Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Zunächst, meine Damen und Herren, begrüße ich den Herrn Abgeordneten Arnholz, der nach langer Krankheit heute wieder unter uns ist.
Am 17. März verunglückte der philippinische Staatspräsident, Ramon Magsaysay, tödlich. Mit ihm fanden 23 Mitarbeiter seines Stabes, unter ihnen der philippinische Kultusminister und der Chef der philippinischen Luftwaffe, den Tod. Ramon Magsaysay hat sich große Verdienste im Kampf um die Freiheit nicht nur für sein eigenes Volk, sondern auch für die ganze freie Welt erworben. Der Bundestag gedenkt in Trauer und Anteilnahme des philippinischen Volkes, das mit seinem Staatspräsidenten einen bedeutenden Staatsmann verloren hat.
Am 15. März 1957 ist der Präsident der jugoslawischen Nationalversammlung, Moša Pijade, der, wie Sie sich erinnern, erst vor einigen Monaten Gast des Deutschen Bundestages gewesen ist, auf einer Dienstreis e einem Herzschlag ,erlegen. Ich habe dem Präsidium der jugoslawischen Nationalversammlung das Beileid des Deutschen Bundestages ausgesprochen.
Unserer Kollegin, der Frau Abgeordneten Dr. Weber, darf ich zu ihrem Geburtstag gratulieren, den sie am 17. März gefeiert hat
Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zur Tagesordnung. Punkt 1:
Fragestunde .
Ich bin gebeten worden, Frage 1, die das Auswärtige Amt betrifft, zurückzustellen, weil der Herr Staatssekretär des Auswärtigen vor 14.30 Uhr ,dienstlich nicht abkömmlich ist.
Ich rufe also zunächst auf 'die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Dr. Preller betreffend Verkauf der Häuser der Siedlung Waldhof im Landkreis Kassel:
Ist die Bundesregierung bereit, auf die von ihr finanziell maßgeblich getragene Verwaltungsgesellschaft für Industriegrundstücke, Bad Godesberg, in dem Sinne einzuwirken, daß die Gesellschaft die von ihr verwalteten Häuser der Siedlung Waldhof bei Eschenstruth im Landkreis Kassel den Mietern zu einem angemessenen Preis verkauft?
Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Staatssekretär des Finanzministeriums.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die von der Verwaltungsgesellschaft für Industtriegrundstücke in Bad Godesberg verwaltete Siedlung Waldhof bei Eschenstruth im Landkreis Kassel stellt eine geschlossene Siedlung von 51 Wohngebäuden dar. Die Verwaltungsgesellschaft für Industriegrundstücke strebt daher grundsätzlich an, die gesamte Siedlung möglichst geschlossen an eine gemeinnützige Wohnungsgesellschaft zu verkaufen. Unabhängig davon ist die Verwaltungsgesellschaft für Industriegrundstücke jedoch auch bereit, die von ihr verwalteten Häuser einzeln an die Mieter zu einem angemessenen Preis zu verkaufen. Die Durchführung eines solchen Verkaufs an die Mieter wird jedoch gewisse Schwierigkeiten bereiten, dia von den 51 Wohnhäusern 49 Wohnhäuser je vier Wohnungen enthalten unid auch an vier Parteien vermietet sind. Die Bundesregierung ist aber bereit, in dieser Richtung auf die Verwaltungsgesellschaft für Industriegrundstücke einzuwirken.
Zusatzfrage?
Ja. Darf ich den Herrn Staatssekretär, nachdem ich ihm für seine Ausführungen gedankt habe, fragen, ob Idas Bundesfinanzministerium bereit wäre, auf die Verwaltungsgesellschaft einzuwirken, damit den Bewerbern, die schon da sind, die Eigenheime etwa in einem Zeitraum von vier oder fünf Jahren durch Ratenzahlung zinslos überantwortet werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich nehme an, es beistehen keine Bedenken dagegen, daß die Zahlung eines Restkaufpreises auf mehrere Jahre erstreckt wird. Die Zinslosigkeit eines solchen Restkaufpreises würde allerdings den üblich en Bedingungen nicht entsprechen.
Die Fragen 3 und 4 müssen auch um eine halbe Stunde zurückgestellt werden.
Frage 5 — des Herrn Abgeordneten Schmidt — betreffend rechtzeitige Beantwortung von Schreiben der Mitglieder des Deutschen Bundestages:
Ist die Bundesregierung bereit, die Bundesministerien anzuweisen, daß Briefe, welche von Mitgliedern des Deutschen Bundestages in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete an die Ministerien gerichtet werden, binnen spätestens sieben Tagen beantwortet werden müssen?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Bundesminister des Innern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf die Frage wie folgt beantworten.
Nach der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien in ihrer zur Zeit angewandten Fassung ist ein Zwischenbescheid zu erteilen, wenn ein Eingang nicht binnen kurzem sachlich erledigt werden kann. Damit dürfte dem Wunsche des Herrn Kollegen grundsätzlich Rechnung getragen sein. Ich will aber die obersten Bundesbehörden bitten, Zwischenbescheide möglichst innerhalb einer
Woche zu geben, wenn Sich ein Mitglied des Deutschen Bundestages in seiner Eigenschaft als Abgeordneter ,an ein Ministerium wendet und es nicht möglich ist, sein Anliegen binnen kürzester Frist sachlich abschließend zu beantworten. Letzteres ist, wie Sie verstehen, insbesondere dann der Fall, wenn in Schreiben von Abgeordneten Fragen aufgeworfen werden, die weitere Ermittlungen innerhalb und außerhalb der Ministerien erfordern.
Eine Zusatzfrage? — Keine Zusatzfrage.
Frage 6 — des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann — betreffend Aktienmehrheit der Nachfolgegesellschaften Ufa und Bavaria:
Welche Vorkehrungen hat die Bundesregierung für den Fall getroffen, daß nach dem weiteren Zusammenschluß bestehender Großbanken sich eine Aktienmehrheit der aus dem ehemaligen reichseigenen Filmvermögen entstandenen Nachfolgegesellschaften Ufa und Bavaria in einer Hand befindet?
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß eine derartige Möglichkeit mit den Bestimmungen des Ufi-Entflechtungsgesetzes in Übereinstimmung zu bringen ist?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Entflechtung und Reprivatisierung des ehemals reichseigenen Filmvermögens übernahm ein ,Konsortium unter Führung der Süddeutschen Bank, München, Aktien der neugegründeten Bavaria-Filmkunst Aktiengesellschaft, München, ein anderes Konsortium ,unter Führung der Deutschen Bank West übernahm Aktien der Ufa-Theater, Düsseldorf, und ein :drittes Konsortium unter Führung der Berliner Disconto Bank Aktien der Universum-Film Aktiengesellschaft, Berlin.
Bei der Reprivatisierung hat jede der genannten Banken eine Minderheitsbeteiligung an einer der oben aufgeführten Filmgesellschaften erhalten. Auch eine Vereinigung dieser Minderheitsbeteiligungen durch eine Fusion der genannten Banken würde zu keinen Mehrheitsbeteiligungen an einer oder mehreren der ausgegründeten Gesellschaften führen.
Hiernach hat die Bundesregierung weder Anlaß noch die rechtliche Möglichkeit, Vorkehrungen im Sinne der Anfrage zu treffen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß durch die Auswirkungen des Zusammenschlusses der genannten Banken die Vorschriften des Ufi-Entflechtungsgesetzes nicht verletzt werden.
Eine Zusatzfrage? — Bitte!
Herr Staatssekretär, sind Sie der Meinung, daß Bedenken auch hinsichtlich der in § 10 des Entflechtungsgesetzes enthaltenen Erwerbsbeschränkungen nicht bestehen, falls in Zukunft eine Wetterveräußerung der Minderheitsanteile, die durch die Banken gehalten werden, erfolgen sollte?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich möchte um die Genehmigung bitten, diese Frage noch einmal sorgfältig überprüfen zu dürfen, um nicht eine oberflächliche Antwort zu geben.
Noch eine Zusatzfrage? — Nicht.
Frage 7 — Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann — betreffend „Deutsche Wochenschau GmbH".
Trifft es zu, daß der Bundesregierung ein Kaufangebot der Ufa für die „Deutsche Wochenschau GmbH" vorliegt?
Beabsichtigt die Bundesregierung, die „Deutsche Wochenschau GmbH" an die Ufa zu veräußern?
Mit wieviel Kopien laufen die bundeseigene „Neue Deutsche Wochenschau" und die ,,Ufa-Wochenschau" gegenwärtig in der ersten und zweiten Auswertung?
Der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zur Unterfrage 1 der Frage 7. Die Universum-Film AG Berlin hat lediglich schriftlich angefragt, ob mit einer Verkaufsbereitschaft des Bundes gerechnet werden könne. Ein konkretes Kaufangebot der Ufa liegt noch nicht vor.
Zur Unterfrage 2. Die Ufa und Bavaria haben zwar ihr Interesse an einem Erwerb der „Deutsche Wochenschau GmbH" zu erkennen gegeben. Außer einer informatorischen Vorbesprechung am 21. Februar 1957 mit der Ufa sind in der letzten Zeit Einzelverhandlungen oder Verkaufsgespräche nicht geführt worden. Die grundsätzliche Frage, ob eine Veräußerung der „Deutsche Wochenschau GmbH" erfolgen soil, wird innerhalb der Bundesregierung geprüft. Vor einem Verkauf oder einer Veräußerung von Geschäftsanteilen dieser unmittelbaren Bundesgesellschaft würdenselbstverständlich die haushaltsrechtlichen Vorschriften beachtet werden.
Zur Unterfrage 3. Ich bedaure aufrichtig, diese Frage nicht mit konkreten Angaben beantworten zu können, da hierdurch die Wettbewerbslage der Wochenschauen innerhalb der Filmwirtschaft beeinflußt werden könnte. Ich bin aber bereit, dem federführenden Ausschuß des Bundestages in einer vertraulichen Sitzung hierüber einige Informationen zu geben.
Eine Zusatzfrage?
Ja. — Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die bundeseigenen Wochenschauen bei ihrer Gründung von einer damals ebenfalls durch den Bund treuhänderisch verwalteten Untergesellschaft der Ufa zu Konditionen ausgerüstet worden sind, die zum mindesten geschäftsunüblich sind? Ich möchte damit sagen, daß sie ihre ganze Ausrüstung zu verbilligten Sätzen erhalten haben, die weit unter dem lagen, was üblich ist. Wird dieses Argument bei den Verkaufsverhandlungen nicht möglicherweise eine Rolle spielen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich glaube, daß wir uns bemühen müßten, dieses Argument bei den Verkaufsverhandlungen keine Rolle spielen zu lassen. Aber das wird natürlich von dem Gang der Verhandlungen abhängen. Wir würden selbstverständlich mit dem Bundestag über diese Dinge Fühlung halten, wenn die Verkaufsverhandlungen laufen.
Die Frage ist erledigt.
Frage 8 — Herr Abgeordneter Schmidt — betreffend Erhöhung der Gesamtkosten des privaten Omnibusgewerbes seit 1950.
Entsprechen die von Vertretern des privaten Omnibusgewerbes aufgestellten Behauptungen den Tatsachen, wonach seit Beginn des Jahres 1955 bis heute die Kosten für Dieseltreibstoff effektiv um 46 v. H., Löhne und Gehälter um 25 v. H., die Kraftfahrzeugsteuer um 55 v. H., sonstige Material- und Handwerkerkosten für das Omnibusgewerbe um 30 v. H. gestiegen sind?
Entspricht die Behauptung den Tatsachen, wonach die Gesamtkosten des privaten Omnibusgewerbes seit 1950 um durchschnittlich 53 v. H. gestiegen sind?
Der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Bundesministerium für Wirtschaft ist nicht im Besitz von genauem Material über die Entwicklung einzelner Kostenpositionen des privaten Omnibusgewerbes, zumal die Zuständigkeit für die Tarifbildung bei den Ländern liegt. Ich nehme an, daß eingehendes Material über die Richtigkeit der von dem Omnibusgewerbe behaupteten Kostensteigerung nach der Entscheidung über die bei den Ländern vorliegenden Anträge auf Erhöhung der Tarife zur Verfügung stehen wird.
Die Frage nach dem Prozentsatz der Erhöhung des Preises des Dieselkraftstoffs ist nicht leicht exakt zu beantworten. Der Preis selber schwankte je nach der Zone der Auslieferung zwischen 49 und 54 Pf je Liter. Er wurde bei den Tankstellen im Zusammenhang mißt der Suez-Krise um 5 Pf erhöht und ist in diesen Tagen um 1 Pf gesenkt worden. Es bleibt eine Erhöhung von 4 Pf. Hinzu kommt eine Preiserhöhung von 2 bis 5 Pf je Liter durch Herabsetzung der früher gewährten Selbtverbraucherrabatte. Diese trifft das Omnibusgewerbe aber nur insoweit, als es von den Tankstellen nicht selbst beliefert wird.
Außerdem ist zu unterscheiden zwischen dem Preis, den der Verbraucher zu zahlen hat, und jenem Preis, den der Produzent erhält. Etwa die Hälfte des Verbraucherpreises entfällt auf fiskalische Abgaben. Nach unseren Überprüfungen aber liegt, selbst wenn man die unigünstigste Zahl zugrunde legt, der Prozentsatz erheblich unter dem in der Anfrage genannten.
Die Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer für das private Omnibusgewerbe beruht auf der veränderten Steuerbemessungsgrundlage: Gesamtgewicht an Stelle von Eigengewicht. Sie ist im einzelnen Falle unterschiedlich. Auf Grund von Angaben, die dem Herrn Bundesminister für Verkehr durch die zuständigen privaten Verbände gemacht wurden, betrug seit 1950 bis Herbst 1956 im privaten Omnibusgewerbe die Steigerung der Personalkosten 50 v. H. — teilweise auch noch mehr — und die der sachlichen Kosten ebenfalls 50 v. H. Hinzu treten nach Ansicht des Bundesministers für Verkehr noch die durch das Verkehrsfinanzgesetz ausgelösten Mehrbelastungen von 7 bis 8 %.
Zusatzfrage.
Herr Dr. Westrick, ist Ihnen bekannt, daß aus ähnlichen Kostensteigerungsgründen, wie sie in der Anfrage genannt und der Sache, wenn auch nicht der Höhe nach, von Ihnen soeben zugegeben worden sind, inzwischen Anträge auf Fracht- bzw. -Tariferhöhungen nicht nur von seiten des privaten Omnibusgewerbes vorliegen, sondern darüber hinaus von der Binnenschiffahrt, insbesondere von dem Frachtenausschuß für die Rheinschiffahrt nebst entsprechenden Anträgen für die Seehafentarife der Deutschen Bundesbahn, ensprechende Anträge der ganzen deutschen Seehäfen für ihre Hafengebühren, entsprechende Forderungen des gewerblichen Güterfernverkehrs, entsprechende Forderungen fast sämtlicher deutscher Straßenbahn- und Omnibusgesellschaften, soweit sie sich im öffentlichen oder kommunalen Besitz befinden? Und schließlich: Ist Ihnen bekannt, daß darüber hinaus die Post und die Bundesbahn ihre Omnibustarife in den letzten Wochen bereits erhöht haben, sowie daß darüber hinaus Vorstandsmitglieder der Deutschen Bundesbahn in aller Öffentlichkeit Forderungen auf weitere Verkehrstariferhöhungen gestellt haben, mit einem Wort, daß sämtliche Zweige der deutschen Verkehrswirtschaft behaupten, bei der gegenwärtigen Kostensteigerung nicht mehr in der Lage zu sein, die bisherigen Tarife zu halten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Mir ist bekannt, daß zahlreiche Anträge auf Tariferhöhungen vorliegen, und zwar von verschiedenen Wirtschaftszweigen. Ich kann nicht sagen, ob bei uns die gesamte Aufzählung bekannt ist, die der Herr Abgeordnete eben erwähnt hat; aber ein großer Teil ist uns bekannt.
Wir haben an die Wirtschaftsminister der Länder die Bitte gerichtet, daß bei den Anträgen die gesamte Kosten- und Ertragslage eingehend geprüft werden möge. Nach der Durchführungsverordnung zum Personenbeförderungsgesetz muß von den Genehmigungsbehörden die Angemessenheit der Beförderungspreise unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und einer ausreichenden Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals geprüft werden. Diese Prüfungen sind wohl zum großen Teil noch im Gange.
Zweite Zusatzfrage?
Herr Dr. Westrick, rechnen Sie damit, daß die von Ihnen eben erwähnten in Gang befindlichen Prüfungen der verschiedenerlei Tariferhöhungsanträge vor dem voraussichtlichen Wahltermin zum dritten Bundestag abgeschlossen sein werden und daß eine entsprechende Entscheidung vorher ergehen wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Voraussage kann ich, Herr Abgeordneter, nicht machen. Es ist ein offenes Geheimnis, daß wir uns bemühen, die Preisentwicklung möglichst stabil und ruhig zu halten, und daß wir insofern natürlich auch ein Anheben der Tarife im Verkehrsgewerbe nicht gerne sehen würden.
Frage 9 des Herrn Abgeordneten Miller betreffend Postzustellung nach Bad Gögging:
Hält es der Herr Bundespostminister bei der heutigen Beförderungsmöglichkeit für ausreichend, wenn Eilbriefsendungen in einen Badeort mit ca. 50 000 bis 60 000 Übernachtungen im Jahre, bei einer Entfernung von etwa 30 km Luftlinie, den Empfänger dort erst nach 24 bis 38 Stunden erreichen? Ist der Herr Bundespostminister bereit, diesen für viele Badegäste unerträglichen Zustand dadurch zu beseitigen, daß er die Zustellpostanstalt für Bad Gögging von Abensberg nach der Bahnstation des Badeortes Neustadt verlegt, damit die Postabholung ermöglicht wird? Wäre es nicht überhaupt angebracht, zweimalige Postzustellung dorthin durchzuführen?
