Protokoll:
18135

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 18

  • date_rangeSitzungsnummer: 135

  • date_rangeDatum: 11. November 2015

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 17:17 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/135 Textrahmenoptionen: 16 mm Abstand oben Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 135. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 11. November 2015 Inhalt: Zusätzliche Ausschussüberweisung . . . . . . . . 13169 A Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie 2014/26/EU über die kollektive Wahrnehmung von Ur- heber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Onlinenut- zung im Binnenmarkt sowie zur Änderung des Verfahrens betreffend die Geräte- und Speichermedienvergütung; weitere Fragen . Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13169 B Dirk Wiese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13170 B Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13170 B Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13170 C Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13170 D Dr . Johannes Fechner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 13171 A Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13171 A Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 13171 B Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13171 C Dr . Stefan Heck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13171 D Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13172 A Dr . Matthias Bartke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 13172 B Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13172 C Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13172 D Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13173 A Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 13173 B Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13173 C Christian Flisek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13173 D Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13173 D Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13174 A Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13174 B Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13174 B Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13174 C Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13174 D Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13175 A Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) . . . 13175 A Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13175 B Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13175 C Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13175 D Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13176 A Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13176 B Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015II Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13176 C Dr . Helge Braun, Staatsminister BK . . . . . . . . 13176 D Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13176 D Heiko Maas, Bundesminister BMJV . . . . . . . 13177 A Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13177 B Dr . Helge Braun, Staatsminister BK . . . . . . . . 13177 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13177 C Dr . Helge Braun, Staatsminister BK . . . . . . . . 13177 D Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13178 B Dr . Helge Braun, Staatsminister BK . . . . . . . . 13178 C Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde Drucksache 18/6602 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13178 D Mündliche Fragen 1 und 2 Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mängel bei den bisherigen behördlichen Kontrollmechanismen zur Einhaltung der Schadstoffgrenze für Pkw und Verbesse- rung der behördlichen Kontrollen Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13178 D Zusatzfragen Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13179 A Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13180 C Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13181 A Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13181 D Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13182 C Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13183 A Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 13183 B Mündliche Fragen 3 und 4 Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Bekanntwerden falscher Energiever- brauchsangaben beim Verkauf von Neu- wagen und Maßnahmen zur Sicherstellung der notwendigen Energieeinsparung im Verkehrssektor Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13183 D Zusatzfragen Dr . Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13184 B Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13186 A Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13186 B Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13187 A Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13187 D Mündliche Frage 5 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Neuberechnung der CO2-Emissionen durch Softwareänderungen bzw. Anpassungen des Motors bei Fahrzeugen des VW-Konzerns Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13188 B Zusatzfragen Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 13188 B Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13189 A Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13189 C Mündliche Frage 6 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Treffen zwischen Vertretern der US-Regie- rung bzw. nachgeordneter Behörden und des BMVI im Rahmen der USA-Reise des Bundesministers Dobrindt im Oktober 2015 Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13189 D Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015 III Zusatzfragen Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13190 A Mündliche Frage 7 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Nachprüfungen des Kraftfahrt-Bundesam- tes an Fahrzeugen bzw. Fahrzeugtypen hin- sichtlich der Abgaswerte Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13190 D Zusatzfragen Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13190 D Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13191 C Mündliche Frage 8 Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Bedeutung des Flughafens BER als interna- tionales Drehkreuz Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13192 A Zusatzfragen Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13192 B Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13192 D Mündliche Frage 13 Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Mögliche Verringerung der Einträge von Mikroplastik in die Umwelt durch die Ein- führung des Wertstoffgesetzes Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretä- rin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13193 A Zusatzfragen Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13193 B Mündliche Frage 16 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Kopplung der Gelder der Entwicklungszu- sammenarbeit an die Bereitschaft der Part- nerländer zur Rückübernahme von Flücht- lingen Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl . Staatssekretär BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13194 A Zusatzfragen Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13194 B Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13195 A Mündliche Frage 18 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Klärung der Verhältnismäßigkeit im Rah- men der Ratsarbeitsgruppe „Handelsfra- gen“ in Bezug auf verbindliche Regelungen in den Lieferketten sogenannter Kon- fliktmineralien Antwort Uwe Beckmeyer, Parl . Staatssekretär BMWi . . . 13195 D Zusatzfragen Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13196 A Tagesordnungspunkt 3: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu dem Antrag der Frak- tionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einsetzung des 3. Untersuchungsausschusses Drucksachen 18/6330, 18/6601 . . . . . . . . . . . 13197 A Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 13197 A Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13198 C Dr . Eva Högl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13199 B Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13200 B Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/ CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13201 B Uli Grötsch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13202 B Dr . Volker Ullrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13203 B Zusatztagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Haltung der Bundesregierung zur Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015IV Statusfrage syrischer Flüchtlinge und zur Einschränkung des Familiennachzuges Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13204 B Dr . Thomas de Maizière, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13205 B Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . 13207 C Dr . Lars Castellucci (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 13208 C Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . 13210 A Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 13211 B Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13212 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13213 B Andrea Lindholz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 13214 C Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13215 C Nina Warken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 13216 D Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 13218 B Barbara Woltmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 13219 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13221 B Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 13223 A Anlage 2 Mündliche Frage 9 Veronika Bellmann (CDU/CSU) Kriterien für die Mitfinanzierung von nicht mehr als bundesstraßenbegleitend einge- stuften Radwegen durch den Bund Antwort Norbert Barthle, Parl . Staatssekretär BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13223 B Anlage 3 Mündliche Frage 10 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Veränderungen in der Klimapolitik Ka- nadas durch die neue kanadische Regierung Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretä- rin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13223 D Anlage 4 Mündliche Frage 11 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Weiteres Arbeitsprogramm der gemein- samen Arbeitsgruppe des BMUB und der Energieversorgungsunternehmen zum Kon- zept der Rückführung verglaster radio- aktiver Abfälle aus der Wiederaufarbeitung Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretä- rin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13224 A Anlage 5 Mündliche Frage 12 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Precursor-Ereignisse in deutschen Atom- kraftwerken im Jahr 2010 Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl . Staatssekretä- rin BMUB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13224 C Anlage 6 Mündliche Frage 14 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Fragestellungen sowie Höhe der jeweiligen Fördersummen von Forschungsaufträgen im Rahmen der Förderbekanntmachung „Mikroplastik in marinen Systemen“ Antwort Stefan Müller, Parl . Staatssekretär BMBF . . . 13225 B Anlage 7 Mündliche Frage 15 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Zeitpunkt der Veröffentlichung von For- schungsergebnissen der jeweiligen Mikro- plastik-Forschungsprojekte Antwort Stefan Müller, Parl . Staatssekretär BMBF . . . 13226 A Anlage 8 Mündliche Frage 17 Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Auswirkungen des Kabinettsentwurfs für ein Kulturschutzgesetz auf naturwissen- schaftliche Probenarchive Antwort Monika Grütters, Staatsministerin BK . . . . . . 13226 A Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015 V Anlage 9 Mündliche Frage 19 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Etwaige Zustimmung der Bundesregierung zum migrationspolitischen Papier der CDU/ CSU von November 2015 Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 13226 C Anlage 10 Mündliche Frage 20 Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Genehmigungsfähigkeit in Bezug auf den Export von Panzern und Panzerhaubitzen nach Katar vor dem Hintergrund der Ent- wicklungen in der arabischen Welt Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 13227 A Anlage 11 Mündliche Frage 21 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Widersprüchliche Einschätzungen des Re- gierungssprechers Seibert, der OSZE und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zum Verlauf des Wahlkampfes in der Türkei Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 13227 B Anlage 12 Mündliche Frage 22 Andrej Hunko (DIE LINKE) Eintragung einer Einreiseverweigerung für Mitglieder der Musikgruppe „Grup Yorum“ in das Schengener Informations- system SIS II Antwort Michael Roth, Staatsminister AA . . . . . . . . . . 13227 C Anlage 13 Mündliche Frage 23 Andrej Hunko (DIE LINKE) Speicherung und Verarbeitung von bear- beiteten Inhalten zu Schleuserkriminalität und gewaltbereitem Extremismus durch den Analyse- und Auswerteschwerpunkt „Check the Web“ der neuen Meldestelle für Internetinhalte bei Europol Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13228 A Anlage 14 Mündliche Frage 24 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Abschiebung von Afghanen trotz der aktu- ellen Sicherheitslage in Afghanistan Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13228 B Anlage 15 Mündliche Frage 25 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Maßnahmen zum Schutz von Flüchtlin- gen, Flüchtlingsunterkünften und sich für Flüchtlinge einsetzende Menschen Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13228 C Anlage 16 Mündliche Frage 26 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Vom BAMF derzeit eingesetzte Entscheider und Schaffung neuer Stellen in den Jahren 2014 bis 2016 Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13229 A Anlage 17 Mündliche Frage 27 Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Nachforschungen der Bundesregierung zu den Vorwürfen von schwarzen Kassen und anderen Unregelmäßigkeiten im Organisa- tionskomitee der Fußballweltmeisterschaft 2006 Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13229 B Anlage 18 Mündliche Frage 28 Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Rechtsextrem motivierte Übergriffe auf Journalisten im Jahr 2015 Antwort Dr . Günter Krings, Parl . Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13229 C Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015VI Anlage 19 Mündliche Frage 29 Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) Evaluierung des Leistungsschutzrechts Antwort Ulrich Kelber, Parl . Staatssekretär BMJV . . . 13229 D Anlage 20 Mündliche Frage 30 Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Stand der Evaluierung des Leistungsschutz- rechts für Presseverlage Antwort Ulrich Kelber, Parl . Staatssekretär BMJV . . . 13230 A Anlage 21 Mündliche Frage 31 Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Einnahmeausfälle bei der Kfz-Steuer durch zu niedrig angegebene CO2-Werte bei Fahr- zeugen des Volkswagen-Konzerns Antwort Dr . Michael Meister, Parl . Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13230 B Anlage 22 Mündliche Frage 32 Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) Kenntnisse über Glyphosat-Rückstände in Hygieneartikeln aus Baumwolle Antwort Peter Bleser, Parl . Staatssekretär BMEL . . . . . 13230 B Anlage 23 Mündliche Frage 33 Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) Glyphosat-Rückstände in Hygieneartikeln aus Baumwolle und Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit Antwort Peter Bleser, Parl . Staatssekretär BMEL . . . . . 13230 C Anlage 24 Mündliche Frage 34 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Bislang festgelegte Regelungen zur Er- stattung der zur Unterbringung und Ver- sorgung von Flüchtlingen erbrachten Amtshilfeleistungen der Bundeswehr und Kostenübernahme für den Betrieb von Erstaufnahmeeinrichtungen in Kasernen Antwort Dr . Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13230 D Anlage 25 Mündliche Frage 35 Katrin Kunert (DIE LINKE) Auswertung der Ergebnisse des Fachsym- posiums im Februar 2015 hinsichtlich ihrer Relevanz für Wehrdienstbeschädigungsver- fahren Antwort Dr . Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13231 B Anlage 26 Mündliche Frage 36 Katrin Kunert (DIE LINKE) Verkürzung der Bearbeitungszeiten von Anträgen in Wehrdienstbeschädigungsver- fahren seit Übernahme der Zuständigkeiten durch das Bundesamt für das Personalma- nagement der Bundeswehr Antwort Dr . Ralf Brauksiepe, Parl . Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13231 C (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015 13169 135. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 11. November 2015 Beginn: 13 .00 Uhr
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    (A) (C) (B) (D) Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015 13223 Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bülow, Marco SPD 11 .11 .2015 Esken, Saskia SPD 11 .11 .2015 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11 .11 .2015 Griese, Kerstin SPD 11 .11 .2015 Hendricks, Dr . Barbara SPD 11 .11 .2015 Höger, Inge DIE LINKE 11 .11 .2015 Jung, Andreas CDU/CSU 11 .11 .2015 Kindler, Sven-Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11 .11 .2015 Lanzinger, Barbara CDU/CSU 11 .11 .2015 Ludwig, Daniela CDU/CSU 11 .11 .2015 Malecha-Nissen, Dr . Birgit SPD 11 .11 .2015 Rachel, Thomas CDU/CSU 11 .11 .2015 Rüthrich, Susann SPD Scho-Antwerpes, Elfi SPD 11 .11 .2015 Ulrich, Alexander DIE LINKE 11 .11 .2015 Werner, Katrin DIE LINKE 11 .11 .2015 Wicklein, Andrea SPD 11 .11 .2015 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 11 .11 .2015 Anlage 2 Antwort des Parl . Staatssekretärs Norbert Barthle auf die Frage der Abgeordneten Veronika Bellmann (CDU/CSU) (Drucksache 18/6602, Frage 9): Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit ein Radweg, der nicht mehr als bundesstraßenbegleitend eingestuft ist, den- noch vom Bund mitfinanziert werden kann? Die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Ver- kehr und digitale Infrastruktur bezieht sich gemäß Artikel 90 und Artikel 85 des Grundgesetzes auf die Bundesstra- ßen, die die Länder im Rahmen der Auftragsverwaltung des Bundes planen, bauen und unterhalten . Für die Bun- desstraßen, die in seiner Baulast liegen, kann der Bund den Bau von Radwegen nur unter bestimmten Voraus- setzungen finanzieren. Diese sind in den „Grundsätzen für Bau und Finanzierung von Radwegen im Zuge von Bundesstraßen in der Baulast des Bundes“ vom 17 . Ok- tober 2008 festgelegt . Danach dient die Anlage von Radwegen an Bundes- straßen in der Baulast des Bundes vornehmlich der Er- höhung der Verkehrssicherheit durch Entflechtung des Kraftfahrzeug- und des Fahrradverkehrs dort, wo – Radverkehr in nicht nur geringem Umfang regelmäßig zu berücksichtigen ist, – mit einem erheblichen Aufkommen an Radfahrern im Freizeit-, Wochenend- und Erholungsverkehr zu rech- nen ist und keine oder nur unzureichende Alternativ- wege vorhanden sind oder – besonders schutzbedürftige Verkehrsteilnehmer auf- treten . Die Entflechtung ist insbesondere dort wichtig, wo hohe Differenzgeschwindigkeiten zwischen Kraftfahr- zeug- und Fahrradverkehr auftreten sowie auf Straßen mit hohen Verkehrsstärken und geringen Fahrbahnbrei- ten . Regelungen in Maß und Zahl zur maximal zuläs- sigen Entfernung zwischen Radweg und Bundesstraße oder zur Lage an einer parallel verlaufenden Straße sind in den vorgenannten Grundsätzen nicht enthalten; dies kann nur unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Randbedingungen beurteilt werden . Anlage 3 Antwort der Parl . Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6602, Frage 10): Mit welchen Veränderungen in der Klimapolitik des Lan- des rechnet die Bundesregierung in Bezug auf die neue kana- dische Regierung, auch im Hinblick auf eine Positionierung Kanadas für den Abschluss eines ambitionierten und rechtlich verbindlichen Klimaabkommens in Paris, und welche Ein- schränkungen wären gegebenenfalls für die klimaschädliche Ölgewinnung aus Teersanden zu erwarten? In Kanada hat im Oktober 2015 ein Regierungswech- sel hin zur Liberalen Partei unter ihrem Vorsitzenden Justin Trudeau stattgefunden . Der neue Premierminister und sein Kabinett wurden am 4 . November 2015 verei- digt . Die Verkündung des Regierungsprogramms wird mit der traditionellen „Speech from the Throne“ durch den Generalgouverneur vor dem Parlament frühestens Anfang Dezember erwartet . Mit Premierminister Trudeau deutet sich – laut seinen Äußerungen in der kanadischen Presse sowie Wahlpro- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 201513224 (A) (C) (B) (D) gramm der Liberalen – in der Tat eine Änderung der bisherigen Klimapolitik an . Er hat zum Beispiel ange- kündigt, an der Klimakonferenz in Paris teilzunehmen . Kanada soll als ein starker und positiver Verhandlungs- partner wahrgenommen werden . Es ist allerdings nicht bekannt, ob Kanada seinen Minderungsbeitrag für das Klimaabkommen nochmals abändern würde . Auf nationaler Ebene will Premierminister Trudeau nach einer ersten Ankündigung gemeinsam mit den Pro- vinzregierungen Klimaziele entwickeln . Dazu gehört auch die Kohlenstoffbepreisung, die es bisher schon in einigen der Provinzen gibt . Wie sich dies konkret aus- wirken wird, ist derzeit jedoch noch nicht absehbar . Die Provinzen betreiben im föderalen kanadischen System autonome Klimaschutz- und Energiepolitiken . Welche energiepolitischen Schwerpunkte die kanadi- sche Regierung unter Minister James Gordon Carr setzt, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden . Anlage 4 Antwort der Parl . Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6602, Frage 11): Wie lautet nach derzeitigem Stand das weitere Arbeits- programm der in der Antwort der Bundesregierung auf mei- ne mündliche Frage 14 in der Fragestunde vom 4 . November 2015 (vergleiche Plenarprotokoll 18/132, Anlage 9) genannten gemeinsamen Arbeitsgruppe des Bundesministeriums für Um- welt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und der Ener- gieversorgungsunternehmen (bitte mit Datumsangabe der bis- lang ins Auge gefassten kommenden Termine), und wer genau nahm an der in der oben genannten Antwort genannten „ersten im Oktober 2015 erfolgten Sitzung“ teil (bitte mit Angabe von deren Kalenderdatum)? An der Sitzung am 15 . Oktober 2015 haben je ein Ver- treter der Energieversorgungsunternehmen Eon, RWE, EnBW und Vattenfall sowie aus dem Bundesministeri- um für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit der zuständige Unterabteilungsleiter sowie der zustän- dige Referatsleiter teilgenommen . Ein weiterer Termin soll noch im November 2015 stattfinden. Thema dieses Termins sind (genehmigungs-) rechtliche und technische Fragen im Zusammenhang mit der im Gesamtkonzept zur Rückführung von verglasten radioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung unter Nummer II .4 genann- ten Primärdeckelwechselstation . Weitere Sitzungstermi- ne der gemeinsamen Arbeitsgruppe wurden bislang nicht vereinbart . Anlage 5 Antwort der Parl . Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter auf die Frage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6602, Frage 12): Welche Precursor-Ereignisse gab es im Jahr 2010 in deut- schen Atomkraftwerken (bitte jeweils mit Angabe der wesent- lichen Eckpunkte), und welche Ereignisse wurden im Rahmen der Precursor-Analyse als nicht bewertbar eingestuft (bitte ebenfalls mit Eckpunkteangabe; vergleiche hierzu Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Frage 115 auf Bundes- tagsdrucksache 18/5596)? Die Ereignisse und die von der Gesellschaft für An- lagen- und Reaktorsicherheit (GRS) ermittelten be- dingten Wahrscheinlichkeiten für Gefährdungszustände sind in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt . Es wird darauf hingewiesen, dass die Aussagekraft der von der GRS durchgeführten Precursor-Analysen teilweise ein- geschränkt ist, weil der GRS nicht immer ausreichende Daten über die einzelnen Anlagen vorlagen . Die einge- schränkte Aussagekraft ist bei der Interpretation der nu- merischen Ergebnisse der Precursor-Analysen zu berück- sichtigen . Im Jahr 2010 traten keine nicht bewertbaren Ereignis- se auf . Tabelle: Meldepflichtige Ereignisse, die im Rahmen der Precuror-Analysen der GRS für das Jahr 2010 als Precursor-Ereignisse eingestuft wurden . Datum Anlage Kurzbeschreibung des Ereignisses Kategorie Auslösendes Ereignis 1) Bedingte Wahr- scheinlichkeit für Gefährdungszu- stände 24 .01 .2010 KKU Reaktorschnellabschaltung infolge Fehlschließen des Hauptspeise- wasser-Volllastregelventils eines Dampferzeugers Potentielles AE (AHSpW) 1 ·10-5 27 .01 .2010 KKI-1 Ausfall eines 6,3/0,4 kV-Notstrom- transformators über Buchholz-Aus- lösung Betriebsstö- rung, Poten- tielles AE (Transien- ten) 2,0 ·10-6 15 .02 .2010 KRB- II-B Kurzzeitiges Öffnen eines diversi- tären Druckbegrenzungsventils Potentielles AE (AHWS) 3,5 ·10-6 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015 13225 (A) (C) (B) (D) 1) Bei den in Klammern ( ) gesetzten Ereignissen handelt es sich je- weils um das maßgebliche, im Rahmen der Precursor-Analyse als aus- lösend postulierte Ereignis, das jedoch nicht eingetreten ist . In der Tabelle verwendete Abkürzungen: AE Auslösendes Ereignis mit Anforderung von Sicher- heitssystemen AHWS Ausfall der Hauptwärmesenke AHSpW Ausfall der Hauptspeisewasserversorgung KMV Kühlmittelverluststörfall Anlage 6 Antwort des Parl . Staatssekretärs Stefan Müller auf die Frage des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/6602, Frage 14): Zu welchen Fragestellungen wurden in diesem Jahr For- schungsaufträge im Rahmen der Förderbekanntmachung „Mi- kroplastik in marinen Systemen“ vergeben, und wie hoch sind die jeweiligen Fördersummen (bitte nach Fragestellung und Auftragnehmern aufschlüsseln)? Die Förderbekanntmachung „Mikroplastik in mari- nen Systemen“ erfolgte im Rahmen einer europäischen Kooperation unter dem Dach der Joint Programming In- itiative „Healthy and Productive Seas and Oceans“ (JPI OCEANS) . Basierend auf einem gemeinsamen Begut- achtungsprozess wurden vier Verbünde mit einem För- dervolumen von circa 7,5 Millionen Euro zur Förderung vorgeschlagen . Das Bundesministerium für Bildung und Forschung beteiligt sich mit circa 2,07 Millionen Euro . Bei den ausgewählten Forschungsvorhaben handelt es sich um folgende vier wissenschaftliche Verbundprojek- te: BASEMAN – Leitlinien und Standards für die einheitliche Analyse von Mikroplastik in europä- ischen Gewässern EPHEMARE – Ökotoxikologische Effekte von Mikroplastik in marinen Ökosystemen PLASTOX – Direkte und indirekte öko- toxikologische Effekte von Mikroplastik auf marine Or- ganismen WEATHER-MIC – Einfluss von Verwitterung auf den Transport, den Ver- bleib und die Toxizität von Mikroplastik in der marinen Umwelt Beteiligte deutsche Einrichtungen mit voraussichtli- cher Fördersumme: Datum Anlage Kurzbeschreibung des Ereignisses Kategorie Auslösendes Ereignis 1) Bedingte Wahr- scheinlichkeit für Gefährdungszu- stände 11 .03 .2010 KKI-1 Nichtstarten eines Notstromdiesels bei einer wiederkehrenden Prüfung Funktions- störung im Sicherheits- system (Notstrom- fall) 4,4 ·10-6 10 .09 .2010 KKI-1 Nichtschließen eines Sicherheits- und Entlastungsventils im Rahmen einer wiederkehrenden Reaktor- schutzprüfung AE AHWS 3,4 ·10-6 28 .09 .2010 GKN-2 Kleinstleckage an einer Entlee- rungsleitung aus einem Dampfer- zeuger Potentielles AE (KMV) 2,5 ·10-5 30 .12 .2010 KKU Reaktorschnellabschaltung infolge Fehlschließen des Hauptspeise- wasser-Volllastregelventils eines Dampferzeugers Potentielles AE (AHSpW) 1 ·10-5 Projekt Einrichtung Gesamtbudget BMBF- Zuwendung WEATHER-MIC Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ 583 .000,00 € 297 .447,00 € Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der ange- wandten Forschung e .V . – FhG 375 .000,00 € 299 .973,00 € BASEMAN Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung – AWI 654 .000,00 € 299 .744,00 € Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 201513226 (A) (C) (B) (D) GEOMAR – Helmholtz-Zentrum für Ozeanfor- schung Kiel -GEOMAR 370 .000,00 € 89 .143,00 € Universität Bayreuth 348 .000,00 € 300 .000,00 € Carl von Ossietzky Universität Oldenburg 240 .000,00 € 180 .592,80 € EPHEMARE Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 339 .000,00 € 300 .000,00 € PLASTOX TU Darmstadt 336 .000,00 € 299 .832,00 € Anlage 7 Antwort des Parl . Staatssekretärs Stefan Müller auf die Frage des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/6602, Frage 15): Wann ist nach Kenntnis der Bundesregierung mit der Ver- öffentlichung von Forschungsergebnissen der jeweiligen Mi- kroplastik-Forschungsprojekte zu rechnen? Die Forschungsprojekte haben eine dreijährige Lauf- zeit und sollen am 1 . Januar 2016 starten . Ein gemein- sames Auftaktmeeting wird im Februar 2016 in Madrid stattfinden. Erste Ergebnisse sind ab 2017 zu erwarten. Für 2017 und 2018 wurden durch die Wissenschaftler die Teilnahme an wissenschaftlichen Konferenzen und Prä- sentation der Forschungsergebnisse geplant . Anlage 8 Antwort der Staatsministerin Monika Grütters auf die Frage der Abgeordneten Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/6602, Frage 17): Inwiefern sind von dem Kabinettsentwurf für ein Kul- turschutzgesetz auch naturwissenschaftliche Probenarchive (Herbarien, Insektensammlungen, Fossiliensammlungen und andere) betroffen, und welche Folgen hat dies voraussichtlich für die naturwissenschaftliche Forschung, das Umweltmoni- toring durch Institute und ehrenamtliche Vereine sowie die Umweltbildung? Aus Sicht der Bundesregierung hat der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Kulturgut- schutzrechts keine Auswirkungen auf die naturwissen- schaftliche Forschung, das Umweltmonitoring durch Institute und ehrenamtliche Vereine sowie die Umwelt- bildung . Um vom Anwendungsbereich des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Neuregelung des Kulturgutschutz- rechts überhaupt betroffen zu sein, müsste es sich bei den genannten Probenarchiven zunächst um Kulturgut handeln . Dies ist zwar grundsätzlich auch bei naturwis- senschaftlichen Sammlungen denkbar, wird jedoch die absolute Ausnahme sein; denn zusätzlich zu der in erster Linie naturwissenschaftlichen Bedeutung der Gesamtheit der Einzelstücke wäre ein außerordentliches kulturhisto- risches Interesse an der Sammlungsleistung erforderlich . Anlage 9 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab- geordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6602, Frage 19): Teilt die Bundesregierung die Ankündigung im migrations- politischen Papier von CDU und CSU vom 1 . November 2015 „Menschen in Not helfen, Zuwanderung ordnen und steuern, Integration sichern“: „Deutschland wird ebenso wie die USA und andere Partner sein militärisches Engagement in Afgha- nistan verlängern … Außerdem halten wir den Abschluss eines Rückübernahmeabkommens durch die EU sowie den Schutz und die Schaffung innerstaatlicher Fluchtalternativen (Schutz- zonen) und die Konzentration der Entwicklungszusammen- arbeit für dringlich . Vor diesem Hintergrund werden wir die Entscheidungsgrundlagen des BAMF für Afghanistan über- arbeiten und anpassen“ (BAMF: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge), also die Bundeswehr länger in Afghanistan belassen, und wie lauten die Details dieses verlängerten Bun- deswehreinsatzes (Zahl der Soldaten, Einsatzdauer, Ort) sowie der neuen Entscheidungsgrundlagen für das BAMF? Der deutsche Einsatz bei der NATO-Mission Resolute Support in Afghanistan erfolgt gemeinsam mit den Al- liierten und weiteren operationellen Partnern . Die Ent- wicklung der Mission werden wir daher gemeinsam in der NATO beschließen . Präsident Obama hat bereits angekündigt, bis min- destens Ende 2016 mit 9 800 Soldaten in Afghanistan bleiben zu wollen . Das ermöglicht uns, ebenso lange in Masar-i-Scharif zu bleiben . Die Koalition hat beschlossen, dass Deutschland sich weiterhin an der Stabilisierung von Afghanistan beteili- gen, sein finanzielles Engagement zur Entwicklung des Landes aufrechterhalten und, vorbehaltlich der konstitu- tiven Zustimmung des Deutschen Bundestags, gemein- sam mit den USA und weiteren Partnern auch sein mi- litärisches Engagement in Afghanistan verlängern wird . Deutschland beteiligt sich zurzeit als Führungsnati- on im Norden mit 850 Soldatinnen und Soldaten an der Resolute Support Mission in Afghanistan . Das Bundes- tagsmandat läuft bis zum 31 . Dezember 2015 . Die Bun- desregierung wird zu gegebener Zeit mit einem neuen Mandatsantrag in den Bundestag gehen . Einzelheiten des Antrags werden derzeit zwischen den Ressorts ab- gestimmt . Was mögliche Rückführungen nach Afghanistan be- trifft: Hier wird auch weiterhin gelten, dass eine sorgfäl- tige Einzelfallprüfung vorgenommen wird . Die Koalition hat zudem beschlossen, zur Schaffung und Verbesserung innerstaatlicher Fluchtalternativen beizutragen und vor diesem Hintergrund die Entscheidungsgrundlagen des Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015 13227 (A) (C) (B) (D) Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu überarbeiten und anzupassen . Dies ermöglicht auch eine Intensivierung der Rückführungen . Anlage 10 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab- geordneten Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/6602, Frage 20): Teilt das Auswärtige Amt vor dem Hintergrund der Ent- wicklungen in der arabischen Welt die ernsthaften Bedenken des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, was die Genehmigungsfähigkeit von 62 Panzern, 24 Panzerhaubit- zen und anderem Kriegsgerät nach Katar angeht (vergleiche Schreiben des Staatssekretärs Matthias Machnig an den Vor- sitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestags vom 22 . Oktober 2015)? Die gültige Genehmigung nach dem Kriegswaffen- kontrollgesetz für die Lieferung von 62 Panzern, 24 Pan- zerhaubitzen und anderen Rüstungsgütern nach Katar ist bereits 2013 erteilt worden . In einem gemeinschaftlichen Abwägungs- und Ent- scheidungsprozess hat die Bundesregierung alle Beden- ken, Argumente und Optionen umfassend bewertet und gemeinsam entschieden, die Ausfuhren letztlich nicht aufzuhalten . Das Auswärtige Amt hat an diesem Abwä- gungs- und Entscheidungsprozess substanziell mitge- wirkt und dabei außen- und sicherheitspolitische Erwä- gungen eingebracht − unter Würdigung der Lage in der Region . Die Bundesregierung ist in diesem Zusammenhang zu der Auffassung gelangt, dass die erwähnten, bereits genehmigten Rüstungsgüter nicht im Jemen zum Einsatz kommen dürfen . Die katarische Regierung hat dies zu- gesichert . Anlage 11 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Ab- geordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/6602, Frage 21): Inwieweit sieht die Bundesregierung in der Einschätzung des Sprechers der Bundesregierung Steffen Seibert, der den friedlichen Verlauf der Abstimmung in der Türkei lobte, einen Widerspruch zur Kritik der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) und der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, wonach der Wahlkampf in der Türkei „von Gewalt beeinträchtigt“ war (AFP vom 2 . Novem- ber 2015), und welche Konsequenzen zieht die Bundesregie- rung aus dem Urteil der OSZE-Beobachter, dass der türkische Wahlkampf infolge von Anschlägen, Drohungen sowie Raz- zien im Vorfeld, von denen insbesondere die Kurden und die Demokratische Partei der Völker (HDP) betroffen waren, we- der fair noch friedvoll gewesen ist (www .zeit .de/politik/aus- land/2015-11/tuerkei-wahl-wahlkampf-osze-kritik)? Die Bundesregierung teilt die vorläufige Bewer- tung der Wahlbeobachter von ODHIR, OSZE-PV und EuR-PV . Darin wurde positiv gewürdigt, dass die Wahlen am Wahltag gut organisiert und weitgehend störungsfrei verliefen . Ebenso wurden die hohe Wahlbeteiligung und die Tatsache, dass bei der Wahl echte Alternativen be- standen, positiv bewertet . Es ist richtig, dass die Wahlbeobachter zugleich den vorangegangenen Wahlkampf mit Blick auf die schlechte Sicherheitslage in einigen Gebieten der Türkei, Angriffe gegen einzelne Parteien und Medien sowie Einschrän- kungen in der Meinungsfreiheit kritisiert haben . Die Äu- ßerung des Sprechers der Bundesregierung bezog sich auf den Verlauf der Abstimmung am Wahltag selbst . Anlage 12 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Ab- geordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksa- che 18/6602, Frage 22): Welche Details kann die Bundesregierung zum Zustande- kommen einer Eintragung zur Einreiseverweigerung von elf Mitgliedern der türkischen Musikgruppe „Grup Yorum“, der eine Nähe zur verbotenen Revolutionären Volksbefreiungs- front (DHKP-C) unterstellt wird, in das Schengener Infor- mationssystem SIS II mitteilen, womit nach Medienberichten (junge Welt vom 3 . November 2015) das deutsche Konsulat die Verweigerung von Visaerteilungen für einen Auftritt auf dem Konzert „Eine Stimme, ein Herz gegen Rassismus“ in Oberhausen begründete, obgleich die Musiker erst im Som- mer ohne Probleme bei der Einreise in Europa touren konnten (bitte die für die Eintragung im SIS II verantwortliche Regie- rung und die angegebenen Gründe mitteilen), und im Rahmen welcher bilateralen oder internationalen Zusammenarbeitsfor- men haben sich deutsche und türkische Sicherheitsbehörden im Jahr 2015 über konkrete operative Maßnahmen gegenüber der DHKP-C und der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ausge- tauscht? Im Rahmen der Auftragserfüllung und mit der Ziel- setzung des Schutzes von Sicherheitsinteressen der Bun- desrepublik Deutschland findet ein bilateraler Austausch zwischen deutschen und den türkischen Sicherheitsbe- hörden statt . Der Austausch findet in der Regel zweimal jährlich mit den jeweiligen türkischen Partnerbehörden statt . Gegenstand sind alle von den Sicherheitsbehörden zu bearbeitenden Themen, insbesondere der internationale Terrorismus . Dazu gehören neben den Reisebewegun- gen von Dschihadisten über die Türkei nach Syrien auch terroristische Aktivitäten der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Revolutionären Volksbefreiungsfront (DHKP-C) . Gegenstand der Gespräche ist regelmäßig ein Austausch zur Lage in den jeweiligen Ländern . Das Recht auf Auskunft über die im Schengener In- formationssystem gespeicherten Daten steht aus daten- schutzrechtlichen Gründen nur dem Betroffenen nach Artikel 41 der Verordnung (EG) Nr . 1987/2006 sowie Artikel 58 des Beschlusses des Rates 2007/533/J zu . In- sofern kann hierzu keine Auskunft erfolgen . http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-11/tuerkei-wahl-wahlkampf-osze-kritik http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-11/tuerkei-wahl-wahlkampf-osze-kritik Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 201513228 (A) (C) (B) (D) Anlage 13 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Druck- sache 18/6602, Frage 23): Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern in dem vom Bundeskriminalamt bei Europol aufgebauten Analyse- und Auswerteschwerpunkt „Check the Web“ durch die neue Meldestelle für Internetinhalte (EU IRU) nicht nur „bearbeitete Inhalte“ zum Phänomen „islamistischer Terro- rismus“ gespeichert und verarbeitet werden (oder werden sollen), sondern auch zu „Schleuserkriminalität“ und „gewalt- bereitem Extremismus“ (vergleiche Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke „Rechtsgrundlage der Melde- stelle für Internetinhalte bei Europol“, auf Bundestagsdruck- sache 18/6442, Antwort noch ohne Drucksachennummer), und mit welchen Maßnahmen sollen oder wollen die Firmen Twit- ter und Western Union, wie auf der Konferenz „INTERPOL and Europol Operational Forum on Countering Migrant Smuggling Networks“ besprochen, dazu bewogen werden, die Nutzung des Internets „als Mittel der Kommunikation zwischen Fluchthelfern und Flüchtlingen“ zu verhindern und mutmaßliche Fluchthelfer durch Ermittlungen von Finanzströ- men und Kommunikationsnetzwerken aufzuspüren bzw . eine hierzu bereits vorhandene Kooperation zu verstetigen? Der Auswerteschwerpunkt „Check the Web“ bei Eu- ropol ist derzeit auf den Phänomenbereich des islamisti- schen Terrorismus beschränkt . Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass darüber hinaus eine Ausweitung auf die Bereiche Schleusungskriminalität oder gewaltberei- ten Extremismus geplant ist . Die Bundesregierung hat keine Kenntnis von Maß- nahmen der Unternehmen Twitter und Western Union zur Verhinderung der Nutzung des Internets als Mittel der Kommunikation zwischen sogenannten Fluchthel- fern und Flüchtlingen bzw . zum Aufspüren von Finanz- strömen und Kommunikationsnetzwerken . Der Bundes- regierung sind auch keine Maßnahmen bekannt, welche die Unternehmen Twitter und Western Union hierzu be- wegen sollen . Anlage 14 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Fra- ge der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Drucksache 18/6602, Frage 24): Inwieweit trifft es zu, dass die Ankündigung der Bundes- regierung, abgelehnte Asylbewerber aus Afghanistan künf- tig deutlich häufiger als bisher in ihre Heimat abzuschieben, von der Regierung in Kabul mit Erstaunen und Ablehnung kommentiert worden ist, wobei der afghanische Minister für Flüchtlingsangelegenheiten, Sayed Hussain Alimi Balkhi, sagte, dass seine Regierung von einer entsprechenden Ent- scheidung nichts wüsste, sondern im Gegenteil einer deut- schen Regierungsdelegation in Genf gesagt habe, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtert habe und „deshalb ausdrücklich darum gebeten (hat), keine afghani- schen Asylbewerber abzuschieben“ (www .faz .net/aktuell/ politik/fluechtlingskrise/afghanistan-will-abgelehnte-asylbe- werber-nicht-zuruecknehmen-13883072 .html), und teilt die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis die Auffassung, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtert hat vor dem Hintergrund, dass der deutsche NATO-General Hans- Lothar Domröse die Möglichkeit von Luftangriffen gegen die radikal-islamischen Taliban und die Weitergabe von Aufklä- rungsbildern an die afghanischen Sicherheitskräfte in Betracht zieht (www .nzz .ch/international/deutscher-nato-general-for- dert-ausweitung-des-afghanischen-einsatzes-1 .18640756)? In Gesprächen der Bundeskanzlerin Dr . Angela Mer- kel und Außenminister Dr . Frank-Walter Steinmeier hat der afghanische Präsident Ghani erklärt, dass sich Afgha- nistan bei der Aufnahme von abgelehnten Asylbewerbern aus Deutschland an seine internationalen Verpflichtungen halte . Anderslautende Äußerungen seien „nicht die Hal- tung seiner Regierung“ . Der stellvertretende Sprecher des Präsidenten bekannte sich öffentlich eindeutig zur Rückübernahmepflicht abgelehnter Asylbewerber durch Afghanistan . Die Bundesregierung wird mit den für die Rückführung zuständigen Ländern das weitere Vorgehen im Rahmen der Herbst-IMK erörtern . Anlage 15 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6602, Frage 25): Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung ange- sichts der steigenden Anzahl von gewalttätigen Angriffen und Terroranschlägen auf Flüchtlinge, Flüchtlingsunterkünfte und Menschen, die sich für Flüchtlinge einsetzen, und inwiefern hält sie diese Maßnahmen für ausreichend, um die gefährdeten Personen und Personengruppen effektiv zu schützen? Die Sicherheitsbehörden tun alles in ihrer Macht Ste- hende, um solche Straftaten zu verhindern . Es ist aber auch klar, dass es keinen absoluten Schutz geben kann . Die primären Schutz- und Strafverfolgungsmaßnah- men werden, wie Sie ja wissen, von den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden der Länder eigenverantwort- lich wahrgenommen . Das Bundeskriminalamt (BKA) unterstützt die Länder aber im Rahmen seiner Zentral- stellenfunktion intensiv, insbesondere durch die Erstel- lung von Lagebildern und Gefährdungsbewertungen . Um einen bundesweiten Lageüberblick über alle Übergriffe auf Asylunterkünfte zu erhalten, haben wir zusammen mit den Ländern bei der Erfassung von po- litisch motivierter Kriminalität zum 1 . Januar 2014 die Kategorie „gegen Asylunterkünfte“ eingeführt und die Clearingstelle im BKA eingerichtet, um einen zentralen Ansprechpartner für die Länder zu schaffen . Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) beobachtet im Rahmen seiner Aufgaben und Befugnisse fortlaufend rechtsextremistische Aktivitäten und poli- tisch motivierte Gewalt . Gerade die rechtsextremistische Anti-Asyl-Agitation wird hierbei prioritär bearbeitet . Darüber hinaus findet ein kontinuierlicher Informa- tionsaustausch im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum-Rechts (GETZ-R) sowie im Rahmen von Sachbearbeitertagungen mit dem Ziel statt, frühzeitig die Bildung vernetzter rechtsextremer Strukturen zu erkennen und entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können . Am Beispiel „Old School Society“ http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/afghanistan-will-abgelehnte-asylbewerber-nicht-zuruecknehmen-13883072.html http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/afghanistan-will-abgelehnte-asylbewerber-nicht-zuruecknehmen-13883072.html http://www.faz.net/aktuell/politik/fluechtlingskrise/afghanistan-will-abgelehnte-asylbewerber-nicht-zuruecknehmen-13883072.html http://www.nzz.ch/international/deutscher-nato-general-fordert-ausweitung-des-afghanischen-einsatzes-1.18640756 http://www.nzz.ch/international/deutscher-nato-general-fordert-ausweitung-des-afghanischen-einsatzes-1.18640756 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015 13229 (A) (C) (B) (D) („OSS“) wurde deutlich, dass diese Zusammenarbeit funktioniert . Gegenwärtig arbeiten wir auch daran, die statistische Erfassung von Straftaten noch zu verfeinern, die sich in diesem Zusammenhang gegen Personen außerhalb der Unterkünfte richten . Im zuständigen Fachgremium AG Qualitätskontrolle werden gegenwärtig aber auch im Hinblick auf Flücht- linge und deren Unterstützer Erweiterungen des Themen- feldkatalogs PMK erörtert. Auch hier befinden wir uns aber noch in der fachlichen Diskussion und Abstimmung mit den Ländern . Anlage 16 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage des Abgeordneten Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6602, Frage 26): Wie viele Entscheider werden derzeit vom BAMF einge- setzt, und wie viele Stellen wurden bzw . werden für Entschei- der in den Jahren 2014 bis 2016 neu geschaffen und besetzt (bitte nach Quartalen aufschlüsseln)? Von den mit dem Nachtragshaushalt 2015 bewilligten 750 Planstellen/Stellen sind 450 Entscheiderstellen vor- gesehen, die zum Ende dieses Jahres vollständig besetzt sein werden . Damit erhöht sich die Anzahl der besetzten Entscheiderstellen bis Ende 2015 auf 805 . Bis zum Ende des Jahres 2014 waren im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 355 Entscheider- stellen besetzt . Im Rahmen der für 2016 vorgesehenen Stellenzu- wächse beim BAMF sind nach aktuellen Planungen wei- tere 1 200 Entscheiderstellen vorgesehen, sodass sich − nach Maßgabe des laufenden parlamentarischen Haus- haltsaufstellungsverfahrens − im Laufe des Jahres 2016 die Zahl der besetzten Entscheiderstellen auf rund 2 000 erhöhen wird . Anlage 17 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Fra- ge des Abgeordneten Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6602, Frage 27): Welche Nachforschungen hat die Bundesregierung in den eigenen Aktenbeständen vorgenommen, um den aktuellen wie auch schon früher geäußerten Vorwürfen von schwarzen Kas- sen und anderen Unregelmäßigkeiten im Organisationskomi- tee der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland nach- zugehen, und welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um solche Unregelmäßigkeiten im Umfeld der Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024 auszuschließen? Das Bundesministerium des Innern (BMI) hat sei- nerzeit die Aktivitäten der Bundesregierung im Zusam- menhang mit der FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2006 koordiniert . Insofern sichtet das BMI derzeit den ge- samten Aktenbestand von mehreren zehntausend Seiten im Umfeld der Bewerbung bis zum Abschluss der Fuß- ballweltmeisterschaft 2006 . Zum jetzigen Zeitpunkt der Aktenrecherche konnten noch keine Unregelmäßigkeiten oder relevante Hinweise im Sinne der Fragestellung fest- gestellt werden . Hinsichtlich der Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024 wurden verschiedene organisatorische Maß- nahmen eingeleitet, um eine ordnungsgemäße Verwen- dung öffentlicher Mittel sicherzustellen . Die Bundesre- publik Deutschland ist mit einem Anteil von 18 Prozent an der Bewerbungsgesellschaft Hamburg 2024 GmbH beteiligt . Die Bundesregierung nimmt zusammen mit Mitgliedern des Deutschen Bundestags im Wege der Mit- gliedschaft in den Organen der Bewerbungsgesellschaft Kontroll- und Aufsichtsfunktionen wahr . Im Aufsichts- rat ist der Deutsche Bundestag durch die Abgeordneten MdB Dr . Schröder (CDU), MdB Kruse (CDU), MdB Kahrs (SPD), MdB Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) und MdB Kunert (DIE LINKE) vertreten . Die Bundesregierung ist in der Gesellschafterver- sammlung vertreten, die unter anderem über den Wirt- schaftsplan der Bewerbungsgesellschaft entscheidet . Der Wirtschaftsplan bildet die Geschäftsgrundlage für das Handeln der Bewerbungsgesellschaft . Des Weiteren ver- fügt die Bewerbungsgesellschaft Hamburg 2024 GmbH über ein mehrstufiges Risikomanagement und ein Con- trolling . Anlage 18 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Günter Krings auf die Frage der Abgeordneten Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6602, Frage 28): Wie oft kam es nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2015 zu Übergriffen auf Journalistinnen und Journalisten mit rechtsextremem bzw . rechtspopulistischem Bezug, und was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu unternehmen? Der Bundesregierung sind einzelne politisch moti- vierte Straftaten zum Nachteil von Journalistinnen und Journalisten bekannt . Für Schutz- und Strafverfolgungs- maßnahmen sind jedoch primär die Länder zuständig . Das Bundeskriminalamt unterstützt die Länder aber im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion intensiv, insbeson- dere durch die Erstellung von Lagebildern und Gefähr- dungsbewertungen . Anlage 19 Antwort des Parl . Staatssekretärs Ulrich Kelber auf die Frage der Abgeordneten Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) (Drucksache 18/6602, Frage 29): Wen wird die Bundesregierung mit der von ihr angekündig- ten Evaluierung des Leistungsschutzrechtes beauftragen, und welche Aspekte werden dabei Berücksichtigung finden? Das innerhalb der Bundesregierung federführend zu- ständige Bundesministerium der Justiz und für Verbrau- Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 201513230 (A) (C) (B) (D) cherschutz wird zu gegebener Zeit entscheiden, ob und gegebenenfalls an wen ein Auftrag für eine Evaluation vergeben wird . Anlage 20 Antwort des Parl . Staatssekretärs Ulrich Kelber auf die Frage des Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6602, Frage 30): Wie ist, auch vor dem Hintergrund einer entsprechenden Ankündigung im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, der derzeitige Stand der Evaluierung des Leistungs- schutzrechts für Presseverlage, und wann wird die Bundesre- gierung diese wiederholt angekündigte (vergleiche Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Bundestagsdrucksache 18/2172), bislang jedoch noch nicht erfolgte ergebnisoffene Evalu- ierung, auch vor dem Hintergrund einer ganz offensichtli- chen Nichterreichung der formulierten Ziele des Gesetz- entwurfs (vergleiche http://derstandard .at/2000024553954/ Oettinger-Deutsches-Leistungsschutzrecht-greift-nicht-richtig), konkret vorlegen? Die Bundesregierung wird entsprechend der Vorga- be im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD das Leistungsschutzrecht des Presseverlegers hinsicht- lich der Erreichung seiner Ziele evaluieren . Wie bereits mehrfach mitgeteilt, unter anderem in den Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Bünd- nis 90/Die Grünen auf Bundestagsdrucksache 18/2172, müssen dazu nach Auffassung der Bundesregierung zu- nächst hinreichende Erfahrungen mit der Anwendung des Schutzrechts vorliegen . Daran fehlt es bislang . Anlage 21 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Michael Meister auf die Frage der Abgeordneten Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/6602, Frage 31): Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Einnahmeaus- fälle bei der Kfz-Steuer, die durch zu niedrig angegebene CO2-Werte bei Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns ent- standen sind (vergleiche Rede von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt am 4 . November 2015 im Deutschen Bundestag, Plenarprotokoll 18/132; wenn möglich, bitte nach Jahren aufteilen)? Eine Abschätzung von Einnahmeausfällen bei der Kraftfahrzeugsteuer infolge zu niedrig angegebener CO2-Werte bei Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns ist erst nach Ermittlung der konkreten Abweichungen und der weiteren erforderlichen Parameter durch das Kraft- fahrtbundesamt möglich . Anlage 22 Antwort des Parl . Staatssekretärs Peter Bleser auf die Frage der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) (Drucksache 18/6602, Frage 32): Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Gly- phosatrückstände in Hygieneartikeln aus Baumwolle (wie beispielsweise Tampons, Binden, Verbandsmaterial oder Ta- schentücher)? Der Bundesregierung liegen keine verlässlichen Da- ten zu Glyphosat-Rückstanden in Hygieneartikeln vor . Anlage 23 Antwort des Parl . Staatssekretärs Peter Bleser auf die Frage der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) (Drucksache 18/6602, Frage 33): Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie Glyphosat durch diese Produkte in den menschlichen Körper aufgenommen werden und sich auf die menschliche Gesund- heit auswirken kann (vergleiche Ergebnisse aus dem Gespräch des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- wicklung des Deutschen Bundestages mit dem Arzt Medardo Ávila Vázquez am 4 . November 2015)? Der Bundesregierung ist nach Auskunft des Bundes- instituts für Risikobewertung (BfR) bekannt, dass im Rahmen der EU-Wirkstoffprüfung eine Aufnahme von Glyphosat über die intakte Haut von bis zu einem Pro- zent der applizierten Dosis ermittelt wurde . Die Auswir- kungen auf die menschliche Gesundheit hängen von der applizierten Dosis ab . Anlage 24 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Ralf Brauksiepe auf die Fra- ge der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Druck- sache 18/6602, Frage 34): Welche Regelungen zur Erstattung der zur Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen erbrachten Amtshilfeleis- tungen der Bundeswehr durch die antragstellenden Behör- den des Bundes, der Länder und der Kommunen sind bislang festgelegt, und wie ist der mögliche Widerspruch zwischen der Darstellung, die Kosten für den Betrieb von Erstaufnah- meeinrichtungen in Kasernen übernehme der Bund (aktuell vom 21 . September 2015), und den Angaben in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke „Stattgefundene und geplante Amtshilfe und Unterstüt- zungsleistungen der Bundeswehr im Inland (Stand: drittes Quartal 2015)“ auf Bundestagsdrucksache 18/6518, in denen es durchweg heißt, die Kosten müssten durch die „Antragstel- ler“, bei denen es sich ganz überwiegend um Länder und Kom- munen handelt, übernommen werden, zu erklären? Bei den bislang festgelegten Regelungen zur Erstat- tung der zur Unterbringung und Versorgung von Flücht- lingen erbrachten Amtshilfeleistungen durch die antrag- stellenden Behörden sind Artikel 35 Abs . 1 GG, §§ 4 ff . Verwaltungsverfahrensgesetz und die bundeswehrinterne Dienstvorschrift zur Technischen Amtshilfe zu nennen . Danach sind im Rahmen von Amtshilfe grundsätzlich die Auslagen der ersuchten Behörde zu erstatten . Dies gilt allerdings nicht, wenn Behörden des gleichen Rechtsträ- gers, also zum Beispiel Bundeswehr gegenüber BAMF, einander Amtshilfe leisten . http://derstandard.at/2000024553954/Oettinger-Deutsches-Leistungsschutzrecht-greift-nicht-richtig http://derstandard.at/2000024553954/Oettinger-Deutsches-Leistungsschutzrecht-greift-nicht-richtig Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015 Deutscher Bundestag – 18 . Wahlperiode – 135 . Sitzung . Berlin, Mittwoch, den 11 . November 2015 13231 (A) (C) (B) (D) Darüber hinaus hat sich die Bundesregierung in der Übereinkunft mit den Ländern vom 9 . Oktober 2015 verpflichtet, zusätzliche 40 000 Unterbringungsplätze in Erstaufnahmeeinrichtungen und Wartezentren zur Verfü- gung zu stellen . In dieser Übereinkunft hat sich der Bund für die in Amtshilfe für die Länder betriebenen Wartezen- tren zur Tragung der Kosten verpflichtet. Für die in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage aufgeführten Amtshilfe- und Unter- stützungsleistungen sind die eingangs angesprochenen Regelungen zur Kostenerstattung bei Amtshilfe ein- schlägig . Da die in der Antwort auf die Kleine Anfrage aufgeführten Amtshilfeleistungen überwiegend für Län- der und Kommunen erbracht wurden, sind die Auslagen zu erstatten . Dagegen betrifft der Artikel in der Zeitschrift „Bun- deswehr aktuell“ vom 21 . September 2015 einen anderen Sachverhalt . Dort war unter anderem ausgeführt: „Ge- plant ist in Liegenschaften des Bundes wie leerstehenden Kasernen, Erstaufnahmeeinrichtungen mit 40 000 Plät- zen zu schaffen . Die Kosten für den Betrieb übernimmt der Bund .“ Diese Aussage gibt die Überlegungen innerhalb der Bundesregierung im Vorgriff auf die bereits dargestell- te, am 9 . Oktober 2015 getroffene Übereinkunft mit den Ländern wieder . Insofern besteht kein Widerspruch zwi- schen der Antwort auf die Kleine Anfrage und der Aus- sage im Artikel der „Bundeswehr Aktuell“, da es sich um zwei verschiedene Sachverhalte handelt . Anlage 25 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Katrin Kunert (DIE LINKE) (Drucksache 18/6602, Frage 35): Inwieweit erfolgte inzwischen eine Auswertung der Er- gebnisse des Fachsymposiums vom 9 . bis 11 . Februar 2015 hinsichtlich ihrer Relevanz für Wehrdienstbeschädigungsver- fahren, und wenn nicht, wann ist mit Ergebnissen und deren Auswertung zu rechnen? Eine Auswertung der Ergebnisse des Fachsymposi- ums ist noch nicht erfolgt, da der Abschlussbericht zum Fachsymposium noch nicht vorliegt . Ein genauer Termin für die Übergabe des Abschlussberichts steht noch nicht fest, jedoch wird dieser voraussichtlich nicht vor Anfang Januar 2016 liegen . Sobald der Bericht vorliegt, wird das Bundesministe- rium der Verteidigung eine Auswertung dieses Berichts vornehmen und prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit sich daraus Konsequenzen für die Versorgungsverfahren ergeben . Anlage 26 Antwort des Parl . Staatssekretärs Dr . Ralf Brauksiepe auf die Frage der Abgeordneten Katrin Kunert (DIE LINKE) (Drucksache 18/6602, Frage 36): Inwieweit haben sich seit der Übernahme der Zuständig- keiten durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr die Bearbeitungszeiten von Anträgen in Wehr- dienstbeschädigungsverfahren verkürzt, bzw . wurde das Ver- fahren erleichtert? Eine Verkürzung der Bearbeitungszeiten wird sich trotz bereits ergriffener Maßnahmen nur allmählich einstellen, da das für die Bearbeitung der Wehrdienst- beschädigungsverfahren zuständige Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr seit der erfolgten Übernahme der Aufgaben von den Ländern sehr stark ausgelastet ist . Das Bundesministerium der Verteidigung hat eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die geeignete aufbau- und ablauforganisatorische Maßnahmen zur Beschleunigung der Verfahren erarbeitet . Ein erster Zwischenbericht an den Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages wird zeitnah erfolgen . Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 135. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 1 Befragung der Bundesregierung TOP 2 Fragestunde TOP 3 Einsetzung des 3. Untersuchungsausschusses ZP 1 Aktuelle Stunde zur Statusfrage syrischer Flüchtlinge und zum Familiennachzug Anlagen Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5 Anlage 6 Anlage 7 Anlage 8 Anlage 9 Anlage 10 Anlage 11 Anlage 12 Anlage 13 Anlage 14 Anlage 15 Anlage 16 Anlage 17 Anlage 18 Anlage 19 Anlage 20 Anlage 21 Anlage 22 Anlage 23 Anlage 24 Anlage 25 Anlage 26
Gesamtes Protokol
Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813500000

