Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren! Vor Eintritt in die Tagesordnung
habe ich die traurige Pflicht, Sie von dem plötzlichen Tod unseres Kollegen Dr. Otto Lenz in Kenntnis zu setzen.
Gestern vormittag erreichte mich ein Telegramm des Generalkonsuls der Bundesrepublik Deutschland in Neapel:
Heute morgen gegen 9.30 Uhr Bundestags-
abgeordneter Dr. Otto Lenz, Staatssekretär
a. D., in hiesigem Hospital Cotugno verstorben. Chefarzt Professor Franza gab als Todesursache Urämie, ausgelöst durch Malaria tropica, an. Patient wurde Mittwoch bereits im
Delirium und mit starkem Fieber, von Ischia
kommend, im Hospital eingeliefert. Arzt stellte
Milzvergrößerung und Leberschwellung fest.
Frau Lenz gestern telephonisch benachrichtigt
und hierher auf Luftweg unterwegs. Eintrifft
15 Uhr. Partsch.
Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Dr. Otto Lenz wurde am 6. Juli 1903 in Wetzlar geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft war er im preußischen Justizdienst und nach 1938 als Rechtsanwalt am Kammergericht in Berlin tätig. Während des zweiten Weltkriegs war er zunächst Rechtsberater beim Reichskommissar am Oberprisenhof. Wegen seiner Zusammenarbeit mit Dr. Goerdeler wurde Otto Lenz nach dem 20. Juli 1944 verhaftet und zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Kaum in Freiheit, nahm er seine Anwaltspraxis in Berlin wieder auf und beteiligte sich an der Neubildung der staatlichen Ordnung Deutschlands. Seit 1950 lebte er in München. Er gehörte zu den Mitbegründern der CDU in Berlin. Von 1951 bis zum September 1953 war Dr. Lenz Staatssekretär des Bundeskanzleramtes. In den zweiten Bundestag zog er als Mitglied der Fraktion der CDU/CSU ein. Er war Mitglied des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten und stellvertretendes Mitglied des Ausschusses zum Schutze der Verfassung und des Ausschusses für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films. Er leitete den Außenpolitischen Arbeitskreis der CDU/CSU-Fraktion und entfaltete auch außerhalb des Hauses, z. B. im Europarat, eine breite politische Tätigkeit.
Otto Lenz starb an der Begegnung mit dem uns am nächsten gelegenen großen afrikanischen Kontinent, der auch in der Zukunft uns deutsche Parlamentarier immer wieder ernstlich beanspruchen wird.
Ich spreche den Angehörigen unseres heimgegangenen Kollegen Otto Lenz die aufrichtige Anteilnahme des Deutschen Bundestages aus. Ich spreche gleiche Anteilnahme der Fraktion der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union aus.
Lassen Sie uns noch eines Mannes gedenken, der dem ersten Deutschen Bundestag angehörte und uns vielfach verbunden ist. Der ehemalige Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Professor Dr. Dr. h. c. Wilhelm Niklas, starb am 12. April in München an den Folgen eines Verkehrsunfalls.
1887 in Traunstein geboren, war Wilhelm Niklas fast 50 Jahre im Staatsdienst tätig. Ähnlich wie Otto Lenz hatte er schwer unter der Tyrannei Hitlers zu leiden. 1935 entlassen, trat er nach dem zweiten Weltkrieg als Staatsrat wiederum in den Dienst des bayerischen Landwirtschaftsministeriums und wurde 1948 stellvertretender Direktor der Verwaltung für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Vereinigten Wirtschaftsgebietes. In den ersten schweren Jahren der Nachkriegszeit hat sich Wilhelm Niklas auf ernährungswirtschaftlichem Gebiet besondere Verdienste erworben. 1949 wurde er Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Mit dem Ende der ersten Legislaturperiode schied er aus Gesundheitsgründen aus Parlament und Regierung aus.
Um den heiteren und allzeit gütigen Mann trauern viele Freunde. Ich habe den Hinterbliebenen die Anteilnahme des Deutschen Bundestages ausgesprochen.
Sie haben sich zu Ehren der Verstorbenen von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.
Meine Damen und Herren, nach dem Gedenken der Trauer ist es mir eine besondere Freude, unserem wieder genesenen Vizepräsidenten des Bundestags, unserem Kollegen Carlo Schmid, die herzlichsten Glückwünsche des Hauses zur Genesung auszusprechen.
Glückwünsche zu Geburtstagen: Am 13. April feierte der Herr Kollege Matthes den 60. Geburtstag,
am 19. April der Herr Kollege Diekmann den 60. Geburtstag,
am 22. April der Herr Kollege Gerns den 65. Geburtstag,
am 24. April der Herr Kollege Müser den 60. Geburtstag,
am 25. April der Herr Kollege Feldmann den 60. Geburtstag,
am 27. April der Herr Kollege Paul den 60. Geburtstag
und am 1. Mai der Herr Kollege Demmelmeier den 70. Geburtstag.
Damit ist die heute besonders lange Liste der Geburtstagskinder abgeschlossen. Ich spreche den Herren Kollegen die aufrichtigen Glückwünsche des Hauses aus.
Ich darf dem Haus weiter bekanntgeben, daß für den ausgeschiedenen Herrn Abgeordneten Kratz der Herr Abgeordnete Steinhauer in den Bundestag eingetreten ist. Ich frage, ob der Herr Abgeordnete Steinhauer im Saal Ist.
- Er ist noch nicht da. Dann wollen wir ihm in absentia gratulieren und ihm für den Rest dieser Legislaturperiode eine gute Zusammenarbeit wünschen.
Nach einer Vereinbarung in der Sitzung des Ältestenrats am 30. April 1957 fällt die für den 8. Mai vorgesehene Fragestunde wegen der Haushaltsberatungen aus. Nächste Fragestunde: Freitag, den 24. Mai. Sperrfrist für eingehende Fragen: 17. Mai, 12 Uhr. Die bisher eingegangenen Fragen werden auf diese Fragestunde übernommen.
Ferner gebe ich bekannt: Der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht hat mit Schreiben vom 29. April auf die Mitberatung beim Dritten Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit verzichtet. Ich nehme an, daß das Haus nichts dagegen hat, wenn ein Ausschuß sich als inkompetent erklärt.
Der Herr Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat zu dem als Punkt 3 zur zweiten und dritten Beratung anstehenden Mühlengesetz Rückverweisung nach § 96 (neu) der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß beantragt mit Rücksicht auf die finanziellen Auswirkungen, die sich ergeben, wenn dem vorgelegten Ausschußbericht entsprochen wird. Ich frage, ob das Haus mit dieser Rückverweisung einverstanden ist, damit die Möglichkeit geschaffen wird, daß der Bericht des Haushaltsausschusses bis zum Aufruf des Punktes vorliegt. - Kein Widerspruch; das Haus ist einverstanden.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 12. April 1957 den folgenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
Gesetz zu den drei Protokollen vom 10. März 1955 über die Änderung des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens und zu dem Abkommen vom 10. März 1955 über die Organisation für Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Handels sowie zu dem Protokoll vom 3. Dezember 1955 zur Berichtigung der drei Protokolle,
Gesetz zu dem Fünften Berichtigungs- und Änderungsprotokoll vom 3. Dezember 1955 zum Wortlaut der dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen beigefügten Zollzugeständnislisten,
Gesetz über das Abkommen vom 14. September 1955 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Osterreich über die Beförderung von Exekutivorganen im Straßen- und Eisenbahn-Durchgangsverkehr,
Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der in einzelnen Verwaltungszweigen des Landes Berlin beschäftigten Personen,
Gesetz zur Änderung des Weingesetzes,
Gesetz über Sicherheitskinefilme ,
Zweites Gesetz zur Änderung des Flüchtlings-Notleistungsgesetzes,
Zweites Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Personenstandsgesetzes.
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 19. März 1957 die Kleine Anfrage 291 der Abgeordneten Seither und Genossen betreffend Hilfe für Frostschäden im Obst- und Weinbau beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 3411 verteilt.
Der Herr Bundesminister der Justiz hat unter dem 18. April 1957 zur Kleinen Anfrage 299 der Fraktion des GB BHE betreffend Anzahl der durch deutsche Gerichte abgeurteilten ehemaligen deutschen Soldaten, Angehörigen wehrmachtähnlicher Verbände oder anderer Personen eine weitere Antwort gegeben, die unter Drucksache 3429 verteilt ist.
Der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts hat unter dem 22. März 1957 die Kleine Anfrage 333 der Fraktion der FDP betreffend Unterstützung von Boykott-Tendenzen gegen die Bundesrepublik in den arabischen Staaten beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 3324 verteilt.
Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem 23. April 1957 die Kleine Anfrage 338 der Fraktion der FDP betreffend Verhalten der Bundesregierung in der Angelegenheit des Botschaftsrats Schlitter beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 3424 verteilt.
Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem 11. April 1957 die Kleine Anfrage 347 der Abgeordneten Dr. Schneider , Wehdel, Dr. Will (Saarbrücken), Schwertner, Schreiner, Dr. Schäfer (Saarbrücken), Schneider (Brotdorf), Kratz. Ruland. Dr. Röder, Walz und Genossen betreffend Verunreinigung der Luft durch Staubauswurf des französischen Kraftwerkes Großblittersdorf (3317) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 3385 verteilt.
Der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat unter dem 18. April 1957 die Kleine Anfrage 349 der Fraktion der SPD betreffend Rundbrief an die Rentner beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 3423 verteilt.
Der Herr Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte hat unter dem 13. April 1957 die Kleine Anfrage 350 der Fraktion der FDP betreffend Durchführung des Häftlingshilfegesetzes beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 3425 verteilt.
Herr Abgeordneter Dr. Dresbach hat mit Schreiben vom 16. April 1957 seine Unterschrift unter dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes über den Ladenschluß zurückgezogen.
Der Herr Bundesminister für Wohnungsbau hat unter dem 9. April 1957 im Nachgang zu seinem Bericht vom 30. Oktober 1956 weiterhin über die Bereitstellung von Mitteln zur Förderung des Wohnungsbaues für Facharbeiter in den Zonenrandgebieten berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache 3410 verteilt.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 11. April 1957 auf Grund des Beschlusses des Deutschen Bundestages in seiner 155. Sitzung über die Gesamtplanung und Gesamtkosten des zivilen Bevölkerungsschutzes berichtet. Sein Schreiben wird als Drucksache 3430 verteilt.
Der Herr Oberstaatsanwalt in Hildesheim hat unter dem 27. April 1957 mitgeteilt, er habe mit Verfügung vom 9. April 1957 das Ermittlunasverfahren gegen den Generaldirektor des Volkswagenwerkes Prof. Dr. h. c. Heinz Nordhoff, Wolfsburg, wegen Untreue. hier: angebliche Schenkung eines Volkswagens an die Kreisgeschäftsstelle der CDU Frankfurt Main, eingestellt. Die Verfügung liegt im Archiv zur Kenntnisnahme aus.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 10. April 1957 eine Denkschrift über den technischen Nachwuchs übersandt, die an die Mitglieder des Hauses verteilt worden ist.
Der Herr Bundesbeauftragte für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung hat unter dem 17. April 1957 im Anschluß an sein Schreiben vom 29. Dezember 1956 ein weiteres Gutachten über die Organisation der Deutschen Bundespost, zweiter Teil, Teilhand 1, „Das Fernmeldetechnische Zentralamt", übersandt, das im Archiv zur Einsichtnahme ausliegt.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir bei der Tagesordnung. Ich rufe auf Punkt 1:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht*) (Drucksachen 3407, zu 3407).
Ich frage, ob der Herr Berichterstatter das Wort wünscht.
- Herr Abgeordneter Haasler verzichtet. Ich bedanke mich dafür.
Ich komme zum Artikel 1. Meine Damen und Herren, abstimmen werden wir nach den Nummern. Ich muß aber die Artikel .aufrufen. Ich rufe zunächst auf Artikel 1 Nr. 1 §§ 109 a, 109 b und 109 c. Insoweit liegen keine Änderungsanträge vor. Wird das Wort zu ,den aufgerufenen Paragraphen gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
*) Siehe Anlage 2.
Ich rufe auf § 109 d. Hier liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 1030**) Ziffer 1 vor. Es ist ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Herr Abgeordneter Wittrock!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich bei dem § 109 d um die umstrittenste Vorschrift dieses Gesetzes. Diese Vorschrift enthält die Restbestände jener Bestimmung, die als der Maulkorbparagraph in die Geschichte der Arbeit dieses Parlaments eingeht. Es lohnt sich, einmal in der Ihnen allen vorliegenden Synopse die ursprüngliche Fassung des § 109 d mit der Fassung, die uns jetzt auf Grund der Ausschußbeschlüsse vorliegt, zu vergleichen. Dieser Vergleich ist gerade deshalb interessant, weil er den monströsen Charakter der ursprünglichen Fassung des § 109 d, also jenes Maulkorbparagraphen, offenbart. Ich meine monströs nicht bezüglich des Umfangs, sondern bezüglich des Gedankeninhalts. Dieser Vergleich zeigt, daß jene Vorschrift doch wesentlich verbessert worden ist. Das wird hiermit ausdrücklich anerkannt. Diese Verbesserung des § 109 d, also jenes sogenannten Maulkorbparagraphen, ist nicht zuletzt eine Auswirkung dei Kritik einer wachsamen öffentlichen Meinung, und ich benutze die Gelegenheit, anzuerkennen — und ich glaube, wir sollten das alle dankbar anerkennen —, daß es in der Bundesrepublik eine wachsame öffentliche Meinung gibt.
Dennoch enthält der § 109 d die Reste jenes ursprünglichen Maulkorbparagraphen. Die Vorschrift wirft nach Auffassung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion unlösbare rechtspolitische j Probleme auf. Betrachten Sie sich einmal die Bestimmung! Sogleich stellt sich die Frage: Woher soll der Richter den Maßstab beziehen, um festzustellen, ob die Verbreitung einer unwahren Behauptung geeignet ist, die Tätigkeit der Bundeswehr zu stören? Meine Damen und Herren, wo beginnt die Störung der Tätigkeit der Bundeswehr, und wo hört sie auf? Das ist doch die Frage, mit der sich der Richter, der eine derartige Bestimmung anzuwenden hat, auseinandersetzen muß.
Wir sind der Meinung, daß hier die Grenze der Rechtsstaatlichkeit erreicht ist. Ja, sie ist nicht nur erreicht, sondern wir sind der Auffassung, daß an dieser Stelle die Grenze der Rechtsstaatlichkeit bereits überschritten ist. Zum Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gehört, daß die Grenze der Anwendbarkeit eines Gesetzes klar und eindeutig feststellbar ist. Das ist hier nicht der Fall, und aus diesem Grunde haben wir unsere prinzipiellen Bedenken gegen eine derartige Regelung.
Ein weiteres Problem! Nach dieser Vorschrift soll strafbar sein, wer eine unwahre Behauptung verbreitet, um — und jetzt kommt das Entscheidende — die Bundeswehr in der Erfüllung ihrer Aufgabe der Landesverteidigung zu behindern. Es kommt also hier für die strafrechtliche Würdigung entscheidend auf die Beurteilung der Motive des Täters an. Drängen Sie — diese Frage müssen wir uns stellen, und Sie alle sollten sich einmal in die Rolle eines Richters hineinversetzen — den Richter nicht dazu, die politische Haltung des Täters
**) Siehe Anlage 3. zu erforschen, um auf diese Weise ein Indiz für das Motiv des Täters zu gewinnen? Denn wie gesagt, es kommt hier auf das Motiv an. Wie soll das Motiv erkannt werden? Wie soll erkannt werden, in welcher Absicht der Täter gehandelt hat? Das werden Sie und das wird der Richter zwangsläufig nur erkennen können, wenn er dazu übergeht, letzten Endes auch die politische Haltung eines Täters zu erforschen. Das halten wir nach all den Erfahrungen mit der Rechtsprechung der Vergangenheit für außerordentlich gefährlich und bedenklich.
Meine Damen und Herren, ich habe die sozialdemokratische Kritik an der politischen Justiz eben erneut angedeutet. Jawohl, wir haben in der Vergangenheit oft Veranlassung zu kritischen Worten gefunden. Aber gerade darum haben wir die erhöhte Pflicht, dem Richter zu ersparen, schlechte und schwer auslegbare Rechtsnormen anzuwenden. Aus dieser von der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion anerkannten Pflicht heraus, dem Richter auch brauchbare und eindeutige und klar auslegbare Normen an die Hand zu geben, meinen wir, daß auf die Vorschrift des § 109 d Verzicht geleistet werden muß.
Ein letztes Wort. Die Vorschrift des § 109 d ist dem politischen Strafrecht zuzuordnen. Es sollte — und das hat der Abgeordnete Dr. Arndt in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs zum Ausdruck gebracht — unser Grundprinzip sein, daß der Gesetzgeber bei der Schaffung und Ausgestaltung einer politischen Strafvorschrift keinen Zentimeter weiter geht, als zur Sicherung, Aufrechterhaltung und Verteidigung der inneren Ordnung unbedingt notwendig ist. Nur insoweit, als es objektiv und für jedermann erkennbar unerläßlich ist, derartige Strafvorschriften zu schaffen, sollte man es gerade auf diesem Rechtsgebiet tun. Aber nichts ist hier für den konkreten Sachgegenstand ersichtlich und bisher ersichtlich gemacht worden, was dafür spricht, eine derartige Regelung zu treffen, eine derartige Schutzvorschrift zu schaffen.
Deshalb, meine Damen und Herren, beantragen wir die Streichung des § 109 d. Das Haus sollte diesem Streichungsantrag nicht zuletzt auch deshalb zustimmen, weil es sich damit klar und eindeutig von den Resten jener Bestimmung distanziert, die als der Maulkorbparagraph unrühmlich bekanntgeworden ist.
Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Haasler!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte an die Schlußworte meines Herrn Vorredners anknüpfen, der sagte, es sei nichts ersichtlich gemacht worden, was für die Notwendigkeit des § 109 d spreche. Der Herr Vorredner ist bei dieser Behauptung wohl davon ausgegangen, daß das Verhalten unserer Presse bisher keinen Anlaß geboten habe, mit einer solchen Schutzbestimmung aufzuwarten. Insofern sind wir uns alle einig. Es bestand im Ausschuß darüber Einigkeit, daß wir hier nicht eine Bestimmung schaffen wollten, die auf die verfassungstreue Presse zielt, sondern daß wir ein Instrument schaffen müßten gegen die Verteilung und Herstellung jener Flugschriften, die man dem einzelnen Soldaten nachher — wie man so schön
sagt — unter den Tornister oder auf die Stube schiebt. Die Tagespresse, die Zeitschriften waren nie gemeint; das ist in der öffentlichen Diskussion leider übersehen worden. Wir hatten von vornherein stets nur jene Dunkelmänner im Auge, die nicht auf Grund einer Verantwortung in einer großen Zeitung, die ja stets einer gewissen Kontrolle der Öffentlichkeit unterliegt, arbeiten, und wir meinten die von draußen finanzierten Agenten mit ihren Flugblättern.
Natürlich müssen wir, wenn wir eine Bestimmung schaffen, auch prüfen, ob sie nicht bei weiter Auslegung über den Kreis derer hinaus, für die sie an sich gedacht ist, anwendbar sein könnte. Der Ausschuß hat sich bemüht, jede Möglichkeit zu verbauen, daß die Bestimmung des § 109 d auf die öffentliche Kritik einen hemmenden Einfluß ausübt.
Mein verehrter Herr Vorredner hat gesagt, es seien hierin Begriffe enthalten, die schwer abzugrenzen sind. Er hat in diesem Zusammenhang erwähnt, daß die Formulierung „die Tätigkeit der Bundeswehr zu stören" kein sehr klarer Ausdruck sei; wo sei denn die Grenze des Störens und des Nichtstörens? — Nun, der Begriff des Störens hat seine allgemeine Bedeutung, und es wird der Praxis nicht schwer fallen, hier eine Abgrenzung vorzunehmen. Aber im übrigen haben wir — und das scheint mir wesentlich wichtiger zu sein — dieses Tatbestandsmerkmal nur deshalb eingebaut, damit nicht schlechthin jede lügnerische Behauptung als zur Erfüllung des Tatbestandes ausreichend erachtet wird.
Und — Herr Kollege Wittrock, ich sage das nicht für Sie, sondern für jene, die nicht so genau mit den Verhandlungen und mit dem Text des Gesetzes vertraut sind wie die Mitglieder des Rechtsausschusses — es ist doch nur noch die bewußte Lüge, die getroffen werden soll, die Propaganda, die wider besseres Wissen die Wahrheit verdreht. Wenn wir zugestehen, daß in Nebensächlichkeiten eine Lüge keine Bestrafung herbeiführt und daß die Strafdrohung nur jenes bewußte Lügen treffen soll, das für das Staatsganze und für die Landesverteidigung gefährlich ist, so liegt in dieser Beschränkung doch ein Begehren, das man vom Staatspolitischen aus nur begrüßen kann. Bei den heutigen Methoden kommunistischer und sonstwie antidemokratischer Propaganda können wir uns nicht darauf beschränken, zu sagen: unser Volk ist gesund genug, sich dieser Dinge selbst zu erwehren, sondern wir müssen gerade gegen die Leute eine Handhabe besitzen, die ihre Propaganda in besonders geschickter Weise anlegen und sich dabei, Herr Kollege Wittrock, einer bewußt wahrheitswidrigen Propaganda bedienen. Diese Handhabe gibt uns der § 109 d mit der jetzigen Fassung in sehr sparsamer Form. Diese sparsame Form ist aber das Mindeste, was wir fordern müssen, um Leuten entgegentreten zu können, die es, meist vom Ausland gesteuert, dem deutschen Volk unmöglich machen wollen, seine Wehrmacht aufzubauen.
Der Herr Staatssekretär des Bundesjustizministeriums!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Wittrock hat darauf hingewiesen, daß die Vorschrift des § 109 d der
Regierungsvorlage zu den umstrittensten Vorschriften dieser Vorlage gehört. Dem war in der Tat so. Vielleicht ist unter dem Eindruck der Entwurfsfassung des § 109 d die Bewertung der gesamten Gesetzesvorlage etwas in den Hintergrund getreten, und man hat nicht genügend den Gesamtzusammenhang der Vorlage betrachtet. Man hätte dann vielleicht doch mehr darauf aufgemerkt, daß die Bundesregierung sich bemüht hat — zu einem Zeitpunkt, wo es notwendig war, wiederum Vorschriften über Vergehen gegen die Landesverteidigung in das deutsche Strafgesetzbuch einzufügen —, dies in sehr sorgfältiger Berücksichtigung der Erfahrungen einer schlechten Vergangenheit zu tun.
Es ergibt sich gerade aus dem sehr sorgfältigen schriftlichen Bericht des Herrn Berichterstatters, des Herrn Abgeordneten Haasler, welche Erwägungen den Rechtsausschuß in gemeinsamem Ringen und gemeinsamen Bemühungen, an denen auch die Vertreter der Bundesregierung sich beteiligt haben, bestimmt haben, dem Hohen Hause die Annahme der Ihnen jetzt vorliegenden Fassung des § 109 d vorzuschlagen. Der Rechtsausschuß hat in seiner Mehrheit ebenso wie die Bundesregierung ein kriminalpolitisches Bedürfnis für die Schaffung einer solchen Strafvorschrift bejaht, um die Bundeswehr, wie es gerade soeben Herr Abgeordneter Haasler gesagt hat, gegen das Mittel der Lüge zur Behinderung der Bundeswehr in der Erfüllung ihrer Verteidigungsaufgaben abzuschirmen. Es sollte damit insbesondere der planmäßigen, von verfassungsfeindlichen Organisationen im Ausland gelenkten Agitation entgegengewirkt werden.
Der Rechtsausschuß hat, wie auch die Bundesregierung glaubt, der Fassung der Vorschrift ein schärferes Profil und eine größere Präzision gegeben und damit, wie ich annehme, die Befürchtungen gegenstandslos gemacht, die gegen die Vorschrift geäußert worden sind, wie ich glaube, auch die Befürchtungen, die hinsichtlich der Belastung der richterlichen Entscheidung und damit der Richter bei der Anwendung einer solchen Vorschrift erhoben worden sind.
Ich muß allerdings hier einmal feststellen, daß die Kritik an der Regierungsfassung vielfach auf Mißverständnissen und einer Verkennung der Tragweite der äußeren und inneren Strafbarkeitsmerkmale der ursprünglich vorgeschlagenen Fassung beruht. Das Bundesjustizministerium wäre sicherlich nicht für eine Vorschrift eingetreten, wenn damit die Absicht verfolgt worden wäre, die Unterrichtung der Öffentlichkeit in Angelegenheiten der Bundeswehr einzuschränken.
Nach der Ausschußfassung ist nunmehr für die Strafbarkeit erforderlich, daß der Täter die unwahren Behauptungen, deren Verbreitung geeignet sein muß, die Tätigkeit der Bundeswehr zu stören, wider besseres Wissen aufstellt und verbreitet, während die Regierungsfassung hinsichtlich der Unwahrheit der Behauptung den sogenannten bedingten Vorsatz genügen ließ. Das war der Hauptansatzpunkt der Kritik gegenüber der Regierungsfassung. Mit dieser vom Ausschuß vorgenommenen Einschränkung der subjektiven Voraussetzungen werden aber auch die Bedenken derjenigen zerstreut, die geglaubt haben, die Vorschrift würde die öffentliche Kritik in Fragen der Landesverteidigung beschränken. Werturteile und Meinungsäußerungen werden von der Strafvorschrift überhaupt nicht mehr betroffen.
Die Bundesregierung glaubt, daß die Vorschrift in der Ausschußfassung so gestaltet ist, daß nunmehr überhaupt keine rechtsstaatlichen Bedenken mehr gegen sie begründet sind. Ich bitte daher namens der Bundesregierung, im Hinblick auf die Erfahrungen der Vergangenheit den Streichungsantrag abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Wittrock.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ein kurzes Wort! Es geht gar nicht so sehr darum, Maßnahmen gegen die politische Lüge zu treffen — wie es der Herr Kollege HaasLer herausgestellt hat —, sondern es geht für die sozialdemokratische Fraktion um ein rechtspolitisches Problem, nämlich um die rechtspolitische Aufgabe, Tatbestände zu schaffen, die klar abgrenzbar sind.
Herr Staatssekretär, iSie haben hier den Standpunkt vertreten, das sei 'der Fall. Es kommt aber doch für die Erfüllung des Tatbestandes darauf an, ob die Behauptung einer unwahren Tatsache geeignet ist, die Tätigkeit der Bundeswehr in dem hier besagten Sinne zu stören. Die „Eignung" zu einer solchen Störung ist objektiv einfach nicht feststellbar! Es bedarf hierzu wahrscheinlich umfangreicher Sachverständigengutachten, und letzten Endes wird es darauf ankommen, welche subjektive Einstellung der einzelne Richter oder gegebenenfalls der einzelne Sachverständige zu einer ganz bestimmten Handlung oder Verhaltensweise des Täters hat. Das ist doch das Problematische; ich bitte doch, Herr Kollege Haasler, das Problem nicht zu verschieben! Es kommt hier nicht darauf an, zu sagen: Wir müssen uns gegen dies oder jenes abschirmen. Wenn das notwendig ist, kann es nur unter gleichzeitiger Erfüllung der Verpflichtung geschehen, rechtspolitisch klar abgrenzbare Tatbestandsmerkmale zu schaffen. Wir sind der Auffassung, daß das bei dem vorliegenden Paragraphen nicht der Fall ist.
Es kommt noch ein Weiteres hinzu. Wir haben uns manches Mal, auch in dem zuständigen Bundestagsausschuß, über die eine oder andere Vorschrift des Strafgesetzbuchs, die vor Jahren beschlossen worden ist, unterhalten und haben kritisch — vielleicht auch enttäuscht— in mancher Hinsicht Betrachtungen angestellt. Gerade diese Tatsache verpflichtet uns, heute bei der Erweiterung des hier in Betracht kommenden Rechtsgebiets mit besonderer Zurückhaltung an die Aufgabe heranzugehen. Aus dem Bestreben nach dieser größtmöglichen Zurückhaltung haben wir unseren Antrag gestellt.
Ein letztes Wort! Es wird immer wieder darauf hingewiesen, man müsse gegen die Einflüsse aus dem Ausland abschirmen.
— Ja, 'aber ich setze mich jetzt nur mit der Behauptung auseinander, man müsse sich gegen das abschirmen, was aus dem Ausland kommt, was aus dem Ausland gesteuert wird. Manche Beobachtungen gerade der letzten Zeit veranlassen doch zu größter Skepsis, wenn nun warnend der Zeigefinger erhoben wird. Wie leichtfertig hat man gerade in der letzten Zeit, gerade in den letzten Wochen die Behauptung aufgestellt, irgendeine in
Wirklichkeit aus einem tiefen Verantwortungsbewußtsein entsprungene Meinungsäußerung verantwortlicher Personen sei irgendwie gestützt auf Einflüsse aus dem Ausland in die Welt gesetzt worden.
Das sollte uns doch auch zu ganz besonderem Mißtrauen veranlassen.
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter Wittrock; wollen Sie nicht gleich noch eine Frage des Herrn Abgeordneten Haasler beantworten?
Herr Kollege Wittrock, können Sie uns zur Verdeutlichung dessen, was Sie hier meinten, ein praktisches Beispiel bilden? Dann werden uns die Grenzen Ihrer Bedenken vielleicht klarer.
Herr Kollege Haasler, nehmen Sie an, es wird behauptet, in der Bundeswehr erfolge eine besondere Ausbildung für eine unsachgemäße und nach allgemeinem sittlichem Empfinden verwerfliche Art der Kriegführung. Es erhebt sich sofort die Frage, ob der § 109d hier angewendet werden soll. Ist eine solche Behauptung geeignet, die Bundeswehr in der Erfüllung ihrer Aufgaben in dem hier in Betracht kommenden Sinn zu stören? Ich bin der Überzeugung, daß, wenn so etwas behauptet, zu Papier gebracht und verbreitet wird, der eine Richter sagen wird: Das ist Makulatur, das ist völlig unbeachtlich; 'die Bundeswehr als Institution kann durch derartige Behauptungen in gar keiner Weise in ihrer Tätigkeit berührt werden. Aber es ist auch durchaus denkbar, daß ein anderer Richter — und das zeigt eben das Bedenkliche dieser Vorschrift — auf Grund des Sachverständigengutachtens sagt: Das ist etwas so Gewichtiges und etwas so Infames und etwas, was in einem erheblichen Maße geeignet ist, auch die öffentliche Meinung mobil zu machen, daß sich daraus eine Eignung zur Störung in dem hier gemeinten Sinne ,ableiten läßt.
Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie mich gebeten haben, ein Beispiel zu bilden. Ich glaube, daß gerade ein solches Beispiel zeigt, wie rechtspolitisch problematisch die ganze Geschichte ist. — Sie sollten nicht mit dem Kopf schütteln, Herr Kollege — so einfach ist das Problem nicht —, sondern Sie sollten sich dazu entschließen, für die Streichung dieses — wie ich vorhin ausgeführt habe — überflüssigen Paragraphen zu stimmen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Bucher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist zugegeben, daß der Rechtsausschuß viel Anstößiges aus diesem Gesetzentwurf entfernt hat. Es ist auch zuzugeben, daß er diese Bestimmung gegenüber der ursprünglichen Fassung wesentlich verbessert hat. Trotzdem ist sie für uns nicht akzeptabel, weil, um es kurz zu sagen, der objektive Tatbestand nach wie vor zu unscharf gefaßt ist und im Zusammenhang damit den subjektiven Momenten eine so starke Bedeutung zukommt, daß man den Richter damit überfordert.
Es heißt nach wie vor: „gröblich entstellte Tatsachen". Der Herr Berichterstatter sagt, eine Tatsachenbehauptung sei dann ,entstellt, wenn sie nur eine Teilwahrheit enthalte und insgesamt nicht unerheblich von der Wahrheit abweiche. Nun, was nicht unerheblich — d. h. also erheblich — von der Wahrheit abweicht, das ist ,doch unwahr. Ich kann mir das nicht ianders vorstellen. Es hat schon einmal einer die Frage gestellt: was ist Wahrheit? Und wir sollten diese Frage klar beantworten und auch den Richter veranlassen, sie klar zu beantworten.
Eine gröbliche Entstellung kann sich mir eigentlich nur auf dem Gebiete ,der bildenden Kunst vorstellen. Der Prototyp der !gröblichen Entstellung ist wohl die Karikatur; sie ist wirklich nicht unwahr, aber gröblich entstellt. Wenn es ein solches Gesetz vor dem ersten Weltkrieg gegeben hätte, wäre der !damalige „Simplicissimus" mit seinen häufigen Angriffen gegen Auswüchse des Militarismus nicht sehr gut gefahren.
Nun das andere, die subjektiven Momente. Es steht jetzt in dem Tatbestand: „wider besseres Wissen". Das ist erfreulich; damit wird der bedingte Vorsatz ausgeschlossen. Aber es steht eben auch drin, daß das „zum Zwecke der Verbreitung" getan werden und Behinderungsabsicht vorliegen muß. Das sind alles subjektive Momente, deren Vorhandensein vom Richter sehr schwer festzustellen ist. Normalerweise ist es ja so: der Richter kann die subjektive Seite einer Tat entweder aus einem Geständnis oder aus Indizien feststellen. Die Indizien kann er leicht gewinnen,wenn es sich um einen klaren Tatbestand handelt. Wer einem andern ,die Geldtasche laus ,der Jacke nimmt, wird sich schwerlich darauf herausreden können, er habe dabei nicht den Vorsatz gehabt, sie zu entwenden, sondern habe sie nur ansehen wollen. Und wer einen anderen mit einer Verbalinjurie beleidigt, wird auch nicht sagen können, er habe das nicht vorsätzlich getan. Aber hier, wo es sich um Behauptungen von gröblich entstellten Tatsachen handelt, ist es immer sehr schwer festzustellen, ob einer das wirklich zum Zwecke der Verbreitung und in der Absicht getan hat, die Bundeswehr zu behindern. Das birgt eben die Gefahr in sich, daß man, wenn sich in der Rechtsprechung eine entsprechende Tendenz einstellt, mit der Zeit die Feststellung der subjektiven Tatbestandsmerkmiale zu leicht nimmt.
Schließlich noch eins. Die Strafandrohung dieser Bestimmung ist Gefängnis, also bis zu fünf Jahren. Dieses hohe Strafmaß im Zusammenhang mit den tatbestandsmäßigen Schwierigkeiten wird für die Presse bereits Anlaß sein, sich möglichst jeder kritiischen Berichterstattung über militärische Dinge oder überhaupt über politische Dinge zu enthalten und sich lieber auf das Gebiet der Sensation zu begeben und Boulevardpresse zu werden.
Sie sagen zwar, Herr Kollege Haasler, nur die Behauptung wider besseres Wissen, die Lüge, solle bestraft werden. Aber welcher Journalist, der eine etwas diffizile Formulierung gebraucht, weiß im voraus, wie der Prozeß, der ihm nachher gemacht wird, ausgeht? Und es ist nicht Sache unserer Journalisten, Prozesse zu führen. Das liebt man bei der Presse nicht, mit Recht nicht. So wird es eben zu einer gewissen Überbesorgtheit kommen, und damit wird schließlich die Pressefreiheit beeinträchtigt. Das ist für meine politischen Freunde und mich neben den rechtspolitischen Bedenken, die Herr Kollege Wittrock zu Recht vorgetragen hat, das Hauptbedenken.
Wir sind uns freilich darüber klar, daß die Staatssicherheit vielleicht einmal eine solche Bestimmung erfordern kann. Ich könnte mir vorstellen, daß es eine Zeit gibt, wo man diesen Paragraphen, wie er dasteht — ,aber auch dann wohl Immer noch ohne das „gröblich entstellt" — wirklich braucht, wenn sich solche „Dunkelmänner" hier auszutoben anfangen. Wenn man dafür Anhaltspunkte hat, soll man das rechtzeitig tun;
aber solche Anhaltspunkte halben wir heute noch nicht. Heute besteht meiner Auffassung nach eher die Gefahr der Beeinträchtigung der Pressefreiheit, als ,daß man sagen könnte, die Sicherheit des Staates oder der Bundeswehr sei in Gefahr, in solcher Weise bedroht zu werden.
Wir lehnen deshalb !diesen Paragraphen auch in der jetzigen Fassung ab und stimmen dem Streichungsantrag der SPD zu.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Haasler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Anbetracht der noch recht langen Tagesordnung der heutigen Sitzung möchte ich versuchen, die Sache recht kurz zu machen, obwohl das Problem durchaus eine eingehende Behandlung verdiente.
Zu dem Beispiel, das der Herr Kollege Wittrock gebildet hat, muß ich sagen: hier handelt es sich allerdings um den typischen Fall einer Meinungsäußerung, der vom Gesetz in gar keiner Weise gemeint ist. Eine Meinungsäußerung kann man nicht unter den Begriff einer Tatsachenbehauptung bringen, noch kann man an eine Meinungsäußerung den Maßstab „wahr oder unwahr" legen.
— Verzeihung, Herr Kollege, die Meinungsäußerung gehört nach ständiger Rechtsprechung absolut einwandfrei nicht zu den Tatsachenbehauptungen, und nur Tatsachenbehauptungen sollen hier getroffen werden. Es ist zuzugeben, daß ab und an mal die Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung ein wenig umstritten war. Aber unsere hohen Gerichte haben dazu Maßstäbe entwickelt, die ganz zweifellos auch hier angewandt werden dürften. Diese Maßstäbe reichen für eine genügend deutliche Abgrenzung der allgemeinen Kritik und der Meinungsäußerung von eben der Tatsachenbehauptung aus.
