die leicht und ohne große Schwierigkeiten zu verbessern sind, ohne daß sich das finanzielle Aufkommen irgendwie ändert. Das Gefühl, es werde gerecht verfahren, war bei der bisherigen Formulierung des Gesetzes nicht vorhanden; es würde, wenn Sie unseren Anträgen folgen, bei einem größeren Teil von Menschen wiederhergestellt werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir fahren in der Debatte fort. Das Wort hat der Abgeordnete Horn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte der Fraktion der Freien Demokraten nur ganz kurz sagen, daß wir die Methode, die jetzt von ihr gehandhabt wird, nicht billigen können. An der Beratung im Ausschuß über diesen Punkt hat sich, aus welchen Gründen immer, vielleicht wegen Überbeschäftigung oder aus einem anderen Grunde, die Fraktion der Freien Demokraten nicht beteiligt. Im Ausschuß sind die Frage der Beitragsbelastung der Selbständigen und die damit zusammenhängenden Dinge auch in der Auseinandersetzung mit den übrigen Fraktionen sehr eingehend behandelt worden. Der Ausschuß hat in seiner Mehrheit so entschieden, wie es uns die Vorlage heute darstellt. Wir sind nicht geneigt, nachdem im Ausschuß über einen solchen Antrag nicht gesprochen worden ist und da er jetzt auch dem Hause noch nicht einmal schriftlich vorliegt
— so, er wird gerade verteilt —, jetzt in eine ausgedehnte Erörterung darüber einzutreten. Ich muß deshalb das Haus bitten, diesen Antrag abzulehnen und es bei der Ausschußvorlage zu belassen.
Ich erkläre zusätzlich, daß wir uns aus Gründen der Zeitnot an Diskussionen über irgendwelche Anträge, die jetzt noch vorliegen, nicht beteiligen werden. Unser Standpunkt ist klar und eindeutig in der Vorlage niedergelegt. Wir haben im Ausschuß auch eingehend begründet — es geht aus dem Schriftlichen Bericht hervor —, warum wir
die Vorlage in dieser Weise gestaltet haben. Ich möchte erklären, daß wir dabei zu bleiben gedenken und es für überflüssig halten, in dieser zweiten Lesung noch ausgedehnte Debatten über einzelne Punkte zu führen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Kalinke.
Frau Kalinke : Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich bedauere die Ausführungen unseres Kollegen Horn. Es ist bei dem Umfang der Tagesordnung wohl berechtigt, ausgedehnte Debatten möglichst einzuschränken. Aber es ist sicherlich nicht berechtigt, eine Debatte schlechthin oder eine Auseinandersetzung mit einem Änderungsantrag als überflüssig zu bezeichnen. Schließlich ist dieses Gesetz wegen der Belastung der mittelständischen Schichten — die Aufbringung der Mittel ist ein sehr bedeutsames Problem in diesem Gesetz — und wegen der Einbeziehung der Selbständigen in das System der Familienausgleichskassen von solch großer Bedeutung auch in der öffentlichen Diskussion gewesen, daß man wenigstens einiges Grundsätzliches zu solchen Anträgen sagen sollte, selbst wenn man nicht bereit ist, sie anzunehmen.
Sie wissen, daß die Fraktion der Deutschen Partei schon im 1. Bundestag das Kindergeldgesetz auf dieser Grundlage abgelehnt hat. Insofern haben wir durchaus Verständnis für die Anträge der SPD und der FDP; denn auch bei meinen Freunden besteht die Meinung, daß sich die Grundkonzeption des Kindergeldgesetzes, wie Herr Atzenroth gesagt hat, nicht bewährt hat. Wenn dem aber so ist und wenn sich in einer für die Sozialpolitik ganz bedeutenden Frage auch für die Reform von morgen wieder einmal gezeigt hat, daß man Arbeitnehmer und Selbständige, Angehörige abhängiger und freier Berufe nicht nach den gleichen Prinzipien in den Sozialgesetzen behandeln darf, sollte man in einer echten Reform des Kindergeldgesetzes diese Dinge ändern. Dazu sind wir fest entschlossen.
Ich glaube aber, wir alle — auch die Opposition — sollten den Mut haben, zuzugeben, daß bei dieser Stimmung, bei diesem Zeitdruck die Herbeiführung grundsätzlicher Reformen durch Änderungsanträge nicht das Ziel unserer heutigen Beschlußfassung sein kann.
Unter diesem Gesichtspunkt möchte ich im Hinblick auf die Ausführungen des Kollegen Atzenroth folgendes sagen. Ich halte es nicht für mittelalterlich, sich im Jahre 1957 darüber zu unterhalten, ob die Voraussetzungen dafür noch gegeben sind, auf berufsständischer Basis Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Ich glaube, daß der Antrag der FDP zur Alterssicherung in der Landwirtschaft — darüber werden wir ja noch sprechen — auch von solchen Prinzipien der berufsständischen Verantwortung ausgeht.
Ich möchte daher bitten, die Dinge nicht zu dramatisieren, sondern sie so nüchtern wie möglich zu sehen. Wenn auch der Vorschlag des Herrn Kollegen Atzenroth von dem Prinzip her, alle gleich zu belasten, für alle den gleichen Beitrag festzusetzen, richtig ist, so ist er doch, wie im Ausschuß in der Diskussion ganz deutlich wurde, nicht zu verwirklichen, weil eben in der Landwirtschaft wegen der nicht einheitlichen Maßstäbe ein einheitlicher Betrag nicht gelten kann; ich nenne nur
das Problem Einheitswert. Ein gleicher Beitrag ist auch deshalb nicht möglich, weil sonst das Prinzip der Einschaltung der Finanzämter konsequent durchgeführt werden muß. Gegen dieses Prinzip hat sich der Bundesrat gewandt, wie diejenigen wissen, die sich mit dem Problem beschäftigt haben. Deshalb halte ich den Antrag des Kollegen Atzenroth heute bei der Beratung dieses Gesetzes für zu problematisch; er würde das schon komplizierte Gesetz noch mehr durcheinanderbringen und die Durchführung noch schwieriger machen.
Lassen Sie mich kurz zusammenfassend sagen: es ist nicht zu vertreten, daß mit weiterem Flicken und weiterer Unordnung ein an sich schon nicht gutes Gesetz noch schlechter gemacht wird.
— Meine Freunde und ich haben gar keine Veranlassung, die Konzeption des Arbeitsministers oder die Atzenrothsche zu verteidigen, sondern ich habe die Auffassung der Deutschen Partei zu vertreten.
Wir sind der Meinung, daß das Kindergeldgesetz im 3. Bundestag von Grund auf neu gemacht werden muß. Wir halten es für falsch, am Schluß einer Legislaturperiode ein so schwieriges Gesetz durch Änderungsanträge, die das ganze Haus noch nicht kennt — sie werden gerade erst verteilt — und die es in ihren Auswirkungen in dieser Schnelligkeit nicht übersehen kann — das wäre eine Überforderung —, noch unübersichtlicher und noch weniger durchführbar zu machen.
Wir betrachten diese Novelle nach wie vor als eine ganz klare Lösung und die Verbesserungen, durch die ein Teil der Selbständigen beitragsfrei gestellt ist, keineswegs als bedeutsame Lösung. Wir wissen sehr genau, daß diese Verbesserungen für sehr viele nur auf dem Papier stehen werden. Wir wissen auch genau, daß dieser so gelobte Beschluß und die Verständigung in der Selbstverwaltung -- da gebe ich Herrn Atzenroth recht — nur für 1956 gilt und nur unter der jetzigen Situation und Belastung gesehen werden darf. Wir meinen aber, daß wir so oder so im 3. Bundestag nicht um die Reform herumkommen. In der Erhöhung des Kindergeldes und in dem Versuch einer Beitragssenkung und -befreiung in dieser Novelle sehe ich persönlich eine absolut mögliche Lösung, die die Reform im 3. Bundestag nicht verbaut. Deshalb ist innerhalb der jetzt beschlossenen Konstruktion der Antrag der FDP nicht berechtigt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Ich will mich nicht mehr zur Sache äußern; ich glaube unseren Antrag genügend begründet zu haben. Aber ich muß hier ein Wort gegen den immer wieder vorgebrachten Vorwurf sagen, daß wir jetzt zum Schluß der Arbeitsperiode Anträge im Plenum einbringen. Dieser Vorwurf ist unberechtigt. Wir können nicht anders arbeiten nur deswegen, weil Sie diese Methode der Überhastung eingeführt haben. In den letzten Wochen und Monaten werden gleichzeitig mit den Plenarsitzungen Parallelsitzungen der Ausschüsse durchgeführt. Fünfmal mußte die Arbeit des Hauses wegen Beschlußunfähigkeit unterbrochen werden. Das war in den meisten Fällen nur darauf zurückzuführen, daß die Kollegen in den Ausschüssen waren und nicht hier im Plenum.
Die Methode, die Sie hier anwenden, bedeutet eine Entmachtung des Parlaments.
Die Ausschüsse sind Hilfsorgane des Parlaments.
Dort werden aber keine Entscheidungen getroffen,
sondern das Plenum ist für die Entscheidungen
zuständig. Wenn Sie die Rechte des Abgeordneten
im Plenum beschneiden, dann beschneiden Sie die
Demokratie, und das haben Sie in den letzten
Wochen in sich stets wiederholender Form getan.
Es ist doch unmöglich, Herr Horn, daß die größte Partei hier jetzt von dieser Tribüne aus sagt: Wir werden uns, wenn Sie Anträge stellen, an der Sachdebatte nicht mehr beteiligen! — Meine Damen und Herren, dann können wir doch gleich nach Hause gehen und uns von der Teilnahme hier entbinden.
Das Recht, Anträge zu stellen und über die Anträge zu debattieren, haben wir bis zum letzten Tag.
— Ja, Herr Horn hat gesagt, Sie — die CDU — würden sich an einer Debatte über diese Anträge nicht beteiligen.
Diese Anträge müssen gestellt werden, da wir in den Ausschüssen keine Möglichkeit hatten, darüber zu debattieren.
Meine Damen und Herren, Sie müssen die Dinge nicht immer allein von Ihrem Standpunkt betrachten. Sie haben in Ihrer Fraktion so viel Mitglieder, daß sich jedes einzelne Mitglied auf eine Ausschußarbeit beschränken kann. Das ist uns nicht möglich. Bei uns muß die Arbeit von zwei, drei Ausschüssen bei einem Abgeordneten vereinigt werden.
— Der Zuruf „Wir können nichts dafür!" ist bezeichnend. Wenn Sie der Meinung sind, daß eine kleine Fraktion keine Anträge mehr stellen sollte, ist der Zuruf berechtigt. — Wir können nicht an jeder Ausschußsitzung teilnehmen, weil wir sonst gleichzeitig in mehreren Sitzungen sein müßten. Die Ausschüsse für Sozialpolitik und für Arbeit haben fast immer zur gleichen Zeit getagt, ebenso die Ausschüsse für Wirtschaftspolitik und für Verteidigung. Dann kam noch der Ausschuß für den Gemeinsamen Markt hinzu. Die Fülle der Ausschußarbeit erlaubte es uns einfach nicht, an jeder Ausschußsitzung ausreichend teilzunehmen. Daher müssen wir auf unser Recht zurückgreifen, diese unsere Anträge hier zu stellen. Davon haben wir Gebrauch gemacht, und dieses Recht dürfen Sie uns nicht beschneiden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der geordnete Professor Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Atzenroth, wir erkennen gern an, daß Ihr Änderungsantrag dem Ziele dient, die Beitragsregelung gerechter zu gestalten. Nur mache ich auf folgendes aufmerksam. Sie sehen in Ihrem Änderungsantrag, der uns jetzt vorliegt, einen Beitrag von 1 v. H. des Lohn- und Gehaltsaufkommens vor. Das ist ein überhöhter Beitrag. Sie selber haben in Ihrem Gesetzentwurf Drucksache 2421, über den in dem unter B aufgeführten Ausschußantrag — Drucksache 3657 — mit entschieden wird, im § 14 Abs. 4 einen Beitrag von 0,7 % für notwendig gehalten. Nun ist allerdings jetzt eine Erhöhung der Leistungen vorgesehen. Dem steht aber auch eine Erhöhung des Lohnaufkommens gegenüber, so daß eine Größenordnung von 0,7 oder 0,8 v. H. in Frage kommen könnte.
Wir wären bereit, für Ihren Antrag zu stimmen, wenn Sie ihn im Sinne Ihres eigenen Gesetzentwurfs korrigierten, denn es ist nicht sachdienlich, daß durch einen überhöhten Beitrag in diesem unglückseligen System der Familienausgleichskassen noch Überschüsse von vielen Millionen DM erzielt werden. Deshalb bitten wir Sie, Ihren Antrag entsprechend zu korrigieren; dann werden wir für ihn stimmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Lange.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Atzenroth, wenn o ich Ihren Antrag richtig in Erinnerung habe, so haben Sie eine Veränderung von 4800 auf 6000 — —
— Nicht? Gut, dann brauche ich das also in diesem Zusammenhang nicht zu sagen. Aber ich möchte folgende Bemerkung dazu machen.
All die grundsätzlichen Darlegungen, die Herr Kollege Atzenroth im Hinblick auf die Benachteiligung kleinerer und mittlerer Selbständiger gemacht hat, sind uneingeschränkt zu unterstreichen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf das, was wir zu diesem Punkte schon bei der Behandlung des Kindergeldgesetzes nach der Konzeption der CDU/CSU in der zweiten und dritten Lesung gesagt haben. Ich bin in der Tat der Meinung, daß man — wie hier vorgeschlagen — die durch die jetzigen Bestimmungen für die kleinen und mittleren Selbständigen geschaffenen Ungerechtigkeiten weitgehend beseitigen sollte.
Deshalb kann ich also nur noch unterstreichen, daß wir unter diesen Voraussetzungen dem Antrag zustimmen werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Um die Zustimmung der großen Partei der SPD zu unserem Antrag zu erhalten, sind wir bereit, in unserem Antrag den Satz von 1 % auf 0,8 % zu ändern. Ich stelle dementsprechend den Antrag, in unserem Änderungsantrag die Zahl „1 vom Hundert" zu ändern in „0,8 vom Hundert".
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Debatte. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf Umdruck 1260. Ich darf fragen, ob er jetzt vorliegt.
— Ich habe die Debatte geschlossen, verehrte Frau Kollegin. Wenn das Haus einverstanden ist, die Frau Kollegin zu hören, nachdem die Debatte bereits geschlossen war, — —
— Ich habe das Haus gefragt. Ich höre Zurufe verschiedensten Inhalts. Wer dafür ist, daß die Debatte, die bereits geschlossen war, wieder aufgenommen wird, um Frau Kalinke die Möglichkeit zu geben, zu sprechen, den bitte ich um das Handzeichen. —
Ich bitte um die Gegenprobe. — Wir sind uns darüber einig, daß das erste die Mehrheit war. Es haben sich zahlreiche Mitglieder des Hauses enthalten.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kalinke.
Frau Kalinke : Herr Präsident, in lakonischer Kürze: hier ist ein Änderungsantrag betreffend Leistungen und Beiträge gestellt. Beide Fraktionen haben in ihrer Begründung nicht nachgewiesen, daß bei einem Beitrag von 0,8 % die Erhöhung des Kindergeldes auf 30 Mark möglich ist. Ich bezweifle, daß es möglich ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird weiter das Wort gewünscht? — Das Wort hat der Herr Arbeitsminister.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen sagen, mit den 0,8 % sind die Leistungen, die in dem Gesetz vorgesehen sind, nicht zu erfüllen, vor allen Dingen dann nicht, wenn man die Möglichkeit haben will, eine gewisse Zahlung zum Anschluß an das neue Jahr zu leisten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Regierungsentwurf ist eine finanzielle Begründung beigegeben. Diese bezieht sich auf das Lohn- und Gehaltsaufkommen des Jahres 1955. Seitdem haben sich Erhöhungen des Lohn- und Gehaltsaufkommens vollzogen. 'Wenn man, von der Regierungsvorlage ausgehend, unterstellt, daß das gesamte Lohn- und Gehaltsaufkommen rund 70 Milliarden DM beträgt, dann kann mit einem Beitragssatz von 0,8 % eine Leistung von 30 DM Kindergeld für das dritte Kind ermöglicht werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Ich bin im Gegensatz zum Herrn Bundesarbeits-
minister der Meinung, daß der Satz von 0,8 % ausreichen wird, um auch das erhöhte Kindergeld von 30 DM aufzubringen. Die bisherigen Umlagen bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften haben das hinreichend erwiesen. Der Herr Bundesarbeitsminister hat seine Auffassung vor allem damit begründet, daß wir den Anschluß nicht verlieren dürften. Dazu darf ich darauf hinweisen, daß fast alle gewerblichen Berufsgenossenschaften die Reserve zwangsweise geschaffen haben. Das war doch der Grund, aus dem wir in dem ersten Jahr Beiträge bis zu 1,8 % erhoben haben. In den 1,8 % lag ja eine Reserve für die Familienausgleichskassen. Diese Reserven der Familienausgleichskassen reichen aus, um den Anschluß zu schaffen, von dem der Herr Bundesarbeitsminister gesprochen hat. Es besteht dann immer noch die Möglichkeit, in einem Jahr erneut zu überprüfen, ob die Zahlen angemessen und richtig sind.
Wir sind also der festen Überzeugung, daß wir unter allen Umständen mit dem Satz von 0,8 % auskommen, um das erhöhte Kindergeld von 30 DM zu gewähren. Dieser Erhöhung von 25 auf 30 DM schließen wir uns an.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Es handelt sich um den Antrag auf Umdruck 1260 in der jetzt geänderten Fassung. In der vierten Zeile soll also die Zahl 1 durch die Zahl 0,8 ersetzt werden. Sind wir uns über den Text jetzt einig?
— Dann stelle ich diesen Antrag zur Abstimmung. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nunmehr zur Ziffer 5 des Artikels 1 in der Ausschußfassung. Wer dieser Ziffer 5 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einer Reihe von Enthaltungen angenommen.
Ich rufe nunmehr den Antrag auf Umdruck 1249 Ziffer 1 auf. Es ist ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion. Wird der Antrag begründet?
- Der Antrag wird nicht begründet. Ich eröffne die Aussprache. - Ich mache darauf aufmerksam, daß noch ein Änderungsantrag hinzukommt, den der Kollege Frehsee offenbar begründen wird. Der Antrag liegt noch nicht schriftlich vor. Ich bitte, ihn vielleicht gleich mit vorzutragen. Ferner bitte ich Sie, zu prüfen, ob es in der Ziffer 2 Ihres Antrages nicht statt ,;Sätze 3 und 4" „Sätze 4 und 5" heißen muß. — Ist in Ordnung! Bitte, Herr Abgeordneter Frehsee!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei könnte unter gewissen Bedingungen dem Antrag auf Umdruck 1249 zustimmen. Er kommt den Wünschen und Forderungen der SPD-Fraktion bis zu einem gewissen Grade entgegen, aber eben nur bis zu einem gewissen Grade. Er geht nicht einmal den halben Weg, sondern kommt unseren Wünschen nur ein kleines Stück entgegen.
Mit diesem Antrag Umdruck 1249 gibt die Fraktion der CDU/CSU zu, daß in der Beitragsaufbringung der landwirtschaftlichen Betriebe ein erhebliches Unrecht bestanden hat. Sie werden sich daran erinnern, daß wir schon damals bei der Beratung des Kindergeldgesetzes den Antrag gestellt haben, die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe mit Beiträgen bis zu 12 DM im Monat von der Beitragsleistung zu befreien, und daß wir weiter beantragt haben, die Beitragsfreigrenze, die damals für die gewerblichen mittelständischen Betriebe geschaffen worden ist, auch auf die Landwirtschaft auszudehnen. Alle diese Anträge sind seinerzeit abgelehnt worden.
Nun bezweckt der Antrag Umdruck 1249, daß jene landwirtschaftlichen Betriebe von der Beitragsleistung zum Kindergeldgesetz befreit werden sollen, deren Beitrag nicht mehr als 10 DM im Jahr beträgt. Dieser Betrag erscheint uns zu niedrig. Wenn Sie bedenken, welche Vergünstigungen jetzt in Nr. 5 mit dem § 11 Abs. 1 des Kindergeldgesetzes für die mittelständischen gewerblichen Betriebe geschaffen werden, nämlich die absolute und obligatorische Befreiung der Einkommen bis zu 4800 DM, ferner die Beitragsfreiheit für einen mithelfenden Familienangehörigen, die Befreiung der Betriebe, die keine größere Lohnsumme als 6000 DM haben, und schließlich die Befreiung der Betriebe, die Arbeitskräfte nur bis zu 300 Arbeitstagen im Jahr beschäftigen, dann werden Sie verstehen, daß die 10 DM in keiner Weise den Vergünstigungen, die der gewerblichen Wirtschaft gegeben werden sollen, entsprechen. Die Regierungsvorlage hat seinerzeit schon eine Gleichstellung der kleinen landwirtschaftlichen Betriebe mit den kleinen gewerblichen Betrieben beabsichtigt. Sie sah vor. daß in der Landwirtschaft Betriebe mit einem Einheitswert bis zu 6000 DM von der Beitragsleistung befreit werden sollten. Das entspräche einem Einkommen von 4800 DM, von dem bei den gewerblichen Betrieben ausgegangen wird. Im übrigen sollte in der Landwirtschaft — nach der Regierungsvorlage — ein Beitragssatz in Höhe von 0,2 % des Einheitswertes erhoben werden. Dieser Beitragssatz sollte — wiederum nach der Regierungsvorlage und ihrer. Begründung — einem Beitragssatz von 1 % der Lohnsumme in der gewerblichen Wirtschaft entsprechen.
Schon daraus geht hervor, daß der Beitrag von 0,2 % vom Einheitswert in der Landwirtschaft 12 DM betragen haben würde. Diese 12 DM wären einem beitragsfreien Einkommen von 4800 DM vergleichbar. insofern ist dieser Beitrag von 10 DM schon zu niedrig. Im übrigen entspricht er nicht den drei weiteren Vergünstigungen, die für die gewerbliche Wirtschaft geschaffen werden sollen und von denen ich soeben gesprochen habe.
Aus diesen Gründen beantragen wir, den Änderungsantrag Umdruck 1249 dahin zu ändern, daß in § 11 Abs. 2 Satz 2 der Betrag von 10 DM auf 18 DM erhöht wird. Diese 18 DM entsprechen den Befreiungsgrundsätzen der gewerblichen Wirtschaft in § 11 Abs. 1.
Wir beantragen im übrigen, daß die Sätze 4 und 5 auf Umdruck 1249 gestrichen und durch folgende Sätze ersetzt werden:
Der Beitragsausfall ist vom Bund zu übernehmen. Es erfolgt Pauschalabgeltung.
Mit diesem Antrag befinden wir uns auf dem
Boden des einstimmig beschlossenen Landwirt-
schaftsgesetzes. In diesem Gesetz heißt es ausdrücklich, daß eine Angleichung erfolgen soll, insbesondere in sozialer Beziehung. Diese Angleichung kann bei dieser Gelegenheit und in diesem Falle erreicht werden. Wir sind sehr wohl der Auffassung, daß die Grünen Pläne auch Mittel für solche sozialpolitischen Zwecke vorsehen sollten. Es ist Ihnen bekannt, daß für einige andere sozialpolitische Zwecke, obschon die Sozialpolitik im Katalog der Mittel des Landwirtschaftsgesetzes nicht aufgeführt ist, eine Förderung schon erfolgt.
Wir beantragen weiter, zu bestimmen, daß Pauschalabgeltung erfolgt, d. h. daß nicht im Einzelfall, sondern insgesamt dem Gesamtverband bzw. den bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften errichteten Familienausgleichs-kassen der Beitragsausfall auf Grund dieser Befreiung bis zu 18 Mark vom Bund erstattet wird.
Unter diesen beiden Bedingungen kann die Fraktion der SPD dem Antrag Umdruck 1249 der Fraktion der CDU/CSU zustimmen. Wenn Sie dem Änderungsantrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Ihre Zustimmung verweigern, sieht sich die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei leider nicht in der Lage, dem Antrag der CDU Umdruck 1249 zuzustimmen, weil die dort vorgesehene Regelung den tatsächlichen Erfordernissen nicht entspricht und sich mit sozialer Gerechtigkeit im Verhältnis zwischen den gewerblichen Kleinbetrieben und den landwirtschaftlichen Kleinbetrieben nicht vereinbaren läßt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf um eine Berichtigung bitten. Habe ich recht gehört, daß die Zahl 10 in „18" im Satz 2 geändert werden soll? Es ist der Satz 3. — Ich darf den Text also dahin ändern, daß in Satz 3 die Zahl 10 in „18" geändert wird.
Ich frage, ob weitere Wortmeldungen vorliegen? — Bitte, Frau Kalinke!
Frau Kalinke : Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Antrag der CDU/CSU — so gut seine Absicht sein mag — und die Debatte, die er soeben ausgelöst hat, sind ein deutlicher Beweis dafür, wie falsch es ist, Bonbons zu verteilen, ohne genau zu wissen, wer die Bonbontüte füllt und wer die Sache zu bezahlen hat. Hier zeigt sich nämlich, daß man der Landwirtschaft entgegenkommen will, sehr stolz ist auf den funktionierenden Ausgleich, der sofort nicht mehr funktionieren wird, wenn die gewerbliche Wirtschaft zum Ausgleich wieder mehr bezahlen soll.
Der Kollege von der SPD hat völlig recht, wenn er sagt, mit sozialer Gerechtigkeit habe das alles nicht mehr viel zu tun. Es zeigt sich eben, daß dann, wenn man Flicken auf Flicken setzt aus dem Wunsch, einzelnen Gruppen einen Gefallen zu tun, diese Flicken nicht mehr Wohltat sind, sondern gelegentlich zu sehr großen Schwierigkeiten führen können.
Was mich aber veranlaßt hat, hier noch einmal herzukommen, ist die Forderung nach dem berühmten Staatszuschuß, die zwangsläufig kommen mußte. Diese Forderung nach dem Staatszuschuß für die freien Berufe wird in diesem Hause nicht aufhören, bis wir uns endlich zu einer Konzeption entschließen, nach der Arbeitnehmer und Selbständige in Sozialgesetzen nicht nach gleichen Grundsätzen behandelt werden.
Ich halte die Änderungsanträge nicht für berechtigt, weil sie die schon schwierige Konzeption des Gesetzes noch mehr komplizieren. Im Enderfolg wird sich zeigen — im 3. Bundestag —, daß diese Novelle nicht praktikabel ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Weitere Wortmeldungen? — Herr Professor Schellenberg!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Kalinke hat anerkannt, daß es ein unmögliches Verfahren ist, hier Freibeträge für die Landwirtschaft zu schaffen und durch den gleichen Antrag zu bestimmen, daß die übrige Wirtschaft den durch diese Freibeträge entstehenden Ausfall aufbringen muß. Aber Frau Kollegin Kalinke hat sich gleichzeitig gegen unseren Antrag gewandt, das entstehende Defizit durch einen Staatszuschuß zu decken.
Frau Kollegin Kalinke, ich darf Sie an den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der Deutschen Partei vom 28. Juni 1956 erinnern, jenen Antrag, durch den die Bundesregierung beauftragt wurde, bis Oktober 1956 einen Gesetzentwurf zur Neuordnung der Kindergeldgesetzgebung vorzulegen. Es heißt in diesem Antrag:
Bei der Neuregelung sollen vor allem diejenigen Härten und Unbilligkeiten beseitigt werden, die nach den zur Zeit geltenden Bestimmungen bei der Beitragsfestsetzung ... insbesondere bei den Selbständigen und freien Berufen entstanden sind.
Dann heißt es weiter:
In diesem Zusammenhang ausfallende Finanzierungsmittel sind gegebenenfalls auf den Bundeshaushalt zu übernehmen.
Das hat das Plenum beschlossen. Die Sozialdemokraten nehmen mit ihrem Änderungsantrag lediglich den Antrag der CDU/CSU und der Deutschen Partei auf.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Kalinke.
Frau Kalinke : Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich antworte Herrn Schellenberg: Bei der Neuordnung werden wir über diese Frage sowie über die Frage der Mittelaufbringung für die Leistungen für das zweite Kind in aller Verantwortung und auch im Geiste dieser Entschließung mit Ihnen diskutieren. Heute handelt es sich nicht um eine solche Neuordnung!
— Ich nicht! Ich weiche nie aus!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Klausner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte hier feststellen, daß ich nur für meine Person und als Bauer zu dieser Sache spreche.
Es ist meine Auffassung, daß man auch im bäuerlichen Bereich Sozialpolitik zu betreiben hat und
daß man um der Landwirtschaft willen Agrarpolitik zu betreiben hat. Aber es widerstrebt mir — es möge mir nicht verübelt werden, wenn ich es hier ausspreche —, einer gesetzlichen Regelung zuzustimmen, wie sie hier beabsichtigt ist.
Nach dem Kindergeldgesetz bringen die landwirtschaftlichen Familienausgleichskassen ein Drittel der Aufwendungen für die Landwirtschaft auf, während zwei Drittel von der gewerblichen Wirtschaft aufgebracht werden müssen. Zu dieser Regelung hat man sich seinerzeit entschlossen. Es war uns klar, daß es unmöglich ist, die kleinen Landwirte ähnlich von der Umlage zu befreien, wie es in der gewerblichen Wirtschaft der Fall ist. Wir sahen allerdings ein, daß irgendeine Regelung gesucht werden müßte, die eine solche Möglichkeit zuläßt.
Auf Grund der Besitzstruktur in der Landwirtschaft ist es schwierig, ja, ich möchte sagen, nahezu unmöglich, eine Befreiung für die Landwirtschaft durchzuführen. Nach dein Antrag der CDU/CSU soll die Befreiung so aussehen, daß Beiträge bis zu 10 DM nicht erhoben werden. Die dadurch entstehende Belastung soll auf die Familienausgleichskassen der gewerblichen Wirtschaft verlagert werden.
Mir paßt diese Methode nicht. Ich möchte eine klare Überschau der Verhältnisse. Ich möchte auch nicht, daß unseren Landwirten von der gewerblichen Wirtschaft gesagt wird: Wir haben für euch Beiträge aufzubringen. Wir Landwirte werden schon wegen der seinerzeitigen Regelung dann und wann kritisiert. Die Gemüter haben sich heute mehr oder minder beruhigt. Wenn aber die jetzt vorgeschlagene Neuregelung hinzukäme, hätte der gewerbliche Teil der Wirtschaft durchaus ein Recht, uns um dieser Regelung willen schärfstens anzugreifen. Ich stehe auf dem Standpunkt, wenn es nicht möglich ist, eine sozialpolitische Regelung zu treffen, daß man die kleinen Betriebe befreit — man kennt hier die grundsätzliche Einstellung im Ausschuß; Herr Frehsee, Sie wissen um diese Einstellung —, muß es eine Agrarpolitik möglich machen, daß auch diese kleinen Betriebe ihre Belastung tragen.
Das wollte ich zu diesem Gesetzentwurf zum Ausdruck gebracht haben und möchte erklären, daß ich gegen diesen Antrag stimmen werde.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Bausch!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte nicht das Wort ergriffen, wenn nicht mein verehrter Herr Vorredner zu diesem Antrag der CDU/CSU-Fraktion auf Umdruck 1249 in negativem Sinne Stellung genommen hätte. Ich möchte für meine Person sagen, daß ich den Versuch, das Kindergeldgesetz auf eine annehmbare und vertretbare Basis zu stellen, als gescheitert ansehe, wenn es nicht möglich ist, durch Annahme des Antrages Umdruck 1249 gewisse Ungerechtigkeiten und Unmöglichkeiten dieses Gesetzes zu beseitigen. Die Dinge liegen so, daß es sich bei der bisherigen Lösung des Gesetzes nicht etwa darum handelte, landwirtschaftliche Kleinbetriebe mit einzubeziehen. Nein. es handelte sich darum, daß auch solche Eigentümer von Grundstücken für die Aufbringung des Kindergeldes
herangezogen werden, die überhaupt keinen landwirtschaftlichen Betrieb haben, sondern nur Eigentümer eines kleinen oder kleinsten Grundstückes sind. Bisher mußte eine Witwe, die von der Fürsorge unterhalten wird und keinerlei Einkommen bezieht, aber einen kleinen Acker besitzt, Kindergeld zahlen. Diese völlig unhaltbare, dem elementarsten Empfinden für Gerechtigkeit widersprechende Situation muß beseitigt werden. Das ist der Sinn des Antrages Umdruck 1249, und das war auch der Sinn der Regierungsvorlage.
Nach Ziffern 5 und 6 der Regierungsvorlage, Drucksache 3490, sollten erstens Freigrenzen für gewerbliche Betriebe, zweitens gewisse Freigrenzen für landwirtschaftliche Betriebe und für landwirtschaftliche Grundbesitzer geschaffen werden. Im Ausschuß ist die Freigrenze für die gewerblichen Betriebe akzeptiert, aber die Freigrenze für den ganzen Landwirtschaftssektor abgelehnt worden. Dies ist ganz und gar unmöglich. Man muß diese Freigrenze auch für den ganzen landwirtschaftlichen Sektor schaffen. Ich glaube, daß der Antrag Umdruck 1249 dies in guter und nützlicher Weise bezweckt.
Ich habe mich heute früh mit der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft meines Heimatlandes in Verbindung gesetzt. Dort wurde mir bestätigt, daß dann, wenn die mit Umdruck 1249 erstrebte Freigrenze von 10 DM festgesetzt würde, diejenigen Grundbesitzer, deren Grundvermögen einen Einheitswert von weniger als 3300 DM hat, von der Aufbringung des Kindergeldes befreit würden. Das wäre noch nicht das, was im Regierungsentwurf vorgesehen ist, wo von einem freizustellenden Einheitswert von 6000 DM an abwärts die Rede ist. Es besteht offenbar Einigkeit darüber, daß man diese weitergehende Freigrenze im Rahmen dieser Teilreform heute nicht festsetzen kann, daß aber eine 10-DM-Freigrenze doch die schlimmsten Härten beseitigen würde. Das ist mir von der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft meines Heimatlandes bestätigt worden. Deshalb möchte ich Sie dringend bitten, dem Antrag Umdruck 1249 Ihre Zustimmung zu geben.
Über die Frage, wer für die Kosten aufkommen soll, kann man natürlich dieser oder jener Meinung sein. Ich persönlich neige dazu, zu sagen: dafür soll der Bund aufkommen. Ich könnte dem Antrag der SPD insofern meine Zustimmung geben. Aber ich fürchte, ein solcher Beschluß hätte zur Folge, daß wir im Haushaltsausschuß erst wieder über eine Deckungsvorlage beraten müßten.
In diesem Fall wäre die Verabschiedung dieser Teilreform, die ohne Zweifel gewisse Verbesserungen für dieses umstrittene Gesetz bringt, heute überhaupt nicht möglich.
Darum gibt es, wenn wir die schlimmsten Mängel dieses Gesetzes beseitigen wollen, im jetzigen Zeitpunkt nur diesen einen Weg, nämlich den, der in dem Antrag Umdruck 1249 gezeigt ist. Im nächsten Bundestag muß man an eine grundsätzliche Reform dieses Gesetzes herangehen. Das ist meine persönliche Meinung, die von zahlreichen Kollegen meiner Fraktion geteilt wird.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Abgeordnete Kalinke hat das Wort.
Darf ich bitten, bei der weiteren Debatte den soeben mit § 96 der Geschäftsordnung ange-
sprochenen Gedanken zu erörtern im Hinblick auf die Formulierung, die in Art. VII der vom Ausschuß vorgelegten Fassung des Gesetzentwurfs zu Nr. 5 schon getroffen ist, während nach dem Änderungsantrag Umdruck 1249 Ziffer 2 die Nr. 5 a auch unter die Klausel fallen soll, wonach das Gesetz insoweit erst am 1. Januar 1958 in Kraft tritt.
Bitte, Frau Kalinke!
Frau Kalinke : Herr Kollege Bausch hat es jetzt ganz deutlich gemacht, und, meine Herren und Damen, ich fühle mich verpflichtet, Ihnen an Hand dieser Ausführungen einmal die Problematik in ihrem vollen Umfange vor Augen zu stellen. In seinem Wahlkreis sind viele kleine Bauern. Die dortige landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft ist der Auffassung, daß bei Annahme seines Antrags ein bestimmter Teil beitragsfrei ist. Das ist zu verstehen. Ich weiß nicht, ob er auch die dortige Handwerkskammer und die gewerbliche Wirtschaft in seinem Wahlkreis gefragt hat. Ich weiß auch nicht, was die nun bezahlen muß, wenn ein Staatszuschuß — und da stimme ich Ihnen zu — jetzt mit Rücksicht darauf, daß man das Gesetz nicht torpedieren will, nicht hineinkommen kann. Das heißt, daß eine weitere Beitragseinnahme ausfällt. Eine weitere Umlagenerhöhung ist die Konsequenz. Streichelt man den einen, haut man den anderen. Das wollen wir eben nicht, weil wir meinen, daß in der Sozialpolitik zumindest der Versuch eines sozialen Ausgleichs gemacht werden muß.
