Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Eine amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister der Finanzen hat unter dem 13. November 1956 auf Grund des Beschlusses des Deutschen Bundestages in seiner 149. Sitzung über die Verwendung der für den Wohnungsbau bestimmten Lastenausgleichsmittel berichtet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2878 verteilt.
Meine Damen und Herren, am gestrigen Abend hat der amtierende Präsident die Tagesordnung der heutigen Sitzung in der Weise vorgeschlagen, daß nach der Frage des Abgeordneten Schellenberg aus der gestrigen Fragestunde, die nachgeholt wird, die Punkte der Tagesordnung vom 14. November behandelt werden sollen, anschließend ein
Bericht des Vermittlungsausschusses über das Schutzbereichgesetz und dann die Tagesordnung des heutigen Tages. Das inzwischen beschlußfähige Hohe Haus
kann natürlich auch anders befinden.
— Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Stücklen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der zweiten Lesung dieses Gesetzentwurfs, der jetzt auf der Tagesordnung steht, haben sich noch eine Reihe von Unklarheiten ergeben. Wir bitten daher um eine Unterbrechung der Sitzung von 30 Minuten.
Meine Damen und Herren, nach dem in diesem Hause üblichen Brauch unterbreche ich die Sitzung bis 9 Uhr 35 Minuten.
Die Fraktion der CDU/CSU bittet um Bekanntgabe, daß sie sofort Fraktionssitzung hat.
Die Sitzung wird um 9 Uhr 40 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger wieder eröffnet.
Meine Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung wieder.
Ich schlage Ihnen vor. daß wir jetzt zuerst die Frage des Abgeordneten Dr. Schellenberg aus der gestrigen Fragestunde beantworten lassen. — Herr Abgeordneter Schellenberg!
Entspricht es den Tatsachen, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister am 4. Oktober 1956 in Hagen die ..größten Bedenken gegen den Regierungsentwurf zur Rentenreform" geäußert hat und dann am 25. Oktober 1956 in Köln erklärte, „nunmehr ist das größte Gift aus dem Regierungsentwurf heraus", die Renten sollten nicht zu hoch sein und dürften lediglich ein Existenzminimum gewährleisten?
Das Wort hat der Herr Bundeswirtschaftsminister!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Rede vor dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft in Köln ist insbesondere hinsichtlich meiner Ausführungen zur Höhe des künftigen Rentenniveaus bedauerlicherweise verschiedentlich mißverstanden worden. Ich brauche nicht besonders zu betonen, daß ich mich mit keinem Wort gegen fühlbare Rentenverbesserungen gewandt habe.
Wenn ich in Köln davon sprach, daß durch die Rentenreform in Deutschland die Not gebannt werden soll, so war es unrichtig, daraus zu folgern, daß ich eine Beschränkung der Rentenhöhe auf das Existenzminimum gefordert hätte. Dies würde auch meiner Auffassung über die Berechnung der Renten nach dem Versicherungsprinzip, d. h. nach der jeweiligen Beitrags- bzw. Lohnhöhe und der Versicherungsdauer widersprechen. Allerdings habe ich geglaubt, darauf hinweisen zu müssen, die Renten sollten wiederum nicht so hoch bemessen werden, daß das Gefühl der Eigenverantwortlichkeit gänzlich erlahmen müßte und — nicht zuletzt wegen zu hoher Beitragsbelastungen der Versicherten — keine zusätzliche persönliche Vorsorge mehr möglich wäre.
In meinen Reden in Hagen und Köln bekannte ich mich außerdem zu einem beweglichen Rentensystem und insoweit zum Regierungsentwurf. Ich habe lediglich davor gewarnt, als Maßstab für die Anpassung der festgesetzten Renten eine nominelle Wertgröße — wie das Volkseinkommen in jeweiligen Preisen — zugrunde zu legen. Mein Vorschlag ging, was im übrigen auch der Bezeichnung „Produktivitätsrente" entspricht, dahin, den echten Produktivitätszuwachs der Volkswirtschaft als Grundlage der Rentenanpassung zu wählen, wie er im preisbereinigten, d. h. zu Gegenwartswerten fortgeschriebenen Volkseinkommen je Erwerbstätigen zum Ausdruck kommt. Damit würde erreicht, daß auch die Rentner an einer stabilen Währung interessiert sind und somit jede Spekulation auf eine inflationistische Entwicklung ausgeschlossen wird.
In diesem Zusammenhang habe ich in Köln darauf hingewiesen, nach dem bisherigen Stand der Erörterungen sei zu erwarten, daß das — und ich hoffe, Sie verstehen, was ich damit sagen wollte —im vorliegenden Gesetzentwurf noch enthaltene „Gift" für unsere wirtschafts- und gesellschaftspolitische Entwicklung während der parlamentarischen Beratungen herausgenommen werde.
Ich möchte nochmals zum Ausdruck bringen, daß ich weder in Hagen noch in Köln die „größten Bedenken gegen den Regierungsentwurf zur Rentenreform" schlechthin erhoben, sondern lediglich zu einigen Punkten Besorgnisse geäußert und entsprechende Änderungen angeregt habe, die aber nicht die Grundkonzeption des Regierungsentwurfs berühren.
Eine Zusatzfrage!
Das Wort zu einer Zusatzfrage hat der Herr Abgeordnete Schellenberg.
Herr Minister, sind Sie bereit, zur Beseitigung aller Unklarheiten den Wortlaut Ihrer Kölner Rede veröffentlichen zu lassen?
Ich habe gar keine Bedenken!
Dr. Schellenberg (SPD): Danke sehr!
Damit ist die Frage erledigt.
Wir kommen dann gemäß Ankündigung des Vizepräsidenten Schneider von gestern zum zweiten Punkt zurück.
— Herr Dr. Arndt zur Geschäftsordnung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der sozialdemokratischen Fraktion habe ich zur Tagesordnung drei Anträge zu stellen, und zwar erstens den Antrag — wobei
ich von der gedruckten Tagesordnung ausgehe, auf der als Punkt 1 die Beratung der Großen Anfrage meiner Fraktion wegen der Kohlenwirtschaft steht —, diese nach meiner Auffassung einzig gültige Tagesordnung auf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung dahin zu ergänzen, daß als Punkt 1 e noch der Antrag meiner Fraktion Drucksache 2858 betreffend Bergarbeiterwohnungsbau hinzugenommen wird. Ich betone dabei, daß es sich um keinen Präzedenzfall handelt — so ist es auch besprochen —, wenn die Tagesordnung um diesen Antrag meiner Fraktion ergänzt wird. Das ist der erste Antrag zur Geschäftsordnung.
Der zweite Antrag zur Geschäftsordnung ist der, das Haus möge beschließen, daß die gestern abend von dem Herrn Vizepräsidenten Dr. Schneider getroffene Anordnung über die Tagesordnung von heute unwirksam ist, oder ihr jedenfalls die Genehmigung versagen, die sie nach der Geschäftsordnung brauchen würde, und beschließen, daß unsere Tagesordnung heute, so wie sie gedruckt vorliegt, mit der Kohlendebatte beginnt.
Ich habe drittens noch einen Hilfsantrag zu stellen. Für den Fall, daß die Mehrheit dieses Hauses es durchsetzen sollte, daß als erster Punkt der Tagesordnung nach der Behandlung der Anträge des Vermittlungsausschusses oder sogar vor ihnen die Drucksache 2724, nämlich der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes, behandelt wird, soll der eigentliche Punkt 1 a bis d oder e der heutigen Tagesordnung, nämlich die Kohlendebatte, abgesetzt werden und statt dessen eine Sitzung des Bundestages auf Mittwoch, den 28. November, um 9 Uhr mit einzigem Punkt der Tagesordnung: Kohlendebatte einberufen werden, wie sie heute als Punkt 1 a bis d bzw. e auf der Tagesordnung steht.
Zur Begründung darf ich hierzu noch folgendes vortragen. Im Ältestenrat hat es zwei Vereinbarungen gegeben, die eine, daß die Sitzung gestern um 21 Uhr beendet sein sollte, und die andere, vor vielen Wochen insbesondere von der Christlich-Demokratischen Union gegebene feste Zusicherung, daß heute diese Sitzung einzig und allein der Kohlendebatte gewidmet werden sollte, auf die wir bereits seit dem Februar dieses Jahres warten
und die immer wieder verschoben worden ist. Ich bedauere die Vorkommnisse, die sich gestern abend gegen Ende der Sitzung ereignet haben. Wie ist es dazu gekommen? — Dadurch, daß die Beratungen der zweiten und dritten Lesung des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung sich länger hingezogen haben, als es im Ältestenrat erwartet worden war. Dafür kann niemand etwas. Im wesentlichen ist das auf den Familienzwist innerhalb der größten Fraktion dieses Hauses zurückzuführen, deren Mitglieder dauernd gegeneinander gesprochen haben, wodurch allerdings die Beratungen außerordentlich verzögert wurden.
— Das ist Ihr gutes Recht, das zu tun.
— Die Gewissensfreiheit, Herr Weber, haben andere Fraktionen genauso wie Sie; Sie haben sie nicht gepachtet.
Ich sage, es ist ihr gutes Recht, das zu tun; aber Sie dürfen dann nicht zu Lasten anderer Fraktionen dieses Hauses aus etwas Konsequenzen ziehen, das Sie selber verursacht haben, wenn ich nicht sagen soll: verschuldet haben.
Also um 21 Uhr sollte gestern die Sitzung zu Ende sein, und heute sollte als erster Punkt die Kohlendebatte auf unserer Tagesordnung stehen. In dieser Form liegt die Tagesordnung auch gedruckt vor. Ich bitte Sie, in der Geschäftsordnung nachzusehen, daß die Tagesordnung gedruckt vorzuliegen hat. Es liegt heute keine Tagesordnung gedruckt vor, auf der die Beratung des Gesetzentwurfs Drucksache 2724 als Punkt 1 oder 2 vorgesehen ist.
— Nein, eine solche Tagesordnung liegt nicht gedruckt vor. Da gilt der § 26.
Im übrigen ist nach dem § 51 ein Präsident nicht befugt, in Abweichung von Vereinbarungen des Ältestenrates, an denen er selbst beteiligt war, derartige Änderungen der Tagesordnung vorzunehmen, jedenfalls nach der Geschäftsordnung nicht, ohne daß eine nachträgliche Genehmigung durch das Haus erfolgt. Das überschreitet die Befugnisse eines Präsidenten; denn er ist nach der Geschäftsordnung nur ermächtigt, im Falle der Beschlußunfähigkeit des Hauses eine Tagesordnung zu „verkünden", wie es heißt. Verkündet werden muß natürlich dann die Tagesordnung, wie sie der Ältestenrat im Beisein des Präsidenten verabredet hat, und das ist in diesem Falle die Tagesordnung, die uns gedruckt vorliegt.
Ich muß auch noch sagen, daß gestern alles geschehen ist, um dem Wunsch der CDU Rechnung zu tragen und die Steuervorlage Drucksache 2724 zu erledigen. Insbesondere ist von meiner Fraktion weder das Wort dazu verlangt noch ein Antrag gestellt worden, noch ist die Beschlußunfähigkeit des Hauses bezweifelt worden,
obgleich die Beschlußunfähigkeit des Hauses seit 21 Uhr feststand. Da ist gar nichts zu lachen, denn alle haben die Beschlußunfähigkeit gesehen. Wenn sich die Beschlußunfähigkeit dann dadurch herausstellt, daß eine Abstimmung im Wege des Hammelsprungs stattfinden mußte, dann ist das ihre Schuld,
— Ja, das muß einmal zur Sprache gebracht werden. daß das ein parteilicher Mißbrauch der Präsidialgewalt gewesen ist.
Deshalb widersprechen wir derartigen Veränderungen der Tagesordnung.
Sie, meine Damen und Herren von der christlich-demokratischen Fraktion, sind im Wort, Sie haben das Versprechen gegeben, daß heute die Kohle-Debatte stattfindet, und Sie werden jetzt bei der Abstimmung zeigen, ob Sie das Versprechen halten oder ob Sie wortbrüchig werden. Wenn Sie wortbrüchig werden, wissen wir, was wir von Ihnen zu halten haben.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Rasner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion bedauert zunächst einmal, daß der Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion von der guten Übung aller Parlamente abgewichen ist, den Präsidenten, der sich als Präsident vor dem Hause nicht verteidigen kann, nicht zu kritisieren und nicht anzugreifen.
Es ist noch niemals fair gewesen, jemanden in diesem Hause anzugreifen, der sich in der Würde, im Amt des Präsidenten nicht verteidigen kann.
Diese Dinge gehören vor den Ältestenrat, und es ist ein absolut unguter und bisher hier nicht üblicher Stil, so zu verfahren, wie der Herr Kollege Arndt eben verfahren ist.
Zur Sache selbst! Mit dem Antrag des Kollegen Arndt, Punkt 1 der Tagesordnung um die Ziffer 1 e zu ergänzen, sind wir einverstanden. Wir wünschen ferner, daß, wie es der amtierende Präsident gestern festgesetzt hat, heute zunächst die zweite Lesung der Vorlage Drucksache 2812 bzw. Drucksache 2724 durchgeführt wird, widersprechen also dem Antrag auf Absetzung dieses Punktes. Drittens sind wir der Meinung, daß die Kohle-Debatte, die seit langem für diesen Freitag festgesetzt ist, im Anschluß an die zweite Lesung der Vorlage Drucksache 2724 durchgeführt werden sollte, und widersprechen insoweit auch dem von der sozialdemokratischen Fraktion hilfsweise gestellten Antrag.
— Es ist gar nicht gesagt, Herr Kollege Mellies, daß sie abgebrochen werden soll.
— Wir können sie absolut durchführen.
Was die Beschlußunfähigkeit des Hauses gestern abend angeht: Sie haben angedeutet, Herr Kollege Dr. Arndt, daß auch ein Teil der Angehörigen der CDU/CSU-Fraktion und der FDP-Fraktion — und das ist richtig — an dem Hammelsprung nicht teilgenommen hat. Ihre gesamte Fraktion aber ist draußen geblieben, und das Ziel war ganz offensichtlich,
die Beschlußunfähigkeit des Hauses herbeizuführen.
Ich habe vorher gesagt — wir waren uns einig darüber zwischen den Fraktionen mit Ausnahme der FDP —, daß diese Materie gestern abend behandelt werden sollte. Ich habe vorher — fair und loyal — gesagt, wenn das mit dem Mittel, die Beschlußunfähigkeit des Hauses herbeizuführen, verhindert wird, dann muß es eine selbstverständliche Konsequenz sein, daß wir mit dieser Materie fortfahren.
Ich will das jetzt auch begründen: Es geht hier um die Finanzierung des Wohnungsbaues; das halten wir für noch vordringlicher als eine Debatte über die Kohle-Situation.
Meine Damen und Herren, es liegen noch weitere Wortmeldungen zur Geschäftsordnung vor. Ich möchte Sie auf allen Seiten aber doch darum bitten, die Geschäftsordnungsdebatte in möglichst ruhiger Form zu führen und nach Möglichkeit die Person eines gestern amtierenden Präsidenten aus der Debatte herauszulassen.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Dr. Arndt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ganz kurz. — Es trifft nicht zu, was Herr Kollege Rasner sagt: meine Fraktion sei gestern beim Hammelsprung vollständig draußen geblieben.
Das Haus war bereits um 21 Uhr beschlußunfähig. Auch die Kolleginnen und Kollegen, die sich draußen vor der Tür aufhielten, hätten keineswegs genügt, die Beschlußfähigkeit des Hauses herzustellen.
— Nein. Von meiner Fraktion sind nach 21 Uhr vielleicht zehn oder zwölf im Saal gewesen, und nach dem Hammelsprung sind es noch fünf oder sechs gewesen; das ist der ganze Unterschied.
— Ja, Herr Schlick, dann können Sie nicht zählen, wenn Sie das so komisch finden.
Es sind beim Hammelsprung mehr Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion draußen geblieben als von der Sozialdemokratie.
— Ich kann Ihnen die Namen nennen, wenn Sie wollen. Aber selbst wenn alle hereingekommen wären, wäre das Haus nicht beschlußfähig gewesen; denn es sind nur etwa 115 Abgeordnete gewesen, die sich im Saal versammelt haben, und es waren nicht noch über hundert Abgeordnete draußen.
Im übrigen, wenn vereinbart ist: Um 21 Uhr ist Ende, dann richten sich alle Damen und Herren des Hauses darauf ein, daß dann auch das Ende ist. Es gibt auch gesundheitlich Grenzen für die Mitglieder des Hauses.
Es ist eine Rücksichtslosigkeit, daß man dann in dieser Form ohne jede interfraktionelle Vereinbarung, ohne daß ein amtierender Präsident eine Genehmigung des Hauses herbeigeführt hat, hier die Verhandlung über halb zehn hinaus bis ins Ungewisse fortsetzt.
Nun ein Zweites. Ich habe gesagt, ich hätte die traurige Pflicht, hier eine Kritik zu üben. Es ist auch für mich und meine Freunde nicht angenehm, das Verhalten eines amtierenden Präsidenten hier zu tadeln, der sich übrigens, da er jetzt im Augenblick nicht Präsident ist, durchaus auch in der ) Sache verteidigen kann.
Wir haben die Situation doch nicht heraufbeschworen. Wir hätten die Angelegenheit auch von uns aus nur in den Ältestenrat gebracht. Aber nachdem Sie trotz aller Warnungen diese Geschäftsordnungsdebatte von sich aus gewollt haben, muß auch vor der höchsten Instanz des Bundestages — und das ist sein Plenum — gesagt werden können, daß ein gestern zufällig amtierender Präsident sich falsch und parteilich verhalten hat.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Miessner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wäre wirklich gut, wenn das Hohe Haus davon absähe, heute dieses komplizierte Steuergesetz zu behandeln. Es war ja auch nicht gut, daß es gestern 10 Minuten vor 21 Uhr noch angefangen wurde. Aber es ist das eingetreten, was ich gestern sagte. Es hat noch keinen Tag gegeben, wo nicht ein Antrag zu diesem Steuergesetz am nächsten Tag wieder abgeändert werden mußte. Sie finden heute auf Ihrem Platz den Antrag Umdruck 843, der den Antrag 801 [neu] abändert. Jetzt haben wir also Umdruck 801 [neu] [neu], und wenn es so weitergeht, ist morgen wieder eine Änderung da. Meine Damen und Herren, das liegt nicht daran, daß die Kollegen, die das ausgearbeitet haben, nichts davon verstünden, sondern das liegt ,daran, daß die Materie so kompliziert ist, daß sie im Grunde, wie auch in den Ausschußsitzungen deutlich wurde, auf diese Weise einfach nicht zu regeln ist.
Ich darf besonders den Kollegen, die jetzt hier sind und gestern abend nicht mehr da waren, sagen: es gibt immerhin zu denken, daß ein Mann wie der Vorsitzende des Finanz- und Steuerausschusses sich gestern nicht entschließen konnte, dafür einzutreten, daß das Gesetz hier behandelt werde. Herr Dr. Wellhausen hat das gewiß nicht aus Liebe zur FDP getan, sondern weil auch er als Vorsitzender des Fachausschusses weiß, daß das Gesetz in ,dieser Form noch nicht verabschiedungsreif ist. Aus diesem Grunde unterstützen wir den Wunsch der SPD auf Absetzung dieses Punktes: Denn dieses Steuergesetz ist auf jeden Fall noch gar nicht verabschiedungsreif.
Meine Damen und Herren, ich darf nun folgendes festhalten. Nach § 25 Abs. 1 der Geschäftsordnung setzt der Präsident Zeit und Tagesordnung selbständig fest, wenn ihn der Bundestag dazu ermächtigt oder wegen Beschlußunfähigkeit oder aus einem anderen Grunde nicht entscheiden kann. Es ist nicht meine Sache, zu beurteilen, warum gestern Beschlußunfähigkeit vorgelegen hat. Sie wurde amtlich festgestellt. Die Befugnis des amtierenden Präsidenten, die Tagesordnung festzustellen, ist unbestritten. Die Motive unterliegen nicht meiner Beurteilung.
Allerdings sind wir noch nicht in die Tagesordnung eingetreten. Also können die gestern verkündeten Beschlüsse des amtierenden Präsidenten jetzt von der Mehrheit des Hauses aufgehoben werden. Man muß also über die zur Tagesordnung gestellten Anträge abstimmen. Falls keiner eine Mehrheit finden sollte, muß ich davon ausgehen, daß die Reihenfolge so ist, wie sie Vizepräsident Dr. Schneider gestern festgelegt hat. Erster Punkt wäre die Einkommensteuer, zweiter Punkt der Bericht des Vermittlungsausschusses, dritter Punkt die Kohlendebatte. Ich bitte, dies als Grundlage Ihrer Überlegungen zu nehmen. Wir gehen also von dieser Tagesordnung aus, und ich muß nun die darin gestellten Änderungsanträge zur Abstimmung stellen.
Ich darf wohl zuerst unwidersprochen feststellen, daß der Antrag des Abgeordneten Dr. Arndt, bei der Kohlendebatte den Punkt 1 e, Drucksache 2858, aufzunehmen, keinen Widerspruch findet, also einstimmig gebilligt ist.
Dann komme ich zum Antrag des Abgeordneten Dr. Arndt, sofort mit der ursprünglich für heute vorgesehenen Tagesordnung, also der Kohlendebatte, zu beginnen und alle anderen Punkte zurückzustellen. Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Dr. Arndt?
— Den hat Herr Dr. Arndt aber nicht gewünscht. Oder wollten Sie zulassen, daß der Bericht des Vermittlungsausschusses noch vorher behandelt wird?
— Herr Dr. Arndt ist dazu bereit. Also Punkt 1 Bericht des Vermittlungsausschusses, Punkt 2 Kohlendebatte, so ist der Antrag jetzt zu verstehen. Das heißt also, der Gesetzentwurf zur Einkommensteuer wird jetzt nicht beraten.
