Gesamtes Protokol
Guten Morgen, meine Damen und Herren!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich begrüßeSie zur konstituierenden Sitzung des 18. Deutschen Bun-destages.Parlamentarischer Brauch ist es, dass der Älteste, dieÄlteste die Versammlung eröffnet und die Leitung über-nimmt, bis der Bundestag seinen neuen Präsidenten ge-wählt hat. § 1 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Deut-schen Bundestages sieht dies vor. Ich bin geboren am1. Dezember 1935, dem ersten Adventssonntag. So darfich Sie fragen: Ist jemand früher geboren als ich?
– Hier im Haus. Vielen Dank! Ein wichtiger Hinweis.Ich hatte schon zahlreiche Vorfahren.
Ist hier im Haus jemand früher geboren? – Wenn diesnicht der Fall ist, kommen wir zu Punkt 1 der Tagesord-nung:Eröffnung der Sitzung durch den Alterspräsi-dentenIch habe die Ehre und die Freude, mit Ihnen zusam-men in meiner Eigenschaft als Alterspräsident die ersteSitzung der 18. Wahlperiode zu eröffnen.Ich begrüße den Herrn Bundespräsidenten. Herr Bun-despräsident, wir freuen uns, dass Sie bei uns sind.
Des Weiteren begrüße ich den Herrn Präsidenten desBundesverfassungsgerichts.
Ich begrüße den Altbundespräsidenten, HerrnDr. Horst Köhler.
Ich begrüße herzlich die ehemalige Präsidentin unse-res Deutschen Bundestages, Frau Dr. Rita Süssmuth.
Es ist mir eine ganz besondere Freude, den ehemali-gen Präsidenten des Deutschen Bundestages, HerrnDr. Wolfgang Thierse, zu begrüßen, der heute mit unsseinen 70. Geburtstag feiert.
Lieber Herr Thierse, wir haben diesen Termin nicht ge-wählt, weil Sie Geburtstag haben. Aber es ist wahr-scheinlich die schönste und angemessenste Form für ei-nen ehemaligen Präsidenten, seinen Geburtstag mit derGesamtheit des Parlaments zu feiern, das ihm applau-diert.Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich begrüßeherzlich die zahlreichen Gäste auf der Tribüne.Bis zur Beschlussfassung über die Geschäftsordnung,die sich der 18. Deutsche Bundestag nach der Wahl desBundestagspräsidenten geben wird, verfahren wir nachden Regeln, die für den 17. Deutschen Bundestag gegol-ten haben.Nach Absprache mit den Fraktionen benenne ich alsvorläufige Schriftführerinnen und Schriftführer dieDamen und Herren Abgeordnete – es dauert jetzt einbisschen –: Frau Doris Barnett, Herrn Klaus Brähmig,Frau Petra Crone, Frau Elvira Drobinski-Weiß, HerrnHarald Ebner, Herrn Dr. Thomas Feist, Herrn IngoGädechens, Herrn Markus Grübel, Herrn Florian Hahn,Herrn Volkmar Klein, Herrn Jens Koeppen, Frau DanielaKolbe, Herrn Paul Lehrieder, Frau Sabine Leidig, HerrnSteffen-Claudio Lemme, Herrn Thomas Lutze, FrauKarin Maag, Frau Maria Michalk, Frau Beate Müller-Gemmeke, Herrn Eckhard Pols, Herrn Stefan Rebmann,Frau Annette Sawade, Frau Marianne Schieder, FrauNadine Schön, Frau Carola Stauche, Frau Kerstin Tack,Frau Kathrin Vogler, Frau Sabine Weiss und Herrn PeterWichtel.
Metadaten/Kopzeile:
2 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 1. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 22. Oktober 2013
Alterspräsident Dr. Heinz Riesenhuber
(C)
(B)
Die Abgeordneten Jens Koeppen und Doris Barnettbitte ich, zu meiner Rechten und zu meiner Linken Platzzu nehmen. Sind Sie da?
– Na also. Ich war schon in Sorge. Herzlich willkom-men!Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit kom-men wir gemäß altem Brauch zu einer kleinen Rede desAlterspräsidenten, wobei mir mein Fraktionsvorsitzen-der dringend empfohlen hat, die Nähe des Mikrofonsnicht zu verlassen.
Das ist eine kritische Einschränkung, die der ganzenRede ein höheres Maß an Formalität verleihen wird.Aber der Würde der Stunde ist es vermutlich gemäß.Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist mireine Ehre und eine Freude, mit Ihnen den 18. DeutschenBundestag zu eröffnen. Ich begrüße alle: die, die schonviele Jahre unsere Mitstreiter gewesen sind, und die, dieneu dazugekommen sind und in eine faszinierende Ar-beit starten. Ich denke auch an die Kollegen, die nichtmehr hier im Parlament sind. Die FDP hat seit Beginnder Bundesrepublik aus dem Parlament heraus den libe-ralen Geist deutscher Politik mitgestaltet. Sie ist nichtmehr vertreten.
Alle ehemaligen Kollegen bleiben uns aber in Freund-schaft und in Herzlichkeit verbunden. Alle Ehemaligengehören genauso zu unserer Gemeinschaft. Wir dankenihnen für die Arbeit, die sie über Jahre für uns und mituns geleistet haben.
Unsere Arbeit beginnen wir heute in einer unüber-sichtlichen Zeit. Aber Deutschland ist stark in der Ge-meinschaft Europas. Wir haben kritische Jahre bestan-den. Wir haben mehr Arbeitsplätze, als wir jemals zuvorhatten. Unsere Industrie ist stark, innovationsstark aufden Weltmärkten. Die Schuldenbremse, wie wir sie insGrundgesetz geschrieben haben, beginnt zu wirken.Über alldem ist es uns gelungen, in schwieriger Zeit densozialen Frieden in unserem Land zu bewahren.Unsere politische und gesellschaftliche Kultur hatsich in diesen Jahren bewährt. Wir haben eine Tarifpart-nerschaft, die aus Konflikten gemeinsame Lösungen er-arbeitet. Wir haben inzwischen eine Wissenschaft, diesich in die öffentliche Debatte einbringt: zu Klima undUmwelt, zu den Finanzmärkten, zum Umgang mitmenschlichem Erbgut. Wir haben eine Qualitätspresse,die jenseits von Twitter und 30-Sekunden-StatementsOrientierungswissen erarbeitet, mit dem man sich aus-einandersetzen kann. Wir haben einen Rechtsstaat undeine tüchtige Verwaltung. Und wir haben diese repräsen-tative Demokratie, dieses Parlament mit Männern undFrauen aller Altersstufen aus unterschiedlichen Berufen,von verschiedener Herkunft, mit verschiedenen Interes-sen, mit verschiedenen Neigungen und mit verschiede-nen Wertesystemen. Dieses Parlament ist so vielfältigwie das deutsche Volk. Ihm ist anvertraut, in den nächs-ten Jahren unsere Zukunft zu bauen.In einer idealen Welt könnte man sich vorstellen, dasshier vielleicht noch einige Naturwissenschaftler oder Be-triebsräte oder Unternehmer mehr dabei wären. Auch siealle sollten wissen, dass hier über die Zukunft ihrer eige-nen Arbeit mitentschieden wird. Aber wir sind jetzt sogewählt, wie wir hier sind, und so werden wir die Arbeitangehen.Jeder von uns hat einzelne Themen, die ihm beson-ders am Herzen liegen. Ich freue mich, dass in vielenWahlprogrammen die steuerliche Forschungsförderung,die Förderung von Unternehmensgründungen und dieSchaffung von schnellem Breitband für alle Gemeindenin unserem Land steht. Da darf man sich doch freuenund dankbar sein. Jetzt müssen wir es nur machen, gell?
Die Schönheit eines Programms darf sich nicht amWahltag erschöpfen. Dann geht es erst los, und zwar mitfröhlichem Unternehmungsgeist.
Zugleich stehen wir vor übergeordneten Herausforde-rungen komplexester Art, von denen ich nur einige ganzwenige ansprechen kann; es gibt viele jenseits dessen,was ich berühre.Den demografischen Wandel als Chance begreifen –da sind wir noch nicht ganz fertig. Den demografischenWandel als Möglichkeit eines reicheren und vielfältige-ren Lebens zu verstehen, eine neue Lebensphase, die unsgeschenkt ist, oft bei Gesundheit, hoffentlich bei hellemGeist – das ist eine Chance neuer Art. Da kann man rei-sen, da kann man angeln.
Es gibt Leute, die ein Ehrenamt übernehmen.Schauen Sie sich in Ihren Vereinen, in Ihren Gemeinden,in Ihren Nachbarschaften um: Es sind die Älteren,Frauen und Männer, die die Vereine zusammenhaltenund die Nachbarschaften menschlich gestalten.Wenn es einer mag, soll es auch möglich sein, jenseitseiner Rentengrenze zu arbeiten – ein exotischer Einfall,wie ich zugebe. Aber es gibt viele Wissenschaftler undMittelständler, es soll sogar Abgeordnete geben, dieFreude daran haben, jeden Tag wieder aufzustehen unddas, was sie gelernt haben, zu verwirklichen in einer Ge-sellschaft, die aus ihrer Vielfalt lebt und durch ihre Viel-falt reich ist. Das soll auch die Grundlage für unser Den-ken über die Grenzen des einzelnen Fachs hinaus sein.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 1. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 22. Oktober 2013 3
Alterspräsident Dr. Heinz Riesenhuber
(C)
(B)
Der demografische Wandel stellt auch unser Bil-dungssystem in einen neuen Zusammenhang, den wirbedenken müssen. Wenn über 6 Prozent eines Jahrgangsdie Schule ohne Abschluss verlassen, ist das nicht nureine Frage des Fachkräftenachwuchses oder der volks-wirtschaftlichen Statistiken; es ist auch eine Frage derLebenschancen von Menschen, ihrer Chancen, aus eige-ner Tüchtigkeit und in eigener Verantwortung ihre Zu-kunft aufzubauen und in eigener Verantwortung in unse-rer Gemeinschaft zu leben.