Auch in dieser Debatte, die ich nicht verlängern will, zeigt sich, wie hier ohne jede Grundkonzeption an einer Sache, die schlecht ist, geflickt wird. Spätestens bei der Anpassung der Gesetzgebung der Saar werden wir über alle diese Grundsatzfragen zu sprechen haben: den Staatszuschuß, die Leistungen für das dritte Kind, die Aufbringung der Mittel für die Selbständigen, wie über die Frage, ob die Selbständigen in die gesetzliche Regelung hinein- oder aus ihr herausgenommen werden müssen. Ziehen Sie Ihren Antrag zurück und betrachten Sie die Novelle, die Sie hier eingebracht haben, als eine Übergangslösung, damit wir im 3. Bundestag gemeinsam eine Reform machen können!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Minister.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie, sich den wirklichen Sachverhalt noch einmal vor Augen zu stellen. Bei einer Erhöhung des Kindergeldes vom dritten Kind an auf 30 DM haben wir insgesamt einen Bedarf von 550 Millionen DM. Die Annahme des Änderungsantrages hätte zur Folge, daß bei den landwirtschaftlichen Kindergeldkassen eine Mindereinnahme von 10 Millionen DM eintritt, die nachher im Lastenausgleich zwischen den Kassen ausgeglichen werden müßte. Das ist nun eine Größenordnung, über die man nicht allzu lange streiten sollte, vor allem wenn man bedenkt, daß die ganze Kindergeldregelung mit auf dem Gedanken aufgebaut ist, daß das Kind von heute letzten Endes der Arbeitnehmer von morgen ist.
Hier kommt es doch darauf an, ob es in Wirklichkeit für die gewerblichen Berufsgenossenschaften
soviel ausmacht, wenn ein Betrag von 10 Millionen DM für die Kinder mehrausgegeben wird, die in der Zukunft die Arbeitnehmer in unserer Wirtschaft sein werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Größenordnung ist zwar wichtig, aber sie ist für die Frage, die hier zur Entscheidung steht, nicht der maßgebende Gesichtspunkt. Es handelt sich darum, daß nicht noch eine weitere Verlagerung zu Lasten der allgemeinen Wirtschaft stattfinden soll. Der Herr Bundesarbeitsminister vertritt die Auffassung, es handele sich um eine Größenordnung von 10 Millionen DM. Um so leichter sollte es sein, diesen Betrag auf dien Haushalt zu übernehmen, zumal da das Gesetz in dieser Hinsicht erst mit Wirkung vom 1. Januar 1958 in Kraft treten soll, es sich also für den laufenden Haushalt um eine Größenordnung von nur 21/2 Millionen DM handelt.
Man wird jetzt mit dem Argument kommen, das Gesetz könne bei Überweisung an den Haushaltsausschuß nicht mehr verabschiedet werden. Der Haushaltsausschuß tagt, wie wir alle gehört haben, heute nachmittag. Ich glaube, eine solche Größenordnung wird der Haushaltsausschuß noch in seine freundliche Beratung nehmen können.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Weber.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte in aller Kürze zu dem Änderungsantrag Umdruck 1249 wie folgt Stellung nehmen. Ich betone den Gesichtspunkt, den der Abgeordnete Bausch vorgebracht hat: Dieser Entwurf bringt in Wirklichkeit eine Vereinfachung. Es ist nicht so — wie Frau Kalinke es soeben dargestellt hat —, daß es nur um eine Verlagerung von der Landwirtschaft auf die gewerbliche Wirtschaft und, wie Herr Professor Schellenberg gesagt hat, auf die übrige Wirtschaft geht. In vielen Gegenden, gerade im ehemaligen Realteilungsgebiet, haben die Inhaber von gewerblichen Betrieben und andere Leute kleine Grundstücke geerbt. Jeder zahlt heute von dem kleinen Grundstück nach einem großen Verrechnungsverfahren seinen Beitrag zur Familienausgleichskasse. Nach dem Antrag Umdruck 1249 wird dieses Verfahren abgesetzt, und wir kommen zu einer Vereinfachung.
Im übrigen darf ich noch sagen, daß die Sonderstellung der Landwirtschaft, gerade der kleinen Betriebe, ihre Berechtigung hat und daß das Verlagern auf die übrigen Wirtschaftszweige ebenfalls berechtigt ist, weil in der Landwirtschaft vorwiegend alte Leute und Kinder, gerade kinderreiche Familien, tätig sind. Andere Berufsgruppen, die am günstigsten gestellt sind, z. B. die Metallindustrie, haben vorwiegend jugendliche, unverheiratete Kräfte. Bei ihnen ist der Anspruch nicht so groß wie das Aufkommen. Schon deshalb dürfte die Verlagerung auf die Allgemeinheit meiner Ansicht nach absolut richtig sein. Das wollte ich noch ergänzend dazu sagen.
Ich möchte den Antrag der CDU/CSU auf Umdruck 1249 unterstützen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Bausch hat das Wort.
Meine Damen und Herren, ich möchte nur noch eine Zahl bekanntgeben, die sehr wichtig ist, wenn man die Bedeutung des Antrags Umdruck 1249 abschätzen will. Bei den Diskussionen in der Vergangenheit hat man immer wieder erklärt, es sollten nur landwirtschaftliche Betriebe im Vollsinn des Wortes erfaßt werden. Alle Besitzer von kleinen Grundstücken sollten von der Heranziehung zur Aufbringung des Kindergeldes ausgenommen sein. Dieses Ziel, das man immer wieder aufgestellt hat, würde durch den vorliegenden Antrag Umdruck 1249 erreicht. Im Bereich meines Landes würden durch die Festsetzung der Freigrenze auf 10 DM nicht weniger als 61 % der Beitragspflichtigen im Sektor Grundbesitz von der Aufbringung der Mittel für das Kindergeld befreit werden. Diese 61 % brachten bisher 19,3 % der Beiträge im landwirtschaftlichen Sektor auf. Man würde eine Unmasse von völlig sinnloser Verwaltungsarbeit einsparen, und es würde ohne Zweifel zwar keine hundertprozentige, aber doch eine wesentlich sinnvollere und bessere Lösung geschaffen werden, wenn der Antrag Umdruck 1249 angenommen würde.
Ich sage nochmals, die Frage des Zuschusses des Bundes ist durchaus diskutabel. Ich bin überzeugt, daß man bei einer vernünftigen Dauerlösung nicht auf solche Zuschüsse verzichten kann. Ich glaube aber nicht, daß man einen solchen Plan im jetzigen Augenblick noch verwirklichen kann. Herr Professor Schellenberg, Sie haben gesagt, der Haushaltsausschuß tage permanent. Bitte, gehen Sie einmal in diesen Ausschuß und versuchen Sie, dort Deckungsmittel zu beschaffen! Sie werden sehen, daß das ein schweres Vorhaben ist. Ich zweifle daran, ob es uns im jetzigen Zeitpunkt noch gelingen wird, eine Dekkung für diesen Betrag zu erhalten. Er ist tatsächlich — da stimme ich dem Herrn Arbeitsminister durchaus zu — keinesfalls von sehr erheblicher Bedeutung.
Es wäre in der Tat gut, wenn wir deshalb dem Antrag zustimmten und, um nicht die ganze Vorlage zu gefährden, darauf verzichteten, uns jetzt noch um Deckungsvorlagen zu bemühen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor; die Debatte ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 1249 Ziffer 1 in Verbindung mit dem Änderungsantrag der SPD, der Ihnen nunmehr auf Umdruck 1264 vorliegt. Über den Änderungsantrag zum Änderungsantrag muß vorab entschieden werden. Ich stelle also den Antrag unter Ziffer 1 des Umdrucks 1264 — wonach bei dem Antrag der CDU „10 Deutsche Mark" in „18 Deutsche Mark" geändert werden soll — zur Abstimmung. Wer diesem Antrag zustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Ich stelle weiter den zweiten Änderungsantrag der SPD auf Umdruck 1264 Ziffer 2 zur Abstimmung, wonach die Sätze 4 und 5 im Antrag der CDU gestrichen und durch die kurzen Sätze in dem Antrag der SPD ersetzt werden sollen:
Der Beitragsausfall ist vom Bund zu übernehmen. Es erfolgt Pauschalabgeltung.
Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die
Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag auf Umdruck 1249 Ziffer 1 in seiner ursprünglichen Fassung. Wer für diesen Antrag zu stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist angenommen.
Nun bleiben noch die folgenden Bestimmungen zu verabschieden, die ich wohl insgesamt aufrufen darf, weil weitere Änderungsanträge mit Ausnahme von Anträgen über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes nicht vorliegen und weil die anderen Anträge in Umdruck 1255 zurückgezogen sind. Ich rufe also in Artikel I die Ziffern 6, — 7 und 8 auf, weiter die Artikel II, — III, — IV, — V, — VI. -- Ich stelle diese Bestimmungen zur Debatte. — Wortmeldungen liegen nicht vor, die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über die eben aufgerufenen Bestimmungen von Artikel I Ziffer 6 bis zum Schluß. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Die aufgerufenen Bestimmungen sind angenommen.
Zu Artikel VII liegt auf Umdruck 1249 Ziffer 2 ein Änderungsantrag vor. Er hat rein textliche Bedeutung. Er bestimmt nämlich, daß in diesem Artikel VII die Zahl „5" durch die Zahl „5 a" ergänzt wird. Damit ist ein Hinweis auf den soeben angenommenen Antrag der CDU/CSU — Umdruck 1249 Ziffer 1 — gegeben.
Ich glaube, das Wort hierzu wird weder zur Begründung noch zur Debatte gewünscht. — Ich stelle das hiermit fest.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe dazu Artikel VII in der durch Umdruck 1249 Ziffer 2 ergänzten Fassung auf. Wir ihm in der Ausschußfassung einschließlich Einleitung und Überschrift, die ich mit aufrufe, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen. Damit ist die zweite Beratung geschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die Generaldebatte. Wortmeldungen
liegen nicht vor. Die Generaldebatte ist geschlossen.
Änderungsanträge zur dritten Lesung liegen nicht vor.
— Ich habe nichts bekommen.
— Ich bitte um Entschuldigung, der Umdruck 1258 war beim Büro eingegangen, lag mir aber nicht vor. Ich muß also korrekterweise diesen Umdruck 1258 zur Abstimmung stellen. Ich nehme an, daß er sich auch in Ihrem Besitz befindet. Wird dieser Antrag begründet? — Bitte, Herr Kollege Regling!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon bei den Beratungen im Dezember 1955 hatten wir erneut versucht, eine grundsätzliche Änderung in das Gesetz hineinzubringen. Eine Reihe der CDU-Abgeordneten, die ständig mit den Selbständigen, mit den Inhabern von kleinen und mittleren Betrieben zusammen waren, waren zu-
nächst auch bereit, diese Änderung mitzumachen. Ein namhafter Kollege der Fraktion hat dann erklärt: „Aber, meine Herren, bedenken Sie doch: Wir wissen allmählich, daß wir bei dem Gesetz etwas falsch gemacht haben, und das wollen wir selber wieder bereinigen." Für das Wort „falsch" hat er noch etwas anderes gesagt; aber das möchte ich hier nicht wiederholen, das wäre nicht ganz parlamentarisch. Immerhin hat er gesagt, Sie wollten das selbst bereinigen. Nun, man könnte dafür ein gewisses Verständnis aufbringen. Aber dann hieß es auf meine weitere Frage, wann das denn geschehen solle — denn wir hatten ja schon eine einjährige Praxis des Gesetzes hinter uns —: „In spätestens einem halben Jahr werden wir bzw. die Regierung eine neue Vorlage einbringen, und wir werden selbst all diese Dinge, die wir j a genauso kennen wie Sie von der Opposition, bereinigen." Nun, das halbe Jahr ist dahingegangen. Es sind jetzt anderthalb Jahre danach, die Regierungsvorlage bringt keine grundsätzliche Änderung, und Sie haben unseren heutigen Änderungsanträgen wiederum nicht zugestimmt.
Wir haben jetzt in der dritten Lesung nur nochmals den Wunsch, zum mindesten die Belastungen, die für die kleinen und mittleren Betriebe nach wie vor bestehen, zu erleichtern. Das bezwecken unsere Änderungsanträge auf Umdruck 1258. Ich brauche sie Im einzelnen nicht zu verlesen; ich nehme an, daß inzwischen nicht nur der Herr Präsident, sondern alle Abgeordneten sie vor sich liegen haben. Die einzelnen Punkte beziehen sich nacheinander auf diese Frage. Sie haben auch die Eventualanträge vorliegen. Ich darf wie schon meine Vorredner mich kurz fassen und auf den Antrag Umdruck 1258 selbst verweisen.
Unser Wunsch ist es, da wir eine grundsätzliche Änderung nicht mehr erreichen können, zu einer weniger starken Belastung gerade für die kleineren und mittleren Betriebe zu kommen. Sie selbst
— jeder einzelne von Ihnen, der mit diesen Dingen zu tun hat — haben oft genug das gleiche auch in Ihren Versammlungen und in der Fachpresse betont. Jetzt kommt es nur noch darauf an, ob Sie bereit sind, hier das zu tun. Wenn Sie auch in der zweiten Lesung unsere Vorschläge wieder abgelehnt haben, so haben Sie jetzt in der dritten Lesung die Möglichkeit, unseren Änderungsanträgen Ihre Zustimmung zu geben. Wir wollen einmal — unter Ziffer 2 des Umdrucks 1258 — nur diejenigen Selbständigen beitragspflichtig machen, die für Arbeitnehmer Beiträge zu Berufsgenossenschaften zahlen. In den weiteren Änderungsanträgen haben wir vorgesehen, daß die Gesamtbelastung — eine Begründung ist vorhin auch schon gegeben worden
— nicht 1 % der Lohnsumme betragen soll, sondern nur 0,7%. Sie haben also, wie gesagt, jetzt nochmals die Gelegenheit, das, was Sie draußen immer wieder versprochen haben, zu verwirklichen. Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf darauf hinweisen, daß nach einer Mitteilung der antragstellenden Fraktion hiermit die Anträge zu Art. I Ziffern 1, 2 und 3 insgesamt begründet sind. Ich darf wohl weiter feststellen, Herr Professor Schellenberg, daß es sich bei dem zweiten Abschnitt, der mit den Worten beginnt „Im Falle der Ablehnung des Antrages unter Nr. 3", um Eventualanträge handelt. Aber ich bitte noch um Mitteilung, ob nur
Ziffer 4 ein Eventualantrag ist oder die Ziffern 4, 5, 6 und auch der Antrag zu Art. VII.
— Danke schön. Ich stelle die Anträge zur Aussprache. — Wortmeldungen liegen nicht vor; die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.
Ich rufe auf den Antrag Umdruck 1258 zu Art. I Ziffer 1. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe auf den Antrag zu Art. I Ziffer 2 auf Umdruck 1258. Wer diesem Antrag stattzugeben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe den Antrag Ziffer 3 auf, der Nr. 5 eine neue Fassung zu geben. Wer diesem Änderungsantrag stattzugeben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag Ziffer 3 ist abgelehnt.
Wir kommen zum Eventualantrag auf Seite 2 des Umdrucks 1258 unter Ziffer 4, den ich hiermit aufrufe. Wer dem Eventualantrag unter Ziffer 4 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Abgelehnt.
Ich rufe den Antrag Ziffer 5 auf, wonach eine neue Nr. 5 a eingefügt werden soll.
— Bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem die Mehrheit in der zweiten Beratung dem Änderungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion auf Festlegung einer Beitragsfreigrenze in der Landwirtschaft nicht zugestimmt hat, darf ich in der dritten Beratung in der gleichen Angelegenheit unseren Eventualantrag unter Ziffer 5 des Umdrucks 1258 begründen, der dahin geht, daß hinter § 11 als § 11 a die in dem Regierungsentwurf Drucksache 3490 in Art. 1 Nr. 6 für § 12 vorgesehene Bestimmung mit der Maßgabe eingefügt wird, daß im Abs. 1 die Worte „6000 Deutsche Mark" durch die Worte „8000 Deutsche Mark" ersetzt werden.
Es handelt sich um das gleiche Problem, über das wir in der zweiten Beratung ausführlich gesprochen haben, nämlich darum, daß die Landwirtschaft in bezug auf die Beitragsleistung in etwa der gewerblichen Wirtschaft gleichgestellt wird; insbesondere soll das für die kleineren landwirtschaftlichen Betriebe gelten.
Wir beantragen in der dritten Beratung nichts anderes, als daß die in der Regierungsvorlage zur Änderung des Kindergeldgesetzes vorgesehene Neuregelung für die Landwirtschaft Platz greift. Danach soll der Beitragssatz von 0,2 v. H. des Einheitswertes erhoben, und es sollen alle Betriebe mit Einheitswerten unter 6000 DM befreit sein. Wir beantragen, die Zahl 6000 durch 8000 zu ersetzen.
Mit dieser Regelung der Regierungsvorlage ist eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung verbunden, wenn die Beiträge von den Finanzämtern erhoben werden; sie erheben ja auch die Rentenbankgrundschuldzinsen der Landwirtschaft. Für die
Finanzämter bedeutet daher diese Regelung keine fremdartige, neue Aufgabe, sondern sie ist ihnen schon aus ihrer Aufgabe bei den Rentenbankgrundschulden bekannt.
Wir sind der Auffassung, daß auch die übrigen Regelungen dieses Paragraphen in der Regierungsvorlage in das Gesetz zur Neuregelung einzelner Vorschriften des Kindergeldgesetzes aufgenommen werden sollten. Es besteht keine Veranlassung, diese Regelungen aus irgendwelchen Verwaltungsgründen nicht zu akzeptieren.
Sie wissen, daß der Sozialpolitische Ausschuß wegen seiner Überbeanspruchung in den letzten Wochen die Regierungsvorlage nicht diskutiert, sondern eben nur ein Kurzgesetz zur Änderung einzelner Vorschriften des Kindergeldgesetzes beschlossen hat. Aber wir von der sozialdemokratischen Fraktion sind der Auffassung, daß dann, wenn die dringendsten Fragen neu geregelt werden sollen, auch die Frage der Beitragserhebung und des Beitragsausmaßes in der Landwirtschaft geregelt werden muß.
Es ist außerordentlich bedauerlich, Herr Kollege Bausch, daß wir zweieinhalb Jahre nach Verabschiedung des Kindergeldgesetzes von Ihnen die gleichen Argumente hören, die wir damals sehr eindringlich vorgetragen haben.
Ich habe schon bei der Begründung des Änderungsantrages in Ihre Erinnerung zurückgerufen, daß wir seinerzeit nur die Befreiung bis zu 12 DM Jahresbeitrag beantragt haben. Hätten Sie das damals akzeptiert, dann hätten Sie die Schwierigkeit mit den vielen landwirtschaftlichen Kleinstbetrieben, mit den Eisenbahnern, die vielleicht 40 Ar Land haben und dafür einen Kindergeldbeitrag zahlen, mit all den Rentnern, die vielleicht nur 2,60 DM zahlen — aber immerhin bedrückt sie das, und es hat sie getroffen — nicht gehabt.
Ich bin davon überzeugt, daß wir die Gleichstellung der Landwirtschaft, wie wir sie in der zweiten Beratung beantragt haben und wie sie auch die Regierungsvorlage vorsieht, in einiger Zeit doch vornehmen müssen, weil sie notwendig und gerechtfertigt ist. Warum dann nicht jetzt? Jetzt würde sie von der Landwirtschaft dankbar begrüßt werden, und sie ist jetzt genauso notwendig wie in zwei Jahren, wo wir vielleicht darüber sprechen werden, so wie wir heute über die Befreiung der Beiträge bis zu 10 DM sprechen, was wir ebenfalls schon im November 1954 — vor mehr als zwei Jahren — hier gefordert haben.
Ich bitte Sie aus all diesen Überlegungen dringend, im Interesse der Sache dem Antrag der Fraktion der SPD unter Ziffer 5 stattzugeben, der die Einfügung des Vorschlags der Regierungsvorlage vorsieht mit der Änderung, den Einheitswert von 6000 auf 8000 DM zu erhöhen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte zu Ziffer 5 des Antrags Umdruck 1258 ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag Ziffer 5 des Umdrucks 1258 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe auf den Änderungsantrag Umdruck 1258 Ziffer 6. Soll er begründet werden? — Das ist nicht der Fall. Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte hierzu ist geschlossen. Wer dem Antrag Ziffer 6 auf Umdruck 1258 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einer Reihe von Enthaltungen abgelehnt.
Ich rufe den Art. VII auf. — Ich glaube, der Art. VII fällt weg. Ich stelle das fest.
Vor der Schlußabstimmung haben Herr Abgeordneter Schellenberg und Frau Abgeordnete Kalinke um das Wort zur Abgabe einer Erklärung gebeten. Herr Schellenberg hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der sozialdemokratischen Fraktion gebe ich zur Schlußabstimmung folgende Erklärung ab.
Erstens. Der vorliegende Gesetzentwurf beseitigt nicht die verfehlte Konstruktion der bisherigen Kindergeldgesetzgebung. Es wird vielmehr weiter an der unglücklichen Verbindung von Kindergeldgewährung und Unfallversicherung festgehalten.
Zweitens. Der Gesetzentwurf schafft zwar gewisse Beitragsfreigrenzen. Dadurch werden aber nicht die Härten und Unbilligkeiten, die sich insbesondere für die Selbständigen und freien Berufe bei der Aufbringung der Mittel ergeben, beseitigt. Vielmehr sind die Mittel für die Kindergeldgewährung weiterhin durch Sonderbeiträge der einzelnen Berufsgruppen aufzubringen.
Drittens. Der Gesetzentwurf nimmt eine Erhöhung des Kindergeldes von 25 auf 30 DM monatlich vor. Das kann aber nicht über den schweren Mangel hinwegtäuschen, daß immer noch rund 90% aller Kinder von der Kindergeldzahlung ausgeschlossen sind.
Eine Erweiterung des Kreises der Kinder, für die Kindergeld zu zahlen ist, läßt sich im Rahmen dieser Fehlkonstruktion nicht bewerkstelligen.
Die SPD lehnt aus diesem Grunde auch dieses Vierte Kindergeldgesetz ab. Die Sozialdemokraten betrachten es als ihre Aufgabe, im nächsten Bundestag eine grundsätzliche Neuregelung der Kindergeldgesetzgebung herbeizuführen. Durch diese Neuregelung ist den Familien mit Kindern eine ausreichende wirtschaftliche Sicherung zu gewähren, und es sind die gegenwärtigen Ungerechtigkeiten in der Aufbringung der Mittel zu beseitigen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort zur Abgabe einer Erklärung hat Frau Kalinke.
Frau Kalinke : Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die Fraktion der Deutschen Partei hat im 1. und im 2. Bundestag eindeutig erklärt, daß sie die Regelung dieses Kindergeldgesetzes nicht für richtig und nicht für gerecht hält.
Die Fraktion der Deutschen Partei betrachtet einige Lösungen dieses Gesetzes, insbesondere die Erhöhung des Kindergeldes auf 30 DM und gewisse Erleichterungen für die Beitragsaufbringung der mittelständischen Schichten, als eine Verbesserung der bestehenden Kindergeld-
gesetze; sie hat daher den betreffenden Paragraphen in der zweiten Lesung zugestimmt.
Sie glaubt aber nicht, daß diese Erleichterung im Zusammenhang mit dem Problem der Beitragsaufbringung und Beitragsbelastung für die Landwirtschaft wie für das Handwerk, für alle gewerblichen Schichten, vor allem aber für die freien Berufe ausreicht. Die Beitragsbelastung wird weiter ein Problem bleiben, bis wir im 3. Bundestag — allerspätestens, wenn Sie uns die Möglichkeit zu Beginn der dritten Legislaturperiode nicht geben. bei der Anpassung der Gesetzgebung der Saar — die wichtigen Fragen der Familienleistungen lösen. In die endgültige Reform muß die Untersuchung der Frage, wieweit die Leistungsgestaltung über die Leistungen an das dritte Kind hinausgehen kann und inwieweit Leistungen für 2 Kinder gezahlt werden können, mit einbezogen werden.
Ich glaube, es wird notwendig sein, sich dann auch darüber zu verständigen, daß die Grundsatzfrage einer Reform der Familienleistungen schlechthin angesprochen werden muß.
Die Deutsche Partei wird nicht aufhören, diese Reform zu fordern, und wird im 3. Bundestag an dieser Reform mit aller Verantwortung mitarbeiten.
Aus grundsätzlichen Erwägungen und wegen ihres Standpunktes, den sie hier so deutlich gemacht hat, kann sie daher dieser Novelle nicht zustimmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat Frau Abgeordnete Finselberger.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Namens der Fraktion des Gesamtdeutschen Blocks habe ich folgende Erklärung abzugeben.
In der ersten und in den folgenden Lesungen des Kindergeldgesetzes haben wir ein Kindergeld von 30 DM gefordert. Es wäre eine Illusion anzunehmen, das Vierte Kindergeldgesetz bringe eine wirkliche Erhöhung. Inzwischen sind doch Preis- und Mietsteigerungen eingetreten. Wir geben zu, daß eine geringe finanzielle Erleichterung für die mittelständischen Kreise eintreten wird. Trotzdem sind wir nach wie vor der Auffassung, daß die gesamte dschungelartige Kindergeldgesetzgebung eine Fehlspekulation geworden ist. Wir haben das in scharfer Kritik schon immer zum Ausdruck gebracht.
Damit die kinderreichen Familien diese geringe Erhöhung von 5 DM erhalten können und weil wir es für notwendig halten, daß den mittelständischen Kreisen finanzielle Erleichterungen gebracht werden, stimmen wir, wenn auch mit großen Bedenken, dem Gesetz zu. Wir erklären aber ausdrücklich, daß im 3. Bundestag die Kindergeldgesetzgebung von Grund auf neu gestaltet werden muß. Dabei werden wir wie bisher konsequent mitarbeiten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Winkelheide.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion erkläre ich, daß wir dieser Novelle zustimmen. Wir freuen uns, daß wir damals 1955 zu dieser Konstruktion j a gesagt haben.
Immerhin sind doch den Mehrkinderfamilien — das sollten wir nicht unterschätzen — über eine Milliarde DM zugeflossen. Wir sind dem Gesamtverband der Familienausgleichskassen sehr dankbar. Dank seiner Unterstützung hat sich das System der Selbstverwaltung auf diesem Gebiete durchgesetzt; damit werden die vielgestaltigen Fragen im Wege der Selbstverwaltung geregelt. Die Hauptmängel werden durch diese Novelle abgestellt.
Es erfolgt eine Entlastung nach unten.
Gerade die Sozialleistungsempfänger werden durch dieses System besonders bevorteilt; wir haben ja in allen Sozialgesetzen das Kindergeld bereits vom ersten Kind an eingeführt.
Da sich dieses System so bewährt hat, stimmen wir der Novelle zu.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort zur Abgabe einer Erklärung hat der Abgeordnete Atzenroth.
Meine Damen und Herren! Die Haltung der Freien Demokratischen Partei zu diesem Gesetz ist bekannt. Sie hat sich nicht geändert, seitdem wir uns mit diesem Problem im 2. Bundestag beschäftigt haben. Wir sind der Meinung, daß auch diese vierte Novelle an dem falschen Prinzip nichts ändert, und haben das, was wir für richtig halten, in unserem eigenen Gesetzentwurf niedergelegt. Sie sind über diesen Gesetzentwurf zur Tagesordnung übergegangen. Konsequent in unserer Haltung werden wir den Gesetzentwurf in der jetzt beschlossenen Fassung ablehnen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung. Wer dem Gesetzentwurf Drucksache 3657 in der jetzt beschlossenen Fassung in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Wir sind uns nicht einig; wir müssen auszählen.
Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt: 337 Stimmen sind abgegeben, 175 Ja, 144 Nein, 18 Enthaltungen. Das Gesetz ist damit in dritter Lesung angenommen.
Wir haben noch die Ziffer 2 des Antrags des Ausschusses auf Drucksache 3657 zu bescheiden. Es ist der Antrag, den von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Neuordnung des Kindergeldes für erledigt zu erklären. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Danke schön. Ich nehme an, daß das Abstimmungsergebnis des Hammelsprungs zugrunde zu legen ist. Der Antrag ist angenommen.
Damit ist Punkt 2 der gedruckten Tagesordnung erledigt. Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
eines Gesetzes zur vorläufigen Neuregelung
von Geldleistungen in der gesetzlichen Un-
fallversicherung ; Erster Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (28. Ausschuß) (Drucksachen 3658, zu 3658).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Geiger . Ich erteile ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Hohen Hause liegt ein Schriftlicher Bericht vor, so daß ich mich bei der mündlichen Berichterstattung möglichst kurz fassen kann. Dem Sozialpolitischen Ausschuß haben zwei Gesetzentwürfe zur Beratung vorgelegen: ein Gesetzentwurf der Sozialdemokratischen Partei Drucksache 2054 und ein Gesetzentwurf der Bundesregierung Drucksache 3318. Der Sozialpolitische Ausschuß hat erörtert, ob es ihm möglich sein würde, diesen ganzen Fragenkomplex der Unfallversicherungsgesetze zu behandeln. Er ist in seiner Mehrheit zu der Auffassung gelangt, daß es aus Zeitmangel nicht möglich ist, im gegenwärtigen Augenblick den ganzen Fragenkomplex zu behandeln. Er hat sich bei seinen Verhandlungen deshalb im wesentlichen auf einen Vorschlag der CDU/CSU gestützt, vorweg die geldlichen Leistungen des Unfallversicherungsgesetzes zu behandeln. Dieser Antrag gründete sich im wesentlichen auf Art. 5 des Regierungsentwurfs.
Der Ausschuß kam überein, dem Hohen Hause einen Teilbericht zu dieser Gesetzesmaterie vorzulegen und das Hohe Haus zu bitten, diesem Teilbericht bzw. diesen Anträgen zuzustimmen.
Weitergehenden Vorschlägen der sozialdemokratischen Fraktion, bei der jetzigen Neuregelung entsprechend den Rentenneuregelungsgesetzen noch weitere Dinge aufzunehmen, beispielsweise die Neuregelung der Witwen- und Witwerrente, Witwenabfindung, Festsetzung einer Elternrente, Waisenrente, Festsetzung des Individuallohnes, Dynamisierung der Unfallrenten, Änderung des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes, konnte der Ausschuß aus Gründen des Zeitmangels nicht entsprechen.
Ich darf noch darauf hinweisen, daß sich die Paragraphenhinweise im Schriftlichen Bericht jeweils auf die Regierungsvorlage beziehen. Leider war es auch hier aus Zeitmangel nicht möglich, durch die Druckerei eine Gegenüberstellung herstellen zu lassen, so daß Sie sich bei Ihrer Entscheidung auf die Vorlagen stützen müssen.
Der Ausschuß bittet das Hohe Haus um Zustimmung.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe § 1 auf. Wortmeldungen? — Keine Wortmeldungen. Ich lasse abstimmen. Wer § 1 zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen eine Stimme angenommen.
Zu § 2 sind Änderungsanträge angekündigt. Sie finden diese auf den Umdrucken 1250 und 1252 Ziffer 1. Dann ist noch ein weiterer Änderungsantrag eben angekündigt worden, den Sie auf Umdruck 1266 finden. Dieser Umdruck ist noch nicht verteilt. Ich werde darum die Bestimmung verlesen. Es ist ein interfraktioneller Antrag, der lautet:
§ 2 Abs. 2 erhält folgende Fassung:
Soweit der Jahresarbeitsverdienst nach dem Ortslohn berechnet ist, ist dieser nicht nach Abs. 1 umzustellen, sondern nach dem gemäß § 4 a festgesetzten Ortslohn zu berechnen.
Wer begründet die Anträge? — Frau Abgeordnete Kalinke hat das Wort.
Frau Kalinke : Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die Fraktion der Deutschen Partei (Freien Volkspartei) hat sehr bedauert, daß es dem Deutschen Bundestag in seiner zweiten Legislaturperiode nicht mehr möglich war, eine Reform der Unfallversicherung einzuleiten. Sie weiß, daß mit dem Hinweis auf das Problem versprochener Verbesserungen und versprochener „Mehrleistungen" wunde Stellen berührt werden, auf die hingewiesen werden muß, weil in der Sozialpolitik nicht erfüllte Versprechungen zu sozialen Enttäuschungen führen müssen. Um so mehr begrüßen wir es, daß es noch gelungen ist — ich möchte hinzufügen: unter den größten Widerständen im Ausschuß noch gelungen ist —, wenigstens zu einer Teilregelung zu kommen, die die Erhöhung der Unfallrenten, eine Verbesserung für die Witwen und eine Verbesserung der Pflegegeldzulagen vorsieht. Nach dem Inkrafttreten der Gesetze über die Rentenversicherungen und die knappschaftliche Versicherung und nach der Erhöhung der Leistungen waren diese Verbesserungen dringend notwendig.
Bei § 2 dieses Teilgesetzes, in dem es lediglich um die Anpassung der laufenden Renten geht, hat es im Ausschuß eine sehr heftige Diskussion über die Grundlagen dieser Anpassung gegeben. Herr Kollege Schellenberg hat im Ausschuß auf einen besonderen Umstand hingewiesen. Ich erwähne ihn deshalb ausdrücklich, weil ich meine, daß Herr Professor Schellenberg die veränderte Tabelle, die wir vorlegen, überprüft haben wird. Er wird sicherlich auch die Begründung verstehen und sehen, wie weit wir dem Anliegen all derjenigen aus Koalition und Opposition mit unserem Antrag entgegenkommen wollen, die mit uns der Auffassung sind, daß bei der Festsetzung von Leistungen in der Sozialpolitik möglichst nach übereinstimmenden Grundsätzen verfahren werden soll.
Dem Wunsche des Herrn Kollegen Schellenberg, die gleichen Tabellen anzuwenden, aus denen bei der Rentenversicherung die Faktoren für die Erhöhung der Leistungen entnommen wurden, konnte nicht entsprochen werden. Wir haben uns davon überzeugt, daß diese Tabellen zur Rentenreform für den Zweck des Unfallversicherungsgesetzes deshalb unbrauchbar sind, weil sie von den Durchschnittsverdiensten der Pflichtversicherten innerhalb der Beitragsbemessungsgrenzen der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten ausgingen. Bei der Rentenreform wurde aber für die Anhebung der Renten auf die Durchschnittsverdienste aller Arbeitnehmer Bezug genommen; das war die Grundlage des Mehrheitsbeschlusses dieses Hauses. Ich erinnere daran, daß unsere zur Rentenreform eingebrachten Änderungsanträge, für die Angestellten die Durchschnittsverdienste der Angestellten zur Grundlage zu machen, seinerzeit von der Mehrheit dieses Hauses abgelehnt worden sind, so daß wir in dieser Frage mit unserer Forderung nicht durchgekommen sind. Wir greifen heute die
Grundsatzhaltung der Mehrheit von CDU und SPD bei der Rentenreform auf und möchten Ihnen im Gegensatz zu der von der Regierung vorbereiteten Vorlage vorschlagen, in der Tabelle zu § 2 nicht von Vorschlägen des Bundesministeriums für Arbeit auszugehen, die auf dem Lehrsatz beruhen, daß die Industriearbeiterlöhne die Grundlage der Tabelle sein sollen, sondern von den gleichen Grundsätzen, die bei der Rentenreform beschlossen wurden, und die maßgeblichen Faktoren eben auf der Grundlage der Durchschnittsarbeitsverdienste aller Arbeitnehmer neu festzusetzen.
Die hier von uns vorgelegte neue Tabelle und die neuen Umstellungsfaktoren sind aus den Zahlenunterlagen der Bruttolohn- und -gehaltssummen der durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer gebildet, die das Statistische Bundesamt in Heft 11/1954 auf Seite 514 veröffentlicht hat. Wenn Sie die beiden Zahlenreihen vergleichen, dann werden Sie sehen, daß eine weitgehende Übereinstimmung besteht, ausgenommen die in den 20er und 30er Jahren vom Arbeitsministerium hochgerechneten Faktoren, die die Weltwirtschaftskrise berücksichtigen sollten. Sie werden aber auch feststellen, daß in allen übrigen Fällen unsere Faktoren nicht niedriger liegen als die Industriearbeiterlöhne. Es handelt sich hier um eine grundsätzliche Frage, die nicht so zu verstehen ist, daß wir die Leistungen vermindern wollen, sondern nur so verstanden werden kann, daß wir Bedenken gegen die Umstellungsfaktoren des Arbeitsministeriums haben, weil sie nicht exakt dem Durchschnitt entsprechen und deshalb auch kein Grund besteht, von der Basis der Industriearbeiterlöhne allein auszugehen.