Ich grüße Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, hier

im Plenum, ich grüße die Kolleginnen und Kollegen der
Bundesregierung, und ich begrüße recht herzlich unsere
Gäste auf der Tribüne . Die Sitzung ist damit eröffnet .

Ich habe vor Eintritt in die Tagesordnung eine amt-
liche Mitteilung: Interfraktionell ist vereinbart worden,
den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des
Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaftsgesetzes
auf Drucksache 18/6487 zur Mitberatung an den Haus-
haltsausschuss zu überweisen . Ich gehe davon aus, dass
Sie damit einverstanden sind . – Ich höre und sehe keinen
Widerspruch . Dann ist das so beschlossen .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Befragung der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen
Kabinettssitzung mitgeteilt: Gesetzentwurf zur Um-
setzung der Richtlinie 2014/26/EU über die kollek-
tive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten
Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietsli-
zenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-
nutzung im Binnenmarkt sowie zur Änderung des
Verfahrens betreffend die Geräte- und Speicherme-
dienvergütung. – Das war die Überschrift .

Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat der Bundesminister der Justiz und für Verbraucher-
schutz, Heiko Maas . – Sie haben das Wort, Herr Minister .

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Vielen Dank . – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Autoren, Künstler,
Urheber leben zum einen davon, dass das, was sie schaf-
fen, also ihre Werke, verbreitet wird und ein möglichst
breites Publikum findet. Zum anderen leben sie vor al-
len Dingen aber auch davon, dass das, was sie schaffen,
entsprechend vergütet wird . Dafür brauchen wir Verwer-
tungsgesellschaften, und diese sind Gegenstand des Ge-
setzentwurfes, den das Kabinett heute beschlossen hat .

Diese Verwertungsgesellschaften, die es im Übrigen
seit 150 Jahren gibt – da wurden sie in Frankreich er-
funden –, ermöglichen den Rechtenutzern den einfachen,
gebündelten Zugang zu den Rechten . Sie sorgen so für
die Verbreitung und die Vermarktung von kreativen Leis-
tungen . Sie kassieren die Vergütung für die Nutzung der
Werke und verteilen dann diese Einnahmen . Sie sind da-
mit in vielen Bereichen der Kulturwirtschaft eine wichti-
ge Grundlage für das individuelle Schaffen von Künstle-
rinnen und Künstlern .

Die EU-Richtlinie, die wir mit dem Gesetzentwurf
umsetzen wollen, schafft erstmals die Grundlage da-
für, einen unionsweiten Rechtsrahmen für die Tätigkeit
von Verwertungsgesellschaften zu setzen . Wir haben in
Deutschland 13 Verwertungsgesellschaften, die von die-
sem Gesetz betroffen sind, mit einem Jahresumsatz von
etwa 1 Milliarde Euro . Die größte ist die sicherlich be-
kannte GEMA, die allein 850 Millionen Euro erlöst .

Mit dem Gesetzentwurf werden die Grundlagen neu
geordnet . Dabei haben wir es ermöglicht, dass die be-
währten nationalen Mechanismen beibehalten werden
können . Zum Beispiel gibt es auch weiterhin eine Staats-
aufsicht über die Verwertungsgesellschaften . Das ist et-
was, was in anderen Mitgliedstaaten aufgrund der Richt-
linie erst jetzt eingeführt wird . Wir halten auch daran
fest, dass Verwertungsgesellschaften in Deutschland eine
behördliche Erlaubnis benötigen und dass sie verpflichtet
sind, jedermann zu angemessenen Bedingungen eine Li-
zenz für Rechte zu geben, die sie wahrnehmen .

Meine Damen und Herren, im Detail bedurfte es um-
fangreicher Anpassungen, größtenteils aber technischer
Natur, zum Beispiel um die umfangreichen Informa-
tions- und Transparenzpflichten von Verwertungsgesell-
schaften zu definieren. Wegen der Vorgaben in der Richt-
linie wird nun vieles, was bisher in den Satzungen dieser
Gesellschaften festgeschrieben wurde, Gegenstand des
Gesetzes .

Mit dem Gesetz machen wir auch das Verfahren zur
Aufstellung der Tarife für die Vergütung von Privatko-
pien schneller und auch effizienter. Seit Einführung un-
seres Urheberrechtsgesetzes vor 50 Jahren haben wir in
Deutschland eine sinnvolle Regelung, an der wir festhal-






(A) (C)



(B) (D)


ten wollen, nämlich die erlaubte, fair vergütete Privat-
kopie . Verbraucherinnen und Verbraucher sind danach
berechtigt, auch ohne Erlaubnis der Rechteinhaber pri-
vate Kopien anzufertigen, aus Büchern, von DVDs und
vielem anderen . Dafür erhalten die Kreativen einen Aus-
gleich, der über die sogenannte Geräte- und Speicher-
medienvergütung erhoben wird, also im Preis von PCs,
Druckern, USB-Sticks usw . enthalten ist .

Damit dieses Geld zeitnah bei den Kreativen an-
kommt – das war in der Vergangenheit oftmals pro-
blematisch –, brauchen wir ein effizientes und vor allen
Dingen schnelleres Verfahren, als wir es bisher hatten,
insbesondere zur Ermittlung und auch zur Durchsetzung
der entsprechenden Tarife . Auch diese Vorschriften sind
geändert worden. Wir finden, das hilft auch der Gerätein-
dustrie, die bisher oft über viele Jahre Rückstellungen
bilden musste, weil völlig unklar war, wie hoch die Tarife
waren und was dann später bezahlt werden musste .

Damit die Kreativen und andere Rechteinhaber auch
dann an ihr Geld kommen – das war in der Vergangenheit
nicht immer so –, wenn zum Beispiel die Festsetzung der
Tarife länger dauert, sind künftig Sicherheitsleistungen
zur Gewährleistung der urheberrechtlichen Vergütungs-
ansprüche möglich . Diese Sicherheitsleistung kann auf
Antrag von der Schiedsstelle beim Deutschen Patent-
und Markenamt in München angeordnet werden und
stellt sicher, dass am Zahltag tatsächlich noch das Geld
vorhanden ist, das den Kreativen zusteht . In der Vergan-
genheit kam es durchaus vor, dass diejenigen, die zahlen
mussten, wirtschaftlich gar nicht mehr existent waren .

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf sieht,
wie wir finden, insgesamt eine sinnvolle Modernisierung
des Rechtes vor, die vor allen Dingen allen zugutekommt:
der Geräteindustrie, der Kulturwirtschaft, aber auch den
Lesern, Hörern und Zuschauern kreativer Leistungen .

Schönen Dank .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813500100

Vielen Dank, Heiko Maas . – Jetzt kommen wir zu den

Fragen zum Themenbereich des Berichts . Da hat sich zu-
erst Dirk Wiese für die SPD gemeldet . Bitte .


Dirk Wiese (SPD):
Rede ID: ID1813500200

Sehr geehrter Herr Minister, vielen Dank für die Aus-

führungen zum Gesetz zur Umsetzung der Verwertungs-
gesellschaften-Richtlinie . Ich hätte zwei Fragen, die da-
rüber hinausgehen, zum weiteren Vorgehen im Bereich
des Urheberrechts:

Erste Frage: Welche weiteren Gesetzentwürfe plant
das BMJV im Bereich des Urheberrechts?

Zweite Frage: Was sind nach Ihrer Kenntnis die Pläne
der EU-Kommission für eine Reform des Urheberrechts?

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Die Pläne der Bundesregierung im Bereich des Urhe-
berrechts belaufen sich auf drei Gesetzgebungsvorhaben,

die wir in dieser Legislaturperiode auf den Weg bringen
wollen; zwei davon haben wir auf den Weg gebracht .

Der erste Gesetzentwurf ist derjenige, der jetzt Ge-
genstand der Befragung der Bundesregierung ist, also die
Reform des Rechtes der Verwertungsgesellschaften mit
dem dargestellten Inhalt .

Eine zweite Reform werden wir im Urhebervertrags-
recht vornehmen . Auch dieses Gesetz liegt bereits in
Form eines Referentenentwurfes vor, befindet sich zur-
zeit in der Länder- und Verbändeanhörung . Dort geht es
im Wesentlichen darum, die Rechte von Urhebern bei
der Durchsetzung ihres Anspruchs auf eine angemessene
Vergütung zu verbessern . Es soll eine Verbandsklage zur
Durchsetzung dieser Ansprüche eingeführt werden . Es
sollen auch Rückrufrechte eingeführt werden: Nach fünf
Jahren hat ein Urheber die Möglichkeit, sein Werk mit ei-
nem neuen Verwerter weiter zu verwerten, der bisherige
Vertreter kann diesen Vertrag aber übernehmen .

Das dritte Gesetzgebungsvorhaben betrifft die Bil-
dungs- und Wissenschaftsschranke, die wir neu und
transparenter definieren wollen. Das haben wir für die
erste Hälfte des nächsten Jahres vorgesehen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813500300

Vielen Dank, Herr Maas . – Nächste Fragestellerin ist

Tabea Rößner für Bündnis 90/Die Grünen .


Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813500400

Vielen Dank . – Wir hätten uns natürlich gefreut, wenn

uns jetzt der Gesetzentwurf vorläge . Weil das nicht der
Fall ist, können wir uns nur auf den Referentenentwurf
beziehen . Wenn der Gesetzentwurf vorläge, wäre viel-
leicht auch die eine oder andere Frage hinfällig .

Ich habe eine grundlegende Frage: Welche Regeln gel-
ten eigentlich für europäische Verwertungsgesellschaf-
ten, die in Deutschland tätig werden? Wie haben sie zum
Beispiel die Tarife festzusetzen? Gelten dann die deut-
schen Regeln oder die Regeln des Sitzlandes, in dem die
EU-Richtlinie womöglich ganz anders umgesetzt wird?
Und wie will die Bundesregierung mit den Wettbewerbs-
nachteilen, die daraus womöglich entstehen, umgehen?

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Grundsätzlich gilt für die Verwertungsgesellschaften
das Recht des Landes, in dem sie ihren Sitz haben . Es
wird eine Aufsicht über alle europäischen Verwertungs-
gesellschaften im jeweiligen Sitzland geschaffen, die da-
für sorgen soll, dass das Recht, soweit jetzt harmonisiert,
möglichst einheitlich umgesetzt wird . Die Überwachung
der ausländischen Verwertungsgesellschaften, die nicht
im europäischen Wirtschaftsraum ansässig sind – die gibt
es ja auch –, wird vom Deutschen Patent- und Marken-
amt vorgenommen werden .

Wenn es nach Auffassung der Aufsichtsbehörde Ver-
stöße gegen die Richtlinie oder gegen das, was gesetz-
lich daraus folgt, gibt, soll das so ablaufen: Die nationale
Aufsichtsbehörde informiert die Aufsichtsbehörde des
Sitzlandes darüber, dass es entsprechende Verstöße ge-

Bundesminister Heiko Maas






(A) (C)



(B) (D)


geben hat, und fordert sie auf, gegen die Verwertungsge-
sellschaft vorzugehen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813500500

Vielen Dank . – Nächster Fragesteller: Dr . Fechner für

die SPD .


Dr. Johannes Fechner (SPD):
Rede ID: ID1813500600

Herr Minister, ich hätte zwei Fragen zum Thema Pri-

vatkopievergütungen .

Zum einen: Könnten Sie erläutern, welche Neuerun-
gen das Gesetz für die Privatkopievergütungen bringt?

Die zweite Frage: Sie sprachen davon, dass der Ent-
wurf des Gesetzes eine Sicherheitsleistung für Ansprüche
auf Privatkopievergütungen vorsieht . Wie sieht das in der
Praxis aus? Wie wird das in der Praxis funktionieren?

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

In der Praxis soll die Sicherheitsleistung, die entrich-
tet werden muss, durch die Schiedsstelle beim Deutschen
Patent- und Markenamt in München angeordnet werden
können, und zwar in einem laufenden Hauptsacheverfah-
ren zwischen den Verwertungsgesellschaften und dem
zahlungspflichtigen Unternehmen der Geräteindustrie.

Wir haben uns entschieden, dass eine solche Siche-
rungsleistung auch in Form von Bankbürgschaften er-
bracht werden kann, sodass nicht Geldbeträge hinterlegt
werden müssen . Für die Herstellerindustrie ist das sinn-
voll, weil die Sicherheitsleistung dann nicht aus liquiden
Mitteln heraus zur Verfügung gestellt werden muss . Ich
glaube, damit ist eine angemessene Regelung gefunden
worden . So wird auch verhindert, dass das entsprechen-
de Unternehmen, wenn die Vergütungen fällig werden,
womöglich nicht mehr greifbar ist, zum Beispiel wegen
einer Insolvenz, was in der Vergangenheit zum Teil der
Fall war . In einem solchen Fall wird auf die Sicherheits-
leistung zurückgegriffen .

Das Ganze kann durch das zuständige Oberlandesge-
richt, wenn es von der Schiedsstelle angeordnet worden
ist, für vollziehbar erklärt werden . Somit ist auch eine
Kontrolle durch die staatliche Gerichtsbarkeit gegeben .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813500700

Danke, Herr Minister . – Nächster: Harald Petzold für

die Linke .


Harald Petzold (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1813500800

Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Minister, meine

zwei Fragen lauten:

Erstens . Warum wird die Erlaubnis zum Geschäfts-
betrieb einer Verwertungsgesellschaft nicht an die Mit-
gliedschaft und die Gewährung allgemeiner und gleicher
Wahlen geknüpft?

Damit im Verbund steht meine zweite Frage: Sie re-
produzieren mit der Regelung, die Sie jetzt vorsehen, die
aus meiner Sicht vordemokratischen Zustände von 1965 .
In dem ursprünglichen Richtlinienentwurf war keine

Zweiklassenmitgliedschaft – einmal stimmberechtigte
Mitglieder und einmal nichtstimmberechtigte Nichtmit-
glieder – vorgesehen, wie das jetzt vorgesehen ist . Wie
hat die Bundesregierung sich im Verlauf der Entstehung
dieser Richtlinie verhalten? Haben Sie möglicherwei-
se sogar dazu beigetragen, dass es dieses Zwei- oder
Dreiklassenwahlrecht à la GEMA oder Verwertungsge-
sellschaft WORT, wie es in Deutschland üblich ist, auch
auf der europäischen Ebene geben kann?

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Nein . Vielmehr haben wir in den Verhandlungen, die
es auf der europäischen Ebene dazu gegeben hat, insbe-
sondere darauf hingewirkt, dass die von Ihnen beschrie-
benen Demokratiedefizite, die es hinsichtlich der Mit-
bestimmung innerhalb von Verwertungsgesellschaften
gegeben hat, behoben werden können . Das wird nach
unserer Auffassung mit dem Gesetzentwurf gewährleis-
tet; denn er enthält eine differenzierte und abgestufte
Kompetenzregelung, die dazu führt, dass in Zukunft alle
Berechtigten gehört werden sollen und auch mitbestim-
men können .

Die Verwertungsgesellschaften müssen zum Beispiel
grundsätzlich alle Berechtigten als reguläre Mitglieder
aufnehmen, natürlich nur, soweit sie die weiteren ange-
messenen Mitgliedschaftsbedingungen erfüllen .

Die Verwertungsgesellschaft hat darüber hinaus ange-
messenere und wirksamere Verfahren vorzusehen, durch
die auch Nichtmitglieder an allen Entscheidungen mit-
wirken können .

Und: Werden Ansprüche verschiedener Gruppen von
Berechtigten, also Urheber, ausübende Künstler, Produ-
zenten oder Verleger, innerhalb einer einzigen Verwer-
tungsgesellschaft wahrgenommen – das war nicht nur in
der Vergangenheit der Fall, sondern wird auch in Zukunft
der Fall sein –, so müssen zukünftig alle Gruppen fair
und ausgewogen vertreten sein . Das ist eigentlich eine
Selbstverständlichkeit, aber in der Vergangenheit war das
nicht immer gewährleistet .

Wir haben also entsprechende Vorschriften im Ge-
setzentwurf vorgesehen, die nach unserer Auffassung
ausreichend sein werden, um dafür zu sorgen, dass die
Demokratiedefizite, die es unbestrittenermaßen in der
Vergangenheit gegeben hat, in Zukunft nicht mehr wei-
terbestehen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813500900

Vielen Dank . – Nächster Fragesteller: Dr . Heck für die

CDU/CSU .


Dr. Stefan Heck (CDU):
Rede ID: ID1813501000

Herzlichen Dank . – Ich habe zwei Fragen .

Die erste Frage betrifft die Regelungstechnik . Viel-
leicht könnten Sie uns kurz darlegen – es handelt sich
ja um einen Gesetzentwurf zur Umsetzung einer euro-
päischen Richtlinie –, in welchem Bereich es möglicher-
weise Abweichungen gibt von dem, was die Richtlinie

Bundesminister Heiko Maas






(A) (C)



(B) (D)


vorsieht . Geht das nationale Gesetz an einigen Stellen
eventuell auch darüber hinaus?

Meine zweite Frage: In der beginnenden rechtspoli-
tischen Debatte über das Thema ist ja vernehmbar, dass
es insbesondere zum Thema Sicherheitsleistung sehr un-
terschiedliche Auffassungen gibt und dass diesbezüglich
verfassungsrechtliche Zweifel bestehen . Wie bewerten
Sie diese?

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Zum ersten Teil der Frage: Wir haben uns zunächst
eins zu eins an das gehalten, was die Richtlinie uns vor-
gegeben hat . Wir haben in den Diskussionen über den
Richtlinienentwurf besonderen Wert darauf gelegt, dass
die Tatbestände, die ich eingangs geschildert habe, also
etwa, dass es eine staatliche Aufsicht gibt – die gab es
bei uns schon immer, die gab es in einigen anderen Mit-
gliedstaaten bislang nicht –, auf den gesamten Bereich
der Europäischen Union ausgeweitet werden . Weiterhin
wird es, was die Wahrnehmung und den Abschlusszwang
angeht, weiterhin Regelungen geben, wie wir sie auch
schon in der Vergangenheit hatten .

Was die Sicherheitsleistung und möglicherweise vor-
getragene verfassungsrechtliche Bedenken angeht: Wir
sind nicht der Auffassung, dass das verfassungsrecht-
lich problematisch ist; denn den verfassungsmäßigen
Rechten der zahlungspflichtigen Unternehmen stehen
auf der anderen Seite die genauso verfassungsrechtlich
geschützten Interessen der Urheber und Kreativen ent-
gegen, die natürlich ein Recht darauf haben, dass die
Werke, die sie geschaffen haben, angemessen vergütet
werden . Das ist in der Praxis in der Vergangenheit bei der
Privatkopievergütung aufgrund systematischer Defizite
im Verfahren nicht immer möglich gewesen . Deshalb
glauben wir, dass die Sicherheitsleistung, die über eine
Bankbürgschaft abgegeben wird, ein angemessener und
damit auch verfassungsmäßiger Ausgleich ist zwischen
den Interessen der Gerätehersteller und der Urheber hin-
sichtlich des Rechts auf angemessene Vergütung .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813501100


Vielen Dank, Herr Minister . – Nächster Redner:
Dr . Bartke für die SPD .


Dr. Matthias Bartke (SPD):
Rede ID: ID1813501200


Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Minister, ich
habe zwei Fragen zu praktischen Auswirkungen des Ge-
setzentwurfs .

Die erste ist: Was ändert sich für die Verwertungsge-
sellschaften in ihrer alltäglichen Praxis?

Die zweite Frage ist: Was ändert sich für die Kunden
von Verwertungsgesellschaften, also beispielsweise für
Diskotheken, Gaststätten, Hotels, Sendeunternehmen
oder Onlinedienste?

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Was sich für die Verwertungsgesellschaften in der
alltäglichen Praxis ändert, ist, wie ich glaube, minimal .
Grundsätzlich würde ich sogar sagen, dass sie ihre Tä-
tigkeit in ähnlicher Form weiterführen können, wie das
bisher der Fall gewesen ist . Verfahrensregelnde Bestim-
mungen standen früher in der Satzung von Verwertungs-
gesellschaften, sie sind jetzt Bestandteil des Gesetzes
geworden . Deshalb glaube ich, dass die deutschen Ver-
wertungsgesellschaften nach Inkrafttreten des Gesetz-
entwurfes und der Anpassungsphase ihre Tätigkeit in
ähnlicher Form fortführen können, ohne dass es zu
grundsätzlichen oder größeren Veränderungen im Ver-
gleich zu früher kommt . Bei Verwertungsgesellschaften
in anderen europäischen Mitgliedstaaten werden die Ver-
änderungen deutlich größer sein .

Zur Frage nach den Kunden von Verwertungsgesell-
schaften, also Hotels, Diskotheken, Sendeunternehmen
oder Onlinedienste: Auch hier wird es, wie ich glaube,
grundsätzlich bei den bewährten Mechanismen bleiben .
Daneben schaffen allerdings die umfänglichen Infor-
mations- und Berichtspflichten, die in diesem Gesetz-
entwurf verankert sind, künftig mehr Transparenz, auch
zugunsten der Nutzer . Wir greifen zudem eine Forderung
aus der Veranstaltungs- und Gastronomiebranche auf;
denn Verwertungsgesellschaften sind hiernach zukünf-
tig verpflichtet, gemeinsam einen Gesamtvertrag abzu-
schließen, wenn eine Nutzung die Rechte von mehr als
einer Verwertungsgesellschaft erfordert . Das ist in der
Vergangenheit ein Problem gewesen und hat teilweise
zu unerfreulichen Entwicklungen geführt . Das wird bei-
spielsweise die Lizenzierung bei der Wiedergabe von
Fernsehprogrammen in Gaststätten deutliche vereinfa-
chen . Auch das ist ein Thema gewesen, das ungelöst im
Raum stand .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813501300

Darf ich alle Beteiligten bitte an die Eine-Minute-

Regelung erinnern? – Renate Künast ist die Nächste .


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813501400

Danke sehr . – Ich will an den Teil Ihrer Antwort ge-

rade eben anschließen, Herr Minister, in dem Sie gesagt
haben, dass die Verwertungsgesellschaften ihre Arbeit
eigentlich grundsätzlich ohne große Veränderungen im
Vergleich zu früher fortführen können . Wenn das so ist,
verstehe ich aber nicht, warum zumindest im Referenten-
entwurf – den anderen kennen wir ja nicht; wir befra-
gen Sie ja zu etwas, das wir nicht kennen – noch stand,
dass den Verwertungsgesellschaften ein einmaliger Um-
stellungsaufwand in Höhe von 1,4 Millionen Euro und
laufende Kosten in Höhe von jährlich 183 600 Euro ent-
stehen . Das passt meines Erachtens nicht dazu, dass Sie
sagen: Es gibt im Vergleich zu früher eigentlich keine
großartige Veränderung . – Das sind ja die Kosten, die
durch Umstellung auf elektronische Kommunikation,
aufgrund des Kontrahierungszwangs usw . entstehen und
die meines Erachtens schon ziemlich niedrig angesetzt
sind .

Dr. Stefan Heck






(A) (C)



(B) (D)


Zweitens eine Frage zum Punkt „alternative Verwer-
tungsgesellschaften“ . Es ist ja wie im wirklichen Le-
ben: Es gründen sich auch einmal neue . Ich frage Sie:
Haben Sie eigentlich an der Stelle zum Beispiel mit der
GEMA-Alternative Gespräche geführt? Haben Sie ge-
regelt, dass in Zukunft auch Genossenschaften möglich
sein können und dass die zum Beispiel auch an empiri-
sche Untersuchungen zur Aufstellung von Tarifen heran-
kommen?

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Zu Letzterem: Diese Gespräche mit der GEMA oder
anderen Verwertungsgesellschaften haben wir in der
Form nicht geführt, weil letztlich die Entwicklung und
auch das Marktgeschehen zeigen müssen, welche neuen
Formen von Verwertungsgesellschaften entstehen .


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müssen sie aber auch zugelassen werden! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann ja nicht sein, wenn eine Genossenschaft nicht darf!)


Das ist letztlich nicht unsere Aufgabe . Wir setzen ledig-
lich den rechtlichen Rahmen, in dem Verwertungsge-
sellschaften gegründet werden können, und wir sind der
Auffassung, dass mit dem Rahmen, den wir gesetzt ha-
ben, durchaus auch alternative Verwertungsgesellschaf-
ten möglich sind . Wir können allerdings nicht noch die
Gründung solcher Gesellschaften in irgendeiner Weise
unterstützen . Das muss das Marktgeschehen selber erge-
ben .

Kosten entstehen natürlich durch mehr Transparenz-
und Informationspflichten, die in diesem Gesetzentwurf
vorgesehen sind, oder etwa auch dort, wo man neue
Wege einschlagen will, etwa bei der Onlinelizenzierung
von Musik . Das wird im Übrigen auch zu mehr Wett-
bewerb führen . Nach der Richtlinie sollen zum Beispiel
Lizenz- und Verarbeitungszentren entstehen, die die er-
forderlichen Urheberrechte für Streamingdienste, also
beispielsweise für Spotify oder Apple Music, europaweit
lizenzieren . Das ist sicherlich neu und wird mehr Auf-
wand bedeuten . Das wird auch zu Kosten führen, aber zu
vertretbaren, wie wir finden.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813501500

Vielen Dank . – Nächster ist Siggi Ehrmann für die

SPD .


Siegmund Ehrmann (SPD):
Rede ID: ID1813501600

Herr Minister, die Verwertungsgesellschaften-Richt-

linie fordert mehr Transparenz . Der Gesetzentwurf geht
darauf ein und sorgt für mehr Transparenz . Das Äquiva-
lent zu der Transparenz in den mitgliedschaftlich organi-
sierten Verwertungsgesellschaften ist die Staatsaufsicht .
Gibt es durch den Gesetzentwurf dort auch ein qualita-
tives Mehr? Denn die Wirksamkeit der Staatsaufsicht,
insbesondere des Deutschen Patent- und Markenamtes,
ist in der Vergangenheit gelegentlich nicht ohne Kritik
geblieben .

Ein zweiter Punkt . Uns ist natürlich wichtig, dass die
Verwertung geistigen Eigentums auch zu entsprechenden
Erträgen führt . Könnten Sie vielleicht noch einmal kurz
zusammenfassen, wo das qualitative Mehr insbesondere
für die Künstlerinnen und Künstler in den unterschiedli-
chen Genres durch den Gesetzentwurf initiiert wird?

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Was die Verbesserung der Aufsicht angeht, ist zu
sagen: Wir haben die Staatsaufsicht, die in Deutsch-
land beim Deutschen Patent- und Markenamt liegt, in
den vergangenen Jahren ohnehin schon personell und
organisatorisch deutlich gestärkt . Das wird nach unse-
rer Auffassung Schritt für Schritt dazu führen, dass die
Behörde der Aufsicht und den Aufsichtspflichten sowie
den Verfahren, die es immer wieder geben wird, besser
Rechnung tragen kann . Der Gesetzentwurf passt nun im
Wesentlichen das Recht der Staatsaufsicht über die Ver-
wertungsgesellschaften an die von der Verwertungsge-
sellschaften-Richtlinie vorgesehene unionsweite Zusam-
menarbeit aller europäischen Aufsichtsbehörden in den
Mitgliedstaaten an . Deshalb ist das zwar nicht der letzte
Schritt, um die Aufsicht zu verbessern, aber es wird eine
größere Harmonisierung in Europa erreicht . Und national
haben wir durch personelle und organisatorische Verstär-
kungen beim DPMA in München bereits Vorkehrungen
getroffen, damit wir dem auch gerecht werden können .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813501700

Christian Flisek, bitte .


Christian Flisek (SPD):
Rede ID: ID1813501800

Danke, Frau Präsidentin . – Herr Bundesminister

Maas, die Verwertungsgesellschaften fördern bislang
auch kulturell bedeutsame Leistungen; sie können sich
auch sozial engagieren . Zu erwähnen ist zum Beispiel
die GEMA-Sozialkasse . Meine erste Frage ist: Wird das
nach der Umsetzung der Richtlinie durch den vorliegen-
den Gesetzentwurf auch in Zukunft möglich sein?

Dann haben Sie ja bereits den wichtigen Bereich der
Online-Musiklizenzen angesprochen und darauf hinge-
wiesen, dass man laut Richtlinie europaweit einen Wett-
bewerb zwischen Verwertungsgesellschaften wünscht .
Wie ist denn sichergestellt, dass die starken deutschen
Verwertungsgesellschaften in diesem Bereich, nament-
lich die GEMA, auch auf vergleichbare Wettbewerbsver-
hältnisse – Stichwort „level playing field“ – stoßen?

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Die Frage, ob Verwertungsgesellschaften auch künf-
tig kulturell bedeutsame Leistungen erbringen können –
Sie haben die Sozialkassen angesprochen; es gibt aber
auch darüber hinausgehende soziale Zwecke –, ist bei
der Diskussion über die Verwertungsgesellschaft auf eu-
ropäischer Ebene sehr umstritten gewesen, weil man ein
solches System in anderen Staaten nicht kennt . Uns ist
das allerdings außerordentlich wichtig gewesen . Deshalb
ist es auch gelungen, diesen Aspekt in der Richtlinie zu

Renate Künast






(A) (C)



(B) (D)


verankern . Wie bisher sollen Verwertungsgesellschaften
also auch künftig kulturelle und soziale Zwecke verfol-
gen können .

Bei der Förderung kulturell bedeutender Werke ver-
schaffen wir den Verwertungsgesellschaften sogar noch
zusätzliche Freiräume . Das heißt, im Ergebnis unter-
streicht der Gesetzentwurf damit die besondere Bedeu-
tung des Umstands – dies ist uns wirklich außerordent-
lich wichtig –, dass die Verwertungsgesellschaften über
ihren wirtschaftlichen Zweck hinaus auch einen beson-
deren kulturellen Auftrag haben .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813501900

Vielen Dank . – Petra Pau ist die Nächste .