Wer dem Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Meine Damen und Herren, da sich der Sitzungsvorstand nicht einig ist, muß ich Sie bitten, sich zu erheben. Wer für den Antrag Dr. Arndt ist, den bitte ich aufzustehen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; das ist die einmütige Feststellung des Sitzungsvorstandes. Der Antrag ist damit abgelehnt.
Es bleibt nun der Eventualantrag, eine Sondersitzung auf Mittwoch, den 28. November, 9 Uhr, einzuberufen mit dem einzigen Punkt „Kohlendebatte", was zur Folge hätte, daß dieser Punkt dann von der heutigen Tagesordnung völlig abgesetzt werden müßte. Ich habe Sie so richtig verstanden, Herr Dr. Arndt?
Ich lasse über diesen Antrag abstimmen. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das ist dieselbe Mehrheit wie vorhin; der Antrag ist abgelehnt.
Sonstige Anträge zur Geschäftsordnung liegen nicht vor.
Dann, meine Damen und Herren, kommen wir zum Punkt 2 der Tagesordnung vom 14. November. — Ich darf bekanntgeben:
Fortsetzung der zweiten und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/ CSU, DP, FVP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Drucksache 2812, Umdrucke 801 [neu], 807, 817, 818, 843, 844, 845).
Wir standen nach meiner Unterrichtung vor der Abstimmung über den Antrag Miessner, die gesamte Vorlage an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zurückzuverweisen. Hierzu wurde bereits gesprochen; ich kann also in die Abstimmung eintreten.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie dringlich, Platz zu nehmen, damit wir bei den Abstimmungen eindeutige Mehrheiten haben. — Wer dem Antrag des Abgeordneten Miessner auf Rückverweisung der Materie an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das ist wieder dieselbe Mehrheit wie vorhin; der Antrag ist abgelehnt.
Meine Damen und Herren, wir stehen in der zweiten Beratung. Der Ausschußantrag geht dahin, den Gesetzentwurf abzulehnen. Gemäß unserem Brauch muß ich über die einzelnen Paragraphen des Gesetzentwurfes, Drucksache 2724, abstimmen lassen. Wir stehen bei § 1 mit dem Antrag Umdruck 801 *). Das Wort hat der Abgeordnete Schmücker.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure, daß Ihnen der Umdruck 845 noch nicht vorliegt. Er ist heute mor-
*) Siehe Anlage 10 zur 172. Sitzung. gen einigermaßen zeitig abgegeben worden; ich hoffe, daß er jeden Moment eintrifft. Ich darf Ihnen aber schon jetzt sagen, worum es sich handelt.
Der Gesetzentwurf war ursprünglich darauf angelegt, der Kreditversorgung insgesamt zu dienen, besonders natürlich dem Wohnungsbau. In der Beratung des Entwrufs hat man sich dann immer mehr auf den Wohnungsbau konzentriert. Es sind jetzt wieder einige Erweiterungen eingetreten. Wenn man diese Erweiterungen vornimmt, dürfte man, so meinen wir, die Kreditnot der gewerblichen Kleinbetriebe nicht übersehen. Über die Kreditnot als solche brauche ich nichts zu sagen; ich glaube, sie wird allen Damen und Herren bekannt sein. Wir schlagen Ihnen daher — der Antrag trägt etwa 15 Unterschriften — vor, in Umdruck 801 Ziffer 1 § 1 Nr. 1 Buchstabe d hinter dem zweiten Satz nach den Worten „zur langfristigen Kreditversorgung der nicht buchführenden landwirtschaftlichen Betriebe zu verwenden" folgenden Satz anzufügen:
Ferner werden Aufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Ziffer 4 für den Ersterwerb von festverzinslichen Schuldverschreibungen der Industrie-Kreditbank AG den in Satz 2 genannten Aufwendungen gleichgestellt, wenn der Steuerpflichtige durch eine Bescheinigung nachweist, daß die Industrie-Kreditbank AG sich verpflichtet hat, die Erlöse der begünstigten Schuldverschreibungen mindestens zu 90 v. H. zur langfristigen Kreditversorgung gewerblicher Kleinbetriebe zu verwenden.
Um es also noch einmal zu sagen: es handelt sich
darum, den gewerblichen Kleinbetrieben dieselbe
Möglichkeit zu geben, wie sie den landwirtschaftlichen Kleinbetrieben gewährt werden soll. Ich
bitte Sie, diesem Änderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben.
Es handelt sich hier um den Änderungsantrag Umdruck 845*), von dem ich nicht mit Sicherheit weiß, ob er im Hause schon verteilt ist.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wohnungsbau.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um den Antrag Umdruck 801 , der an die Stelle des Initiativantrags der Koalitionsparteien getreten ist, hat es gestern abend und auch heute morgen eine Reihe von heftigen Auseinandersetzungen gegeben.
Am 22. Juni d. J. hat die Bundesregierung ein Konjunkturförderungsprogramm verkündet. Einer der wesentlichsten Bestandteile dieses Programms war die Ankündigung einer zusätzlichen steuerlichen Begünstigung des Sparens durch Einräumung einer Abzugsfähigkeit von 5 % der Einkünfte, wenn insgesamt 10 % der Einkünfte gespart würden. Dieser Ankündigung der Bundesregierung ist seinerzeit von allen Fraktionen des Hauses zugestimmt worden als einer wesentlichen Maßnahme, der Spartätigkeit, die zur Finanzierung der Investitionen in unserer Volkswirtschaft unerläßlich ist, neue, wertvolle Impulse zu geben.
Ich darf darauf hinweisen, daß diese Ankündigung nichts grundlegend Neues oder Revolutionä-
*) Siehe Anlage 3.
res beinhaltete, sondern daß sie die sehr eingeschränkte Wiederaufnahme der Regelung bedeutete, die bis Ende 1954 bestand, wonach zusätzlich sogar 15 % der Einkünfte abzugsfähig und steuerlich begünstigt waren, wenn weitere 30 % gespart wurden.
Im Laufe der weiteren Entwicklung des zweiten Halbjahres 1956 hat die Zurückhaltung der Sozialversicherungsträger wegen der bevorstehenden Rentenreform in der Gewährung erststelliger Hypotheken für den sozialen Wohnungsbau zu einer so weitgehenden Verminderung der Zusagen der erststelligen Finanzierung für den sozialen Wohnungsbau geführt, daß gegenwärtig bereits ein Minus von rund 1,2 Milliarden DM gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres vorhanden ist. Das bedeutet ein Wohnungsbauvolumen — und zwar vorwiegend des sozialen Wohnungsbaus — von 3,6 bis 4 Milliarden DM. Das entspricht, wenn es allein auf den sozialen Wohnungsbau abgestellt würde, ungefähr einer Größenordnung von 150- bis 200 000 Wohnungen, für die es im Augenblick noch der Schließung der letzten Lücken bei der erststelligen Finanzierung bedarf. Die restliche erststellige Finanzierung ist also für das Jahr 1957 noch nicht gesichert.
Diese Situation ist nicht etwa durch eine wirtschaftliche Depression oder durch eine allgemeine Rückwärtsentwicklung, sondern fastausschließlich durch den Umstand bedingt, daß in diesem Hause noch immer über die Rentenreform beraten wird und daß daher ein Betrag von 700 bis 800 Millionen DM für die Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus, der sonst jährlich überwiegend im Pfandbriefkauf zur Verfügung gestellt worden ist, nicht zur Verfügung gestellt wird. Was das bedeutet. das brauche ich Ihnen nur anzudeuten. Wir stehen wirklich in der Gefahr, eines der entscheidenden sozialen Programme, das für den sozialen Wohnungsbau, im kommenden Jahr zu vernachlässigen.
Auf das Zweite darf ich gerade die Herren hinweisen, die eben den zusätzlichen Antrag Umdruck 845 begründet haben. Wie soll die Beschäftigung der mittelständischen gewerblichen Wirtschaft, insbesondere der Gewerbetreibenden des Bauhauptgewerbes und der Baunebengewerbe, sichergestellt werden, wenn tatsächlich 200 000 Wohnungen weniger gebaut würden, als es in den bisherigen Jahren der Fall gewesen ist? Ich glaube, das wäre eine so außergewöhnliche Einschränkung des Beschäftigungsvolumens dieser Wirtschaftszweige, daß Sie die ersten sein werden, die die Forderung erheben, die Bundesregierung und der Bundestag sollten alles tun, um diese Gefährdung des sozialen Wohnungsbaues auszuschalten, die, wie ich noch einmal hervorheben muß, nur dadurch eingetreten ist, daß die Rentenreform noch nicht zu Ende beraten ist.
Sie wissen auch, daß der Gesamtverband der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft erst am vergangenen Wochenende den gleichen dringenden Appell an den Bundestag und an die Bundesregierung gerichtet hat. Er hat seinerseits vorgeschlagen, man möge den § 7 c in seiner ursprünglichen Form wiederherstellen. Gestern ist hier das Wort von den „Steuergeschenken" und der „Steuergerechtigkeit" gefallen. Dazu muß ich sagen, daß der § 7 c in dieser Hinsicht sicher wesentlich unsozialer und wesentlich weniger gerechtfertigt ist, insbesondere auch bezüglich der Interessenlage der
Mittelschichten als Steuerzahler, als die hier vorgeschlagene steuerliche Begünstigung des Sparers,
zumal darüber hinaus die Erweiterung des § 7 c in der Sache gar nichts helfen würde. Der § 7 c war ein wertvolles Instrument zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus, solange die allgemeine Erwartung auf Steuersenkung gerichtet war. Denn der § 7 c in der alten Form bringt bekanntlich nur eine steuerliche Verlagerung. Es wird im Augenblick eine Abzugsfähigkeit konstruiert, und im Laufe der Rückzahlung der 7-c- Darlehen erfolgt die Nachversteuerung der Rückzahlungsbeträge. Solange die steuerpflichtige Wirtschaft darauf rechnen konnte, im Zeitpunkt der Rückzahlungseingänge weniger Steuern zu zahlen als vorher, war der § 7 c ein Anreiz. Jetzt, wo man angesichts der bevorstehenden Verteidigungsaufgaben und der weltpolitischen Lage eher die Sorge um die Erhaltung der gegenwärtigen Steuersätze haben muß, die Steuersätze sogar eher nach oben gehen könnten, entfällt diese Erwartung; es würde also aus dem Blütentraum eines alten § 7 c für den Sozialen Wohnungsbau kein Honig zu saugen sein.
Es ist hier die Frage aufgeworfen worden: Kann man es rechtfertigen, diesen Weg zu gehen, selbst wenn man weiß, daß es im Augenblick gar keinen anderen Weg gibt, dem Sozialen Wohnungsbau für 1957 neben den schon erschlossenen Quellen diese restlichen, vom Bundesfinanzminister auf zweimal 200 Millionen, von mir auf insgesamt 300 Millionen DM geschätzten zusätzlichen erststelligen Hypotheken zur Verfügung zu stellen?
Meine Damen und Herren, ich glaube, ich habe schon genügend dargetan, was daran hängt: bis zu 200 000 soziale Wohnungen mit einem Bauvolumen von zwischen drei und vier Milliarden DM als wirtschaftsbelebendes Element im Jahre 1957 -- ja oder nein?
Aber denken Sie darüber hinaus an die derzeitige weltpolitische Situation. Denken Sie daran, was im Augenblick allein hinsichtlich der politischen Flüchtlinge aus Ungarn an neuen menschlichen Verpflichtungen übernommen worden ist. Auch hier haben wir ja Aufgaben zu erfüllen, denen wir gegenüberstehen, ob wir wollen oder nicht, und wir dürfen die Hoffnungen dieser Menschen nicht enttäuschen.
Es ist gestern vom Abgeordneten Miessner gesagt worden, für je 200 Millionen DM, die dieses Gesetz an erststelligen Hypotheken für den Sozialen Wohnungsbau erbringe, müsse man einen Ausfall von 50 Millionen DM an Steuermitteln in Kauf nehmen. So ungefähr wird die Rechnung im Maximum aussehen. Aber stellen Sie sich einmal vor, die Bundesregierung könnte tatsächlich im Augenblick eine Anleihe von vielleicht 200 Millionen DM aufnehmen — ich will nur die Größenordnung vergleichen; sie müßte ja mindestens 400 Millionen DM als Anleihe 'aufnehmen —; sie müßte dann mindestens zunächst einmal für den Sozialen Wohnungsbau eine laufende Zinsverbilligungs- oder Zinszuschußmaßnahme ins Auge fassen, die ein Vielfaches der 50 Millionen DM zu Lasten der Steuerzahler kosten würde. Eine dreiprozentige Zinsverbilligung gegenüber einem normalen Pfandbriefzinssatz auf 30 Jahre für 400 Millionen DM bedeutet 12 mal 30 = 360 Millionen DM, gegen-
über 50 Millionen auf Grund des vorliegenden Gesetzes, von denen der Bund obendrein nur ganze 17 Millionen zu tragen hat, während sich mit den anderen 33 oder 34 Millionen DM die Länder beteiligen.
Wenn Sie das alles betrachten, meine Damen und Herren, und dazu berücksichtigen, daß es sich um eine einmalige Aktion zur Überbrückung eines Notstands in der Finanzierung ides Sozialen Wohnungsbaus handelt,
eines Notstands, der vor allem aus gesetzgeberischen Gründen eingetreten ist — wegen der Unklarheiten, die nun einmal zwangsläufig mit den Beratungen über die Rentenreform noch verknüpft sind —, dann sollte die Entscheidung über diese Maßnahme dem Hohen Hause doch gar nicht so schwerfallen.
Ich bitte darüber hinaus auch noch den Zweck zu bedenken, der hier einmalig erfüllt werden soll. Ich bitte, davon Abstand zu nehmen, das Erreichen dieses Zwecks durch die Anmeldung von Forderungen anderer Wirtschaftszweige noch zusätzlich in Frage zu stellen;
denn dabei kommt dann für niemanden mehr etwas heraus. Hier ist doch wirklich eine übergeordnete Aufgabe, und ich glaube, sie muß allein unter dem übergeordneten Gesichtspunkt betrachtet werden, der diese ganze Maßnahme rechtfertigt.
Wenn wir auf der andern Seite nur den auch zeitlich noch nicht einmal zureichenden Weg haben, eine speziell für diesen Zweck wirkende Steuererhöhung zu beschließen, dann ist es wohl sozial viel eher gerechtfertigt, wenn man an die Bezieher mittlerer und höherer Einkommen appelliert. einen zusätzlichen, und zwar doppelt so hohen Betrag, wie er für steuerlich abzugsfähig erklärt wird, für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen, also versucht. die Kreise, 'die es überhaupt noch können, für diesen wichtigen politischen und sozialen Zweck einzuspannen.
Ich glaube, daß Sie auch diese Überlegung anstellen sollten. Ich darf Sie recht herzlich um Thre Zustimmung bitten. Die Hilfe nützt nur dann etwas, wenn noch im Dezember alle Steuerpflichtigen die Möglichkeit haben, von dieser zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus gegebenen zusätzlichen Sparmäglichkeit Gebrauch zu machen. Wenn das Gesetz später verabschiedet wird, brauchen Sie sich hier nicht erst den Ärger zu machen und pro und contra zu reden; dann ist die Chance, eine wesentliche Lücke in der erststelligen Finanzierung im sozialen Wohnungsbau im Jahre 1957 zu schließen, leider vertan.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gille.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sorge, wie es mit der Finanzierung des Wohnungsbaues im Jahre 1957 werden soll, erfüllt sicherlich alle Kreise dieses Hauses. Insofern haben auch meine Freunde Verständnis für die Bemühungen des Wohnungsbauministers, hier irgendwie einen Ausweg zu finden.
Herr Wohnungsbauminister, Sie haben uns nun soeben vorgetragen, daß diese einmalige Sonderaktion, die von einer Seite des Hauses als noch nicht entscheidungsreif, von anderen — dazu gehören wir auch — als Verstoß gegen Grundsätze der Steuergleichheit auf Bedenken stößt, der einzige Ausweg sei, der in dieser Situation gegeben zu sein scheine. Ich darf in diesem Zusammenhang auf folgendes hinweisen.
Zwischen den beiden Weltkriegen, genauer gesagt, zwischen 1918 und 1933, wurde der Wohnungsbau, der damals auch eine Hauptsorge war, im wesentlichen durch die Anlegung von Spareinlagen finanziert. Es ist Ihnen bekannt, daß damals für alle Institute, die anerkannte Spareinlagen annahmen, gewisse Voraussetzungen gegeben sein mußten. Sie unterlagen einem Anlegungszwang. Sie waren verpflichtet, einen Teil der aufkommenden Spareinlagen entweder in ersten Hypotheken oder in entsprechenden Pfandbriefen usw. anzulegen.
— Kann sein, daß ich die Dinge nicht richtig sehe; ich bitte, mich dann zu berichtigen. Ich sehe im Augenblick die Dinge so, daß wir zwar immer noch das gültige Reichsgesetz über das Kreditwesen haben, aber die Richtlinien der dafür zuständigen Zentralstelle, die die Voraussetzung für die Anlegungspflicht sind, noch nicht besitzen. Es ist nach meiner Auffassung so, daß nicht nur die öffentlichen Sparkassen, sondern auch andere Institute, die heute Spareinlagen annehmen, noch nicht, wenigstens nicht in entsprechendem Maße, der Anlegungspflicht unterliegen, wie das früher der Fall war, als sie einmal die Hauptfinanzierungsmittel für den Wohnungsbau gegeben haben. Ich bitte, mich zu berichtigen, falls ich die Entwicklung der letzten Monate nicht mitbekommen haben sollte.
Herr Bundesminister Dr. Preusker!
Herr Präsident! Herr Kollege Gille! Ich darf vielleicht diese wichtige Frage zur Orientierung des Hohen Hauses noch ergänzend behandeln. Das Erste und das Zweite Wohnungsbaugesetz enthalten eine Ermächtigung für die Bundesregierung, die Kapitalsammelstellen, wie Sparkassen, Versicherungen und Hypothekenbanken, bis zu einer 50% igen Festlegung ihrer für langfristige Anlagen geeigneten Mittel ausschließlich für den Wohnungsbau und davon wieder bis zu 75 % für den sozialen Wohnungsbau zu binden. Diese Ermächtigung hat die Bundesregierung in diesem Jahr noch nicht anzuwenden brauchen, weil die Kapitalsammelstellen im Wege der schriftlichen freiwilligen Einverständniserklärung, die auch in diesem Jahr wiederum gegeben und im Ausschuß für Finanzen und Steuern vorgetragen worden ist, zugunsten der Finanzierung des Wohnungsbaus sogar noch über die gesetzliche Bindung hinausgehende freiwillige Verpflichtungen auf sich genommen haben.
— Zum Teil bis zu 90 %! Was hier also auf Grund
der Einsicht der betreffenden Institute herausge-
schöpft werden konnte, ist tatsächlich, auch in Übereinstimmung mit den einzelnen Fraktionen des Hauses, von den Kapitalsammelstellen herausgeschöpft worden.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gülich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Bemerkung, die der Herr Bundeswohnungsbauminister vorhin machte, verdient hier festgehalten zu werden. Er sagte, der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FVP und DP auf Umdruck 801 sei an Stelle des Initiativantrages der Koalitionsparteien getreten. Dieses „an Stelle" ist sehr bemerkenswert; denn es entspricht der Wahrheit.
— Einen Augenblick! — Damit komme ich auf die Situation des gestrigen Abends zurück. Gestern abend wurde der Umdruck 801 in seiner Neufassung verteilt, der allerdings solche Änderungen vorsieht, daß der Antrag des Kollegen Dr. Miessner, die ganze Vorlage an den Ausschuß für Finanzen und Steuern zurückzuverweisen, voll berechtigt war. Was ist das für eine Situation, wenn eine Vorlage derart umstritten ist, wenn an einer Vorlage soviel herumgeflickt wird und wenn die antragstellenden Fraktionen sich selber nicht einig sind, obgleich der Entwurf offensichtlich auf einem Fraktionsbeschluß beruht? Denn es heißt ja auf der Drucksache 2724: Antrag der Fraktion der CDU/CSU, es heißt ja auf dem Umdruck 801 : Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU! Man sollte doch annehmen, daß die Probleme vorher in den Fraktionen und im Ausschuß ausgehandelt werden. Was ist das für eine Situation, wenn das Plenum mit solchen Änderungsanträgen überschüttet wird, so daß man unter keinen Umständen eine Einigung erzielen kann? Im Plenum können doch, wenn sich die Sachverständigen uneinig sind, durch bloße Zufallsmehrheiten Entscheidungen getroffen werden, die dann Gesetz werden! Es ist eine ungute Sache, daß man hier bei so schlechten Vorbereitungen das Plenum bemühen will, Entscheidungen zu treffen, die der einzelne Abgeordnete nach seiner Einsicht und nach seinem Gewissen gar nicht treffen kann.
Das ist eine Überforderung der Kollegen, um so mehr, wenn man ihnen zumutet, das dann auch noch am Abend, in einer Zeit, in der die Sitzung nach einmütiger Auffassung des Ältestenrats schon geschlossen sein sollte, zu tun.
Hierzu nur noch eine kurze Bemerkung. Ich habe inzwischen vom Präsidium die Zahl erfahren: 115 bis 120 Mitglieder des Hauses haben beim Hammelsprung den Saal betreten — ich gehörte auch zu ihnen —, und eine Reihe von Abgeordneten ist draußen gewesen. Ich weiß, daß manche einfach nicht mehr mitmachen konnten. Aber auch wenn alle hereingekommen wären, hätten wir die Zahl, die zur Beschlußfähigkeit erforderlich ist, bei weitem nicht erreicht.
Es ist wichtig, das noch einmal ausdrücklich festzustellen.
Zu dieser merkwürdigen Vorlage, dem Änderungsantrag Umdruck 801 , der, wie gesagt, in Wirklichkeit an die Stelle des Initiativgesetzentwurfs getreten ist, finden wir nun heute morgen eine Berichtigung: Da soll jetzt der drittletzte Satz anders lauten! Es geht aber über eine stilistische Berichtigung weit hinaus und greift in das Sachliche über.
