Protokoll:
17244

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 244

  • date_rangeDatum: 7. Juni 2013

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 16:01 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/244Inhaltsverzeichnis a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung über die Lage der Freien Berufe (Drucksache 17/13074) . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dr. Joachim Pfeiffer, Kai Wegner, Lena Strothmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Martin Lindner (Berlin), Claudia Bögel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Freie Berufe – Wachstumstreiber in der Sozialen Marktwirtschaft (Drucksache 17/13714) . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . schlupflöcher stopfen (Drucksache 17/13716) . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 18: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 31. Mai 2013 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Förderung der Steuerehr- lichkeit bei internationalen Sachverhalten und hinsichtlich der als Gesetz über die Steuerehrlichkeit bezüglich Auslandskon- ten bekannten US-amerikanischen Informa- tions- und Meldebestimmungen 30837 A 30837 A 30837 B 30838 B 30852 A Deutscher B Stenografisch 244. Sitz Berlin, Freitag, den I n h a l 25 Jahre Kinderkommission . . . . . . . . . . . . . . Begrüßung des Präsidenten des Sabor, des Parlaments der Republik Kroatien, Herrn Josip Leko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur Geschäftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 47: K D In S L R T A e 30831 A 30859 B 30831 B 30831 B 30832 C 30833 C 30834 C 30835 B Kai Wegner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 30839 D 30841 C undestag er Bericht ung 7. Juni 2013 t : erstin Andreae (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . go Egloff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . tephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . ars Klingbeil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ita Pawelski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 48: ntrag der Fraktion der SPD: Globale Steu- rgestaltung verhindern – Regulierungs- 30842 D 30844 D 30845 C 30846 B 30847 C 30849 B 30850 A 30851 B (Drucksache 17/13704) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit 30852 A II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 Zusatztagesordnungspunkt 19: Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Steuerzahlungen multinationaler Unternehmen transparent machen – Country-by-Country-Reporting in Deutschland einführen und in Europa vorantreiben (Drucksache 17/13717) . . . . . . . . . . . . . . . . . Peer Steinbrück (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Daniel Volk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 49: Unterrichtung durch die Bundesregierung: 16. Bericht der Bundesregierung zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik 2011/2012 (Drucksache 17/12052) . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Schmidt (Aachen) (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Gauweiler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Philipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Monika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes von Apotheken (Apothekennot- dienstsicherstellungsgesetz – ANSG) (Drucksachen 17/13403, 17/13769) . . b c N E T A K A S a B a (D T a b 30852 B 30852 B 30855 B 30858 A 30859 C 30860 D 30861 D 30863 A 30863 D 30864 D 30865 C 30866 C 30867 A 30867 B 30867 C 30869 C 30872 A 30874 B 30875 C 30876 C 30878 C 30880 A 30881 B – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/13771) . . . . . . . . . . . . ) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung arz- neimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (Drucksachen 17/13083, 17/13770) . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Dritten Gesetzes zur Än- derung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (Drucksachen 17/13404, 17/13770) . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem An- trag der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer, Bärbel Bas, Elke Ferner, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Versorgung mit Arzneimitteln sicherstellen (Drucksachen 17/12847, 17/13770) . . . . . amentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . rgebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 13: ntrag der Abgeordneten Katja Mast, Anette ramme, Gabriele Lösekrug-Möller, weiterer bgeordneter und der Fraktion der SPD: ofortprogramm „2. Chance auf Berufs- usbildung“ für junge Erwachsene ohne erufsabschluss – Fachkräfte von morgen usbilden rucksache 17/13252) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 12: ) Antrag der Abgeordneten Anette Hübinger, Albert Rupprecht (Weiden), Michael Kretschmer, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Martin Neumann (Lausitz), Dr. Peter Röhlinger, Patrick Meinhardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Chancengleichheit in Wissenschaft und Forschung durch kontinuierliche Impulse des Bundes konsequent weiter vorantreiben (Drucksache 17/12845) . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu dem An- trag der Abgeordneten Marianne Schieder 30881 C 30881 C 30881 C 30881 C 30882 A 31029 D 30882 B 30882 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 III (Schwandorf), Ulla Burchardt, Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE sowie der Abgeordneten Krista Sager, Kai Gehring, Ekin Deligöz, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frauen in Wissenschaft und Forschung – Mehr Verbindlichkeit für Geschlechtergerechtigkeit (Drucksachen 17/9978, 17/12365) . . . . . . Tagesordnungspunkt 15: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Rüstungs- exporte als Instrument der Außenpoli- tik – Exportverbot jetzt durchsetzen (Drucksachen 17/10842, 17/12654) . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Christine Buchholz, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Alle Waffen- exporte des Oberndorfer Kleinwaffen- herstellers verbieten (Drucksachen 17/4677, 17/4900) . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Lieferung von U-Booten an Israel stoppen (Drucksachen 17/9738, 17/10150) . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Fritz Rudolf Körper, Klaus Barthel, Rainer Arnold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Markierung deutscher Klein- und Leichtwaffen (Drucksache 17/11875) . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Wirtschaft und Technologie zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Katja Keul, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion B Ü a ti (D T a b T A (K te N s d (D T Z d G u (D T B a – 30882 D 30883 A 30883 B 30883 B 30883 C ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Export von berwachungs- und Zensurtechnologie an utoritäre Staaten verhindern – Demokra- sche Proteste unterstützen rucksachen 17/13489, 17/13763) . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: ) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt (Drucksachen 17/12814, 17/13774) . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt (Drucksachen 17/13062, 17/13391, 17/13774) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/13775) . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu der Unterrichtung durch den Deutschen Ethikrat: Stellungnahme des Deutschen Ethikrates – Das Pro- blem der anonymen Kindesabgabe (Drucksachen 17/190, 17/13774) . . . . . . . agesordnungspunkt 17: ntrag der Abgeordneten Volker Beck öln), Tom Koenigs, Omid Nouripour, wei- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN: Aufnahme afghani- cher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter er Bundeswehr in Deutschland rucksache 17/13729) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 16: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes zur Änderung des Soldatinnen- nd Soldatengleichstellungsgesetzes rucksachen 17/12957, 17/13558) . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: eschlussempfehlung und Bericht des Sport- usschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Riegert, Eberhard Gienger, Stephan Mayer (Altötting), weiterer Abgeordneter und der 30883 C 30884 A 30884 B 30884 B 30884 C 30885 A 30885 A IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordne- ten Martin Gerster, Dagmar Freitag, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD, der Abgeordneten Joachim Günther (Plauen), Dr. Lutz Knopek, Hans-Werner Ehrenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP sowie der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel, Daniela Wagner, Claudia Roth (Augsburg), weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ringen vor dem Ausschluss aus dem olympi- schen Programm bewahren – zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion DIE LINKE: Ringen vor dem Ausschluss aus dem olympi- schen Programm bewahren (Drucksachen 17/13091, 17/13092, 17/13372) Eberhard Gienger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) . . . . . . Dr. Lutz Knopek (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Katrin Kunert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Andrea Wicklein, Wolfgang Tiefensee, Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Bürokratieabbau optimieren – Mit- telstandsorientierung stärken (Drucksache 17/13548) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (Drucksachen 17/13063, 17/13392, 17/13556) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/13557) . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: 60 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention – Handlungsbe- darf auf nationaler und internationaler Ebene (Drucksachen 17/6095, 17/13564) . . . . . . R R H U J T a b D N G C S J K T B R ti N n s g (D 30885 C 30885 D 30887 A 30888 B 30888 D 30889 C 30890 A 30890 D 30891 A 30891 A 30891 B einhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . üdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . artfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . lla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . osef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 22: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – zu dem Antrag der Abgeordneten Caren Marks, Petra Crone, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Allein- erziehende besser unterstützen – zu dem Antrag der Abgeordneten Jörn Wunderlich, Diana Golze, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Allein- erziehung von Kindern würdigen – Alleinerziehende gebührend unter- stützen (Drucksachen 17/11032, 17/8793, 17/13178) ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm, Anette Kramme, Anton Schaaf, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Neue Strategien für eine bessere Förderung von Alleinerzie- henden in der Grundsicherung (Drucksachen 17/11038, 17/12905) . . . . . orothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . adine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) . . . abriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . aren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . örn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . atja Dörner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: eschlussempfehlung und Bericht des echtsausschusses zu dem Antrag der Frak- onen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN: Wettbewerb und In- ovationsdynamik im Softwarebereich ichern – Patentierung von Computerpro- rammen effektiv begrenzen rucksachen 17/13086, 17/13764) . . . . . . . . 30891 B 30892 D 30893 C 30894 A 30995 A 30896 A 30896 B 30896 B 30897 C 30898 C 30899 C 30900 D 30901 C 30902 C 30903 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 V Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Ansgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ingo Egloff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jimmy Schulz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Ilja Seifert, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Diskriminierungsschutz für chronisch erkrankte Menschen ins All- gemeine Gleichbehandlungsgesetz aufneh- men (Drucksachen 17/9563, 17/13765) . . . . . . . . . Dr. Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . Sonja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Nutzung verwaister und vergriffener Werke und einer weiteren Änderung des Urheberrechtsgesetzes (Drucksache 17/13423) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Agnes Krumwiede, Priska Hinz (Herborn), Tabea Rößner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Transparente Kriterien und verbindliche Rahmenbedingungen schaf- fen für die Bundesförderung von kulturel- len Institutionen und Projekten (Drucksache 17/12196) . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Reiner Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Koschyk, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T U B w (D T S D D K D T – – H R H U M T Z ti b Ä g (D H D D D H C 30903 C 30904 D 30905 C 30906 A 30906 D 30907 C 30908 C 30908 D 30909 A 30909 D 30910 B 30911 A 30911 B 30911 C 30911 D 30913 B 30914 A 30915 A 30916 B 30917 C agesordnungspunkt 27: nterrichtung durch die Bundesregierung: undesbericht Wissenschaftlicher Nach- uchs 2013 rucksache 17/13670) . . . . . . . . . . . . . . . . . ankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . wen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . r. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . r. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . rista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 28: Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes (Drucksachen 17/56, 17/13157) . . . . . . . . Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Memet Kilic, Josef Philip Winkler, Markus Kurth, weiteren Abge- ordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der so- zialen Situation von Menschen, die ohne Aufenthaltsstatus in Deutschland leben (Drucksachen 17/6167, 17/13157) . . . . . . elmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . üdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . artfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . lla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . emet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 29: weite und dritte Beratung des von den Frak- onen der CDU/CSU, SPD und FDP einge- rachten Entwurfs eines Gesetzes zur nderung des Bundesverfassungsgerichts- esetzes rucksachen 17/13469, 17/13766) . . . . . . . . elmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . r. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . r. h. c. Wolfgang Thierse (SPD) . . . . . . . . . r. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . alina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . laudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30918 D 30918 D 30920 B 30921 C 30922 B 30923 C 30924 C 30926 B 30926 C 30926 C 30927 D 30928 D 30929 B 30930 A 30931 B 30931 B 30932 A 30932 C 30933 C 30934 A 30934 D VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 Tagesordnungspunkt 30: a) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Michael Hartmann (Wackern- heim), Sören Bartol, Sabine Bätzing- Lichtenthäler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Mehr Transparenz beim Einsatz externer Personen in der Bundesverwaltung – Bericht des Bun- desrechnungshofes vollständig umsetzen (Drucksachen 17/5230, 17/13314) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Högl, Michael Hartmann (Wa- ckernheim), Christian Lange (Back- nang), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Interessenvertre- tung sinnvoll regeln – Lobbyismus transparent machen – zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Nešković, Ulla Jelpke, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Einführung ei- nes verpflichtenden Lobbyistenre- gisters – zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Kai Gehring, Ingrid Hönlinger, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Transparenz schaf- fen – Verbindliches Register für Lobbyistinnen und Lobbyisten ein- führen (Drucksachen 17/6442, 17/2096, 17/2486, 17/13737) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) . . Christian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . Dr. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 31: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Än- derung des Bundesvertriebenengesetzes (Drucksache 17/10511) . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . U M T a b A B S H D Z E C e g m r (D T A K te G m s lu (D S S H 30935 B 30935 C 30935 D 30936 D 30937 D 30939 A 30940 A 30940 D 30942 A 30943 B 30943 B 30944 D 30945 A lla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . emet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 32: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Halina Wawzyniak, Jan Korte, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Das Sys- tem der Verwertungsgesellschaften grundlegend modernisieren (Drucksachen 17/11043, 17/13767, 17/13768) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Halina Wawzyniak, Jan Korte, Diana Golze, weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion DIE LINKE einge- brachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes – Einbeziehung von Kindertagesbetreu- ungseinrichtungen in die Schrankenre- gelungen (Drucksachen 17/4876, 17/13768) . . . . . . nsgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . urkhard Lischka (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . tephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . alina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . r. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 10: rste Beratung des von den Fraktionen der DU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs ines … Gesetzes zur Änderung des Straf- esetzbuches – Strafbarkeit der Verstüm- elung weiblicher Genitalien (… Straf- echtsänderungsgesetz – … StrÄndG) rucksache 17/13707) . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 33: ntrag der Abgeordneten Ute Koczy, Uwe ekeritz, Thilo Hoppe, weiterer Abgeordne- r und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN: Zivilgesellschaftliche Zusam- enarbeit – Partnerschaft für eine men- chenrechtsbasierte nachhaltige Entwick- ng rucksache 17/13728) . . . . . . . . . . . . . . . . . ibylle Pfeiffer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . tefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . elga Daub (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30945 D 30946 C 30947 C 30947 C 30947 D 30948 D 30949 C 30950 B 30951 A 30952 D 30953 A 30953 A 30954 B 30955 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 VII Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 34: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Elvira Drobinski- Weiß, Willi Brase, Petra Crone, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Harald Ebner, Cornelia Behm, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Kennzeichnung von Honig mit Gentech-Pollen sicher- stellen – Schutz der Imkerei vor GVO- Verunreinigungen gewährleisten (Drucksachen 17/12839, 17/13273) . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Imkerei vor der Agro-Gentechnik schützen (Drucksachen 17/9985, 17/11057) . . . . . . Josef Rief (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 35: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der Abgeordneten Sönke Rix, Ute Kumpf, Petra Crone, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD so- wie der Abgeordneten Ulrich Schneider, Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Freiwilligendienste in zivilgesell- schaftlicher Verantwortung stärken (Drucksachen 17/9926, 17/12904) . . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Bernschneider (FDP) . . . . . . . . . . . Harald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Schneider (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T A D w L e (D K G M P H D T g Z B s – – (D 1 in T c 30956 A 30957 B 30958 B 30958 B 30958 C 30959 B 30960 C 30961 C 30963 A 30964 B 30964 C 30965 D 30966 D 30968 A 30969 C 30971 A agesordnungspunkt 36: ntrag der Abgeordneten Heidrun Bluhm, r. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, eiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE INKE: Obdach- und Wohnungslosigkeit rkennen und bekämpfen rucksache 17/13105) . . . . . . . . . . . . . . . . . arl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . ero Storjohann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ichael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Müller (Aachen) (FDP) . . . . . . . . . . . eidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . aniela Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 54: ) Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Brigitte Pothmer, Arfst Wagner (Schleswig), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Fortführung der arbeitsmarktli- chen Unterstützung für Bleibeberech- tigte und Flüchtlinge in der nächsten Förderungsperiode des Europäischen Sozialfonds (Drucksache 17/13718) . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 11: ericht des Innenausschusses gemäß § 62 Ab- atz 2 der Geschäftsordnung zu dem von der Fraktion der SPD einge- brachten Entwurf eines Gesetzes zur Auf- nahme von Kultur und Sport in das Grundgesetz zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Lukrezia Jochimsen, Jan Korte, Agnes Alpers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kultur gut stär- ken – Staatsziel Kultur im Grundgesetz verankern rucksachen 17/10644, 17/10785 (neu), 7/13750) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbindung mit agesordnungspunkt 38: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Sportausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Dietmar Bartsch, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Förde- rung des Sports ist Aufgabe des Staates 30971 D 30972 A 30972 D 30973 C 30974 C 30975 B 30976 C 30977 A 30977 B VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 – zu dem Antrag der Abgeordneten Jens Petermann, Katrin Kunert, Dr. Kirsten Tackmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Sportförde- rung neu denken – Strukturen ver- ändern (Drucksachen 17/6152, 17/11374, 17/13751) Klaus Riegert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Ingo Wellenreuther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reiner Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 39: Antrag der Abgeordneten Hans-Joachim Hacker, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Elvira Drobinski-Weiß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Barrierefreier Zu- gang zu Großveranstaltungen und Reisen (Drucksache 17/13550) . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Hirte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . Jens Ackermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 40: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Maria Klein-Schmeink, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Zugang zu medizinischem Cannabis für alle betroffenen Patientinnen und Patienten ermöglichen (Drucksachen 17/6127, 17/13620) . . . . . . . . . Karin Maag (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) . . . . . Frank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . T A O A b te (D H G W H A M T B s n g R o fo u (D E R D D D K Z A J g D B z u k v d te e n ü k § v d 30977 B 30977 C 30979 B 30980 C 30981 B 30982 B 30983 A 30984 D 30985 D 30986 A 30988 C 30989 D 30991 A 30992 A 30992 C 30992 D 30994 B 30995 B 30995 D 30997 B agesordnungspunkt 41: ntrag der Abgeordneten Gabriele Hiller- hm, Willi Brase, Ulla Burchardt, weiterer bgeordneter und der Fraktion der SPD: Aus- ildungssituation im Hotel- und Gaststät- ngewerbe verbessern rucksache 17/13549) . . . . . . . . . . . . . . . . . eike Brehmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . abriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . illi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . gnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . arkus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 42: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Bildung, Forschung und Tech- ikfolgenabschätzung zu dem Antrag der Ab- eordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter ossmann, Uwe Beckmeyer, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion der SPD: Meeres- rschung stärken – Potentiale ausschöpfen nd Innovationen fördern rucksachen 17/9745, 17/13699) . . . . . . . . . ckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ené Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . r. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . r. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . rista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 12: ntrag der Abgeordneten Renate Künast, ürgen Trittin, Kerstin Andreae, weiterer Ab- eordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN: zu der Empfehlung für einen eschluss des Rates über die Ermächtigung ur Aufnahme von Verhandlungen über ein mfassendes Handels- und Investitionsab- ommen, transatlantische Handels- und In- estitionspartnerschaft genannt, zwischen er Europäischen Union und den Vereinig- n Staaten von Amerika – KOM (2013)136 ndg.; Ratsdok. 7396/13 – hier: Stellung- ahme des Deutschen Bundestages gegen- ber der Bundesregierung gemäß Arti- el 23 Absatz 3 des Grundgesetzes i. V. m. 9 des Gesetzes über die Zusammenarbeit on Bundesregierung und Deutschem Bun- estag in Angelegenheiten der Europäische 30998 C 30998 D 31000 D 31002 C 31003 B 31004 B 31005 B 31006 C 31006 C 31008 C 31009 B 31011 B 31012 A 31012 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 IX Union – Transatlantische Handels- und In- vestitionspartnerschaft nur mit starker Parlamentsbeteiligung (Drucksache 17/13733) . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Antrag der Fraktion der SPD: zu der Emp- fehlung für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über ein umfassendes Han- dels- und Investitionsabkommen, trans- atlantische Handels- und Investitions- partnerschaft genannt, zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika – KOM (2013)136 endg.; Ratsdok. 