Erst dann, Herr Kollege Wittrock, würde Ihr Beispiel unter dem Gesichtspunkt des § 109 d relevant werden, wenn der Täter nicht nur behauptet, in der Bundeswehr finde eine Vorbereitung für eine besonders verwerfliche Art der Kriegführung statt, sondern wenn er noch hinzusetzte, das geschehe, indem man irgendwelche Leute dort quäle und martere, und daß dies Leute seien, die sich nicht für Versuche zur Verfügung stellten, sondern Wehrpflichtige würden gezwungen, eine unmenschliche Behandlung über sich ergehen zu lassen. Wenn das aber behauptet wird und das nicht wahr ist, dann habe ich keine Bedenken, diesen Mann zu bestrafen. Denn das hat
dann mit Melinungsäußerung und Kritik nichts mehr zu tun. Das hat dann nur damit zu tun, daß man Dinge konstruiert, die es nicht gibt, allein zu dem Zweck, um unsere jungen Männer zu veranlassen, nicht zur Wehrmacht zu gehen oder sich ihrer Pflicht zur Landesverteidigung zu entziehen.
Herr Kollege Bucher hat eingewandt, seine politischen Freunde hätten sich irgendwie mit dem Gedanken vertraut machen können, einer ähnlichen Schutzbestimmung zuzustimmen; der Schutz sei aber auch in der vorgelegten Fassung noch zu weit. Dem muß ich entgegenhalten, Herr Kollege Bucher: das, was Sie hier gegen die Bestimmung einwandten, ging an der Sache leider vorbei. Sie sagten insbesondere, wenn der Begriff der gröblichen Entstellung herausgenommen würde, dann hätte sich noch eher über den § 109 d reden lassen. Ich muß Ihnen sagen, daß „gröbliche Entstellung" den Anwendungsbereich des § 109 d nicht etwa ausweiten, sondern entscheidend einengen wird. Wir müssen nämlich von dem Stand unserer Rechtsprechung ausgehen, die zutreffend sagt: Da, wo jemand in eine Lüge ein Körnchen Wahrheit tut, bleibt es trotzdem eine Lüge — das kann sogar eine sehr gefährliche Lüge sein —, und da, wo mit einer Behauptung nur eine Teilwahrheit ausgesprochen wird, wird das Ganze damit noch nicht zur Wahrheit. Wir wollen aber durch den vorgelegten Gesetzestext sogar diejenigen schützen, die nur etwas übertreiben. Wer nicht gröblich von der Wahrheit abgeht, den wollte man bei dieser Bestimmung aussparen.
Ich möchte abschließend sagen: Wir sind bei der Einengung der Bestimmung des § 109 d — und all die Tatbestandsmerkmale, die hier drinstehen, sind einengend — bis an die Grenze desjenigen gegangen, was staatspolitisch vertreten werden kann.
Dr. Gille!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man den Vorschlag des Regierungsentwurfs mit der jetzigen Fassung des Ausschusses vergleicht, so kann man doch füglich nicht bestreiten, daß sich der Ausschuß die allererdenklichste Mühe gegeben hat, den Bedenken, die von allen Seiten vorgebracht worden sind, zu entsprechen und so viele Sicherungsklauseln einzubauen, wie überhaupt möglich ist. Herr Kollege Wittrock, ich war etwas überrascht, daß Sie gegen den Einbau des neuen Tatbestandsmerkmals, daß die unwahre Behauptung geeignet sein muß — das ist ja eine weitere Sicherung, die wir da eingebaut haben —, so besonders akzentuiert vorgingen. Im ersten Entwurf war der Begriff: „geeignet ... , die Tätigkeit der Bundeswehr zu stören" ja nicht enthalten, es hätte also nicht jede Behauptung daraufhin geprüft werden müssen, ob gerade sie besonders gegeinet sei, die Tätigkeit der Bundeswehr zu stören. Diese weitere Einschränkung und Einengung hat doch der Ausschuß eingefügt.
— Nein; aber in Ihren Darlegungen legten Sie
etwas viel Akzent darauf und meinten, gerade die
Eignung sei sehr schwer festzustellen. Ich möchte meinen, daß diese Feststellung durch den Richter, auch ohne daß er Sachverständige hinzuzuziehen braucht, wahrscheinlich verhältnismäßig leicht zu treffen sein wird. Die rechtspolitischen Bedenken, die Sie haben und die wir auch sehr weitgehend erwogen haben, liegen nach meiner Auffassung nach wie vor darin, daß man den Begriff der Absicht in die Bestimmung eingebaut hat und danach unterscheidet: Wenn du in böser Absicht gelogen hast, wirst du bestraft; wenn du nicht in böser Absicht gelogen hast, kommst du frei. Das ist rechtspolitisch nach wie vor ein sehr neuralgischer Punkt, etwas, was irgendwie nicht hineinpaßt.
Wenn Herr Kollege Bucher meinte, die Bestimmung habe nach der jetzigen Fassung wirklich noch etwas mit der Beeinträchtigung der Pressefreiheit zu tun, so möchte ich allerdings ganz deutlich sagen: Wo die bewußte Lüge beginnt, da hört für mich längst der Begriff der Pressefreiheit auf; da kann es sich nur noch um einen Mißbrauch der Pressefreiheit handeln.
Gegenüber einer bewußten Lüge sollten wir uns eigentlich scheuen, von einer Beeinträchtigung der Pressefreiheit zu reden.
Meine Damen und Herren, meinen politischen Freunden scheint der Akzent doch auf der Frage zu liegen: Sehen wir eine Notwendigkeit ein, gegnüber bewußten Lügen, die störend wirken können in der sehr schweren und schwierigen Aufgabe des Aufbaues einer Wehrmacht, heute als 1 Strafgesetzgeber bereits etwas zu tun? Wir haben diese Frage sorgfältig geprüft und sind zu der Überzeugung gekommen, das sollte man nicht unterlassen, sollte nicht etwa warten, bis größere Dinge sich entwickelt haben, sondern sollte versuchen, jede Regung, mit bewußten Lügen störend bei der Erfüllung einer außerordentlich wichtigen staatspolitischen Aufgabe zu wirken, im Keime zu ersticken und mit dem Mittel des Strafrechts einzugreifen.
Meine Fraktion hat sich deshalb entschlossen, dieser Bestimmung zuzustimmen.
Keine weiteren Wortmeldungen; Abstimmung! Wer dem Änderungsantrag Umdruck 1030*) Ziffer 1 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! —
— Herr Abgeordneter, ich wiederhole: Wer dem Änderungsantrag Umdruck 1030 Ziffer 1 — Änderungsantrag der Fraktion der SPD — zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das letztere ist die Mehrheit; abgelehnt.
§ 109 d in der Ausschußfassung. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; der § 109 d ist in der Ausschußfassung angenommen.
*) Siehe Anlage 3.
§§ 109 e, f, g, h, i. Dazu liegen keine Änderungsanträge vor. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Dann kommt die Nr. 2. § 141 wird gestrichen.
Nr. 3, § 91. Hierzu liegt ein Änderungsantrag, Umdruck 1030*) Ziffer 2, vor. Herr Abgeordneter Metzger zur Begründung.
Meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen für Ihre freundliche Begrüßung, möchte jedoch nicht verfehlen, darauf hinzuweisen, daß die Person des amtierenden Präsidenten zum Gegenstand weder von Mißfallensnoch von Beifallsäußerungen gemacht werden sollte.
Aber mein Dank ist trotz dieses Hinweises sehr herzlich.
Herr Abgeordneter Metzger!
Herr Präsident! Vielleicht darf ich dann im Namen des Hauses noch einmal der herzlichen Freude darüber Ausdruck geben, daß Herr Kollege Carlo Schmid nach seiner Erkrankung heute zum erstenmal die Möglichkeit hat, hier wieder als Präsident zu amtieren.
Sie haben dem Redner Beifall gespendet und nicht mir. Deswegen brauche ich nichts zu rügen.
Meine Damen und Herren! Wir haben zu § 91 Abs. 1 einen Änderungsantrag eingebracht. Im Entwurf heißt es:
Wer auf Angehörige einer Behörde, der Bundeswehr oder eines a n d e r en öffentlichen Sicherheitsorgans in der Absicht einwirkt .. .
Wir beantragen, daß das Wort „anderen" gestrichen wird, weil man unter einem öffentlichen Sicherheitsorgan im Sinne dieser Vorschrift ein Organ versteht, das der inneren Sicherheit dient. Wenn das Wort „anderen" aufgenommen wird, besteht die Gefahr, daß man die Bestimmung so auslegt, daß auch die Bundeswehr ein Organ der inneren Sicherheit sei. Wir sind uns wohl alle darüber einig, daß die Bundeswehr das nicht ist. Damit dieses Mißverständnis ausgeräumt wird, beantragen wir die Streichung des Wortes „anderen".
Das Wort hat der Abgeordnete Hoogen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Metzger, wir hatten zwar diese Bedenken nie und haben sie auch heute nicht. Um aber alle Mißverständnisse auszuschließen, stimmen wir Ihrem Antrag zu.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
*) Siehe Anlage 3.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 1030*) Ziffer 2. Wer diesem Antrag zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir stimmen nunmehr ab über die Nr. 3 von Art. 1, Art. 2, Art. 3 und Art. 4 Nrn. 2 und 3. Wer diesen Bestimmungen, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen, zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe nunmehr Nr. 4 des Art. 4 auf. Hier ist ein Änderungsantrag angekündigt, den Sie auf Umdruck 1033**) unter Ziffer 1 finden. Wer begründet diesen Änderungsantrag?
— Ohne Begründung. Wird das Wort dagegen gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will — ich wiederhole: es handelt sich um den Umdruck 1033 Ziffer 1 —, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir stimmen nunmehr ab über die soeben aufgerufene Nr. 4, Art. 4 a, Art. 5 und Art. 6.
— Zu allen diesen Bestimmungen?
— Ab 153 c.
Ich rufe also nunmehr § 153 c in der geänderten Form auf. Wer für die Annahme ist, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
— Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Wer nunmehr Art. 4 annehmen will, der möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Art. 4 a! Wer zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmige Annahme.
Art. 5! Wer diesem Artikel zustimmen will, möge das Handzeichen geben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle auch hier einstimmige Annahme fest.
Art. 6! Wer Art. 6 zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
— Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Art. 7! Wer dieser Bestimmung zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Zu Art. 7 a ist ein Änderungsantrag angekündigt. Sie finden ihn auf Umdruck 1033**) Ziffer 2.
— Keine Begründung. Wird das Wort dagegen gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
*) Siehe Anlage 3. **) Siehe Anlage 4.
Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Art. 7 a in der geänderten Fassung! Wer dieser Bestimmung zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Reihe von Enthaltungen angenommen.
Artikel 8, — 9, — 10, — 11, — Einleitung und Überschrift.
— Dann nur bis Art. 10. Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, möge das Handzeichen geben.
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Art. 11! Wer Art. 11 zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen?
— Gegen zahlreiche Gegenstimmen angenommen.
Einleitung und Überschrift! Ich bitte um das Handzeichen. — Gegenprobe! -- Enthaltungen? — Gegen zahlreiche Gegenstimmen angenommen.
Damit ist die zweite Lesung beendet. Wir treten nunmehr in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird
das Wort zur allgemeinen Aussprache gewünscht?
— Herr Abgeordneter Wittrock.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion bedauert die Entscheidung des Hauses zu § 109 d. Ich habe vorhin ausgeführt, daß es sich bei diesem § 109 d um eine Norm politischen Charakters handelt. Ich benutze die Gelegenheit, die Forderung anzumelden, daß der nächste Bundestag eine Überprüfung und Revision derartiger Vorschriften vornimmt, insbesondere der Vorschriften des Ersten Strafrechtsänderungsgesetzes. Es handelt sich hier um eine gesetzgeberische Aufgabe ersten Ranges. Der Respekt des Parlaments vor den Organen der richterlichen Gewalt gebietet, dieses Rechtgebiet heute schon für die Arbeitsliste des nächsten Bundestages vorzumerken. Ich darf das namens der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion hiermit in aller Form zum Ausdruck bringen.
Ein Beispiel für die Reformbedürftigkeit des sogenannten politischen Strafrechts bietet auch der in der Amnestiedebatte behandelte § 90 a des Strafgesetzbuches. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat sich mit der Frage befaßt, ob sie heute zu diesem § 90 a des Strafgesetzbuchs einen Änderungsantrag stellen sollte. Wir haben davon Abstand genommen, weil es in der gegenwärtigen Lage aussichtslos ist, dieses Problem gesetzgeberisch zu lösen. Wir haben aber mit Befriedigung festgestellt, daß die Reformbedürftigkeit einer derartigen Bestimmung — wenigstens nach unseren Eindrücken — offenbar auch von den Herren der Bundesregierung anerkannt wird. Wir glauben also, daß alle Voraussetzungen dafür bestehen, daß der nächste Bundestag diese gesetzgeberische Aufgabe in Angriff nimmt.
Ich darf auf einen zweiten Punkt hinweisen, der uns zur Ergänzung der Merkliste für die künftige parlamentarische Arbeit wesentlich erscheint. Der vorliegende Entwurf enthält Bestimmungen über die Aberkennung von Mandaten für Parlamente. Bereits im Rechtsausschuß sind von Sprechern der sozialdemokratischen Fraktion Bedenken geäußert worden, ob es einer verfassungsmäßigen Überprüfung standhalten kann, daß in der Weise, wie das der Fntwurf und übrigens auch das herkömmliche Strafrecht vorsehen, Mandate, also etwa das Mandat zum Deutschen Bundestag oder für andere Parlamente, dann, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, durch Richterspruch aberkannt werden können. Von Sprechern der sozialdemokratischen Fraktion ist bereits zum Ausdruck gebracht worden, daß hier die verfassungsmäßig garantierte Souveränität der Parlamente, über den Fortbestand der Mandate ihrer Mitglieder zu befinden, beeinträchtigt ist.
Wir haben uns während der Beratungen davon überzeugen lassen, daß es nicht möglich ist, das verfassungsrechtliche Problem, das ich hier angedeutet habe, im Zusammenhang mit den Beratungen dieses Gesetzentwurfs auch nur in etwa zu lösen. Wir halten uns aber für verpflichtet, bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, daß gerade dieses Problem der Prüfung und der Lösung bedarf.
Die Kritik an dem § 109 d — um darauf zurückzukommen — ist nicht zuletzt der Ausdruck des Willens, auf dem im Jahre 1951 beschrittenen Weg nicht weiterzugehen. Diese Erwägung ist einer der Gründe, die zur Ablehnung dieses Gesetzentwurfs durch die sozialdemokratische Bundestagsfraktion führen.
Aber es kommen weitere Gründe hinzu. Dieses Gesetz ist in einem wesentlichen Teil seiner Vorschrift en auch ein Wehrpflichtsicherungsgesetz. Das geht auch aus dem Schriftlichen Bericht des Berichterstatters, des Herrn Kollegen Haasler, klar und eindeutig hervor. Die allgemeine Wehrpflicht soll also durch dieses Gesetz strafrechtlich gesichert werden. Sie wissen alle, daß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion die allgemeine Wehrpflicht abgelehnt hat und auch heute noch ablehnt. Die Gründe, die zu dieser Ablehnung geführt haben, treffen heute mehr als je zuvor zu. Gerade in den letzten Wochen und Monaten sind weitere Gründe zu den Gründen, die damals zur Ablehnung des Wehrpflichtgesetzes durch die sozialdemokratische Fraktion geführt haben, hinzugekommen. Die sozialdemokratische Fraktion kann wegen ihrer Ablehnung der allgemeinen Wehrpflicht einem Gesetz, das der strafrechtlichen Sicherung der allgemeinen Wehrpflicht dient, nicht ihre Zustimmung geben; sie wird deshalb den vorliegen den Entwurf ablehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten anerkennt voll und ganz — wie ich schon ausgeführt habe —, daß der Entwurf, wie er uns jetzt in der Fassung des Ausschusses vorliegt, erhebliche Verbesserungen gegenüber der Regierungsvorlage enthält. Wir bedauern aber gleichzeitig, daß der § 109 d. des Entwurfs stehengeblieben ist. Aus den schwerwiegenden Bedenken, die wir nach wie vor
gegen diesen Paragraphen haben und die ich Ihnen in zweiter Lesung vorzutragen die Ehre hatte, sehen wir uns deshalb leider nicht imstande, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Wir werden ihn daher im ganzen ablehnen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache.
Änderungsanträge in dritter Beratung werden nicht gestellt. Wir kommen zur Schlußabstimmung über den Gesetzentwurf im ganzen. Wer dem Gesetz zustimmen will, der möge sich erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das erste war -die Mehrheit; der Gesetzentwurf ist gegen zahlreiche Stimmen angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
eines Gesetzes über Erfindungen von Arbeitnehmern und Beamten ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht (Drucksachen 3327, zu 3327*) ). (Erste Beratung: 103. Sitzung).
Änderungsanträge liegen nicht vor. Darf ich mir — nur zu meiner Information — die Frage erlauben, ob die Fraktionen das Wort wollen? — Dann erteile ich der Berichterstatterin, der Abgeordneten Frau Dr. Jochmus, das Wort.
— Sie verzichten. Das Haus nimmt dies zur Kenntnis.
Ich rufe §§ 1 bis 49, — Einleitung und Überschrift auf. — Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Ich rufe zur
dritten Beratung
auf. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Wagner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf eines Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen, wie ihn der 17. Ausschuß Ihnen mit Zustimmung des Ausschusses für Arbeit und des Ausschusses für Beamtenrecht vorlegt, stellt einen bedeutenden und erfreulichen Fortschritt gegenüber dem bisherigen Rechtszustand dar. Meine Fraktion wird deshalb diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Meine Fraktion hätte zwar in dem und jenem Punkte durchaus den Wunsch gehabt, auch heute noch Änderungsanträge einzubringen; sie hat aber davon abgesehen, weil sie nicht verantworten wollte, daß dieses Gesetz auch im 2. Deutschen Bundestag unter Umständen nicht mehr verabschiedet werden kann. Wir werden in der Praxis
*) Siehe Anlage 5. sehen, wie sich das Gesetz auswirkt, ob jene Wünsche, die nicht erfüllt worden sind, so dringlich sind, daß wir im neuen Bundestag entsprechende Änderungsanträge stellen werden. Für heute stimmen wir dem Gesetzentwurf zu.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann kommen wir zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen will, der möge sich von seinem Sitz erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Punkt 3 der Tagesordnung soll zurückgestellt werden, bis der Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung vorliegt.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die drei Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz, über die Regelung der Forderungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft gegen das ehemalige Deutsche Reich und zum deutschen Lastenausgleich ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksache 3402).
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Seuffert. — Auf Berichterstattung wird allseits verzichtet.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf Art. 1, — Art. 2, — Art. 3, — Art. 4, — Einleitung und Überschrift. — Wer diesen Bestimmungen sowie Einleitung und Überschrift zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Dritte Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf im ganzen zustimmen will, der möge sich von seinem Sitz erheben. — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit ist Punkt 4 der Tagesordnung erledigt.
Wir kommen zu Punkt 5 der Tagesordnung:
Zweite Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vermögensteuergesetzes ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen Drucksache 3403).
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schlick als Berichterstatter.
Ist das Haus damit einverstanden, daß auf die mündliche Erstattung des Berichts verzichtet wird?
— Das ist der Fall.
Ich rufe Art. 1 auf. — Das Wort hat Herr Abgeordneter Miessner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Antrag liegt der Gedanke zugrunde, der von meinem Fraktionskollegen Dr. Atzenroth schon seit Jahren vertreten wurde, daß die öffentliche Hand, wenn sie sich schon wirtschaftlich betätigt, dabei keine steuerlichen Vorteile gegenüber den privatwirtschaftlichen Betrieben haben sollte. Wir haben nun aber in den Beratungen des Ausschusses erkannt, daß die Voraussetzungen zur Verabschiedung eines Gesetzes heute wohl noch nicht ganz gegeben sind, weil es in der Tat schwer ist, hier die steuertechnisch richtige Abgrenzung zu finden. Wir sind daher damit einverstanden, ,daß die Angelegenheit durch die vom Ausschuß angenommene Entschließung erledigt wird. Nach Vorliegen des Materials, das durch die Entschließung von der Bundesregierung angefordert wird, wird man dann allerdings so bald wie mäglich zu einer Regelung im Sinne des FDP-Antrages kommen müssen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung muß ich trotzdem abstimmen lassen. Wenn Sie die einzelnen Artikel ablehnen, Ist der Entwurf abgelehnt.
Wir stimmen ab über Art. 1, — 2, — 3, — Einleitung und Überschrift. — Wer diese Bestimmungen annehmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Mit großer Mehrheitabgelehnt.
Damit ist der Entwurf zur Änderung des Vermögensteuergesetzes abgelehnt.
Der Ausschuß schlägteine Entschließung vor; sie ist aus Drucksache 3403 Ziffer 2 des Ausschußantrags zu ersehen. Wer dieser Entschließung zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmigangenommen.
Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zum Übereinkommen Nr. 102 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 28. Juni 1952 über die Mindestnormen der Sozialen Sicherheit .
Wird der Entwurf von der Regierung begründet? — Es wird auf mündliche Begründung sowie auf die allgemeine Aussprache verzichtet.
Wir stimmen ab über den Ausschuß, an den die Vorlage überwiesen werden soll. Ich schlage Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik vor. Weitere Anträge werden nicht gestellt. — Das Haus ist einverstanden; die Vorlage ist an den Ausschuß für Sozialpolitik überwiesen.
Punkt 7 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Kopf, Hilbert, Dr. Brühler, Dr. Böhm , Lulay und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Neu-
gliederung des Gebietsteiles Baden des Bundeslandes Baden-Württemberg nach Artikel 29 Absatz 3 'des Grundgesetzes .
Auch hier scheint auf mündliche Begründung verzichtet zu werden. — Das Haus verzichtet wohl auf eine allgemeine Aussprache.
Wir stimmen ab über die Überweisung. Es ist wohl am vernünftigsten, die Vorlage an den Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltang — federführend — und an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zu überweisen. Ist das Haus einverstanden? — Es ist so beschlossen.
Punkt 8 der Tagesordnung:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verordnung über die steuerliche Begünstigung von Wasserkraftwerken .
Auch hier wird auf mündliche Begründung des Gesetzentwurfs offenbar verzichtet. Wünscht jemand das Wort zur allgemeinen Aussprache? — Dias scheint nicht der Fall zu sein.
Dann stimmen wir ab über die Überweisung. Ich schlage vor: Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen. Ist Idas Haus 'einverstanden? — Dann ist so beschlossen.
Punkt 9 der Tagesordnung:
Zweite Beratung des von den Abgeordneten Frau Dr. Schwarzhaupt, Rümmele und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Verkehrsrechts ;
Mündlicher Bericht ,des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Drucksache 3377).
Dieser Entwurf soll, wie im Ältestenrat mitgeteilt worden ist, an die Ausschüsse, die ihn bisher behandelt haben, zurückverwiesen werden.
— Das Wort hat Frau Dr. Schwarzhaupt.
Es liegt ein Änderungsantrag vor, von dem ich allerdings nicht weiß, ob er schon verteilt ist.
Ich habe ihn nicht.
Ich habe ihn bei der Geschäftsstelle eingereicht. Wir müßten diesen Punkt so lange zurückstellen, bis der Antrag vorliegt.
Dann wird dieser Punkt zurückgestellt. — Es bleibt also nicht bei dem ursprünglichen Vorschlag der Zurückverweisung?
Nein. Es ist ein Änderungsantrag zu unserem Initiativantrag vorbereitet. Ich bitte, die Sache um eine halbe Stunde zurückzustellen, bis der Änderungsantrag verteilt ist.
Punkt 9 wird zurückgestellt, bis der Änderungsantrag verteilt ist.
Ich rufe auf Punkt 10:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betreffend Zustimmung des Deutschen Bundestages zur Veräußerung des ehemaligen Kasernengrundstücks in Detmold, Richthofenstraße, an das Land Nordrhein-Westfalen .
Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung über die Überweisung dieses Antrags. Ich schlage vor, ihn an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus einverstanden? — Kein Widerspruch; dann ist so beschlossen.
Wir kehren zu Punkt 9 zurück.
— Herr Abgeordneter Rasner!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, der Verabredung im Ältestenrat entsprechend zu verfahren und den Punkt 9 der Tagesordnung, wie vorgesehen, sofort an die Ausschüsse, die damit beschäftigt waren, zurückzuverweisen.
Ich bedaure. Wenn ein Änderungsantrag in zweiter Lesung gestellt ist — er kann von jedem einzelnen Mitglied des Hauses gestellt werden —, so muß er beschieden werden. Der Antrag ist eingegangen, er ist aber noch nicht verteilt. Er ist also hier anhängig. Wir müssen über diesen Antrag entscheiden.
Ich rufe auf Punkt 11 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über die Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht betreffend Aussetzungsbeschluß der Bundesdisziplinarkammer IV München vom 27. Oktober 1955 wegen Vereinbarkeit des § 1 Nr. 2 und des § 3 des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Dienststrafrechts vom 5. August 1955 (Bundesgesetzbl. I S. 497) mit dem Grundgesetz (Drucksache 3393).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Wittrock. Wird auf mündliche Berichterstattung verzichtet?
Wünscht jemand das Wort zu dieser Angelegenheit? — Das ist nicht der Fall.
Sie kennen den Antrag des Ausschusses; er liegt Ihnen in Drucksache 3393 vor. Wer diesem Antrag zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Dieser Punkt der Tagesordnung ist erledigt.
Ich rufe auf § 12 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über die Streitsache vor
dem Bundesverfassungsgericht betreffend Aussetzungsbeschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Juli 1956 wegen Vereinbarkeit des § 2 des Übergangsgesetzes über Preisbildung und Preisüberwachung vom 10. April 1948 (WiGBl. S. 27) in der Fassung des Gesetzes zur weiteren Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes vom 29. März 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 223) mit dem Grundgesetz (Drucksache 3394).
— Auch hier wird aufs Wort verzichtet.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses Drucksache 3394. Wer zustimmen will, der möge die Hand erheben. — Gegenprobe!
— Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Der Punkt ist erledigt.
Ich rufe auf Punkt 13 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über die Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht betreffend Aussetzungsbeschluß des Bayer. Verwaltungsgerichts München vom 30. November 1954 wegen der Frage, ob 1. die Zivilprozeßordnung vom 30. Januar 1877 (Reichsgesetzbl. S. 83) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. September 1950 (Bundesgesetzbl. S. 533) ein grundgesetzmäßig zustande gekommenes Gesetz ist, 2. § 157 Abs. 3 ZPO mit dem Grundgesetz vereinbar ist (Drucksache 3412).
— Auch hier wird nicht das Wort gewünscht. Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache 3412 zustimmen will, der möge ,die Hand erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe auf Punkt 14 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts (Drucksachen 112, 178, 224);
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Drucksachen 3409, zu 3409).
I. Generalbericht des Abgeordneten Dr. Weber
II. Auswirkung der Gleichberechtigung auf den Güterstand
Berichterstatter: Abgeordneter Seidl
III. Auswirkung der Gleichberechtigung auf das Verhältnis der Ehegatten zueinander
Berichterstatter: Abgeordneter Wittrock
IV. Auswirkung der Gleichberechtigung auf das Verhältnis der Eltern zu den Kindern
Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Dr. Schwarzhaupt
V. Prozessuale Vorschriften
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wahl
Es liegen unseren Beratungen zugrunde die Anträge des Ausschusses auf Drucksache 3409.
Wir haben eine Reihe von Berichterstattungen entgegenzunehmen. Ich erteile zunächst das Wort dem Abgeordneten Dr. Weber als Generalberichterstatter.
Dr. Weber (CDU/CSU), Generalberichterstatter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe zunächst als Generalberichterstatter im Auftrage des Rechtsausschusses eine Ergänzung zu den vorliegenden Berichten zu geben. Es muß richtig heißen: „Erster Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht" zu den einzelnen angezogenen Drucksachen 112, 178 und 224. Der Ihnen vorliegende Bericht behandelt abschließend die Drucksachen 178 und 224, beides Entwürfe von Gesetzen zur Anpassung des Familienrechts an Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes.
Dagegen behandelt die Drucksache 112 der FDP
— Entwurf eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts und über die Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete des Familienrechts —, wie schon die Überschrift ausweist, eine weitere Materie, eben die Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete des Familienrechts.
Dieses Gebiet ist im Ausschuß noch nicht behandelt worden und muß insoweit im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht anhängig bleiben. Es schien uns aber nicht vertretbar, die Verabschiedung des bereits beratenen, schon längst fälligen Gesetzentwurfs zur Anpassung des Rechts an den Grundsatz der Gleichberechtigung weiter aufzuschieben. Schon seit dem 1. April 1953 sind ja die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, die mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung in Widerspruch stehen, außer Kraft getreten, ohne daß der Gesetzgeber die ihm obliegende Aufgabe bis zu diesem Termin hätte erfüllen können, ein neues Gesetz zu schaffen, in dem der Grundsatz der Gleichberechtigung verwirklicht ist. Deshalb muß
— das muß ich betonen — der Antrag Drucksache 112 insoweit, als er die Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete des Familienrechts behandelt, im Ausschuß anhängig bleiben. Ob der Rechtsausschuß noch dazu kommen wird, diese weitere Arbeit in Angriff zu nehmen, oder ob er sich vielleicht darauf beschränken muß, einzelne Bestimmungen dieses restlichen Entwurfs zu behandeln, steht noch dahin; darüber läßt sich heute noch nichts Abschließendes sagen.
Im übrigen darf ich, soweit die Generalberichterstattung in Frage kommt, auf den vorliegenden Schriftlichen Bericht*) verweisen. Ich möchte annehmen, daß auch die anderen Berichterstatter angesichts der Tatsache, daß die Schriftlichen Berichte rechtzeitig vorlagen und allen Mitgliedern des Hauses zugingen, auf eine Einzelberichterstattung verzichten werden. Soweit es notwendig wird, werden die Berichterstatter bei der Erörterung einzelner Bestimmungen das Wort ergreifen.
Ich habe aber die Pflicht, allen Mitgliedern des Unterausschusses Familienrecht, die in den vergangenen Jahren in hingebender und aufopfernder Arbeit — sie waren ja noch alle nebenher ordentliche Mitglieder des Rechtsausschusses — daran mitgearbeitet haben, daß wir heute die Säumnis des Gesetzgebers nachholen können, daß wir den Verzug, in dem wir seit dem 1. April 1953 sind, beseitigen können, den herzlichsten Dank für ihre verständnisvolle und, wie ich bereits im Bericht hervorgehoben habe, in harmonischer Atmosphäre
*) Siehe Anlage 7. verlaufene Mitarbeit auszusprechen. Ich danke insbesondere auch den Herren des Ministeriums, die uns außerordentlich wertvolle Hilfe bei den Arbeiten geleistet und uns immer und immer wieder Formulierungsvorschläge vorgelegt haben, die den von Mitgliedern des Ausschusses vorgetragenen Wünschen entsprachen.
Mein Dank gilt auch den Herren Sachverständigen, die sich uns mehrere Male zur Verfügung gestellt haben, um uns bei besonders schwierigen Fragen ihre Hilfe zu leihen.
Wir hoffen, daß dieses bedeutungsvolle Gesetzeswerk dazu beitragen wird, eine der Grundlagen oder vielleicht d i e Grundlage des Staates, Ehe und Familie, zu festigen, und daß es sich insofern für unser Volk segensreich auswirken wird.
Wir fahren in der Berichterstattung fort. Das Wort zum Bericht über die Auswirkung der Gleichberechtigung auf den Güterstand hat der Abgeordnete Seidl als Berichterstatter.
— Das Haus verzichtet auf mündliche Berichterstattung.
Dann erteile ich das Wort zur mündlichen Berichterstattung über die Auswirkung der Gleichberechtigung auf das Verhältnis der Ehegatten zueinander dem Abgeordneten Wittrock. — Wird auch hier verzichtet?
Das Haus ist heute sehr verzichtbereit.
Dann erteile ich das Wort zum Bericht über die Auswirkung der Gleichberechtigung auf das Verhältnis der Eltern zu den Kindern der Abgeordneten Frau Dr. Schwarzhaupt. — Wird auch hier verzichtet?
— Ich frage; es ist meine Pflicht, zu fragen. Die Frau Berichterstatterin scheint auch nicht im Saal zu sein. Es wäre doppelt unhöflich, wenn wir in diesem Falle in Abwesenheit der Berichterstatterin und der Berichterstatter auf ihre Berichterstattung verzichteten. Ich muß sie doch fragen.
Es ist gestern so im Ausschuß verabredet worden. Wir nahmen allerdings an, daß dieser Punkt erst gegen Abend behandelt würde. Darum wollten wir zur Erleichterung der Arbeit auf die Berichte verzichten.
Manchmal gehen die Beratungen des Hauses schneller als erwartet.
Dann erteile ich das Wort zu dem Bericht über die prozessualen Vorschriften dem Herrn Abgeordneten Dr. Wahl. Herr Kollege Wahl, verzichten Sie auf die mündliche Erstattung Ihres Berichtes? Das Haus scheint darauf verzichten zu wollen.
— Sie verzichten auch.
Frau Abgeordnete Dr. Schwarzhaupt, ich habe Sie als Berichterstatterin zu IV aufgerufen. — Sie verzichten auf mündliche Berichterstattung. Das Haus verzichtet auch. Dann können wir in die zweite Beratung eintreten.
Herr Abgeordneter Dr. Weber!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war nicht vorauszusehen, daß der Punkt 14 der Tagesordnung bereits zu dieser Stunde behandelt wird. Ich höre, daß nicht weniger als vier Ausschüsse tagen. Dieses außerordentlich wichtige Gesetz, das fast ein ganzes Buch des BGB ändert, kann unmöglich bei dieser Besetzung des Hauses behandelt und beschlossen werden.
Es ist deshalb wohl angebracht — ich nehme an, daß alle Fraktionen damit einverstanden sind —, die Sitzung um eine halbe Stunde zu unterbrechen, damit die Fraktionen Gelegenheit haben, Stellung zu nehmen, und damit eventuell die Ausschußsitzungen unterbrochen werden können, so daß sich die Mitglieder des Hauses an der Beratung dieser wichtigen Angelegenheit beteiligen können.
Meine Damen und Herren, wäre es dann nicht weiser, bis 14 Uhr zu unterbrechen? Dann könnten die Ausschüsse noch zu Ende tagen. Es ist für die Ausschüsse nicht angenehm, mitten in einer Beratung abbrechen zu müssen.
Herr Abgeordneter Menzel bitte zur Geschäftsordnung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Rücksicht darauf, daß verschiedene Mitglieder des Hauses heute nach Straßburg fahren müssen, bitte ich, nicht erst um 14 Uhr zu beginnen. Ich glaube, es ist der Sache dienlich, wenn wir die Sitzung auf eine Stunde unterbrechen und den Fraktionen Gelegenheit geben zu tagen.
Ist das Haus mit diesem Vorschlag einverstanden, eine Stunde zu vertagen?
Ich gebe gleichzeitig bekannt, daß die Fraktionen in der Zwischenzeit tagen. Wir werden dann also um ein Viertel vor zwölf Uhr wieder zusammenkommen.
Ich rufe aber vorher noch den Punkt 15 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksachen 3405, zu 3405).
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Stegner. — Das Haus verzichtet wohl in diesem Falle auf mündliche Erstattung des Berichts*).
*) Siehe Anlage 6. Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe Art. 1, Art. 2, Art. 3, Einleitung und Überschrift auf. — Ich sehe soeben, daß in dem Entwurf die Saarklausel fehlt; die sollte von dem Abgeordneten Stegner in Ergänzung des Ausschußantrags dem Hause noch vorgeschlagen werden. Kann nicht ein anderes Mitglied des Hauses die Klausel vorschlagen? Herr Abgeordneter Stegner scheint nicht da zu sein. Ohne diese Saarklausel ist das eine lex imperfecta.
Herr Miessner.
Ich beantrage, die Vorlage des Ausschusses durch die Saarklausel zu ergänzen. Der Text, Herr Präsident, ist wohl der übliche.
Da kommt Herr Stegner und hilft uns aus unserer Not. Bitte, Herr Abgeordneter Stegner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Schriftliche Bericht, zu Drucksache 3405*), liegt dem Hause vor. Ich brauche infolgedessen zur Sache nichts weiter vorzutragen. Es bleibt mir nur übrig, Sie darum zu bitten, ein Formversehen zu berichtigen. Auf der Rückseite der Drucksache 3405 ist der Entwurf zusammengestellt, wie ihn der Ausschuß vorschlägt. Dabei ist versehentlich hinter dem Art. 2 die negative Saarklausel nicht aufgenommen worden. Ich möchte deswegen den Herrn Präsidenten bitten, bei der Abstimmung auch über einen Art. 2 a mit dem Wortlaut: „Dieses Gesetz gilt nicht im Saarland" abstimmen zu lassen.
Das Wort hat Herr Staatssekretär Bergemann.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung legt Wert darauf, daß der zur Diskussion stehende Antrag vom Hohen Haus nicht akzeptiert wird. Es handelt sich um die Änderung eines bereits in Kraft getretenen Gesetzes, um dessen Verabschiedung sich das Hohe Haus seinerzeit mit großer Überlegung und langen Diskussionen bemüht hat.