Nun handelt es sich hier — das möchte ich gleich deutlich sagen — nicht um eine Tabelle der Umstellungsfaktoren, die von der Gruppe der Landarbeiterverdienste bereinigt ist, die, wie Sie ja wissen, mehrfach geringer ist als die Differenz zur Einkommensentwicklung der Industriearbeiter. Ich muß hier auf eine Zahl hinweisen: Von insgesamt rund 11 Millionen außerhalb der Industrie beschäftigten Arbeitnehmern stammten im Jahre 1955 nur knapp 1 Million aus der Landwirtschaft. Schon deshalb ist unsere Reihe wesentlich gerechter; sie dürfte auch dem Anspruch mehr entsprechen als die auf der industriellen Basis beruhende Reihe des Arbeitsministeriums.
Wenn Sie die Zahlen vergleichen, werden Sie zugeben, daß in all den Jahren, für die keine genauen Zahlen und keine größeren Abweichungen vorhanden sind — das ist insbesondere die Reihe von 1939 bis 1949 —, das Arbeitsministerium vermutlich dasselbe getan hat, was wir auch getan haben, nämlich die gleichen Faktoren genommen hat, die zur Zeit nur aus den bestehenden Unterlagen errechnet werden können.
Für uns ist entscheidend — und Sie müssen zugeben: auch gerechtfertigt —, daß unsere Faktoren, die auf der Basis des Gesamteinkommens beruhen, für die Anpassung der Geldleistungen herangezogen werden. Damit wird wahrscheinlich kaum eine Veränderung der sich daraus ergebenden Leistungen entstehen. Es handelt sich bei der Bereinigung der Zahlen also um die grundsätzliche Frage, auch für die Zukunft den Grundsatz zu vertreten, den die Mehrheit dieses Hauses bei der Rentenreform vertreten hat: daß nicht die industrielle Einkommenskurve, die in der Vergangenheit viel stärkeren Schwankungen ausgesetzt war, sondern das Einkommen der Gesamtwirtschaft, der Durchschnitt aller Arbeitnehmereinkommen die Grundlage sein soll.
Aus diesen Erwägungen, die der Vernunft und der Zweckmäßigkeit entsprechen, bitte ich Sie, der beantragten kleinen aber richtigen Änderung zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir halten den Antrag der Fraktion der DP für sachlich begründet. Es ist in der Tat ein Bruch im System, wenn man in der Unfallversicherung eine Entwicklungsreihe für einen anderen Personenkreis zugrunde legt als in der Rentenversicherung. Der Gesetzgeber hat sich durch die Beschlußfassung zu den Rentenversicherungsgesetzen der Arbeiter und der Angestellten darauf festgelegt, die Einkommensentwicklung aller, der Arbeiter und der Angestellten, der Anpassung der Renten zugrunde zu legen. Da unter die Unfallversicherung Arbeiter und Angestellte gleichermaßen fallen, ist es nur konsequent, dem Antrag der DP (FVP) zu folgen. Wir werden ihm deshalb zustimmen.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Finselberger.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Wir begrüßen den Antrag der Deutschen Partei. Auch wir werden ihn unterstützen. Ich möchte mich auf das beziehen, was Frau Kollegin Kalinke in der Begründung ausgeführt, sowie auf das, was Herr Professor Schellenberg soeben hier dargelegt hat.
Das Wort hat der Abgeordnete Stingl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, den Antrag der DP abzulehnen. Ich habe dafür folgende Begründung zu geben.
Es scheint zunächst einleuchtend, wenn gesagt wird, die Lohn- und Gehaltsentwicklung sämtlicher Arbeitnehmer, die in der Rentenversicherung bei der Umstellung zugrunde gelegt wurde, müsse auch hier beim Unfallversicherungsgesetz zum Zuge kommen. Das ist aber zunächst insofern nicht richtig, als die landwirtschaftlichen Arbeitnehmer in die Berechnung der Lohn- und Gehaltsentwicklung für die Umstellung nach dem Unfallversicherungsgesetz nicht einbezogen sind; denn die Berechnung der Unfallrenten erfolgt in der Landwirtschaft überwiegend nach ganz anderen Grundsätzen. Darüber hinaus ist die Umstellung allein auf Grund der Entwicklung der Industriearbeiterlöhne günstiger als die von der DP vorgeschlagene Umstellung auf der Grundlage der Einkommensentwicklung der Gesamtheit aller Arbeitnehmer. Denn von dieser Gesamtheit wird ein Teil bei der Umstellung gar nicht betroffen, weil es sich um landwirtschaftliche Arbeitnehmer handelt.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kalinke.
Frau Kalinke : Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Es tut mir leid, daß ich das Haus noch einmal mit dieser etwas mathematischen und vielleicht nicht allen deutlich gewordenen Fortsetzung der Diskussion belasten muß.
Es trifft nicht zu, daß die Mitberücksichtigung der Landarbeiterlöhne eine Verminderung bedeutet. Ein Vergleich des Index der Industriearbeiterlöhne, der sehr schwankend war, und des Index der Landarbeiterlöhne, den Sie im Grünen Bericht vom 10. Februar 1955 finden, zeigt, daß auf der Basis 1938 gleich 100 die Landarbeiterlöhne im Juli 1955 bei 244 lagen, die Industriearbeiterlöhne dagegen bei 225 bis 230. Die Kurve der Entwicklung aller Arbeitnehmereinkommen würde sich also bei einer Eliminierung der Landarbeiterverdienste tendenziell abflachen. Auch aus diesem Grunde können wir — wie ich bereits im Ausschuß bei Begründung desselben Antrags ausgeführt habe — dem Grundsatz, der Berechnung der UmstellungsFaktoren allein die Entwicklung der Industriearbeiterlöhne zugrunde zu legen, nicht zustimmen. Wenn Sie nachrechnen, Herr Kollege Stingl, werden Sie sehen, daß eine Verschlechterung, von der Sie sprechen, allerhöchstens für die Unfälle aus dem Jahre 1930 eintreten kann, wo das Arbeitsministerium, wie es durch seine Mathematiker im Ausschuß selber begründet hat, die Weltwirtschaftskrise noch einmal besonders berücksichtigt hat. Meine Herren, es besteht sozialpolitisch gar keine Veranlassung, die Weltwirtschaftskrise noch einmal zu einem Problem zu machen, zum mindesten nicht nur für einen Teil des deutschen Volkes, nämlich für eine Gruppe der Arbeitnehmer in der Unfallversicherung. In der Praxis, lieber Herr Kollege Stingl, mögen Sie sich davon überzeugen, daß die Unfallversicherung aus diesem Personenkreis — das ist ja 27 Jahre her — in der Regel kaum noch wesentliche Fälle umzurechnen haben wird. Um so wichtiger erscheint es mir, in der Zukunft die weitere Anpassung auf der Basis der Gesamteinkommen keinen Schwankungen auszusetzen.
Ich habe in meiner Begründung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß das nicht eine Gleichziehung mit der Tabelle der Rentenversicherung ist. Die Tabelle der Rentenversicherung — davon haben wir uns alle gemeinsam überzeugt — beruht vielmehr auf anderen Grundlagen, weil sie durch die Beitragsbemessungsgrenze ihre Begrenzung findet. Hier sind nur die Grundlagen genommen, die nach meiner Auffassung — und alle Sachverständigen, Herr Professor Schellenberg, haben es, glaube ich, ohne jeden politischen Akzent begründet — für die künftige Anwendung zweckmäßig sind, damit wir uns Schwierigkeiten ersparen.
Ich würde daher auch die Freunde aus der CDU/CSU bitten, in dieser Frage der gemeinsamen Auffassung zu folgen. Sie werden nicht schlecht dabei fahren.
Herr Abgeordneter Schellenberg hat das Wort.
Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, was Sie tun, ist wirklich nicht konsequent. Sie wollen als Gesetzgeber im gleichen Jahre bei der Anpassung von Renten an die Lohn- und Gehaltsentwicklung nach unterschiedlichen Prinzipien verfahren. Das ist nicht angängig. Deshalb bitten wir Sie, dem Antrag zuzustimmen.
Wird zu diesem Änderungsantrag noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann bitte ich, den Antrag Umdruck 1266 zu begründen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich bei diesem Antrag nur um eine gesetzessystematische Änderung, also nicht um eine Änderung mit einem materiellen Inhalt, sondern um eine Klarstellung, daß die Neufestsetzung der Ortslöhne und der Jahresarbeitsverdienste, wie auch in der Ausschußvorlage vorgesehen, aber nicht klar zum Ausdruck gebracht, allgemein gültig sein soll.
Damit, Herr Präsident, habe ich bereits den ganzen Antrag Umdruck 1266 begründet; denn die Ziffern 1 bis 3 dienen diesem Wunsch der vier antragstellenden Fraktionen, eine gesetzessystematische Klarstellung dieser Frage zu erreichen.
Sie haben damit die Ziffern 1, 2 und 3 begründet.
Wird das Wort hierzu gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann bitte ich, den Antrag 1252 zu begründen. Das Wort hat der Abgeordnete Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Antrag Umdruck 1252 Ziffer 1 will einen Widerspruch in der Fassung des § 2 zwischen der Höchstgrenze in Abs. 3 und den Vervielfältigungsfaktoren in Abs. 1 beseitigen. Ich darf Ihnen das an einem praktischen Beispiel darlegen. Für den Zeitraum von 1925 bis 1933 — um nur einen Zeitraum zu nehmen — betrug die Jahresarbeitsverdiensthöchstgrenze in der Unfallversicherung 8400 Mark. Nach dem Beschluß des Ausschusses ist — um ein Jahr zu nehmen — für das Jahr 1928 ein Vervielfältigungsfaktor von 2 vorgesehen. Wenn nach Abs. 1 verfahren wird, sind bei einem Angestellten, der ein Gehalt in dieser Größenordnung bezogen hat, die 8400 Mark Jahresarbeitsverdienst mit 2 zu vervielfältigen, um zu einem der gegenwärtigen Lohn- und Gehaltsentwicklung entsprechenden .Jahresarbeitsverdienst zu kommen. Dieser Arbeitsverdienst soll jedoch durch Abs. 3 auf die Höchstgrenze herabgedrückt werden.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, sich zu vergegenwärtigen, daß wir hier im Bereich der Unfallversicherung ein Gesetz beraten, das Haftpflichtansprüche von Beschäftigten gegenüber dem Betrieb regeln soll. Da sind derartige Höchstgrenzen unangebracht. Sie würden nämlich praktisch bedeuten — um bei dem Beispiel zu bleiben —, daß alle hochqualifizierten Arbeiter und Angestellten, die in den Jahren 1925 bis 1933 Unfälle erlitten haben, unter Umständen durch dieses Gesetz überhaupt keine Erhöhung ihrer Rente erhalten, weil die Betreffenden schon jetzt an dieser Höchstgrenze des Jahresarbeitsverdienstes stehen und deshalb die Vorschrift des § 2 Abs. 1, wonach ihre Jahresarbeitsverdienste angehoben werden sollen, praktisch keine Wirksamkeit erlangt. Solche Höchstgrenzen kann man vielleicht in einer allgemeinen Rentenversicherung vertreten. Diese Frage war dort auch schon Gegenstand lebhafter Meinungsverschiedenheiten. Dort wird aber nur ein Beitrag bis zu einer bestimmten Grenze gezahlt. Hier in der Unfallversicherung ist die Haftpflicht des Unternehmens abzugelten, und da darf eine derartige Begrenzung
der Leistung nicht eintreten. Sie würde dazu führen, daß alle höherqualifizierten Arbeiter und Angestellten, die in früheren Jahren Unfälle erlitten haben, durch dieses Gesetz keine Erhöhung ihrer Leistungen erhalten.
Das Wort hat der Abgeordnete Stingl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben recht damit, Herr Kollege Schellenberg: die Beibehaltung der bisherigen Grenze von 9000 Mark führt unter Umständen dazu, daß einige der jetzigen Unfallrentenempfänger bei der Umstellung keinen Vorteil haben. Das ist richtig.
Sie dürfen andererseits nicht verschweigen, daß wir, würden wir Ihren Gedankengängen folgen, das gesamte Unfallrentenrecht im Augenblick schon änderten. Wir müssen auch für die neu hinzukommenden Unfallrentenfälle die Höchstgrenze heraufsetzen, denn sonst würde ja die Rente eines alten Unfallrentners bis zu einem höheren Jahresarbeitsverdienst berechnet werden können, während ein neu hinzukommender Unfallrentner bei der Bemessungsgrenze stehenbleiben würde. Das dazu.
Wir glauben aber, daß wir eine grundsätzliche Änderung des Unfallrentenrechts in dieser Beziehung nicht vornehmen sollten, sondern lediglich eine Umstellung der Geldleistungen.
Es kommt dazu, Herr Kollege Schellenberg, daß die Höchstgrenze von 9000 Mark — das haben wir Ihnen im Ausschuß schon gesagt — in Wirklichkeit bei fast allen gewerblichen Berufsgenossenschaften nur theoretischer Natur ist. Wir haben eine Zusammenstellung bekommen, wonach die größte Anzahl der gewerblichen Berufsgenossenschaften auf Grund ihrer Satzung diese Jahresarbeitsverdiensthöchstgrenze überschritten hat. Ich darf Sie nur daran erinnern, daß der Bergbau eine Grenze von 40 000 Mark hat.
Die Lösung, die wir gefunden haben und die in der Ausschußvorlage enthalten ist, geht davon aus, daß diese satzungsgemäß erhöhten Jahresarbeitsverdiensthöchstgrenzen natürlich ohne weiteres bestehenbleiben, daß aber eine grundsätzliche Neuordnung der Jahresarbeitsverdiensthöchstgrenzen in diesem Gesetz nicht erfolgen soll. Das muß der Neuregelung des gesamten Unfallrentenrechts vorbehalten bleiben.
Das Wort hat der Abgeordnete Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Stingl, Sie sagen, bei der Hälfte der Berufsgenossenschaften sei eine Erhöhung durch Satzungsrecht erfolgt. Warum wollen Sie die Unfallverletzten und die Hinterbliebenen benachteiligen, bei denen eine solche Satzungsregelung nicht Platz gegriffen hat?
Noch etwas anderes. Selbstverständlich muß man konsequent sein. Deshalb haben wir, wie Sie unter Ziffer 7 unseres Änderungsantrages sehen, vorgeschlagen, § 563 zu ändern. Was wir hier beantragen, entspricht lediglich der Regierungsvorlage, die wir insoweit verwirklichen wollen.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kalinke.
Frau Kalinke : Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Herr Kollege Schellenberg, wir haben im Ausschuß über diese Frage sehr gründlich gesprochen. Wir sind wohl darin einig, daß wir in keinem Fall auf die Regierungsvorlage Bezug nehmen sollten. Denn gerade die Berufsgenossenschaften haben uns doch als Sachverständige gesagt, daß diese Regierungsvorlage so schlecht, so unvollkommen, so wenig anwendbar ist, daß mindestens 300 Änderungsanträge dazu nötig sein würden.
— Nein, nein, der Herr Arbeitsminister wird nicht etwa in allen seinen Auffassungen von der Bundesregierung in ihrer Gesamtheit getragen. Das habe ich hier oft deutlich gemacht. In dieser Frage, Herr Kollege Schellenberg, wollen wir nicht die Regierungsvorlage wiederherstellen, sondern ein Teilgesetz machen, indem wir die Leistungserhöhungen vornehmen. So berechtigt eine Diskussion über alle von Ihnen angedeuteten Fragen sein mag, so ist sie doch heute nicht möglich, weil wir damit die Unfallversicherung wieder so durcheinanderbringen würden, Herr Kollege Schellenberg, daß wir der Reform von morgen, die wir alle gemeinsam wollen, gewisse präjudizierende Lichter aufsetzen würden.
Ich halte es für ganz ausgeschlossen, daß von diesem Hause heute Vorwegnahmen auf die Unfallversicherungsreform ohne Diskussion des Gesamtproblems erwartet werden können. Deshalb bedauere ich, trotz der Wichtigkeit Ihres Anliegens heute Ihrem Antrag nicht zustimmen zu können.
Herr Abgeordneter Schellenberg.
Frau Kollegin Kalinke, man kann zu der Frage, ob eine weitergehende Reform geboten ist, unterschiedliche Auffassungen haben, aber man darf in einem Gesetz, das die gegenwärtigen Rentenleistungen verbessern soll, keine derartigen Ungerechtigkeiten schaffen. Diese liegen in Abs. 3 in der Höchstbegrenzung, und sie führen, wie Herr Kollege Stingl zugegeben hat, dazu, daß ein Teil der Unfallverletzten der früheren Jahrgänge keinerlei Erhöhung nach diesem Gesetz erhalten wird.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst stimmen wir über die Änderungsanträge Umdrucke 1250, 1266, 1252 ab, und zwar in der Reihenfolge, in der ich sie aufgezählt habe.
Wer dem Änderungsantrag Umdruck 1250 zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Ich bitte die Abstimmung durch Erheben von den Sitzen zu wiederholen. Wer zustimmen will, möge sich erheben. — Gegenprobe! — Es ist nicht festzustellen, wo die Mehrheit liegt. Wir müssen im Hammelsprung entscheiden. —
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Insgesamt haben 338 Abgeordnete ihre Stimme abgegeben. Davon haben mit Ja gestimmt 168, mit Nein 170. Der Antrag ist damit abgelehnt.
Wir stimmen nunmehr ab über den interfraktionellen Änderungsantrag Umdruck 1266 Ziffer 1. Wer diesem Antrag zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Wir stimmen nunmehr ab über den Änderungsantrag Umdruck 1252 Ziffer 1. Wer diesem Antrag zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen nunmehr ab über den § 2 in der geänderten Fassung. Wer dieser Fassung zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen eine Stimme angenommen.
Ich rufe auf den § 3. Hier sind zwei Änderungsanträge angekündigt. Sie finden den einen auf Umdruck 1263 und den andern auf Umdruck 1266. Zunächst der Antrag Umdruck 1263. — Das Wort hat der Abgeordnete Engelbrecht-Greve.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf zunächst, bevor ich den Antrag begründe, um die Berichtigung eines Druckfehlers bitten. Im letzten Satz des Antrages muß es nicht heißen „Am 1. Januar", sondern „Ab 1. Januar".
Der Einleitungssatz des Änderungsantrags Umdruck 1263: „In § 3 Abs. 2 wird der bisherige Satz 3 wie folgt ersetzt:" müßte bei Annahme des interfraktionellen Antrags Umdruck 1266 Ziffer 2 heißen: „In § 3 Abs. 2 lautet Satz 2 folgendermaßen:"
Lassen Sie mich den Antrag kurz begründen. Die Bestimmungen dieses Entwurfs erhöhen die Umlage bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften um etwa 60 Millionen DM. Diese große Summe kommt vor allem dadurch zustande, daß entgegen bisherigem Recht der durchschnittliche Jahresarbeitsverdienst für mithelfende Verwandte und Verschwägerte nicht mehr allein von der Selbstverwaltung festgesetzt wird, sondern daß hierfür das Dreihundertfache des Ortslohnes genommen wird. Durch diese Regelung kommen bei rückwirkendem Inkrafttreten ab 1. Januar 1957 viele landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften in ernstliche finanzielle Schwierigkeiten. Sie müßten große Nacherhebungen machen.
Wir bitten deshalb darum, daß für die Personengruppe der Mithelfenden dieses Gesetz erst ab 1. Januar 1958 in Kraft treten möge.
Wir bitten um Zustimmung.
Wird das Wort dazu gewünscht? — Das Wort hat der Abgeordnete Frehsee.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei hält das Anliegen, das Herr EngelbrechtGreve vorgetragen hat, für berechtigt und wird diesem Antrag zustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zu dem Änderungsantrag Umdruck 1266. Es ist ein interfraktioneller Antrag. Wird auf Begründung verzichtet? —
Meine Damen und Herren, es liegt ein Irrtum vor. Wir müssen noch einmal abstimmen. Der Antrag auf Umdruck 1266 betrifft nicht, wie ich irrtümlich angenommen hatte, nur den Satz 2 des Abs. 2, obwohl man das nach der Formulierung annehmen mußte. Vielmehr soll der ganze Abs. 2 durch die Fassung des Antrages auf Umruck 1266 ersetzt werden, so daß bei Annahme dieser Bestimmung der Antrag auf Umdruck 1263 gegenstandslos wird.
— Ja, zu § 4 b wird dieser Antrag dann neu gestellt werden. Ist jetzt Klarheit?
— Dann stimmen wir jetzt noch einmal ab. Wer den Antrag auf Umdruck 1266 annehmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Enthaltung angenommen. Der Antrag auf Umdruck 1263 wird zurückgestellt, bis wir die Anträge zu § 4 b aufrufen.
Wir stimmen jetzt über § 3 in der veränderten Fassung ab. Wer für die Annahme ist, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —— Bei einer Enthaltung angenommen.
Meine Damen und Herren, entsprechend einer Vereinbarung im Ältestenrat habe ich nunmehr die Beratung dieses Gegenstandes zu unterbrechen.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf.
a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, DP , GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes Drucksache 3688);
b) zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Drucksachen 3026 Anlage 1 b, 2142);
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Atomfragen (Drucksachen 3502, zu 3502).
Berichterstatter: Abgeordneter Geiger
— Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Dieser Antrag wird von der Fraktion der SPD unterstützt, hat also eine genügende Unterstützung gefunden.
Ich rufe zunächst Punkt 1 a) auf. Es handelt sich um die Ergänzung des Grundgesetzes. Art. I! Wird das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall. Art. II!
— Einleitung und Überschrift! — Keine Wortmeldungen. Wer diesen. Bestimmungen zuzustimmen wünscht, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen 2 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Die zweite Beratung ist abgeschlossen.
Wir kommen damit zur Schlußabstimmung. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Wer dem Gesetz zustimmen will, der möge die blaue Karte abgeben, wer es ablehnen will, die rote Karte, Enthaltungen weiße Karte. Ich mache darauf aufmerksam, daß wir 332 Ja-Stimmen brauchen. Beim letzten Hammelsprung hat sich herausgestellt, daß nur 338 Mitglieder des Hauses anwesend sind, also 6 Gegenstimmen genügen, um das Gesetz zu Fall zu bringen.
Wünscht noch ein Mitglied des Hauses, das seine Stimme bisher nicht abgegeben hat, sie abzugeben?
— Dann schließe ich die Abstimmung.
Meine Damen und Herren, ich gebe das vorläufige Ergebnis*) der Auszählung bekannt. Das Wort „vorläufig" möchte ich betonen, weil sich bei der Auszählung gezeigt hat, daß die Maschine offensichtlich eine Panne gehabt hat. Es muß also wohl neu ausgezählt werden, vielleicht auf die archaische Methode des Auszählen mit Auge und Hand. An der Abstimmung haben sich 402 Abgeordnete, die stimmberechtigt sind, und 16 Berliner Abgeordnete beteiligt. Mit Ja haben 330 stimmberechtigte und 14 Berliner Abgeordnete, mit Nein 27 stimmberechtigte und 2 Berliner Abgeordnete gestimmt. 45 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Nach dem Ergebnis dieser vorläufigen Abstimmung ist also das Quorum von 332 Stimmen, das eine Grundgesetzänderung erfordert, nicht erreicht.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Menzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion erbittet eine Pause bis 15.30 Uhr. Die Fraktion beabsichtigt, zunächst eine Vorstandssitzung und nach der Mittagspause von 14.30 bis 15.30 Uhr eine Fraktionssitzung abzuhalten.
Wir bedauern, daß wir zu diesem Antrag gezwungen sind. Die Folgen, daß vielleicht andere wichtige Gesetze von diesem Bundestag nicht mehr verabschiedet werden können, sind denjenigen zuzuschreiben, die sich an eine mehrfach bestätigte, zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung nicht gehalten haben. Nach mehreren Vorverhandlungen war interfraktionell vereinbart, das Atomgesetz heute in Verbindung mit der erforderlichen Grundgesetzänderung zu verabschieden. Bis zum Zeitpunkt der
*) Siehe endgültiges Ergebnis S. 13098.
Abstimmung ist uns von keiner der Fraktionen mitgeteilt worden, daß ein großer Teil ihrer Mitglieder nicht gewillt sei, diese Vereinbarung zu halten. Man hat uns also irregeführt. Wir bedauern das um so mehr, als nach den abgegebenen Stimmkarten offensichtlich sogar ein Teil derjenigen Herren, die mit uns im Auftrage ihrer Fraktion diese Verhandlungen geführt, bestätigt und abgeschlossen haben, jetzt gegen diese Vereinbarung gestimmt haben.
Wir bedauern feststellen zu müssen, daß man sich jetzt zum Schluß — wahrscheinlich wieder mit Rücksicht auf eine Wahlpsychose — nicht einmal mehr an sein eigenes Wort hält.
Das Wort hat der Abgeordnete Rasner.
Wir stimmen der Unterbrechung zu, selbstverständlich ohne uns die Argumentation des Kollegen Menzel zu eigen zu machen.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Dr. Drechsel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte namens meiner Fraktion erklären, daß wir eine solche Vereinbarung, von der Herr Kollege Menzel soeben gesprochen hat, die uns irgendwie verpflichtete, zur Grundgesetzänderung positiv Stellung zu nehmen, nicht getroffen haben.
Ich möchte das für meine Fraktion ausdrücklich festgestellt haben.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Franz Neumann.
Meine Damen und Herren! Im Namen einiger Berliner Abgeordneter und für meine eigene Person habe ich folgendes zu sagen:
Der Herr Präsident hat festgestellt, daß 16 Berliner ihre Stimme abgegeben haben, und hat dabei von
,,nicht stimmberechtigten" Berliner Abgeordneten gesprochen. Es ist richtig, daß wir auf Grund vorhandener Bestimmungen bei der normalen Gesetzgebung nicht das Recht haben, bei der Abstimmung mitzuwirken. Es gibt aber eine Reihe von Bestimmungen, die es uns ermöglichen, an einer Anzahl von Abstimmungen teilzunehmen.
Die Gesetze, bei denen wir nicht mitstimmen dürfen, haben für ihre Rechtswirksamkeit in Berlin zur Voraussetzung, daß sie vom Berliner Abgeordnetenhaus übernommen werden. Beim Grundgesetz ist dieses Erfordernis nicht gegeben. Hier erfolgt keine Übernahme durch das Berliner Abgeordnetenhaus, sondern Änderungen des Grundgesetzes sind durch den Beschluß des Bundestages auch in Berlin wirksam. Es liegt hier also ein deutlicher Unterschied gegenüber der Wirksamkeit von anderen Abstimmungen vor. Daraus folgern wir, daß wir bei solchen Abstimmungen, wie wir sie soeben hatten, das Recht der Mitwirkung haben.
Ich bitte den Herrn Präsidenten, diese Frage zu klären. Sie ist für das Endergebnis der Abstimmung nicht ohne Interesse.
Meine Damen und Herren, ich glaube nicht, daß es Sache des Präsidenten ist, diese Frage zu klären. Es handelt sich hier um eine Rechtsfrage. Für die Entscheidung von Rechtsfragen gibt es nach unserem Grundgesetz nur eine Instanz, das ist die richterliche Instanz.
Ich stelle fest, daß der Antrag gestellt worden ist, die Sitzung bis 15 Uhr 30 zu unterbrechen. Wer diesem Antrag zustimmen will, möge die Hand erheben. — Das ist die übergroße Mehrheit. Die Sitzung wird als bis 15 Uhr 30 unterbrochen werden.
Vorher teile ich folgendes mit. Die Fraktion der CDU/CSU hält sofort eine Sitzung ab, die Fraktion der SPD zunächst eine Sitzung ihres Vorstandes und um 14 Uhr 30 eine Fraktionssitzung. Die FDP hält ihre Fraktionssitzung um 12 Uhr 30 ab, die Deutsche Partei ebenfalls. Der Gesamtdeutsche Block/BHE tritt um 14 Uhr 30 zu einer Fraktionssitzung zusammen.
Die Sitzung ist unterbrochen.
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
- Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin zu meinem Bedauern gezwungen, den Herrn Präsidenten und das Plenum des Bundestages zu bitten, die Unterbrechung der Sitzung um weitere zehn Minuten zu verlängern.
Herr Kollege Rasner, können wir sicher sein, daß wir um 16 Uhr 15 anfangen können? Können Sie sich dafür stark machen?
— Dann unterbreche ich die Sitzung bis 16 Uhr 15.
Wir fahren in der unterbrochenen Sitzung fort.
Zunächst, meine Damen und Herren, gebe ich das endgültige Ergebnis der namentlichen Abstimmung*) über den Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes, Punkt 1 a der 'heutigen Tagesordnung, bekannt. Mit Ja haben gestimmt 328 Mitglieder des Hauses und 14 Berliner Abgeordnete, mit Nein haben gestimmt 27 Mitglieder des Hauses und 2 Berliner Abgeordnete, enthalten haben sich 44. Damit, meine Damen und Herren, ist dieses Gesetz nicht angenommen.
Die Abweichungen gegenüber dem vorläufigen Ergebnis beruhen darauf, daß, wie inzwischen festgestellt worden ist, zwei Mitglieder zwei Karten abgegeben haben,
*) Siehe Seite 13098.
und zwar ein Mitglied zwei Enthalte-mich-Karten und ein Mitglied zwei Ja-Karten. Eine Enthaltemich-Karte war unrichtig gelocht, so daß sie sowohl bei „Enthalte-mich" als auch fälschlich bei „Ja" zählte. Auch nach dem endgültigen Ergebnis steht somit fest, daß die für die Änderung des Grundgesetzes erforderliche Zweidrittelmehrheit, d. h. 332 Ja-Stimmen, nicht erreicht wurde.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Mellies.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Ausgang der Abstimmung über die Änderung des Grundgesetzes habe ich für die sozialdemokratische Fraktion folgendes zu sagen. Nachdem durch den Brief des Fraktionsvorsitzenden Erich Ollenhauer an die anderen Fraktionen des Hauses die Bereitschaft der sozialdemokratischen Fraktion zur Mitarbeit an der Atomgesetzgebung festgelegt war, haben interfraktionelle Verhandlungen unter dem Vorsitz des Ministers für Atomfragen stattgefunden. Das Ergebnis dieser Verhandlungen war der Gesetzentwurf zur Ergänzung des Grundgesetzes. Auf dieser Änderung des Grundgesetzes ist dann die Konstruktion des uns ebenfalls vorliegenden Atomgesetzes aufgebaut worden. Nachdem durch das Verhalten einer großen Zahl der Mitglieder der CDU-Fraktion diese Änderung des Grundgesetzes und damit auch die Verabschiedung des Atomgesetzes unmöglich geworden ist, müssen wir zu unserm Bedauern feststellen, daß offenbar in solchen entscheidenden Fragen Vereinbarungen zwischen den Fraktionen dieses Hauses nicht möglich sind.
Durch das Verhalten der Mitglieder der CDU-Fraktion, die sich der Stimme enthalten haben, ist bei der sozialdemokratischen Fraktion die Glaubwürdigkeit solcher Vereinbarungen zutiefst erschüttert.
Die Vorgänge vor der Abstimmung haben ja auch deutlich gemacht, welche Motive diese Mitglieder der CDU-Fraktion zur Stimmenthaltung bewogen haben. Der Hinweis aus ihren Reihen, daß der Kanzler der Auffassung sei, diese Grundgesetzänderung könne der NATO schaden, beweist, daß man offenbar nicht nur bereit sein wird. die Bundeswehr mit atomaren Waffen auszurüsten, sondern daß man offenbar auch daran denkt. den Weg zur Produktion atomarer Waffen in der Bundesrepublik frei zu machen.
Bei der Debatte über die Ausrüstung der Bundeswehr mit atomaren Waffen hat sich der Bundesverteidigungsminister in dieser Frage auf die Pariser Verträge berufen. Der Abgeordnete Fritz Erler hat damals bereits festgestellt, daß Verträge j a auch geändert werden können. Durch die heutigen Vorgänge ist klar bewiesen, daß ein Teil der CDU-Fraktion diesen Weg auf alle Fälle freihalten möchte.
Wir warnen eindringlich vor diesem Weg; denn er gefährdet den Frieden und die Wiedervereinigung Deutschlands.
Offenbar hat sich gleichzeitig der Einfluß der Interessenten bemerkbar gemacht.
Für die Entscheidung der Verhandlungsführer und anderer Mitglieder der CDU-Fraktion ist anscheinend auch maßgebend gewesen, daß man die Bestimmungen über die Konzessionierung im Gesetzentwurf nicht haben möchte.
Diesen Kreisen ist das ungehemmte Gewinnstreben wichtiger als die Sicherheit der Bevölkerung.
Infolge dieser Entscheidung und der Nichtverabschiedung des Atomgesetzes werden auch keine gesetzlichen Bestimmungen über den Strahlenschutz mehr getroffen werden können, und dies, meine Damen und Herren, angesichts der Tatsache, daß der Deutsche Ärztetag in Köln vor einigen Tagen den Strahlenschutz, wie er von der Sozialdemokratie gefordert wurde, als eine außerordentlich dringliche Aufgabe bezeichnet hat.
Für den Atomminister, unter dessen Vorsitz die interfraktionellen Besprechungen stattgefunden haben, erhebt sich die Frage, welche Folgerungen er aus dieser Desavouierung durch einen großen Teil der CDU-Fraktion ziehen will.
In der parlamentarischen Demokratie gibt es in
einem solchen Fall nur die eine Konsequenz, daß
der Minister sein Amt sofort zur Verfügung stellt.
Da durch die Abstimmungen des heutigen Tages die gesetzliche Regelung der Atomfragen im Sinne einer ausschließlich friedlichen Verwendung der Atomenergie in diesem Bundestag nicht zu erreichen gewesen ist, wird der nächste Bundestag die Gesetze zu verabschieden haben. Die Entscheidung darüber, ob die Atomenergie in der Bundesrepublik ausschließlich für friedliche Zwecke und zum Wohle der Bevölkerung verwendet wird, liegt damit bei den Wählerinnen und Wählern, die am 15. September das neue Parlament zu wählen haben.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Krone.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns auf den Brief des Vorsitzenden der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion an der Arbeit an diesem Gesetzentwurf beteiligt. Wir haben das getan in der Absicht, einen Weg zu ,finden, der die Möglichkeit gibt, diese Frage auf breiter Basis zu regeln.
In unseren Reihen sind aber, auch das muß ich sagen, eine Reihe Bedenken rechtlicher, politischer und föderativer Art aufgetaucht.
— Aber Herr Kollege, wir haben in Ruhe die Erklärung Ihres verehrten Vorsitzenden angehört.
— Hören Sie bitte, Herr Menzel, auch meine Erklärungen an.
Schon bei der ersten Abstimmung haben mehrere Kollegen unserer Fraktion diesen ihren Bedenken dadurch Rechnung getragen, daß sie sich an der Abstimmung nichtbeteiligt haben.
Die Bedenken sind in der Zwischenzeit größer geworden.
Aber ich muß es mit aller Entschiedenheit ablehnen, daß Herr Kollege Mellies sagt, diese Bedenken gingen irgendwie auf die Wünsche von Interessenten zurück.
Wir lassen uns, wenn es um die Sicherung des Friedens geht. in keiner Weise von irgendeinem hier übertreffen.
Diese unsere Bedenken gründen sich vor allem auch darauf, daß in der Begründung der beiden Gesetze Formulierungen enthalten sind. die weit über das hinausgehen, was für eine wahre deutsche Sicherheitspolitik gut ist.
Wir sind zur Diskussion über diese Frage auch weiterhin bereit,
können aber dem Gedanken, heute erneut einen Gesetzentwurf 'einzubringen, jetzt nicht entsprechen. Wir bitten. diese Frage heute zu vertagen.
Herr Abgeordneter Dr. Reichstein!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion des Gesamtdeutschen Blocks/BHE darf ich zu den Vorgängen vor der Mittagspause folgendes erklären.
Wir bedauern außerordentlich. daß die interfraktionelle Vereinbarung nicht in die Tat umgesetzt wurde. Herr Dr. Krone, ich darf daran erinnern, daß diese interfraktionelle Vereinbarung die Unterschrift trägt ,,Dr. Krone und Fraktion".
Es ist also für uns sehr schwer zu ersehen, daß die von Ihnen erwähnten so schweren Bedenken erst in letzter Minute gekommen sind.
Ich darf weiter darauf hinweisen, daß als Vertreter der Bundesregierung Herr Atomminister
Balke an diesen interfraktionellen Besprechungen teilgenommen hat; die Vereinbarungen haben seine Billigung gefunden. Ich bin der Meinung, daß der Herr Atomminister Balke dort doch wohl die Auffassung der Regierung vertreten hat.
Es ist nicht zu verkennen, daß in den Vorschlägen für die Grundgesetzänderung, im Regierungsentwurf und in dem interfraktionellen Antrag, drei wesentliche Worte hinzugekommen sind, nämlich die Worte: „zu friedlichen Zwecken". Meine Damen und Herren, wir sind der Meinung, daß hier die Bundesregierung eine sehr klare Erklärung abgeben muß, wenn nicht zwangsläufig das, was der Vertreter der SPD hier gesagt hat, als Grund für dieses Verhalten angenommen werden soll.