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1813502000

Danke schön . – Herr Minister, ich möchte noch einmal

an die Frage des Kollegen Ehrmann anschließen; es kann
sein, dass ich einen Teil der Antwort eben überhört habe .
Es geht um den Stellenaufwuchs von voraussichtlich
fünf Mitarbeitern, der in der Abteilung „Staatsaufsicht
über die Verwertungsgesellschaften“ vorgesehen ist . Im
Gesetzentwurf wird ja als Zweck ausgewiesen, dass es
darum geht, die neu hinzukommenden Aufgabengebiete
damit abzudecken . Für mich stellt sich noch die Frage,
welche Maßnahmen – wenn nicht Personal – vorgesehen
sind, um auch die langen Bearbeitungs- und Verfahrens-
zeiten, die ja bekannte Probleme sind, an dieser Stelle zu
beseitigen?

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Nach den Erfahrungen, die wir gemacht haben, sind
wir schon der Auffassung, dass es ohne ein Mehr an Per-
sonal nicht gehen wird; das ist im Ergebnis das A und O .
Deshalb sehen wir in dem, was wir dort vorgesehen ha-
ben – ich habe eben darauf hingewiesen –, einen ersten
Schritt, um die Staatsaufsicht zu verbessern und die Er-
füllung der Aufgaben, die es gibt, besser zu ermöglichen .
Aber auch die Aufgaben, die neu dazukommen, wird
man besser erledigen können .

Wir werden das natürlich weiterhin beobachten . Sollte
sich aufgrund der Umsetzung des Gesetzentwurfes oder
der Anwendung des Gesetzes später weiterer personeller
oder auch organisatorischer Anpassungsbedarf ergeben,
haben wir uns vorbehalten, darauf dann erneut zu reagie-
ren . Wir glauben aber, dass wir mit dem, was wir bisher
vorgesehen haben, auch personell, zunächst einmal in
der Lage sind, den abschätzbaren Aufwand und Mehr-
aufwand, der entsteht, zu bewältigen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813502100

Nächste Fragestellerin: Elisabeth Winkelmeier-

Becker für die CDU/CSU .


Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU):
Rede ID: ID1813502200

Sehr geehrter Herr Minister, ich hätte noch eine Fra-

ge zu dem Schiedsverfahren, in dessen Rahmen über die
Gerätevergütung entschieden werden soll . Welche Vo-
raussetzungen werden an das Verfahren angelegt, einer-

seits im Hinblick auf den Ablauf, andererseits in Bezug
auf die Kriterien, nach denen die Schiedsstelle dann ent-
scheiden soll?

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

An den Kriterien wird sich wesentlich nicht so viel
verändern . Es wird letztlich um die Frage gehen, dass
auf der Basis empirisch erstellter Gutachten, die man
braucht, um abschätzen zu können, wie sich die wirt-
schaftliche Situation entwickelt, die urheberrechtlichen
Vergütungen festgesetzt werden .

Wichtig für uns ist, dass wir mit der Sicherheitsleis-
tung dafür Sorge getragen haben, dass die Beträge auch
zur Verfügung stehen, wenn die Vergütung ansteht . In der
Vergangenheit sind die Verhandlungen nämlich schon
daran gescheitert, dass Bereitschaft bestand, in ernst-
hafte Verhandlungen zu treten. Häufig haben über viele
Jahre überhaupt keine Verhandlungen stattgefunden . Ich
glaube, das ist jetzt durch den Verzicht auf obligatorische
Verhandlungen besser geregelt . Mit der Sicherheitsleis-
tung in Form einer Bankbürgschaft stehen ergänzend Be-
träge zur Verfügung, die später auch abgerufen werden
können .

An den Kriterien als solchen wird sich im Vergleich
zum Referentenentwurf nicht viel ändern . Das Verfah-
ren wird beschleunigt werden, und mit der Sicherheits-
leistung in Form einer Bankbürgschaft werden die ent-
sprechenden Beträge zur Verfügung stehen, wodurch
verhindert wird, dass durch das Abhandenkommen eines
Geräteherstellers plötzlich kein Schuldner mehr vorhan-
den ist .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813502300


Danke, Heiko Maas . – Zu diesem Bericht aus dem Ka-
binett haben sich noch drei Fragestellerinnen und -steller
zu Wort gemeldet . Tabea Rößner fängt an .


Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813502400


Vielen Dank . – Herr Maas, Sie haben eben gesagt,
dass der Bundesregierung die Förderung von Kultur
besonders wichtig ist . Deshalb verstehe ich eines nicht:
In der EU-Richtlinie steht, dass es eine Abgabe für kul-
turelle und soziale Zwecke geben soll . Das ist also eine
Sollvorschrift . Im Referentenentwurf war dies nur eine
Kannvorschrift . Das heißt, Sie haben das nicht eins zu
eins umgesetzt . Meine Frage: Wie ist das jetzt im Gesetz-
entwurf geregelt, und warum haben Sie keine Sollvor-
schrift daraus gemacht?

Zudem fordern die Verwaltungsgesellschaften einen
One-Stop-Shop, weil das hinsichtlich der Lizenzierun-
gen einfacher ist . Sie sind dann schneller europaweit
möglich. Auch dies findet sich nicht im Referentenent-
wurf . Haben Sie das in den Gesetzentwurf aufgenommen
und, wenn nicht, warum nicht?

Bundesminister Heiko Maas






(A) (C)



(B) (D)


Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Weil wir bei all den Veränderungen, die wir in Um-
setzung der Richtlinie in dem Gesetzentwurf vorgesehen
haben, insbesondere nicht auf das Bekannte, das wir als
bewährt empfinden, verzichten wollen. Das ist, glaube
ich, ein wesentlicher Teil des Verfahrens . Es geht darum,
wie Verwertungsgesellschaften bei uns arbeiten, welche
Rechte sie wahrnehmen müssen und welche Abschlüs-
se sie tätigen müssen . Deshalb wollen wir kein komplett
neues System schaffen, sondern uns auf der Basis des
Bisherigen bewegen .

Uns war es bei den Verhandlungen in der EU wich-
tig, dass die Förderung kulturell bedeutsamer Leistungen
weiterhin möglich ist . Bei den Diskussionen, die es auf
europäischer Ebene darüber gegeben hat, hörte sich das
ganz anders an . Deshalb haben wir uns für die Formulie-
rung entschieden, die jetzt auch im Gesetzentwurf steht .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813502500

Vielen Dank, Heiko Maas . – Harald Petzold .


Harald Petzold (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1813502600

Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Minister, wenn

ich es richtig verstanden habe, bleibt bei Ihnen die Staats-
aufsicht auf das Patent- und Markenamt beschränkt, das
hier eine passive Rolle spielen soll . Warum folgen Sie
in Ihrem Entwurf nicht den Empfehlungen der Enque-
te-Kommissionen „Kultur in Deutschland“ und „Inter-
net und digitale Gesellschaft“, die ja etwas ganz anderes
empfohlen haben, nämlich, die Kontrolltätigkeit nicht
auf eine passive Evidenzkontrolle zu beschränken?

Zum Zweiten würde ich von Ihnen gerne wissen, wa-
rum Sie davon ausgehen, dass es aufgrund der Neurege-
lung der Geräte- und Speichermedienvergütung zu einem
Rückgang der Anzahl der Streitverfahren kommen wird .

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Wir haben uns dafür entschieden, die Aufsicht so zu
belassen, wie sie ist, weil wir der Auffassung sind, dass
sie funktioniert .


(Harald Petzold Sie ist kritisiert worden!)


Eine komplette Umstellung auf andere Aufsichtsmecha-
nismen ist nach unserer Auffassung weder geboten noch
notwendig . Die Probleme, die es in der Vergangenheit
gegeben hat, hatten in erster Linie damit zu tun, dass man
an der aufsichtführenden Stelle, beim Deutschen Patent-
und Markenamt in München, mit dem Personal und der
Organisation, die dafür zur Verfügung standen, nur sehr
bedingt in der Lage gewesen ist, die Verfahren, die es
dort gibt, zu bearbeiten und zu entscheiden .

Wir wollten das System allerdings nicht grundsätzlich
umstellen, weil wir der Auffassung sind, dass die vorhan-
denen Mechanismen – wie die Verwertungsgesellschaf-
ten arbeiten, was sie tun müssen, was sie wahrnehmen,
was sie abschließen müssen – durchaus geeignet sind,
auch für die Zukunft, wenn es darum geht, die Vergütung

für Werke an die Urheber auszuzahlen . Deshalb haben
wir uns bei der Form der Aufsicht, die Sie als passive
Aufsicht bezeichnen, dafür entschieden, dies grundsätz-
lich beizubehalten .

Ob und in welcher Form es weniger Verfahren gibt,
wird sich sicherlich noch zeigen . Uns ist wichtig gewe-
sen, die Verfahren überhaupt einmal zu vereinfachen, zu
verkürzen, effizienter zu gestalten und mit der Sicher-
heitsleistung eine im wahrsten Sinne des Wortes vorhan-
dene Sicherung belastbar zu schaffen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813502700

Danke, Heiko Maas . – Letzte Fragestellerin zum Be-

richt ist Renate Künast .


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813502800

Danke, Frau Präsidentin . – Ich bin, ehrlich gesagt,

ziemlich verwirrt über die Art und Weise dieser Regie-
rungsbefragung und über die Antworten . Ehrlich gesagt,
verstehe ich kein Wort, Herr Minister . Sie haben gesagt,
die Kultur sei Ihnen außerordentlich wichtig . Auf die
Frage von Frau Rößner sagten Sie jedoch, dass dort ein
„Kann“ steht . Entschuldigen Sie, wenn es Ihnen doch au-
ßerordentlich wichtig ist, dann frage ich Sie, warum aus
einem „Soll“ ein „Kann“ wird


(Beifall des Abg . Harald Petzold [DIE LINKE])


und das zu einem Fördertatbestand für ausländische Ver-
wertungsgesellschaften wird, die das vielleicht nicht ma-
chen, weil sie kein Interesse an Kulturförderung haben .

Auf meine Frage, ob Genossenschaften weiterhin zu-
lässig seien, haben Sie gesagt, Sie wollten kein Förder-
programm für Genossenschaften machen . Danach hatte
ich nicht gefragt .


(Beifall des Abg . Harald Petzold [DIE LINKE])


Ich habe gefragt, ob die Genossenschaften, die in Grün-
dung sind, danach zulässig sind .

Vielleicht versuchen wir es mit einer neuen Frage . Be-
züglich § 19 des Gesetzentwurfs – Durchführung der Mit-
gliederhauptversammlung; Vertretung – sagen Sie, dieser
müsste am Ende so geregelt sein, dass man ohne Anwe-
senheit der Mitglieder vor Ort eine Mitgliederhauptver-
sammlung durchführen kann . Ich möchte wissen, ob die-
se Regeln genau den Regeln im Aktienrecht entsprechen,
ob Sie Risiken des Missbrauchs und Ähnliches gesehen
haben und wie Sie die ausgeschlossen haben .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813502900

Herr Minister, bitte .

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Ob diese Regeln exakt denen im Aktienrecht entspre-
chen, kann ich Ihnen jetzt nicht abschließend sagen . Ich
bin gerne bereit, die Antwort nachzuliefern .






(A) (C)



(B) (D)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813503000

Ich frage Sie, ob es Fragen zu anderen Themen der

heutigen Kabinettssitzung gibt . – Ich höre, dass sich Herr
Beck zur dritten Fragerunde, nämlich zu Fragen von
sonstigem Interesse an die Bundesregierung, zu Wort ge-
meldet hat . – Volker Beck, bitte .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813503100

Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Ich möchte eine

Frage stellen – vielleicht war es auch Gegenstand der
Kabinettssitzung; ich weiß es nicht – zum Tohuwabohu
in der Flüchtlingspolitik in der letzten Woche, wo der
Troublemaker de Maizière nach der Einigung der Par-
teivorsitzenden für einige Unruhe gesorgt hat . Wir ha-
ben dies auch im Innenausschuss gerade kurz erörtert .
Der zuständige Staatssekretär, Herr Schröder, sagte uns,
dass in der 43 . Kalenderwoche, also zwischen 19 . Ok-
tober und 25 . Oktober, ein Gespräch des zuständigen
Abteilungsleiters des Bundesinnenministeriums mit dem
Vizepräsidenten des BAMF – das ja keinen Präsidenten
mehr hat – stattgefunden hat mit der Zielrichtung, Asyl-
verfahren von syrischen Flüchtlingen in Zukunft anders
zu behandeln als bisher . Nun möchte ich wissen: Wann
wurden welche Stellen in der Bundesregierung über die
Tatsache dieses Gesprächs und das Ziel dieses Gesprächs
informiert, namentlich Stellen im Bundesjustizministeri-
um und Stellen im Bundeskanzleramt?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813503200

Vielen Dank, Herr Beck . – Herr Maas, bitte .

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Diese Frage kann ich nur bedingt beantworten, weil
ich nicht für alle Ministerien sprechen kann . Ich kann le-
diglich darauf hinweisen, dass wir zusammen mit dem
Bundesinnenministerium sehr früh der Auffassung gewe-
sen sind, dass die Aussetzung von rechtlichen Grundla-
gen auf europäischer Ebene stückweise wieder zurück-
geführt werden muss, das heißt, dass europäisches Recht
wieder angewandt werden muss . Das gilt auch für die
Dublin-III-Verordnung . Insofern sind wir immer gleicher
Auffassung gewesen, dass der Zeitpunkt kommen wird,
zu dem die Verfahren anders behandelt werden müssen .
Sie sprechen die Anwendung von Dublin III für die syri-
schen Flüchtlinge an .


(Volker Beck GRÜNEN]: Ich spreche den subsidiären Schutz an! Der wurde am Freitag kolportiert!)


– Das kann ich nicht beurteilen, weil ich weder in der
Sitzung des Innenausschusses gewesen bin noch diese
Gespräche geführt habe .


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir fragen auch nicht nach dem Innenausschuss, wir fragen nach der Bundesregierung!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813503300

Jetzt hat Volker Beck eine Nachfrage .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813503400

Es ging ja darum, dass der Bundesinnenminister er-

klärt hat, er strebe an, dass für syrische Flüchtlinge in Zu-
kunft nur noch subsidiärer Schutz mit den Folgen beim
Familiennachzug, die in dem Papier der Parteivorsitzen-
den beschrieben sind, erteilt wird und damit die schrift-
lichen Verfahren für die Zukunft entfallen . Der Bundes-
kanzleramtschef hat gegenüber der Presse erklärt, ihm
sei dieser Vorstoß nicht bekannt .

Deshalb frage ich Sie noch einmal: Wann wurde wel-
che Stelle im Bundeskanzleramt von diesem beabsich-
tigten Vorstoß des Bundesinnenministers in Form des
Gespräches zwischen Abteilungsleiter und Vizepräsident
des BAMF unterrichtet? Da das letzte Woche öffentlich
umfangreich erörtert wurde, erwarte ich, dass ein Mit-
glied der Bundesregierung, vielleicht auch jemand vom
Kanzleramt, sagen kann, wann das Kanzleramt damit be-
fasst war .

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Dann würde ich Herrn Braun bitten, die Frage zu be-
antworten .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813503500

Herr Braun, vielleicht können Sie die Frage beantwor-

ten .

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1813503600


Lieber Herr Kollege Beck, wie Sie wissen, sind die
Gespräche zwischen den drei Parteivorsitzenden, mit
der Bundeskanzlerin und auch mit dem Chef des Bun-
deskanzleramts, am Donnerstag in dem Geiste geführt
worden, dass sehr wohl über die Frage diskutiert wurde,
wie man zukünftig verfährt – ganz in dem Sinne, wie es
der Justizminister eben gesagt hat –, dass aber natürlich
Grundlage dieser Vereinbarung war, dass sich zunächst
nichts ändert . Deshalb war es wichtig, dass der Bundes-
innenminister am Freitag nach den Irritationen deutlich
gemacht hat, dass sich an der Verfahrensweise im Au-
genblick noch nichts ändert, sondern dass jetzt in einer
Diskussion der Innenminister untereinander geklärt wird,
wann und in welchem Umfang anders verfahren wird als
bisher .


(Volker Beck GRÜNEN]: Das war eigentlich nicht die Frage!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813503700

Danke schön . – Nächste Fragestellerin: Katja Keul .


Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813503800

Vielen Dank . – Ich habe eine Frage zu einem anderen

Bereich . Ich möchte gerne wissen, wie die Bundesre-
gierung damit umzugehen gedenkt, dass nach neuesten
Erkenntnissen der Bundesnachrichtendienst deutsche
Staatsbürger, namentlich auch deutsche Diplomaten, jen-
seits dessen, was das Kontrollgremium erlaubt, abgehört






(A) (C)



(B) (D)


hat . Vor allen Dingen auch an Sie als Justizminister: Was
wird es für rechtliche oder strafrechtliche Konsequenzen
geben? Selbst wenn diese Praxis inzwischen eingestellt
sein sollte, bleibt immer noch die Frage: Soll das konse-
quenzlos bleiben, oder wie ist das einzuordnen?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813503900

Herr Maas, bitte .

Heiko Maas, Bundesminister der Justiz und für Ver-
braucherschutz:

Das kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nicht sa-
gen, weil auch ich davon in der Form erst heute Morgen
aus der Presse erfahren habe . Es ist auch nicht meine
Aufgabe, zu klären, inwieweit das strafrechtlich verfolgt
wird . Das werden die zuständigen Behörden zu klären
haben .

Sie wissen, dass es innerhalb der Bundesregierung
und innerhalb der Regierungsfraktionen seit längerem
eine Diskussion darüber gibt, die rechtlichen Grundlagen
für die Arbeit des BND zu reformieren . Ich gehe davon
aus, dass dabei auch solche Vorfälle eine nicht unerhebli-
che Rolle spielen werden .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813504000

Nächste Fragestellerin: Frau Haßelmann, bitte .


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813504100

Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Ich möchte noch

einmal zum Fragekomplex „Schutzstatus für syrische
Flüchtlinge“ zurückkommen . Mir ist egal, ob Herr Maas
oder das Kanzleramt antwortet; aber da sich meine Frage
an das Kanzleramt richtet, wahrscheinlich am besten das
Kanzleramt .

Ich möchte Bezug auf die Frage von Herrn Beck neh-
men . Ich frage Sie, Herr Braun: Wann hat das Kanzler-
amt von der vorhin genannten Regelung, die in dem Ge-
spräch zwischen Vertretern des Innenministeriums und
des BAMF getroffen wurde, erfahren? Diese Frage ist
ganz einfach und überschaubar . Ich will nur das Datum
wissen .

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1813504200


Das Ergebnis unserer Gespräche am Freitag war, dass
es zum jetzigen Zeitpunkt keine Veränderung der Rege-
lung gibt, sondern dass wir den bisherigen Verfahrenssta-
tus beibehalten


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war nicht meine Frage!)


und über mögliche zukünftige tatsächliche Änderungen
im Kreise der Innenminister gesprochen wird .


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war nicht meine Frage!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813504300

Die Kollegin, wenn ich das erwähnen darf, hat aber

nach einem Datum gefragt, Herr Braun .


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann Sie das erfahren haben!)


Können Sie das mitteilen?

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1813504400


Ich habe ja gerade deutlich gemacht, dass sozusagen
die Grundlage für das Datum nicht gegeben ist, weil wir
zum jetzigen Zeitpunkt keine Veränderung des Verfah-
rens haben .


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Moment, wieso das denn? Aber das Innenministerium hat das doch dargestellt! – Harald Petzold Unglaublich!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813504500

Dann hat Herr Beck noch eine Frage .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813504600

Geschätzter Herr Kollege Braun, ein Mitglied der

Bundesregierung, das auch Mitglied des Hohen Hauses
ist, sagt dann die Unwahrheit . Das Innenministerium hat
gerade im Innenausschuss erklärt, das Bundeskanzleramt
sei über das Gespräch in der 43 . Kalenderwoche zwischen
dem Abteilungsleiter des Innenministeriums und dem Vi-
zepräsidenten des BAMF informiert gewesen, in dem das
Ziel verfolgt wurde, die Regeln für syrische Flüchtlinge
wieder auf den Status quo ante und zusätzlich die ent-
sprechenden Beschränkungen beim Familiennachzug zu-
rückzuführen . Dieses Gespräch ging dem 4 . November
und der Einigung der drei Parteivorsitzenden voraus . Das
Innenministerium behauptet, in verschiedenen Gremien-
sitzungen sei das Bundeskanzleramt über das Gespräch
und das Gesprächsziel informiert gewesen . Jetzt sagen
Sie mir: Waren Sie als Bundeskanzleramt über das Ge-
spräch und das Gesprächsziel informiert? Dann sagen Sie
bitte, wann . Oder sagen Sie, das Innenministerium lügt?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813504700

Herr Braun .

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1813504800


Lieber Herr Beck, ich will es noch einmal sehr deut-
lich machen: Wir haben am Donnerstag die Gespräche
der Parteivorsitzenden auf der klaren Grundlage geführt,
dass sich am derzeitigen Verfahren nichts ändert, und am
Freitag ist genau das mit dem Innenministerium klarge-
stellt worden .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813504900

Waren Sie über dieses Gespräch, das ja eine Realität

ist, informiert oder nicht? Unabhängig davon, was Sie
später vereinbart haben: Waren Sie als Bundeskanzler-

Katja Keul






(A) (C)



(B) (D)


amt über das Gespräch in der 43 . Kalenderwoche mit
diesem Gesprächsziel informiert?


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Haben wir jetzt hier ein Verhör oder eine Fragestunde? Sind wir jetzt in einem Verhör oder in einer Fragestunde, Frau Präsidentin? Erteilen Sie das Wort, oder erteilen Sie nicht das Wort?)


D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1813505000


Wir haben hier auch gerade, im Kontext der Bundesre-
gierung jedenfalls, festgestellt, dass die Darstellung, die
Sie hier wie auch im nichtöffentlichen Ausschuss liefern,
dass möglicherweise die Bundesregierung sich eingelas-
sen hätte, nicht zutreffend ist .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813505100

Seien Sie sich sicher: Ich kenne die Regeln der Regie-

rungsbefragung . Das ist kein Verhör, sondern eine Regie-
rungsbefragung, und Herr Beck hatte das Wort .


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Dann bitte in die Geschäftsordnung hineinschauen, Frau Präsidentin!)


– Sie müssen mich nicht dazu auffordern, dass ich in die
Geschäftsordnung hineinschaue, Herr Grund . Sie ist mir
bekannt .


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Sehr schön! Das ist wichtig! – Gegenruf der Abg . Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Außerdem kritisiert man die amtierende Präsidentin nicht! Das sollten Sie als Konservativer wissen! Das ist voll daneben!)


Ich erteile das Wort, und Herr Beck hatte das Wort, sehr
verehrter, liebenswerter Herr Grund . – Und jetzt hat Frau
Haßelmann das Wort .


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813505200

Wir können gerne noch einmal über die Abläufe der

Regierungsbefragung reden . Für mich zeigt das nur, dass
bei der Union die Nerven blank liegen . Denn es ist doch
vollkommen klar, Herr Geschäftsführer: Wenn wir Kritik
am Präsidium haben, dann äußern wir das im Ältestenrat .


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Die CDU hat kein Benehmen!)


Wenn Sie irgendetwas zu beanstanden haben, dann mel-
den Sie sich im Ältestenrat .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Aber es ist nicht Aufgabe des Parlamentes, Belehrungen
an das Präsidium zu richten . Darüber besteht großes Ein-
vernehmen, egal wer präsidiert . – Punkt eins .

Punkt zwei . Meine Frage richtet sich wiederum an
Herrn Braun, weil die Frage bisher nicht beantwortet ist .
Deshalb geht es hier nicht um ein Verhör, sondern um
das Recht von Parlamentarierinnen und Parlamentariern,

Fragen zu stellen . Das müssen Sie schon aushalten kön-
nen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Die Frage war ganz präzise; es wurde nicht nach der
Innenministerkonferenz und auch nicht nach dem Koa-
litionsgipfel gefragt . Das interessiert weder Herrn Beck
noch mich . Uns interessiert vielmehr, wann die Verab-
redungen, die zwischen Innenministerium und BAMF
getroffen wurden und im Innenausschuss dargestellt
wurden, dem Bundeskanzleramt mitgeteilt worden sind .
Ob Sie in diese Gespräche einbezogen waren, wäre noch
eine Ergänzungsfrage .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813505300

Herr Braun, bitte .

D
Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1813505400


Ich will noch einmal deutlich machen, dass wir als
Bundeskanzleramt natürlich zu jedem Zeitpunkt im en-
gen Austausch mit dem Bundesinnenministerium ge-
standen haben, dass wir in all unseren Gesprächen auch
immer darüber gesprochen haben, ob mögliche Verände-
rungen beim Vorgehen im BAMF sinnvoll sind, dass ich
Ihnen aber nichts, auch kein Datum, zu der Frage einer
konkret stattgefundenen Veränderung nennen kann, weil
der Bundesinnenminister am Freitag auch klargestellt
hat, dass sich am Status nichts verändert hat .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813505500

Vielen Dank . – Dann beenden wir an dieser Stelle die

Regierungsbefragung . Vielen Dank, Herr Minister Maas
und auch Herr Braun .

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde

Drucksache 18/6602

Die Fragestunde soll bis spätestens 15 Uhr dauern, weil
die Fraktionen vereinbart haben, dass wir um 15 .05 Uhr
mit dem nächsten Tagesordnungspunkt beginnen .

Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur .

Herr Barthle ist als Vertreter des Ministeriums anwesend .

Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Stephan Kühn
auf:

Welche Mängel sieht die Bundesregierung bei den bishe-
rigen behördlichen Kontrollmechanismen zur Einhaltung der
Schadstoffgrenzwerte für Pkw?

Herr Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813505600


Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Lieber Herr Kollege
Kühn, ich möchte Ihre Fragen 1 und 2 wegen ihres Sach-
zusammenhangs gemeinsam beantworten .

Volker Beck (Köln)







(A) (C)



(B) (D)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813505700

Dann rufe ich auch die Frage 2 des Abgeordneten

Stephan Kühn auf:
Wie will die Bundesregierung als Konsequenz aus dem

VW-Skandal die behördlichen Kontrollen der Einhaltung von
Schadstoffgrenzwerten verbessern?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813505800


Nach Abschluss der Sachverhaltsaufklärung im VW-
Fall und nach Vorliegen aller Erkenntnisse wird entschie-
den, ob und welcher Handlungsbedarf bei der Anpassung
der internationalen, der europäischen und der nationalen
Vorschriften besteht .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813505900

Herr Kühn, bitte .

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Das ist interessant, was Sie da sagen, Herr Staatsse-
kretär . Die EU-Kommission scheint hier weiter zu sein;
denn sie hat festgestellt, dass das bisherige Kontroll- und
Prüfregime offensichtlich mangelhaft war, und will des-
halb die nationalen Behörden kontrollieren bzw . über-
prüfen . Ist das nicht Anlass für die Bundesregierung, nun
entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen? Es ist doch
für die Frage, ob die Prüfungen wirksam oder unwirksam
sind, nicht mehr erheblich, ob weitere Manipulationen an
den Abgas- bzw . CO2-Werten festgestellt werden . Das
Problem besteht doch darin, dass das bisherige Prüfsys-
tem, also die Arbeit des Kraftfahrt-Bundesamtes, nicht
dazu geführt hat, dass diese Manipulationen bekannt
wurden . Also waren die bisherigen Überprüfungen und
das bestehende Genehmigungsverfahren offensichtlich
nicht wirksam . Wie viele manipulierte Fahrzeuge soll es
denn noch geben, bevor Sie endlich anfangen, zu hin-
terfragen, ob das bisherige System auch in Zukunft so
bleiben kann?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813506000

Herr Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813506100


Herr Kollege Kühn, die Europäische Kommission
hat bereits 2011, also weit vor dem VW-Skandal, eine
Arbeitsgruppe eingerichtet, in der ein zusätzliches Mess-
verfahren mit portabler Messtechnik entwickelt wird,
das zukünftig im Rahmen der Typengenehmigung die
Wirksamkeit von Euro 6 im Realbetrieb kontrollieren
und sicherstellen soll . Mit den zukünftigen RDE-An-
forderungen wird zudem eine Verwendung unzulässiger
Abschalteinrichtungen deutlich erschwert werden . Die
Einführung wirksamer Prüfverfahren zur Kontrolle der
Realemissionen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen,
also RDE, wird seitens der Bundesregierung mit Nach-
druck unterstützt . Wir tun alles, um das RDE-Verfahren
weltweit einzuführen und so eine wirksamere Kontrolle
der Realemissionen zu bewirken .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813506200

Herr Kühn .

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Frau Präsidentin, ich gehe davon aus, dass ich insge-
samt vier Nachfragen habe, weil es ja zwei Fragen waren .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813506300

Das ist jetzt Ihre zweite Nachfrage .

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Genau . – Herr Barthle, ich möchte nachfragen . Bisher
hatte das Kraftfahrt-Bundesamt noch nicht einmal die
technischen Voraussetzungen – es gab keinen Rollen-
prüfstand –, um zu überprüfen, ob das, was im Rahmen
der Typengenehmigung zugelassen wurde, der Realität
entspricht . Die Nachprüfung seitens des KBA beruhte
bislang auf Vollständigkeit und Plausibilität der Herstel-
lerangaben; das KBA hat diesen vertraut . Dieses System
hat offensichtlich nicht funktioniert . Soll das so bleiben,
oder wollen Sie das ändern?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813506400


Wir sind auch auf europäischer Ebene bemüht, ein
wirksameres Nachprüfverfahren zu installieren . Wir
haben hier ein anderes Verfahren als in den Vereinigten
Staaten . Das Verfahren in Europa sieht so aus, dass zu-
nächst einmal die Typengenehmigungsvorschriften ein-
gehalten werden müssen . Diese werden dann in Form von
Nachprüfungen nochmals überprüft . Es gab schon bisher
Nachprüfungen, die die Konformität der Produkte bzw .
der Fahrzeuge, die vom Band kommen, zum Gegenstand
hatten . Es gibt ein zweites Nachprüfverfahren betreffend
die Konformität der Fahrzeuge, die bereits beim Kunden
sind . Wir haben ein Interesse daran, dass das, was bis-
her in nur vier Mitgliedsländern stattfindet, nämlich die
sogenannten Feldüberwachungen – Deutschland gehört
dazu –, in das regelgerechte Typgenehmigungsverfahren
überführt wird . Aber das Ganze muss auf europäischer
Ebene geregelt werden; denn Typgenehmigungsverfah-
ren sind europaweit gültig . Jeder Hersteller kann sich
selbst aussuchen, wo er seine Fahrzeuge genehmigen
lässt .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813506500

Herr Kühn .

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Nun haben Sie deutlich gemacht, dass die Hersteller
europaweit zulassen können und es einen Wettbewerb
unter den technischen Dienstleistern gibt, wer die Zulas-
sung übernimmt . Sehen Sie nicht, dass es da einen Inter-
essenkonflikt bei den technischen Dienstleistern gibt? Ei-
nerseits werden sie vom KBA mit der Typgenehmigung
beauftragt, andererseits werden sie von den Herstellern
bezahlt, wenn es um die Zulassung im Rahmen des euro-






(A) (C)



(B) (D)


päischen Wettbewerbs geht, den Sie zutreffend geschil-
dert haben .

Müsste man nicht genauer nachfragen angesichts der
Tatsache, dass VW selber eingestanden hat, bei circa
800 000 Fahrzeugen die CO2-Werte manipuliert zu ha-
ben, wobei aber vorher diese Manipulationen bei dem
technischen Dienstleister – in dem Fall war das der
TÜV – überhaupt nicht aufgefallen sind? Wie kann das
sein? Wollen Sie etwas unternehmen, damit dieser wirt-
schaftliche Interessenkonflikt, der offenkundig ist, künf-
tig ausgeschlossen ist?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813506600

Herr Barthle .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813506700


Zunächst zu der Zahl, die Sie genannt haben, Kollege
Kühn: Nach unserer aktuellen Information von VW han-
delt es sich nicht mehr um 800 000 Fahrzeuge, sondern
es handelt sich um 662 000 Fahrzeuge des Konzerns in
Europa, davon knapp 189 000 Fahrzeuge in Deutschland,
die von diesen CO2-Manipulationen betroffen sind .

Zu den Interessenkonflikten: Die Typenzulassung ist,
wie gesagt, europäisch geregelt . Es gibt einen europäi-
schen Markt . Das Kraftfahrt-Bundesamt bedient sich
der dafür bestehenden unabhängigen Einrichtungen . Ei-
nen Interessenkonflikt kann ich da nicht erkennen. Auch
die Automobilkonzerne sind weltweit oder europaweit
aufgestellt . Deshalb ist es nachvollziehbar, dass die Ty-
penzulassung eines Konzerns nicht nur in Deutschland
stattfinden kann, sondern in ganz Europa. Deshalb ist
es schwierig, da einen Interessenkonflikt zwischen dem
KBA, das unabhängig agiert, und irgendwelchen Auto-
mobilkonzernen herzustellen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813506800

Herr Kühn, Sie haben jetzt die vierte Nachfrage .

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Herr Barthle, es ist doch schon auffällig, wenn die
Institutionen, die prüfen sollen, die Manipulationen sel-
ber nicht feststellen, obwohl sie angeblich unabhängig
sind und intensiv geprüft haben, sondern am Ende der
VW-Konzern die konkreten Zahlen der Manipulationen
feststellt .

Mich würde in der Konsequenz Folgendes interessie-
ren: Das Kraftfahrt-Bundesamt – das hat uns der Präsi-
dent in der Anhörung gesagt – hat derzeit gar nicht das
Mandat für Feldüberwachungen . Sie haben RDE ange-
sprochen . Welche Rolle sollen welche Behörden künftig
im Kontrollregime spielen? Wer ist künftig für die Fel-
düberwachungen zuständig? Bleibt das bei der Bundes-
anstalt für Straßenwesen? Und wer macht künftig das
RDE-Verfahren, wenn es denn jetzt zügig eingeführt
wird?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813506900


Die Feldbeobachtungen, die bei uns durchgeführt
wurden, wurden unter Federführung des KBA in Zu-
sammenarbeit mit dem Umweltbundesamt durchgeführt .
Ausgeführt wurden sie von der BASt, Bundesanstalt für
Straßenwesen . Das war bisher ein Verfahren, das ganz
gut funktioniert hat. Aber es gibt kein verpflichtendes
Felduntersuchungsverfahren . Das ist das, was wir auf
europäischer Ebene erreichen wollen . Deshalb erfüllt
bisher das Kraftfahrt-Bundesamt alle Auflagen, alle Fak-
toren und alle Notwendigkeiten, die für Typgenehmigun-
gen erforderlich sind .

Wenn Sie nun wiederholt vortragen, dass die Mani-
pulationen nicht bemerkt worden sind, dann wiederhole
ich: Wenn es dem VW-Konzern im Rahmen der Typge-
nehmigungsverfahren und der dabei anstehenden Prüfun-
gen gelungen ist, Manipulationen zu verbergen, dann ist
es kein Wunder, wenn diese Manipulationen auch bei den
Nachprüfungen nicht entdeckt werden .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813507000

Der nächste Fragesteller: Herr Gastel, bitte .


Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813507100

Frau Präsidentin, vielen Dank . – Herr Staatssekretär,

besonders verwundert war ich über Ihren ersten Versuch,
eine Antwort zu geben, als Sie nämlich auf die Frage von
Kollege Kühn gesagt haben, es werde noch entschieden,
ob und, wenn ja, welcher Handlungsbedarf überhaupt be-
stehe . Vor allem dieses „ob“ irritiert mich doch gewaltig .

Irritiert es Sie nicht, dass ausgerechnet der ADAC
sehr klare Konsequenzen aus dem Abgasskandal ziehen
möchte und auch konkret formuliert, welche Konsequen-
zen gezogen werden sollen? Er sagt: strenge Grenzwerte,
strenge Kontrollen, auf der Straße müsse geprüft werden,
niedriger Korrekturfaktor . Der ADAC macht das natür-
lich nicht selbstlos, sondern er macht es aus der Angst
heraus, dass dann, wenn Sie nicht handeln, Fahrverbote
in den Städten drohen, in denen die Grenzwerte seit lan-
ger Zeit deutlich und gesundheitsgefährdend überschrit-
ten werden . Sehen Sie nicht ebenfalls wie der ADAC die
Gefahr, dass Fahrverbote kommen werden, wenn Sie mit
dem Handeln zu lange warten?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813507200

Herr Barthle .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813507300


Herr Kollege Gastel, ich kommentiere nicht die Dinge,
die der ADAC betreibt . Ich spreche für die Bundesregie-
rung . Die Bundesregierung muss, bevor sie Entscheidun-
gen trifft, ob und, wenn ja, welche rechtlichen Maßnah-
men notwendig sind, zunächst einmal den Sachverhalt
aufgeklärt haben . Wir sind immer noch inmitten der
Sachverhaltsaufklärung . Wir haben noch keine abschlie-
ßenden Erkenntnisse, wie viele Fahrzeuge betroffen sind,
welche betroffen sind, wie groß die Abweichungen sind
etc . pp . Man braucht genaues Faktenwissen, Datenwis-

Stephan Kühn (Dresden)







(A) (C)



(B) (D)


sen, valide, verwertbare Erkenntnisse, um dann sagen
zu können, welche Handlungen daraus erfolgen können
oder müssen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813507400

Oliver Krischer .


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813507500

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Staatsse-

kretär, ich habe in der vergangenen Woche mit Mitglie-
dern des Wirtschaftsausschusses an einem Gespräch mit
der EU-Industriekommissarin teilgenommen . Die Indus-
triekommissarin hat dort formuliert – ich gebe das mit
meinen Worten wieder; es hat aber so ähnlich in der Pres-
se gestanden –, dass offensichtlich die nationalen Prüfbe-
hörden, insbesondere die in Deutschland, versagt hätten,
sonst hätte dieser VW-Skandal nicht entstehen können .
Bei ihren Ausführungen ging es nicht um das Testverfah-
ren, sondern um die Art und Weise, um die Intensität, wie
die Behörden kontrollieren .

Wenn ich Ihre Äußerungen richtig verstehe, gibt es
überhaupt kein Problem, sondern es geht nur um die
Frage, dass man irgendwann einmal das RDE einführt .
Sie haben es lange Zeit ausgebremst . 2017 wird es ein-
geführt .

Meine Frage an Sie: Ist das, was die Industriekom-
missarin gesagt hat, was sie auch der Presse gesagt hat,
falsch? Weisen Sie es zurück, weil Ihrer Meinung nach in
Deutschland bisher alles super funktioniert hat?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813507600


Herr Kollege Krischer, es ist unbestritten, dass die be-
stehenden Verfahren zur Überprüfung bei der Typenzu-
lassung Lücken aufweisen .


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)


Anderenfalls wäre es nicht möglich gewesen, dass dieser
Betrug über Jahre hinweg bei verschiedenen Modellen
unentdeckt bleibt . Insofern ist es sicherlich richtig, dass
wir überprüfen müssen, an welchen Stellen Korrekturen
notwendig sind . Das können wir aber erst dann, wenn wir
genau wissen, wie was wo manipuliert und wie wo was
verdeckt wurde . Erst dann kann man genau sagen, welche
Schlüsse daraus zu ziehen sind . Pauschal irgendwelche
Dinge zu beschließen, ohne die Fakten genau zu kennen,
würde sich sicherlich als sträflich falsch erweisen. Des-
halb ist es gut und richtig, zunächst genau zu erheben,
worum es überhaupt geht . Wir haben den Eindruck, dass
auch der betroffene VW-Konzern selbst noch gar nicht
in der Lage ist, dies genau zu sagen . Die Kommissarin
hat VW um einen Bericht gebeten und dafür eine Frist
gesetzt; das entnehme ich zumindest der Presse . Wir sind
sehr gespannt, ob der VW-Konzern in der Lage sein wird,
diese Frist einzuhalten .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813507700

Danke, Herr Barthle . – Da wir zwei Fragen aufgerufen

haben, darf Oliver Krischer seine zweite Frage stellen .


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813507800

Danke, Frau Präsidentin . – Ich habe noch eine weitere

Frage an Sie, Herr Barthle . In der Anhörung des Verkehr-
sausschusses hat der Präsident des KBA ausgeführt, dass
das KBA diese Manipulationen niemals hätte entdecken
können . Ich bin froh, dass Sie selber eingestehen – ich
höre das jetzt nach sieben Wochen zum ersten Mal –,
dass es hier offensichtlich Defizite gibt.

Teilen Sie die Einschätzung des Präsidenten des KBA,
dass die Manipulationen von VW im Rahmen der Ver-
fahren, wie sie in Deutschland gelaufen sind, nie hätten
entdeckt werden können? Was müssen wir Ihrer Ein-
schätzung nach beispielsweise von der US-Umweltbe-
hörde EPA lernen, die bisher als Einzige Manipulationen
nachgewiesen hat?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813507900


Herr Kollege Krischer, da täuschen Sie sich . Es ist
nicht so, dass die EPA diese Manipulationen entdeckt
hat, sondern die EPA hat Abweichungen von bestimmten
Werten entdeckt . Erst dann hat VW selbst eingestanden,
worauf dies zurückzuführen ist . Also nicht die EPA hat
die Manipulationssoftware entdeckt, sondern VW hat es
selbst offengelegt .

Das amerikanische Nachprüfungsverfahren funktio-
niert anders . In Amerika müssen die Fahrzeughersteller
selbst zertifizieren und diese Zertifizierung dokumentie-
ren . Das wird dann nachgeprüft .

Wir haben ein Typengenehmigungsverfahren, bei dem
sofort geprüft wird, und erst dann finden irgendwann
stichprobenartige Nachprüfungen statt . Bei uns wird also
zuerst geprüft und dann zugelassen, und zwar nicht von
den Herstellern selbst, sondern von unabhängigen Ein-
richtungen wie dem Kraftfahrt-Bundesamt .

Deshalb nochmals: Auch in Amerika sind die Mängel
nicht von der EPA entdeckt worden, sondern sie sind von
VW selbst offengelegt worden . Insofern müsste sich die
Kritik, die Sie äußern, nicht nur auf europäische oder gar
deutsche Einrichtungen ausdehnen, sondern eben auch
auf die EPA .


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unglaublich, Herr Barthle! – Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt auch nicht!)


– Bitte?


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen wir gleich weiter!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813508000

Danke, Herr Staatssekretär . – Bärbel Höhn hat das

Wort zu einer Nachfrage .


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813508100

Herr Staatssekretär, Sie haben eben gesagt, dieser gan-

ze Skandal sei von VW selbst in den USA offengelegt
worden – so habe ich Sie jetzt verstanden –; VW in den
USA habe der EPA gesagt: Da sind Abweichungen, und

Parl. Staatssekretär Norbert Barthle






(A) (C)



(B) (D)


wir legen diesen Skandal offen . – Alles, was wir wissen,
entspricht dieser Tatsache nicht . Vielmehr hat VW in den
USA erst auf diverse Nachfragen und als es nicht mehr
anders ging – VW hatte immer wieder versucht, das Gan-
ze zu verschleiern –, diesen Betrug zugegeben . Können
Sie das bestätigen, ja oder nein?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813508200


Genauso habe ich es gerade eben dargestellt, Frau
Kollegin .