Der Antrag wird damit begründet, daß die wirtschaftliche Lage des gewerblichen Güterkraftverkehrs durch die Erhöhung verschiedener Kostenfaktoren schwierig geworden sei und daß das Güterkraftverkehrsgewerbe keinen tarifarischen Ausgleich dafür bekommen habe. Diese Begründung trifft in solcher Allgemeinheit nicht zu.
Der Verkehrsminister hat gerade kürzlich den beteiligten Ausschüssen ein Gutachten zugeleitet, in dem dargelegt worden ist, daß sich nach dem Inkrafttreten des Verkehrsfinanzgesetzes die von diesem Gesetz beabsichtigte Wirkung eingestellt und der gewerbliche Güter f e r n verkehr zu Lasten des Werk fernverkehrs eine Leistungssteigerung erfahren habe. Aus diesem Gutachten der Wirtschaftsprüfer Morgenthaler und Wollert, welches im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen erbeten worden ist, scheint sich
*) Siehe Anlage 6.
zu ergeben, daß die Belastungen aus dem Verkehrsfinanzgesetz für den gewerblichen Güterfernverkehr mehr als aufgewogen sind durch die stärkere Beschäftigung; und zwar auch die Kostensteigerung, die sich durch die Erhöhung der Mineralölpreise in der letzten Zeit ergeben haben mag. Die durchschnittliche Mehrbelastung eines Anhängers im Güterfernverkehr auf Grund des hier kritisierten Verkehrsfinanzgesetzes beträgt pro Jahr 388 DM, im Monat also rund 32 DM.
Beim Güter n a h verkehr ist die Sache noch günstiger. Beim Güternahverkehr, der leichtere Anhänger hat, beträgt die Mehrbelastung im Jahre rund 200 Mark, d. h. im Monat nur 18 Mark.
Soweit einzelne Betriebe nicht in der Lage sein sollten, diese Mehrbelastung zu tragen, stehen ihnen schon nach dem geltenden Tarifrecht im Güter f e r n verkehr gewisse Tariferhöhungsmöglichkeiten zu; und im Güter n a h verkehr schweben jetzt ohnehin Besprechungen über eine Anpassung der Entgelte an die Kosten. Die Mehrbelastung durch die Kraftfahrzeugsteuer für die Anhänger dürfte also sowohl beim Güterfernverkehr wie beim Güternahverkehr — beides bezieht sich nur auf das Gewerbe — nicht von so schwerwiegender Bedeutung sein, daß sich daraus die Änderung eines vom Hohen Hause beschlossenen und in Kraft getretenen Gesetzes rechtfertigen würde.
Aber es gibt noch andere Gründe, die stark dagegen sprechen. Von der Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer, die durch das Verkehrsfinanzgesetz auch bezüglich der Anhänger vorgesehen ist, werden rund 300 000 Anhänger betroffen. Von diesen 300 000 Anhängern gehören mehr als 75 % überhaupt nicht zum gewerblichen Kraftverkehr, also nicht zum gewerblichen Güterfernverkehr oder Güternahverkehr, sondern -sie gehören überwiegend zum Werkverkehr. Der Werkverkehr braucht eine derartige Begünstigung, wie sie hier beantragt worden ist, nicht. Der Werkverkehr ist ja offenbar auch von den Herren Antragstellern gar nicht gemeint. Auch aus diesem Grunde sollte es sich verbieten, einer Änderung des Verkehrsfinanzgesetzes in dieser Frage näherzutreten.
Für die Länder würde die Annahme eines solchen Antrags einen Ausfall — für die nächsten fünfviertel Jahre würde das gelten — von 40 bis 50 Millionen DM bedeuten, 40 bis 50 Millionen DM an Kraftfahrzeugsteuer, die von den Ländern und gerade von den finanzschwachen Ländern in sehr starkem Maße für den Straßenbau verwendet wird. Die Beteiligung der Länder am Straßenbau mit Hilfe der Mittel aus der Kraftfahrzeugsteuer hat sich in der letzten Zeit nicht zuletzt dank der Appelle des Bundestags wesentlich verbessert. Man würde gerade den Ländern, die den überwiegenden Teil ihrer Kraftfahrzeugsteuer oder die ganze Kraftfahrzeugsteuer in den Straßenbau hineinstecken, hier einen Verzicht auf rund 50 Millionen DM für die nächsten fünfviertel Jahre zumuten.
Ich habe mich mit Rücksicht auf die Gesamtsituation, die hier jetzt herrscht, bemüht, kurz zu bleiben. Aber die Bundesregierung hält sich doch für verpflichtet, das Hohe Haus zu bitten, von einer nochmaligen Änderung des Verkehrsfinanzgesetzes und von einer Verlängerung dieser Steuererleichterung für die Anhänger auf fünfviertel Jahre Abstand zu nehmen, um so mehr, als in der Tat mehr als dreiviertel sämtlicher Anhänger, die eine solche Vergünstigung erfahren würden, überhaupt nicht zum gewerblichen Kraftverkehr gehören.
Das Wort hat der Abgeordnete Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie darum bitten, der Ausschußvorlage zuzustimmen. Wir haben uns im Ausschuß lange mit der Materie beschäftigt. Wir sind im Verkehrsausschuß bei einer Stimmenthaltung zu der Auffassung gekommen, daß man die Übergangszeit verlängern sollte. Auch der Finanzausschuß hat sich mit Mehrheit für eine Verlängerung der Übergangszeit ausgesprochen.
Ich möchte Ihnen nur einige wenige Argumente vortragen. Im Verkehrsfinanzgesetz sind — das ist Ihnen bekannt — gerade die Steuersätze für Anhänger sehr drastisch erhöht worden. Man hat die Übergangszeit mit einer 25 %igen Ermäßigung eingeführt, um in dieser Übergangszeit zu beobachten, welche wirtschaftlichen Auswirkungen die erhebliche Steuerbelastung haben könnte. Nun hat sich in der Übergangszeit sehr deutlich gezeigt, daß sich die Kostenlage für den gewerblichen Güterverkehr erheblich verschlechtert hat. Wir haben eine erhebliche Erhöhung der Mineralölkosten, wir haben eine erhebliche Erhöhung der Steuersätze, und wir haben auch eine erhebliche Erhöhung einer Reihe von sonstigen Kosten. Der gewerbliche Güterkraftverkehr hat versucht, dieser Kostenerhöhung dadurch auszuweichen, daß er die Versandweiten verlängert und auch die Tonnenkilometerleistung erheblich erhöht hat. Wenn diese Übergangszeit nun nicht verlängert werden sollte, das heißt, wenn wir eine neue Steuerbelastung bekämen, würde das bedeuten, daß man weiter in die Versandweiten ausweicht, daß man die Versandweiten weiter erhöht und daß auch die Tonnenkilometerleistungen erheblich erhöht werden müßten. Das bedeutet aber einen noch stärkeren Verschleiß der Arbeitskräfte im Güterkraftverkehr. Ich bin der Meinung, daß ein weiterer Verschleiß von Arbeitskräften nicht im Sinne unserer verkehrspolitischen Überlegungen und auch nicht im Sinne der Verkehrssicherheit liegt.
Ich würde deswegen darum bitten, der Vorlage zuzustimmen.
Und noch zwei weitere Bemerkungen zu den Argumenten, die Herr Staatssekretär Bergemann hier eben vorgetragen hat. Herr Staatssekretär, es ist doch nicht so, daß es dem Werkverkehr im allgemeinen gut geht und daß er eine zusätzliche Belastung vertragen kann. Wir haben gerade im Werkverkehr eine Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmungen, die mit einem Anhänger fahren, bei denen der Anhänger häufig nur zur Hälfte ausgelastet ist. Für diese kleinen und mittleren Unternehmungen würde die Steuererhöhung eine ganz erhebliche zusätzliche Belastung bedeuten.
Ich würde also auch aus diesem Grunde darum bitten, von der zusätzlichen Belastung Abstand zu nehmen.
Das zweite: das Aufkommen der zusätzlichen Mittel für den Straßenbau. Selbstverständlich, meine Damen und Herren, brauchen wir zusätzliche Mittel für den Straßenbau. Aber gerade dieses Argument zieht doch im Moment sehr wenig,
weil ja von den erheblichen Mitteln, die der Straßenverkehr bisher steuerlich aufbringt, nur ein bescheidener Teil dem Straßenbau zugeführt wird. Man müßte doch zunächst erst einmal alle die Mittel, die der Straßenverkehr heute aufbringt, auch wirklich im Straßenbau verwenden, bevor man ein solches Argument für die Erschließung weiterer Geldquellen für die Deckung der Straßenbaukosten hier geltend macht.
Ich möchte glauben. daß die von mir vorgetragenen Argumente ausreichen, um die Verlängerung der Übergangszeit zu begründen. Es ist ja zu erwarten und zu wünschen, daß in dieser Übergangszeit der 3. Bundestag die dringend notwendige Verkehrsreform beschließt, damit wir dann endlich vernünftige Verhältnisse im Verkehr bekommen.
Das Wort hat der Abgeordnete Miessner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich ganz kurz f assen, da wir die Angelegenheit im Ausschuß eingehend behandelt haben. Es handelt sich in der Tat, wie der Kollege Dr. Bleiß eben sagte, um keine grundsätzliche Änderung des früheren Gesetzes, sondern nur um eine kurzfristige Verlängerung der Übergangszeit um fünfviertel Jahre. Diese Verlängerung der Übergangszeit ist deshalb notwendig geworden, weil die Tarife nach oben hin blockiert sind und dadurch das Kraftfahrzeuggewerbe infolge der anderweitig gestiegenen Unkosten wirtschaftlich in die Enge gekommen ist.
Ich bitte Sie daher, meine Kollegen, dem Gesetz die Zustimmung zu geben. Sie folgen damit der Mehrheit des Ausschusses.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär Dr. Bergemann.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur zu der letzten Bemerkung des Herrn Abgeordneten Bleiß sagen, daß seine Auffassung über die Verwendung der Kraftfahrzeugsteuer durch die Länder auch nach unserer Meinung vor einiger Zeit noch richtig gewesen ist, aber jetzt nicht mehr. Wir haben den erfreulichen Eindruck, daß die Länder — nicht zuletzt wegen des permanenten Bohrens des Verkehrsausschusses dieses Hohen Hauses — teils das ganze Kraftfahrzeugsteueraufkommen, großenteils einen erheblichen Anteil davon, für den Straßenbau verwenden. Es ist also wirklich nicht übertrieben, wenn man sagt: 50 Millionen DM weniger sind 50 Millionen DM weniger für den Straßenbau.
— Ich habe hier nur über die Kraftfahrzeugsteuer zu sprechen.
Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Teil meiner Freunde hat Bedenken, dem Ausschußantrag zuzustimmen, weil es sich hier um eine Angelegenheit handelt, die in erster Linie die Länder angeht, und die zuständigen Minister des Bundesrates bereits zu verstehen gegeben haben, daß sie wenig geneigt sind, dem Vorschlag zuzustimmen.
Nun, meine Damen und Herren, eine Bemerkung zur sachlichen Situation. Die Tarife im Bereich des Verkehrs befinden sich auf dem Stand des Jahres 1951, und wir bemühen uns zur Zeit im Interesse einer allgemeinen Preisstabilität, auch die Tarife im Verkehrswesen möglichst stabil zu halten. Das setzt, wie mir scheint, voraus, daß wir nicht, abgesehen von den allgemeinen Kostensteigerungen in der Wirtschaft, auch noch durch staatliche Maßnahmen die Unkostenerhöhung im Bereich des Verkehrs intensivieren.
Aus dieser Überlegung heraus scheint es mir gerade im Interesse der Preisstabilisierung geboten zu sein, die Übergangszeit auszudehnen und nicht durch Beschlüsse des Bundestags einen zusätzlichen Druck auf die Preise auszuüben. Das spricht für die Ausschußvorlage.
Das Wort hat der Abgeordnete Körner.
Körner : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich der Auffassung des Herrn Staatssekretärs Bergemann nicht anschließen, und auch von uns aus bitten wir das Hohe Haus, dem Antrag der FDP zuzustimmen. Die Argumentation des Herrn Staatssekretärs hinkt doch. Wenn man steuerrechtlich den Motorwagen mit dem Anhänger gleichstellen will, dann muß der Betrieb, gleichgültig ob gewerblich oder Werkverkehr, die Möglichkeit haben, daß der Anhänger auch genauso ausgenutzt wird. Nach den Statistiken und Erhebungen bei Tausenden von Betrieben steht fest, daß 55 % der Anhänger nur an 15 Tagen im Monat zum Einsatz kommen. Sie sind also eine Transportraumreserve. Die völlige Gleichstellung mit dem Maschinenwagen, mit dem Zugwagen bedeutet eine Senkung der Rentabilität dieser Betriebe.
Wir haben soeben wieder alle die Argumente zur Problematik der Tarifseite, der Preissituation und ähnlicher Dinge gehört. Danach ist es zur Zeit gar nicht möglich, eine völlige Gleichziehung beider Kraftwagentypen durchzuführen. Ich bitte also, dem Antrag der FDP auf Verlängerung der 25 %igen Absetzung zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Staatssekretär Dr. Bergemann.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was Herr Abgeordneter Körner gesagt hat, geht nach meiner Ansicht etwas an der Tatsache vorbei, daß das Verkehrsfinanzgesetz — selten ist ein Gesetz so lange beraten worden wie dieses — grundsätzlich den Anhänger genauso belasten wollte wie das Zugfahrzeug.
Das war eigentlich ein springender Punkt. Wenn sich nun herausstellen sollte — ob infolge des Gesetzes oder nicht, kann dahingestellt bleiben —, daß ein großer Teil der Anhänger nicht mehr richtig ausnutzbar ist, dann ist das eine äußerst bemerkenswerte Tatsache, die dazu führen könnte,
daß man die Anhänger langsam verschwinden sieht. Diese Tendenz könnte verschiedenen Mitgliedern des Hohen Hauses und auch dem Bundesminister für Verkehr immerhin gar nicht unerwünscht sein. Jedenfalls glaube ich, daß man nicht mit Rücksicht auf die Wünsche nach einer Vergünstigung für fünf Vierteljahre ein so grundlegendes Gesetz wie das Verkehrsfinanzgesetz ändern sollte, bei dem die Belastung der Anhänger ebenso wie eine gewisse Belastung des Werkverkehrs ein Kernstück gewesen ist.
Zur Frage der Tarife darf ich noch einmal darauf hinweisen — ich habe das vorhin nur kurz angedeutet —, daß schon jetzt im Güterfernverkehrsgewerbe die Möglichkeit besteht, bei den Gütern der Tarifklassen D bis G Frachtzuschläge zu vereinbaren. Beim Güternahverkehr sind Verhandlungen zwischen der verladenden Wirtschaft und dem Gewerbe über eine Anpassung der Tarife im Gange. Bedenken Sie, daß der Jahresumsatz der deutschen Wirtschaft einschließlich der Landwirtschaft sich um 462 Milliarden DM bewegt. Eine minimale Tariferhöhung — mehr wäre gar nicht nötig — wird prozentual kaum auszudrücken sein.
Wird noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Dann rufe ich auf Art. 1, — Art. 2, — Art. 2 a im Sinne des Ergänzungsantrags des Abgeordneten Stegner, — Art. 3, — Einleitung und Überschrift. — Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, möge die Hand erheben. — Gegenprobe — Enthaltungen? — Gegen einige Gegenstimmen und bei Enthaltungen angenommen. Die zweite Beratung ist abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen und gegen einige Stimmen angenommen.
Wir vertagen uns nunmehr auf 11.40 Uhr. Ich teile Ihnen mit, daß die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD Fraktionssitzungen abhalten.
Die Sitzung wird um 11 Uhr 44 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid wieder eröffnet.
Meine Damen und Herren, wir fahren in der unterbrochenen Sitzung fort. Ich schlage Ihnen vor, auf Punkt 3 der Tagesordnung zurückzugreifen, den wir zurückgestellt hatten. Es handelt sich um das Mühlengesetz. Die Besprechungen sind offenbar so weit gediehen, daß wir nunmehr zu einem Abschluß kommen können.
Ich rufe also Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung, Inbetriebnahme, Verlegung und Erweiterung von Mühlen (Drucksache 2376);
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache 3417).
Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Vorlage auf Drucksache 2376 hat die Bundesregierung einem Wunsch des Bundestages entsprochen. Der Bundestag hatte seinerzeit einen Antrag auf Einführung einer Mühlenkontingentierung aus, wie mir scheint, in diesem Fall besonders wohlerwogenen Gründen abgelehnt. Um aber doch die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die sehr unerfreuliche Situation in der Mühlenwirtschaft eine Besserung erfährt, sollte es erstens den Beteiligten ermöglicht werden, im Wege einer freiwilligen Konvention den Wettbewerb, der im wahrsten Sinne des Wortes ein ruinöser Wettbewerb ist, in gesunde Bahnen zu lenken. Zweitens sollte eben durch ein Gesetz über die Mühlenwirtschaft für eine bestimmte Zeit der Neubau von Mühlen verhindert werden.
Der Ernährungsausschuß als der federführende Ausschuß hat sich sehr lange und sehr eingehend in wiederholten Auseinandersetzungen mit Interessenten und Sachverständigen mit diesem Gesetzentwurf befaßt und hat ihn nicht unwesentlich geändert. Man ist sich darüber klargeworden, daß die Überkapazität, die rund 100 % beträgt, auch im Wege der normalen Ausscheidungskämpfe nicht aus der Welt geschafft werden würde, weil es zwar wohl gelegentlich zu Konkursen eines Müllers oder eines müllerischen Unternehmens kommt, bei diesem Verfahren aber die Mühle — in diesem Fall muß man sagen: leider — übrig bleibt. Sie wird billig von irgendeinem anderen erworben und hat dann noch eine bessere Ausgangslage für diesen Konkurrenzkampf, der immerhin dazu geführt hat, daß der Mehlpreis bei steigenden Rohstoffkosten auch heute noch niedriger liegt, als er vor vier Jahren gelegen hat. Wenn man das bei den Preisen für Brot und Brötchen nicht merkt, kann man nur sagen, daß das offenbar eine andere Ursache hat.
Es wird Ihnen also jetzt ein Gesetzentwurf vorgelegt, der — ich sage — wesentlich erweitert worden ist. Wir haben uns darum bemüht, Anreize für die definitive Beseitigung von Mühlenkapazitäten zu schaffen. Weil es sich hier in großem Umfang um Menschen handelt, die zwar selbständige Unternehmer sind, aber doch auf einer sehr schmalen Basis stehen und nur über ein kleines, bescheidenes Einkommen und Vermögen verfügen, glaubten wir, ihnen eine Hilfe bei einem Übergang in einen anderen Wirtschaftszweig ermöglichen zu sollen.
Es läuft darauf hinaus, daß diejenigen, die ihre Mühle stillegen und die sich verpflichten, die Einrichtung definitiv zu entfernen, zu verschrotten oder auszuführen, und die sich weiter verpflichten, durch eine grundbuchamtliche Eintragung zu sichern, daß auf dem betreffenden Grundstück eine Mühle während der nächsten 30 Jahre nicht mehr betrieben werden kann, eine Stillegungsbeihilfe bekommen, über deren Höhe im Gesetz nichts gesagt worden ist. Vielmehr ist die Festsetzung der Bedingungen im einzelnen einer Rechtsverordnung überlassen worden, die zwischen den beteiligten Ressorts mit Zustimmung des Bundesrates zustande kommen muß.
Es ist selbstverständlich, daß die dadurch entstehenden Kosten, die für die Stillegung erforder-
lichen Mittel von den Beteiligten zu decken bzw. aufzubringen sind, d. h. von denen, die übrigbleiben. Wir haben es aber in der gegenwärtigen Situation für unmöglich gehalten, eine derartige Mühlenabgabe jetzt im Gesetz festzulegen. Sie wissen alle, welche großen Anstrengungen gemacht werden, um den Brotpreis zu halten. Wenn auch trotz der freiwilligen Konvention, die sich um die Stabilisierung des Mehlpreises bemüht, der Mehlpreis heute noch, wie gesagt, niedriger als vor drei Jahren liegt, mußte man doch mit der Gefahr rechnen, daß eine solche Mühlenabgabe, wenn sie im Gesetz festgelegt wird, einen sozusagen amtlichen Anstoß zur Mehlpreiserhöhung geben würde. Von keiner Fraktion haben sich die Vertreter in der Lage gesehen, dafür die Verantwortung zu übernehmen; deswegen ist hier vorgesehen, daß eine Mühlenabgabe zur Deckung der mit der Stilllegung verbundenen Kosten respektive Entschädigungen erst ab 1960 im Wege einer Rechtsverordnung von der Bundesregierung erhoben werden kann. Daß wir uns verpflichtet gesehen haben, auch die in den stillzulegenden Mühlen beschäftigten Arbeitnehmer gegen die Härten zu schützen, die mit einer Stillegung für einen Teil der Belegschaften möglicherweise verbunden sind, ist wohl selbstverständlich. Auch die dadurch entstehenden Kosten können aus dem Fonds, der für die Stilllegung geschaffen wird, gedeckt werden.
Wir konnten keine Rechtsansprüche schaffen. Deswegen finden Sie in diesem Gesetz eigentlich nur Kann-Bestimmungen. Das ergibt sich aus der Natur der Sache; denn es ist nicht unsere Aufgabe und unserer Ansicht nach nicht im Bereich des Möglichen, daß etwa der Staat Mühlen stillegt, weil er die Mühlenwirtschaft für übersetzt hält. Es muß vielmehr den Beteiligten überlassen bleiben, ob sie von den Möglichkeiten, die ihnen hier angeboten werden, Gebrauch machen oder nicht. Aber denen, die davon Gebrauch machen wollen und die damit zugleich auch etwas wirtschaftspolitisch Vernünftiges tun, sollte in der angedeuteten Weise geholfen werden.
Ich habe die Pflicht, für den mitberatenden Wirtschaftspolitischen Ausschuß zu sagen, daß er in verschiedener Hinsicht grundsätzliche Bedenken hatte, weil er befürchtete, hier könne ein Präjudiz in der Weise geschaffen werden, daß auch in Zukunft Strukturkrisenkartelle immer mit einem Neubauverbot usw. verbunden sein würden. Der Ernährungsausschuß hat sich pflichtgemäß mit den Darlegungen des Wirtschaftspolitischen Ausschusses auseinandergesetzt, hat sich aber aus seiner Kenntnis der besonderen Situation der Mühlen und der Form, in der die Mühlenkonvention vorläufig vom Bundeswirtschaftsministerium genehmigt worden ist, nicht in der Lage gesehen, seinen Standpunkt zu revidieren, und schlägt Ihnen deshalb die Annahme dieses Gesetzes vor. Ich darf mich auf diese Ausführungen beschränken.
Lassen Sie mich nur noch eine Bemerkung machen, die mindestens für das Protokoll wesentlich ist. Gerade angesichts der Tatsache, daß es sich bei einem großen Teil derjenigen, die möglicherweise von diesem Gesetz Gebrauch machen, um sehr kleine Existenzen handelt, ist überlegt worden, wie verhindert werden könnte, daß etwa die Entschädigung, die sie für die restlose Aufgabe ihrer Mühle erhalten, auf steuerlichem Wege wieder verlorengeht. Der Ernährungsausschuß hat die Hoffnung, die Bundesregierung werde dahin wirken, daß bei der Besteuerung der mit der Stilllegung von Mühlen zusammenhängenden Vorgänge jeweils der niedrigste zulässige Steuersatz in Anwendung gebracht wird. Dabei ist die Tatsache zu berücksichtigen, daß die Stillegung weitgehend erfolgt, um eben die Veräußerung von Mühlen an Dritte abzuwenden, d. h. diese Mühlen definitiv auszuschalten. Deswegen sollte, soweit erforderlich, von den Möglichkeiten des § 131 RHO weitestgehend Gebrauch gemacht werden.
Ich danke Ihnen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird Idas Wort gewünscht? — Offenbar nicht.
Dann rufe ich ,die §§ 1 bis 14 und Einleitung und Überschrift auf. Wer diesen Bestimmungen sowie Einleitung und Überschrift zustimmien will, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Die zweite Beratung ist ,abgeschlossen.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Wir kommen zur Schlußabstimmung, da Änderunigsanträge nicht vorliegen. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, der möge sich von seinem Sitz erheben. — Gegenprobe! — Gegen wenige Stimmen angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen mitzuteilen, daß 'die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD sich nicht damit einverstanden erklären, daß heute außer dem Haushaltsausschuß noch weitere Ausschüsse während der Plenarsitzung tagen. Damit ist die Genehmigung, die der Präsident ausgesprochen hat, nachträglich gegenstandslos geworden. Ich bitte, darauf Rücksicht zu nehmen.
Wir kommen zurück zu Punkt 9 der Tagesordnung:
Zweite Beratung des von den Abgeordneten Frau Dr. Schwarzhaupt, Rümmele und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Verkehrsrechts ;
Mündlicher B erficht ;d es Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Drucksache 3377).
Dieser Punkt war zurückgestellt worden.
Es ist Rücküberweisung beantragt. Gleichzeitig liegt ein Änderungsantrag zur Sache vor. Der Rücküberweisungsantrag geht bei icier Abstimmung vor. Aber ich wollte nicht darüber abstimmen lassen. ehe das Haus nicht Ihren Sachantrag, Frau Dr. Schwarzhaupt, kannte, Das Haus muß auch seine geschäftsordnungsmäßigen Entscheidungen in Kenntnis der bevorstehenden Änderungsanträge treffen. Ich glaube, Frau Dr. Schwarzhaupt, es ist auch für Ihren Antrag das beste, wenn er unmittelbar in den Ausschuß kommt; denn sonst riskieren Sie, daß das Gesetz in zweiter Lesung ,abgelehnt wird, und dann sind Sie mit Ihrem Antrag ganz 'durchgefallen.
Nun, ich muß nach der Geschäftsordnung verfahren. Es ist der Antrag gestellt, die Vorlage an
den Haushaltsausschuß und an den Ausschuß für Verkehrswesen als Fachausschuß zurückzuverweisen. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Nunmehr rufe ich wieder auf Punkt 14 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts (Drucksachen 112, 178, 224);
Schriftlicher Bericht ,des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Drucksachen 3409, zu 3409).
Die Berichte*) sind mündlich nichterstattet worden; das Haus hat verzichtet. Wir treten unmittelbar in die zweite Beratung ein.
Ich rufe auf Artikel 1 Nrn. 1 bis 4. — Hierzu liegen Änderungsanträge nicht vor. Wer mit diesen Bestimmungen einverstanden ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Ich rufe auf Nr. 5. Hierzu liegt auf Umdruck 1035**) folgender Änderungsantrag vor:
§ 1354 wird in der Fassung der Regierungsvorlage wiederhergestellt.
Der Antrag trägt die Unterschrift einer Reihe von Mitgliedern des Hauses.
Herr Dr. Weber zur Begründung!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! § 1354 betrifft das sogenannte Letztentscheidungsrecht in der Ehe. Wenn man die Diskussion in der Offentlichkeit verfolgt hat, könnte man der Meinung sein, daß der Inhalt des Gleichberechtigungsgesetzes wesentlich durch die §§ 1354 und 1628 bestimmt sei. Diesem Irrtum sollte man in diesem Hause, Idas über dieses Gesetz zu entscheiden hat, nachdrücklich entgegentreten. Das Gesetz bringt sehr viel wesentlichere Bestimmungen in dem Abschnitt über die Neuregelung des Güterrechts und bezweckt gerade auf 'diesem Gebiet, der Gleichberechtigung der Frau und der Gerechtigkeit ihr gegenüber, die in der bisherigen gesetzlichen Regelung nicht bestanden, Rechnung zu tragen.
Darauf möchte ich einleitend nachdrücklich hingewiesen haben.
Der § 1354 ist außerordentlich umstritten. Die Diskussion in der Öffentlichkeit hat sich gerade mit dieser Bestimmung sehr eingehend und, man mag auch sagen, mit Leidenschaft befaßt. Wir haben dieses Thema hier mit der Sachlichkeit, aber auch mit dem Ernst zu behandeln, die ihm zukommen. Ich möchte diesen Antrag von zwei Gesichtspunkten her begründen, einmal, weshalb diese vom Unterausschuß mit acht zu sieben Stim-
*) Siehe Anlage 7. **) Siehe Anlage 8.
men abgelehnte Bestimmung nunmehr wieder in
das Gesetz eingefügt werden soll, zum anderen, ob
— und diese Frage müssen wir uns sehr ernst stellen; sie ist nämlich sehr umstritten — diese Regelung, wenn sie so beschlossen wird, verfassungsmäßig ist.
Weshalb diese Regelung? Man muß sich zunächst einmal die Frage stellen, um welche Art von Entscheidungen es sich in dem § 1354 handelt. Man geht am besten wohl von der grundlegenden im Bürgerlichen Gesetzbuch bestehenbleibenden Regelung des § 1353 ,aus, der 'bestimmt, daß die Ehegatten zur 'ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet sind. Gerade von der Seite, die den § 1354 bekämpft und diese Bestimmung gestrichen haben möchte, wird nun die Meinung vertreten, daß angesichts der Regelung des § 1353 — die Eheleute sind zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet
— eine besondere Regelung der Ausgestaltung des Ehelebens gar nicht mehr notwendig sei. Darüber hinaus wird sogar die Meinung vertreten, sie sei nicht zulässig; damit greife der Staat in interne Verhältnisse ein, zu deren Regelung er nicht berufen sei. Gerade wir von der CDU sind der Meinung, daß wir den Staat aus Ehe und Familie soweit wie nur möglich fernhalten sollten, wenn auch die Familie in den Staat eingeordnet ist.
Es wird deshalb notwendig 'sein, sich zu fragen, um welche Art von Entscheidungen es sich handelt. Zunächst einmal Beispiele. Es handelt sich eventuell um den Wohnsitz, um die Frage, wo die Familie, wo ,die Eheleute den Urlaub verbringen, um die Frage etwa, ob eine Verwandte in die Familie aufgenommen wird, dort Unterkunft finden soll, und ähnliche Fragen. Ich habe die Beispiele
genannt, um Ihnen darzutun, daß es sich um Fragen handelt, die die äußere Gestaltung des Ehelebens, nicht etwa die innere Gestaltung betreffen. Wir sind der Meinung, daß der Staat in die innere Gestaltung, in das intime Leben der Ehe nicht eingreifen kann, sondern das der Regelung der Eheleute überlassen muß, und so ist es in § 1353 festgelegt. Der § 1354 'betrifft also die äußere Gestaltung des Ehelebens und gibt dafür eine Ordnungsvorschrift; wir, jedenfalls die Antragsteller, halten sie für notwendig.
Es kann auch nicht eingewandt werden, es handele sich doch urn eine Gestaltung der inneren Vorgänge der Ehe. Die Ehe ist keine Einrichtung, die der Disposition der Parteien, der Eheschließenden schlechthin unterliegt.
— Herr Kollege Greve, Sie mögen von Ihrem Standpunkt aus etwas anderes vertreten. Ich betone deshalb: von 'unserem Standpunkt aus handelt es sich um eine vorgegebene Ordnung, um ein pactum supra partes, über ,das die Parteien als solche nicht verfügen können.
Von dieser Auffassung gehen wir auch bei dieser Bestimmung aus. Wir sind der Meinung, daß wir etwas aussagen, was durch diese vorgegebene Ordnung bereits bestimmt ist, was also der Ehe schon ihrem Wesen nach innewohnt. Weil es für die Ordnung in der Ehe wesentlich ist, glauben wir auf diese Bestimmung auch nicht verzichten zu können. Soviel zu der Frage, weshalb diese Regelung.
Ich habe mich dann noch mit der Frage auseinanderzusetzen: Entspricht diese Regelung auch dem Grundgesetz? Ich habe 'bereits hervorgehoben, daß es sich um eine Ordnungsvorschrift handelt.
Wenn das zutreffend ist, bin ich weiter der Meinung, daß in Ordnungsvorschriften auch verschiedenartige Regelungen getroffen werden können. Das hat ,der Bundesgerichtshof schon verschiedentlich festgestellt; er hat gesagt: Dort ist eine andere verschiedenartige Regelung notwendig, weil sie zur Aufrechterhaltung der Ordnung dient.
Mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit haben sich inzwischen aber auch die Rechtsgelehrten sehr eingehend befaßt. Es besteht, das will ich gar nicht bestreiten, keine einheitliche Meinung. Ich möchte auch darauf verzichten, mich im einzelnen mit dem Für und Wider auseinanderzusetzen. Ich darf statt dessen auf die Ausführungen verweisen, die Professor D r. Beitzke in der „Juristenzeitung" 1952, Seite 745, und in seinem Beitrag in „Die Grundrechte" von Neumann-Nipperdey-Scheuner, Seiten 228/229, gemacht hat. Diese Ausführungen gipfeln darin, daß der Letztentscheid des Mannes kein Privileg sei, keine Zurücksetzung ,der Frau — das wollen wir auch nicht —; er führt aus, daß es die Entscheidung des primus inter pares sei und daß damit dem Mann leine Letztverantwortung, eine Pflichtauferlegt werde, die Entscheidung zu treffen. Diese Pflicht kann auch dadurch erfüllt werden, d. h. der Mann trifft diese Entscheidung auch dadurch, daß er der Frau die Entscheidung z. B. in der inneren Gestaltung des Hauswesens überläßt. Dieser Ansicht ist auch der Gesetzgeber. Er sagt in § 1356, daß die Frau ,das Hauswesen in eigener Verantwortung führt, also ohne daß ihr jemand, auch nicht der Mann, dreinsprechen kann.
Hier kommt der Gedanke der Funktionsverteilung zum Ausdruck, und die Rechtsprechung, auch des Bundesverfassungsgerichts, hat vielfach betont, daß verschiedenartige Regelungen möglich sind, wenn es sich um Funktionsverteilungen handelt. Ich verweise insbesondere auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 1956, in deren Leitsatz 2 es gesagt hat: „Im Hinblick auf die obiektiven biologischen oder funktionalen Unterschiede von Mann und Frau ist nach der Natur des jeweiligen Lebensverhältnisses auch eine besondere rechtliche Regelung erlaubt oder sogar notwendig." Spanner, Professor des öffentlichen Rechts der Erlanger Universität, hat in der Zeitschrift „Ehe und Familie" 1957, Seite 157, ebenfalls zu diesem Problem Stellung genommen und tritt den Ausführungen von Beitzke im wesentlichen bei.
Wenn es sich also um eine echte Funktionsverteilung handelt — ,die Frau leitet verantwortlich das Hauswesen, der Mann ist letztlich verantwortlich für die Vertretung der Familie nach außen —, dann ist ,eine verschiedenartige Regelung auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Es handelt !sich hier um die Regelung der Verhältnisse in der Ehe. Der Art. 3 Abs. 2 GG lautet: Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Die Ehe besteht zwar aus Mann und Frau, ist aber nach ihrem Vollzug etwas Neues, eine Gemeinschaft. Wir kennen in Gemeinschaften vielfach das sogenannte Zweier-Problem: man kann ja doch zu einer Entscheidung nicht kommen, wenn sich zwei gleichberechtigt gegenüberstehen. Wenn diese Gemeinschaft aber eine Entscheidung soll treffen können, dann muß eine Regelung vorgesehen sein, nach der der eine oder der andere sie treffen kann.
Weshalb muß und soll der Mann diese Entscheidung treffen? Die Begründung entnehmen wir aus der ganzen Entwicklung seit Jahrhunderten. Die Prozeßrichter des Amtsgerichts Köln haben sich bereits im Jahre 1953 mit dem Problem befaßt und gesagt, daß die Letztentscheidung des Mannes nicht nur der westlichen Kultur und Geschichte, sondern auch — und damit komme ich zu einem weiteren springenden Punkt — dem Sinn und Zweck des Art. 6 des Grundgesetzes entspricht. Ein geordnetes Familienleben und ein Funktionieren der Ehe ist nur möglich, wenn die Grundsätze des § 1354 weiter anwendbar bleiben.
Die Regierung hat in ihrer Vorlage die Grundsätze desalten § 1354 schon erheblich abgemildert. Es ist dort gesagt, daß die Eheleute zunächst versuchen müssen, sich zu einigen. Nur dann, wenn sie sich nicht einigen können, kann der Mann die Letztentscheidung treffen, wobei er aber auf die Auffassung der Frau Rücksicht zu nehmen hat. Es besteht wohl auf allen Seiten des Hauses Einverständnis darüber, daß diese innereheliche Ordnung nicht justitiabel ist, daß man hier kein Vormundschaftsgericht eingreifen lassen kann, sondern daß die Eheleute selber mit den Problemen, die in der Gestaltung des Ehelebens auftreten, fertigwerden müssen. Wir haben weiter vorgesehen, daß die Entscheidung des Mannes für die Frau nicht verbindlich ist, wenn sie dem Wohle der Familie widerspricht. Wir sind der Meinung, hier sind so viele Hemmnisse und so viele Hindernisse eingebaut, Lauf die bei der Entscheidung Rücksicht zu nehmen ist, daß den berechtigten Interessen auch der Frau Rechnung 'getragen ist.
Ich betonte schon, daß die Ehe zwar aus Mann und Frau besteht, diese aber in einer Gemeinschaft leben. Diese Gemeinschaft, so wie sie zur Zeit des Inkrafttretens des Grundgesetzes bestand, also die Ehe nach der christlich-abendländischen Auffassung, ist in Art. 6 des Grundgesetzes unter den besonderen Schutz des Staates gestellt. Selbst wenn man darüber streiten könnte, ob der Art. 3 Abs. 2 in dieses Verhältnis der Gemeinschaft eingreift, so stünde schützend über dieser Gemeinschaft der Art. 6 des Grundgesetzes als gleichberechtigtes Grundrecht.