Es ist uns nicht erklärlich, wieso eine Formulierung „zu friedlichen Zwecken" mit den Bestimmungen unseres NATO-Bündnisses — auch unseres, die wir dem NATO-Bündnis zugestimmt haben und es .auch heute noch für völlig richtig halten —unvereinbar sein soll, nachdem wir, der Herr Bundeskanzler, die Bundesregierung und das Haus immer wieder erklärt haben, daß auf die Herstellung von atomaren Waffen selbstverständlich verzichtet werden soll, daß eine Bereitschaft vorliegt zu diesen vergleichbaren Verzichten auf diesem Gebiet, in einer Zeit, wo wir alle hoffen, daß man sich in London einigt und zu günstigeren Verhältnissen als heute kommen wird. Meine Damen und Herren, wenn in dieser Frage Unklarheiten bestehenbleiben, dann kann, glaube ich, etwas sehr Gefährliches geschehen: die Politik, die sich um das Wort „NATO" rankt und die auch wir mittragen, könnte etwas unglaubwürdig werden. Ich glaube, das darf nicht geschehen.
Ich darf Sie weiter darauf hinweisen, daß auch im Euratom-Vertrag die Formulierung „zu friedlichen Zwecken" expressis verbis gebraucht wird; daß weiterhin im Atom-Vertrag ausdrücklich gesagt wird, der Vertrag soll geschlossen werden, weil keines der einzelnen Länder in der Lage ist, die Aufgaben, die mit der Ausnutzung der neuen Energiequelle zusammenhängen, zu erfüllen.
Diese Gründe also waren es, die Sie heute veranlaßt haben, der Grundgesetzänderung und damit dem Atom-Gesetz nicht zuzustimmen, und nun frage ich, meine Damen und Herren: Zu gleicher Zeit wollen Sie — am Freitag oder wann es ist — dem Haus das Euratom-Gesetz vorlegen, in dem alle diese Formulierungen enthalten sind? Auch das veranlaßt doch wieder einen Zweifel an der Glaubwürdigkeit derer, die sich politisch so verhalten.
Wir haben weiterhin bei der ersten Lesung des Atom-Gesetzes die großen Bedenken unserer Fraktion gegenüber den Prinzipien der Gewerbefreiheit geäußert, die in dem ursprünglichen Gesetzentwurf ihren Niederschlag gefunden hatten. Wir waren sehr froh, daß man nach der interfraktionellen Vereinbarung zu der Methode der Konzessionierung gekommen ist. Wir haben gewarnt, haben gesagt, daß die Gewerbefreiheit zur Monopolstellung gewisser Industriezweige führt. Herr Kollege Menzel hat gesagt, gewisse Monopolindustrien und ihr Einfluß hätten sich in dieser Frage geltend gemacht.
Das, was darauf erwidert worden ist, scheint mir nicht ausreichend.
Wir haben weiterhin mit sehr viel Nachdruck darauf hinzuweisen, daß es dringend erforderlich ist, Schutzvorschriften für die Bevölkerung und die Personen zu schaffen, die mit diesen Dingen arbeiten. Auch das wird jetzt nicht geschehen.
Wir werden uns, meine Damen und Herren, mit sehr viel Interesse die Liste der Stimmenthaltungen durchsehen; vielleicht wird man feststellen können, daß sich hier die Großindustrie von ihrer enthaltsamen Seite gezeigt hat.
Wir bedauern außerordentlich, daß durch das Verhalten, wie es heute hier gezeigt worden ist, die deutsche Wissenschaft auf diesem Gebiet weiterhin in Nachteil gesetzt wird und daß insbesondere die Bevölkerung den notwendigen Schutz durch gesetzliche Bestimmungen nicht erhält.
Herr Abgeordneter Euler hat das Wort.
Euler : Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Namens der Fraktion der Deutschen Partei (Freien Volkspartei) möchte ich zunächst darauf hinweisen, daß die Fraktion zu den interfraktionellen Anträgen gestanden und entsprechend dem, was sie während der gesamten Ausschußberatungen und auch später bei den interfraktionellen Besprechungen zum Ausdruck gebracht hat, für die Annahme der Grundgesetzergänzung gestimmt hat.
Ohne hier nun eine sachliche Polemik entfachen zu wollen — aus einem Grund, den ich gleich anführen werde —, möchte ich nur auf einen Umstand hinweisen: der Inhalt des Gesetzes über die Verwendung der Atomenergie war von vornherein lediglich auf die friedliche Verwendung angelegt. Sowohl im Ausschuß für Atomfragen als auch im Rechtsausschuß war es die übereinstimmende Absicht aller Ausschußmitglieder, dies positiv zum Ausdruck zu bringen.
Namens meiner Fraktion möchte ich sagen, daß es nicht gut wäre, wenn die Beratung bei diesem Stand der Sache abgebrochen würde. Ich glaube, wir sind es unserem Volke schuldig, bei einer so schwerwiegenden Materie erneut in interfraktionelle Beratungen einzutreten.
Ich bin der Auffassung, daß allein für die Entwicklung unserer Wissenschaft und Forschung zuviel auf dem Spiele steht, als daß wir hier auseinandergehen könnten, ohne dieses Gesetz verabschiedet zu haben!
— Verzeihung, im Augenblick kam Widerspruch von Ihnen.
Ich bin der Auffassung, daß die verschiedenen Meinungen der Fraktionen dieses Hauses gar nicht so weit auseinandergehen. Das beweist ja die Tatsache, daß zunächst allgemeine Einmütigkeit bestand
und auf Ihre Initiative die interfraktionellen Vereinbarungen zustande gekommen sind.
— Ja schön, wenn sie im Augenblick nicht zum Erfolg geführt haben, dann soll man sich bei diesem momentan negativen Ergebnis nicht bescheiden, sondern einen erneuten Versuch machen, zu einem Resultat zu kommen, das von allen Seiten verantwortet werden kann.
Wir haben folgende Tatsachen ins Auge zu fassen. Die Forschungsreaktoren werden im Spätsommer fertig, und wenn keine gesetzliche Grundlage vorhanden ist, können sie nicht in Betrieb genommen werden. Bitte, stellen Sie die Erwägung an, wie lange der nächste Bundestag benötigen wird, um ein entsprechendes Gesetz verabschieden zu können. Es dürfte auch sehr fraglich sein, ob die einzelnen Länder in der Lage sein werden, eigene Gesetze zu verabschieden. Abgesehen davon ist es gerade auf diesem Gebiet, das für die zukünftige Entwicklung unserer gesamten Volkswirtschaft von außerordentlicher Bedeutung ist, nicht wünschenswert, in den einzelnen Ländern inhaltlich verschiedene Gesetze zu haben.
Deshalb möchte ich an alle Fraktionen dieses Hauses appellieren, daß wir erneute Bemühungen machen, um das Resultat sicherzustellen, das allein im Interesse unseres Volkes liegt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Dr. Drechsel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Genugtuung, für die Fraktion der Freien Demokratischen Partei jedenfalls sagen zu können, daß wir Vereinbarungen nicht getroffen und nicht gebrochen haben. Unser Standpunkt zu dem Gesetzgebungswerk — sowohl hinsichtlich der Ergänzung des Grundgesetzes als auch hinsichtlich des Atomgesetzes — ist von uns von vornherein klar zum Ausdruck gebracht worden. Auch in den Ausschußberatungen war darüber kein Zweifel.
Wenn Herr Kollege Euler jetzt erklärt, daß man doch vielleicht in interfraktionellen Verhandlungen noch zu irgendeiner Lösung kommen könne, so muß ich den Vorwurf erheben, daß das nicht früher geschehen ist. Die Zeit war meiner Ansicht nach vorhanden. Seit eineinhalb Jahren beschäftigen wir uns mit dem Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie. Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei hat einen Initiativgesetzentwurf vorgelegt. Die Bundesregierung hat
es nicht fertiggebracht, auf den Boden dieses Gesetzentwurfs zu treten, sondern hat den Ehrgeiz gehabt, einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem Ergebenis, daß wir heute noch zu keiner Gesetzgebung gekommen sind. Das liegt meiner Ansicht nach nicht etwa am Verschulden irgendeiner Fraktion, sondern an dem Verschulden der Bundesregierung selbst und an der Interesselosigkeit des Hauses, das nicht auf den Boden getreten ist, der vorbereitet war, um in Anerkennung der Notwendigkeit und Dringlichkeit eines solchen Gesetzes ein eigenes Iinitiativgesetz durchzubringen. Daß wir unseren Standpunkt nicht geändert haben, ist von vornherein klar gewesen und nicht etwa durch solche Erwägungen hervorgerufen, wie sie die SPD heute hinsichtlich der NATO oder irgendwelcher Interessentengruppen angestellt hat. Wir haben schon von vornherein eine andere Konzeption gehabt und wollten dem Bund die Möglichkeit geben, die Gesetzgebung in die Hand zu nehmen, damit wir unter Konzentrierung aller Möglichkeiten menschlicher und finanzieller Art schnell zum Aufbau einer Atomwirtschaft kommen.
Wenn Sie unsere Gedanken verfolgen und uns dann auch in den Beratungen zu Gehör kommen lassen und nicht glauben, daß Sie durch eine Mehrheitsbildung in diesem Hause eine unnötige Grundgesetzergänzung leicht ohne uns zustande bringen können, so erklären wir uns jederzeit zur Mitarbeit bereit.
Herr Abgeordneter Mellies!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Drechsel hat darauf hingewiesen, daß man mit interfraktionellen Besprechungen hätte früher beginnen sollen. Nun, ich darf doch feststellen, daß schon vor vielen Monaten bei den Verhandlungen im Rechtsausschuß eine Vereinbarung erzielt worden ist. Man hätte also durchaus schon vor längerer Zeit mit den Beratungen weiterkommen können. Als dann eine Stockung eintrat, hat Erich Ollenhauer durch seinen Brief an die einzelnen Fraktionen den Weg für solche interfraktionellen Besprechungen geebnet. Sie haben dann stattgefunden. Es hat doch ein Ergebnis vorgelegen, und niemand von uns hat bis heute morgen geglaubt, daß dieses Ergebnis praktisch desavouiert werden würde. Herr Euler und Herr Drechsel, wenn Sie in der Angelegenheit noch etwas tun wollen, dann sorgen Sie bitte erst einmal dafür, daß in der CDU-Fraktion eine ganz eindeutige und klare Stellungnahme erfolgt.
Glauben Sie bitte nicht, daß sich die sozialdemokratische Fraktion noch einmal in dieser Weise von den Mitgliedern der CDU-Fraktion behandeln lassen wird!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Keine weiteren Wortmeldungen. Punkt 1 a der Tagesordnung ist erledigt. Zu Punkt 1 b ist Absetzung beantragt. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. —
Gegenprobe! — Gegen wenige Stimmen ist die Absetzung beschlossen.
Ich fahre fort.
— Kollege Baur, lassen Sie mich doch ausnahmsweise auch einmal etwas sagen!
Wir fahren mit Punkt 3 der Tagesordnung fort. Wir waren bei § 4 und dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 1252. Meine Damen und Herren von der SPD, darf ich um folgende Auskunft bitten. Sind die Änderungsanträge Ihrer Fraktion Umdruck 1252 Ziffern 2 und 3 nicht dadurch überholt, daß Sie den interfraktionellen Änderungsantrag Umdruck 1266 mitunterzeichnet haben?
— Es würde sich nur die Nummer ändern! Herr Kollege Schellenberg, würde es bei Ihnen in Umdruck 1252 4 b) oder 4 c) heißen?
!)
— 4 c)! Und 4 b) würde 4 d) werden?
Nun aber stimmen wir zunächst über den § 4 ab.
Bitte, nehmen Sie doch Platz, wir müssen mit unserer Tagesordnung fertig werden.
Zu § 4 liegen keine Änderungsanträge vor. Wer § 4 in der Fassung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe!
— Angenommen.
Nun zu der Einfügung eines § 4 a gemäß dem interfraktionellen Antrag Umdruck 1266. Er ist schon begründet worden. Ich lasse abstimmen über den Antrag unter Ziffer 3 des Umdrucks 1266 betreffend Einfügung der §§ 4 a und 4 b.
— Sie haben recht; ich bedanke mich. Der Änderungsantrag der Abgeordneten Engelbrecht-Greve und Genossen Umdruck 1263 bezieht sich auf Ziffer 3 des Antrags Umdruck 1266. Will der Abgeordnete Engelbrecht-Greve den Antrag begründen?
Wir kommen dann zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 1263 , den Änderungsantrag zu dem Änderungsantrag 1266 Ziffer 3. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! - Der Änderungsantrag Engelbrecht-Greve ist angenommen.
Wer nunmehr dem Antrag Ziffer 3 des Umdrucks 1266 — betreffend § 4 a und § 4 b — in der so geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
Jetzt kommt der Antrag der Fraktion der SPD Umdruck 1252 Ziffer 2; da ist also statt „§ 4 a" zu lesen „§ 4 c", und nachher in Ziffer 3 statt „§ 4 b" „§ 4 d". Wer dem Antrag unter Ziffer 2 des Umdrucks 1252 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen.
— Wollen Sie begründen? — Wir sind in der Abstimmung! Ich gebe Ihnen sofort das Wort zur Begründung des Antrags unter Ziffer 3, vielleicht können Sie es dann nachtragen.
— Herr Kollege Schellenberg, wir sind in der Abstimmung!
— Aber ich habe hier eine Notiz, daß heute morgen
schon begründet worden ist. — Stimmt das nicht?
— Nur die Begründung des Antrags Umdruck 1252 Ziffer 1 ist erfolgt?
— Schön, dann war das ein Irrtum meinerseits. Wer begründet? — Bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion legt Ihnen auf Umdruck 1252 Ziffer 2 einen Änderungsantrag vor, in der Unfallversicherung eine Mindestrente einzuführen. Nach den Beschlüssen des Sozialpolitischen Ausschusses sollen vor der Neuregelung der Unfallversicherungsgesetzgebung, also vorläufig, nur die geldlichen Leistungen geregelt werden. Wir haben uns an diese Abmachung gehalten und haben jetzt nur solche Vorschläge gemacht, die die geldliche Neuregelung betreffen. Durch unseren Antrag soll vermieden werden, daß hier wieder solche Klein- und Kleinstrenten herauskommen, wie es bei der Neuregelung der Rentengesetze der Fall war. Wir wollen mit der Neueinführung des § 4 a eine Festlegung schaffen, daß bei voller Erwerbsminderung eine Mindestrente von 120 DM gezahlt wird. Daß dieser Antrag nicht unannehmbar ist, ergibt sich schon daraus, daß auch die Bundesregierung eine solche Bestimmung in ihren Gesetzentwurf aufgenommen hat.
Neben der Erhöhung der Mindestrenten auf 120 DM wollen wir, daß alle Erwerbsunfähigen eine Rentenerhöhung von 21 DM erhalten. Entsprechend dem Rentenneuregelungsgesetz wollen wir eine Mindestrentenerhöhung von 14 DM auch für die Witwen und für Waisen und Halbwaisen eine entsprechende Erhöhung. Das ist der Inhalt des in unserem Antrag Umdruck 1252 geforderten § 4 c.
Wir sind der Meinung, daß Sie diesem Antrag zustimmen können. Es ist notwendig, eine solche Entscheidung heute und jetzt zu treffen und damit nicht zuzuwarten, 'bis ein neuer Bundestag einmal die gesamte Materie des Unfallversicherungsgesetzes neu regelt. Diese Bestimmungen sind heute not-
wendig; es würde draußen großem Unverständnis begegnen, wenn noch einmal ein Ergebnis wie bei der Rentenneuregelung eintritt.
Wir glauben, daß auch Ihnen die Zustimmung möglich ist, denn wir haben uns - bescheiden, wie wir nun einmal sind — nur an die Fassung der Vorlage der Bundesregierung gehalten. Wir bitten Sie also um Zustimmung.
Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Stingl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, diesen Antrag abzulehnen.
Zunächst darf ich darauf hinweisen, daß der Abs. 2 des vorgesehenen § 4 c im wesentlichen dadurch erledigt ist, daß wir heute morgen die Kindergeldanhebung beschlossen haben. Zum anderen darf ich bemerken, daß wir — wie ich heute morgen schon einmal ausgeführt habe — hier nur eine Umstellung der laufenden Geldleistungen vornehmen wollen, daß aber die Einführung neuer Mindestrenten sowohl für die Rentenempfänger als auch für die Hinterbliebenen eine Änderung des Systems bedeuten würde. Wir lehnen diese Änderung des Systems heute iab.
Wird weiter das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Stingl, jeder Satz, den Sie soeben gesagt haben, beruhte auf einem Irrtum.
Wir haben heute morgen das vierte Kindergeldgesetz beraten, das Kindergeld vom dritten Kind an vorsieht. Nach Abs. 2 des § 4 c soll die Kinderzulage in der Unfallversicherung vom ersten Kind des Schwerbeschädigten an gewährt werden. Das ist doch ein erheblicher Unterschied! — Also der erste Irrtum.
Der zweite Irrtum — er ist in der sozialpolitischen Auswirkung noch bedeutsamer — war folgender. Sie sagten, Sie wollten nur die laufenden Renten erhöhen.
— Umstellen! Aber aus der Umstellung soll doch wohl praktisch eine Erhöhung herauskommen.
— Ach so. Damit sind wir also bei einem entscheidenden Punkte. Sie geben durch Ihre Zwischenbemerkung bereits zu, daß keineswegs alle Unfallrenten erhöht werden. Das ist in der Tat für uns der springende Punkt.
Ich möchte zu Ihrer Aufklärung Ihnen und Ihren Freunden, die die Mehrheit in diesem Hause haben, darlegen, daß, wenn Sie unserem Antrag nicht entsprechen, drei große Gruppen von Unfallrentnern praktisch überhaupt keine Erhöhung erhalten, obwohl Sie verkünden, es sei ein Unfallrentenerhöhungsgesetz, das die laufenden Renten erhöhe. Es erhalten nach diesem Gesetz keine Erhöhung erstens alle Unfallrentner — und Hinterbliebenen —, bei denen der Unfall nach dem 31. Dezember 1954 eingetreten ist. Das ist ein Personenkreis — man kann ihn ungefähr umreißen — in der Größenordnung von 250 000 bis 260 000 Menschen. Bitte, wollen Sie das bei Ihren Entscheidungen freundlichst berücksichtigen.
Zweitens erhalten keine Erhöhung nach diesem Gesetz die Schwerunfallverletzten, die schon durch die vorhergehenden Gesetze — Unfallrentenverbeserungsgesetz und Unfallrentenzulagengesetz — eine entsprechende Anhebung ihrer Rente erhalten haben; denn nach dem soeben beschlossenen § 4 wird diese Erhöhung voll angerechnet.
Über den dritten Personenkreis habe ich heute morgen bereits gesprochen, nämlich den Personenkreis, der von der Höchstbegrenzung der Rente betroffen wird.
Insofern handelt es sich bei diesem Paragraphen keineswegs, Herr Kollege Stingl, wie Sie es dargestellt haben, um die Frage, ob man eine Umstellung — sprich: Erhöhung — der laufenden Renten oder eine grundsätzliche Unfallrentenreform vornimmt, sondern darum, ob alle Unfallrenten erhöht werden sollen. Wenn alle Unfallrenten erhöht werden sollen, dann müssen Sie unserem Antrag zustimmen,
in dem wir nämlich eine Mindesterhöhung fordern, die sich in engen Grenzen hält. Denn für den vollerwerbsunfähigen Unfallverletzten beantragen wir eine Erhöhung von 21 DM, womit sich also für einen Teilgeschädigten mit einer Schädigung von 25 % eine Erhöhung von nur rund 5 DM monatlich ergibt. Das ist wirklich, wie der Kollege Geiger mit Recht gesagt hat, eine bescheidene Forderung, und Sie sollten sich vor der Beschlußfassung diese Zusammenhänge noch einmal überlegen.
Frau Abgeordnete Finselberger!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die verschiedenen Auffassungen, die wir hier über die Auswirkungen der Rentenumstellungen nach diesem Gesetz hören, sind letzten Endes der Ausdruck dafür, mit welcher Eile und in welcher Kürze — wieder einmal
— dieses Gesetz sowohl im Ausschuß als auch im Plenum beraten werden mußte.
Seit August haben wir bei unserem Bemühen, so
wichtige Sozialgesetze zu verabschieden, unter
Zeitdruck gestanden. Wenn wir weiter feststellen
— ich nehme hier Bezug auf die Auswirkungen der Rentengesetze für die Arbeiter und Angestellten —, daß es einen sehr großen Teil Enttäuschter gibt, dann drängen sich uns Bedenken auf, ob hier wirklich das rechte Maß gefunden worden ist, von dem Sie sprechen, meine Herren und Damen von der CDU. Die Bedenken, die hier von dem Sprecher der SPD, Herrn Professor Schellenberg, vorgetragen wurden, sind durchaus sehr ernst zu nehmen. Wir werden den SPD-Antrag unterstützen.
Keine weiteren Wortmeldungen.
Wir kommen zur Abstimmung über den SPD-Antrag Umdruck 1252 Ziffer 2 auf Einfügung eines § 4 c. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Antrag Umdruck 1252 Ziffer 3! Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Bitte sehr, Frau Abgeordnete Döhring!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Nach Auffassung meiner Fraktion ist es eine Notwendigkeit und eine Selbstverständlichkeit, daß wir, wie wir es in dem Antrag auf Umdruck 1252 vorschlagen, die Unfallrentner genauso stellen, wie die allgemeinen Rentenleistungen kürzlich von uns beschlossen worden sind. Wir beantragen deshalb, einen neuen § 4 d mit zwei Absätzen einzufügen.
Nach dem ersten Absatz sollen die Nachzahlungen von Januar bis einschließlich April 1957 bei der Ermittlung des Einkommens unberücksichtigt bleiben, soweit bei den Versorgungsrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz, den Unterhaltshilfen nach dem Lastenausgleichsgesetz und nach dem Bundesentschädigungsgesetz und auch bei den Bundesbeihilfen zum Ausgleich von Härten im Rahmen der betrieblichen Altersfürsorge nach den Richtlinien vom 17. Oktober 1951 die Gewährung oder die Höhe der Leistung davon abhängig ist, daß bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden. Das gleiche gilt, wie wir es in unserem Antrag sagen, bei der Prüfung der fürsorgerechtlichen Hilfsbedürftigkeit und bei der Gewährung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und Arbeitslosenhilfe.
Ich freue mich, auf Grund des heute vormittag verteilten Antrags Umdruck 1267, unterzeichnet von Herrn Stingl von der CDU, feststellen zu können, daß, wenigstens soweit unser Abs. 1 in Frage kommt, den ich eben begründete, innerhalb der CDU/CSU-Fraktion die gleiche Auffassung vertreten wird. Ich darf deshalb der Hoffnung Ausdruck geben, daß dieser Abs. 1 eine Mehrheit findet.
Nun zu Abs. 2 des von uns beantragten § 4 d! Hier kann ich mich kurz fassen; denn diese Bestimmung hat denselben Inhalt wie diejenige, die wir vor einigen Monaten bei der allgemeinen Rentenversicherung an entsprechender Stelle beantragt haben. Es ist äußerst bedauerlich, daß seinerzeit die Mehrheit dieses Hauses unsere Anträge abgelehnt hat. Hunderttausende, ja, es sind wohl sogar 11/2 Millionen Menschen, wurden dadurch bitter enttäuscht, weil ihnen die Erhöhungen, die man ihnen ursprünglich gegeben hatte, wieder abgezogen worden sind. Sie alle, meine Herren und Damen, wissen doch — ich darf es wenigstens annehmen —, welch traurige, erschütternde Szenen sich an den Postschaltern in fast allen Städten und Gemeinden, insbesondere auch in Stuttgart, abgespielt haben.
Die CSU-Fraktion hat daraufhin einen Brief an den Kanzler geschrieben und um Abhilfe gebeten, obwohl nach den vorliegenden Protokollen auch sie gegen den von meiner Fraktion seinerzeit gestellten Antrag auf Nichtanrechnung gestimmt hatte. Glauben Sie nicht, meine Herren und Damen, daß jene enttäuschten Rentner, die von diesem Brief gehört haben, nicht nur eine Vorspiegelung falscher Tatsachen annehmen mußten, sondern auch als Hohn auf ihre mißliche Lage empfunden haben? Durch die Änderung ,des Lastentausgleichsgesetzes und durch die 6. Novelle zum Bundesversorgungsgesetz wurden später die schlimmsten Härten wenigstens zum Teil beseitigt. Aber im Grunde genommen war es doch - chtiges Katz- und Mausspiel, das eines Parlamente und eines demokratischen Staatswesens unwürdig ist. Jedenfalls war es keine gute Sache, und es hat bestimmt nicht dazu beigetragen, Verständnis für unsere Gesetzgebung zu schaffen.
Um Wiederholungen solcher unwürdigen Vorgänge zu vermeiden, beantragen wir Sozialdemokraten, daß ab Mai dieses Jahres bei Vollrenten mindestens 21 DM monatlich, bei Teilrenten der entsprechende Teil und bei Hinterbliebenenrenten 14 DM monatlich bei der Ermittlung des Einkommens unberücksichtigt bleiben, soweit bei den Versorgungsrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz, den Unterhaltsbeihilfen nach dem Lastenausgleichsgesetz, den Leistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz und den Bundesbeihilfen zum Ausgleich von Härten im Rahmen der betrieblichen Altersfürsorge die Gewährung oder die Höhe der Leistung davon abhängt, daß bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden. Nach diesem Absatz soll das gleiche gelten bei der Prüfung der fürsorgerechtlichen Hilfsbedürftigkeit und bei der Gewährung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenhilfe.
Ich darf das gleiche sagen wie meine beiden Vorredner: Unser Antrag stellt das Mindeste dar, was die sozialdemokratische Bundestagsfraktion in bezug auf die Regelung der Geldleistungen im Unfallrentengesetz im Interesse der betroffenen Unfallverletzten verlangen zu müssen glaubt.
Das Wort hat der Abgeordnete Stingl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Anliegen, das die Frau Kollegin Döhring mit dem Abs. 1 des von ihr beantragten § 4 b verfolgt, ist auch mein Anliegen, wie Sie aus dem Antrag Umdruck 1267 ersehen. Daß unter diesem Antrag nur mein Name steht, ist lediglich technisch bedingt; wir waren nicht in der Lage, schnell noch andere Unterschriften beizubringen.
Aber rein systematisch, Frau Kollegin Döhring, gehört die Bestimmung in der Tat in die Übergangsvorschriften, weil es sich nur um eine Anrechnungsfreiheit bei der Nachzahlung handelt.
Dem Abs. 2 des von Ihnen beantragten § 4 d, Frau Kollegin Döhring, können wir unsere Zustimmung nicht geben. Wir bitten, den Antrag insoweit abzulehnen. Wir müssen das schon allein deshalb tun, weil wir vorhin auch eine Anhebung der Mindestrente abgelehnt haben. Es wäre völlig sinnwidrig, einen anrechnungsfreien Mindestbetrag festzulegen, obwohl eine Anhebung der Mindestrenten nicht erfolgt ist. Wir würden dadurch der vorigen Ablehnung, die wir selber ausgesprochen haben, widersprechen.
Wir bitten Sie also, im Augenblick beide Absätze abzulehnen, dem Anliegen des Abs. 1 bei der Über-
gangslösung des § 9 a gerecht zu werden und den
Abs. 2 überhaupt nicht in das Gesetz einzufügen.
Das heißt keine getrennte Abstimmung, sondern nach Ihrem Vorschlag gemeinsame Abstimmung über beide Absätze?
— Das bedeutet für mich gemeinsame Abstimmung über die beiden Absätze.
Wird das Wort weiter gewünscht? — Es wird nicht gewünscht. Ich stelle Ziffer 3 des Änderungsantrags der SPD auf Umdruck 1252 zur Abstimmung. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das zweite ist die Mehrheit; abgelehnt.
Ich rufe auf die Ziffer 4 des Änderungsantrags der Fraktion der SPD auf Umdruck 1252. — Bitte sehr, Herr Abgeordneter Reitz!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen meiner politischen Freunde stelle ich den Antrag, in das anstehende Gesetz einen neuen § 4 c einzufügen. Zur Begründung darf ich bemerken, daß es uns darum geht, in dieses Gesetz den § 553 der ebenfalls zur Beratung stehenden Regierungsvorlage, welcher die Regelung hinsichtlich der Berufskrankheiten beinhaltet, aufzunehmen und mit zu verabschieden. Die Praxis hat gezeigt, daß die Verordnungen über die Ausdehnung der Unfallversicherung auf entschädigungspflichtige Berufskrankheiten schon bei ihrem Erscheinen zum großen Teil überholt sind. Bei der industriellen und technischen Entwicklung entstehen fortlaufend neue Gesundheitsgefährdungen für die Berufstätigen, und es treten immer wieder Härtefälle auf, bei denen zwar die Ursache der Gesundheitsschädigung durch die Berufsarbeit nachgewiesen ist, eine Anerkennung als Berufskrankheit aber nicht erfolgt, weil die betreffende Erkrankung in der Berufskrankheitenliste nicht enthalten ist. Gerade diese Härtefälle, bei denen die Menschen unter Umständen monatelang, ja überhaupt nicht in den Besitz der für ihren Lebensunterhalt notwendigen Einkommen gelangen, bewegen uns, diesen Antrag zu stellen, damit das geregelt und nicht noch länger hinausgeschoben wird. Wir sind deshalb im Interesse der Berufstätigen der Auffassung: die Träger der Unfallversicherung sollen zwar unter den Voraussetzungen. wie sie in § 553 Abs. 2 dargestellt sind, aber unter der weiteren Auslegung und entsprechend der sich tatsächlich zeigenden Praxis eine Krankheit auch dann wie eine Berufskrankheit entschädigen können, wenn sie nicht durch die Rechtsverordnung als Berufskrankheit schon bezeichnet ist.
Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen, den § 553 der Regierungsvorlage, der diesem unserem Anliegen Rechnung trägt, als einen neuen § 4 c in dieses Gesetz aufzunehmen.
Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der SPD auf Umdruck 1252 Ziffer 4. Wer zustimmen
will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; abgelehnt. Das sind die Änderungsanträge zu § 4.
Ich rufe den § 5 auf. Zu dem Paragraphen selber liegt kein Änderungsantrag vor, es ist aber wohl die Einfügung eines § 5 a beantragt. Zunächst § 5! Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer § 5 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
Ich rufe auf den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 1252 Ziffer 5. Wird er begründet? — Bitte, Herr Abgeordneter Geiger!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Umdruck 1252 Ziffer 5 legen wir Ihnen noch einmal einen Änderungsantrag vor, der sich mit der Festlegung einer Mindestrente und einer entsprechenden Änderung der Reichsversicherungsordnung befaßt. Auch hier bescheiden wir uns wieder und schlagen Ihnen vor, die Reichsversicherungsordnung so zu ändern, daß Sie für den einzufügenden § 5 a den Inhalt des § 580 der Regierungsvorlage verwenden. Der Inhalt dieses Paragraphen der Regierungsvorlage entspricht zwar nicht den Vorstellungen der Sozialdemokratischen Partei — wir haben eine völlig andere Konzeption —, im Interesse der Sache aber schlagen wir Ihnen trotzdem vor, diesen Paragraphen anzunehmen, auch wenn in ihm gegen unseren Willen ein Teil einer Brüningschen Notverordnung aufrechterhalten wird. Auf Grund dieser Notverordnung — sie ist vor fast 30 Jahren erlassen worden — sind die Renten für unter 20 % Beschädigte weggefallen. Diese Regelung gilt noch heute, was draußen immer wieder Unverständnis auslöst.
Trotzdem haben wir in unserem Antrag die Fassung des Regierungsentwurfs gewählt, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, ihm zuzustimmen. Im allgemeinen ist es ja nicht unsere Aufgabe, die Regierungsvorlagen zu vertreten; aber im Interesse der Sache, wegen der Einführung einer Mindestrente von 120 DM für Vollrentner haben wir diesen Weg beschritten, und wir bitten Sie, der Vorlage der von Ihnen getragenen Regierung zuzustimmen.
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 1252 Ziffer 5. Wer zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Nun Ziffer 6 des Antrags Umdruck 1252. Wollen Sie begründen, Frau Abgeordnete Döhring?
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Bei dem sozialdemokratischen Antrag unter Ziffer 6 des Umdrucks 1252 handelt es sich um die Gleichstellung der Kinder von Unfallschwerbeschädigten mit den Kindern in der allgemeinen Rentenversicherung. So war es auch in der Regierungsvorlage Drucksache 3318 bereits enthalten. Sie sehen, wir sind auch hier bescheiden und beantragen nur das, was die Regierungsvorlage selbst als das Richtige und Mögliche angesehen hatte.
Es ist aus sozialen und rechtlichen Gründen nicht länger zu vertreten, daß Renten, die für Kinder gewährt werden, eine unterschiedliche Höhe aufweisen. Wir beantragen deshalb, daß einem Verletzten, der eine Rente von 50 oder mehr vom Hundert der Vollrente oder mehrere Renten aus der Unfallversicherung bezieht, deren Hundertsätze zusammen die Zahl Fünfzig erreichen — also Schwerbeschädigter ist —, zu jeder Rente für jedes Kind bis zum vollendeten 18. Lebensjahr eine Kinderzulage in Höhe von 10 v. H. der Rente, mindestens aber von 35 DM monatlich gewährt wird.
Nach der Vollendung des 18. Lebensjahres — das ist das Neue in unserem Antrag, das, was wir als das Mindeste bei dieser Regelung der Bezüge für die Unfallverletzten wünschen — soll die Kinderzulage für ein unverheiratetes Kind gewährt werden, das sich 1. in der Schul- oder Berufsausbildung befindet, längstens jedoch bis zum 25. Lebensjahr, oder 2. bei Vollendung des 18. Lebensjahres infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen außerstande ist, sich selbst zu unterhalten., solange dieser Zustand dauert.
Dann folgen die Absätze 2 bis 6 des § 581 der Regierungsvorlage Drucksache 3318.
Wir bitten Sie, meine Damen und Herren — gerade Sie von der CDU/CSU —, hier für die Kinder das zu tun, was auch in den allgemeinen Rentengesetzen als das Mindeste vorgesehen ist.
Herr Abgeordneter Schellenberg!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie von der Regierungskoalition schweigen beharrlich zu diesen Anträgen und lehnen sie ab.
Wir sind nicht darüber erstaunt, daß Sie sie ablehnen. Das kennen wir aus dem Ausschuß. Aber Sie sollten mindestens den Mut haben, hier öffentlich zu bekennen. weshalb Sie ablehnen.
Meine Damen und Herren, welchen sachlichen Inhalt haben die Anträge, die wir jetzt stellen? Wir wollen, daß die gleichen Leistungsverbesserungen, die von der überwiegenden Mehrheit dieses Hauses für die allgemeine Rentenversicherung beschlossen worden sind, auch hier gelten, beispielsweise in dem vorliegenden Fall der Altersgrenze, bis zu dem ein Kinderzuschlag gewährt wird. Bei der allgemeinen Rentenversicherung haben wir Kinderzuschuß bei Schul- und Berufsausbildung auch über das 18. Lebensjahr hinaus beschlossen. Es ist eine große Ungerechtigkeit, daß man für Kinder in der allgemeinen Rentenversicherung die Altersgrenze für den Fall der Schul- und Berufsausbildung mit Wirkung vom 1. Januar dieses Jahres erhöht hat und daß man den Kindern von Unfallverletzten oder den Waisen im Bereich der Unfallversicherung die Anpassung verweigert.
Das kann man nicht damit erklären, daß man sagt: Wir machen hier keine Unfallversicherungsreform. Wir alle wissen, daß die Unfallversicherungsreform — das haben uns die Sachverständigen sehr überzeugend dargelegt — eine Fülle von Problemen mit sich bringt. Es wurde heute morgen zu Recht, ich glaube, von Frau Kollegin Kalinke, darauf hingewiesen, daß die Unfaliversicherungsreform durch die Regierung sehr schlecht vorbereitet worden ist. Aber das darf uns nicht hindern, das, was bei der Rentenversicherung beschlossen worden ist — die Altersgrenze für Kinder und für Waisen haben wir einmütig beschlossen —, auch im Bereich der Unfallversicherung durchzuführen. Deshalb bitten wir Sie, Ihr Schweigen aufzugeben und sich zu dem, was wir bei der allgemeinen Rentenversicherung gemeinsam beschlossen haben, wenigstens in diesem Punkte zu bekennen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Horn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist eine eigenartige Sache: Reden wir, dann gehen wir Herrn Schellenberg auf die Nerven, und schweigen wir, dann gehen wir ihm erst recht auf die Nerven. Aber nicht, weil Herr Professor Schellenberg unser Schweigen beanstandet hat, habe ich mich jetzt zu Wort gemeldet, sondern um dem Hohen Hause und auch der Öffentlichkeit, die hier zuhört, schon an dieser Stelle, weil die Debatte so läuft, zu sagen, warum wir uns so und nicht anders verhalten. Ich hätte das sonst in einer kleinen Schlußerklärung gesagt.