Zur Antwort der Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Sachverhalt, der Ihrer Frage, Herr Abgeordneter, zugrunde liegt, ist mit Schreiben vom 17. Oktober 1956 und in einer Unterredung vom 27. Februar 1957 eingehend Stellung genommen worden. Hierbei wurde ausgeführt, daß lediglich die in Abensberg um 9 Uhr 37 mit der Bahnpost aus Augsburg eintreffenden Sendungen in Bad Gögging nicht mehr zugestellt werden können. Um den Badegästen von Bad Gögging auch noch diese Sendungen zugänglich zu machen, habe ich angeordnet, daß sie vom 1. April an von Abensberg in besonderem Beutel noch Neustadt befördert werden. Von dort wird der Beutel nach einer mit dem Kurdirektor von Bad Gögging getroffenen Vereinbarung von einem Fahrzeug des Römerbades in Bad Gögging zur Poststelle Bad Gögging gebracht, wo die Sendungen dann zur Abholung bereitgelegt werden.
Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, wäre es aber nicht zweckmäßig, die Zustellpostanstalt von Abensberg nach Neustadt zurückzuverlegen, damit die Badegäste die Möglichkeit haben, dort ihre Post abzuholen, wenn dies in dringenden Fällen erforderlich ist? Die Verhandlungen darüber gehen schon seit langem. Neustadt (Donau) hatte schon einmal eine eigene Postanstalt, die dann aus irgendwelchen Gründen der Postvereinfachung nach Abensberg verlegt wurde. Besteht nicht die Möglichkeit, diese Postanstalt wieder rückzuverlegen, um der stark gewachsenen Zahl der Kurgäste die Möglichkeit einer schnelleren Postzustellung zu geben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Zurückverlegung der Zustellpostanstalt nach Neustadt würde den Postbenutzern, vor allem aber den Kurgästen, keinen Gewinn bringen. Während sie heute die Post in der Regel zum Frühstück auf dem Tisch haben, müßten sie in der Zukunft bis zum Mittag warten.
Dazu kommt, daß wir aus betrieblichen Gründen in unserer Organisation, insbesondere in der Landpostverkraftung, neue Organisationsformen finden müßten, die unsere Dispositionen für heute und für die Zukunft sehr wesentlich stören würden.
Keine Zusatzfrage?
Frage 10 wird bis 14.30 Uhr zurückgestellt.
Frage 11 — Herr Abgeordneter Kramel — betreffend Kinderzuschlag für in ,der Berufsausbildung befindliche Kinder von Angehörigen des öffentlichen Dienstes:
Ist dem Herrn Bundesfinanzminister bekannt, daß die ihm nachgeordneten Dienststellen sich vielfach weigern, der in seinem Rundschreiben vom 23. Juli 1956 vertretenen Auffassung, die Vorschriften über die Gewährung von Kinderzuschlag für in der Berufsausbildung befindliche Kinder von Angehörigen des öffentlichen Dienstes nicht allzu eng auszulegen, zu folgen? Falls ja, was gedenkt der Herr Bundesfinanzminister zu tun, um seinen Intentionen Wirksamkeit zu verschaffen?
Genügt im Zusammenhang mit obiger Frage bei Lehrlingen, die als Tarifpartner des Lehrvertrages nicht Mitglied einer Gewerkschaft sind, die Zustimmung der zuständigen Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer zur Herabsetzung der Lehrlingsvergütung auf 75 DM monatlich auf Grund einer freiwilligen Vereinbarung zwischen dem Erziehungsberechtigten und dem Lehrherrn, um die im Rundschreiben vom 23. Juli 1956 genannten Voraussetzungen zur Weiterzahlung des Kinderzuschlags zu erfüllen?
Ist der Herr Bundesfinanzminister bereit, den Kinderzuschlag rückwirkend in den Fällen zu gewähren, in denen trotz Bestehens einer freiwilligen Vereinbarung auf Herabsetzung der Lehrlingsvergütung zwischen Erziehungsberechtigten und Lehrherren die Zahlung des Kinderzuschlags verweigert wurde?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär der Finanzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es trifft nicht zu, daß nachgeordnete Dienststellen sich weigern, der vom Bundesminister der Finanzen in seinem Rundschreiben vom 23. Juli 1956 vertretenen Auffassung zu folgen. Es ist dem Bundesministerium der Finanzen aber bekannt, daß nicht in allen Fällen eine Herabsetzung der Lehrlingsvergütung auf 75 DM monatlich zwischen dem Erziehungsberechtigten und dem Lehrherrn frei vereinbart werden kann. Ist die Höhe der Lehrlingsvergütung durch einen Tarifvertrag festgesetzt, der nicht — wie die für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge — eine solche Möglichkeit ausdrücklich vorsieht, so ist nach dem Tarifvertragsgesetz eine Ermäßigung nur mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien möglich. Ein Zustimmung der Industrie- und Handelskammer oder der Handwerkskammer ist nicht möglich, da diese Gremien nicht Tarifvertragsparteien sind. Die Schwierigkeiten, die sich hier ergeben können, liegen also nicht auf besoldungsrechtlichem Gebiet, sondern auf dem Gebiet der für die Privatwirtschaft geltenden Tarifverträge, ,auf deren Gestaltung der Bundesminister der Finanzen keinen Einfluß hat.
Ich darf aber darauf hinweisen, daß die hier angeschnittene Frage nach dem Inkrafttreten des künftigen Bundesbesoldungsgesetzes ohne Bedeutung sein wird, da das neue Recht grundsätzlich die Gewährung von Kinderzuschlag ohne Rücksicht auf die Höhe eines etwaigen Einkommens des Kindes vorsieht.
Eine Zusatzfrage?
Frage 12 ist bis 14.30 Uhr zurückgestellt.
Ich rufe auf die Frage 13 — Herr Abgeordneter Bazille — betreffend Leistungen an in der Bundesrepublik lebende Schweizer Kriegsopfer:
Hat die Bundesregierung entsprechend der Unterrichtung des Deutschen Bundestages — Drucksache Nr. 3940 der 1. Wahlperiode —, wonach durch das „Gesetz über die am 26. August 1952 in Bonn unterzeichneten drei Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz, über die Regelung der Forderungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft gegen das ehemalige Deutsche Reich und zum deutschen Lastenausgleich" die Möglichkeit eröffnet werde, Schweizer Kriegsopfern einen Ausgleich für die von ihnen erlittenen Einbußen zu schaffen, Verhandlungen mit dem Ziel geführt, daß den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Schweizer Kriegsopfern in absehbarer Zeit entsprechende Leistungen zugeführt werden können?
Ist die Bundesregierung im Fall des Scheiterns solcher Verhandlungen bereit, den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Schweizer Kriegsopfern durch Vorlage eines entsprechenden Gesetzes an den Bundestag diejenigen Leistungen zuzuführen, die den deutschen Kriegsopfern gewährt werden?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär der Finanzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf wohl annehmen, daß es
sich hier nicht um eine Frage der Kriegsopferversorgung, sondern um eine Frage der Hilfe an kriegsgeschädigte Auslandsschweizer handelt. In dem letzteren Falle ist das Bundesfinanzministerium für die Beantwortung zuständig, und ich kann die Frage wie folgt beantworten:
Die Frage, inwieweit den kriegsgeschädigten Auslandsschweizern eine Hilfe gewährt werden soll, ist eine rein innerschweizerische Angelegenheit. Gerade in diesen Tagen hat der schweizerische Nationalrat eine entsprechende Vorlage des schweizerischen Bundesrates behandelt. Bei den Erörterungen in der Schweiz spielt das unter dem Namen „Clearing-Milliarde-Abkommen" bekannte Abkommen vom 26. August 1952 insofern eine Rolle, als schweizerischerseits ein Teilbetrag der Leistungen, die die Bundesrepublik nach diesem Abkommen zu erbringen hat, nämlich 121,5 Millionen Schweizer Franken, zur Finanzierung der Hilfe für geschädigte Auslandsschweizer benutzt werden soll. Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik und der Schweiz hatte insoweit keine Zweckbestimmung getroffen; es fehlt daher der Bundesregierung schon jede formale Handhabe, um die Aufnahme von Verhandlungen mit der Schweizer Regierung anzuregen.
Eine Zusatzfrage.
Es war doch dem Bundestag mit der Drucksache 3940 in der Erläuterung mitgeteilt worden, daß die Möglichkeit geschaffen werde, die Schweizer Kriegsopfer zu bedenken. Ergibt sich daraus keine Handhabe für die Bundesregierung, bei entsprechenden Verhandlungen ausdrücklich darauf hinzuweisen? Die Frage der Entschädigung der Schweizer Kriegsopfer muß doch zweifellos eine Rolle gespielt haben, sonst könnte das in der erwähnten Drucksache nicht ausdrücklich erwähnt sein.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter! In der Drucksache ist erwähnt, daß durch diese Zahlung die Schweizer Regierung die Möglichkeit hat, den Schweizer Kriegsgeschädigten Zahlung zu leisten. Daraus ergibt sich aber keine Handhabe für die Regierung der Bundesrepublik, in innerschweizerische Angelegenheiten einzugreifen.
Keine Zusatzfrage.
Frage 18 — des Herrn Abgeordneten Altmaier — betreffend Programm der ersten Europäischen Gemeindekonferenz.
In welcher Weise gedenkt die Bundesregierung das von der ersten Europäischen Konferenz der lokalen Behörden vom 12. bis 14. Januar 1957 in Straßburg aufgestellte Programm zu unterstützen, das unter anderem vorsieht:
die Schaffung eines europäischen kommunalen Kreditinstituts,, das den Gemeinden die Aufnahme privater, nationaler oder ausländischer Kredite erleichtert;
Absprachen mit der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, um den Gemeinden der Industriereviere die Lösung ihrer neuen Aufgaben zu erleichtern, die durch Stillegung und Verlagerung von Industrie- und Bergbaubetrieben und die damit verbundenen Arbeiter-Umsiedlungen oder Umschulung von Arbeitskräften entstanden sind oder entstehen werden;
die Verbreitung der europäischen Idee auf kommunaler Ebene durch den Austausch von Schülern, Lehrern, Gemeindebeamten und anderen Berufstätigen sowie durch die Aufnahme kultureller und freundschaftlicher Beziehungen zwischen Städten und Gemeinden, die ihren besten Ausdruck in der jährlichen Verleihung des kommunalen Europapreises finden?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister des Innern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung wird im Rahmen der ihr gegebenen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten das in Straßburg aufgestellte Programm der ersten Europäischen Gemeindekonferenz unterstützen. Die Bundesregierung hat auch schon in der Vergangenheit alle Maßnahmen unterstützt, die zu einem Kennenlernen und besseren Verstehen der Probleme der Gemeinden innerhalb Europas führen konnten.
Zu den Einzelfragen des Herrn Kollegen ist folgendes zu bemerken:
Die Bundesregierung prüft, ob und gegebenenfalls wie die Errichtung eines europäischen Kommunalkreditinstituts gefördert werden könnte. Angelegenheiten des Kommunalkredits gehören allerdings zum Bereich der kommunalen Selbstverwaltung und damit zur Zuständigkeit der Länder. Sie bilden jedoch auch einen Teil der Überlegungen zum Kapitalmarkt, die die Bundesregierung zur Zeit anstellt. Die Besprechungen darüber unter den beteiligten Ressorts, mit den Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden sind noch nicht abgeschlossen.
Der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl sieht im Art. 56 Hilfsmaßnahmen verschiedener Art bei Stillegungen in der Montanindustrie vor, wenn neue technische Verfahren oder Produktionsmittel eingeführt werden und sich hieraus eine außergewöhnliche Verminderung des Bedarfs an Arbeitskräften in der Montanindustrie ergibt. Entstehen dabei besondere Schwierigkeiten für die Wiederbeschäftigung der frei gewordenen Arbeitskräfte, kann die Hohe Behörde auf Antrag der beteiligten Regierungen durch Kredite an Unternehmen die Finanzierung von Programmen erleichtern, durch die neue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden. Sie kann ferner nicht rückzahlbare Beihilfen zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes oder zur Umschulung von Arbeitnehmern bewilligen.
Eine ähnliche Regelung sieht § 23 des Übergangsabkommens vor, wenn einzelne Montanunternehmen während der Übergangszeit, die am 10. Februar 1958 abläuft, infolge der Errichtung des Gemeinsamen Marktes ihre Tätigkeit einstellen oder ändern müssen.
Die Bundesregierung ist jederzeit bereit, Vorschläge aller Beteiligten, auch der betroffenen Gemeinden, in derartigen Fällen entgegenzunehmen und sie mit ihnen zu prüfen. Bei den mit der Hohen Behörde im Einzelfall zu treffenden Absprachen über Hilfsmaßnahmen wird die Bundesregierung darauf achten, daß den Gemeinden im Rahmen der nach dem Vertrag bestehenden Möglichkeiten die Erfüllung der sich aus Betriebsstillegungen oder -verlegungen in der Montanindustrie für sie ergebenden Aufgaben erleichtert wird. Im Ruhrgebiet sind die Gemeinden durch den Ruhrsiedlungsverband bei der Planung für den Bergarbeiterwohnungsbau eingeschaltet.
Bisher hat sich nur anläßlich der Stillegung des Bergwerks Barsinghausen der Preußischen Bergwerks- und Hütten-AG Anlaß geboten, bei der Hohen Behörde einen Antrag auf Anpassungsbeihilfen zu stellen.
Die Länder und besonders die Gemeinden haben in den vergangenen Jahren bereits außerordentlich fruchtbare Arbeit für die Verbreitung der europäischen Idee auf kommunaler Ebene geleistet. Die
Bundesregierung hat sich an dieser Arbeit u. a. durch Gewährung von Beihilfen für Informationsreisen deutscher Gemeindebeamter ins Ausland, durch zum Teil sehr hohe finanzielle Beiträge zu europäischen Veranstaltungen auf kommunaler Ebene und zu Besuchen ausländischer kommunaler Politiker in der Bundesrepublik beteiligt. Die Bundesregierung bemüht sich ferner, auch den Fachbeamtenaustausch zu intensivieren. Außerdem fördert sie die Verbreitung der europäischen Idee auf kommunaler Ebene durch ihren Beitrag zum kommunalen Europapreis, der jährlich verliehen wird.
Herr Präsident, ich bedauere, daß diese Antwort etwas umfänglich ist. Aber die Frage war auch recht umfänglich.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich danke sehr.
Keine Zusatzfrage.
Damit, meine Damen und Herren, kehren wir zu den nicht aufgerufenen Fragen zurück.
Frage 1 — Herr Abgeordneter Dr. Rinke — betrifft Rechtsansprüche deutscher Reisenden in Jugoslawien aus Unfällen:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Unfälle deutscher Reisender in Jugoslawien, insbesondere Kraftfahrzeugunfälle, trotz klarer Rechtslage mit vielmonatigen, oft sogar mit jahrelangen Verzögerungen von den jugoslawischen Stellen bearbeitet und reguliert werden, wenn deutschen Reisenden aus den Unfällen Ansprüche gegen jugoslawische Verkehrsteilnehmer zustehen?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die jugoslawische Regierung zu veranlassen, daß dieser Mißstand im Interesse eines geordneten Reiseverkehrs endlich beseitigt wird?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Antwort auf die Frage lautet: Der Bundesregierung sind Fälle von erheblicher Verzögerung bekanntgeworden.
Es liegt jedoch außerhalb der Möglichkeiten der Bundesregierung, auf die jugoslawische Regierung einen Druck zum Zweck der Beseitigung dieser Mißstände auszuüben. Das Auswärtige Amt hat den Botschafter in Belgrad angewiesen, die jugoslawische Regierung allgemein darauf aufmerksam zu machen, daß das Verhalten der jugoslawischen Behörden bei Unfällen von deutschen Reisenden die Entwicklung eines geordneten Reiseverkehrs zwischen beiden Ländern gefährdet.
Eine Warnung an das deutsche Reisepublikum vor Reisen nach Jugoslawien dürfte mit Rücksicht auf die mit Jugoslawien bestehenden Beziehungen nicht in Frage kommen. Es kann aber davon ausgegangen werden, daß derartige Erfahrungen sich bei den an Reisen nach Jugoslawien interessierten Deutschen ohnehin herumsprechen.
Eine Zusatzfrage?
Ja.
Herr Staatssekretär, Sie sprachen von der Rücksicht auf die Beziehungen zu Jugoslawien. Halten Sie es nicht im Hinblick darauf, daß Jugoslawien offenbar nicht die gleiche Rücksicht wie die Bundesrepublik auf die bestehenden Beziehungen nimmt, doch für geboten, die deutsche Öffentlichkeit über die Zustände in Jugoslawien in geeigneter Weise aufzuklären?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich will diese Frage überprüfen, Herr Abgeordneter.
Es folgt die Frage 3 - Frau Abgeordnete Dr. Ilk — betreffend Zuwiderhandlungen amerikanischer Militärdienststellen gegen Straßenverkehrsvorschriften:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß am 13. Februar 1957 ein 60 t schweres amerikanisches Sturmgeschütz auf einem etwa 20 t schweren Tieflader die wegen Frostaufbrüchen gesperrte Bundesstraße 19 und die für Fahrzeuge über 6 t gesperrte Bundesstraße 309 befuhr, obwohl die Regierung von Schwaben und das Landratsamt Kempten eine Ausnahmegenehmigung ausdrücklich verweigert hatten, und was gedenkt die Bundesregierung gegen diese wie auch gegen sonstige Zuwiderhandlungen amerikanischer Militärdienststellen gegen Straßenverkehrsvorschriften zu tun?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Verteidigung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister für Verkehr beantworte ich die Frage wie folgt.
Es ist der Bundesregierung bekannt, daß ein amerikanisches schweres Geschütz mit einem Gesamtgewicht von ca. 85 t am 12. Februar 1957 die damals wegen Frostschädengefahr für Fahrzeuge über 6 t gesperrten Bundesstraßen 309 und 310 befahren hat. Dem Transport war eine Ausnahmegenehmigung nicht erteilt. Trotzdem ist er eingeleitet und auch gegen die Vorstellungen ,der bayerischen Landpolizei zu Ende geführt worden. Obwohl bisher sichtbare Schäden an Straßen und Brücken nicht festgestellt werden konnten, ist der Vorfall zu bedauern, weil er Aufsehen in der Öffentlichkeit erregt und nachteilige Auswirkungen auf die Disziplin der zivilen Verkehrsteilnehmer haben kann.