Wenn man alle diese Dinge zusammennimmt, kann man nur sagen: es handelt sich in der Anlage und in der Darbietung von vornherein um ein absolut unzulängliches Gesetz, mit dem man das Plenum des Bundestages nicht befassen dürfte, wenn man nicht die Institution des Parlaments zur Farce machen will. Das Gesetz ist für den Wohnungsbau in der Sache auch völlig unzulänglich. Es ist traurig, daß der Soziale Wohnungsbau im Bundeshaushalt nicht besser behandelt worden ist.
Woher kommt denn der Notstand?
— Sie können den Notstand jetzt doch nicht mit diesem Gesetz beheben. Den kann man nur mit einem guten Gesetz beheben. Oder es ist, wenn es sich um diese Summe von 100 bis 150 Millionen handelt, die durch dieses Gesetz aufkommen
— neuerdings sind es 300 Millionen?, ich hatte bisher von 100 bis 150 Millionen gehört —, und selbst wenn es 300 Millionen sind, zu überlegen, ob man nicht auf den Juliusturm zurückgreifen sollte, der nach den Worten des Herrn Bundesfinanzministers zwar abgebaut ist, aber doch noch solche Reste enthält, daß man damit diesen akuten Notstand beheben könnte.
— Darüber wollen wir uns noch einmal unterhalten; ich werde Ihnen die Sache dann genauer darlegen, nachdem sich der Herr Bundesfinanzminister vorgestern dazu geäußert hat. — Ich bin jedenfalls der Meinung, daß man diesen einmaligen Notstand nicht mit einem derart unzulänglichen Gesetz beheben kann.
Nun sehen Sie, daß auch der Herr Kollege Schmücker wieder einen Antrag einbringen will. Er liegt uns bis zur Minute noch nicht vor.
— Er lag mir bis zu der Minute, in der ich meinen Platz verlassen habe, noch nicht vor. Dieses Verfahren zeigt auch wieder, daß Sie fröhlich dabei sind, diesen komplizierten Gesetzentwurf weiterhin zu komplizieren. Ich stimme mit dem Herrn Bundeswohnungsbauminister darin überein, daß durch die Annahme des Antrags Schmücker der Sache nicht gedient wird. Ich habe — das will ich bei der Gelegenheit noch einmal sagen — wirklich einen Horror vor solchen Komplizierungen.
Der Bundesfinanzminister hat vorgestern im Haushaltsausschuß, als er uns die Grundlinien und -tatsachen des Regierungsentwurfs für den Bundeshaushaltsplan 1957 mitteilte, die Bemerkung gemacht, er wolle ein Buch schreiben über die
Komplizierung, die die Steuergesetze durch den Bundestag erfahren hätten. Er sagte richtig, daß die von der Regierung eingebrachten Vorlagen durch den Bundestag so kompliziert worden seien. Ich habe ihn freundlich darauf aufmerksam gemacht, daß er dieses Buch in den nächsten Monaten zweckmäßigerweise nicht schreiben solle, weil es sehr gegen seine eigene Partei ausfallen würde, und ich glaube, daß in diesem Buch und seinem Personenregister der Name Scharnberg ganz besonders häufig wiederkehren müßte.
Wo kommen wir denn hin, wenn wir alles und jedes durch Änderung der ohnehin schon so komplizierten Steuergesetze beheben wollten! Wer kann sich durch diese Steuergesetze denn eigentlich noch hindurchfinden? Vor einigen Monaten haben wir nach langen Beratungen Änderungen zum Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz beschlossen, und nun fangen wir schon wieder an. Da ist doch etwas nicht in Ordnung! Und vor einigen Monaten — zur selben Zeit — hat der Herr Bundeskanzler an dieser Stelle auf den beklagenswerten Zustand der Kompliziertheit der Steuergesetze hingewiesen, auf die ihn einer seiner Herren Söhne dankenswerterweise aufmerksam gemacht hatte. Der Herr Bundeskanzler hat hier angekündigt, daß er das Bundeskanzleramt mit der Ausarbeitung von Vereinfachungen der Steuergesetzgebung beauftragt habe. Ich habe vorgestern den Herrn Bundesfinanzminister gefragt, wie weit diese Arbeiten des Bundeskanzleramtes seien und ob sie im Verein mit dem Bundesfinanzministerium vorgenommen würden. Ich habe erfahren, daß dem Herrn Bundesfinanzminister vom Stand der Arbeiten im Bundeskanzleramt nichts bekannt ist und daß auch eine Zusammenarbeit in dieser höchst wichtigen Frage zwischen dem Bundeskanzleramt und dem j a doch zuständigen Ressort des Bundesfinanzministeriums nicht stattfindet. Sie sehen auch an dieser Sache, die symptomatisch ist für den geradezu heillosen Wirrwarr in der Steuergesetzgebung, wie die Dinge stehen. Und da wollen wir einen Vormittag damit verbringen, ein völlig unzulängliches Gesetz weiterhin zu beraten, das höchstwahrscheinlich doch nicht im Dezember zum Zuge kommt? Wollen wir damit unsere Zeit verbringen, anstatt uns wesentlicheren Aufgaben zuzuwenden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Miessner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht darum, für den Wohnungsbau in diesem Kalenderjahr 200 Millionen DM und im nächsten wieder 200 Millionen DM
lockerzumachen. Dafür will man aus Haushaltsmitteln zweimal 50 Millionen DM an verlorenen Steuern spendieren.
Dieses Geld für den Wohnungsbau ist einfach zu teuer, aber nicht nur das, sondern es wird auch in einer Weise aufgebracht, die mit dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit schlechterdings nicht mehr zu vereinbaren ist.
Es ist unbestritten, daß dieses Gesetz nur für Einkommensbezieher mit über 30 000 DM Jahreseinkommen in Betracht kommt, die dann einen sehr hohen Steuervorteil haben. Das kann man doch einfach nicht machen, ohne — das muß man dann offen zugeben — gleichzeitig den fundamentalsten Grundsatz des Steuerrechts, nämlich die Steuergerechtigkeit, über Bord zu werfen.
Wir müssen uns hier, möchte ich sagen, wie e i n Mann schützend vor den Steuerzahler stellen.
Immer wieder stellt sich der Wunsch heraus, dieser oder jener Sparte zu helfen, für diesen oder jenen Zweck etwas zu tun. Wenn wir solchen Wünschen weiterhin so nachgeben wollen, wie wir das im 1. Bundestag getan haben — erfreulicherweise konnten wir diese Bestrebungen im 2. Bundestag etwas retardieren —, wenn wir die alte Wunde immer wieder aufreißen, indem wir fortwährend Sonderwürste braten und damit das Steuerrecht so komplizieren, daß es keiner mehr übersehen kann — und so ist es doch heute —, dann sollen wir uns nicht mehr draußen hinstellen und von Steuervereinfachung und Steuergerechtigkeit reden.
Das sage ich ganz objektiv und ohne jede Spitze gegen irgend jemanden. Das sage ich zu uns allen, denn wir haben uns ja alle — jedenfalls in den vergangenen Jahren — daran mitschuldig gemacht, daß die Steuergesetze so geworden sind, wie sie heute sind.
Meine Damen und Herren, glauben Sie mir doch: wir kommen niemals zu einer echten Steuersenkung für sämtliche Steuerzahler, wenn wir mit dieser Methode der Sonderwürste fortfahren! Wie soll denn der Bundesfinanzminister überhaupt jemals in die Lage versetzt werden, eine grundlegende Steuersenkung vorzuschlagen, wenn ihm dazu jede Möglichkeit immer schon vorweg — durch diese Sonderwürste — genommen wird und wenn man schon hierhin und dahin Steuergeschenke austeilt und damit dem Finanzminister jeglichen Spielraum nimmt? Wenn wir uns aufrafften, einmal nicht mehr Sonderwürste im Steuerrecht zu braten, könnten wir auf Anhieb zum 1. Januar nächsten Jahres den Steuertarif für alle um etwa 20 bis 25 % senken.
Das soll die Öffentlichkeit auch einmal wissen. Wer solche Gesetze wie diese macht, der verbaut diese Möglichkeit ein für allemal, jedenfalls für diesen Bundestag. Hoffentlich nimmt davon die Presse auch mal Notiz, damit alle Steuerzahler erfahren, was ihnen hier fortwährend angetan wird. Wir haben schon viel zu lange diese ScharnbergGesetze und ähnliche Dinge, die nur einigen wenigen nützen, durchgehen lassen; damit sollten wir jetzt einmal aufhören!
Wenn 400 Millionen DM mit der rechten Hand aufgebracht und dafür 100 Millionen DM mit der linken Hand wieder zurückgegeben werden sollen — und wenn der Herr Wohnungsbauminister uns keinen anderen Weg vorschlägt, wenn er keinen anderen gefunden hat —, wäre es im Hinblick auf die Steuerzahler schon ehrlicher, diese 100 Millionen DM Steuergelder zu nehmen und sie direkt zu geben.
Das können wir beschließen, wenn wir die Dinge
für so wichtig halten — schön, das muß der Steuer-
zahler tragen, und das wird ja schließlich auch noch gehen.
— Aber mir sind 100 ehrliche Millionen lieber als 400 ungerechte Millionen!
Oder sollte hier etwa der Beweggrund mitspielen, daß man sich vielleicht sagt: Diese 100 Millionen gehen ja — listigerweise! — zu zwei Dritteln zu Lasten der Länderhaushalte und nur zu einem Drittel zu Lasten des Bundeshaushalts!? Wenn man solche Hintergedanken hat, dann ist das doch auch nicht der richtige Weg! Ich glaube, daß der Bundesrat schlau genug ist, die Dinge auch seinerseits zu erkennen. So kann man es auch nicht machen!
— Herr Kunze, wenn Sie so argumentieren und ungerechtes Geld nehmen wollen,
dann können Sie so überhaupt für jede Sache argumentieren.
Daß der Wohnungsbau noch auf Jahrzehnte hinaus Geld braucht, das wird nicht bestritten; es fragt sich nur, was für Geld man dazu nimmt.
Es geht aber hier neben der Frage der Steuergerechtigkeit auch um die Frage der Steuervereinfachung. Ich darf daran erinnern, daß 71 Kollegen dieses Hohen Hauses unter dem 27. September 1956 eine Große Anfrage an die Bundesregierung betreffend Vereinfachung des Steuerrechts — Drucksache 2726 — gerichtet haben. Diese 71 Abgeordneten müßten heute die ausgesprochenen Bundesgenossen meiner gerechten Sache sein.
Es ist doch wohl undenkbar, daß ein Abgeordneter am 27. September hier diese Große Anfrage mit einbringt und heute einem so komplizierten Steuergesetz zustimmt, das übrigens immer noch nicht die letzte Fassung hat; denn es gehen noch immer laufend Anträge ein Es ist unbestritten, daß die Steuerformulare für Millionen von Steuerpflichtigen um 6 bis 7 Fragen zusätzlich erweitert werden müssen. Künftig muß etwa ein Viertelbogen bei den Steuerformularen und bei den Veranlagungsvordrucken für die Akten der Finanzämter hinzukommen.
Lassen Sie mich einmal in besonders eindringlicher Weise an die Kollegen appellieren, die sich in der Großen Anfrage für die Steuervereinfachung eingesetzt haben und die — das sei zur Ehre der antragstellenden Fraktionen gesagt — gestern zum großen Teil für Rücküberweisung an den Ausschuß gestimmt haben. Es hätte ja nicht zum Hammelsprung kommen können, wenn nicht ein großer Teil der Mitglieder der antragstellenden Fraktionen der Meinung gewesen wäre, die Dinge seien eben noch nicht reif. Ich darf einmal die Namen der Kollegen, die sehr dringlich eine Steuervereinfachung gewünscht haben, verlesen. Es sind dies die CDU/CSU-Abgeordneten Kramel, Kühlthau, Dr. Dresbach, Dr. Wellhausen, Geiger , Bauereisen, Bausch, Bock, Brück, Burgemeister, Dr. Czaja, Demmelmeier, Dr. Dittrich, Etzenbach, Even, Fuchs, Funk, Frau Ganswindt, Frau Geisendörfer, Glüsing, Dr. Graf (München), Gumrum, Dr. Graf Henckel, Höcherl, Dr. Horlacher — er hat übrigens gestern tapfer in diesem Sinne gekämpft—, Dr. Jaeger, Karpf, Kemper (Trier), Dr. Kihn (Würzburg), Kortmann, Krammig, Frau Dr. Kuchtner, Kuntscher, Lang (München), Lemmer, Lermer, Leukert, Lücke,
Majonica, Dr. Baron Manteuffel-Szoege, Menke, Meyer , Morgenthaler, Neuburger,
Niederalt, Raestrup, Freiherr Riederer von Paar, Dr. Rinke, Rümmele, Schill , Schneider (Hamburg), Dr. Schuberth, Schüttler, Dr. Seffrin, Seidl (Dorfen), Spies (Emmenhausen), Spörl, Stiller, hören Sie: Stücklen,
Thies, Unertl, Frau Vietje, Wacher , Walz, Dr. Weber (Koblenz), Wieninger, Winkelheide, Dr. Winter, Wittmann.
Ich glaube, eindringlicher kann man Ihnen die Auffassung vieler Kollegen nicht vor Augen führen.
Es ist ja nicht ein Antrag von vorgestern, sondern die Große Anfrage trägt das Datum vom 27. September dieses Jahres.
Ich wollte Ihnen auch nicht verhehlen, daß ein Abgeordneter der CDU im Ausschuß in sehr drastischer Weise sein Mißfallen über dieses Gesetz zum Ausdruck gebracht hat. Er zitierte, zwar in etwas unschicklicher, aber doch in sehr treffender Weise das Sprichwort, das lautet: Der Deubel — na, Sie wissen ja schon — geht immer auf den größten Haufen.
Damit meinte er, daß es sich hier um Steuergeschenke handle, die nur einer ganz bestimmten Gruppe, nämlich denen mit Einkommen von einer bestimmten Höhe an aufwärts zugute kämen. — Also es ist in jeder Hinsicht ein geradezu unmögliches Gesetz.
Nun lassen Sie mich aber auch noch einen Änderungsantrag vortragen. Wenn schon heute morgen mit dem Umdruck 843 zu Umdruck 801 Herr Dr. Lindrath nochmals etwas richtiggestellt hat, aber auch die Herren Schmücker, Stücklen und Genossen auf Umdruck 845 eine Erweiterung beantragen, dann sage ich allerdings: was dem einen recht ist, ist dem anderen billig, dann kann man unmöglich bei dieser Regelung die Bausparkassen auslassen. Denn wenn nun schon bestimmten Gesellschaften Gelder zufließen sollen, wenn die Sparkassen, die Versicherungen und die Hypothekenbanken in die Regelung einbezogen werden, dann kann man doch in diesem Konzept die Bausparkassen nicht auslassen. Das müßte zumindest
zwischen zweiter und dritter Lesung noch in irgendeiner Form repariert werden.
— Ich verstehe etwas davon, weil ich aus dem Hypothekenbankfach komme. Das ist schon richtig, daß die Bausparkassen sich in erster Linie mit dem zweitstelligen Hypothekengeschäft beschäftigen. Aber sie geben auch erststellige Hypotheken, und die Bausparkassen sind, wie mir hier in einem Brief mitgeteilt worden ist, genauso bereit wie die übrigen Sparkassen und Banken, die entsprechende Erklärungen abgegeben haben, auch ihrerseits Mittel, die ihnen aus diesem Gesetz zufließen würden, in dieser Höhe oder zu 90 °/o für erststellige Hypotheken zur Verfügung zu stellen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, es hat allmählich gereicht. Die Gründe, die gegen dieses Gesetz sprechen, sind so schwerwiegend und so offensichtlich, daß sich jedenfalls auch die Kollegen der CDU, die ich hier aufgerufen habe, ihnen nicht verschließen und entsprechend dem Vorschlag des Ausschusses das Gesetz ablehnen sollten.
Das Wort hat der Abgeordnete Jacobi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Schwächen der Vorlage ergeben sich schon daraus — darauf wurde wiederholt hingewiesen —, daß uns heute Änderungsanträge von den Initianten vorgelegt werden. Sie sind im übrigen durch eine Reihe von Rednern, zuletzt durch den Herrn Kollegen Dr. Miessner, mit aller Deutlichkeit herausgestellt worden.
Ich möchte darüber hinaus darauf hinweisen, daß die Rede, die der Herr Bundeswohnungsbauminister heute gehalten hat, in der Tat einer Bankerotterklärung gleichkommt,
eine Rede, die zeigt, daß er monatelang die Hinweise der Opposition in den Wind geschlagen hat, die seit langem darauf abzielen, allen gegenüber Klarheit darüber zu schaffen, daß sich der Soziale Wohnungsbau in einer Krise befindet. Er hätte in einer Zeit, als er eine Parteigründung für richtig hielt
— aus der dann wenig Bemerkenswertes herausgekommen ist —, sich besser um sein Ressort und um die Schwierigkeiten kümmern sollen, die dem Wohnungsbau inzwischen entstanden sind und die nicht allein auf das Ausbleiben der Rentenreform und die hierdurch gewissen Trägern der Rentenversicherung entstandene Hemmungen zurückzuführen sind. Wir haben in derselben Minute, als die Kreditrestriktionsmaßnahmen allgemeine
Schwierigkeiten auf dem Anleihe- und Kapitalmarkt brachten, erkennen können, daß der Soziale Wohnungsbau in eine immanente Gefahr geraten ist. Man soll doch nicht so tun, als ob es lediglich um die ersten Hypotheken ginge. Es ist doch eine illusionäre und irrealistische Betrachtung, die Dinge so hinzustellen, als ob es nur darauf ankäme, auf Grund dieses Gesetzes 200 Millionen DM zur Verfügung zu stellen, um die Enge des Kapitalmarktes hinsichtlich der erststelligen Mittel zu beheben. Wir haben doch mit viel größeren Schwierigkeiten zu rechnen. Es ist fürwahr eine Tragik, daß in einer Zeit, als diese Schwierigkeiten bereits erkennbar waren, ein Zweites Wohnungsbaugesetz mit Tendenzen verabschiedet wurde, die in normalen Zeiten sicherlich begrüßenswert waren, die aber jetzt — —
— Einen Augenblick! Auf diesen Zwischenruf kriegen Sie die passende Antwort, Herr Kollege Lücke. Warten Sie einen Augenblick! Es ist eine Tragik, habe ich gesagt, daß ein solches Gesetz durch Mehrheitsentscheidung dieses Hauses in einer Zeit verabschiedet wird, in der wir, auch was die gesetzgeberischen Grundlagen des Sozialen Wohnungsbaus anlangt, eine unveränderte Praxis und nicht weitere Schwierigkeiten hätten brauchen können.
Sie haben soeben, Herr Kollege Lücke, wenn ich Sie recht verstanden habe, einen Zwischenruf gemacht, der mindestens andeuten sollte, daß meine kritische Randbemerkung eigentumsfeindlich sei.
— Moment, Sie unterstellen mir das. Aber der Unterschied zwischen unserer und Ihrer Betrachtung, Herr Kollege Lücke, besteht darin, daß Sie ein Doktrinär sind, der nur eine Seite sieht, während wir die Gesamtheit der Wohnungsbauproblematik sehen.
Wir haben oft genug herausgestellt, daß uns jede Eigentumsmaßnahme lieb ist, daß wir zu jeder Forderung bereit sind, wenn sie wirklich dazu führt, der größten Wohnungsnot der am meisten Bedrängten zu steuern. In diesem Punkte ist der Gesetzentwurf, den Sie seinerzeit vorlegten und der dann in abgeänderter Form verabschiedet wurde, leider darauf angewiesen, andere Verhältnisse anzutreffen, als wir sie heute haben, und er ist insoweit eine zusätzliche Beschwer für unser Bemühen, den Sozialen Wohnungsbau nicht zu einer Sache Nr. 2 oder 3 werden zu lassen.
— Entschuldigen Sie, Herr Kollege Lücke! Entweder können Sie es nicht begreifen oder Sie wollen nicht begreifen, daß ich mit meinem Hinweis auf die inzwischen veränderte Sachlage hinziele und daß ich dartun will, daß das neue Gesetz keinen guten Start haben kann, weil eine Reihe objektiver Voraussetzungen fehlen, von denen man damals ausging, die aber heute leider nicht mehr vorhanden sind.
— Sie wissen nicht, was das neue Gesetz mit den
ersten Hypotheken und mit den übrigen Schwierigkeiten zu tun hat? Dann muß ich Ihnen wohl
gelegentlich ein Sonderkolleg halten. Ich hatte angenommen, daß Sie als der Sprecher der CDU/CSU
in Wohnungsbaufragen die Verzahnung all dieser
Fragen kennen würden. Es geht hier ja nicht nur
um die ersten Hypotheken, 'es geht auch um die
übrigen Schwierigkeiten, die dem Sozialen Wohnungsbau entgegenstehen und über die der Herr Minister kein Wort verloren hat.
Herr Abgeordneter Jacobi, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Czaja?
Aber sicher!
Herr Abgeordneter Czaja!
Herr Kollege Jacobi, wollen Sie mit der Kritik an dem Gesetz, dem Sie ja zugestimmt haben, auch Ihre eigene Entscheidung und die Entscheidung Ihrer Fraktion kritisieren?
Herr Kollege Czaja, ich weiß nicht, was mit dieser spitzfindigen Zwischenbemerkung gemeint ist. Ich möchte zur Sache feststellen, daß die sozialdemokratische Fraktion und ich lediglich den Änderungsanträgen des Vermittlungsausschusses zugestimmt haben. Wenn Sie die Freundlichheit haben, die Schlußerklärung noch einmal zu überprüfen, die ich vor diesem Hause abgegeben habe,
dann werden Sie daraus eindeutig entnehmen, daß wir das Gesetz grundsätzlich abgelehnt haben, weil wir es nicht für ein geeignetes Mittel ansehen, den sozialen Wohnungsbau zu fördern und weiter zu betreiben.
— Bitte sehr!