Die Bundesregierung hat uns Ende März oder Anfang April diesen umfangreichen Gesetzentwurf über die Reform der gesetzlichen Unfallversicherung vorgelegt. Wir standen bei der Fülle der sonstigen Vorlagen, die uns noch beschäftigen, vor der Frage, ob wir die Unfallversicherungsreform überhaupt noch in Angriff nehmen können. Wir waren uns darüber klar, daß das bei der knapp bemessenen Zeit, die uns noch zur Verfügung steht, eine Unmöglichkeit ist. Es war uns auch bekannt, daß alle interessierten Verbände der gesetzlichen Unfallversicherung eine Fülle von Wünschen nach Änderung der Regierungsvorlage hatten. Das machte es erst recht unmöglich, mit den Dingen fertig zu werden. Deshalb haben wir uns nach Prüfung der Vorlage gesagt: eines ist unerläßlich, und das ist die Anhebung bzw. Umstellung der laufenden Unfallrenten entsprechend der neuen Situation in der Rentengesetzgebung. Darauf haben wir unsere Anträge im wesentlichen beschränkt.
Wir haben dabei sogar Dinge zurückgestellt, die wir an sich gern einbezogen hätten. Wir waren uns aber klar darüber, daß, wenn wir einen Punkt anfassen, soundso viele andere nachkommen. Im Handumdrehen hätten wir dann mitten in der Diskussion über die Gesamtreform gestanden, und dann wäre wahrscheinlich die Anhebung oder die Umstellung der laufenden Renten zunichte geworden. Diese wollten wir aber sicherstellen. Deshalb haben wir so gehandelt.
Auch die Neuregelung des Verhältnisses zu den gesetzlichen Krankenkassen haben wir zurückgestellt. Wir müssen den Krankenkassen sagen, daß sie sich gedulden müssen, bis der 3. Bundestag an die Gesamtreform gehen kann.
Meine Damen und Herren, ich 'wollte Ihnen diese Gründe kurz darlegen, damit Sie wissen, warum wir das getan haben: eben weil wir den Unfallrentnern wenigstens die Umstellung sichern wollten.
Lassen Sie mich noch eine Bemerkung machen; dann brauche ich sie nicht nachher zu machen. Die Diskussion erweckt manchmal den Eindruck, daß man den Unterschied zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung und der Unfallversicherung völlig übersieht. Wenn man die absolute Gleichziehung in Sachen der gesetzlichen Rentenversicherung und der auf einem ganz anderen Prinzip beruhenden Unfallversicherung fordert, übersieht man, wie ich mit Bedauern sagen muß, die Zusammenhänge; sicher nicht wider besseres Wissen. Oder doch wider besseres Wissen? Will man diese Gleichziehung, obwohl man die grundsätzlichen Unterschiede genau kennt? Jedenfalls möchten wir nachdrücklich auf diese grundsätzlichen Unterschiede hinweisen.
Ich glaube, daß ich damit unsere Stellungnahme genügend dargetan habe. Wenn sich Herrn Professor Schellenberg weiterhin über unser Schweigen wundern sollte, kann er jedenfalls nicht behaupten, daß er nicht weiß, warum wir schweigen.
Herr Professor Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir müssen klären, worum es bei der Meinungsverschiedenheit geht.
Wir waren und sind uns darin einig, daß es in diesen letzten Tagen nicht mehr möglich war, die gesamte Unfallversicherungsreform zu beraten und zu verabschieden. Die Frage ging und geht aber darum, ob man nicht jene Dinge regeln sollte, die in der Rentenneuregelung grundsätzlich entschieden sind. Daß Kinderzuschläge auch für Kinder über 18 Jahren hei Schul- und Berufsausbildung zu gewähren sind, darüber gibt es keine Meinungsverschiedenheit unter uns;` deshalb sollte diese Sache geregelt werden.
Herr Kollege Horn, Sie irren, wenn Sie meinen, Sie könnten uns mit dem Hinweis darauf überzeugen, daß strukturelle Unterschiede zwischen der allgemeinen Rentenversicherung und der Unfallversicherung bestehen; die wollen wir nicht mißachten. Aber niemand hat es bisher gewagt, der Öffentlichkeit zu sagen, daß die Leistungen der Unfallversicherung minderen Rechts als die der allgemeinen Rentenversicherung sind.
Bisher hat die Unfallversicherung immer mindestens die Leistungen der allgemeinen Rentenversicherung gewährt, und nur das wollen wir sicherstellen.
Das verzögern Sie, wenn Sie jetzt gegen unseren Antrag stimmen.
Und noch eins, Herr Kollege Horn! Wir haben Sie im Ausschuß in einem Punkt überzeugt: bezüglich der Witwen. Sie haben auf Grund unseres Antrags im Ausschußbeschluß zu § 6 die Altersgrenze für die Witwen der Unfallversicherung günstiger gestaltet, und zwar so wie in der allgemeinen Rentenversicherung. Es ist aber doch sehr merkwürdig, daß Sie für die Frauen zwischen 45 und 60 Jahren noch in diesem Bundestag eine gesetzliche Regelung herbeiführen und für einen Kreis von Jugendlichen über 18 Jahren diese Regelung hinausschieben wollen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der SPD auf Umdruck 1252 Ziffer 6 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Nun kommt der § 6. Dazu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 1252 vor. Frau Döhring zur Begründung!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Nach der soeben abgelaufenen Debatte möchte ich meinen jetzigen Ausführungen voranstellen: Erkläret mir, Graf Oerindur, diesen Zwiespalt der Natur! — Trotzdem möchte ich den Versuch machen, hier für unseren Änderungsantrag zu § 6 eine Begründung zu geben.
Meine Herren und Damen von der Regierungsmehrheit, es war erfreulich, daß Sie, wie soeben schon mein Kollege Schellenberg dargelegt hat, im Ausschuß für Sozialpolitik unserem Antrag zugestimmt haben, die in der Reichsversicherungsordnung bisher vorgesehene Altersgrenze für Witwen von 60 auf 45 Jahre herabzusetzen. Aber diese Milderung genügt uns nicht, sondern wir möchten hier für die Witwen die gleiche Regelung wie in den allgemeinen Rentenversicherungsgesetzen.
Wir beantragen daher, in § 6 des Gesetzes den § 588 der Reichsversicherungsordnung dahingehend zu ändern, daß Witwen, die das 45. Lebensjahr vollendet haben oder mindestens ein waisenrentenberechtigtes Kind haben oder erwerbs- oder berufsunfähig sind, eine Mindestrente von 72 DM monatlich erhalten.
In Abs. 2 beantragen wir, den Witwen — genauso wie in den Rentengesetzen für die Arbeiter und für die Angestellten in den ersten drei Monaten eine finanzielle Erleichterung durch die Zahlung von drei vollen Unfallrenten, wie sie der verstorbene Ehemann zu beanspruchen hatte, zu gewähren.
Ich bitte Sie namens der SPD-Fraktion im Interesse der Betroffenen dringend, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben. Nachdem Sie schon bei der Herabsetzung der Altersgrenze für Witwen ein Zipfelchen nachgegeben haben, sollten Sie dem ganzen Antrag zustimmen, um eine gerechte Regelung für die verwitweten Frauen in der Unfallversicherung zu schaffen.
Herr Abgeordneter Stingl schüttelt seinen Kopf; damit hat er offenbar seine Stellungnahme abgegeben! — Keine Wortmeldungen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 1252 Ziffer 8. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Mit Mehrheit abgelehnt.
Nun kommt der Änderungsantrag Umdruck 1252 Ziffer 9. Wer begründet? — Frau Korspeter, bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Trotz der Ausführungen von Herrn Kollegen Horn, daß die Leistungen aus der Unfallversicherung anders gesehen werden müßten als die Leistungen aus der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, beantragen wir, einen § 6 a einzufügen, der vorsieht, in die Reichsversicherungsordnung einen § 589 a aufzunehmen,
der den Inhalt des § 625 der Regierungsvorlage hat. Wir wollen damit erreichen, daß genau wie in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten die Witwe oder der Witwer bei Heirat das Fünffache des Jahresbetrages der Rente als Abfindung erhält und daß für die Witwe oder den Witwer, der sich wieder verheiratet hat und dessen zweite Ehe durch Tod oder Scheidung aufgelöst wird, der Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente aus der ersten Ehe wieder auflebt. Diese Regelung, die ursprünglich im Regierungsentwurf vorgesehen war, ist — ich muß es auch hier, wie es in den vorigen Begründungen der Änderungsanträge der SPD geschehen ist, sagen — dieselbe wie in den Rentenreformgesetzen.
Wir sollten eigentlich bereit sein, meine Herren und Damen von der CDU, wenn wir es mit der Sozialreform ernst meinen und wenn wir eine Koordinierung der Leistungen herbeiführen wollen, im sozialen Bereich gleiche Leistungen bei gleichen Tatbeständen zu gewähren.
Wir bitten deshalb, unseren Antrag anzunehmen.
Wortmeldungen?
— Keine Wortmeldungen. Abstimmung! Ziffer 9 Umdruck 1252 der SPD. Wer zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; abgelehnt.
Umdruck 1252 Ziffer 10. Begründung? — Frau Korspeter, bitte!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen, ich fürchte zwar, es ist alles vergebens, was man hier zu Ihnen sagt. Trotzdem will ich unseren Antrag begründen, einen § 6 b einzufügen, der der bisherigen Fassung des § 591 der Reichsversicherungsordnung die Fassung des § 594 der Regierungsvorlage gibt.
Auch dieser Antrag — Herr Kollege Schellenberg hat vorhin schon davon gesprochen — soll eine gleiche Behandlung der Halbwaisen und Waisen aus der Unfallversicherung mit denen aus der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten herbeiführen, und zwar einmal in der Höhe der Leistungen, zum anderen aber auch in der Weiterzahlung über das 18. Lebensjahr hinaus bei Berufsausbildung oder bei geistigen und körperlichen Gebrechen.
Da wir diese Regelung bereits in den Rentenreformgesetzen durchgeführt haben, gibt es gar kein stichhaltiges Argument dagegen. Wir sind der Meinung, daß wir im Interesse der Kinder, deren Väter durch einen Unfall ums Leben gekommen sind, auch hier eine gerechte Lösung suchen sollten.
Wir bitten deshalb, unserem Antrage stattzugeben.
Wortmeldungen?
— Keine Wortmeldung. Abstimmung! Umdruck 1252 Ziffer 10. Wer zustimmen will, bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; abgelehnt.
Ziffer 11! Begründung? — Frau Abgeordnete Korspeter!
Wir bitten, mit dem Antrag, den wir Ihnen vorlegen, einen § 6 c einzufügen, der eine andere Regelung der Elternrente erreichen soll. Bekanntlich gibt es für die Unfallversicherung im § 593 der Reichsversicherungsordnung bereits die Zahlung einer Elternrente, aber nur bei Bedürftigkeit der Eltern. Ich glaube, wir alle hier im Hause sind uns darüber einig, daß es in der Sozialversicherung keine individuelle Prüfung geben darf. Das ist bei der Beratung der Rentenreformgesetze immer wieder zum Ausdruck gekommen; wir haben dort immer wieder gesagt, daß alle Leistungen aus der Sozialversicherung auf einem Rechtsanspruch beruhen sollten. Darum der § 6 c in der von uns vorgeschlagenen Fassung.
Wir haben hier im Hause bereits bei der Beratung der Rentengesetze ausführliche Debatten über die Berechtigung der Elternrente geführt. Ich will angesichts der heutigen Situation diese Argumente nicht wieder anführen. Aber ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, ,daß die Zahlung der Elternrente einer ethischen Forderung entspricht. Deshalb sollten wir uns auch darüber einig sein, daß die Zahlung der Elternrente ohne eine Bedürftigkeitsprüfung eine Fortsetzung der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung darstellt, die sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch ergibt.
Wir bitten deshalb, unserem Antrag zuzustimmen. Angesichts der Tatsache, daß sich damals beinahe eine Mehrheit für den Antrag auf Elternrente ergeben hat, hoffe ich, daß es uns heute gelingen wird, hier die Elternrente durchzusetzen.
Keine Wortmeldungen. Abstimmung! Wer Ziffer 11 des Antrags auf Umdruck 1252 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; abgelehnt.
Umdruck 1252 Ziffer 12.
— Hat sich erledigt. Hat sich die Ziffer 13 auch erledigt? — Herr Abgeordneter Schellenberg!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch unseren Antrag auf Umdruck 1252 Ziffer 13 wollen wir erreichen, daß die in den Rentenversicherungsgesetzen vorgesehene Anpassung der Renten an die wirtschaftliche Entwicklung auch für die Unfallrenten durchgeführt wird. Meine Damen und Herren, insbesondere Sie von der CDU — die Regierungsparteien waren sich in diesem Punkte nicht einig und sind sehr stolz auf die sogenannte Produktivitätsrente.
Deshalb sind wir sehr erstaunt, weshalb Sie im Rahmen der Unfallversicherung entgegen der Regierungsvorlage den Grundsatz der sogenannten Produktivitätsrente nicht einführen wollen.
— Kommt noch alles?
— Dann muß man aber große Zweifel in die Vorschriften über die Anpassung der Renten der allgemeinen Rentenversicherung setzen. Denn nach den Vorschriften für die allgemeine Rentenversicherung soll ja vom Beginn des Jahres 1958 an eine Anpassung dieser Renten der Rentenversicherung an die Lohn- und Gehaltsentwicklung des zurückliegenden Zeitraums erfolgen. Sie werden doch nicht sagen können, daß Sie die Unfallversicherungsreform bis Anfang 1958 verabschiedet haben werden. Das ist doch nach der Stellungnahme der Fachverbände, die uns zu über 200 Punkten begründete Änderungsvorschläge unterbreitet haben, völlig unmöglich. Die Regierung muß viele Dinge doch erst einmal gründlicher bearbeiten.
Deshalb kann es nicht Anfang des Jahres 1958 zu einer Anpassung auch der Unfallrenten kommen. Aus diesem Grunde muß dieser Gesetzgeber eine Regelung darüber treffen, wie sich die Anpassung dieser Renten vollziehen soll. Wir haben hier nicht unsere Konzeption über Rentenanpassung aufgenommen, sondern die Konzeption, die die Mehrheit dieses Hauses beschlossen hat. Wir übernehmen lediglich die Vorschriften der §§ 1272 bis 1275 der Reichsversicherungsordnung, die wir auch für die allgemeine Unfallversicherung einführen wollen.
Keine Wortmeldungen. — Abstimmung! Wer dem Antrag auf Umdruck 1252 Ziffer 13 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; abgelehnt.
Nun lasse ich über § 6 in der Ausschußfassung
abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um
ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
§§ 7, — 8 — und 9! — Keine Änderungsanträge. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — 'Angenommen.
Ich rufe auf den Änderungsantrag des Abgeordneten Stingl ,auf Umdruck 1267, einen neuen § 9 a einzufügen.
— Herr Abgeordneter Stingl verzichtet auf Begründung. Wortmeldungen? —
Wir stimmen ab. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 1267 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. —
— Insgeheim ein interfraktioneller Antrag. Ist jemand dagegen? — Der Antrag ist angenommen; § 9 a in der Fassung des Änderungsantrags des Abgeordneten Stingl wird eingefügt.
§ 10, — § 11, — Einleitung und Überschrift! — Wortmeldungen? — Keine Wortmeldungen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen.
— Gegenprobe! — Angenommen. Die zweite Lesung ist beendet.
Wir treten ein in die allgemeine Aussprache in
dritter Beratung.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Friese-Korn.
Meine Herren und Damen! Die Fraktion der Freien Demokraten hat sich in der zweiten Lesung sehr stark zurückgehalten. Wir haben keine eigenen Änderungsanträge vorgelegt. Der Grund dafür ist, daß wir der Meinung sind, das heute zu verabschiedende Gesetzeswerk soll wirklich nichts anderes sein als eine Notlösung, die nur der Anhebung der Renten dient. Ich bedaure, daß wir heute Debatten geführt haben, die eigentlich nur bei der Beratung einer echten Neuregelung der Unfallversicherungsgesetze zu führen sind.
Die Form der Bearbeitung, die der Gesetzentwurf bisher erfahren hat, ist nach Meinung unserer Fraktion genauso anfechtbar wie das Verfahren bei allen Gesetzen, die wir bisher unter dem Zeichen der sogenannten Sozialreform verabschiedet haben. Wir haben auch hier wieder eine Teillösung vorweggenommen, ohne schon abschließend über die Gesamtkonzeption der Sozialreform eine klare Vorstellung zu haben. Auch dieser Gesetzentwurf wurde wiederum unter einem geradezu unerhörten Zeitdruck beraten. Frau Kalinke hat vorhin bei der Beratung ihres Änderungsantrags Herrn Schellenberg den Satz zugerufen: Nun, darüber haben wir uns doch gründlich ausgesprochen! — Ich glaube, Frau Kalinke gibt mir darin recht, daß sich das höchstens auf einen Punkt beziehen kann, den in der Tat Frau Kalinke und Herr Schellenberg gründlich besprochen haben; aber von gründlichen Besprechungen in unserem Ausschuß kann gar keine Rede sein. Das werden Sie auch heute alle gemerkt haben, weil hier Dinge behandelt worden sind, die ausschließlich in den Ausschuß gehören.
Der Gesetzentwurf ist, soweit ich in Erinnerung habe, 144 Seiten lang. Nach Anhörung zahlreicher Gutachter — für die Anhörung stand ein halber Tag zur Verfügung — hatten wir im Ausschuß noch anderthalb Tage Zeit zur Beratung. Wir alle waren uns also einig, daß nur diese Notlösung herauskommen konnte. — Ach, Herr Kollege Schüttler, warum ärgern Sie sich denn so sehr?
— Sehr richtig. Im Grunde sage ich etwas, was Sie alle wissen. Ich bin sogar der Meinung, auch die Kollegen der CDU, soweit ich sie hier sehe, haben diese Zeitknappheit bedauert, in die wir bei der Behandlung dieses Gesetzentwurfs, aber nicht nur dieses, sondern aller Sozial-Gesetzentwürfe gebracht worden sind. Denn erst nach dem Knappschaftsrentengesetz konnte dieses Änderungsgesetz zum Unfallversicherungsgesetz kommen, und das Knappschaftsgesetz konnte erst nach der Rentenreform kommen; auf der Suche nach der Schuld des gefährlichen Zeitdruckes ist also eine Spule abzudrehen, die viel früher angefangen worden ist. Wir stimmen diesem Gesetzentwurf zu, weil er nach unserer Meinung nicht die Prinzipien aus der Rentenreform übernommen hat, die wir ablehnen müßten. Es ist zwar zu fürchten, daß die Dynamik in Zukunft weiter entwickelt wird. Aber noch ist es nicht so weit. Wir werden uns vorbehalten, bei der späteren Behandlung der vollständigen Unfallversicherungsreform mit unseren Vorschlägen zur Sozialreform zu kommen.
Wir betrachten das heute vorliegende Gesetz also als eine Notlösung! Deshalb möchte ich auch der Fraktion der Sozialdemokratie sagen: die Ablehnung ihrer Anträge war zu' erwarten; denn so kann man es nicht machen. Wir können so entscheidende Dinge während der zweiten Lesung unter diesem Zeitdruck nicht einbauen.
Ich habe noch ein anderes Anliegen. Da mein Kollege Atzenroth nach mir noch einige Ausführungen machen wird, möchte ich nur noch eine allgemeine Betrachtung anstellen. Wir haben bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs im Sozialpolitischen Ausschuß in einer Atmosphäre gearbeitet, von der ich hoffe, daß sie im nächsten Bundestag nicht wiederkehrt.
— Wir sind schon durch unsere Minderheit nicht verantwortlich gewesen für diese Atmosphäre. Aber es besteht bei solcher zahlenmäßigen Zusammensetzung des Ausschusses immer die Gefahr, daß die absolute Mehrheit zu Unduldsamkeit und zu mangelnder Kompromißbereitschaft neigt.
und daß umgekehrt diese mangelnde Kompromißbereitschaft die andere Seite sehr häufig zu Obstruktion verleitet. Wir haben beides gehabt, wir haben mangelnde Toleranz und wir haben Obstruktion erlebt. Beides war nicht gut für die Arbeit. Hoffen wir von Herzen, daß die Mehrheitsverhältnisse im kommenden Bundestag uns in allen Ausschüssen vor dieser Form der Arbeitsweise verschonen.
Einstweilen keine weiteren Wortmeldungen. — Wie ist es, Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth? — Bitte sehr!
Meine Damen und Herren! Ich habe mich deswegen noch zum Wort gemeldet, weil dieses Gesetz eines der letzten, vielleicht das letzte sozialpolitische Gesetz ist, das dieser 2. Bundestag verabschiedet.
— Vor dieser Fülle der Ereignisse muß ich manchmal kapitulieren, ,da komme ich nicht mit; das gebe ich offen zu.
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter! Ein Blick auf diese Tagesordnung: da gibt es noch viele Sozialgesetze!
Dann verzichte ich bei den nächsten auf diese Schlußworte.
Wenn es auf die Anzahl der vom 2. Bundestag beschlossenen Gesetze ankäme, könnten wir stolz sein.
Wenn ich es auf die Qualitäten beziehe, liegen die Dinge wesentlich anders. — Sie sind auf die Zahlen stolz; ich bestreite Ihnen aber, daß Sie auf die Qualitäten stolz sein können.
Es ist uns eine umfassende Sozialreform versprochen worden. Beschert wurden uns im allgemeinen Erhöhungsgesetze. An die Grundsätze, an eine Neuordnung unserer Sozialversicherung ist man nicht herangegangen, in keinem Punkt. Wenn man die Einführung der ,dynamischen Rente oder der Produktivitätsrente als eine Sozialreform bezeichnet, dann liegen unsere Anschauungen weit auseinander.
Hier zeigt sich ganz besonders deutlich: das Gesetz über die Unfallversicherung, das vor 80 Jahren geschaffen worden ist, ist ursprünglich ein Gesetz zurr Ablösung der Haftpflicht des Unternehmens gewesen. Aus dieser Sphäre ist es schon längst herausgekommen. Es gibt hier nur noch ganz entfernte Anklänge. Wie kann man in ein Gesetz über die Ablösung der Haftpflicht soziale Momente — Kindergeld, Unterstützung für Familienangehörige usw. — hineinbringen? Mißverstehen Sie mich nicht. Ich will nicht die Notwendigkeit dieser Leistungen bestreiten. Angesichts des Grundes für 'den Erlaß des alten Haftpflichtgesetzes können diese Leistungen aber hier nicht eingebaut werden.
— Das ist kein Vorwurf gegen Ihre Fraktion allein, sondern ich sage, dieser Bundestag hat damit einen sehr schwerwiegenden Fehler begangen. Es sollte eine Mahnung für die künftige Arbeit sein, zu beachten, daß ,alle sozialpolitischen Maßnahmen ganz beträchtliche wirtschaftspolitische Wirkungen
haben.
Die Änderungen, ,die wir in ,diesen vier Jahren an d Sozialversicherungsgesetzen beschlossen haben, haben ungefähr eine 10%ige Erhöhung der Lasten zur Folge. Wenn man bedenkt, daß mehr als die Hälfte des Sozialprodukts Löhne sind, kann man sich ausrechnen, welchen Anteil diese Erhöhungen, die wir beschlossen haben, ,an den Änderungen der Preise haben, die in Deutschland seit 1950 beträchtlich gestiegen sind. Man kann sich auch ausrechnen, welchen Anteil sie noch haben werden, wenn sich die Auswirkungen — wahrscheinlich erst nach den Wahlen — einmal voll zeigen. Mein Parteivorsitzender Reinhold Maier hat
einmal das Wortausgesprochen: Wer Vielen viel geben will, muß Vielen viel nehmen. An das „viel nehmen" müssen wir uns immer wieder erinnern. Wir müssen da den gerechten Ausgleich finden. Das haben wir nach meiner Meinung versäumt. Wir haben in diesem Bundestag keine Finanzreform gemacht, wir haben keine Sozialreform gemacht. Das ist nach unserer Meinung eine schlechte Bilanz.
— Wir sind doch dafür!
Zur allgemeinen Aussprache hat das Wort Frau Abgeordnete Kalinke.
Frau Kalinke : Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich möchte zum Schluß dieser Aussprache für die Fraktion der Deutschen Partei (Freien Volkspartei) sagen, daß ich auf die erneute Begründung unseres Antrags, den ich in der zweiten Lesung ausführlich begründet habe, verzichte, und will zur Schlußabstimmung folgende Erklärung abgeben.
Wir begrüßen es, daß trotz des Drucks der Zeit und der Verhältnisse dieses Teilstück der Unfallversicherungsreform heute noch verabschiedet wird. Wir begrüßen es, daß die laufenden Renten in der Unfallversicherung erhöht werden. Wir würden es gerade nach den Debatten im Ausschuß und nach dem sehr unvollkommenen Material, das uns hinsichtlich des finanziellen Aufwands vorgelegen hat, als eine schwere Belastung angesehen haben, wenn wir in der heutigen Situation weitere Beschlüsse — die diese Unfallversicherungsreform beinhalten muß — gefaßt hätten.
Wir haben aus diesem Grunde den Änderungsanträgen der SPD nicht der Sache und des materiellen Inhalts wegen, sondern in Übereinstimmung mit den übrigen Fraktionen grundsätzlich deshalb nicht zustimmen können, weil die Unfallversicherungsreform nicht gemacht werden kann, ohne daß zugleich die Auswirkungen auf die Krankenversicherungsreform, ohne ,daß die Kumulierung der Renten —denn gerade in der Unfallversicherung wird fast jede Rente gleichzeitig mit einer Rente aus der Invaliden- oder Angestelltenversicherung ausgezahlt —, ohne daß die Relation der Unfallrenten zum Lohn — die Mehrzahl der Unfallrentner hat vollen Anteil an der Lohnentwicklung — zu übersehen sind. Es wird nötig sein, viel genauer als bisher im Ausschuß — darin wird niemand widersprechen können — vor der Verabschiedung dieses Gesetzes auch die Auswirkungen der Rentenreform zu übersehen. Wir hoffen, daß dem 3. Bundestag eine bessere Unterstützung durch das Arbeitsministerium sicher ist. Ich weiß, daß die unzureichende und mangelnde Unterstützung nicht immer an den Referenten liegt, sondern tatsächlich mit der nicht ausreichenden Besetzung des Ministeriums und der vielleicht zu großen Bescheidenheit des Herrn Ministers in bezug auf seine Mitarbeiter zusammenhängt. Ich kann Frau Friese-Korns Ausführungen in dem einen Punkt sehr nachdrücklich unterstreichen, daß es den Abgeordneten im nächsten Bundestag bei der Beratung des Unfallversicherungsgesetzes leichter gemacht werden möge, Zahlen nachzuprüfen und ausreichende Unterlagen des
Arbeitsministeriums so rechtzeitig zu erhalten, daß sie in aller Verantwortung durchgesehen werden können.
Dieses Gesetz wird aber eine weitere Belastung für die Wirtschaft, insbesondere für die mittelständischen Kreise, bringen. Allein :der Tatbestand, daß sich das Arbeitsministerium bei den Zahlen, die es uns für die Landwirtschaft genannt hat, geirrt hat und sie berichtigen mußte, veranlaßt uns, hier ausdrücklich zu sagen, daß bei allen weiteren Vorlagen auch zuverlässiges Zahlenmaterial über die Kosten eines Gesetzes mit größter Behutsamkeit und der allergrößten Gründlichkeit erstellt werden mögen. Trotz solcher Bedenken und trotz dieser Tatbestände wird die Fraktion der Deutschen Partei ,diesem Gesetz zustimmen.
Allgemeine Aussprache! — Herr Abgeordneter Schellenberg!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier sind einige Worte gefallen, die nicht unwidersprochen bleiben dürfen. Zuzustimmen ist dem, was Frau Friese-Korn bezüglich der fehlenden Konzeption der Bundesregierung auf sozialpolitischem Gebiet dargelegt hat. Der Bericht zu diesem Gesetz, das wir jetzt verabschieden müssen, heißt „Erster Schriftlicher Bericht". Dabei wissen wir alle, daß ein zweiter Bericht dieses Bundestages nicht folgen wird und nicht folgen kann. All das zeigt die mangelnde Vorbereitung der Bundesregierung auf sozialpolitischem Gebiet. Das wird sich insbesondere bei den Auswirkungen dieses Gesetzes bald zeigen. Die Bundesregierung hat nämlich nach vielfachen Mahnungen jetzt endlich die ersten Durchführungsverordnungen zu den Rentenversicherungsgesetzen erlassen. Wenn dieses Gesetz verabschiedet wird, muß die Rentenversicherung wieder auf dieses Gesetz umschalten, und dann wird ein weiterer zusätzlicher Verwaltungsaufwand und ein Durcheinander bei der Rentenversicherung entstehen. Das zeigt, wie schlecht die Dinge durch die Bundesregierung vorbereitet worden sind. In dieser Hinsicht stimmen wir der Kritik, die hier geäußert wurde, zu.
Aber es fielen auch Behauptungen, die. unrichtig sind. Es war nicht angebracht, im Zusammenhang mit diesem Gesetz von einem steigenden Sozialaufwand und einer steigenden Belastung der Wirtschaft zu sprechen. Das Ist objektiv falsch, und zwar aus folgendem Grunde. Die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung sind, bezogen auf die Lohnsumme, seit dem Jahr 1952 gesunken.
— Das kann ich Ihnen beweisen.
Die Träger der Unfallversicherung haben — was Sie als Organmitglied wissen müßten — inzwischen Vermögenswerte angesammelt, die bald eine Milliarde DM erreichen. Wenn Sie das bestanden, dann hätten Sie als Organmitglied, Herr Kollege Atzenroth, sich für eine ,Senkung der Beiträge einsetzen müssen, da gemessen an der Entwicklung der Lohn- und Gehaltssumme die Leistungen sich gesenkt haben.
Dieses Gesetz vollzieht die Deckung eines Nachholbedarfes, der sich aus dem Zurückbleiben der Leistungen hinter der Lohn- und Gehaltsentwicklung ergibt. Wegen des Betrages, den die Gesamtleistungen nach diesem Gesetz ausmachen, will ich das Haus nicht strapazieren. Jedenfalls unterstelle ich die Berechnung der Bundesregierung nicht als richtig. Es handelt sich bei den Leistungen nach diesem Gesetz lediglich um ein Nachholen dessen, was seit 1952 verabsäumt wurde. Im Hinblick darauf war es nicht richtig, Frau Kollegin Kalinke und Herr Kollege Atzenroth, daß Sie im Zusammenhang mit der Verabschiedung dieses Gesetzes von einer steigenden Belastung der Wirtschaft gesprochen haben.
Frau Abgeordnete Finselberger!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Das Gesetz zur vorläufigen Neuregelung von Geldleistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung ist das Ergebnis einer Beratung in Zeitnot. Diese Zeitnot ist darauf zurückzuführen, daß, wie hier schon ausgeführt worden ist, der Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht rechtzeitig vorgelegt worden ist. Diese Kritik muß ausgesprochen werden.
Das heute zu verabschiedende Gesetz auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein Torso. Dadurch geschieht den Unfallrentnern ein Unrecht, das durch den Vergleich mit den anderen sozialpolitischen Gesetzen, die wir verabschiedet haben, deutlich wird. Das vorliegende Gesetz verdient wirklich nur als Notlösung bezeichnet zu werden.
Es ist nicht zu bestreiten, daß gemeinsam erarbeitete Grundsätze nicht in diesen Torso eines Gesetzes übernommen worden sind. Für uns bedeutet .das, daß sich hier eine rückläufige Tendenz auf sozialpolitischem Gebiet anzeigt, und das ist das Bedauerliche, was wir hierbei feststellen müssen.
Das Wort zur allgemeinen Aussprache hat Herr Abgeordneter Horn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hätten auf eine Äußerung in der allgemeinen Aussprache der dritten Lesung vielleicht verzichten können, wenn nicht insbesondere die letzten Ausführungen der verehrten Frau Kollegin zu einer Widerlegung geradezu zwängen.
Frau Kollegin Finselberger, Sie wissen ebenso wie wir, welche Gründe dafür maßgebend sind, daß wir in den letzten Wochen in eine Zeitpression gekommen sind, die uns dazu gezwungen hat, die letzten Gesetzesvorlagen mit dieser Eile und mit dieser Konzentration auf wenige Punkte zu beraten. Davon zu sprechen, daß hier eine bestimmte Tendenz in der sozialpolitischen Haltung der Regierungsmehrheit oder der Fraktion der CDU/CSU vorliegt, ist eine Unterstellung, verehrte Frau Kollegin, gegen die ich nicht nachdrücklich genug protestieren kann.
Sie können das durch keine Tatsachen unter Beweis stellen.
Ich will mich aber damit nicht des weiteren auseinandersetzen. Ich bin der Auffassung, daß jetzt bei der dritten Beratung hier nicht der Ort ist, in eine Auseinandersetzung über Sozialpolitik und Sozialreform in ihrer Gesamtheit einzutreten. Die Gesetze, die wir in diesem Bundestag mit unserer Mehrheit verabschiedet haben, verantworten wir nicht nur heute hier, sondern auch vor der Wählerschaft draußen.
Ich sage Ihnen heute noch einmal mit aller Deutlichkeit, daß wir auf die verschiedenen sozialpolitischen Gesetze, die dieser 2. Deutsche Bundestag verabschiedet hat, mit Berechtigung stolz sein können und auch stolz sind.
Bei unserer Zustimmung zu diesem Gesetz bringen wir gleichzeitig unsere Befriedigung darüber zum Ausdruck, daß diese notwendige, unerläßliche Umstellung und Anhebung der Unfallrenten durch unsere Initiative im Ausschuß zustande gekommen ist.
Ich betrachte es gar nicht ,als einen Fehler, daß wir durch die Zeitnot verhindert worden sind, diese Unfallversicherungsnovelle im ganzen noch des eingehenderen zu beraten oder gar zu verabschieden. Es hat sich gezeigt, daß diese Vorlage tatsächlich noch einer gründlichen Überarbeitung bedarf. Es wurde von mir schon darauf hingewiesen, daß die beteiligten Verbände der Unfallversicherung eine Fülle von Änderungswünschen und Anträgen dazu haben. Ich bin der Meinung, daß die kommende neue Bundesregierung die Verpflichtung hat, in Fortsetzung der Vorlagen über die Sozialreform in ihrer Gesamtheit diese Gesetzesvorlage mit Beschleunigung zu überarbeiten, damit der 3. Deutsche Bundestag nicht erst in fernerer Zukunft, sondern sehr bald diese Unfallversicherungsreform als eines der ersten sozialpolitischen Gesetzeswerke, die er zu bearbeiten hat, verabschieden kann. Dem sollen dann die weiteren Reformgesetze folgen, insbesondere die Gesetzesvorlage über die Neuordnung der gesetzlichen Krankenversicherung, damit mit diesen Gesetzen 'wenigstens die Hauptthemen der Sozialreform ihre Erledigung finden.
Wir stimmen dieser Gesetzesvorlage zu und werden durch unseren Einfluß, den wir auch nach der Wahl haben werden, dafür sorgen, daß dann die Dinge so betrieben werden, wie das unseren Wünschen und Vorstellungen entspricht.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Finselberger.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren und Damen! Herr Kollege Horn, überlassen wir es den Wählern am 15. September, was sie zu diesem Gesetz zu sagen haben!
Wir werden uns dann darüber noch zu unterhalten haben.
Ich möchte Ihnen nur eines sagen. Sie können gar nicht bestreiten, daß ,die Grundsätze, die wir gemeinsam in sehr schweren Beratungen für die Rentengesetze erarbeitet und in diesem Sinne auch gemeinsam verabschiedet haben, hier nicht enthalten sind. Das ist meine Kritik, die ich auszusprechen habe. Hier scheint es mir Tatsache zu sein, daß die Unfallrentner ,gegenüber den anderen benachteiligt sind.
Wir stimmen diesem Gesetze nur um deswillen zu, damit überhaupt auf diesem Gebiet etwas getan wird.
Keine weiteren Wortmeldungen. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Der Änderungsantrag der Fraktion ¡der DP auf Umdruck 1270 ist begründet. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer diesem Änderungsantrag der Fraktion der DP auf Umdruck 1270 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Das scheint mir also doch wieder eine einstimmige Annahme zu sein.
Gegenprobe! — Alles dafür; der Änderungsantrag ist einstimmig angenommen.
Zur Begründung des Änderungsantrags Umdruck 1256 Ziffer 1 erteile ich Frau Döhring das Wort.
Die Geldleistungen nach diesem Gesetz sind so zu erhöhen, daß bei Erwerbsunfähigkeit die Vollrente ohne Kinderzulage mindestens 120 Deutsche Mark monatlich, bei Erwerbsminderung die Teilrente den entsprechenden Teil von 120 Deutsche Mark beträgt. Die Erhöhung beträgt jedoch für Vollrenten ohne Kinderzulage mindestens 21 Deutsche Mark monatlich, bei Teilrenten den entsprechenden Teil von 21 Deutsche Mark.