Und das müssen wir ermöglichen. Da geht es nicht umein einziges Rezept; da geht es um die Frage dermenschlichen Gestaltung unserer Gesellschaft; daran ha-ben wir zu bauen. Denn das große Versprechen der so-zialen Marktwirtschaft ist immer der Aufstieg gewesen,die Chance zum Aufstieg. Dem müssen wir gerecht wer-den. Deshalb arbeiten wir an leichteren Übergängen inder Ausbildung. Deshalb werben wir für lebenslangesLernen; denn fast jeder wird in seinem Leben den Beruföfter mal wechseln und sich neu erfinden müssen.Wir haben bei den Frauen die höchste Beschäfti-gungsquote in Europa nach Schweden. Aufstieg undDurchlässigkeit zu ermöglichen, dafür zu sorgen, dassFamilie und Beruf besser vereinbart werden können, dieVoraussetzungen dafür zu schaffen, dass hier eine echteund lebendige Wahlfreiheit herrscht – auch das gehörthier dazu. Wir wollen sie auch mehr für die technischenBerufe gewinnen; denn hier werden die Gehälter dochnoch etwas besser sein als in anderen Bereichen. Männerund Frauen sollen gleichermaßen die Chance haben, daszu verwirklichen, was sie können, und ihr Leben zubauen.
All das hilft, Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätzezu schaffen. Aber vor allem: Es dient der freien Wahl,den eigenen Chancen auf Lebensglück, auf Lebensge-staltung, auf Gestaltung der eigenen Zukunft.Ein Zweites. Wir haben die Energiewende beschlos-sen. Vielleicht war sich nicht jeder darüber klar, was fürein Riesenprojekt wir hier angegangen sind, aber es istentschieden. Der Streit um Kerntechnik ist entschieden,und jetzt haben wir konkrete Aufgaben: kurzfristig, in-nerhalb von zehn Jahren, aus der Kernenergie und mit-telfristig aus Kohle und Öl auszusteigen, massiv Energieeinzusparen, das Reich der erneuerbaren Energien zu er-richten – das ist eine Aufgabe von äußerster Komplexi-tät. Wenn uns dieses in der knappen Frist, die wir uns ge-setzt haben, gelingt, wenn dies uns bei erträglichenKosten gelingt, dann hat unsere Industrie auf den Welt-märkten eine einzigartige Chance. Einige erinnern sichnoch: In den 90er-Jahren ist uns dies in einem anderenBereich, der Umwelttechnik, geglückt. Hieran zu arbei-ten, dass Wirtschaft und Umwelt nicht nur versöhnt, son-dern in eins gegossen werden, sodass insgesamt mit ei-ner einzigen Strategie erfolgreich Zukunft gestaltetwerden kann, wird eine Aufgabe sein, mit der wir uns inder kommenden Periode mit größter Intensität befassenmüssen.Ein Drittes. Wir müssen Europa zusammenhalten undwieder stark machen; denn nur dann bleibt auch Deutsch-land stark in der globalisierten Welt. Im Ziel sind wir unsda alle einig. Der heilige Thomas sagt: Es wird schwie-rig, wenn es konkret wird, gell? – Wir haben in den ver-gangenen Jahren in schwierigsten Debatten Schritt fürSchritt vernünftige Entscheidungen herbeigeführt. Dafürgibt es keinen Masterplan, dafür gibt es keine einfachenLösungen, aber es gibt die Notwendigkeit, aus Prinzi-pien und grundsätzlichen Überlegungen die Gemein-schaft wieder neu zu erfinden.Deutschland hilft. Und wir haben uns mit durchauserheblichen Belastungen und Risiken, die den BürgernSorgen machen, in diese Diskussion begeben. Aber so-lange das Prinzip steht, dass die Hilfe nur dann wirksamwird, wenn jeder der Staaten, die in einer schwierigenSituation sind, zugleich mit größten AnstrengungenMöglichkeiten sucht, sich selbst aus eigener Kraft wie-der aus dieser herauszubringen, um eigenverantwortlichseine Zukunft zu gestalten, damit er wieder Partner inunserem gemeinsamen Europa wird und Seit an Seit mituns gemeinsam in die Zukunft schreitet, werden wir esschaffen, Europa wieder zu dem zu machen, was es seinsoll. Es ist kein Konzept einer dauerhaften Wohltat, es istein Konzept der Investition in eine Zukunft, die wirbrauchen und die die Menschen in unseren Ländernbrauchen; und da gehören wir alle dazu.
Es ist nämlich nicht nur eine Frage unserer Wirtschaftund unserer Arbeitsplätze und der Stabilität des Euro. Esist auch die Frage des Erhalts der großen Vielfalt der eu-ropäischen Kultur, die zum Wohle der Menschheit vielesbeigetragen hat: zur Demokratie, zu Menschenrechten,zur Wissenschaft, zur Technik, zum Verständnis unsererWelt und zur Gestaltung unserer Zukunft aus Verantwor-tung.Ein Letztes, wenn ich dies sagen darf: Wir müssen dieWissensgesellschaft so aufbauen, wie wir sie in den ver-gangenen Jahren schon angelegt haben. Wir haben Mil-liarden investiert – zusätzlich – in Bildung und For-schung. Wir haben neue Paradigmen aufgestellt. Wirhaben die Idee des Wettbewerbs mit immer größererKraft mitten in die wissenschaftliche Community getra-gen. Unsere Wissenschaft ist besser geworden. Aber wirbefinden uns in einem Wettlauf in einer offenen Welt,und den Innovationswettlauf kann nur der gewinnen, derWachstum auf Intelligenz begründet. Wir können nichtbilliger sein, und wir wollen es nicht. Daher müssen wirschneller und besser sein als andere. Der Wettlauf opti-miert die Tüchtigkeit, aber man muss sie instand halten,und daran werden wir zu arbeiten haben, auch im Ge-spräch mit den Bundesländern, gell? Hier könnten einigeinteressante Paragrafen anstehen, auch Artikel imGrundgesetz.
Metadaten/Kopzeile:
4 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 1. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 22. Oktober 2013
Alterspräsident Dr. Heinz Riesenhuber
(C)
(B)
Ich sehe mit großer Faszination diesen zukunftswei-senden Gesprächen entgegen, in denen wir aus Überzeu-gungskraft und mit einem gemeinsamen Ziel Deutsch-land so neu erfinden, dass mit verteilten Rollen, abergemeinsamer Verantwortung die Zukunft unter unserenHänden entsteht. Dazu müssen wir immer neue Pro-blemlösungen erfinden: neue Produkte, neue Verfahren,neue Märkte. Daraus müssen wir Zukunft gestalten undArbeit und Wohlstand und soziale Gerechtigkeit in unse-rem Land erhalten. Das gelingt, wenn wir an den Grund-lagen festhalten und jeden mitnehmen. Das gelingt,wenn der Unternehmungsgeist und die Schaffenskraft,die wir in unseren Instituten und in unseren Unterneh-men immer wieder finden, ausstrahlen in die Gesell-schaft.Manchmal scheint mir die Gesellschaft insgesamtentspannter, manchmal scheint sie mir etwas verzagterzu sein als die Bereiche, in denen wirklich Zukunft ge-schaffen wird. Diese Tatbereitschaft weiter zu verbrei-ten, ist nicht nur die Aufgabe der Politik. Politiker sindnicht immer überzeugend. Unser Ansehen in der Öffent-lichkeit ist noch nicht oberhalb von dem der Bischöfe,gell? Daran müssen wir noch arbeiten.
Aber wir haben durchaus die Pflicht, alle anderen, diedie Öffentlichkeit prägen und Meinungen bilden, dafürzu gewinnen, im gleichen Geist zu arbeiten. Wir müssenjeden mitnehmen in diese neue Welt, die wir hoffentlichschaffen können, in der realen Welt und in der virtuellenWelt. Dabei gibt es für die Jungen ganz andere Heraus-forderungen als für die Alten.Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolle-gen, so wollen wir die Legislaturperiode beginnen mitTatkraft und Zuversicht, im Bundestag mit dem Willenzur rechtzeitigen Entscheidung, mit der Bereitschaft zumStreit, wenn der Streit die Sache klärt, mit der Fähigkeitzum Kompromiss, denn Stillstand darf nicht sein. Dasgilt hier im Bundestag, aber wir leben auch drüben, inunserer Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft, imReichstagspräsidentenpalais, in diesem einzigartigen – wirhaben es nachgeprüft; so etwas gibt es weltweit nichtnoch einmal – Klub der Parlamentarier, wo die offeneRede und das ungeschützte Wort erlaubt sind, wo mannicht wägen muss, ob einem ein anderer irgendetwasnachredet, wo man gemeinsam arbeiten kann und ge-meinsam feiern kann, wo sich die Kollegen jenseits derGrenzen der Parteien treffen. Es ist gut für Deutschland,wenn fraktionsübergreifend die Abgeordneten Deutsch-lands auch ein Bier miteinander trinken. Das kann hilf-reich sein für die Zukunft unseres Landes jenseits desBiers.