7396/13 – hier: Stellung- nahme des Deutschen Bundestages gegen- über der Bundesregierung gemäß Arti- kel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bun- destag in Angelegenheiten der Europäische Union – Vereinbarung über die Heraus- nahme von audiovisuellen und kulturellen Dienstleistungen von den Verhandlungen der EU mit den USA zu einem transatlanti- schen Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) erzielen (Drucksache 17/13732) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 43: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung zu dem Antrag der Ab- geordneten René Röspel, Lars Klingbeil, Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD: Freier Zugang zu öffentlich finanzierten For- schungsergebnissen (Drucksachen 17/12300, 17/13701) . . . . . . . . Florian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . René Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 44: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung zu dem Antrag der Ab- g (E re T E fü (D M O D D K Z B s V o B F e c (D in Z B s V o P F n (D T A N -h s (D in Z A A w L s (D 31013 D 31014 A 31014 B 31014 C 31015 A 31016 A 31017 A 31017 D 31018 B eordneten Oliver Kaczmarek, Silvia Schmidt isleben), Dr. Ernst Dieter Rossmann, weite- r Abgeordneter und der Fraktion der SPD: eilhabe ermöglichen – Forschung und ntwicklung von Technologien und Design r Alle intensivieren rucksachen 17/13085, 17/13702) . . . . . . . . arcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) liver Kaczmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . r. Peter Röhlinger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . r. Ilja Seifert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . ai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 14: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Ernährung, Landwirtschaft und erbraucherschutz zu dem Antrag der Abge- rdneten Nicole Maisch, Renate Künast, ärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der raktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für ine moderne und nachhaltige Verbrau- herpolitik rucksachen 17/12694, 17/13761) . . . . . . . . Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 15: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Ernährung, Landwirtschaft und erbraucherschutz zu dem Antrag der Abge- rdneten Elvira Drobinski-Weiß, Willi Brase, etra Crone, weiterer Abgeordneter und der raktion der SPD: Lage der Verbraucherin- en und Verbraucher verbessern rucksachen 17/12689, 17/13274) . . . . . . . . agesordnungspunkt 45: ntrag der Fraktionen SPD und BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN: Wildtierhandel und altung in Deutschland einschränken und o den Tier- und Artenschutz stärken rucksache 17/13712) . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 16: ntrag der Abgeordneten Sabine Stüber, lexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann, eiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE INKE: Tier- und Artenschutz durch Be- chränkung des Wildtierhandels stärken rucksache 17/13713) . . . . . . . . . . . . . . . . . 31019 B 31019 B 31020 C 31021 D 31022 B 31023 A 31024 A 31024 B 31024 C 31024 D X Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 Tagesordnungspunkt 46: Antrag der Abgeordneten Stefan Schwartze, Gabriele Fograscher, Rainer Arnold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Cornelia Behm, Claudia Roth (Augsburg), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Anerkennung der an den ehemaligen sowjetischen Kriegsgefange- nen begangenen Verbrechen als nationalso- zialistisches Unrecht und Gewährung eines symbolischen finanziellen Anerkennungsbe- trages für diese Opfergruppe (Drucksache 17/13710) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Kolbe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Stefan Schwartze (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Krestel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 17: Antrag der Abgeordneten Frank Hofmann (Volkach), Michael Hartmann (Wackern- heim), Christine Lambrecht, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD: System der Kriminal- und Rechtspflegestatistiken in Deutschland optimieren und auf eine so- lide rechtliche Grundlage stellen (Drucksache 17/13715) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 50: a) Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Sabine Zimmermann, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: 10 Euro Mindest- lohn jetzt (Drucksache 17/13551) . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Kerstin Andreae, Beate Müller- Gemmeke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mit einem einheitlichen, gesetzlichen Mindestlohn Lohndumping bekämpfen und fairen Wettbewerb schaffen (Drucksache 17/13719) . . . . . . . . . . . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D K D J M K T A d ti d d n T te u J d (D D D D In O P W T a b 31025 A 31025 A 31026 A 31027 B 31027 D 31028 C 31029 C 31029 C 31029 D 31031 B 31033 A 31033 D 31034 C 31036 D 31037 A 31038 C r. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . laus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . r. Johann Wadephul (CDU/CSU) . . . . . . . . ohannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . arl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 51: ntrag der Bundesregierung: Fortsetzung er deutschen Beteiligung an der interna- onalen Sicherheitspräsenz in Kosovo auf er Grundlage der Resolution 1244 (1999) es Sicherheitsrates der Vereinten Natio- en vom 10. Juni 1999 und des Militärisch- echnischen Abkommens zwischen der in- rnationalen Sicherheitspräsenz (KFOR) nd den Regierungen der Bundesrepublik ugoslawien (jetzt: Republik Serbien) und er Republik Serbien vom 9. Juni 1999 rucksache 17/13661) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Guido Westerwelle, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. h. c. Gernot Erler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . r. Thomas de Maizière, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . mid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hilipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (CDU/CSU) . . . . . . . Karl-Georg Wellmann (CDU/CSU) . . . . . olfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . agesordnungspunkt 52: ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Ingrid Hönlinger, Ulrich Schneider, Volker Beck (Köln), weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundge- setzes (Artikel 38) (Drucksache 17/13238) . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von den Abgeordneten Ingrid Hönlinger, Ulrich Schneider, Volker Beck (Köln), weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung des aktiven Wahlrechts ab 16 Jahren im Bundes- wahlgesetz und im Europawahlgesetz (Drucksache 17/13257) . . . . . . . . . . . . . . 31039 D 31041 D 31042 B 31043 A 31043 D 31044 C 31045 C 31046 C 31046 D 31047 D 31049 A 31049 D 31050 D 31051 D 31052 A 31052 C 31053 D 31054 A 31054 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 XI Zusatztagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Sibylle Pfeiffer, Hartwig Fischer (Göttingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Christiane Ratjen-Damerau, Helga Daub, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Zerstörung des kon- golesischen Naturerbes verhindern (Drucksache 17/13711) . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgitt Bender, Marieluise Beck und Priska Hinz (Herborn) (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der ver- traulichen Geburt (Tagesordnungspunkt 14) Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ekin Deligöz, Katja Dörner, Dr. Thomas Gambke, Kai Gehring, Britta Haßelmann, Bettina Herlitzius, Ingrid Hönlinger, Maria Klein-Schmeink, Ute Koczy, Sylvia Kotting- Uhl, Oliver Krischer, Nicole Maisch, Jerzy Montag, Friedrich Ostendorff, Dr. Hermann E. Ott, Lisa Paus, Tabea Rößner, Ulrich Schneider, Dorothea Steiner, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dr. Harald Terpe, Arfst Wagner (Schleswig) (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der ver- traulichen Geburt (Tagesordnungspunkt 14) Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Gabriele Groneberg, Christel Humme, Gabriele Lösekrug-Möller, Caren Marks und Dagmar Ziegler (alle SPD) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertrauli- chen Geburt (Tagesordnungspunkt 14) . . . . . . . Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Georg Nüßlein und Dr. Matthias Heider (beide CDU/CSU) zur Abstimmung über die B W S C (T A Z – – (T M A U M D D K A Z d B o g P D K J A B A Z – – (T 31054 C 31054 D 31055 A 31056 A 31056 D 31057 C eschlussempfehlung zu dem Bericht: ettbewerb und Innovationsdynamik im oftwarebereich sichern – Patentierung von omputerprogrammen effektiv begrenzen agesordnungspunkt 23) . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 6 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Antrag: Chancengleichheit in Wissen- schaft und Forschung durch kontinuierli- che Impulse des Bundes konsequent wei- ter vorantreiben Beschlussempfehlung und Bericht: Frauen in Wissenschaft und Forschung – Mehr Verbindlichkeit für Geschlechtergerech- tigkeit agesordnungspunkt 12 a und b) onika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . nette Hübinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . lla Burchardt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . arianne Schieder (Schwandorf) (SPD) . . . r. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . r. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . rista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 7 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Sofortprogramm „2. Chance auf erufsausbildung“ für junge Erwachsene hne Berufsabschluss – Fachkräfte von mor- en ausbilden (Tagesordnungspunkt 13) aul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . r. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . atja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ohannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . gnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . rigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Entwurf eines Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt Beschlussempfehlung und Bericht zur Stellungnahme des Deutschen Ethikrates – Das Problem der anonymen Kindesabgabe agesordnungspunkt 14 a und b) 31058 D 31059 C 31060 D 31062 A 31062 C 31063 C 31064 D 31065 B 31066 C 31068 A 31069 A 31070 A 31071 A 31071 D XII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Miriam Gruß (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jörn Wunderlich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Keine Rüstungsexporte als Instru- ment der Außenpolitik – Exportverbot jetzt durchsetzen – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Alle Waffenexporte des Obern- dorfer Kleinwaffenherstellers verbieten – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Lieferung von U-Booten an Israel stoppen – Antrag: Markierung deutscher Klein- und Leichtwaffen – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Export von Überwachungs- und Zensurtechnologie an autoritäre Staaten verhindern – Demokratische Proteste un- terstützen (Tagesordnungspunkt 15 a bis d und Zusatz- tagesordnungspunkt 9) Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Klaus Barthel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . Jan van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Soldatinnen- und Soldatengleichstel- lungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 16) Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . Karin Evers-Meyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . Harald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A Z d b in R R H P T D A Z d M n K A F M S A Z d w te (T A T S R D A S A Z d – 31072 B 31073 C 31074 B 31075 B 31076 B 31077 B 31078 A 31080 A 31081 A 31081 D 31082 C 31083 C 31085 B 31086 A 31087 A 31088 A nlage 11 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Aufnahme afghanischer Mitar- eiterinnen und Mitarbeiter der Bundeswehr Deutschland (Tagesordnungspunkt 17) obert Hochbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . üdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . artfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . aul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . om Koenigs (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 12 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Bürokratieabbau optimieren – ittelstandsorientierung stärken (Tagesord- ungspunkt 20) ai Wegner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . ndrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . rank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . usanne Kieckbusch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 13 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes zur Nutzung ver- aister und vergriffener Werke und einer wei- ren Änderung des Urheberrechtsgesetzes agesordnungspunkt 25) nsgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . homas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . iegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . ené Röspel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Petra Sitte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . gnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ . . . . . . . . . . . . . . . nlage 14 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Anträge: Wildtierhandel und -haltung in Deutsch- land einschränken und so den Tier- und Artenschutz stärken 31089 A 31089 D 31089 D 31090 B 31091 A 31091 D 31092 D 31094 A 31095 B 31096 B 31096 C 31097 B 31098 A 31098 D 31099 D 31101 A 31101 D 31102 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 XIII – Tier- und Artenschutz durch Beschrän- kung des Wildtierhandels stärken (Tagesordnungspunkt 45 und Zusatztagesord- nungspunkt 16) Dr. Max Lehmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dieter Stier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Heinz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . Sabine Stüber (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 38) – Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des aktiven Wahlrechts ab 16 Jahren im Bundeswahlgesetz und im Europawahlge- setz (Tagesordnungspunkt 52 a und b) Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Fortführung