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Jacobi! Glauben Sie, daß die Schwierigkeiten in bezug auf die ersten Hypotheken nicht eingetreten wären, wenn das Zweite Wohnungsbaugesetz in Ihrem Sinne verabschiedet worden wäre?
Aber verehrte Frau Kollegin, diese Frage müssen Sie an Ihren Herrn Finanzminister, an Ihren Wirtschaftsminister und an Ihren Bundeswohnungsbauminister richten!
Die sind nämlich durch ihre verfehlte Politik schuld daran, daß diese Verhältnisse eingetreten sind, und nicht die Opposition.
Herr Abgeordneter Jacobi, gestatten Sie eine Zusatzfrage?
Bitte!
Gestatten Sie eine weitere Frage, Herr Jacobi: Sind Sie nicht der Meinung, daß man die Frage an den richten muß, der die Dinge dargestellt hat, und in diesem Fall nicht an den Herrn Bundesfinanzminister?
Einen Augenblick! Sie haben, Frau Kollegin, mich gefragt, ob die Verhältnisse, auf die ich hingewiesen habe, auf die Verabschiedung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes zurückzuführen seien. Darauf habe ich Ihnen geantwortet — und das war doch klar und deutlich zu verstehen —, daß das nicht der Fall ist.
— Moment, Moment, meine Damen und Herren! Sind Sie schwer von Begriff
oder habe ich mich so schlecht ausgedrückt?
— Dann versuche ich, es noch einmal zu präzisieren. Ich habe darauf hinweisen wollen — und wiederhole das —, daß wir es schließlich zu tun haben mit den Auswirkungen einer Wirtschafts- und Finanzpolitik, die sich ihrerseits nun auch negativ auf den Sozialen Wohnungsbau auswirkt.
Im übrigen, meine sehr verehrten Damen und Herren: das Zweite Wohnungsbaugesetz ist von mir in diesem Zusammenhang erwähnt worden, weil seine Praktizierung unendlich viel schwieriger geworden ist und weil sich hier in der Tat ein tragischer Zusammenhang entdecken läßt, den ich herausstellen wollte. Mich freut es wirklich nicht, und wir alle in diesem Hause, glaube ich, unabhängig von unseren Auffassungen in manchen Fragen, bedauern es tief, daß der Bundeswohnungsbauminister heute — zum erstenmal, soweit ich das feststellen kann — vor der Öffentlichkeit eine außerordentlich pessimistische Darstellung der Lage gegeben hat. Ich kenne seine Reden seit drei bis vier Jahren nur so, daß er immer gesagt hat. es gebe gar keine Schwierigkeiten, der Wohnungsbau sei gesichert. irgendwelche pessimistischen Hinweise der Opposition erfolgten ohne Grund. Das haben wir immer wieder erlebt. Und, Herr Bundeswohnungsbauminister, in einer Zeit, in der Sie noch optimistische Presseerklärungen abgaben, haben wir Ihnen, schon vor vielen Monaten, gesagt, daß wir besorgt sind, daß wir befürchten, daß Sie einfach dabei sind, einen Ritt über den Bodensee zu machen.
Den haben Sie angetreten, und ich weiß nicht, ob Sie das andere Ufer erreichen werden.
Wir jedenfalls sind der Meinung, daß man mit den 200 Millionen DM, die zum Stopfen des Loches, wie es Herr Kollege Dr. Miessner hier ausgeführt hat., auf so problematische Weise herangeholt werden sollen, die Schwierigkeiten im Sozialen Wohnungsbau nicht beheben kann. Es handelt sich dabei um ein Palliativmittel. Es handelt sich nicht um die Maßnahmen. deren wir bedürfen. Ich stelle noch einmal fest: Der Herr Bundeswohnungsbauminister hat hier klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, daß erststellige Mittel für 150- bis 200 000 Wohnungen für 1957 noch nicht gesichert sind. Ich muß erklären, daß nicht nur Schwierigkeiten hinsichtlich der ersten Hypothek bestehen, sondern daß auch die üblichen Sorgen hinsichtlich der nachstelligen Lückenfinanzierung, die uns von Jahr zu Jahr bewegen, nicht kleiner, sondern größer geworden sind. Es handelt sich um eine komplexe Problematik und nicht nur um eine Pro-
blematik, die sich aus dem derzeitigen Mangel erststelliger Hypotheken ergibt.
Herr Abgeordneter Jacobi, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Lücke?
Bitte sehr!
Herr Kollege Jacobi, Sie haben jetzt eine Reihe von Schwierigkeiten dargelegt. Sie haben aber nicht die Frage beantwortet, welche andere Möglichkeit Sie sehen, erststellige Hypotheken zu beschaffen. Darf ich bitten, zu dieser Frage Stellung zu nehmen?
Ich finde diese Frage sehr witzig, Herr Kollege Lücke.
Sie legen einen Gesetzentwurf vor, und dieser Gesetzentwurf steht hier zur Diskussion. Die Opposition nimmt zu diesem Gesetzentwurf Stellung. Sie erklärt, daß es sich um eine unzulängliche Maßnahme handelt. Und jetzt fragen Sie mich, während ich zu Ihrem Gesetzentwurf Stellung nehme, wie ich mir eine andere Regelung denke.
— Nun, ich habe mich ja nicht nur zu Wort gemeldet, um Kritik zu üben, sondern ich werde auch einige Hinweise gaben.
— Verehrte Frau Kollegin Dr. Weber, wir sind uns gegenseitig vor allen Dingen schuldig, daß wir uns in Geduld anhören. Ich bin noch nicht am Ende meiner Ausführungen, ich habe eigentlich erst angefangen.
Der Herr Bundeswohnungsbauminister möge zunächst einmal darauf hingewiesen werden, daß ein großer Teil der aufgetretenen Schwierigkeiten sicherlich sehr viel besser und leichter behoben werden könnte, wenn man sich Mühe gäbe, die Pfandbriefkäufe, die empfindlich zurückgegangen sind, attraktiver zu gestalten, ,also eine Möglichkeit der Stärkung und Wiederbelebung des Pfandbriefmarkts zu suchen. Nach dieser Richtung hin bedarf es allerdings sehr eingehender Überlegungen, die er mit seinen Kollegen Schäffer und Erhard anstellen müßte. Uns ist bekannt, daß es sich gerade hier um einen Punkt handelt, in dem man sich im Schoße der Regierung nicht einig werden kann. Das ist zum Beispiel ein Punkt, Herr Kollege Lücke, wo sich eine Verbesserung der Situation bei den Hypotheken ermöglichen ließe. Die Stützung des Pfandbriefmarkts ist eine Aufgabe der Regierung, der sie sich unterziehen sollte. Sie würde sicherlich hier von allen Anerkennung finden.
Der Herr Bundeswohnungsbauminister hat im übrigen gleichsam beschwörend darauf hingewiesen, daß es notwendig sei, in diesem Falle keinen Sonderinteressen Raum zu geben. Mein Kollege Professor Gülich hat bereits erklärt, daß diese Sonderinteressen in Ihren eigenen Reihen anzutreffen sind, daß aus Ihren Reihen das Begehren kommt, gewisse Änderungen Ihres Initiativgesetzentwurfs zu erreichen, siehe die Anträge Umdruck 843 und Umdruck 844. Der eine möchte mit den Maßnahmen, die hier beantragt werden, eine langfristige Kreditversorgung der nicht buchführungspflichtigen landwirtschaftlichen Betriebe, der andere strebt die langfristige Kreditversorgung der gewerblichen Kleinbetriebe an. Wenn der Herr Kollege Miessner in diesem Zusammenhang erklarte, es sei gewissermaßen unmoralisch, bei so großen Sorgen Sonderinteressen Raum zu geben, dann, finde ich, hat er eine viel zu gute Meinung von der Praxis, die die Mehrheit dieses Hauses seit Jahren zu präsentieren pflegt. Wir haben doch immer wieder erlebt, daß ausgesprochene Sonderinteressen zum Anlaß genommen werden, hier Gesetze und Maßnahmen zu verabschieden. Man konnte, glaube ich, nicht die Hoffnung haben, daß sich nach dem Austritt der FDP aus der Regierung in dieser Richtung ein fühlbarer Wandel hätte ergeben können. Hier sind verzahnte Interessen immer wieder Gegenstand des Verhandelns und der Beschlüsse gewesen.
Der Herr Bundeswohnungsbauminister — ich sagte es soeben schon — hat heute eine Rede gehalten, die sich sichtbar und fühlbar von den Reden abhebt, die wir bisher von ihm hörten. Wir können nur empfehlen, daß er den Versuch macht, eine Einmütigkeit der Auffassungen im Kabinett auch abgesehen von diesem Antrag herbeizuführen, damit wir zu wirklich entscheidenden Hilfsmaßnahmen für den sozialen Wohnungsbau kommen.
Vorschläge von dritter Seite, die Bestimmung des § 7 c des Einkommensteuergesetzes in der alten Form wieder einzuführen, sind in diesem Hause in verschiedenen Ausschüssen und wohl auch in den Fraktionen Gegenstand eingehender Beratungen gewesen. Wir halten eine solche Regelung nicht für erstrebenswert. Wenn sie aus Kreisen der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft ebenfalls vorgeschlagen worden ist, dann zeigt sich darin nur das Bestreben, in irgendeiner Form über den Engpaß zu kommen, der — ich wiederhole es noch einmal — nicht nur dadurch entstanden ist, daß 'das Ausbleiben der Rentenreform Schwierigkeiten mit sich gebracht hat, sondern auch durch die allgemeine Kapitalmarktenge und andere Schwierigkeiten. Im übrigen, Herr Bundeswohnungsbauminister: was nützt es denn, die Feststellung bezüglich der Rentenreform zu treffen, wenn Sie damit nicht gleichzeitig die Kritik an dem Kabinett, in dem Sie selber sitzen, und an der Mehrheit dieses Hauses verbinden? Sie hätten es in der Hand gehabt, in dieser Richtung längst eine Beschlußfassung herbeizuführen.
Die Notmaßnahme — als solche hat der Herr Bundeswohnungsbauminister den Gesetzentwurf Drucksache 2724, auch in seiner abgeänderten Form, bezeichnet — scheint uns kein Mittel zu sein, die Sorgen zu beheben, die uns hinsichtlich der Weiterführung des Sozialen Wohnungsbaus bewegen. Wir sind der Überzeugung, daß selbst dann. wenn die Schwierigkeiten, die auf dem Gebiete der Beschaffung von erststelligen Hypotheken eingetreten sind, behoben werden könnten — w ir bezweifeln, daß das mit diesem Gesetz überhaupt möglich ist —, damit die Weiterführung des Sozialen Wohnungsbaus im bisherigen Umfange noch lange nicht gesichert wäre. Wir fürchten, daß sich dieser Soziale Wohnungsbau aus anderen
Gründen weiterhin in einer sehr bedenklichen Krise befinden wird.
Wir sind deshalb der Meinung, daß es notwendig ist, sich über in diesem Hause zu beschließende Maßnahmen klarzuwerden, die eine echte Stützung und eine wirkliche Garantie für den Sozialen Wohnungsbau herbeiführen. Wir vertreten wie früher auch heute wiederum mit Nachdruck die Forderung, daß die öffentlichen Mittel wesentlich erhöht werden und im übrigen Stützungsaktionen anderer Art als die hier beantragten die erststelligen Hypotheken wieder flüssig machen.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat nach dieser Richtung hin ein überzeugendes Beispiel gegeben, indem es 100 Millionen DM zur Vorfinanzierung zunächst einmal zur Verfügung stellte.
Es liegt, Herr Kollege Lücke,
zum Teil daran — das ist in den letzten Jahren doch immer auch Ihre Sorge gewesen —, daß Sie einen Finanzminister haben, ,der Geld hortet und es mit Klauen und Zähnen verteidigt, Geld, das er für andere Zwecke verwenden könnte. Sie haben einen Finanzminister, von dem man, gleich aus welchen Gründen man ihn bittet, an Maßnahmen des Sozialen Wohnungsbaus mitzuwirken, immer wieder dieselbe Antwort bekommt: „Non possumus!" Er erklärt immer wieder, er könne nicht. Er kann wohl, er will nicht, Herr Kollege Lücke!
Solange Sie diesen Finanzminister mit dieser Politik in Ihrer Regierung haben, wird auch der Wohnungsbauminister bei allem guten Willen, den er sicherlich an den Tag legt, scheitern müssen, weil er nicht in der Lage ist, sich durchzusetzen. Mit dieser Vorlage wird er scheitern, auch wenn sie angenommen wird, weil die Wohnungsbaupolitik dieser Regierung und dieses Hohen Hauses nicht den Erfordernissen entspricht, denen gerecht zu werden die Zeit verlangt.
Das Wort hat Herr Bundesminister Preusker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben inzwischen eine Wohnungsbaudebatte bekommen, und ich glaube, daß das an und für sich auch das Richtigere ist. Denn es geht wirklich nicht um eine Steuermaßnahme, sondern tatsächlich um eine Hilfsmaßnahme für den Sozialen Wohnungsbau.
— Der Form nach ist es natürlich eine Novelle zum Einkommensteuergesetz.
Aber ich glaube, ich bin es dem Hohen Hause und der deutschen Öffentlichkeit doch schuldig, dem schweren Vorwurf, ich hätte hier heute eine Rede gehalten, die einer Bankrotterklärung für den Sozialen Wohnungsbau gleichkomme, entgegenzutreten. Es ist immerhin sehr bemerkenswert, daß Herr Kollege Jacobi mir wenigstens noch den guten Willen attestiert hat. Ich nehme das mit Dank zur Kenntnis, aber ich glaube, Herr Kollege Jacobi, es ist keineswegs meine Absicht gewesen, hier eine Bankrotterklärung abzugeben.
Dazu besteht auch — ,wenn Sie mich in Ruhe anhören wollen — gar keine Notwendigkeit. Ich habe bereits vorausgeschickt, daß in unserer wirtschaftlichen Lage und Entwicklung in der Bundesrepublik nicht etwa eine Krise eingetreten ist, sondern daß wir uns im Gegenteil mit den neuen Problemen der Stabilisierung einer Vollbeschäftigung, einer Hochkonjunktur auseinanderzusetzen haben. Sie haben vorhin meine Kollegen von der Wirtschaft und von der Finanz so hart angegriffen, daß sie die Ursachen für die Kreditrestriktionen, die mich in den letzten Monaten mit Sorge erfüllt haben, gesetzt hätten. Ich darf wohl darauf hinweisen, daß die Hauptsorge und das Hauptanliegen sowohl der Bundesregierung wie der Bank deutscher Länder zu aller Zeit gewesen ist und auch jetzt ist, unter allen Umständen die Stabilität und Sicherheit der deutschen Währung zu erhalten.
Das ist das Entscheidende, worum es zunächst einmal gegangen ist, und Sie wissen selbst: wenn auf allen Seiten — ich halte hier gar kein Plädoyer für die eine oder andere Seite — mehr das Gebot des Maßhaltens in der Preis- und Lohnentwicklung in den vergangenen zwölf Monaten Geltung gehabt hätte, wären diese Restriktionsmaßnahmen sicher nicht in dieser Schärfe notwendig gewesen.
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Jacobi? — Herr Abgeordneter Jacobi!
Herr Wohnungsbauminister, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir sagten, ob Sie in die Kritik, die Sie gerade geäußert haben, auch die achtprozentigen Industrieobligationen einbeziehen, die ja mit ,dazu beigetragen haben, daß wir zu der Kapitalmarktenge im Wohnungsbau gekommen sind.
Ich darf auf diese Frage noch in einem weiteren Zusammenhang eingehen. Ich will mich ihrer Beantwortung nicht entziehen, sondern es gleich vorwegnehmen. Ich hätte es begrüßt, wenn die Situation der vorübergehenden Restriktionen, von deren nicht anhaltender Dauer jeder der Emittenten genauso überzeugt sein dürfte, wie es die Bundesregierung ist, nicht dazu ausgenutzt worden wäre, solche schwerwiegenden Präjudizierungen der Zinsentwicklung am Kapitalmarkt auszulösen.
Die Ursachen der Restriktionen sind also nicht etwa irgendwelche plötzlichen Willkürakte der Bundesregierung gewesen. Vielmehr hat eine Situation, die wir alle herbeigewünscht haben, nämlich die Vollbeschäftigung, zunächst einmal zu einem noch nicht adäquaten Verhalten aller Wirtschaftskreise geführt. Auf verschiedenen Sektoren, bei Preisen und Löhnen hat man nicht Maß ge-
halten. Demgegenüber haben die Bundesregierung und die Bank deutscher Länder zur Sicherung der Kaufkraft der deutschen Währung Maßnahmen ergriffen, von denen klar war, daß sie besonders schwere Sorgen für den Kapitalmarkt sowie für seine Gestaltung und Entwicklung ,auslösen mußten. Aber diesen Maßnahmen — und das darf ich hier ausdrücklich unterstreichen — hat die Bundesregierung nicht etwa tatenlos gegenüber gestanden, sondern schon lange vorher sind Ausgleichsmaßnahmen für den Kapitalmarkt und den sozialen Wohnungsbau ergriffen worden.
Ich darf daran erinnern, daß in dem Zweiten Wohnungsbaugesetz die öffentlichen Mittel für die nachstellige Finanzierung von 500 auf 700 Millionen für das Jahr 1957, also um 200 Millionen, erhöht worden sind, daß die Prämienbereitstellungen des Bundes von 60 auf 100 Millionen, also um 40 Millionen, erhöht worden sind, daß aus dem natürlichen Steigerungstrend der Rückflüsse weitere 10 Millionen hinzukommen, so daß schon einmal eine viertel Milliarde mehr in der nachstelligen Finanzierung für das Jahr 1957 vom Bund bereitgestellt worden ist. Ich darf weiter darauf hinweisen, daß darüber hinaus — Sie können das aus dem Haushaltsplan 1957 ersehen — nochmals insgesamt 80 Millionen DM für die nachstellige Finanzierung zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, macht 330 Millionen DM, und daß im Rahmen des Wohnungsbaus für Sowjetzonenflüchtlinge eine Bindungsermächtigung und eine Finanzierungszusage für weitere 150 Millionen DM erteilt worden sind, macht 480 Millionen DM. Inzwischen ist noch — die Auftragsschreiben sind bereits herausgegangen, wie mir gestern im Bundesratsausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen bestätigt worden ist — vom Bund eine Vorfinanzierung zugunsten erststelliger Hypotheken des sozialen Wohnungsbaus in Höhe von 200 Millionen DM — nicht nur 80 Millionen DM und nicht 100 Millionen DM, wie es das Land Nordrhein-Westfalen getan hat! — übernommen worden. Diese 200 Millionen DM kommen wiederum zu den 480 Millionen DM hinzu, macht zusammen 680 Millionen DM. Außerdem habe ich vor ein paar Tagen an die Presse die Mitteilung über die zusätzliche Verteilung von 50 Millionen DM für den Bergarbeiterwohnungsbau geben können, macht 730 Millionen DM. Ferner ist schon vor einiger Zeit vom Bundeskabinett der Beschluß gefaßt worden, die Stundung in der Bergarbeiterwohnungsbauabgabe aufzuheben,
ein Tagesordnungspunkt, der nachher zur Debatte steht. Das bedeutet wiederum, daß für das kommende Jahr mindestens 100 bis 150 Millionen DM mehr zur Verfügung gestellt werden. Diese Maßnahmen, die bereits ergriffen worden sind und die alle dem gleichen Ziel gedient haben, nämlich die auf der Kapitalmarktebene voraussehbaren Schwierigkeiten nach Möglichkeit auszugleichen, können Sie nicht wegdiskutieren; sie geben uns auch die Gewißheit, daß im kommenden Jahr die Dinge in Ordnung kommen werden.
Ich darf weiter darauf hinweisen, daß ich selbst es gewesen bin, der bei der dritten Lesung der Steuergesetze in diesem Hohen Hause den Antrag der Koalition vertreten und darum gebeten hat, die Bindungszeiten für die allgemeinen Sparverträge von 10 bzw. 7 Jahren auf 3 Jahre zurückzuführen,
und daß ich die Zustimmung der Bundesregierung gefunden habe, die allgemeinen Beträge von 800 auf 1000 Mark pro Kopf und von 400 auf 500 Mark zu erhöhen. Es ist auch schon deutlich erkennbar geworden, daß diese Maßnahme zusammen mit ,der inzwischen erfolgten erstmaligen Zurückführung des Diskontsatzes um 1/2 % auf 5 % eine Beruhigung im Rentenmarkt herbeigeführt hat.
— Ob es zu früh oder zu spät war, Herr Kollege Jacobi, können wir in Ruhe ausdiskutieren. Alles das ist jedenfalls in dem Augenblick wirksam geworden, in dem auf dem Sektor des Wohnungsbaus die bis dahin nach oben gerichtete Preistendenz zum Stehen gebracht worden ist.
Nicht nur das, sie hat sich sogar auf diesem so wichtigen Sektor, der vorher als Träger einer Überhitzung besonders verschrien wurde, wieder leicht rückläufig gestalten lassen. Ich muß sagen, es ist manchmal schon etwas belustigend: vorher bin ich getadelt worden, daß ich den Wohnungsbau zu sehr in die Höhe treibe,
jetzt soll es auf einmal zuwenig sein. Ich verspreche Ihnen: er wird auf der gleichen Höhe wie bisher gehalten werden. Dem dienen ja alle diese Maßnahmen, die wir Ihnen hier vorschlagen.
Es ist, Herr Jacobi, nun einmal ein Faktum, daß bisher von den Sozialversicherungsträgern Pfandbriefe in Höhe bis zu 750 Millionen DM pro Jahr gekauft worden sind. Dieses Hohe Haus berät seit Monaten über die Rentenreform und wünscht gemeinsam mit der Bundesregierung eine wesentliche Erhöhung der Renten. Wir können selbstverständlich die Gelder der Rentenversicherungsträger nicht zu gleicher Zeit für die Zahlung höherer Renten und für die Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus verwenden. Man kann eben ein und dieselbe Mark nur einmal ausgeben.