Zu der Frage, wie der Art. 6 des Grundgesetzes nunmehr zu betrachten sei, hat sich das Bundesverfassungsgericht in seiner bekannten Entscheidung zur Ehegattenbesteuerung vom 17. Januar 1957 eingehend geäußert und unter anderem folgenden Leitsatz aufgestellt:
Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht nur ein „klassisches Grundrecht" zum Schutze der spezifischen Privatsphäre von Ehe und Familie sowie Institutsgarantie,
— ich betone: Institutsgarantie, also des Instituts, wie es zur Zeit des Inkrafttretens des Grundgesetzes bestand —
sondern darüber hinaus zugleich eine Grundsatznorm, das heißt eine verbindliche Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts.
Unter diesem Gesichtspunkt haben wir die Frage
der Verfassungsmäßigkeit sehr eingehend geprüft.
Wir glauben, mit gutem Gewissen sagen zu können, daß die Bestimmung des § 1354, deren Wiedereinfügung wir beantragt haben, grundgesetz-
mäßig ist. Wir halten sie auch zum Wohle und zum Schutze der Familie für erforderlich und bitten deshalb, unseren Antrag anzunehmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung zu dem Änderungsantrag zu § 1354 gehört. Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat der Abgeordnete Wittrock.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf regelt eins der sicherlich wichtigsten Gebiete unserer Rechtsordnung. Gerade wegen der Bedeutung dieses Gesetzentwurfs muß ich mein Bedauern darüber ausdrücken, daß sich auf der Regierungsbank kein einziger Minister befindet.
Nicht ohne Interesse stelle ich fest, daß sogar der
Herr Bundesminister für Familienfragen dem
Hause nicht die Ehre seiner Anwesenheit erweist.
— Also, ich will das dahingestellt sein lassen. Nur die Tatsache, daß die sozialdemokratische Fraktion von der Bedeutung dieses Ministeriums sehr wenig überzeugt ist, hält sie davon ab, hier einen förmlichen Antrag auf Herbeiholung des Herrn Bundesfamilienministers zu stellen.
Meine Damen und Herren, der Herr Kollege Dr. Weber hat unter anderem ausgeführt, die §§ 1354 und 1628 hätten in der öffentlichen Diskussion zwar erhebliche Beachtung gefunden, aber im Gesamtrahmen der vom Gesetzgeber zu regelnden Materie seien diese Bestimmungen eben doch als weniger bedeutsam, als weniger wichtig anzusehen.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion teilt diese Auffassung nicht. Wir sind der Meinung, daß dem Gesetzgeber durch Art. 3 und Art. 117 des Grundgesetzes die Verpflichtung auferlegt worden ist, den in unserem gesellschaftlichen Zusammenleben allenthalben anerkannten Grundsatz der Gleichberechtigung auch zu einem unabdingbaren. nicht hinwegzudenkenden Bestandteil unserer Rechtsordnung in ihrer Gesamtheit zu machen. Dabei ist der § 1354 in der Tat eine Kernvorschrift. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hält die Problematik dieses § 1354 für so bedeutsam. daß sie den Antrag auf namentliche Abstimmung über den Streichungsantrag des Herrn Kollegen Dr. Weber und seiner Freunde stellen wird.
Ich darf feststellen, daß der Herr Bundesfamilienminister — offensichtlich ist er per Eilboten oder Telephon orientiert worden — es doch für nötig gehalten hat, zu der Beratung der Materie zu erscheinen. Wir Sozialdemokraten, Herr Bundesminister, haben Ihre Abwesenheit nur mit Interesse festgestellt, hätten es aber nicht für nötig befunden, Sie herbeizuzitieren; denn für so wichtig halten wir Ihr Ministerium nicht.
— Na, das wissen Sie doch; wir haben schon x-mal Anträge auf Streichung seines Haushalts gestellt. Ich erzähle Ihnen also gar nichts Neues.
Meine Damen und Herren, der Herr Kollege Dr. Weber hat hier einige sehr interessante Ausführungen gemacht, zu denen ich mich in einigen Punkten äußern will. Der Herr Kollege hat ausgeführt, es bedürfe einer Ordnung, und der Gesetzgeber sei aus dem Prinzip des Art. 6 des Grundgesetzes eben verpflichtet, für die Schaffung und Aufrechterhaltung dieser Ordnung zu sorgen. Nun, meine Damen und Herren, wir sind der Meinung, daß in der Tat eine jede Ehe ihre Ordnung besitzt und besitzen muß. Aber diese Ordnung kann nicht eine Machtordnung sein. Diese Ordnung kann nicht eine in ihrer inneren Gestaltung vom Gesetzgeber festzulegende Ordnung sein, sondern es kann sich hierbei nur um eine sittliche Ordnung handeln, d. h. es kann sich nur um eine Ordnung handeln, die von den Beteiligten, also von den beiden Ehegatten, auf dem Prinzip der Freiwilligkeit anerkannt ist; denn das ist das entscheidende Kriterium für eine sittliche Ordnung. Ich vertrete hier den Standpunkt, daß es sich bei der inneren Ordnung einer Ehe, deren Grundlagen durch das Entscheidungsrecht mitgestaltet werden, um eine sittliche Ordnung handelt, und komme damit zu dem Ergebnis, daß es sich der Zuständigkeit des Gesetzgebers entzieht, hier a priori ein für allemal und für alle Lebensverhältnisse gültig ein Letztentscheidungsrecht zu setzen. Es ergibt sich bereits aus der schriftlichen Berichterstattung, die Ihnen vorliegt, daß die Mehrheit des Ausschusses der Auffassung war, gerade angesichts der Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse entziehe es sich der Befugnis des Gesetzgebers, eine allgemein gültige Regelung bezüglich des Letztentscheidungsrechts zu treffen.
Die Zahl der Familien, in denen die gesellschaftliche Wandlung in den Gedanken über die Gleichberechtigung der Geschlechter bereits lebendig geworden ist, ist doch in ständigem Wachsen. Wir können heute eine sehr starke Differenzierung feststellen, die je nach den individuellen Verhältnissen in dem Einzelfalle zu einem aus der Person, nicht durch das Geschlecht bedingten Übergewicht des einen oder zu einem aus der Person bedingten Übergewicht des anderen führt. Allein diese Erkenntnis, die niemand leugnen kann und sicherlich auch niemand leugnen wird, verbietet es, hier ein für allemal und mit Allgemeingültigkeit eine gesetzliche Regelung des Entscheidungsrechts zu treffen.
Der Herr Kollege Dr. Weber hat hier ausgeführt, daß sich eine Regelung in dem hier vorgeschlagenen Sinn schon allein deshalb als notwendig erweise, weil der Mann letztverantwortlich für die Leitung der Familie nach außen sei. An dieser Stelle scheiden sich die Geister. Wir sind der Meinung, daß es nur eine gemeinschaftliche Verantwortung und eine gemeinschaftliche Verantwortlichkeit für die gemeinsam zu führende Ehe gibt. Es gibt keine Letztverantwortlichkeit. Das Prinzip einer Letztverantwortlichkeit entspricht dem Gedanken eines Patriarchats, entspricht dem Gedanken längst verflossener Jahrhunderte. Wir haben es heute als einen Tatbestand — einen auch durch
Katastrophen und Zusammenbrüche mitbewirkten Tatbestand — unserer gesellschaftlichen Ordnung anzusehen, daß es eine gleichrangige gemeinschaftliche Verantwortlichkeit gibt.
Weil dem so ist, weil also unserer Auffassung nach eine gemeinschaftliche Verantwortlichkeit existiert, sind wir der Überzeugung, daß auch der Gesetzgeber diese gemeinschaftliche Verantwortlichkeit in jeder Weise zu respektieren hat. Oder um es noch genauer, vor allen Dingen in Übereinstimmung mit dem, was ich zuvor gesagt habe, zum Ausdruck zu bringen: er hat die gemeinschaftliche Verantwortlichkeit in jeder Weise zu ermöglichen und zu fördern. Der Gesetzgeber würde das nicht tun, wenn er in der Weise, wie es der vorliegende Antrag will, dem einen für sich allein gesehen eine Letztverantwortlichkeit für die Leitung der Familie auferlegte. Eine derartige Regelung wird in einer heute schon sehr großen und immer zunehmenden Zahl von Fällen der Lebenswirklichkeit nicht gerecht. Wir sind der Meinung
— Sie mögen sagen: der optimistischen Meinung; aber sagen Sie es nur, wir bekennen uns zu einer solchen optimistischen Betrachtungsweise —, daß der Gedanke der gemeinschaftlichen Verantwortlichkeit heute schon ein Bestandteil unserer Lebensordnung ist und deshalb auch von der Rechtsordnung respektiert werden sollte.
Auch aus diesem entscheidenden Gesichtspunkt können wird dem vorliegenden Antrag nicht zustimmen.
Meine Damen und Herren! Die Antragsteller haben durch Herrn Kollegen Dr. Weber zum Ausdruck gebracht, auch das Prinzip des Art. 6 des Grundgesetzes gebiete eine Regelung in dem vorgeschlagenen Sinne. Nun, der Art. 6 ist doch im Gesamtzusammenhang unserer Verfassungsordnung zu sehen. Ich will hier keine verfassungsrechtlichen und verfassungsgeschichtlichen Darlegungen machen, möchte aber doch auf eines hinweisen. Dieser Art. 6 des Grundgesetzes — und auch der Art. 3 des Grundgesetzes, soweit er hier interessiert — hat schon in der Weimarer Verfassung einen Vorläufer gehabt, und wir müssen es als eine selbstverständliche Tatsache ansehen, daß der Verfassungsgesetzgeber der Bundesrepublik in keiner Weise einen Schritt rückwärts tun wollte, hinter das zurückgehend, was bereits der Verfassungsgesetzgeber von Weimar anerkannt hatte. Es muß seit der Weimarer Verfassung als ein wesentlicher Bestandteil unserer Verfassungsordnung angesehen werden, daß die Familie, die den staatlichen Schutz und die staatliche Förderung zu beanspruchen hat, nur die auf der Basis der Gleichberechtigung beruhende Familie ist.
— Sie sagen, das glauben Sie nicht.
— Nein, Herr Kollege! Sie sagen also hier ganz zugespitzt: Sie verneinen, daß die durch Artikel 6 geschützte Familie eine auf dem Prinzip der Gleichberechtigung beruhende Familie ist. Wir halten das für eine sehr bemerkenswerte Feststellung, die Sie da machen. Aber wir glauben — ich habe das hier bereits zum Ausdruck gebracht, und ich meine, Sie sollten mir ersparen, es jetzt an Hand einer umfangreichen Literatur näher zu belegen —,
sowohl aus der Verfassungsgeschichte der deutschen Republik wie auch aus unserer Verfassungsordnung und natürlich auch aus unserer Lebensordnung, wie ich zuvor angeführt habe, folgern zu müssen, daß die geschützte Ehe und die geschützte Familie die auf dem Prinzip der Gleichberechtigung beruhende Ehe ist.
Damit kommen wir wieder zu dem entscheidenden Punkt des Artikels 3 des Grundgesetzes, nämlich zu dem Gebot der Gleichberechtigung und dem Verbot, wegen des Geschlechtes zu diskriminieren. Bei den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Weber, der in starkem Maße den Akzent auf den Gedanken der Letztverantwortlichkeit gelegt hat, ist nach meinem Eindruck die Tatsache etwas verdunkelt worden, daß es sich hierbei um ein Letztentscheidungsrecht handelt.
— Gewiß ist nicht zu bestreiten, daß diesem Recht — und es handelt sich hier um ein echtes Recht — auch Pflichten entsprechen. Aber bitte, jedes Recht hat ein gewisses Maß an Pflichten zur Folge.
Wir haben hier von der Regierungsvorlage auszugehen, und die Regierungsvorlage ist in dieser Beziehung eindeutig so zu interpretieren, daß es sich um ein Letztentscheidungs recht handelt. Hier soll also durch den Gesetzgeber ein Recht für den Mann ausschließlich deshalb geschaffen werden, weil es sich um den Mann handelt. Wir sind der Überzeugung, daß eine derartige Regelung eindeutig gegen das Verbot der Verfassung verstößt, einer Person ein Recht nur deshalb zuzubilligen, weil sie eben Mann oder Frau ist. Nach unserer Meinung sollte der vorliegende Antrag schon aus verfassungsrechtlichen Gründen abgelehnt werden.
Der Herr Kollege Dr. Weber hat sich auf das Bundesverfassungsgericht berufen. Ich glaube, daß man aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die — ich darf einmal nur diese eine Fundstelle anführen — in der Neuen Juristischen Wochenschrift 1954 Seite 65 angeführt ist, mit Fug und Recht auch eine andere Auffassung entnehmen kann. Man kann nämlich aus dieser Entscheidung durchaus folgern, daß die Übertragung eines echten Rechtes wie des Entscheidungsrechtes auf einen Ehegatten nur deshalb, weil es sich um einen Mann oder um eine Frau handelt, im Widerspruch zu dem Differenzierungsverbot unserer Verfassung steht.
Meine Damen und Herren, Sie alle haben sich, wenn ich das hier sagen darf, bewußt zu sein — und ich zweifle nicht daran, daß Sie sich dessen bewußt sind —, daß letzten Endes das, was hier beschlossen wird, eines Tages an den Normen unserer Verfassung gemessen wird.
Zahlreiche Gerichte haben sich bereits seit dem 1. April 1953 auf den Standpunkt gestellt — ich möchte sagen, daß die Rechtsprechung sich in dieser Beziehung bereits gefestigt hat —, daß die Ehe im Sinne des § 1354 BGB die auf dem Grundsatz der Gleichberechtigung beruhende Ehe ist. Wir sollten an einer in der Rechtsprechung mit so großem Nachdruck geäußerten Auffassung nicht vorübergehen. Es ist doch festzustellen, daß die Gerichte in erfreulicher Weise mit den allermeisten Problemen fertiggeworden sind, die sich aus dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgrundsatzes
ergeben haben. Man hat nicht mit einer Stange im Nebel herumgestochert, sondern man ist zu klaren Lösungen gekommen, und man ist ganz überwiegend auch bei der Ausgestaltung eines Entscheidungsrechts zu einer klaren Anerkennung des Gleichberechtigungsgrundsatzes gekommen. Das sollte uns zu denken geben.
Ich erinnere daran, daß sich auch hier in diesem Hause bei den entscheidenden Abstimmungen im Unterausschuß für das Familienrechtsgesetz Angehörige aller Fraktionen von der sozialdemokratischen Fraktion bis zur Fraktion der DP — Frau Kollegin Kalinke, Sie werden sich dessen erinnern — der in der Rechtsprechung verbreiteten Auffassung angeschlossen haben, daß das Prinzip der Gleichberechtigung es verbiete, ein Letztentscheidungsrecht zugunsten eines Ehegatten zu schaffen.
Wenn sich das Plenum des Bundestages auf einen anderen Standpunkt stellen sollte — was wir nicht annehmen —, dann würden glatte Lösungen, die durch die Rechtsprechung anerkannt worden sind, nicht mehr existieren. Dann entsteht eine verfassungsrechtliche Unsicherheit, die erst durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts überwunden werden kann. Nach all dem, was in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit zu dieser Problematik geäußert worden ist, zweifeln wir nicht daran, daß die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Anerkennung des Prinzips der Gleichberechtigung gerade auch im Zusammenhang mit dem uns jetzt beschäftigenden Problem bringen wird.
Aus diesen Gründen bittet die sozialdemokratische Bundestragsfraktion das Hohe Haus um die Ablehnung des vorliegenden Antrags.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Wittrock, Sie hatten vorhin gesagt, Sie würden den Antrag auf namentliche Abstimmung stellen. Stellen Sie ihn nunmehr?
— Danke. — Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Ilk.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe eigentlich geglaubt, daß eine Diskussion über den § 1354 in der uns jetzt wieder vorgelegten Form nicht mehr erforderlich ist, nachdem man in den vergangenen Jahren — seitdem die im Grundgesetz festgelegte Gleichberechtigung in Kraft getreten war — an Hand der Rechtsprechung, wie auch Herr Kollege Wittrock sagte, doch erkennen konnte, daß eine Bestimmung wie die des § 1354 selbst in der von Ihnen geänderten Form nicht mehr nötig ist.
Herr Kollege Weber, Sie sind anderer Meinung; aber Sie selber haben z. B. gesagt, daß die Fragen, die zwischen Eheleuten eventuell strittig sind, nicht judiziabel sind.
— Ja, die innere Ordnung; darauf kommt es ja doch in einer Ehe an. Wenn aber diese Fragen innerer Ordnung nicht judiziabel sind, dann sollen wir auch nicht versuchen, Gesetze zu machen, die sol-
che inneren Dinge vors Gericht bringen, wo sie eben
nicht durch Entscheidung geklärt werden können.
— Letztlich käme es aber dazu, Herr Kollege, wenn wir hier eine gesetzliche Bestimmung über die Entscheidungsbefugnis des Mannes einbauten. Was hat sie denn sonst für einen Zweck, wenn Sie nicht einmal darauf fußen können? Man wird sich dann vielleicht bei einem sich anschließenden Ehescheidungsprozeß darauf berufen und der Frau, wenn sie in der Ehe der Entscheidung des Mannes nicht Folge leistet, ein eheliches Verschulden zur Last legen. Wir haben bereits vor Jahren gerade über diesen speziellen Fall in diesem Hohen Hause außerordentlich intensiv beraten, und ich möchte Sie bitten, soweit Sie sich dafür interessieren, die Ausführungen nachzulesen, die ich damals dazu gemacht habe; ich möchte sie nicht wiederholen.
Nun haben Sie, Herr Kollege Weber, bei der Begründung gesagt, es handle sich nur um eine formale Regelung.
— Ob Ordnung oder Regelung, ist ja wohl kein wesentlicher Unterschied. Dazu muß ich sagen: Auch bei dieser formalen Ordnung müssen wir darauf achten, daß nicht der eine vor dem andern einen Vorzug hat. Wir müssen als Gesetzgeber darauf achten, daß beiden gleiche Rechte zustehen.
Weiterhin haben Sie darauf hingewiesen, auch der Frau sei ein gewisses Vorrecht dadurch eingeräumt, daß sie eine Berechtigung hat, den Haushalt selbständig zu führen, und für diesen verantwortlich ist. Das ist eine echte Funktionsteilung;
denn aus der weiblichen Eigenart ergibt es sich,
daß die Frau zur Haushaltsführung in der Regel besser geeignet ist als der Mann. Aber — nun kommt das Aber! — Ehefragen sind ja nicht nur Haushaltsfragen, sondern sind so vielfältiger Natur, daß ich nicht einzusehen vermag, warum die Funktion des Mannes so grundsätzlich anders ist, daß dieser in anderen Ehefragen wirklich nur aus der Funktion des Mannes heraus entscheiden kann und auch befähigt ist, besser als die Frau zu entscheiden. Diese Erklärung sind Sie uns schuldig geblieben. Die Haushaltsführung beinhaltet nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht der Frau. Dies geht ja so weit, Herr Kollege Weber, daß der Frau damit aus ihrer weiblichen Funktion heraus sogar noch eine Beschränkung auferlegt worden ist, daß sie nämlich nur berufstätig sein kann, wenn sie es mit ihren Pflichten als Hausfrau und Mutter vereinbaren kann. Daran können Sie schon erkennen, daß das eine funktionsbedingte Aufgabenteilung ist, die sich auch aus der Mutterschaft, aus ihrer Verpflichtung gegenüber den Kindern ergibt.
Aber ich kann das absolut nicht einsehen, worin die besondere Funktion des Mannes liegt, wenn er in Ehefragen etwa eine andere Entscheidung trifft. Nehmen wir einmal an, Mann und Frau wollen ein Haus bauen — Sie erinnern sich, daß das bei
der damaligen Beratung eine große Rolle gespielt hat — und können sich nicht darüber einigen, an welchem Platz das Haus erstehen soll. Warum soll dann unbedingt der Mann derjenige sein, der das besser versteht, und warum soll es eine männliche Funktion sein, in einem solchen Fall zu entscheiden?
Dann sollen sie das Haus eben nicht bauen, wenn sie sich nicht einigen können!
Wenn es so weit ist, Herr Kollege, daß sich die Eheleute in einer solchen Frage nicht einigen können, dann sollen sie in Gottes Namen die Finger von einer solchen Maßnahme lassen.
Dann sagen Sie: Die Ehe wird nicht geschützt. Auch darüber, meine Damen und Herren, haben wir oft genug und lange genug diskutiert, daß gerade die Erklärung eines Mannes: „Ich habe unter allen Umständen recht", eventuell dazu führt, daß eine Ehe in ihrem inneren Wert und in der gegenseitigen Verantwortung gestört wird. Und was Sie, Herr Kollege Weber, dazwischenschalten, daß die Frau gefragt und ihre Meinung berücksichtigt werden soll, das ist ja ein Wunschtraum.
— „Gesetzlich"! Wie wollen Sie denn das beweisen? Wie wollen Sie im Falle der Klage beweisen, daß im Gespräch zwischen Mann und Frau die Frau ihre Argumente dargelegt und der Mann bei seiner Entscheidung die Argumente berücksichtigt hat?
Da steht doch Aussage gegen Aussage!
— Ja, dann muß das auf Tonband aufgenommen werden; das ist vielleicht noch besser. Aber, Herr Kollege Weber, dann sind wir doch schon vor dem Richter, und ,die Spannungen sind schon da. Durch den Letztentscheid des Mannes in Ehefragen kommt unter Umständen erst eine Ehe vor den Richter.
Ich möchte also bitten, daß man aus diesen sachlichen Gründen heraus den § 1354 selbst in der abgeänderten Form wegläßt. Darüber hinaus weise ich noch einmal ganz ernst auf die verfassungsrechtliche Frage hin. Ob Sie es als eine formale oder als eine materielle Ordnung ansehen, ist ganz gleich. In jedem Fall würde eine solche Bestimmung unserem Grundgesetz widerstreben. Bitte belasten wir eine Frage, die, wie ich glaube, seit Jahren wohl kaum noch umstritten ist, doch nicht von vornherein mit dem Odium, daß vielleicht das Verfassungsgericht die Bestimmung wieder aufhebt. Die Fraktion der Freien Demokraten wird jedenfalls gegen den vom Herrn Kollegen Weber begründeten Antrag stimmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Wittrock.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ein kurzes Wort. Ich habe vorhin kritische Bemerkungen über die Besetzung der Regierungsbank gemacht. Selbstverständlich bezog sich das auch auf die Abwesenheit des Bundesministers der Justiz. Inzwischen habe ich erfahren, daß der Herr Bundesjustizminister schwer erkrankt ist. Ich bedaure, daß ich das nicht gewußt habe, und benutze die Gelegenheit, dem Herrn Bundesminister der Justiz eine gute und baldige Genesung zu wünschen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Schwarzhaupt.
Meine Herren und Damen! Obgleich ich den Ausführungen meines Kollegen Weber nicht zustimmen kann, bin ich sehr froh, daß die Schärfe, mit der im Anfang auf seine sehr sachlichen und erwägenswerten Ausführungen geantwortet worden ist, durch die letzten Bemerkungen von Herrn Wittrock zurückgenommen worden ist.
Nun zur Sache. Herr Weber hat seinen Änderungsantrag vor allem damit begründet, daß dieser einer Funktionsverteilung zwischen Mann und Frau in der Ehe und in der Familie entspricht. Er hat damit die Bedenken, die man im Hinblick auf den Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes haben könnte, für widerlegt gehalten. Ich glaube aber nicht, daß das Letztentscheidungsrecht wirklich die Funktionsverteilung zwischen Mann und Frau in der Ehe wiedergibt. Wir haben eine ganze Reihe von Bestimmungen in dem gemeinsam erarbeiteten Entwurf, die dieser Verschiedenheit Rechnung tragen: über die Funktion bei der Haushaltsführung, bei der Schlüsselgewalt und be dem Familienunterhalt. Hier haben wir durchaus ungleiche Bestimmungen für Mann und Frau, weil hier verschiedene Funktionen von der Natur, vom Wesen der Ehe, von der Tradition und von den soziologischen Verhältnissen her, in denen die Ehe lebt, gegeben sind. Aber ist die Frage „entscheidend oder nicht ,entscheidend?" wirklich eine Frage der Funktionsverteilung? Wenn wir bestimmte Aufgabengebiete dem einen und dem anderen zuerkennen, so ist mit der verschiedenen Aufgabe und der verschiedenen Verantwortung auch die Entscheidung verbunden, und wenn wir einem das Entscheidungsrecht für alle Gebiete — hier ausgenommen die spezielle Haushaltsführung — geben, schneiden wir aus den vielen Funktioneninnerhalb der Ehe doch etwas als rechtliche Befugnis zugunsten des einen Teils heraus, das mit dem rechtlichen Rang gegenüber dem Gesetz etwas zu tun hat.
Mein zweites Bedenken betrifft die rechtliche Fassung der Bestimmung, die vor uns liegt. Sie enthält vier Gedanken. Zunächst einmal: Mann und Frau sollen Entscheidungen in der Ehe gemeinsam treffen. Zweitens: Einigen sie sich nicht, so entscheidet der Mann. Drittens: Er hat dabei auf die Meinung der Frau Rücksicht zu nehmen. Viertens: Wenn die Entscheidung nicht zum Wohle der Familie ist, ist sie für die Frau unverbindlich.
Worüber hat sich nun die Frau in dem ersten Satz mit dem Mann nicht einigen können? Doch über die Frage, ob eine bestimmte Entscheidung dem Wohle der Familie dient oder nicht. Wenn die Frau diesen Paragraphen mit seinen vier Gedan-
Frau Dr. Schwarzhaupt)
ken durchgelesen hat, so ist sie am Ende nicht klüger, als sie am Anfang war. Denn am Ende steht: wenn die Entscheidung nicht dem Wohl der Familie dient — und gerade das hat die Frau ja dazu gebracht, mit dem Mann nicht einer Meinung zu sein —, dann ist sie nicht verbindlich. Die arme Frau, die etwa auf die Idee kommen sollte, bei einem Familienkonflikt in das BGB zu schauen — ich hoffe, nicht viele Frauen tun es —, würde, jedenfalls bei diesem Paragraphen, am Ende nicht klüger sein als lam Anfang.
Hinter der rechtlichen Unzulänglichkeit dieser Bestimmung steht nicht, daß etwa die Regierung oder der Rechtsausschuß oder wer sich damit befaßt hat, das ungeschickt gemacht hat; sondern dahinter steht, daß man hier etwas rechtlich regeln will, was nicht nur nicht judiziabel ist, wie Herr Weber gesagt hat, sondern was auch der rechtlichen Regelung durch den Gesetzgeber nicht zugänglich ist. Es ist eben rechtlich nicht zu fassen, wie sich in der einzelnen Ehe und wie sich in all den unendlich verschiedenartigen Ehen in unserem Volk die innere Willensbildung vollzieht. Die Willensbildung in der Ehe ist nicht eine Sache der äußeren Ordnung der Ehe, sondern scheint mir letzten Endes gerade das Entscheidendste und Innerste zu sein, in dem sich die Funktion dieser Gemeinschaft verwirklicht. Der staatliche Gesetzgeber kann nicht vom Gesetz her etwa eine „gleichberechtigte Ehe" schaffen. In der Beziehung unterscheide ich mich von dem, was Herrn Wittrock vorgeschwebt hat. Ich glaube, der Gesetzgeber kann hier überhaupt nicht gestalten. Die Ehen in unserem Volk sind in ihrer inneren Struktur unendlich verschieden. Das hängt ab von den Persönlichkeiten, das hängt ab von der Schicht, in der der einzelne lebt, ob es sich um 'Bauern, Handwerker und Intellektuelle, um Städter, um Landbewohner handelt; es hängt ab von der Tradition der Familie, von den religiösen Bindungen. in denen der eine anders als der andere steht. Dies alles wollen wir nicht berühren und können wir nicht berühren.
Wenn ich gegen den Letztentscheid des Mannes in allen ehelichen Angelegenheiten bin, so keineswegs deshalb, weil ich etwa in dieienigen Familien, in denen ihr Verständnis christlicher Traditionen diese Vorordnung des Mannes beiaht, eingreifen wollte. Keineswegs! Dieses soll umangetastet bleiben, weil es aus einer Ordnung kommt. die vieltiefer begründet ist als das staatliche Recht, aus einer Ordnung. die dem staatlichen Recht vorgegeben ist, die aber nicht durch staatliches Recht gestaltet werden kann.
Und schließlich ist gerade die Bestimmung des
1354 entbehrlich: Über all das, was hier zu sagen ist, auch über das Maß des Sich-Einfügens, das von ,dem einen oder dem anderen Ehegatten und in den allermeisten Fällen in besonderem Maße auch von der Frau immer wieder 'verlangt wird, enthält der § 1353 das Entscheidende, nämlich daß die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet sind. Die eheliche Lebensgemeinschaft verlangt ein gegenseitiges Sich-ineinander-Einfügen, sie verlangt, daß in manchen Lebensgebieten der Mann und in anderen die Frau nachgibt. § 1353 läßt offen, daß sich dies lebendia. lebensmäßig-natürlich von Mensch zu Mensch vollzieht und stellt es nicht unter ein starres Prinzip vom Letztentscheidungsrecht eines einzelnen. In den Fällen, in denen eine derartige Frage vor den
Richter kommt, hat der vernünftige Richter die Handhabe, die er braucht, in dem § 1353; ihm hilft ein starres und vielen Lebensverhältnissen nicht entsprechendes Prinzip wie das, was sehr gewunden und sehr mühsam in der Regierungsvorlage zu § 1354 ausgedrückt ist, nicht weiter.
Schwieriger ist ,die Frage bei Sachen der Kinder. Aber darauf kommen wir ja bei der Beratung des § 1628 noch einmal zurück. Wir sollten diese Frage hier aus der Erörterung heraushalten und hier nur von den allgemeinen ehelichen Angelegenheiten sprechen, für die wir, wie ich fest überzeugt bin, eine rechtlich nur so unzulänglich formulierbare Bestimmung wie den § 1354 nicht brauchen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, ich habe vorläufig noch zwei Wortmeldungen vorliegen. Ich schlage dem Hause vor, daß wir jetzt in die Mittagspause eintreten. Interfraktionell ist vereinbart, daß die Pause nur eine Stunde, von 13 bis 14 Uhr, dauern soll.
Die Sitzung ist unterbrochen.
Die Sitzung wird um 14 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Schneider wieder eröffnet.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Wir fahren in der unterbrochenen Sitzung fort.
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Metzger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind uns im Unterausschuß Familienrecht, ich darf wohl sagen, einig darüber gewesen, daß all unsere gesetzgeberische Arbeit unter dem Gesichtspunkt zu erfolgen hat, die Familie zu stärken. Ich darf unterstreichen, was der Herr Vorsitzende des Unterausschusses, Herr Kollege Weber, gesagt hat: daß wir in großer Einmütigkeit gearbeitet haben. Soweit das eheliche Güterrecht in Frage kommt, haben wir uns ja auch weitgehend zusammengefunden.
Es sind einige Fragen übriggeblieben. Dazu gehören die beiden, wie ich sagen möchte, wichtigen Fragen: ob der Mann ein Privileg haben soll, d. h. ob ihm der Stichentscheid zustehen soll in seiner Eigenschaft als Ehegatte wie auch in seiner Eigenschaft als Vater oder ob wir da mit dem Gedanken der Gleichberechtigung, der in Art. 3 vorgeschrieben ist, ernst machen.
Ich möchte, wenn ich zum § 1354 noch ein paar Worte sage, drei Gesichtspunkte herausstellen. Zunächst einmal sollten wir, glaube ich, nicht übersehen, daß auch der Gesetzgeber eine pädagogische Aufgabe hat. Diese pädagogische Aufgabe wird versäumt, wenn wir die Fassung der Regierungsvorlage wiederherstellen; denn auch die Regierung und damit die CDU, die diese Fassung wiederhergestellt haben will, sagt ja: Die Ehegatten haben alle Angelegenheiten, die das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffen, in gegenseitigem Einvernehmen zu regeln. Hier wird also der Grundsatz der Gleichberechtigung sogar in Form eines Gesetzesbefehls festgelegt. Es wird weiter gesagt: Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen. Auch da
kommt wieder das Müssen. Das ist also durchaus ein guter Ansatz im Willen, nur wird dem kein Nachdruck verliehen, wird keine Möglichkeit gegeben, das wirklich durchzuführen; denn nachher heißt es:
Können sie sich nicht einigen, so entscheidet der Mann;
und damit hat man die beiden Sätze am Anfang, die sehr schön, die sogar wie ein Gesetzesbefehl klingen, praktisch wieder aufgehoben. Denn darüber sind wir uns ja klar: solche Bestimmungen sind überhaupt nur für Fälle aktuell, bei denen es einmal kritisch wird. Wenn es aber kritisch wird, meine Damen und Herren, dann sollten wir dem Ehemann, der ja auch nach dem Sinn der hier festgelegten Norm sich mit seiner Frau verständigen soll, nicht die Möglichkeit geben, sollten wir ihn nicht in Versuchung führen, sich doch nicht mit seiner Frau zu einigen, sondern zu sagen: Ich darf ja entscheiden; wenn wir nicht einig werden, werde ich mir nicht allzu große Mühe geben; wenn meine Frau nicht will, dann werde ich auf den Tisch hauen, ich kann ja entscheiden; der Gesetzgeber, das Gesetz selbst, hat mir dazu die Möglichkeit gegeben. Wir dürfen also diese pädagogische Seite gar nicht unterschätzen. Wenn wir wirklich — und der Herr Kollege Weber hat das, glaube ich, zu Recht gesagt — den Gesichtspunkt des Art. 6 mit im Auge haben, nach dem die Ehe geschützt werden soll, dann sollten wir den § 1354 nicht wiederherstellen; denn wir leisten der zu schützenden Ehe nicht einen Dienst, wenn wir diesen Paragraphen wiederherstellen, sondern wir leisten dem Gegenteil einen Dienst. Wir verführen nämlich den Mann dazu, wieder den Herrn im Hause zu spielen und damit unter Umständen Spannungen in der Familie, in der Ehe entstehen zu lassen, die sonst nicht entstünden, wenn der Mann wüßte: Ich muß mich mit meiner Frau einigen; wenn keine Einigung zustande kommt, dann wird ein Non liquet dasein; der Gesetzgeber jedenfalls gibt mir keine Handhabe, meinen Willen einseitig durchzusetzen. Das ist der eine Gesichtspunkt.
Die CDU sagt: Wenn wir den § 1354 streichen, dann gibt es ein Non liquet; wenn die Ehegatten nicht einig sind, dann wird unter Umständen eine Frage nicht geregelt. Das wäre an sich, da es sich ja um zwei erwachsene Menschen handelt, nicht ohne weiteres so außerordentlich gefährlich. Wenn ihnen wirklich daran läge, sich zu einigen, dann müßten sie sich eben zusammenfinden, und der Gesetzgeber gäbe einen moralischen Antrieb. Aber wie ist es nach dem Regierungsentwurf; entsteht da nicht auch ein Non liquet, meine sehr verehrten Damen und Herren? Lesen Sie den letzten Satz: Widerspricht seine — des Mannes — Entscheidung dem Wohle der Familie, so ist die Entscheidung für die Frau nicht verbindlich. Wenn also der Mann entschieden hat und die Frau der Meinung ist, seine Entscheidung widerspreche dem Wohle der Familie, dann kann sie sagen: Diese Entscheidung ist für mich nicht verbindlich, — und wir sind genauso beim Non liquet gelandet, nur über den sehr unerfreulichen Umweg, daß durch den Gesetzgeber dem Mann eine Entscheidungsbefugnis zugebilligt und der Mann in eine Position hineingedrängt wird, die er nicht haben sollte, wenn man ehrlich will, daß beide Ehegatten sich einigen und daß sie gemeinsam Entscheidungen fällen.
Das Dritte! Es ist schon darauf hingewiesen worden: wenn der Mann das Recht der Letztentscheidung bekommt, erhält er ein Privileg, ein gesetzlich normiertes Vorrecht, das die Frau nicht hat. Damit ist natürlich dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter eindeutig widersprochen. Meines Erachtens kann es überhaupt keinen Zweifel darüber geben, daß das gegen die Verfassung, gegen das Grundgesetz verstößt.
Aber es kommt noch eine weitere Verschlechterung der Stellung der Frau hinzu. Nach der Gesetzeskonstruktion kann der Mann entscheiden, und die Frau kann diese Entscheidung als nicht verbindlich ansehen, wenn sie glaubt, daß die Entscheidung dem Wohl der Familie widerspricht. Wenn diese Frage, etwa in irgendeinem Prozeß, zum Gegenstand der Verhandlung werden sollte, nehmen wir an: im Prozeß auf Wiederherstellung der Ehe, dann ist die Frau in der unangenehmen Situation, beweisen zu müssen, daß der Mann eine dem Wohl der Familie widersprechende Entscheidung getroffen hat. Der Mann braucht nicht etwa zu beweisen, daß er eine richtige Entscheidung, eine Entscheidung im Sinne der Familie, getroffen hat, sondern die Frau muß beweisen, daß der Mann eine schlechte Entscheidung getroffen hat. Die Frau ist also von vornherein in einer schlechten Beweislage. Darin sehen Sie wiederum, wie sehr die Rechte der Frau verkürzt werden, wie wenig von einer Gleichberechtigung die Rede sein kann. Diese Gesetzesnormierung bedeutet nicht nur, daß der Mann ein zusätzliches Recht bekommt, sondern sie bedeutet auch, daß die Frau in eine schlechte Rechtsposition kommt, nämlich dadurch, daß ihr eine Beweislast zugeschoben wird, die dem Mann in keiner Weise obliegt, und daß sie den Beweis oft gar nicht erbringen kann. Siel ist dadurch von vornherein in einer schlechten Position.