Die Bundesregierung hatte wie in früheren Jahren auch im vergangenen Herbst die Stationierungsstreitkräfte darauf aufmerksam gemacht, daß in diesem Frühjahr wieder der Verkehr auf frostgefährdeten Straßen eingeschränkt werden wird. Die Streitkräfte haben zugesagt, die angeordneten Verkehrsbeschränkungen zu beachten. Sie haben 'dieselben, soweit bekannt ist, mit dieser einzigen Ausnahme auch befolgt.
Bei dem Vorfall am 12. Februar 1957 handelt es sich nach den Feststellungen der Bundesregierung um einen Einzelfall. Die Bayerische Staatskanzlei hat die zuständigen Stellen der US-Streitkräfte bereits wegen des Vorfalls angesprochen. Mit diesen konnte erneut vereinbart werden, daß künftig von den US-Streitkräften die Transportgenehmigung beantragt und von der Bayerischen Staatskanzlei im Einvernehmen mit der Straßenbauverwaltung der Marschweg für derart schwere Militärfahrzeuge festgelegt werden wird.
Frage 4 des Herrn Abgeordneten Held betreffend Erweiterung des Truppenübungsplatzes Senne im Teutoburger Wald:
Ist dem Herrn Bundesverteidigungsminister bekannt, daß das gesamte Gebiet des Teutoburger Waldes als „Heilgarten Deutschlands" und als „Lunge des Ruhrgebiets" außerordentlich stark besucht wird und die Bevölkerung der Ortschaften dieses Gebietes in erster Linie von dem Fremdenverkehr lebt?
Ist der Herr Bundesverteidigungsminister bereit, bei der Erweiterung des Truppen Übungsplatzes Senne auf diese Tatsachen im vollen Umfange Rücksicht zu nehmen?
Der Herr Bundesminister für Verteidigung!
Ich darf die Frage wie folgt beantworten. Die Bedeutung des Teutoburger Waldes als Erholungs- und Fremdenverkehrsgebiet ist der Bundesregierung bekannt. Ihr wird bei den Planungen der Bundeswehr für den Truppenübungsplatz Senne Rechnung getragen. Unsere Bestrebungen gehen dahin, die militärischen Übungen wieder in den Bereich der alten Grenzen des Truppenübungsplatzes zu verlegen, um den bisher am Ostrand beschlagnahmten Teil des Teutoburger Waldes dem Fremdenverkehr in größtmöglichem Umfang wieder zugänglich zu machen.
Zusatzfrage?
— Keine Zusatzfrage.
Frage 10 der Abgeordneten Frau Renger betreffend „Das Buch der Etikette" von Karlheinz Graudenz:
War dem Auswärtigen Amt der Text des Buches „Das Buch der Etikette" — verfaßt von Karlheinz Graudenz „unter Mitarbeit von Erica Pappritz", stellvertretender Chef des Protokolls — bekannt, und billigt es den offiziösen Anstrich, den es durch die Nennung der Mitautorin erhalten hat?
Hält der Herr Bundesaußenminister Frau Pappritz für geeignet, auf Grund dieses Buches den diplomatischen Nachwuchs in Etikettefragen zu unterrichten?
Ist beabsichtigt, dieses Buch den diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen zum Ankauf zu empfehlen, und sind hierzu bereits Mittel verwendet oder in Aussicht gestellt?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Ich darf die Frage der Frau Abgeordneten wie folgt beantworten. Der Text des Buches „Das Buch der Etikette" war dem Auswärtigen Amt vor der Veröffentlichung nicht bekannt. Nach dem Bundesbeamtengesetz ist die schriftstellerische Tätigkeit eines Beamten nicht genehmigungspflichtig. Daher bestand kein Anlaß, das Buch vor der Veröffentlichung vorzulegen. Hinzu kommt, daß der verantwortliche Autor des Buches Herr Graudenz ist, der dem Auswärtigen Amt nicht angehört. Die Mitarbeit der Vortragenden Legationsrätin Frau Pappritz hat sich auf eine sachliche Überprüfung einiger Abschnitte und teilweise Überarbeitung beschränkt,
z. B. mit Bezug auf die Fragen des Zeremoniells. Auch diese Tätigkeit ist nach den Bestimmungen des Beamtenrechts nicht genehmigungspflichtig.
Durch die Mitarbeit von Frau Pappritz in dem erwähnten Umfang, die also eine reine Privatarbeit ist, hat das Buch keinen offiziellen Anstrich bekommen. Wenn der Verlag durch die Aufmachung des Buchs einen solchen Eindruck hat erwecken wollen, so wird dies selbstverständlich mißbilligt.
Der Bundesminister des Auswärtigen hält Frau Pappritz für geeignet, den diplomatischen Nachwuchs zu unterrichten.
Dieser Unterricht, dem verhältnismäßig wenig Zeit im Lehrplan gewidmet ist,
nämlich vier Unterrichtsstunden von 542, bezieht sich in der Hauptsache auf Fragen des Zeremoniells und des diplomatischen Protokolls.
„Das Buch der Etikette", das auch dem Bundesminister des Auswärtigen an verschiedenen Stellen mißfällt,
wird diesem Unterricht nicht zugrunde gelegt werden.
Da den auswärtigen Missionen kein offizielles Handbuch des Protokolls zur Verfügung steht, ist „Das Buch der Etikette" durch die Bibliothek des Auswärtigen Amts trotz der zu beanstandenden Stellen in 78 Exemplaren angeschafft worden, von denen 75 an die Missionen gesandt worden sind.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, kann ich aus Ihrer Antwort nicht entnehmen, daß Sie mit dem Inhalt des Buchs weitgehend einverstanden sind, und geraten Sie nicht in den Geruch der Lächerlichkeit, wenn Sie dem Ankauf von 75 oder von 78 Exemplaren, wie es jetzt heißt, zugestimmt haben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bitte das aus meinen Ausführungen nicht zu entnehmen.
Auch ich würde es für richtig gehalten haben, wenn Frau Pappritz von einer Mitarbeit an diesem Buch abgesehen
oder ihre Mitarbeit auf die Teile beschränkt hätte, die sich mit den technischen Fragen des Protokolls beschäftigen.
und wenn diese Beschränkung ihrer Mitarbeit bei der Firmierung des Buches deutlich und unmißverständlich zum Ausdruck gekommen wäre.
Eine zweite Zusatzfrage!
Ich danke für diese Ausführungen. Aber, Herr Staatssekretär, ist nun sichergestellt, daß nicht etwa in Zukunft der Inhalt dieses Buches doch als Grundlage für den Unterricht der jungen Diplomaten in Etikettefragen dient, und müssen diese armen Menschen nun vielleicht auch in Zukunft dem Inhalt entsprechen und ihm in bezug auf die Kleidervorschriften und die sonstigen Anstandsregeln nachkommen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf wiederholen, daß der Gegenstand des Unterrichts, den Frau Pappritz für die Attachés zu erteilen hat, ein anderer ist als der Gegenstand des Buches.
Ich kann natürlich nicht sicherstellen, daß nicht der eine oder andere Attaché das Buch, das im freien Markt zu kaufen ist, kauft und es auch liest.
Eine weitere Zusatzfrage? — Keine Zusatzfrage mehr.
Frage 12 des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann betreffend Übernahme des zivilen bei der amerikanischen Luftwaffe dienenden deutschen Personals in die deutsche Bundeswehr:
Ist dem Herrn Bundesverteidigungsminister die unter dem 1. Februar 1957 veröffentlichte Denkschrift des Betriebsrats von Headquarters 1485th Support Wing APO 207 US Air Force bekannt?
Beabsichtigt der Herr Bundesverteidigungsminister, im Zuge der Übernahme des zivilen bei der amerikanischen Luftwaffe dienenden deutschen Personals in seinen Hauptpunkten, z. B. der Anerkennung der Dienstzeit bei den Alliierten Streitkräften als Beschäftigung im öffentlichen Dienst und des Verzichts auf eine Probezeit bei Übernahme, entgegenzukommen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Verteidigung.
Ich darf die Frage wie folgt beantworten. Die vom Kollegen Kahn-Ackermann zitierte Denkschrift ist mir bekannt. Ich bin bemüht, dem darin zum Ausdruck gebrachten Anliegen in wesentlichen Punkten Rechnung zu tragen.
Es ist damit zu rechnen, daß von den rund 6000 Arbeitnehmern etwa 5000 bei persönlicher und fachlicher Eignung in den Dienst der Luftwaffe der Bundesrepublik übernommen werden. Für einen Teil der restlichen Kräfte bestehen ebenfalls Übernahmemöglichkeiten, die aber im einzelnen noch zu prüfen sind.
Für die übernommenen Bediensteten sollen Unterschiedsbeträge, die sich aus den verschiedenartigen Tarifen ergeben, in folgender Weise weitergewährt werden:
a) Jedem Arbeitnehmer wird voraussichtlich ein für jede Vergütungs- und Lohngruppe besonders zu ermittelnder fester Ausgleichsbetrag zugesichert werden.
b) Darüber hinaus soli für eine bestimmte Zeitdauer eine widerrufliche Ausgleichszulage in Form eines bestimmten Prozentsatzes des Gehalts und Lohnes zugebilligt werden. Die Höhe dieses Prozentsatzes wird zur Zeit von den beteiligten Ressorts errechnet. Darin werden sowohl die Nachteile der unterschiedlichen Entlohnung als auch die erheblichen Vorteile der Tarife des öffentlichen Dienstes — nämlich stärkerer Kündigungsschutz, längere Weiterzahlung der Bezüge im Krankheitsfalle, Gewährung von Beihilfen, eine vorteilhafte Zusatzversorgung — Berücksichtigung finden. Diese Zulagen sollen der Wahrung des Besitzstandes dienen. Schließlich werden mit Erfolg besuchte einschlägige Ausbildungslehrgänge bei den Stationierungsstreitkräften auf die Bewertung der fachlichen Qualifikation von Einfluß sein. Die Frage etwa weitergehender Zulagen für bestimmte Arbeitsbereiche muß sich im Rahmen der allgemein gültigen Tarife halten oder bei Bedarf — wie üblich — im Wege von Tarifvertragsverhandlungen geregelt werden. Allerdings ist es nicht möglich, die Dienstzeit bei den alliierten Streitkräften als Beschäftigungszeit im öffentlichen Dienst anzuerkennen. Dem steht Artikel 44 Abs. 4 des Truppenvertrags entgegen.
Eine besondere Probezeit ist für die zu übernehmenden Arbeitskräfte nicht vorgesehen. Sie werden vielmehr den allgemeinen tariflichen Bestimmungen für den öffentlichen Dienst unterliegen. Diese sehen bei den Angestellten für die Dauer der ersten vier Monate eine verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen zum Monatsschluß, bei den Arbeitern während der ersten zwei Wochen eine Kündigungsmöglichkeit ohne Einhaltung der Kündigungsfrist vor. Auf die tariflich festgelegten Fristen kann nicht verzichtet werden, weil der Bundeswehr Gelegenheit gegeben werden muß, in dieser verhältnismäßig kurzen Zeit die persönliche und fachliche Eignung zu prüfen.
Zusatzfrage?
Darf ich aus einem Satz Ihrer Ausführungen, Herr Bundesverteidigungsminister, entnehmen, daß das Ministerium nunmehr bereit ist, die auf Lehrgängen oder Schulen der amerikanischen Luftwaffe abgelegten Prüfungen anzuerkennen?
Ich darf diese Frage mit Ja beantworten.
Frage 14 der Frau Abgeordneten Gräfin Finckenstein betreffend Empfehlung 116 der Beratenden Versammlung des Europarats:
Welche Einstellung hat die Bundesregierung zur Empfehlung 116 der Beratenden Versammlung des Europarates betreffend Nachrichtensendungen in russischer Sprache über deutsche Sender?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amtes.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, ich darf folgendermaßen auf die Frage antworten. Die Bundesregierung stimmt mit der Beratenden Versammlung des Europarats darin überein, daß es wünschenswert ist, die Bevölkerung der Sowjetunion über die politischen Ereignisse in der westlichen Welt durch Nachrichten der europäischen Sender in russischer Sprache objektiv zu unterrichten. Infolge der besonderen Rechtsstellung der deutschen Rundfunkanstalten hat die Bundesregierung jedoch keine Möglichkeit, auf die Gestaltung des Programms der deutschen Sender unmittelbar Einfluß zu nehmen. Sie ist aber bereit, den Inhalt der Empfehlung 116 der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik zur Kenntnis zu geben und ihr zu empfehlen, sich für die Aufnahme von Nachrichten in russicher Sprache in die Sendeprogramme der deutschen Sender einzusetzen.
Vielen Dank.
Keine Zusatzfrage. — Frage 15 der Abgeordneten Frau Rehling — betreffend Empfehlung 127 der Beratenden Versammlung des Europarats:
Beabsichtigt die Bundesregierung, entsprechend der Empfehlung 127 der Beratenden Versammlung des Europarates dem unter der Schirmherrschaft der UNESCO abgeschlossenen Abkommen über die Schaffung eines internationalen Rechenzentrums beizutreten, und ist sie an den vorbereitenden Arbeiten des in Rom bestehenden Komitees beteiligt?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amtes.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident,
die Bundesregierung hat bereits seit dem Jahre 1951 an den Vorarbeiten für die Errichtung eines International Computation Center — ICC — teilgenommen. An der von der UNESCO vom 15. bis 17. Oktober 1956 nach Rom einberufenen Konferenz von Sachverständigen hat sich Herr Professor Dr. Walther von der Technischen Hochschule Darmstadt beteiligt. Er unterhält im Einvernehmen mit der Bundesregierung engen Kontakt zu dem in Rom gebildeten Organisationskomitee. Die Mitarbeit deutscher Experten in dem Organisationskomitee und ein Erfahrungsaustausch zwischen Mitgliedern dieses Komitees und Mitgliedern des Instituts für praktische Mathematik in Darmstadt ist eingeleitet.
Die Bundesregierung hat die Konvention bisher nicht unterzeichnet, da die von ihr befragten sachverständigen deutschen Gremien — die Kommission für Rechenanlagen der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die Gesellschaft für angewandte Mathematik und Mechanik und die Deutsche Mathematiker-Vereinigung — der Meinung sind, daß eine Reihe von technischen Fragen noch weiter geklärt werden muß, ehe eine Unterzeichnung durch die Bundesregierung gerechtfertigt ist. Die Bundesregierung wird die Zusammenarbeit zwischen deutschen und ausländischen Experten fördern, damit die noch offenen Fragen geklärt werden können. Gegebenenfalls wird die Bundesregierung bei der UNESCO anregen, daß die 1951 abgeschlossene Konvention eine den heutigen Verhältnissen angepaßte Form erhält. Die Bundesregierung hofft damit zugleich zu ihrem Teil dazu beizutragen, daß auch anderen Staaten der Beitritt eröffnet wird. Bisher ist die Konvention nur von elf Staaten unterzeichnet und von fünf Staaten ratifiziert, nämlich unterzeichnet von Ägypten, Belgien, Irak, Israel, Italien, Japan, Mexiko, der Türkei, Griechenland, Liberia und den Niederlanden und ratifiziert von Belgien, Ceylon, Italien, Japan und Mexiko. Die Konvention tritt erst in Kraft, wenn mindestens zehn Staaten ratifiziert haben.
Keine Zusatzfrage.
Frage 16 — Frau Abgeordnete Dr. Rehling — betreffend Empfehlung 128 der Beratenden Versammlung:
Durch welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung, entsprechend der Empfehlung 128 der Beratenden Versammlung des Europarates das auf der 9. Generalkonferenz der UNESCO in New Delhi beschlossene Hauptvorhaben wechselseitiger Würdigung der kulturellen Werte der östlichen und westlichen Welt zu fördern?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Auswärtigen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf auf die Frage der Frau Abgeordneten folgendes antworten.
Für das Hauptvorhaben der UNESCO, „Die wechselseitige Würdigung der kulturellen Werte der östlichen und westlichen Welt", hat sich die deutsche Delegation auf der 9. Generalkonferenz der UNESCO in New Delhi mit Nachdruck eingesetzt. Ein deutscher Zusatzantrag auf Einbeziehung der
Schulbuchverbesserung ist dort angenommen worden. Bei seiner Durchführung ist mit einer aktiven Mitarbeit des Internationalen Schulbuchinstituts in Braunschweig zu rechnen.
In einem vom Generaldirektor der UNESCO aus 18 Mitgliedstaaten gebildeten internationalen Beratungskomitee für das Vorhaben wird die Bundesrepublik durch Herrn Professor Erdmann aus Kiel vertreten sein. Diese Mitarbeit eines deutschen Sachverständigen in dem leitenden Gremium für das Projekt ermöglicht einen engen Kontakt zwischen der Zentrale der UNESCO und der Bundesregierung und allen beteiligten deutschen Stellen. Das Beratungskomitee tritt zum erstenmal am 1. April dieses Jahres zusammen, um eine Einzelplanung für das umfangreiche Hauptvorhaben vorzunehmen. Erst nach Abschluß der Beratungen wird sich im einzelnen übersehen lassen, welche konkreten Maßnahmen von deutscher Seite zu treffen sind. Die Durchführung dieser Maßnahmen ist ebenso wie in den anderen Mitgliedstaaten der UNESCO vor allem Sache der Nationalkommission, hier also der Deutschen UNESCO-Kommission in Köln, die dabei mit der Bundesregierung eng zusammenarbeitet. Gleichlaufende Bestrebungen in den Ländern der Bundesrepublik werden zu koordinieren sein. Universitäten, Forschungsinstitute, Lehrerbildungsanstalten, Lehrerverbände, Schulen, Bibliotheken, Museen, Organisationen für Erwachsenenbildung, Jugendverbände, Presse, Film, Funk- und Fernsehorganisationen werden zur Mitarbeit herangezogen werden.