Die Kinderzulage wird auf mindestens 35 Deutsche Mark monatlich erhöht.
Witwenrenten und Elternrenten sind so zu erhöhen, daß die Rente mindestens 72 Deutsche Mark monatlich beträgt. Die Erhöhung beträgt jedoch bei Witwen- und Elternrenten mindestens 14 Deutsche Mark monatlich.
Waisenrenten sind so zu erhöhen, daß die Monatsrente für eine Halbwaise mindestens 50 Deutsche Mark, für eine Vollwaise mindestens 75 Deutsche Mark beträgt."
Ich bitte Sie noch einmal, Ihre Entscheidung zu überprüfen und wenigstens diesen Mindestzulagen zuzustimmen.
Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Schellenberg!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Abstimmung über diese Frage entscheidet darüber, ob rund 260 000 Unfallrentner ohne eine Erhöhung bleiben oder ob sie wenigstens eine Mindesterhöhung erhalten. Ich beantrage deshalb namens meiner Fraktion hierüber namentliche Abstimmung.
Keine weiteren Wortmeldungen. Namentliche Abstimmung! Ich bitte die Damen und Herren Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, daß wir inzwischen in der Beratung fortfahren.
Ich rufe auf den Änderungsantrag Umdruck 1256 Ziffer 2. — Herr Abgeordneter Geiger zur Begründung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Der Absatz 1 unseres Antrags Umdruck 1256 Ziffer 2 ist durch die Annahme des CDU-Antrags auf Einfügung eines neuen § 9a erledigt. Wir haben diesem § 9a zugestimmt, obwohl Sie unseren Bleichlautenden Antrag in der zweiten Lesung abgelehnt haben.
Die Annahme des § 9a ist aber nur eine Teillösung und befriedigt in der Sache nicht ganz. Auch weiterhin werden bei den künftigen Rentenneufestsetzungen und Rentenauszahlungen alle Beträge beim Bezug einer zweiten Rente angerechnet. Das hat schon bei der Festlegung der Rentenneuregelungsgesetze draußen sehr viel Staub aufgewirbelt und hat begreiflicherweise zu einer erheblichen Unzufriedenheit der Menschen mit den gesamten Rentenneuregelungsgesetzen geführt. Durch diese schlechte Regelung ist der sozialpolitische Effekt dieser Gesetze im wahrsten Sinne des Wortes verloren gegangen.
Wir haben deshalb diesen Antrag in der dritten Lesung noch einmal gestellt in der Hoffnung, daß
Sie sich diese Frage in der Zwischenzeit überlegt haben und bereit sind, nachdem Sie A gesagt haben, nun auch B zu sagen, indem Sie unserem Antrag zustimmen, daß künftig bei der Anrechnung beim Bezug einer Rente ein Betrag von mindestens 21 DM bzw. 14 DM frei bleibt. Wir hoffen, daß Sie diesem Antrag zustimmen. Uns ist bekanntgeworden, daß ein großer Teil der Kollegen, insbesondere der CDU, draußen nach den vielen Protestbriefen und Protesttelegrammen ebenfalls die Ansicht vertreten hat, daß das eine ungerechte Lösung ist, und daß sie sich deshalb an ihre Vertretung in Bonn gewandt haben.
Herr Kollege Horn hat davon gesprochen, daß Sie auf die Rentenneuregelungsgesetze stolz sein könnten. Ich möchte Sie daher bitten, diesen Stolz zu krönen, indem Sie diese unvernünftige und unsoziale Bestimmung aus dem Gesetz herausnehmen und künftig wenigstens bei den Unfallrenten in Höhe von 21 DM bzw. 14 DM keine gegenseitige Anrechnung vornehmen lassen.
Keine Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag 1256 Ziffer 2. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Weitere Änderungsanträge liegen nicht vor. Ich muß aber mit der Schlußabstimmung warten, bis die Auszählung über die namentliche Abstimmung beendet ist. Ich bitte also, sich einen Augenblick zu gedulden.
Ich gebe bekannt — und zwar höchst ungern —: Der Ausschuß für Beamtenrecht hat mich gebeten, um 19 Uhr zusammentreten zu dürfen. Ich kann mich der Argumentation des Herrn Vorsitzenden nicht entziehen und genehmige die Sitzung. Der Ausschuß für Beamtenrecht tritt um 19 Uhr im Raum 214 S zusammen.
Ich gebe das vorläufige Ergebnis *) der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 1256 Ziffer 1 bekannt. Mit ja haben gestimmt 142 Mitglieder des Hauses und 10 Berliner Abgeordnete, mit Nein 247 Mitglieder des Hauses und 7 Berliner Abgeordnete. Enthalten haben sich drei Abgeordnete. Der Änderungsantrag 1256 Ziffer 1 ist ebenfalls abgelehnt.
Meine Damen und Herren, weitere Änderungsanträge liegen nicht vor. — Herr Kollege Schellenberg zum Schlußwort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der sozialdemokratischen Fraktion gebe ich zur Schlußabstimmung folgende Erklärung ab:
Die sozialdemokratische Fraktion hat am 1. Februar 1956 durch ihren Gesetzentwurf über Verbesserungen in der gesetzlichen Unfallversicherung den Anstoß zu dem jetzt zur Verabschiedung kommenden Gesetz gegeben.
Die Regierung hat damals erklärt, daß im Mai 1956 das Gesetz über die Reform der Unfallversicherung vorliegen werde, und sie erklärte gleichzeitig, daß gegenüber diesen umfassenden Plänen der Bundesregierung die im Gesetzentwurf der SPD beantragten Leistungsverbesserungen zu eng seien.
Endgültiges Ergebnis vgl. S. 13098.
Wir stellen fest, daß man jetzt im Inhalt auf den Gesetzentwurf der Sozialdemokraten vom 1. Februar 1956 zurückkommt, allerdings mit einer Verspätung von weit über einem Jahr.
Der Gesetzentwurf, der jetzt zur Verabschiedung ansteht, ist leider unvollkommen. Das Gesetz wird durch die Anrechnung der Erhöhungen bei anderen Sozialleistungen wieder zu vielfachen Enttäuschungen derjenigen führen, die aus der Unfallversicherung eine Leistungserhöhung erhalten und denen sie auf andere Renten der Sozialversicherung, der Kriegsopferversorgung usw. ganz oder teilweise angerechnet wird.
Das Gesetz wird leider auch rund ein Drittel aller Unfallrentner, rund 260 000 Menschen, ohne Leistungserhöhung lassen.
Die Sozialdemokraten werden dennoch dem Gesetz zustimmen, damit zwei Drittel aller Unfallrentner nun endlich in den Genuß der Leistungserhöhung kommen, die wir schon im Februar 1956 beantragt haben.
Keine weiteren Wortmeldungen.
Schlußabstimmung! Wer dem Gesetz in dritter Lesung zustimmen will — der Änderungsantrag der Fraktion der DP ist vom ganzen Haus angenommen —, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (Drucksache 3118);
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik - (Drucksache 3707). (Erste Beratung: 190. Sitzung.)
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Herr Berichterstatter Klausner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, Ihnen über die Beratung einer Vorlage Bericht zu erstatten, die die Alterssicherung der selbständigen Landwirte beinhaltet. Das Thema wird seit Jahren in der bäuerlichen Öffentlichkeit diskutiert. Es ist in den Grünen Berichten der Bundesregierung angesprochen.
Der Bauer, der seinen Hof abgibt, muß eine entsprechende Alterssicherung haben. Die wirtschaftliche Situation der Landwirtschaft, vor allem in den Gebieten mit klein- und mittelbäuerlichen Betrieben, erlaubt diese Sicherung aus der Kraft des einzelnen Betriebes nicht. Die echte Notlage der Altbauern in diesen Gebieten ist unbestritten.
Sicherlich hat man es verstanden, daß sich Kreise dieses Hohen Hauses dieses Problems angenommen und versucht haben, ihm durch ein Gesetzgebungswerk näherzukommen. Vor gut Jahresfrist haben die Abgeordneten Frühwald und Mauk sowie die FDP-Fraktion einen Antrag eingereicht, in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, einen Gesetzentwurf zur Schaffung der Voraussetzungen für die Alterssicherung der Landwirte zu erarbeiten. Dieser Gesetzentwurf ist dem Bundestag nicht vorgelegt
worden. Er ist wohl bis zu einem Referentenentwurf gediehen, aber nicht zu einem vollen Gesetzentwurf ausgereift.
Die Fraktion der CDU/CSU sah sich deshalb veranlaßt, am 19. Januar dieses Jahres dem Plenum dieses Hohen Hauses den Gesetzentwurf auf Drucksache 3118 vorzulegen. Er wurde damals vom Plenum in erster Lesung verabschiedet und an den Sozialpolitischen Ausschuß --- federführend — sowie an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Mitberatung überwiesen.
Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat seine Beratungen über diesen Gesetzentwurf am 24. Mai abgeschlossen. Der Ausschuß für Sozialpolitik, also der federführende Ausschuß, hat seine Beratungen über diesen Gesetzentwurf am Abend des 29. Mai beendet. Der Mündliche Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik liegt Ihnen auf Drucksache 3707 vor.
Was soll mit diesem Gesetz erreicht werden? Die Situation des Bauern, des Landwirts, ist die eines selbständigen Unternehmers. Sie paßt nicht in den Rahmen eines Gesetzes, das sich um den Arbeitnehmer bemüht. Deswegen war es im Rahmen der bisher verabschiedeten Gesetze nicht möglich, der besonderen Situation der Bauern gerecht zu werden. Auch der Umfang der hier erforderlichen Sicherung unterscheidet sich wesentlich von dem Umfang der bei den Arbeitnehmern erforderlichen Versorgung. Bei den Arbeitnehmern geht es um eine volle Versorgung, während es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf nur um eine Zusatzversorgung, nämlich um die Zurverfügungstellung eines Bargeldbetrages zusätzlich zur sonstigen Leistung handelt. Wer die Verhältnisse im bäuerlichen Bereich kennt, der weiß, daß der Bauer, der seinen Hof abgibt. sich sein Leibgedinge in Form der Verpflegung und in Form des Wohnungsrechts sichert.
Es wird in der Öffentlichkeit anerkannt — auch das Hohe Haus hat sich dieser Erkenntnis noch nie verschlossen und dem durch die Verabschiedung des Grünen Plans Ausdruck verliehen -, daß die landwirtschaftlichen Probleme zu einem Gutteil noch ungelöst sind. Wegen der wirtschaftlichen Situation der bäuerlichen Betriebe ist es notwendig. den Bargeldzuschußbedarf des Bauern auf gesetzlichem Wege zu decken. In Anbetracht der Tatsache, daß es sich hier um eine Hilfe und nicht um eine volle Sicherung handelt, haben der Ernährungsausschuß und in der Folge der Sozialpolitische Ausschuß die ursprüngliche Überschrift „Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte" dahin geändert, daß an Stelle des Wortes „Alterssicherung" das Wort „Altershilfe" getreten ist, um damit zum Ausdruck zu bringen, daß es sich hier um eine Teillösung des Versorgungsproblems im gewohnten Sinne, um die Hilfe für den Altbauern handelt.
Wir sind uns im Ausschuß darüber einig geworden, daß die Leistungen für ein Ehepaar 60 DM und für einen unverheirateten ehemaligen Hofbesitzer 40 DM betragen sollen. Anträge auf einen höheren Zuschuß wurden vom Ausschuß abgelehnt, weil höhere Leistungen nach der im Gesetz festgelegten Struktur dieses Altershilfewerks unmöglich sind. Sie wären nur mit einem Bundeszuschuß möglich, der vom Antragsteller und vom Ausschuß abgelehnt wurde.
Neben dieser Altershilfe handelt es sich im wesentlichen auch darum, die sogenannte alte Last zu erfassen. Das Problem stellt sich im wesentlichen
als ein Problem der Hilfe und der Versorgung für den ehemaligen Hofbesitzer und die ehemalige Hofbesitzerin dar. Zwei Drittel dieses Personenkreises sind ohne jegliche Sicherung durch öffentliche Einrichtungen, sind in keiner Sozialversicherung; ein Drittel ist freiwillig in der Sozialversicherung und bezieht zum Teil eine bescheidene Rente. Um diesen Personenkreis geht es uns und ist es dem Ausschuß und dem Antragsteller im wesentlichen gegangen. Weil dieser Personenkreis im Augenblick erfaßt werden muß, ist das Verfahren dieses Altershilfewerks schon auf das Umlageverfahren festgelegt. Nur mit dem Umlageverfahren Ist die Möglichkeit gegeben, das Problem der „alten Last" zu lösen.
— Herr Dr. Schmidt, erinnern wir uns an die Beratungen über die Rentengesetze. Bei einiger Kenntnis der Problematik muß man feststellen, daß wir sogar dort, bei einer Versicherungseinrichtung, die ursprünglich auf dem Kapitaldeckungsverfahren aufgebaut war, auf Grund der Zeitgeschehnisse nichts anderes tun konnten, als auf das Umlageverfahren umzustellen. Das ergab sich aus der Natur der Sache. Bei gründlichem und objektivem Studium der Probleme werden auch Sie zu keiner anderen als zu dieser Lösung kommen. Wollen wir das Problem der Bauern lösen, die für sich keine Vorsorge geleistet haben, keine Vorsorge leisten konnten, dann kann das nur dadurch geschehen, daß die jetzt noch aktiven Landwirte zur Beitragszahlung herangezogen werden und daß die Beiträge sofort für die Zahlung der Renten verwendet werden.
Eine Sekunde, lassen Sie mich das sagen! Herr Abgeordneter, in diesem Augenblick argumentieren Sie nicht; und selbst wenn Sie durch einen Zwischenruf dazu veranlaßt und gereizt werden, müssen Sie das überhören. In diesem Augenblick spricht der Herr Berichterstatter.
Herr Präsident, ich bitte um Entschuldigung.
Bitte sehr. — Aber darf ich noch etwas anderes sagen, Herr Berichterstatter. Ich habe vorhin vergessen, einen freundlichen Appell an Sie zu richten. Den muß ich aber eigentlich nachholen. Wir haben uns im Ältestenrat lange darum bemüht, wie wir die verdienten Berichterstatter davon abbringen könnten, das Haus mit dem mündlichen Vortrag ihrer Berichte zu erquicken.
Nun ist das in diesem Augenblick etwas schwierig, denn ich glaube, es gibt hier keinen schriftlichen Bericht. Oder wird der noch nachgeliefert?
Nein, er konnte nicht mehr fertiggestellt werden.
Er wird nicht nachgeliefert. Dann wäre ich Ihnen dankbar, Herr Berichterstatter, wenn Sie sich möglichst kurz faßten.
Ich werde mich Ihren Wünschen fügen.
Dieses Problem ist eindeutig gelöst. Das Umlageverfahren ist als das gegebene Verfahren erschienen, und der Gesetzentwurf baut darauf auf.
Außerdem war es für uns naheliegend, daß die Einrichtung bei einer berufsständischen Organisation geschaffen wurde. Wir haben uns im Ausschuß darauf festgelegt, daß, wie es in der Vorlage vorgesehen war, die Berufsgenossenschaften als die gegebenen berufsständischen Einrichtungen das Gesetz durchzuführen haben.
Ich darf Ihnen nun kurz einige Punkte des Gesetzentwurfs darstellen, um die Beratungen etwas verständlich zu machen. Der Gesetzentwurf gliedert sich in sieben Abschnitte. Im Ersten Abschnitt ist der Personenkreis der Anspruchsberechtigten klar umrissen. Wir sind zu der Auffassung gekommen, daß es sich nur um ein Gesetzeswerk für die Selbständigen handeln kann, und haben in dem Gesetzentwurf nur auf die selbständigen landwirtschaftlichen Unternehmer abgestellt.
Wünsche bezüglich einer Ausweitung auf familieneigene Arbeitskräfte konnten in den Beratungen nicht berücksichtigt werden, weil aus der gegebenen Situation heraus die finanzielle Basis nicht vorhanden ist; wir sind der Meinung, daß man bei diesem schwierigen Gesetzeswerk, mit dem wir Neuland betreten — denn wir versichern erstmals auf berufsständischer Basis eine Gruppe Selbständiger —, den Personenkreis so eng wie nur irgend möglich fassen sollte. Es wird jederzeit möglich sein, die Leistungsbasis später durch Novellen zu diesem Gesetz auszuweiten. Aber es würde außerordentlich schwierig. ja unmöglich sein, einmal festgelegte Rechtsansprüche wieder einzuengen. Wir sind außerdem der Auffassung, daß das Problem der familieneigenen Arbeitskräfte für die Zukunft keine Bedeutung mehr haben wird. weil dieser Personenkreis durch die verabschiedeten Rentengesetze nun mehr oder minder in der Pflichtversicherung steht.
Im Zweiten Abschnitt, der die Leistungsvoraussetzungen beinhaltet, ist von wesentlicher Bedeutung. daß dazu die Vollendung des 65. Lebensjahres und die Hofübergabe gehören.
Eine geringfügige redaktionelle Änderung, die gesetzessystematisch von einiger Bedeutung ist, hat der Ausschuß im § 2 Abs. 1 Buchstabe b vorgenommen, indem er den Zeitraum von 15 Jahren durch einen solchen von 180 Kalendermonaten ersetzt hat.
Den hei der Verpachtung vorgeschlagenen Zeitraum von 18 Jahren hat der Ausschuß abgelehnt. Statt dessen hat er bei Verpachtung an Erbberechtigte eine Zeitspanne von sechs Jahren. bei Verpachtung an Fremde eine solche von neun Jahren Festgel egt.
in S 3 Abs. 1 Buchstabe a ist die Vorlage dahingehend geändert worden. daß Voraussetzung für den Bezug einer Rente durch die Witwe die Eheschließung vor dem 65. Lebensjahr ist; wenn dies der Fall ist. dann kommt die Witwe nach Vollendung des 60. Lebensjahres in den Genuß der Rente.
In dem Dritten Abschnitt ist der Kreis der Beitragspflichtigen und die Aufbringung der Mittel umrissen. Die Mittel werden durch Beiträge aufgebracht, die von den Hofbesitzern erhoben werden. Auf Grund von Errechnungen, die angestellt wurden, nimmt man an, daß es möglich sein wird, die Leistungen von 40 und 60 DM mit einer Beitragsleistung von 10 DM pro Betriebsinhaber bestreiten zu können. Beitragspflichtig ist jeder hauptberufliche landwirtschaftliche Unternehmer, dessen Unternehmen im Bereich der Alterskasse seinen Sitz hat; das ist eine Änderung gegenüber der Fassung der Vorlage.
Weiterhin ist der Personenkreis der landwirtschaftlichen Unternehmer, die nicht als hauptberufliche Unternehmer angesprochen werden können, klar umrissen worden. Wer irgendwie aus einer Beschäftigung als Arbeitnehmer oder aus einer Beschäftigung als Handwerker Rentenbezüge zu erwarten hat, ist von der Beitragsleistung frei.
Ein besonderes Problem bildete die Frage des freiwilligen Beitritts. In dem Entwurf war die Möglichkeit des freiwilligen Beitritts zu dieser Altersklasse für bestimmte Personenkreise vorgesehen, die nebenberuflich Beziehungen zu der Landwirtschaft haben. Wir haben in den Beratungen des Ausschusses auf dem Standpunkt gestanden, daß es für den Augenblick tunlich sei, diesen Personenkreis auszuschließen, weil wir fürchten müssen, daß damit in die Versicherung Risiken hineingetragen werden, die sich für die Beitragspflichtigen auf die Beitragshöhe schlecht auswirken könnten. Nach entsprechenden Erfahrungen bei der Durchführung des Gesetzes könnte hier vielleicht noch die Möglichkeit einer Ausweitung bestehen.
Die Organisation, die dieses Gesetz durchzuführen hat, ist eine bei der jeweiligen Berufsgenossenschaft errichtete Alterskasse für die Landwirtschaft. Diese Alterskassen bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften schließen sich zu einem Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen zusammen.
In bezug auf die Organe haben sich in den Ausschußberatungen verschiedene Meinungen ergeben. Man hat aber dann entsprechend der Vorlage beschlossen. Die Vertreterversammlungen der Berufsgenossenschaften sind zugleich die Organe der landwirtschaftlichen Alterskassen, und deren Vertreter sind das Organ des Gesamtverbandes. Dabei ist in dem Gesetz festgelegt, daß bei diesen Organen die Arbeitnehmervertreter, da es sich um eine Arbeitgebereinrichtung handelt, nicht mitwirken.
Der Ausschuß hat beschlossen, das Gesetz mit dem 1. Oktober 1957 in Kraft treten zu lassen. Gewichtige Gründe haben dafür gesprochen, den Berufsgenossenschaften eine angemessene Zeit zu geben, während der sie die Vorbereitungsarbeiten treffen können, die für die Durchführung des Gesetzes unerläßlich sind.
Damit, meine Damen und Herren, habe ich versucht, Ihnen die wesentlichen Punkte der Gesetzesvorlage darzustellen. Ich darf dem Hohen Hause im Namen des Ausschusses empfehlen, diese Vorlage anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Herr Abgeordneter Schellenberg zum Bericht!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem soeben vorgetragenen Bericht habe ich namens der sozialdemokratischen Fraktion folgendes zu erklären. Nach einem Mehrheitsbeschluß des Ausschusses für Sozialpolitik wurde mit der Berichterstattung über den vorliegenden, von der CDU/CSU eingebrachten Gesetzentwurf der Kollege Klausner als Mitglied der gleichen Fraktion beauftragt. Das widerspricht der
ständigen Übung in diesem Hause. Im Interesse der Sache ist es sehr zu bedauern, daß die CDU/CSU von ihrer Mehrheit in einer Weise Gebrauch gemacht hat, die den Grundsätzen einer sinnvollen parlamentarischen Arbeit zuwiderläuft.
Herr Kollege Klausner ist — das muß hier klargestellt werden — im Ausschuß persönlich dafür eingetreten, daß wenigstens als Mitberichterstatter ein Kollege der Opposition, und zwar der Kollege Dr. Schmidt, beauftragt wird. Aber seine Fraktion hat auch diesen Kompromißvorschlag abgelehnt.
Bei dieser Sachlage bleibt uns nichts anderes übrig, als hier in der Öffentlichkeit gegen die Praxis der CDU/CSU zu protestieren.
Im übrigen ist es ein bedauerlicher Ausdruck für die hektische Eile, mit der dieser Gesetzentwurf im Ausschuß beraten werden mußte, daß die Erstattung eines schriftlichen Berichts offenbar nicht möglich war, wie es doch der Bedeutung dieser Materie wahrlich entsprochen hätte.
Herr Abgeordneter Schellenberg, wir sind uns im klaren, daß keine geschäftsordnungsmäßige Verpflichtung vorliegt, den Berichterstatter aus einer anderen Fraktion zu nehmen. § 70 schreibt das nicht vor. Ich stelle die Entscheidung dem Ausschuß bzw. dem Ausschußvorsitzenden anheim.
Das Wort hat Herr Kollege Horn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure aufrichtig, daß uns Herr Professor Schellenberg durch diese Ausführungen zu einer Stellungnahme zwingt. Ich würde es wirklich begrüßt haben, wenn die Opposition angesichts der Vorgänge der letzten Tage darauf verzichtet hätte, diesen Punkt hier jetzt zur Sprache zu bringen. Heute morgen ist doch beschlossen worden, das Gesetz über die Angleichung der Selbstverwaltung im Lande Berlin an den Ausschuß zurückzuverweisen. Mit diesen Dingen hängt dieser ganze Vorgang zusammen.
Ich muß hier erklären, daß uns die Opposition gezwungen hatte, den Berichterstatter so zu bestellen, wie es geschehen ist. Die sozialdemokratische Opposition hatte sich der Beratung dieser Gesetzesvorlage durch Auszug aus der Sitzung entzogen.
Wir waren infolgedessen, da wir auch nicht übersehen konnten, ob bzw. wann die Opposition in die Sitzung zurückkehren würde, gezwungen, in die materielle Beratung des Gesetzentwurfs einzutreten. Da wir in dieser Ungewißheit standen, blieb uns nichts anderes übrig — obschon das im Verlaufe der Jahre nicht üblich war, daß der Berichterstatter von der antragstellenden Fraktion gestellt wurde —, als den Berichterstatter aus unseren Reihen zu nehmen; so ist verfahren worden. Deshalb ist ein Grund zum Protestieren überhaupt nicht vorhanden.
Herr Schellenberg hat dann gemeint, unser Verhalten sei auch deshalb zu beanstanden, weil wir die gemeinsame Berichterstattung durch den Kollegen Dr. Schmidt und den Kollegen Klausner nicht akzeptiert hätten. Für unsere Haltung in dieser
Frage war maßgebend, daß Herr Dr. Schmidt nur als landwirtschaftlicher Fachexperte und Mitglied des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Unterstützung seiner Kollegen in den Sozialpolitischen Ausschuß gekommen war. Da es nicht üblich ist, Mitglieder fremder Ausschüsse mit der Berichterstattung zu beauftragen, haben wir uns leider nicht in der Lage gesehen, Herrn Dr. Schmidt zum Mitberichterstatter zu bestellen. So blieb es bei der alleinigen Berichterstattung durch den Kollegen Klausner.
Dies, meine Damen und Herren, zu Ihrer Aufklärung!
Meine Damen und Herren, ich bitte zur Sache zu kommen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorgänge, die nicht nur die Sozialdemokraten, sondern auch alle anderen Parteien der Opposition veranlassen mußten, die Sitzung zu verlassen, sind bei dem Herrn amtierenden Präsidenten geklärt worden. Ich sehe deshalb keine Veranlassung, hier im Plenum auf diesen Sachverhalt zurückzukommen.
Aber gerade weil bei dem Herrn Präsidenten eine Einigung erzielt worden ist, konnte die Opposition erwarten, daß man den Beschluß über die Berichterstattung, den man in Abwesenheit der Opposition gefaßt hatte, in salomonischer Weise dahin modifizierte, sich zu einer Mitberichterstattung durch einen Angehörigen der Opposition bereit zu finden.
Im übrigen ist es nach meiner Kenntnis im Hause nicht unüblich, daß, wenn mehrere Ausschüsse mit der Beratung eines Gesetzentwurfs betraut sind, ein Mitberichterstatter aus einem mitberatenden Ausschuß herangezogen wird, und das wäre im vorliegenden Falle der Kollege Dr. Schmidt gewesen.
Wir treten in die zweite Lesung ein.
Ich rufe auf § 1. — Das Wort wird nicht gewünscht. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer § 1 zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. —Gegenprobe! — Angenommen.
Nach § 1 soll gemäß Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 1 ein § 1 a eingefügt werden. Zur Begründung des Antrags hat der Abgeordnete Seither das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe im Namen der Sozialdemokratischen Partei den Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 1 auf Einfügung eines § 1 a zu begründen. Uns geht es darum, die mithelfenden Familienangehörigen, die ständig in der Landwirtschaft tätig sind, ebenfalls als Anspruchsberechtigte in diesem Gesetz unterzubringen, weil wir glauben, daß hier ein echtes sozialpolitisches Bedürfnis vorliegt. Wir wissen, daß gerade die familieneigenen Arbeitskräfte, die ständig in der Landwirtschaft tätig sind, einen großen Personenkreis darstellen
und bis zur Stunde in keiner Weise für ihr Alter Vorsorge treffen konnten. Sie sind zum größten Teil nicht Besitzer irgendwelcher Grundflächen. Sie können deshalb nicht auf Grund ihres Eigentums für ihr Alter vorsorgen. Sie haben andererseits auch keine Verpflichtung — jedenfalls nicht der Betrieb —, sich bei der Invaliden- oder Angestelltenversicherung zu versichern, so daß auch aus diesem Grunde das Anliegen gerechtfertigt erscheint. Die Gruppe der mithelfenden Familienangehörigen hat auch nicht die Möglichkeit, sich jetzt neuerdings in die Rentenversicherung aufnehmen zu lassen, weil ihnen der freiwillige Beitritt nach Ihrem Beschluß, meine sehr verehrten Damen und Herren in der CDU, unmöglich gemacht worden ist. Aus dem Grunde beantragen wir, die mithelfenden Familienangehörigen, die ständig in der Landwirtschaft beschäftigt sind, in diesem Gesetz ebenfalls anspruchsberechtigt werden zu lassen.
Wir verabschieden jetzt zum erstenmal im Deutschen Bundestage auf dem Gebiet der Agrargesetzgebung ein sozialpolitisches Gesetz. Wir sind als Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei froh darüber, daß das gelungen ist. Wir würden es nur bedauern, wenn Sie gerade diesen Personenkreis, der der sozial schwächste in dieser Berufsgruppe ist, hier ausschließen wollten.
Die Begründung, man habe dafür kein Geld, weil diese Personengruppe nicht beitragspflichtig gemacht werden könne, ist deshalb nicht stichhaltig, weil wir als Sozialdemokraten beantragen, durch einen Bundeszuschuß mitzuhelfen, daß gerade diese Gruppe Berücksichtigung erfahren kann. Dadurch müßten sich die Beiträge für die anderen Beitragspflichtigen nicht erhöhen, und die Leistungen würden auch nicht verringert.
Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Arndgen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte, den Antrag der SPD-Fraktion auf Umdruck 1257
— jawohl, Frau Korspeter! — abzulehnen, und zwar aus folgenden Gründen. Einmal handelt es sich hier um ein Gesetz für Selbständige in der Landwirtschaft, zum zweiten haben wir in den Rentenversicherungsgesetzen festgelegt, daß die Familienangehörigen, soweit sie nicht Ehegatten sind, in den Rentenversicherungen versicherungspflichtig sind. Es ist nicht möglich, hier zwei Versicherungen einzuführen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmidt.
Meine Damen und Herren! Ich darf nur darauf aufmerksam machen, daß der Bundesminister für Arbeit im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Juni vergangenen Jahres einen eigenen Gesetzentwurf, einen Referentenentwurf, vorgelegt hat. In diesem Entwurf heißt es auf Seite 3 — ich darf einige Zeilen daraus verlesen —:
In gleicher Weise wie für die selbständigen
Betriebsinhaber ergibt sich die Notwendigkeit
einer geregelten Altersversorgung auch für die
im Betrieb mithelfenden Familienangehörigen.
Frau Kalinke hat das Wort.
Frau Kalinke : Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Herr Kollege hat soeben bei der Begründung seines Antrags gesagt, daß es sich hier um eine Altersversorgung handle. In dem Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft und Forsten ist schon in der Überschrift deutlich gemacht, daß es sich um eine Altershilfe für Altenteiler, in gar keinem Fall um eine Altersversorgung handelt. Dieser Bezeichnung des Gesetzes muß ich wirklich entschieden widersprechen.
Keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der SPD auf Umdruck 1257 Ziffer 1. Wer zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Zu den S§ 2 und 3 liegt kein Änderungsantrag vor. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer den §§ 2 und 3 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
Zu § 4 liegt ein Änderungsantrag unter Ziffer 2 des Umdrucks 1257 vor. Wer begründet? — Herr Abgeordneter Seither!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beantragen, die Leistungen von 60 auf 90 DM und von 40 auf 60 DM zu erhöhen, weil wir der Meinung sind, daß die Kümmerrente in dieser Höhe nicht dazu ausreicht, das Bedürfnis an Bargeld, das bei der älteren Generation besteht, zu befriedigen.
Auch schon der Gesetzentwurf, den die Regierung vorbereitet hat, sah eine Rente von 75 und 55 DM vor.
Ich darf weiter darauf verweisen, daß bereits in vielen Ländern eine Alterssicherung für die Landwirtschaft eingeführt worden ist, beispielsweise in der Rentenversicherung. Auch von berufsständischer Seite sind mit der vorliegenden Konstruktion vergleichbare Einrichtungen geschaffen worden. So hat in Amerika ein Bauer, wenn er 65 Jahre alt ist, monatlich 410 DM, — umgerechnet auf unsere Währung. In Kanada bekommt ein Bauer in diesem Fall 380 DM, in Australien 150 bis 250 DM, in Dänemark, in Neuseeland und Island 100 bis 150 DM. Damit wird deutlich, daß überall der Versuch unternommen wird, die Landwirtschaft auch sozial den übrigen Berufsgruppen gleichzustellen.
Wir, die wir bei der Beratung des Landwirtschaftsgesetzes den Antrag eingebracht haben, auch mit sozialpolitischen Mitteln dahin zu wirken, daß die landwirtschaftlichen Unternehmer und ihre mithelfenden Familienangehörigen in ihrem Sozialstatus allmählich den anderen Berufsgruppen angeglichen werden, sind der Meinung, daß um der Gleichheit der Behandlung willen diesem Antrag zugestimmt werden sollte.
Wir Sozialdemokraten sind uns darüber im klaren, daß wir es selbstverständlich hier mit einer anderen Konstruktion zu tun haben. Wir wissen, daß beispielsweise Sachbezüge als Grundbezüge sowieso in den meisten Fällen von Hause aus gegeben sind. Aber gleichzeitig wissen wir auch, daß heute die meisten Menschen auf dem Land einen größeren Bedarf an Barmitteln haben. Aus diesem Grunde bitten wir, unserem Antrag zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Richarts.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich das Hohe Haus bitte, den Änderungsantrag der SPD zu § 4 Absatz 1 abzulehnen, so soll das nicht heißen, daß wir die in diesem Änderungsantrag geforderte Mehrleistung von 90 oder 60 DM für die Anspruchsberechtigten als eine zu hohe Leistung betrachten. Es soll auch nicht heißen, daß wir den Anspruchsberechtigten diese Leistung nicht gönnen.
Zunächst muß ich feststellen, Herr Kollege Seither, daß es sich bei diesem Gesetz ja nicht um ein Rentengesetz handelt. Es handelt sich, wie der Berichterstatter schon betont hat, um eine Altershilfe, neben der die Leistungen aus dem bäuerlichen Bereich wie Wohnung und Verpflegung nach wie vor selbstverständlich bestehen bleiben.
Dazu werden die Beiträge zu diesen Alterskassen im Umlageverfahren eingebracht. Sie wissen, daß wir bei den Umlageberechnungen nicht von dem sozial Stärksten, sondern von dem sozial Schwächsten ausgehen müssen. Im klein- und mittelbäuerlichen Bereich wartet man auf dieses Gesetz. Dort sind 60 bzw. 40 DM monatlich Geld; aber auch der Beitrag in Höhe von 10-12 DM bedeutet in vielen Fällen eine echte Belastung; das sei deutlich festgestellt.
Herr Kollege Seither, Sie sind es gewesen, der eben sagte: Es ist der erste große agrarpolitische Schritt auf diesem Sektor. Wir betreten hiermit das Neuland der agrarpolitischen Sozialpolitik. Lassen Sie uns Erfahrungen sammeln! Im Laufe eines Jahres steht es ja den Alterskassen frei, Beiträge und Leistungen zu erhöhen. Ich bitte deswegen nochmals, den Antrag abzulehnen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Abgeordneter Dr. Schmidt, bitte.
Meine Damen und Herren! Das, was mein Vorredner gesagt hat, ist die alte Platte, die wir im Ausschuß laufend gehört haben: Es geht nicht, es wird zu kompliziert, laßt es mal anlaufen, und dann werden wir sehen! Sie wissen ganz genau, daß die Einkommensbasis in der Landwirtschaft ganz unterschiedlich ist. Sie wollen doch nicht sagen, daß der Mann, der 2000 Morgen bewirtschaftet, das gleiche Einkommen hat wie der, der 10 Morgen bewirtschaftet. Ich habe den Eindruck, daß das ganze Gesetz von Männern gemacht ist, die über mehr als 200 oder 500 Morgen verfügen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird das Wort weiter gewünscht? — Bitte, Abgeordneter Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird hier davon gesprochen, daß es sich nicht um eine Versicherungsleistung handle, sondern um eine Altershilfeleistung. Ich glaube, wir sollten uns nicht um Begriffe streiten. Im Inhalt ähnelt dieser Gesetzentwurf einer gesetzlichen Pflichtversicherung; denn durch staatlichen Zwang werden Personen der gleichen Gruppe verpflichtet, Beiträge zu leisten, und erhalten auf Grund dieser Beiträge nach Ablauf gewisser Beitragszeiten Leistungen.
Entscheidend für die Höhe der Leistungen ist für uns folgendes. Wir haben in den Rentenversicherungsgesetzen Anhebungen von mindestens 21 DM für die Versicherten gemeinsam beschlossen. Die Ehefrau, die überhaupt niemals erwerbstätig war, erwirbt, wenn sie nach bisherigem Recht freiwillige Beiträge geleistet hat, nach dem geltenden Recht den Anspruch auf eine Leistung, die mindestens 91 DM beträgt, nämlich die bisherige Rente von 70 DM zuzüglich der Mindestzulage von 21 DM.
— Das ist das geltende Recht, und dieses geltende Recht wirkt sich weiter aus, wie Sie genau wissen, bis Ende 1961, d. h. bis zum Ende der nächsten Legislaturperiode.