Ich möchte also noch einmal wiederholen: denken Sie an die pädagogische Wirkung, die wir zu erzielen haben! Wir wollen die Stärkung der Ehe. Wir wollen, daß die Ehegatten ihre Ehe wirklich gemeinschaftlich aufbauen, daß sie sie gemeinschaftlich führen, daß sie gemeinschaftlich leben, also die Ehe wirklich als etwas auffassen, das nicht einfach ein Zusammenkommen zweckmäßiger Art ist. Wir wollen daran denken, daß die Regelung ja auch letzten Endes, wenn es hart auf hart geht, zu einem Non liquet führt und daß drittens nicht nur der Mann eine bessere Stellung, sondern die Frau zusätzlich eine ganz besonders schlechte Rechtsposition bekommt. Das kann nicht dem Wesen der Ehe entsprechen. Auf keinen Fall entspricht es dem Grundsatz der Gleichberechtigung oder dem, was bereits als geltendes Recht gemäß dem Grundsatz der Gleichberechtigung im Grundgesetz steht. Die Kolleginnen und Kollegen, die sich für die Fassung des § 1354, wie sie im Regierungsentwurf steht, entscheiden, müssen sich darüber im klaren sein, daß sie eine Entscheidung gegen die Verfassung treffen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Weber.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist hier gerügt worden, daß der Herr Familienminister niemals im Familienrechtsausschuß gewesen wäre. Ich muß feststellen, daß er in fast allen Sitzungen
durch seine Referentin Frau Schönepauck vertreten worden ist.
In der Diskussion ist hier der Artikel der Weimarer Verfassung, nach dem die Ehe auf der Gleichberechtigung der Geschlechter beruht, herangezogen worden. Ich habe damals an den Beratungen teilgenommen. Über diesen Satz bestand eine große Einmütigkeit. Aber dieser Satz von der Gleichberechtigung der Geschlechter bezieht sich nicht auf § 1354, sondern auf § 1353. Herr Dr. Weber hat schon den Unterschied zwischen § 1354 und § 1353 klargemacht. § 1353 bezieht sich auf die Wesenhaftigkeit der Ehe; in dieser Frage besteht die absolute Gleichberechtigung der Gschlechter. § 1354 bezieht sich nur auf die äußere Ordnung der Ehe und Familie, die nun einmal dasein muß. Herr Wittrock, die Ehe ist nicht nur eine sittliche Ordnung; sie ist vor allem eine sittliche Ordnung. Sie ist aber auch eine Ordnung, die in Erscheinung tritt und die aufrechterhalten werden muß.
Frau Dr. Ilk hat gesagt, wenn sich die beiden Ehegatten über einen Hausbau nicht einigten, würde der Hausbau eben unterbleiben. Aber Frau Ilk, wenn sie sich über eine Wohnung nicht einigen — eine Wohnung müssen doch beide haben —, dann kann man die Sache nicht einfach fallenlassen, sondern dann muß eine Entscheidung getroffen werden. Ich bin davon überzeugt, daß sich nach der Regelung des § 1354, die wir beschlossen haben und die auch im Regierungsentwurf schon enthalten war, die beiden sich in den meisten Fällen einigen. Ich bin hier gar nicht pessimistisch. Aber es gibt trotzdem auch Schwierigkeiten in Ehen. Wir haben alle in unserer Umgebung solche Fälle von Ehen, von denen man gar nicht sagen kann, daß sie zerrüttet sind — denn die zerrütteten Ehen haben wirklich oft ein anderes Gesetz —, erlebt. Auch in gesunden, normalen Ehen kann man sich manchmal nicht einigen, und da muß irgendwie entschieden werden auch in bezug auf das, was zur Lebensform der beiden Ehegatten gehört. Da wollen wir —Stichentscheid ist ein schlechtes Wort; Letztentscheid gefällt mir auch nicht —, ,daß einer von beiden entscheidet, und da sagen wir, es möge der Mann entscheiden.
Ich habe sehr viele Besprechungen mit einfachen Frauen des Volkes, wirklich mit dem Volk selber, gehabt. Diese Besprechungen mit Frauen gehen in die Tausende. Die Frauen haben alle, als ich mit ihnen sprach, von sich aus die einfache und schlichte Antwort gegeben: Nun ja, dann mag der Mann in diesen sehr seltenen Fällen — sie meinten nämlich, daß die meisten sich einigen würden — entscheiden.
—Das haben sie alle gesagt. Ich darf Ihnen das ganz ehrlich sagen.
— Das haben alle gesagt; es ist schade, daß ich Sie nicht dabeigehabt habe.
— Ja, es ist wirklich schade, daß Sie das nicht mitgehört haben. Ich wollte mich gar nicht so auf mein eigenes Urteil verlassen, sondern ich wollte das Urteil der schlichten und einfachen Frau des Volkes hören.
Sie sagen nun: Auch wenn diese Frauen das alle gesagt haben, so ist es doch gegen das Grundgesetz.
Im Grundgesetz stehen die beiden Artikel, der Art. 3 und der Art. 6, nebeneinander, gleichgeordnet, und es werden dadurch die Ehe und die Familie geschützt. Jedenfalls ist es ein Schutz der Ehe — ich will im Augenblick gar nicht von der Familie sprechen; über sie wird ja noch gesprochen werden —, wenn in solchen Fällen nicht ein Hin und Her bis zuletzt — beinahe hätte ich gesagt: bis zur Zerrüttung — entsteht, sondern einer entscheidet.
Glauben Sie wirklich, Herr Metzger, an die pädagogischen Wirkungen, daß damit, daß dem Mann die Entscheidung gegeben wird, Männer herangezogen werden, die mit der Faust auf den Tisch schlagen und sagen: Ich bin der Herr im Hause, und du hast das zu tun?
— Solche Männer hat es gegeben und wird es immer geben; ,aber ich habe nun einmal die optimistische Auffassung, daß das die Mehrzahl der Männer nicht tun, sondern sich mit den Frauen einigen wird. Ist es nicht so, 'daß für den Mann der Frau gegenüber auch eine bestimmte Schutzverpflichtung besteht? Und hat nicht der Bundesgerichtshof zweimal entschieden, daß der Mann der Haushaltungsvorstand sein soll? Also diese Furcht vor der Mannesentscheidung habe ich nicht, und die Frauen, Ldie ich gehört habe, haben sie auch nicht.
Ich bin davon überzeugt, daß das auch nicht dem Art. 3 des Grundgesetzes widerspricht. Gleichberechtigung ist in einer Gemeinschaft — und die Ehe ist unsere feinste und verantwortungsvollste Gemeinschaft — ganz etwas anderes als z. B. im Arbeitsrecht, wo die Menschen gleichberechtigt nebeneinander stehen. Die Ehe ist nun einmal eine Gemeinschaft, und wenn sich die Ehegatten nicht einigen, dann muß eben etwas geschehen, damit ein Beschluß zustande kommt.
Wir sind erstens der Meinung, daß unser Antrag nicht gegen die Verfassung ist. Lesen Sie nach, was Professor Beitzke darüber gesagt hat. Wir sind ferner der Meinung, daß es des pädagogischen Antriebs gar nicht bedarf. Wir vertreten drittens die Ansicht, daß die Ehe dadurch in dem wesenhaften Inhalt, den sie auch in der äußeren Ordnung haben soll, geschützt wird.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Lüders.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vieles von dem, was ich hätte sagen können, haben die Vorredner der verschiedenen Parteien, z. B. Frau Dr. Schwarzhaupt und Herr Metzger, bereits vorweggenommen. Unseren grundsätzlichen Standpunkt zu § 1354 hat meine Fraktionskollegin Frau Dr. Ilk dargelegt.
Ich habe nicht die Absicht, lange oder gar polemische Ausführungen zu machen. Ich glaube nicht, daß das erwünscht und zweckmäßig ist; auch entspräche es in keiner Weise dem, was im Familienrechtsausschuß zum Ausdruck gekommen ist.
— Das freut mich, wenn Sie einmal zu mir „Sehr richtig" sagen;
sonst haben das Glück nur mein Kollege Weber und andere Herren Ihrer Fraktion. Dia ich etwas „sehr Richtiges" gesagt habe, darf ich also fortfahren.
Die vorliegenden Entwürfe zur Neuordnung des Güterrechts sowie des Familienrechts sind überaus beachtlich für die Durchführung Ides seit längeren Jahren anerkannten Grundsatzes der Gleichberechtigung von Mann und Frau, und zwar im gesamten Bereich des ehelichen Lebens, sowohl in wirtschaftlicher als auch in persönlich-menschlicher Beziehung.
So wichtig ,die Regelung der vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehepartner zueinander zweifellos ist, für deren Darstellung in dem ausführlichen Bericht wir dem Kollegen Seidl sehr dankbar sein müssen, und so dringend notwendig die Angleichung an die im Laufe der Jahre erfolgte völlig veränderte soziale und wirtschaftliche Lage der Frau ist, so liegt unseres Erachtens das Schwergewicht der Neuregelungen doch auf dem Gebiet des Familienrechts im engeren Sinne.
Für uns liegt dieses Schwergewicht nicht in formalen Bestimmungen, sondern in dem unseres Erachtens erfolgreichen Versuch, die beiden Ehepartner auch rechtlich zu einer gegenseitig verpflichteten und berechtigten Einheit zusammenzufügen. Das bisherige Recht stand diesen Versuchen und dieser unseres Erachtensbestehenden Notwendigkeit, sie zusammenzufügen, ausgesprochen entgegen. Die bisherige Rechtslage hat, wie es schon ausgeführt worden ist, dem einen Teil ein aus einer alten Gewohnheit, man kann auch sagen: aus einer jahrhundertealten Tradition stammendes patriarchalisches Übergewicht gegeben. Niemand von uns wird und kann leugnen — das ist auch in den Ausschüssen so gewesen —, daß in normalen Ehen diese völlig unterschiedliche Rechtsstellung der Ehegatten zueinander und der Eltern im Verhältnis zu den Kindern keine ehestörenden Wirkungen hatte, weil sich beide im Durchschnitt der Fälle aus Vernunft, aus Achtung und aus gegenseitiger Liebe zueinander einigten. Uns kommt alles auf die Einigung an.
Die auf allen Lebensgebieten völlig veränderte Stellung der Frau, Idas ständig gewachsene Maß ihrer Betätigung im außerhäuslichen Bereich mit ihren Rückwirkungen auf die immer größer gewordene Mitverantwortung für die gesamte Existenz !der Familie — Kollege Weber, der Mann hat diese Verantwortung nicht mehr allein — konnten nicht ohne Einfluß auf die Beziehungen der Familienmitglieder untereinander bleiben. Die tatsächlichen Lebensverhältnisse und das bestehende Recht klafften mit der Zeit immer weiter auseinander. Diese Tatsache kam auch den Frauen, vielleicht nicht denen, die noch nie die Nase in ein Gesetzbuch gesteckt haben, und auch nicht denen, die ständig zu rallem ja und amen gesagt haben, zum Bewußtsein. Aus dieser Diskrepanz zwischen den tatsächlichen Lebensumständen und dem bestehenden Recht mußten Spannungen zwischen den Eheleuten oder sogar zwischen ihnen und den Kindern entstehen, und sie sind leider je länger je mehr entstanden, und zwar in einer Weise, daß sie der Institution der Ehe gefährlich werden konnten und leider nicht selten gefährlich geworden sind.
Dieser unerfreulichen Entwicklung entgegenzuwirken, d. h. ,durch neue, dem Leben angepaßte Rechtsnormen die Festigung der Ehe zu fördern, war das einheitlich ,anerkannte Ziel und Bemühen des Familienrechtsausschusses im Laufe seiner mehrjährigen Beratungen. Das ist ganz klar zum Ausdruck gekommen. Wir sind deshalb der Meinung, daß auch das Plenum des Bundestages diesen intensiven Bemühungen soweit wie nur irgend möglich Rechnung tragen sollte. Wir wissen, daß in einem ganz bedeutsamen Punkt schon im Unterausschuß und später auch im Rechtsausschuß die Meinungen auseinandergingen. Das wird auch hier der Fall sein; bereits die bisherige Diskussion hat es gezeigt.
Diese Meinungsverschiedenheiten betreffen die Bestimmungen der §§ 1354 und 1628, in denen die bekannte Frage nach dem sogenannten Stichentscheid des Mannesaufgeworfen ist. Wir sind der Meinung, daß diese Frage keine Frage rein juristischer Natur ist, sondern daß sie einen ganz wesentlichen psychologischen Inhalt hat. Man sollte den psychologischen Gehalt dieser Frage nicht übersehen. Dieser Gehalt hat einen überaus nachhaltigen Einfluß auf das Verhältnis der Eltern untereinander und auf das der Eltern zu den Kindern.
Meine verehrten Kollegen! Wenn hier ein reines Übergewicht des Mannes wie bisher bestehenbleibt, so kann gar kein Zweifel daran sein, daß in zahllosen Fällen die Autorität der Mutter in den Augen der Kinder erheblich Schaden leiden muß. Wollen wir das? Ich glaube, das wollen wir nicht. Wir sind vielmehr der Meinung, daß man alles tun sollte, um die Autorität der Mutter zu stärken. Winden wir Möglichkeiten geben, die Autorität der Mutter irgendwie in den Augen der Kinder in Zweifel zu ziehen, so würden wir uns selber Lügen strafen, da wir seit Jahr und Tag immer und immer wieder die hohe Autorität, ja die Würde der Mutter und Hausfrau herausstellen, sie hier aber plötzlich in den Angelegenheiten, die sie ganz besonders tief treffen — das sind die Beziehungen zu ihren Kindern — völlig von dem Willen eines anderen labhängig gemacht werden sollen.
Das kann der Autorität der Mutter unmöglich gut sein. Sowie die Autorität der Mutter bei den Kindern angezweifelt werden kann, sowie sie irgendwie erschüttert oder auch nur angezweifelt wird, ist selbstverständlich im ganzen Gefüge der Familie bereits ein Riß entstanden.
Die psychologische Bedeutung und die Anerkennung dieser psychologischen Bedeutung liegt vermutlich auch den fast übereinstimmenden Entscheidungen der höheren Gerichte in der Beantwortung der Frage nach der grundrechtlichen Möglichkeit des Stichentscheids zugrunde. Der Bundesgerichtshof hat am 2. Mai 1956 und zahlreiche Oberlandesgerichte und Landgerichte haben immer die gleiche Ansicht vertreten: daß der Stichentscheid bundesrechtlich, verfassungsrechtlich nicht zulässig ist. Mir sind nur je ein Landgerichts- und ein Amtsgerichtsurteil bekannt, die den Stichentscheid für zulässig halten; es sind 'das Landgericht Wuppertal und das Amtsgericht Würzburg. Letzteres hat gesagt, 'der Stichentscheid sei ganz besonders geeignet, 'die Geschlossenheit der Familie aufrechtzuerhalten. Ich bin der Meinung, der Strichentscheid ist im Gegenteil sehr geeignet, Ehescheidungen zu vermehren, weil nämlich, wie sich in der Praxis gezeigt hat, viele Frauen, die ein Recht auf Scheidungsklage haben, davon nur deshalb Gebrauch machen, um nach der Scheidung das Personensorgerecht über die Kinder zu erhalten, damit sie
die Kinder gegen die nach ihrer Ansicht ungünstige Entscheidung ides Vaters schützen können. Diese Konsequenz ist in höchstem Grade unerfreulich.
Wenn aber die Mutter ihre Meinung nur auf dem Umweg über das Vormundschaftsgericht zur Geltung bringen kann, so sind nicht nur die Kinder selber gefährdet, sondern auch der Bestand zahlreicher Ehen. Diese bedauerliche Konsequenz liegt bestimmt nicht in der Absicht derer, die Art. 6 des Grundgesetzes geschaffen haben, diesen Artikel, der dem Staat eine Mitverantwortung für den Bestand der Familie auferlegt. Vorschriften, die dem Bestand der Familie entgegenwirken — wie das nach meiner festen Überzeugung der Stichentscheid tut —, entsprechen dieser im Artikel 6 dem Staate auferlegten Pflicht nicht.
Noch ein Wort zu der behaupteten Gefahr, daß das Eingreifen des Vormundschaftsgerichts bei Streitigkeiten unter den Eltern ein unglaubliches Ausmaß 'annehmen würde. Ich habe mir die Mühe gemacht, bei vielen Justizministerien anzufragen, ob und in welchem Umfang bei Streitigkeiten Anträge an das Vormundschaftsgericht gestellt worden sind. Diese Umfrage hat gezeigt, daß die Anrufung des Vormundschaftsgerichts zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Eltern nur sehr selten erfolgte.
In Nordrhein-Westfalen sind es noch kein Dutzend Anträge im ganzen Lande, die in ,den letzten 4 Jahren an ,das Vormundschaftsgericht gerichtet worden sind.
Nach der Mitteilung des hessischen Justizministers hatte eine Umfrage folgendes Ergebnis: Zahl der Verfahren in den letzten drei Jahren beim Amtsgericht Darmstadt 6; davon war die Ehe in 6 Fällen zerrüttet. Verehrte Anwesende, das ist nämlich der tatsächliche Stand der Dinge, daß solche Ersuchen an die Vormundschaftsgerichte fastausschließlich von bereits zerrütteten Ehen ausgehen.
Kein Mensch kann sagen, daß das eine normale Angelegenheit sei.
— Nein, er besteht noch. — Das Amtsgericht Frankfurt am Main, ein sehr großes Amtsgericht, hat in den letzten drei Jahren 25 bis 30 Verfahren gehabt; von zerrütteten Ehen sind sage und schreibe etwa 25 bis 30 ausgegangen. Beim Amtsgericht Gießen sind in dem genannten Zeitraum 16 Anträge gestellt worden; die Zahl der zerrütteten Ehen beträgt hier 10. In Kassel sind es 2 Anträge herrührend aus nicht zerrütteten Ehen gewesen. In Offenbach sind überhaupt keine Anträge gestellt worden; in Wiesbaden 6 Anträge, darunter 2 aus zerrütteten Ehen. Zusammen sind also in den letzten 3 bis 4 Jahren nicht mehr und nicht weniger als 55 bis 60 Anträge gestellt worden, von denen etwa 43 bis 48 von zerrütteten Ehen ausgegangen sind. Mir scheint, es ist ein ziemlich klarer Weg, den wir nun beschreiten müßten.
Nun noch ein Wort zu der Antwort aus Bayern. Ich lege immer besonderen Wert darauf, die Ansichten der bayerischen Kollegen zu hören.
Der bayerische Justizminister hat mir folgendes mitgeteilt. — Hören Sie her, Kollege Seidl; es ist nämlich furchtbar für Sie, was ich Ihnen jetzt sagen muß. —
1954 sind in dem lieben Bayern 87 Anträge gestellt worden, also weit mehr als in allen anderen Ländern.
1955, Kollege Seidl, haben Ihre lieben Landsleute 94 Anträge gestellt,
1956 — das glaubt kein Mensch — 148 Anträge!
— Nein, das zeigt es gar nicht, sondern der Justizminister hat es wohlweislich vermieden, darauf hinzuweisen, woran das liegt. Er hat es wohlweislich auch vermieden, anzugeben, wieviel Ehen in diesen Fällen zerrüttet gewesen sind. Er hat mir aber etwas sehr Nettes mitgeteilt. Er schreibt nämlich:
Nach dem Bericht eines großen Gerichts hat sich außerdem eine Reihe von Eltern bei der Antragsstelle oder den Geschäftsstellen eingefunden. Sie haben jedoch nach Besprechung der Angelegenheit und Beratung von der Stellung eines Antrages auf gerichtliche Entscheidung abgesehen.
Das spricht für die Vernunft der Ehegatten. Es spricht für die Güte der Besetzung dieser Stellen, und es spricht dafür, daß man die Zahl der Eheberatungsstellen, die schon früher in weit größerem Maße vorhanden gewesen sind, mit möglichster Beschleunigung vergrößern sollte, um Scheidungsbegehren vorzubeugen.
Sachlich habe ich dem nichts weiter hinzuzufügen. Ich möchte Sie nur noch bitten, die Änderungsanträge meiner Fraktion, die mit der im Unterausschuß des Rechtsausschusses vertretenen Auffassung weitgehend übereinstimmen, anzunehmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Weitere Wortmeldungen zu dem aufgerufenen Paragraphen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Von der Fraktion der SPD ist namentliche Abstimmung über den Änderungsantrag beantragt. Wie ich feststelle, ist der Antrag auf namentliche Abstimmung genügend unterstützt. Auf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung ist vorgesehen, die Abstimmung, auch die namentliche Abstimmung, bis nach 15 Uhr zurückzustellen. Ist das Haus damit einverstanden, daß wir in der Beratung des Gesetzentwurfs fortfahren? — Das ist der Fall.
Ich rufe die §§ 1355 und 1356 in der Ausschußfassung auf. — Das Wort wird nicht gewünscht, Wir kommen zur Abstimmung. Wer den beiden aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht,
gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! —Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf § 1357 und dazu den Änderungsantrag der SPD, Umdruck 1032*) Ziffer 1. — Ich erteile das Wort zur Begründung dem Herrn Abgeordneten Metzger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorweg möchte ich eine kleine Berichtigung des Antrags Umdruck 1032 anbringen. In Abs. 4 muß es heißen:
Dritten gegenüber 'ist die Ausschließung — an Stelle von „Aufhebung" —
oder Entziehung nur nach Maßgabe des § 1412 wirksam.
Die Anführung des anderen Paragraphen stammt noch vom alten Antrag.
§ 1357 behandelt die Frage der Schlüsselgewalt. Nach den bisherigen Bestimmungen des BGB hatte die Frau die alleinige Schlüsselgewalt. Der Regierungsentwurf hat in richtiger Erkenntnis der Tatsache, daß das Grundgesetz die Gleichberechtigung vorschreibt, die Schlüsselgewalt für Mann und Frau normiert. Der Ausschuß hat in seiner Mehrheit geglaubt, zur alleinigen Schlüsselgewalt der Ehefrau zurückgehen zu sollen. Wir von der SPD-Fraktion sind in der Minderzahl geblieben. Wir meinen aber, daß wir allein um der Verfassungsmäßigkeit willen den Antrag wiederholen müssen, daß Mann und Frau die Schlüsselgewalt bekommen. Das ist eine Frage der Gleichberechtigung der Geschlechter, in diesem Fall sogar auch eine Frage der Gleichberechtigung des Mannes. Wenn wir allein der Frau die Schlüsselgewalt übertragen, wird es so sein, wie es im Gesetzentwurf vorgesehen ist, den der Unterausschuß des Rechtsausschusses erarbeitet hat, daß die Geschäfte mit Wirkung für den Mann besorgt werden und daß der Mann berechtigt und verpflichtet wird. Er wird also nicht nur verpflichtet, sondern auch berechtigt, während die Frau selbst keine Berechtigung erlangt. Im Gegenteil, wenn der Mann nicht zahlungsfähig ist, soll die nichtberechtigte Frau obendrein noch verpflichtet werden. Allein daraus ergibt sich eindeutig eine nicht gleiche Stellung der Frau.
Daß retie Gleichberechtigung der Frau nicht verwirklicht ist, wird noch deutlicher in dem Abs. 2 dieses Paragraphen; ,denn der Mann kann die Berechtigung der Frau, Geschäfte mit Wirkung für ihn zu besorgen, beschränken oder ausschließen. Er hat also einseitig die Möglichkeit, der Frau ein Recht, das ihr gegeben ist, zu nehmen, während umgekehrt die Frau keinerlei Möglichkeit hat, auf die Verfügungsgewalt des Mannes in bezug auf diesen häuslichen Wirkungskreis einzuwirken. Auch da wird deutlich, daß Mann und Frau keineswegs gleichberechtigt behandelt werden.
Wir beantragen deshalb, daß Rechtsgeschäfte, die ein Ehegatte, Mann oder Frau, im Rahmen der täglichen Bedürfnisse der Familie abschließt, beide Ehegatten verpflichten. Dabei ist es naheliegend, daß auch der Umkreis, innerhalb dessen Rechtsgeschäfte nach § 1357 geschlossen werden können, etwas weiter gezogen wird. Während der Ausschußentwurf von dem „häuslichen Wirkungskreis der Frau" spricht, spricht unser Antrag von den „täglichen Bedürfnissen der Familie". Es wird also davon ausgegangen, daß beide Teile die Möglich-
*) Siehe Anlage 9
keit haben, im Rahmen des § 1357 zugunsten und zu Lasten des anderen zu handeln und zu verfügen. Ich glaube, auch hier kommt etwas zum Ausdruck, das uns immer sehr am Herzen gelegen hat, nämlich daß die Familie, daß die Ehe eine wirkliche Lebensgemeinschaft darstellt. Das heißt
darüber sind wir uns im Laufe unserer Beratungen immer wieder im klaren gewesen —, daß man damit auch gewisse Bindungen in Kauf nehmen muß; denn Ehe bedeutet Bindung, Bindung auch in rechtlicher Beziehung. Die Bindung, die nach unserem Antrag zwischen den beiden Ehegatten hergestellt wird, ist ohne Zweifel enger, aber auch familiengemäßer als das, was in dem Entwurf ,des Unterausschusses gesagt ist. Ich bitte, dem § 1357 in der von uns formulierten Fassung zuzustimmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich das Wort weitergebe, habe ich mich einer angenehmen Pflicht zu entledigen. Wir haben heute wieder die große Freude, sechs Mitglieder des englischen Unterhauses bei uns zu sehen, die liebenswürdigerweise einer Einladung des Präsidenten des Deutschen Bundestages gefolgt sind. Ich habe die Ehre, die Herren im Namen des ganzen Hauses auf das herzlichste in unserer Mitte zu begrüßen,
und gebe der Hoffnung Ausdruck, daß ihr Besuch für beide Teile fruchtbar sein möge.
Ich erteile das Wort der Abgeordneten Frau Dr. Weber.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU möchte allein der Frau die Schlüsselgewalt geben. Das ergibt sich aus den Funktionen, die die beiden Ehegatten in der Ehe haben. Die Frau soll den Haushalt in eigener Verwaltung führen. Aber das Geld besorgt der Mann.
— Ja, doch, das ist so; wenn sie den Haushalt führen soll, muß der Mann dafür sorgen, daß das Geld vorhanden ist. Aus diesem Grunde wollen wir auch ihr allein die Schlüsselgewalt geben.
Wir finden es sinnlos, wenn der Mann neben der Frau die Schlüsselgewalt hat. Was will er ihr denn wirklich abnehmen? Er allein verdient doch das Geld! Deshalb soll er eine Schlüsselgewalt für die Aufgaben, die die Frau innerhalb des Haushalts und der Familie hat, nicht haben. Ist der Mann nicht zahlungsfähig, dann wird die Frau verpflichtet zu zahlen, damit man nicht sagen kann, der Gläubiger würde von uns nicht geschützt.
Ich bitte also, ,den Antrag der Sozialdemokratie im Interesse der Würdigung der Arbeit der Frau im Haushalt abzulehnen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird zu diesem Punkt weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Beratung. Ich stelle auch hierzu die Abstimmung vorerst zurück.
— Mir wurde nicht gesagt, daß sich diese Zurückstellung nur auf namentliche Abstimmungen beziehen soll. — Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Wittrock, bitte.
Herr Präsident, ich möchte mich hier nicht für meine Fraktion, sondern für meine Person sehr ernsthaft dagegen wenden, daß Abstimmungen über Probleme zurückgestellt werden, die Gegenstand einer ernsten Auseinandersetzung sind. Es ist nach meiner Überzeugung einfach untragbar und unmöglich, daß man die Abstimmung nach zwei Stunden oder nach einer halben Stunde durchführt, wo die unmittelbar persönliche Wirkung der Aussprache überhaupt nicht mehr vorhanden ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, geben Sie mir bitte keine Schuld; es ist nicht meine Idee. Ich hätte selbstverständlich auch zu dem vorhin diskutierten Punkt sofort abstimmen lassen müssen, wie es die Geschäftsordnung vorschreibt. Aber das Haus ist an mich herangetreten — inklusive Ihrer Fraktion, Herr Kollege Wittrock —, so zu verfahren, und bisher war es üblich, daß so verfahren wird, wenn das ganze Haus es wünscht. Wir haben auch in sehr schwierigen Dingen so verfahren. Ich darf eine Frage stellen: Ist das Haus damit einverstanden, daß wir nun beispielsweise über den Antrag Umdruck 1032 sofort abstimmen, oder soll auch das zurückgestellt werden? — Bitte, Herr Abgeordneter Rasner zur Geschäftsordnung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die interfraktionelle Vereinbarung bezog sich selbstverständlich auf alle Abstimmungen. Es war beispielsweise der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, der Wert darauf legte, bei allen Abstimmungen anwesend zu sein. Ich bitte es bei der Vereinbarung zu belassen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ist das Haus damit einverstanden? — Dann verschiebe ich alle Abstimmungen bis nach 15 Uhr.
Ich fahre in der Behandlung des Gesetzes fort. Ich rufe auf Artikel 1 Nr. 7 — „§ 1358 fällt weg" — und Nr. 8 mit den §§ 1360, — 1360 a, — 1360 b, —1361, — 1361 a und 1362. — Wer den aufgerufenen Nummern in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! —
— Kontroverse Abstimmungen selbstverständlich!
Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf in Nr. 9 des Artikels 1 die §§ 1363, —1364, — 1365, — 1366, — 1367, — 1368, — 1369 und 1370. — Wird das Wort zu den aufgerufenen Paragraphen gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache.
Wer den aufgerufenen Paragraphen in der Fassung des Ausschusses in zweiter Lesung zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf § 1371, dazu die Änderungsanträge Umdruck 1039*) und Umdruck 1038**). — Das Wort zur Begründung des Antrags Umdruck 1039 hat der Abgeordnete Dr. Weber.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag auf Umdruck 1039 befaßt sich mit dem Problem, ob — genauso wie beim Ausgleich des Zugewinns, wenn der Zugewinn wirklich abgerechnet wird — eine Anrechnung der sogenannten Vorempfänge erfolgen soll. Der Ausschuß hat diese Frage verneint. Die Antragsteller sind aber der Meinung, daß eine solche Anrechnung unumgänglich ist. Wir hatten im Ausschuß alle das Bestreben, die Möglichkeit, daß die Eheleute sich schon während Bestehens der Ehe gegenseitig am Vermögenszuwachs beteiligen, zu fördern. Diese Möglichkeit würde beeinträchtigt und es würde sogar eine Ungerechtigkeit eintreten, wenn im Falle eines solchen Ausgleichs während Bestehens der Ehe nunmehr bei der Erbschaft der Vorempfang nicht zur Anrechnung käme. Die Situation liegt hier ganz ähnlich wie beim Ausgleich der Vorempfänge unter Geschwistern nach den §§ 2050 ff. Infolgedessen sind wir der Meinung, daß ebenso, wie beim Ausgleich des Zugewinns die Vorempfänge berücksichtigt werden, diese Vorempfänge auch auf das Viertel der Erhöhung des Erbteils angerechnet werden sollten.
Es ist dagegen eingewandt worden, das führe gerade das wieder herbei, was wir vermeiden wollten, nämlich eine Rechnerei und eine Auseinandersetzung; die Ausschließung der Anrechnung sollte die Sache vereinfachen. — Ich bin sehr für Vereinfachung; aber wenn die Vereinfachung zur Ungerechtigkeit führt, dann können wir sie nicht hinnehmen. Unsere Ansicht ist, daß hierdurch die Eheleute in ihrem Bestreben, bereits während Bestehens der Ehe einen Ausgleich vorzunehmen, gehindert werden. Denken Sie z. B. daran, daß es weithin üblich ist, ein Grundstück beim Erwerb auf beide Eheleute eintragen zu lassen!
Ich gebe zu, der Ausgleich kann durch testamentarische Bestimmung herbeigeführt werden. Aber es haben nun einmal sehr viele Leute einen Horror davor, Testamente zu machen, und der Gesetzgeber muß Vorsorge treffen für den Fall, daß eine solche Bestimmung nicht getroffen wird.
Wir bitten um Annahme dieses Antrags.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Metzger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es kann gar nicht bestritten werden, daß hier ein ernstes Problem vorliegt und daß man nicht ohne weiteres das abweisen kann, was hier vorgetragen worden ist. Aber es ist doch eine gewisse Schwierigkeit gegeben: Da, wo der Ausgleich berechnet wird, haben wir ja auch festgelegt, daß eine solche Zuwendung anzurechnen ist; aber in jenem Falle erfolgt wirklich eine Berechnung, während wir hier im Falle der Erbfolge ein Pauschale festgelegt haben. Diese Pauschalregelung durchbrechen wir natürlich, wenn wir eine Berechnungvorsehen.
Aber auch das wäre noch erträglich, wenn nicht — im Falle der Annahme des vom Kollegen Dr.
*) Siehe Anlage 10 **) Siehe Anlage 11
Weber begründeten Antrags — Zweifelsfragen in der Praxis entstehen könnten, die nicht erfreulich sind. Das, was in Satz 1 steht, ist eine Selbstverständlichkeit, daß nämlich dann, wenn der Erblasser es bestimmt, anzurechnen ist. Daß wir aber seinen Willen so interpretieren, daß wir sagen, er habe auch dann bestimmt, wenn er nicht bestimmt hat, entspricht vielleicht doch nicht den Erfordernissen der Rechtssicherheit. Ich glaube, wenn ein Ehegatte dem anderen Ehegatten die Hälfte seines Grundstückes übertragen will, wenn er also eine derart weitgehende Rechtshandlung vornehmen will, dann wird er eine entsprechende Bestimmung treffen, und dann wird der Zweifelsfall nicht eintreten. Wenn er eine Bestimmung nicht getroffen hat, wird er wollen, daß die Anrechnung nicht erfolgt.
Ich gebe gern zu, daß man in dieser Frage verschiedener Meinung sein kann. Aber ich glaube, daß man diese Bestimmung um der Rechtssicherheit willen nicht treffen, sondern daß man das den Eheleuten überlassen sollte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Staatssekretär Dr. Strauß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure es sehr, aber ich fühle mich verpflichtet, davor zu warnen, in diesem Stadium des Gesetzgebungsverfahrens noch diese Einzelfrage aufzugreifen und bereits jetzt einer Lösung zuzuführen.
— Das ist der nächste Satz, den ich sprechen wollte, sehr verehrter Herr Abgeordneter. Sie ist im Ausschuß in der Tat eingehend behandelt worden; der Antrag ist aber, soweit ich unterrichtet bin, einmütig abgelehnt worden
— dann mit einer sehr großen Mehrheit —, weil sie mit anderen Problemen zusammenhängt.
Die Bundesregierung ist sich dessen bewußt, daß hier eine Frage berührt wird, die überlegt und dereinst gelöst werden muß. Aber bereits jetzt können die Eheleute durch testamentarische Bestimmung eine derartige Anrechnung des Vorempfangs erreichen. Auf der anderen Seite — und hier sehe ich eigentlich überhaupt den einzigen Zusammenhang mit dem Problem der Gleichberechtigung — nimmt man der Frau, was man ihr vorher gegeben hat.
Meine Hauptsorge aber ist, daß bei einer Formulierung, wie sie hier vorgeschlagen wird, nicht der Rechtssicherheit gedient wird, sondern daß hier nach dem Todesfall eine Quelle für sehr zahlreiche Prozesse entstehen kann, und zwar Prozesse, die zwischen den überlebenden Ehegatten und den Kindern stattfinden, also äußerst unerfreuliche Prozesse und Prozesse, bei denen wahrscheinlich die Beweislage gerade für die Kinder außerordentlich schwierig sein wird.
Ich kann die Zusage machen, daß das Bundesjustizministerium, das dieses Problem im ursprünglichen Entwurf schon an einer anderen
Stelle angeschnitten hatte, gerade diese Sache ebenso wie den anderen Antrag, zu dem ich leider auch sprechen muß, mit besonderer Sorgfalt weiterverfolgen und Ihnen bei der nächsten sich bietenden gesetzgeberischen Gelegenheit einen Vorschlag machen wird. Im gegenwärtigen Zeitpunkt, am Ende der Beratungen dieses Gesetzentwurfs, möchte ich jedoch darum bitten, die Dinge noch nicht als endgültig lösbar anzusehen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Seidl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir sehr leid, Herr Vorsitzender unseres 'Unterausschusses, Herr Kollege Weber, daß auch ich vor der Annahme dieses Antrages warnen muß. Die juristischen Gründe haben der Herr Kollege Metzger und der Herr Staatssekretär Strauß in der Hauptsache aufgeführt. Wir haben uns über das Problem eingehend unterhalten. Ich fürchte, daß die klare und einfache erbrechtliche Lösung durch die Annahme dieses Antrages in Gefahr gebracht würde. Die pauschale Ablösung des Zugewinns, die wir der besseren Praktikabilität wegen gewählt haben und — was auch schon gesagt worden ist — um Streit in den Familien, insbesondere zwischen dem überlebenden Elternteil und unmündigen Kindern, zu vermeiden, würde in Gefahr gebracht. Was soll denn angerechnet werden? Was sind diese Zuwendungen? Es ist vorhin schon gesagt worden, daß man der Frau einen Teil dessen, was man ihr gibt, wieder nimmt. Es ist nicht einzusehen, warum eine Frau, die eine Pension bekommt, sich diese nicht ,anrechnen zu lassen braucht. Eine Frau, der eine Lebensversicherung, Geld, ein Grundstück oder eine derartige Zuwendung zufällt, soll sich das dagegen anrechnen lassen. Ich glaube, eine derartige Regelung entspricht nicht dem Grundsatz 'der Gerechtigkeit.