Deswegen hat die Bundesregierung — ich darf das in Ihre Erinnerung zurückrufen, Herr Kollege Jacobi; Sie waren vielleicht vorhin nicht da, als ich meine ersten Ausführungen machte, ich sah Sie erst später; das kann aber auch an mir gelegen haben — bereits am 22. Juni — und das ist hier auch so begründet worden — die zusätzliche steuerliche Abzugsfähigkeit von 5 bzw. 10 % für den Fall, daß zusätzlich gespart wird, als eine Ausgleichsmaßnahme für den zu erwartenden Ausfall in der Finanzierung des Sozialen Wohnungsbaus bei der Rententrägerschaft mit vorgeschlagen. Dementsprechend hat die Bundesregierung das Hohe Haus, besonders die Koalition, gebeten, diesen Vorschlag als Initiative wieder aufzunehmen.
Dazu kann ich nur folgendes sagen. Ich kann nicht Kassandrarufe ausstoßen und sagen: das und jenes wird eintreten, und es wird eine Krise geben, und gleichzeitig die entsprechenden Mittel, die
notwendig sind, um diese Krise nicht entstehen zu lassen, und die nach dieser Vorlage einmalig — und lediglich einmalig, denn dann ist die Rentenreform ausgestanden — aufgebracht werden sollen, für den Sozialen Wohnungsbau verweigern.
Der Minister hat seine Rede schon beendet. Ich kann Ihnen aber gleich das Wort geben, Herr Abgeordneter Wellhausen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Königswarter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns nun schon zwei Stunden über dieses Gesetz unterhalten und in dieser Zeit zweifellos nicht unwichtige Probleme besprochen. Glauben Sie, daß wir gestern abend um 9 Uhr die Materie mit dieser Ausführlichkeit, die doch wohl notwendig ist, um eine solche Maßnahme zu begründen, hätten behandeln können?
Ich muß noch einmal auf die Vorgänge von gestern abend zurückkommen.
Ja, ich glaube, daß Ihnen das nicht angenehm ist. Aber es muß klargestellt werden, was sich abgespielt hat.
— Ich verstehe Ihre Unruhe nur so, daß Sie Furcht haben, es könne dabei noch einiges herauskommen. — Ich muß auf die Vorgänge zurückkommen, weil ich sie im Zusammenhang mit dem sehe, was sich im Finanzausschuß wegen dieses Gesetzes abgespielt hat. Wir haben das Gesetz in drei Sitzungen sehr ausführlich behandelt und vom steuerlichen Standpunkt aus diskutiert. Ich glaube überhaupt, daß wir zu dem steuerlichen Standpunkt einmal wieder zurückkehren sollten; denn da liegt die Crux dieses Gesetzes. Ich muß den Kollegen Scharnberg vor dem Kollegen Miessner in Schutz nehmen. Er hat die Vaterschaft dieses Gesetzes im Ausschuß abgeleugnet.
Aber ich glaube, wir müssen ihm in dieser Sache zumindest die exceptio plurium zubilligen, zumal inzwischen andere Kollegen aufgetreten sind, die sich zu dieser Vaterschaft freudiger bekennen. Im Ausschuß haben gerade Mitglieder der Regierungskoalition, besonders der CDU — ich will sie nicht nennen, ich will ihnen keine Ungelegenheiten bereiten —,
sehr deutlich gesagt, daß sie dieses Gesetz ablehnen. Es ist zum Teil als ein abscheuliches Gesetz bezeichnet worden. Dieser Ausdruck ist nicht auf unserer Seite gefallen. Ich glaube, daß man den späten Zeitpunkt gestern abend wählte — denn die Vorlage des Herrn Lindrath unterscheidet sich ja nicht so wesentlich von dem Entwurf des Gesetzes —, weil man warten mußte, bis einige Kollegen aus den eigenen Reihen schon nach Hause
gegangen waren, damit sie sich diesem Gesetz nicht allzusehr widersetzten.
— Ich weiß nicht, wer diese Methoden und diese Taktik angibt. Ich bin — wie ich hörte, nennt man das so — mit den Dessous der CDU nicht so sehr vertraut, daß ich Ihnen das genau bestätigen kann.
Es handelt sich hier in erster Linie nicht um den Wohnungsbau, möchte ich behaupten,
sondern um ein Geschenk an gewisse Steuerzahler, deren Interesse für gewisse Gruppen dieses Hauses zu erhalten man dringend nötig hat,
nötiger hat denn je, nach den Vorkommnissen der letzten Wochen. Es ist etwas Angst da, und man muß diese Kreise bei guter Laune halten.
— Eben das dachte ich. Ich wollte das vornehm andeuten und glaubte bei dem hohen Niveau des Hauses damit rechnen zu können, daß man mich schon so verstehe.
Was geschieht denn hier? Es werden zweimal 50 Millionen DM verteilt, d. h. der Steuer wird dieser Betrag entzogen, und zwar in der Form, daß der einzelne 12 000 DM steuerfrei sparen kann. Ich frage Sie: Bei welchen Einkommen kann man 12 000 Mark sparen? Selbst bei verhältnismäßig hohen und erst recht bei mittleren Einkommen ist eine Ersparnis von 12 000 DM, die man plötzlich noch Ende dieses Jahres machen soll, eine Unmöglichkeit. Das ist nur den Beziehern von sehr hohen Einkommen oder solchen möglich, die über einen ausreichenden Kredit verfügen, um sich bei der Bank dieses Geld pumpen zu können und es dann auf diesen Sparkonten anzulegen; ein ausgemacht gutes Geschäft, gegen das vom geschäftlichen Standpunkt aus gar nichts zu sagen ist. Es lohnt sich natürlich bei hohen Einkommen, sich die 12 000 DM zu leihen, und ich empfehle allen, sich sofort mit der Bank wegen eines Kredits in Verbindung zu setzen. Andererseits weiß ich gar nicht, ob so sehr viele diese Gelegenheit nutzen werden, denn es gibt andere Anlagemöglichkeiten, die man mit einer verfehlten Kreditpolitik hat entstehen lassen, bei denen die Verzinsung den hier gegebenen Vorteil doch wieder ausgleicht. Also, ich weiß nicht, ob sich der verehrte Herr Preusker so viele Hoffnungen auf die 200 Millionen machen darf,
von denen er träumt oder vielleicht auch nicht träumt. Und ich weiß gar nicht, ob dies die wichtigsten Dinge sind.
Wir haben gehört, daß die Steuerpolitik des Herrn Finanzministers dahin ziele, alle Vergünstigungen abzubauen, um zu klaren Steuerverhältnissen zu kommen. Wir haben aber hier nichts davon gemerkt. Ein Widerstand des Herrn Finanz-
ministers gegen diese neue Komplikation, die der Kollege Miessner schon sehr eingehend geschildert hat, ist in keiner Weise zu spüren. Der Herr Finanzminister hat bis jetzt zu dem ganzen Gesetz, das ihm doch eigentlich sehr contre coeur gehen müßte, keinen Ton gesagt. Ich bin sehr neugierig, wie er sich dazu stellt. Aber es ist natürlich sehr schwer, wenn er etwas anderes sagen muß, als was er bisher immer als seine Prinzipien dargestellt hat. „Principiis obsta" heißt nicht, daß man den Prinzipien widerstehen soll!
Wir haben unsere Wohnungspolitik ruiniert, wir haben unsere Kreditpolitik ruiniert und wollen sie nun mit der Steuerpolitik heilen. Das ist ungefähr das schlechteste Verfahren, das ich mir denken kann. Ich erachte die Steuer zwar auch als eine Art wirtschaftspolitisches Lenkungsmittel. Es kann gar nicht anders sein: wenn ich 40 % des Sozialprodukts umwälze, ist das zumindest ein wirtschaftspolitisches Faktum. Aber bewußt mit der Steuer lenken zu wollen, sollte eigentlich das Letzte sein, was man tut.
Diese Art, dem Wohnungsbau Geld zuzuführen, ist geradezu ein unsauberes Verfahren gegenüber dem einfachen Mittel, durch direkte Unterstützung, also mit Hilfe eines Gesetzes, das dies gestattet, die notwendigen Beträge aufzubringen.
Ich glaube also, daß man nichts Besseres tun kann,
als dieses — ich zitiere die CDU — abscheuliche
Gesetz abzulehnen und unsere Steuerpolitik nicht
noch weiter zu komplizieren.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, eine Rede zu halten, und auch nicht die Absicht, den Finanzausschuß ins Gerede zu bringen — in dem er leider Gottes ohnehin schon ist —, aber ich habe eine Frage an den Herrn Bundesfinanzminister. Es fällt mir gerade so wie Ihnen, Herr Königswarter, auf, daß er immer noch nicht das Wort ergriffen hat. Unser verehrter Herr Staatssekretär Hartmann ist ja durch eine besondere Höflichkeit ausgezeichnet, wovon wir schon öfter Proben bekommen haben. Ich würde mich also sehr freuen, wenn er erstens sagte, wie der Herr Bundesfinanzminister über das Gesetz in der Form, wie es jetzt in das Plenum gekommen ist, denkt, und wenn er zweitens unsere Neugierde dahingehend befriedigte: was ist vom Bundesrat zu erwarten? Natürlich verlange ich nicht, daß Sie darüber verbindliche Erklärungen abgeben. Ich könnte mir aber denken, daß Sie mit dem Bundesrat schon in Fühlung getreten sind. Auf diese beiden Fragen hätte ich gern eine Antwort.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will gerne die Fragen beantworten, die die beiden letzten Redner an den Bundesfinanzminister gerichtet haben. Ich darf mich zunächst einmal mit der Frage der Steuervereinfachung befassen. Hier sind sehr schätzenswerte Worte über die Notwendigkeit der Steuervereinfachung gefallen, und ich meine, Sie dürfen den Bundesfinanzminister demnächst ruhig einmal beim Wort nehmen. Soviel mir bekannt ist, war beabsichtigt, daß das Hohe Haus noch Ende November sich anläßlich einer Großen Anfrage einmal ausführlich mit der Steuervereinfachung befassen würde. Wir haben diese Fragen mit den Finanzministern der Länder durchgesprochen und hoffen, Ihnen einige nützliche Vorschläge zur Steuervereinfachung machen zu können, die dann im Gesetzeswege unmittelbar in Kraft gesetzt werden können.
Das zum Grundsätzlichen.
Ich muß ohne weiteres zugeben, daß dieses Gesetz mit der grundsätzlichen Linie der Steuervereinfachung, wie sie ja wohl vom Hohen Hause, wie sie vom Bundesrat und auch von der Bundesregierung gewünscht wird, nicht in allen Einzelheiten übereinstimmt.
Wenn aber eben darauf hingewiesen worden ist, daß dieses Gesetz wohl den ersten Zweck hätte, bestimmte Schichten von Steuerpflichtigen zu begünstigen, dann muß ich mich allerdings dagegen wenden. Es ist niemals, z. B. auch nicht in der Sitzung des Finanzausschusses in Berlin — in der Sie, glaube ich, anwesend waren, Herr Professor Gülich — in Abrede gestellt worden, daß diese Vergünstigungen tatsächlich nur gewissen größeren Steuerpflichtigen zugute kommen. Diese Zahlen sind von uns an Hand einer Tabelle offen auf den Tisch gelegt worden.
— Bitte!
Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte schön!
Bitte, Herr Abgeordneter Miessner!
Herr Staatssekretär, es ist nicht gesagt worden, daß es der ausgesprochene Zweck dieses Gesetzes sei, die Bezieher hoher Einkommen zu begünstigen. Aber ich darf Sie fragen, Herr Staatssekretär, ob es stimmt, daß das Gesetz nur für Einkommensbezieher mit über 50 000 DM — und jetzt nach der neuen Vorlage mit über 30 000 DM — Einkommen im Jahr interessant ist, wie Sie es uns an sich im Ausschuß schon bestätigt haben?!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter Dr. Miessner, das ist bereits in der Sitzung des Finanzausschusses in Berlin vor vier Wochen gesagt worden. Aber die Behauptung, daß das Gesetz hauptsächlich diesen Zweck hätte, haben nicht Sie, sondern hat Herr Abgeordneter Dr. Königswarter aufgestellt, und dazu möchte ich folgendes sagen: Das Gesetz hat den ausgesprochenen Zweck, Mittel für erststellige Hypotheken zugunsten des sozialen Wohnungsbaues herbeizuschaffen.
Darüber hat nie ein Zweifel bestanden. Zu diesem Zweck sollten gewisse steuerliche Vergünstigungen für die Kreise eingeführt werden, die oberhalb der bisherigen Festbeträge des Sparens noch über Mittel disponieren können. Ich glaube, darüber hat auch Einigkeit bestanden.
Und nun die Frage, wie der Bundesrat voraussichtlich dazu stehen würde. Ich habe auf Wunsch des Finanzausschusses des Bundestages die Sache mit den Herren Finanzministern besprochen. Auch die Finanzminister haben bedauert, daß wieder eine gewisse Komplizierung des Steuerrechts eintreten würde. Sie haben aber einstimmig folgendes zu erkennen gegeben: Sie konnten sich naturlich für das Plenum des Bundesrates nicht verbindlich äußern; dessen Entscheidung hänge von den Beschlüssen der Kabinette ab. Aber die Finanzminister wollten ihren Kabinetten empfehlen, etwa auf der folgenden Linie zu votieren: Angesichts der dringenden Notlage des sozialen Wohnungsbaues werden grundsätzliche Bedenken gegen diesen Gesetzentwurf nicht erhoben. Das setzt aber zweierlei Maßnahmen voraus: erstens, daß das Gesetz zeitlich befristet wird — das ist hier geschehen; es soll nur bis zum 31. März des nächsten Jahres gelten —, zweitens, daß die Maßnahmen des Gesetzes ganz klar auf den sozialen Wohnungsbau ausgerichtet werden.
Da muß ich allerdings eine Bemerkung zu den Ausweitungen machen, die der Gesetzentwurf in den letzten zwei Wochen erfahren hat. Er ist jetzt nicht mehr lediglich auf den sozialen Wohnungsbau ausgerichtet. Hier sehe ich eine ganz erhebliche Gefahr. Es könnte dann allerdings der Fall sein — das haben die Finanzminister auch zum Ausdruck gebracht —, daß der Bundesrat zumindest den Vermittlungsausschuß anruft und daß dadurch die rechtzeitige Verabschiedung des Gesetzentwurfs für dieses Jahr gefährdet würde.
Die Finanzminister der Länder ebenso wie der Bundesfinanzminister würden daher empfehlen, im Interesse der Förderung des sozialen Wohnungsbaues alle anderen Förderungsmaßnahmen für andere Kreise herauszulassen.
Das Wort hat Herr Dr. Atzenroth.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte mich zum Wort gemeldet, weil mir ein Zusammenhang nicht genügend klar zum Ausdruck gebracht zu sein schien. Inzwischen ist aber der Herr Minister auf dieses Problem eingegangen.
Wir haben den Eindruck, daß auch diesmal die Koordinierung innerhalb der Bundesregierung nicht in genügender Weise zustande gekommen ist.
Es ist hier immer von dem Zusammenarbeiten zwischen dem Bundeswohnungsbauminister und dem Finanzminister gesprochen worden. Ich möchte einmal auf die Zusammenarbeit hinweisen, die zwischen dem Bundeswohnungsbauminister und dem Bundesarbeitsminister notwendig gewesen wäre.
Was ist die Ursache für diese für eine beschränkte Zeit vorgesehene, unvollkommene Notmaßnahme? Das ist doch der fehlende Absatz von Pfandbriefen. Der Absatz von Pfandbriefen bildet die Grundlage für die Hergabe erststelliger Hypotheken. Wenn nicht genügend Pfandbriefe abgesetzt werden, dann entsteht ein Mangel an erststelligen Hypotheken. Von wem sind bisher Pfandbriefe bezogen worden? Nach dem Ausweis der Bank deutscher Länder sind in der letzten Zeit nur 2 % der Pfandbriefe von Privaten erworben worden,
aber 84 % von öffentlichen Stellen; das sind im wesentlichen die Sozialversicherungsträger. Hier liegt der Grund. Diese Kreise verringern den Bezug von Pfandbriefen. Hier wird der Absatz schwinden. Warum? Selbstverständlich weil diese Stellen nicht mehr in der Lage sind, genügend Pfandbriefe abzunehmen, wenn wir von dem Kapitaldeckungsverfahren abgehen; sie können es dann einfach nicht mehr. Ich will hier nicht gegen die Maßnahme der Regierung auf diesem Gebiet polemisieren; sie mag richtig sein. Aber sie mußte abgestimmt werden. Weite Kreise der Öffentlichkeit haben schon damals bei der Vorlage der Rentengesetze darauf hingewiesen, welche Folgen sich für den Kapitalmarkt beim Pfandbriefabsatz und damit naturgemäß für den Sozialen Wohnungsbau ergeben werden, und da liegt unser Vorwurf gegen die Bundesregierung. Schon in dem Augenblick, in dem man die Rentenversicherungsgesetze vorlegte, mußte man an dieses Problem herangehen und durfte nicht warten und erst einen Monat vor Abschluß des Jahres mit einer Hilfsmaßnahme kommen, die steuerlich ungerecht ist und — wie ja auch der Staatssekretär zugegeben hat — dem Verlangen nach Steuervereinfachung geradezu ins Gesicht schlägt.
Das Wort hat der Abgeordnete Hauffe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte darauf hinweisen, daß man hier wieder einmal mit einem Teilgeplänkel versucht, demjenigen, der von Anfang an der stärkste Befürworter des Sozialen Wohnungsbaus war, sozusagen mit Erpressungsmaßnahmen dazu zu bewegen, ein Geschenk an Leute zuzugestehen, die bisher dem Sozialen Wohnungsbau nicht gerade geneigt waren.
Wenn man uns heute die Gegenfrage stellt, was wir als Hilfsmaßnahmen für den Sozialen Wohnungsbau und für die Überwindung dieser Schwierigkeiten zu bieten haben, dann kann ich Ihnen nur
das eine sagen, daß wir uns ja bereits seit Jahren über die Rangfolge der Probleme streiten, für die wir unsere Haushaltsmittel verbrauchen. Man kann heute, weil wir sagen, das ist die falsche Methode, nicht behaupten, daß wir plötzlich unsere Liebe zum Sozialen Wohnungsbau verloren hätten. Das wollen wir mit aller Deutlichkeit sagen.
Vor allen Dingen weisen wir darauf hin, daß man dadurch, daß man eine Finanzierungsmaßnahme unter der Flagge des Sozialen Wohnungsbaus in die Welt setzt und dann versucht, am Rande noch so etwas mitgehen zu lassen, wovon einige andere profitieren, den klaren Widerstand der Länderfinanzminister heraufbeschwören wird und damit das Wirksamwerden des ganzen Gesetzes vor Jahresschluß überhaupt in Frage stellt. Das hat der Herr Staatssekretär klar gesagt; wir müssen seine Äußerung dahin verstehen, daß das Gesetz so, wie es uns heute zur Annahme empfohlen wird, keine Aussicht hat, noch in diesem Jahre wirksam zu werden. Über diese Konsequenzen hätten sich die Antragsteller klar sein müssen; sie hätten uns dann die ganze Debatte ersparen können.
Der Herr Wohnungsbauminister hat gesagt: Gott sei Dank, jetzt haben wir es glücklich erreicht, daß die Preistendenzen auf dem Wohnungsbaumarkt rückläufig sind. Nun, Herr Wohnungsbauminister, wir haben am Jahresende immer solche Tendenzen, und ob die Preisentwicklung auf diesem Gebiet wirklich rückläufig ist oder nicht, werden wir erst am Jahresende auf Grund der Gesamtstatistik feststellen können, vorher nicht. Bis jetzt haben wir seit 1950 noch nie eine rückläufige Tendenz der Preise auf dem Baumarkt gehabt.
Aber jetzt zu einem wichtigen Faktor! Diese Diskussion stellt doch eines in den Blickpunkt der Öffentlichkeit: daß der Kapitalmarkt, der bisher die ersten Hypotheken des Wohnungsbaus aufgebracht hat, aus den Beiträgen der Arbeiter und Angestellten für ihre Altersversorgung refinanziert worden ist. Heute, wo endlich die Öffentlichkeit so wach geworden ist, daß die Arbeiter und Angestellten mit ihrer Forderung, ihre Beiträge für ihre Altersversorgung bereitzuhalten, Gehör finden, da kommt plötzlich das Geschrei, der ganze Kapitalmarkt sei in Unordnung, und jetzt können plötzlich die Pfandbriefe nicht mehr abgesetzt werden. Ich habe schon im Ausschuß gesagt, es sei eine Selbstverständlichkeit, daß man die Beiträge der Arbeiter und Angestellten für ihre Altersversorgung nicht dazu mißbraucht, irgendwelche andere Dinge zu finanzieren. Für uns ist es höchst interessant, daß das jetzt einmal mit aller Deutlichkeit zum Vorschein kommt. Es gibt Länder, die auf diesen mangelnden Absatz an Pfandbriefen gut reagiert haben, beispielsweise Nordrhein-Westfalen.
Herr Bundeswohnungsbauminister, Sie haben gesagt, Sie hätten mit 200 Millionen nachgezogen. Das ist sehr anerkennenswert. Sie haben uns gesagt, daß 100 Millionen aus dem Verteidigungshaushalt gekommen seien. Auch ,das ist anerkennenswert. Ich glaube jedoch, aus dem Verteidigungshaushalt könnte getrost noch etwas mehr dafür gegeben werden.
Wir mögen aber die „Hintenrum-Bindungen" nicht. Wir möchten nicht, daß diese Mittel ja doch mehr oder weniger dazu bestimmt sind, Wohnungen zu fördern, die indirekt auch wieder der Aufrüstung und nicht real der Beseitigung der Wohnungsnot zugute kommen. So etwas steckt nämlich hinter diesen Bindungen.