der arbeitsmarktli- chen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge in der nächsten Förderungs- periode des Europäischen Sozialfonds (Tages- ordnungspunkt 54 g) Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pascal Kober (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 17 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung d s re s U S M H J A Z – – (Z E R D U D A Z d A V p M E D 31104 A 31105 A 31106 A 31108 A 31108 D 31109 C 31110 D 31111 C 31112 D 31113 D 31114 B 31115 B 31116 D 31116 C 31117 C 31118 C 31119 A 31119 D es Strafgesetzbuches – Strafbarkeit der Ver- tümmelung weiblicher Genitalien (… Straf- chtsänderungsgesetz – … StrÄndG) (Zu- atztagesordnungspunkt 10) te Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . onja Steffen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arco Buschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . alina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . erzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 18 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Antrag: zu dem Entwurf der Europäischen Kommission für das Verhandlungsmandat zu einem neuen Transatlantischen Han- dels- und Investitionsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinig- ten Staaten von Amerika (TTIP) – hier: Stellungnahme des Deutschen Bundesta- ges gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundge- setzes i. V. m. § 9 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angele- genheiten der Europäischen Union – Transatlantische Handels- und Investi- tionspartnerschaft nur mit starker Parla- mentsbeteiligung Antrag: Audiovisuelle und kulturelle Dienstleistungen von den Verhandlungen der EU mit den USA zu einem transatlan- tischen Handels- und Investitionsabkom- men (TTIP) ausnehmen usatztagesordnungspunkte 12 und 13) rich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . olf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . r. Martin Lindner (Berlin) (FDP) . . . . . . . lla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . r. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 19 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Beschlussempfehlung und Bericht zu dem ntrag: Für eine moderne und nachhaltige erbraucherpolitik (Zusatztagesordnungs- unkte 14 und 15) echthild Heil (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . lvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . r. Erik Schweickert (FDP) . . . . . . . . . . . . . 31120 D 31123 C 31123 D 31124 D 31125 C 31126 C 31129 D 31130 C 31131 B 31132 B 31133 A 31133 C 31134 C XIV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 20 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: System der Kriminal- und Rechtspflegestatistiken in Deutschland opti- mieren und auf eine solide rechtliche Grund- lage stellen (Zusatztagesordnungspunkt 17) Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Frank Hofmann (Volkach) (SPD) . . . . . . . . . Gisela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 21 Zu Protokoll gegebene Reden zu dem Antrag: Zerstörung des kongolesischen Naturerbes verhindern (Zusatztagesordnungspunkt 20) Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 22 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31135 B 31136 C 31137 B 31138 D 31140 A 31140 C 31141 B 31141 D 31143 B 31144 C 31145 D 31146 B 31147 C 31148 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 30831 (A) ) )(B) 244. Sitz Berlin, Freitag, den Beginn: 9.0
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    Anlage 15 Anlage 21 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31055 (A) ) )(B) Anlagen Hoppe, Thilo BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.06.2013 Jarzombek, Thomas CDU/CSU 07.06.2013 Dr. Scheuer, Andreas CDU/CSU 07.06.2013 Schlecht, Michael DIE LINKE 07.06.2013 Anlage 1 Liste der entschuldigte Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Seifert, Ilja DIE LINKE 05.06.2013 van Aken, Jan DIE LINKE 07.06.2013 Behrens, Herbert DIE LINKE 07.06.2013 Dr. Böhmer, Maria CDU/CSU 07.06.2013 Börnsen (Bönstrup), Wolfgang CDU/CSU 07.06.2013 Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 07.06.2013 Brackmann, Norbert CDU/CSU 07.06.2013 Dr. Bunge, Martina DIE LINKE 07.06.2013 Crone, Petra SPD 07.06.2013 Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 07.06.2013 Deligöz, Ekin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.06.2013 Dr. Friedrich (Hof), Hans-Peter CDU/CSU 07.06.2013 Gabriel, Sigmar SPD 07.06.2013 Gerdes, Michael SPD 07.06.2013 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 07.06.2013 Gohlke, Nicole DIE LINKE 07.06.2013 Groth, Annette DIE LINKE 07.06.2013 Dr. Hein, Rosemarie DIE LINKE 07.06.2013 Heinen-Esser, Ursula CDU/CSU 07.06.2013 Hiller-Ohm, Gabriele SPD 07.06.2013 Hintze, Peter CDU/CSU 07.06.2013 Hofmann (Volkach), Frank SPD 07.06.2013 K K K K K L L M D M M N N N P P P P D R D S A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht n Abgeordneten alb, Bartholomäus CDU/CSU 07.06.2013 ilic, Memet BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.06.2013 orte, Jan DIE LINKE 07.06.2013 ühn, Stephan BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.06.2013 unert, Katrin DIE LINKE 07.06.2013 aurischk, Sibylle FDP 07.06.2013 enkert, Ralph DIE LINKE 07.06.2013 attfeldt, Andreas CDU/CSU 07.06.2013 r. h. c. Michelbach, Hans CDU/CSU 07.06.2013 öhring, Cornelia DIE LINKE 07.06.2013 öller, Kornelia DIE LINKE 07.06.2013 ahles, Andrea SPD 07.06.2013 ietan, Dietmar SPD 07.06.2013 ink, Manfred SPD 07.06.2013 etzold, Ulrich CDU/CSU 07.06.2013 iltz, Gisela FDP 07.06.2013 loetz, Yvonne DIE LINKE 07.06.2013 olenz, Ruprecht CDU/CSU 07.06.2013 r. Ratjen-Damerau, Christiane FDP 07.06.2013 awert, Mechthild SPD 07.06.2013 r. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 07.06.2013 chäffler, Frank FDP 07.06.2013 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 31056 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Birgitt Bender, Marieluise Beck (Bremen) und Priska Hinz (Herborn) (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der ver- traulichen Geburt (Tagesordnungspunkt 14) Wir enthalten uns, wie auch unsere Fraktion. Dieses Votum wird sehr unterschiedlich begründet. Für uns steht die Wahrung der Rechte der Kinder im Vorder- grund. Daher kritisieren wir, dass im Zusammenhang mit der Einführung der vertraulichen Geburt die Ange- bote Babyklappe und anonyme Geburt nicht klar und deutlich als Auslaufmodelle gekennzeichnet werden. Eine gesetzliche Regelung der vertraulichen Geburt muss Kindern zuverlässig einen späteren Zugang zu den Daten ihrer Mütter/der Eltern erlauben – Ausnahmen im Sinne einer dauerhaften Anonymität sind für uns nur nach gerichtlicher Überprüfung akzeptabel. Es kann Gründe für eine dauerhafte Anonymität geben, etwa wenn das Leben der Mutter durch das soziale Umfeld oder die Familie gefährdet ist. Insofern sollte es in kon- kreten Einzelfällen nach der Abwägung der Rechte und Schutzbedürfnisse im Fall der Mutter möglich sein, eine Kenntnis der Abstammung zu verweigern. Diese Ent- scheidung in das Belieben der Mutter zu stellen, halten wir für nicht vertretbar mit den Kinderrechten – Art. 7 bis 9 der UN-Kinderrechtskonvention – und dem im Grundgesetz verankerten Recht auf Kenntnis der eige- nen Abstammung. u n In d E fü te n tä v H W s Ü u K li te d s b m n L ra d g n A g d H A h A d Schneider, Ulrich BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.06.2013 Schwabe, Frank SPD 07.06.2013 Schwanitz, Rolf SPD 07.06.2013 Simmling, Werner FDP 07.06.2013 Steinke, Kersten DIE LINKE 07.06.2013 Dr. Tackmann, Kirsten DIE LINKE 07.06.2013 Tressel, Markus BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 07.06.2013 Vogel (Kleinsaara), Volkmar CDU/CSU 07.06.2013 Werner, Katrin DIE LINKE 07.06.2013 Ziegler, Dagmar SPD 07.06.2013 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich (C (D Wir wissen, dass Kinder nach ihren Wurzeln suchen nd wissen wollen, wer sie und aus welchen Gründen icht aufziehen wollte. Während der Pubertät wächst das teresse an der eigenen Herkunft, gleichzeitig sollte je- och eine gewisse Reife bestehen, um gegebenenfalls nttäuschungen zu verarbeiten. Das Alter von 16 Jahren, r das der regelhafte Zugang zu den Abstammungsda- n vorgesehen ist, entspricht der Regelung der Inkog- ito-Adoption und sichert eine gewisse Reife, um Ent- uschungen zum Beispiel bei einer Kontaktaufnahme zu erarbeiten. Daher eröffnet der vorgelegte Gesetzentwurf mit der interlegung des Herkunftsnachweises einen wichtigen eg. Der Vorschlag ist jedoch nicht konsequent, da er ich nicht klar und deutlich gegen Babyklappe, anonyme bergabe und anonyme Geburt ausspricht. Babyklappen nd die anonyme Geburt stehen dem Grundrecht des indes auf Kenntnis der Herkunft entgegen. Eine Lega- sierung kommt für uns daher nicht infrage. Eine befris- te Duldung, verbunden mit einer direkten Schließung er Angebote, bei denen die Qualifikation der Erstan- prechpartner und Erstansprechpartnerinnen nicht gege- en ist und es an der Kooperation mit dem Jugendamt angelt, ist für uns jedoch denkbar. Für das häufig angeführte Argument, dass die ano- yme Abgabe ein geeignetes Mittel zur Rettung des ebens von Neugeborenen sei, sieht der Deutsche Ethik- t keine validen Hinweise. Dies wird durch die Studie es Deutschen Jugendinstituts bestätigt. Auch die Träger eben in dieser Studie diese Ursprungsidee vielfach icht mehr als vorrangiges Motiv zur Weiterführung der ngebote an. Die Hoffnung, dass doch einmal ein Kind erettet werden könne, legitimiere nicht, dass viele an- ere Kinder auf ihr Grundrecht auf Kenntnis der eigenen erkunft lebenslang verzichten müssen, weil anonyme ngebote vorhanden sind und genutzt werden. Der Gesetzentwurf lässt diese Parallelangebote beste- en und ist daher halbherzig. nlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ekin Deligöz, Katja Dörner, Dr. Thomas Gambke, Kai Gehring, Britta Haßelmann, Bettina Herlitzius, Ingrid Hönlinger, Maria Klein-Schmeink, Ute Koczy, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Nicole Maisch, Jerzy Montag, Friedrich Ostendorff, Dr. Hermann E. Ott, Lisa Paus, Tabea Rößner, Ulrich Schneider, Dorothea Steiner, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dr. Harald Terpe und Arfst Wagner (Schleswig) (alle BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt (Tagesordnungspunkt 14) Die Ziele, die mit dem Gesetzentwurf zur Regelung er vertraulichen Geburt verfolgt werden, befürworten Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31057 (A) ) )(B) wir eingeschränkt. Es ist wichtig, eine rechtssichere Alternative zur Babyklappe und auch zur anonymen Geburt zu schaffen und damit insbesondere die Baby- klappen möglichst überflüssig zu machen. Frauen, die sich in einer solchen psychosozialen Ausnahmesituation befinden, dass sie die Babyklappe in Erwägung ziehen, sollen sich nicht gezwungen sehen, ohne medizinische Begleitung zu entbinden und damit ihr eigenes Leben und das Leben ihres Kindes zu gefährden. Mit der neuen gesetzlichen Regelung soll zudem für das betroffene Kind die größtmögliche Chance sichergestellt werden, Kenntnis über seine Abstammung zu erlangen. Die Kenntnis der Abstammung ist ein Grundrecht. Viele Menschen, die ihre Wurzeln nicht kennen, leiden oft ein Leben lang unter diesem Umstand. Damit diese Ziele erreicht werden können, müssen die neuen gesetzlichen Regelungen einen für die betrof- fenen Frauen tatsächlich gangbaren Weg gewährleisten. Wir sind sehr skeptisch, ob dies mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gelingt. Aus unserer Sicht werden die In- teressen der Mütter mit Blick auf deren Anonymitätsbe- dürfnis und die Interessen der Kinder mit Blick auf deren Recht auf Kenntnis der Abstammung nicht in einen gu- ten und tragbaren Ausgleich zueinander gebracht. Wir sind skeptisch, weil es um Frauen geht, die sich in einer von ihnen als absolut ausweglos empfundenen Situation befinden; viele verdrängen die Schwangerschaft oder verheimlichen die Schwangerschaft selbst vor den engs- ten Familienangehörigen; ein reguläres Adoptionsver- fahren wird aufgrund der eigenen Situation als völlig un- möglich erachtet, ein gemeinsames Leben mit dem Kind sowieso. Studien belegen, dass die Zusicherung absoluter Ano- nymität für viele Frauen eine Grundvoraussetzung dafür ist, sich überhaupt auf einen Beratungs- und Unterstüt- zungsprozess einzulassen. Zu diesem Ergebnis kommt auch die DJI-Studie „Anonyme Geburt und Babyklappe in Deutschland“ aus dem Jahr 2012. Es muss Hauptinte- resse des Gesetzgebers sein, Frauen in ihrer Notlage zu erreichen, zu stabilisieren, Wege und Alternativen aufzu- zeigen. Mit der im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Re- gelung ist die Anonymität der Mutter letztlich nicht si- chergestellt. Wir halten das für einen Webfehler im Gesetzentwurf. Es ist schwerlich vorstellbar, dass es für eine wer- dende Mutter in einer solchen Ausnahmesituation wie beschrieben, die sich über das Verfahren einer vertrauli- chen Geburt beraten lässt, akzeptabel ist, dass im Zwei- felsfall ein Familiengericht darüber entscheidet, ob ihre Anonymität dem Kind gegenüber aufgegeben wird – selbst wenn dies frühestens 16 Jahre nach der Geburt ge- schieht. Donum Vitae e.V. kommt in seiner Stellung- nahme zum Gesetzentwurf auf der Grundlage seiner Be- ratungserfahrung zu dem Schluss: „Keine Frau, die sowieso schon in einer extrem schwierigen Situation lebt, wird sich darauf einlassen." Es ist ein großer Vorteil einer vertraulichen Geburt, dass die Daten der Mutter