Ich möchte doch darum bitten, dieses Problem zurückzustellen und der Anregung des Herrn Staatssekretärs Strauß zu folgen.
Ich könnte mir vorstellen, daß man vielleicht für diejenigen Ehen, die jetzt bestehen und für die nunmehr dieser Güterstand eingeführt werden soll, in gewisser Weise eine Anrechnung vorsehen könnte. Das würde also diejenigen Ehen betreffen, bei denen infolge der erbrechtlichen Lösung auch das bisherige Vermögen mit in den Ausgleich hineinfällt, was bei den neuen Ehen nicht der Fall ist; da beginnt die ,Berechnung des Zugewinns ja erst mit Inkrafttreten des Gesetzes, erst von da ab entsteht ein Zugewinn. Für die jetzt bestehenden Ehen könnte man einer Anrechnung in manchen Fällen vielleicht zustimmen. Das sollte man sich überlegen. Vielleicht könnte der Antrag in der Weise geändert oder auch zurückgestellt werden, damit wir uns das noch einmal überlegen können. Dafür wäre ich dankbar. Ich würde aber doch darum bitten, das 'Gesetzgebungswerk im ganzen durch diese Bestimmung nicht aufzuhalten. Wir haben sie ja eingehend erörtert und aus den angeführten Gründen in der Mehrheit abgelehnt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Stammberger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin nicht der Meinung, daß wir diesen Antrag zurückstellen sollten, vielmehr
sollten wir ihn hier ablehnen. Der Herr Kollege Metzger hat bereits richtig auf den Unterschied hingewiesen zwischen der Auseinandersetzung über den Zugewinn im allgemeinen und der Besonderheit der Auseinandersetzung über den Zugewinn im Falle des Todes, wenn eine Pauschalabfindung erfolgt. Praktisch kommt es darauf hinaus — das hat wohl der Herr Staatssekretär Dr. Strauß bereits ganz richtig angedeutet —, daß die Frau hinsichtlich ihres gesetzlichen Erbteils etwas besser gestellt werden soll. Er ist, vor allen Dingen wenn Kinder vorhanden sind, außerordentlich ungenügend, was teilweise dazu führt, daß die Frau auf die Gnade der Kinder angewiesen ist. Das ist sehr unerfreulich und das ist zweifellos nicht der Wille des Gesetzgebers. Aber das wird durch die Formulierung des Antrags im Satz 2 einfach unterschoben und in dieser Weise interpretiert.
Meine Damen und Herren, der Herr Kollege Weber hat aber bei seiner Begründung ides Antrags auch noch ein Beispiel angeführt, wie unter Umständen der Begriff der unentgeltlichen Zuwendung und ihrer Errechnung bei der Auseinanderrechnung des Zugewinns auszulegen sei. Ich möchte dieser Auslegung widersprechen. Er hat hier ein Beispiel gebraucht, das mir als das Musterbeispiel, als das Standardbeispiel erscheint, nämlich wenn beide Ehegatten gemeinsam ein Grundstück erwerben und auf diesem Grundstück ein Haus bauen. Das ist wirklich das Standardbeispiel, mit dem wir uns in der Praxis ,der kommenden Jahre zu beschäftigen haben werden. Zweifellos ist es so, daß die dadurch entstehenden Unkosten im Regelfall aus dem Einkommen des Mannes bezahlt werden. Nun aber etwa zu sagen, das seien unentgeltliche Zuwendungen ,des Mannes an die Frau, die bei der Auseinandersetzung über den Zugewinn wieder verrechnet werden müssen, scheint mir genau das Gegenteil von idem zu sein, was wir eigentlich haben wollten.
Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Weber hat vorhin ganz richtig von der Funktionsteilung beider Ehegatten in der Ehe gesprochen, daß nämlich der Mann nun einmal in erster Linie dazu da ist, zu verdienen, und daß die Frau in erster Linie dazu da ist, die Atmosphäre zu schaffen, die häusliche Geborgenheit zu schaffen, die der Mann braucht, damit er verdienen kann.
Den Vorteil des verheirateten Mannes gegenüber dem Junggesellen kennen gerade wir männlichen Abgeordneten dieses Hauses, die wir in einem ständigen Wechsel begriffen sind. Und daß die häusliche Geborgenheit in der durch unsere Frauen geschaffenen Atmosphäre bedeutend schöner ,ist als das Junggesellendasein, ergibt sich schon daraus, mit welcher Begeisterung und mit welchem Eifer wir zum Wochenende immer nach Hause fahren.
Meine Damen und Herren, dann kann man natürlich nicht sagen, daß die Frau nun nichts verdient, wenn nicht ein materieller Vorteil bei dem Schaffen dieser häuslichen Atmosphäre herausspringt. Man muß das berücksichtigen; denn ,die Konsequenz wäre die, daß dann die Frau mit Recht sagen würde: Für das Recht und für die Pflicht, für den Hausstand zu sorgen, verlange ich nun eben den angemessenen Verdienst. Meine Damen und Herren, daß das unmöglich ist, ist klar. Aber dann muß man es in einer Art und Weise berücksichtigen, die nicht dazu führt, daß der Frau das, was sie am Einkommen des Mannes zu Recht profitiert, wieder weggenommen wird als angeblich unentgeltliche Zuwendung, die sie während der Ehe erhalten hat. Dieser Auslegung, die der Herr Kollege Weber gegeben hat, möchte ich hiermit namens meiner Fraktion ausdrücklich widersprechen, damit sich in der Zukunft auch die Praxis danach richtet.
Wie bereits Herr Kollege Metzger gesagt hat, ist der Satz 1 eine Selbstverständlichkeit. Er ergibt sich schon aus der von uns geschaffenen Vertragsfreiheit. Der Satz 2 muß aber von uns nachdrücklichst abgelehnt werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Weber.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die letzten Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Stammberger zwingen mich zu einer Erwiderung. Herr Kollege Dr. Stammberger, Sie haben das Poblem leider verkannt. Es handelt sich nicht darum, daß unentgeltliche Zuwendungen des Mannes später wieder angerechnet werden sollen, sondern es heißt — wenn Sie den Antrag richtig lesen —: Auf dieses zusätzliche Viertel, also auf den pauschalen Zugewinnausgleich, soll das, was vorher schon gegeben worden ist — nicht unentgeltlich, sondern in Anerkennung der Leistung ,der Frau —, angerechnet weiden. Sie erhält also mit anderen Worten durch die ihr gewährte Beteiligung während der Ehe bereits die Zugewinnbeteiligung vorweg. Daß sie diese nun doppelt erhalten soll, ist wirklich nicht einzusehen. Deswegen ist dieser Antrag nach meiner Meinung durchaus gerechtfertigt.
Aber wir sollten an dieser Frage nicht die Leidenschaft auflodern lassen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege Weber, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte!
Eine Zwischenfrage, Herr Kollege, die ganz wesentlich der Klärung des Problems der Verrechnung des Zugewinns dient: Soll nach Ihrer Auffassung alles das, was die Ehegatten gemeinsam erarbeitet haben, unter Umständen weil auch die Frau Entbehrungen auf sich genommen hat und auf vieles verzichtet hat, was sie ohne das Schaffen eines derartigen gemeinsamen Wohlstandes sich hätte leisten können, soll das alles der Frau hinterher als unentgeltliche Zuwendung angerechnet werden, nur weil es aus dem Einkommen des Mannes bezahlt worden ist?
Nein, nicht als unentgeltliche Zuwendung — ich glaube, ich habe mich deutlich ausgedrückt —, sondern hier wird ein bereits vorweggenommener Ausgleich vorgenommen.
Der Antrag betrifft — lesen Sie ihn genau! — auch
nur dieses zusätzliche Viertel, auf das angerechnet
wird. Auf die Pauschalabfindung wird das angerechnet, was auf den Zugewinn bereits vorgeleistet ist.
Deswegen ist auch das Argument des Herrn Staatssekretärs falsch, die Frau werde dadurch schlechtergestellt. Sicherlich, wenn ich ihr außerdem noch soundso viel Schenkungen zuwende, wird sie durch den Zugewinn noch einmal bessergestellt, indem sie auch noch die Schenkungen zum Zugewinn erhält und behält. Diese Argumente gehen also fehl. Ich ziehe den Antrag also nicht zurück; er mag in der Erörterung bleiben, wir mögen so oder so darüber entscheiden.
Aber auf ein Argument des Herrn Staatssekretärs muß ich noch eingehen und mich dagegen verwahren.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte, meine Damen und Herren, etwas mehr Ruhe! Es wird Beschwerde darüber geführt, daß man hinten kein Wort versteht. Ich bitte die Damen und Herren, doch Platz zu nehmen.
Wenn Sie ausgeführt haben, Herr Staatssekretär, die Auseinandersetzung müsse zwischen dem überlebenden Ehegatten und den Kindern bzw. den anderen Erben erfolgen und das sei unerträglich, so muß ich doch sagen, daß die Bundesregierung diese Begelung für sehr erträglich gehalten hat und daß es lediglich der Arbeit des Unterausschusses zu verdanken ist, daß wir diese Unzuträglichkeit beseitigt haben, indem wir die erbrechtliche Lösung gewählt haben. Die Regierung hatte doch für alle Fälle des Zugewinnausgleichs diese Lösung vorgesehen. Der Hauptgesichtspunkt, von dem aus wir zu der anderen Regelung kamen, war doch gerade, daß der überlebende Ehegatte darin sehr viel bessergestellt ist als die Kinder, die, wenn es zu solchen Auseinandersetzungen kommt, über die Entwicklung der Verhältnisse keinen Bescheid wissen. Dieses Argument sticht also wirklich nicht.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu dem Änderungsantrag Umdruck 1039*) liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache über diesen Änderungsantrag.
Nunmehr unterbreche ich die Beratung des aufgerufenen § 1371 und kehre zu Nr. 5 und zu dem Umdruck 1035**) zurück. Der Ausschußvorschlag lautete: § 1354 fällt weg.
Der Umdruck 1035 beinhaltet, daß § 1354 in der Fassung der Regierungsvorlage, Drucksache 224, wiederhergestellt werden soll. Ich will diese Fassung verlesen, weil auf dem Umdruck der Text nicht steht. § 1354 lautet:
Die Ehegatten haben alle Angelegenheiten, die das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffen, in gegenseitigem Einvernehmen zu regeln. Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen. Können sie sich nicht einigen, so entscheidet der Mann; er hat auf die Auffassung der Frau Rücksicht zu nehmen. Widerspricht seine Entscheidung dem Wohle ,der Familie, so ist die Entscheidung für die Frau nicht verbindlich.
*) Siehe Anlage 10 **) Siehe Anlage 8
Ich lasse jetzt über den Antrag Umdruck 1035 namentlich abstimmen und bitte die Damen und Herren Schriftführer, die Karten einzusammeln.
Sind noch Damen und Herren im Hause, die in der namentlichen Abstimmung ihre Stimmkarten noch nicht abgegeben haben? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die namentliche Abstimmung.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis*) der namentlichen Abstimmung bekannt: 364 stimmberechtigte Abgeordnete, Berliner Abgeordnete 14. Mit Ja haben gestimmt 172, mit Nein 186, enthalten haben sich 6. Von den Berliner Abgeordneten haben 5 mit Ja und 9 mit Nein gestimmt. Damit ist der Änderungsantrag auf Umdruck 1035 abgelehnt, und es bleibt bei der Ausschußfassung der Nr. 5.
Ich komme nunmehr zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 1032**) Ziffer 1 betreffend § 1357 — Herr Abgeordneter Metzger, damit es keinen Irrtum gibt: wenn ich Sie recht verstanden habe — mit der Änderung, daß es im vierten Absatz heißt: „Dritten gegenüber ist die Aufhebung oder Entziehung nur nach Maßgabe des § 1412" — statt 1435 — „wirksam". Wer dem aufgerufenen Änderungsantrag auf Umdruck 1032 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das letzte war die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer dem § 1357 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, ,gebe bitte das Handzeichen. —
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
Ich kehre nunmehr zurück zu dem aufgerufenen § 1371. Die Aussprache über den Änderungsantrag der Kollegen Weber, Wahl, Brühler usw., Umdruck 1039, war geschlossen. Ich komme zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag auf Umdruck 1039 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Meine Damen und Herren, wir müssen die Abstimmung wiederholen. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, erhebe sich bitte vom Platz. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe nunmehr auf Umdruck 1038***). Ich gebe das Wort zur Begründung Herrn Abgeordneten Dr. Wahl.
Meine Damen und Herren! Nach dem Antrag Umdruck 1038 soll dem § 1371 folgender Absatz angefügt werden:
Sind erbberechtigte Abkömmlinge des verstorbenen Ehegatten, welche nicht aus der durch den Tod dieses Ehegatten aufgelösten Ehe stammen, vorhanden, so ist der überlebende Ehegatte verpflichtet, diesen Abkömmlingen, wenn und soweit sie dessen bedürfen, die Mittel zu einer angemessenen Ausbildung aus dem nach Absatz 1 zusätzlich gewährten Viertel zu gewähren.
Wir haben uns im Unterausschuß mit der Frage der Stiefkinder besonders befaßt. Bei den ehelichen Kindern aus der neuen Ehe hat die Erhöhung des Erbteils der Frau deshalb nicht so schwerwiegende Folgen, weil sie nach dem Tode des überlebenden
*) Vgl. Seite 11873 **) Siehe Anlage 9 ***) Siehe Anlage 11
Ehegatten noch das Vermögen dieses überlebenden Teils erben werden. Handelt es sich dagegen um Kinder aus erster Ehe, so verringert sich durch die Anerkennung des erhöhten Erbteils des Stiefelternteils ihr eigener Erbteil, ohne daß ihnen eine Erbchance für später bleibt. Das Problem der Stiefkinder ist ein sehr altes Rechtsproblem. Insbesondere gab es schon im alten römischen Recht und gibt es aber auch im französischen Recht bis auf den heutigen Tag Sonderregelungen für diesen Fall. Die Kinder aus erster Ehe sollen nun, wenn die zweite Ehe durch den Tod aufgelöst wird, dadurch etwas bessergestellt werden, daß der überlebende Ehegatte ihnen eine Ausbildungshilfe aus seiner zusätzlichen Erbquote gewähren soll. Ich kann zu einem Teil auf das verweisen, was ich selbst geschrieben habe und was, wenigstens an die Mitglieder des Rechtsausschusses, verteilt worden ist. Wer einen Ehegatten heiratet, der schon Kinder aus erster Ehe hat, weiß, daß er damit eine Sonderlast übernimmt. Selbst die Beamtenwitwe wird nach unserem Beamtenrecht in der Versorgung unter Umständen schlechtergestellt, wenn eine Reihe erstehelicher Kinder des verstorbenen Beamten da sind. Wir haben im Ausschuß alle das Gefühl gehabt, daß auf diesem Gebiet etwas geschehen müßte. Der Antrag, den ich hier vorgetragen habe, stammt — das darf ich noch einmal anerkennend sagen — von Frau Dr. Schwarzhaupt. Sie ersehen aus den Unterschriften, daß sich alle Fraktionen, die an der Beratung teilgenommen haben, für diese neue Form einsetzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, wird das Wort gewünscht? — Herr Staatssekretär Strauß.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sich gegen einen Antrag zu wenden, der von Angehörigen aller Fraktionen unterzeichnet worden ist, ist für einen Regierungsvertreter gewiß unerfreulich. Das gilt für mich in besonderem Maße; denn ich fühle mich durch den Antrag sehr angesprochen. Ich glaube nämlich, daß der Antrag im Kern zurückgeht auf einen Paragraphen der Regierungsvorlage, für den ich mich bei der Vorbereitung des Regierungsentwurfs sehr stark selbst eingesetzt habe. Es ist der § 1360 c der Regierungsvorlage. Mit diesem Paragraphen wollten wir den Versuch machen, die Einstandspflicht des einen Ehegatten für Angehörige des anderen Ehegatten zu regeln, denen gegenüber der andere Ehegatte unterhaltsverpflichtet ist. Man hat bei den Erörterungen über diesen allerdings sehr weitgehenden Vorschlag im Unterausschuß das Gefühl gehabt, daß diese Frage für eine Regelung noch nicht ganz reif sei. Das gilt mindestens im gleichen Maße für den jetzt eingebrachten Antrag. Es handelt sich hier um die Frage der Sicherstellung von Stiefkindern; aber es wird nur ein Teilproblem aufgegriffen, nämlich das Problem, wie nach dem Tode des natürlichen Elternteils dieser Stiefkinder zu verfahren ist. Diese Frage kann nach Auffassung der Bundesregierung nur im Zusammenhang mit dem Gesamtproblem der Rechtsstellung der Stiefkinder in einer zweiten Ehe des natürlichen Elternteils behandelt werden, also nur in einem größeren Rahmen und nicht in der Weise, daß man dieses beschränkte Problem vorab einer Regelung zuführt.
Was die Wirkungen des Vorschlags selbst betrifft, so kann ich die Befürchtung nicht ganz unterdrücken, daß hier eine gewisse Ausweichmöglichkeit für den überlebenden Ehegatten besteht, indem er nämlich die Erbschaft ausschlägt, um das Pflichtteil und seinen Ausgleich aus der Zugewinngemeinschaft zu erhalten. Es gilt hier also das gleiche, was ich vorhin gesagt habe: daß wir gut daran täten, auf eine vorab erfolgende Lösung in dem vorliegenden Gesetzentwurf zu verzichten, um diese Lösung bei der nächsten Gelegenheit, die ich gleichfalls schon angedeutet habe, im größeren Rahmen vorzunehmen, aber nicht in dieser — gestatten Sie diese Bezeichnung — etwas apokryphen Form.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird weiter das Wort gewünscht? — Frau Abgeordnete Dr. Lüders.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Schon der Herr Staatssekretär hat Bedenken geltend gemacht, die zweifellos einer Berechtigung nicht entbehren. Aber auch der Antrag hat eine gewisse Berechtigung, wenn er vielleicht auch der allgemeinen Regelung vorweggenommen ist. Wir haben deshalb diesen Antrag mit unterschrieben und werden auch für ihn stimmen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit jedoch betonen, daß wir der Meinung der Regierung sind, daß jedes der Probleme, das hier mit hineinspielt, im nächsten Bundestag grundsätzlich und allgemein geregelt werden muß. Was uns im nächsten Bundestag not tut, ist eine vollkommen neue Regelung des Unterhaltsrechts, ist eine neue Regelung des Unehelichenrechts, das ja auch ins Unterhaltsrecht mit hineinspielt, und die Neuregelung des Scheidungsrechts. Diese drei Komplexe müssen vom neuen Bundestag grundlegend in ihrer Gänze behandelt und neu geordnet werden.
Wir werden also dem vorweggenommenen Versuch, eine Besserung für die Ehefrau und die Kinder aus erster Ehe zu schaffen, zustimmen, sosehr wir uns auch der Mangelhaftigkeit dieses Vorschlags bewußt sind.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wird das Wort weiter gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache; wir kommen zur Abstimmung.
Wer dem Änderungsantrag auf Umdruck 1038*) zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen eine Gegenstimme und bei drei Enthaltungen angenommen.
Wer nunmehr dem § 1371 in der durch die Annahme des Antrags veränderten Fassung, im übrigen in der Fassung des Ausschusses zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe nunmehr auf die §§ 1372, — 1373, —1374, — 1375, — 1376, — 1377, — 1378, — 1379, —1380, — 1381, — 1382, — 1383, — 1384, — 1385, —1386, — 1387, — 1388, — 1389, — 1390. — Die §§ 1391 bis 1407 entfallen. Wer den aufgerufenen Paragraphen in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
*) Siehe Anlage 11
Wir kommen nunmehr zu „II. Vertragsmäßiges Güterrecht". Ich rufe auf die §§ 1408, - 1409, -1410,- 1411,-1412,-1413,-1414,- 1415,-1416,-1417,-1418,-1419,-1420,-1421,-1422, - 1423, - 1424, - 1425, - 1426, - 1427, -1428, - 1429, - 1430, - 1431, - 1432, - 1433, -1434, - 1435, - 1436, - „§ 1664" ist ein Druckfehler - 1437, - 1438, - 1439, - 1440, - 1441, -1442, - 1443, - 1444, - 1445, - 1446, - 1447, -1448, - 1449, - 1450, - 1451, - 1452, - 1453, -1454, - 1455, - 1456, - 1457, - 1458, - 1459, -1460, - 1461, - 1462, - 1463, - 1464, - 1465, -1466, - 1467, - 1468, - 1469, - 1470, - 1471, -1472, - 1473, - 1474, - 1475, - 1476, - 1477, -1478, - 1479, - 1480, - 1481, - 1482 und 1483, alle in der Ausschußfassung. Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache in der zweiten Lesung. Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Nr. 10, also die §§ 1486 und 1487 in der Ausschußfassung. Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache. Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe auf Nr. 11, also die §§ 1494 und 1495 in der Ausschußfassung. Wird das Wort gewünscht?
- Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen.
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Nr. 12, also die §§ 1497 und 1498 in der Ausschußfassung. Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Wer den beiden aufgerufenen Paragraphen in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen.
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Nr. 13: § 1508 fällt weg.
Nr. 14: § 1518 in der Ausschußfassung. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann komme ich zur Abstimmung. Wer dem § 1518 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Nr. 15 des Ausschußberichts auf. Ich stelle fest: Die §§ 1519 bis 1557 einschließlich der Überschriften vor den §§ 1519 und 1549 fallen weg. - Das Haus ist mit diesem Vorschlag des Ausschusses einverstanden.
Ich rufe Nr. 16 auf, § 1561 in der Ausschußfassung. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung. Wer dem § 1561 in der neuen Fassung zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Einstimmig angenommen.
Ich rufe Nr. 17, § 1604 in der neu vorgeschlagenen Fassung, auf. - Das Wort wird wohl nicht gewünscht. Wer dem aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Nr. 18 auf. Ich stelle fest: § 1605 fällt weg.
Ich rufe Nr. 19 auf, § 1606 in neuer Fassung. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich komme zur Abstimmung. Wer dem § 1606 zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Nr. 20 auf, § 1612 in der neuen Fassung. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann komme ich zur Abstimmung. Wer dem aufgerufenen Paragraphen in der neuen Fassung zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen.
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
- Ich habe die Nr. 18 aufgerufen und habe ausdrücklich festgestellt, daß nach dem Vorschlag des Ausschusses der § 1605 fortfällt.
- Ich hatte geglaubt, es sei auch schon vorher in Ordnung gewesen.
Ich rufe Nr. 21 der Ausschußvorlage auf. Danach sollen die §§ 1619 bis 1623 wegfallen. Wer dem zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Dann rufe ich Nr. 22 auf, vorerst § 1626 mit Umdruck 1037*) Ziffer 2.
Herr Abgeordneter Wittrock zur Geschäftsordnung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß es sich hier aus arbeitsökonomischen Gründen wegen des bestehenden Sachzusammenhangs empfiehlt, von den Kernvorschriften auszugehen, die Gegenstand der Auseinandersetzungen sein werden, nämlich von den §§ 1628 und 1629; je nachdem, wie die Entscheidung zu diesen Kernvorschriften ausfällt, wird dann über die anderen Bestimmungen - ich möchte daran erinnern: zurückgehend bis zum § 11 des BGB - zu entscheiden sein. Ich darf mir diese verfahrensmäßige Anregung erlauben.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Abgeordnete Dr. Schwarzhaupt!
Ich wollte den gleichen Vorschlag zur Geschäftsordnung machen. Zugleich wollte ich empfehlen, Herr Präsident, die Abstimmung über den § 11 in der zweiten Lesung noch einmal aufzunehmen; denn der § 11 gehört ebenfalls zu den Bestimmungen, die von der Grundsatzentscheidung über § 1628 abhängig sind. Zu Beginn der zweiten Lesung wurde übersehen, einen entsprechenden Antrag zu stellen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich erinnere mich, Frau Kollegin Schwarzhaupt, aber § 11 ist in der zweiten Beratung in der Ausschußfassung verabschiedet. Das bedeutet jedoch nicht, daß es nicht
*) Siehe Anlage 12
möglichwäre, darauf zurückzukommen; wir sind noch nicht am Ende der Beratungen. Das Haus kann dann entsprechend beschließen. Zumindest wird sich, soweit ich es im Augenblick übersehe, das Schicksal des § 11 automatisch mit der Entscheidung über § 1628 koppeln. — Das Haus ist mit dem vorgeschlagenen Vorgehen einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Ich rufe nun § 1628 auf, dazu Ziffer 2 des Umdrucks 1032*), Antrag der SPD, und Umdruck 1031 neu**), Antrag der FDP, und schließlich noch Ziffer 2a des Antrags Umdruck 1037***), Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Schwarzhaupt, Frau Dr. Brökelschen, Gontrum, Heye und Genossen. Ich werde in der Reihenfolge, in der ich die Anträge eben genannt habe, zur Begründung aufrufen. Wer begründet zuerst? — Frau Abgeordnete Nadig!
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! In der heutigen Diskussion ist wiederholt zum Ausdruck gekommen, daß der Stichentscheid des Vaters genauso umstritten ist wie der Stichentscheid des Ehegatten. Die neue Vorlage sagt zu Beginn über die Regelung des Eltern-Kind-Verhältnissses:
Das Kind steht, solange es minderjährig ist, unter der elterlichen Gewalt des Vaters und der Mutter.
Es heißt sogar:
Die Eltern haben die elterliche Gewalt in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohle des Kindes auszuüben. Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen.
In den nachfolgenden Bestimmungen wird dieser Grundsatz sofort wieder abgeschwächt, und zwar wird gesagt:
Können sich die Eltern nicht einigen, so entscheidet der Vater; .
Es folgt der Zusatz:
... er hat auf ,die Auffassung der Mutter Rücksicht zu nehmen.
Praktisch hat also der Vater in Fragen der elterlichen Gewalt die Entscheidung zu treffen. Der Mutter kann ,auf Antrag die Entscheidung einer einzelnen Angelegenheit übertragen werden, „wenn das Verhalten des Vaters in einer Angelegenheit von besonderer Bedeutung dem Wohle des Kindes widerspricht oder wenn die ordnungsmäßige Verwaltung des Kindesvermögens dies erfordert". Hier wird sichtbar, daß nach der Vorlage die Mutter gar nicht Inhaberin der elterlichen Gewalt ist. Praktisch ist die elterliche Gewalt ähnlich geregelt — mit einer ganz geringen Ausnahme —, wie sie im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt war.
Was nun vor 60 Jahren Berechtigung haben mochte, kann heute keine Anwendung mehr finden. Die soziologische Stellung der Frau und Mutter hat sich grundlegend gewandelt. Gleichzeitig sind die Erziehungsaufgaben immer stärker von der Mutter übernommen worden. Der Vater ist wegen der Inanspruchnahme durch seinen Beruf in sehr vielen Fällen nicht in der Lage, sich der Erziehung der Kinder anzunehmen. Praktisch trägt
*) Siehe Anlage 9 **) Siehe Anlage 13 ***) Siehe Anlage 12 die Mutter die Verantwortung für diese Aufgabe. Da muß es außerordentlich befremden, wenn man ihr im Gesetz das volle Entscheidungsrecht vorenthält.
Genau wie der Stichentscheid des Ehemannes ist der Stichentscheid des Vaters ein Verstoß gegen die dem Gesetzgeber aus der Verfassung heraus übertragene Aufgabe, nämlich das Recht dem Grundsatz der Gleichberechtigung anzupassen. Meine Herren und Damen von der CDU, wollen Sie es wirklich auf eine Verfassungsklage ankommen lassen, haben wir nicht alle Veranlassung, den Verfassungskonflikt zu vermeiden?! Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Sachen der gemeinsamen Steuerveranlagung der Ehegatten. Es dient gewiß nicht dem Ansehen des Bundestages, wenn er dem Bundesverfassungsgericht Gelegenheit gibt, das Gesetz der Verfassungslage anzupassen.
In § 1629 ist der Mutter das Recht der Vertretung vollkommen vorenthalten. Dieses Recht steht nach der jetzigen Vorlage nur dem Vater zu, es sei denn, daß die Mutter allein die elterliche Gewalt ausübt. Der Vater behält die Vertretung des Kindes selbst dann, wenn er sich eines schweren Verbrechens schuldig gemacht hat. In einem solchen Falle müssen erst durch ein besonderes Verfahren die elterliche Gewalt und das Vertretungsrecht dem Vater entzogen werden.
Aber wie ist es denn im praktischen Leben? Da übt die Mutter fast täglich das Recht der Vertretung des Kindes aus. Tausendfältig überlassen die Väter den Müttern diese Aufgabe. Wie kann man dann im Gesetz der Frau diese Berechtigung vorenthalten! Die öffentliche Meinung hat deutlich und scharf zum Ausdruck ,gebracht, daß sie es für notwendig hält, daß die elterliche Gewalt von Vater und Mutter gemeinsam getragen wird. Die große Mehrheit der Öffentlichkeit will keinen Stichentscheid des Vaters. Sie alle werden genau wie wir eine Fülle von Eingaben zu diesem Punkt aus den verschiedensten Verbänden und Vertretungen der Öffentlichkeit erhalten haben. Alle diese Eingaben sprachen sich dafür aus, daß man den Stichentscheid des Vaters nun beseitigt.
Unser Antrag Umdruck 1032 besagt, daß sich die Eltern zu einigen haben. Bei Nichteinigung haben beide das Recht, das Vormundschaftsgericht anzurufen. Der Antrag will, daß sich in erster Linie die Eltern zu einigen haben, und nur wenn das nicht gelingt, kann in Angelegenheiten von besonderer Bedeutung das Vormundschaftsgericht angerufen werden. Man soll 'also nicht um jede Lappalie den Vormundschaftsrichter anrufen können. Auch wir wollen nicht, daß Dritte leicht in die Familienatmosphäre hineinreden können. Wir sind aber der Auffassung, daß bei einer Regelung der elterlichen Gewalt auch das Recht des Kindes mit beachtet werden muß. Bei Streit zwischen Vater und Mutter kommt das Kind sehr leicht zu kurz. Darum: nur für erhebliche Meinungsverschiedenheiten die Mitwirkung des Vormundschaftsgerichts festlegen!
Seit Vollzug der Gleichberechtigung — 'es sind inzwischen vier Jahre darüber hingegangen — sind die Vormundschaftsrichter außerordentlich wenig in diesen Angelegenheiten in Anspruch genommen worden. Frau Dr. Lüders hat darüber schon Ausführungen gemacht. Ich möchte noch einmal besonders darauf hinweisen, daß sich hierdurch zeigt, wie die freie Einigung in fast allen Familien üblich ist. Nur dann, wenn tatsächlich
schon eine erhebliche Zerrüttung eingetreten ist, gelingt es Vater und Mutter nicht mehr, eine einheitliche Meinung zu finden.
Eine Regelung, ,die das Vormundschaftsgericht in Fragen von erheblicher Bedeutung trifft, hat eben auch das Interesse des Kindes mit zu berücksichtigen. Wir glauben, daß in solchen Fällen auch die Entscheidung die Harmonie des Familienlebens mit sichert. Was Frau Dr. Lüders über ,die Autorität der Mutter gesagt hat, möchte ich in diesem Zusammenhang unterstreichen. Auch wir sind der Auffassung, daß die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung der elterlichen Gewalt die Autorität der Mutter untergräbt.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, dem von der SPD vorgelegten Antrag Umdruck 1032 Ihre Zustimmung zu geben, und beantrage, im ersten Absatz dieses Antrages zu § 1628 nach dem Wort „anrufen" den Zusatz aufzunehmen: „ , wenn das Wohl des Kindes eine Entscheidung erfordert". Damit ist der Wortlaut unseres Antrages :gleichlautend mit dem Antrag der FDP Umdruck 1040 zu Punkt 14 unserer Tagesordnung und ,auch gleichlautend mit dem Antrag der Frau Dr. Schwarzhaupt*) zu § 1628 und § 1629. Ich glaube, wir können der Allgemeinheit keinen besseren Dienst erweisen als dadurch, ,daß wir die Vorlage in diesem Sinne ändern.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wer begründet den Antrag der FDP Umdruck 1031 **)? Ich weise dabei darauf hin, daß nunmehr alle drei Anträge zu dem § 1628 wörtlich übereinstimmen. — Bitte, Frau Dr. Lüders!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem feststeht, daß die Anträge, die auf den Umdrucken zu § 1628 gestellt werden, sachlich und wörtlich beinahe übereinstimmen, würde ich es nicht für notwendig halten, daß jeder von uns aus der Fraktion, zu der die Antragsteller gehören, hierzu noch einmal Stellung nimmt. Wir wissen alle ganz genau, was gemeint ist. Wir wissen auch ganz genau, was wir wollen. Wir kennen auch genau die Argumente anderer und wissen sie zu schätzen. Die anderen haben eine andere Ansicht als wir. Wozu sollen wir die Zeit damit hinbringen, daß wir immer dasselbe in einer mehr oder wenig gut formulierten Art vorbringen! Ich für meine Person möchte darauf verzichten, meine Argumente für die Änderung des § 1628 nochmals vorzubringen und meine Argumente gegen die alte Fassung des § 1628 hier zu wiederholen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte, Frau Dr. Schwarzhaupt!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nun noch einige Worte zur Erklärung des Antrages, der unter meinem Namen und dem einiger meiner Fraktionsfreunde gestellt worden ist, sagen. Wir stehen hier wieder vor ähnlichen Rechtsfragen wie bei dem § 1354, nämlich erstens vor der Frage: Wie verhält sich ein Letztentscheidungsrecht zu dem Gleichberechtigungsgrundsatz von Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes? und zweitens vor der Frage: Wo sind hier die Grenzen des Staates, d. h. einer
*) Siehe Anlage 12 **) Siehe Anlage 13 staatlichen Gesetzgebungsmöglichkeit? Ich glaube,
daß diese Frage hier noch präziser und noch prägnanter auftaucht; denn hier handelt es sich um Angelegenheiten der Kinder, und wir sind uns wohl alle einig, daß gerade bei der Funktionsverteilung zwischen Mann und Frau die Erziehung und die Sorge für die Kinder in besonderem Maße Aufgabe und Verantwortung der Frau sind. Die Schwierigkeit, Entscheidungsrecht einerseits und Aufgabe und Verantwortung andererseits voneinander zu trennen, taucht hier also in einer noch viel deutlicheren Weise auf als bei dem Entscheidungsrecht in allgemeinen ehelichen Angelegenheiten. Auch die Grenze staatlicher Gesetzgebungsmöglichkeit zeigt sich gerade hier, wo es das Verhältnis der Eltern zu den Kindern angeht, noch in besonderem Maße, da wir vom Staat her — das möchte ich noch einmal betonen — nicht die Möglichkeit haben, die Struktur der Familie, einer vorgegebenen Institution, und ein vorgegebenes Verhältnis wie das zwischen Eltern und Kindern durch staatliche Normen im Sinne einer erzwungenen Gleichberechtigung oder im Sinne eines erzwungenen Patriarchats zu regeln.
Es fragt sich, ob diese Letztentscheidung etwa als eine äußere Ordnungsnorm im Interesse der Kinder erforderlich und möglich ist. Dazu möchte ich auf folgendes hinweisen und mich von etwas absetzen, was Frau Lüders in ihrem ersten Beitrag gesagt hat. Die praktische Bedeutung dieser Bestimmung wird in diesem Gesetzentwurf sehr viel geringer sein, als es die der entsprechenden Bestimmung im BGB war. Wir haben im § 1672 für Ehen, bei denen ,die Ehegatten getrennt leben, eine Sonderregelung getroffen; wir haben hier jedem Ehegatten das Recht gegeben, eine Trennung der gemeinsamen elterlichen Gewalt und die Übertragung an sich allein zu beantragen. Das bedeutet also, daß der ganz überwiegende Hauptfall — ich stimme ganz mit der tatsächlichen Darstellung überein, die Frau Lüders gegeben hat — durch § 1672 geregelt wird. Das sogenannte Letztentscheidungsrecht hat also nur für die Fälle Bedeutung, in denen Ehegatten zwar zusammenleben, ihre Ehe aber doch insoweit zerstört ist, als sie nicht mehr fähig ist, in wichtigen Angelegenheiten der Kinder eine gemeinsame Entscheidung hervorzubringen. Für diese Fälle stehen wir vor der Entscheidung, ob wir dem Ausschußentwurf folgen wollen, indem wir dem Vater ein Entscheidungsrecht geben und es der Mutter überlassen, das Vormundschaftsgericht anzurufen, wenn sie meint, daß die Entscheidung dem Wohle des Kindes nicht entspricht, oder ob wir sagen: „Die Ehegatten entscheiden gemeinsam", und ohne eine Vorschaltung des väterlichen Entscheidungsrechts beiden Ehegatten das Recht geben, in einer für das Wohl des Kindes wichtigen Angelegenheit das Vormundschaftsgericht anzurufen.