So lassen Sie uns die Legislaturperiode beginnen,wenn ich dies sagen darf, auch mit dem Dank gegenüberunseren Lebenspartnern. Wir haben eine seltsame Artder Arbeit: zeitlich chaotisch, in den Überraschungenziemlich einmalig. Nicht immer steht man so fröhlichauf, wie man ins Bett gegangen ist.
– Das ist die Wahrheit. – Dass unsere Partnerinnen undPartner dieses ertragen – mit Geduld, oft mit Sanftmut,meist mit Verständnis, durchaus auch mit Liebe –, das isteine der großen Leistungen, die es uns erst möglichmacht, das zu tun, was wir tun wollen. Meine Frau, dieoben auf der Tribüne sitzt, weiß genau, wovon ich rede.
So lassen Sie uns diese Periode beginnen im ständi-gen Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern, damitder Populismus simpler Lösungen nicht Raum greift, imBewusstsein unserer Verantwortung vor Gott und denMenschen, wie das Grundgesetz es sagt, in einem Geistvon Tatkraft und Gestaltungsfreude, der vom Bundestagin unser Land ausstrahlt – daran müssen wir vielleichtnoch ein bisschen arbeiten.Lassen Sie uns daran arbeiten, dass Deutschland auchin den kommenden vier Jahren ein guter Ort ist, zu le-ben, zu arbeiten und Kinder großzuziehen, und dassDeutschland auch in Zukunft ein guter Partner ist für dievielen unterschiedlichen Nationen in einer offenen Welt.Ich kenne keine schönere Aufgabe denn als Abgeord-neter mit den Kolleginnen und Kollegen, mit den Bürge-rinnen und Bürgern an dieser Aufgabe zu arbeiten. Somöge es uns wiederum gelingen, in unterschiedlicherRolle, in gleicher Leidenschaft für die Sache und in ge-meinsamer Verantwortung.Ich danke Ihnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus denHöhen des Geistes kehren wir zurück zu unserem demü-tigen Dienst.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:Wahl des Präsidenten verbunden mit Namensaufruf und Feststellung der BeschlussfähigkeitMit der Wahl des Präsidenten des Deutschen Bundes-tages werden der Namensaufruf der Mitglieder des Deut-schen Bundestages und die Feststellung der Beschlussfä-higkeit verbunden.Ich bitte um Vorschläge zur Wahl. – Herr Abgeordne-ter Kauder.
Herr Alterspräsident, ich schlage im Namen der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion unseren Kollegen Pro-
fessor Dr. Norbert Lammert vor.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Vorschlaggehört. Der Abgeordnete Dr. Norbert Lammert ist vorge-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 1. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 22. Oktober 2013 5
Alterspräsident Dr. Heinz Riesenhuber
(B)
schlagen worden. – Ich sehe keine weiteren Vorschläge,ich höre keinen Widerspruch. Damit haben wir Dr.Norbert Lammert als einzigen Kandidaten.Nun muss ich Ihnen einige Hinweise zum Wahlver-fahren zumuten. Die Wahl findet mit verdeckten Stimm-karten, also geheim, statt. Gewählt ist, wer die Stimmender Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages,also mindestens 316 Stimmen, erhält.Für diese Wahl und für die spätere Wahl der Vizepräsi-dentinnen und Vizepräsidenten benötigen Sie Ihre Wahl-ausweise aus den Stimmkartenfächern in der Lobby. Fürdie Wahl des Präsidenten sind Wahlausweis und Stimm-karte gelb. Bitte kontrollieren Sie, ob dieser Wahlaus-weis Ihren Namen trägt. Die gelbe Stimmkarte und denamtlichen Wahlumschlag erhalten Sie nach Aufruf IhresNamens von den Schriftführerinnen und Schriftführernan den Ausgabetischen hier oben links und rechts nebenden Wahlkabinen.Ich bitte Sie, von Ihren Plätzen aus über die seitlichenZugänge und nicht durch den Mittelgang zum Ausgabe-tisch zu gehen.Sie dürfen Ihre Stimmkarte nur in der Wahlkabine an-kreuzen und müssen sie ebenfalls noch in der Wahlka-bine in den Umschlag legen. Danach gehen Sie bitte zuden Wahlurnen hier vor dem Rednerpult. Die Schriftfüh-rerinnen und Schriftführer sind verpflichtet, jeden zurück-zuweisen, der seine Stimmkarte außerhalb der Wahl-kabine kennzeichnet oder in den Umschlag legt; dieStimmabgabe kann in diesem Fall jedoch vorschriftsmä-ßig wiederholt werden.Gültig sind nur Stimmkarten mit einem Kreuz bei„Ja“, „Nein“ oder „Erhalte mich“.
– „Enthalte mich“. Ich enthalte mich nie; deshalb ist dieSache ja so schwierig. – Bevor Sie die Stimmkarte ineine der Wahlurnen werfen, übergeben Sie bitte IhrenWahlausweis einem der Schriftführer an der Wahlurne.Die Abgabe des Wahlausweises dient als Nachweis fürdie Beteiligung an dieser Wahl und ersetzt die Eintra-gung in die Anwesenheitsliste – soweit Sie nicht ohnehinschon eingetragen sind.Ich bitte jetzt die eingeteilten Schriftführerinnen undSchriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Diebeiden Schriftführer neben mir, Frau Barnett und HerrKoeppen, werden nun Ihre Namen in alphabetischer Rei-henfolge aufrufen. Ich bitte Sie, den Namensaufruf zuverfolgen und sich nach dem Aufruf Ihres Namens zurEntgegennahme der Stimmkarte zu den Ausgabetischenvor den Wahlkabinen zu begeben.Haben alle Schriftführerinnen und Schriftführer ihrePlätze eingenommen? – Da ich nichts höre, nehme ichan, dass es so ist, und stelle fest: Es ist der Fall. Ich er-öffne die Wahl und bitte Herrn Koeppen, mit dem Aufrufder Namen zu beginnen.
Meine Damen und Herren, damit ist der Namensauf-ruf beendet. In wenigen Minuten werde ich nachfragen,ob alle ihre Stimme abgegeben haben. Dies gilt auch alsFrage an die Schriftführerinnen und Schriftführer.Darf ich fragen, ob alle Mitglieder des Hauses ihreStimme abgegeben haben?
– Nein. Sehr gut.Darf ich noch einmal fragen, ob irgendein Mitglieddes Hauses noch nicht Gelegenheit hatte, seine Stimmeabzugeben? Das gilt auch für die Schriftführerinnen undSchriftführer. – Ich höre keinen Zuruf. Damit schließeich die Wahl und bitte die Schriftführerinnen undSchriftführer, mit der Auszählung – –
– Ich habe sie noch nicht ganz geschlossen. Der Satz warnicht fertig.Habt ihr es jetzt?
– Wo ist der? – Ich werde den Abgeordneten jetzt nichtbeim Namen nennen, gell, Peter?Das ist mein dritter Versuch. Hat noch irgendjemandseinen Stimmzettel nicht abgegeben? Wünscht noch ir-gendjemand, seinen Stimmzettel abzugeben? – Das istjetzt wirklich nicht mehr der Fall. Ich höre keinen Wi-derspruch. Damit ist der Wahlgang geschlossen.Die Schriftführerinnen und Schriftführer bitte ich, mitder Auszählung zu beginnen. Zur Auszählung unterbre-che ich die Sitzung für etwa 30 Minuten. Danach hörenSie das Klingelzeichen, das Sie kennen. Dann geht esweiter. Ich unterbreche die Sitzung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Siebitten, wieder Platz zu nehmen. Das Ergebnis der Wahlliegt vor. – Die unterbrochene Sitzung ist hiermit wiedereröffnet.Das Protokoll über die Wahl des Präsidenten des18. Deutschen Bundestages weist folgendes Ergebnisaus: abgegebene Stimmen 625; damit ist zugleich dieBeschlussfähigkeit des 18. Deutschen Bundestages fest-gestellt. Ungültige Stimmen keine, gültige Stimmen 625.Mit Ja haben gestimmt 591.
Korrekterweise teile ich Ihnen noch mit: Mit Nein habengestimmt 26, Enthaltungen gab es 8. Dr. NorbertLammert hat damit die erforderliche Mehrheit erhaltenund ist zum Präsidenten des 18. Deutschen Bundestagsgewählt.
Herr Dr. Lammert, ich frage Sie: Nehmen Sie dieWahl an?
Metadaten/Kopzeile:
6 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 1. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 22. Oktober 2013
(B)
Herr Alterspräsident, lieber Kollege Riesenhuber, ich
nehme die Wahl gerne an.
Herr Präsident, ich gratuliere Ihnen herzlich zu die-
sem großartigen Ergebnis, auch ein Ausweis Ihrer Arbeit
der vergangenen Periode, und ich bitte Sie, nach einer
kurzen Runde der Gratulationen, das Präsidium über den
18. Deutschen Bundestag zu übernehmen.
Tagesordnungspunkt 3:
Amtsübernahme durch den Präsidenten mit
Ansprache
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehr-ter Herr Bundespräsident! Exzellenzen! Verehrte Gäste!Zunächst möchte ich mich bei unserem AlterspräsidentenProfessor Riesenhuber für die Eröffnung unserer heuti-gen Sitzung, seine einführenden Worte in die absehbarenHerausforderungen dieser Legislaturperiode und die Lei-tung des Wahlganges bedanken und nicht weniger herz-lich bei den beiden Prälaten Dr. Jüsten und Dr. Dutzmannfür die eindrucksvolle Gestaltung des ökumenischenGottesdienstes heute Morgen.
Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, danke ich fürIhr Vertrauen. Ich bin von diesem Votum, wie Sie sichvorstellen können, beeindruckt, zumal es ganz offenkun-dig sowohl von den neuen Mitgliedern wie von den lang-jährigen parlamentarischen Mitstreiterinnen und Mit-streitern verursacht worden ist, und ich empfinde essowohl als Ermutigung wie als Verpflichtung. Besondersbedanken muss und möchte ich mich bei meiner Frak-tion, die mich erneut für dieses Amt vorgeschlagen hat,obwohl sie weiß und damit rechnen muss,
dass mein Verständnis der damit verbundenen Aufgabenin den eigenen Reihen nicht immer stürmische Begeiste-rung erzeugt.
Heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, konstituiertsich zum 18. Mal ein Deutscher Bundestag, der aus all-gemeinen, freien, gleichen und geheimen Wahlen her-vorgegangen ist. Wie immer man das Wahlergebnis vom22. September und die damit verbundenen Folgen beur-teilen mag: Dies allein ist ein eindrucksvoller Beleg fürdie politische Stabilität der zweiten deutschen Demokra-tie, die inzwischen mehr Legislaturperioden aufzuwei-sen hat, als die Weimarer Demokratie an Jahren erlebthat.Der Tag der Konstituierung des 18. Deutschen Bun-destages ist zugleich der 70. Geburtstag von WolfgangThierse. Diese glückliche Regelung
der gesetzlichen Fristen für die spätestmögliche Einberu-fung eines neu gewählten Bundestages gibt uns die be-sonders gute Gelegenheit, ihm nicht nur – was der Al-terspräsident bereits getan hat – zu seinem heutigenEhrentag zu gratulieren, sondern zugleich unserem frü-heren Präsidenten und Vizepräsidenten Dank zu sagenfür die langjährige Arbeit in herausragenden Ämtern undFunktionen.
Wolfgang Thierse war Mitglied in der frei gewähltenVolkskammer der DDR, die 1990 den denkwürdigen Be-schluss des Beitritts der DDR zum Geltungsbereich desGrundgesetzes getroffen hat. Er hat über fast ein Viertel-jahrhundert den Aufbruch der neuen Länder in die Demo-kratie begleitet und das Zusammenwachsen im vereintenDeutschland erfolgreich mitgestaltet. Unvergessen füralle, die dabei waren – und das ist ja eine ganze Reihe vonKolleginnen und Kollegen –, bleibt seine prominenteRolle in der leidenschaftlichen Auseinandersetzung überden Umzug von Parlament und Regierung nach Berlin. Erwar dann sieben Jahre Präsident des Deutschen Bundes-tages – der erste hier im Reichstagsgebäude – und seitdembis heute Vizepräsident.Auch Hermann Otto Solms scheidet heute nach33 Jahren Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag, da-runter 15 Jahre im Präsidium, zuvor Vorsitzender derFDP-Fraktion, aus dem Deutschen Bundestag aus. Ihmwie auch dem Vizepräsidenten Eduard Oswald, der zu-vor Bundesminister und Vorsitzender von nicht wenigerals drei unterschiedlichen Fachausschüssen des Deut-schen Bundestages gewesen ist, möchte ich stellvertre-tend für alle Kolleginnen und Kollegen, die dem neuenBundestag nicht mehr angehören, unseren Dank und un-seren Respekt für die geleistete Arbeit aussprechen.
Meine Damen und Herren, dem neuen Bundestag ge-hören 230 neue Mitglieder an, also mehr als ein Drittel.Es sind weniger Männer als bisher und mehr Frauen.
– Immer noch ein paar zu wenig, höre ich. Aber es be-steht ja doch die famose Aussicht, dass die Frauen dafürdie Mehrheit im Präsidium des Deutschen Bundestagesstellen können.
Diesem Bundestag gehören deutlich mehr jüngereund auffällig weniger ältere Mitglieder an als in der letz-ten und in früheren Legislaturperioden.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 1. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 22. Oktober 2013 7
Präsident Dr. Norbert Lammert
(C)
(B)
Und niemals zuvor gab es in einem deutschen Parlamentso viele Abgeordnete mit einem Einwanderungshinter-grund wie im 18. Deutschen Bundestag.
Sie alle, wir alle übernehmen heute ein neues Mandat,und den meisten wird bewusst sein, dass dies nicht einBeruf wie jeder andere ist. Nicht alle Abgeordneten wer-den die gleichen Aufgaben und Funktionen wahrneh-men, aber alle haben die gleiche Legitimation und diegleichen Rechte und Pflichten. Wir sollten das eine soernst nehmen wie das andere, die Rechte wie die Pflich-ten. Wir sind alle gewählt, nicht gesalbt, beauftragt zurVertretung der Wahlberechtigten, nicht nur unserer je-weiligen Wählerinnen und Wähler. „Die Abgeordnetendes Deutschen Bundestages … sind Vertreter des ganzenVolkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden undnur ihrem Gewissen unterworfen“, heißt es unmissver-ständlich in Art. 38 unseres Grundgesetzes. Aus gegebe-nem Anlass weise ich im Übrigen schon jetzt darauf hin,dass wir gleich mit der Geschäftsordnung auch die Ver-haltensregeln für Abgeordnete beschließen werden, diedamit für alle Mitglieder des Hauses gelten, auch undgerade dann, wenn sie lästig sind.Mit der Konstituierung des Bundestages endet auchdie Amtszeit der Regierung, die ihre verfassungsrechtli-che Legitimation aus der Wahl des Kanzlers bzw. derKanzlerin durch das Parlament bezieht. Auch währendder Dauer der Koalitionsverhandlungen ist die Hand-lungsfähigkeit von Parlament und Regierung gesichert.Und selbstverständlich bedarf eine geschäftsführend am-tierende Bundesregierung nicht weniger parlamentari-scher Kontrolle als eine neu gewählte.
– Ich bedanke mich insbesondere für die demonstrativeUnterstützung durch die Frau Bundeskanzlerin.
Niemand wird deshalb ernsthaft erwarten dürfen, dassder Bundestag seine Arbeit erst nach Abschluss der Ko-alitionsverhandlungen aufnehmen wird.
Beide Verfassungsorgane, Regierung wie Parlament,müssen und können ihre Aufgabe wahrnehmen.Zur Verantwortungsübernahme durch das Parla-ment gibt es keine überzeugende Alternative.So hat es der Präsident des Bundesverfassungsgerichts,den Heinz Riesenhuber schon auf der Tribüne begrüßthat, nicht nur in Interviews immer wieder festgehalten,sondern auch in einschlägigen Urteilen des Bundesver-fassungsgerichts ist das so oder ähnlich nachzulesen. Zi-tat Andreas Voßkuhle:Der Bundestag ist und bleibt der Ort, an dem diewesentlichen Entscheidungen für unser Gemeinwe-sen getroffen werden müssen.Ende des Zitats.Unabhängig von den Koalitionsverhandlungen undden damit verbundenen Vereinbarungen über politischeProjekte der kommenden Legislaturperiode gibt es eineReihe von parlamentarischen Hausaufgaben, denen wiruns alle gemeinsam stellen müssen, die Koalition wiedie Opposition. Drei oder vier davon möchte ich gernebenennen.Erstens: Geschäftsordnung. Die Kultur einer parla-mentarischen Demokratie kommt weniger darin zumAusdruck, dass am Ende Mehrheiten entscheiden, son-dern darin, dass Minderheiten eigene Rechtsansprüchehaben, die weder der Billigung noch der Genehmigungdurch die jeweilige Mehrheit unterliegen.
Die Minderheit muss wissen, dass am Ende die Mehrheitentscheidet, was gilt, und die Mehrheit muss akzeptie-ren, dass bis dahin – und darüber hinaus – die Minder-heit jede Möglichkeit haben muss, ihre Einwände, ihreVorschläge, wenn eben möglich auch ihre Alternativenzur Geltung zu bringen.
Nach Klärung der tatsächlichen Konstellationen indiesem Haus, die wir ahnen, aber ja noch nicht kennen,ist zu klären, ob und gegebenenfalls welche Änderungendazu in der Geschäftsordnung des Bundestages oder ineinschlägigen gesetzlichen Regelungen nötig und mög-lich sind. Alle Fraktionen des Hauses haben in den vor-bereitenden Gesprächen, insbesondere im vorläufigenÄltestenrat, ihre Bereitschaft dazu grundsätzlich erklärt.Daran können wir anknüpfen.Ich will allerdings zur Einordnung der aktuellen Dis-kussion auch den Satz hinzufügen: Klare Wahlergeb-nisse sind nicht von vornherein verfassungswidrig,
große Mehrheiten auch nicht.Zweitens. Wir brauchen offensichtlich eine neue Ba-lance zwischen der Anzahl und dem Umfang der Bera-tungsgegenstände im Deutschen Bundestag und der fürderen Behandlung zur Verfügung stehenden Zeit. In derletzten Legislaturperiode ist mit fast 15 000 Drucksa-chen – 15 000 Drucksachen! – ein neuer, wie ich finde,durchaus zweifelhafter Rekord von Initiativen aller Artaufgestellt worden, darunter 900 Gesetzesvorhaben, vondenen am Ende 553 verabschiedet wurden – auch mögli-cherweise eher ein paar zu viel als zu wenig.Auch wenn die meisten Großen und Kleinen Anfra-gen, Entschließungsanträge, Beschlussempfehlungen,
Metadaten/Kopzeile:
8 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 1. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 22. Oktober 2013
Präsident Dr. Norbert Lammert
(B)
Berichte und sonstigen Initiativen jeweils ihren Sinn ha-ben: Es sind zu viele,
jedenfalls deutlich mehr, als wir in der dafür zur Verfü-gung stehenden Beratungszeit mit der gebotenen Sorg-falt erledigen können. Dies wird im Übrigen auch an derallzu großen Anzahl von Tagesordnungspunkten deut-lich, die ohne Debatte behandelt werden.