Dann noch etwas anderes! Wenn man diesen Weg beschreitet, Steuergeschenke von 100 Millionen zu geben, um damit denjenigen, die die Steuergeschenke kriegen, einen Anreiz zu geben, Geld für den Kapitalmarkt zur Verfügung zu stellen, dann ist dazu zu sagen, daß das eine sehr merkwürdige Methode ist, weil man nämlich den übergroßen Teil der Zeche nicht selber bezahlt. Der Herr Bundesfinanzminister bringt aus seinem Etat rund 33 Millionen davon auf, und 66 2/3 Millionen läßt er die Länder aufbringen.
Es kommt hinzu, daß auch noch die Gemeinden die aus dieser Einkommensdrosselung herrührenden Verluste bei der Gewerbesteuer zu tragen haben.
Und noch eine andere Rechnung ist aufzumachen: Wenn von den Ländern etwas Positives gemacht wird — wie im Falle der Pfandbriefkäufe von Nordrhein-Westfalen —, dann zählt das der Herr Bundeswohnungsbauminister bei seinen Maßnahmen mit auf.
Wenn den Gemeinden und den Ländern die Gelder in ihrem Etat genommen werden und sie so zu einer Etatschrumpfung verurteilt werden, macht man ihnen Vorwürfe, daß sie nicht mehr genügend für den Sozialen Wohnungsbau täten.
Das alles sind doch Methoden, die einen — auf gut deutsch gesagt --- verschnupfen, und dadurch werden alle Dinge, auf die notwendigerweise hingewiesen werden muß, verschoben.
Ja, scheinbar ist in manchen Kreisen heute erstmalig in glaubwürdiger Weise darauf aufmerksam gemacht worden, daß der Soziale Wohnungsbau notleidend geworden ist. Wie hätte man sonst gestern im Ausschuß, wo die Luftschutzfragen diskutiert worden sind, so merkwürdig fragen können, ob man von den 1,5 Milliarden, die insgesamt vom Bund mit allen Sonderprogrammen usw. für diesen Zweck zur Verfügung gestellt werden, nicht noch etwas übrig habe, um damit auch die notwendigen Luftschutzbauten zu finanzieren!
Deswegen, Herr Bundeswohnungsbauminister, bin ich Ihnen persönlich dankbar, daß Sie heute einmal ganz offen zugegeben haben, was Sie bisher zu bagatellisieren versucht haben: daß nämlich der Wohnungsbau in einer ständigen Gefahr ist. Wenn auch bisher diese Gefahr für den Sozialen Wohnungsbau immer wieder -- sei es mit dieser oder jener Maßnahme — abgewendet werden konnte, dann werden Sie uns wohl zugeben müssen, Herr Bundeswohnungsbauminister, daß das nicht zuletzt deshalb möglich war, weil wir immer rechtzeitig gerufen und gemahnt haben, und zwar auch dann, wenn Sie noch zu bagatellisieren versucht haben. Heute stimmen Sie in unseren Ruf und unsere Warnung mit ein, und das ist das Begrüßenswerte an dieser Debatte. Das ist das erste-mal, daß wir praktisch hier eine echte gemeinsame Front haben.
Aber der Vorwurf, der Ihnen, Herr Bundeswohnungsbauminister, als Kabinettsmitglied gegenüber erhoben werden muß, bleibt nichtsdestoweniger bestehen, daß Sie nicht dafür gesorgt haben, daß der Gesetzentwurf der Koalition — wenn Sie ihn haben wollen — wenigstens in einer Form vorge-
legt wurde, bei der kein Widerstand der Länderfinanzminister mehr zu erwarten ist. Der Herr Staatssekretär im Finanzministerium hat uns klar zu verstehen gegeben, daß die Verwirklichung eines Beschlusses auf der Grundlage der heutigen Vorlagen aussichtslos ist. Mit diesen Vorlagen kann Ihnen Ihr Wunsch nicht erfüllt werden.
Außerdem sind Sie uns hierbei noch die Antwort auf eine andere Frage schuldig geblieben. Wenn nämlich diese 100 Millionen 200 oder 400 Millionen Kapitalmarktmittel bringen sollen, dann müssen Sie uns noch sagen, Herr Bundeswohnungsbauminister, wieviel von diesen 200 oder 400 Millionen dem echten Wohnungsbau zugute kommen sollen und wieviel von den sonstigen Nutznießern, die da vorher mitlaufen wollen, vorher abgesahnt wird und gar nicht den Effekt erzielt, den Sie beabsichtigen. Die Endzahl, die Sie uns hier präsentiert haben — das möchte ich feststellen — ist auf jeden Fall falsch. Ich glaube, mehr ist nicht zu sagen. Wir sehen ganz klar und deutlich, wohin der Weg geht. Der Weg dieser Wohnungsbaupolitik geht mehr und mehr in einer Richtung: nämlich weniger Wohnungen für die Menschen mit geringem Einkommen. Die Menschen mit geringem Einkommen, die die Wohnungen mit einer tragbaren Belastung brauchen, bekommen nachher die Belastungen serviert. Was heute zusätzlich an den Wohnungsbau kommt, verlagert sich von den wirklich sozial Bedürftigen hinweg auf diejenigen, die mit gutem Einkommen bestückt sind. Das stellt eines Tages für den Wohnungsbau in Frage, ob er noch das Prädikat „Sozialer Wohnungsbau" tragen darf. Das ist eine Entwicklungstendenz, die sehr gefährlich ist. Ich hoffe, Herr Bundeswohnungsbauminister, nachdem wir heute mit der Warnung einmal einen gemeinsamen Weg beschritten haben, daß wir uns auch in Zukunft noch auf einem anderen gemeinsamen Wege finden werden.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Brökelschen.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich hätte mich nicht zum Wort gemeldet, wenn sich die Diskussion heute morgen auf den Punkt der Tagesordnung beschränkt hätte, um den es wirklich geht. Aber nachdem die Kollegen der SPD, vor allen Dingen Herr Jacobi
— Herr Königswarter, auf Sie komme ich auch noch —, eine allgemeine Wohnungsbaudebatte eingeleitet haben, fühle ich mich verpflichtet, nicht eine Rede zu halten, aber im Namen der CDU einige Richtigstellungen zu treffen.
Meine lieben Kollegen von der SPD, wir sind bis jetzt immer froh und stolz darauf gewesen, daß der Wohnungsbau eine gemeinsame Angelegenheit von uns allen gewesen ist. Ich habe die größte Sorge — nehmen Sie mir das bitte ab —, daß ungefähr zehn Monate vor einem bestimmten Ergebnis neben anderen Bekenntnissen zur Gemeinsamkeit auch dieses noch kaputtgemacht wird.
Ich fühle mich verpflichtet, an die Gesamtverantwortung des Bundestags zu appellieren, daß wir
in den zehn Monaten, die vor uns stehen, nicht
Wahlen sehen, sondern unsere Verantwortung hier im Parlament.
Lassen Sie mich weiter sagen, warum ich das in allem Ernst ausspreche, meine Herren von der Opposition!
Herr Königswarter, Sie haben davon gesprochen, daß wir die Wohnungsbaupolitik ruiniert haben; ich habe mir das hier notiert. Ich stelle hier heute fest, daß wir bis jetzt 3,5 Millionen Wohnungen gebaut haben, und ich möchte fragen, ob das eine Ruinierung des Wohnungsbaues ist.
Weiter ist von Herrn Kollegen Jacobi das Wort von der Bankrotterklärung des Wohnungsbaues gefallen. Meine lieben Kollegen von der SPD, wir haben gemeinsam hier das Zweite Wohnungsbaugesetz verabschiedet; das möchte ich noch einmal in aller Öffentlichkeit feststellen. Wir sind deswegen gemeinsam verpflichtet, für die Durchführung dieses von uns beschlossenen Gesetzes zu sorgen.
Meine Kollegen von der SPD, Sie sind sonst immer sehr bereit, mit Initiativanträgen zu kommen. Wenn Sie hier sahen, daß ein Bankrott vor Ihnen stand, dann nehme ich Ihnen die Verantwortung nicht ab, daß Sie in diesem Falle initiativ werden mußten, konstruktive Opposition treiben und einen Vorschlag bringen mußten, der brauchbarer war als der, den Sie heute hier bekämpfen.
Frau Abgeordnete Dr. Brökelschen, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Heise?
Bitte, gern!
Frau Kollegin Brökelschen, hatten Sie überhört, daß der Bundeswohnungsbauminister uns heute hier zum erstenmal gesagt hat, auf dem Kapitalmarkt bestehe ein Defizit von 1,2 Milliarden DM und er wisse nicht, wie 200 000 Wohnungen finanziert werden sollten, die 1957 mit im Programm stünden?
Frau Kollegin Heise, das habe ich sehr wohl gehört. Aber wenn Sie der Meinung waren, daß der Bundeswohnungsbauminister immer zu optimistisch gewesen sei, dann wäre es um so mehr Ihre Pflicht gewesen, hier initiativ zu werden und Vorschläge zu machen, wie man den Schwierigkeiten im Wohnungsbau abhelfen könne.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun ein Letztes sagen. Wir sind es gewöhnt, wenn im Bundestag Wohnungsbaudebatten kommen, daß dann irgendwie das Wort vom „Doktrinär Lücke" fällt. Ich möchte hier doch im Namen meiner Fraktion erklären, daß das Anliegen, das wir im Zweiten Wohnungsbaugesetz verwirklicht haben, kein Anliegen eines Doktrinärs ist, sondern das Anliegen einer Partei, die sich sorgt um eine Wieder-
festigung des Eigentumsbegriffs bei den breiten Massen unserer Bevölkerung.
Wir sind allerdings nicht bereit, Herr Jacobi — und ich glaube, darin unterscheiden wir uns —, dieses Grundanliegen preiszugeben, weil augenblicklich Schwierigkeiten auf dem Kapitalmarkt bestehen, sondern wir sind der Meinung, daß wir uns bemühen sollten, dieser Schwierigkeiten Herr zu werden, nicht aber in Pessimismus zu machen und von Bankrotterklärungen zu reden. Ich streite Ihnen gar nicht die Berechtigung ab: Es ist selbstverständlich, daß Sie sagen können: der Gesetzentwurf ist schlecht, und daß Sie sich dagegen wehren, daß er s o verwirklicht wird. Das ist Ihr selbstverständliches Recht. Aber daß Sie diese Gelegenheit dazu benutzen, meine Herren von der Opposition, eine allgemeine Wohnungsbaudebatte herbeizuführen, dagegen wehre ich mich.
— Entschuldigen Sie, Herr Hauffe, der Herr Minister hat sie nicht eröffnet, sondern der Herr Minister hat nur den Versuch gemacht, Ihnen die Schwierigkeit klarzumachen, in der er und, ich sage, darüber hinaus auch wir alle uns befinden.
Aber ich kann es einfach nicht verstehen — und das ist das, was ich zum Schluß sagen möchte —, daß Sie, nachdem Sie heute morgen die Kohlendebatte für so dringlich erklärten, hier eine allgemeine Wohnungsbaudebatte heraufbeschwören und wir um 12 Uhr noch nicht bei der Kohlendebatte sind.
Das Wort hat der Abgeordnete Jacobi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte der Frau Kollegin D r. Brökelschen sofort erwidern und folgende Feststellungen treffen. Ich muß die Unterstellung, unsere kritischen Bemerkungen seien mit einem Blick auf die Wahlen des nächsten Jahres gemacht worden, zurückweisen.
Ich muß des weiteren die Behauptung zurückweisen, daß wir willkürlich eine Wohnungsbaudebatte begonnen hätten. Der Herr Bundeswohnungsbauminister hat auf die Schwierigkeiten des Wohnungsbaus hingewiesen und hat den größten Teil seiner Ausführungen — das ist angesichts seiner Ressortpflichten auch verständlich — darauf verwandt, die Krise im Sozialen Wohnungsbau nicht als Gespenst an die Wand zu malen, sondern als bereits eingetreten Ihnen vor Augen zu halten.
Diese Krise, die hier behoben werden soll — nach unserer Auffassung mit unzulänglichen und ungeeigneten Mitteln —,
haben wir Ihnen schon von Monat zu Monat vorgehalten als ein Ereignis, das wir nicht nur kommen sahen, sondern das bereits, und nicht erst seit heute, eingetreten ist.
— Herr Kollege Lücke, Sie kommen immer wieder mit der geradezu naiven Frage „Wo sind Ihre Vorschläge?"! Es ist die Aufgabe der Opposition, heute zu einem Gesetzentwurf aus Ihren Reihen Stellung zu nehmen,
und diesen Gesetzentwurf haben wir als ungeeignet bezeichnet.
Die Frau Kollegin Dr. Brökelschen hat sich des weiteren dagegen verwahrt, daß der Ausdruck gefallen ist „Bankrott des Sozialen Wohnungsbaus", und hat gemeint, man sei nicht berechtigt, eine solche Feststellung zu treffen.
Sie hat das mit dem Hinweis darauf begründet, daß in den letzten Jahren und bis heute Millionen von Wohnungen gebaut worden seien. Frau Kollegin Dr. Brökelschen, ob eine Entwicklung schließlich doch ruinös geworden ist, das kann man erst in einem gewissen Endstadium feststellen. Das haben wir heute! Durch die klare Aussage des Ministers ist jetzt erwiesen, daß die Finanzierung für Hunderttausende von Wohnungen nicht gesichert ist, die, unter der Voraussetzung einer normalen Entwicklung, im nächsten Jahr für den Sozialen Wohnungsbau vorgesehen waren. Wenn die Opposition aus dieser Tatsache nicht das Recht soll herleiten können, von einem Scheitern der Bemühungen der Regierung und von einem Versagen der Mehrheit dieses Hauses in einer Situation zu sprechen, die negativ zu beurteilen ist, dann frage ich Sie: Was ist denn nach Ihrer Meinung überhaupt noch das Recht der Opposition? Sollen wir bravo sagen zu einer solchen Entwicklung? Wir nageln Sie fest, und wir stellen in aller Öffentlichkeit noch einmal fest — und diese Feststellung ist berechtigt —, daß Ihre Wohnungsbaupolitik aus vielerlei Gründen gescheitert ist.
Frau Kollegin Dr. Brökelschen hat geglaubt, in diesem Zusammenhang noch einmal und mit Nachdruck darauf hinweisen zu müssen, daß das Anliegen ihrer Freunde, das Anliegen der CDU/CSU insbesondere sei, dafür zu sorgen, daß in Verbindung mit dem Wohnungsbau Eigentum für die breiten Schichten der Bevölkerung geschaffen wird. Verzeihen Sie, meine Damen und Herren, wir haben wiederholt den allerdings offenbar vergeblichen Versuch gemacht, Ihnen zu sagen, daß das auch unser Anliegen ist, daß wir aber auf Grund der gegenwärtigen Entwicklung noch mehr als vorher besorgt sind, daß dieses Ziel nicht erreicht werden kann.
Die Bemerkung „doktrinär", die ich vorhin gemacht habe, sollte nur ein erneuter Hinweis darauf sein, daß es nicht nur darauf ankommt, ein Prinzip aufzustellen und unter allen Umständen daran festzuhalten, sondern daß es notwendig ist,
die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß dieses Prinzip realisiert werden kann.
Zu diesen Voraussetzungen gehört, daß Sie bessere Gesetze vorlegen als das, von dem Sie uns heute überzeugen zu können glauben, es sei ein geeignetes Mittel, der Schwierigkeiten Herr zu werden.
Wir sind nach wie vor bereit, meine Damen und Herren, mit Ihnen bei der Fortführung eines wirklich sozialen Wohnungsbaus zusammenzuarbeiten. Aber wir müssen auch darauf aufmerksam machen, daß Sie eine ganze Reihe unserer Vorschläge, angefangen bei unserem eigenen Gesetzentwurf, endend bei einer ganzen Reihe von Anträgen, die wir Ihnen in der Ausschußarbeit und im Plenum vorgelegt haben, immer wieder durch ein glattes Nein abgelehnt haben.
Die Verantwortung, die Sie tragen, wird vermehrt durch das Gewicht dieser Tatsache, die ich festhalte. Wir sagen wirklich nicht frohlockend, daß wir bedrückt sind über die Situation. Aber wir sind besorgt, wenn Sie nicht begreifen, daß Sie auf dem falschen Wege sind. Am Ende muß doch festgehalten werden, daß Sie erreicht haben, was Sie sicherlich nicht wollten: weniger Wohnungen und höhere Mieten.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gülich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Brökelschen, was sollen uns solche Deklamationen, solcher Appell an guten Willen und Einsicht?
Es handelt sich hier um eine Novelle zum Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz
und um nichts anderes.
Herr Abgeordneter Gülich, gestatten Sie eine Frage?
Dr. Gülich: Ja.
Frau Abgeordnete Dr. Brökelschen!
Darf ich eine Zwischenfrage stellen, Herr Professor Gülich. Ist Ihnen vollkommen entgangen, daß meine Ausführungen nur eine Antwort waren auf das, was Ihr Kollege Jacobi ausgeführt hat, daß ich also nicht den Beginn dieser ganzen Debatte für mich zu buchen habe?
Mir ist, Frau Kollegin Brökelschen, von der ganzen Debatte nichts entgangen. Ich wollte jetzt nur darauf hinweisen und feststellen, daß es sich um ein Steuergesetz handelt, welches die Förderung des sozialen Wohnungsbaus zum Zweck haben soll. Deswegen ist hier eine Wohnungsbaudebatte entfacht worden. In dieser Wohnungsbaudebatte haben, nachdem der Herr Bundesminister für Wohnungsbau über Wohnungsbaupolitik gesprochen hat, zwei meiner Freunde aus der Fraktion gesprochen, und aus guten Gründen haben sie Kritik geübt. Ich wollte jetzt lediglich darauf hinweisen, daß uns in einer solchen Sache Deklamationen nichts nützen, sondern daß wir uns darauf besinnen müssen, daß es sich um eine Novelle zum Einkommensteuergesetz handelt.
Diese Novelle zum Einkommensteuergesetz ist sachlich unzulänglich. Sie wird erstens den Wohnungsbau nicht in der gewünschten Weise fördern, und sie ist zweitens ungerecht, weil sie nur den Beziehern größter Einkommen ermöglicht, von den Möglichkeiten dieses Gesetzes Gebrauch zu machen, und damit gegen den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz verstößt.
Herr Staatssekretär Hartmann hat gesagt, das sei nicht der Fall. Natürlich, formal ist das nicht der Fall. Ich wurde an Anatole France erinnert, der sagt, daß das Gesetz in seiner Erhabenheit den Reichen wie den Armen verbietet, auf den Straßen zu betteln und unter Brücken zu schlafen. Das ist dieselbe Situation. Dieses Gesetz gestattet allen Leuten, unter den in ihm festgelegten Voraussetzungen Steuerersparnisse zu machen, die in den Sozialen Wohnungsbau fließen können. Möglich ist das aber nur Einkommensteuerpflichtigen, die mindestens 50 000 DM Einkommen haben, praktisch auch denen nicht uneingeschränkt. Viele von denen werden Kredite aufnehmen, um die Möglichkeiten dieses Gesetzes ausnutzen zu können. Es ist ein schlechtes Gesetz; es ist kein Steuergesetz, es ist ein übles Machwerk.
Das Wort hat der Bundesminister für Wohnungsbau.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will jetzt nur zwei Worte herausgreifen, die Schlußbemerkung des Kollegen Jacobi: „Weniger Wohnungen und höhere Mieten" und die Schlußbemerkung von Herrn Kollegen Professor Gülich: „Es ist kein Gesetz, sondern ein übles Machwerk." Diese beiden Bemerkungen zeigen zur Genüge, wie weit wir uns von einer sachlichen Diskussion entfernt haben.
Ich stelle folgendes fest: Dieses Gesetz, das selbstverständlich eine Begünstigung des Sparens für diejenigen enthält, die sparen können, und das Geld, welches da gespart wird, dem Sozialen Wohnungsbau zuführen will, mag unzulänglich sein. Aber es ist nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten, die der Haushalt geboten hat,
die die Vorfinanzierung aus Kassenmitteln geboten
hat, die Maßnahme, die dafür Sorge tragen wird,
daß die entscheidenden Lücken eines Gesamt-
finanzierungswerks für den Sozialen Wohnungsbau geschlossen werden können und daß es eben nicht „weniger Wohnungen und höhere Mieten" gibt. Denn das darf ich doch wohl mit aller Deutlichkeit aussprechen: wenn wir uns hier darum mühen, zusätzliche erststellige Hypotheken durch Anreize steuerlicher Art für den Sozialen Wohnungsbau herbeizuzwingen, dann geschieht das doch nur im Interesse derjenigen, die sich anderweitig nicht helfen können.
Diejenigen, die noch irgend etwas hinter sich haben, und sei es sogar der Bausparvertrag mit der Vollfinanzierungsklausel, diejenigen, die irgendwie aus ihrem Verwandtenkreise private Darlehen oder sonstwoher etwas aufnehmen können — ja, die brauchen das Gesetz nicht.
D i e Lücken werden auch anderweitig geschlossen. Ich darf darauf hinweisen, daß beispielsweise von den Prämiensparern des Bausparens — das sind nicht gerade reiche Leute, sondern sie fallen in der Regel noch unter den Sozialen Wohnungsbau — über 30 % gar keine ersten Hypotheken in Anspruch nehmen müssen. Hier geht es darum, die ersten Hypotheken für diejenigen Kreise des Sozialen Wohnungsbaus herbeizuschaffen, die sich nirgendwo anders helfen können, damit sie — möchte ich auch mit Anatole France sagen, Herr Kollege Gülich — nicht mehr unter Brücken schlafen müssen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Will.