Der praktische Unterschied und auch die praktische Bedeutung sind nicht so enorm. Wichtig ist .aber die grundsätzliche Auffassung: will man in dem Verhältnis der Eltern zu den Kindern in irgendeiner Weise eine Vorordnung des Mannes zum Ausdruck bringen oder nicht? Und das zweite — hier rührt diese Regelung sehr an den Grundsatz des Art. 3 Abs. 2 GG —: will man allein die Frau in derartigen Konfliktfällen in die Lage des Antragstellers gegenüber dem Vormundschaftsgericht bringen? Ich glaube, daß wir weder ein Interesse noch einen Grund haben, grundsätzlich
eine Vorordnung des Mannes in diesem Gesetz zum Ausdruck zu bringen; das staatliche Gesetz kann niemals das aussagen, was von der christlichen Lehre her über die innere Struktur der Ehe und das Verhältnis der Eltern zu den Kindern zu sagen ist. Diese Norm kommt von woanders her als vom Staat. Wir wollen nicht an das rühren, was für viele Christen etwas Unabdingbares ist, woran wir mit einem staatlichen Gesetz überhaupt nicht rühren könne n. Angesichts der praktischen Bedeutung dieser Bestimmung scheint es mir nicht zweckmäßig, eine Regelung zu treffen, die im Hinblick auf den Art. 3 Abs. 2 GG zumindest sehr anfechtbar, sehr problematisch ist und von der wir mit Sicherheit erwarten können, daß sie, sobald sie überhaupt praktisch wird, zu einer Verfassungsklage führen wird. Aus diesem Grunde möchte ich Sie bitten, dem Änderungsantrag zuzustimmen, der diese verfassungsrechtliche Schwierigkeit vermeidet.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Staatssekretär Dr. Strauß.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hält an der Auffassung des Regierungsentwurfs fest. Das Problem ides § 1628 ist sicher zusammen mit dem Fragenbereich des § 1354 dasjenige gewesen, das seit dem ersten Regierungsentwurf der ersten Wahlperiode in der Öffentlichkeit, aber auch im rechtswissenschaftlichen Schrifttum am meisten behandelt worden ist. Es ist bei der ersten Lesung sowohl in der ersten Wahlperiode als auch in ,der zweiten Wahlperiode ebenso wie in den Ausschußberatungen eingehend behandelt worden. Ich möchte daher versuchen, mich heute auf kurze Ausführungen zu beschränken und insbesondere auf einiges einzugehen, was heute vormittag bei den Erörterungen zu § 1354 gesagt worden ist.
Nachdem die Fraktion der FDP die ursprüngliche Fassung ihres Umdrucks 1031 zurückgezogen hat, stimmen wohl alle Fraktionen mit der Bundesregierung darin überein, daß der Gesetzgeber sich der gesetzlichen Regelung dieser Art von Konfliktsfällen nicht entziehen und die Frage nicht ungeregelt lassen kann, obwohl — ich erwähne das, damit wir die Proportionen richtig sehen — in der Praxis die Zahl dieser Konfliktsfälle sehr gering ist. Das wurde durch die statistischen Angaben erhärtet, die uns idle sehr verehrte Frau Abgeordnete Dr. Lüders vorhin gemacht hat. Dazu muß ich allerdings einschränkend bemerken, daß wir noch nicht übersehen können, wie sich die Dinge in der Praxis in Zukunft entwickeln werden, 'wenn eine gesetzliche Regelung vorgenommen ist; denn gegenwärtig haben wir keine. Ich glaube allerdings mit Ihnen, sehr verehrte Frau Abgeordnete, daß die Zahl der Fälle auch in Zukunft relativ gering sein wird, so daß im Rahmen des gesamten Gesetzes der § 1628 wahrscheinlich nicht die Rolle spielen wird, die er in der bisherigen Diskussion zu dem gesamten Inhalt des Gesetzes gespielt hat.
— Darf ich bitten, dazu noch einiges sagen zu dürfen.
Die Frage, bei der sich die beiden Auffassungen unterscheiden, ist, zu welchem Zeitpunkt eine außerhalb der Familie stehende Instanz in einem solchen Konfliktsfall angerufen werden und entscheiden soll. Da gehen die Auffassungen auseinander. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß man das Eingreifen einer außerhalb der Familie stehenden, also staatlichen Stelle so weit zurückschieben soll, wie das mit 'den Vorschriften der Verfassung und mit den Lebensverhältnissen zu vereinbaren ist. Daher ist sie zu dem Vorschlag gekommen, mit dieser Auswegentscheidung — so möchte ich sie nennen, ,damit die häßlichen Anklänge, die in den anderen Bezeichnungen vorhanden sind, jedenfalls bei meinen Ausführungen vermieden werden —, falls sie überhaupt notwendig werden sollte, erst möglichst spät eine !außerhalb der Familie stehende Stelle zu beschäftigen.
Auch wir haben uns natürlich dauernd und jahrelang — auch im Hinblick auf ,die Äußerungen des Schrifttums und der Rechtsprechung — um die Frage bemüht, wie weit man gehen darf, um noch innerhalb des Rahmens der Verfassung zu bleiben. Ich glaube mit voller Überzeugung den Standpunkt vertreten zu können, daß die von der Bundesregierung vorgeschlagene Bestimmung sich im Rahmen des verfassungsmäßig Zulässigen hält.
Worum geht es hier? Es geht in erster Linie darum, die richtige Auslegungsmethode zu finden, wenn zwei Vorschriften ,der Verfassung nicht auf den ersten Blick in Einklang gebracht werden können. Aufgabe der Verfassungsinterpretation in solchen Fällen ist, eine möglichste Konkordanz in der Auslegung zu finden. Das kommt nicht nur im Verhältnis des Art. 3 und Art. 6 unserer Verfassung, sondern auch an anderer Stelle vor. Man kann bei den Hauptteilen der Verfassung kaum von einem Verhältnis einer lex specialis zu einer lex generalis sprechen, wenn man zwei Artikel miteinander vergleicht. Das wäre zwar möglich, wenn es sich um die Übergangsbestimmungen im Verhältnis zu den Hauptteilen der Verfassung handelte; die Übergangsbestimmungen sind tatsächlich vielfach lex specialis gegenüber der lex generalis des Hauptteils der Verfassung.
Wie steht es in dieser Beziehung mit Art. 3 und Art. 6? Dabei stütze ich mich in erster Linie auf den Art. 6 Abs. 1 und weniger auf den Art. 6 Abs. 2.
Der Herr Abgeordnete Wittrock hat heute die Weimarer Verfassung erwähnt und gesagt, wir dürften nicht hinter den Vorschriften der Weimarer Verfassung zurückbleiben. Ich gehe viel weiter als er. Ich bin der Meinung — und ich bin ja mit einer der Urheber der Vorschrift des Art. 3 —, daß diese Vorschrift sogar weiter geht als diejenige der Weimarer Verfassung,
weil sie geltendes Recht ist, nachdem die Sperrfrist abgelaufen ist.
— Ja, dann wären wir beide insofern bei der Aus-
legung einig, und ich kann mir zu dieser Frage
weitere Ausführungen ersparen.
Die konkrete Frage ist die: Ist es mit dem Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 vereinbar, im Hinblick auf die Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 den Eingriff der staatlichen Stelle zurückzuverlegen, hinauszuschieben? Nach Art. 6 Abs. 1 stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Das geht allerdings weiter als die entsprechende Vorschrift der Weimarer Zeit, wie überhaupt unser ganzer Grundrechtsteil — ich glaube, darin stimmen wir miteinander ebenfalls überein — einer ganz anderen Auslegung zugänglich ist und auch einer solchen bedarf als die Grundrechte der Weimarer Zeit.
-- Die jetzigen Grundrechte sind unmittelbar geltendes Recht, und die Gesetzgebung ist an ihren materiellen Inhalt gebunden, wie das Bundesverfassungsgericht neulich in einem hochbedeutsamen Urteil ausgesprochen hat. Und die Bedeutung des Art. 6 Abs. 1 ist gerade durch das von der Abgeordneten Frau Nadig erwähnte Urteil des Bundesverfassungsgerichts in einer so materiellen Frage wie der der Ehegattenbesteuerung besonders plastisch herausgearbeitet worden.
Ich bin also der Meinung, daß, wenn diese Auswegentscheidung möglichst lange im Schoße der Familie getroffen werden kann, das keinen Widerspruch zum Gleichberechtigungsgrundsatz darstellt, solange die Möglichkeit der Anrufung einer staatlichen Instanz überhaupt gegeben ist, wenn der Konflikt nicht lösbar ist.
Ich möchte mich vom Standpunkt der Regierung doch gegen einen Ausdruck wehren, der heute morgen gefallen ist; ich habe vergessen, von wem. Es wurde gesagt: hier wird diese Auswegentscheidung dem Mann deswegen gegeben — ich würde „anvertraut" sagen —, weil er Mann ist. Nein, das ist nicht so, sondern weil es hier um die Familie geht. Es geht nicht nur um das Verhältnis der Ehegatten zueinander, sondern es geht um etwas anderes als um die heute morgen auch erwähnte „soziologische Zweiergruppe", nämlich es geht um den Gesamtzusammenhang der Familie, der etwas anderes ist als nur das Verhältnis der Ehegatten untereinander. Und wenn hier der Mann handelt, um die Auswegentscheidung zu treffen, bevor eine staatliche Stelle spricht, dann handelt er, um das schöne Wort zu verwenden, das heute morgen gefallen ist, auf Grund der gemeinschaftlichen Verantwortung. Es ist eine ihm „anvertraute" Aufgabe, nicht eine Aufgabe, die er nur deswegen bekommt, weil er männlichen Geschlechts ist. Es wird hier auch nicht — jedenfalls entspräche das nicht der Intention der Bundesregierung — ein reines Übergewicht des Mannes im Zusammenhang der uns aufgegebenen Lösung der Fragen der Gleichberechtigung vorgesehen.
— Nein, sondern in einem spezifischen, in der Wirklichkeit nicht häufig vorkommenden Konfliktsfall wird im Rahmen der Familie die vorläufige Auswegentscheidung vom Mann getroffen. Mir scheint, daß das bei einer harmonisierenden Auslegung von Artikel 3 und Artikel 6 im Rahmen der Verfassung bleibt.
Ich kann mich auch nicht davon überzeugen lassen, daß die pädagogische Wirkung — ich halte den Ausdruck für gut und zutreffend -- hier zuungunsten der Frau geht. Die pädagogische Wirkung, wenn man von einer solchen sprechen will, richtet sich an Mann und Frau. Ihnen soll zu Gemüte geführt werden, daß sie sich einigen und auch möglichst die Auswegentscheidung des Mannes vermeiden sollen.
Gibt man aber der staatlichen Stelle, also dem Vormundschaftsgericht, schlechthin die Möglichkeit, auf Antrag zu entscheiden, bevor der Konflikt in der Familie bis zum letzten Versuch des Austrags gediehen ist, dann wird, so befürchte ich, in der Tat die Anrufung des Vormundschaftsgerichts viel häufiger sein als bisher. Dann wird dem Gebot der Verfassung des besonderen Schutzes des Staates für Ehe und Familie nicht hinreichend Rechnung getragen. Ich sehe daher einer etwaigen Austragung der Frage vor Gericht durchaus nicht zweifelnd entgegen, sondern glaube, daß die vorsichtige Form, in der sich die Regierungsvorlage bemüht hat, hier zwischen Artikel 3 und Artikel 6 eine Lösung zu finden, die den Geboten beider Artikel der Verfassung gerecht wird, durchaus verfassungsfest ist und daß sie dem Frieden in der Familie besser dient als der andere Vorschlag, der im einzelnen
Ögewiß als Vorschlag auch viel Anklang in der ffentlichkeit gefunden hat. Ich möchte daher namens der Bundesregierung
das Hohe Haus bitten, dem Vorschlag der Bundesregierung zu folgen.
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Kalinke.
Frau Kalinke : Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich bedaure sehr, daß wir in einer Debatte über ein so bedeutsames Problem im Augenblick zu denjenigen sprechen, die wahrscheinlich an der Frage interessiert sind und die gleiche Auffassung vertreten, daß aber diejenigen, mit denen wir über diese Fragen diskutieren und denen wir die Probleme deutlich machen möchten, wahrscheinlich erst zur Abstimmung in den Saal kommen werden. Ich nehme meine eigenen Freunde nicht davon aus, die jetzt ebenfalls nicht im Saale sind.
Sicher versteht niemand besser als wir Frauen, daß die Gleichberechtigung ihre Grenzen und ihre besonderen Gesetze hat. Aber unser Parlament hat mehr als jedes andere Parlament, das Probleme der Nachkriegszeit und der Nachkriegsgeneration zu lösen hat, die Verpflichtung, sich über die Probleme der Gleichberechtigung Gedanken zu machen im Zusammenhang mit der veränderten Welt, in der unsere Familien und insbesondere unsere Frauen ihre staatsbürgerlichen Pflichten und ihre Pflichten zur Erhaltung der Familien zu erfüllen haben. Es ist leider noch niemals mit aller Deutlichkeit klargeworden, wie gerade die Frauen diese Verantwortung für die Familie, von der der Herr Staatssekretär sprach, viel stärker empfunden halben als viele Männer besonders in der Zeit der großen Zusammenbrüche; und ich meine nicht nur die Zusammenbrüche unserer Städte und Arbeitsstätten, sondern auch die unserer menschlichen Gemeinschaften! — Die Frauen und die Mütter haben immer wieder dazu beigetragen, daß sich die Familie zusammenfand und erhalten blieb.
Ich glaube deshalb, daß wir allen Anlaß haben, die Grenzen des Staates, die Pflichten des Gesetzgebers und die Grenzen des staatlichen Einflusses mit aller Verantwortung zu sehen.
Ich bin nicht so vermessen zu glauben, daß dieses Gesetz für das Glück und den Bestand unserer Ehen allein entscheidend sein wird. Es soll und kann nur Hilfe geben in den Konfliktsfällen, von denen heute meine Kolleginnen gesprochen haben; ich stimme voll mit ihnen, die hier gesprochen haben, überein, daß die Konfliktsfälleerfreulicherweise gering an Zahl sind.
Wenn der Herr Staatssekretär die Auffassung der Regierungsvorlage und der Bundesregierung hier vertreten hat — das ist seine Pflicht —, so meine ich doch, daß die vielen Mitglieder dieses Hauses, die bei der Entscheidung über den § 1354 ihren Willen bekundet haben, das in vollem Bewußtsein auch des inneren Zusammenhangs mit dem Problem, über das wir jetzt sprechen, nämlich mit der Frage des Stichentscheids, getan haben und daß sie eine Entscheidung treffen werden, in der sie den Herrn Staatssekretär — so hoffe ich — im Interesse einer wirklich vernünftigen Entwicklung unserer Gesetzgebung enttäuschen werden.
Ich glaube auch nicht, daß der Stichentscheid nach § 1628 der Regierungsvorlage im Konfliktsfalle nur eine Auswegentscheidung ist, wie der Herr Staatssekretär Strauß meinte. Ich meine, er ist viel mehr als eine Auswegentscheidung! Ich will mich mit dem Herrn Staatssekretär nicht in eine Auseinandersetzung darüber einlassen, welches die richtige oder unrichtige Auslegung des Grundgesetzes ist, und auf einen Vergleich zwischen den Absichten der Weimarer Verfassung und der Gesetzgebung im Parlamentarischen Rat; ich habe die Diskussion im Parlamentarischen Rat nicht angehört, war nicht dabei, ich kenne nur die Protokolle; aber die Atmosphäre einer solchen Entscheidung kennt man wahrscheinlich besser, wenn man dabei war.
— Ich meine aber, Frau Kollegin Weber, daß wir alle gemeinsam die Verantwortung tragen und auch den Mut haben sollten, einen Schritt vorwärts zu tun — auch in der Theorie und in der Gesetzgebung — da, wo die Praxis schon unendliche Kilometer vorangeschritten ist.
Der Herr Staatssekretär hat die Meinung vertreten, daß die Entscheidung dem Mann nicht deshalb gegeben wird, weil er ein Vorrecht als Mann haben solle, sondern — so sagte er —, weil es ja dem Mann bei der Auswegentscheidung um die Familie gehe, um eine Entscheidung auf Grund der Verantwortung, die er trage. Nun, wir Frauen, die wir besonders in der sozialen Arbeit dieser Nachkriegsjahrzehnte stehen, wissen um die vielen Fälle, in denen gerade die Frauen die Last, aber auch das Bewußtsein der gemeinschaftlichen Verantwortung in einem Maße getragen haben wie vielleicht keine Frauengeneration je zuvor. Ich weiß auch nicht —ich habe es nicht ganz verstanden —, warum dieses Empfinden beim Bekenntnis zur gemeinsamen Verantwortung der christlichen Ehepartner, zu deren Amt und Verpflichtung ich mich in aller Öffentlichkeit bekenne, nicht etwa auf beiden Schultern und auf beiden Gewissen als gleiche und gemeinschaftliche Verantwortung und Last liegt.
Ich möchte nichts von dem wiederholen, was die Frau Kollegin Nadig hier gesagt hat. Ich stimme ihrer Begründung in jedem Wort zu, das sie gesprochen hat, und ich freue mich, daß hier unter den Kolleginnen aller Fraktionen, die sich so sachlich mit den Problemen auseinandergesetzt haben, eine große Übereinstimmung besteht.
Der Herr Staatssekretär hat weiter bezweifelt, daß die veränderte Gesellschaftsstruktur, von der Frau Kollegin Nadig sprach, eine so entscheidende Rolle spielt. Meine sehr verehrten Herren und Damen, ich bin der Auffassung, daß wir in diesen Jahren, in denen wir von sozialen Reformen gesprochen haben und immer noch sprechen werden, es als eine dauernde Aufgabe ansehen müssen, die Gesellschaftsstruktur und ihre Veränderung, die Schäden, die sie anrichtete, und die Gefahren, die sie begleiten, immer wieder zu beobachten. Es wäre völlig unmöglich, ,etwa über die Probleme des Stichentscheids zu sprechen, ohne die veränderte soziale Struktur unserer Familien und Gemeinschaften zu sehen.
Diejenigen, die in der Praxis des Alltags stehen, wissen sehr viel von dem, was sich draußen im Leben tut, und sie ringen nicht nur mit der Sprache des Gesetzes vom grünen Tisch aus um Lösungen. Ich meine die vielen Menschen, die in der Praxis der Rechtsanwaltsbüros und als Sozialfürsorgerinnen draußen immer wieder mit den Konflikten und Problemen zu tun haben, die hier erfreulicherweise als Ausnahmen gekennzeichnet worden sind. Sie alle wissen, daß das bisherige patriarchalische Recht, das heute hier verteidigt worden ist, weder die Ehekrisen noch die Ehescheidungen verhindern konnte, und daß dieses Recht auch nicht dazu beitragen konnte, in den Konfliktsfällen eine Befriedung zu bringen.
Ich weiß, es gibt keine Garantie dafür, daß in Zukunft weniger Ehekrisen und weniger Ehescheidungen zu verzeichnen sein werden. Aber es dürfte sich wohl allenthalben die Einsicht durchgesetzt haben, daß die gemeinsame elterliche Gewalt von Vater und Mutter, die gemeinsame natürlich gegebene Verantwortung in der Familie, von der hier gesprochen worden ist, eine ganz große Bedeutung hat und daß die Menschen dazu auch wieder erzogen werden müssen. Wer auf die gemeinsame Verantwortung hinweist, wird diese gemeinsame Verantwortung mehr fördern als derjenige, der die Entscheidungen von der einen oder von der anderen Seite fordert.
Wir können die Augen nicht davor verschließen, daß nicht nur die Folgen des Krieges, die Vertreibung so unendlich vieler Menschen, die Zerstörung der Gemeinschaften durch Kriegsgefangenschaft und Austreibung dazu geführt haben, daß unsere Frauengeneration nicht allein die seelische Belastung der Verantwortung, sondern dazu die nüchterne materielle Belastung der Verantwortung mit getragen hat. Ich brauche Ihnen, meine Kollegen und Kolleginnen, nicht zu sagen, wieviel Halbfamilien wir in Deutschland haben und wieviel Kinder von alleingelassenen und alleinstehenden Frauen erzogen und versorgt werden. Das ist eine Entwicklung, die nicht
schwächer, sondern stärker werden wird. Die Probleme der Vollbeschäftigung, von denen heute nicht gesprochen wurde, die aber in ihrer Auswirkung auch auf die Familie eine bedrohliche Rolle spielen, nämlich die immer stärkere Einbeziehung der Frau in die Verantwortung im Berufsleben und ihre Mitverantwortung nicht nur für die Erziehung der Kinder, sondern auch für die Aufbringung der Kosten der Ausbildung der Kinder, alle diese Probleme dürfen wir doch nicht übersehen! Es wäre eine Vogel-Strauß-Politik, es hieße den Kopf in den Sand stecken, begnügte man sich mit schönen, gut klingenden und sicher auch die Gemüter ansprechenden Betrachtungen, während die rauhe Wirklichkeit so ganz anders aussieht. Die deutschen Fürsorgerinnen haben uns aus ihren Erfahrungen berichtet. Sie alle haben deren Eingaben wie die Stellungnahme der Rechtsanwältinnen bekommen, die aus ihrer reichen Erfahrung bestätigt haben, daß in der Praxis die Auseinandersetzungen in den Fragen der Kindererziehung gezeigt haben, daß in allen normalen Familien das gegenseitige Einvernehmen bisher funktioniert hat und daß selbst da, wo sich die Bande der Ehe schon gelockert haben und Schwierigkeiten bestehen, eine Verständigung immer dann möglich gewesen ist, wenn es um die Kinder gegangen ist. Ich bin daher der Auffassung, der Streichung des § 1354 hätte am besten die Streichung auch des § 1628 entsprochen. Wenn wir eine solche klare Regelung getroffen hätten, hätten wir das Ziel erreicht, den Gesetzgeber aus all den Konflikten, die die Familie angehen, um der Familie willen so weit wie möglich herauszuhalten.
) Nach der Auseinandersetzung um die Grundsätze der Gleichberechtigung möchte ich das Grundsatzgespräch nicht mehr vertiefen. Ich möchte jedoch an diejenigen, die noch Bedenken haben, appellieren, endlich den Mut zum Neuen zu haben! Ich meine den Mut zu einer neuen Regelung, die ja in der Praxis längst durchgesetzt wurde, zu einer Regelung, von der wir sagen können, daß die Zukunft in der Praxis des Lebens schon lange begonnen hat, und nur wenige wollen nicht zugeben, daß sie begonnen hat.
Wir, die wir hier gesprochen haben, gehören wohl alle zu den Menschen, die kein Hineindrängen von Außen-Einflüssen in die ehelichen Gemeinschaften und in die Familie wünschen. Wir gehören aber auch zu denen, die meinen, daß weder der Mann noch die Frau ein Privileg haben sollte, sondern daß die gemeinsame Verantwortung, auf die die in den Änderungsanträgen der SPD, der CDU und der FDP vorgesehene Regelung abstellt, die Lösung ist, auf die wir uns alle, auch die bisherigen Gegner dieser Auffassung, einigen sollten. Es wird in der Diskussion immer nur über die konfliktreichen Fälle, über die schlechten Beispiele gesprochen, über die guten in der Regel nicht. Wir haben uns darüber im Ausschuß schon sehr gründlich unterhalten.
Ich bitte Sie noch einmal, unserem gemeinsamen Anliegen zu entsprechen; ich 'verweise dabei auf die Begründung, die von der Frau Kollegin Nadig für den Änderungsantrag der SPD gegeben wurde. Begnügen Sie sich nicht mit einer Klage über den Verlust der patriarchalischen Verhältnisse, über die Zunahme der Ehekrisen, über das Absinken des Verantwortungsgefühls, sondern tun Sie mutig einen Schritt in die Zukunft und helfen Sie dazu, daß die Verantwortung in der Familie, die Erhaltung der Familie, aber auch die ausgleichende Stimme der Frau in der Familie zur Befriedung beiträgt und führt.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wahl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nach den hervorragenden Ausführungen des Staatssekretärs zur Verfassungsfrage noch einige Ausführungen beitragen und an die Spitze den Satz stellen, daß die Gleichberechtigung von Mann und Frau offenbar nicht die sachgemäße Organisation der Familie und die Abgrenzung der verschiedenen Funktionen beider Ehegatten verbietet. Schon Max Weber hat darauf hingewiesen, daß bei der Zweiergruppe in besonderem Maße die Gefahr besteht, über den Individualrechten der beiden Partner die Tatsache zu übersehen, daß die Zweiergruppe — hier die Ehe- und Familiengemeinschaft — ein Drittes, über den beiden Ehegatten stehendes Ganzes ist, dessen Interessen und dessen Rechte mit den Interessen und Rechten der Ehegatten als Individuen nicht identisch sind. Darauf beruht es, daß in Frankreich und in den Niederlanden die ausdrückliche Feststellung der Gesetze, daß der Mann der Chef der Ehe und der Familie sei, nicht als Verstoß gegen die Gleichberechtigung der Ehegatten empfunden wird, ja, daß in dem letzten Gesetz über die Gleichberechtigung der Ehegatten — in Holland — der Gesetzgeber mit dem lapidaren Satz beginnt, daß der Mann der Chef der Familie sei.
Das kann doch nur heißen: wenn es keinen Verstoß gegen die Gleichberechtigung der Menschen darstellt, daß es in einem Verein den Vorsitzenden und Mitglieder und in einem Betrieb Betriebsratsmitglieder und sonstige Betriebsangehörige gibt, dann ist es auch bei der Ehe als einem eigenen sozialen Körper mit der Gleichberechtigung von Mann und Frau vereinbar, wenn die Aktionsfähigkeit des Ganzen durch das Mittel verschiedener Funktionen der Partner erreicht wird. Ich gebe zu, daß die sogenannte analytische Betrachtung der Familie, die alle Familienrechte auf die Person der Familienmitglieder bezieht, die Betrachtung in den gängigen Darstellungen des Familienrechts jahrzehntelang zurückgedrängt hat. Aber mit den neuen Erkenntnissen der Soziologie haben die Verfechter des synthetischen Sehens von Ehe und Familie wieder an Boden gewonnen. Daß die romanischen Rechte in ihren neuesten Gesetzen diese Unterscheidung so deutlich machen, ist um so bemerkenswerter, als für den Code civil nach seiner sozialphilosophischen Grundhaltung der Vertrag die alleinige Grundlage für alle sozialen Bindungen war und daß dieses Gesetzeswerk für den sozialen Organismus als solchen keinen Raum bot.
In Deutschland war dagegen zu allen Zeiten der Dualismus zwischen Individuum und Gemeinschaft bewußt, und nicht umsonst formuliert Artikel 2 des Grundgesetzes, daß jeder das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit hat, „soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt".
Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit Sie besser verstehen, was meine Freunde im Rechtsausschuß bewegt hat, als die Lösung des § 1628 zustande kam, bitte ich Sie, zunächst einmal den Artikel 6 des Grundgesetzes vorzunehmen und nicht nur den Absatz 1 „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung" — womit diese überkommenen Formen zum Bestand unserer grundrechtlichen Ordnung erhoben worden sind —, sondern auch den Absatz 2 zu beachten: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft."
Ich halte den Änderungsvorschlag, die Entscheidung des staatlichen Vormundschaftsrichters an die Stelle der elterlichen Entscheidung zu setzen, für unvereinbar mit dieser Bestimmung des Grundgesetzes. Der Staat hat in den Fragen der Erziehung und Pflege der Kinder die Eltern nur zu überwachen und nicht zu ersetzen, nicht nur, weil wir in diesem Bereich jede staatliche Ingerenz für schwer erträglich halten und sie so weit beschränken müssen, als es nur irgend möglich ist, sondern auch, weil wir nach den traurigen Erfahrungen der Hitlerzeit nicht die Hand, ja nicht einmal den kleinen Finger dazu bieten wollen, daß auf diesem Gebiet je wieder die Vorstellung Platz greift, daß die Eltern bei diesen ihnen von Natur gestellten Aufgaben als „Treuhänder der Volksgemeinschaft", wie es damals hieß, angesehen werden müßten. Die Eltern müssen entscheiden, nicht der Staat. Der Staat kann nur eingreifen, wenn sie ihr Entscheidungsrecht mißbrauchen; denn er hat nur die Überwachungsfunktion.
Wer soll aber dann entscheiden? Beide Eltern gemeinsam! Und wenn sie nicht einig werden? Hier treten nun die bekannten Schwierigkeiten der Zweiergruppe auf. In Rom haben zwei Konsuln gleichberechtigt die Staatsgeschäfte geführt. Im Krieg wurde dann schließlich, um den klaren Oberbefehl sicherzustellen, tagtäglich die Kommandogewalt gewechselt. Über ein Jahrhundert lang folgten in Preußen die Söhne der Konfession des Vaters, die Töchter der Konfession der Mutter. Noch das BGB hat bei Ehescheidung aus beiderseitigem Verschulden die über sechs Jahre alten Kinder nach ihrem Geschlecht dem Vater oder der Mutter zugesprochen.
Ich glaube, daß alle diese Auswege nicht in Frage kommen. Was bleibt übrig? Wenn man sich erst einmal klargemacht hat, daß das Recht, das ja nicht für jede Ehe und Familie eine eigene Lösung geben kann, sondern nur mit groben, ganz groben, durchschnittlichen Maßstäben arbeiten muß, und zwar mit um so gröberen, je größer in concreto die Variationsbreite der zu regelnden Lebenserscheinung ist, dann wird man sagen können, daß der Mann noch immer am ehesten für diese Aufgabe heranzuziehen ist.
Es wird gesagt: Wenn der Mann entscheiden kann, braucht er sich mit der Frau nicht zu einigen. Ich stelle die Gegenfrage: Wird die Einigung wirklich erleichtert, wenn im Hintergrund immer die Möglichkeit der Anrufung des Gerichts steht? Kann nicht gerade diese Möglichkeit zu einer Versteifung führen, und ist es wünschenswert, daß über die Namensgebung — ich denke an den Frankfurter Fall mit den beiden Vornamen Ulrike und Agathe —, über die Berufswahl, die Wahl der
Schulgattung das Gericht entscheidet? Was soll denn der Richter machen? Wird er nicht überfordert, wenn er diese Dinge entscheiden soll, ohne daß ein echter Mißbrauch oder eine Gefährdung des Kindes festgestellt werden kann? Wenn letztere Voraussetzung gegeben ist, handelt es sich um ein echtes richterliches Betätigungsfeld; wenn aber kein Mißbrauch, keine Vernachlässigung der Kinder vorliegt, handelt es sich um eine Abdankung der privaten Entscheidungsfreudigkeit zugunsten einer staatlichen Maßnahme, zu der der Staat nach Artikel 6 des Grundgesetzes kein Recht hat.
Wir stehen also vor folgender Situation: Wenn die Gleichberechtigung von Mann und Frau so aufzufassen wäre, wie sie der Änderungsantrag ausdeutet, würde Artikel 6 des Grundgesetzes vergewaltigt, und wenn die Gleichberechtigung unter Aufrechterhaltung des väterlichen Entscheids verwirklicht würde, würde dies zwar dem Artikel 6 genügen, aber nach Ansicht der Antragsteller die Gleichberechtigung der Eheleute in einem wesentlichen Punkt nicht vollziehen.
Deshalb erhebt sich die Frage, ob Artikel 6 oder Artikel 3 der Verfassung vorgeht, ob eine Rangordnung zwischen diesen verschiedenen Vorschriften besteht. Ich glaube, das Grundgesetz regelt diese Rangordnung selbst. In Artikel 2 Abs. 1 wird der Entfaltung der Persönlichkeitsrechte durch die verfassungsmäßige Ordnung ihre Grenzen gesetzt, und zu dieser verfassungsmäßigen Ordnung gehört nun einmal auch die Familie, die die Pflege und Erziehung der Kinder in eigener Verantwortung als natürliches Recht wahrzunehmen hat. Wenn die Individualrechte sich an verfassungsmäßige Institutionen stoßen, haben sie hinter diesen zurückzutreten.
Ein weiterer Gedanke! Die Gleichberechtigung von Mann und Frau kann sowieso keine mechanische Gleichberechtigung sein. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, daß aus dem Gleichheitssatz nicht zu folgern ist, daß der männliche Arbeitnehmer den freien Hausfrauentag beanspruchen kann, weil in der Ausprägung der Gleichberechtigung auf die verschiedenen Funktionen der Geschlechter Rücksicht zu nehmen sei.
Nichts anderes will die Vorlage des Rechtsausschusses. Die Schutzfunktion des Mannes, die sich auf einem ganz anderen Gebiete — in seiner alleinigen Heranziehung zur Wehrpflicht — auswirkt, ist nun einmal von der Rechtsordnung in besonderem Maße herauszustellen. Der Gesetzgeber kann nicht das, was eine jahrhundertelange Entwicklung hervorgebracht hat, mit einem Federstrich beseitigen. Es kommt allein darauf an, die gleiche Würde der Frau als Person zu wahren, gegen die sich der Vorschlag des Rechtsausschusses wahrlich nicht wendet. Sie wird ja nicht einer Willkür des Mannes ausgesetzt, gegen die es keine Remedur gäbe.
Noch ein Schlußgedanke! Man hat in der BGB-Literatur schon immer darauf hingewiesen, daß die familienrechtlichen Befugnisse anders als etwa die sachenrechtlichen oder schuldrechtlichen zugleich Pflichten sind. Das Entscheidungsrecht ist also zugleich Entscheidungspflicht. Und nun frage ich Sie, ob die Gefahr, daß die Frau nicht pflichtgemäß für das Wohl der Kinder kämpft, überhaupt ernstlich in Frage kommt, und ob nicht umgekehrt das Entscheidungsrecht des Manes für ihn einen
sittlichen Impuls bedeutet, die Schutzfunktion
gegenüber den Kindern ernst zu nehmen, und ob
man auf diesen sittlichen Impuls verzichten kann.
Der Gesetzgeber sollte sich immer wieder klar darüber werden, daß, wenn umstürzende Neuerungen zur Debatte stehen, der Rechtspolitiker sich in einer ganz anderen Lage als der Naturwissenschaftler befindet, der eine neue Erkenntnis erst dann der Öffentlichkeit unterbreitet, wenn in seinem Laboratorium sich die neue Erkenntnis hundert- und tausendfach bestätigt hat. Der Gesetzgeber dagegen macht das Experiment sofort an dem kostbarsten Rohstoff, den es gibt, an dem Leben seines Volkes. Und wie oft hat er eine Lücke gestopft, um nach Jahren zu erkennen, daß er eine andere aufgerissen hat. Wenn wir jetzt eine so ehrwürdige Institution wie Ehe und Familie, die in Jahrhunderten gewachsen ist und sich im ganzen doch bewährt hat, in einem so fundamentalen Aufbauelement verändern sollen, dann sollte man sich zurückhalten, wenn das Grundgesetz zur Übernahme dieser Risiken nicht zwingt. Daß dies nicht der Fall ist, das glaube ich durch meine Darlegungen bewiesen zu haben. Darum bitte ich Sie im Namen meiner Freunde, die Änderungsanträge abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Metzger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst beantrage ich namens meiner Fraktion, daß über diesen Antrag namentlich abgestimmt wird.
Zur Sache selbst: Es steht fest — das ergibt der Gesetzentwurf der Regierung, das ergibt auch das, was der Herr Staatssekretär Strauß hier ausdrücklich gesagt hat —, daß in irgendeinem Zeitpunkt die Möglichkeit besteht, die Gerichte anzurufen, wenn zwischen den Eltern ein Streit über ihre Kinder entsteht. Die Frage ist lediglich, wann dieser Zeitpunkt eintritt. Es ist wichtig, das festzustellen, weil man damit ohne weiteres den krampfhaften Versuch ausmanövriert, den Art. 6 des Grundgesetzes gegen den Art. 3 auszuspielen. Denn nur um dem Mann ein Privileg zu erhalten, macht man sich die Mühe, so zu tun, als wenn der Schutz der Familie es erfordere, daß der Mann sein Privileg behalte. Davon kann gar nicht die Rede sein. Ich kann mir gar nicht denken, daß der Verfassungsgesetzgeber so wenig bedacht gewesen sein sollte, daß er, während er in einem Artikel die Gleichberechtigung verlangt hat, zu gleicher Zeit über einen anderen Artikel ein Privileg des Mannes festlegen wollte; denn darauf läuft die Argumentation hinaus.
Der Art. 6 ergibt das eindeutig; der Herr Kollege
Wahl hat ihn zitiert. Absatz 2 spricht davon, daß
„Pflege und Erziehung der Kinder" das „natürliche
Recht der Eltern" — das sind zwei, nicht einer —
— auf das Vormundschaftsgericht komme ich auch noch — „und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht" sind. „Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft." Daraus ergibt sich, daß auch der Grundgesetzgeber der Meinung ist, es kann der Fall eintreten, wo das Gericht in Funktion treten und entscheiden muß. Daß Entscheidungen notwendig sind, ergibt z. B. der Absatz 3 des Art. 6; aber es ergibt sich auch aus dem ganzen Sachzusammenhang.
Wir sind uns also darüber einig — das ist sehr wesentlich —, daß wir das Gericht brauchen, daß wir das Gericht nicht umgehen können. Wenn das aber der Fall ist, ist es meines Erachtens eine Frage der Zweckmäßigkeit, in welchem Augenblick man das Gericht einschaltet.
Nun sagt der von uns vorgelegte Entwurf, daß grundsätzlich die Eltern ein gleiches Recht, zu bestimmen, haben und daß dann, wenn sie sich nicht zusammenraufen können — allein die Tatsache, daß dem Mann kein besonders Recht gegeben wird, führt ja dazu, daß sie gezwungen sind, sich zusammenzuraufen —, die Möglichkeit besteht, den Richter anzurufen. Was tut auch hier wieder der Regierungsentwurf? Er sagt zwar, daß die Ehegatten sich einigen sollen, verhindert aber im Grunde genommen eine Einigung dadurch, daß er dem Vater die letzte Entscheidung gibt. Er geht — das haben wir aus dem Munde des Herrn Staatssekretärs Strauß und aus dem Munde des Herrn Dr. Wahl gehört — von der Auffassung aus, daß das deswegen notwendig sei, weil es einen Art. 6 des Grundgesetzes gibt.