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben eben gesagt, VW hat das offengelegt!)


Frau Kollegin, Sie haben doch gerade meine Aussagen
bestätigt . Sie haben mir bestätigt, dass auf intensive
Nachfrage der amerikanischen Behörde EPA VW diese
Verstöße zugegeben hat . Nichts anderes habe ich behaup-
tet .


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zugeben ist etwas anderes!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813508300

Gut . – Frau Höhn, zweite Nachfrage .


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813508400

Die EPA hat ja deshalb recherchiert, weil ihr zugetra-

gen worden ist, dass bei den Werten Realität und Theo-
rie auseinanderliegen . Nun wissen aber Sie und wir und
alle in Deutschland, dass zum Beispiel theoretischer und
tatsächlicher CO2-Ausstoß der Autos in Deutschland so-
wie der Kraftstoffverbrauch immer weiter auseinander-
gehen . Die Differenz zwischen Theorie und Praxis, was
den Kraftstoffverbrauch angeht, liegt mittlerweile bei
40 Prozent; 2001 waren es nur 8 Prozent . Diese Werte
sind seit langem bekannt . Warum haben nicht genau wie
in den USA hier die entsprechenden Behörden auf dieses
immer größere Auseinanderklaffen reagiert und selber
nachgeprüft?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813508500

Bitte, Herr Barthle .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813508600


Frau Kollegin Höhn, Sie betreiben dasselbe Spiel, das
die Grünen-Bundestagsfraktion betreibt, indem verschie-
dene Dinge miteinander vermengt werden, die man von-
einander trennen muss .

Dass die Verbrauchsangaben der Fahrzeughersteller
mit denen im realen Betrieb nur wenig übereinstimmen,
das wissen alle schon lange . Aber das hat damit zu tun,
dass die Verbrauchsangaben der Hersteller in Laboren
ermittelt werden, die mit legalen Möglichkeiten so aus-
gestattet sind, dass relativ niedrige Verbrauchswerte ent-
stehen .

Dass im realen Betrieb weitere Verbrauchserzeuger
hinzukommen, die in der Laborsituation nicht berück-
sichtigt werden, das wissen auch wir . Ich denke zum Bei-
spiel an Klimaanlagen und sonstige elektrische Einrich-
tungen am Auto, also an alles Mögliche, was unabhängig
vom Fahrbetrieb ist .


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die kann man doch anmachen!)


Deshalb sind wir dabei, auf europäischer Ebene Ver-
fahren voranzubringen, die eine realitätsnähere Ver-
brauchsangabepraxis ermöglichen und bei der man ge-
sondert ausweisen kann, wie sich der Verbrauch darstellt,
wenn man zum Beispiel zusätzlich eine Klimaanlage oder
Ähnliches betreibt . Das alles gibt es bisher noch nicht .
Wir sind auf europäischer Ebene diejenigen, die Druck
machen, damit dies möglichst schnell vorankommt .

Das aber nun mit den NOX-Werten, um die es in Ame-
rika zunächst einmal ging, in Verbindung zu bringen, das
ist nicht richtig, Frau Kollegin Höhn . Das muss ich mit
aller Deutlichkeit so sagen; denn um einen solchen Zu-
sammenhang ging es zunächst einmal bei den betroffe-
nen Dieselmotoren von VW . Doch das war etwas ganz
anderes .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813508700

Herr Kollege Meiwald .


Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813508800

Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Kollege

Barthle, obwohl Sie gerade gesagt haben, es gehe nur um
die NOX-Werte in Amerika, habe ich eine Nachfrage .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813508900


„Es ging“, habe ich gesagt .


Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813509000

In der Antwort auf unsere Kleine Anfrage auf

Drucksache 18/6398 haben Sie uns mitgeteilt, dass in
Deutschland mindestens 382 213 Menschen von erhöh-
ten Stickoxidbelastungen in unseren Städten betroffen
sind . Wir wissen gleichzeitig, dass Stickoxidüberhö-
hungen deutlich gesundheitsgefährdend sind . Insofern
stellt sich jetzt – so wie Sie es darstellen – die Frage,
wen die Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung an-
klagen könnte, wer verantwortlich ist . Das KBA, weil
es einen gefährlichen Typ zugelassen hat? Oder ist der
VW-Konzern verantwortlich? Also, die Frage ist ja: Wer
kann denn jetzt für diese Körperverletzung, die nicht nur
fahrlässig begangen wurde, zur Verantwortung gezogen
werden?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813509100

Herr Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813509200


Herr Kollege, damit müssen Sie das Bundesumwelt-
ministerium oder das Bundesministerium der Justiz und

Bärbel Höhn






(A) (C)



(B) (D)


für Verbraucherschutz konfrontieren . Wir sehen uns da
nicht als zuständige Einrichtung .


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die vertagen das im Rechtsausschuss immer!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813509300

Dann hat das Wort der Kollege Gastel .


Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813509400

Können wir etwas Neues und Konkretes von Ihnen er-

fahren, Herr Staatssekretär?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813509500


Habe ich doch schon .


Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813509600

Wenn Sie gefragt werden, wie denn die Bundesre-

gierung diese Vorgänge um die Manipulationen aufklä-
ren möchte, dann verweisen Sie immer wieder auf eine
Kommission, die vom BMVI eingerichtet worden ist .
Jetzt verraten Sie uns doch bitte einmal, wie sich diese
Kommission zusammensetzt, welchen Auftrag und wel-
che Kompetenzen sie hat und wie oft sie bisher schon
getagt hat .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813509700

Herr Barthle .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813509800


Diese Kommission wurde sofort nach Bekanntwerden
des Skandals von Bundesminister Alexander Dobrindt
eingesetzt . Sie wird von Staatssekretär Odenwald gelei-
tet . Die Kommission besteht aus Experten des Bundes-
verkehrsministeriums und des Kraftfahrt-Bundesamts
sowie aus Wissenschaftlern, die über entsprechende Ex-
pertise verfügen. Sie tagt sehr häufig. Wenn ich es rich-
tig weiß, hat sie diese Woche auch schon wieder getagt .
Oder sie tagt noch . Diese Kommission steht in engem
Kontakt auch mit VW, um die Vorgänge aufzuklären und
den Aufklärungsprozess zu begleiten .


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer gehört ihr konkret an?)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813509900

Sie haben jetzt keine Frage mehr, Herr Gastel . Sie ha-

ben Ihre zwei Fragen gestellt . – Jetzt ist Frau Kollegin
Paus an der Reihe .


Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813510000

Herr Staatssekretär, ich möchte an die Frage von

Frau Höhn anknüpfen . Sie hatten ja bestätigt, dass VW
auf intensives Nachfragen und Insistieren der EPA den
Missbrauch in den USA zugegeben hat . Können Sie mir
auch bestätigen, dass Ausgangspunkt für die intensiven
Nachfragen der EPA überhaupt die Differenz zwischen

den Testwerten auf der einen Seite und den Realwerten
bzw . den auf der Straße gemessenen Werten auf der an-
deren Seite war? Und war genau das, was Frau Höhn
angesprochen hat, dass nämlich die Differenz zwischen
diesen Werten drastisch – auf inzwischen 40 Prozent –
gestiegen ist, der Grund, dann vertieft in die Untersu-
chung einzusteigen? Und können Sie begründen, warum
das in Deutschland nicht auch ein Grund für das Kraft-
fahrt-Bundesamt hätte sein können und müssen, genauer
zu untersuchen und eigene Untersuchungen anzustellen?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813510100

Herr Kollege Barthle .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813510200


Frau Kollegin Paus, ich habe schon mehrmals auf ähn-
liche Fragen geantwortet . Sinngemäß wiederhole ich es
noch einmal . Die genauen Prüfverfahren der amerikani-
schen Behörde kommentiere ich jetzt nicht . Bei uns war
es so, dass stichprobenartige Nachmessungen immer un-
ter denselben Bedingungen wie die Typengenehmigungs-
verfahren stattgefunden haben . Und das waren genau die
Bedingungen, unter denen dieser Abschaltmechanismus
funktioniert hat . Dass in Amerika andere Verfahren der
Typzulassung benutzt werden, habe ich eben auch schon
erläutert . Durch die intensiven Nachprüfungen, die in
Amerika Bestandteil der Typengenehmigungen sind,
wurden offensichtlich große Differenzen festgestellt, die
dann einer Erklärung bedurften . Damit hängt das zusam-
men . So ist unser Kenntnisstand . Daraufhin wurde dieser
Skandal offengelegt . Er entwickelte sich entsprechend
und wurde eingestanden .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813510300

Vielen Dank, Herr Kollege Barthle .

Dann kommen wir jetzt – das knüpft ein wenig an das
an, was schon angesprochen worden ist – zur Frage 3 der
Kollegin Dr . Verlinden:

Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem
Bekanntwerden falscher Energieverbrauchsangaben beim Ver-
kauf von Neuwagen, und mit welchen Maßnahmen will die
Bundesregierung die notwendige Energieeinsparung im Ver-

(vergleiche Energiekonzept von 2010 und Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2020 10 Prozent Endenergieverbrauch im Verkehr im Vergleich zum Jahr 2005 einzusparen)


Herr Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813510400


Frau Präsidentin, ich würde dann gern auch gleich die
Frage 4 beantworten; denn beides steht in einem Sachzu-
sammenhang .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813510500

Dann rufe ich auch die Frage 4 der Kollegin

Dr . Verlinden auf:
Mit welchen konkreten Maßnahmen wird die Bundesre-

gierung dafür sorgen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher
beim Autokauf künftig verlässliche Angaben über den Treib-

Parl. Staatssekretär Norbert Barthle






(A) (C)



(B) (D)


stoffverbrauch des jeweiligen Fahrzeugs und damit auch über
den tatsächlichen CO2-Ausstoß erhalten?

Herr Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813510600


Frau Kollegin Verlinden, gesetzliche Grundlage für
die Verbrauchskennzeichnung beim Verkauf von Neu-
wagen ist die Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungs-
verordnung, Pkw-EnVKV, die Angaben zum Kraftstoff-
verbrauch, zu CO2-Emissionen und zum Stromverbrauch
macht . Die Informationen entstammen der Dokumen-
tation zur Typgenehmigung der Fahrzeuge . Staatliche
Reaktionen auf festgestellte Verstöße gegen die Typge-
nehmigungsvorschriften ergeben sich aus der EG-Fahr-
zeuggenehmigungsverordnung, EG-FGV .

Des Weiteren wird auf die Antwort der Bundesregie-
rung zu den Fragen 19 und 23 der Kleinen Anfrage in
Drucksache 18/5656 verwiesen .

Die Zielerreichung im Hinblick auf die Energiewen-
deziele wird durch den Monitoring-Prozess „Energie der
Zukunft“ überprüft . In dem Monitoring-Bericht werden
auch die wesentlichen Maßnahmen aufgeführt, die zu ei-
ner Reduzierung des Energieverbrauchs im Verkehr füh-
ren sollen, um das Einsparziel zu erreichen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813510700

Frau Verlinden .


Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813510800

Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Barthle, Ihre

Antwort finde ich jetzt nicht sehr zufriedenstellend, zu-
mal die Fragen 3 und 4 wirklich in ganz unterschiedliche
Richtungen gehen . Aber gut, ich habe ja vier Fragen, um
das zu klären .

Ist Ihnen bewusst, dass Sie sich von Ihrem Ziel, näm-
lich bis zum Jahr 2020 im Verkehrssektor 10 Prozent
Energie einzusparen, gerade komplett entfernen, weil
der Energieverbrauch im Verkehrsbereich zunimmt? Das
heißt, die Entwicklung läuft Ihrem eigenen Ziel diame-
tral entgegen, vielleicht auch mit verursacht durch die
falschen Angaben und durch die falschen Messergebnis-
se . Es wird ja mehr verbraucht als ursprünglich gedacht .

Vielleicht können Sie schon ein bisschen darüber er-
zählen, was in dem Monitoring-Bericht stehen wird, den
Sie in der nächsten Woche im Kabinett verabschieden
werden, was Sie jetzt konkret an Maßnahmen ergreifen
wollen, um Ihr Ziel, nämlich 10 Prozent Energieeinspa-
rung im Verkehrssektor, doch noch zu erreichen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813510900

Norbert Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813511000


Danke . – Frau Kollegin, zu dem Monitoring-Bericht
kann ich im Voraus nichts sagen . Ich will zunächst ein-
mal feststellen, dass die Situation, wie Sie sie beschrei-

ben, nicht ganz mit der Realität übereinstimmt . Wenn wir
uns die Situation bei den Stickoxiden angucken – -


(Dr . Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war nicht meine Frage! Es geht hier um Energieverbrauch! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813511100

Moment! Jetzt hat der Herr Staatssekretär das Wort .

Sie haben die Möglichkeit, noch dreimal nachzufragen .
Er beantwortet, wie er will .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813511200


Es geht um die Energieverbrauchswerte unserer Fahr-
zeuge . Sie werden mir sicherlich darin zustimmen, dass
die Energieverbrauchswerte unserer Fahrzeuge konti-
nuierlich zurückgegangen sind . Die Autoindustrie hat
über die vergangenen Jahre hinweg erreicht, dass die
Verbrauchswerte deutlich niedriger wurden . Damit hängt
auch zusammen, dass der Ausstoß von Schadstoffen
deutlich zurückging, obwohl die Anzahl der Fahrzeuge
sich erheblich erhöht hat . Wir hatten 1990 noch etwa
35 Millionen Fahrzeuge in Deutschland . Wir haben heute
über 51 Millionen Fahrzeuge . Trotz dieser höheren An-
zahl von Fahrzeugen ist die Schadstoffemission deutlich
zurückgegangen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813511300

Frau Verlinden .


Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813511400

Das finde ich jetzt wirklich ein starkes Stück. Sie sa-

gen uns: „Die Energieverbrauchswerte gehen seit Jahren
zurück“, und meinen damit das, was die Verbraucher, die
Kunden im Autohaus an Informationen bekommen, das,
was auf den Plaketten steht . Wir wissen aber seit mehre-
ren Tagen, seit der Debatte in den letzten Wochen, dass
das nicht stimmt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Insofern verstehe ich überhaupt nicht, wieso Sie sagen:
Wieso? Es ist doch alles super . Der Energieverbrauch
geht zurück . – Das Gegenteil ist der Fall . Die Verbrau-
cher werden hier veralbert, und Sie sagen noch: Es ist
doch alles in Ordnung . – Das müssen Sie mir wirklich
erklären .

Sie sagen, dass der Energieverbrauch pro Fahrzeug
kontinuierlich zurückgeht . Ich habe gerade gesagt, dass
das de facto nicht stimmt, wenn die Verbrauchsangaben
nicht korrekt sind . Angesichts dessen erklären Sie mir
doch bitte zusätzlich, was das für Ihr eigenes Ziel be-
deutet . Sie wollen im Verkehrssektor absolut – nicht pro
Pkw – 10 Prozent Energie einsparen . Das ist Ihr Ziel . Wie
wollen Sie das erreichen?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813511500

Herr Barthle .

Vizepräsidentin Claudia Roth






(A) (C)



(B) (D)


N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813511600


Frau Kollegin, mit einem Bündel von Maßnahmen,
indem wir es schaffen, die Dekarbonisierung des Auto-
verkehrs sukzessive weiter voranzutreiben, indem wir
alternative Antriebstechniken voranbringen . Das reicht
vom Einsatz von Gas oder Biogas über die Elektrifizie-
rung des Verkehrs bis dahin, dass wir versuchen, den An-
teil an Dieselfahrzeugen auf dem Markt noch weiter zu
erhöhen, weil Diesel verbrauchsgünstiger ist, usw . usf .

Es sind also eine Vielzahl von Maßnahmen, die be-
gleitet werden von den Anstrengungen der Automobil-
industrie, der es gelungen ist, die gesetzten Grenzwerte
für ihren Flottenverbrauch einzuhalten, also deutlich ab-
zusenken, was die Verbrauchswerte und die Schadstoff-
emissionswerte anbelangt . Das alles zusammen – da sind
wir zuversichtlich – wird dazu beitragen, dass wir dieses
Einsparziel erreichen können .

Der Verkehr hat einen Anteil am Energieverbrauch
von etwa 20 Prozent . Wir sehen erhebliche Einsparpoten-
ziale im Verkehrsbereich, die es ermöglichen, die Ener-
gieeinsparziele, die sich die Bundesregierung gesetzt hat,
auch erreichen zu können . Aber dazu gehört, wie gesagt,
ein ganzes Bündel an Maßnahmen, das wir mit unserer
nationalen Strategie auf den Weg gebracht haben .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813511700

Frau Verlinden .


Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813511800

Instrumentenmix, also dass man verschiedene Maß-

nahmen plant, ist ja immer super . Es ist auch unbestritten,
dass wir darüber seit Jahren diskutieren, auch als Grüne .
Ich verstehe aber nicht, wieso Sie sich hierhinstellen und
sagen: Wir haben ein breites Bündel beschlossen . Wir
machen doch ganz viel . – Die Zahlen und harten Fakten
beweisen nämlich das Gegenteil . Ihre Maßnahmen schei-
nen also nicht zu wirken . Dann müsste man sich doch
einmal im Kabinett oder im Ministerium hinsetzen und
sagen: Okay, wir sind nicht auf dem richtigen Pfad . Der
Trend geht in die falsche Richtung . Die Maßnahmen, die
Instrumente, die wir auf den Weg gebracht haben, schei-
nen nicht auszureichen und nicht zu funktionieren . Wir
müssen umsteuern . – Da sehe ich bei Ihnen überhaupt
nichts, was Sie uns als Antwort auf die Frage, wie Sie Ihr
eigenes Ziel bis 2020 doch noch erreichen wollen, anbie-
ten können . Es sind schließlich nur noch fünf Jahre . Inso-
fern müssen Sie da jetzt einmal in die Puschen kommen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813511900

Herr Barthle, in die Puschen kommen .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813512000


Wir haben bisher bewiesen, dass wir auf einem guten
Weg sind .


(Lachen des Abg . Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir haben die Einsparziele schon gut zur Hälfte erreicht .


(Dr . Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Verkehrsbereich?)


– Das ist so . Das können Sie anders sehen, aber es ist so .
Wir werden die gesteckten Ziele mit den weiteren noch
anstehenden Maßnahmen auch erreichen .


(Lachen der Abg . Dr . Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wenn Sie andere Zahlen haben, können Sie mir diese
gern zur Verfügung stellen, und dann werden wir sehen,
welche Zahlen stimmen . – Danke .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813512100

Vielen Dank, Herr Staatssekretär . – Frau Verlinden,

jetzt kommt aber die letzte Frage, weil in der vorherigen
Frage zwei zusammengefasst waren . – Bitte schön .


Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813512200

Herr Barthle, es ist sehr überraschend, dass Sie eben

auf den Monitoring-Bericht der Bundesregierung hinge-
wiesen haben, in dem Sie Maßnahmen nennen und die
Ziele evaluieren . Sie sagen uns, Sie sind auf dem richti-
gen Weg . Ich vermute, Sie haben den Monitoring-Bericht
aus dem Jahr 2014 nicht gelesen . Dieser liegt mir hier
gerade vor . Im Monitoring-Bericht von 2014 steht wort-
wörtlich, dass Sie beim Endenergieverbrauch im Bereich
Verkehr im Vergleich zu 2005 bisher 1 Prozent mehr
Energie verbraucht haben und nicht weniger . Das heißt,
Sie sind nicht auf dem richtigen Weg . Sie sind nicht auf
dem Weg in Richtung Energieverbrauchssenkung, wie
Sie das gerade behauptet haben . Sie sind weit entfernt
von Ihrem Ziel, 10 Prozent einzusparen . Im Gegenteil:
Der Verbrauch hat sich seit 2005 noch erhöht . Insofern
finde ich es sehr interessant, was Sie hier formulieren.
Welche Zahlen Sie verwenden, weiß ich nicht, aber Sie
selbst haben gesagt, dass das Nachweisdokument der
Monitoring-Bericht der Bundesregierung zur Energie-
wende ist, und genau den haben Sie gerade falsch zitiert .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813512300

Herr Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813512400


Ich bitte Sie, Frau Kollegin Verlinden, einfach den
nächsten Monitoring-Bericht abzuwarten .


(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was die Erreichung der Ziele anbelangt, sprechen wir
uns dann 2020 wieder .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813512500

Vielen Dank, Herr Barthle . – Dann hatte sich der Kol-

lege Kühn gemeldet .






(A) (C)



(B) (D)


Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Ist es die richtige
Strategie, in Sachen Klimaschutz immer weiter zu war-
ten? Was ich aber eigentlich fragen wollte: Herr Barthle,
Sie haben angesprochen, dass der Verbrauch bei den
Fahrzeugen kontinuierlich zurückgeht . Bevor es die
CO2-Grenzwerte gab, betrug die jährliche Reduktion
1 Prozent, und seitdem es die CO2-Grenzwerte für Pkw
gibt, waren es 4 Prozent . Nun müssen wir aber leider
feststellen, dass diese Reduktion offensichtlich in Tei-
len nur auf dem Papier stattgefunden hat . Sie sagten ja
selber, dass mindestens 662 000 Fahrzeuge hinsichtlich
ihrer CO2-Emission manipuliert worden sind .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813512600


Europaweit .

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Europaweit. – Das heißt, der Ausstoß ist definitiv hö-
her gewesen . Genaueres wissen wir aber noch nicht . Sie
haben selber gesagt, die Untersuchungen sind noch nicht
abgeschlossen . Bisher sprechen wir nur vom Hersteller
VW . Es kann aber noch weitere Enthüllungen geben .

Müsste man jetzt aus Ihrer Sicht nicht einmal überprü-
fen und evaluieren, ob das, was die Hersteller angegeben
haben, also was sie an CO2-Reduktion erreicht haben und
was wir mit Grenzwerten untersetzt haben, auch tatsäch-
lich stimmt? Müsste man diesen Skandal nicht zum An-
lass nehmen, die reale CO2-Reduktion neu zu ermitteln?
Denn das hat natürlich Auswirkungen auf die Frage, ob
wir unsere Klimaschutzziele erreichen oder nicht .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813512700

Herr Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813512800

Herr Kollege Kühn, heute früh im Ausschuss habe ich
Ihnen bereits dargelegt, dass es sich in Deutschland
nach aktuellen Mitteilungen des VW-Konzerns um
189 000 Fahrzeuge handelt . Wir von der Bundesregie-
rung haben allerdings den Eindruck, dass der VW-Kon-
zern selbst nicht genau sagen kann, um wie viele Fahr-
zeuge es sich handelt und wie groß die Abweichungen
sind . Das alles muss man zunächst einmal eruieren .
Wenn wir die Faktenlage kennen, dann können wir über
Weiteres nachdenken; aber wir kennen sie noch nicht .
Sie stellen Abweichungen in den Raum, Sie unterstellen
Abweichungen, die Sie nicht kennen und die wir nicht
kennen . Ich weiß nicht, wie groß die Abweichungen sind .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813512900

Kollege Krischer .


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813513000

Danke, Frau Präsidentin . – Ich möchte noch mal zum

Thema Stickoxide, NOX, zurückkommen . Sie haben

eben die Kollegin Höhn belehrt . Ich hatte aber bei den
Antworten zeitweise den Eindruck, dass Sie es selber
nicht auseinanderhalten können . Deshalb sage ich, dass
wir jetzt über Stickoxide reden .

Sie haben uns eben erläutert, VW habe von sich aus
die Manipulationen öffentlich gemacht . In der Antwort
auf die nächste Frage haben Sie dann gesagt, auf Druck
der EPA, die Nachprüfungen durchgeführt und Fragen
gestellt habe, sei dann VW irgendwann damit rausge-
kommen . Sie haben sich also komplett widersprochen .

Das ist ganz anders gelaufen . Wir alle haben von der
EPA selbst gehört, dass ein Bericht des ICCT, der erheb-
liche Diskrepanzen im Bereich der Stickoxide nachweist,
Anlass für die Ermittlungen, Nachfragen und Nachprü-
fungen der EPA war . Dieser Bericht ist seit 2014 öffent-
lich . Er ist auch Ihrem Haus bekannt, er ist dem Kraft-
fahrt-Bundesamt bekannt, er ist jedem bekannt, der sich
dafür interessiert .

Insofern frage ich Sie: Warum hat die EPA in den USA
nachgefragt, nicht aber das Bundesministerium für Ver-
kehr oder das Kraftfahrt-Bundesamt? Warum wurden
nicht entsprechende Nachprüfungen veranlasst? Hier bit-
te ich Sie um eine klare Erläuterung .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813513100

Herr Barthle .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813513200


Herr Kollege Krischer, ich kann Ihnen nochmals
versichern: Informationen über Manipulationen der
NOX-Werte haben wir erst an diesem ominösen Datum
im September – ich müsste nachgucken, wann das war –
erhalten . Davor haben all unsere Erkenntnisse keine
Hinweise ergeben, dass irgendwelche Werte manipuliert
worden wären . Deshalb bestand keine Veranlassung, zu
handeln .


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Bericht des ICCT war Ihnen aber bekannt?)


– Ich gehe davon aus, dass dieser Bericht dem Ministeri-
um bekannt war .


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, dann wussten Sie es ja!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813513300

Jetzt ist Herr Barthle dran . – Herr Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813513400


Das war es schon .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813513500

Gut . – Dann die Kollegin Höhn .






(A) (C)



(B) (D)



Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813513600

Herr Kollege Barthle, es gibt ja nicht nur die Berich-

te aus den USA, wegen derer die EPA tätig geworden
ist . Die DUH hat hier in Deutschland schon in den ver-
gangenen Jahren immer wieder veröffentlicht, dass zum
Beispiel die Werte, die in der Realität auftreten, erheblich
höher sind als die in der Theorie . Ich betrachte jetzt die
CO2-Emissionen – nicht dass Sie wieder sagen, ich redete
über Stickstoffemissionen . Bei der Höhe der CO2-Emis-
sionen tritt eine Spreizung, ein Unterschied zwischen
Theorie und Praxis, von 40 Prozent auf . Da ist VW noch
nicht mal der schlimmste Konzern; die Spreizung bei VW
liegt unter dem Durchschnitt . Was wollen Sie eigentlich
hinsichtlich der Autos der anderen Automobilkonzerne
tun, bei denen der Unterschied zwischen den Werten aus
Theorie und Praxis weit über 40 Prozent liegt? Wollen
Sie da jetzt auch entsprechende Überprüfungen durch-
führen? Wir müssen ja davon ausgehen, dass da vielleicht
auch nicht alles mit rechten Dingen zugeht .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813513700


Frau Kollegin Höhn, ich wiederhole nochmals, dass
wir auf europäischer Ebene mit Nachdruck daran arbei-
ten, dass wir bei Überprüfungen und in den Genehmi-
gungsverfahren Verbrauchswerte erhalten, die näher am
realen Verbrauch sind . Wir wollen das nicht nur auf eu-
ropäischer Ebene erreichen, sondern auch mit der soge-
nannten WLTD – oder wie heißt sie?


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: WLTP!)


– Richtig,


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja unglaublich!)


mit diesem weltweiten System einer –


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können nicht mal die Begriffe sagen!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813513800

Herr Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813513900


Mit diesem weltweit einheitlichen System, das dann
auch auf europäischer Ebene installiert werden soll . –
Daran arbeiten wir intensiv; da sind wir diejenigen, die
auf europäischer Ebene das Tempo vorgeben und be-
schleunigen . Insofern bin ich zuversichtlich, dass wir es
schaffen können, dieses System im Jahr 2017, spätestens
im Jahr 2018 auf europäischer Ebene einzuführen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813514000

Frau Höhn, Sie dürfen eine weitere Frage stellen, weil

zwei Fragestellungen zugrunde liegen . Danach darf noch
Herr Gastel fragen, aber dann kommen wir zu den nächs-
ten Fragen .


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813514100

Herr Staatssekretär Barthle, ich war zehn Jahre Um-

weltministerin in Nordrhein-Westfalen . Es gibt dort
eine Fernüberwachung der Schornsteine von Industrie-
anlagen . Die Ergebnisse gehen in der Realität sofort zur
Überwachungsbehörde, sodass man genau weiß, was in
dem Moment aus dem Schornstein herauskommt . Das
betrifft große Industrieanlagen, an denen Tausende von
Arbeitsplätzen hängen . Was soll ich eigentlich den Be-
treibern dieser Industrieanlagen sagen, wenn sie jetzt
erfahren, dass in der Automobilindustrie, bei den Au-
tos, vollkommen anders reagiert wird, dass da Theorie
und Praxis weit auseinanderklaffen und die Behörden in
Deutschland da offensichtlich jahrelang die Augen ver-
schlossen haben?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813514200

Herr Barthle .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813514300


Frau Kollegin Höhn, das Typzulassungsverfahren ist
ein europarechtliches Verfahren . Wir bewegen uns im
europarechtlichen Zulassungsverfahren . Wenn wir Än-
derungen vornehmen wollen, müssen sie auf europäi-
scher Ebene vorgenommen werden, weil die Hersteller
andernfalls auf andere europäische Zulassungsbehörden
zurückgreifen; deshalb machen nationale Alleingänge
keinen Sinn . Es braucht etwas Zeit, um dies auf europäi-
scher Ebene hinzubekommen; aber wir arbeiten intensiv
daran .

Das eine hat mit dem anderen relativ wenig zu tun .
Bezüglich der Schornsteine müssen Sie sich an das Um-
weltministerium wenden .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813514400

Die letzte Frage zu den Fragen von Frau Verlinden:

Kollege Gastel .


Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813514500

Vielen Dank, Frau Präsidentin . – Herr Barthle, ich

habe an Sie folgende Frage: Auf eine Nachfrage meiner
Kollegin Verlinden nach dem Einsparziel der Bundesre-
gierung in Sachen CO2 haben Sie geantwortet, die Bun-
desregierung schnüre ein ganzes Bündel an Maßnahmen,
um dieses Ziel zu erreichen . Ein Bündel an Maßnahmen
kann erst dann entstehen, wenn es mehrere Maßnahmen
gibt . Ich kann aber keine Maßnahmen erkennen, aus de-
nen ein Bündel geschnürt werden könnte .

Sie haben ferner gesagt, dass Sie die Dekarbonisie-
rung voranbringen wollen . Tatsächlich sind Sie in Sachen
Elektromobilität aber krachend gescheitert; denn Ihr
Ziel, 1 Million Elektroautos auf die Straße zu bringen,
haben Sie ganz offensichtlich eindeutig verfehlt . Sie sind
weit hinter Ihrem Ziel zurück . Ich glaube, Sie verfolgen
es gar nicht mehr . Wie wollen Sie dieses Ziel der De-
karbonisierung erreichen, und wie soll dieses Bündel an
Maßnahmen, von dem Sie gesprochen haben, aussehen?






(A) (C)



(B) (D)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813514600

Herr Barthle .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813514700


Herr Kollege Gastel, das alles in extenso darzustellen,
ist sicherlich nicht Aufgabe der Fragestunde; aber ich
verweise auf die Nationale Plattform Elektromobilität,
auf der verschiedene Maßnahmen abgesprochen und ini-
tiiert werden, und auf die intensiven Anstrengungen, die
wir unternehmen, um alternative Antriebstechnologien
voranzubringen . Wir sind überzeugt, dass es uns gelingen
wird, dieses Ziel zu erreichen . Wir sind noch nicht in der
Markthochlaufphase angekommen, aber die Markterpro-
bung ist abgeschlossen . Warten Sie das Jahr 2020 einmal
ab; wir werden sehen, wo wir dann stehen werden . Es
gibt Bereiche, in denen wir sehr gut vorankommen . Den-
ken Sie zum Beispiel an die Elektrifizierung des Radver-
kehrs: Hier haben wir die Erwartungen weit übertroffen;
bereits eine halbe Million Elektrofahrräder sind auf dem
Markt . Das hat man so nicht erwarten können . Warten
Sie ab, was in den übrigen Verkehrsbereichen noch ge-
schieht .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813514800

Vielen Dank . – Ich rufe die Frage 5 der Kollegin Lisa

Paus auf:
Inwieweit und bei wie vielen Fahrzeugen erwartet die Bun-

desregierung, dass Softwareänderungen bzw . Anpassungen
des Motors in der vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordneten
Rückrufaktion aufgrund zu niedrig ausgewiesener Stickoxid-
werte in Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns eine Neube-
rechnung der CO2-Emissionen erforderlich machen?

Herr Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813514900


Frau Kollegin Paus, Aussagen zu möglichen Änderun-
gen der CO2-Emissionswerte bei den betroffenen Fahr-
zeugen können erst getroffen werden, wenn Volkswagen
dem Kraftfahrt-Bundesamt vorschriftenkonforme Fahr-
zeuge für die Nachträge zur Typengenehmigung vorge-
stellt hat .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813515000

Frau Paus .


Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813515100

Ich hatte mich mit meiner Frage ausdrücklich auf

die ersten bekanntgewordenen Fälle bezogen, also auf
das Thema Diesel . Sie sind jetzt nicht nur in intensiven
Prüfungen, sondern auch in intensiven Gesprächen mit
VW . Deswegen würde ich gerne Folgendes wissen: Die
Rückrufaktion ist anberaumt . Sie soll im Januar nächsten
Jahres starten . Wissen Sie etwas darüber, welche verän-
derten Eigenschaften die Autos danach haben werden?
Es sind ja zwei Varianten denkbar . Die eine Variante ist:
Die Autos werden zwar richtig getestet, aber der Stick-
oxidausstoß ist sehr hoch . Die andere Variante ist: Die
Autos haben geringere Stickstoffausstöße . Die Testver-
fahren haben ja gezeigt, dass das grundsätzlich möglich

ist . Inwieweit sind Sie mit VW in Gesprächen darüber?
Können Sie mir sagen, welche Eigenschaften die Autos
haben werden?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813515200

Herr Barthle .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813515300


Was wir wissen, ist, dass sich die Rückrufaktion zu-
nächst einmal auf die betroffenen Dieselaggregate be-
zieht . Es ist wohl so: Bei den 2-Liter-Aggregaten kann
und muss die Software verändert werden, und damit ist
das Problem behoben . Für die Fahrzeuge mit 1,6-Li-
ter- und 1,2-Liter-Aggregaten sind andere Verfahren zur
Mängelbehebung notwendig . Was im Detail zu machen
ist und wie das im Detail zu machen ist – da müssen wohl
auch mechanische Teile ausgetauscht werden –, das wis-
sen wir noch nicht . Daran arbeitet VW noch .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813515400

Frau Paus .


Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813515500

Ich stelle fest: Sie wissen nichts darüber, und Sie set-

zen sich auch nicht dafür ein, dass am Ende der Stick-
stoffausstoß im Realbetrieb tatsächlich niedriger liegen
wird .

Meine zweite Frage ist aber eine andere . Nach allem,
was ich gelesen habe, stelle ich fest: Es gibt einen Zu-
sammenhang zwischen dem Stickstoffausstoß und den
CO2-Emissionen; auch damit wird ein Teil der Manipu-
lation erklärt . Die Aussage der Techniker, mit denen ich
gesprochen habe, ist, dass die leistungsfähigen Abgas-
filter zulasten des Verbrauchs gehen. Ich gehe also da-
von aus: Wenn Änderungen beim Filtern von Stickoxi-
den vorgenommen werden, dann müssten sich auch die
CO2-Werte ändern, gegebenenfalls steigen diese . Teilt
die Bundesregierung die technische Auskunft, die ich ge-
rade vorgetragen habe?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813515600

Herr Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813515700


Ihre Bewertungen teile ich überhaupt nicht . Ich stel-
le fest: Wir sind intensiv dabei, die Vorfälle mit dem
VW-Konzern aufzuklären und transparent zu machen .
Der VW-Konzern hat uns gesagt: Der 21 . Oktober ist
der Stichtag für die 2,0-Liter-Aggregate . Darauf bezieht
sich auch die Nachrufaktion, die vom KBA begleitet
wird . Wir haben VW zudem aufgefordert, für die kleine-
ren Motoren ebenfalls einen Zeitplan vorzulegen . Daran
wird aber noch gearbeitet . Wir haben ein hohes Interesse
daran, dass die Vorfälle möglichst schnell aufgeklärt und
die Mängel behoben werden .






(A) (C)



(B) (D)



Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813515800

Meine Frage war keine wertende, sondern technischer

Natur . Sie lautete: Sieht die Bundesregierung einen Zu-
sammenhang zwischen dem Stickoxidausstoß und dem
CO2-Ausstoß?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813515900


Die Manipulation des Stickoxidausstoßes bei den be-
troffenen Motoren wurde durch einen Abschaltmechanis-
mus erreicht, der in einem bestimmten Messzustand den
entsprechenden Faktor korrigiert, sodass die Grenzwerte
für Stickoxide eingehalten werden . Das hat aber nichts
mit der Messung des CO2-Ausstoßes zu tun .


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch genauso wie die Klimaanlage!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813516000

Herr Krischer, bitte .


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813516100

Die Beantwortung der letzten Frage hat deutlich ge-

macht, dass Sie kein Verständnis für das Problem haben .
Sie haben das Problem auch nicht richtig erkannt .

Ich möchte an die Frage des Kollegen Gastel anschlie-
ßen, der nach den Mitgliedern der Kommission gefragt
hat . Ich frage Sie noch einmal ganz konkret: Wie heißen
die Mitglieder der Kommission, die seit Bekanntwerden
des VW-Skandals die Vorgänge untersuchen? Wenn Sie
uns die Namen hier nicht nennen können oder wollen,
dann bitte ich, zu erklären, warum . Ich bitte um eine Er-
läuterung . Nach sieben Wochen wäre es an der Zeit, der
Öffentlichkeit zu sagen, wer genau untersucht . Ich rede
gar nicht vom Untersuchungsauftrag oder vom Ziel; das
verraten Sie uns sowieso nicht . Nennen Sie uns wenigs-
tens die Namen der Mitglieder der Kommission und ihre
Funktionsbezeichnung .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813516200

Herr Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813516300


Diese Information liegt mir nicht vor, Herr Krischer,
deshalb kann ich Ihnen die Namen der Mitglieder auch
nicht nennen . Wenn Sie die Regierung vorführen wollen,
dann fragen Sie am besten auch nach der Haarfarbe, dem
Geburtstag und Ähnlichem .


(Karin Binder [DIE LINKE]: Peinlich! – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie oft haben wir die Frage schon gestellt?)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813516400

Kollege Krischer hat nicht nach der Haarfarbe gefragt,

sondern nach den Namen . Dass Sie die Frage nicht beant-
worten können, weil Ihnen die Namen nicht vorliegen,
haben Sie gesagt .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813516500


So ist das .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813516600

Dann stellt Frau Höhn jetzt noch eine Frage .


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813516700

Herr Staatssekretär, dass Sie die Frage nach den Mit-

gliedern nicht beantworten können, spricht möglicher-
weise gegen Ihre Kenntnis des Hauses .

Bundestagspräsident Lammert hat eingefordert, dass
Abgeordnete Transparenz bekommen, zum Beispiel in
Bezug auf das Freihandelsabkommen . Daher frage ich
Sie: Wieso verweigert das Ministerium, uns die Frage
nach den Mitgliedern der Kommission zu beantworten?
Wenn Sie diese Frage heute nicht beantworten können,
dann erwarte ich, dass Sie sie schriftlich beantworten .
Ansonsten widersprechen Sie dem, was der Bundestags-
präsident von der amerikanischen Regierung und von der
Europäischen Kommission gefordert hat . Das ist eine ab-
solute Frechheit .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813516800

Herr Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813516900


Frau Kollegin Höhn, das ist keine Frage, sondern eine
Meinungsäußerung, die ich mit Abscheu und Empörung
zurückweise .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813517000

Die Bitte war, dass Sie, wenn Sie die Namen kennen,

diese dem Parlament zur Verfügung stellen .

Ich rufe Frage 6 des Kollegen Oliver Krischer auf:
Mit welchen Vertretern der US-Regierung bzw . nachgeord-

neter Behörden hat sich das Bundesministerium für Verkehr
und digitale Infrastruktur im Rahmen der USA-Reise von
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt in der 44 . Kalen-

(bitte unter Angabe der Teilnehmer und des Gesprächsinhalts)

erstmalig von den weiteren Ermittlungen der US-Umweltbe-
hörde EPA gegen weitere Dieselmotoren bei Volkswagen er-
fahren?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813517100


Herr Kollege Krischer, im Rahmen der USA-Reise
von Herrn Bundesminister Dobrindt fanden folgende
Gesprächstermine statt: beim Department of Transporta-
tion mit Secretary Anthony Foxx und weiteren Gespräch-
steilnehmern, Gesprächsinhalt waren NOX, Thematik
VW und weitere verkehrsrelevante Themen; dann ein
Gespräch mit EPA-Administratorin Gina McCarthy und
weiteren Teilnehmern, Gesprächsinhalt NOX und Thema-
tik VW; dann mit dem Department of State, mit Under
Secretary Catherine Novelli, Gesprächsinhalt NOX, The-
matik VW und weitere verkehrsrelevante Themen .






(A) (C)



(B) (D)


Die Bundesregierung wurde über die Botschaft in
Washington erstmals am 2 . November 2015 von den
US-Behörden informiert, dass weitere Vorwürfe gegen
Volkswagen erhoben werden .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813517200

Vielen Dank, Herr Barthle . – Herr Krischer, bitte .


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813517300

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin . – Eine Bemerkung

noch zum Thema „Namen der Mitglieder der Kommissi-
on“ . Dass Sie die Namen hier jetzt nicht nennen können,
halte ich für eine Impertinenz . Ich sage das sehr deutlich .
Wir haben dreimal schriftlich bei Ihnen nachgefragt . Da-
raufhin haben Sie die Namen schriftlich nicht genannt .
Wenn Sie das jetzt hier mündlich wieder nicht können,
kann ich nur daraus schließen: Sie wollen es nicht . Sie
liefern keine Begründung dafür, warum Sie sie nicht nen-
nen . Das ist das Gegenteil von Transparenz gegenüber
dem Parlament und der Öffentlichkeit . Das möchte ich
hier einfach nur einmal klarstellen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Nachfrage zum Besuch von Herrn Dobrindt in
den USA . In der Tat hat es unmittelbar nach dem Besuch
von Herrn Dobrindt weitere Vorwürfe der EPA gegen-
über weiteren Automobilunternehmen gegeben . Also, da
ist nicht nur VW betroffen, sondern auch Porsche und an-
dere . Es sind auch andere Motorentypen betroffen . Mich
würde interessieren: Welche konkreten Schlussfolgerun-
gen haben Sie aus diesen Vorwürfen gezogen? Was kon-
kret haben Sie veranlasst, um selber zu diesen Vorwürfen
Stellung nehmen zu können?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813517400

Herr Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813517500


Herr Kollege Krischer, Sie haben zunächst einmal
recht . Da ging es um Motoren, die eingebaut sind in den
VW Touareg, Modelljahr 2014, in den Porsche Cayen-
ne, Modelljahr 2015, in die Audi-Modelle A6 quattro, A7
quattro, A8, A8 L und Q5 . Die Untersuchungen wurden
in Amerika auf diese Fahrzeuge ausgeweitet, weil eine
falsche Dokumentation vorgelegt wurde . Dabei handelt
es sich um eine mangelnde Dokumentation innerhalb des
Zertifizierungsverfahrens. Wir haben das Kraftfahrt-Bun-
desamt angewiesen, die Überprüfungen auch auf diese
Fahrzeuge auszuweiten . Das geschieht derzeit .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813517600

Herr Krischer .