hinterlegt werden und damit die Möglichkeit eröffnet wird, dass das betroffene Kind Kenntnis über seine Abstammung erlangt, dass Mutter u v ih tr M b le e b d u im z d a o te A ru A d fr w s g u b d u A g d o u d s T G a k A 1 B S (C (D nd Kind sich eventuell auch kennenlernen, denn auch iele Mütter haben später den dringenden Wunsch, mit ren Kindern doch in Kontakt zu treten. Damit die ver- auliche Geburt aber ein wirklich gangbarer Weg für die ütter ist, halten wir es für notwendig, dass wirklich eide, Mutter wie Kind, die Preisgabe der Identität wol- n und kein Zwang im Spiel ist. Angesichts unserer Skepsis, was das mit dem Gesetz- ntwurf vorgeschlagene Verfahren der vertraulichen Ge- urt angeht, halten wir es für konsequent und notwendig, ass die bestehenden Angebote anonymer Kindsabgabe nd die vorhandenen Babyklappen bestehen bleiben und Kontext der neuen Regelung zur vertraulichen Geburt unächst evaluiert werden sollen. Da wir die Zielsetzung es Gesetzentwurfs teilen und die vertrauliche Geburt ls eine zusätzliche Möglichkeit, nicht als Ersatz für an- nyme Geburt und Babyklappe eingeführt wird, enthal- n wir uns in der Abstimmung über den Gesetzentwurf. nlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Gabriele Groneberg, Christel Humme, Gabriele Lösekrug-Möller, Caren Marks und Dagmar Ziegler (alle SPD) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt (Tagesord- nungspunkt 14) Grundsätzlich ist der Gesetzentwurf, der die Einfüh- ng der vertraulichen Geburt in Verbindung mit einem usbau des Hilfesystems sowie einer besseren Beratung er Schwangeren und der Möglichkeit der zeitlich be- isteten Anonymität der Mutter regelt, zu begrüßen. Es ird ein neues niedrigschwelliges Hilfsangebot für chwangere Frauen in belastenden Konfliktsituationen eschaffen, das dazu beitragen soll, die Gefahren einer nbegleiteten Geburt zu vermeiden und Mutter und Kind esser zu schützen. Der Gesetzentwurf schafft erstmals ie legale Möglichkeit, medizinisch betreut zu entbinden nd gleichzeitig der Mutter eine über 16 Jahre währende nonymität gegenüber ihrem sozialen Umfeld und ge- enüber ihrem Kind zu gewährleisten. Die Akzeptanz ieses Hilfsangebots und deren Wirkung werden zu be- bachten sein. Insofern ist die vorgesehene Evaluierung nd der entsprechende Bericht der Bundesregierung, mit em im Jahr 2017 zu rechnen ist, abzuwarten und umfas- end auszuwerten. Es ergeben sich jedoch wesentliche Probleme aus der atsache, dass der Gesetzentwurf zur vertraulichen eburt die anonyme Geburt und die anonyme Kindes- bgabe in Babyklappen ungeregelt bestehen lässt. Dies am auch in der kürzlich durchgeführten Anhörung im usschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 3. Mai 2013 zum Tragen. Auf die Problematik der anonymen Geburt und der abyklappen hat der Deutsche Ethikrat bereits in seiner tellungnahme „Das Problem der anonymen Kindes- 31058 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) abgabe“ vom 26. November 2009 – Bundestagsdrucksa- che 17/190 – deutlich hingewiesen. Die vom Ethikrat aufgeworfenen rechtlichen und ethischen Fragen werden durch den vorliegenden Gesetzentwurf nicht gelöst. Die Angebote anonymer Kindesabgabe – „Babyklap- pen“ und Arm-zu-Arm-Übergabe – und anonymer Ge- burt – Schwangere wird medizinisch zum Beispiel in ei- ner Klinik betreut, macht aber keine Angaben zur eigenen Person – sollen Tötung und Aussetzung Neu- geborener verhindern. Tatsächlich haben aber diese An- gebote, die in Deutschland seit 1999 existieren und stetig ausgeweitet wurden – es existieren heute zum Beispiel rund 100 Babyklappen bundesweit; verlässliche Anga- ben liegen nicht vor –, nicht zu einer Reduzierung der Zahl der Neonatizide – Tötungen von Neugeborenen durch ihre Mütter unmittelbar in bzw. kurz nach der Ge- burt – geführt. Jährlich werden rund 20 bis 30 tot aufge- fundene Neugeborene registriert. Diese Zahl ist seit 1999 relativ konstant. Dies lässt erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Wirksamkeit der bestehenden anony- men Angebote aufkommen, die der Gesetzentwurf nicht aufgreift und auch nicht entsprechend würdigt. Wichtig wäre ebenfalls, die vorliegenden Erkennt- nisse zu berücksichtigen, wonach es innerhalb der Gruppe von Schwangeren und Müttern, die Schwanger- schaft und Geburt in ihrem Umfeld verschweigen, große Unterschiede gibt. Auch stellt der Deutsche Ethikrat dar, dass die Gründe für die Inanspruchnahme von Baby- klappen und Angeboten der anonymen Geburt nicht deckungsgleich mit den Gründen der Anbieter solcher Angebote sind – Stellungnahme des Ethikrats, Bundes- tagsdrucksache 17/190, Seite 6 bis 7. Mütter, die ihr Neugeborenes töten oder unversorgt liegen lassen, sind in einer psychischen Ausnahmesitua- tion und handeln oftmals im Affekt. Das legt den Schluss nahe, dass sie gar nicht in der Lage sind, Baby- klappen oder Angebote der anonymen Geburt anzuneh- men, für deren Inanspruchnahme es einer Planung be- darf. Anders ist es bei denjenigen Frauen, die überlegt das Aussetzen ihres Kindes in einer Babyklappe planen und ausführen. Mit der weiteren Duldung der Angebote von anony- mer Kindesabgabe und anonymer Geburt klammert der Gesetzentwurf das Problem aus, dass diese Angebote nicht dem Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung Rechnung tragen. Jeder Mensch hat auf- grund seines Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit seiner Menschenwürde – Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz – ein Grundrecht auf Kennt- nis seiner biologischen Abstammung. Dies hat das Bun- desverfassungsgericht in zwei Leitentscheidungen ver- deutlicht. Das Recht des Kindes auf Identität ist auch in Art. 8 der UN-Kinderrechtskonvention festgehalten. Weiter kennt das deutsche Rechtssystem keine Eltern- losigkeit. Der Deutsche Ethikrat stellt beispielsweise be- züglich des Familienrechts fest: „Durch die anonyme Kindesabgabe werden die Rechtsbeziehungen zwischen Eltern und Kind zwar nicht aufgehoben; sie können aber wegen der Anonymität nicht mehr wahrgenommen und durchgesetzt werden. Alle auf der Abstammung beru- h F u te S 1 w R v g d R n G g d w b li e s g A v e A im te w ri In s P w s C e g s w (C (D enden Familienrechte des Kindes wie sein Recht auf ürsorge und Erziehung durch die Eltern, auf Unterhalt nd sein Erbrecht fallen ins Leere. Dies ist mit dem gel- nden System des Familienrechts nicht vereinbar“ – tellungnahme des Ethikrats, Bundestags-Drucksache 7/190, S. 12. Die anonyme Kindesabgabe und die anonyme Geburt idersprechen also in mehrfacher Hinsicht geltendem echt. Das begrüßenswerte Anliegen des Gesetzentwurfs zur ertraulichen Geburt, bessere Beratung für die Schwan- eren in Konfliktsituationen anzubieten, über die Rechte es Kindes und des Vaters aufzuklären und dem Kind im ahmen der vertraulichen Geburt die eigene Herkunft icht vorzuenthalten, löst die Probleme der anonymen eburt und der Babyklappen nicht. Es erscheint zumindest fraglich, dass eine Schwan- ere in einer für sie vorhandenen Konfliktsituation, in er sie die Anonymität sucht, vertraulich entbindet, enn sie nach wie vor das Angebot der anonymen Ge- urt und der Babyklappe vorfindet. Somit wird im Ergebnis die vertrauliche Geburt ledig- ch ein weiteres Angebot sein, dessen Inanspruchnahme rst noch abzuwarten bleibt. Diese dargelegten Bedenken machen uns eine Zu- timmung zum Gesetzentwurf unmöglich. Aufgrund der eplanten Einführung der vertraulichen Geburt und des usbaus des Hilfesystems, die wir durchaus für sinn- olle und notwendige Schritte halten, werden wir uns nthalten. nlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Georg Nüßlein und Dr. Matthias Heider (beide CDU/CSU) zur Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung zu dem Bericht: Wettbewerb und Innovations- dynamik im Softwarebereich sichern – Patentie- rung von Computerprogrammen effektiv be- grenzen (Tagesordnungspunkt 23) Den Antrag „Wettbewerb und Innovationsdynamik Softwarebereich sichern – Patentierung von Compu- rprogrammen effektiv begrenzen“ sehen wir kritisch, eil er die rechtliche Praxis unseres Erachtens nicht chtig einschätzt, daraus falsche Schlüsse zieht und die novations- und Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirt- chaft einschränkt. Erstens. Software ist über das Urheberrecht geschützt. atentschutz genießt Software bereits heute nur dann, enn sie Bestandteil einer neuartigen technischen Lö- ung ist. In der Praxis bedeutet dies, dass nur wenige omputerprogramme – die wirklich innovativen und mit iner technischen Lösung verbundenen – Patentschutz enießen. Die sachgerechte Anwendung dieser Grund- ätze stellt auch sicher, dass keine Trivialpatente erteilt erden. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31059 (A) ) )(B) Zweitens. Ohne Anlass – es gibt bereits klare Grenzen für die Patentierbarkeit softwarebezogener Erfindungen – wirft der vorliegende Antrag die Frage nach der Begren- zung von Softwarepatenten erneut auf und setzt damit ohne Not die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft branchenübergreifend aufs Spiel. Weil sich der Antrag dabei sehr einseitig auf eine Stärkung des urheberrechtli- chen Schutzes im Softwarebereich fokussiert, gefährdet er den Wirtschaftsstandort Deutschland, insbesondere den innovativen Mittelstand. – Computerbasierte Erfindungen, die nach geltendem Recht dem Patentschutz unterliegen, wären zukünftig im Sinne des Antrags nicht mehr patentierbar. – Der Patentschutz von Erfindungen begründet jedoch einen unverzichtbaren wirtschaftlichen Anreiz, in technische Innovationen zu investieren, und ist damit eine zentrale Basis der volkswirtschaftlichen Wohl- fahrt. – Patente gewähren effektiven Schutz vor Nachahmung technischer Innovationen. Ohne diesen effektiven Schutz wäre Nachahmung wirtschaftlicher als die ei- gene Forschung und Entwicklung. – Gerade im Hinblick auf den technischen Fortschritt in Asien – vor allem in China – sind deutsche Firmen auch auf den rechtlichen Rahmen angewiesen, der ih- nen Schutz vor äußeren Angriffen bietet. – Diese zentrale Schutzfunktion kann das Urheberrecht alleine nicht leisten – der Antrag verkennt diesen wichtigen Zusammenhang eindeutig. Drittens. Gegner von Softwarepatenten bemühen im- mer wieder den gleichen Argumentationsansatz, der be- sagt, dass Software durch das Urheberrecht ausreichend schützbar sei. Dieses Argument ist jedoch ungültig. Das Urheberrecht schützt die Ausdrucksform eines Pro- gramms, jedoch nicht eine technische Lehre in ihrer Funktionalität nach formaler und sachlicher Prüfung, das heißt den wesentlichen Bestandteil einer Softwareerfin- dung. Es bestünde unseres Erachtens das Risiko, dass Pla- giate im Softwarebereich legalisiert werden. Das kann nicht das Ziel sein. Aus den oben genannten Gründen sehen wir den An- trag in seiner Zielsetzung und seinen Inhalten kritisch. Es ist Aufgabe der Politik, unserer Volkswirtschaft einen rechtlichen Rahmen zu geben, in dem sie wachsen kann, weshalb es keine dem Antrag entsprechende Gesetzes- initiative in dieser wie auch in den kommenden Legis- laturperioden geben sollte. Anlage 6 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Antrag: Chancengleichheit in Wissenschaft und Forschung durch kontinuierliche Im- tr h m V L F w H s d a W u a D le d d d z z W e g g w s P d n in d s a F V E s le fa m E v W (C (D pulse des Bundes konsequent weiter voran- treiben – Beschlussempfehlung und Bericht: Frauen in Wissenschaft und Forschung – Mehr Ver- bindlichkeit für Geschlechtergerechtigkeit (Tagesordnungspunkt 12 a und b) Monika Grütters (CDU/CSU): Der uns allen ver- aute und kurz vor dem Reformationsjubiläum wieder och im Kurs stehende Martin Luther wusste: „Weibern angelt es an Stärke und Kräften des Leibes und am erstand.