Meine Damen und Herren, ich bitte, es dem Herrn Redner durch etwas größere Ruhe möglich zu machen, Ihnen seine Argumente nahezubringen.
Der Regierungsentwurf und der Entwurf, der vom Ausschuß beschlossen worden ist, sagen also, daß das Vormundschaftsgericht von der Mutter angerufen werden kann — von der Mutter wohlgemerkt —, wenn das Verhalten des Vaters in einer Angelegenheit von besonderer Bedeutung dem Wohl des Kindes widerspricht oder wenn die ordnungsmäßige Verwaltung des Kindesvermögens dies erfordert. Wir haben also genau den gleichen Fall wie bei dem anderen Stichentscheid: Man schanzt dem Vater die Entscheidung zu und mutet der Mutter zu, zum Kadi zu laufen. Das heißt, wenn sich die beiden nicht einig sind, wenn die Mutter der Meinung ist, daß der Vater seine Entscheidungsgewalt mißbraucht, dann wird der Richter angerufen werden, dann wird es sowieso zur richterlichen Entscheidung kommen.
— Ach, Herr Kunze, hören Sie erst mal ruhig zu, und regen Sie sich nicht künstlich auf! Ich werde Ihnen dazu noch einiges sagen.
Keineswegs also ist es „Gott sei Dank erst dann" so; das ist ein Irrtum. Ich bin im Gegenteil der Meinung, daß der Richter weniger angerufen wird, wenn der Gesetzgeber die Ehegatten zwingt, sich zu einigen, als wenn dem Vater die Entscheidungsgewalt zugebilligt und die Mutter in eine schlechte Position hineingestellt wird. Wenn wirklich eine Spannung besteht, wird die Mutter den Richter doch anrufen. Nur wird sie in der unangenehmen Lage sein, daß sie die Beweislast hat, daß etwa, wenn in der Ehe die Frage des Verschuldens eine Rolle spielt, der Mann, der Vater von vornherein die bessere Beweisposition hat. Wir müssen auch die Folgen sehen, die wir damit der Ehefrau, der
Mutter zumuten. Es ist also auch keineswegs so, daß der Zeitpunkt später liegt. Der Zeitpunkt wird genau der gleiche sein.
Wenn von der Regierung behauptet wird, daß der Artikel 6, der den Schutz der Familie verlangt, verletzt werde, wenn der Vater nicht die Entscheidungsgewalt habe, dann ist zum allermindesten die Regierung dafür beweispflichtig. Der Beweis, daß der Staat ohne irgendwelche Gründe einzugreifen habe, wenn der Vater keine Entscheidungsgewalt habe, und daß die Familie nicht genügend geschützt sei, ist in keiner Weise erbracht. Im Gegenteil, der Herr Staatssekretär hat selbst zugestanden, daß die Fälle, in denen die Gerichte angerufen werden, in der Praxis sehr selten sind.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie noch einmal um etwas mehr Ruhe bitten, damit der Herr Redner auch wirklich gehört wird.
Er hat hinzugefügt, daß es möglicherweise anders sein könne, wenn die Entscheidungsgewalt des Vaters nicht normiert werde. Dazu ist einfach zu sagen: die Gerichte sind seither schon davon ausgegangen, daß der Vater nach dem Grundgesetz keine Letztentscheidungsgewalt hat. Trotzdem sind die Gerichte sehr wenig angerufen worden. Das wird in Zukunft genauso sein.
Man muß sich die Frage vorlegen: Mit welchem Recht will man unter dem Motto des Schutzes der Familie der Frau ein Recht entziehen und dem Vater ein Recht zubilligen, wenn die Gefahr, daß die Gerichte angerufen werden, so gering ist? Mit welchem Recht will man dann behaupten, daß man den Artikel 3 des Grundgesetzes, der die Gleichberechtigung der Geschlechter normiert, verletzt, wenn man nicht so verfahre, wie die Regierung und wie die knappe Mehrheit des Ausschusses das vorgeschlagen haben? Davon kann überhaupt nicht die Rede sein.
Wir sind uns darüber im klaren: die Gerichte müssen irgendwie in Funktion treten, wenn es kritisch wird. Das läßt sich nicht vermeiden. Daß die Situation früher kritisch wird, wenn der Vater die Letztentscheidungsgewalt nicht hat, das ist zu beweisen. Das kann nicht bewiesen werden, und die Lebenserfahrung spricht sogar dagegen. Auch da — hier möchte ich das sagen, was ich zu § 1354 gesagt habe — spielt die pädagogische Seite eine außerordentliche Rolle. Wenn der Vater weiß, daß er sich mit der Mutter einigen muß, daß ihm keine andere Wahl bleibt, dann wird er sich mit ihr einigen. Wenn er weiß, daß er einen Ausweg hat, dann wird er in vielen Fällen den Ausweg suchen. Das sind immer die Fälle, wo nicht der gute Wille vorhanden ist. Wo aber nicht der gute Wille vorhanden ist, soll der Gesetzgeber nicht diesen Ausweg bieten, sondern da soll der Gesetzgeber dazu erziehen, daß die Ehegatten sich wirklich verständigen.
Ich wiederhole: wer ein wirklich eheliches, ein wirkliches Familienleben wünscht, wer will, daß unsere Ehen wirklich von innen her aufgebaut werden, der soll helfen, daß die Ehegatten sich verständigen können, und er soll nicht das Gegenteil tun. Die Letztentscheidung des Ehemannes wirkt aber zum Gegenteil hin.
Das Wort hat der Abgeordnete Seidl .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde Sie nicht mehr lange mit einem Problem aufhalten, bei dem es, so fürchte ich, sehr schwer ist, die eine oder die andere Auffassung so überzeugend darzustellen, daß einer, der sich für das eine oder das andere entschieden hat, sich davon abwendet. Ich möchte aber doch noch einige Gesichtspunkte anführen.
Zur Verfassungsmäßigkeit der ganzen Regelung ist viel gesprochen worden, und ich will diese Frage nicht vertiefen. Sehr verehrte Frau Dr. Lüders, Sie haben Zahlen zitiert und auch angeführt, daß in den meisten Ländern die Entscheidungen, um die die Gerichte angegangen wurden, gering an Zahl waren. Sie haben auch eine Aufstellung aufgeführt, und zwar aus Bayern, die erschreckend hohe Zahlen von Fällen gezeigt hat, in denen die Gerichte in dieser Frage angerufen wurden. Ich kenne diese Statistik nicht. Ich nehme aber an, daß damit alle Verfahren erfaßt sind, auch die, bei denen es sich um Scheidungsfälle handelt. Aber gerade die Tatsache — allzu viele gehen davon auch nicht weg — zeigt doch, daß die Besorgnis richtig ist, die wir haben: wenn auch in gesunden Ehen das Recht, das Vormundschaftsgericht anzurufen, bei Streitigkeiten zwischen den Eltern in Anspruch genommen wird, wenn sie nicht einig werden, wenn also keiner die letzte Entscheidung hat, dann führt das zu einer erheblichen Zahl von Verfahren vor den Gerichten, und das ist es, was wir nicht wünschen. Darin unterscheiden wir uns von denen, die glauben, daß das in Zukunft nicht der Fall sein wird. Wir hatten bisher keine gesetzliche Regelung, und trotzdem schon die vielen Fälle! Werden wir die Regelung einmal haben, dann haben wir die Anrufung des Gerichts vielleicht auch in Fällen, in denen wir sie nicht wünschen.
Auch die Gerichte werden die Frage der Verfassungsmäßigkeit anders beurteilen, wenn erst eine gesetzliche Regelung vorhanden ist. Wir sind zwar auch nach der jetzigen Rechtsprechung der Auffassung — Herr Kollege Wahl hat das schon ausgeführt —, daß diese Regelung durchaus mit dem Grundgesetz im Einklang steht. Sie wird aber auch von den Gerichten noch mehr so empfunden werden, wenn wir diese Regelung — wie wir glauben, im Einklang mit dem Grundgesetz — getroffen haben werden.
Herr Kollege Metzger hat davon gesprochen, daß die Beweislast bei der einen Fassung für die Frau viel schwerer sei. Er hat praktisch auch erklärt, daß das letzte der Richter sein müsse, seiner Ansicht nach schon früher, unserer Ansicht nach möglichst spät. Herr Kollege Metzger, Sie wissen doch als Jurist genausogut wie ich, daß sich dieses Verfahren vor dem Vormundschaftsgericht abwickelt und daß dort das Amtsverfahren gilt. Es wird also von Amts wegen festgestellt, um was es sich handelt. Die Frage der Beweislast ist hier von keiner erheblichen Bedeutung.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns die Sache einmal praktisch betrachten. Glauben Sie denn, es wird dadurch anders, daß im Gesetz steht, daß beide die Entscheidung haben? Es wird doch dann auch immer die Frau sein, die zum Kadi gehen muß.
Nun die Frage: was soll denn der Richter entscheiden? Unserer Auffassung nach ist doch eine
Entscheidung nur über die Tatsache des Mißbrauchs möglich; eine Gestaltung ist nicht die Aufgabe des Gerichts. Es kann nicht Aufgabe des Gerichts sein, festzustellen, daß das Kind so oder so heißen soll, daß das Kind in der oder in jener Schule ausgebildet werden soll. Erst wenn sich die Entscheidung eines Ehegatten als Mißbrauch und als dem Wohl des Kindes schändlich erweist, kann das Gericht entscheiden.
Ich könnte noch viele Beispiele dazu anführen.
Das Wesentliche — das ist immer wieder gesagt worden und das soll auch für die Entscheidung maßgebend sein — ist doch die Frage: wann soll der Staat letztlich eingreifen? Daß er in diesen Fällen eingreifen muß, ist klar, denn zum Wohle des Kindes sind Entscheidungen notwendig. Bei § 1354 ist das Non liquet, Herr Kollege Metzger, vielleicht hinzunehmen — obwohl gerade das Beispiel der Frau Kollegin Ilk gezeigt hat, daß es nicht sehr schön sein wird; denn wenn die Ehegatten sich nicht einig sind, wohin das Haus gebaut werden soll, dann wird es wahrscheinlich gar nicht gebaut, und es wäre doch besser, es würde gebaut.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Metzger?
Bitte schön!
Herr Kollege Seidl, ist Ihnen nicht bekannt, ,daß in unserem Entwurf in Abs. 2 dieser Vorschrift steht, daß das Vormundschaftsgericht einen Elternteil ermächtigen kann, die Angelegenheit so zu regeln, wie dieser vorgeschlagen hat, daß das Vormundschaftsgericht also keineswegs, wie Sie meinen, aus der blauen Luft heraus entscheidet!?
Herr Kollege Metzger, ich will Ihnen dazu — ich bin zwar in dem anderen Gedanken unterbrochen worden — gern noch folgendes sagen. Glauben Sie, Herr Kollege Metzger, daß die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts in der Praxis und in der Durchführung eine andere ist, wenn Sie sagen: Der Richter entscheidet selbst!, als wenn Sie sagen: Er überträgt die Entscheidung einem Ehegatten? Die beiden Ehegatten tragen ihm ihre Standpunkte vor. Der eine Ehegatte erklärt: Das Kind soll Handwerker werden, weil es dazu die Eignung hat; der andere Ehegatte erklärt: Das Kind soll auf die höhere Schule gehen, es ist sehr begabt. Nun soll der Vormundschaftsrichter selbst entscheiden oder, wie es in Ihrem Vorschlag steht, er soll gar nicht selber entscheiden, er soll die Entscheidung einem Ehegatten übertragen. Trifft er denn nicht schon die Entscheidung, wenn er dem einen Ehegatten sagt: Entscheide du!? Damit hat er im Sinne des einen entschieden; das ist doch ganz klar. Darum sage ich ja: es ist ein und dieselbe Regelung, es ist keine Verschiedenartigkeit darin.
Ich wollte hier aber in erster Linie einen anderen Gedanken vortragen. Herr Kollege Dr. Wahl, Sie haben von einer Rangordnung gesprochen und Ihre Gedanken dazu entwickelt. Ich darf Ihnen, um einen Beitrag zu der Erörterung dieses Problems der Rangordnung von Art. 3 und Art. 6 zu leisten, mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten einen kurzen Absatz aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. 12. 1953 verlesen. Ich halte es auch im Hinblick auf die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs für wesentlich, daß wir uns einen Kerngedanken dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch einmal überlegen. Ich zitiere:
Die Entwicklung lehrt ..., daß der Verfassungsgeber selbst die beiden Prinzipien
— des Art. 6 und des Art. 3 —
ohne Bedenken als vereinbar angesehen hat: Der Gesetzgeber der Weimarer Verfassung hatte ihr Verhältnis zueinander dadurch klar zum Ausdruck gebracht, daß er sie in Art. 119 Abs. 1 unmittelbar nebeneinander aufführte; dort hieß es: „Die Ehe steht als Grundlage des Familienlebens und der Erhaltung und der Vermehrung der Nation unter dem besonderen Schutz der Verfassung. Sie beruht auf der Gleichberechtigung der beiden Geschlechter." Der Gesetzgeber des Bonner GG wollte über den damaligen Zustand nur insoweit hinausgehen, als er die programmatisch gemeinten Bestimmungen der Weimarer Verfassung in aktuell geltendes Recht fortentwickeln wollte. ... Da mithin kein Zweifel sein kann, daß der Verfassunggeber Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG für vereinbar hielt, kann eine Auslegung, die dieser Vorstellung des Gesetzgebers Rechnung trägt, nur zu dem Ergebnis kommen:
— und das ist jetzt das Entscheidende, meine Damen und Herren —
auch in Ehe und Familie
— ich unterstreiche die Worte „und Familie" — sind Mann und Frau gleichberechtigt.
Das ist nun auch eine Autorität, deren Auffassung ich Ihnen hier vorgetragen habe, nämlich das Bundesverfassungsgericht.
— Ob die Fragestellung, die zu diesen Ausführungen Anlaß gegeben hat, eine andere gewesen ist, interessiert in dem Zusammenhang nicht; hier interessieren uns die Rechtsgedanken des obersten Gerichts, welches nun einmal für die Auslegung der Verfassung zuständig ist.
Der Herr Staatssekretär sprach von einer Auswegentscheidung. Sie mögen es so oder auch Letztentscheidung nennen, in jedem Fall handelt es sich um die Gewährung eines besonderen Rechts; darum kommt man einfach nicht herum. Wie vereinbaren Sie das, Herr Staatssekretär, mit der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, daß bei rechter Auslegung dieser Verfassungsnormen nicht nur in der Ehe, nicht nur in der „Zweiergruppe", sondern auch in der Familie, d. h. unter Einbeziehung der übrigen Angehörigen der Familie, die gleiche Rechtsposition der Ehepartner gewährleistet sein muß? Ich richte diese Frage nicht nur an den Herrn Staatssekretär; vielmehr sollte das ganze Haus sie sich vorlegen und danach die Entscheidung bei der Abstimmung treffen.
Ein abschließendes Wort. Sie sagen immer, dieses oder jenes sei so von alters her und es sei eben im Prinzip so, wie Sie es jetzt mit der Konstruktion einer Letztentscheidung vorschlagen. Der Herr Kollege Seidl spricht von der „gewachsenen Ordnung". Der Gesetzgeber hat sich allerdings von gewissen Vorstellungen leiten zu lassen, aber er hat sich dabei über eines im klaren zu sein: woher er sein Leitbild bezieht. Er hat verschiedene Möglichkeiten. Er hat sicherlich die Möglichkeit, sein Leitbild aus der Vergangenheit zu beziehen. Er hat vielleicht auch die Möglichkeit, sein Leitbild aus den Vorstellungen des Jahres 1870 zu beziehen; das obliegt seiner Entscheidung. Wir, die Sozialdemokraten, und auch viele andere Mitglieder dieses Hauses sind der Auffassung, daß das Leitbild des Gesetzgebers aus der gegenwärtigen Verfassungslage und aus der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation bezogen werden muß. Wir sollten bei der Aufstellung dieses Leitbildes daran denken, daß dieses Gesetz Recht auch für kommende Generationen ist, für Generationen, die heute schon in einem echten Gefühl der Gleichberechtigung aufwachsen, einem Gefühl für die Gleichstellung aller Menschen, gleichgültig, ob sie Mann oder Frau sind.
Das Wort hat die Frau Abgeordnete Dr. Ilk.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dieser Diskussion gehen wir offensichtlich an einer Tatsache völlig vorbei: daß nämlich die Ordnung, die jahrhundertelang bestanden
' hat, im letzten Jahrhundert langsam, aber sicher eine Veränderung erfahren hat.
Ob Sie es bejahen oder nicht, die Position der Frau in Familie und Gesellschaft hat eine Wandlung erfahren,
und alle, die das leugnen wollen, gehen an den Tatsachen vorbei. Meine Herren, die Sie im Kriege gewesen sind und Ihre Frauen mit der großen Verantwortung für Ihre Kinder in allen Fragen der Entscheidung haben zurücklassen müssen, Sie haben in den Jahren 1945 und 1946 von sich aus anerkannt, daß Ihre Frauen durchaus in der Lage sind, mit Ihnen gleichermaßen alle Probleme, die die Kinder berühren, zu beraten und zu entscheiden. Und wenn Sie jetzt sagen: „Der Mann muß die letzte Entscheidung in bezug auf die Kinder haben, wenn sich die beiden nicht einigen können", so sage ich Ihnen, daß im inneren Gefüge einer Ehe, wo beide Ehepartner willens sind, die Ehe aufrechtzuerhalten, eine Frage entweder von dem einen oder dem anderen entschieden werden wird; und dann wird sich der andere Ehepartner dem fügen, vielleicht nicht sehr gern, aber er wird sich fügen und wird sicherlich nicht zum Richter laufen. In den Fällen, wo ein Ehepartner zum Richter geht, meine Damen und Herren, ist die Ehe brüchig; darüber wollen wir uns doch gar nichts vormachen. Dann brauchen wir einen § 1628 gar nicht! Wir gehen doch von der normalen Ehe aus; und in der normalen Ehe wird es sich von Fall zu Fall eben unter den Eltern teilen. Aber wir werden nicht von vornherein dem Ehemann bzw. dem Vater das unbedingte Recht einräumen, auf den Tisch zu schlagen und in jedem Falle zu sagen: „Jetzt bestimme ich!"
— Herr Kollege Seidl, ich kann leider Ihre Zurufe nicht verstehen. Dann kann ich leider auch nicht darauf eingehen. Ich bedaure das sehr. — Ich glaube, wir übersteigern es außerordentlich, wenn wir heute eine Bestimmung aufrechterhalten, die wirklich für 90, ja 95 und mehr Prozent der Ehen überhaupt keine Gültigkeit hat. In den restlichen Fällen, in denen sich die Leute nicht einigen, endet das Verfahren leider meistens beim Ehescheidungsrichter und nicht beim Vormundschaftsrichter.
Dann bedenken Sie bitte auch eines: Es gilt, auch die Stellung der Mutter in der Familie den Kindern gegenüber auch nach außen hin zu festigen und zu sichern. Das ist ganz gewiß eher eheerhaltend und ehefördernd als ehezerstörend. Wenn Sie eine solche Bestimmung wie § 1628 beibehalten — wie Sie es wünschen —, dann geben Sie von vornherein der Mutter gegenüber den Kindern eine schlechtere Position, insbesondere gegenüber den heranwachsenden Kindern. Ich glaube nicht, daß das im Sinne der Erhaltung einer wirklich echten, auch im christlichen Sinne geführten Ehe liegt.
Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor; ich schließe die Aussprache zu § 1628.
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über die Anträge Umdrucke 1031 *), 1032**) und 1037***), soweit sie die Fassung des § 1628 betreffen. Die Anträge lauten völlig gleich; ich kann also die Abstimmung verbinden. Der Herr Abgeordnete Metzger hat namentliche Abstimmung beantragt. Wird der Antrag unterstützt?
— Das sind mehr als 50 anwesende Mitglieder des Hauses. Wir schreiten zur namentlichen Abstimmung über die aufgerufenen gleichlautenden Änderungsanträge. Ich bitte die Schriftführer, die Karten einzusammeln. —
Sind noch Damen oder Herren im Saal, die ihre Stimme noch nicht abgegeben haben? — Das ist nicht der Fall; dann schließe ich die Abstimmung.
Meine Damen und Herren! Ich gebe das Ergebnis****) der namentlichen Abstimmung über die aufgerufenen Umdrucke bekannt. Es sind 352 Stimmen stimmberechtigter Abgeordneter abgegeben worden. Mit Ja haben gestimmt 166, mit Nein 185; eine Enthaltung. Der Antrag ist abgelehnt. Von 14 Berliner Abgeordneten, die ihre Stimme abgegeben haben, haben 10 mit Ja und 4 mit Nein gestimmt.
Meine Damen und Herren, ich komme damit zur Abstimmung über § 1628 in der Ausschußfassung. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; er ist angenommen.
Ich komme nunmehr zu den zurückgestellten §§ 1626 und 1627. Darf ich annehmen, daß die Änderungsanträge jetzt entfallen?
— Sie entfallen. Ich danke.
Dann darf ich fragen, ob zu §§ 1626 und 1627 das Wort gewünscht wird. — Das ist nicht der Fall.
Ich darf die Abstimmung über die beiden Paragraphen verbinden. Wer ihnen in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Das erste war die Mehrheit; die Paragraphen sind in der Ausschußfassung angenommen.
— Ich bitte doch, mir und Ihnen selbst die Arbeit dadurch zu erleichtern, daß Sie etwas mehr Ruhe wahren.
Ich komme nunmehr zum Änderungsantrag Umdruck 1031 *) und zum Änderungsantrag Umdruck 1037***) Ziffer 2 a auf Einfügung eines § 1628. Wer begründet die Anträge?
— Mir wird von einer Seite erklärt, daß der Antrag Umdruck 1037 Ziffer 2 a erledigt ist. Darf ich die Antragsteller des Änderungsantrags der Fraktion der FDP Umdruck 1031*****) fragen, ob sie diesen Antrag auch für erledigt erklären? — Das ist
*) Siehe Anlage 13
**) Siehe Anlage 9 ***) Siehe Anlage 12 ****) Vgl. Seite 11873 *****) Siehe Anlage 15
der Fall; dann entfällt die Aussprache und Abstimmung hierüber.
Ich komme zu dem § 1629. Dazu sind Änderungsanträge auf den Umdrucken 1037 Ziffer 2 a, 1032*) Ziffer 2 und 1031 gestellt. Ich muß zunächst die konkrete Frage an die Antragsteller richten, ob sie auch diese Anträge als erledigt betrachten.
- Also die Anträge auf den Umdrucken 1037, 1032 und 1031 sind erledigt?
Dann kommen wir zu § 1629. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste ist die Mehrheit; der Paragraph ist in der Ausschußfassung angenommen.
Der Änderungsantrag für einen Paragraph 1629 a entfällt.
Ich rufe auf §§ 1630, - 1631, - 1632, - 1633, -1634, - 1638, - 1639, - 1641 und 1642. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Paragraphen in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich komme zu § 1643. - Die Änderungsanträge sind erledigt. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem § 1643 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Das erste ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf die §§ 1644, - 1645, - 1646, -1648, - 1649, - 1664 und 1666. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf § 1667. - Darf ich feststellen, daß die Änderungsanträge entfallen? - Das ist der Fall. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer § 1667 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - D as erste ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf die §§ 1668, - 1669, - 1670, -1671, - 1672, - 1673, - 1674, - 1675, - 1676, -1677, - 1678, - 1679, - 1680, - 1681, - 1682, -1683, - 1684, - 1685, - 1686, - 1687, - 1688, -1689, - 1690, - 1691, - 1692, - 1693, - 1694, -1695, - 1696, - 1697, - 1698, - 1698 a und 1698 b.
- Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr auf Nr. 23. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer Nr. 23 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Nr. 24. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer Nr. 24 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die
*) Siehe Anlage 9 Gegenprobe. - Das erste ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Nr. 25, und zwar im einzelnen die §§ 1758 und 1758 a. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer der Nr. 25 mit den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf die Nrn. 26, - 27, - 28 und 29 mit dem § 1767. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Nummern zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Nr. 30 mit den §§ 1776, - 1777 und 1778. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer der Nr. 30 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
- Das werden wir dann später noch feststellen.
- Ist bei den letzten Abstimmungen keine Enthaltung gewesen?
- Nein. Dann waren die Abstimmungen also einstimmig. Es wird im allgemeinen kein besonderer Wert darauf gelegt, das festzustellen. Aber wenn es der Fall ist, stelle ich das gern fest.
Wir kommen zu den Nrn. 31, - 32, - 33, - 34,
- 35, - 36, - 37, - 38, - 39, - 40, - 41, -42. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Nummern zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Ich rufe Nr. 43 auf. Die Änderungsanträge entfallen. Wer Nr. 43 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Keine Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe die Nrn. 44, - 45, - 46, - 47, - 48 auf. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer den aufgerufenen Nummern zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, es sind bei dem bisherigen Verfahren einige Paragraphen nicht ausdrücklich aufgerufen worden, weil sie entfallen. Im Hinblick darauf, daß sie im Bürgerlichen Gesetzbuch damit in Zukunft entfallen werden - insbesondere die §§ 1635 bis 1637 und 1640 -, wird vorgeschlagen, ausdrücklich festzustellen, daß der Bundestag beschlossen hat, daß sie entfallen. - Auch dies wird einstimmig gebilligt.
Ich komme nunmehr zu Artikel 2. Die Änderungsanträge bei der Nr. 11 dürften als entfallen betrachtet werden.
- Damit liegen keine Änderungsanträge vor. Ich darf also den Artikel 2 insgesamt zur Aussprache
stellen. — Das Wort wird nicht gewünscht. Abstimmung über den Artikel 2 insgesamt. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich komme zu Artikel 3. Die Änderungsanträge auf Einfügung einer Nr. 2 a und auf Änderung des § 218 entfallen. Es liegen keine Änderungsanträge mehr vor. — Das Wort zu Artikel 3 wird nicht gewünscht. Ich lasse über diesen Artikel insgesamt abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich komme zu Artikel 4. Sind hier die Änderungsanträge bei den Nrn. 6 und 10 auch als entfallen zu betrachten? — Das ist der Fall. Es liegen also keine Änderungsanträge mehr vor. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich lasse über den Artikel 4 im ganzen abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich komme zu Artikel 5. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer Artikel 5 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Nun folgt Artikel 6. Der Änderungsantrag zu Nr. 2 ist entfallen. Somit liegen also keine Änderungsanträge mehr vor. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich lasse über Artikel 6 im ganzen abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe Artikel 7 auf. Auch hier sind die beiden Änderungsanträge zu §§ 87 und 88 als entfallen anzusehen. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer Artikel 7 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich komme zu Artikel 8, Übergangs- und Schlußvorschriften, sowie Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Artikel 8 und Einleitung und Überschrift sind einstimmig angenommen. Damit ist die zweite Beratung geschlossen.
Wir kommen nunmehr zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Metzger.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute ein Gesetz beraten, das in über zwei Jahren im Unterausschuß Familienrecht eingehend durchberaten worden ist. Ich will dabei die Gelegenheit benutzen, namens der sozialdemokratischen Opposition zu wiederholen, was der Herr Vorsitzende gesagt hat: wir wollen nämlich vor allen Dingen auch den Beamten des Justizministeriums und dem
Sekretär des Rechtsausschusses danken, die wirklich eine außergewöhnliche Arbeit geleistet haben.
Wir haben Veranlassung, das anzuerkennen.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion bedauert es außerordentlich, daß entgegen der Verfassung der Stichentscheid des Vaters beschlossen worden ist. Das macht es uns schwer, dem Gesetz im ganzen zuzustimmen. Aber wir sind davon überzeugt, daß diese verfassungswidrige Bestimmung fallen wird und fallen muß. Das Gesetz enthält im übrigen so viel Dringliches, Wichtiges und Fortschrittliches, daß wir trotz dieses Fehlers — nicht Schönheitsfehlers — dem Gesetz im ganzen zustimmen werden.
Herr Abgeordneter Dr. Weber!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe schon heute morgen als Berichterstatter den Dank, den Herr Kollege Metzger an die Herren des Ministeriums und an den Sekretär des Rechtsausschusses gerichtet hat, meinerseits ausgesprochen. Ich möchte mich auch namens meiner Fraktion dem noch einmal anschließen.
Die Entscheidung, ob wir dem Gesetz im ganzen zustimmen können, fällt uns, jedenfalls einem großen Teil meiner Freunde, vor allen Dingen den Unterzeichnern des Antrags Umdruck 1035, nicht leicht. Es geht uns da genau wie Ihnen: wir sind bei diesem Antrag mit knapper Mehrheit unterlegen, wie andererseits mit knapper Mehrheit die Aufrechterhaltung des § 1628 beschlossen worden ist. Ich stimme aber auch darin bei, daß die Verabschiedung dieses Gesetzes dringlich ist. Infolgedessen werden meine Freunde, wenn auch unter schweren Bedenken wegen der Ablehnung des Letztentscheids des Ehemanns in Angelegenheiten der Ehe, dem Gesetz im ganzen zustimmen.
Wird in der allgemeinen Aussprache noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe auf Artikel 1 Nr. 22. Dazu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der Freien Demokraten vor. Er ist noch nicht verteilt; er wird vom Abgeordneten Dr. Stammberger bekanntgegeben und begründet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Hohe Haus hat in der zweiten Lesung mit knapper Mehrheit den Stichentscheid des Vaters nach wie vor anerkannt. In dritter Lesung einen neuen Antrag auf Beseitigung des Stichentscheids einzubringen, erscheint uns bei dieser Zusammensetzung des Hauses zwecklos. Hier muß wohl das Verfassungsgericht entscheiden.
Aber auch wenn man der jetzigen Fassung des Gesetzes den Sinn unterstellt, wie ihn ihr Herr Staatssekretär Dr. Strauß und verschiedene andere Redner, die den Stichentscheid des Vaters befür-
worten, gegeben haben, so muß nach unserer Meinung doch darauf hingewiesen werden, daß der jetzige Wortlaut der Bestimmung des § 1628 Abs. 1, in der der Stichentscheid behandelt wird, diesem Sinn nicht entspricht. Dort wird nämlich von einem Recht des Vaters und nicht von einer Pflicht gesprochen. Wir sind aber der Meinung, daß, wennschon der Vater entscheiden soll, er nicht ein Recht, sondern eine Pflicht dazu haben sollte, weil es die Verpflichtung der Eltern ist, für die Kinder zu sorgen, und weil es sich hierbei nicht um irgendwelche Rechte von Mann oder Frau handelt. Es geht hier um die Verpflichtung der Eltern, das zu tun, was dem Wohl des Kindes am besten dient.
Daraus ergibt sich, daß der Vater, wenn er nach dem jetzigen Wortlaut schon entscheiden soll, das nicht aus eigener Selbstherrlichkeit tun darf, sondern daß es nur unter Berücksichtigung des Wohls des Kindes und unter sorgfältiger Prüfung des entgegenstehenden Willens der Mutter geschehen kann.
Von diesen Gedanken haben wir uns schon leiten lassen, als wir zu Beginn dieser Legislaturperiode auf der Drucksache 112 einen eigenen Antrag vorlegten. Danach sollte § 1628 Abs. 1 folgende Fassung erhalten:
Sind die Eltern nicht zu einer Einigung gelangt, so ist der Vater verpflichtet, unter Berücksichtigung der Auffassung der Mutter die Entscheidung zu treffen, die dem Wohle des Kindes am besten entspricht.
Wir halten diese Auffassung, wenn es schon nicht zu einer Abschaffung des Stichentscheids kommt, für die, die dem Sinn eines solchen Stichentscheides am besten dient, und beantragen daher eine entsprechende Änderung der jetzigen Fassung.
Ich darf dazu noch eines sagen. Wir werden trotz mancher Bedenken, die wir haben und die vor dem Verfassungsgericht geklärt werden müssen, wegen der Dringlichkeit der Lösung der sonstigen Probleme diesem Gesetz als solchem in der dritten Lesung zustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Wittrock.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch einen Zuruf meines Fraktionskollegen Dr. Greve ist bereits zum Ausdruck gebracht worden, daß dieser Antrag nach unserer Auffassung eine Änderung des materiellen Sinngehalts der hier in Betracht kommenden Vorschrift bedeutet. Ich glaube, es ist nicht nur irgendeine Änderung des materiellen Sinngehalts, sondern es ist sogar eine Verschlechterung.
Wir halten es für keine gute Sache, in diesem Sinne von einer alleinigen Entscheidungspflicht zu reden. — Ich sehe, Sie schütteln mit dem Kopf. Aber eine derartige Gesetzesformulierung würde ja der Frau das Recht entziehen, je nach Gestaltung der besonderen Verhältnisse der Ehegatten ihrerseits zu entscheiden. Deshalb halten wir es für sehr bedenklich, so apodiktisch, wie das der Antrag tut, von einer Entscheidungspflicht zu sprechen, weil sich hieraus eine Ausschließung der Befugnis der Frau ableiten lassen könnte. Das ist sicherlich — ich darf das gerade aus Ihrem Kopfschütteln entnehmen, verehrte Frau Kollegin Dr. Weber — von niemand in diesem Hause gewollt, ich nehme an, auch nicht von den Antragstellern.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Weber.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind heute morgen von dieser Stelle aus schon verschiedentlich Ausführungen darüber gemacht worden, daß einem Recht in aller Regel auch eine Pflicht entspricht, daß also das gegebene Recht die Verpflichtung schafft zu handeln. Wir hätten deshalb von unserem Standpunkt aus entscheidende und durchgreifende Bedenken nicht gehabt, wenn der Antrag etwa so geändert worden wäre: Können sich die Eltern nicht einigen — also im Rahmen des § 1628, wie er bereits beschlossen ist —, so hat der Vater die Pflicht, die Entscheidung zu treffen. Aber ich bin auch der Meinung, die Herr Kollege Wittrock hier soeben vertreten hat: das kann hier in diesem Augenblick schlecht übersehen werden.
Der § 1628 in der vorliegenden Fassung ist im Ausschuß eingehend beraten worden. Man sollte hier nicht in letzter Minute eine Entscheidung treffen, deren Tragweite man nicht vollständig übersehen kann. Da es sich, von unserem Standpunkt aus jedenfalls, mehr um einen Streit um Worte handelt, bin ich dafür, daß die alte Fassung des § 1628 bestehenbleibt und der Änderungsantrag abgelehnt wird.
Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über den verlesenen Änderungsantrag der Fraktion der Freien Demokraten, in Art. 1 Ziffer 22 dem § 1628 Abs. 1 eine neue Fassung zu geben. Ich lese sie noch einmal vor, da der Antrag noch nicht vorliegt:
Sind ,die Eltern nicht zu einer Einigung gelangt, so ist der Vater verpflichtet, unter Berücksichtigung der Auffassung der Mutter die Entscheidung zu treffen, die dem Wohle des Kindes am besten entspricht.
Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit großer Mehrheit abgelehnt.
Weitere Änderungsanträge sind nicht gestellt. Wir kommen damit zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. — Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, damit hat der Deutsche Bundestag eines seiner bedeutsamsten Gesetzgebungswerke in der Realisierung des Grundgesetzes abgeschlossen.
Es liegt noch ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Seidl und Genossen auf Umdruck 1034*) vor. Wird hierzu noch das Wort gewünscht? — Zur Begründung Herr Abgeordneter Seidl!
*) Siehe Anlage 16
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich ganz kurz den Sinn und Zweck der Entschließung darlegen! Bei der Beratung des Familienrechtsänderungsgesetzes hat sich herausgestellt, daß möglicherweise Zweifel darüber entstehen könnten, ob die Ansprüche, die dem Ehegatten, sei es aus dem Zugewinn unter Lebenden, sei es aus der Erhöhung des Erbrechts von Todes wegen, zustehen, von einer Schenkung- oder Erbschaftsteuer erfaßt werden. Es ist uns von den zuständigen Ministerien ausgeführt worden, daß das nicht der Fall sei. Der Ausschuß war der Ansicht, daß das ein Anspruch ist, der dem anderen Ehegatten zusteht, wobei nur noch nicht sicher ist, wie hoch er ist und wann er zu erfüllen ist. Aus diesem Grunde waren wir der Ansicht, und zwar mit Zustimmung der Regierung, daß derartige Steuern nicht erhoben werden sollen. Wir wünschen aber — das ist im Ausschuß zum Ausdruck gebracht worden, und deshalb bitten wir das Hohe Haus, dieser Entschließung zuzustimmen —, daß in das Gesetz ausdrückliche Bestimmungen darüber aufgenommen werden, so daß klargestellt wird, daß die Auffassung, die wir und die Regierung vertreten haben, richtig ist. Deswegen bitte ich Sie, dem Antrag zuzustimmen, mit dem wir die Regierung ersuchen,
diesen Gesetzentwurf möglichst bald vorzulegen.
Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wer dem Entschließungsantrag, der soeben begründet wurde, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich habe noch bekanntzugeben, daß die als ganztägig einberufenen Sitzungen des Bundestagsausschusses für Verteidigung und des Bundestagsausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht am Montag, dem 6. Mai, nicht vormittags, sondern erst nachmittags 15 Uhr beginnen, und zwar mit Rücksicht auf die Trauerfeier für den verstorbenen Herrn Kollegen Dr. Lenz.
Meine Damen und Herren, ich berufe die nächste, die 207. Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 8. Mai 1957, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.