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813517700

Herzlichen Dank für die Antwort . – Mich würde jetzt

an dieser Stelle interessieren: Haben Sie bei Ihrem Be-
such in den USA die EPA konkret nach weiteren Vorwür-
fen, nach weiteren Motoren gefragt? Ist das zur Sprache
gekommen? Hat die EPA einfach nicht darauf geantwor-

tet? Oder war das gar kein Gegenstand der Gespräche,
sodass die Information Sie – so haben Sie es ja eben er-
läutert – erst zwei Tage später über die Botschaft erreicht
hat? Es ist ja ein bisschen verwunderlich, wenn der deut-
sche Verkehrsminister mit Vertretern der Behörde spricht
und das gar nicht erwähnt wird und die Informationen
nicht weitergegeben werden, dann aber zwei Tage später
die Botschaft informiert wird . Deshalb meine Frage: Ha-
ben Sie konkret nach weiteren Vorwürfen, nach weiteren
Ermittlungen der EPA gefragt?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813517800


Da ich bei dieser Reise nicht dabei war, kann ich auch
nicht persönlich gefragt haben . Ich wiederhole, dass uns
diese Informationen erstmals am 2 . November erreicht
haben .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813517900

Wir kommen jetzt zur Frage 7 des Abgeordneten

Oliver Krischer:
Woraus bestanden die Nachprüfungen des Kraftfahrt-Bun-

desamts an „über tausend“ Fahrzeugen bzw . Fahrzeugtypen

(siehe Plenarprotokoll vom 4 . November 2015 und die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Norbert Barthle auf meine Frage)

gaswerten (CO2, NOX und andere) fanden dabei statt?

Ich habe schon gesehen, dass es einige Rückfragen
gibt . Aber es sind auch noch einige Fragen zu beantwor-
ten . Deswegen Oliver Krischer, und ich sehe schon, wer
sich noch gemeldet hat .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813518000


Herr Kollege Krischer, zur Frage 7: Im Zeitraum
2010 bis 2015 wurden fast 1 100 Nachprüfungen zu den
vom Kraftfahrt-Bundesamt erteilten Typengenehmigun-
gen vorgenommen . Die Unternehmungen des Kraft-
fahrt-Bundesamtes finden im Rahmen der entsprechen-
den Rechtsvorschriften statt . Im Übrigen wird auf die
Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 20 und 21
der Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen, Drucksache 18/5656, verwiesen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813518100

Herr Krischer .


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813518200

Herr Staatssekretär, für diese Antwort danke ich Ihnen

leider nicht . Denn es ist genau dieselbe Antwort, die Sie
uns schriftlich gegeben haben . Ich habe konkret gefragt .
Aber Sie verweisen wieder auf eine Nichtantwort auf
eine schriftliche Frage . Das ist Ihre Form von Transpa-
renz .

Ich hätte gerne gewusst, was bei den einzelnen Nach-
prüfungen überprüft worden ist . Hat man da Stickoxide
nachgemessen? Hat man da CO2 gemessen? Hat man da
überhaupt gemessen? Oder haben diese Nachprüfungen
darin bestanden, dass man sich irgendwelche Unterla-
gen angeguckt hat? Oder hat die Nachprüfung nur da-

Parl. Staatssekretär Norbert Barthle






(A) (C)



(B) (D)


rin bestanden, dass da irgendein Stempel draufgemacht
worden ist? Ich bitte Sie um eine konkrete Erläuterung:
Hat es im Rahmen dieser Nachprüfungen Messungen zu
Stickoxiden und CO2 gegeben?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813518300

Herr Barthle .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813518400


Einen kleinen Augenblick; ich will korrekt antwor-
ten . – Das Kraftfahrt-Bundesamt, Herr Kollege Krischer,
wurde ja von uns angewiesen, alle auf dem deutschen
Markt befindlichen Dieselkraftfahrzeuge zu überprüfen.
Das geschieht derzeit . Es sind, wenn ich es richtig im
Kopf habe, mehr als 50 unterschiedliche Fahrzeugmo-
delle .


(Lachen des Abg . Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Da werden selbstverständlich die Abgaswerte nachge-
messen . Ergebnisse liegen uns noch nicht vor . Es gibt
lediglich Rohdaten . Das habe ich auch heute früh im
Ausschuss schon dargelegt; das können Sie gerne im
Ausschussprotokoll nachlesen . Uns liegen, wie gesagt,
bislang nur Rohdaten vor . Diese Rohdaten müssen über-
prüft und mit denen der Hersteller abgeglichen werden .
Die Ergebnisse werden dann in den Abschlussbericht der
Kommission, der sicherlich auch veröffentlicht wird, ein-
fließen.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813518500

Herr Krischer, zweite Zusatzfrage .


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813518600

Herr Barthle, langsam fasse ich es nicht mehr . Ich habe

nicht gefragt, welche Nachprüfungen Sie nach Bekannt-
werden des VW-Skandals durchgeführt haben; das ist ein
anderer Themenkomplex . Hier geht es um die Frage, was
im Zeitraum vorher geschehen ist . Dazu haben Sie selber
eben gesagt, es habe 1 500 Nachprüfungen gegeben .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813518700


Nicht 1 500, sondern 1 100 .


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813518800

Ich stelle Ihnen noch einmal die Frage – dazu gibt es

eine mündliche Frage, die schriftlich gestellt worden ist,
und mehrere schriftliche Fragen –: Was genau ist da un-
tersucht worden? Das ist eigentlich eine ganz einfache
Frage . Nun erläutern Sie uns das doch einmal! Sind da
Stickoxide und CO2 gemessen worden?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813518900

Herr Barthle .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813519000


Bei diesen Nachprüfungen – insgesamt fast 1 100,
nicht 1 500 – werden die Dinge nachgeprüft, die Teil der
Typengenehmigungsverordnung sind . Sie richten sich
immer nach der Typengenehmigungsverordnung .


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie gemessen? Ja oder nein?)


– Wenn es sich um Verbrauchswerte oder um Abgaswerte
handelt, dann geht das nur, indem man misst . Also wurde
mit Sicherheit auch gemessen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813519100

Vielen Dank . – Herr Kühn .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813519200


Diese Frage habe ich übrigens in der letzten Frage-
stunde schon einmal genauso beantwortet .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813519300

Herr Kühn .

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Meine Nachfrage bezieht sich auf die Frage 6 . Ich hof-
fe, dass ich sie noch stellen darf .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813519400

Dann fallen andere weg . – Aber bitte, machen Sie!

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Sie haben mir, Herr Staatssekretär, in der letzten Wo-
che auf meine Frage nach den Gesprächen und der bila-
teralen behördlichen Zusammenarbeit geantwortet – Zi-
tat –:

Der gute Informationsaustausch zwischen den deut-
schen und amerikanischen Behörden wird fortge-
setzt .

Wenn dieser Informationsaustausch so gut ist, wundere
ich mich über Folgendes: Das ICCT ist ja im Herbst 2014
auf die Abweichung zwischen Labor- und Straßenwerten
gekommen, die es sich nicht erklären konnte . Daraufhin
hat die EPA angefangen, dem nachzugehen . Die Untersu-
chung, die die EPA daraufhin durchgeführt hat, und die
Gespräche mit VW, die dann stattgefunden haben, sind
aber nicht in guter behördlicher Zusammenarbeit und
gutem Informationsaustausch an die deutschen Behörden
gegangen . Können Sie mir erklären, wie man von einem
guten Informationsaustausch zwischen deutschen und
amerikanischen Behörden sprechen kann, wenn die In-
formation, dass die EPA den Ergebnissen der ICCT-Stu-
die nachgeht, in Deutschland angeblich nicht bekannt
geworden ist? Das verstehe ich nicht . Das ist für mich
ein Widerspruch .

Oliver Krischer






(A) (C)



(B) (D)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813519500

Herr Barthle .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813519600


Herr Kollege Kühn, ich kann gern wiederholen: Wir
haben Erkenntnisse über Manipulationen zu den Zeit-
punkten bekommen, die ich hier schon mehrfach darge-
legt habe, und nicht zuvor .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813519700

Dann kommen wir zur Frage 8 des Kollegen Gastel:

Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der
Auffassung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB),
dass der Flughafen Berlin Brandenburg (BER) kein interna-

(vergleiche Statement von Geschäftsführer Karsten Mühlenfeld vom 4 . November 2015)

und mit welchen finanziellen Folgen für die Wirtschaftlichkeit
des BER rechnet die Bundesregierung?

Herr Barthle, bitte .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813519800


Herr Kollege Gastel, die Bundesregierung erwar-
tet, dass die operativ zuständige Geschäftsführung der
Flughafen Berlin Brandenburg GmbH den gesellschafts-
rechtlich zuständigen Gremien der Flughafen Berlin
Brandenburg GmbH den Sachverhalt einschließlich der
wirtschaftlichen Folgen erläutern wird .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813519900

Herr Gastel .


Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813520000

Das ist natürlich eine super Antwort .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813520100


Danke .


Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813520200

Ich habe mehrere Nachfragen . Deswegen muss ich mir

jetzt gut überlegen, welche zwei Nachfragen ich stelle .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813520300

Eine Minute!


Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813520400

Genau . – Meine erste Frage ist: Steht nach Erkennt-

nis der Bundesregierung der Inbetriebnahmetermin
Herbst 2017?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813520500


Nach Erkenntnis der Bundesregierung und nach Aus-
sage von Herrn Mühlenfeld steht dieser Termin .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813520600

Zweite Nachfrage .


Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813520700

Meine zweite Nachfrage: Die Deutsche Bahn hat

ihre Strecke zum BER und ihren Bahnhof unter dem
BER schon vor einiger Zeit fertiggestellt . Logischerwei-
se kann sie dort aber noch keinen Betrieb durchführen .
Trotzdem muss sie dort regelmäßig Züge fahren lassen,
damit die Metalle, die dort verbaut wurden, nicht rosten,
wodurch Kosten entstehen .

Die DB hat jetzt eine Klage gegen die Betreiberge-
sellschaft des Flughafens eingereicht, weil der Bahnhof
nicht in Betrieb gehen kann . Was ist dazu die Meinung
der Bundesregierung?

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813520800


Die Meinung der Bundesregierung dazu ist, dass wir
abwarten, wie dieses Gerichtsverfahren endet .


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Bundesregierung verklagt sich selber!)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813520900

Herr Ströbele .


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Danke, Frau Präsidentin . – Herr Staatssekretär, ich
komme da auch manchmal vorbei und sehe dann – vor
allen Dingen abends – die Beleuchtung . Das sieht wie
ein riesiges Schloss aus und ist faszinierend . Ich kann mir
vorstellen, dass das viele Reisende, die dort ankommen,
auch sehen .

Kann man dieses Gebäude, das seit Jahren leer steht
und wahrscheinlich noch ein paar weitere Jahre leer ste-
hen wird, nicht für etwas Nützliches verwenden? Wir
wissen, dass jeden Monat über 30 Millionen Euro dafür
ausgegeben werden . Das ist unter anderem auch Bun-
desgeld . Würden Sie befürworten, dass beispielsweise
Flüchtlinge jedenfalls in den Bereichen untergebracht
werden, wo sie vor einem Einsturz des Daches und einem
Herunterfallen der Heizung sicher sind?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813521000

Interessante Frage . – Herr Barthle .

N
Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1813521100


Herr Ströbele, dazu kann ich Ihnen keine Auskünfte
geben; denn es liegt nicht im Ermessen der Bundesregie-
rung, wie da verfahren wird .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813521200

Vielen Dank . – Die Frage 9 der Kollegin Veronika

Bellmann wird schriftlich beantwortet .






(A) (C)



(B) (D)


Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbe-
reichs . – Herr Barthle, ich danke Ihnen für die Antwor-
ten . Sie sind nach diesen wenigen Fragen jetzt fertig .

Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Re-
aktorsicherheit . Zur Beantwortung steht die Parlamen-
tarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter zur
Verfügung . – Herzlich willkommen .

Die Frage 10 der Abgeordneten Bärbel Höhn und die
Fragen 11 und 12 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl
werden schriftlich beantwortet .

Ich rufe die Frage 13 des Kollegen Peter Meiwald auf:
Werden die Einträge von Mikroplastik in die Umwelt nach

Einschätzung der Bundesregierung durch die Einführung des
Wertstoffgesetzes verringert, wie von den Regierungsfraktio-
nen in der Beratung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen „Freisetzung von Mikroplastik beenden“ behauptet

(vergleiche Bundestagsdrucksachen 18/3734 und 18/4151),

und, wenn ja, durch welche konkreten Regelungen des vorlie-
genden Arbeitsentwurfes für ein Wertstoffgesetz wird ein sig-
nifikanter Rückgang der Mikroplastikeinträge in die Umwelt
aus Sicht der Regierung erwartet?

Frau Staatssekretärin, bitte .

Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1813521300


Sehr geehrter Herr Kollege Meiwald, ich antwor-
te Ihnen wie folgt: Wesentliche Voraussetzung für eine
Verminderung des Eintrags von sogenanntem sekundär-
en Mikroplastik aus zerkleinerten bzw . fragmentierten
Kunststoffprodukten in die Umwelt – und insbesondere
in Gewässer – ist eine geordnete Abfallentsorgung .

In Deutschland haben wir das bereits erreicht . Durch
die flächendeckende Erfassung von Abfällen, hohe Ver-
wertungsquoten und Anreize zur Abfallvermeidung ist
ein Eintrag von Kunststoffabfällen in die Gewässer weit-
gehend ausgeschlossen . Der bestehende abfallrechtliche
Rahmen wird auch in dieser Legislaturperiode weiterent-
wickelt, unter anderem mit dem geplanten Wertstoffge-
setz . Er soll dazu führen, dass in Produktverantwortung
der Hersteller und Vertreiber im Bereich der sogenannten
Post-Consumer-Siedlungsabfälle noch mehr Kunststoff-
abfälle gesammelt und aufgrund deutlich gesteigerter
Recyclinganforderungen einer hochwertigen wertstoffli-
chen Verwertung zugeführt werden .

Weiter gehende spezielle Regelungen, die zu einem
in der Frage angesprochenen signifikanten „Rückgang
der Mikroplastikeinträge in die Umwelt“ führen würden,
sind im Arbeitsentwurf für ein Wertstoffgesetz nicht vor-
gesehen und in diesem Kontext auch nicht erforderlich .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813521400

Herr Meiwald, bitte .


Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813521500

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin . – Sie sagen, dass

Sie es nicht über das Wertstoffgesetz regeln wollen – das
habe ich mir ja schon fast gedacht, aber der Kollege aus
der Koalition sprach in der ersten Debatte über unseren

Antrag davon, es dort zu regeln –, daher frage ich Sie:
Welche Ziele zur Verringerung der Einträge von Mikro-
plastik in die Umwelt hat die Regierung denn sonst wo
formuliert, und mit welchen Programmen soll eine Redu-
zierung in Kürze erreicht werden, insbesondere nachdem
die UBA-Untersuchung dargestellt hat, dass zum Bei-
spiel aus Reifenabrieb ein signifikanter Teil von Mikro-
plastik in die Umwelt kommt? Über welche gesetzlichen
Vorhaben soll das geregelt werden?


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813521600

Frau Staatssekretärin .

Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1813521700


In der Plenardebatte ging es vor allem um Plastiktü-
ten . In der Zwischenzeit sind wir durch die Diskussio-
nen im politischen Umfeld und in der Gesellschaft er-
heblich weitergekommen, und zwar dahin gehend, dass
ein freiwilliges Entgelt verlangt werden soll . Ich denke,
das war das Hauptproblem . Damals hieß es ja: Wenn das
Ziel auf freiwilligem Wege nicht erreicht werden kann,
dann könnte man es im Wertstoffgesetz entsprechend
verankern . Aber es deutet ja alles darauf hin, dass eine
freiwillige Lösung möglich ist, mit der ein Entgelt für
Plastiktüten vom Verbraucher verlangt wird .

Zum Reifenabrieb und damit Eintrag von sekundärem
Mikroplastik: Es ist natürlich schwierig, das im Wert-
stoffgesetz zu verankern, weil der Abrieb während des
Betriebs passiert . Insofern erübrigt sich das .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813521800

Herr Meiwald zu einer weiteren Rückfrage .


Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813521900

Dass sich das nicht über das Wertstoffgesetz regeln

lässt, ist relativ offensichtlich . Aber meine Frage laute-
te: Welche weiter gehenden gesetzlichen Vorstellungen
haben Sie, dieses Problem in den Griff zu bekommen?

Daneben stellt sich natürlich die Frage des primären
Mikroplastiks aus Kosmetika . Dazu gibt es ja bis jetzt
noch keine freiwillig verbindliche Regelung . Das BMUB
hat am 26 . Juli getwittert: „Unsichtbar und gefährlich für
Tier & Umwelt: Mikroplastik in Kosmetik .“ Deshalb
meine Frage: Welche Maßnahmen sind da jetzt geplant?

Ri
Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1813522000


Lieber Herr Kollege Meiwald, wir hatten einen soge-
nannten Kosmetikdialog . Die Industrievertreter haben
uns glaubhaft versichert, einen Komplettausstieg aus der
Verwendung von Mikroplastikteilchen anzustreben .

Zu Ihrer Frage, welche Maßnahmen wir bezüglich
des Reifenabriebs vorhaben: Da sind mir bisher keine
bekannt .

Vizepräsidentin Claudia Roth






(A) (C)



(B) (D)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813522100

Vielen Dank .

Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Bildung und Forschung . Die Fragen 14
und 15 des Abgeordneten Kai Gehring werden schriftlich
beantwortet .

Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung .

Ich rufe die Frage 16 des Abgeordneten Uwe Kekeritz
auf:

Mit welcher Begründung unterstützt die Bundesregierung
den derzeit diskutierten Vorschlag im Rahmen des Vallet-
ta-Gipfels, dass Gelder der Entwicklungszusammenarbeit an
die Bereitschaft der Partnerländer zur Rückübernahme und

(„More for more“-Ansatz; www .bundesregierung .de/Content/DE/Artikel/ 2015/11/2015-11-03-gipfel-valetta .html)

sie in diesem Zusammenhang die Kooperation unter anderem
mit autoritären Regimen wie etwa Eritrea?

Herzlich willkommen, Hans-Joachim Fuchtel, zur Be-
antwortung der Frage .

Ha
Hans-Joachim Fuchtel (CDU):
Rede ID: ID1813522200


Diese Frage gibt Anlass zu einer wichtigen Klarstel-
lung, Herr Kollege . Der „More for more“-Ansatz ist im
Zusammenhang mit dem Valetta-Gipfel auf gar keinen
Fall als Konditionierung von Entwicklungszusammenar-
beit zu verstehen .

Zu Eritrea: Eine Zusammenarbeit mit Eritrea besteht
derzeit nicht . Gleichwohl ist Eritrea ein Land, aus dem
zurzeit der größte Teil afrikanischer Flüchtlinge stammt .
Daher müssen Dialogstrukturen aufgebaut werden . Das
wird bei dieser Konferenz auch geschehen .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813522300

Kollege Kekeritz .


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813522400

Danke schön für die Antwort .- Der „More for mo-

re“-Ansatz ist also Ihrer Angabe nach nicht im Zusam-
menhang mit Entwicklungspolitik zu verstehen . Dann
verstehe ich aber den Begriff „More for more“ nicht . Die
Aussage von Thomas de Maizière – er scheint ja jetzt
die Politik dieser Regierung zu bestimmen; er wurde
darin ja auch von Herrn Schäuble unterstützt – ist ganz
klar: Wenn Länder zum Beispiel aus Afrika bereit sind,
mehr Flüchtlinge zurückzunehmen, die von uns zurück-
geführt werden, dann wird diese Regierung auch mehr
Entwicklungsgelder bereitstellen . Das verstehe ich jetzt
also nicht .

Zur Aussage zu Eritrea, es gehe um den Treuhand-
fonds: Es gibt ein Papier der EU-Kommission, wonach
Eritrea und Sudan in Zukunft die Partner sein werden .
Insofern verstehe ich nicht Ihre Aussage, dass Sie mit
diesen Ländern nicht verhandeln . Ich muss Ihnen ja wohl
nicht erklären, dass sowohl im Sudan als auch in Eritrea

Diktatoren an der Regierung sind, die Ursache für die
Fluchtbewegungen sind .


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813522500

Herr Fuchtel, bitte .

Ha
Hans-Joachim Fuchtel (CDU):
Rede ID: ID1813522600


Der Prozess von Valletta ist sehr breit angelegt . Er hat
natürlich auch alles, was die Fluchtbewegungen betrifft,
zum Inhalt . Natürlich ist es das Ziel, diese Bewegungen
einzudämmen . Man möchte vor allem, dass Afrika künf-
tig einen aktiven Part übernimmt und vor allem die Pro-
blematiken, die sich in diesem Zusammenhang auftun,
als gemeinsame Anliegen sieht und damit künftig kon-
zeptionell eine bessere Zusammenarbeit möglich ist .

Wir werden das nicht nur durch den gerade genann-
ten Fonds unter Beweis stellen, sondern wir werden auch
viele weitere Maßnahmen treffen, die sich dort einfügen
und die die Aussage, die ich gerade gemacht habe, unter-
streichen .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813522700

Herr Kollege Kekeritz .


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813522800

Danke schön . – Eine zweite Frage . Die Bundesregie-

rung äußert sich immer öffentlich, dass sie jetzt Fluchtur-
sachen ganz massiv bekämpfen will . Eine Fluchtursache
ist natürlich der Krieg . Ich weiß nicht, ob Sie da aktiv
werden können, vermutlich nicht . Aber es wäre für uns
hochinteressant, von Ihnen die Fluchtursachen ganz
klar definiert zu bekommen. Bisher wird immer nur von
Fluchtursachen gesprochen, ohne diese zu benennen .

Eine Antwort, die Sie darauf geben, ist: Sie wollen die
Mittel für Ausbildungsprogramme verstetigen und erhö-
hen . Dafür bin ich voll und ganz . Aber wir müssen auch
der Tatsache ins Auge schauen, dass Ausbildungspro-
gramme im Rahmen der Entwicklungshilfe seit 50 Jah-
ren durchgeführt werden und diese offensichtlich doch
nicht dazu geführt haben, Fluchtursachen zu bekämpfen .
Was macht Sie so optimistisch, zu glauben, dass jetzt ein
bisschen mehr Ausbildungsprogramme tatsächlich ein
wesentlicher Beitrag zur Bekämpfung von Fluchtursa-
chen sind?


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813522900

Herr Staatssekretär .

Ha
Hans-Joachim Fuchtel (CDU):
Rede ID: ID1813523000


Herr Kollege, Sie sind mit diesen Fragen sehr vertraut .
Aus diesem Grund brauche ich Ihnen nicht zu erläutern,
dass Fluchtursachen sehr vielfältige Gründe haben . Das
fängt bei Hunger an und geht über ein verändertes Klima
bis hin zu vielen anderen Bereichen . Wenn es bis jetzt
noch nicht gelungen ist, dagegen genügend Maßnahmen






(A) (C)



(B) (D)


zu ergreifen, dann ist es höchste Zeit – das sollte auch in
Ihrem Interesse sein –, dass das geschieht . Genau dazu
wird jetzt in Valletta ein ernsthafter Anlauf genommen .
Geben Sie bitte diesem Bemühen parteiübergreifend eine
Chance .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813523100

Vielen Dank . – Ich sehe keine weiteren Wünsche nach

Zusatzfragen . Dann kommen wir zum Ende dieses Ge-
schäftsbereichs . – Entschuldigung, es war keine böse
Absicht, Sie zu übersehen . – Bitte schön, Frau Kollegin
Pfeiffer .


Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1813523200

Vielen Dank, Frau Präsidentin . Es tut weh, wenn man

übersehen wird . Aber ich habe es ja noch gerade ge-
schafft .


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1813523300

Wie werden Gelder zur Verfügung gestellt? Werden mehr
Mittel zur Verfügung gestellt? Natürlich ist die Sonder-
ini tiative „Fluchtursachen bekämpfen – Flüchtlinge rein-
tegrieren“ eine der haushalterisch und monetär wichtigs-
ten Maßnahmen, die wir haben . Deshalb stellt sich für
mich die Frage: Ist es nicht richtig und wichtig, genau
in diesem Zusammenhang auch das Thema Bildung und
Ausbildung zu fördern?


(Abg . Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] im Gespräch mit Abg . Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Christian Kühn NIS 90/DIE GRÜNEN])


– Herr Kekeritz sollte zuhören . Das war eine ganz wich-
tige Frage, aber das interessiert ihn dann doch nicht . –
Wenn wir Fluchtursachen bekämpfen wollen, geht es
auch darum, wie wir die Länder weiter wirtschaftlich un-
terstützen und zum Erfolg führen können . Genau das ist
der richtige Ansatzpunkt .

Ha
Hans-Joachim Fuchtel (CDU):
Rede ID: ID1813523400


Ich möchte das noch einmal unterstreichen . Beispiels-
weise gibt es heute von VENRO eine Pressemitteilung,
in der darauf hingewiesen wird, dass es eine langfristi-
ge Aufgabe ist . Deswegen habe ich hier so deutlich auf-
geführt, dass es neben diesen Fragestellungen, die die
Fluchtbewegungen ganz konkret betreffen, bei denen es
auch darum geht: „Was kann man tun, um die Schleuser-
probleme besser in den Griff zu bekommen?“, genauso
um langfristige Fragestellungen geht .

Bislang gab es in 18 Ländern Afrikas Maßnahmen der
beruflichen Bildung.

Hieraus muss man jetzt die Lehren ziehen, nach dem
Motto „lesson learnt“, darauf aufbauen und mit neuen
Impulsen und Akzenten Hoffnung geben . Denn eines der
wichtigsten Dinge ist, dass die Menschen die Hoffnung
haben, dass sie vor Ort eine Chance bekommen . Dazu
gehört im Übrigen auch, dass wir uns, was bisher wenig

getan wurde, viel stärker mit Ausbildungsmöglichkeiten
und entsprechenden Angeboten für Rückkehrer befassen .
Genau das gehört auch zur gesamten Strategie, die die
Bundesregierung verfolgt .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813523500

Vielen Dank . – Es gibt jetzt keine weiteren Fragen

mehr .

Noch einmal zur Erklärung, Frau Kollegin Pfeiffer:
Nach unserer Geschäftsordnung darf der Fragesteller
oder die Fragestellerin zwei Zusatzfragen stellen, jeder
andere Abgeordnete eine Frage .

Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs .
Ich bedanke mich beim Parlamentarischen Staatssekretär
Fuchtel für die geduldige Beantwortung der Fragen .

Ich rufe den Geschäftsbereich der Bundeskanzlerin
und des Bundeskanzleramtes auf .

Die Frage 17 der Abgeordneten Bärbel Höhn wird
schriftlich beantwortet .

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums für Wirtschaft und Energie auf . Zur Beantwor-
tung steht der Parlamentarische Staatssekretär Uwe
Beckmeyer zur Verfügung .

Ich rufe die Frage 18 des Abgeordneten Uwe Kekeritz
auf:

Was versteht die Bundesregierung unter Verhältnismäßig-
keit, wenn sie im Rahmen der Ratsarbeitsgruppe „Handelsfra-
gen“ in Bezug auf verbindliche Regelungen in den Lieferket-
ten sogenannter Konfliktmineralien angibt, diese für geeignet
zu halten, „wenn sie verhältnismäßig“ sind, und wie setzt sich
die Bundesregierung für verbindliche soziale, ökologische
und menschenrechtliche Standards im sogenannten Down-
stream-Bereich der Lieferkette – also von der Schmelze zum
Produkt – ein ?

Bitte schön, Herr Staatssekretär .

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1813523600


Frau Präsidentin! Ich beantworte die Frage von Herrn
Kekeritz wie folgt: Die Bundesregierung hat noch kei-
ne Entscheidung für ein konkretes Modell getroffen,
insbesondere dazu, wie weit die Verbindlichkeit reichen
sollte . Sie hat auch noch keine Festlegung in Bezug auf
die Frage der Verhältnismäßigkeit getroffen, um flexibel
auf Vorschläge im Rahmen des Trilogs mit dem Europäi-
schen Parlament und der Kommission zu reagieren .

Die Achtung der Menschenrechte sowie hoher öko-
logischer und sozialer Standards durch deutsche Unter-
nehmen ist aus Sicht der Bundesregierung ein wichtiges
Anliegen . Gemäß dem Auftrag aus dem Koalitionsver-
trag entwickelt die Bundesregierung daher derzeit einen
nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der VN-Leitprin-
zipien für Wirtschaft und Menschenrechte . Die überwie-
gende Mehrheit der deutschen Unternehmen erweist sich
nach einer BDI-Studie bereits jetzt in ihren Auslandsin-
vestments bei der Einhaltung von sozialen Standards als
vorbildlich und setzt international Maßstäbe .

Parl. Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel






(A) (C)



(B) (D)


Es gibt eine Reihe von Empfehlungen für verantwor-
tungsvolles unternehmerisches Handeln in einem globa-
len Kontext wie die „OECD-Leitsätze für multinationa-
le Unternehmen“ und den „UN Global Compact“ . Die
Bundesregierung unterstützt die Unternehmen bei der
Umsetzung ihrer Sorgfaltspflichten. Im Bereich der so-
genannten Konfliktmineralien informiert die Bundesan-
stalt für Geowissenschaften und Rohstoffe bereits heute
Unternehmen auf Anfrage sowie auf Veranstaltungen
von Unternehmensverbänden zu den internationalen An-
forderungen und Initiativen zur Sorgfaltspflicht in Liefer-
ketten mineralischer Rohstoffe .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813523700

Bitte schön, Herr Kollege Kekeritz .


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813523800

Herr Beckmeyer, die Antwort verwirrt mich jetzt et-

was .

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1813523900


Das liegt an Ihnen .


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813524000

Das kann schon sein, aber es liegt vielleicht auch an

Ihrer Antwort . – Mir liegt ein Drahtbericht der EU-Kom-
mission vor, in dem klar steht, dass das Wirtschaftsmi-
nisterium für verbindliche Standards im Bereich von
Konfliktmineralien eintritt – nun kommt das Wort „ver-
hältnismäßig“ –, wenn diese verbindlichen Standards
verhältnismäßig sind .

Sie sagen jetzt: Es gibt keinerlei Festlegungen der
Bundesregierung . – Das ist für mich sehr verwirrend .
Wie soll ich Ihnen Fragen stellen, wenn Sie einerseits sa-
gen, Sie hätten sich gar nicht festgelegt, aber andererseits
ein Drahtbericht der EU-Kommission vorliegt, in dem es
heißt, dass sich das Wirtschaftsministerium für Standards
ausgesprochen hat?

Wie mache ich jetzt weiter? Ich stelle Ihnen erst ein-
mal die Frage: Was würden Sie, sofern es zutrifft, dass
die Verbindlichkeit der Regeln festgelegt wird, unter
„Verhältnismäßigkeit“ verstehen? Ist damit die Verhält-
nismäßigkeit gegenüber den europäischen Industriellen
gemeint, oder ist es die Verhältnismäßigkeit gegenüber
jenen Menschen zum Beispiel im Kongo-Becken, die
unter lebensgefährlichen, sozial und ökologisch nicht ak-
zeptablen Bedingungen in Bergwerken arbeiten?


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813524100

Herr Staatssekretär .

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1813524200


Herr Kekeritz, wenn Sie aufmerksam zugehört hät-
ten, hätten Sie festgestellt, dass ich bei meiner Antwort
gesagt habe, dass es uns um Flexibilität geht, vor allen
Dingen wenn wir im Rahmen des Trilogs auf Vorschläge
antworten und uns einbringen . Wie Sie wissen, gibt es ei-

nen Beschluss des Europäischen Parlaments . Sie kennen
sicherlich auch das Verhalten der einzelnen Mitgliedstaa-
ten . Wenn Ihnen ein Drahtbericht vorliegt, dann kennen
Sie wahrscheinlich auch andere Drahtberichte, aus denen
hervorgeht, wie sich die einzelnen Mitgliedstaaten in Eu-
ropa zurzeit aufgestellt haben . Die Bundesregierung und
die schwedische Regierung könnten sich für Verbindlich-
keiten aussprechen . Aber ein Großteil der anderen Mit-
gliedstaaten kann das eben nicht . Aus diesen verschie-
denen Positionen muss letztendlich etwas Verbindliches
gebildet werden; daran arbeiten wir zurzeit . Der Prozess
ist noch nicht zu Ende .

Sie haben mich gefragt, was in diesem Fall verbind-
lich und verhältnismäßig ist .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813524300

Die Redezeit ist jetzt verbindlich .

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1813524400


Der eine oder andere Jurist sagt dazu: geeignet, erfor-
derlich, angemessen .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813524500

Herr Kekeritz, Sie dürfen nur noch ganz schnell eine

weitere Zusatzfrage stellen; denn wir haben die Zeit für
die Fragestunde bereits überschritten .


Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813524600

Ganz schnell eine letzte Frage . – Es gibt eine Initiative

auf EU-Ebene . Plant die Bundesregierung, die nationalen
Transparenzrichtlinien zu verschärfen, um mehr Infor-
mationen über die Aktivitäten unserer Industrie in Bezug
auf die Lieferketten zu erhalten?

U
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1813524700


Herr Kekeritz, wir sind sogar einen Schritt weiter .
Wir haben gerade den Prozess der Bewerbung bei EITI
abgeschlossen . Wir haben unseren Antrag in Vorberei-
tung und wollen ihn zum Jahresende in Oslo abgeben,
sodass wir dann Vollmitglied in der Extractive Industries
Transparency Initiative sind . Wir sind aktuell dabei, uns
einzubringen, und wollen auf diesem Weg Korruption im
Rohstoffsektor verhindern; das ist unsere Position und
Politik . Daran arbeiten wir ganz gezielt und entschlossen .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813524800

Vielen Dank . – Damit sind wir am Ende der Frage-

stunde angelangt . Alle weiteren Fragen, die heute nicht
beantwortet werden können, werden gemäß unserer Ge-
schäftsordnung schriftlich beantwortet .

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Im-
munität und Geschäftsordnung (1 . Ausschuss)

zu dem Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Parl. Staatssekretär Uwe Beckmeyer






(A) (C)



(B) (D)


Einsetzung des 3. Untersuchungsausschusses

Drucksachen 18/6330, 18/6601

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 38 Minuten vorgesehen . – Ich höre kei-
nen Widerspruch . Dann ist so beschlossen .

Ich darf an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen,
dass wir im Laufe des späteren Nachmittags die Feier-
lichkeiten anlässlich des 60 . Jahrestages der Bundeswehr
haben . Deshalb darf ich alle Kolleginnen und Kollegen
eindringlich bitten, sich an die vereinbarte Redezeit zu
halten . Ansonsten kommen wir noch mehr ins Hintertref-
fen . Wir sind schon jetzt im Hintertreffen beim Zeitplan .

Ich eröffne die Aussprache . Das Wort hat der Kollege
Clemens Binninger, CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1813524900

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Meine Damen und Herren! Möglicherweise haben
wir gedacht, als wir vor etwa drei Jahren den 1 . Unter-
suchungsausschuss eingesetzt haben, dass es nicht noch
einmal notwendig sein wird, dieses Thema im Rahmen
eines weiteren parlamentarischen Untersuchungsaus-
schusses zu beleuchten . Nun sind wir heute zusammen-
gekommen, um genau das zu beschließen . Bevor ich
begründen will, warum ich der festen Überzeugung bin,
dass das notwendig und richtig ist, will ich noch einmal
an die Arbeit des 1 . Untersuchungsausschusses erinnern .

Es war eine Verbrechensserie, die alle in diesem Land
erschüttert hat . Wir haben uns gefragt: Wie konnte es
sein, dass ein Terrortrio und sein rechtsextremes Umfeld
hier so lange agiert haben, ohne dass man es bemerkt und
als solches erkannt hat?

Ein Präsident einer Sicherheitsbehörde hat damals ge-
sagt: Das war eine Niederlage für die Sicherheitsbehör-
den . – Ich gehe ein Stück weiter – ich bin in den Debatten
immer ein Stück weiter gegangen –: Dass hier die Morde
geschehen konnten, dass man sie nicht als solche erkannt
hat, dass Opfer durch die Art der Ermittlungen noch ein-
mal zu Opfern gemacht wurden, dass man die Gefahr des
rechten gewaltbereiten Extremismus unterschätzt hat, sie
auch nicht sehen wollte, war eine Niederlage für unsere
gesamte Gesellschaft und darf sich nicht wiederholen .


(Beifall im ganzen Hause)


Mit diesem Befund war uns auch sehr schnell klar,
dass dieses Thema keine Parteipolitik verträgt . Das ist
nicht ganz einfach, weil wir wissen – so seriös muss
man miteinander umgehen –, dass wir zu der Arbeit der
Sicherheitsbehörden, zu manchen Instrumenten – Stich-
wort: V-Leute – oder zum Umgang mit und zu der Bewer-
tung von Nachrichtendiensten natürlich unterschiedliche
politische Meinungen haben . Die gehen auch nicht da-
durch weg, dass man in einem Untersuchungsausschuss
zusammenarbeitet .

Aber die Leistung des ersten Ausschusses war – so
viel Selbstlob sei gestattet –, dass wir diese politischen

Unterschiede beiseitegelassen und gesagt haben: Wir
konzentrieren uns auf die Aufklärung . Wir konzentrieren
uns darauf: Warum ist es nicht gelungen, das Trio nach
dem Untertauchen zu finden? Warum ist es nicht gelun-
gen, dass der Verfassungsschutz besser mit der Polizei
zusammengearbeitet hat? Warum hat man das V-Leu-
te-Instrument so eingesetzt, wie man es eingesetzt hat?
Ich habe damals gesagt: Aufwand und Risiko, das man
mit diesen Leuten eingeht – sie bleiben ja Neonazis, auch
wenn sie dem Staat Informationen liefern –, standen in
keinem Verhältnis zum Erkenntnisgewinn .


(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


Das waren unsere Schwerpunkte . Daran haben wir uns
orientiert .

Es waren viele Bundesländer betroffen . Es waren alle
Parteien irgendwann einmal in einer Regierung vertreten .
Deshalb konnte auch keiner sagen: Jemand ist schuld . –
Wir haben am Ende 47 Empfehlungen ausgesprochen,
von denen wir einen Teil bereits umgesetzt haben, wo-
bei die anderen immer wieder von uns allen gemeinsam
überprüft werden . Jetzt stellt sich die Frage: Ihr habt un-
tersucht, ihr habt 47 Empfehlungen ausgesprochen, war-
um noch einmal ein Ausschuss?

Dazu will ich die Geschichte dieser Legislatur erzäh-
len, nämlich dass wir eine Berichterstatterrunde gebildet
haben, die dieses Thema weiterhin verfolgt hat: Frau
Mihalic, Frau Högl, Frau Pau und ich . Wir haben natür-
lich auch während der letzten Jahre Fragen gehabt . Eine
der Kernfragen war: Kann es wirklich sein, dass der NSU
nur ein Trio war, oder sind nicht Zweifel angebracht? Wir
haben Fragen, die aufgetreten sind, immer wieder im In-
nenausschuss gestellt . Es ist uns aber auch von der einen
oder anderen öffentlichen Stelle bedeutet worden: Jede
Frage, die euch interessiert, werden wir nicht beantwor-
ten, da ihr kein Untersuchungsausschuss seid .

Also, es war klar, dass wir mit den bisherigen Instru-
menten an eine natürliche Grenze kommen . Auch deshalb
haben wir gesagt: Wenn wir dem tiefer auf den Grund ge-
hen wollen, dann brauchen wir einen Untersuchungsaus-
schuss . Wir sind es, glaube ich, auch unverändert – das
war unser Versprechen an die Familien der Opfer – den
Familien der Opfer, den ausländischen Mitbürgern, die
betroffen waren, aber auch allen anderen schuldig, dass
wir alles tun, um mehr Licht ins Dunkel zu bringen . Das
ist auch unsere Aufgabe, Aufgabe der Sicherheitsbehör-
den natürlich auch .

Wir sind keine Ersatzermittler, aber natürlich werden
wir uns mit der Arbeit von Ermittlungsbehörden noch
einmal auseinandersetzen müssen, auch mit der Arbeit
der Dienste . Auch die Frage, ob es wirklich sein kann,
dass es keinen einzigen V-Mann gab, der nicht einmal
den Aufenthaltsort des Trios kannte, ist etwas, was einen
zu Recht zweifeln lässt . Auch die Frage, ob die Polizistin
in Heilbronn wirklich ein Zufallsopfer war, und natür-
lich die Dinge, die wir beim ersten Mal nicht aufarbeiten
konnten, weil uns die Zeit gefehlt hat, die Ereignisse am
4 . November 2011 in Eisenach und in Zwickau, spielen
eine Rolle .

Vizepräsidentin Ulla Schmidt






(A) (C)



(B) (D)


Anders als beim ersten Mal können wir auf fundiertes
Wissen von uns selber zurückgreifen . Beim ersten Mal
hatten wir 12 000 Leitz-Ordner durchzuarbeiten, wir
hatten, glaube ich, etwa 100 Zeugen in kurzer Zeit zu
befragen, es gab nur wenige oder gar keine Ausschüs-
se in den Ländern, die Ermittlungen liefen noch . Heute
greifen wir auf mehr zurück und können sehr gezielt und
sehr konkret an den wichtigen Fragen arbeiten und dann
hoffentlich auch Schlüsse ziehen .

Ich bin – das war ich beim letzten Mal auch, aber die-
ses Mal bin ich es noch mehr – fest davon überzeugt, dass
die Kolleginnen und Kollegen, die in diesem Ausschuss
mitarbeiten, so sehr von dem Willen getragen sind, es
überparteilich zu tun, dass wir auch bei diesem Aus-
schuss die Parteipolitik auf der Seite lassen, im Interesse
der Sache überfraktionell arbeiten, niemanden schonen,
aber auch niemanden vorführen, in der Kritik klar und
präzise sind, aber nicht unfair und dass wir das, was wir
vielleicht einmal im Streit zu besprechen haben – den
wird es auch geben –, unter uns regeln .

Wir haben erfahrene Kollegen, die schon beim ersten
Mal dabei waren, die jetzt wieder mitarbeiten . Wir haben
Kollegen, die neu dabei sind und mit großem Interesse
am Thema mitarbeiten . Wir haben auch Kollegen mit
Erfahrung aus praktischer Arbeit in Sicherheitsbehörden .
Das wird sicherlich eine Hilfe sein . Deshalb lassen Sie
uns, ohne dass ich zu viele Erwartungen wecken will,
etwas tun, was Aufgabe des Parlaments ist, die Kontrol-
le der Exekutive, die Aufarbeitung von einem wirklich
schwierigen Sachverhalt, und versuchen, so viel Klärung
zu erreichen, wie es einem Parlament mit seinen Instru-
menten möglich ist, und das alles gemeinsam und über-
parteilich .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813525000

Herr Kollege Binninger, kommen Sie bitte langsam

zum Schluss .


Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1813525100

Es passiert mir ganz selten, dass ich die Zeit überzie-

he .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813525200

Aber jetzt schon ganz massiv .


Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1813525300

Es waren ein paar Sekunden, aber okay . – Schlusssatz

von mir: Ich glaube, dass wir gerade in diesen Tagen, in
denen wir fremdenfeindliche Gewalt erleben müssen, in
denen Rechtsextremismus Zulauf bekommt, mit einer se-
riösen Arbeit ein klares politisches Signal setzen, dass in
unserem Land niemand Angst haben soll vor Gewalt, vor
Verfolgung und wir an der Seite derer stehen, die diese
Unterstützung brauchen . Fremdenfeindlichkeit hat in un-
serem Land keinen Platz .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813525400

Vielen Dank . – Es ist so: 60 Sekunden sind eine Mi-

nute . Es sind zwar nur einige Sekunden jeweils, aber es
summiert sich .

Nächste Rednerin ist die Kollegin Petra Pau, Fraktion
Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1813525500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann
hier nahtlos anschließen . Das Kürzel NSU umfasst die
bis dato größte rechtsterroristische Mord-, Raub- und
Überfallserie in Deutschland und beschreibt zugleich ein
absolutes Staatsversagen . Das war die gemeinsame Ein-
schätzung nach dem Untersuchungsausschuss des Bun-
destages in der 17 . Legislaturperiode .

Auch in der laufenden 18 . Legislatur geriet der
NSU-Komplex nie aus dem Blick . Die Linke stellte al-
lein über 40 parlamentarische Anfragen . Monatelang be-
fassten wir uns im Innenausschuss ausgiebig mit diesem
Thema, mit mäßigem Erfolg . Abwehr überwog an vielen
Stellen . Ich möchte daran erinnern: Die Bundeskanzlerin
Angela Merkel hatte den Hinterbliebenen, den Überle-
benden, der Öffentlichkeit bedingungslose Aufklärung
der NSU-Anschläge versprochen . Aber es gab viel zu
viele Behinderungen aus Ämtern, aus Behörden, auch
aus Ministerien . Ich denke, wir sollten alle gemeinsam
dafür sorgen, dass sie auf gar keinen Fall meineidig wird .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg . Clemens Binninger [CDU/CSU])


Clemens Binninger hat den Prozess, der zum Zu-
standekommen des Untersuchungsauftrages führte, den
wir heute beschließen – ich denke, dass wir das heute
fraktionsübergreifend tun –, schon beschrieben . Aus den
genannten Gründen brauchen wir diesen Untersuchungs-
ausschuss mit all seinen besonderen Befugnissen .

Nehmen wir allein die zehn Morde, die dem NSU zur
Last gelegt werden . Es gibt keinen einzigen, bei dem ich
sagen könnte: Ja, so wie es jetzt beschrieben ist, war es
auch . Das trifft auch auf das tödliche Finale für Böhnhardt
und Mundlos am 4 . November 2011 in Eisenach zu .

Damit zusammen hängen die ebenso fragwürdigen
Geschehnisse unmittelbar danach in Zwickau im Wohn-
haus des NSU-Trios . Über all dem schwebt weiter die
Frage: War das Nazitrio wirklich unerkannt durch die
Lande gezogen, und, wenn nein, wer wusste wann was?

Wir sind uns weitgehend einig: Der NSU ist nicht auf
ein Trio zu beschränken . Seine Mitglieder waren ver-
netzt, regional, national, international . Spuren weisen
nach Skandinavien, in die USA, nach Südafrika . Was
von alledem wusste eigentlich der Bundesnachrichten-
dienst? Überhaupt bleiben viele Fragen an die Geheim-
dienste, allen voran an die Ämter für Verfassungsschutz,
zumal wir ja inzwischen auch wissen, nicht zuletzt durch

Clemens Binninger






(A) (C)



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den Prozess in München: Im Umfeld des Nazitrios, des
Kerntrios des NSU, agierten mehr als 40 V-Leute dieser
Ämter .

Übrigens, genau heute vor vier Jahren, am 11 . No-
vember 2011, wurde im Bundesamt für Verfassungs-
schutz die „Operation Konfetti“, wie unser früherer Kol-
lege Wolfgang Wieland sie nannte, gestartet: Meterweise
wurden Akten geschreddert und somit Belege vernich-
tet, die bei der Aufklärung des NSU-Komplexes wichtig
sein könnten . Auch dafür müssen die Verantwortlichen
schwerwiegende Gründe gesehen haben, die nichts Gutes
verheißen . Wir haben sie im ersten Untersuchungsaus-
schuss nicht zu Ende erhellen können . Aber wir wissen
aus den Antworten, auch auf unsere parlamentarischen
Anfragen, dass einige dieser Akten inzwischen wieder
rekonstruiert oder in ihren Bestandteilen anderswo auf-
gefunden worden sein sollen . Auch diesen wird sich der
neue Untersuchungsausschuss zuwenden . Wir wollen im
zweiten Untersuchungsausschuss daher nicht nur erhel-
len, was vor dem 4 . November 2011 geschah, sondern
auch, was seither geschehen ist .

Schließlich gibt es einen aktuellen Bezug: Anfang der
1990er-Jahre gab es regelrechte Pogrome gegen Migran-
ten und Flüchtlinge, in Ost und West, in Nord und Süd .
Die wenigsten Täter wurden dafür belangt . Die meisten
fühlten sich sogar ermutigt, zum Beispiel dadurch, dass
das von ihnen verhasste Asylrecht damals politisch ge-
kappt wurde . In dieser Zeit wurde das NSU-Kerntrio
rechtsextrem sozialisiert und gewalttätig radikalisiert .
Ich finde, aktuelle Vergleiche lassen einen erschrecken.
Längst könnten erneut Rechtsterroristen unterwegs sein .
Umso mehr müssen wir den NSU-Komplex vollständig
aufklären .


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813525600

Vielen Dank . – Für die SPD-Fraktion hat jetzt die Kol-

legin Dr . Eva Högl das Wort .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Eva Högl (SPD):
Rede ID: ID1813525700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es
gibt Verbrechen, es gibt Anschläge, es gibt Terrorakte,
die bleiben uns allen für immer in Erinnerung und die
prägen unsere Gesellschaft . Das waren der Terror der
RAF – Bilder davon sehen wir jetzt anlässlich des trauri-
gen Todes von Helmut Schmidt wieder im Fernsehen –,
der Anschlag auf das Münchner Oktoberfest, der 11 . Sep-
tember 2001, und die Morde und Sprengstoffanschläge
des NSU gehören ebenfalls in diese Aufzählung . Das
sind Verbrechen, das sind Terrorakte, die wir nicht ver-
gessen werden und die uns weiter beschäftigen werden .

Ich sage hier noch einmal deutlich: Diese Morde und
diese Sprengstoffanschläge waren Anschläge auf uns
alle, auf unsere Demokratie, auf unser friedliches Zu-

sammenleben, auf unsere tolerante Gesellschaft . Wir alle
miteinander, wir waren gemeint mit diesen Anschlägen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Zweite ist: Diese Sprengstoffanschläge, diese
viele Jahre nicht aufgeklärte Mordserie des NSU waren
eine Zäsur für die Sicherheitsbehörden, eine ganz grau-
same Zäsur; denn sie legten offen, dass wir es mit einem
systematischen, flächendeckenden Versagen der Sicher-
heitsbehörden zu tun hatten, und zwar im Bund und in
den Bundesländern, bei Polizei, bei Verfassungsschutz,
bei der Justiz . Das war keine leichte Erkenntnis und ist
es bis heute nicht . Aber das war die Erkenntnis des ersten
Untersuchungsausschusses: dass es eben keine Ansamm-
lung von Pleiten, Pech und Pannen, von Dusseligkeiten
und Schusseligkeiten war, sondern dass es tatsächlich ein
flächendeckendes Versagen war, dass die Mordserie elf
Jahre lang nicht in Zusammenhang gebracht wurde mit
dem untergetauchten rechtsextremen Terrortrio NSU .

Ich will noch einmal daran erinnern, was unsere zwei
wesentlichen Erkenntnisse im NSU-Untersuchungsaus-
schuss waren: Der Rechtsextremismus wurde jahrelang –
man kann sogar sagen, jahrzehntelang – systematisch
verharmlost, verniedlicht, vernachlässigt und nicht als
Gefahr für unsere Gesellschaft gesehen . Bei den Ermitt-
lungen der Morde und Sprengstoffanschläge wurden an
keiner Stelle, an keinem einzigen Tatort die möglichen
Motive Rassismus und Rechtsextremismus auch nur an-
satzweise so gründlich in den Blick genommen, wie es
notwendig gewesen wäre . – Das sind die beiden wesent-
lichen Erkenntnisse . Deswegen ist es für uns anlässlich
des NSU so wichtig, auf der einen Seite weiter aufzuklä-
ren und auf der anderen Seite auch Reformen anzugehen .

Wir, die ehemaligen Obleute und andere interessier-
te Kolleginnen und Kollegen, haben uns jetzt – das ist
schon gesagt worden – zwei Jahre ganz intensiv weiter
mit dem Thema beschäftigt und uns die Entscheidung
bezüglich der Frage, ob wir noch einmal einen NSU-Un-
tersuchungsausschuss einsetzen, wahrlich nicht leicht
gemacht . Wir haben sehr sorgfältig überlegt und erst ein-
mal die anderen Möglichkeiten genutzt, die wir hier im
Parlament so haben – das ist schon gesagt worden –: als
Berichterstatterin und Berichterstatter, mit Kleinen und
Großen Anfragen sowie mit Einzelfragen und intensiven
Debatten im Innenausschuss . Aber wir haben festge-
stellt, dass wir die Fragen, die wir alle noch haben, eben
nicht beantwortet bekommen, dass wir in dem Rahmen,
den wir hier zur Verfügung haben, nicht weiter aufklä-
ren können und deshalb einen NSU-Untersuchungsaus-
schuss Teil 2 brauchen .

Ich will ganz ausdrücklich sagen: Wir rollen nicht auf,
was wir bereits untersucht haben . Darüber haben wir uns
bereits ausgetauscht; darauf haben wir uns verständigt .
Wir knüpfen an den ersten Untersuchungsausschuss an
und setzen ihn fort . Ich will drei Punkte nennen, die uns
dabei besonders wichtig sind .

Es ist schon gesagt worden – gut ist, dass das von allen
gesagt wird –, dass es jetzt um die Netzwerke, die Unter-
stützer und die Zusammenhänge geht . Dafür hatten wir

Vizepräsidentin Petra Pau






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damals nicht genügend Zeit . Jetzt haben wir auch viel
mehr Erkenntnisse . Zudem werden wir auf die aktuelle
Situation Bezug nehmen – darauf haben Sie hingewiesen;
das ist auch mir besonders wichtig –, die uns alarmieren
muss . Wir müssen wissen, wer über das Trio hinaus den
NSU unterstützt hat und wie die Zusammenhänge sind .

Wir haben Fragen rund um die einzelnen Tatorte, nicht
zuletzt auch, was den Tatort beim Mord an der Polizis-
tin Michèle Kiesewetter in Heilbronn angeht . Aber auch,
was die anderen Tatorte anbelangt, haben wir weiterhin
Fragen .

Außerdem wollen wir in diesem zweiten Untersu-
chungsausschuss noch genauer beleuchten, welche Rolle
die V-Leute gespielt haben, welche Verantwortung auch
der Verfassungsschutz hatte, wer wo was gewusst hat .
Wir sind der Auffassung, dass wir da noch längst nicht
am Ende unserer Erkenntnisse bzw . der Aufklärung sind .

Ich will noch einen vierten Punkt benennen, der mir
auch sehr wichtig ist . Die Selbstenttarnung des NSU ist
jetzt vier Jahre her . Ich habe über notwendige Refor-
men gesprochen, die in Teilen – mehr oder weniger zur
Zufriedenheit der einen oder der anderen – auch ange-
gangen worden sind . Aber ich glaube nicht, dass bei der
Arbeit von Polizei, Verfassungsschutz und Justiz schon
so viel verändert wurde, dass wir zufrieden sein können .
Vielleicht werden wir nie zufrieden sein; aber ich bin es
im Moment überhaupt nicht, weil ich glaube, dass der
Ruck, den der NSU in den Sicherheitsbehörden ausgelöst
hat, noch nicht die ausreichenden Konsequenzen hatte
dergestalt, dass schon an allen Ecken und Enden anders
gearbeitet wird . Ich glaube deshalb, dass wir auch weiter-
hin an den Reformen arbeiten müssen .


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir haben wenig Zeit . Wir sputen uns . Wir schauen
uns an, woran in den Bundesländern gearbeitet wird, und
wir werden uns anschauen, was beim Oberlandesgericht
München herauskommen wird . Wir werden die Zeit – die
anderthalb Jahre – nutzen . Ich bedanke mich für die Un-
terstützung . Wir gehen engagiert an die Arbeit .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813525800

Vielen Dank . – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grü-

nen spricht jetzt die Kollegin Irene Mihalic .


Dr. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813525900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Frau Pau hat vorhin darauf hingewiesen:
Heute vor genau vier Jahren fand im Bundesamt für Ver-
fassungsschutz die sogenannte Aktion Konfetti statt, also
die massenhafte Vernichtung von Akten über V-Leute aus
dem näheren Umfeld des NSU-Trios . Diese Schredder-
aktion steht seitdem als Sinnbild für die – ich will es ein-

mal so sagen – zweifelhafte Rolle des Verfassungsschut-
zes im Zusammenhang mit der gesamten Entwicklung
des Rechtsterrorismus in den letzten Jahrzehnten .

In der Aufarbeitung dieser Rolle liegt für uns Grü-
ne auch ein wesentlicher Schlüssel zur Aufklärung im
NSU-Komplex . Leider aber haben wir in den letzten Jah-
ren feststellen müssen, dass das Bundesamt bei der Auf-
arbeitung keine große Hilfe war . Der Kollege Binninger
hat in seiner Rede darauf hingewiesen, was wir im Innen-
ausschuss alles aufzuklären versucht haben, wo wir re-
gelmäßig vor eine Wand gelaufen sind . Es wurde viel un-
ter dem Deckel gehalten . Es wurde verschleiert . Da ist es
meiner Ansicht nach blanker Hohn, wenn Herr Maaßen
immer wieder erklärt, sein Amt habe keine Fehler ge-
macht und sogar verlorengegangenes Vertrauen wieder-
hergestellt . Da fragen wir uns doch: Wodurch denn bitte?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Weil alle, die gesamte Gesellschaft – für den Hinweis bin
ich dankbar –, Verantwortung für das Nichterkennen des
NSU tragen, gerade deshalb darf sich niemand aus dieser
Verantwortung stehlen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD und der Abg . Petra Pau [DIE LINKE])


Natürlich ist der Verfassungsschutz eine Behörde, die
im Geheimen operieren muss . Aber es kann ja nicht sein,
dass sich die Arbeit des Verfassungsschutzes jeglicher
Nachvollziehbarkeit entzieht; denn die Gesellschaft hat
ein Recht darauf, die Arbeit des Verfassungsschutzes auf
Faktengrundlage zu bewerten, und darum wird es auch
in diesem Untersuchungsausschuss gehen . Wir beste-
hen darauf, zu wissen, welchen Nutzen die Gesellschaft
durch den massiven V-Leute-Einsatz in der rechtsextre-
men Szene hatte . Wir bestehen darauf, zu erfahren, wel-
chen Erkenntnisgewinn der Einsatz staatlich geförderter
Neonazis tatsächlich gebracht hat . Wir bestehen darauf,
zu erfahren, ob wir der rechtsextremen Szene durch den
V-Leute-Einsatz nicht am Ende sogar noch Strukturhilfe
gegeben haben .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Beantwortung
dieser Fragen ist kein reiner Akt der Vergangenheitsbe-
wältigung, sondern hochaktuell; Frau Högl, Frau Pau,
auch Sie haben darauf hingewiesen . Wir erleben heute,
wie Flüchtlinge und Unterkünfte sowie engagierte Bür-
gerinnen und Bürger brutal angegriffen werden . Wenn es
immer heißt, dass es nie wieder so schlimm werden darf
wie Anfang der 1990er-Jahre, dann sage ich: Wir sind mit
über 600 Angriffen in diesem Jahr schon weit darüber
hinaus .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Damals, in den 90er-Jahren, begann sich der NSU zu for-
mieren . Heute sind wir schon wieder schlecht vorbereitet
auf rechtsextreme Anschläge . Heute sind wir schon wie-
der nicht in der Lage, die Hintergründe genügend auszu-
leuchten . Schon wieder laufen wir Gefahr, zu übersehen,
dass sich hier rechtsterroristische Netzwerke etablieren .

Dr. Eva Högl






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Wenn es heißt, dass nur 34 Prozent der Tatverdächti-
gen bekannte Rechtsextremisten sind, und den anderen
66 Prozent wenig Bedeutung beigemessen wird, dann
mache ich persönlich mir sehr große Sorgen mit Blick auf
die Analysefähigkeit unserer Sicherheitsbehörden . Wenn
in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern gan-
ze Banden von Nazis losziehen und Flüchtlinge zusam-
menschlagen, dann muss es doch Planungen im Vorfeld
gegeben haben . Die haben sich doch nicht zufällig auf
der Straße getroffen . Das Problem ist: Wir wissen davon
nichts, und das zeigt, dass der Verfassungsschutz nicht
darauf eingestellt ist, die heute viel fluideren Organisa-
tionsmuster in der rechtsextremen Szene ausreichend zu
erkennen . Diese Dinge müssen wir im Untersuchungs-
ausschuss gründlich aufarbeiten, um sie nachhaltig ab-
stellen zu können .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg . Clemens Binninger [CDU/CSU])


Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Januar dieses
Jahres waren wir alle tief betroffen von den schreckli-
chen Terroranschlägen in Paris . Wir waren uns sofort
einig, dass diese Anschläge auch ein Angriff auf unsere
freiheitlichen und demokratischen Grundwerte waren .
Das haben in spontanen Kundgebungen Millionen von
Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft mit dem be-
rühmt gewordenen Spruch „Je suis Charlie“ zum Aus-
druck gebracht . Dies sollte klarmachen: Wenn ihr im Sin-
ne eurer todbringenden Ideologie auch nur Einzelne von
uns angreift, dann greift ihr uns alle als Gesellschaft an .

Genau diese Grundhaltung bewegt uns heute, wenn
wir in fraktionsübergreifender Einigkeit erneut einen Un-
tersuchungsausschuss zum NSU-Terror einsetzen . Wir
sagen damit als Parlament ganz klar: Auch wenn über-
wiegend Menschen mit Migrationshintergrund unter den
Opfern waren – die Taten der Rechtsterroristen sind im
Kern auch ein Angriff auf uns als gesamte Gesellschaft,
und wir werden parlamentarisch alle Möglichkeiten der
Aufklärung nutzen, um dem Terror von rechts entschlos-
sen entgegenzutreten .

Herzlichen Dank .


(Beifall im ganzen Hause)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813526000

Vielen Dank . – Als Nächstes hat der Kollege Armin

Schuster, CDU/CSU-Fraktion, das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Armin Schuster (CDU):
Rede ID: ID1813526100

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich war Mitglied des Untersuchungsausschusses
in seiner ersten Auflage. Ich bin zurzeit noch Mitglied
im zweiten Untersuchungsausschuss dieser Periode, zu
Edathy . Wenn ich das vergleiche, muss ich sagen: Der Un-
tersuchungsausschuss, der gerade läuft, ist für mich reine
Pflichterfüllung. Der, der vor uns steht, ist mir – das sage
ich mit der Erfahrung aus der ersten Auflage – eine Her-
zensangelegenheit . Ich bin Innenpolitiker mit Leib und
Seele . Aufzuklären, was den NSU-Terror ausmacht, das

muss uns sehr wichtig sein – warum? –, weil Rechtsterror
heute vielleicht wieder das Thema sein könnte . Ich habe
schon im ersten Untersuchungsausschuss dazu immer
wieder die Strukturen hinterfragt und damit manchen
Kollegen, vor allem aber die Medien gelangweilt: Stimmt
die Sicherheitsarchitektur in Deutschland? Sind wir da fit
genug? – Jetzt kommt ein dritter Aspekt hinzu: Ich finde
es unglaublich interessant, in diesem Untersuchungsaus-
schuss auch evaluieren zu können, wie die Maßnahmen
zur Umsetzung unserer Empfehlungen wirken . Das ist
zwar nicht der Untersuchungsauftrag, aber wir werden
nicht umhinkommen, das immer wieder zu beleuchten .
Für mich ist das insgesamt ein ganz wichtiger Ausschuss,
und ich musste nicht lange überlegen, mitzumachen .

An die Kollegin Mihalic adressiert, möchte ich sagen:
Die Dramaturgie zwischen Opposition und Regierung
war leider schon am Anfang weg . Was wir zu meinem
Leidwesen nicht geschafft haben, war, dem Antrag von
Herrn Ströbele und Herrn Wieland nachzukommen – der
Kollege Ströbele ist zum Glück noch da, Herr Wieland
nicht mehr –, die Sitzungen deutlich vor Mitternacht zu
beenden .


(Heiterkeit bei der LINKEN)


Wenn Sie den Ströbele-Antrag wieder formulieren, bin
ich diesmal auf Ihrer Seite . Auch das werden wir hinbe-
kommen .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


An die neuen Mitglieder: Bitte nicht erschrecken! Aber
so war es .

Warum brauchen wir eigentlich eine zweite Auflage?
Weil es nicht nur ein Trio war, sondern mehr Täter, weil
wir den Kopf des Trios gar nicht kennen – die perfide
Genialität dieser Verbrechensserien passt nicht zu den
Psychogrammen der drei Täter, die wir kennen; immer-
hin haben sie den Föderalismus an die Grenze seiner
Leistungsfähigkeit und darüber hinaus gebracht –, weil
der Selbstmord in Eisenach kein verabredeter Mord war,
weil die Wohnung in der Frühlingsstraße gar nicht so in
die Luft geflogen ist, wie wir es bisher glaubten, weil das
Unterstützernetzwerk größer war, weil die V-Leute-Sze-
ne das doch wusste und weil Kiesewetter von mehr als
zwei Tätern umgebracht wurde . – Sie wundern sich jetzt .
Ich kann das auch nicht beweisen, aber wir alle auch
nicht das Gegenteil .


(Dr . Eva Högl [SPD]: Genau!)


Solange diese Fragezeichen bestehen, dürfen wir nicht
der gleichen Gefahr unterliegen wie damals die Sicher-
heitsbehörden, die lange an einer Hypothese festgehalten
haben; Sie erinnern sich: die Organisationstheorie . Wir
müssen aufpassen, dass wir nicht denselben Fehler ma-
chen . Deswegen: Solange diese Fragen gestellt werden
können, ohne dass irgendeiner der Fachleute mir jetzt
widerspricht, ist dieser Ausschuss erforderlich .


(Beifall im ganzen Hause)


Wir sind nicht die besseren Ermittler; das will ich aus-
drücklich sagen, vor allem, weil viele Polizisten dabei
sein werden . Aber ich glaube, dass die Bundesrepublik
Deutschland in allen Ländern und im Bund die Lessons

Irene Mihalic






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Learnt dieser Terrorserie für ihre Sicherheitsarchitektur
noch lange nicht abgeschlossen hat . Da steckt noch eine
Menge drin .

Worum geht es mir nicht, Frau Mihalic? Es geht mir
nicht darum, das x-te Behördenversagen ohne einen wei-
teren Erkenntniswert zu zelebrieren .


(Beifall der Abg . Dr . Eva Högl [SPD] und Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Es geht mir nicht darum, speziell eine Behörde unter
Dauerbeschuss zu nehmen . Es geht mir um Balance . Jetzt
zitiere ich mich selber aus dem September 2013


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Immer gut!)


– immer gut –: Es war nicht ein Versagen der Sicherheits-
behörden, es war ein kompletter Systemausfall .


(Beifall im ganzen Hause)


Wer mich dazu zwingt, den werde ich auch nötigen,
dass wir dann über das Versagen der deutschen Parla-
mente genauso hart urteilen . Wir sprechen über Wasser-
hähne des BND, aber haben nie über diese Mordserie
gesprochen . Wer mich dazu zwingt, den nötige ich auch,
über alle Regierungschefs zu sprechen – es waren alle
beteiligt –, die es nicht geschafft haben, das zur Chef-
sache zu machen . – Lassen Sie es uns so machen wie
beim letzten Mal . Balance bedeutet: Es war ein kom-
pletter Systemausfall . Schießen Sie also bitte nicht einen
einzigen Bereich sturmreif, weil es vielleicht medial gut
ankommt . Das ist mein Wunsch .

Der Bund hat mit dem ersten Untersuchungsausschuss
sehr schnell reagiert . Er war Trendsetter für viele Län-
der . Manche mussten nahezu genötigt werden; denken
wir zum Beispiel an Baden-Württemberg . Es gab viele
Informationen aus den Landtagsausschüssen und viele
Informationen aus den Medien. Ich finde die Terminfin-
dung – Bernhard Kaster, du warst dabei –, dass wir den
Untersuchungsausschuss heute einsetzen, fast genial .
Dieser Untersuchungsausschuss wird wieder einen Trend
setzen, weil wir die Chance haben, all diese Informati-
onen jetzt im Netzwerk zu verbinden und vielleicht zu
einem Abschluss zu kommen . Dann wäre der Bund stark
gestartet und wird auch stark enden . Das ist ein starkes
Zeichen in der richtigen Zeit .

Danke schön .


(Beifall im ganzen Hause)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813526200

Vielen Dank . – Als Nächstes hat der Kollege Uli

Grötsch, SPD-Fraktion, das Wort .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Uli Grötsch (SPD):
Rede ID: ID1813526300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Waren es wirklich nur Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt,
die jahrelang vermeintlich unbemerkt von den Behörden
mordend durch Deutschland gezogen sind, oder hatten

sie überall Helfer? Wurden die Opfer doch nicht zufäl-
lig ausgewählt? Gibt es vielleicht ein größeres Neona-
zi-Netzwerk, das das Trio unterstützt hat und vielleicht
immer noch dessen Ideologie verbreitet? Gibt es Verbin-
dungen zur organisierten Kriminalität? Haben die Behör-
den – so, wie es scheint – Hinweise übersehen? – Ich für
mich persönlich würde diese und andere Fragen wohl mit
„Ja, so scheint es; aber wir müssen es beweisen“ beant-
worten . Diese und viele weitere Umstände sind auch vier
Jahre nach der Selbstenttarnung des Nationalsozialisti-
schen Untergrundes ungeklärt . Das ist ein Zustand, den
wir so nicht hinnehmen werden .

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir, wie auch schon
meine Kolleginnen und Kollegen im ersten NSU-Unter-
suchungsausschuss, alle an einem Strang ziehen werden .
Das Thema ist zu wichtig für Parteibefindlichkeiten, und
es eignet sich schon gar nicht für Grabenkämpfe oder
persönliche Profilierung.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der erste NSU-Untersuchungsausschuss des Bundes-
tages und die Untersuchungsausschüsse der Landtage ha-
ben schon vieles aufgeklärt und wichtige Arbeit geleistet .
Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bei
allen Beteiligten bedanken .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir wollen nun das leisten, was der erste NSU-Unter-
suchungsausschuss des Deutschen Bundestages schlicht-
weg nicht leisten konnte, zum Teil aus Zeitgründen, zum
Teil auch deshalb, weil wir heute Erkenntnisse haben,
die damals noch völlig unbekannt waren . Jetzt können
wir auf die bisherigen Ergebnisse zurückgreifen und da
ansetzen, wo noch Fragen offen sind . Diese offenen Fra-
gen – möglichst alle – wollen wir abräumen .

Anders als meine Vorgängerinnen und Vorgänger kön-
nen wir heute in unserer Arbeit auch auf die Rechercheer-
gebnisse von Journalisten, Vereinen, Organisationen und
Stiftungen wie etwa der Amadeu-Antonio-Stiftung zu-
rückgreifen, die sich in den letzten vier Jahren intensiv
mit dem NSU beschäftigt haben . Wir müssen nicht bei
null anfangen . Ich glaube, das wird ein großer Vorteil
sein .

Mir ist auch wichtig, dass wir im Untersuchungsaus-
schuss nicht nur die Fragen aufarbeiten, die sich uns
Abgeordneten stellen . Ich möchte auch den Fragen nach-
gehen, die sich etwa den Opferanwälten oder den Me-
dienvertretern stellen .

Ohnehin spielen die Medien in diesem Komplex eine
besondere Rolle . Vieles ist erst durch ihre Recherche
überhaupt ans Tageslicht gekommen . Von einer medialen
„Hexenjagd“, wie ein Mitarbeiter des Verfassungsschut-
zes in Baden-Württemberg die Arbeit der Presse vor dem
dortigen Untersuchungsausschuss bezeichnet hat, kann
meiner Meinung nach überhaupt keine Rede sein .


(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


Armin Schuster (Weil am Rhein)







(A) (C)



(B) (D)


Aber da zeigt sich wieder: Von einer Fehlerkultur sind
wir in manchen Behörden noch weit entfernt .

Wir werden uns nicht schon frühzeitig auf die eine
oder andere Theorie festlegen; das hat schon mein Vor-
redner unterstrichen . Für die Behörden stand damals von
Anfang an fest: Die Täter müssen aus dem familiären
Umkreis kommen . Von „Döner-Morden“ und der „Mord-
serie Bosporus“ war die Rede . Mit diesen Beschuldigun-
gen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wurden die Ange-
hörigen zum zweiten Mal Opfer . Dass die Täter aus der
rechten Szene kommen und Rassismus das Tatmotiv sein
könnte, wurde damals bei den Ermittlungen nicht in Er-
wägung gezogen . Es konnte nicht sein, was nicht sein
durfte . Heute wissen wir es besser .

Dass das Trio mit rechtsextremen Gruppierungen
wie etwa Blood & Honour, Combat 18 oder der Oido-
xie Streetfighting Crew vernetzt war, scheint uns heute
ziemlich eindeutig zu sein . Schon im ersten NSU-Unter-
suchungsausschuss wurde klar, dass das Netzwerk grö-
ßer war, als die Ermittlungsbehörden zunächst glaubten
und zum Teil wohl heute noch glauben . Ich frage mich,
ob der NSU vielleicht sogar ein noch größeres, straffer
organisiertes und umfassenderes Monstrum war, als wir
es uns zum heutigen Zeitpunkt vorstellen können .

Das alles, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen
wir klären – mit allen Mitgliedern, auf Augenhöhe und
fraktionsübergreifend –, weil wir es den Opfern schuldig
sind . Abdulkerim Simsek, der Sohn des ersten NSU-Op-
fers Enver Simsek, brachte es auf den Punkt, als er sagte:

Ich möchte meinen Kindern erzählen können, was
mit ihrem Opa passiert ist . Ich würde dafür sorgen,
dass sie trotz allem ohne Hass aufwachsen . Aber ich
möchte ihnen die Wahrheit erzählen können – die
ganze .

Vielen Dank .


(Beifall im ganzen Hause)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813526400

Vielen Dank . – Letzter Redner zu diesem Tagesord-

nungspunkt ist der Kollege Dr . Volker Ullrich, CDU/
CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Volker Ullrich (CSU):
Rede ID: ID1813526500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Vor gut vier Jahren ist die Terrorzelle des NSU
enttarnt worden . Diese Enttarnung hat zu einem Schock
und zu Sprachlosigkeit geführt, weil sie uns aufgezeigt
hat, wie verwundbar unsere Werte und unsere Freiheit
sein können . Zahlreiche offene Fragen haben sich uns
gestellt .

Der 17 . Deutsche Bundestag hat einen Untersuchungs-
ausschuss eingesetzt, um Fragen einer Beantwortung
zuzuführen und Erkenntnisse umzusetzen . Die ersten
Erkenntnisse sind bereits umgesetzt worden . Wir haben
beispielsweise die Befugnisse des Generalbundesanwalts
gestärkt, um rechtsterroristische und rechtsextreme Straf-
taten besser verfolgen zu können . Diese Arbeit trägt erste

Früchte . Man sieht das beispielsweise bei dem uns alle
sprachlos machenden Attentat auf Henriette Reker: Der
Generalbundesanwalt konnte die Ermittlungen überneh-
men . Nach der bis Juni dieses Jahres geltenden Rechtsla-
ge hätte er das nicht gekonnt . – Das zeigt, dass wir schon
einiges umgesetzt haben .


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Wir setzen heute einen weiteren Untersuchungsaus-
schuss ein, nicht, weil eine parlamentarische Minderheit
etwas untersuchen möchte, was die parlamentarische
Mehrheit möglicherweise zu verantworten hat, auch
nicht zum Zwecke der Untersuchung von Regierungs-
handeln, sondern wir setzen den Untersuchungsaus-
schuss gemeinsam ein, getragen von einem gemeinsa-
men Interesse an der Aufklärung . Wir wollen aufklären,
nicht um einer historisch richtigen Geschichtsschreibung
willen, sondern weil wir das den Opfern und ihren Ange-
hörigen schuldig sind . Aber wir müssen auch unseretwe-
gen aufklären, weil wir verhindern müssen, dass ähnliche
Straftaten in Zukunft wieder passieren können .

Es sind viele Fragen offen – ich meine, zu viele Fra-
gen –: Was ist im Umfeld des 25 . April 2007 in Heilbronn
passiert? Was ist am 4 . November 2011 in Eisenach ge-
schehen? Wie konnte dieses Trio – und war es denn über-
haupt ein Trio – fast ein Jahrzehnt lang unentdeckt blei-
ben? Wir müssen uns auch fragen: Welche strukturellen
und kriminellen Netzwerke liegen dieser Bande zugrun-
de? Gab es Verbindungen zur organisierten Kriminalität,
zu Rockern, zu internationalen Netzwerken?

Meine Damen und Herren, durch diese Aufklärungs-
arbeit können die Taten nicht ungeschehen gemacht
werden; aber die Erkenntnisse sind wichtig, damit der
wehrhafte Rechtsstaat daraus Lehren ziehen kann, damit
er es besser machen kann . Damit können wir aktiv für
unsere Werte, die uns wichtig sind, eintreten . Wir werden
diese Erkenntnisse auch umsetzen müssen . Wir müssen
uns fragen, ob wir die Erkenntnisse von V-Leuten und
die Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden
nicht weiter optimieren können . Wir müssen uns fragen,
ob wir im Bereich der Bekämpfung des Extremismus und
des Terrorismus die Verbindungen zwischen Bund und
Ländern noch besser machen müssen . Und wir müssen
uns auch fragen, welche Normen wir im Bereich der Ge-
richtsverfassung und der Strafprozessordnung optimie-
ren müssen, um ein klares Signal dieses Rechtsstaats zu
setzen .

Ich will davor warnen, an diesen Ausschuss zu hohe
Erwartungen zu knüpfen . Wir können nicht alle Fragen,
die es in unserem Land gibt, abschließend beantworten .
Aber wir können einen wichtigen, einen sehr wertvol-
len Beitrag dazu leisten, dass unser Rechtsstaat klar und
deutlich kommuniziert: Die Würde des Menschen, die
Freiheit der Person und die demokratisch legitimierte
Auseinandersetzung ohne Gewalt und ohne Hass sind
konstitutiv für unser Land . Wir werden daran arbeiten,

Uli Grötsch






(A) (C)



(B) (D)


dass das klare Signal ausgeht: Diese Werte stehen nicht
zur Disposition .


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg . Matthias W . Birkwald [DIE LINKE])


Wir werden aufklären, weil wir uns den Werten des
Grundgesetzes verpflichtet sehen. In diesem Sinne: Las-
sen Sie uns gemeinsam und von gemeinsamer Verant-
wortung getragen an die Arbeit gehen .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813526600

Vielen Dank . – Wir sind damit am Ende der Ausspra-

che .

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschus-
ses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu
dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, Die
Linke und Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Einset-
zung des 3 . Untersuchungsausschusses“ . Der Ausschuss
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 18/6601, den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU,
der SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 18/6330 in der Ausschussfassung anzuneh-
men . Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Be-
schlussempfehlung einstimmig angenommen .


(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)


Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde

auf Verlangen der Fraktionen DIE LINKE und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Haltung der Bundesregierung zur Statusfrage
syrischer Flüchtlinge und zur Einschränkung
des Familiennachzuges

Ich bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen . – Ich eröffne
die Aussprache . Das Wort hat Luise Amtsberg, Bünd-
nis 90/Die Grünen


Luise Amtsberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813526700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Diese Aktuelle Stunde heute ist notwendig, nicht nur,
weil es hier um einen unerträglichen Vorstoß des Innen-
ministers gegen syrische Schutzsuchende geht, sondern
weil die Konzeptlosigkeit und die Kopflosigkeit dieser
Bundesregierung in den vergangenen Tagen uns förmlich
dazu zwingen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Seit Wochen werden wir Zeuge eines internen Macht-
kampfes innerhalb der Unionsfraktionen, aber auch in-
nerhalb des Kabinetts . Ich sage ganz deutlich: Das Bild,
das Sie hier bei einer der größten innen- und europapoli-

tischen Herausforderung, der unser Land jemals gegen-
überstand, abgeben, ist Wasser auf die Mühlen derjeni-
gen, die mit Hass im Herzen und dem Galgen in der Hand
auf unseren Straßen demonstrieren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Mit einer Änderung des Status syrischer Flüchtlinge
will der Innenminister die Möglichkeit beschränken,
dass syrische Flüchtlinge ihre Familien auf sicherem
Wege nach Deutschland bringen können . Was zunächst
vermutlich ein sonderbarer Alleingang des Ministers
war – er hat weder den Koalitionspartner noch die zu-
ständige Behörde noch das zuständige Kanzleramt einge-
bunden –, erfährt mittlerweile eine breite Unterstützung
aus den Reihen der CDU/CSU-Fraktion . Die CSU und
auch Finanzminister Schäuble sprachen sich für diesen
Vorschlag aus und fallen damit erneut der Kanzlerin in
den Rücken .

Aber ganz ehrlich, verehrte Kolleginnen und Kolle-
gen: Hat eigentlich einer von Ihnen diesen Vorschlag
einmal zu Ende gedacht? Das Bundesamt hat die Mar-
ke von einer Viertelmillion Asylanträge im Stau längst
überschritten . Mittlerweile sind es 330 000 Anträge in
der Warteschleife; hinzu kommt eine nicht unerhebliche
Zahl noch nicht erfasster Anträge . Und Sie fordern, nun
das Schnellverfahren für syrische Flüchtlinge auszuset-
zen? Mit welchem Personal denn? Mit welchen Kapazi-
täten? Und vor allen Dingen: mit welchem Zeithorizont?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr . Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Chaos!)


Ihnen muss doch klar sein, dass Sie die Lage damit wei-
ter verschärfen .

Dass das Innenministerium, wie wir heute im Aus-
schuss erneut erleben durften, keinen Plan hat, wie es
auf europäischer Ebene Solidarität und Gemeinsamkeit
herstellen kann, dass keine der europapolitischen Forde-
rungen auch nur ansatzweise mit Konzepten unterlegt ist,
ist schon traurig genug . Dass Sie aber mit der Einschrän-
kung beim Familiennachzug die einzige legale Möglich-
keit kappen wollen, die syrische Angehörige haben, ist
bitter .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Ich darf daran erinnern, dass Sie, Herr Innenminister,
auch Verfassungsminister sind . Schauen Sie sich bitte
Artikel 6 des Grundgesetzes zum Schutz der Familie
noch einmal an .

Die Folge dieser Politik dürfte erfahrungsgemäß klar
sein: Noch mehr Menschen werden auf unsichere Boo-
te steigen und einen anderen, viel gefährlicheren Weg
suchen, um zu ihren Angehörigen zu kommen . Für die
Menschen, die bereits hier sind, wird das Leben zu einer
unerträglichen Zitterpartie . Ich kann nur sagen: Ich kann
das mit meinem Gewissen nicht vereinbaren .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Dr. Volker Ullrich






(A) (C)



(B) (D)


Noch einmal zum Technischen: Als wenn das nicht
schon genug ist, gibt es einen weiteren Vorschlag des
Ministers . Das Aussetzen der Dublin-Regelung für sy-
rische Flüchtlinge, das Monate der Kapazitäten eines
BAMF-Mitarbeiters frisst und am Ende meist nicht in
eine Rückführung mündet, hat noch nicht einmal drei
Monate überlebt, da ändert der Minister wieder seine
Meinung . Wieder läuft er in die entgegengesetzte Rich-
tung . Die Folge: ein noch größerer Antragstau . Das ist ein
Trauerspiel, bei dem der Minister scheinbar vergisst, dass
er als Dienstherr auch eine Verantwortung gegenüber den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesamtes hat .

Gerade die letzte Woche hat gezeigt: Sie haben kei-
nen Plan, und – noch viel schlimmer – Sie haben keinen
Kompass . Dieses und die Maßnahmen gegen syrische
Bürgerkriegsflüchtlinge, Herr Innenminister, sind mit
nichts anderem zu erklären als mit Panik, Getriebenheit,
mit Angst und Überforderung . All das hat mit verantwor-
tungsbewusstem Handeln nichts, aber auch wirklich gar
nichts mehr zu tun .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Deshalb ist es auch verständlich, dass die Kanzlerin
Ihnen den Hut für dieses Thema weggenommen hat;
denn das Letzte, was Deutschland jetzt braucht, ist ein
Innenminister, der kopflos, ängstlich und panisch ist.
Frau Bundeskanzlerin – sie ist nicht hier, aber ich sage
dies an ihre Adresse –, weil Sie es verpasst haben, dieje-
nigen, die auf dem Tisch tanzen, zur Räson zu rufen, ist
die Meinungshoheit jetzt bei den Hardlinern der Innen-
politik . Nicht Sie und Ihr Kanzleramtschef, sondern die
Hardliner der Innenpolitik bestimmen jetzt die Flücht-
lingspolitik . Das ist bitter, vor allen Dingen vor dem Hin-
tergrund, dass Sie diese Frage als eine der wichtigsten
nationalen Herausforderungen begriffen haben und dort
jetzt nicht mehr den Zepter in der Hand haben .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Es ist höchste Zeit, dass Sie an dieser Stelle für Klarheit
sorgen .

Ja, es ist richtig: Momentan gibt es etwas zu erkämp-
fen, nämlich die gesellschaftliche Mehrheit für De-
mokratie und Rechtsstaatlichkeit, für den Schutz von
Flüchtlingen und für eine tolerante Gesellschaft . Das ist
nicht leicht . Wir alle brauchen eine klare Haltung dazu .
Die aber bleiben Sie schuldig – leider .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813526800

Vielen Dank . – Für die Bundesregierung erhält jetzt

das Wort Dr . Thomas de Maizière, Bundesminister .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir alle
in Deutschland sehen uns seit Monaten mit einer Zuwan-
derung konfrontiert und ihr ausgesetzt in einem Umfang

wie nie zuvor . Jeden Tag kommen 6 000 bis 10 000 Men-
schen zu uns, manchmal auch mehr . Sie kommen aus
unterschiedlichen Ländern, mit unterschiedlichen Moti-
ven und mit unterschiedlichen Bleibeperspektiven . Das
Hauptherkunftsland ist mit Abstand Syrien mit knapp
der Hälfte der Antragsteller . Allein im Oktober haben wir
etwa 88 000 Schutzsuchende aus Syrien registriert .