Deswegen werden wir an der unangenehmen Entschei-dung nicht vorbeikommen, entweder die Zahl der Sit-zungswochen deutlich zu erhöhen oder unseren gemein-samen Ehrgeiz in der Produktion von Texten undPapieren stärker zu disziplinieren.
Parlamente sind im Übrigen – Wolfgang Thierse hatin seinen Abschlussbemerkungen in der letzten Sitzungder vergangenen Legislaturperiode daran erinnert –keine Instrumente zur Beschleunigung von Entscheidun-gen, sondern zur Legitimierung von Entscheidungen, dieallgemeinverbindlich gelten sollen. Dies setzt eine Sorg-falt und Gründlichkeit voraus, die dem Beschleuni-gungsehrgeiz widerstehen muss, von wem auch immerer jeweils geltend gemacht wird.Drittens. Dass weder die Regierungsbefragung nochdie Fragestunde in ihrer bisherigen Struktur das Glanz-stück des deutschen Parlamentarismus darstellen,
ist inzwischen ein breiter Konsens. Deswegen solltenwir in der Lage sein, beides in einer lebendigeren, dieAufgaben des Parlaments gegenüber der Regierung ak-zentuierenden Weise neu zu regeln.
Viertens schließlich. Es gibt Anlass, noch einmal inRuhe und gründlich auf das novellierte Wahlrecht zuschauen, auch wenn das Wahlergebnis vom 22. Septem-ber nur zu einer maßvollen Ausweitung der Anzahl derMandate geführt hat. Ganze vier Überhangmandate– viel weniger als in den allermeisten früheren Legisla-turperioden – haben durch die neuen Berechnungsme-chanismen des fortgeschriebenen Wahlrechts, die für diemeisten Wahlberechtigten übrigens ziemlich undurch-sichtig sind,
zu 29 Ausgleichsmandaten geführt. Dies lässt die Folgenahnen, die sich bei einem anderen, knapperen Wahlaus-gang für die Größenordnung künftiger Parlamente erge-ben könnten.
Da es immer besser ist, sich mit solchen Entwicklun-gen dann auseinanderzusetzen, wenn die Probleme nochnicht eingetreten sind, spricht manches dafür, dass wirnicht erst nach der nächsten Wahl, sondern rechtzeitigvor der nächsten Wahl noch einmal einen gemeinsamensorgfältigen Blick auf diese Regelungen werfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen undHerren, die Bedeutung und Leistung des Bundestagessind gewiss höher als sein öffentliches Ansehen. DieKritik am Parlamentarismus ist nicht neu; sie ist viel-mehr ziemlich genauso alt wie der Parlamentarismusselbst. Das macht sie allerdings nicht weniger bedeut-sam.Tatsächlich bestimmen nicht nur die Verfassung unddie darin formulierten Aufgaben den kritischen Befund,sondern auch die in der Öffentlichkeit entwickelten An-sprüche und Erwartungen, und diese lassen sich schondeshalb nicht in vollem Umfang erfüllen, weil sie sichteilweise wechselseitig ausschließen. Dies kann man be-sonders gut erkennen am klassischen Spannungsverhält-nis zwischen der Erwartung eines möglichst geschlosse-nen Auftretens parlamentarischer Gruppierungen auf dereinen Seite – insbesondere natürlich von Fraktionen undRegierungskoalitionen – und der erwarteten Unabhän-gigkeit der Abgeordneten mit ihrem verfassungsrecht-lich garantierten freien Mandat auf der anderen Seite.Wenn es in diesem Haus übrigens tatsächlich großeMehrheiten geben sollte, wird die Urteilsbildung der ein-zelnen Abgeordneten auch und gerade in der Koalitionnicht weniger wichtig, sondern noch wichtiger als beiknappen Mehrheiten.
Ein Parlament, das Forum der Nation sein soll undsein will, muss die ganze Breite der Auffassungen undMeinungen zur Geltung bringen, die es unter den Abge-ordneten und den durch sie vertretenen Wählerinnen undWählern in unserer Gesellschaft gibt. Dies geschieht inder Regel über die Fraktionen, muss aber gegebenenfallsauch unabhängig von ihnen möglich sein. Die offeneRede, Herr Kollege Riesenhuber, ist nicht nur in derParlamentarischen Gesellschaft möglich, sondern auchhier –
und manchmal sogar nötig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bundestag hatin der letzten Legislaturperiode nicht nur an Selbst-bewusstsein gewonnen, sondern auch an einklagbarenZuständigkeiten. Der Bundestag beschränkt sich keines-wegs auf die notarielle Beurkundung anderswo getroffe-ner Entscheidungen. Mit Blick auf europäische Verträgeund Vereinbarungen ist er inzwischen selbst am Zustan-dekommen der Verträge und Verpflichtungen beteiligt,
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 1. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 22. Oktober 2013 9
Präsident Dr. Norbert Lammert
(C)
(B)
die er am Ende ratifiziert – oder auch nicht – und damitrechtsverbindlich macht.Es gibt durchaus Anlass zur Besorgnis über mancheEntwicklungen in Europa – in einzelnen Mitgliedstaatenoder auch in der Union im Ganzen –, aber es gibt keinParlament in Europa, das darauf größeren Einfluss hatals der Deutsche Bundestag.Meine Damen und Herren, es gibt keine Demokratieohne Transparenz und Kontrolle. Ohne kritische Be-obachtung geht es nicht, aber ein auf Dauer gesetztesMisstrauen zerstört nicht nur jede persönliche Bezie-hung, sondern macht auch die Wahrnehmung öffentli-cher Mandate unmöglich.Dass an Mandatsträger höhere Erwartungen gestelltwerden als an andere, ist offensichtlich und auch durch-aus angemessen. Es muss aber in einem nachvollzieh-baren, menschengerechten Maß erfolgen. Auch Abge-ordnete haben mit der Annahme ihres Mandats nicht ihrestaatsbürgerlichen Grundrechte verwirkt.
Ein Parlament ist keine Versammlung von Heldenund Heiligen, sondern von Volksvertretern. Dies gilt imÜbrigen nicht nur für die Verfassungstheorie, sondernauch für die gesellschaftliche Wirklichkeit: eine ziem-lich repräsentative Mischung von Herkunft, Alter, Beru-fen, Begabungen, Temperamenten, Erfahrungen, Stärkenund Schwächen; nicht besser als andere, aber in der Re-gel auch nicht schlechter – Volksvertreter!George Bernard Shaw, der kein Parlamentarier war,aber ein kluger Beobachter gesellschaftlicher Entwick-lungen, wird der Satz zugeschrieben: Die Demokratie istdie einzige Staatsform, die sicherstellt, dass wir nichtbesser regiert werden, als wir es verdienen.
Mit dieser ebenso ernüchternden wie ermutigenden Ein-sicht sollten wir uns mit Gottes Hilfe an die Arbeit ma-chen, damit dieses Land etwa so regiert wird, wie es dieMenschen, die hier leben, erwarten und verdienen.Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit,bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Un-terstützung. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit inder neuen Legislaturperiode.
Ich hatte gehofft, Heinz Riesenhuber hätte all dieBlätter mitgenommen, die er für die Erledigung diesesTeils der Tagesordnung erhalten hat.
Diese werde ich ihm nachher zur Erinnerung an die heu-tige Sitzung feierlich überreichen.
Ich komme nun zum Tagesordnungspunkt 4:Beschlussfassung über die– Geschäftsordnung des Deutschen Bundes-tages– Gemeinsame Geschäftsordnung des Bundes-tages und des Bundesrates für den Aus-schuss nach Art. 77 des Grundgesetzes
– Geschäftsordnung für den GemeinsamenAusschuss– Geschäftsordnung für das Verfahren nachArt. 115 d des Grundgesetzes– Richtlinien zur Überprüfung auf eine Tätig-keit oder politische Verantwortung für dasMinisterium für Staatssicherheit/Amt fürNationale Sicherheit der ehemaligen Deut-schen Demokratischen RepublikWer stimmt für den Antrag auf der Drucksache 18/1dieser Legislaturperiode? – Wer stimmt dagegen? – Werenthält sich? – Damit ist dieser Antrag mit großer Mehr-heit bei Stimmenthaltung der Fraktion Bündnis 90/DieGrünen und einiger Mitglieder der Fraktion Die Linkeangenommen.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:Festlegung der Zahl der Stellvertreter des Prä-sidentenNach unserer Geschäftsordnung soll im Präsidiumdes Deutschen Bundestages jede Fraktion mindestensmit einem Mitglied vertreten sein. Hierzu liegt ein An-trag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vor, sechsStellvertreter zu wählen, wobei die stärkste Fraktion so-wie die nächstgrößere Fraktion jeweils zwei Stellvertre-ter des Präsidenten stellen.Interfraktionell ist zu diesem Tagesordnungspunkteine Diskussionsrunde vereinbart worden. – Dazu darfich Ihr Einvernehmen feststellen. Dann ist das so be-schlossen.Wer möchte zunächst dazu das Wort ergreifen? – DieOpposition ist sich interessanterweise nicht einig. Dannbeginnt der Kollege Grosse-Brömer. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Wir haben heute auch die Aufgabe, dem frischgewählten Präsidenten entsprechende Stellvertreter zurSeite zu stellen, damit der weitere, aber auch der künf-tige Ablauf hier im Deutschen Bundestag in mehrfacherHinsicht gewährleistet ist.Ihnen liegt dazu ein Antrag der CDU/CSU und derSPD vor, mit dem Inhalt, den der Präsident gerade skiz-ziert hat. Wir schlagen darin vor, der SPD zwei Stellver-treter zuzuweisen, der Unionsfraktion ebenso und denbeiden anderen Fraktionen, der Fraktion der Linken undder Grünen, jeweils einen Stellvertreter.