Die Bildung eines Sonderausschusses der Deutschen UNESCO-Kommission für die Durchführung dieses Programms ist in Aussicht genommen. Der Vollzugsausschuß der Deutschen UNESCO-Kommission hat auf seiner Sitzung am 12. März die hierfür notwendigen Schritte eingeleitet.
Keine Zusatzfrage.
Frage 17 — Herr Abgeordneter Dr. Kopf — betreffend Empfehlung 124 der Beratenden Versammlung:
Ist die Bundesregierung bereit, dem Entwurf einer multilateralen Konvention über Auslieferung von Verbrechern entsprechend der Empfehlung 124 der Beratenden Versammlung des Europarates ihre Zustimmung zu geben?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Kopf beantworte ich bejahend. Die Bundesregierung ist grundsätzlich dazu bereit, dem Entwurf einer multilateralen Konvention über Auslieferung von Verbrechern zuzustimmen. Die Konvention befindet sich allerdings noch im Zustand der Vorbereitung. Ein neuer Entwurf wird zur Zeit ausgearbeitet. Er soll zu gegebener Zeit den Ländern zur Stellungnahme vorgelegt werden. Es ist mit der Möglichkeit von Vorbehalten zu rechnen, die in der deutschen Gesetzgebung begründet sind.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär ist aus dieser Antwort zu entnehmen, daß die Bundesregierung dem Abschluß einer multilateralen europäischen Auslieferungskonvention in Zukunft grundsätzlich den Vorzug vor dem Abschluß bilateraler Auslieferungskonventionen geben wird?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bitte jedenfalls daraus zu entnehmen, daß wir gegen den Abschluß eines multilateralen Rechtshilfevertrages keine grundsätzlichen Bedenken haben.
Frage 19 — des Herrn Abgeordneten Schmitt — betreffend Verteilung der Einberufungen zur Bundeswehr:
Wie verteilen sich die zum 1. April 1957 erfolgten Einberufungen zur Bundeswehr zahlenmäßig auf die einzelnen Bundesländer?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Verteidigung.
Ich darf die Frage wie folgt beantworten. Zum 1. April 1957 sind aus dem dritten Quartal des Geburtsjahrganges 1937 9733 Mann einberufen worden. Diese verteilen sich unter Einbeziehung einer geringen Anzahl von solchen Wehrpflichtigen, die sich freiwillig für eine längere Dienstzeit entschieden haben, auf die Bundesländer wie folgt: Schleswig-Holstein 480, Hamburg 300, Bremen 125, Niedersachsen 1275, Nordrhein-Westfalen 3000, RheinlandPfalz 653, Hessen 830, Baden-Württemberg 1440, Bayern 1630. Ich .darf bemerken, daß weitere Wehrpflichtige des :dritten Quartals des Geburtsjahrganges 1937 aus ,der großen Zahl vorliegender Freiwilligenmeldungen in Kürze ebenfalls einberufen werden.
Keine Zusatzfrage?
— Erledigt!
Frage 20 — des Herrn Abgeordneten Schneider — betrifft den Austausch deutscher Soldaten unid Offiziere mit den Angehörigen befreundeter und verbündeter Streitkräfte:
Ist der Herr Bundesverteidigungsminister bereit, der Frage des Austausches deutscher Soldaten und Offiziere mit den Angehörigen der uns befreundeten und verbündeten Streitkräfte sein besonderes Augenmerk zu widmen, um hierdurch das gegenseitige Sichverstehen und Kennenlernen zu fördern?
Sind in dieser Richtung schon wirkliche praktische Schritte unternommen worden?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Verteidigung.
Ich darf ,die Frage wie folgt beantworten. Der Herstellung eines engen Kontaktes der Angehörigen der Bundeswehr zu Soldaten verbündeter und befreundeter Staaten wird vom Bundesverteidigungsminister und seinen zuständigen Abteilungen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Folgende praktische Maßnahmen sind bisher verwirklicht worden und werden mit dem zunehmenden Aufbau der Bundeswehr weiter ausgebaut werden.
1. Etwa 100 Soldaten der Bundeswehr sind in integrierten Stäben tätig und als Militärattachés zu den Botschaften :entsandt worden.
2. Verbindungsstäbe zu den Oberkommandos der NATO-Streitkräfte sorgen für enge Verbindung in allen dienstlichen und außerdienstlichen Fragen; Gruppenkommandeure unid Standortkommandanten sind zu enger Zusammenarbeit mit benachbarten NATO-Truppen mehrfach angehalten worden.
3. Auf ,dem Gebiet der Ausbildung sind folgende Maßnahmen durchgeführt warden:
a) Ausbildungsteams ,der Streitkräfte der USA sind bei Schulen und Einrichtungen der Bundeswehr tätig, davon allein 252 Ausbilder beim Heer.
b) In vier Fliegerhorsten in Süddeutschland ist die Ausbildung deutschen Luftwaffenpersonals zunächst unter Leitung von Personal der Luftwaffe der USA durchgeführt worden. Die Übernahme dieser Fliegerhorste durch die Bundeswehr erfolgt so, daß in einer Übergangszeit die Funktionen von deutschen und amerikanischen Soldaten gemeinsam besetzt sind.
c) Lehrgänge, die die Streitkräfte von NATO-Staaten in ''der Bundesrepublik abhalten, werden von der Bundeswehr beschickt, z. B. Atom- und Radar-Lehrgänge der USA, Pionierlehrgänge der USA, technische Ausbildungskurse der kanadischen Streitkräfte, Lehrgänge für die Zusammenarbeit Land-Luft der französischen Streitkräfte.
d) Soldaten der Bundeswehr werden zur Spezialausbildung laufend zu Lehrgängen in das verbündete Ausland kommandiert, z. B. Flugzeugführer und technisches Personal von Luftwaffe, Heer und Marine auf Schulen in USA und Kanada und zu Lieferfirmen der Flugzeugindustrie auch in England und Frankreich; Generalstabs- und Speziallehrgänge aller Waffen werden in USA, Kanada, Frankreich, England und Hollandbeschickt; Zerstörerbesatzungen der Marine werden in den USA eingewiesen.
e) Stäbe der Bundeswehr und Beobachtungsoffiziere nehmen in Zukunft an allen Manövern und Planspielen der NATO teil, z. B. in diesem Monat an der Übung „Lion noir".
4. Unter Einbeziehung zusätzlicher Informationsreisen und des Besuches besonderer Einrichtungen wie z. B. des NATO-Defence-College waren bisher 1120 Angehörige der Bundeswehr in das Ausland kommandiert.
5. Informationsreisen ausländischer Gruppen, z. B. von Angehörigen von Militärakademien und des NATO-Defence-College, in die 'Bundesrepublik werden von der Bundeswehr betreut. Die Einladung ausländischer Teilnehmer an deutschen Ausbildungseinrichtungen ist vorgesehen, sobald diese hierfür aufnahmefähig sind. Z. B. sollen für französische Teilnehmer an dem zweiten Lehrgang der Bundeswehr-Führungsakademie bestimmte Plätze freigehalten werden.
Eine Zusatzfrage?
Schneider (DP [FVP]): Danke sehr.
Frage 21 — Herr Abgeordneter Dr. Schmidt — betreffend Betriebsflächen von Gesindebetrieben:
In welcher Richtung hält der Bundesernährungsminister eine Veränderung der Betriebsfläche großbäuerlicher Betriebe für notwendig, um nach den Feststellungen des Grünen Plans — zu Drucksache 3200 Seite 16 — die Arbeitswirtschaft dieser Betriebe nachhaltig verbessern zu können?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Anfrage
von Herrn Kollegen Dr. Schmidt zielt wohl auf die Betriebe, deren Betriebsfläche im Verhältnis zu den verfügbaren Arbeitskräften zu groß ist. Dieses Verhältnis von Arbeitskräften zur Wirtschaftsfläche ist keine feststehende Größe. Es wird insbesondere bestimmt durch die Art der Bewirtschaftung, also das angewandte Betriebssystem, die Bewirtschaftungsintensität und den Grad der Rationalisierung und Mechanisierung.
Hält man sich das vor Augen, so ist ersichtlich, daß eine allgemein gültige Lösung nicht aufgezeigt werden kann. In der Praxis vollzieht sich die Anpassung der Betriebsgröße an den Arbeitskräftebesatz vielfach im Wege der Landverpachtung, gelegentlich auch im Wege des Landverkaufs. Bei sehr ungünstig basierten Betrieben, bei denen Agrarstrukturverbesserungen vorgenommen werden müssen, wird gelegentlich ein gewisser Teil der Ländereien zu Siedlungszwecken bereitgestellt. Besonders wirkungsvoll ist nach meinem Dafürhalten, sich statt auf unverheiratete Gesindekräfte auf verheiratete Landarbeiter einzustellen oder durch Rationalisierung die Abhängigkeit von Arbeitskräften auf das geringstmögliche Maß herabzusetzen.
Zusatzfrage?
Herr Minister, sind Sie bereit, diesen Fragenkomplex dem Beirat für Fragen der Agrarstruktur vorzulegen, damit sich auch dieser wegen der grundsätzlichen Bedeutung dazu äußern und das Ergebnis in seinen Vorschlägen mit verarbeiten kann?
Ja, das ist dort schon besprochen, und es wird bereits praktiziert, .z. B. im nördlichen Oldenburg bei größeren Betrieben von 200 oder 300 Morgen, die agrarstrukturell sehr ungünstig liegen.
Danke.
Keine Zusatzfrage.
Meine Damen und Herren, die Zeit für die Fragestunde ist abgelaufen; die nicht beantworteten Fragen werden schriftlich beantwortet. Die nächste Fragestunde findet am Donnerstag, dem 4. April, statt. Sperrfrist für eingehende Fragen ist Freitag, der 29. März, 12 Uhr.
Wir kommen zu Punkt 2 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Ersten Rahmengesetzes zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Drucksachen 1549, zu 1549).
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Rasner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Beratungsergebnis des Ausschusses zu diesem Gesetz hat zunächst einmal zu geschäftsordnungsmäßigen Schwierigkeiten mit Rücksicht auf § 96 der Geschäftsordnung geführt. Darüber hinaus hat meine Fraktion den Wunsch gehabt, die §§ 41 und 139 Abs. 1 Nr. 9a noch einmal einer Beratung im Ausschuß zu unterziehen. Wir wollten ursprünglich beantragen, wie das die Geschäftsordnung zuläßt, diese beiden Paragraphen dem Ausschuß zurückzuüberweisen. Es ist inzwischen aber eine interfraktionelle Verständigung dahingehend erzielt 'worden, daß es, wenn man schon einzelne Paragraphen zurücküberweist, zweckmäßiger ist, das Gesetz als Ganzes zurückzuüberweisen Ich beantrage mithin, dieses Gesetz zurückzuüberweisen an den Ausschuß für Beamtenrecht als federführenden Ausschuß und zur Mitberatung gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß.
Sie haben den Antrag gehört. Wird das Wort dazu gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wir stimmen ab. Wer der Rücküberweisung, zulässig nach § 82 der Geschäftsordnung, an den Ausschuß für Beamtenrecht als federführenden Ausschuß und zur Mitberatung an den Haushaltsausschuß zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Punkt 3 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Schutz des Arbeitsplatzes bei Einberufung zum Wehrdienst und die Eingliederung entlassener Soldaten in einen Zivilberuf (Drucksache 3117)
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung (Drucksache 3276). (Erste Beratung 189. Sitzung.)
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? — Das Wort hat der Abgeordnete Schneider als Berichterstatter.
Schneider (DP [FVP]), Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Wehrpflichtgesetz sind keine besonderen Bestimmungen über die Sicherung der Arbeitsplätze für Arbeitnehmer während der Grundwehrdienstzeit und während der Wehrübungen enthalten. Die Bundesregierung hat sich daher veranlaßt gesehen, das sogenannte Arbeitsplatzschutzgesetz vorzulegen, über das wir heute zu beschließen haben.
Der Grundgedanke des Arbeitsplatzschutzgesetzes ist, daß bei einer Einberufung zum Grundwehrdienst oder zu Wehrübungen von kürzerer Dauer das Arbeitsverhältnis eines Wehrpflichtigen nicht gelöst werden kann. Der Einberufene soll nach seiner Entlassung aus dem Wehrdienst in seinen alten Betrieb zurückkehren können. In den Grundzügen wird das Gesetz ähnliche Bestimmungen aufweisen wie das sogenannte Eignungsübungsgesetz, in dem ebenfalls schon Sicherungsbestimmungen für die Arbeitsplätze enthalten sind.
§ 1 des Arbeitsplatzschutzgesetzes besagt:
Wird ein Arbeitnehmer zum Grundwehrdienst oder zu einer Wehrübung einberufen, so ruht das Arbeitsverhältnis während des Wehrdienstes.
Außerdem ist ein besonderer Kündigungsschutz vorgesehen, um den Arbeitgeber an einer Kündigung während des Wehrdienstes seines Arbeitnehmers zu hindern. Weiterhin soll durch dieses Gesetz der Wehrpflichtige durch Anrechnung sei-
ner Dienstzeit auf sein Arbeitsverhältnis so gestellt werden, als wenn er nicht einberufen worden wäre.
Beamte und Richter werden während ihrer Dienstzeit vom Beamtendienst lediglich beurlaubt. Auch ihnen dürfen aus der Dienstpflicht keine beruflichen Nachteile entstehen.
Ein weiterer wesentlicher Paragraph ist § 4, der besagt, daß der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer für ein Urlaubsjahr aus dem Arbeitsverhältnis zusteht, für jeden vollen Kalendermonat, den der Arbeitnehmer Grundwehrdienst leistet, um ein Zwölftel kürzen kann. Dem Arbeitnehmer ist der ihm zustehende Erholungsurlaub auf Verlangen vor Beginn des Grundwehrdienstes zu gewähren. Ich glaube, daß wir damit eine weitere wesentliche Schutzbestimmung für die Arbeitnehmer, die dienstpflichtig sind, getroffen haben.
Für Heimarbeiter sind in der Gesetzesvorlage ebenfalls besondere Vorschriften enthalten. Sie sollen grundsätzlich den gleichen Schutz wie Arbeitnehmer genießen und dürfen aus Anlaß des Wehrdienstes nicht aus ihrem Dienstverhältnis entlassen werden oder sonstige berufliche Nachteile erleiden.
Bemerkenswert ist ferner die Regelung für Handelsvertreter, für die in gleichem Maße Schutzvorschriften geschaffen worden sind. Jedoch ist hier ausdrücklich festgelegt, daß befristete Arbeitsverhältnisse durch eine Einberufung zum Grundwehrdienst nicht verlängert werden können. Dasselbe soll auch für Vertragsverhältnisse gelten, die während der Wehrdienstzeit enden.
Für freiwillige Wehrübungen bestimmt der Entwurf, daß auch hier der Arbeitsplatz erhalten bleibt, wenn die Gesamtübungsdauer in einem Kalenderjahr nicht mehr als vier Wochen beträgt.
Hinsichtlich der gesetzlichen Kranken- und Arbeitslosenversicherung wird im Gesetz vorgesehen, daß für den Wehrpflichtigen keinerlei Nachteile entstehen können.
Eine weitere Sonderbestimmung des Arbeitsplatzschutzgesetzes gilt dem Schutz für Wohnraum, der mit dem Arbeitsplatz verbunden ist. Diese Bestimmung scheint mir ebenfalls bemerkenswert zu zein. Die Familie eines Wehrpflichtigen, die z. B. in einer Werkswohnung untergebracht ist, darf von dort nicht verdrängt werden. Ist die Wohnung allerdings ein Teil des Arbeitslohnes, dann soll der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine entsprechende Miete für die Dauer des Wehrdienstes zahlen, wofür er während des Dienstes bei der Bundeswehr wieder entsprechende Entschädigungen für den Familienunterhalt erhält.
Ein besonderer Abschnitt befaßt sich schließlich mit der Eingliederung entlassener Soldaten auf Zeit und Berufssoldaten in einen Zivilberuf. Hierzu sind auch im Soldatenversorgungsgesetz, über das das Hohe Haus noch zu beschließen haben wird, entsprechende Bestimmungen enthalten. Im Arbeitsplatzschutzgesetz heißt es, daß den Soldaten auf Zeit, die Anspruch auf Dienstzeitversorgung haben, sowie Berufssoldaten, deren Dienstverhältnis wegen Dienstunfähigkeit endet, nach ihrem Ausscheiden aus dem Wehrdienst die Eingliederung in einen Zivilberuf erleichtert werden wird. Im einzelnen wird dazu bestimmt, daß dem entlassenen Soldaten innerhalb der Berufsförderung der Bundeswehr die notwendige Hilfe geleistet werden wird, bis er einen seiner Ausbildung entsprechenden Arbeitsplatz erlangt hat. Es sollen rechtzeitig alle Maßnahmen getroffen werden, die eine Arbeitsaufnahme im Anschluß an die Berufsausbildung oder seine Entlassung sicherstellen. Für Soldaten, die ihre volle berufliche Leistungsfähigkeit erst nach einer Einarbeitungszeit erlangen können, kann ein Anlernzuschuß gewährt werden. Die Arbeitsplatzvermittlung an solche entlassenen Soldaten wird der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung obliegen, wobei alle Berufsförderungsbestimmungen des Soldatenversorgungsgesetzes berücksichtigt werden und unberührt bleiben.
Meine Damen und Herren, ich darf feststellen, daß der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf im Verteidigungsausschuß des Bundestages einstimmig verabschiedet worden ist. Ich glaube, daß damit ein weiterer Markstein auf dem Wege der Wehrgesetzgebung insgesamt geschaffen ist.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir kommen zur zweiten Lesung. Ich eröffne die Beratung und rufe 5 1 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 972 Ziffer 1 vor. Wird dazu das Wort gewünscht? — Auf Begründung wird verzichtet.
Ich lasse über den Antrag Umdruck 972*) Ziffer 1 abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Abgelehnt.