“ So aufgeschlossen und „reformationsfreudig“ uther auch war, in Fragen der Gleichberechtigung der rau war er seiner Zeit eher nicht voraus. Doch Luthers Ansichten sind anderen Einsichten ge- ichen, und so ist es gut, dass wir uns heute in diesem ohen Hause erneut der Situation von Frauen in Wissen- chaft und Forschung zuwenden. Ich freue mich auch, ass wir uns in vielen Punkten, gerade was die Problem- nalyse angeht, einig sind: Ja, auch heute noch ist der eg in Führungspositionen für Frauen bedeutend länger nd beschwerlicher als für ihre männlichen Kollegen uch ohne so derbe Ansichten wie die des Reformators. as gilt für alle Branchen, und es gilt auch – und viel- icht gerade – für den Wissenschaftsbetrieb. Aber im Ernst: Noch immer liegt der Frauenanteil an en Professorenstellen bei nur knapp 20 Prozent, obwohl ie Promotionsquote inzwischen bei 44 Prozent liegt und ie Mehrzahl der Studienabschlüsse in Deutschland in- wischen von Frauen absolviert werden – circa 52 Pro- ent. Die fehlende Gleichstellung in Spitzenpositionen der issenschaft und Forschung ist dabei übrigens nicht nur ine Frage der Gerechtigkeit, sondern verursacht großen esamtgesellschaftlichen Schaden: In Zeiten des demo- rafischen Wandels und des internationalen Wettbe- erbs um Wissen und Innovation können wir es uns chlicht nicht leisten, gut ausgebildete Frauen und ihre otenziale nicht zu nutzen. Und wir wissen auch, dass ie Produktivität in gemischten Teams deutlich über de- en reiner Männergesellschaften liegt. Wenn wir diese Potenziale nutzen wollen, sollten wir der Tat bei Wissenschaft und Forschung beginnen, enn diese besitzen große Prägekraft für gesamtgesell- chaftliche Entwicklungen. Auch deshalb muss es uns llen ein Anliegen sein, dass das Wissenschaftssystem in ragen der Chancengleichheit von Frauen und Männern orbild für die Gesamtgesellschaft wird. Und die Voraussetzungen dafür sind denkbar gut: ine wesentliche Stärke des deutschen Wissenschafts- ystems ist es ja, bestehende Strukturen und auch Rol- nverständnisse kritisch zu hinterfragen und gegebenen- lls zu dekonstruieren. Auch deshalb hat sich ittlerweile innerhalb der „Wissenschaftsgemeinde“ die rkenntnis durchgesetzt, dass echte Chancengleichheit on überragender Bedeutung für die Zukunft unseres issenschaftssystems ist. 31060 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Immerhin hat das doch zu bemerkenswerten Entwick- lungen geführt, was sogar die Opposition in ihrem An- trag anerkennt: Die Verdopplung der Zahl der Professo- rinnen in den letzten zehn Jahren zeigt, dass lange verkrustete Strukturen auch durch politische Impulse in Bewegung geraten sind. Aber das reicht noch nicht. Es braucht eine ganz an- dere Dynamik. Wir müssen jetzt die Chancen nutzen: Bis zum Ende des kommenden Jahrzehnts wird circa ein Drittel aller Professorinnen und Professoren altersbe- dingt ausscheiden. Spätestens dann gibt es keine Ausre- den mehr: Dann muss der Frauenanteil spürbar steigen! Ich halte es heute für ein sehr gutes Zeichen, dass viele außeruniversitäre Einrichtungen sich „schon“ Selbstverpflichtungen auferlegt haben, mit denen sie sich selbst unter Druck setzen. Die Leibniz-Gesellschaft nimmt seit Beginn des Jah- res Zielvereinbarungen zur Gleichstellung in die Pro- grammbudgets der 86 Institute auf und will bis 2017 die Vorgaben des Kaskadenmodells erfüllen. Auch die Sachverständigen, die in der Anhörung zu diesem Thema im Bildungsausschuss gesprochen haben, haben sich für einen solchen Ansatz ausgesprochen, der aber die Autonomie der Universitäten und außeruniver- sitären Einrichtungen wahrt. Professor Marquardt als Vorsitzender des Wissenschaftsrates hat sich dafür aus- gesprochen, den sozialen Druck, der etwa nach dem „Name und Shame“-Prinzip im DFG-Förderatlas veran- kert ist, als Triebfeder der Veränderung auszubauen. Dass finanzielle Sanktionsmechanismen hingegen eher Probleme schaffen, hat nicht nur Professor Marquardt zu bedenken gegeben, sondern auch der Rektor der Universi- tät Gießen, Professor Mukherjee, der vor „großen Behar- rungskräften“ an den Universitäten warnt und an die vie- len „kleinen Sabotagemöglichkeiten“ gegenüber einer von oben verordneten Gleichstellungspolitik erinnert. Anreizsysteme schaffen und den sozialen Druck nut- zen, das ist aus unserer Sicht erfolgversprechend, um da- mit die Institutionen mitzunehmen. Und hier setzt die Politik der christlich-liberalen Ko- alition an: Im Exzellenzwettbewerb hat Frauenförderung eine maßgebliche Rolle gespielt. Die Universitäten kön- nen nur mit einem klaren Bekenntnis zu größerer Beteili- gung von Frauen reüssieren. Und an ihren Zusagen werden die Universitäten jetzt gemessen. Als Abgeordnete, die neben dem Mandat seit vielen Jahren an einer Universität als Dozentin tätig ist, kann ich Ihnen versichern, dass derartige öffentliche Zu- sagen durchaus große Bindungswirkung und Rechtferti- gungszwänge für eine Universität entwickeln. Die christlich-liberale Koalition wird auch weiterhin Impulse und Anreize schaffen, um an den Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen für eine engagier- tere Gleichstellungspolitik zu werben: Mit dem Profes- sorinnenprogramm der Bundesregierung wurden seit 2007 mehr als 260 zusätzliche Professuren für Frauen geschaffen, und bis 2017 stehen noch einmal 150 Millio- nen Euro für dieses Programm zur Verfügung. Auch das P w d k in g M s b U m d s s g re v d d tr H re z s a k a F s d ru g d h g C s Im k te g F S 9 A D S fä d m (C (D rogramm „Zeit gegen Geld“ ist ein wichtiges Signal, eil hier zum ersten Mal Mittel aus Stipendien im Be- arfsfall auch für die Kinderbetreuung genutzt werden önnen. Aber auch Wissenschaft und Forschung müssen sich nerhalb des gesamtgesellschaftlichen Kontextes bewe- en. Deshalb wird auch für die Chancengleichheit von ännern und Frauen an der Universität entscheidend ein, wie wir in der Gesellschaft insgesamt die Verein- arkeit von Beruf und Familie verbessern. Das Phänomen der „leaky pipeline“, das durch die nterbrechung der wissenschaftlichen zugunsten der Fa- ilienarbeit gekennzeichnet ist, beweist, dass die Last er Vereinbarkeit von Beruf und Familie in unserer Ge- ellschaft – und damit auch in Wissenschaft und For- chung – noch immer im Wesentlichen von den Frauen etragen wird. Also setzen wir weiter wissenschaftsspezifische An- ize, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erbessern: der Kinderbetreuungszuschlag im BAföG, as Elterngeld, das explizit auch Studierenden mit Kin- ern zugutekommt, oder auch das Förderprogramm „Be- ieblich unterstützte Kinderbetreuung“, mit dem an ochschulen in ganz Deutschland Betreuungsangebote alisiert werden konnten. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie insgesamt u verbessern, bleibt aber eine der zentralen gesamtge- ellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit, an der lle politischen und gesellschaftlichen Akteure mitwir- en müssen. Nur wenn wir hier erfolgreich sind, wird uch eine große Hürde für Frauen in Wissenschaft und orschung verschwinden, die innerhalb des Wissen- chaftssystems allein nicht aus dem Weg geräumt wer- en kann. Dieser Herausforderung stellt sich diese Bundesregie- ng nicht nur – aber auch im Wissenschaftsbereich mit roßer Entschlossenheit; denn den „lutherischen“ Ge- anken von der Frau als „Mangelwesen“, den jedenfalls aben zumindest die meisten von uns im Lauf der ver- angenen 500 Jahre „erledigt“. Anette Hübinger (CDU/CSU): Das Ziel gelebter hancengleichheit von Frauen und Männern in Wissen- chaft und Forschung beschäftigt uns seit vielen Jahren. letzten Jahrzehnt hat sich viel in dieser Gerechtig- eitsfrage getan. Man kann mit Fug und Recht behaup- n, dass wir in dieser Zeit der angestrebten Chancen- leichheit ein großes Stück näher gekommen sind. Es ist überaus positiv, dass unsere Wissenschafts- und orschungslandschaft seit Jahren immer weiblicher wird. eit den ersten systematischen Erhebungen Anfang der 0er-Jahre ist auf allen Karrierestufen eine kontinuierliche ufwärtsbewegung des Frauenanteils zu verzeichnen. as gilt für Erstimmatrikulationen genauso wie für die tudienabschlüsse. Hier liegt der Frauenanteil bei unge- hr 50 Prozent. Das gilt aber auch für Promotionen, bei enen der Frauenanteil aktuell rund 44 Prozent aus- acht. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31061 (A) ) )(B) Trotz all dieser Erfolge sind wir uns fraktionsüber- greifend darüber einig, dass wir künftig noch mehr Dy- namik in diesem Prozess brauchen. Dies betrifft vor al- len Dingen die weitere Entwicklung des Frauenanteils in wissenschaftlichen Führungsfunktionen. Denn im aktuellen GWK-Bericht „Chancengleich- heit in Wissenschaft und Forschung“ sind auch folgende Zahlen zu finden: Frauenanteil bei den Habilitationen nur 24,9 Prozent, Frauenanteil bei den Professuren nur 19,2 Prozent. Dieser Einbruch des Frauenanteils nach der Promo- tion kann uns als Wissenschafts- und Forschungspoliti- ker nicht zufriedenstellen. Das Potenzial bei Frauen ist da, und es kann nicht hingenommen werden, dass sich die Aufstiegszahlen nach der Promotion halbieren. Hier muss gegengesteuert werden! Ich bin der Meinung, dass wir die positive Entwick- lung der letzten zwei Jahrzehnte nicht einfach ignorieren können. Die erfreuliche Entwicklung an unseren Hoch- schulen und Forschungseinrichtungen muss konstruktiv und vor allen Dingen mit positiven Impulsen weiter vor- angetrieben werden. Welcher Weg an dieser Stelle eingeschlagen werden soll, darin unterscheiden sich die Geister. Die zur Ab- stimmung vorliegenden Anträge spiegeln die Meinungs- vielfalt in dieser Frage trefflich wider. Zu den Gemeinsamkeiten zählt sicherlich die Ansicht, dass das sogenannte Kaskadenmodell im Mittelpunkt ei- ner jeden modernen Gleichstellungsstrategie stehen muss. Der dahin gehende GWK-Beschluss „Chancen- gleichheit in Wissenschaft und Forschung“ vom 7. No- vember 2011 war längst überfällig, und er kann auch nur ein Anfang gewesen sein. Alle relevanten Akteure der deutschen Wissenschafts- und Forschungslandschaft sollten das Kaskadenmodell als zentrales Instrument ih- rer Gleichstellungspolitik verankern. Das Kaskadenmodell biete nämlich die Chance, die Realität der einzelnen Fachbereiche sehr treffend abzu- bilden und unterschiedliche Ausgangslagen und Rah- menbedingungen zu berücksichtigen. Bei der Ausgestaltung dieses Instrumentes unter- scheiden sich allerdings unsere Herangehensweise und die der Opposition. Die grundsätzliche Frage ist, ob das Kaskadenmodell mit Anreizen oder mit Sanktionen flankiert wird. Im vor- liegenden Oppositionsantrag ist in dieser Frage von Druck in Form von finanziellen Sanktionen in der Pro- jekt- und institutionellen Förderung die Rede. Diese Kopplung verwundert mich, weil uns in der noch nicht lange zurückliegenden Anhörung „Frauen in Wissen- schaft und Forschung“ des Ausschusses für Bildung und Forschung doch ganz andere Empfehlungen mit auf den Weg gegeben wurden. So hat beispielsweise der Vorsitzende des Wissen- schaftsrates, Professor Marquardt, in der Anhörung des Ausschusses am 11. Juni 2012 zu Recht ambitionierte, verbindliche und realistische Gleichstellungsziele auf Basis des Kaskadenmodells gefordert. d P fü ti p a p le d is g F G P ti e k g E e B c g n li m v s d c w d e re z d v fe d z w ri g m w Z b d d d re (C (D Danach haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen er Opposition, aber anscheinend nicht mehr zugehört. rofessor Marquardt merkte im zweiten Teil seiner Aus- hrungen nämlich an, dass dieser Dreiklang aus ambi- onierten, verbindlichen und realistischen Zielen durch ositive Anreize flankiert werden sollte. Ich will nicht ausschließen, dass man den von Ihnen ufgezeigten Weg grundsätzlich gehen kann, aber es asst doch ganz und gar nicht in die Entwicklung der tzten Jahre. Auf Basis von Selbstverpflichtungen und urch positive Anreize – das Professorinnenprogramm t doch das beste Beispiel dafür – wurde in den vergan- enen Jahren die Chancengleichheit in Wissenschaft und orschung erfolgreich vorangetrieben. Wir starten in unseren Bemühungen nicht bei Null. leichstellungspolitische Zielsetzungen wurden in den akt für Forschung und Innovation, in die Exzellenzini- ative und den Hochschulpakt integriert. Auch sind die rfolgten Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbar- eit von Familie und wissenschaftlicher Karriere zu be- rüßen. Diese vorhandene Dynamik und das vielfältige ngagement an unseren Hochschulen sowie Forschungs- inrichtungen müssen wir positiv unterstützen. Darauf zielt unser Antrag ab. Wir wollen, dass die undesregierung als Impulsgeber in Fragen der Chan- engleichheit in Wissenschaft und Forschung durch ein leichstellungspolitisches Konzept die bisherigen Maß- ahmen weiterentwickelt und neue Instrumente instal- ert. Mit diesem Konzept soll das Ziel verfolgt werden, ittel- und langfristig zu einem Frauenanteil in Höhe on 30 bis 40 Prozent auf allen Karrierestufen der Hoch- chulen und Forschungseinrichtungen zu gelangen, um amit selbsttragende Veränderungsprozesse zu errei- hen. Das Kaskadenmodell in Verbindung mit Anreizen ird diesem Anspruch am besten gerecht. Damit Frauen die Entscheidung zu einer Karriere in er Wissenschaft leichter fällt, brauchen sie aber auch ine Planbarkeit ihrer Karriere. Sie brauchen transpa- nte Aufstiegsmöglichkeiten sowie flexiblere Arbeits- eitmodelle. Daneben brauchen sie bessere Rahmenbe- ingungen und flexiblere Lösungen zur Kinderbetreuung or Ort. Daher fordern wir die Bundesregierung auf, zu prü- n, inwieweit das Audit „Beruf und Familie“ als erfor- erliches Förder- bzw. Begutachtungskriterium bei ukünftigen Bundesforschungsprogrammen und Aus- ahlprozessen der außeruniversitären Forschungsein- chtungen implementiert werden kann. Nur ein Prozess, der von allen Akteuren positiv wahr- enommen, angenommen und unterstützt wird, kann ittel- und langfristig so wirken, wie wir es uns alle ünschen und sich selbst tragen. Die Kombination von ielvorgaben mit Sanktionen befeuert dagegen bei den etroffenen Akteuren und in der Öffentlichkeit den Ein- ruck, dass von „oben“ mit Druck etwas umgesetzt wer- en soll. Mit einer solchen Vorgehensweise werden wir en Frauen im Wissenschaftssystem genauso wenig ge- cht wie den Wissenschafts- und Forschungsinstitutio- 31062 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) nen, die das Thema seit Jahren auf dem Schirm haben und vorantreiben. Ulla Burchardt (SPD): Die mangelnde Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen auch in Wissenschaft und Forschung ist hinreichend belegt und vielfach be- klagt: zuletzt in der Studie der EU-Kommissarin für For- schung, Innovation und Wissenschaft, im Gutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation und in den Berichten und Beschlüssen der GWK. Wenn man die bescheidenen Verbesserungen der letzen Jahre als Fortschritt bezeichnen will, dann ist er bestenfalls eine Schnecke. Dynamik sieht anders aus; da hat die amtie- rende Fachministerin recht. Dass es Bewegung gab, ist auch einigen klugen Männerköpfen im Wissenschaftssystem zu verdanken, die angesichts der Erfahrungen der eigenen Töchter dan- kenswerterweise als Impulsgeber und Promotoren von Gleichstellung gewirkt haben, besonders mit den Gleich- stellungsstandards der DFG. Es waren aber vor allem die Initiativen von Ministerin Bulmahn und der rot-grünen Koalition, die das Ziel Gleichstellung systematisch in