Metadaten/Kopzeile:
10 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 1. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 22. Oktober 2013
Michael Grosse-Brömer
(C)
(B)
Dieser Antrag entspricht dem Repräsentationsprinzip,das wir hier seit Jahrzehnten pflegen. Ich erinnere an1994, als den Grünen kein Stellvertreter des Bundestags-präsidenten zugewiesen wurde und sich insbesonderemeine Fraktion dafür eingesetzt hat, dass auch sie einenStellvertreter stellen sollen.
Denn wir waren der Auffassung: Jede Fraktion soll ent-sprechend ihrer Größe im Deutschen Bundestag im Prä-sidium vertreten sein.
Infolgedessen bezieht sich unser Antrag auch auf dieMehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag, die jaletztlich den Wählerwillen repräsentieren, und somit be-inhaltet er jeweils zwei Stellvertreterpositionen für dieUnionsfraktion und für die SPD.Ich möchte gerne darauf hinweisen, dass wir alle einInteresse an einem starken Präsidium haben müssen. DasBundestagspräsidium ist ein wichtiger Teil des Selbst-verständnisses dieses Parlamentes. Gerade dann, wennwir eine starke Regierung haben werden, muss es einstarkes Parlament zur Kontrolle und ein starkes Präsi-dium zur Leitung und zur Begleitung dieser Kontrollegeben. Die Aufgaben des Präsidiums sind vielfältig:Rechtsaufsicht, Repräsentation im In- und Ausland, Sit-zungsleitung, Leitung von Kommissionen und nicht zu-letzt natürlich auch das klare Wort, wie wir es vorhinauch in der Ansprache des frisch gewählten Präsidentengehört haben.Die Kritik, die ich schon im Vorwege gehört habe,halte ich für falsch und ein Stück weit für kleinlich. Sie-ben stellvertretende Präsidenten in diesem DeutschenBundestag sind nichts Neues; wir hatten sie in der vor-letzten Legislaturperiode auch schon.
– Sechs stellvertretende Präsidenten, pardon; insgesamtsieben Mitglieder des Präsidiums.Ich will auch darauf hinweisen, dass nach meiner Ein-schätzung – dies ging auch aus der Ansprache unseresfrisch gewählten Bundestagspräsidenten hervor – wederdie Arbeitsbelastung noch die Probleme, vor denen wirstehen, kleiner werden. Infolgedessen macht es Sinn, einstarkes Präsidium zu haben. Das bezieht sich auf denUmfang. Das bezieht sich auch auf die Persönlichkeiten,die sich hier zur Verfügung stellen. Ich sage es fraktions-übergreifend: Ich bin der Auffassung, dass wir nachhersehr respektable Kandidaten zur Auswahl haben.Deswegen bitte ich abschließend darum, diesem An-trag zuzustimmen. Lassen Sie uns gerne intensiv streitenüber die richtigen Wege, über die richtige Politik in die-sem Hause. Lassen Sie uns aber nicht um einen stellver-tretenden Präsidentenposten streiten. Es gibt Wichtige-res: Die Aufgaben, die vor uns liegen, sind größer.Darüber müssen wir nicht nur ins Gespräch kommen,darüber müssen wir auch in Streit kommen – ich freuemich darauf –: unter der Führung und Leitung eines star-ken und guten Präsidiums.Herzlichen Dank.
Das Wort hat nun die Kollegin Petra Sitte für die
Fraktion Die Linke.
Danke. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren!Herr Grosse-Brömer, Sie streuen hier Brotkrumen undlocken uns ein bisschen in die falsche Richtung im Para-grafenwald der Geschäftsordnung. Sie haben quasi amTag vor der konstituierenden Sitzung des Bundestagesöffentlich bekannt gegeben, dass es mehr Vizepräsiden-tinnen und -präsidenten geben soll. Das wiederum warder Tag nach dem Beschluss über die Aufnahme von Ko-alitionsverhandlungen. Nun kann ich, was die öffentli-che Wahrnehmung angeht, es manchen nicht verübeln,dass das als Geschmäckle, als Deal wahrgenommenwird.
Das Zweite. Dies fällt mitten in die Debatte über dieSicherung der Minderheitenrechte der Opposition in die-sem Parlament. Ich bedanke mich sehr herzlich für dieklaren Worte des Bundestagspräsidenten zu diesen Fra-gen. Aber Ihre Geste wird von uns nicht als vertrauens-bildende Maßnahme wahrgenommen.
Festzuhalten bleibt doch – es ist eben gesagt worden –:Der Bundestag wird zurzeit nicht wesentlich größer. DieAufgaben der Koalition werden nicht wesentlich größer.Im Gegenteil, Sie haben sogar den Vorzug, sich bezüg-lich ihrer Aufgaben eine wunderbare Arbeitsteilung zuschaffen. Aber die Aufgaben der Opposition werden ge-waltig sein, und das bei weniger Abgeordneten.
Mithin hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach– das ist schon erwähnt worden – die besondere Rolleder Opposition für die Wahrung der freiheitlich-demo-kratischen Grundordnung betont. Es wird sogar von ei-ner herausgehobenen Stellung der Opposition gespro-chen. Das sollten wir uns vor diesem Hintergrund indiesem Hause noch einmal vergegenwärtigen.Nun senden Sie ein fragwürdiges Signal. Es gehtnicht nur um einen Vizepräsidentenposten mehr. Es istIhr politischer Wille, von der bewährten Praxis in diesemHause abzuweichen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 1. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 22. Oktober 2013 11
Dr. Petra Sitte
(C)
(B)
Sie sagen, die Mehrheitsverhältnisse im Parlament soll-ten sich im Präsidium abbilden. Das könnte man so hin-nehmen. Aber genau in dem entsprechenden Paragrafender Geschäftsordnung des Bundestages wird überhauptnicht darauf abgehoben, dass sich im Präsidium das Stär-keverhältnis der Fraktionen abbilden soll.
Das ist in dem entsprechenden Paragrafen nicht enthal-ten.
– Nein, Sie können gerne noch einmal nachlesen. Da-rüber können wir uns im Ältestenrat gerne streiten.Es gibt keinen Bezug auf das Berechnungsverfahren.Es gibt nur die Feststellung, die sich aus der sogenanntenGrundmandatsregelung ergibt, dass jede Fraktion mit ei-nem Vizepräsidenten im Präsidium vertreten sein soll.
Das ist seit Jahren geübte Praxis in diesem Hause.
Es geht um die Repräsentation des gesamten Hauses.Deshalb ist diese Praxis besser und demokratischer.
Sie selber haben es vorhin erwähnt: Das, was wir in-frage stellen, ist in der 13. Legislaturperiode auf Antragder Bündnisgrünen eingeführt worden. Auch Sie habendamals als CDU/CDU und FDP ausdrücklich beantragt,dass die Anzahl der Stellvertreterinnen und Stellvertreterbzw. der Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten derAnzahl der Fraktionen entsprechen soll.Nun zur geübten Praxis. Abgesehen von der 1. Legis-laturperiode, ist das Präsidium von der 2. bis einschließ-lich zur 15. Legislaturperiode mit fünf Mitgliedern be-setzt gewesen. In der 14. Legislaturperiode waren essechs. Damals gab es einen Präsidenten, zwei Vizepräsi-denten der Koalition und drei Vizepräsidenten der Oppo-sition. Erst in der 16. Legislaturperiode, also zur Zeit derGroßen Koalition, ist man davon abgewichen, und es hateinen Vizepräsidenten bzw. eine Vizepräsidentin mehrgegeben. Nun nehmen Sie ausschließlich Bezug aufdiese 16. Wahlperiode und gehen von dem zuvor – auchin der letzten Legislaturperiode – angewendeten Prinzipab und wollen wieder sechs Stellvertreter. Auch damalshatte die SPD zwei Stellvertreter. So richtig geholfen hates nicht. Das Wahlergebnis der SPD war nicht ganzüberzeugend.
Gerade erklären Sie von der SPD Ihrer Mitglieder-schaft tapfer, dass erst das Ergebnis der Koalitionsver-handlungen darüber entscheidet, ob Sie eine Große Ko-alition eingehen. Aber den Vizepräsidentenpostenwollen Sie schon heute in Anspruch nehmen.
Was passiert denn dann, wenn Ihre Basis am Ende sagt:„Der Inhalt der Koalitionsvereinbarung reicht uns nicht;wir wollen keine Große Koalition eingehen“, mit diesemzusätzlichen Vizepräsidentenposten? Diese Frage sollteerlaubt sein.
Wie Sie merken, ist vieles in diesem Zusammenhangunklar. Außerdem entsteht der Eindruck, dass es sichhier um eine willkürliche Praxis handelt. Sie klopfensich sozusagen auf Ihre parlamentarische Brust und war-ten auf Großraumgeräusche. Wir finden das ziemlichkleingeistig.