Ich rufe den Änderungsantrag Umdruck 972 Ziffer 2 zum § 1 Abs. 4 auf. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Änderungsantrag Ziffer 2 ist abgelehnt.
Ich lasse über § 1 in der Fassung des Ausschusses abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
§§ 2, — 3, — 4. — Keine Anträge. Wird zu den aufgerufenen Paragraphen das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
Ich rufe § 5 und dazu den Änderungsantrag der Fraktion der FDP Umdruck 972 Ziffer 3 auf. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Änderungsantrag Ziffer 3 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das ist die Mehrheit; der Änderungsantrag Ziffer 3 ist abgelehnt.
§ 5 in der Fassung des Ausschusses! Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
§ 6 mit dem Änderungsantrag der Fraktion der FDP Umdruck 972 Ziffer 4! Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Es wird nicht gewünscht. Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
§ 6 in der Fassung des Ausschusses! Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
*) Siehe Anlage 2
§§ 7, — 8, — 9. — Keine Änderungsanträge. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
§ 10! — Änderungsantrag der Fraktion der FDP Umdruck 972*) Ziffer 5 auf Streichung des § 10! — Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Wird nicht gewünscht. Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
§ 10 in der Fassung des Ausschusses! Wer zustimmen will, bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
§ 11, — § 12, — § 16, — § 17, — § 18, — § 19, — Einleitung und Überschrift. — Wer zustimmen will, bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
Dritte Lesung.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schmidt .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verabschiedung des Gesetzes über den Schutz des Arbeitsplatzes für die Wehrpflichtigen gibt der sozialdemokratischen Fraktion Veranlassung, noch einmal auf eine der letzten sogenannten Wehrdebatten in dem Hohen Hause zurückzugreifen. Damals hat der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion ausgeführt, die Sozialdemokraten suchten draußen im Lande, wenn sie dort Reden hielten oder Diskussionen hätten — z. B. mit Soldaten —, den Eindruck zu erwecken, als ob sie hier im Parlament für die Rechte und Belange der Soldaten einträten, während das in Wirklichkeit gar nicht der Fall sei. Der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion — ich darf das in die Erinnerung zurückrufen — verstieg sich so weit, wie im Protokoll nachzulesen ist, daß er sagte, der Soldat, der sich der Sozialdemokratie nähere, begehe Selbstmord.
Die Sozialdemokraten haben diesen Bemerkungen sehr scharf widersprochen und damals dargelegt wie sie von Anfang an für die sozialen und staatsbürgerlichen Rechte der Soldaten, für ihre zweckmäßige Ausrüstung und Unterbringung und für alle ihre Belange eingetreten sind und daß sie auch weiterhin dafür eintreten werden. Aus diesem Grunde werden wir, wie wir es schon im Ausschuß zum Ausdruck gebracht haben, dem vorliegenden Gesetz ohne Einschränkung selbstverständlich unsere Zustimmung geben, zumal während der Ausschußberatung eine Reihe unserer Anregungen aufgenommen worden ist.
Wir glauben, daß die Sicherung des Arbeitsplatzes und die Wiedereingliederung in den Zivilberuf für den entlassenen wehrpflichtigen Soldaten ein unabdingbares Recht sein muß. In dieser Hinsicht wie auch in bezug auf die Rechtsverhältnisse des Wehrpflichtigen zu seiner Sozialversicherung scheint uns dieses Gesetz ,den tatsächlichen Notwendigkeiten gerecht zu werden. Man kann aber eine soziale Problematik — hier die soziale Problematik, wie sie für die Soldaten entsteht — nicht allein formal durch Paragraphen und Gesetze lösen; das Verständnis und das Herz der mit der Ausführung der Gesetze Betrauten muß hinzukommen.
*) Siehe Anlage 2.
Wir kennen eine Reihe von Fällen, wo durch Zusicherungen, die die mit der Annahme befaßten Stellen des Bundesverteidigungsministeriums den sich bewerbenden Soldaten gegeben haben, die Bewerber veranlaßt worden sind, ihre Arbeitsplätze im Zivilleben aufzugeben, weil man ihnen bestimmte Mäglichkeiten innerhalb der Bundeswehr in Aussicht stellte, die für sie günstig schienen. Wir haben das hier schon einmal in einer Plenardebatte zum Ausdruck gebracht und leider ein Echo darauf nicht vernommen. Es gibt eine große Zahl solcher Härtefälle, wo der Einberufene mit Sicherheit davon ausgehen konnte, in eine bestimmte Tätigkeit, eine bestimmte Rangstufe bei der Bundeswehr eingeordnet zu werden, hinterher aber eine erhebliche Enttäuschung erlebte und, wenn er das hätte voraussehen können, sich vielleicht nicht zum Eintritt entschlossen haben würde.
Da, wie gesagt, auf dieses Monitum bisher ein Echo seitens der Regierung nicht erfolgt ist, sehen wir uns veranlaßt, heute einen besonders gravierenden Fall dieser Art zur Kenntnis zubringen. Er isst deshalb gravierend, Herr Verteidigungsminister, weil in diesem Fall die Zusicherung durch die Annahmestelle schriftlich gegeben worden ist.
Es handelt sich um den Fall des Oberfeldwebels Enghofer. Ich habe das Schreiben der Annahmestelle vorliegen, in dem ihm schriftlich erklärt wird, er werde einberufen für den Dienstantritt als Hilfslehrer Hydraulik/Mechanik nach A 5 b. So steht es in dem offiziellen Schreiben. Tatsächlich ist er aber nach Ablauf der viermonatigen Frist, innerhalb welcher der Mann wieder ausscheiden kann, hinterher nach A 7 a eingestuft worden. Das ist nur ein Beispiel für ein allgemeines Problem.
Dieses Problem scheint mir in einem gewissen Zusammenhang mit der Frage der Arbeitsplatzsicherung zu stehen. Denn diese Leute schreiben heute — und wahrscheinlich ist das völlig gerechtfertigt —, wenn sie das gewußt hätten, hätten sie ihre Arbeitsplätze damals nicht verlassen.
Der Herr Verteidigungsminister hat bei einer früheren Gelegenheit, als wir hier einige Briefe von Soldaten zur Kenntnis brachten, gemeint, diese Soldaten hätten sich doch lieber auf dem Dienstweg an ihre unmittelbaren Vorgesetzten wenden sollen. In dem eben zitierten Fall ist das sogar geschehen. Aber ich glaube, solange es den Wehrbeauftragten des Parlaments noch nicht gibt, darf man es ,den Soldaten nicht übelnehmen, wenn sie sich in solchen Fällen in Ausübung des Petitionsrechts an Abgeordnete wenden.
In diesem Zusammenhang gibt es auch andere Fälle zu erwähnen, die bezeugen, daß bei der Annahme von Soldaten, die sich freiwillig melden, in der Verwaltungsstelle nicht immer das Herz genügend mitspricht, sondern daß man sich vielleicht zu sehr an die Paragraphen hält. Ich meine hier insbesondere die Art der Behandlung der Freiwilligenmeldungen von Menschen, die in der Sowjetzone wegen politischer oder angeblicher politischer Vergehen verurteilt worden sind, inzwischen dort freigelassen wurden und sich als frühere Berufssoldaten nunmehr in der Bundesrepublik für die Bundeswehr gemeldet haben, dort aber abgelehnt werden. Ich darf einmal drei solcher Fälle zur Kenntnis bringen.
Im ersten Fall schreibt der abgelehnte Bewerber:
)
Der Auskunftsoffizier in Bonn sagte mir, warum ich mich nicht schon vor einem Jahr gemeldet hätte. Wenn jetzt noch Einstellungen vorgenommen würden, kämen zuerst die dran, die sich früher gemeldet haben.
Der Briefschreiber schreibt weiter:
Vor einem Jahr saß ich noch im Zuchthaus. Am 28. Februar 1949 wurde unsere illegale Gruppe in Rudolstadt von der NKWD verhaftet und am 22. Dezember 1949 vor dem russischen Militärtribunal in Weimar zu 25 Jahren verurteilt.
Im Mai 1956, nach siebeneinhalb Jahren Haftzeit in Bautzen und Brandenburg, ist dieser Mann wieder entlassen worden. Er konnte sich also gar nicht früher melden. Aber nun sagt man: Es tut uns leid; unser Bedarf an Freiwilligen ist erfüllt!
Ein anderer Fall! Da schreibt der Mann:
Ich habe mir die Aufnahme in der Bundesrepublik nicht so vorgestellt. Jahrelang arbeitete ich illegal in der Zone, bis es am 19. April 1949 zu meiner Verhaftung kam. Von einer in zweimal 25 Jahre Arbeitslager umgewandelten Todesstrafe habe ich siebeneinhalb Jahre abgesessen.
Auch diesen Man hat man mit Rücksicht auf die formalen Bestimmungen abgelehnt.
Ein dritter schreibt mit Recht:
Mein Fall ist leider nicht der einzige. Deswegen gestatten Sie, daß ich dazu Stellung nehme. Selbstverständlich können wir, die wir erst vor kurzer Zeit von den Sowjets freigelassen worden sind, nicht erwarten, daß unseretwegen der Aufbau der Bundeswehr aufgeschoben wird. Aber ist dieser Aufbau tatsächlich schon so weit abgeschlossen, daß man die Bewerbung von Menschen einfach 'beiseite legt, die doch ohne jeden Zweifel durch ihre bisherige Haltung bewiesen haben, daß sie es mit dem so oft propagierten Freiheitsbegriff sehr ernstgenommen haben?
Es bestünde keine Veranlassung. dies zu schreiben, wenn nicht in unseren Kreisen in überaus ernsthaften Auseinandersetzungen die Überzeugung Raum gewonnen hätte, daß die von uns gebrachten Opfer leider recht überflüssig gewesen sind, Anschauungen. die durch unverzeihliche Fehlschläge von Kameraden, die sich um eine Verwendung beim Bundesheer beworben haben, nur noch stärker untermauert werden.
Ich will hieraus nicht, Herr Minister. formelle Vorwürfe gegen das Ministerium 'herleiten; ich sage das nur, um darzutun, daß es eben nicht nur um die formale Ausführung von Paragraphen, von Rechtsvorschriften und Anordnungen gehen kann, sondern daß bis zum letzten Beamten, der diese Gesetze ausführt, das Herz mitsprechen muß.
Einen mich besonders bewegenden Fall möchte ich zum Schluß noch vortragen. Hier hat man jemanden in die Lage gebracht, seinen Arbeitsplatz verlassen zu müssen, obwohl man ihn dann nachher doch nicht in die Bundeswehr eingestellt hat. Dieser Fall ist mir erst vorgestern bekanntgeworden; aber ich 'habe sämtliche Unterlagen dafür vorliegen und glaube, daß er absolut so liegt, wie ich ihn jetzt schildern möchte. Ein hundertprozentig
Schwerkriegsbeschädigter, auf beiden Augen blind, in der DDR lebend, hört, daß bei der Bundeswehr angeblich Bedarf an kriegsblinden Funkern für irgendwelche bestimmte Aufgaben vorhanden sei. Dieser Mann schreibt an die Dienststelle hier in Bonn, und zwar unter der Deckadresse seiner in Westberlin lebenden Verwandten, und bittet, auch die Antwort an die Adresse in Westberlin zu leiten. Statt dessen geht die Antwort der Dienststelle in einem offenen Brief mit einem großen roten Briefstempel „Bundeskanzleramt Bonn, Koblenzer Straße" an seine direkte sowjetzonale Anschrift.
Die Folge ist, daß dieser Mann bei Nacht und Nebel samt seiner Frau dort abhauen muß. Er steht jetzt im Fahndungsbuch, er darf nicht wieder hin, muß alles stehen und liegen lassen, was er hatte — das alles ist beglaubigt durch die Feststellungen im Notaufnahmeverfahren —,und findet wie in anderen Fällen, wie es leider heute üblich ist, nun im Westen nicht sogleich irgendwelchen Halt. Die Frau, die diesen Vollblinden natürlich den ganzen Tag betreuen muß, bricht darunter seelisch zusammen, muß in eine Nervenklinik. Nun wendet sich der Mann an das Bundeskanzleramt und sagt: Bitte, ihr habt mich in diese Chose hineingeritten; nun helft mir weiter. Ihr habt mich durch euren Leichtsinn in die Lage gebracht, daß ich meinen Arbeitsplatz und meine Wohnung bei Nacht und Nebel stehen lassen mußte. — Das Bundeskanzleramt schreibt zurück: Jawohl, wir bedauern, wir können leider nicht feststellen, wer es gewesen ist; wir bedauern; es ist ein grober Mißgriff. Und es schreibt dann:
Zur Wiederherstellung der Gesundheit Ihrer Frau geben wir Ihnen aus dem Dispositionsfonds des Herrn Bundeskanzlers einmalig einen Betrag von 500 DM zur Überwindung der Notlage.
Es betont ausdrücklich, daß es sich um eine einmalige Zuwendung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht handle. — Der Mann schreibt zurück, bedankt sich sehr und fragt, wie es denn im übrigen mit seinen Schadensersatzansprüchen aussehe; denn er sei ja doch nur durch diese offene Briefschreiberei, die er sich ausdrücklich verbeten habe, in die Notlage und zum Verlust seiner ganzen beweglichen Habe gekommen. — Das Bundeskanzleramt schreibt abermals; man habe schon einmal gesagt, daß er keinen Rechtsanspruch habe, es tue ihnen furchtbar leid, aber es müsse mit den 500 DM sein Bewenden haben.
Meine Damen und Herren, solche Fälle meine ich, wenn ich sage: auch das Herz muß bei der Durchführung von Gesetzen zur Geltung kommen. Diese wenigen Fälle, die ich Ihnen vorgetragen habe, ließen sich sehr weitgehend vermehren. Mir liegt nicht daran, das im Augenblick hier zu tun; das kann man im privaten Gespräch oder im Ausschuß behandeln. Aber ich wollte diese Fälle doch vorgetragen haben, um jedermann zu zeigen, daß das Gesetzemachen nur die eine Seite der Medaille ist und das Gesetzeausführen die andere Seite und daß diese andere Seite nicht minder 'wichtig ist als die erste.
In bezug auf das Arbeitsplatzschutzgesetz möchten wir Sozialdemokraten hoffen, daß alle die, die mit seiner Ausführung betraut sein werden, nicht nur den Buchstaben und den Paragraphen des Gesetzes erfüllen, sondern auch im Geiste dieses Ge-
setzes handeln werden. Das gilt sowohl für die Exekutive und die dem Bundesverteidigungsministerium nachgeordneten Dienststellen als auch insbesondere für die Arbeitgeber.
In diesem Wunsche wird ,die sozialdemokratische Fraktion dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben.
Wird weiter das Wort in der allgemeinen Aussprache dritter Lesung gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Änderungsanträge zur dritten Lesung liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetz in der vom Ausschuß vorgelegten Fassung in dritter Lesung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich darf feststellen, daß das Gesetz einmütig angenommen ist.
Wir müssen nun noch über Ziffer 2 des Ausschußantrags abstimmen, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Eingaben für erledigt zu erklären. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des
a) Entwurfs eines Wehrstrafgesetzes;
b) Entwurfs eines Einführungsgesetzes zum
Wehrstrafgesetz ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (16. Ausschuß) (Drucksachen 3295, zu 3295*).
Zum Wehrstrafgesetz gebe ich zunächst dem Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Haasler, das Wort zur mündlichen Berichterstattung.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu den Entwürfen eines Wehrstrafgesetzes und eines Einführungsgesetzes zum Wehrstrafgesetz bitte ich im wesentlichen auf den Ihnen vorliegenden Schriftlichen Bericht*) Bezug nehmen zu dürfen. Der Schriftliche Bericht kann zwar nicht alle Überlegungen und Erörterungen wiedergeben, welche der federführende Ausschuß im Zusammenhang mit dieser wichtigen und in vielerlei Beziehung nicht unproblematischen Materie angestellt und geführt hat. Ich bitte, das vielleicht an Hand eines Beispiels erläutern zu dürfen, das uns, obwohl die Zeit knapp ist, wichtig genug erscheint, in diesem Hohen Hause angesprochen zu werden.
Bei der Behandlung des Tatbestands der Fahnenflucht — das ist § 16 des Wehrstrafgesetzes — wurde neben den im Schriftlichen Bericht aufgenommenen Fragen auch diskutiert, was geschehen soll, wenn ein Wehrpflichtiger, der einem Einberufungsbefehl nicht Folge geleistet hat, daraufhin wegen Fahnenflucht verurteilt worden ist und seine Strafe verbüßt hat, nunmehr erneut erfolglos einberufen wird. Wollte man eine gesetzliche Regelung dahin treffen, daß ein wegen Fahnenflucht Verurteilter überhaupt nicht mehr einberufen werden dürfte, so würde man es Unwilligen praktisch freistellen, statt der Ableistung des Wehrdienstes — dasselbe würde auch beim Ersatzdienst
*) Siehe Anlage 8. gelten, wo wir entsprechende Bestimmungen schaffen müßten — eine gegenüber der Wehrdienstzeit möglicherweise sehr viel kürzere Freiheitsstrafe auf sich zu nehmen. Andererseits erscheint es sinnlos, Leute, die ein für allemal zu erkennen geben, daß sie einem Einberufungsbefehl unter keinen Umständen Folge leisten wollen, dauernd zwischen Gefängnis und Einberufungsbefehl hin und her zu ziehen, sie also praktisch bis zum 45. Lebensjahre ständig dem Staatsanwalt bzw. den Vollstreckungsbehörden zu übergeben.
Ein dritter Weg, nämlich bei wiederholten Verurteilungen wegen Fahnenflucht die Wehrunwürdigkeit bei der zweiten oder dritten Verurteilung auszusprechen, erschien dem federführenden Ausschuß dagegen gangbarer. Wir haben davon abgesehen, schon jetzt an entsprechender Stelle eine solche Bestimmung vorzuschlagen, weil wir die Versicherung erhalten haben, daß die Ministerien die Dinge anders handhaben wollen und daß sie davon absehen werden, Leute, die aus bestimmten — offiziell allerdings nicht anzuerkennenden — Gründen erklären, daß sie einem Einberufungsbefehl ein für allemal nicht Folge leisten werden, immer wieder wegen Nichtbefolgung erneuter Einberufungen vor Gericht zu bringen. Wir haben gemeint, die Entwicklung abwarten zu können und abwarten zu sollen. Vielleicht wird über Jahr und Tag dieses Problem das Hohe Haus noch einmal beschäftigen.