Meine Damen und Herren! Die Debatte hat einen Verlauf genommen, der es beinahe unmöglich macht, vom Standpunkt des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen nicht auch kurz das Wort zu ergreifen. Ich glaube, wir alle bedauern, daß die Diskussion eine solche Schärfe angenommen hat, die nicht dem entspricht, was ursprünglich in dem Gesetz liegt. Es ist auch gar nicht neu, jedenfalls für uns, die wir mit diesen Dingen zu tun haben, daß wir einen erheblichen Fehlbetrag auf dem Gebiet der Beschaffung der ersten Hypotheken haben. Daß 1,2 Milliarden DM fehlen, höre ich in dieser Form zum erstenmal; aber daß eine Milliarde fehlt, hat uns schon die gemeinnützige Wohnungswirtschaft nicht nur einmal mitgeteilt. Die Entwicklung ist natürlich nicht vorherzusehen gewesen. Sie hat eben den bedauerlichen Grund, daß der Pfandbriefabsatz als Voraussetzung für die Hypothekengewährung, soweit die Institute nicht groß genug sind, direkt Hypotheken zu gewähren, ganz überwiegend — das ist heute auch gesagt worden — an die öffentliche Hand erfolgt ist. Nur ein ganz geringer Prozentsatz von Pfandbriefen landet wirklich bei dem Privaten, und die Pakete, auf denen die Hypothekenbanken sitzen, sind so außerordentlich groß, weil die Kurse nicht echt sind. Wenn man diese Kurse nicht manipuliert hätte, bestünde eine ganz andere Situation.
Es liegt nicht nur an dem Bedarf, den wir jetzt beim Sozialen Wohnungsbau haben, der nur noch zur Hälfte öffentlich gefördert ist; die andere Hälfte wird in anderer Weise gedeckt. Es fehlen uns vielmehr noch annähernd 750 Millionen DM für den Altwohnungsbau, der einmal modernisiert werden soll. Ich glaube, Herr Bundeswohnungsbauminister, Sie werden sich auch damit einmal beschäftigen müssen. Diese Aufgabe wird gar nicht leicht für Sie sein; die Dinge kommen in naher Zukunft auf Sie zu.
Ich möchte also glauben, daß der Weg, der hier vorgeschlagen ist, keinesfalls ausreichend sein kann, und wir werden uns noch andere Methoden einfallen lassen müssen, die auf die Dauer gesehen zu einem gewissen Erfolg führen. Wir sind doch der Meinung — und das ist immer auch Ihre Auffassung gewesen, Herr Wohnungsbauminister —, daß der Soziale Wohnungsbau in absehbarer Zeit, in vier oder fünf Jahren, bis zum Jahre 1961 so weit gefördert sein soll, daß wir dann sagen können: Es ist nun im wesentlichen erreicht, was wir uns zehn Jahre lang mit Energie zu erreichen bemüht haben. Aber das setzt natürlich voraus, daß bis dahin auch die Finanzierung auf lange Frist erfolgen kann.
Die Art, die heute von Ihnen für die nächsten vier, fünf Monate vorgeschlagen wird, ist — ich will mich vorsichtig ausdrücken — etwas gefährlich. Ich möchte sagen, es ist keine gute Art der Finanzierung; denn wir leben doch nun einmal in einer Demokratie und nicht in einer Plutokratie.
Ich glaube, das kommt in der Bevölkerung draußen nicht gut an, wenn, was der Herr Staatssekretär für Finanzen hier auch bestätigt hat, Mittel mit einem solchen Steuervorteil von 25 % hereingeholt werden sollen. Man kann nicht etwa sagen, daß diese Leute mit den 30- oder 50 000 DM nun deshalb zahlen und die Mittel aufbringen, damit die anderen nicht unter Brücken schlafen müssen, sondern sie tun es, weil sie 25 % Steuergeschenk haben wollen.
Sie gucken natürlich nach dem Steuervorteil. Man darf diese Dinge und auch den absolut guten Willen nicht verkennen, und — das werden Sie mir zugeben müssen — es ist in der Tat bei dieser Art der Finanzierung ein gewisses Mißvergnügen nicht zu übersehen. Wir sollten uns doch sehr überlegen, ob es nicht bei einem Etat von nahezu 34 Milliarden DM und in einem Augenblick, wo feststeht, daß auch zum 1. April die Einberufungen noch in dem vorgesehenen Umfang durchgeführt werden können, möglich ist, auch noch diesen Fehlbetrag dem Herrn Bundesfinanzminister aus seinem Geldbeutel zu ziehen. Das ist nicht ganz leicht, aber ich möchte glauben, Herr Bundeswohnungsbauminister, daß die heutige Debatte gegenüber dem Bundesfinanzminister Ihren Rücken stärkt. Das soll sie nämlich gerade. Sie soll klarmachen, daß wir diese Methode nicht schätzen und lieber einen anderen Weg gehen, selbst wenn noch einmal ein Appell an die Geldbörse des Herrn Bundesfinanzministers nötig ist. Das ist der Vorschlag, den ich dazu machen möchte.
Meine Damen und Herren, die Rednerliste ist erschöpft. Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir stehen bei § 1, und zwar liegt vor der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FVP und DP auf Umdruck 801 *), der gültig ist in der Berichtigung, die der Umdruck 843 bringt. Hierzu liegt vor der Änderungsantrag der Abgeordneten Schmücker, Stücklen und Genossen auf Umdruck 845**), der den Antrag Umdruck 801 (neu) ändern will. Es handelt sich also um einen Änderungsantrag zum Änderungsantrag, so daß ich über den Änderungsantrag der Abgeordneten Schmücker, Stücklen und Genossen auf Umdruck 845 zuerst abstimmen lasse Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen nunmehr ab über den Antrag Umdruck 801 Ziffer 1 in der Fassung des Umdrucks 843, der den § 1 betrifft. Wer diesem Änderungsantrag Umdruck 801 (neu) Ziffer 1 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich rufe auf § 2 und dazu den Antrag Umdruck 801 Ziffer 2. Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich abstimmen.
— Zur Abstimmung Herr Dr. Miessner!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Rücksicht auf die 71 Abgeordneten, die ich vorhin verlesen habe, möchte ich doch namentliche Abstimmung beantragen.
Herr Abgeordneter Dr. Miessner, Sie beantragen namentliche Abstimmung über den Antrag Umdruck 801 Ziffer 2?
Meine Damen und Herren, ich darf noch ein formelles Versäumnis nachholen. Es ist in diesem Wust von Anträgen etwas schwierig. Nachdem ich über den Antrag Umdruck 801 Ziffer 1 habe abstimmen lassen, ist es noch formell notwendig, über den § 1 der Vorlage mit der nun beschlossenen Änderung im ganzen abstimmen zu lassen, Ich darf das nachholen.
— Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht mir natürlich darum, über die Sache die namentliche Abstimmung zu beantragen. Ich ziehe daher den Antrag auf namentliche Abstimmung über den Antrag Umdruck 801 Ziffer 2 zurück und bitte, jetzt über den § 1 namentlich abstimmen zu lassen.
Diese Frage stellt der Präsident! — Nunmehr ist also namentliche Abstimmung zur Gesamtabstimmung über den § 1 mit der soeben beschlossenen Änderung gefordert. Wer unterstützt den Antrag auf namentliche Abstim-
*) Siehe Anlage 10 zur 172. Sitzung. **) Siehe Anlage 3.
mung? — Das sind mehr als 50 anwesende Mitglieder des Hauses. Damit kommen wir zur namentlichen Abstimmung über den § 1 mit der nunmehr beschlossenen Änderung. Ich bitte die Schriftführer, mit den Urnen die Stimmkarten einzusammeln.
Wenn noch Damen und Herren im Saal sind, die ihre Stimmen noch nicht abgegeben haben, dann bitte ich das jetzt zu tun.
Sind noch Damen und Herren im Saal, die ihre Stimmen noch nicht abgegeben haben? — Dann schließe ich die namentliche Abstimmung.
Meine Damen und Herren, ich kann das vorläufige Ergebnis *) der namentlichen Abstimmung über § 1 bekanntgeben. Es wurden 358 Stimmen stimmberechtigter Abgeordneter abgegeben. Mit Ja haben 205, mit Nein 152 Abgeordnete gestimmt; enthalten hat sich einer. Von 14 Berliner Abgeordneten haben mit Ja 5, mit Nein 9 gestimmt; enthalten hat sich niemand. § 1 ist damit angenommen.
Ich komme nunmehr zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 801 Ziffer 2. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über § 2 mit der nunmehr beschlossenen Änderung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; § 2 ist angenommen.
Wir kommen nunmehr zu dem Antrag Umdruck 801 Ziffer 3, der mit dem Antrag Umdruck 844 **) des Abgeordneten Dr. Miessner gleichlautend ist. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den Änderungsanträgen, die übereinstimmen, zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen?
— Mit großer Mehrheit angenommen.
Wer nun dem § 3 in der soeben geänderten Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Enthaltungen? — Mit großer Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf § 4, Einleitung und Überschrift. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem § 4, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Mit Mehrheit beschlossen.
Damit sind wir am Ende der zweiten Beratung. Wird die dritte Beratung heute noch gewünscht?
— Zur Geschäftsordnung der Herr Abgeordnete Dr. Arndt!
Der dritten Beratung wird widersprochen!
*) Vgl. das endgültige Ergebnis S. 9587. **) Siehe Anlage 2.
Sie widersprechen namens der Fraktion der SPD. Das sind mehr als 10 Abgeordnete. Dann ist die dritte Beratung heute nicht durchzuführen.
Meine Damen und Herren, gemäß dem vorhin gefaßten Beschluß kommen wir nunmehr zu dem
Mündlichen Bericht des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes zu dem Gesetz über die Beschränkung von Grundeigentum für die militärische Verteidigung (Schutzbereichgesetz) (Drucksachen 2863, 2785, 2510, zu 2510, 1664).
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Dr. Greve, ist verhindert. Der Vertreter, Herr Abgeordneter Seidl, ist bereit, auf Berichterstattung zu verzichten und den Bericht schriftlich*) zum Protokoll des Hauses zu geben. — Das Haus ist damit einverstanden. Das Wort zur Abgabe von Erklärungen wird nicht gewünscht.
Wir kommen damit zur Abstimmung über den Ausschußantrag Drucksache 2863. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. --- Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; der Ausschußantrag ist angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich gebe nunmehr das Wort zur Geschäftsordnung dem Herrn Abgeordneten Rasner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach einer interfraktionellen Verständigung beantrage ich, die heutige Tagesordnung wie folgt abzuändern: 1. die Kohlendebatte abzusetzen, 2. jetzt in der Erledigung der gestrigen Tagesordnung mit der Maßgabe fortzufahren, daß zunächst alle die Punkte behandelt werden, hei denen gemäß Vereinbarung im Ältestenrat auf Begründung und Aussprache verzichtet wird, 3. daran anschließend das Offshore-Abkommen und daran anschließend das Gesetz über die Industrie- und Handelskammern in dritter Lesung zu beraten, das ganze mit der Maßgabe, daß das Plenum um 14 Uhr pünktlich schließt.
Wird sonst das Wort zur Geschäftsordnung gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Die Anträge des Herrn Abgeordneten Rasner sind Ihnen bekannt. Erhebt sich Widerspruch? -- Das ist nicht der Fall. Dann ist ihnen gemäß beschlossen. Damit ist die Kohlendebatte abgesetzt, und wir kommen nunmehr zuerst zur Tagesordnung der gestrigen, der 172. Sitzung.
Ich muß bei den einzelnen Punkten feststellen, wieweit sie von dem Antrag betroffen sind. Der Punkt 2 betreffend Verunreinigung der Luft durch Industriebetriebe ist davon nicht betroffen, denn hierzu ist eine Debatte notwendig. Das OffshoreAbkommen ist zurückgestellt.
Aber ich kann Punkt 4 aufrufen:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Protokoll vom 15, Juni 1955 zur Berichtigung des französischen Wortlauts des Allgemeinen Zoll- und
Handelsabkommens ; Schriftlicher Bericht**) des Ausschusses für Außenhandelsfragen (23. Ausschuß) (Drucksache 2739).
*) Siehe Anlage 4. **) Siehe Anlage 5.
Berichterstatter: Abgeordneter Albrecht .
Besteht Einverständnis, daß dieser Punkt behandelt wird?
Ich rufe auf in der zweiten Lesung Art. 1, — Art. 2, -- Art. 3, — die Einleitung und die Überschrift. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Soweit ich sehe, keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 5 auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Sechsten Protokoll vom 23. Mai 1956 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen ;
Schriftlicher Bericht*) des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 2744).
Berichterstatter: Abgeordneter Diekmann.
Wir stehen in der zweiten Beratung. Ich rufe auf die Artikel 1, 2, -- 3, — die Einleitung und die Überschrift. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ohne Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine. Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.
Ich komme zu Punkt 6 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik des grenzüberschreitenden Warenverkehrs (Drucksache 2658);
Schriftlicher Bericht**) des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Drucksache 2741 [neu]).
*) Siehe Anlage 6. **) Siehe Anlage 7.
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Oesterle.
Wir stehen in der zweiten Beratung. Ich rufe auf die §§ 1 bis 16, die Einleitung und die Überschrift. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? —Keine Enthaltungen; einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 7 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Neunten Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksachen 2743, 2619).
Berichterstatter: Abgeordneter Wehr.
Ein Schriftlicher Bericht*) liegt vor; es braucht nicht mündlich berichtet zu werden.
Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 8:
Beratung des Schriftlichen Berichts**) des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Zehnten Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksachen 2740, 2656).
Berichterstatter: Abgeordneter Brand .
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Ausschußantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich komme zu Punkt 9:
Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Ersatz von Katastrophenschäden .
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Überweisung an den Haushaltsausschuß vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 10:
Erste Beratung des von den Fraktionen der
CDU/CSU, DP, FVP eingebrachten Entwurfs
*) Siehe Anlage 8
**) Siehe Anlage 9.
eines Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes und des Feststellungsgesetzes .
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für den Lastenausgleich vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 11:
Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Steueranpassungsgesetzes .
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich komme zu Punkt 12:
Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Einkommen- und Körperschaftsteuer in Berlin .
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen — federführend — und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 13 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Deutschen Bundestages zur Veräußerung der reichseigenen Grundstücke in Berlin, Stauffenbergstr. 27, 28, 29 und Hitzigallee 24, an die Berliner Kraft-und Licht- (Bewag) AG in Berlin, Stauffenbergstr. 26, im Wege des Tausches (Drucksache 2725).
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Haushaltsausschuß vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich komme zu Punkt 14 der Tagesordnung:
Beratung der Zwölften Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl .
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 15:
Beratung des Schriftlichen Berichts*) des Ausschusses für den Lastenausgleich über den Antrag der Abgeordneten Dr. Graf (München), Wieninger, Dr. Hesberg, Geiger (München) und Genossen betreffend Maßnahmen zur Förderung und Festigung von kriegssachgeschädigten Unternehmen (Drucksachen 2745, 2095).
*) Siehe Anlage 10.
Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Antrag des Ausschusses unter den Buchstaben a und b zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei Enthaltungen ohne Gegenstimmen angenommen.
Ich komme zu Punkt 16:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Vereinbarung vom 12. November 1953 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik über Patente für gewerbliche Erfindungen ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht
(Drucksachen 2805, zu 2805).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Schranz. Ich schlage Ihnen Verzicht auf mündliche Berichterstattung vor. — Das Haus ist damit einverstanden. Ein Schriftlicher Bericht**) wird eingereicht.
Wir kommen damit in zweiter Beratung zu den Artikeln 1, — 2, — 3, — Einleitung und Überschrift. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen; einstimmig angenommen.
Punkt 17 ist strittig, wird also bis zur nächsten Sitzung zurückgestellt.
Ich rufe auf Punkt 18:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht über den Antrag der Fraktion der FDP betreffend Einheitliche Prozeßordnung (Drucksachen 2795, 2435).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Bauer . Wird auf Berichterstattung verzichtet?
— Sie wünschen eine Berichterstattung?
— Ist der Punkt strittig?
— Also es wird nicht auf den Mündlichen Bericht verzichtet, so daß wir vor der Frage stehen, ob wir jetzt den Mündlichen Bericht entgegennehmen und dann abstimmen oder die Angelegenheit bis zur nächsten Sitzung zurückstellen.
Siehe Anlage 11.
— Die Stimmung scheint mir für die Zurückstellung bis zur nächsten Sitzung zu sein. — Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Dr. Arndt, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich würde vorschlagen, die Punkte 18 und 19 zurückzustellen. Sie sind zwar unstreitig, bedürfen aber doch eines mündlichen Berichts, der in das Protokoll kommen muß. Es geht nicht ohne den Bericht. Das können wir aber später machen; es eilt nicht.
Dann würde ich aber bitten, als einen unstreitigen Punkt nachher den Punkt 26 zu behandeln. Dazu wird von uns aus in der dritten Lesung nur eine kurze Erklärung abgegeben.
Meine Damen und Herren, damit sind die Punkte 18 und 19 für heute abgesetzt. Wir kommen zu Punkt 20:
Beratung des Antrags der Fraktion der DP betreffend Betriebliche Altersfürsorge .
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik als federführenden und an den Haushaltsausschuß als mitberatenden Ausschuß vor. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die deutsch-schweizerische Vereinbarung vom 3. Oktober 1955 über die Änderung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 24. Oktober 1950 über Sozialversicherung ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (Drucksache 2806). Berichterstatter: Abgeordneter Mayer (Hagen).
Wird auf den Mündlichen Bericht verzichtet? — Das ist der Fall. Dann rufe ich in zweiter Beratung die Artikel 1, — 2, — 3, — Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Punkt 22 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der
Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zu dem Übereinkommen
Nr. 87 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 9. Juli 1948 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes ;
Schriftlicher Bericht*) des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 2792).
Ich rufe in zweiter Beratung die Artikel 1, — 2, — 3, — Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 23 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Beschaffung von Arbeitskräften in der Bundesrepublik (Drucksachen 2728, 1749).
Berichterstatter: Abgeordneter Hufnagel.
Ein Schriftlicher Bericht**) liegt vor, so daß ich dazu das Wort nicht erteilen muß. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. --- Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich komme nunmehr zu Punkt 24 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Bericht des Ausschusses für Arbeit über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Sonderzulagen für Arbeitslose (Drucksachen 2729, 1799).
Berichterstatter: Abgeordneter Becker .
Ich nehme an, daß auf den Mündlichen Bericht verzichtet wird. — Es ist so. Wer dem Ausschußantrag, den Antrag auf Drucksache 1799 für erledigt zu erklären, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich komme zu Punkt 25 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Haftpflicht des Bundes für Personen- und Sachschäden, die von der Bundeswehr verursacht werden (Drucksache 2800).
Hier ist Debatte beantragt. Ich setze diesen Punkt also ab.
*) Siehe Anlage 12. **) Siehe Anlage 13.
Dagegen ist beim folgenden Punkt — 26 — keine Debatte gewünscht:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Jaeger, Dr. Kleindinst, Berendsen, Dr. Kliesing, Dr. Krone und Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes ;
Schriftlicher Bericht*) des Ausschusses für Verteidigung (Drucksachen 2854, zu 2854).
Der Bericht des Abgeordneten von Manteuffel liegt schriftlich vor. Damit komme ich unmittelbar zur Beratung. Ich rufe in zweiter Lesung § 1, — § 1 a, — § 2, — Einleitung und Überschrift auf. — Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit: es ist so beschlossen.
Ich komme zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort zu einer kurzen Erklärung hat der Abgeordnete Merten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion gibt zum vorliegenden Gesetz zur Änderung des Soldatengesetzes und des Gesetzes zur Angleichung der Dienstbezüge von Vollzugsbeamten des Bundesgrenzschutzes an die Besoldung der Freiwilligen der Streitkräfte folgende Erklärung ab.
Die sozialdemokratische Fraktion hat sich, nachdem die Mehrheit des Hauses gegen ihren Willen die Aufstellung der Bundeswehr beschlossen hat, immer dafür eingesetzt, daß für den einzelnen Soldaten eine ausreichende Besoldung und geregelte Versorgung sichergestellt wird. Sie hat nur mit starken Vorbehalten die Regelung hinnehmen können, daß diese wichtige Frage Rechtsverordnungen der Bundesregierung überlassen bleibt, und alles getan, um den Inhalt dieser Rechtsverordnungen im Hinblick auf eine ausreichende und gerechte Besoldung zu beeinflussen. Insbesondere hat sie sich dabei für eine Besserstellung der Unteroffiziersdienstgrade und gerechte Anrechnung der Vordienstzeiten eingesetzt.
Das vorliegende Gesetz kann nur für eine kurze Übergangszeit bis zur Verabschiedung des Bundesbesoldungsgesetzes die Grundlage für die Besoldung der Soldaten bilden.
Die sozialdemokratische Fraktion hat sich davon überzeugt, daß wenigstens in einigen wenigen Punkten eine Verbesserung des bisherigen Zustands erreicht werden konnte, ohne daß damit einer vernünftigen und gerechten Gesamtregelung im Bundesbesoldungsgesetz vorgegriffen werden soll.
Im Hinblick darauf, daß für die Übergangszeit klare Verhältnisse geschaffen werden und daß im Sinne der sozialdemokratischen Fraktion in einigen Fällen gegenüber dem bisherigen Zustand befriedigendere Ergebnisse erzielt werden, wird die sozial-
*) Siehe Anlage 14.
demokratische Fraktion diesem Änderungsgesetz ihre Zustimmung geben. Damit bleibt jedoch ihre ablehnende Haltung gegenüber der Wehrpolitik der Bundesregierung und besonders in diesem Fall ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Soldatengesetz als Ganzem unberührt.
Wird weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Keine Gegenstimme. Enthaltungen? — Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Damit komme ich zu Punkt 27:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, FVP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Förderung des Wohnungsbaus für Umsiedler in den Aufnahmeländern und des Wohnungsbaus für Sowjetzonenflüchtlinge in Berlin .
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.
Ich schlage vor Überweisung an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen als federführenden Ausschuß und an den Haushaltsausschuß als mitberatenden Ausschuß.
— Hierzu Herr Abgeordneter Kunze!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Ältestenrat ist ein Irrtum unterlaufen. Wir haben interfraktionell festgestellt, daß der Ausschuß für den Lastenausgleich hier federführend sein muß und der Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen nur beteiligt. Mit dem Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen ist das ebenfalls besprochen worden, und auf dessen Wunsch bitte ich, die entsprechende Änderung in der Zuweisung der Vorlage vorzunehmen.