Frau Sitte.
Ich bin sofort fertig. – Dabei hatte Herr Riesenhuber
heute schon von den Höhen des Geistes in diesem Haus
gesprochen.
Ich finde, wir sollten an die gute parlamentarische
Praxis anknüpfen. Es besteht auch aufgrund der konkre-
ten Erfahrungen derjenigen, die schon Mitglied des Bun-
destages waren, überhaupt keine Veranlassung, die Zahl
der Vizepräsidenten zu erhöhen. Die demokratische Füh-
rung der bisherigen Präsidien nach dem alten Prinzip
war gut.
Danke schön.
Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Thomas
Oppermann das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlichkann man darüber diskutieren, ob ein Präsidium zu großoder zu klein ist; aber ich finde, dass ein Präsidium, dasaus dem Präsidenten und den Stellvertretern besteht, alsoin diesem Fall aus sieben Personen bestehen soll, dassalso ein siebenköpfiges Präsidium nicht unangemessengroß ist für ein Parlament aus 631 Abgeordneten.
Bei der Bildung eines Präsidiums gibt es eigentlichdrei Regeln, zwei ungeschriebene und eine, die in unse-rer Geschäftsordnung steht. In der Geschäftsordnung
Metadaten/Kopzeile:
12 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 1. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 22. Oktober 2013
Thomas Oppermann
(C)
(B)
steht die Grundmandatsklausel. Die erste ungeschrie-bene Regel ist: Die stärkste Fraktion soll den Präsidentenstellen. Das ist eine Übung im Deutschen Bundestag, derwir immer gefolgt sind. Auch heute haben wir das ge-macht.Die geschriebene Regel in der Geschäftsordnung desDeutschen Bundestages, die wir inzwischen angenom-men haben, besagt: Jede Fraktion soll unabhängig vonihrer Größe einen Platz im Präsidium bekommen, alsoein Grundmandat. Dieses Grundmandat schützt die klei-nen Fraktionen. Es ist, wenn man so will, praktizierterMinderheitenschutz. Würde es diese Grundmandatsklau-sel übrigens nicht geben, wäre auch bei nur fünf Stell-vertretern die Verteilung: CDU/CSU zwei, SPD zwei,Linke einer und Grüne null. Mit anderen Worten: Mitder Grundmandatsklausel sichern wir erst einmal die Be-teiligung aller Fraktionen im Präsidium.
Die dritte Regel ist, dass natürlich das Präsidium auchdie Mehrheitsverhältnisse im Parlament abbilden muss.Deshalb werden manchmal ein, manchmal zwei Vize-präsidenten hinzugenommen, um diese Mehrheit darzu-stellen. Genau das ist hier der Fall: drei für die Union,zwei für die SPD und je einer für die Grünen und für dieLinke. Wenn jetzt die geschätzten Kollegen und Kolle-ginnen von den Grünen sagen, dass im Verhältnis zu ih-nen der SPD kein zweiter Vizepräsident zukommensolle, dann kann ich nur sagen: Wir haben beide wirklichnicht gut abgeschnitten bei der Bundestagswahl, aber25,7 Prozent sind immer noch erkennbar mehr als8,4 Prozent. Das muss ich den Grünen schon einmal sa-gen.
Ungleiches gleich zu behandeln, ist kein Minderhei-tenschutz. Aber ich bin schon der Meinung – ich kanndas hier für die SPD-Bundestagsfraktion erklären –: Wirsind ohne Einschränkungen gesprächsbereit, wenn es da-rum geht, die Rechte von Minderheiten im DeutschenBundestag sicherzustellen, auch wenn wir im Falle derBildung einer Großen Koalition nur zwei kleine Opposi-tionsfraktionen haben sollten. Eine parlamentarische De-mokratie, die funktioniert, braucht nicht nur eine hand-lungsfähige Regierung, sondern auch eine effektiveOpposition. Für mich ist völlig undenkbar, dass die Op-position nicht in der Lage sein sollte, Anhörungen zubeantragen, Untersuchungsausschüsse auf den Weg zubringen oder ausreichend Redezeit zu bekommen.
Wir werden darüber reden, und wir werden einen Kon-sens bekommen.Vielen Dank.
Nun erhält noch die Kollegin Britta Haßelmann für
die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allen Dingenauch liebe neue Kolleginnen und Kollegen! Lassen Siemich drei Vorbemerkungen machen. Zum einen gratulie-ren wir Ihnen, Herr Präsident, ganz herzlich zu Ihrem Er-gebnis. Wir freuen uns auf die weitere gemeinsame Ar-beit mit Ihnen und möchten das im Namen unsererFraktion deutlich machen.
Wir bedanken uns auch dafür, dass Sie das ThemaMinderheitenrechte angesprochen haben. Das ist ein füruns wichtiges Thema. Deshalb meine zweite kurze Vor-bemerkung: Lieber Gregor Gysi, mich hat schon er-staunt, dass, wenn wir öffentlich die große Welle ma-chen und auch wichtige Themen ansprechen, wie zumBeispiel das Thema Minderheitenschutz, Sie der Ge-schäftsordnung heute hier zustimmen. Das irritiert michdoch; denn ich finde, dass es allen Grund gibt, dieserGeschäftsordnung in der jetzigen Situation nicht zuzu-stimmen, weil wir bislang keine Garantie dafür haben,dass die Punkte, die Sie, Herr Präsident, zu den Minder-heitenrechten angesprochen haben, sich in einer künfti-gen Geschäftsordnung wiederfinden.
Dritte kurze Vorbemerkung. Lieber Thomas Oppermann,der Schalter ist aber schnell umgelegt, oder?
Das hat mich schon irritiert. Ein Grundmandat als prakti-zierten Minderheitenschutz darzustellen – Mannomann!Zunächst habe ich mir das angehört, was Herr Grosse-Brömer nach dem Motto „Damals, 1994, haben wir denGrünen einmal etwas zugestanden“ gesagt hat.
Ich finde, in der Angelegenheit mit dem Grundmandatals praktiziertem Minderheitenschutz haben Sie sich ver-galoppiert.
Nun zur Sache selbst. Die bisherige parlamentarischePraxis entspricht der Tatsache, dass wir einen Präsiden-ten haben und jede Fraktion je eine Stellvertreterin odereinen Stellvertreter stellt; so war zumindest die Verein-barung in der letzten Legislaturperiode und vielen weite-ren Legislaturperioden. Meine Kollegin Sitte hat daraufrekurriert.Im neuen Bundestag sind nur vier Fraktionen vertre-ten, und man kann sich mit einigem Recht fragen, wa-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 1. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 22. Oktober 2013 13
Britta Haßelmann
(C)
(B)
rum das Präsidium zusätzlich zum Präsidenten sechsVizepräsidentinnen bzw. -präsidenten enthalten soll. Dasist eine ganz legitime Frage, über die wir hätten diskutie-ren können. Wir haben darüber im Vorfeld aber nichtdiskutiert. Wir sind am Montag, nachdem Sie Ihren Son-dierungsgipfel hinter sich gebracht hatten, mit dieserFrage konfrontiert worden. Dabei ging es aber nicht umdie Arbeitssituation im Parlament oder um die Frage,was wir vielleicht unter dem Aspekt, von Kommissionenoder der Erörterung von bestimmten Fragen, die anVizepräsidentinnen und -präsidenten zu delegieren sindzu klären ist. Darüber hätte man ja sprechen können, undman hätte zu dem Ergebnis kommen können, es gebevielleicht eine Rechtfertigung dafür, dass wir das Präsi-dium um eine Position erweitern. Aber mitnichten! Siebeide haben mich wunderbarerweise am Montagvormit-tag darüber informiert, dass Sie beide für sich beanspru-chen – das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen, dieBildung einer Großen Koalition, vorwegnehmend –,dass die Anzahl der Stellvertreter ausgeweitet wird.Ich könnte mir sogar noch vorstellen, dass von IhrerSeite das Argument kommt: Wir sind eine Fraktion, dieüber 41 Prozent der Sitze im Deutschen Bundestag hat. Esgibt durch die 631 Abgeordneten mehr zu tun, auch fürdie Vizepräsidentinnen und -präsidenten. – Aber jetzt,liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, argumen-tieren Sie nach dem Motto: Wir müssen auf Augenhöhemit der CDU/CSU sein, und deshalb sorgen wir jetzt füreine Gleichziehung bei der Anzahl der Stellvertreter. Ichbitte Sie! Wir können doch die Frage der Anzahl derVizepräsidentinnen und -präsidenten nicht danach beant-worten, was Sie in Ihren Koalitionsverhandlungen mög-licherweise besprechen.
Das Signal an die Öffentlichkeit ist eben nicht: DieErweiterung des Präsidiums rechtfertigt sich aus sachli-chen Gründen. Wenn ich ein Argument wie „Augenhöhemit der CDU/CSU“ lese, denke ich, das ist doch keinesachliche Begründung. Die Ausweitung des Präsidiumsist für die Öffentlichkeit eigentlich nur dahin gehendeine Bestätigung, dass man denkt: Große Koalition be-deutet, das kostet etwas. – Damit werden wir doch in derÖffentlichkeit konfrontiert.