Nach dem jetzigen Gesetz wollen Sie aber für Menschen, die ein ganzes Leben gearbeitet haben, eine „Altershilfe", wie Sie es bescheiden nennen, sicherstellen, deren Höhe unter den Mindestsätzen der Leistungen liegt, die Menschen erhalten konnten und können, die überhaupt nicht im Berufsleben gestanden haben, sondern deren Lebensunterhalt aus der Berufstätigkeit ihres Ehegatten bestritten worden ist.
Sie sollten sich bei der Frage der Erhöhung der Leistungen auch diese Zusammenhänge klarmachen, damit nicht zu große Unterschiede zwischen den Mindestleistungen in der allgemeinen Rentenversicherung und den Leistungen nach diesem Gesetz entstehen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird das Wort weiter gewünscht? — Frau Abgeordnete Kalinke.
Frau Kalinke : Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die kurze Aussprache hat schon gezeigt, wie ungeheuer problematisch eine Zwangsversicherung für Selbständige und für die Angehörigen der freien Berufe ist, weil diese Gruppe ganz und gar nicht in das System der Rentenversicherung der Arbeitnehmer paßt. Das hat schon jetzt bei Beginn der Beratung zu Vergleichen geführt, wie sie die Opposition mit gutem Recht angestellt hat. Ich bin erstaunt, daß Herr Schellenberg nicht mit den Fürsorgerichtsätzen gekommen ist; aber das wird sicher noch geschehen.
— Natürlich, wir fangen erst an. Ich bin davon überzeugt, daß die Frage des Staatszuschusses und der Vergleich mit anderen Leistungen von heute an in diesem Hause immer auf der Tagesordnung stehen werden.
Aber, meine Herren, das ist eine Grundsatzentscheidung, die heute die Landwirtschaft in diesem Hause zu treffen hat, eine Grundsatzentscheidung in bezug auf eine Verantwortung, von der sie niemand befreit, eine Verantwortung für die Bauern-
söhne, eine Verantwortung im Namen aller, die jetzt etwas haben wollen, ohne daran zu denken, was das kostet, eine Verantwortung letzten Endes — das ist die Konsequenz — auch für die alten Menschen, die ihr ganzes Leben in der Landwirtschaft sehr schwer gearbeitet haben und denen Sie, meine Herren und Damen, entgegen allem, was in der deutschen Kultur bisher im bäuerlichen Familienverband üblich war, nun nur mit einem solchen Zwangsgesetz helfen zu können meinen.
Ich sage hier ganz deutlich, daß auch in der Fraktion der Deutschen Partei viele Kollegen sind, die glauben, daß wir um eine solche Lösung nicht herumkommen. Ich fühle mich trotzdem verpflichtet, Ihnen zu sagen — wir haben jetzt in der zweiten Lesung keine Grundsatzdebatte; ich werde in der dritten Lesung mehr dazu sagen —, daß mit der Lösung, die Sie hier beschließen wollen, nicht eine Agrarpolitik repariert werden kann, die ihre Funktion nicht erfüllt hat und in deren Rahmen für die bäuerlichen Betriebe und Familienverbände nicht das getan worden ist, was als selbstverständlich hätte getan werden müssen.
Ich muß leider dem Kollegen Klausner — er hat als Berichterstatter gesagt, es sei nicht möglich gewesen, diesen Kreis in die Sozialversicherung einzubeziehen — widersprechen, damit die Tatbestände sachlich richtig festgestellt sind. Es war sehr wohl möglich, sogar notwendig, sich bei der Reform der Rentenversicherung klarzumachen, daß die Beseitigung des Rechts auf Versicherung der Selbständigen und die Schaffung von Möglichkeiten zur Weiterversicherung soundso vielen Angehörigen freier Berufe und Selbständigen Chancen gegeben hat, die zwangsläufig zu diesen heutigen Forderungen führen mußten.
Sie werden an Ihren Beschlüssen nichts mehr ändern. Aber ich möchte vor meinem Gewissen bestehen können und vor allem den Bauern unter Ihnen dieses Problem noch einmal ganz deutlich machen, vor allem jenen, die noch ein Gefühl dafür haben, daß man im Leben nichts geschenkt bekommt, besonders nicht von der Sozialversicherung, sondern daß man den Preis dafür bezahlen muß.
Wenn die Diskussion um die Höhe der Leistungen weiter auf dieser Ebene des Vergleichs mit der Rentenversicherung geführt wird, werden Sie in Zukunft — wenn diesem Vergleich mit den Rentenversicherungsleistungen weitere Vergleiche mit Fürsorgeleistungen und Vergleiche mit Unfallrenten folgen werden — nicht die Kraft aufbringen, weiteren Forderungen auf Erhöhung der Leistungen Widerstand zu leisten. Rechnen Sie deshalb bitte heute noch einmal nach!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, wird das Wort weiter gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Beratung zu dem aufgerufenen § 4.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 2. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den § 4 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei vielen Gegenstimmen und einer Enthaltung angenommen.
Ich rufe auf § 5, dazu den Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 3. — Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Schmidt zur Begründung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im § 5 werden die Mehrleistungen geregelt. Die Mitgliederversammlung des Gesamtverbandes der landwirtschaftlichen Alterskassen kann nach den Beschlüssen des Ausschusses mit Zweidrittelmehrheit eine Mehrleistung beschließen. Wir wünschen die Wiederherstellung der Vorlage Drucksache 3118, wonach ein solcher Beschluß schon mit einer einfachen Mehrheit möglich ist. Wir wünschen weiterhin die Streichung des letzten Satzes. Dadurch soll die Einengung, die jetzt vollzogen worden ist, wiederaufgehoben werden. Die Bauern sind an sich schon konservativ und neigen nicht zu großen Veränderungen. Diese konservative Haltung sollte man nicht noch durch das Erfordernis einer Zweidrittelmehrheit unterstreichen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Klausner!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte das Hohe Haus, den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion abzulehnen. Aus wohlerwogenen Gründen hat der Ausschuß im Gesetz vorgesehen, daß mit Zweidrittelmehrheit des Gesamtverbandes über Leistungserhöhungen beschlossen werden soll.
— In der Struktur der einzelnen Berufsgenossenschaften bestehen große Unterschiede, bedingt durch die Landschaften. Damit nicht die eine Berufsgenossenschaft durch die andere überspielt wird, ist der Ausschuß zu dem Beschluß gekommen, hier die Zweidrittelmehrheit vorzusehen. Sie dürfen versichert sein, daß wir uns bei der Abfassung dieser Vorlage mit den Experten eingehend unterhalten haben.
Ich bitte das Hohe Haus, den Antrag der SPD abzulehnen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird das Wort weiter gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 3 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Enthaltungen mit Mehrheit abgelehnt.
Ich komme nunmehr zur Abstimmung über den § 5 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Enthaltungen und Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe nunmehr auf den § 6 in der Ausschußfassung. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem § 6 zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe nunmehr auf den § 7, dazu den Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 4. — Herr Abgeordneter Professor Schellenberg!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind hier bei einer prinzipiellen Frage dieser Altershilfe. Durch gesetz-
lichen Zwang soll den Unternehmern landwirtschaftlicher Betriebe die Verpflichtung auferlegt werden, sich zu einer Gemeinschaft zusammenzuschließen. Wenn der Staat eine solche Verpflichtung zu einer Altershilfe bejaht, muß er nach unserer Auffassung daraus auch die wirtschaftlichen und finanziellen Konsequenzen ziehen, die er auch für die Arbeiter, die Angestellten und die Handwerker gezogen hat. In dem System einer gesetzlichen Pflichtversicherung liegt es begründet, daß der Staat zu einer solchen Einrichtung Mittel in Gestalt von staatlichen Zuschüssen zur Verfügung stellt. Da die Mittel des Staates von allen Steuerzahlern, von allen Staatsbürgern aufgebracht werden, ist es ungerecht, die staatlichen Zuschüsse lediglich für die soziale Sicherung der Arbeiter, Angestellten und Handwerker zur Verfügung zu stellen.
Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, auch bei dem System dieser sozialen Sicherung, ob sie sich nun Altershilfe nennt oder wie sonst immer, staatliche Mittel in Gestalt von Zuschüssen bereitzustellen.
Wir beantragen deshalb, in § 7 Abs. 1 die Worte einzufügen: „und durch Zuschüsse des Bundes".
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Horn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Schellenberg hat sehr mit Recht gesagt, daß wir uns hier an einem prinzipiellen Punkt befinden, und ich bestätige das ausdrücklich. Nur trennt uns von Ihrer Auffassung, Herr Kollege Schellenberg, eben auch sehr Grundsätzliches.
Die Initiatoren dieser Vorlage sind von der sehr richtigen — jedenfalls nach unserer Meinung sehr richtigen — Auffassung ausgegangen, daß es sich hier um eine Altershilfe handeln soll, die vom Berufsstand selber getragen und verantwortet wird auf der Basis der Selbstverwaltung
und der Eigenverantwortung des Berufsstandes. Dieser Gesetzesvorlage liegt dieselbe Konzeption zugrunde wie etwa den Familienausgleichskassen
die wir genauso auf der Selbstverwaltung und Eigenverantwortung der Wirtschaftszweige aufgebaut haben.
Wir müssen uns der ganz grundsätzlichen Unterschiede zwischen einer staatlichen Zwangsversicherung für Unselbständige, für Arbeiter und Angestellte, für Bergleute, und dem, was hier mit einer erstmaligen gesetzlichen Altershilfe für selbständige freie Berufe geschaffen wird, sehr wohl bewußt bleiben.
Wenn hier die Altersversorgung des Handwerks herangezogen wird, so ist das ein unpassender Vergleich. Die Altersversorgung des Handwerks in dieser gesetzlichen Form hat uns einfach der Nationalsozialismus kommandiert, das ist eingerichtet worden und ist keine Gesetzesmaßnahme eines demokratischen Parlaments. Wir haben diese Altersversorgung; ich würde aber raten, sich hier nicht darauf zu beziehen.
Was diese Altershilfe hier angeht, so müssen wir angesichts der zugrunde liegenden Konzeption dabei bleiben — und das ist auch der Wille des Berufsstandes selber —, daß die Sache durch Beiträge des Standes aufgebracht wird. Wir können hier keine laufenden Bundeszuschüsse einbauen.
— Nein, ich irre nicht!
Der Vergleich mit der gesetzlichen Rentenversicherung hinkt auch. Wir müssen immer wieder in das Bewußtsein zurückrufen, daß das Altersruhegeld in den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten nur auf Beitragszahlungen beruht und daß dafür keine Bundeszuschüsse gewährt werden.
ich sage auch ganz offen und ehrlich, wir möchten diese laufenden Bundeszuschüsse hier deshalb nicht eingebaut wissen, weil damit sonst ein Präjudiz für alle künftigen Entwicklungen geschaffen würde, das nach unserer Auffassung nicht vertreten werden kann.
Wenn es künftig darum gehen sollte, ähnliche Gesetzesregelungen für Selbständige oder für freie Berufe zu treffen, können sie nach unserer Überzeugung ebenfalls auf keiner anderen Grundlage aufgebaut werden als .auf der, die hier für die Landwirtschaft vorgesehen ist:
Selbstverwaltung, Eigenverantwortung, eigene Aufbringung der Mittel für die zu gewährenden Leistungen.
Das sind die grundsätzlichen Vorstellungen, die wir dabei haben. Deswegen können wir auch diedem sozialdemokratischen Antrag nicht zustimmen. Ich muß im Gegenteil das Hohe Haus bitten, ihn abzulehnen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Kalinke.
Frau Kalinke : Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Wir sind eben wieder in eine Grundsatzdebatte hineingeraten. So leid es mir tut, ich kann die grundsätzlichen Ausführungen des Herrn Kollegen Horn nicht unwidersprochen lassen. Auf einer Wochenendtagung in einer Evangelischen Akademie hat ein CDU-Mann, dessen Ausführungen ich vollinhaltlich zustimme, darüber Klage geführt, daß es in unserem Staat an Leitbildern fehlt. Er hat gesagt: Wir geraten von den Leitbildern immer mehr in die Gleitbilder hinein.
Ich möchte mich jetzt bemühen, hier nicht in einem Gleitbild, sondern in einem klaren Leitbild von dem zu sprechen, was der Staat neben der Pflicht, Steuereinnahmen zu verteilen, nach meiner Auffassung zu tun verpflichtet ist. Er muß nämlich die Organisationen und Verbände, die zu ihm und zu uns, den Abgeordneten, kommen, darauf hinweisen, in welcher Form Selbstverantwortung und Selbstverwaltung möglich sind. Er muß sie darauf hinweisen — und da muß ich dem Kollegen Schellenberg, so unterschiedlich meine Auffassung auch von der seinen ist, recht geben —, daß ein Akt des Zwanges, den der Staat setzt, notwendigerweise die Folge hat, daß der Staat den Personenkreis, den er durch Zwang in irgendein System der Versicherung oder Versorgung einbe-
zieht, nicht wesentlich anders behandeln kann als jede andere große Gruppe des Volkes.
— Meine Herren und Damen, regen Sie sich nicht auf; ich will es auch nicht tun. Ich will Ihnen ganz ruhig erklären, um was es geht. Sie haben gegen die Stimmen der Deutschen Partei und gegen meine Warnungen bei der Rentenreform die Versicherungspflichtgrenzen erheblich heraufgesetzt und geben Arbeitern und Angestellten, die dank der erfolgreichen Wirtschaftspolitik, die diese Regierungskoalition eingeleitet hat, sehr wohl zur Selbsthilfe in der Lage sind, heute bei Einkommen bis zu 1250 DM monatlich einen Staatszuschuß. Sie geben nicht mehr Grundrente, gewiß. Aber der Staat trägt rund 40 % der Kosten der staatlichen Rentenversicherung.
— Ich will das jetzt nicht im einzelnen sagen. Aber, Herr Kollege Schüttler, Sie unterstellen, daß ich das weiß, wofür, und Sie wissen es doch auch. Es ist doch gar kein Zweifel: der Staat beteiligt sich bei einem Teil seiner Burger, die ein verhältnismäßig hohes Einkommen haben und an dem wirtschaftlichen Aufschwung teilhatten, ohne Rücksicht auf die Höhe ihres Einkommens mit Zuschüssen. Und nun sagt der Staat nicht: Lieber Bauernverband, wir freuen uns, daß du zur Selbsthilfe bereit bist; suche einen Weg der genossenschaftlichen Selbsthilfe und werde aus eigener Kraft in deiner gewählten Selbstverwaltung mit den Dingen fertig; wir — der Staat — wollen dir mit dem Grünen Plan — da steht es drin — eine Starthilfe und, wenn diese nicht ausreicht, eine weitere Übergangshilfe geben; denn der Schuh, der dich heute drückt, wird, so hoffen wir, in einigen Jahren nicht mehr so drücken. — Das wäre nach einem Leitbild, das die Selbstverantwortung fördern will, auch eine verantwortungsvolle Sozialpolitik im Zusammenhang mit — das muß ich hinzufügen — einer vernünftigen Agrarpolitik, die ich begrüßen würde.
Hier ist gesagt worden, daß kein Präjudiz für andere Berufe entstehen darf. Lieber Kollege Horn, Sie müssen mit mir sagen: Ich hoffe das wohl, aber ich glaube es nicht. Denn es ist ganz selbstverständlich, daß ein solch einmaliger Einbruch und eine Entscheidung von solchem Ausmaß Konsequenzen, d. h. Wünsche zur Folge haben wird.
Nun noch ein Modell. In der nationalsozialistischen Zeit gab es schon einmal etwas Ähnliches. Da wollte man den Handwerkern eine Freude machen und gab ,dem Berufsstand, weil er oder einige Funktionäre es forderten, die Zwangsversicherung der Handwerker. Sie hat uns in den Jahren der zweiten Legislaturperiode viel Kummer gemacht.
— Es hat sehr viel damit zu tun. Diese Handwerker sind ein selbständiger Berufsstand. Sie haben die gleichen Staatszuschüsse bekommen wie die Arbeitnehmer auch und sie bleiben auch in Zukunft trotz Rentenreform in der Rentenversicherung.
Ich wollte mir nur erlauben, hier das Leitbild klar herauszustellen und zu sagen: Lassen wir uns nicht drumherum reden! Ich habe den Mut, meinen bäuerlichen Freunden die Konsequenzen klarzumachen; ich habe den Mut, dieser Regelung nicht zuzustimmen. Wenn Sie zustimmen, dann haben Sie aber bitte auch den Mut, jetzt nicht als Bauern, sondern als Abgeordnete, als die Träger der Staatsgewalt, die Gesetze machen und staatlichen Zwangverordnen, sich darüber klar zu sein, unter welchem Leitbild Sie diesen staatlichen Zwang anordnen wollen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird weiter das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Professor Schellenberg!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wurde hier das Beispiel der Handwerkerpflichtversicherung wiederholt erwähnt. Herr Kollege Horn, was hat dieser Bundestag in dieser Legislaturperiode in bezug auf Staatszuschüsse für die Handwerkerpflichtversicherung beschlossen? Das kann und muß in Betracht gezogen werden. Der Bundestag hat im Zusammenhang mit dem AngestelltenversicherungsNeuregelungsgesetz auch die Gewährung von Staatszuschüssen für die Handwerkerpflichtversicherung beschlossen, und zwar in der Größenordnung, wie wir sie hier beantragen. Dieser Bundestag hat ferner eine Niederschlagung rückständiger Beiträge in der Handwerkerversicherung beschlossen. Wir haben es gemeinsam beschlossen. Wir haben ferner beschlossen, daß aus den Mitteln der Angestelltenversicherung der Handwerkerversicherung „Darlehen" zu gewähren sind, die vielleicht praktisch Zuschüsse sein werden. Das hat dieser Bundestag in dieser Legislaturperiode im wesentlichen gemeinsam beschlossen, weil es sich aus dem System einer staatlichen Pflichtversicherung ergibt und weil es einem Bedürfnis entspricht, die sozialen Versicherungsleistungen auch durch entsprechende Staatszuschüsse zu sichern. Wir Sozialdemokraten stehen auf dem Standpunkt: was den Arbeitern, was den Angestellten, was den Handwerkern recht ist, das ist auch allen anderen Staatsbürgern, für die der Gesetzgeber eine Pflichtversicherung anordnet, billig. Deshalb ist es gerechtfertigt, auch für die Altershilfe der Bauern Staatszuschüsse, Bundeszuschüsse einzuführen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Finselberger.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Frau Kollegin Kalinke hat soeben sehr richtig gesagt, daß mit diesem Gesetz Neuland betreten wird und daß wir vor einer ganz 'besonders wichtigen sozialpolitischen Entscheidung stehen. Wir greifen in einen Bevölkerungskreis hinein, dem wir sicherlich gern diese Hilfe zubilligen, aber wir können es anderen Bevölkerungskreisen nicht verwehren, wenn sie den gleichen sozialpolitischen Anspruch erheben. Das sage ich deshalb, weil wir dieses Gesetz erst acht oder neun Tage vor Schluß der Legislaturperiode vorgelegt bekommen haben. Wenn man von einer so großen sozialpolitischen Bedeutung eines solchen Schrittes spricht, dann muß auch genügend Zeit vorhanden sein, gerade wegen der Auswirkungen auf andere Kreise von Selbständigen das Gesetz
mit den entsprechenden Erfahrungsberichten der Sachverständigen beraten zu können. Meiner Fraktion wäre es sehr viel lieber, nachdem man sowieso bis zum Ende ,der Legislaturperiode gewartet hat, wenn man den Gesetzentwurf erst im nächsten Bundestag — in dem man hoffentlich genug Zeit zur Überlegung haben wird — zu einer echten Ausreifung kommen ließe.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Wehking.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Horn hat vorhin schon ausgeführt, daß wir uns mit unserem Gesetz von der Auffassung der SPD grundsätzlich unterscheiden. Wir wollen, um es einfach zu sagen, kein Staatsbauerntum, sondern die Selbstverwaltung, die bei diesem Gesetz der Eigenart des Bauerntums auch in Zukunft entspricht. Wenn aber Frau Kalinke anführt, das Wesen des Bauerntums werde durch den staatlichen Zwang untergraben, dann muß ich dem widersprechen. Ich muß darauf hinweisen, daß es schon ein ähnliches Gebiet seit Jahren und Jahrzehnten gibt, auf dem auch eine Notwendigkeit bestand, eine Vorsorge zu treffen, nämlich bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Auch hier haben wir eine Selbstverwaltung, und auch hier bestand die Notwendigkeit, eine Sicherung zu schaffen, aber es werden keine staatlichen Zuschüsse gegeben.
Der Bauernstand verwaltet sie. Er bringt die Mittel auf, aber er braucht den staatlichen Zwang, um das Bauerntum geschlossen einzusetzen und damit durch die Versicherung die Sicherung zu geben. Daher müssen wir den gesetzlichen Zwang haben, um durch geschlossenen Einsatz des Bauerntums die Sicherung der Altershilfe zu erreichen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Schmidt!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur eine kurze Bemerkung. Der Herr Kollege Wehking hat von dem besonderen Status der Bauern und von dem Recht gesprochen, das sie draußen so gern praktizieren und das ihnen eine besondere Note gibt. Sie lehnen den Bundeszuschuß ab, weil sie kein Almosen haben möchten. Sagen Sie, Herr Kollege Wehking, lehnen Sie auch die übrigen Subventionen im Rahmen des Grünen Planes ab, die letzten Endes Geschenke der Steuerzahler sind?
Nennen Sie mir einen landwirtschaftlichen Verband, der die Bundeszuschüsse abgelehnt hätte! Im Gegenteil, alle haben gefordert, daß das gleiche Recht auch für sie gelten müsse. Daher bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Professor Schellenberg!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird hier so oft von dem Gedanken der Selbstverwaltung gesprochen,
der staatliche Zuschüsse ausschließe. — Herr Kollege Winkelheide, Sie sind doch nach meiner Kenntnis selbst Mitglied eines Organs der Selbstverwaltung der Rentenversicherung. Wir wissen doch alle, daß in der Rentenversicherung Staatszuschüsse und Selbstverwaltung keineswegs einander ausschließen. Deshalb sollte man nicht mit dem hehren Gedanken der Selbstverwaltung kommen, der profane Staatszuschüsse unmöglich mache.
Es geht hier um sehr nüchterne Fragen. Wie war denn die Sache im Ausschuß? Der Vertreter des Finanzministeriums hat erklärt: Keinerlei Bundesmittel, auch nicht für eine Anlaufzeit.
Dann haben Sie Ihre Mitglieder aus dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beigedreht und erklärt: Wir wollen keine Staatszuschüsse.
Es ist hier davon gesprochen worden, daß die Bauern keine Zuschüsse wünschen. Wir haben im Ausschuß für Sozialpolitik leider keine Gelegenheit gehabt, als Sachverständige die Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes zu hören, weil die CDU mit ihrer Mehrheit die Anhörung von Sachverständigen in diesem Ausschuß abgelehnt hat.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung zu § 7.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 4. Ich unterstelle dabei, Herr Professor Schellenberg, daß der Zusatz, der sich auf die Überschrift des Paragraphen bezieht, mit der Abstimmung so oder so erledigt wird. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 1254 Ziffer 4 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich wiederhole die Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 4 zuzustimmen wünscht, erhebe sich bitte vom Platz. — Gegenprobe! —
Enthaltungen? — Mit Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über § 7 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe § 8 und dazu den Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 5 auf. Wer begründet? — Bitte, Herr Abgeordneter Seither!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beantragen, den Abs. 7 des § 8 zu streichen. In diesem Abs. 7 ist bestimmt, daß der Bauer, der einen Hof hat und 65 Jahre alt geworden ist, nicht beitragspflichtig ist, wenn sein Anerbe noch nicht 25 Jahre alt ist. Wir halten das für
eine unbillige Härte, weil man nicht in allen Ländern Deutschlands ein Höfegesetz, das eine gesetzliche Regelung vorsieht, oder ein Brauchtum kennt, das die Anerbenfolge regelt. In den meisten Gebieten Deutschlands ist bei der Hofübergabe eine Erbengemeinschaft anspruchsberechtigt. Wenn der Abs. 7 bestehenbliebe, könnten wir diesen Menschen in keiner Weise gerecht werden. Es ist also ein Messen mit zweierlei Maß, wenn Sie diesen Absatz drinlassen. Ich darf Ihnen sagen, daß auch die Regierungsvorlage und die CDU-Vorlage diesen Absatz nicht vorgesehen haben.
Ein Zweites. Wir versuchen hier nicht nur, ein agrarpolitisches, ein sozialpolitisches Ziel zu erreichen, sondern wir suchen hier ein Strukturproblem in der Landwirtschaft mit zu regeln. Unser Bestreben muß sein, mit diesem Gesetz die Hofübergabe möglichst zu fördern, damit die jungen Menschen den Hof frühzeitig bekommen. Auch aus diesem Grunde kann eine Ausnahmeregelung in keiner Weise befürwortet werden, die nicht für alle Gültigkeit hat.
Wir sollten hier deutlich zu erkennen geben, daß diesen Leuten mit § 2 Abs. 3 sowieso eine Möglichkeit gegeben ist. Wenn die älteren Bauern mit 65 Jahren anspruchsberechtigt werden und diesen Anspruch durch idie Hofübergabe erwerben wollen, so haben sie die Möglichkeit, entweder sechs oder neun Jahre lang zu verpachten. Diese kurzfristige Verpachtungsmöglichkeit ist extra geschaffen worden, um diese Übergangsregelungen zu finden und besondere Härtefälle dabei auszuschließen. Wir bitten Sie deshalb, den Abs. 7 in § 8 zu streichen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Knapp.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Abs. 7 ist in den § 8 hineingekommen, um gerade die Härtefälle zu vermeiden, Herr Kollege Seither. Es handelt sich hier gerade um die Fälle, wo der berechtigte Hoferbe durch die Folgen ides Krieges ausgeschieden ist und der Hof nun praktisch für den Enkel verwaltet wird. Wir würden es als eine Härte betrachten, wenn dieser Mann nicht das Altersgeld bekommen könnte, aber weiter noch den Beitrag zahlen müßte. Es ist festgesetzt, daß die Zahlung des Altersgeldes an die Hofübergabe gebunden ist, weil die Betriebsinhaber gerade in der Landwirtschaft überaltert sind, ,d. h. der Prozentsatz der Betriebsinhaber über 65 Jahre in der Landwirtschaft weit größer ist als in allen übrigen Berufen.
Aus diesen Gründen bitte ich, den Antrag der SPD abzulehnen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall; dann schließe ich die Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 5 zuzustimmen wünscht, gebe bitte idas Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Enthaltung mit Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen damit zur Abstimmung über § 8 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zwei Enthaltungen mit Mehrheit verabschiedet.
Ich rufe nunmehr die §§ 9 und 10 in der Ausschußfassung auf. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Paragraphen in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Enthaltung mit Mehrheit verabschiedet.
Ich rufe dann den Antrag Umdruck 1257 Ziffer 6 auf. Herr Abgeordneter Schellenberg, nachdem dies in der Grundsatzabstimmung erledigt worden ist, ziehen Sie den Antrag wohl zurück? — Jawohl; danke schön.
Ich rufe auf die §§ 11, — 12, — 13, — 14, — 15 und 16 in der Ausschußfassung. Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich komme zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe. — Enthaltungen? -- Bei einigen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf § 17. Dazu liegt der Antrag Umdruck 1257 Ziffer 7 vor. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Schmidt.
Meine Damen und Herren, der Antrag Ziffer 7 a wird zurückgezogen; ich begründe den Antrag Ziffer 7 b.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sie stellen also keinen Eventualantrag, sondern stellen nur dien Antrag unter Ziffer 7 b?
Jawohl!
Meine Damen und Herren! Nach § 17 Abs. 2 entsenden die Alterskassen je zwei Mitglieder ihres Vorstandes in idle Mitgliederversammlung des Gesamtverbandes. Das scheint uns ungerecht zu sein, weil die Zahl der Beitragspflichtigen in den Alterskassen außerordentlich verschieden ist. Nach einer Aufstellung umfaßt die kleinste Alterskasse etwa 35 000 Mitglieder, die größte 400 000.
Wir sind daher der Meinung, daß die Alterskassen die Mitgliederversammlung des Gesamtverbandes im Verhältnis ihrer Mitgliederzahl beschicken sollten. Sie brauchen nicht zu befürchten, daß lauf Grund einer solchen Regelung die Zahl von 36 Mitgliedern — die sich, da wir 18 Kassen haben, nach der vom Ausschuß beschlossenen Bestimmung ergibt — überschritten wird. Wahrscheinlich wird die Zahl noch geringer sein.
Wir wünschen weiterhin, ,daß mindestens zwei Drittel der entsandten Mitglieder Selbständige oder fremde Arbeitskräfte sind. Denn die Betriebe ohne fremde Arbeitskräfte machen weit mehr als zwei Drittel der Gesamtzahl aus.
Wir glauben. daß unser Antrag den bestehenden Verhältnissen Rechnung trägt, und bitten um Annahme.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort hat der Abgeordnete Klausner.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schmidt hat mit Recht darauf hingewiesen, daß die Struktur der Berufsgenossenschaften außerordentlich verschieden ist, daß vor allem die
Zahl der Mitglieder der einzelnen Berufsgenossenschaften sehr verschieden ist und sich zwischen 40 000 und nahezu 400 000 bewegt. Man könnte dem Antrag der SPD Gehör geben, wenn man genau wüßte, welche Zahl von Mitgliedern überhaupt durch die Alterskasse erfaßt wird. Denn die einzelnen Berufsgenossenschaften haben ja jeden Grundbesitzer zum Mitglied, ganz gleichgültig, ob er hauptberuflich Landwirt ist oder nicht. Aus diesem Grunde glaube ich, daß sich bei Annahme des Antrags der SPD ein etwas unklares Bild beim Gesamtverband ergeben würde. Ich möchte daher dem Hohen Hause empfehlen, den Antrag abzulehnen und es bei der Ausschußfassung zu belassen.
Ergibt sich später einmal, wenn der Kreis der tatsächlich zur Alterskasse beitragzahlenden Mitglieder abgesteckt ist, die Notwendigkeit, eine Regelung anderer Art zu treffen, dann ist immer noch Gelegenheit, dem Gedanken, der dem Antrag der SPD zugrunde liegt, Raum zu geben. Aber im Augenblick bitte ich um Ablehnung des SPD-Antrages.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird das Wort weiter gewünscht? — Das ist nicht der Fall; ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Da der Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 7 a zurückgezogen ist, steht nur noch der Antrag unter Ziffer 7 b zur Abstimmung. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich wiederhole die Abstimmung. Wer dem Antrag auf Umdruck 1257 Ziffer 7 b zuzustimmen wünscht, erhebe sich bitte vom Platz. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt .
Wir kommen dann zur Abstimmung über den § 17 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte. das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei vielen Gegenstimmen und zwei Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
Dann rufe ich auf § 18 und § 19 in der Ausschußfassung. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Paragraphen in der Ausschußfassung zustimmen will, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Enthaltung mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe nunmehr auf den Änderungsantrag Umdruch 1257 Ziffer 8. Zur Begründung hat das Wort Herr Abgeordneter Professor Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier um die Frage der Bundesgarantie. Man kann sich versicherungs- und finanztechnisch darüber streiten, ob dieser Antrag im Einklang mit dem Beitragssystem steht. Für uns handelt es sich hier um die Grundsatzfrage, und wir sind bereit, wenn diesem Antrag im Grundsatz entsprochen wird, in der dritten Lesung die Konsequenzen beim Beitragssystem zu ziehen. Der Grundsatz ist uns allerdings sehr wichtig.
Der Staat gewährt zu allen anderen Leistungen einer öffentlichen Sicherung seinen Schutz in Gestalt einer Staatsgarantie. Immer wenn die Pflicht zu einer Alterssicherung angeordnet wird, erfolgt
gleichzeitig die Zusicherung, daß unabhängig von laufenden Zuschüssen dann, wenn diese Einrichtung trotz einer ordnungsgemäßen Kalkulation in Not gerät, die Garantie eintritt, um sie vor einem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren. Wir haben in den Antrag wörtlich die Vorschriften übernommen, die in den allgemeinen Rentenversicherungsgesetzen verankert sind.
Dieser Grundsatz der Staatsgarantie scheint uns ein unabdingbarer Bestandteil jeder Form der staatlich angeordneten Sicherung zu sein, völlig gleichgültig, ob sie sich nun in der Form einer Versicherung oder einer Gemeinschaftshilfe, wie Sie das bezeichnen, darstellt. Ohne eine solche staatliche Garantie ist die Durchführung von staatlichen Maßnahmen der Existenzsicherung im Altersfalle nicht denkbar.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird das Wort gewünscht? — Frau Abgeordnete Friese-Korn!
Meine Herren und Damen! Herr Professor Schellenberg, ich habe nur versäumt, Sie anzusprechen, solange Sie noch am Podium waren. Ich will gar nichts weiter als feststellen, ob Sie bereit sind, nachdem Ihr voriger Antrag wegen des Bundeszuschusses abgelehnt worden ist, die Worte „zusammen mit dem Bundeszuschuß" zu streichen und in § 19 a nur von der Garantie zu sprechen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich wollte das schon angeregt haben, Herr Professor Schellenberg. Sie sind also damit einverstanden, daß wir die Worte „zusammen mit dem Bundeszuschuß" aus der Fassung streichen?
Der Text lautet dann:
Reichen die Beiträge voraussichtlich nicht aus . . .
Wird dazu das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Klausner!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Professor Schellenberg, dieses Mal ist es mir eine schwere Pflicht, zu Ihren Ausführungen in der Form Stellung zu nehmen, wie ich es aus prinzipiellen Gründen tun muß.
So verlockend auch der Gedanke der Bundesgarantie ist und so naheliegend er auch in den Gesprächen um dieses Gesetz bei Entstehung der Vorlage war, wir konnten uns aus prinzipiellen Gründen nicht dazu entschließen, eine solche Formulierung einzubauen, weil wir im Zusammenhang mit diesem Gesetz den Gedanken der Selbstverantwortung und der Selbstverwaltung als oberstes Gebot herausgestellt haben. .
Es ist unser Grundsatz, daß Agrarpolitik und Sozialpolitik insofern voneinander zu trennen sind, als in die Sozialpolitik keine agrarpolitischen Leistungen eingebaut werden dürfen. Wir stehen auf dem Standpunkt, die wirtschaftliche Situation der Landwirtschaft muß so sein, daß sie aus ihrer wirtschaftlichen Kraft heraus in der Lage ist, ein Versicherungswerk dieser Art selbst, in freier Verantwortung — -
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Frage?
Bitte!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte, Herr Professor!
Wir sprechen nicht von Wünschen. Wir alle wünschen, daß dieser Einrichtung ein gutes Gedeihen beschieden ist. Die Frage, die ich habe, ist die — und ich bitte Sie, dazu Stellung zu nehmen —: Wie vereinbart sich eine Selbstverantwortung der Bauern, die Sie so stark betonen, mit einem von Ihnen unterstützten Gesetz, das eine staatlich organisierte Altershilfe zum Inhalt hat?
Eine etwas verfängliche Frage, Herr Professor Dr. Schellenberg,
aber ich glaube, man kann auch als Anhänger der Selbstverwaltung den Gedanken vertreten, daß man einen Berufsstand dieser Art, der ungefähr 1,2 Millionen selbständige Existenzen umfaßt, nur mit einem Gesetz, das einen bestimmten Zwang darstellt, für eine solche Einrichtung erfassen kann. Letztlich stellt doch diese Einrichtung ausschließlich den Gedanken der Selbstverantwortung und Selbstverwaltung heraus.
— Herr Dr. Schmidt, ich kenne Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse nicht; aber ich glaube, Sie halten durchaus den Vergleich mit den meinen aus.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, verzeihen Sie, gestatten Sie noch eine Frage?
Bitte!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte, Frau Kalinke!
Frau Kalinke : Herr Kollege Klausner, in Übereinstimmung mit Ihrer Grundsatzerklärung: Meinen Sie nicht, Ihre Auffassung, daß die wirtschaftliche Situation der Landwirtschaft so sein muß, daß sie zur Selbsthilfe und Selbstverantwortung in der Lage ist — ich bejahe diese Auffassung —, hätte Ihnen die Möglichkeit gegeben, auf der genossenschaftlichen Grundlage, von der ich sprach — und ich hätte sogar noch dazu geholfen mit der Befürwortung einer Starthilfe des Bundes -, in eigener Verantwortung das zu erledigen, was Sie wünschen? Bedurfte es dazu des Versicherungszwangs?
Teils, teils. Für den heute im Erwerbsleben aktiven Personenkreis wäre es durchaus möglich, das Problem so zu lösen, wie Sie es vorgeschlagen haben. Sie können aber niemals mit einer Genossenschaft dieser Art das Problem der Altenlast lösen, und darum geht es doch im wesentlichen.