Die Zahl ist auch deshalb so massiv angestiegen, weil
viele, die ursprünglich aus Syrien kommen, jetzt aus Ge-
genden wie etwa der Türkei, Jordanien oder dem Liba-
non kommen . Das ist eine Entwicklung, die uns in beson-
derer Weise besorgt . Darunter sind viele, die schon seit
Monaten in der Türkei leben .

Alle diese Menschen müssen aufgenommen, verteilt,
untergebracht und versorgt werden . Ich bin mit vielem
nicht einig, was Sie, Frau Amtsberg, gesagt haben, aber
in einem sind wir uns einig und waren wir uns immer
einig: Jeder, der zu uns kommt, unabhängig davon, ob
er bleibt oder nicht, wie er sich benimmt oder was ir-
gendwie los ist, hat einen Anspruch darauf, hier nicht be-
leidigt, beschimpft, bespuckt, von Gewalt bedroht oder
sonst irgendwas zu werden . Das muss ein Konsens zwi-
schen uns allen sein .


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Integrationsleistung für die, die hierbleiben wer-
den, wird hoch sein . Die Rückführung derer, die nicht
bleiben dürfen, ist hart . Die Entscheidung darüber wollen
wir beschleunigen . Zu all diesen Themen haben wir in
einer Reihe wegweisender Entscheidungen in den letzten
Wochen gute Maßnahmen beschlossen . Die Beschlüsse
von Ende September mit den Ministerpräsidenten, das
erste große Asylpaket, die finanziellen Hilfen für die
Länder und Kommunen und die Beschlüsse der Koalition
vom letzten Donnerstag, all das waren wichtige Schritte .
Hinzu kommen die vielen europäischen und internatio-
nalen Aktivitäten, die ich jetzt hier heute aus Zeitgründen
nicht erläutern kann und will . Das ist uns gelungen, weil
alle, Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat, die Län-
der und die Kommunen, zusammengearbeitet haben und
kompromissbereit waren . Das muss auch in Zukunft so
bleiben .

Am vergangenen Donnerstag wurde mit dem Papier
der Parteivorsitzenden eine Beschränkung des Famili-
ennachzugs bei subsidiär Schutzberechtigten vereinbart .
Das bedeutet, dass ein Familienangehöriger zunächst für
zwei Jahre nicht zu der Person mit subsidiärem Schutz-
status in Deutschland nachreisen kann . Nach diesen zwei
Jahren ist der Familiennachzug möglich, wenn zum
Beispiel der Lebensunterhalt gesichert ist . Für primär
Schutzbedürftige bleibt der Anspruch auf privilegier-
ten Familiennachzug unverändert erhalten; das sind die
Menschen, die Schutz nach Artikel 16 a des Grundgeset-
zes oder nach der Genfer Flüchtlingskonvention erhalten .

Eine andere Frage ist, wie wir den Schutzstatus ei-
nes Antragstellers feststellen; darum geht es ja in die-
ser Debatte . Als vor gut einem Jahr die Asylbewerber-
zahlen deutlichen anstiegen, war uns natürlich wichtig,
die Asylverfahren zu beschleunigen . Für Antragsteller

Luise Amtsberg






(A) (C)



(B) (D)


aus Syrien wurde das erreicht, indem wir als Innenmi-
nisterium Anfang November 2014 auf die Anhörung im
Asylverfahren verzichtet und damit auf ein schriftliches
Verfahren umgestellt haben .


(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig so!)


Vorher hatten wir dies in der Innenministerkonferenz
zwischen Bund und Ländern besprochen .

Im beschleunigten Verfahren mussten syrische An-
tragsteller keine persönlichen Anhörungen mehr durch-
laufen, sofern kein Sicherheitsrisiko bestand . Sie konn-
ten ihre Fluchtgründe schriftlich erklären . Im Ergebnis
erhielten sie dann regelmäßig den Flüchtlingsstatus im
Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention . Das geschah
unabhängig davon, ob der konkrete syrische Antragstel-
ler tatsächlich einer individuellen Verfolgung ausgesetzt
oder aber vor dem Bürgerkrieg geflohen war, der jeden
gleichermaßen bedroht . Der Anspruch auf Familiennach-
zug war privilegiert . Auf die Sicherung des Lebensunter-
haltes kam es beim Familiennachzug nicht an .

Diese Verfahrensentscheidung vom November 2014
war damals richtig . Sie war richtig, weil in 77 Prozent der
2014 getroffenen Entscheidungen ohnehin ein Asyl oder
Flüchtlingsschutz gewährt worden war . Nur 12 Prozent
der syrischen Asylbewerber hatten diesen subsidiären
Schutz erhalten . Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Lage hat sich seitdem verändert .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Zahl insbesondere der Syrer ist in einem Maße
gestiegen, das im Oktober/November 2014 keiner hat
vorhersehen können .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Zustände sind deutlich schlimmer geworden in Syrien!)


Das schriftliche Verfahren für Antragsteller aus Sy-
rien hat sich als zu grobmaschig und auch unter dem
Gesichtspunkt der Identifizierung und der öffentlichen
Sicherheit in Deutschland als lückenhaft erwiesen . Oft
beruht die Erfassung der Staatsangehörigkeiten nur auf
Angaben der Asylsuchenden selbst, insbesondere dann,
wenn keine Identitätsdokumente vorgelegt worden sind .
Wir wissen aber, dass viele behaupten, Syrer zu sein, ob-
wohl sie keine Syrer sind . Manche kommen auch mit ge-
fälschten Papieren . Ohne persönliche Anhörungen lassen
sich die Angaben über die tatsächliche Herkunft aber nur
schwer beurteilen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


All das besorgt uns . Deshalb müssen wir jetzt reagie-
ren . Die Lage zwingt uns zu Anpassungen . Deshalb ha-
ben wir im Innenministerium – wie damals in die eine
Richtung, jetzt in die andere Richtung – eine Entschei-
dung getroffen, nämlich für eine Rückkehr zur Einzel-
fallprüfung, für eine Rückkehr zum regulären Verfahren,
das eine mündliche Anhörung wie im Asylgesetz vor-
sieht . Diejenigen, die individuell verfolgt sind, die etwa
aus politischer Überzeugung das Assad-Regime ableh-
nen, werden weiterhin Flüchtlingsschutz erhalten . Auch
ohne Nachweis der Lebensunterhaltssicherung können

diese Flüchtlinge ihre Kernfamilien nachholen, obwohl
wir ihnen sagen müssen, dass diese Verfahren sehr, sehr
lange dauern werden .


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, eben! – Heute schon! – Ist das Humanität?)


Dass aber für alle, die sagen, sie kommen aus Syrien,
der Familiennachzug möglich ist, ohne dass für eine aus-
reichende Sicherung des Lebensunterhalts gesorgt wäre,
halte ich angesichts der großen Zahl der Syrer, die zu uns
kommen, nicht mehr für tragbar .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Einen Nachzug in die Arbeitslosigkeit und damit in die
Perspektivlosigkeit sollte es nicht geben . Das ist wichtig,
um unsere Kommunen zu entlasten .


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Wen vertreten Sie da eigentlich?)


Das ist wichtig, um unsere Gesellschaft nicht zu über-
fordern .


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Ist das Ihre Haltung oder wessen?)


– Die Gestaltung von Verwaltungsverfahren ist eine Res-
sortentscheidung des zuständigen Ministers .


(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Machen Sie hier auf Kanzler?)


Nun habe ich zur Kenntnis genommen, dass die Koa-
lition, die SPD dazu Gesprächsbedarf hat .


(Lachen bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Cem Özdemir [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Hört! Hört! Ihr habt ja ein tolles Klima in der Koalition!)


– Das ist okay; das ist so .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind hier der Minister für Chaos! Am Donnerstag haben Sie sich mit den Parteichefs geeinigt, und was ist am nächsten Tag?)


Deswegen habe ich die Entscheidung sozusagen nicht
vollzogen,


(Cem Özdemir [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer regiert eigentlich gerade Deutschland?)


und deswegen werden wir auch darüber reden – zunächst
im Kreise der Innenministerkonferenz .

Niemand weiß, wie viele Menschen in Syrien und
seinen Anrainerstaaten darauf warten, ihre Ansprüche
auf Familiennachzug geltend zu machen . Klar ist: Wir
können unsere hohen Flüchtlingszahlen nicht durch Fa-
miliennachzug verdoppeln oder gar verdreifachen . Das
ist der Kern des Themas .


(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Haben Sie mal geschaut, was im Grundgesetz steht bei Familien? Ich denke, ihr seid die Familienpartei!)


Bundesminister Dr. Thomas de Maizière






(A) (C)



(B) (D)


Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein
Wort zu Dublin sagen; Frau Kollegin Amtsberg ist auch
darauf eingegangen .

Hier besteht überhaupt kein Grund zur Aufregung .
Deutschland wendet das Dublin-Verfahren für alle Her-
kunftsländer und alle Mitgliedstaaten der Europäischen
Union außer Griechenland an . Das galt und gilt auch für
syrische Staatsangehörige . Deutschland hat das Dub-
lin-Verfahren zu keinem Zeitpunkt rechtlich ausgesetzt .
Das sehen die Regelungen der Dublin-Verordnung übri-
gens auch gar nicht vor .

Aufgrund des starken Zustroms hat das Bundesamt für
Migration seit Ende August lediglich von seinem Selbst-
eintrittsrecht nach Artikel 17 der Verordnung gegenüber
syrischen Staatsangehörigen umfangreich Gebrauch ge-
macht . Das haben wir seit dem 21 . Oktober 2015 – das
war wieder eine Ressortentscheidung – geändert . Dass
die Sache gestern mitgeteilt wurde, liegt schlicht und
einfach nur daran, dass es eine Medienanfrage gab, wie
übrigens eine Woche vorher auch, und sie ist auch schon
beantwortet worden .


(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So informieren Sie!)


Wir verfolgen damit das Ziel, wieder zu geordneten
Verfahren bei der Einreise und bei Asylverfahren zurück-
zukehren . Zu einem geordneten Verfahren gehört auch
das Dublin-Verfahren, und zwar mit der Feststellung des
zuständigen Mitgliedstaates, der Prüfung aller Aspekte
für einen möglichen Selbsteintritt Deutschlands in das
Asylverfahren und, wenn die Voraussetzungen vorliegen,
der Rücküberstellung in den zuständigen Mitgliedstaat .

Das kann auch in der Koalition nicht besonders um-
stritten sein –


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813526900

Herr Minister, denken Sie bitte an die Redezeit .

Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister des In-
nern:
– letzter Satz –, denn in einem Papier des Koalitionsaus-
schusses vom 6 . September 2015, das wir formuliert ha-
ben – ich war selber dabei –, heißt es nämlich:

Deutschland steht zu seinen humanitären und euro-
päischen Verpflichtungen und erwartet dies ebenso
von seinen Partnern . Dazu gehören die Einhaltung
der Dublin-III-Verordnung und die Bereitschaft zu
gesamteuropäischer Solidarität bei der Aufnahme
von Flüchtlingen . Die am Wochenende getroffene
Aufnahmeentscheidung von Deutschland und Ös-
terreich soll eine Ausnahme bleiben .

Wer von anderen die Einhaltung des europäischen
Rechts verlangt, muss es auch selbst einhalten .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU – Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, machen wir ja auch!)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813527000

Vielen Dank . – Nächste Rednerin ist die Kollegin Ulla

Jelpke, Fraktion Die Linke .


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1813527100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Minister, Sie haben mit Ihrer Rede gerade erneut Ihre
Kürzungspolitik betont und wieder insgesamt asylfeind-
liche Vorschläge gemacht . Man kann sich das Asylrecht
nicht einfach hinbiegen, nur weil mehr Menschen zu uns
kommen . Sie stellen sich damit auch in einen totalen Wi-
derspruch zur Kanzlerin, die zu Recht gesagt hat: „Das
Grundrecht auf Asyl . . . kennt keine Obergrenze . . .“ Dabei
müssen wir auch bleiben .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nachdem ich Sie hier so höre, muss ich wirklich sa-
gen: Ihre Feindseligkeit gegenüber Flüchtlingen, die Sie
hier zum Ausdruck gebracht haben,


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


ist Öl aufs Feuer von Pegida, AfD und anderen Rassisten .

Wir müssen hier das Grundrecht auf Asyl verteidigen
und uns für die Menschen einsetzen, die wirklich in Not
sind


(Barbara Woltmann [CDU/CSU]: Die wirklich in Not sind, genau!)


und die vor allen Dingen Schutz suchen, und dafür müs-
sen wir auch die Gesetze einhalten .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Recht auf Familienzusammenführung ist ein ele-
mentares, international geschütztes Rechtsgut, und auch
im Grundgesetz – das ist hier schon erwähnt worden – ist
der Schutz von Ehe und Familie verankert . Es ist wirk-
lich eigenartig, dass vor allem die C-Parteien, die die
Ehe, die Familie, die Menschenrechte, die Kinderrechte
usw . immer ganz oben anhängen, jetzt, da es darauf an-
kommt, der Meinung sind, dass dies offenbar nur noch
für Deutsche und nicht für Migranten gilt . Wo kommen
wir denn da hin? Das geht jedenfalls gar nicht .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, was bedeuten diese Pläne,
die der Minister hier vorgeschlagen hat, eigentlich ganz
konkret? Der einzige legale Weg für viele Flüchtlinge,
den es überhaupt aus Syrien gibt, ist der des Familien-
nachzuges .

Schon in der Vergangenheit sind diese Rechte unter-
höhlt worden; denn schon heute warten die Familien, ob
in der Türkei, im Libanon oder in Jordanien, weit über
ein Jahr darauf, bei den Botschaften einen Visumster-
min zu bekommen . Wenn das so weitergeht und wenn
Sie das, was Sie hier angekündigt haben, umsetzen, dann
werden sich vor allem Frauen und Kinder auf den Weg in
die wackligen Boote, in die Schlauchboote, Richtung Eu-

Bundesminister Dr. Thomas de Maizière






(A) (C)



(B) (D)


ropa machen . Damit nimmt man im Grunde genommen
in Kauf, dass das fortgesetzt wird, was wir auch heute
Morgen wieder gehört haben, nämlich 14 Tote vor Les-
bos, davon vier Kinder .


(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sieben!)


Das darf so nicht weitergehen . Es muss endlich etwas
passieren . Hier muss eine vernünftige Flüchtlingspolitik
stattfinden.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Man muss aber auch die Frage stellen, ob Sie eigent-
lich darauf spekulieren, dass die Väter „freiwillig“ ins
Kriegsgebiet zurückkehren . Dann wäre nämlich die gan-
ze Familie der Willkür der verschiedenen Kriegsparteien
in Syrien ausgeliefert . Das sind wirklich albtraumhafte
Visionen, mit denen eine verantwortungsvolle Flücht-
lingspolitik überhaupt nicht mehr vereinbar ist .


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben gestern erfahren – das ist bereits angespro-
chen worden –, dass das Dublin-Verfahren für syrische
Flüchtlinge wieder angewendet werden soll . Das bedeu-
tet in Hunderttausenden von Fällen, dass vorrangig der
Fluchtweg und nicht mehr die Fluchtgründe geprüft wer-
den . Das führt zum genauen Gegenteil von schnell durch-
geführten Asylverfahren . Was hat sich denn eigentlich in
den letzten Monaten geändert? Sie argumentieren hier
nur noch mit Zahlen und nicht mehr mit den Rechten,
die wir hier einmal festgeschrieben haben und die diese
Flüchtlinge haben . Das ist wirklich ein Skandal!


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Ihre
Familienministerin hat gestern zu Recht gefordert, dass
wir in der Asyldebatte nicht jeden Tag eine neue Sau
durchs Dorf treiben sollen .


(Dr . Eva Högl [SPD]: Recht hat sie!)


Das Problem ist aber, dass auch Sie in den vergangenen
Monaten eine Verschlechterung nach der anderen für die
Flüchtlinge mitbeschlossen haben . Darüber hinaus haben
auch Sie – darauf hat der Minister zu Recht hingewie-
sen – den Regelungen zu den subsidiär Schutzberech-
tigten im Koalitionsbeschluss ausdrücklich zugestimmt .
Zwar ging es hier noch um eine kleine Zahl, aber wir fin-
den es schon sehr beunruhigend, wenn zum Beispiel Ihre
Generalsekretärin Fahimi sagt: Zum jetzigen Zeitpunkt
würde sie nicht zustimmen wollen, aber sie will es prü-
fen . – Ich kann nur an Sie appellieren: Machen Sie diese
restriktive Politik gegen Flüchtlinge nicht weiter mit, die
von der Regierung immer wieder angetrieben wird!


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813527200

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Jelpke .


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1813527300

Ja . – Zum Schluss appelliere ich an alle in diesem

Hause, endlich damit aufzuhören, die Stammtische zu
bedienen und AfD und Pegida immer weiter hinterherzu-
laufen . Wir brauchen eine gute Integrationspolitik, eine
Politik, die die Flüchtlinge aufnimmt, die für ein gutes
Gesundheitswesen und dafür sorgt, dass Kinder in die
Schule gehen können, und nicht die ständige Ankündi-
gung und Durchsetzung neuer Repressionen .

Ich danke Ihnen .


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813527400

Vielen Dank . – Nächster Redner ist Dr . Lars

Castellucci, SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD)



Dr. Lars Castellucci (SPD):
Rede ID: ID1813527500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern hat
uns Helmut Schmidt für immer verlassen . Ich will ein
Zitat von ihm nennen, das, glaube ich, hilft, ihn uns noch
einmal vor das innere Auge zu führen .


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Steinbach hat doch schon daran erinnert!)


Helmut Schmidt hat gesagt: „In der Krise beweist sich
der Charakter“ .


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist einer der Sätze, die man Helmut Schmidt ab-
genommen hat, weil er sie nicht als Hinweis an andere
verwendet hat, sondern weil man bei ihm gespürt hat, es
ist sein eigener Maßstab, den er da formuliert . Er war ein
Charaktertyp, einer mit Haltung, einer, der nicht wackelt .
Ja, er fehlt uns .

Helmut Schmidt war wirklich krisenerfahren . Ich will
erst einmal fragen: Würde Helmut Schmidt heute über-
haupt von einer Krise sprechen? Ich sage, er würde von
Schwierigkeiten sprechen, die wir in Deutschland haben,
von Problemen, vor denen wir stehen . Aber er würde uns
in Erinnerung rufen: In Wahrheit ist Deutschland heute
so stark, wie es vielleicht kaum jemals zuvor in der Ge-
schichte war .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn wir von einer Krise sprechen wollen, dann müssen
wir schon die ganze Frage in den Blick nehmen . Ja, in
den Herkunftsländern gibt es eine Krise . Auch Europa
befindet sich in einer Krise, aber Deutschland nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Was aber auch stimmt: Es gibt Fragen: Wie viele kom-
men noch? 1 Million; das ist schon ein Wort . Nächstes
Jahr kommt wieder 1 Million? Wie geht es weiter? Und:
Was bedeutet das für unser Land und für unser Zusam-

Ulla Jelpke






(A) (C)



(B) (D)


menleben? Das produziert natürlich Unsicherheit . Die
Menschen sehen zwar auch die Chancen, aber sie wollen,
dass wir die Chancen heben; denn sie wissen: Von selber
werden sich die Chancen nicht verwirklichen .

Worauf kommt es also an? Erstens: auf Besonnenheit .
Es gibt nicht die Lösung, und es gibt auch nicht immer
eine neue Lösung für das Problem, vor dem wir stehen .
Wenn uns der Lehrer in der Schule an einem Tag erklärt:
„2 plus 2 ist 4“, und am nächsten Tag sagt: „2 plus 3 ist
auch 4“, und am nächsten Tag das Spiel so weiter treibt,
dann glauben wir ihm irgendwann nicht mehr . – Wir
müssen bei den Botschaften, die wir miteinander für die
Bevölkerung gefunden haben, bleiben .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Unsere Agenda ist nicht einfach . Unsere Antworten
reichen von der Diplomatie, von dem, was in den Kri-
sengebieten passieren muss, über die Transitländer, die
wir unterstützen müssen, über Europa bis hin zu dem,
was wir in Deutschland auf die Reihe bekommen müs-
sen . Es ist schwierig . Es gibt keine einfachen Antworten .
Das kann man den Leuten nicht nur sagen; das muss man
ihnen sogar sagen .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Worauf kommt es noch an? Zweitens: Konsequenz .
Wir müssen bei den Vereinbarungen bleiben . Wir haben
im Koalitionsvertrag – zwei Jahre ist er alt – festgehalten,
dass das Asylverfahren drei Monate dauern soll .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dann hat es geheißen: Jetzt steigen die Flüchtlingszah-
len . Jetzt ist dies nicht mehr zu halten . – Ich sage: Umge-
kehrt wird daraus ein Schuh . Mehr Flüchtlinge bedeuten
umso mehr, dass wir die Verfahrensdauer von drei Mona-
ten einhalten müssen .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Weise hat uns gestern zugesagt, dass er diese
Dauer von drei Monaten für das Jahr 2016 anstrebt . Aber
da entdecke ich plötzlich ein Problem – das kann man im
Anhang des Gutachtens der Sachverständigen auch nach-
lesen –; denn plötzlich wird zwischen der Dauer des Ver-
fahrens durch das Bundesamt für Migration und Flücht-
linge – das soll drei Monate nicht übersteigen – und der
Dauer bis zur Eröffnung des Verfahrens unterschieden,
und diese Zeit wird nicht mehr eingerechnet . Meine sehr
verehrten Damen und Herren, das war mit uns nicht ver-
einbart . Ich fordere, dass wir zu einer Gesamtdauer der
Verfahren von drei Monaten kommen müssen und keine
Aufteilung vornehmen .


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Kollegen werden das noch ausführen .

Ich bitte gleichzeitig darum, dass wir Dinge unterlas-
sen, die in Wahrheit zu einer Verlängerung von Verfahren
führen werden .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir können natürlich jetzt beschließen, dass das Dub-
lin-Verfahren wieder gilt, alle nach Hause gehen und
denken, wir haben das damit alles erledigt ist . Aber ob
das draußen wirklich nutzt, ist die große Frage . Das ist
eigentlich keine Frage . Eine Prüfung nach dem Dub-
lin-Verfahren heißt eine Verlängerung der Verfahren .


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Dublin ist gescheitert!)


Wir haben im Oktober vier Personen zurückgeführt .
Wenn ich diese Zahl nach der zweiten Kommastelle ab-
runde, bin ich immer noch bei 0 Prozent Rückführung für
den Oktober .


(Barbara Woltmann [CDU/CSU]: 1 015!)


Auf der anderen Seite wird beim Bundesamt für Migrati-
on und Flüchtlinge ein Riesenaufwand betrieben . Erklä-
ren Sie mir bitte die Verhältnismäßigkeit . Wir sind bereit,
darüber zu reden . Aber die Vorschläge zu den Verfahren
müssen Sinn machen .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Gleiches gilt für den Schutzstatus . Den Schutzstatus
für die Flüchtlinge zu überprüfen, wird zu einer Verlän-
gerung der Verfahren führen; das hat gestern auch Herr
Kauder bestätigt .

Ich muss zum Schluss kommen . Meine Damen und
Herren, wir alle wollen weniger Flucht; das ist doch völ-
lig klar . Niemand will das den Menschen zumuten . Wir
alle wollen diese Herausforderung gut bewältigen . Vor
allem: Wir wollen und wir müssen die Brandstifter aus
den Parlamenten heraushalten .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Darum lassen Sie uns konsequent umsetzen, was wir uns
vorgenommen haben . Jagen wir nicht jede Woche eine
neue Sau durchs Dorf . Beweisen wir den Charakter, der
sich in der Krise zeigt; denn damit hat Helmut Schmidt
recht: „In der Krise beweist sich der Charakter .“ So oder
so .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813527600

Vielen Dank . – An die zukünftigen Redner und Red-

nerinnen: Es wäre schön, wenn man nach dem Satz: „Ich
muss zum Schluss kommen“, auch zum Schluss käme,
damit wir die Redezeiten einhalten . – Nächster Redner ist
der Kollege Thomas Strobl, CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Lars Castellucci






(A) (C)



(B) (D)



Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1813527700

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Menschlich ist
es total nachvollziehbar, wenn ein Flüchtling seine Fami-
lie nachholen will . Ich würde es genauso tun,


(Beifall der Abg . Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


und wir alle würden es uns genauso wünschen und es
genauso machen .


(Volker Beck GRÜNEN]: Und Sie hätten sogar die Verfassung auf Ihrer Seite!)


Wer aber in und für Deutschland Verantwortung trägt,
muss auch abwägen, was das für unser Land bedeutet .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um die Menschen!)


Wenn ein Innenminister das bedenkt, dann ist das mög-
licherweise nicht populär und wird von der Opposition
kritisiert,


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Aufs Schärfste! – Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vom Bundeskanzleramt ist das kritisiert worden! Kennen Sie Herrn Altmaier?)


aber dann macht er nichts anderes als seine Arbeit, und
er verdient die Unterstützung meiner Fraktion und unsere
Anerkennung .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Bereits heute halten sich mehr als 300 000 syrische
Flüchtlinge in Deutschland auf, von denen ein sehr gro-
ßer Teil den GFK-Flüchtlingsstatus erhalten hat . Diesen
Status will ihnen derzeit auch niemand nehmen . Das
heißt in der Konsequenz aber auch: Bereits heute müs-
sen wir mit einem Familiennachzug in einer nie dage-
wesenen Dimension rechnen . Wenn wir die bisherige
Anerkennungspraxis fortsetzen, geht es möglicherweise
um einen Familiennachzug von vielen Hunderttausend
Menschen,


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Reine Spekulation!)


ohne – ich betone: ohne – dass ein anerkannter Flücht-
ling nachweisen müsste, dass er den Lebensunterhalt für
seine nachziehende Familie sichern kann oder über aus-
reichenden Wohnraum verfügt . Das würde in der Sache
nichts anderes bedeuten, als dass zwar mit einer gewissen
zeitlichen Verzögerung, dafür aber umso sicherer eine
zweite Flüchtlingswelle auf unser Land zurollt, während
wir bereits mit äußerster Anstrengung noch an der ers-
ten Flüchtlingswelle arbeiten und diese kaum bewältigen
können .


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kinder und Frauen nennen Sie die „Flüchtlingswelle, die auf uns zurollt“! Schämen Sie sich für Ihre Wortwahl!)


Deswegen bin ich überzeugt: Wir müssen den Famili-
ennachzug begrenzen, um das zu tun, was wir tun wollen,
nämlich denen, die an Leib und Leben bedroht sind, auch
in Zukunft Aufnahme zu gewähren .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie nennen sich christlich! Schämen Sie sich!)


– Wer so laut schreit, Herr Hofreiter, hat in der Regel
schon wegen der Lautstärke des Zwischenrufs nicht
recht .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Ausnahmen bestätigen die Regel!)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813527800

Aber jetzt hat der Kollege Strobl das Wort . – Bitte

schön .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist eine Schade, was er sagt!)



Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1813527900

Ich will in diesem Zusammenhang drei Punkte zu-

rechtrücken:

Erstens . Es wird behauptet, subsidiärer Schutz sei gar
kein Schutz oder eine Art Schutz light . Richtig ist: Sub-
sidiär Schutzberechtigte sind Flüchtlingen nach der Gen-
fer Flüchtlingskonvention weitgehend gleichgestellt . Sie
erhalten die gleichen sozialen Leistungen, dieselben Ar-
beits- und Integrationsmöglichkeiten . Vor allem gilt aber
eines: Subsidiärer Schutz besteht, solange ein Konflikt
anhält und eine Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht
möglich ist . Nur der Aufenthaltstitel wird zunächst nur
für ein Jahr gewährt, in der Folge aber immer für zwei
weitere Jahre verlängert . Es ist ganz klar, und alle ande-
ren Behauptungen sind grober Unfug: Wir schicken nie-
manden in ein Bürgerkriegsland zurück . Das ist grober
Unfug, was Sie hier erzählen .


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Was ist mit Afghanistan?)


Zweitens wird behauptet: Wer den Familiennachzug
einschränkt, lässt Familien im Bürgerkrieg zurück .


(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, wo denn sonst?)


Richtig ist: Für den Familiennachzug muss ein Visum an
einer unserer Botschaften beantragt werden .


(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das dauert auch schon anderthalb Jahre!)


Der allergrößte Teil der syrischen Flüchtlinge kommt
nicht unmittelbar aus den Bürgerkriegsgebieten, sondern
aus den Flüchtlingslagern in der Türkei, in Jordanien und
im Libanon . Dort ist die Situation sicherlich sehr, sehr
schwierig . Aber lebensbedrohlich ist das nicht unmittel-
bar . Wir setzen vor allem in Deutschland alles, wirklich
alles daran, dass in diesen Einrichtungen in der Türkei,
in Jordanien und im Libanon die Lebensverhältnisse bes-
ser werden . Wir, diese Bundesregierung – allen voran






(A) (C)



(B) (D)


Angela Merkel, die Bundeskanzlerin –, arbeiten daran,
dass es in der Türkei für die Menschen bessere Lebens-
verhältnisse gibt und dass sie Arbeitsmöglichkeiten be-
kommen . Wir unterstützen die Bundeskanzlerin in dieser
Arbeit, damit weniger Menschen zu uns fliehen müssen
und wir im Übrigen auch unsere griechische Außengren-
ze zur Türkei besser schützen können .


(Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist so heuchlerisch! Das ist unglaublich!)


Das ist der Weg, den wir gehen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich komme sofort zum Ende . Drittens wäre die Aner-
kennung von Syrern als subsidiär Schutzberechtigte kein
deutscher Sonderweg . Hier kann ich nur sagen: Eine gan-
ze Reihe europäischer Länder – darunter diejenigen, die
außergewöhnlich viele Flüchtlinge aufnehmen – gewährt
diesen Flüchtlingen subsidiären Schutz . Dazu gehören
die Niederlande und Schweden, das der Hälfte der syri-
schen Flüchtlinge subsidiären Schutz gibt . Diese Länder
sind doch nicht inhuman, sondern geben gemeinsam mit
Deutschland in dieser Krise eine humanitäre Visitenkarte
für ganz Europa ab .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Diese Leistungsfähigkeit wollen wir uns auch in Zukunft
erhalten . Deswegen müssen wir den Familiennachzug
begrenzen .

Danke schön .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813528000

Vielen Dank . – Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt

die Kollegin Sevim Dağdelen.


(Beifall bei der LINKEN)



Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1813528100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr verehrter Herr Minister, diese Aktuelle Stunde findet
heute statt auf Antrag der Grünen und der Linksfraktion,
weil Sie als Innenminister dieser Bundesregierung oder
auch nicht – offenbar gibt es hierzu Meinungsverschie-
denheiten mit Ihrem Koalitionspartner – die Fluchtmög-
lichkeiten für Frauen und Kinder aus Syrien beschneiden
wollen . Um nichts anderes geht es hier, wenn Sie den
Familiennachzug für syrische Flüchtlinge verhindern
wollen . Syrische Flüchtlinge sollen nach dem Willen des
Innenministers nicht mehr als Flüchtlinge im Sinne der
Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt und behandelt
werden, sondern als Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz .
Das ist im Kern nichts weiter als eine Duldung: ein Jahr
hier sein, warten, in dieser Zeit meistens nicht Deutsch
lernen können,


(Zurufe von der CDU/CSU: Stimmt doch gar nicht! Quatsch!)


keine Familien nachholen und nicht wissen, wie lange
man hierbleiben darf . Das ist Gift für die Integration . Es

ist das Gegenteil von Integration, was Sie hier mit Ihren
Maßnahmen schaffen .


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Sie mit Ihrem Plan durchkommen, werden sich
noch mehr Frauen und Kinder auf die gefährliche Reise
über das Mittelmeer machen müssen, um Schutz zu be-
kommen . Da frage ich Sie, Herr Minister, die anderen aus
dem Kabinett und ganz besonders die Koalitionsfrakti-
onen: Wollen Sie verantwortlich sein für mehr Tote im
Mittelmeer? Wollen Sie das tatsächlich verantworten?
Sie verhindern, dass Kinder mit ihren Eltern zusammen-
leben können . Sie haben doch selbst Familie . Stellen
Sie sich einmal vor, dass Sie von Ihrer Familie getrennt
bleiben müssen, während der Rest der Familie unter dem
Bombenhagel und bei Kämpfen zwischen terroristischen
Islamisten und der Armee sein Leben verliert . Das ist
dann das Ergebnis Ihrer Politik und insbesondere dieser
Maßnahme . Das ist nicht nur unchristlich . Das ist viel-
mehr eine moralische Bankrotterklärung .


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Deshalb haben die zwei großen Kirchen Ihre Politik ver-
urteilt und sagen: Hören Sie mit der menschenverachten-
den Politik auf, die Sie mit der Verhinderung des Famili-
ennachzugs betreiben!


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich finde es gut, Herr Castellucci, dass die SPD – so
tapfer und standhaft, wie sie hier im Bundestag immer
ist – sagt, dass dies mit ihr nicht zu machen ist . Wenn
ich mich aber an die Vorratsdatenspeicherung, die Asyl-
rechtsverschärfung und die Transitzonen, die nun Regis-
trierzonen genannt werden, erinnere,


(Dr . Eva Högl [SPD]: Können wir nicht über das Thema sprechen?)


dann stelle ich fest, dass die SPD zuerst nicht dafür war,
es dann aber gemacht hat .


(Volker Beck GRÜNEN]: Der Feind steht rechts!)


Wenn Sie bei der Beschränkung des Familiennachzugs
sagen, das sei mit Ihnen nicht zu machen


(Zuruf von der SPD: Sprechen Sie doch zur Sache!)


– das ist die Sache –, stellt sich die Frage, ob Sie Ihre
Position, die Sie heute vertreten, weiterhin glaubwürdig
vertreten werden, ob sich die Flüchtlinge darauf verlas-
sen können, dass die SPD nicht nur heute sagt, sie sei ge-
gen die Begrenzung des Familiennachzugs, sondern auch
morgen und übermorgen . Das ist doch die Politik, mit der
wir es in der letzten Woche zu tun hatten .


(Beifall bei der LINKEN)


Es sollen ja noch Wunder geschehen . Ich hoffe darauf –
ich würde mich freuen –, dass Sie bei dieser Position blei-
ben, dass Sie hier Rückgrat zeigen und als Sozialdemokra-
tinnen und Sozialdemokraten diese Maßnahme von Herrn
de Maizière und Co . verhindern . Sie sollten aber auch ver-

Thomas Strobl (Heilbronn)







(A) (C)



(B) (D)


hindern, dass statt Fluchtursachen weiterhin Fluchtmög-
lichkeiten bekämpft werden; denn nichts anderes ist es,
wenn Sie dabei helfen, dass den Menschen die Fluchtwege
abgeschnitten werden oder auch sichere, legale Wege über
den Familiennachzug abgeschnitten werden .

Gestern hat meine Fraktion Gäste von der syrischen
zivilen Opposition empfangen . Eine ihrer Forderungen
war die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen, die 2011
verhängt worden sind und die eben nicht Assad und sei-
ne Entourage, sondern die Bevölkerung in Syrien treffen .
Schon im Herbst 2013 tauchten erste Berichte über ver-
hungernde Kinder in Vororten von Damaskus oder auch
im Flüchtlingslager Jarmuk auf . Die Sanktionen haben
das ganze Gesundheitssystem kollabieren lassen . Medika-
mente gegen Krebs, Herzkrankheiten oder auch Diabetes
können nicht mehr importiert werden . Aufgrund der Sank-
tionen in der Pharma- und auch der Chemieindustrie kön-
nen sie auch nicht mehr produziert werden . Die Lebens-
erwartung ist um 20 Jahre gesunken. Ich finde, es ist eine
humanitäre Pflicht, wenn man davon spricht, Fluchtur-
sachen zu bekämpfen, diese Sanktionen aufzuheben und
das Elend der Menschen dort zu verringern . Dann werden
auch weniger Menschen nach Europa kommen müssen .

Vielen Dank .


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813528200

Vielen Dank . – Nächster Redner ist der Kollege Sönke

Rix, SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD)



Sönke Rix (SPD):
Rede ID: ID1813528300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst einmal möchte ich auf den Vorwurf eingehen,
dass die SPD nicht zu dem steht, was sie sagt . Ich wäre
bei der Debatte über den Familiennachzug sehr vor-
sichtig mit Behauptungen, insbesondere wenn man die
Pressemitteilung des Fraktionsvorsitzenden im saarlän-
dischen Landtag Oskar Lafontaine liest .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der LINKEN)


Die war überschrieben: Familiennachzug eindämmen,
um weiteren Flüchtlingszuzug zu ermöglichen . – Ein
Ausspielen der Flüchtlingsgruppen gegeneinander ist ge-
nauso wenig hilfreich, wie das infrage zu stellen, wofür
die SPD steht .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zunächst einmal will ich grundsätzlich etwas fragen,
und zwar: Wie ist eigentlich unsere Haltung in der aktu-
ellen Debatte zur Flüchtlingssituation?


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Umfaller!)


Ich vermeide bewusst das Wort „Flüchtlingskrise“ .


(Beifall der Abg . Rüdiger Veit [SPD] und Matthias W . Birkwald [DIE LINKE])


Wir haben die Situation, dass wir zwei Grundsätze
zu berücksichtigen haben . Der erste Grundsatz ist: Wer
um Sicherheit und Leben fürchten muss, der soll hier in
Deutschland Sicherheit und Hilfe auch erhalten . Diesem
Grundsatz fühlen wir uns verpflichtet. Der zweite Grund-
satz muss sein: Vor dem Hintergrund der besonderen He-
rausforderungen, die damit einhergehen, brauchen wir
bei diesem sehr schnellen Zuzug von Flüchtlingen, den
wir im Moment erleben, vor allen Dingen eine Gesell-
schaft, die zusammenhält . Das ist ein wesentlicher Be-
standteil unserer Arbeit .

Umso wichtiger ist es, dass wir mit unserer Wortwahl
vorsichtig sind und nicht von „Flüchtlingswellen“ und
von „Dramatik“ reden, wenn es keine Dramatik gibt .


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Da hat er recht!)


Ich hatte gerade eben eine Besuchergruppe und habe die
Frage gestellt bekommen: Wie gehen Sie eigentlich da-
mit um, dass viele Menschen so viel Angst haben? Was
antworten Sie den Menschen eigentlich? – Die Besuche-
rin sprach auch von diffusen Ängsten . Darauf sagte ich:
Ich mache das so ähnlich wie mit meinen Kindern . Ich
frage nach der konkreten Angst, ich frage, wo die kon-
krete Befürchtung ist . Wir müssen aufpassen, dass wir
nicht Ängste schüren, obwohl die Menschen keine Ängs-
te haben müssen . Die Situation ist beherrschbar, liebe
Kolleginnen und Kollegen .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben bewiesen, dass wir als Koalition hand-
lungsfähig sind . Wir stellen den Kommunen und den
Ländern erheblich mehr Mittel zur Verfügung . Wir ar-
beiten außenpolitisch an der Situation, insbesondere an
der Situation in den umliegenden Ländern in der Kri-
senregion . Wir unterstützen bei der Bereitstellung von
Unterkünften, und wir ermöglichen bürgerschaftliches
Engagement, weil bürgerschaftliches Engagement be-
sonders wichtig ist, auch für die Akzeptanz in der Gesell-
schaft . Erst dann, wenn viele Teile der Gesellschaft den
Flüchtlingen helfen, haben wir die Gewähr, dass dann in
der Gesellschaft eine große Anerkennung folgt . Wir soll-
ten alles daransetzen, dass wir das, was wir gemeinsam
beschlossen haben, umsetzen, bevor wir die schon viel-
zitierte neue Sau durchs Dorf jagen, liebe Kolleginnen
und Kollegen .

Für uns heißt es, klare Haltung in der Familienpolitik
zu zeigen. Wir haben eine sehr deutliche Verpflichtung
gegenüber Frauen und Kindern, die um ihre Sicherheit
und um ihr Leben fürchten müssen . Wir haben in unse-
rem Grundgesetz einen Grundwert bezüglich der Fami-
lienpolitik, dort steht: Wir wollen Familie, Ehe und Kin-
der schützen . – Das gilt auch für Flüchtlingskinder, für
Flüchtlingsfamilien .


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Diese Haltung sollten wir wahren und nicht durch
neue Vorschläge so tun, als ob wir mit einem Auseinan-
derreißen von Familien – nichts anderes wäre das – eine

Sevim Dağdelen






(A) (C)



(B) (D)


Situation bekommen, wonach wir eine Entlastung an
den Grenzen und bei den Verfahren hätten . Das Gegen-
teil wäre doch der Fall . Diejenigen, die nicht nachziehen
können, würden ihren Asylantrag individuell stellen . Sie
werden individuell an der Grenze stehen und sich auf den
unsicheren Weg machen . Das dürfen wir hier nicht ver-
antworten, liebe Kolleginnen und Kollegen .


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es wäre auch integrationspolitisch falsch, die Männer
hier alleine zu lassen und ihnen Möglichkeiten zu geben,
die Sprache zu lernen, sich zu integrieren und vielleicht
auch in Ausbildung und Arbeit zu kommen, aber ihre Fa-
milien nicht hierherziehen zu lassen . Ich glaube, es ist
wesentlich und wichtig, dass Familien hier gemeinsam
sein können . Hier müsste das Familienbild der Union
eine große Rolle spielen .

Ich will noch einen letzten Satz sagen . Wir haben noch
eine EU-Richtlinie auf den Weg zu bringen, mit ihr ha-
ben wir insbesondere den Schutz von Kindern, Familien
und Frauen umzusetzen . Ich warne davor, die Umsetzung
dieser EU-Richtlinie zu verzögern . Wir brauchen den
Schutz der Flüchtlingskinder und der Flüchtlingsfrauen,
die bereits in unseren Einrichtungen sind . Deshalb bitte
ich ganz dringend darum, diese Richtlinie sofort und sehr
schnell umzusetzen; nicht nur der Weg hierher soll er-
möglicht werden, sondern auch der Schutz hier . Sie brau-
chen Schutz und Hilfe . Das sollte unser Ziel sein .

Herzlichen Dank .


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813528400

Vielen Dank . – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grü-

nen hat jetzt Volker Beck das Wort .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813528500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich

möchte mit einem Wort der Anerkennung für Ihre Rede,
Herr Castellucci, beginnen . Ich fand sie sehr präzise und
sehr mutig .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Mutig fand ich, dass Sie sich hinter Ihre Bundeskanzlerin
gestellt haben . Das ist in diesen Zeiten in der Koalition
schon etwas Besonderes, das Würdigung verdient .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Sönke Rix [SPD]: Ich weise darauf hin, dass ich mich nicht gegen sie gestellt habe!)