Sie treten heute hier den Beweis dafür an.Wir lehnen diesen Antrag ab. Selbstverständlich istdas keine Entscheidung gegen die einzelnen Personen,die hier vorgeschlagen werden; um auch das in allerDeutlichkeit zu sagen.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Ich lasse nun über den Antrag der CDU/CSU-Frak-tion und der SPD-Fraktion auf Drucksache 18/2 abstim-men. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um dasHandzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sichder Stimme? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmender antragstellenden Fraktionen gegen die Stimmen derFraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke ange-nommen. Damit ist die Zahl der Stellvertreter des Präsi-denten auf sechs festgelegt.Damit kommen wir nun zum Tagesordnungspunkt 6:Wahl der Stellvertreter des PräsidentenNach unserer Geschäftsordnung erfolgt auch die Wahlder Vizepräsidenten geheim. Interfraktionell haben wirvereinbart, die Wahlen der Kandidatinnen und Kandida-ten mit Wahlausweis und einer Stimmkarte durchzufüh-ren, auf der alle vorgeschlagenen Kandidatinnen undKandidaten aufgeführt sind. Erhebt sich dagegen Wider-spruch? – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dannkönnen wir so verfahren.Mir liegen folgende Vorschläge der Fraktionen vor:von der Fraktion der CDU/CSU die Kollegen Peter Hintzeund Johannes Singhammer, von der Fraktion der SPD dieKolleginnen Edelgard Bulmahn und Ulla Schmidt, vonder Fraktion Die Linke die Kollegin Petra Pau sowie vonder Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die KolleginClaudia Roth. Werden weitere Vorschläge gemacht? –Das ist nicht der Fall.Ich darf auch hier einige wenige Hinweise zum Ab-lauf der Wahl geben. Gewählt ist, wer die Stimmen derMehrheit der Mitglieder des Bundestags erhält; das sind316 Stimmen. Für diesen Wahlgang sind Stimmkarteund Wahlausweis grün. Frau Kollegin Haßelmann, Siesehen, dass ich keine Gelegenheit auslasse, meine Auf-geschlossenheit für Minderheitsinteressen zum Aus-druck zu bringen, auch schon durch die Farbgebung beiWahlgängen.
Den Wahlausweis können Sie wieder, soweit noch nichterfolgt, Ihren Stimmkartenfächern in der Lobby entneh-men.Die Prozedur ist die gleiche, wie vorhin schon einmalerläutert. Auf der Stimmkarte sind alle vorgeschlagenenKandidatinnen und Kandidaten aufgeführt. Sie könnenund sollten bitte auch zu jedem einzelnen der aufgeführtenKandidaten und zu jeder einzelnen der aufgeführten Kan-didatinnen jeweils mit „ja“, „nein“ oder „Enthaltung“ vo-tieren. Wenn bei einem Namen mehr als ein Kreuz odergar kein Kreuz zu erkennen ist oder wenn andere Namenoder Zusätze auf der Stimmkarte eingetragen sind, istdiese Stimme ungültig. Bevor Sie die Stimmkarte ein-werfen, geben Sie auch jetzt wieder bitte dem Schrift-führer an der Wahlurne Ihren Wahlausweis.Den Hinweis darauf, welche Gänge genutzt werdensollten, brauche ich gar nicht mehr zu geben, weil dergrößere Teil der Wahlberechtigten sich schon in derNähe der Kabinen aufhält. Dort sind hoffentlich auchschon die Schriftführerinnen und Schriftführer.
Metadaten/Kopzeile:
14 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 1. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 22. Oktober 2013
Präsident Dr. Norbert Lammert
(C)
(B)
Ich darf bereits jetzt darauf aufmerksam machen, dassich nach Schließen des Wahlgangs die Sitzung für dieAuszählung der Stimmen unterbrechen werde. StellenSie sich bitte darauf ein, dass das etwa eine Stunde dau-ern kann, weil ja ein doch relativ komplexer Wahlgangausgezählt werden muss.Ich eröffne die Wahl.Liebe Kolleginnen und Kollegen, darf ich fragen, objemand im Saal ist, der seine Stimme noch nicht abgege-ben hat? Oder hat jemand einen gesehen, den er dannnicht mehr gesehen hat und der seine Stimme noch abge-ben könnte? – Dann schließe ich diesen Wahlgang undunterbreche die Sitzung bis zur Bekanntgabe des Ergeb-nisses der Wahl. Wir werden den Wiederbeginn derSitzung rechtzeitig durch entsprechende akustische undoptische Signale in den Immobilien des Bundestages an-kündigen. Stellen Sie sich bitte darauf ein, dass es etwaeine Stunde dauern kann, bis wir diesen ja doch umfang-reichen Wahlgang mit der gebotenen Sorgfalt ausgezählthaben.Die Sitzung ist unterbrochen.
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann Ihnen das
Ergebnis der Wahl der Stellvertreterinnen und Stellvertre-
ter des Präsidenten bekannt geben: abgegebene Stimmkar-
ten 626. Alle abgegebenen Stimmen waren gültig.
Von den abgegebenen Stimmen sind entfallen auf
Peter Hintze 449 Jastimmen, 122 Neinstimmen und
51 Enthaltungen. In diesem Falle, was mich ein bisschen
überrascht, waren 4 Stimmen ungültig. Das heißt, es gibt
keine Stimmkarte, die insgesamt ungültig war, was ja
doch auf eine gewisse Pfiffigkeit der neuen wie der alten
Kollegen schließen lässt, aber bei einzelnen Wahlgängen
ist das offenkundig anders. Noch einmal: 449 Jastim-
men, 122 Neinstimmen, 51 Enthaltungen. Ich darf das
mit Ihrem Einverständnis gleich mit der Frage an die je-
weiligen Kolleginnen und Kollegen verbinden, ob sie
die Wahl annehmen. Ich darf den Kollegen Hintze, der
damit die notwendige Mehrheit erkennbar erreicht hat,
fragen, ob er die Wahl annimmt.
Ich bedanke mich. Ich nehme die Wahl an.
Auf den Kollegen Johannes Singhammer sind bei
6 ungültigen Stimmen 442 Jastimmen, 115 Neinstimmen
und 63 Enthaltungen entfallen. Auch er hat damit die
notwendige Mehrheit eindeutig und klar erreicht. Ich
darf ihn fragen, ob er die Wahl annimmt.
Ich danke für den Vertrauensvorschuss und nehme die
Wahl gerne an.
Die Kollegin Edelgard Bulmahn hat bei wiederum
6 ungültigen Stimmen 534 Jastimmen erhalten.
50 Kolleginnen und Kollegen haben mit Nein gestimmt,
36 haben sich der Stimme enthalten. Frau Bulmahn, ich
darf auch Sie fragen, ob Sie die Wahl annehmen.
Auch ich bedanke mich für das Vertrauen, und ich
nehme die Wahl gerne an.
Auf die vorgeschlagene Kandidatin Ulla Schmidt sind
520 Jastimmen entfallen.
66 Kollegen oder Kolleginnen haben mit Nein gestimmt,
35 haben sich der Stimme enthalten. 5 Stimmen waren
ungültig. Ich bin zuversichtlich, Frau Schmidt, dass Sie
die Frage ähnlich beantworten wie die bisher angespro-
chenen Kolleginnen und Kollegen.
Herr Präsident, Sie haben wie meistens recht. Ich
nehme die Wahl an und bedanke mich für das große Ver-
trauen. Danke schön!
Auf Petra Pau sind 451 Jastimmen entfallen,
bei 113 Neinstimmen und 45 Enthaltungen. 17 Stimmen
waren in diesem Wahlvorgang ungültig. Ich darf Frau
Pau fragen, ob sie die Wahl annimmt.
Ja, Herr Präsident, ich nehme die Wahl gern an, und,
liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich auf die
weitere Zusammenarbeit.
Schließlich darf ich noch das Wahlergebnis fürClaudia Roth bekannt geben. Bei 14 ungültigen Stim-men hat sie 415 Jastimmen erhalten. Es gab 128 Nein-stimmen und 69 Enthaltungen. Sie ist damit gewählt.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 1. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 22. Oktober 2013 15
Ja. Ich freue mich, Sie fragen zu dürfen, ob Sie sich
ernsthaft entschließen könnten, dieses Amt anzunehmen.
Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Ich freue mich, Ihnen antworten zu dürfen. Ich habe
mir ernsthaft vorgenommen, es so zu machen, wie ich
bin, und freue mich sehr auf die Zusammenarbeit.
Da nicht alle Kolleginnen und Kollegen im Hause
gleichzeitig ihre natürlich dringenden guten Wünsche an
die gewählten Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten
adressieren können, will ich gerne im Namen des ganzen
Hauses allen gewählten Kolleginnen und Kollegen herz-
lich gratulieren und für die Zusammenarbeit alles er-
denklich Gute wünschen.
Die Bemerkung der Kollegin Roth, sie beabsichtige,
das Amt so auszuführen, wie sie sei, hat hier im Präsi-
dium die spontane Reaktion erzeugt: Das berechtige ja
zu den schönsten Hoffnungen.
Nationalhymne
Meine Damen und Herren, zum Abschluss der konsti-
tuierenden Sitzung des 18. Deutschen Bundestages sin-
gen wir nun unsere Nationalhymne: „Einigkeit und
Recht und Freiheit“.
Wir sind damit am Schluss der heutigen Sitzung.
Über den Termin der nächsten Sitzung des Deutschen
Bundestages werde ich Sie rechtzeitig informieren.
Ich darf Sie nun alle herzlich zu dem Empfang auf der
Fraktionsebene einladen; da besteht Gelegenheit, wei-
tere Glückwünsche auszutauschen und sich über den
weiteren Verlauf der Legislaturperiode überfraktionell
zu verständigen.
Die Sitzung ist geschlossen.