Im Hinblick auf die Protokolle des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht, die zum größten Teil auch als Wortprotokolle vorliegen und allen Interessierten zugänglich sind, glaube ich, bei ähnlichen Fällen wie dem der soeben behandelten Fahnenflucht davon absehen zu können, den Schriftlichen Bericht hier mündlich zu ergänzen.
Lassen Sie mich abschließend noch auf zwei Versehen hinweisen, die bei allem Fleiß dem federführenden Ausschuß unterlaufen sind und nun Anlaß zu interfraktionellen Anträgen gegeben haben. Der federführende Ausschuß hat zu Art. 8 Abs. 2 des Einführungsgesetzes die Anregung erhalten, hinter dem Wort „Verurteilte" die Worte „je nach der Anordnung" einzufügen. Die angeregte Änderung scheint richtig zu sein; denn sie stellt klar, daß sich die möglichen Schärfungen nicht nur auf eine Gesamtschärfung in bezug auf Lager u n d Kost beziehen können, sondern daß auch die Möglichkeit besteht, daß nur eines von beiden und nur zeitweise geschärft wird. Um dies klarzustellen, erscheint es zweckmäßig, in Art. 8 Abs. 2 die Worte „je nach der Anordnung" — d. h. je nach der Anordnung des Gerichts — einzufügen.
Eine zweite Anregung geht dahin, in Art. 10 einen neuen Absatz einzufügen. Wir hatten bei der Abfassung des § 43 des Wehrstrafgesetzes noch nicht übersehen können, wie es mit dem Vierten Strafrechtsänderungsgesetz weitergehen würde. Deshalb — vielleicht auch, weil diese Dinge nicht besonders behandelt worden sind — hatten wir uns zu einer Fassung verstanden, die bezüglich des Tatbestandes der Sabotage auf § 109 e des Strafgesetzbuches Bezug nahm, der erst durch das Vierte Strafrechtsänderungsgesetz in das Strafgesetzbuch eingefügt werden soll. Es kann unerwünschte Folgen haben, wenn wir in einem Gesetz auf eine Bestimmung Bezug nehmen, die noch nicht Gesetz ist und möglicherweise auch nicht Gesetz wird. Um diese Schwierigkeit, die, wie wir hoffen, nur eine temporäre ist, auszuschalten, wäre es zweckmäßig,
in Art. 10 des Einführungsgesetzes einen neuen Absatz einzufügen, der wie folgt lauten müßte:
§ 43 des Wehrstrafgesetzes tritt, soweit er die Sabotage betrifft, nicht vor dem Vierten Strafrechtsänderungsgesetz in Kraft.
Herr Präsident, Änderungsanträge in diesem Sinne liegen auf den Umdrucken 971 und 984 dem Hohen Hause vor. Sie sind, soweit ich es überblicke, von allen damals anwesenden Mitgliedern des Rechtsausschusses unterzeichnet worden und bedürfen wahrscheinlich keiner weiteren Begründung.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich schlage vor, daß wir beide Gesetzentwürfe zunächst in zweiter und dann in dritter Lesung behandeln.
Wir treten in die zweite Lesung ein. §§ 1, — 2, — 3, — 4, — 5, — 6, — 7, — 8. — Hier liegen Änderungsanträge nicht vor. Wird zu den aufgerufenen Paragraphen Idas Wort gewünscht? — Das Wart wird nicht gewünscht. Wer den §§ 1 bis 8 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. —Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
§ 9. Hier liegen zwei gleichlaufende Änderungsanträge auf den Umdrucken 973 und 978 vor. Zur Begründung des Antrags auf Umdruck 978 hat der Herr Abgeordnete Merten das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beantragen auf dem Umdruck 978*), daß im § 9 der Absatz 3 gestrichen wird. In diesem Absatz 3 heißt es:
Das Gericht kann anordnen, daß Strafarrest, der einen Monat nicht übersteigt, durch hartes Lager und Kostschmälerung oder eine dieser Maßnahmen verschärft wird, wenn es erforderlich ist, um den Täter zur Wahrung der Disziplin zu führen.
Wir haben uns über dasselbe Problem hier schon einmal unterhalten, und zwar bei der Beratung der Wehrdisziplinarordnung am 8. Februar. Damals haben die Herren Kollegen Dr. Mende und Dr. Kliesing zu dieser Frage gesprochen. Ich möchte nicht alles wiederholen, was sie damals gesagt haben, aber ihre Begründung für die Streichung des verschärften Arrestes aus der Wehrdisziplinarordnung kann wertwörtlich auch zur Begründung der Streichung des verschärften Arrests aus dem Wehrstrafgesetz genommen werden.
Damals ist daran erinnert worden, daß wir es hier doch mit Vorstellungen beim Strafvollzug zu tun haben, die mehr oder weniger antiquiert anmuten. Herr Kollege Mende hat damals von der „Kalorienpeitsche" gesprochen, die hier angewandt werde. Ich glaube, daß wir hier ebenso wie bei der Wehrdisziplinarordnung mit solchen Vorstellungen aufräumen müssen. Viele Angehörige der Bundeswehr wissen aus den Zeiten ihrer Kriegsgefangenschaft noch allzu gut, wie das aussieht, wenn hartes Lager und geschmälerte Kost nicht nur strafweise zudiktiert werden, sondern als der normale Zustand von ihnen überstanden werden müssen; sie haben noch heute und womöglich bis an ihr Lebensende an den gesundheitlichen Folgen dieser Strafen zu tragen.
Jede Form der Körperstrafe scheint uns mittelalterlich zu sein. Der Gedanke an solche Strafen
*) Siehe Anlage 3. muß aus allen Erwägungen rüber Disziplinarstrafen und die Strafe aus dem Strafvollzug völlig verschwinden. Wir glauben nicht, daß die Körperstrafe dem Zweck der Strafe dient, nämlich jemanden auf ein bestimmtes Ziel hin zu erziehen, ihn zu bessern oder charakterliche Mängel, die bei ihm zutage treten und ihn straffällig werden lassen, zu beseitigen. Wir glauben vielmehr, daß körperliche Strafen noch aus der Zeit stammen, da die Strafen einen reinen Vergeltungscharakter hatten und wo mehr oder weniger noch die Maßstäbe des Alten Testaments maßgebend waren und auch im Strafrecht eine große Rolle spielten. Auch aus dem allgemeinen Strafrecht sind diese Arten von Körperstrafen inzwischen längst verschwunden. Sie finden sich lediglich noch im Jugendstrafrecht. Wir glauben, daß die Gelegenheit genutzt werden sollte, auch hier reinen Tisch zu machen.
Wir werden nachher noch einmal darauf zurückkommen müssen, wenn beim Einführungsgesetz zum Wehrstrafgesetz über die Änderung des Jugendgerichtsgesetzes zu sprechen ist. Wir werden dann beantragen, daß die Sondervorschriften des Jugendgerichtsgesetzes, die dort bisher noch die Einführung des verschärften Arrestes zulassen, ebenfalls verschwinden.
Die Änderung des Jugendgerichtsgesetzes selber — die wir natürlich heute nicht besprechen können —für diejenigen, die nicht als Soldaten unter dieses Gesetz fallen, wird von uns angestrebt werden, damit diejenigen, die unter das Gesetz fallen — ganz gleich, ob sie Zivilpersonen oder Soldaten sind —, in dieser Beziehung gleich behandelt werden können. Man sollte nicht an dieser Stelle eine schiechte Regelung stehenlassen, wegen des Gleichheitsgrundsatzes eine schlechte Regelung übernehmen, sondern den alten und schlechten Grundsatz durch Verbesserung der Vorschriften in allen einschlägigen Gesetzen beseitigen.
Im Schriftlichen Bericht, der uns vorliegt, ist eine ausführliche Begründung dafür gegeben worden, daß sich die Mehrheit des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht für die Einführung des verschärften Arrests eingesetzt hat. Auch n ach dem, was zur Wehrdisziplinarordnung ausgeführt worden ist, glaube ich nicht, daß diese Begründung als stichhaltig angesehen werden kann. Weder der besondere Unrechtsgehalt dessen, was durch dieses Gesetz unter Strafe gestellt ist, noch die Auffassung, daß derartige Strafen einen nachhaltigen Eindruck auf den Täter machen und ihn zurückhalten können, in Zukunft wieder straffällig zu werden, noch die Auffassung, daß dadurch der Betreffende an der Ehre gepackt werde, also durch eine besondere Art entehrender Strafe an sein Ehrgefühl appelliert werden könne, können als eine Begründung für die Einführung des verschärften Arrests angesehen werden. Es ist längst bewiesen, daß die Erwartung, der Betreffende werde abgeschreckt oder an seiner Ehre gepackt, unbegründet ist.
Wir bitten Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen und im § 9 der uns vorliegenden Ausschußfassung den Abs. 3 zu streichen. Wenn Sie unserem Änderungsantrag zugestimmt haben, werden wir bei dem Einführungsgesetz noch die entsprechenden Folgerungen ziehen und bei dieser Gelegenheit auf dieses Thema zurückkommen müssen.
Herr Abgeordneter Dr. Bucher!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Änderungsantrag ist identisch mit dem eben von Herrn Kollegen Merten begründeten Antrag der SPD. Auch ich kann mich deshalb kurz fassen. Ich kann auf das verweisen, was Herr Abgeordneter Dr. Mende bereits bei der Beratung der Wehrdisziplinarordnung zu diesem Thema gesagt hat. Eines der Bedenken, die damals vorgetragen wurden, ist allerdings weggefallen: die Verschärfung würde — wenn die Bestimmung Gesetz würde — durch einen Richter angeordnet. Andererseits aber bestehen genügend Variationsmöglichkeiten im Wehrstrafgesetz. Es gibt ja viererlei Arten der Freiheitsentziehung, und es scheint nicht erforderlich zu sein, gerade bei den geringfügigsten und wegen harmlosester Taten verhängten Strafen — nämlich beim Strafarrest — diese besondere Verschärfungsmöglichkeit vorzusehen. Wir schlagen deshalb vor, sie auch hier zu streichen.
Entsprechend ergibt sich dann die Folgerung — ich möchte mir gestatten, auch das gleich anzuführen, damit ich Ihre Zeit nicht nochmals in Anspruch nehmen muß —, daß beim Einführungsgesetz der Artikel 8 Abs. 2 gestrichen werden müßte. Darauf geht unser Antrag zu Artikel 8 Abs. 2 auf Umdruck 974. Wir würden in diesem Fall auch dem Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 979*) Ziffer 1 zustimmen, der offenbar für den Eventualfall gedacht ist, daß das Hohe Haus unserem jetzigen Antrag nicht zustimmt.
Obwohl ich nicht die Ehre habe, dem Verteidigungsausschuß anzugehören, darf ich mir noch gestatten, darauf hinzuweisen, daß sich dieser Ausschuß — soweit mir bekannt ist — einstimmig für die Streichung des § 9 Abs. 3 ausgesprochen hat.
Herr Abgeordneter Dr. Kliesing!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Hinblick darauf, daß bereits zwei gleichlautende Anträge hier vorliegen, haben meine Freunde davon abgesehen, einen eigenen Änderungsantrag einzubringen. Ich darf auf meine Ausführungen bei der Beratung der Wehrdisziplinarordnung verweisen. Wir glauben, daß die dort gegen den verschärften Arrest vorgebrachten Argumente auch hier zutreffend sind, und sind daher in der Lage, den Änderungsanträgen zuzustimmen.
Keine weiteren Wortmeldungen.
Wir stimmen über die Änderungsanträge auf Umdruck 973**) und auf Umdruck 978***) ab. Wer ihnen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei wenigen Gegenstimmen sind diese Änderungsanträge angenommen; der Abs. 3 wird gestrichen.
Wer dem § 9 in der so geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
*) Siehe Anlage 4. **) Siehe Anlage 5. ***) Siehe Anlage 3. §§ 10, — 11, — 12, — 13, — 14, — 15, — 16, —
17, — 18, — 19, — 20, — 21. —
— Sie meinen, den Zweiten Teil kann man wieder für sich nehmen. Ich folge dieser Anregung. Ich rufe also die §§ 10 bis 14 auf. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer den aufgerufenen §§ 10 bis 14 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Stimmenthaltungen? — Bei zahlreichen Stimmenthaltungen angenommen.
Nun kommt der Zweite Teil, Erster Abschnitt, das sind die §§ 15 bis 18. Änderungsanträge liegen mir nicht vor. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer diesem Ersten Abschnitt, den §§ 15 bis 18, zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; die §§ 15 bis 18 sind angenommen.
Zweiter Abschnitt, §§ 19 bis 29. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wird zu einem Paragraphen des Zweiten Abschnitts das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den §§ 19 bis 29 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? --- Die Paragraphen sind angenommen.
Dritter Abschnitt, §§ 30, — 31, -- 32, — 33, — 34, — 35, — 36, — 37, — 38, — 39, — 40, — 41. — Änderungsanträge liegen nicht vor. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Paragraphen des Dritten Abschnitts zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Jetzt kommt der Vierte Abschnitt, die §§ 42, —43, — 44, — 45, — 46, — 47, — 48. — Einleitung und Überschrift. — Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Vierten Abschnitt, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Reihe von Enthaltungen angenommen.
Dann kommen wir zu dem Einführungsgesetz zum Wehrstrafgesetz. Artikel 1 entfällt Zu Artikel 2 liegt auf Umdruck 979*) Ziffer 1 ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor.
Herr Abgeordneter Merten!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem Antrag unter Ziffer 1 des Umdrucks 979 handelt es sich nicht, wie Herr Kollege Bucher glaubt, um einen Eventualantrag. Weil wir vorne in § 9 des Gesetzes den verschärften Arrest gestrichen haben, müssen wir an dieser Stelle unter Nr. 6 die Bestimmung einfügen: „Eine Verschärfung des Jugendarrestes ist nicht zulässig." Andernfalls würden diejenigen Soldaten, die unter das Jugendgerichtsgesetz fallen, nach diesem Gesetz doch mit verschärftem Arrest bestraft werden können. Es würde also bei den erwachsenen Soldaten der verschärfte Arrest wegfallen, bei den Jugendlichen jedoch nicht.
Aus Gründen der Logik und Systematik muß an dieser Stelle der von uns vorgelegte Antrag ange-
*) Siehe Anlage 4.
nommen werden. Damit hängt der unter Ziffer 2 gestellte Antrag „Artikel 8 Abs. 2 wird gestrichen" zusammen, weil dort Sonderbestimmungen für den verschärften Arrest enthalten sind. Aus der Annahme unseres Antrages zu § 9 ergibt sich also logisch, daß auch diese beiden Anträge die Zustimmung des Hohen Hauses finden müssen, um die ich hiermit bitten möchte.
Wird dazu das Wort gewünscht? — Keine Wortmeldungen.
Wer dem Änderungsantrag Umdruck 979*) Ziffer 1 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Gegenstimme angenommen. Art. 2 Nr. 1 wird durch Einfügung einer Nr. 6 in § 112 a des Jugendgerichtsgesetzes ergänzt. Wer dem so geänderten Art. 2 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen ist der Art. 2 angenommen.
Wir kommen zu Art. 3, — Art. 4, — Art. 5, — Art. 6, — Art. 7. — Keine Änderungsanträge. Wird zu einem der aufgerufenen Artikel das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich lasse über die Artikel 3 bis 7 in der Fassung des Ausschusses abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Art. 8! Hier ist zunächst die sinnentsprechende Änderung vorzunehmen, die der Herr Abgeordnete Merten begründet hat, Umdruck 979 Ziffer 2: „Artikel 8 Abs. 2 wird gestrichen." Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen.
Dieser Änderungsantrag ist gleichlautend mit dem auf Umdruck 974, der damit erledigt ist.
Ein weiterer Änderungsantrag der Abgeordneten Hoogen, Dr. Arndt, Frau Dr. Dr. h. c. Lüders — Umdruck 971 — ist durch Streichung ebenfalls erledigt.
Wer dem Art. 8 in der so geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Art. 9 entfällt.
Art. 10. Hierzu liegt ein Änderungsantrag sämtlicher Mitglieder des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht, Umdruck 984, vor, auf den der Herr Berichterstatter schon aufmerksam gemacht hat. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich lasse über den Änderungsantrag auf Umdruck 984**) abstimmen. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Dieser Änderungsantrag ist einstimmig angenommen.
Ich lasse über Art. 10 in der so geänderten Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Art. 10 ist in der geänderten Fassung angenommen.
Ich lasse über Einleitung und Überschrift abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
*) Siehe Anlage 4. **) Siehe Anlage 6.
Dann treten wir in die
dritte Beratung
ein. Wird das Wort in der allgemeinen Aussprache, zunächst zum Wehrstrafgesetz, gewünscht? — Herr Abgeordneter Wittrock!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe namens der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion folgendes zu erklären. Die Behandlung dieses Gesetzes in diesem Hause kann nicht abgeschlossen werden, ohne die Dringlichkeit eines anderen Gesetzentwurfs zu betonen, der sich seit langem im Gesetzgebungsgang befindet; ich meine das Gesetz über den Wehrbeauftragten.
Das Wehrstrafgesetz und natürlich auch das Einführungsgesetz setzen das Vorhandensein des Wehrbeauftragten voraus. Das ergibt sich nicht nur aus seiner ausdrücklichen Erwähnung in § 35 des Entwurfs des Wehrstrafgesetzes, sondern auch aus den wiederholten politischen Erklärungen über die institutionelle Bedeutung des Wehrbeauftragten für die Angehörigen der Bundeswehr. Deshalb muß schon die Verzögerung der Verabschiedung des Gesetzes über den Wehrbeauftragten dazu führen, daß die sozialdemokratische Fraktion der heutigen Beschlußfassung über diesen Entwurf mit erheblicher Reserve gegenübersteht. Wir benutzen die Gelegenheit, hier und heute in aller Öffentlichkeit die unverzügliche Verabschiedung des Gesetzes über den Wehrbeauftragten im zuständigen Ausschuß und im Plenum des Bundestages zu verlangen.