Ich glaube, die Fragen sind beantwortet, Herr Professor Schellenberg. Ich möchte dem Hohen Hause empfehlen, den Antrag der SPD aus den angeführten Gründen abzulehnen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Weber.
Ich möchte kurz noch zu dem soeben Gesagten Stellung nehmen und dabei der SPD einen Vorschlag machen. Meiner Ansicht nach kann es, so wie dieses Gesetz angefaßt ist, mit einem Umlageverfahren, eine Bundesgarantie nicht in diesem Ausmaße geben, sondern nur für die Rücklage, und das sind drei Monate. Beim Umlageprinzip weicht man ja im Gegensatz zum Kapitaldeckungsverfahren von der alten Form ab, und es wird laufend umgelegt.
Dem Prinzip entsprechend wird sich ein Umlageverfahren jeweils den Verhältnissen anpassen, Herr Kollege Schmidt; das werden Sie mir bestimmt nicht abstreiten. Ich gebe Ihnen recht, daß der Bund für die Rücklage für drei Monate eine Verpflichtung, eine Garantie, übernimmt. Wir werden aber nachher bei § 28 auf die eigentliche Aufgabe des Bundes noch einmal zu sprechen kommen. Dieser Weg war auch der Ausgangspunkt
bei der Einbringung des Gesetzentwurfs unserer Fraktion. Unser Prinzip ist nicht das Umlageverfahren.
— Trotzdem dürfen wir diese Probleme nicht auf diesem Weg lösen, Herr Kollege Schmidt; davon bin ich restlos überzeugt. Meiner Ansicht nach kann es sich bei der Garantie des Bundes nur um die Erhaltung der Reserve für drei Monate handeln.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Kalinke.
Frau Kalinke : Zu dem eben gestellten Änderungsantrag möchte ich denjenigen Herren Kollegen und Kolleginnen, die dieser Garantie zustimmen wollen, warnend sagen: Wenn Sie eine Bundesgarantie vorsehen, dann bitte mindestens mit der Auflage, die auch in den Rentengesetzen steht. Niemand von Ihnen — ich möchte die Herren Agrarpolitiker nicht überfordern, denn es wäre sicherlich nicht freundlich, das zu tun —, auch nicht der Herr Antragsteller, wird in der Lage sein, zu sagen, wie groß bei diesem Gesetz die Zahl derjenigen sein wird, die Sie die „alte Last" nennen; alle Zahlen sind geschätzt. Noch weniger werden Sie wissen, wer von dem Anreiz Gebrauch macht, einen Pachtvertrag mit seinen Angehörigen zu schließen, und wer von dem Anreiz Gebrauch machen wird, seinen Hof abzugeben. Das sind alles ganz große Unbekannte.
Es ist auch eine ganz große Unbekannte, was vom siebenten Monat an — denn in Ihrem Gesetz ist ja die Beitragspflicht nur für die ersten sechs Monate festgelegt — an Verpflichtungen auf die Landwirtschaft kommen wird, wenn ihre Selbstverwaltung unter den nicht unüblichen Einflüssen, die es auf
Selbstverwaltungsorgane gibt, etwa die Argumente des Kollegen Schellenberg aufgreift und sagt: Es geht nicht, daß wir unseren Altenteilern nur 60 DM geben, wenn der Fürsorgerichtsatz oder die Invaliditätsrente höher ist.
Sie können ja in die Souveränität der Selbstverwaltung nicht eingreifen. Ich fühle mich verpflichtet, den Antragstellern zu sagen: Ehe Sie solche Garantie beantragen — für drei Monate oder ein Jahr —, müssen Sie sich über folgendes klarsein. Man kann sich entscheiden: Gar keine Garantie; dann trägt der Berufsstand die volle Verantwortung selbst.
Sie können aber doch nicht fordern — ich spreche zu den Antragstellern —: eine Garantie nur für drei Monate. Das ist wirklich ohne tiefere Begründung und ohne Kenntnis der vielen Unbekannten, die für Sie mit diesem Gesetz verbunden sind. Eine Garantie für drei Monate könnte im Höchstfall eine Starthilfe sein. Als solche ist sie sinnvoll.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte heute wirklich nicht schwarz in schwarz malen. Aber ich mache Sie darauf aufmerksam, daß zwischen der Kalkulierung eines Beitrags durch die Organe der Selbstverwaltung und dem Eingang dieser Beiträge ein weites Feld liegen wird.
Sie werden vor großen Problemen stehen, bis die Beiträge eingegangen sind. Meine Damen und Herren, die Sie in der Selbstverwaltung dieser Alterskasse wirken werden: Sobald ,dieses Gesetz verabschiedet ist und die Presse darüber berichtet, werden die ersten Anträge auf Leistung geschrieben werden. Und mit den Beiträgen wird es weit über die sechs Monate Anlaufzeit hinaus außerordentliche Schwierigkeiten geben. Deshalb ist es ungeachtet der Probleme des Umlageverfahrens, die ich natürlich auch kenne, ein dringendes Gebot, ein Sicherheitsventil einzubauen. Wir möchten nicht vor der Notwendigkeit stehen, ,daß dieses Haus schon bald Stützungsmaßnahmen für die Alterssicherung oder Altershilfe ,der Bauern beraten muß. Man muß, wenn man ein solches Werk schaffen will, von vornherein die notwendige Sicherung, nämlich die staatliche Garantie, geben. Wir alle hoffen und wünschen, daß sie nicht in Anspruch genommen zu werden braucht. Aber Sie wissen doch, welche Schwierigkeiten es gemacht hat, Beiträge von 5 und 10 Mark jährlich für die Familienausgleichskassen in der Landwirtschaft aufzubringen. Und hier sind laufend monatlich 10 Mark zu zahlen.
— Herr Kollege Winkelheide, Sie werden wahrscheinlich nicht in den Organen sitzen; aber ich sage Ihnen aus meiner Erfahrung: in der Aufbringung von Mitteln in einer Pflichtversicherung von Selbständigen ergeben sich viele, viele Probleme, und man wird vor großen Sorgen stehen.
Es ist die Aufgabe des Hauses, ein Gesetz zu schaffen, das die unbedingte Sicherheit dafür gibt, daß den Menschen die Leistungen, die ihnen versprochen werden, auch gewährt werden; und diese Sicherheit gewährt die Staatsgarantie.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird das Wort weiter gewünscht? Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Umdruck 1257 Ziffer 8 in der geänderten Form zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei vielen Gegenstimmen und zwei Enthaltungen abgelehnt.
Nach dem Ausschußvorschlag sollte der § 20 entfallen. Ich rufe nunmehr den Antrag Umdruck 1257 Ziffer 9 auf, mit dem ein § 20 wiedereingeführt werden soll.
Wer begründet? — Herr Abgeordneter Frehsee.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unter Ziffer 9 beantragt die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei die Wiedereinfügung des § 20, der sinngemäß schon in dem Entwurf enthalten war, den die Ministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und für Arbeit vor einem Jahr der Öffentlichkeit unterbreitet haben, der aber nicht Kabinettsreife erlangt hat. Dieser Paragraph ist übrigens sinngemäß auch in dem Entwurf der CDU/CSU vorgesehen gewesen. Er schafft die Möglichkeit des freiwilligen Beitritts zur Altershilfe für die Landwirtschaft.
Sie haben nun heute abend gehört, meine Damen und Herren, daß die neue Zwangsalterssicherung auf einen Teil der Selbständigen begrenzt ist, nämlich auf die hauptberuflich tätigen landwirtschaftlichen Unternehmer, d. h. auf den Kreis jener Landwirte, deren Betrieb eine ausreichende Existenzgrundlage bietet. Unsere westdeutsche Landwirtschaft weist aber eine Kleinbetriebsstruktur auf. Ein sehr großer Teil ist also nicht pflichtversichert in der Alterskasse. Wir sind damit im Grunde einverstanden. Man soll landwirtschaftliche Betriebsinhaber, die nicht hauptberuflich in der Landwirtschaft tätig sind, sondern die irgendwo in der gewerblichen Wirtschaft oder bei der Eisenbahn oder sonstwo einen Hauptberuf ausüben, hier nicht obligatorisch sichern; man sollte ihnen aber die Möglichkeit geben, sich in dieser neugeschaffenen Alterssicherung für die Landwirtschaft freiwillig zu versichern, wenn das nach Lage der Dinge berechtigt erscheint und wenn es ihrem Wunsche entspricht. Viele Betriebsinhaber sind auf den Nebenverdienst angewiesen, weil das Einkommen aus dem Betrieb nicht ausreicht, und sie sind auch auf die Inanspruchnahme der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten angewiesen. Viele solche in der Rentenversicherung freiwillig weiterversicherte Nebenerwerbs-Landwirte haben Eltern, die nicht sozial versichert waren, die jetzt nicht in die Altersversicherung für die Landwirtschaft einbezogen würden und die selbst nach Verabschiedung dieses Gesetzes keinerlei Altersrente oder Altersgeld erhalten würden. Das halten wir sozialpolitisch für unbefriedigend.
Wir möchten Sie deswegen bitten, diesen Leuten die Möglichkeit zu geben, dieser Versicherung freiwillig beizutreten. Wir glauben nicht, daß es alle tun werden. Das Risiko wäre, wie Herr Klausner schon bei der Berichterstattung gesagt hat, also nicht besonders groß. Nach unserer Auffassung sollten wir denjenigen, die wünschen, in diese Alterssicherung aufgenommen zu werden, die Möglichkeit dazu verschaffen.
Wir haben gegenüber dem Vorschlag der CDU/ CSU in dem von ihr eingereichten Gesetzentwurf eine Einschränkung vorgesehen, indem wir den Kreis der zum freiwilligen Beitritt Berechtigten auf diejenigen nicht hauptberuflich tätigen Landwirte beschränkt haben, die unter 40 Jahre alt sind. Wir glauben, damit den Bedenken, die von der CDU/ CSU geäußert worden sind, Rechnung zu tragen.
Dieser Paragraph hatte ein sehr wechselvolles Schicksal. Er war im CDU-Entwurf enthalten, wurde nachher eliminiert, dann wieder aufgenommen und nachher wieder eliminiert. Es ging also nach dem Motto „rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln"!
Die sozialdemokratische Fraktion befürwortet die Möglichkeit eines freiwilligen Beitritts. Es wird sehr viel Ärger geben, wenn wir diese Möglichkeit nicht schaffen. Sehr viele NebenerwerbsLandwirte befinden sich vielleicht gerade an der Grenze, die nachher noch durch Richtlinien im Rahmen einer Rechtsverordnung festgesetzt werden soll. Sehr viele werden darüber unzufrieden sein, daß sie nicht Pflichtmitglieder dieser Alterssicherung werden und daß man ihnen auch nicht die Möglichkeit geschaffen hat, freiwillige Mitglieder zu werden. Ich bitte Sie daher auch im Interesse der Ruhe und des Friedens unter den Landwirten nach Inkrafttreten dieser neuen Versicherungsart, dem Antrag, der jetzt von der sozialdemokratischen Fraktion, ursprünglich von der CDU/CSU gestellt worden ist, stattzugeben und diesen Paragraphen wiederaufzunehmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann schließe ich die Aussprache und komme zur Abstimmung. Wer dem Antrag Umdruck 1257 Ziffer 9 auf Wiedereinführung eines § 20 zustimmt, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Gegenstimmen und einigen Enthaltungen abgelehnt.
Ich rufe auf den Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 10. Wer begründet? — Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Schmidt!
Meine Fraktion beantragt, einen neuen § 20 a über die Weiterentrichtung von Beiträgen einzufügen. Es stellt sich folgendes Problem. Wir denken dabei insbesondere an die Pächter. Die Pächter spielen weniger im süddeutschen Raum, wohl aber im norddeutschen Raum eine große Rolle. Sie müssen nach einer gewissen Pachtzeit vom Hof, wenn sie nicht das Glück haben, noch weiter zu pachten. Es ist heute außerordentlich schwer, ihnen neue Pachtungen zu beschaffen. Stellen Sie sich nun einmal vor, daß ein solcher Pächter mit 60 Jahren seine Pachtung abgeben muß und nicht in die Lage kommt, einen neuen Hof zu pachten. Er hätte eine ganze Reihe von Jahren die Beiträge entrichtet, sollte dann aber leer ausgehen. Es gibt für uns die innere Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß solchen Unternehmern die Chance gegeben wird, die Beiträge weiter zu entrichten, damit sie in den Genuß der Altershilfe kommen.
Im Ausschuß hat man gesagt, das seien keine echten Landwirte. Nun, eine derartige Formulierung kann nur von einem Landwirt kommen, der solche Pachtverhältnisse nicht kennt und kein Verständnis für das Schicksal der Pächter hat. Pächter sind immer Leute, die, sagen wir, nicht auf sicherem Grund und Boden stehen. Die Pächter vollbringen zwar für die Landwirtschaft und ihren Fortschritt erhebliche Leistungen. Aber sie wollen ja, daß ihnen dafür kein Dank zukommt.
Ich glaube, es ist notwendig, daß Sie, wenn Sie diesem Anliegen der Pächter Rechnung tragen wollen, auch unserem Antrag zustimmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag Umdruck 1257 Ziffer 10 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Gegenstimmen und einigen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
Damit ist der neue § 20 a in der Form, wie er hier vorliegt, in das Gesetz eingefügt.
Ich rufe nunmehr auf § 21, — § 22, — § 23 — und § 24. — § 25 entfällt ja. Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Paragraphen in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf § 26 mit dem Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 11. Wer begründet den Antrag? — Herr Abgeordneter Frehsee!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beantragen unter Ziffer 11 des Umdrucks 1257, daß der Absatz 3 im § 26 gestrichen wird. Dieser Absatz 3 bestimmt, daß ein an und für sich Altersgeldberechtigter nur die Hälfte des Altersgeldes aus dieser Altershilfe für die Landwirtschaft erhalten soll, wenn er eine Rente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen oder aus der Altersversorgung für das Handwerk oder wenn er Versorgungsbezüge als ehemaliger Beamter hat. Meine Damen und Herren, das ist eine sehr befremdende Regelung. Heute abend ist hier so viel, besonders von der verehrten Frau Kollegin Kalinke, gesagt worden über die Selbstvorsorge und den Selbstvorsorgegedanken, der doch gestärkt werden sollte. Hier in diesem Paragraphen wird der, der solche Selbstvorsorge betrieben hat, dafür bestraft,
und der, meine Damen und Herren, der nicht
selbst vorgesorgt hat, der bekommt sein Altersgeld aus dieser Alterskasse für die Landwirtschaft.
Nun, es gibt eine ganze Reihe solcher seltsamen Regelungen in diesem Gesetz. Aber ich glaube, Sie sind doch mit mir darin einig, daß wir das unter keinen Umständen hier über die Bühne gehen lassen können. Wo bleibt denn hier die Gleichheit vor dem Gesetz, ganz abgesehen davon, daß, wie gesagt, der, der aus eigener Initiative vorgesorgt hat, dafür bestraft wird? Es kann wohl nicht verstanden werden, wenn auch hier gesagt wird: Aus Gründen der Finanzierung dieses Gesetzes müssen wir darauf verzichten, diesen Leuten ihren Anspruch, ihren, wenn wir rechtsstaatlich denken,
rechtmäßigen Anspruch zu erfüllen. Sie wollen lediglich aus Gründen der Einsparung von Mitteln mit diesem Gesetz gegen das rechtsstaatliche Denken verstoßen? Ich glaube, das ist geradezu unverantwortlich und unvertretbar. Deswegen bitte ich Sie, den Abs. 3 in § 26 zu streichen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache und komme zur Abstimmung. Wer dem Antrag auf Umdruck 1257 Ziffer 11 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Gegenstimmen und einigen Enthaltungen abgelehnt.
Ich komme nunmehr zur Abstimmung über den
§ 26 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Gegenstimmen und einigen Enthaltungen ,angenommen.
Ich rufe auf den § 27 und dazu den Änderungsantrag auf Umdruck 1257 Ziffer 12 a und b sowie den Antrag auf Umdruck 1251. Wer begründet den Antrag auf Umdruck 1257 Ziffer 12 a und b? — Herr Abgeordneter Frehsee!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, daß der Antrag ,auf Umdruck 1257 Ziffer 11, über den soeben abgestimmt worden ist, von der Mehrheit dieses Hohen Hauses aus Gründen der Finanzierung dieser Alterssicherung abgelehnt worden ist.
Nun, unter Ziffer 12 unseres Antrages beantragen wird im Interesse der finanziellen Sicherung dieser Alterskassen die Streichung des § 27. Nach diesem § 27 sollen von der Versicherungspflicht alle diejenigen Landwirte befreit werden, die Rentenverträge mit öffentlichen oder privaten Versicherungsunternehmen abgeschlossen haben. Das bedeutet, daß das Risiko dieser neuen Altersversorgung auf einen kleineren Teil von Landwirten beschränkt wird. Wir wissen aus der Praxis, daß hier insbesondere jene landwirtschaftlichen Unternehmer ausgenommen würden, bei denen das Risiko relativ klein ist. Gerade an der Einbeziehung dieser Kreise sollte die Landwirtschaft interessiert sein, um das Risiko besser zu verteilen. Also gerade aus dem Grunde, aus dem Sie vermutlich den vorhergehenden Antrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei abgelehnt haben, sollten Sie jetzt für die Streichung dieses § 27 eintreten.
Herr Präsident, haben Sie nur ,den Buchstaben a aufgerufen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, begründen Sie bitte auch den anderen Antrag.
Da zu erwarten ist, daß der Antrag unter Ziffer 12 a) doch abgelehnt wird — —
— Also für den Fall, daß dem Antrag der SPD-Fraktion, den § 27 zu streichen, nicht entsprochen wird,
beantragen wir unter Ziffer 12 b), daß das, was in
§ 27 für die Inhaber von Verträgen mit privaten
oder öffentlichen Versicherungsunternehmen festgelegt ist, auch für jene gilt, die Rentenansprüche aus gesetzlichen Rentenversicherungen haben. Wir haben wie folgt formuliert:
Das gleiche gilt für beitragspflichtige landwirtschaftliche Unternehmer, die bis zum 1. Januar 1957 die Wartezeit für Altersruhegeld in der Rentenversicherung der Arbeiter oder der Angestellten oder der knappschaftlichen Rentenversicherung erfüllt hatten.
Das bedeutet, daß alle diejenigen, die einen Anspruch auf Zahlung einer Rente von 50 DM für den Erlebensfall und von 30 DM für den Todesfall haben, von der Beitragspflicht ausgenommen werden.
Meine Damen und Herren, dieser Eventualantrag entspricht der sozialen Gerechtigkeit. Es ist schlechterdings nicht vertretbar, daß Sie für die Inhaber privater Rentenversicherungsverträge eine solche Beitragsbefreiung durchsetzen, wenn Sie das nicht auch für die Anspruchsberechtigten aus der Sozialversicherung beschließen.
Wir bitten also für den Fall der Ablehnung des Antrags Ziffer 12 a), den § 27 entsprechend dem Eventualantrag Ziffer 12 b) zu ändern.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wer begründet den Antrag Umdruck 1251? — Frau Abgeordnete Kalinke!
Frau Kalinke : Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Bei der Begründung der vielen Änderungsanträge der SPD ist immer wieder darauf hingewiesen worden, daß eine Gleichstellung mit der Rentenversicherung und den Rentenversicherten erfolgen müsse.
Ich verstehe es nicht, daß der Herr Kollege, der bei dem vorangegangenen Paragraphen auf die Gleichheit vor dem Gesetz hingewiesen hat, nun nicht die Streichung des § 27 mit den gleichen Argumenten verteidigt, mit denen er vorher das Gegenteil gefordert hat.
— Doch, ich habe das gut verstanden! Sie haben die Streichung des § 26 mit dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz begründet. Ich stimme Ihnen sogar zu. Es ist richtig, daß vor dem Gesetz alle gleich behandelt werden müssen. Wenn man aber aus Gründen der hier so viel gepriesenen Selbstverantwortung die Menschen, wie Sie gesagt haben, nicht dafür bestrafen will, daß sie in Selbstverantwortung handeln, dann, meinen wir, muß ihnen wenigstens die Freiheit gegeben werden, daß sie sich für die eine oder andere Lösung entscheiden.
Der § 27, sowohl in der CDU/CSU-Vorlage wie in der Ausschußvorlage, gibt diese Möglichkeit nicht. Im Antrag der CDU/CSU hieß es, daß für die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden Verträge Wahlfreiheit gegeben sein soll. Der Ausschuß hat dann gesagt: die bis 1. Januar 1957 abgeschlossenen Verträge, hat das also noch weiter eingeengt. Wir sind der Auffassung, daß diese Wahlfreiheit doch mindestens so weit zugestanden werden müßte wie in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten. Nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes,
wenigstens bis zum Ablauf des dritten Monats nach der Verkündung dieses Gesetzes — das ist derselbe Text wie in den Rentenversicherungsgesetzen —, müßte denjenigen eine Chance gegeben werden, die sich frei entscheiden wollen.
Ich möchte bei der Begründung meines Antrags gleich auf die Begründung der SPD-Anträge und ihre Ablehnung eingehen. Sie haben auf das Risiko und die Risikoauslese hingewiesen. Sie würden recht haben, meine Herren, wenn es diese Risikoauslese nicht von einer ganz anderen Seite gäbe. Diejenigen, die sich versichern und die Beiträge für einen Lebensversicherungsvertrag bezahlen werden, sind meistens ältere Leute. Das wird eine kleine Gruppe sein. Diejenigen aber, die aus dem Risiko herausfallen, das sind die jungen Landwirte, alle Söhne und Töchter, die durch die Neuordnung der Rentenversicherung pflichtversichert worden sind — das waren Ihre Anträge — und die nun Beiträge in der Rentenversicherung bezahlen und sich weiterversichern werden. Gerade diese jungen Menschen nämlich, die viele Jahre die Beiträge zahlen, brauchen Sie für den Risikoausgleich. Es ist gar kein Zweifel, daß die Einrichtung wegen des Mangels der jüngeren Kräfte in echte Risikoschwierigkeiten kommen wird.
Wir bitten Sie — das ist besonders an die Kollegen von der CDU/CSU gerichtet, weil bei dieser Beratung im Ausschuß am Abend des Sonnabend meine Kollegen, wie ich gehört habe, nicht mehr anwesend sein konnten —, Ihren Beschluß nur dahin zu ändern, daß Sie an die Stelle der Worte „bis 1. Januar 1957" die Formulierung — gleichlautend mit dem Rentengesetz — „bis zum Ablauf des dritten Monats nach dem Monat der Verkündung dieses Gesetzes" setzen. Sie tragen damit zur Gleichbehandlung, zur Selbsthilfe und zur Selbstverantwortung bei
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort hat der Abgeordnete Professor Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bezüglich der Gleichschaltung mit der Rentenversicherung haben wir bei den vorhergehenden Abstimmungen immer eine Niederlage durch die Koalition dieses Hauses einstecken müssen,
zu der auch Sie in aller Regel gehören.
Aber es handelt sich hier in der Tat um die sehr ernsthafte Frage, um die Sicherung der Leistungen. Wenn man dem folgt, was Frau Kollegin Kalinke beantragt hat, was muß sich dann vollziehen bei einer Einrichtung mit Einheitsbeiträgen, bei der also derjenige, der als junger Mensch beitritt, nicht durch eine längere Beitragszahlung auch eine Erhöhung der Leistung erreichen kann? Das ist doch ein neuralgischer Punkt an diesem Gesetz für die Mittelaufbringung: jeder wird, wenn er die 15 Jahre erreicht hat, die Tendenz haben, über nebenberufliche Tätigkeit, über rentenversicherungspflichtige Beschäftigung wieder auszusteigen; denn er hat seinen Leistungsanspruch bewahrt.
Die große Gefahr bei diesem System ist: wenn Sie die Möglichkeit geben, daß sich jüngere Menschen von der Beitragsverpflichtung befreien, dann werden in Ihrer Altershilfe der Landwirtschaft praktisch nur die über 40- oder gar die über 50jährigen sein, die nämlich noch die 15 Jahre Mitgliedschaft
benötigen, um dann bei Hofübergabe die Leistung zu erreichen. Das läßt sich hier noch viel weniger machen als in der allgemeinen Rentenversicherung; denn in der allgemeinen Rentenversicherung haben wir bekanntlich eine Beitragsrente beschlossen und damit auch das Interesse des jüngeren Menschen geweckt, Mitglied der Versicherung zu werden und zu bleiben, um dadurch höhere Leistungen zu erreichen. Aber das gibt es hier nicht. Auch besteht Gefahr, daß Ihre Gemeinschafts- oder — wie Sie es bezeichnen wollen — Solidarhaftung in die Brüche geht. Wenn Sie auch nur einen einzigen hauptberuflichen Bauern ausbrechen lassen, werden Tausende und aber Tausende den gleichen Weg zu gehen versuchen. Dann haben Sie für die Alten zu leisten, und dann haben Sie die Leistungsverpflichtung und wenig Beitragszahler und keine Staatsgarantie. Dann gute Nacht mit der Alterssicherung für die Landwirtschaft!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird das Wort weiter gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung. Ich lasse zuerst über den weitestgehenden Änderungsantrag abstimmen. Das ist der Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 12 a; danach soll der ganze § 27 beseitigt werden. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 12 a zuzustimmen wünscht, der gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Von der Mehrheit abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über den Änderungsantrag Umdruck 1251, wonach der Abs. 1 des § 27 verändert werden soll. Wer dem Antrag auf Umdruck 1251 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Abgelehnt.
Nunmehr lasse ich über den Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 12 b abstimmen, wonach der § 27 einen Abs. 2 erhalten soll. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 12 b zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Abgelehnt. Damit sind alle Änderungsanträge zu § 27 abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über § 27 in der Fassung der Ausschußvorlage. Wer § 27 in dieser Fassung zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei mehreren Enthaltungen und vielen Gegenstimmen mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe den Änderungsantrag Umdruck 1257 Ziffer 13 auf. Danach soll der vom Ausschuß gestrichene § 28 wiederhergestellt werden. Wer begründet? — Herr Abgeordneter Schmidt!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind wieder einmal beim Geld angelangt; das ist eine wichtige Position.
Meine Fraktion beantragt, die CDU-Vorlage wiederherzustellen, die vorsah, daß der Bund für die ersten sechs Monate die Leistungen als Zuschuß zahlt. Wir haben in .den Beratungen des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und des Sozialpolitischen Ausschusses etwas Verschiedenes erfahren. Im Ernährungsausschuß haben die Regierungsvertreter erklärt, daß selbstverständlich der Bund diesen Zuschuß zahle; das sei alles schon abgesprochen. Ich erinnere Sie, meine Damen und Herren von der CDU, daran, daß der Ernährungsminister Dr. Lübke bei der Verkündung des Grünen
Plans hier zu diesem Thema ausdrücklich erklärt hat, dafür stünden 70 Millionen DM bereit. Er hat zwar offengelassen, ob als Zuschuß oder als Darlehen, aber jeder von uns war der Auffassung und im Glauben: das ist der Zuschuß des Bundes für die Alterssicherung. Es hieß damals: Macht erst mal das Gesetz, dann sind die 70 Millionen DM auch bereit. Ich weiß, der Herr Finanzminister wird gleich erklären: Die 70 Millionen DM stehen bereit; ihr könnt sie haben. — Aber das genügt nicht. Wir müssen wegen einer soliden Finanzierung Wert darauf legen, daß es bei der Vorlage der CDU-Fraktion bleibt, daß der Bund für die ersten sechs Monate die Leistungen trägt.
Meine Damen und Herren, ich muß hinzufügen, daß die Dinge im Sozialpolitischen Ausschuß allerdings anders gelaufen sind. Anscheinend hatte es sich der Finanzminister inzwischen anders überlegt. Jedenfalls hat der Vertreter gesagt, daß der Finanzminister hier heute eine Erklärung abgeben wolle. Nun, er wird sie gleich abgeben. Jedenfalls möchte ich Sie bitten, unserem Antrag zuzustimmen und so dafür zu sorgen, daß das Gesetz gut anläuft, damit die Menschen, die die Altersrente zuerst bekommen sollen, nicht enttäuscht werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort hat der Abgeordnete Horn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe bereits bei der Besprechung im Ausschuß darauf hingewiesen, daß unsere Fraktion bei Einbringung des Antrages selbstverständlich von der Meinung ausgegangen ist, daß das, was hier in der Vorlage steht, nicht gerade in jedem Punkte der Weisheit letzter Schluß sein wird. Im Verlaufe der Beratungen kann man durchaus — das ist in diesem Punkt geschehen — schon einmal in einer Frage seine Meinung ändern.
Ich mache das Haus darauf aufmerksam, daß die Verabschiedung dieser Vorlage komplizierter wird, wenn wir dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion entsprechen. Die Verabschiedung wird bei der Fülle der Tagesordnung unter Umständen sogar gefährdet. Bei Annahme dieses Antrages muß die Vorlage nach § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß gehen und muß dann noch einer gründlichen Durchleuchtung und Beratung unterzogen werden. Wir halten das bei dem Stand der Dinge für nicht ratsam. Deshalb wiederhole ich hier die Meinung, die wir auch im Ausschuß vertreten haben.
Das Gesetz über die Familienausgleichskassen hat uns in dieser Frage ein durchaus gutes Vorbild gegeben. Wir haben auch damals darauf verzichtet, im Gesetz eine entsprechende Bestimmung einzubauen. Aber die Bundesregierung hat damals in diesem Hause durch den Herrn Finanzminister eine Erklärung abgeben lassen, daß das Finanzministerium oder die Bundesregierung bereit sei, sofort nach Verabschiedung dieses Gesetzes in einem entsprechenden Vertrag zwischen dem Gesamtverband der Familienausgleichskassen und dem Finanzministerium sicherzustellen, daß die Anlaufschwierigkeiten überwunden werden und irgendwelche Stockungen in der Leistungsgewährung nicht eintreten. Wir sind der Meinung, daß bei dieser Vorlage genauso verfahren werden kann. Wir haben auch in diesem Falle das Vertrauen zu einer Erklärung der Bundesregierung bzw. des Herrn Bundesfinanzministers, daß in diesem Falle alle Anfangsschwierigkeiten auf dem gleichen Weg überwunden werden können.
Aus angeführtem Grunde bitte ich das Hohe Haus, den Änderungsantrag der SPD abzulehnen. Ich würde dankbar sein, wenn der Herr Finanzminister jetzt anschließend eine Erklärung abgäbe.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren, ich darf die Anfrage und Anregung des Herrn Abgeordneten Horn beantworten. Ich bin bereit, nun eine förmliche Erklärung abzugeben.
— Ich bitte abzuwarten.
Die Bundesregierung ist bereit, dem Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen während der ersten sechs Monate zur Überbrückung der Anlaufschwierigkeiten, die sich bei der Durchführung des Gesetzes über die Altershilfe für Landwirte ergeben, ein Darlehen bis zum Gesamtbetrag von 70 Millionen DM zu gewähren. Die Bundesregierung wird unverzüglich Verhandlungen über den abzuschließenden Darlehensvertrag mit den zur Vertretung berufenen Organen der landwirtschaftlichen Alterskassen aufnehmen.
Es ist nicht das erste Mal, daß dieser Weg beschritten wird. Wir sind diesen Weg bereits bei den Familienausgleichskassen gegangen, und ich kann heute feststellen, daß sich dieser Weg dort als sehr gut erwiesen hat.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Hepp.
Hepp : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn schon der Beschluß des Sozialpolitischen Ausschusses, am vorigen Samstagnachmittag bei einer Temperatur von 35° im Schatten gefaßt, eine Überraschung darstellte für den, der erst in diesen Tagen den Mündlichen Bericht zu lesen bekam, dann noch mehr die Erklärung, die der Herr Finanzminister soeben abgegeben hat.
Bisher glaubten wir, es in bezug auf die Aufbringung der Mittel für die ersten sechs Monate mit einer völlig klaren Situation zu tun zu haben. Dazu gaben uns einmal die Erklärungen Veranlassung, die von den Initiatoren dieses Gesetzes abgegeben worden sind; sie haben meines Wissens bisher niemals einen Zweifel darüber gelassen, daß die 70 Millionen DM für den Anlauf dieser Aktion absolut gesichert seien. Dazu kam die sehr bestimmte Erklärung, die der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bei der Behandlung des Grünen Plans für das Jahr 1957 hier abgegeben hat. Herr Minister Dr. Lübke, der Hinweis auf jene 70 Millionen DM war sicherlich einer der Lichtpunkte Ihres Programms zum Grünen Plan. Dieser Betrag sollte zur Ingangsetzung der Alterssicherung für die Landwirtschaft vom Bund zur Verfügung gestellt werden. So hat es nicht nur dieses Haus aufgefaßt; auch die vielfachen Erklärungen, die später von Ihrem Ministerium über den Grünen Plan und seine Möglichkeiten für das Jahr 1957 der Öffentlichkeit unterbreitet worden sind, konnten nur so aufgefaßt werden.
Also, Herr Minister, man muß zu der Auffassung kommen, daß Sie in diesem Punkt vor dem Finanzminister einen Schritt zurückgewichen sind. Denn das, was uns heute angeboten wird, ist bestimmt nicht mehr das, was uns noch vor einigen Monaten angeboten wurde, als wir den Grünen Plan behandelten.
Was soll denn nun geboten werden? Nach dem Beschluß des Ausschusses zu § 28 a soll der nach § 9 Abs. 2 festzusetzende Beitrag für die ersten sechs Monate nach Inkrafttreten dieses Gesetzes 10 DM monatlich betragen. Heute haben wir erkennen müssen, daß in allen Lagern dieses Hohen Hauses in bezug auf das Aufkommen und damit auch auf die Leistungen zunächst einmal noch erhebliche Unsicherheitsmomente bestehen, und sie sind keineswegs behoben. Glauben Sie denn, Herr Finanzminister, daß mit dem § 28 a diesem Alterssicherungsgesetz jene sichere Grundlage wenigstens für den Anfang gegeben werden kann, auf die man rechnen darf?!
Herr Kollege Horn von der CDU, Sie haben vorhin vergleichsweise auf das Funktionieren des Kindergeldgesetzes hingewiesen. Der Vergleich stimmt nicht ganz. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen — Sie sind im Grunde genommen ein viel besserer Kenner des Kindergeldgesetzes als ich, aber die Tatsache kennen wir alle —, daß zwei Drittel der Beiträge nach dem Kindergeldgesetz aus der gewerblichen Wirtschaft und nur ein Drittel aus der Landwirtschaft aufgebracht werden. Dieser Vergleich hinkt also auf jeden Fall.
Die SPD hat einen Antrag eingebracht, den § 28 wiederherzustellen. Wir werden dem zustimmen, weil allein so eine klare finanzielle Grundlage für das Gesetz geschaffen werden kann.
Im übrigen tagt ja der Haushaltsausschuß in Permanenz. Wenn man bei der Mehrheit des Hauses das Gesetz für so wichtig hält. dann soll man im Haushaltsausschuß auch noch die 70 Millionen DM bewilligen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird weiter das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Weber!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen meiner politischen Freunde und zugleich als meine persönliche Auffassung — ich darf das verbinden — darf ich folgendes erklären. Wir unterstützen diesen Antrag der SPD und richten an die Bundesregierung und
insbesondere an den Herrn Bundesfinanzminister die Bitte, mitzuhelfen, daß hier die Grundlage gelegt wird, damit das Gesetz überhaupt anlaufen kann. Sonst ist das Ganze gefährdet. So, wie die Dinge jetzt liegen, können wir die Belastung für die Zukunft nicht umlegen. Wir können dann nicht in Kürze diese Reserve schaffen, um das Ganze anlaufen zu lassen, und können auch die Mindestreserve nicht anlegen. Unsere Bitte geht dahin, das Haus möge den Antrag der SPD annehmen, den § 28 wieder einzusetzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag Umdruck 1257 Ziffer 13 — der die Einfügung des § 28 in der Fassung der Vorlage fordert — zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Mit Mehrheit abgelehnt.
Nunmehr rufe ich auf §§ 28 a, — 29, — 30 entfällt, — 31, — 32 in der Ausschußfassung, — Einleitung und Überschrift. — Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache. Wer den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zwei Enthaltungen, wie ich sehe, im übrigen mit Mehrheit angenommen.
Damit sind wir am Schluß der zweiten Lesung dieses Gesetzes. Interfraktionell ist vereinbart, daß wir heute damit unsere Beratungen abschließen. Wir beginnen morgen mit den Punkten 7 und 8 der vorliegenden Tagesordnung — mit den Vorschlägen des Vermittlungsausschusses —, und dann fahren wir mit der dritten Lesung des soeben behandelten Gesetzes fort. Dann geht es entsprechend der Vereinbarung im Ältestenrat mit dem Kartellgesetz und den wirtschaftspolitischen Gesetzen weiter. Die Punkte der heutigen Tagesordnung, die noch übrigbleiben, müssen morgen durch interfraktionelle Vereinbarung noch irgendwie untergebracht werden.
Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen, den 3. Juli 1957, 9 Uhr, und schließe die heutige Sitzung.