Herr Abgeordneter Kunze, Sie wünschen federführend den Ausschuß für den Lastenausgleich und mitberatend den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen und den Haushaltsausschuß? -- Erhebt sich gegen den Vorschlag des Abgeordneten Kunze ein Widerspruch? — Das ist nicht der Fall; dann ist so beschlossen.
Ich komme zu Punkt 28:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend Evakuiertenrückführung (Drucksachen 2828, 2410).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Maier . Ich nehme an, daß auf Berichterstattung verzichtet wird. — Es ist so.
Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Ausschußantrag auf Drucksache 2828 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich komme zu Punkt 29:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Aufhebung von Einfuhrzöllen .
Es wurde soeben gesagt, darüber könne verhandelt werden. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Es ist eine Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen — federführend — und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — mitberatend — vorzunehmen. — Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Nach einer Erklärung des Vizepräsidenten Dr. Becker von gestern, der das Hohe Haus zugestimmt hat, ist zusätzlich in die Tagesordnung aufgenommen:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Außenhandelsfragen über den Entwurf einer Einundsechzigsten Verordnung über Zollsatzänderungen (Gefriergemüse usw.) (Drucksachen 2852, 2869).
Der Bericht des Abgeordneten Richarts liegt schriftlich vor auf Drucksache 2869*).
Sie haben nichts dagegen, daß die Behandlung jetzt stattfindet? — Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache 2869 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig so beschlossen.
Damit kehren wir zurück zu einem anfänglich zurückgestellten Punkt. Es ist Punkt 3 der Tagesordnung der 172. Sitzung.
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereingten Staaten von Amerika vom 4. April 1955 über Offshore-Beschaffungen ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (Drucksache 2696).
Berichterstatter: Abgeordneter Wehr.
Da Schriftlicher Bericht vorliegt**), kommen wir zur zweiten Beratung. Ich rufe auf Art. 1, — Art. 2, — Art. 3, — Einleitung und Überschrift. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Kalbitzer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei den Offshore-Aufträgen handelt es sich im wesentlichen darum, für die ameri-
*) Siehe Anlage 15. **) Siehe Anlage 16.
kanische Regierung Waffen bzw. Rüstungsmaterial in Deutschland herzustellen. Hierfür sieht die amerikanische Regierung einen gesonderten Vertrag vor, obwohl zwischen den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik bereits ein Freundschafts- und allgemeiner Handelsvertrag besteht. Die Absicht der Amerikaner, Rüstungsaufträge nach Europa zu verlegen, entspringt dem durchaus anerkennenswerten Grund, in den Nachkriegsjahren die Produktion in Europa anzukurbeln und der europäischen Wirtschaft dadurch Dollareinnahmen zu verschaffen. Aber diese Phase des wirtschaftlichen Aufbaus ist, besonders hier in der Bundesrepublik, längst überholt; diese wirtschaftliche Notwendigkeit ist nicht mehr gegeben.
Für uns Sozialdemokraten steht dem aber vor allem ein im wesentlichen politischer Grund entgegen. Wir sind der Ansicht, daß die Bundesrepublik sich an dem weltweiten makabren Geschäft der Rüstungsproduktion und des Rüstungshandels nicht beteiligen sollte. Wir haben Verständnis dafür, daß fast alle anderen Länder der Welt sich an diesem Geschäft beteiligen, sind aber der Meinung, daß die Bundesrepublik in einer besonderen politischen Lage ist, die es uns im Hinblick auf ganz Deutschland als politisch nicht nützlich erscheinen läßt, daß wir uns an diesem internationalen Rüstungsgeschäft beteiligen. Das würde die Spannungen zwischen Ost und West, d. h. die Spannungen, die mitten durch Deutschland hindurchgehen, erhöhen und würde, weil Deutschland insgesamt natürlich zu den beiden Machtsphären gehört, das Mißtrauen verstärken und damit zu einer Verschärfung der Situation beitragen. Für alle anderen regulären Geschäfte, Lieferungen und Zahlungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik ist, wie ich schon eingangs sagte, das Handels- und Schiffahrtsabkommen absolut. ausreichend. Wir halten es daher für zweckmäßiger, die durch diesen Freundschaftsvertrag gedeckten Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und uns zu intensivieren und sie nicht auf Rüstungslieferungen auszudehnen.
Aus diesem Grunde lehnen wir den Gesetzentwurf ab.
Wird noch weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Damit kommen wir zur Schlußabstimmung in der dritten Beratung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Mit Mehrheit angenommen.
Meine Damen und Herren, damit kommen wir nun zur Tagesordnung der 171. Sitzung zurück, und zwar zu Punkt 3:
Dritte Beratung des von den Abgeordneten Naegel, Stücklen, Dr. Atzenroth, Dr. Elbrächter und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Industrie- und Handelskammern ; Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung (Drucksache 2817).
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? --- Der Herr Berichterstatter wünscht noch einmal das Wort; bitte sehr, Abgeordneter Leonhard als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Berichterstatter weise ich aus gegebenem Anlaß auf den Wortlaut des § 13 hin:
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Ich möchte nachdrücklich die Auffassung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik zum Ausdruck bringen, daß aus diesem Gesetz keinesfalls Beitragsansprüche von Industrie- und Handelskammern für eine zurückliegende Zeit abgeleitet werden können.
Das Wort hat der Abgeordnete Stücklen.
— Nicht jetzt?
Meine Damen und Herren, wird noch das Wort zur allgemeinen Aussprache gewünscht? — Das ist nicht der Fall; dann schließe ich die allgemeine Aussprache.
Ich rufe auf § 1 mit den Bleichlautenden Anträgen Umdruck 807*) und Umdruck 817**), einem Antrag der Fraktion der SPD und einem Antrag der Abgeordneten Sabel, Dr. Bürkel und Genossen. Wird hierzu das Wort gewünscht? — Bitte, Herr Abgeordneter Klingelhöfer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der dritten Lesung habe ich einen Antrag zu § 1 Abs. 2 zu wiederholen, der in der zweiten Lesung bereits gestellt und auch begründet worden ist. Ich kann die Begründung kurz machen, weil unsere Auffassung inzwischen durch den Antrag Umdruck 817 unterstützt worden ist. Der Antrag, der in dem Umdruck 817 gestellt worden ist, hat genau den gleichen Wortlaut wie unser eigener Antrag.
Zur Begründung darf ich folgendes ausführen. In § 1 Abs. 2 wird den Kammern eine Generalvollmacht gegeben, die gewiß nicht so umfassend sein soll, daß geltende Rechtsbestimmungen außer Kraft gesetzt werden können. Nun ist aber leider in § 1.0 die Bestimmung enthalten, daß entgegenstehende Rechtsbestimmungen durch dieses Gesetz aufgehoben werden. Da es sich um viel zu wichtige Gesetze handelt -- ich brauche nur an das Handelsgesetzbuch, an die Gewerbeordnung und eine Anzahl von Ländergesetzen zu erinnern —, ist das nicht möglich. Unser Antrag lautet daher, vor dem Wort „treffen" einzufügen „unter Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften". Ich halte das für eine Selbstverständlichkeit. Die Rechtsunsicherheit, die eintreten würde, wäre so unabsehbar, daß ich annehme, das ganze Haus ist der Auffassung, daß dieser möglichen Rechtsunsicherheit durch die Einführung dieser wenigen Worte, die ich soeben vorgetragen habe, entgegengetreten werden muß.
Wird noch weiter das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Dr. Hellwig!
*) Siehe Anlage 17. **) Siehe Anlage 18.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da Zweifel aufgetreten sind, ob der Antrag, der sowohl von der sozialdemokratischen Fraktion wie von einigen Kollegen der CDU/CSU-Fraktion gestellt worden ist, unter Umständen die Einheitlichkeit des in diesem Gesetz für die Industrie- und Handelskammern als Institution geschaffenen Rechts stören würde, darf ich folgendes klarstellen. Der einzufügende Passus „unter Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften" bezieht sich nur auf die Mitwirkung der Kammern bei Maßnahmen zur Förderung und Durchführung der kaufmännischen und gewerblichen Berufsausbildung. Ich glaube, diese Klarstellung ist notwendig, um sicherzustellen, daß die Anträge hier einheitlich angenommen werden können.
Wird noch das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die gleichlautenden Anträge Umdruck 807*) und 817**). Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich komme zur Abstimmung über § 1 mit der beschlossenen Änderung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlossen.
Ich komme nunmehr zu § 7 a und dem Antrag Umdruck 818***). Wird hierzu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über den Antrag Umdruck 818 abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 7 a in der Fassung der zweiten Beratung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, damit stehen wir am Ende der dritten Beratung.
Das Wort zu einer Erklärung hat der Abgeordnete Lange.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei habe ich zur Schlußabstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern folgende Erklärung abzugeben.
Die Antragsteller des Antrags Drucksache 1964 haben erklärt, sie beabsichtigten nicht, mit diesem Entwurf einer endgültigen Regelung der wirtschaftlichen Selbstverwaltung vorzugreifen.
Die Antragsteller haben immer betont, nur einheitliches Recht für die Industrie- und Handelskammern schaffen zu wollen. Das Erfordernis einheitlichen Rechts wird auch von der sozialdemokratischen Fraktion dieses Hauses anerkannt. Jedoch kann die Fraktion der SPD in den bisherigen Beschlüssen dieses Hohen Hauses nicht die Beschränkung auf die Vereinheitlichung des Rechts erkennen.
*) Siehe Anlage 17. **) Siehe Anlage 18. ***) Siehe Anlage 19.
Vielmehr sieht die Fraktion der SPD in den Beschlüssen zu den Fragen der Zwangsmitgliedschaft — § 2 Abs. 1 — und der öffentlich-rechtlichen Körperschaft — § 3 Abs. 1 — einen Vorgriff auf mögliche künftige Regelungen der wirtschaftlichen Selbstverwaltung.
Zur wirtschaftlichen Selbstverwaltung gehören jedoch nach heute allgemein anerkannten gesellschaftspolitischen Auffassungen nicht nur die Unternehmer, sondern auch die Arbeitnehmer — die Arbeiter und die Angestellten; denn die Wirtschaft wird vertreten durch wirtschaftlich selbständig und wirtschaftlich abhängig Tätige.
In der Handwerksordnung ist dieser Grundsatz der wirtschaftlichen Selbstverwaltung von allen Fraktionen dieses Hohen Hauses anerkannt.
Die Beschlüsse dieses Hauses zu Drucksache 2380 stellen gegenüber der Handwerksordnung eine gesellschafts- und wirtschaftspolitische Benachteiligung der in der übrigen gewerblichen Wirtschaft Tätigen dar.
Die genannten Gründe zwingen die Fraktion der SPD, den Entwurf eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern abzulehnen.
Das Wort zu einer Erklärung hat der Abgeordnete Stücklen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich würde gern der Ökonomie des Hauses dienen und diese Erklärung schriftlich zu Protokoll geben, wenn Sie damit einverstanden sind. Es ist eine Erklärung im Namen der DP, der FVP und der CDU/CSU.
Darf ich fragen, ob das Hohe Haus damit einverstanden ist.
— Es wird gewünscht, daß die Erklärung abgegeben wird.
Ich darf diese Erklärung nun im vollen Wortlaut bekanntgeben.
Die Fraktionen der DP, FVP, CDU/CSU sehen in der Regelung des Rechtes der Industrie- und Handelskammern von Bundes wegen ein dringendes Gebot der Rechtsbereinigung. Zur Zeit beruht das Recht der Industrie- und Handelskammern auf einander widersprechenden und in ihrer rechtlichen Bedeutung unklaren Anordnungen der Besatzungsmächte. Daher entstehen immer wieder über die Rechtslage und die Rechtsstruktur der Industrie- und Handelskammern Zweifelsfragen, die wiederholt die Gerichte beschäftigen mußten. Die Einheitlichkeit ist weiter beeinträchtigt dadurch, daß die Landesgesetzgeber in Schleswig-Holstein und Hamburg von sich aus Kammerrecht geschaffen haben, während in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz infolge der früheren Anordnungen der Besatzungsmächte auch heute noch je drei verschiedene Kammerrechte gelten. Weitere Maßnahmen auf Landesebene würden nur dazu führen, die Verschiedenheiten zu vertiefen und damit dem Wesen eines einheitlichen Wirtschaftsgebiets Abbruch zu tun.
Durch die Beschränkung auf die Aufgaben der Rechtsbereinigung vermeidet es der Entwurf,
Grundsatzfragen unserer Wirtschaftsordnung, wie z. B. dem sogenannten außerbetrieblichen Mitbestimmungsrecht, vorzugreifen. Einer späteren Gesetzgebung bleiben alle Möglichkeiten erhalten, etwa auf diesem Gebiet erforderliche Lösungen herbeizuführen.
Jedoch ist dort, wo die Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer für die rechtliche und soziale Stellung der Arbeitnehmerschaft besonders bedeutungsvoll sein kann, nämlich auf dem Gebiet der Lehrlingsausbildung und Lehrlingsbetreuung, schon jetzt durch die Schaffung von Ausschüssen aus den Vertretern beider Sozialpartner für eine angemessene und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Arbeitgeberschaft und Arbeitnehmerschaft Sorge getragen.
Es ist die Aufgabe der Industrie- und Handelskammer, die in Betriebsnähe erarbeiteten und durch die kaufmännische Sachkunde ihrer Mitglieder ausgewerteten Feststellungen als ein von Einzel-, Fach- und Gruppeninteressen unabhängiger Gutachter der Verwaltung, der Rechtsprechung und den Wirtschaftstreibenden zur Verfügung zu stellen. Als Organ kaufmännischer Sachkunde soll daher die Industrie- und Handelskammer, abgesehen von der erwähnten Ausnahme, nur aus Angehörigen des Kaufmannstandes zusammengesetzt sein, wie dies seit Schaffung der Industrie- und Handelskammern im In- und Ausland Rechtens ist.
Der öffentlich-rechtliche Charakter der Industrie- und Handelskammer und damit die durch Gesetz geregelte Zugehörigkeit der Bezirkseingesessenen zur Industrie- und Handelskammer ist erforderlich, um die Unabhängigkeit der Industrie- und Handelskammer als Gutachterorgan zu gewährleisten und sie in den Stand zu setzen, sich einseitigen Interessentenforderungen zu verschließen. Durch die Rechtsnatur als öffentliche Körperschaft erhält die Industrie- und Handelskammer vor allem diejenige Form, die notwendig ist, damit sie als Träger der Einigungsstellen zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten fungieren kann. Hiermit wird einem jahrelangen berechtigten Wunsch insbesondere des gewerblichen Mittelstandes Rechnung getragen.
Das Wort zu einer Erklärung hat der Abgeordnete Sabel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Kollegen Lange veranlassen mich zu einer kurzen Stellungnahme. Ich möchte meinerseits folgendes feststellen.
Es handelt sich hier urn eine vorläufige Regelung.
Wie die endgültige Regelung aussehen soll, wissen wir im Augenblick nicht; diese Frage muß diskutiert werden. Ich darf allerdings darauf hinweisen, daß diese Dinge in allen Lagern noch nicht ausgegoren sind und daß wir auch nicht erwarten können, daß das Gesamtproblem der überbetrieblichen Mitbestimmung in ,aller Kürze geregelt werden kann.
Nun konnten wir nicht übersehen, daß ein Bedürfnis bestand, in diesem Bereich zu einer Ordnung und zu einer einheitlichen Regelung zu kommen. Das soll mit diesem vorläufigen Gesetz erreicht werden. Durch einige Korrekturen ist sichergestellt worden, daß der Besitzstand in der Frage der Mitbestimmung gewahrt wurde, daß praktisch gerade bei den Problemen der Berufsausbildung die Arbeitnehmer paritätisch beteiligt sind. Damit wurde gewährleistet, daß dort, wo eine solche Beteiligung vorhanden ist, sie auch weiterhin gegeben ist; wo sie noch nicht vorhanden ist, wird sie geschaffen. Man kann also auch in dieser Hinsicht eher von einer Ausweitung sprechen. Das wollte ich vor der Schlußabstimmung über dieses Gesetz feststellen.
Das Wort zu einer Erklärung hat der Abgeordnete Petersen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Fraktion des Gesamtdeutschen Blocks/ BHE habe ich folgende Erklärung abzugeben.
Das zu beschließende Gesetz bringt keine grundsätzliche Neuordnung im Bereich des Kammerwesens, sondern es werden in ihm nur die Rechtsverhältnisse wiederhergestellt, wie sie bis zu der Auflösung der Industrie- und Handelskammern und ihrer Überführung in die Gauwirtschaftskammern im Jahre 1942 in Deutschland einheitlich bestanden haben und nach 1945, von unwesentlichen Verschiedenheiten abgesehen, in den Ländern der früheren französischen und britischen Besatzungszone wieder erstanden sind. Es soll also mit diesem Gesetz im wesentlichen die Ausweitung dieser Rechtsordnung auf die Industrie- und Handelskammern in den Ländern der ehemaligen amerikanischen Besatzungszone erreicht werden. Der Inhalt des Gesetzes entspricht den Vorstellungen eines großen Teils der Unternehmerseite, während er die Wünsche der Arbeitnehmer und Verbraucher nach einer echten Mitarbeit in der Kammer unberücksichtigt läßt. Die Forderung auf Verwirklichung der Grundsätze der wirtschaftlichen Selbstverwaltung ist zugleich die Forderung nach einer wirtschaftspolitischen und verfassungsrechtlichen Entscheidung über die Gestaltungsform der Wirtschaft in ihrer Gesamtheit. Es erscheint uns nicht gerechtfertigt, diese Frage schon bei dem vorliegenden Gesetz zu entscheiden, das nach übereinstimmender Auffassung aller Fraktionen nur eine Übergangsregelung darstellt und keine präjudizielle oder verzögernde Wirkung auf später notwendige Erörterungen gesellschaftspolitischer und wirtschaftspolitischer Probleme hat.
Auf längere Sicht sollte eine Endlösung nicht nur in Verbindung mit einem zu schaffenden Bundeswirtschaftsrat, sondern zugleich mit einem vollständigen Kammersystem gesehen werden. Regelungen wie in Österreich, wo neben den Industrie- und Handelskammern auch entsprechende Arbeiterkammern eingerichtet wurden, und die Erfahrungen, die sich aus der Einrichtung und Arbeitsweise der Arbeiterkammern im Lande Bremen und im Saargebiet ergeben haben, sollten hierbei berücksichtigt werden.
Mit der Annahme des Gesetzes wird sich die Situation ergeben, daß neben der Industrie und dem Handel sowie dem Handwerk einige Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte und Notare kammerähnliche, auf besonderer Rechtsgrundlage beruhende ständische Berufsvertretungen haben, während einer der wichtigsten Zweige unserer Volkswirtschaft, nämlich die Landwirtschaft, keine einheit-
liche Vertretung auf kammerrechtlicher Grundlage hat.
Es gibt allerdings nach 1945 in einigen Ländern kammerähnliche Institutionen auch für die Landwirtschaft; in anderen Ländern werden diese oder ähnliche Funktionen von den landwirtschaftlichen Berufsverbänden ausgeübt, zum Teil sogar mit staatlicher Anerkennung und Förderung.
Diese Uneinheitlichkeit in der Entwicklung ist unerfreulich und stört unsere ganze nationalökonomische Richtung für eine praktische Wirtschaftspolitik. Es braucht hier nur auf die dauernden Spannungen zwischen den Wirtschaftszweigen hingewiesen zu werden, die erst in jüngster Zeit wieder ihren Niederschlag in den öffentlichen Auseinandersetzungen über Preise und Kosten in der Agrarwirtschaft gefunden haben. Man kann eben vom Gesetzgeber her nicht nur Teile einer Wirtschaft öffentlich-rechtlich fundieren und andere Teile nicht.
Die Industrie- und Handelskammern werden nach unserer Auffassung die Aufgaben am besten erfüllen können, wenn sie für ihre Organisationsform den Rechtsstatus einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft erhalten, für dien die Zwangsmitgliedschaft verbindlich ist. Eine nur freiwillige Mitgliedschaft in den Kammern würde dazu führen, daß die Zahlungskräftigen sicher Mitglieder und die Zahlungsschwachen sehr oft keine Mitglieder sein würden. Damit würde aber leicht ein einseitiger Interessenstandpunkt in der Kammerarbeit vertreten werden können und nicht mehr der objektive Maßstab gewahrt werden, dessen Anwendung im Interesse der Gesamtwirtschaft notwendig erscheint. Es bestände auch die Gefahr, daß eine Kammer dann zu Problemen nicht Stellung nimmt, wenn dies den einen oder anderen großen Wirtschaftszweig verärgern würde.
Wir bejahen die mit diesem Gesetz zu schaffende einheitliche Rechtsgrundlage für die Industrie- und Handelskammern auch deshalb, weil damit die große Zahl der heimatvertriebenen und zugewanderten Betriebe endlich besser eingegliedert werden kann. Für einen nicht unerheblichen Teil dieser Betriebe war bisher eine stärkere betriebswirtschaftliche Fundierung nicht möglich. Wir hoffen jedoch sehr, daß die Industrie- und Handelskammern sich in der Zukunft mit größerer Aufgeschlossenheit als bisher der Sorgen dieser Betriebe annehmen werden.
Im Hinblick auf den Charakter des Gesetzes als vorläufiges Gesetz und die von uns bejahte Notwendigkeit, diese Lösung bei einer grundsätzlichen Beratung über die Gesamtgestaltung der Wirtschaft zu überprüfen und einem besseren Ergebnis zuzuführen, wird meine Fraktion ihm zustimmen.
Das Wort wird nicht mehr gewünscht.
Meine Damen und Herren, wir kommen nunmehr zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in der Schlußabstimmung mit Mehrheit angenommen. Damit sind die Gegenstände, deren Beratung vom Hohen Hause vorhin beschlossen worden war, erledigt.
Ich berufe die nächste, die 174. Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 29. November 1956, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.