strategische Politik mit konkreten Maßnahmen umgesetzt hatten. Als Meilen- steine rufe ich in Erinnerung: die Frauenförderung in Hochschulwissenschaftsprogrammen, die Doktorandin- nen- und Professorinnenförderung, die Spitzenförderung mit dem Sofja-Kovalevskaja-Preis der Alexander-von- Humboldt-Stiftung, die Förderung junger Wissenschaft- lerinnen überhaupt erstmals in größerer Zahl mit der Einführung der Juniorprofessuren, die Einrichtung von Kinderbetreuung in den Forschungsorganisationen, auf die jetzt alle stolz hinweisen, die strukturellen Impulse in der Exzellenzinitiative und im Pakt für Forschung und Innovation, den wir ins Leben gerufen haben. Doch das alles hat nicht gereicht. Vor allem gab es Stillstand in der Gleichstellungspolitik im BMBF. Selbst im Antrag der Koalitionsfraktionen schimmern diese Defizite durch: Da wird die Bundesregierung aufgefordert, ihre Möglichkeiten zur Akzentsetzung zu nutzen. Ist das ein bescheidener Anspruch! Aber selbst der wird offensichtlich vermisst. Am Ende der Legis- laturperiode kommt endlich die Erkenntnis, ein gleich- stellungspolitisches Konzept vorzulegen. Das heißt doch: Es gab bislang keines. Deutlicher kann man die Versäumnisse kaum benennen! Aber war da nicht noch etwas auf der Habenseite der Regierung? Ach ja, das Professorinnenprogramm! Dazu das Sachverständigenurteil aus unserer Anhörung: Für die Frauen selbst ist es leider nicht nachhaltig, weil die- ses Programm einen Drehtüreneffekt hat, da es auf fünf Jahre beschränkt bleibt und eine zu miserable Ausstat- tung hat. Das ficht die Koalition nicht an. Sie legt ein zweites Programm auf, ohne die Wirksamkeit des ersten evalu- iert zu haben, und vergibt so die Möglichkeit, nachzu- bessern. Engagement und effektive Regierungsarbeit se- hen anders aus. g w z B ih B b L w li m g le tr n s F P d m F im z 1 g h c s g G ra d fa s s v d c F n w b 7 g te ti ru s m u (C (D Fortschritte erreichen wir nur durch konkrete Zielvor- aben, die kontrollierbar und sanktionierbar sind. Des- egen fordern wir, Fördermittel an den Erfolgsnachweis u koppeln. Leider fehlt diese Kopplung beim GWK- eschluss. Die Bundesregierung blieb untätig, obgleich r das eigene Rechtsgutachten von Professor Susanne aer beste Argumente vorgelegt hatte. Und das gilt auch für den eigenen Verantwortungs- ereich der Regierung: Die Beteiligung von Frauen in eitungspositionen der Forschungsressorts und in den issenschaftlichen Beratungsgremien bleibt blamabel. Die Reform der Bundesgesetze ist überfällig, um end- ch die Gleichstellung in den Gremien zwingend zu achen. Wer politisch nicht mit gutem Beispiel voran- eht, ist mit seinen Forderungen an die Wissenschaft al- s andere als glaubwürdig. Leider sind im Koalitionsan- ag mehr als Appelle und Applaus für die Regierung icht zu finden. Es wird allerhöchste Zeit für ein wirksames politi- ches Programm der Gleichstellung in Wissenschaft und orschung mit Anreizen, Quoten und Sanktionen. Dieses rogramm ist unser Antrag! Marianne Schieder (Schwandorf) (SPD): Wie dick ie Bretter sind, die wir noch bohren müssen, um für ehr Geschlechtergerechtigkeit in Wissenschaft und orschung zu sorgen, wird mir unter anderem jedes Jahr Sommer wieder sehr deutlich, dann, wenn ich bei mir u Hause ein Kinderzeltlager mit 360 Kindern zwischen 0 und 13 Jahren leite. Fragt man die Mädchen und Jun- en nach ihren Berufsvorstellungen, so sieht sich selbst eute noch kaum ein Mädchen in einem wissenschaftli- hen Beruf. Welche Vorstellungen Grundschüler von einer Profes- orin bzw. einem Professor haben, thematisierte vor eini- er Zeit ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung. Ein roßteil malt diese mit einem Bart, selbst wenn sie da- uf hingewiesen werden, dass sie auch eine Frau malen ürfen. An diesen beiden Bildern wird deutlich, wie um- ssend die Aufgabe ist, wenn wir mehr Frauen in Wis- enschaft und Forschung haben wollen, ja haben müs- en, wenn wir nicht 50 Prozent des in der Gesellschaft orhandenen Know-hows vergeuden wollen. Die Prognos AG geht in einer Studie davon aus, dass er volkswirtschaftliche Schaden durch die unzurei- hende Ausschöpfung des Arbeitsmarktpotenzials von rauen allgemein, kumuliert bis 2030, bei rund 2 Billio- en Euro liegt. In der Studie wird der mögliche volks- irtschaftliche Gewinn durch die Erhöhung der Erwerbs- eteiligung von Hochschulabsolventinnen bis 2015 auf 0 Milliarden Euro beziffert. Ich frage sie, liebe Kolle- innen und Kollegen: Können wir uns das wirklich leis- n? Mit unserem Antrag zeigen wir, die Oppositionsfrak- onen, sehr deutlich, was es braucht, um das Ruder he- mzureißen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der chwarz-gelben Koalition, wir fordern darin Maßnah- en, die tatsächlich für mehr Gleichberechtigung sorgen nd sich nicht mit Appellen zufriedengeben. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31063 (A) ) )(B) Die Große Anfrage zu diesem Thema, die wir in die- ser Legislaturperiode in diesem Haus thematisiert haben, hat sehr deutlich gezeigt, dass es nicht reicht, wenn die aktuelle Bundesregierung von einer Frau geführt wird. Wir brauchen in diesem Land bessere Rahmenbedingun- gen für mehr Geschlechtergerechtigkeit. Doch hier hat diese Bundesregierung leider nichts weiter vorzuweisen als das Fortführen bestehender Programme. Es fehlt gänzlich an neuen Ansätzen. Vor allem aber fehlt es an Verbindlichkeit. Was nützen die bestgemeinten Ab- sichtserklärungen, wenn sie nicht fruchten? Was nützen die Appelle an die Bundesregierung, die die Koalition in ihrem Antrag formuliert? Ohne klare gesetzliche Vorga- ben und verbindliche monetäre Instrumente, werden wir auch in 20 Jahren noch die Schieflage beklagen. Wir dürfen nicht länger auf Ermahnungen vertrauen. Wie sehr die Zeit drängt, zeigt ein Blick in die Statis- tik. In den nächsten fünf bis sechs Jahren wird rund ein Drittel der Professuren in Deutschland neu zu besetzen sein. Dafür brauchen wir dringendst qualifizierten Nach- wuchs beiderlei Geschlechts. Da dürfen wir es nicht mehr hinnehmen, dass gerade Frauen nach der Promo- tion die wissenschaftliche Laufbahn verlassen. Wir dürfen uns auch nicht mit den bisher erreichten Fortschritten zufriedengeben. Vielmehr sollte uns das bisherige Tempo warnen und zu mehr Bemühungen an- spornen. Denn wenn es mit derselben Geschwindigkeit wie in den letzten Jahren weitergeht, brauchen wir noch bis zum Ende des Jahrhunderts, bis wir die Parität der Geschlechter in Wissenschaft und Forschung erreichen. Das wäre fatal. Daher kann ich auch nicht verstehen, wa- rum die Koalition in ihrem Antrag so tut, als müsse man nur die Dinge so weiterführen wie bisher. Neben wissenschaftspolitischen Instrumenten müssen wir aber auch die Familienpolitik in den Blick nehmen. Diese Bundesregierung hat auf diesem Feld leider nichts vorzuweisen. „Außer Spesen nichts gewesen“, muss man zusammenfassen. Gerade jungen Wissenschaftle- rinnen bringen Betreuungsgeld oder die von Teilen der Union geforderten Haushaltshilfegutscheine relativ we- nig. Stattdessen bräuchte es erheblich mehr, bessere und flexiblere Betreuungsangebote; um nur ein Problemfeld zu benennen. Leider fehlt im Antrag der Koalition auch jeglicher Ansatz zu Initiativen, bei denen die Bundesregierung selbst schnell und unkompliziert Fakten schaffen könnte, zum Beispiel in den von ihr eingerichteten wissenschaft- lichen Beratungsgremien. Von den 88 Gremien sind kaum welche paritätisch oder annähernd gleichberech- tigt besetzt. Manche sind sogar zu 100 Prozent männlich dominiert. Wieso nutzt die Bundesregierung hier nicht ihre Einflussmöglichkeiten? Es ist doch wirklich nicht nachvollziehbar, dass man nicht nach Frauen sucht, die diesen Gremien angehören könnten. Es gibt solche Frauen nämlich. Man muss sie nur berufen! Dies sind nur einige Beispiele, bei denen deutlich wird, wie dringend der Handlungsbedarf ist und wie man das Ruder herumreißen könnte, wenn man nur will und wenn man verbindliche Vorgaben macht. fa b W w v a re c w li n L m ih d W fo g a u W g s te H u s v v g v M w te n b re u e T fo s d w Z d a u b d lu d d (C (D Ich möchte nochmals meine Erfahrungen vom An- ng meiner Rede aufgreifen. Neben konkreten Rahmen- edingungen und verbindlichen Instrumenten im issenschaftsbetrieb brauchen wir einen generellen Be- usstseinswandel in unserer Gesellschaft. Auch wenn on mancher Frau aus dem Unionslager so getan wird, ls hätten wir bereits die volle Gleichberechtigung er- icht, so sprechen die klaren Fakten eine andere Spra- he. Wie schwierig es ist, als Frau Karriere zu machen, ird auch an der Vorsitzenden der JU in Bayern deut- ch, die vergeblich versucht hat, mit der CSU in den ächsten Landtag zu kommen. Nun wurde sie mit einem istenplatz für den Bundestag abgespeist. Ein Instru- ent wie die Quote, das sie massiv bekämpft hat, hätte r sicherlich helfen können. Doch ist es mir egal, wen ie CSU für die Wahlen nominiert. Mir ist es jedoch nicht egal, wie es zukünftig um den issenschaftsstandort Deutschland bestellt ist. Daher rdere ich sie alle hier in diesem Haus auf: Sorgen Sie emeinsam mit uns dafür, dass wir nicht länger einen be- chtlichen Teil unseres größten Rohstoffs, des Wissens nserer Bevölkerung, brachliegen lassen! Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP): Frauen in der issenschaft, Chancengerechtigkeit bzw. Chancen- leichheit beschäftigen uns in der Politik und im Deut- chen Bundestag als Thema seit vielen Jahren. Es beglei- t mich ebenso seit vielen Jahren als Professor an der ochschule. Und es wird auch weiterhin ein aktuelles nd diskutiertes Thema bleiben, solange nicht die voll- tändige Gleichstellung faktisch umgesetzt ist. Anders als die Opposition glauben machen möchte, erfolgen wir als FDP selbstverständlich das Ziel der ollkommenen Gleichstellung. Denn für uns Liberale eht es darum, jedem Menschen die Chance zur Selbst- erwirklichung zu geben. Jeden Menschen in seinen öglichkeiten zu unterstützen. Dass wir von den er- ünschten Gleichstellungszielen im Wissenschaftssys- m noch entfernt sind, darüber brauchen wir uns hier icht zu streiten. Jeder von uns kennt den 16. Fortschrei- ungsbericht der Gemeinsamen Wissenschaftskonfe- nz zu Frauen in der Wissenschaft. Jeder kann lesen, nd die Zahlen des 16. Fortschrittsberichtes sprechen ine eindeutige Sprache – ebenso, wie der am gestrigen ag im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik- lgenabschätzung diskutierte „Bundesbericht Wissen- chaftlicher Nachwuchs 2013“ von einer anderen Seite eutliche Worte findet. Fakt ist: Auf allen Stufen der issenschaftlichen Qualifizierung hat sich alleine im eitraum von 2000 bis 2010 der Anteil von Frauen an er Gesamtzahl merklich gesteigert. Es gibt diese über- us positiven Entwicklungen in Hochschulen und außer- niversitären Forschungseinrichtungen. Während wir ei den Studienanfängern und den Absolventen sowie en Promotionen schon von einer faktischen Gleichstel- ng sprechen können, sind wir bedauerlicherweise bei en Habilitationen und den Professuren noch erheblich avon entfernt. 31064 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Aber wir dürfen bei alledem nicht vergessen, dass wir hier über Lebensläufe sprechen. Wir reden hier vor ganz persönlichen Lebensentwürfen und individuellen Karrie- rewegen. Wohlgemerkt: Eine Dekade ist nicht viel, um einen Menschen von der Schule zur Professur zu brin- gen. Vom Studiumsanfang bis zum Abschluss, von Pro- motion und Habilitation bis zur Professur sprechen wir alleine schon von einem Zeitraum von etwa 20 bis 25 Jahren. Positive Entwicklungen über eine Dekade sind deshalb nur ein Auszug und sollten jetzt nicht dazu führen, dass wir überall Negatives sehen. Natürlich müs- sen wir weiter auf die Gleichstellung drängen. Natürlich wollen wir, dass genauso viele Frauen wie Männer eine Professur innehaben. Das ist alles Potenzial und Kompe- tenz, die wir nicht verschwenden dürfen. Aber dann müssen Bund und Länder gemeinsam mit den Hoch- schulen und Wissenschaftseinrichtungen eine Strategie finden. Worin wir uns in der heutigen Diskussion aber merk- lich unterscheiden, ist der Weg, wie wir das gemeinsame Ziel der Gleichstellung erreichen wollen. Sie wollen Verpflichtungen und Sanktionen aufbauen. Sie wollen, wie in Ihrem Antrag formuliert, die Forschungsförde- rung an Quoten und Verpflichtungen knüpfen. Das geht uns Liberalen aber entschieden zu weit. Denn damit be- wirken sie eine wissenschaftspolitische Dysfunktion – wo Projekte und Forschung nicht mehr nach der Leis- tung und Themen gefördert werden. Und das konterka- riert das Anliegen der Förderung der Besten und besten Projekte, zumal Ihr Vorschlag im Antrag überhaupt nicht konkret wird und unsauber gearbeitet ist. In den Mathe- matischen, Naturwissenschaftlichen, Ingenieur- und Technikwissenschaften ist die Frauenförderung vielmehr eine Aufgabe für den schulischen Bereich statt für die Wissenschaftseinrichtungen. Da geht es um Begeiste- rung für diese Fächer, um eine Art Kulturwandel unseres Bildungssystems. Da kommt man mit Quoten für Beru- fungen und Professuren nicht weiter. Es sei denn, man reduziert den Anteil der Stellen. Statt Sanktionsmechanismen und feste Quoten wollen wir Anreize schaffen, Impulse in das Wissenschaftssys- tem geben und das Kaskadenmodell als Gleichstellungs- ziel implementieren. Das Kaskadenmodell erläutert, dass wir den Frauenanteil einer Karrierestufe nach dem An- teil einer darunterliegenden Qualifikationsstufe anstre- ben. Das ist keine lose Gleichstellungsrhetorik, wie es die Opposition hier gerne darstellt, sondern ein realitäts- nahes und