Meine Damen und Herren, der Rechtsausschuß hat sich in eingehenden Erörterungen mit den Einzelvorschriften des Entwurfs befaßt. In zahlreichen Fällen ist eine Verbesserung der Vorschriften beschlossen worden. Das wird hiermit ausdrücklich anerkannt. Ich weise z. B. nur darauf hin, daß die Bildung der gerade von uns als bedenklich bezeichneten Erziehungseinheiten rechtlich nicht mehr möglich ist und daß weiterhin der Tatbestand der Gehorsamsverweigerung eine erhebliche Straffung und damit eine Klärung erfahren hat.
Dennoch kann die SPD-Fraktion den Entwürfen nicht zustimmen. Bei der politischen Beurteilung einer Rechtsvorschrift wird immer maßgeblich sein, wen und was diese Vorschrift schützt. Da ist zunächst zu denken an den Schutz des einzelnen Soldaten, beispielsweise vor Mißhandlung. Die Berechtigung derartiger Schutzvorschriften, auch Schutzvorschriften strafrechtlicher Natur, wird niemals Gegenstand von Streit sein — das haben wir in den Einzelabstimmungen dadurch zum Ausdruck gebracht, daß wir den in Betracht kommenden Vorschriften zugestimmt haben —, ebenso wie wir niemals Gesetze etwa auf nicht strafrechtlichem Gebiet zum Schutze des Arbeitsplatzes oder zur Sicherung der Besoldung ablehnen werden.
Hier, bei diesem Entwurf, geht es bei einer Reihe von Regelungen nicht um die strafrechtliche Sicherung der Rechte einzelner. Hier geht es vielmehr bei wichtigen Bestimmungen darum, die Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht strafrechtlich zu sichern. Insoweit handelt es sich bei dem Entwurf des Wehrstrafgesetzes um ein Wehrpflichtsicherungsgesetz. Es ist der strafrechtliche Schluß-
punkt unter die von uns, von der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, politisch abgelehnte allgemeine Wehrpflicht. Die SPD bekennt sich unvermindert zu der Verpflichtung, alle politischen Möglichkeiten zur Aufhebung des Wehrpflichtgesetzes wahrzunehmen. Deshalb distanziert sie sich durch die Ablehnung dieses Entwurfs von einer strafrechtlichen Sicherung der Durchführung des Wehrpflichtgesetzes.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Berendsen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure, daß Sie sich nicht in der Lage sehen, diesem Gesetze zuzustimmen, nachdem wir bei uns im Ausschuß sehr viele eingehende Anregungen auch gerade von Ihrer Seite aufgenommen haben und der Überzeugung waren, daß Sie zustimmen würden. Zu Beginn Ihrer Ausführungen erwähnten Sie den Wehrbeauftragten und die Notwendigkeit, jenes Gesetz zunächst zu verabschieden, ehe Sie diesem Gesetz zustimmen könnten. Ich darf versichern, daß das Gesetz über den Wehrbeauftragten in der nächsten Woche behandelt werden wird, also, soweit wir vom Verteidigungsausschuß einen Einfluß darauf haben, noch vor Ostern im Plenum verabschiedet werden kann. Sollte das also ein Grund für Sie gewesen sein, diesem Gesetze nicht zuzustimmen, darf ich Sie bitten, das hier von mir zur Kenntnis zu nehmen, selbstverständlich als voll verbindlich für die Fraktion. Ich darf Sie darum bitten, Ihre Ansicht vielleicht doch noch zu revidieren und diesem Gesetze zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Wittrock!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte vermeiden, daß irgendein Mißverständnis aufkommt. Ich habe darauf hingewiesen, die Tatsache, daß der Gesetzentwurf über den Wehrbeauftragten bisher nicht verabschiedet ist, veranlasse die sozialdemokratische Fraktion zu einer erheblichen Reserve gegenüber dem jetzt zu verabschiedenden Gesetz. Unabhängig davon aber führen schon die grundsätzlichen politischen Bedenken für sich allein dazu, daß wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen können, eben weil wir das Gesetz in einem wesentlichen Teil als ein Wehrpflichtsicherungsgesetz ansehen. Ich glaube, daß Ihnen insoweit ein Mißverständnis unterlaufen ist, und ich lege Wert darauf, daß dieses Mißverständnis beseitigt wird.
Herr Abgeordneter Schneider !
Schneider (DP[FVP]): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Äußerungen des Kollegen Wittrock veranlassen mich, folgendes festzustellen. Wir haben soeben zwar erneut gehört, daß die Sozialdemokratische Partei alle Möglichkeiten ausschöpfen wird, um das Wehrpflichtgesetz abzuschaffen. Es würde aber das Haus in diesem Zusammenhang sicher auch interessieren, Herr Kollege Wittrock, wie die Sozialdemokratische
Partei bzw. Fraktion zur Verteidigungspflicht der Bürger dieses Staates schlechthin steht.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die allgemeine Aussprache in der dritten Lesung ist beendet.
Herr Abgeordneter Haasler, wünschen Sie das Wort?
— Wollen Sie als Berichterstatter sprechen?
— Als Abgeordneter; bitte sehr!
Durch Annahme des Antrags der sozialdemokratischen Fraktion ist bei § 112 a des Jugendgerichtsgesetzes das Verbot der Schärfung von Jugendarrest eingefügt worden. Die Bestimmung ist aber als § 112 a Nr. 6 systematisch an falschem Platz. Denn der § 112 a, der Bezug nimmt auf das Jugendstrafrecht und ausdrücklich die §§ 3 bis 32 und 105 nennt, umfaßt in dieser Bezugnahme nicht die Schärfungsbestimmung für Jugendliche; die §§ 3 bis 32 und 105 enthalten ja das materielle Strafrecht, während die Schärfung der Jugendstrafe im Rahmen des Jugendstrafrechts in den Bestimmungen über den Vollzug enthalten ist, also in den §§ 90 bis 96. Ich erlaube mir deshalb die Anregung, die Vorschrift, die nun beschlossen ist und an deren Bestand ich an sich auch nichts mehr ändern will, an § 112 c des Jugendgerichtsgesetzes gemäß Art. 2 des Einführungsgesetzes zum Wehrstrafgesetz anzufügen. § 112 c spricht von Vollstreckung und Vollzug, und dahin gehörte das systematisch, vielleicht als letzter Satz des Abs. 4 mit den Worten: „Er darf nicht geschärft werden." Der Abs. 4 des § 112 c Jugendgerichtsgesetz würde damit lauten:
Jugendarrest wird während der Dauer des Wehrdienstverhältnisses von den Behörden der Bundeswehr vollzogen. Er darf nicht geschärft werden.
Einverstanden?
— Meine Damen und Herren, das ist eine formelle Änderung. Sie bedarf in der dritten Lesung einer Unterstützung von 15 Abgeordneten, also der Fraktionsstärke. — Unterstützung ist also da. Es wird bed § 112 c Seite 24 eingefügt: „Er darf nicht geschärft werden." Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
— An anderer Stelle, bei § 112 a Nr. 6, wird es dementsprechend gestrichen. Das war ein Teil des Antrags. Zur Klarstellung sage ich, daß § 112 a Nr. 6 entsprechend geändert ist, d. h. dort ist gestrichen, was hier eingefügt wird.
Weitere Änderungsvorschläge liegen nicht vor. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung in der dritten Lesung. Zunächst zum Wehrstrafgesetz. Wer dem Wehrstrafgesetz in der durch die in der zweiten Lesung angenommenen Änderungen sich ergebenden Fassung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Gegenstimmen ist dieses Gesetz angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung in dritter Lesung über das Einführungsgesetz zum Wehrstrafgesetz in der soeben geänderten Fassung. Wer diesem Einführungsgesetz in dritter Lesung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist mit gleichem Mehrheitsverhältnis angenommen.
Punkt 5 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Sicherung des Unterhalts für Angehörige der zum Wehrdienst einberufenen Wehrpflichtigen (Drucksache 3210);
Mündlicher Bericht dies Ausschusses für Verteidigung (Drucksache 3297). (Erste Beratung 194. Sitzung.)
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort zur mündlichen Berichterstattung wünscht. — Herr Abgeordneter Dr. Seffrin, bitte!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die gesetzlichen Grundlagen des Ihnen in der Drucksache 3210 vorliegenden Gesetzentwurfes über die Sicherung des Unterhalts für Angehörige der zum Wehrdienst einberufenen Wehrpflichtigen sind einmal das Wehrpflichtgesetz vom 21. Juli 1956, zweitens das Gesetz über die Rechtsstellung des Soldaten vom 19. März 1956, worin es in § 31 hinsichtlich der Fürsorge für die Wehrpflichtigen heißt:
Er
— der Bund —
hat auch für das Wohl des Soldaten zu sorgen, der auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leistet; die Fürsorge für die Familie des Soldaten während des Wehrdienstes ... werden gesetzlich geregelt.
Die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes ergibt sich aus Art. 73 Nr. 1 des Grundgesetzes.
Es ist hier nicht Ort und nicht Zeit, näher auf die historische Entwicklung der deutschen Gesetzgebung für die Versorgung Wehrpflichtiger und und ihrer Familien einzugehen. Es darf aber gesagt werden, daß der vorliegende Gesetzentwurf, wenn er Gesetz wird, wohl die bisher beste und sachlichste Ordnung dieses Fragenkomplexes sein dürfte.
Das Unterhaltssicherungsgesetz ist als ein Sozialgesetz besonderer Art zu bezeichnen. Seine Eigenart liegt darin, daß es für einen begrenzten Zeitraum, nämlich für die Dauer des Grundwehrdienstes oder der kurzfristigen Übungen, den Lebensbedarf der Familienangehörigen der Wehrpflichtigen sicherstellen soll. Die früheren Regelungen sind unter andersgearteten politischen und sozialen Gesichtspunkten erlassen worden.
Es besteht für die gegenwärtige Situation Übereinstimmung darüber, daß auf keinen Fall der Weg der Fürsorge im Sinne der Reichsfürsorgepflichtverordnung beschritten werden kann, wie das früher der Fall gewesen ist. Der Entwurf des Unterhaltssicherungsgesetzes geht von dem Grundgedanken aus, daß die Leistungen es der Familie des Einberufenen ermöglichen sollen, für die Zeitspanne, in welcher der Ernährer seiner Wehrpflicht nachkommt, in einem angemessenen, auf die bisherigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse abgestellten Umfang die Lebenshaltung fortzuführen. Die Leistungen zur Unterhaltssicherung werden jedoch nur gewährt, soweit sich der Wehrpflichtige nicht freiwillig zum Längerdienen verpflichtet. Dient er nämlich freiwillig über die im Dienstzeitdauergesetz vorgeschriebene Zeit hinaus, so bezieht er Dienstbezüge als Soldat auf Zeit und ist auf Leistungen zur Unterhaltssicherung nicht angewiesen.
Der Entwurf will eine Regelung bieten, die trotz der Schwierigkeit der Materie einfach angewandt werden kann. Das Schwergewicht der Leistungen liegt in dem in der Anlage zu § 6 enthaltenen Tabellensatz. Er hat eine Dreiteilung. Die Staffelung der Unterhaltssätze berücksichtigt Nettoeinkommen bis 1200 DM monatlich. Es ist ein Satz für Alleinstehende und je ein Satz für die kleinere und für die größere Familie gebildet worden. Bei der Vielzahl unterschiedlicher Verpflichtungen in einem Haushalt, die nicht mit einem Pauschbetrag nach dem Tabellensatz abgegolten werden können, wurde es als erforderlich erachtet, gewisse Sonderleistungen, wie sie in § 8 enthalten sind, zu gewähren. Für die Familienangehörigen, die nicht zum engsten Familienkreis gehören und die der Wehrpflichtige vor der Einberufung unterstützt hat, sind, wenn diese Angehörigen alleinstehen, Einzelleistungen nach § 7 vorgesehen.
Die Leistungen nach der Kindergeldgesetzgebung werden von dem Gesetz an sich nicht berührt. Das Kindergeld ist im Nettoeinkommen nicht berücksichtigt. Es tritt zu dem Tabellensatz hinzu, unterliegt daher keinerlei Kürzung.
Anspruchsberechtigt sind nach dem Gesetz die Familienangehörigen des Wehrpflichtigen, sofern sie dem Wehrpflichtigen gegenüber nach bürgerlichem Recht unterhaltsberechtigt sind oder vor seiner Einberufung von ihm ganz oder überwiegend unterhalten worden sind.
Auf Sonderleistungen nach § 8 hat auch der Wehrpflichtige selbst einen Anspruch.
Die Gewährung der Leistungen zur Unterhaltssicherung ist von der Stellung eines Antrags abhängig. Antragsberechtigt sind sowohl die anspruchsberechtigten Familienangehörigen als auch der Wehrpflichtige selbst. Damit kann er noch vor seinem Dienstantritt die nötigen Formalitäten zur Gewährung der Leistungen zur Unterhaltssicherung in die Wege leiten und diese Mühen seinen Familienangehörigen abnehmen.
Zur Entgegennahme der Leistungen zur Unterhaltssicherung sind im allgemeinen die anspruchsberechtigten Familienangehörigen legitimiert; jedoch kann unter bestimmten Voraussetzungen der Wehrpflichtige auch eine andere Person hierfür bestimmen. Ich darf noch auf einige wenige Besonderheiten hinweisen, so z. B. auf § 12 Abs. 2
des Regierungsentwurfs, wo vorgesehen war, daß von den auf Arbeitskraft beruhenden eigenen Einkünften anspruchsberechtigter Familienangehöriger 60 v. H., bei Gewährung des Tabellensatzes mindestens 200 DM, anrechnungsfrei bleiben sollen.
Wir waren der Meinung, daß der Absatz 2 des § 12 gestrichen werden müsse, da hier unter Umständen auch Schwierigkeiten mit dem Grundgesetz eintreten könnten. Auch dürften keine besonders großen finanziellen Belastungen entstehen, da es sich bei dem Personenkreis der Wehrpflichtigen im wesentlichen um junge und in den meisten Fällen unverheiratete Männer handelt.
Der § 17 Abs. 2 ist vom Ausschuß wie folgt geändert worden:
Die Landesregierungen bestimmen die für die
Feststellung und Bewilligung der Leistungen
zur Unterhaltssicherung zuständigen Behörden.
Dadurch war es möglich, den § 24 mit der Stadtstaat-Klausel entfallen zu lassen.
Ich darf ferner auf den § 19 hinweisen. Die Eingaben des Deutschen Landkreistages, des Deutschen Gemeindetages und des Deutschen Städtetages haben uns selbstverständlich vorgelegen und sind berücksichtigt worden. Der Ausschuß hat sich allerdings davon überzeugt, daß die Tätigkeit der Länder beim Vollzug des Gesetzes derart überwiegt, daß von dem Eingreifen des Bundes keine gegenüber der Ländertätigkeit erhebliche kostenverteuernde Wirkung zu erwarten sein wird, und hat deshalb die Fassung der Regierungsvorlage gebilligt.
Ein Wort verdienen noch die Tabellensätze, von denen wir sagen können, daß sie erstens einfach sind und zweitens in ihrer Staffelung einen durchaus sozialen Charakter tragen. Wir haben uns überlegt, ob vielleicht die Degression, also die Abstufung, besonders im Tabellensatz I, zu stark sei. Auf diesem Gebiet müssen noch Erfahrungen gesammelt werden. Bei einem Nettoeinkommen des Wehrpflichtigen bis 260 DM werden im Tabellensatz I 76,9 %, im Tabellensatz II 83,4% und im Tabellensatz III 90 % gezahlt. Im Tabellensatz III — Wehrpflichtige mit mehreren Familienangehörigen — geht die Leistung selbst bei einem Nettoeinkommen von 1180 DM nicht unter den VomHundert-Satz von 67,2 herunter.
Schließlich darf ich noch auf den § 23 hinweisen, der einen Härteausgleich ermöglicht.
Im ganzen können wir, glaube ich, sagen, daß dieses Gesetz bei seiner Anwendung sicherlich einen befriedigenden und alle zufriedenstellenden Weg nehmen wird.
Die vorliegende Fassung ist im zuständigen Ausschuß einstimmig angenommen worden. Ich möchte daher auch dem Hohen Hause die einstimmige Annahme des Gesetzesentwurfs empfehlen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten ein in die zweite Beratung. Ich rufe auf die §§ 1, — 2, — 3, — 4, — 5, — Änderungsanträge dazu liegen nicht vor. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Zu § 6 liegt der interfraktionelle Änderungsantrag Umdruck 986*) Ziffer 1 vor. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 986 Ziffer 1 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Wer dem § 6 in der so geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
§§ 7, — 8, — 9, — 10 und 11. Dazu keine Änderungsanträge. Wird zu einem dieser Paragraphen das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wir stimmen ab. Wer den §§ 7 bis 11 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
§ 12. Dazu Änderungsantrag Umdruck 986 Ziffer 2. Wird er begründet? — Auf Begründung wird verzichtet. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer diesem Änderungsantrag Umdruck 986 Ziffer 2 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Wer dem § 12 in der so geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
§§ 13, — 14 entfällt, 14 a, — 15, — 16. Wer diesen aufgerufenen Paragraphen — Änderungsanträge liegen nicht vor, das Wort wird nicht gewünscht — zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Dritter Abschnitt. §§ 17, — 18, — 18 a, — 19,
— 20, — 21, — 22. Wird das Wort dazu gewünscht?
— Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Vierter Abschnitt. §§ 23, — 24 entfällt, 24 a, —25, — 26, — 27. Zu diesen Paragraphen liegen keine Änderungsantrage vor. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
§ 28. Dazu Änderungsantrag Umdruck 986 Ziffer 3. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Änderungsantrag ist angenommen.