Ich gehöre dem Hohen Hause seit 21 Jahren an . Ich
muss sagen: Was heute hier stattgefunden hat, habe ich
in meiner Zeit als Abgeordneter bislang nicht erlebt: of-
fener Kampf des Bundesinnenministers gegen die Richt-
linienkompetenz der Bundeskanzlerin . Das haben wir so

noch nicht gesehen . Am Donnerstag einigen sich die Par-
teivorsitzenden . Am Freitag hält der Innenminister ein
Statement . Er hatte eine Presseanfrage – oh Wunder . Der
Kanzleramtsminister und Flüchtlingskoordinator sam-
melt das Statement wieder ein, und am Mittwoch erzählt
der Bundesinnenminister hier am Rednerpult kackfrech
genau dasselbe, was er am Freitag schon erzählt hat . So
viel Ignoranz gegenüber der Bundeskanzlerin, gegenüber
der Koordination einer gemeinsamen Politik durch das
Bundeskanzleramt, habe ich noch nicht erlebt .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Offensichtlich haben Sie nicht verdaut, dass man Ih-
nen mit Herrn Altmaier einen Flüchtlingskoordinator vor
die Nase gesetzt hat . Nun wehren Sie sich offensichtlich
mit den Instrumenten des zivilen Ungehorsams. Ich fin-
de es angesichts der humanitären Frage, um die es hier
geht, vollkommen unangemessen, auf dem Rücken der
Flüchtlinge und dem Rücken des demokratischen Klimas
in diesem Land einen solchen Machtkampf aufzuführen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Herr Innenminister, in der Sache richten Sie maxi-
malen Schaden an . Sie verkünden, anders als es der
Beschluss der drei Parteivorsitzenden vorsieht, dass bei
subsidiär Geschützten der Familiennachzug zwei Jahre
ausgesetzt werden soll – das finde ich in der Sache ver-
kehrt –, in der Presse aber etwas ganz anderes:

Ihr bekommt Schutz, aber den sogenannten subsidi-
ären Schutz – das heißt zeitlich begrenzten Schutz
ohne Familiennachzug .

Das sagte der Bundesinnenminister am 6 . November
2015 .

„Ohne Familiennachzug“, das heißt für viele Men-
schen, die in Flüchtlingscamps in Syrien oder am Rande
von Syrien, in Nachbarstaaten, sind: Für euch gibt es kei-
ne legale Chance, zu euren Söhnen, zu euren Männern
nach Deutschland oder nach Europa zu kommen . Euch
bleiben nur der Schleuser und der Weg über das Mittel-
meer . – Das ist zynisch, und das ist nichts anderes als ein
Schleuserwesenankurbelungsprogramm .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Angeblich wollen Sie doch genau das bekämpfen . Das
macht mich in der Sache wirklich sprachlos. Ich finde, so
etwas darf man als Innenminister in einer solchen Situa-
tion nicht machen . Das Innenministerium braucht gegen-
wärtig einen Troubleshooter, aber es hat einen Trouble-
maker, und da ist der Fehler .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, der zweite Punkt, über den
gerade geredet wird, ist ja die Frage, ob wir zum Dub-
lin-Verfahren zurückkehren . Da liegt natürlich ein Pro-
blem: Ja, wir brauchen eine neue europäische Begründung
einer solidarischen Flüchtlingsaufnahme . Aber durch die
Wiederherstellung des gescheiterten Dublin-Systems

Sönke Rix






(A) (C)



(B) (D)


wird das nicht gelingen . Das Reden über eine neue eu-
ropäische Aufnahme fängt damit an, dass Deutschland
gegenüber seinen europäischen Partnern eingesteht, dass
das Dublin-System auf Egoismus angelegt war und dass
Deutschland von diesem Egoismus über annähernd zwei
Jahrzehnte profitiert hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Wir waren umzingelt von sicheren Drittstaaten; Flücht-
lingsaufnahme war ein Problem der anderen . Sie ging
uns nichts an – bis es schiefging .

Man hätte es schon länger wissen müssen . Als auf
dem Oranienplatz hier in Berlin die ersten Flüchtlinge
aus Italien ankamen, hätte ein Innenminister reagie-
ren und sagen müssen: Wir müssen diese solidarische
Flüchtlingsaufnahme mit neuen Instrumenten europäisch
absichern . – Dazu gehört für mich: einheitliche Mindest-
standards bei der Versorgung . Es kann nicht sein, dass
in manchen Ländern Flüchtlinge noch nicht einmal eine
Unterkunft bekommen .


(Beifall der Abg . Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Außerdem muss es endlich einen europäischen Me-
chanismus der Finanzierung geben, ähnlich wie wir ihn
jetzt im Verhältnis zwischen Bund und Ländern haben .
Es darf sich nicht für diejenigen rechnen, die sich am
Ende aus der Solidarität und aus der humanitären Auf-
gabe davonstehlen. Das muss solidarisch finanziert sein.
Wir können doch nicht hinsichtlich der Einhaltung der
Maastricht-Kriterien Schäuble losschicken, damit der
sagt: „Achtet auf euren Haushalt“, und im Hinblick auf
die Flüchtlingsaufnahme sagen: Seid aber bitte schön
humanitär . – Das ist angewandtes Spaltungsirrsein . Das
darf es nicht geben .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Aber die Wiederherstellung des Dublin-Abkommens
über repressive Maßnahmen führt doch nur zu einem: zu
völligem Chaos . Deutschland hat zwei Monate Zeit, um
einen Antrag auf Rücknahme zu stellen . Das Aufnahme-
land hat drei Monate Zeit, um darauf zu antworten . Dann
hat Deutschland sechs Monate Zeit, um es umzusetzen .
Zwischen 2 und 5 Prozent liegen in der Regel die rea-
len Rückführungsquoten . Ein Flüchtling ist also ein Jahr
hier, und nichts ist passiert, und dann stellen wir fest:
Jetzt bleibt er doch da .


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813528600

Herr Kollege .


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1813528700

Dann fangen wir mit der Integration an . Das ist wirk-

lich eine Politik, durch die Sie dem Land nicht signali-
sieren, dass wir das schaffen können und dass wir das
schaffen wollen . Wenn wir wollen, dann können wir;

aber bei Ihnen bin ich mir nicht sicher, ob Sie wirklich
noch wollen .


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813528800

Vielen Dank, Herr Kollege Beck . – Nächste Redne-

rin für die CDU/CSU-Fraktion ist die Kollegin Andrea
Lindholz .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Andrea Lindholz (CSU):
Rede ID: ID1813528900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Deutschland hilft in dieser histori-
schen Flüchtlingskrise wie kaum ein anderes Industrie-
land . Das ist gut und richtig; aber auch unsere Kräfte
sind begrenzt . Ich darf Erhart Körting, den ehemaligen
Innensenator des Landes Berlin, zitieren, der heute in der
FAZ sagt: „Die Aufnahmemöglichkeiten sind endlich .“
Genau das wird uns auch tagtäglich von Bürgerinnen und
Bürgern, von verantwortlichen Bürgermeistern, Landrä-
ten, Kommunalpolitikern aller Parteien, Hilfsorganisati-
onen und vielen Helferinnen und Helfern in diesem Land
bestätigt: Ja, wir wollen helfen; aber unsere Kapazitäten
sind begrenzt .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


All diese Menschen erwarten von uns Antworten .
Diese Antworten sollten mehr als nur polemische Reden
sein . Es sollten konkrete Vorschläge sein . Die können
sich nicht nur mit der Integration beschäftigen, sondern
sie müssen sich auch mit den Fragen der Begrenzung be-
schäftigen .

Bis Ende Oktober waren in Deutschland 758 000
Asylbewerber im System zur Erstverteilung registriert .
Monatlich kommen bis zu 180 000 Migranten dazu . Hun-
derttausende Migranten wurden bisher überhaupt nicht
erfasst . Sie verteilen sich selbstbestimmt in Deutschland
und Europa . In Schweden ist die Aufnahmekapazität
bereits erschöpft, und in Österreich ist die Lage ähnlich
prekär .

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat
in diesem Jahr über 205 000 Anträge entschieden und
83 000 Menschen Flüchtlingsstatus oder Asyl gewährt .
Natürlich dürfen diese Menschen ihre Kernfamilie nach-
holen . Sie müssen bei uns auch ordnungsgemäß versorgt
und integriert werden . 330 000 Asylanträge sind noch
offen .

Das alles stellt unser Land vor große Herausforderun-
gen . Diese werden durch den extremen Anstieg der Zu-
wanderung, den wir seit September dieses Jahres erleben,
immer mehr potenziert . Auch die deutschen Kommunen
sind überfordert . Der Städte- und Gemeindebund hat
schon Anfang Oktober die Einschränkung des Familien-
nachzuges gefordert .

Ja, Deutschland muss angesichts dieser dramatischen
Entwicklung Entscheidungen treffen, die sicherlich nicht
immer einfach sind . Die Bürgerinnen und Bürger erwar-
ten aber von uns, dass wir geltendes europäisches und

Volker Beck (Köln)







(A) (C)



(B) (D)


nationales Recht anwenden . Dazu gehört auch die Dub-
lin-Verordnung, solange sie nicht durch ein anderes Sys-
tem abgelöst ist .


(Rüdiger Veit [SPD]: Sie sagen doch selbst, dass es gescheitert ist!)


Eine Vervielfachung der hohen Zugangszahlen in-
nerhalb kurzer Zeit würden wir in diesem Land nicht
verkraften . Das würde auch unsere Integrationskraft
überfordern . Auch diese Erkenntnis gehört zu einer ver-
antwortungsvollen Flüchtlingspolitik .


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Sagen Sie mal, was Sie machen wollen!)


Die Koalition hat sich daher in den letzten Wochen
auf weitere Maßnahmen geeinigt – auch darauf, den Fa-
miliennachzug für subsidiär Geschützte für zwei Jahre
auszusetzen . Bis Juli dieses Jahres konnten subsidiär Ge-
schützte nur unter engen Voraussetzungen ihre Familien
nachholen . Wir haben dies verbessert, obwohl weder das
EU-Recht noch unsere Verfassung diesen Anspruch vor-
sehen .

Wer geglaubt hat, dass dieser Punkt in der Einigung
überhaupt keine Relevanz haben soll, dem ist offensicht-
lich der Ernst der Lage nicht bewusst . Die Union hat ge-
fordert, den Familiennachzug für subsidiär Geschützte
für zwei Jahre auszusetzen und nicht abzuschaffen . Er
soll für zwei Jahre ausgesetzt werden, um in diesem Land
auch wieder Kapazitäten zu schaffen, die notwendigen
Integrationsleistungen in ausreichendem Maße zu erbrin-
gen und die Zuwanderung in unser Land auch ein Stück
weit mit steuern zu können .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Natürlich muss auch bei allen Asylbewerbern das
Asylrecht konsequent angewendet werden . Es müssen
auch wieder Anhörungen – auch bei den Syrern – durch-
geführt werden . Das muss einerseits deshalb geschehen,
weil wir alle Flüchtlinge gleich behandeln sollten, ande-
rerseits aber – das ist viel wichtiger –, weil wir einfach
klären müssen, wer wirklich aus Syrien stammt . Und das
geht eben nun einmal nur mit einer ordnungsgemäßen
Anhörung . Es ist kein Geheimnis, dass man in Istanbul
einen syrischen Pass für einige 100 Euro bekommt . De
facto stammt bereits eine gewisse Anzahl der syrischen
Asylbewerber gar nicht aus Syrien . Auch das ist Teil der
Wahrheit, über die man sprechen muss .


(Beifall bei der CDU/CSU – Rüdiger Veit [SPD]: Das kann man ja prüfen!)


Die Beschleunigung von Asylverfahren ist und war
wichtig . Sie wird von uns auch nicht in Abrede gestellt .
Schnelligkeit allein aber darf kein Selbstzweck sein . Die
Frage, ob Asyl, Flüchtlingsstatus oder subsidiärer Schutz
gewährt wird, muss im Einzelfall anhand der geltenden
Rechtslage geklärt werden . Und hierfür ist nicht die Poli-
tik zuständig, sondern hierfür sind die Entscheidungsträ-
ger im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zustän-
dig . Deshalb unterstützt auch die Unionsfraktion – das
gilt auch für mich selbst – den Vorschlag unseres Bun-
desinnenministers, jeden einzelnen Antrag – auch wieder

die Anträge von Syrern – nach geltendem Asylrecht und
im Einzelfall zu prüfen .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813529000

Vielen Dank . – Nächster Redner ist der Kollege Frank

Schwabe für die SPD-Fraktion .


(Beifall bei der SPD)



Frank Schwabe (SPD):
Rede ID: ID1813529100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich mache das sonst nicht, will an dieser Stelle aber
sagen: Liebe Engagierte, liebe Haupt- und Ehrenamtli-
che – die jetzt vielleicht zuschauen oder später zuschauen
werden –, ich will Sie zu dieser Debatte besonders begrü-
ßen . Denn Sie machen in dieser Zeit eine tolle Arbeit . Ich
glaube, dass dieses Land – ich denke, das muss man so
sagen – wirklich stolz auf das sein kann, was Sie zurzeit
für Flüchtlinge leisten .


(Beifall im ganzen Hause)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn sich das
heute kaum jemand vorstellen kann: Es wird eine Zeit
nach der Flüchtlingslage geben, die wir zurzeit haben;
vielleicht wird diese Zeit auch schneller kommen als ge-
dacht . Wir werden in dem Lichte dann auf das zurück-
blicken müssen, was wir heute diskutieren und was wir
heute entscheiden . Ich hoffe, dass wir dann nicht voller
Scham darauf zurückblicken müssen .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Eigentlich müsste man es nicht extra sagen: Wir reden
über Menschen und darüber, wie Menschen mit Men-
schen umgehen . – Das ist jetzt ein bisschen pathetisch,
aber ich will das in dieser Zeit doch einmal sagen: Wir
haben bald Weihnachten . Ich frage mich wirklich, wie
man Heiligabend mit seiner Familie besinnlich vor dem
Weihnachtsbaum sitzen und gleichzeitig auf die Idee
kommen kann, Väter, Mütter, kleine Mädchen und Jun-
gen voneinander zu trennen . Wie will man das eigentlich
verantworten?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Es ist leider die Konsequenz einer Politik, wie sie hier
gelegentlich skizziert wurde, dass am Ende Kinder mit
ihren Müttern auf eine todbringende Reise über das Meer
gezwungen werden . Wir reden im Übrigen – das will ich
nur noch einmal betonen – über die Kernfamilie . Wir re-
den an dieser Stelle über Mutter, Vater, Kind; über nichts
anderes .


(Rüdiger Veit [SPD]: Nicht über alle Verwandten, wie Herr Scheuer sagt!)


Ich finde, ein solches Verhalten ist mit dem Grundsatz
der christlichen Nächstenliebe nur schlecht zu vereinba-
ren, eigentlich gar nicht zu vereinbaren . Ich bin wirklich

Andrea Lindholz






(A) (C)



(B) (D)


stolz darauf und froh darüber, dass meine Partei sich da
klar positioniert hat .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Man muss noch einmal zurückdenken: Wie war es
eigentlich Anfang des Jahres, als wir die Ereignisse um
Lampedusa und all die Diskussionen darum hatten? Da
haben wir doch eine Korrektur vorgenommen, haben ge-
sagt: Wir müssen alles tun, um Menschen vor dem Er-
trinken zu retten. – Zurzeit findet das EU-Afrika-Treffen
in Valletta statt . Dort wird eine Abschlusserklärung – sie
ist schon verabredet – verabschiedet . Darin steht als erste
Priorität: Lebensrettung und Achtung der Menschenrech-
te . – Das ist die erste Priorität .


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, dem müssen wir uns auch in unserer Politik
stellen .

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Flüchtlingsla-
ge ist herausfordernd – das ist mehrfach betont worden –,
aber Hysterie ist fehl am Platze .


(Beifall der Abg . Dr . Petra Sitte [DIE LINKE])


Die Regierung ist gehalten, nicht Scheinlösungen vor-
zulegen, getrieben von irgendeiner Hysterie; wir müssen
ganz kontinuierlich und vernünftig das abarbeiten, was
wir uns vorgenommen haben . Wir hatten gestern – es
ist schon gesagt worden – Frank-Jürgen Weise in der
SPD-Fraktion . Es war sehr wohltuend, was er da gesagt
hat .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben das Vertrauen, dass er jemand ist, der wirklich
die Dinge abarbeiten kann, die wir miteinander beschlos-
sen haben .

Ich will auch das noch einmal sagen: „Subsidiärer
Schutz“ und „Dublin“ sind zwei Stichworte, sind am
Ende zwei Synonyme für mehr Bürokratie und nicht für
weniger Bürokratie .


(Beifall bei der SPD)


Wie wir damit die Aufgabe besser bewältigen können, ist
mir jedenfalls nicht klar .

Wir brauchen die volle Unterstützung für Kommunen,
Hilfsorganisationen und Ehrenamtliche . Die Bürgermeis-
ter sind genannt worden, Frau Lindholz, parteiübergrei-
fend . Es gibt in der Tat verantwortungsbewusste Bür-
germeister und Oberbürgermeister . Da ist etwa der OB
Dupper in Passau . Was man von ihm lesen kann, ist wirk-
lich beeindruckend . Ich habe gerade auch gelesen, dass
Stephan Neher – in Klammern: CDU – klar gesagt hat:
Wir schaffen das bei uns in Rottenburg . Wenn Deutsch-
land das nicht schafft, wer soll das eigentlich sonst schaf-
fen?


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie des Abg . Dr . Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Verantwortungslos ist – das will ich an dieser Stelle
auch sagen –, wenn Herr Landsberg vom Städte- und Ge-
meindebund – es gibt da noch andere Verbandsfunktionä-
re – sich nicht nur zur kommunalen Situation äußert – das
zu tun ist seine Aufgabe –, sondern sich auch als Hob-
byaußenpolitiker geriert . Ich sage, nicht zu kritisch auch
in Richtung meiner eigenen Kolleginnen und Kollegen in
der Fraktion: Ich finde es problematisch, wenn Kommu-
nalpolitiker oder auch Innenpolitiker anfangen, außen-
politische Fragen in einer bestimmten Art und Weise zu
bewerten .


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dafür haben wir wirklich eine vernünftige, verlässliche
Außenpolitik, und die kann bewerten, wo auf der Welt es
sichere Zonen gibt und wo nicht .

In der aktuellen Debatte wird immer wieder etwas ge-
sagt, was nicht stimmt, und das ärgert mich am meisten .
Tatsache ist: Deutschland tut eine ganze Menge in der
Frage der humanitären Hilfe . Frank-Walter Steinmeier
läuft sich die Hacken ab, um da voranzukommen . Wir
haben in Deutschland die Mittel massiv erhöht; das ist
wahr .

Aber wir haben weiterhin folgende Situation – das
können alle nachlesen –: Im Jahr 2015 haben die Ver-
einten Nationen um 2,9 Milliarden US-Dollar Hilfe für
Syrien gebeten . Davon sind 1,059 Milliarden US-Dollar
gedeckt . Das sind 37 Prozent . An Hilfe für die Regionen
rund um Syrien halten die Vereinten Nationen 4,5 Milli-
arden US-Dollar für nötig . Davon wurden 2,278 Milliar-
den US-Dollar zur Verfügung gestellt . Das sind 50 Pro-
zent . Nicht mal die Hälfte des Geldes, das notwendig
ist, um Kindern eine Schulbildung zu ermöglichen oder
ihnen genug zu essen zu geben, wird von der internatio-
nalen Gemeinschaft aufgebracht. Ich finde, es ist die Auf-
gabe von uns allen, das endlich zu ändern und dafür zu
sorgen, dass Fluchtursachen wirklich bekämpft werden .
Das schaffen wir nicht durch Abschreckungsmaßnah-
men, sondern nur durch Hilfe für die Menschen vor Ort .


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813529200


Vielen Dank . – Die nächste Rednerin ist Nina Warken,
CDU/CSU-Fraktion .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Nina Warken (CDU):
Rede ID: ID1813529300


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Menschen im Land schauen heute in ihrer ganz über-
wiegenden Zahl mit dem Wunsch nach Berlin, dass wir
den Zustrom an Asylsuchenden ordnen und begrenzen .
Das ist verständlich . Die Kommunen leisten Großartiges
bei der Unterbringung von Flüchtlingen . Sie sind, eben-
so wie die vielen Ehrenamtlichen von DRK, Feuerwehr,
THW, Helferkreisen etc ., am Rande ihrer Leistungsfä-

Frank Schwabe






(A) (C)



(B) (D)


higkeit . Dem Anliegen, den Flüchtlingsandrang zu ord-
nen und zu begrenzen, müssen wir Rechnung tragen .

Es ist Zeit, zu handeln .


(Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Ja, dann machen Sie es doch!)


Die Koalition ist sich dieser Situation sehr bewusst . Sie
handelt .


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Sie jammern nur!)


Mit dem in kürzester Zeit beschlossenen Asylverfahrens-
beschleunigungsgesetz und der Vereinbarung der Par-
teivorsitzenden von vergangener Woche haben wir zwei
Schritte in die richtige Richtung gemacht . Weitere Schrit-
te müssen und werden folgen . Dabei sollte man keinen
Weg von vornherein ausschließen, schon gar nicht, wenn
man wie Sie, liebe Kollegen von der Opposition, keine
eigenen Vorschläge hat .

Ich möchte die Gelegenheit heute auch nutzen, einige
Dinge klarzustellen .


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Sie jammern nur!)


Es geht hier nicht um eine pauschale Beschränkung der
Rechte der Flüchtlinge aus Syrien . Es geht auch nicht da-
rum, den Entscheidern politische Vorgaben zu machen .
Nein, es geht darum, geltendes Recht anzuwenden . Es
geht darum, wieder zur Einzelfallprüfung, zu individuel-
len Entscheidungen, zur Anwendung objektiver Kriterien


(Volker Beck GRÜNEN]: Es geht darum, die Kanzlerin zu demontieren!)


und zu den Regelungen der Genfer Flüchtlingskonventi-
on zurückzukommen .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir sollten keine Gruppe privilegieren und bei keiner
Gruppe pauschal auf die Durchführung von Anhörungen
verzichten und im schriftlichen Verfahren entscheiden .
Für diesen Weg hatte man sich vor rund einem Jahr ent-
schieden . Das wird in der aktuellen Debatte oft verges-
sen – unter dem Druck der steigenden Zugangszahlen
und unbearbeiteten Anträge .


(Rüdiger Veit [SPD]: Ist ja bis heute nicht besser geworden!)


Das mag damals richtig gewesen sein; aber eine geänder-
te Lage erfordert ein Umdenken .


(Beifall bei der CDU/CSU – Rüdiger Veit [SPD]: Die Lage ist ja eher schlimmer!)


Der aktuelle Zustrom von Menschen aus Syrien ist ein
komplett anderer, er ist um ein Vielfaches größer und un-
kontrollierter .


(Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Das spricht dafür, das alte Verfahren beizubehalten!)


Eine nicht unbeachtliche Zahl kommt dabei bereits aus
sicheren Drittstaaten zu uns . Es ist davon auszugehen,

dass etwa 30 Prozent derer, die behaupten, sie kämen aus
Syrien, tatsächlich keine Syrer sind .


(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Woher haben Sie denn die Zahl? – Sönke Rix [SPD]: Was ist das denn für eine Zahl?)


Wenn jetzt also über eine Änderung gesprochen wird,
ist dies schon aus Sicherheitsinteressen geboten .


(Widerspruch bei der LINKEN)


Wir sollten daher wieder zu einem Verfahren mit einer
Anhörung und einer Prüfung jedes Einzelnen, seiner
Identität und der ihm zustehenden Rechte zurückkom-
men .


(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck Identität wird auch heute schon festgestellt! – Zurufe von der LINKEN)


(Köln) [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die


Ein Verfahren, das alle Antragsteller gleich behandelt und
niemanden privilegiert . Ein offenes Verfahren, an dessen
Ende die Entscheidung steht, ob Asyl, Flüchtlingsstatus
oder subsidiärer Schutz gewährt wird . Der Schutzstatus
darf sich nicht ausschließlich an einer oft auch nur be-
haupteten Staatsangehörigkeit orientieren .


(Rüdiger Veit [SPD]: Aber das muss ich doch sowieso prüfen!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, um einem weiteren
Vorwurf klar entgegenzutreten: Keiner möchte hier den
Familiennachzug für alle Syrer grundsätzlich abschaffen .


(Richard Pitterle [DIE LINKE]: Nein, keiner hat die Absicht …! – Weitere Zurufe von der LINKEN!)


Wir – damit meine ich die Koalition – wollen eine Geset-
zesänderung dahin gehend, dass man bei einer gewissen
Personengruppe, nämlich den subsidiär Schutzbedürf-
tigen, das Recht auf Familiennachzug für zwei Jahre
aussetzt, ein Recht übrigens, das kein althergebrachtes
ist, sondern das man dieser Gruppe in der jetzigen Form
überhaupt erst vor wenigen Monaten im Rahmen einer
Gesetzesänderung zugesprochen hat .

Eine veränderte Lage erfordert auch eine veränderte
Politik . Gerade unserer Fraktion ist der Schutz von Ehe
und Familie sehr wichtig .


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Rüdiger Veit [SPD]: Heute ist der 11 .11 .! – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Passt zum 11 .11 .!)


Wir sehen aber auch, dass wir jetzt schon kaum in der
Lage sind, diejenigen, die zu uns kommen, gut unter-
zubringen und zu versorgen . Es ist auch ein Gebot der
Menschlichkeit, die Angekommenen angemessen aufzu-
nehmen .


(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Ihr seid Antichristen!)


Es ist daher richtig, heute über die Aussetzung des Fa-
miliennachzugs für die subsidiär Schutzbedürftigen zu

Nina Warken






(A) (C)



(B) (D)


sprechen . Das mag hart klingen, ist aber ehrlich gegen-
über denjenigen, die bei uns um Aufnahme ersuchen .

Wir wären mit diesem Weg auch nicht alleine oder
blieben hinter europäischen Standards zurück . Unsere
derzeitige Praxis gibt es in keinem anderen Land der EU .
Auch das ist für die Menschen ein Anreiz, gerade zu uns
zu kommen .

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen drin-
gend Mittel und Wege finden, unsere massiv unter Druck
geratenen Kommunen zu entlasten,


(Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Ja, wir beschließen gleich den Haushalt!)


den Flüchtlingszustrom zu steuern und für unsere Asyl-
politik die notwendige breite Akzeptanz in der Bevölke-
rung zu erhalten .

Ein Wort noch, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu
den Diskussionen der letzten Tage: Ich wehre mich ent-
schieden dagegen, dass man angesichts der Situation in
unserem Land pauschal und a priori eine Welle der Em-
pörung über pragmatische Vorschläge zur Bewältigung
der Lage losbricht .


(Zuruf der Abg. Sevim Dağdelen [DIE LINKE])


Es ist jetzt nicht die Zeit für Empörung und ideologische
Debatten .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Nein! Was Sie machen, ist keine Ideologie? Jetzt ist wirklich die Büttenrede am Ende!)


Es ist Zeit, zu handeln . Wir brauchen eine Politik, die
sich am Machbaren und an den tatsächlichen Verhältnis-
sen in unserem Land orientiert . Dafür plädiere ich .

Vielen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Mann, Mann, was wir alles aushalten müssen!)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813529400

Vielen Dank . – Für die CDU/CSU-Fraktion spricht

jetzt Michael Frieser .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michael Frieser (CSU):
Rede ID: ID1813529500

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolle-

ginnen und Kollegen! Manchmal bin ich über die Aufge-
regtheit in diesem Haus wirklich etwas überrascht .


(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht hier um Menschenleben!)


Es ist zwar seit jeher das Privileg der Opposition, Kritik
zu üben, gerne auch lauthals, und die Last der die Re-
gierung tragenden Fraktionen, Lösungen darbieten zu
müssen, von dieser Seite des Hauses habe ich heute aber
keinen einzigen Lösungsvorschlag gehört,


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Gebt euch Mühe mit dem normalen Verfahren!)


zu dem ich sagen könnte: Damit kommen wir einer Be-
grenzung, einer Lösung des entscheidenden Problems
einen Schritt weiter .


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das bedeutet – lassen Sie es mich ganz deutlich sagen –:
Jene Art der Realitätsverdrängung, die im Augenblick
hier betrieben wird, treibt die Menschen auf der Straße
direkt in die Arme von AfD und Pegida . Das ist unser
Problem .


(Beifall bei der CDU/CSU – Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die wählen aber das Original! – Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das ist nur die halbe Wahrheit! – Zuruf des Abg . Volker Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich will es deutlich sagen, versuche aber zugleich, mich
kurzzufassen: Mit der wirklich warmherzigen Aufnahme
durch Ehrenamtliche – mit unendlichem Geschick und
Emotionen –, aber auch mit der Hilfe bei der Aufnahme
durch Vertreter der staatlichen Seite und der Wohlfahrts-
verbände ist die Arbeit doch nicht getan . Die wirkliche
Arbeit fängt doch erst an, wenn es um diese Fragen geht:
Wie kommen diese Menschen in Arbeit? Wo finden diese
Menschen Wohnungen? Wie sorgen wir für einen Inte-
grationsprozess, an dessen Ende sie ein Bestandteil un-
serer Gesellschaft sind? Darüber hinwegzusehen und zu
glauben, man könne an einer Art Rechtsbruch festhalten,
zeugt in der Tat von Realitätsverdrängung .


(Rüdiger Veit [SPD]: Welcher Rechtsbruch?)


Es ist also vielmehr notwendig, zu einem rechtsstaatli-
chen Verfahren zurückzukehren .


(Beifall der Abg . Gerda Hasselfeldt [CDU/ CSU])


Ich bin schon überrascht über diese Art des Umgangs;
denn die Tatsache, dass wir in einer Notsituation ein Ver-
fahren, mit dem die Institutionen, die bei uns gesetzlich
normiert sind, über die Aufnahme von Flüchtlingen zu
entscheiden, wegen der Vielzahl der Fälle nicht mehr zu-
rechtkommen, außer Kraft setzen, bedeutet doch nicht,
dass diese Ausnahme zu einer permanenten Rechtssi-
tuation werden kann . Das heißt, wir müssen zu einem
rechtsstaatlichen Verfahren zurückkehren, zum Beispiel
bei den Anerkennungsverfahren . Alles andere wäre eine
dauerhafte Außerkraftsetzung unseres Rechtssystems .


(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wie? – Volker Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt aber nicht rechtsstaatswidrig, das gegenwärtige Verfahren! – Rüdiger Veit [SPD]: Das ist aber ein heftiger Vorwurf gegenüber dem Minister!)


Das, was ich hier höre, bedeutet letztlich, wenn ich es
zu Ende denke: Abschaffung eines individuellen Rechts
auf Asyl . Das würde bedeuten, dass wir auf einen institu-
tionellen, auf einen automatischen Anspruch zusteuern .
Dann müssten Sie aber auch die Frage beantworten, wel-
che Höchstgrenze es bei dieser Kontingentierung gäbe;
denn es gäbe ja keine Einzelfallprüfungen mehr . Dann

Nina Warken






(A) (C)



(B) (D)


ginge es nicht mehr darum, tatsächlich die Verfolgung
des einzelnen Flüchtlings festzustellen und die individu-
ellen Asylgründe zu ergründen; denn das geht wirklich
nur durch eine persönliche Befragung .

Übrigens muss man auch fragen: Wie wollen Sie ei-
gentlich denjenigen begegnen, die „über Nacht“ Syrer
wurden, deren Muttersprache aber Serbokroatisch ist?


(Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Das ist ja peinlich!)


Das können Sie nur in einem persönlichen Verfahren
hinterfragen . Deshalb ist klar: Sobald es irgendwie geht,
müssen wir zu diesem Verfahren zurückkehren .


(Volker Beck GRÜNEN]: Kriegen wir gegenwärtig doch gar nicht bewältigt!)


Sonst halten wir diesen Ausnahmezustand immer weiter
aufrecht .


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Hauptsache, Sie bedienen jetzt Pegida und AfD!)


Das kann nicht die richtige Botschaft an diejenigen sein,
die ihre Fluchtgründe tatsächlich persönlich vorbringen
wollen .

Weiter geht es mit der entscheidenden Frage des Fami-
liennachzugs . Da drängen sich herzzerreißende Beispiele
auf, von denen wir hier hören . Sie wissen aber genauso
wie wir – auch das muss ich einmal sagen –, dass sich
Tausende und Abertausende von unbegleiteten minder-
jährigen Flüchtlingen auf dem Weg befinden, die letztlich
nur ein Ziel haben, nämlich die Familie auf rechtsstaatli-
chem Wege nachzuholen .


(Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Na und?)


Wenn Sie den Familiennachzug nicht in der vorgesehe-
nen Form begrenzen, evozieren Sie genau dieses Verhal-
ten .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Kommen Sie mir nie wieder mit demografischem Wandel! Nie wieder!)


Genau das sollten wir nicht tun . Deshalb haben wir am
Ende gar keine Alternative, als den Familiennachzug zu
begrenzen .

In Bezug auf die Dublin-Verordnung sollte über Fol-
gendes nachgedacht werden: Was meinen Sie, wie lange
das unsere europäischen Nachbarn noch mitmachen?
Wie lange werden sich Frankreich und die Beneluxstaa-
ten das noch mit ansehen,


(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schweden!)


dass Tausende von Menschen durch Deutschland hin-
durchdiffundieren, weil wir selbst nicht mehr in der Lage
sind, der Dublin-Verordnung zu einem rechtsstaatlichen
Durchbruch zu verhelfen? Die bisher vereinbarten Aus-
nahmen können deshalb nicht auf Dauer zum Normalfall
werden .

Ich kann abschließend nur sagen: Herr Innenminister,
vielen herzlichen Dank für die deutlichen Worte, vielen

herzlichen Dank auch für den Durchhaltewillen und den
Mut, die Dinge, die notwendig sind, umzusetzen . Sie
wissen, dass die Fraktion hinter Ihnen steht;


(Volker Beck GRÜNEN]: Da hat die Kanzlerin offensichtlich jetzt das Misstrauen von Ihnen ausgesprochen bekommen!)


denn Realitätsverdrängung bringt uns gerade im Augen-
blick mit Sicherheit nicht weiter .

Vielen herzlichen Dank .


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813529600

Vielen Dank . – Als letzte Rednerin erhält jetzt Barbara

Woltmann, CDU/CSU-Fraktion, das Wort .


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Oh, jetzt kommt das Gleiche noch einmal mit anderen Worten!)



Barbara Woltmann (CDU):
Rede ID: ID1813529700

Ja, Sie können sich schon darauf freuen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Wir sind hart im Nehmen!)


Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! „Menschen in Not helfen, Zuwanderung ordnen
und steuern, Integration sichern“ – das ist der Titel des
Positionspapiers von CDU/CSU vom 1 . November 2015,
in dem wir unsere zentralen Ziele benannt haben . Sie lau-
ten erstens:

Zuwanderung ordnen und steuern sowie Fluchtur-
sachen bekämpfen, um so die Zahl der Flüchtlinge
zu reduzieren,


(Zurufe von der LINKEN)


– und zweitens –

Menschen in Not zu helfen und die Integration
Schutzbedürftiger zu sichern .

Hinsichtlich der Erreichung dieser dort formulierten Zie-
le sind wir uns mit der Bundeskanzlerin völlig einig .


(Rüdiger Veit [SPD]: Da hört es dann aber auch auf!)


Insofern kann ich die Angriffe der Opposition nur zu-
rückweisen . Es ist eine Mär, dass wir gegen die Bundes-
kanzlerin arbeiten . Das ist ganz und gar nicht so .


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Sie boykottieren ohne Ende ihr Ansehen!)


Wir verfolgen gemeinsame Ziele, und diese haben wir in
der Form formuliert .


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Michael Frieser






(A) (C)



(B) (D)


Im Grunde bin ich der Opposition dankbar, dass sie
dieses Thema heute auf die Tagesordnung gesetzt hat .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Bitte, gern geschehen!)


So können wir darüber sprechen . Das ist gut . Dabei kann
man auch versuchen, auszutarieren, wo es Gemeinsam-
keiten gibt . Und es gibt auch Gemeinsamkeiten über alle
Fraktionen hinweg – ich habe genau zugehört –: Wir alle
verfolgen einen humanitären Ansatz . Wir wollen den
Menschen helfen, die wirklich in Not sind, die einen
Asylgrund haben oder die Flüchtlinge nach der Genfer
Flüchtlingskonvention sind und unsere Hilfe benötigen .
Dagegen ist hier keiner . Ich bin froh, dass wir in diesem
wesentlichen Punkt Einigkeit erzielt haben .

Wir dürfen aber andererseits nicht aus dem Blick ver-
lieren, wie die Situation in unserem Lande mittlerweile
ist . Laut Prognose haben wir 800 000 Flüchtlinge in die-
sem Jahr,


(Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: 20 Milliarden Euro Haushaltsüberschuss!)


möglicherweise werden es mehr werden . Wir wissen
auch nicht, wie sich die Situation im nächsten Jahr ent-
wickeln wird .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Wie viele Menschen leben in Deutschland?)


Alle kommunalen Spitzenverbände haben sich dahin ge-
hend geäußert – Sie haben doch auch alle Wahlkreise; Sie
wissen doch, was zu Hause bei Ihnen los ist –:


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Ja, das kann ich Ihnen gerne einmal erzählen!)


Wenn wir den Menschen, die kommen, Schutz gewähren
wollen, dann sollte er angemessen sein . Wir wollen sie
gut unterbringen, aber es kommen zu schnell zu viele . –
Das muss man einfach deutlich sagen .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Das habe ich in meinem Wahlkreis nicht gehört!)


Der Winter steht vor der Tür .


(Zuruf von der LINKEN: Und dann schicken Sie sie zurück?)


Die Bürgermeister wissen oft nicht mehr, wo sie die
Menschen unterbringen sollen; den Ländern, in denen
die Erstaufnahme erfolgt, geht es genauso . Ich komme
aus Niedersachsen . Dort hat das Land die Erstaufnah-
me mittels Amtshilfeverfahren auf die Kommunen ab-
geschoben . Vonseiten des Landes heißt es: Wir können
nicht mehr, wir wissen nicht mehr, wo wir die Menschen
unterbringen sollen, ihr Kommunen müsst es richten .

Gott sei Dank haben es, zumindest bei uns in Nieder-
sachsen, die Kommunen bislang noch richten können .
Sie haben dafür sorgen können, dass die Menschen ein
Dach über dem Kopf haben .


(Dr . Petra Sitte [DIE LINKE]: Aber nicht dank Ihrer Politik, sondern trotz Ihrer Politik!)


Bei uns gibt es – das ist von anderen auch schon erwähnt
worden – sehr viel ehrenamtliches Engagement . Es ist

wahnsinnig toll, wie viele ehrenamtliche Helfer sich die-
ser Aufgabe widmen . Das ist nicht hoch genug anzuer-
kennen .

Als ich in den Notaufnahmeeinrichtungen gewesen
bin, bin ich aber auch mit den Mitarbeitern des Roten
Kreuzes oder der Malteser – oder wer auch immer da
hilft – ins Gespräch gekommen . Die sagen auch: Unsere
Leute, die das hier ehrenamtlich machen, sind allmählich
am Limit .


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Dann waren wir auf zwei verschiedenen Veranstaltungen!)


Denn die machen das neben ihrem Beruf . Wir haben Leu-
te bei uns, die Nachtdienst in der Einrichtung machen
und tagsüber ihrem Beruf nachgehen . Das ist eine ganz
erhebliche Belastung .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Die waren ganz cool drauf! Die haben nichts davon erzählt!)


Insofern müssen wir uns darüber unterhalten, wie wir
die Dinge auch in Zukunft gut bewältigen können . Wir
sind ein reiches Land . Wir sind ein wohlhabendes Land .
Keiner von uns sagt ja, dass wir das in diesem Jahr nicht
schaffen können . Wir haben es ja auch geschafft . Aber
wie ist es in Zukunft? Wie ist es in den nächsten Jahren,
wenn sich die Zahlen so weiterentwickeln? Darüber müs-
sen wir uns unterhalten. Da müssen wir Lösungen finden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich bin froh, dass wir mit unserem ersten Gesetzespa-
ket, das am 24 . Oktober in Kraft getreten ist, eine gute
Grundlage geschaffen haben . Ich bin auch der SPD dank-
bar, dass wir mit dem am 5 . November gefundenen Kom-
promiss ein weiteres Paket werden auf den Weg bringen
können .

Es gibt – auch das ist schon gesagt worden – nicht die
eine Lösung, es gibt nur ein ganzes Paket an Lösungen .
Die Probleme können auch nicht nur die Innenpolitiker
lösen, sondern diese müssen auch die Außenpolitiker lö-
sen . Insofern ist es gut, wie Minister de Maizière sagt –
da ist er voll auf der Seite der Kanzlerin; ich darf das
vielleicht so zitieren, Herr Minister, weil Sie es uns ge-
genüber gesagt haben –, dass Altmaier die Dinge jetzt im
Kanzleramt koordiniert, weil verschiedene Ministerien
betroffen sind . Das ist eine gute Entscheidung .

Wir wissen auch, dass wir es nicht alleine werden lö-
sen können . Da ist Europa gefragt, da ist die internatio-
nale Gemeinschaft gefragt . Der UNHCR muss endlich
mit den entsprechenden Mitteln ausgestattet werden . Es
kann einfach nicht angehen, dass der UNHCR nur noch
14 Euro im Monat pro Flüchtling hat .


(Matthias W . Birkwald [DIE LINKE]: Welches Land zahlt denn seine Mitgliedsbeiträge nicht?)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813529800

Frau Kollegin Woltmann .

Barbara Woltmann






(A) (C)



(B) (D)



Barbara Woltmann (CDU):
Rede ID: ID1813529900

Einen Satz noch . – Wir haben mit Herrn Weise, dem

neuen Präsidenten des Bundesamtes für Migration und
Flüchtlinge, gesprochen . Wir haben ihn gefragt: Was
wird denn als Fluchtursache genannt? Uns wurde gesagt,
dass drei Gründe in den Asylverfahren von den Flücht-
lingen genannt werden . Die Flüchtlinge nennen als einen
Grund die sichere Situation in Deutschland . Außerdem
geben sie an: Weil die wirtschaftliche Lage in Deutsch-
land gut und stabil ist, glauben wir, dass wir dann auch
einen Arbeitsplatz finden. Und zum Dritten sagen sie:
Weil wir in den Lagern, in den Camps in den Anrainer-
staaten nicht mehr genug zu essen haben . – Auch das war
einer der Gründe . Deswegen müssen wir da helfen .

Ich muss zum Schluss kommen . Man könnte jedoch
noch sehr viel mehr sagen .

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit .


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1813530000

Vielen Dank . – Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir

sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung .

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages auf morgen, Donnerstag, den 12 . November 2015,
9 Uhr, ein .

Die Sitzung ist geschlossen . Ich freue mich, wenn ich
Sie alle nachher beim Großen Zapfenstreich wiederse-
he . – Vielen Dank .