Wer dem § 28 in der so geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
§ 29, Einleitung und Überschrift. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Angenommen.
Wir kommen zur
dritten Lesung.
Allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht'?
— Herr Abgeordneter Merten.
*) Siehe Anlage 7
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Unterhaltssicherungsgesetz, das wir eben in zweiter Lesung behandelt haben, ist eines ,der Folgegesetze, die notwendig geworden sind, nachdem die Mehrheit dieses Hauses das Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht verabschiedet hat. Ich brauche nicht zu wiederholen — es hat sich ja inzwischen auch wohl bis zum Letzten herumgesprochen —, daß die sozialdemokratische Fraktion das Wehrpflichtgesetz aus allgemeinpolitischen und aus wehrpolitischen Gründen abgelehnt hat, ablehnt und in Zukunft ablehnen wird. Die sozialdemokratische Fraktion steht aber auf dem Standpunkt, daß eine fehlerhafte Politik nicht auf den Schultern derjenigen ausgetragen werden soll, die zwangsläufig die Folgen einer solchen Politik zu tragen haben.
— Ja, wenn Sie auf dem Standpunkt stehen, daß die Folgen der fehlerhaften Politik von den Leuten ausgetragen werden sollen, die sie zu tragen haben, ist das Ihre Sache. Wir stehen nicht auf diesem Standpunkt, sondern glauben, daß die Folgen dieser Politik, soweit es die einzelnen Personen, die diese Politik nicht zu verantworten haben, betrifft, dann möglichst erträglich gemacht werden müssen.
In dem vorliegenden Gesetz über die Sicherung des Unterhalts für Angehörige der zum Wehrdienst einberufenen Wehrpflichtigen wird nun den Wehrpflichtigen und ihren Familien die Sorge um die wirtschaftlichen Voraussetzungen für das Leben der Familie abgenommen. Dieses Gesetz gibt klare Rechtsansprüche und hat den Unterhalt der Familie frei gemacht von dem Charakter der öffentlichen Fürsorge, den er früher einmal hatte. Das halten wir für einen wesentlichen Punkt des Gesetzes. Wir glauben, daß das Gesetz, wenn es großzügig und vernünftig durchgeführt wird, seinen Zweck wird erfüllen können. Herr Kollege Schmidt hat vorhin schon einmal darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, daß die Gesetze in dem Geist durchgeführt werden, in dem sie hier verabschiedet werden, und wir haben wiederholt Gelegenheit gehabt, festzustellen, daß ein Gesetz noch so gut formuliert und noch so gut gemeint sein kann und trotzdem seinen Zweck nicht erfüllt, wenn es schlecht ausgeführt wird. Wir haben es auf der anderen Seite erlebt, daß ein Gesetz, das vielleicht in großer Eile formuliert werden mußte und mancherlei Lücken oder vielleicht auch rechtliche Unzulänglichkeiten aufwies, trotzdem seinen Sinn erfüllen konnte, wenn es gut, d. h. in dem Geist ausgeführt wurde, den der Gesetzgeber in diesem Gesetz verwirklicht haben wollte.
Wir wollen allerdings auch bei diesem Gesetz einige Bedenken nicht verhehlen. Die Belastung, die aus diesem Gesetz auf die Gemeinden und auf die Länder zukommt, weil sie mit den Kosten für die Durchführung des Gesetzes und einem Teil der Leistungen belastet werden, entspricht nicht den Vorstellungen, die wir in der sozialdemokratischen Fraktion haben. Aber wir glauben, daß über die Regelung dieser Frage an anderer Stelle das Notwendige gesagt und die notwendigen Vereinbarungen getroffen werden müssen. Die sozialdemokratische Fraktion wird sich jetzt und in Zukunft dafür einsetzen, daß die zwangsläufig aus dem Wehrpflichtgesetz folgenden Gesetze wieder aufgehoben werden, und sie wird sich daher auch dafür einsetzen, daß dieses Gesetz einmal aufgehoben werden kann. Solange jedoch die Mehrheit diese Hauses und die Bundesregierung entschlossen sind, auf diesem Gebiet eine Politik zu treiben, die wir für verhängnisvoll und falsch halten, werden wir uns bemühen, unseren Beistand denen zu geben, die ihn zur Sicherung ihrer persönlichen Verhältnisse brauchen. Wir weisen da insbesondere auf die Wichtigkeit der Sonderleistungen hin, die dieses Gesetz enthält und von denen wir hoffen, da sie zum Teil von Ermessensentscheidungen abhängen, daß sie so großzügig wie möglich gewährt werden. Wir denken da insbesondere an die Krankenhilfe, an die Beiträge zur Krankenversicherung, an die Mietbeihilfen und an die Aufwendungen, die zur Erhaltung einer selbständigen Existenz erforderlich sind.
In diesem Zusammenhang hat Herr Kollege Schneider vorhin die Frage aufgeworfen, wie die Sozialdemokratische Partei zur allgemeinen Verteidigungspflicht des Bürgers stehe. Meine Damen und Herrn, befürchten Sie nicht, daß wir die Absicht haben, ausgerechnet bei diesem Gesetz eine große wehrpolitische Debatte zu entfesseln. Aber dem Herrn Kollegen Schneider möchte ich im Namen meiner Fraktion doch sagen, daß er zunächst einmal die Frage zu beantworten hat, was er oder, wenn er dafür sprechen kann, die Regierungsmehrheit unter allgemeiner Verteidigungspflicht des Bürgers eigentlich versteht. Bisher mußten wir der Auffassung sein, daß die allgemeine Wehrpflicht das ist, was Sie unter allgemeiner Verteidigungspflicht des Bürgers verstehen, und dann brauchten Sie nicht mehr zu fragen; denn daß wir diese Form als Verwirklichung der allgemeinen Verteidigungspflicht des Bürgers ablehnen, das dürfte ja inzwischen klar herausgestellt worden sein. Wir glauben, daß man mit ,dem Begriff der allgemeinen Verteidigungspflicht, wenn man das so dahinredet, zunächst nur eine Phrase gebraucht, die zu nichts verpflichtet, und daß man dann gezwungen und verpflichtet ist, im gleichen Atemzuge zu erklären, was man im einzelnen darunter versteht. Sie haben bisher die allgemeine Wehrpflicht darunter verstanden und geglaubt, durch sie dieses Erfordernis zu erfüllen. Solange Sie das tun, werden Sie in uns immer entschiedene Gegner dieser Auffassung finden.
Vielleicht ergibt sich in diesem Hause einmal Gelegenheit, ausführlich über diese Dinge zu sprechen, und vielleicht ergibt sich sogar Gelegenheit, eine gewisse Übereinstimmung der Auffassungen zu finden. Sie werden sie aber niemals finden, solange Sie die allgemeine Wehrpflicht als Ihr erklärtes politisches und wehrpolitisches Ziel vertreten. Solange Sie das tun, wollen wir versuchen, denjenigen, die von der allgemeinen Wehrpflicht betroffen sind, bei der Regelung der persönlichen Verhältnisse die notwendige Hilfestellung zu gewähren, und weil wir das immer und immer wieder zu tun uns verpflichtet fühlen, werden wir dem Unterhaltssicherungsgesetz in der dritten Lesung unsere Zustimmung geben.
Wird weiter das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Schneider , bitte sehr!
Schneider (DP[FVP]): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir hier heute auch keine wehrpolitische
Debatte führen, bin ich dem Kollegen Merten doch sehr dankbar für die Aufklärung, die er uns gegeben hat. Ich hatte gedacht, daß er inzwischen sowohl aus Äußerungen maßgeblicher Mitglieder dieses Hauses, die speziell mit Verteidigungsfragen befaßt sind, wie auch aus vielfältigen Äußerungen des Herrn Bundesverteidigungsministers erfahren hätte, was wir unter der allgemeinen Verteidigungspflicht verstehen. Ich glaube, daß man das mit einem Satz sagen kann.
Es ist ein ungeschriebenes Gesetz aller freien Nationen, nach dem sie das Recht auf Verteidigung ihres Bodens, ihrer Heime und ihrer Familien für sich in Anspruch nehmen.
Dazu ist selbstverständlich der freie Staatsbürger auch unseres Staates aufgerufen. Ich befinde mich mit dieser Auffassung in ,der ausgezeichneten Gesellschaft Ihrer Herren Parteiführer Bebel, Marx, Engels usw.,
die sich über diese Fragen schon sehr ausführlich geäußert haben. Ich kann Ihnen nur empfehlen, einmal die Bücher dieser Herren zu lesen, damit Sie darüber im Bilde sind.
Auf der anderen Seite bin ich erstaunt, daß sich die sozialdemokratische Fraktion hier quasi als der alleinige Beschützer der Soldaten aufspielt. Ich will ihr das keineswegs verwehren, darf jedoch daran erinnern, daß oftmals gerade aus den Reihen der Sozialdemokratie seit 1945 nicht besonders freundliche Worte über die Soldaten gefallen sind.
Auch das muß einmal mit aller Deutlichkeit gesagt werden. Wenn Sie jetzt bereit sind, diese Ihre Haltung zu revidieren und mit uns gemeinsam für das Wohl und Wehe der Bundeswehrsoldaten zu sorgen, sind meine Freunde darüber sehr erfreut.
Herr Abgeordneter Mellies!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schließlich ist der Bundestag nicht dazu da, Unterrichtsstunden zu erteilen.
Über die Haltung der Sozialdemokratischen Partei hätte sich der Abgeordnete Schneider, der behauptet, die Ausführungen von Marx und Bebel darüber nachgelesen zu haben, nicht nur aus der Zeit vor Jahrzehnten unterrichten können. Sie brauchen nur das Buch zu nehmen, das wir anläßlich unseres Parteitages in München herausgegeben haben, Herr Schneider. Da haben Sie eine sehr eingehende und klare Darstellung unserer Haltung, und Sie brauchten das Plenum des Bundestags mit Ihren demagogischen Reden nicht aufzuhalten.
Keine weiteren Wortmeldungen. — Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetz in der dritten Lesung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Der Ausschuß beantragt, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Eingaben für erledigt zu erklären. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 6 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Geld- und Sachbezüge und die Heilfürsorge der Soldaten, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten (Drucksache 3233); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung (6. Ausschuß) (Drucksache 3298). (Erste Beratung: 196. Sitzung.)
Als 'Berichterstatter hat das Wort der Herr Abgeordnete Wienand.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Hinblick auf die umfangreiche Tagesordnung möchte ich die Berichterstattung so kurz machen, wie das Gesetz selbst ist, ohne dabei den Wert des Gesetzes gering schätzen zu wollen.
Der Verteidigungsausschuß als der federführende Ausschuß hat sich mit diesem Gesetz in einer ersten und zweiten Lesung sehr sorgfältig befaßt. Er hat, wie Sie aus der Anlage ersehen, einige Änderungen vorgenommen. Es ist nach meinem Dafürhalten bemerkenswert, daß gerade im federführenden Ausschuß die Frage des § 6 sehr sorgfältig diskutiert worden ist, der Ausschuß sich dann jedoch einstimmig dazu verstanden hat, den § 6 in der alten Fassung zu belassen, zumal dieser Wortlaut auch schon im Soldatenversorgungsgesetz zugrunde gelegt worden ist und wir hier nicht denselben Sachverhalt unterschiedlich regeln wollten. Bemerkenswert erscheint mir noch die Zusammenfassung der Wehrsoldgruppen.
Weil in der Öffentlichkeit und auch bei den Ausschußberatungen die Frage auftauchte, auf welchen Personenkreis dieses Gesetz anzuwenden sei, möchte ich mir nur noch den Hinweis erlauben, daß dieses Gesetz nur für Wehrpflichtige gilt. Dieser Hinweis scheint mir notwendig, damit das Gesetz leichter verstanden wird.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die zweite Lesung ein. § 1. — Keine Änderungsanträge. § 2,
—§ 3,—§ 4,—§ 5,—§ 6,—§ 7,-§ 8,—Einleitung und Überschrift. — Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift in zweiter Lesung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe!
— Enthaltungen? — Das Gesetz ist in zweiter Lesung angenommen.
Ich komme zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Änderungsanträge sind in der dritten Lesung nicht gestellt. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz in der vorliegenden Fassung des Ausschusses in der dritten Lesung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist gegen eine Stimme angenommen.
Punkt 7 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Gibbert, Kemper , Knobloch, Schlick, Dr. Weber (Koblenz), Lahr, Müller (Wehdel) und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Weingesetzes (Drucksache 3022);
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache 3245).
Berichterstatter: Abgeordneter Bauer
Ich frage, ob der Herr Berichterstatter Bauer das Wort wünscht. — Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Wir treten in die zweite Lesung ein. Ich rufe auf Art. 1, — Art. 2, — Art. 3, — Einleitung und Überschrift. — Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — In zweiter Lesung angenommen!
Ich komme zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz in der dritten Lesung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das Gesetz ist angenommen.
Punkt 8 ,der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Internationalen Übereinkommen über die Fischerei im Nordwestatlantik .
Wird das Wort zur Einbringung gewünscht? — Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Ich frage, ob sonst das Wort gewünscht wird? — Das Wort wird nicht gewünscht. Beantragt ist Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Ich nehme an, daß das Haus mit dieser Überweisung einverstanden ist. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 9 ,der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Dresbach, Eickhoff, Dr. Blank und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und zur Aufhebung des Gesetzes über die Erhebung einer Abgabe „Notopfer Berlin" (Drucksache 3177).
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich eröffne die Aussprache in erster Lesung. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache. Es ist Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen vorgeschlagen. — Das Haus ist damit einverstanden. Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 10 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes .
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache in erster Lesung. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache. Es ist vorgeschlagen, die Vorlage an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zu überweisen. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 11 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Lücker , Dr. Kopf, Dr. Dr. h. c. Pünder, Dr. Mommer, Dr. Leverkuehn, Dr. Reif und Genossen betreffend Europäischer Katastrophenfonds (Drucksache 3249).
Wird das Wort zur Begründung des Antrags gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wird das Wort zur Debatte gewünscht? — Ebenfalls nicht. Ich schließe die Aussprache. Es ist beantragt, die Vorlage an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten und an den Ausschuß für Post- und Fernmeldewesen zu überweisen, wobei der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten federführend sein soll. — Das Haus ist einverstanden; ich höre keinen Widerspruch.
Punkt 12 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. h. c. Weber , Birkelbach, Dr. Dr. h. c. Pünder, Dr. Mommer, Dr. Leverkuehn, Dr. Reif und Genossen betreffend Gemeinsame europäische Sozialpolitik (Drucksache 3250).
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Nicht. Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Beantragt ist die 'Überweisung ,an den Ausschuß für Sozialpolitik. — Kein Widerspruch; ,das Haus ist damit einverstanden. Es ist so beschlossen.
— Als Finanzvorlagen müssen sie nach § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß überwiesen werden. Das gilt automatisch. Federführend ist der Fachausschuß.
Wir kommen zu Punkt 13 'der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Mommer, Dr. Leverkuehn, Dr. Dr. h. c. Pünder, Gräfin Finckenstein, Dr. Reif und Genossen betreffend Hilfsmaßnahmen für Österreich zur Lösung des ungarischen Flüchtlingsproblems .
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? —Das ist nicht der Fall. Es ist beantragt, den Antrag an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten als federführenden Ausschuß, den Ausschuß für Heimatvertriebene und den Haushaltsausschuß als
mitberatende Ausschüsse zu überweisen. — Das Haus ist damit einverstanden. Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 14 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. h. c. Weber , Birkelbach, Dr. Dr. h. c. Pünder, Dr. Mommer, Dr. Leverkuehn und Genossen betreffend Europäische Reiseerleichterungen für Kriegsversehrte (Drucksache 3252).
Das Wort zur Begründung des Antrags wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt, den Antrag an den Ausschuß für Verkehrswesen als federführenden Ausschuß und die Ausschüsse für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen als mutberatende Ausschüsse zu überweisen. — Das Haus ist einverstanden; ich höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Punkt 15 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Erler, Frau Dr. Rehling, Dr. Dr. h. c. Pünder, Dr. Mommer, Dr. Leverkuehn, Dr. Reif und Genossen betreffend Förderungsmaßnahmen für europäische Hochschulen .
Das Wort zur Begründung des Antrags wird nicht gewünscht. — Ich eröffne die Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache. Es ist beantragt, den Antrag an den Ausschuß für Kulturpolitik als federführenden Ausschuß, den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten und den Haushaltsausschuß als mitberatende Ausschüsse zu überweisen. Ich nehme an, daß das Haus mit diesem Vorschlag einverstanden ist. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 16 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über den Antrag der Abgeordneten Kemper (Trier), Spies (Brücken), Gibbert, Becker (Pirmasens) und Genossen betreffend Hilfsmaßnahmen für den Saargrenzgürtel (Drucksachen 3241, 835).
Ich frage, ob das Wort zu diesem Bericht oder dem Antrag selbst gewünscht wird. — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache. Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache 3241 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Punkt 17 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Wieninger, Dr. Franz, Stücklen, Schneider , Höcherl und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Behebung der Arbeitslosigkeit älterer Angestellter (Drucksache 3239).
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache der ersten Lesung. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht.
Beantragt ist die Überweisung des Entwurfs an den Ausschuß für Arbeit — federführend — und an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen. Ist ,das Haus damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 18:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen .
Wird das Wort zur Einbringung gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Beratung in erster Lesung. Wird das Wort gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung.
Beantragt Ist die Überweisung an den Ausschuß für Geld und Kredit —federführend — und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik — mitberatend — — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 19:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betreffend Veräußerung der ehemaligen von Voigts-Rhetz-Kaserne in Hildesheim an die Stadt Hildesheim .
Wird das Wort zur Begründung oder in der Aussprache gewünscht? — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache. Beantragt ist Überweisung an den Haushaltsausschuß. Das Haus ist damit einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste, die 200. Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Donnerstag, den 21. März, 14 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.