vernünftiges Modell, mit dem wir eine Grund- lage für Überprüfung und Selbstverpflichtung haben. Die großen Wissenschaftseinrichtungen haben das Kaskadenmodell bereits für sich als praktikables Instru- ment adaptiert. Durch die in der Gemeinsamen Wissen- schaftskonferenz erarbeiteten Ausführungsvereinbarun- gen und den Pakt für Forschung und Innovation existiert für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen eine Gleichstellungsstrategie bzw. ein Gleichstellungsziel auf Grundlage des Kaskadenmodells. In der öffentlichen Anhörung im Ausschuss gab es sowohl vonseiten des Wissenschaftsrates als auch vonseiten der anderen gela- denen Experten hierzu positive Resonanz sowie die Auf- fo h R (G A d k ih c s le B re g d lu d re li tu b le u z lu u in M u M d z in M s 5 fe 5 le s G w u s W M a b v u v o e P b (C (D rderung, mit Nachdruck weiter auf die Chancengleich- eit zu drängen. Deshalb wollen wir gemeinsam mit den Ländern im ahmen der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz WK) einen gemeinsamen Weg und Lösungen finden. ber nicht, wie im Antrag der Opposition zu lesen, dass er Bund alleine aktiv wird oder die Länder bittet. Es ann nur so sein, dass die Länder eigene Maßnahmen für re Hochschulen ergreifen und Fördermodelle entwi- keln. Und wenn die SPD und die Grünen der Meinung ind, verbindliche Quoten einführen zu wollen, dann sol- n diese es für die Hochschulen ihrer Länder auch tun. islang aber vernehme ich aus den von SPD und Grünen gierten Ländern weder politisches Handeln noch ir- endwelche Diskussionen über Quoten. Insofern zeigt ie Opposition heute vor allem wieder nur Gleichstel- ngsrhetorik, dafür aber weniger politische Ehrlichkeit. Den Antrag der Opposition lehnen wir deshalb ab, enn viele Forderungen sind eher schädlich denn hilf- ich. Demgegenüber steht der Antrag dieser christlich- beralen Koalition. Wir fordern neben der Verantwor- ng der Wissenschaft für Geschlechtergerechtigkeit ins- esondere die Länder dazu auf, mit dem Bund und al- ine weitere Maßnahmen und Anstrengungen zu nternehmen. Zudem wollen wir die Begleitforschung u den vielfältigen und unterschiedlichen Gleichstel- ngsfragen weiter stärken, damit geeignete Maßnahmen nd Instrumente entwickelt werden können. Dabei soll sbesondere ein Schwerpunkt auf den Bereich der INT-Fächer gelegt werden. Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): In dem Fachgespräch nserer Fraktion zur Situation des wissenschaftlichen ittelbaus brachte der Kollege Matthias Neis von Verdi as hier zu diskutierende Problem auf den Punkt: „Bis ur Promotion sind etwa gleich viel Frauen und Männer der Wissenschaft. Danach steigen Frauen aus und änner auf.“ Forschung und Lehre prägen unsere Ge- ellschaft mehr denn je. Wir nähern uns der Marke von 0 Prozent jeder Generation, die ein Studium durchlau- n. Mehr als 200 000 Menschen promovieren; mehr als 00 000 Menschen arbeiten allein an unseren Hochschu- n. Wir reden über einen quantitativ und qualitativ ent- cheidenden Schüsselsektor unserer wissensgeprägten esellschaft. Mittlerweile seit Jahrzehnten diskutieren ir die Frage, wie wir eine Gleichstellung von Frauen nd Männern in der Wissenschaft erreichen. Neben dem Argument der Gerechtigkeit, das für sich teht, werden dabei auch immer Eigenmotivationen der issenschaft angeführt, Vielfalt in den Ansätzen und ethodiken etwa, aber auch die Lenkung des Blicks auf lternative gesellschaftliche und wissenschaftliche Pro- lemstellungen. Dabei geht es um eine andere Qualität on Wissenschaft. Die Genderdimension in Forschung nd Lehre bedeutet viel mehr als die reine Steigerung on Frauenanteilen in Führungspositionen. Aber sie ist hne Frauen in Führungspositionen und im Mittelbau ben nicht auszufüllen. 14,6 Prozent der ordentlichen rofessuren sind von Frauen besetzt. Bezieht man die efristeten Juniorprofessuren ein, kommt man auf einen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31065 (A) ) )(B) Anteil von 19,2 Prozent. Hier hat es langsame, aber sichtbare Fortschritte auf niedrigem Niveau gegeben. Besonders düster sieht es im Hochschulbereich bei den Topfunktionen im Management, Hochschul- und Insti- tutsleitungen etwa, aber auch bei wissenschaftlichen Di- rektorinnen in der außeruniversitären Forschung aus. Diese Anteile bewegen sich nur knapp über oder sogar unter 10 Prozent. Die Fortschritte hier laufen derart lang- sam, dass Jutta Dalhoff vom Center of Excellence Wo- men and Science, CEWS, in der Süddeutschen Zeitung in dieser Woche schrieb: „Es ist an der Zeit, die Geduld zu verlieren.“ So wird es vielen jungen und nicht mehr ganz so jungen Frauen gehen, die auf die Chance warten, sich und ihre großartigen Kenntnisse in die Wissenschaft einzubringen. Konzepte zur besseren Durchsetzung von Frauen lie- gen reichlich auf dem Tisch, Expertisen zur Ursache des Ausstiegs vieler Frauen ebenso. Wir wissen längst, dass Frauen sowohl an tatsächlicher Ausgrenzung und Vorur- teilen durch männlich dominierte Netzwerke, als auch an strukturellen Barrieren scheitern. Diese Hemmnisse las- sen sich nicht mit einer Maßnahme beheben, sondern be- nötigen vielfältige Ansätze. Diese haben wir in der Ini- tiative der Opposition aufgelistet: von der transparenten Ausschreibung von Stellen über die anonymisierten Be- werbungsverfahren bis zur Schaffung familiengerechte- rer Arbeitsbedingungen und sicherer Karriereperspekti- ven – auf einen Lehrstuhl hin oder eben auch ohne Professur. Denn viele Frauen in der Wissenschaft, das hörte ich in Gesprächen immer wieder, streben nicht un- bedingt auf eine Professur. Sie wollen Wissenschaft be- treiben, manchmal eben auch ohne den spezifischen Ha- bitus des Ordinariats. Nicht zuletzt, auch das steht in unserem Antrag, brau- chen wir auch eine nach Fächern differenzierte, aber durchsetzungsfähige Quote in der Wissenschaft. Diese sollte durch finanzielle Anreize, aber auch durch Sank- tionen abgesichert werden. Die Mittelvergabe ist ein echter Hebel, der da, wo er angewandt wird, gut funktio- niert. Dieser Hebel kann ergänzt werden durch individu- elle Förderprogramme, wie sie der Bund mit dem Pro- fessorinnen-Programm, aber auch das damals rot-rot regierte Berlin mit dem Programm für Gleichstellung er- folgreich umsetzt. Ich freue mich, dass wir mit dem Antrag der drei Op- positionsfraktionen den Druck bei diesem Thema ge- meinsam aufrechterhalten konnten. Dieser Druck hat bei der Koalition immerhin die Erstellung eines Antrags be- wirkt. Ich wünschte mir, dass auch die Kolleginnen und Kollegen von Union und FDP die verbleibende Zeit zur Weichenstellung nutzen. Dabei geht es nicht nur um die Bundesländer, sondern um die ganz konkreten Bedin- gungen in der außeruniversitären Forschung, für die der Bund eine starke Verantwortung trägt. Schaffen Sie die in Ihrem eigenen Antrag geforderte Verbindlichkeit der Quote nach dem Kaskadenmodell in allen Einrichtun- gen! Das wäre ein wirklicher Fortschritt. Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In den vergangenen zwei Legislaturperioden haben wir uns im P A s F W te te li d b d S e o G ri K d d m s J s F G U d d a n c e fa d F te d n Q ru s u C d G d s n s D d g (C (D lenum, im Forschungsausschuss, im Rahmen zweier nhörungen und durch verschiedene Anträge der Oppo- itionsfraktionen intensiv mit der Unterrepräsentanz von rauen vor allem in den oberen Statusgruppen unseres issenschaftssystems beschäftigt. Wir haben über Stra- gien für mehr Gleichstellung beraten und auch gestrit- n. Heute sind wir bei der Diskussion über mehr Verbind- chkeit bei gleichstellungspolitischen Zielsetzungen urchaus einen Schritt weiter: Der Antrag der Koalition ezieht sich erstmals positiv ausdrücklich auf das Kaska- enmodell. Das heißt: Der Frauenanteil in einer oberen tatusgruppe muss sich in der Zielstellung an dem Frau- nanteil in der darunterliegenden Statusgruppe als Pool f Talents orientieren, etwas, was man vonseiten der roßen Koalition in der vergangenen 16. Legislaturpe- ode nur überprüfen wollte. So erfreulich diese Weiterentwicklung aufseiten der oalition zunächst auch erscheinen mag, kommt man och nicht an der Feststellung vorbei, dass die Koalition amit der Entwicklung in der deutschen Science Com- unity hinterherhinkt. Die führenden Vertreter der deut- chen Wissenschaftsorganisationen haben schon vor ahren mehr verbindliche Zielvorgaben bei der Gleich- tellungspolitik für das Wissenschaftssystem angemahnt. Vor allem die Gleichstellungsstandards der Deutschen orschungsgemeinschaft haben sich nachhaltig auf die leichstellungspolicy der deutschen forschungsstarken niversitäten ausgewirkt. Im letzten Jahr hat sich auch ie Gemeinsame Wissenschaftskonferenz in Bezug auf ie außeruniversitären Forschungseinrichtungen positiv uf das Kaskadenmodell bezogen. Vergessen sollte man in diesem Zusammenhang auch icht, dass die Diskussion über die Position von weibli- hen Wissenschaftlern im deutschen Wissenschaftssystem ine neue Relevanz erhielt, als in den Begutachtungsver- hren der Exzellenzinitiative die internationalen Peers ie einfache Frage stellten: Wo sind denn bei euch die rauen? Da dämmerte es auch den männlichen Führungskräf- n deutscher Wissenschaftsorganisationen, dass es bei er Unterrepräsentanz von Frauen in den Führungsebe- en nicht nur um Gerechtigkeit geht, sondern auch um ualität und Innovationsfähigkeit. Denn die Rekrutie- ng des Führungspotenzials vorrangig aus einer Ge- chlechtergruppe spricht nicht dafür, dass es sich dabei m eine Bestenauslese handelt. Es geht also sowohl um hancengleichheit als auch um die optimale Nutzung es Pools of Talents im Wissenschaftsbereich. Inzwischen werden im Zusammenhang mit der leichstellungsfrage aber längst weiter gehende Fragen iskutiert: Wie soll die Kaskade einrichtungs- und fach- pezifisch verbindlich gestaltet werden? Wie ambitio- iert sollen die Steigerungsschritte auf der Zeitschiene ein? Wie soll es mit den Gleichstellungsstandards der FG weitergehen? Mit welchen Konsequenzen sollen ie Erreichung bzw. die Verfehlung der Zielvereinbarun- en flankiert werden? 31066 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Zu diesen aktuellen Fragestellungen leistet der vorlie- gende Antrag der Regierungsfraktionen keinen Beitrag. Stattdessen versucht die Koalition, ihr Hinterhertrippeln dadurch zu kaschieren, dass sie Pappkameradinnen auf- baut oder versucht, Schlachten der Vergangenheit durch Scheindebatten noch zu gewinnen. Denn eine Einheits- quote nach dem Gießkannenprinzip für alle Fachrichtun- gen wird und wurde nie gefordert. Die Koalition verfolgt offenbar immer noch das Ziel, das Gleichstellungsthema unter Ideologieverdacht zu stellen. Damit kommen Sie aber mindestens 15 Jahre zu spät. Die Wissenschaftsallianz committete sich 2006 in der „Offensive“ dazu, bei den Anteilen von Wissenschaftle- rinnen einen deutlichen Sprung nach vorne zu schaffen. Der Grund, warum wir heute die Unterrepräsentanz von Frauen in der Wissenschaft immer noch debattieren, ist schlicht der, dass die Bilanz der „Offensive“ fünf Jahre später ernüchternd war. Vielerorts blieb es bei bloßer Gleichstellungsrhetorik. Gleichzeitig trat die Schwäche vieler gleichstellungspolitischer Ziele offen zutage: Sie waren unverbindlich und schwer überprüfbar, und wo Ziele nicht erreicht wurden, hatte das offenkundig keine Konsequenzen. Mehr Verbindlichkeit und Überprüfbarkeit gleichstel- lungspolitischer Ergebnisse – das waren die zwei Kern- forderungen, die wir in der letzten Legislaturperiode vor diesem Hintergrund auf die Agenda hoben. Mittlerweile hat sich der damalige Grundsatzstreit immer mehr zu- gunsten von mehr Verbindlichkeit entschieden. Ich habe den GWK-Beschluss von 2011 für die außeruniversitä- ren Forschungsorganisationen und die Gleichstellungs- standards der Deutschen Forschungsgemeinschaft von 2007 bereits erwähnt. Wenn Sie sich in Ihrem Antrag jetzt zu der Forderung durchgerungen haben, zu prüfen, inwieweit sich die DFG-Gleichstellungsstandards in die Projekt- und Res- sortforschung des Bundes übertragen und integrieren lassen, ist das für die Koalition sicher eine Weiterent- wicklung. Es wäre sicher auch sinnvoll, dieses Instru- ment auf die europäische Ebene zu heben. Ich kann nur hoffen, dass die Weiterentwicklung der DFG-Gleichstel- lungsstandards – in Anlehnung an den Antrag der Oppo- sition – in der nächsten Legislatur rechtzeitig auf die Agenda gesetzt wird. Insgesamt muss die institutionelle und projektgebun- dene öffentliche Forschungsförderung stärker mit gleichstellungspolitischen Zielen verknüpft werden, zum Beispiel indem die Vergabe eines Teils der Mittel des Pakts für Forschung und Innovation an die Erfüllung gleichstellungspolitischer Ziele gebunden wird. Unab- dingbar für eine erfolgreiche Gleichstellungspolitik sind aber auch mehr Planbarkeit und Verlässlichkeit bei den wissenschaftlichen Karrierewegen. Auch damit haben wir uns in dieser Legislatur mehrfach vor allem durch Anträge der Opposition befasst. Eine Modernisierung der Personalstrukturen an den Hochschulen und verbes- serte Beschäftigungsperspektiven für den wissenschaftli- chen Nachwuchs sind unabdingbar, wenn man die besten weiblichen Nachwuchskräfte für die Wissenschaft als Beruf gewinnen will. W n in b ra A la J s 5 J tr S m m u ru w h g e s b w s d 2 U g g g e – e o L d a b u e C m je la (C (D Wie ernst die Politik es mit der Gleichstellung in der issenschaft meint, muss sich in Taten erweisen und icht in vollmundigen Erklärungen. Ich hoffe, dass sich der nächsten Legislatur politische Mehrheiten erge- en, um mehr Verbindlichkeit in der Gleichstellung vo- nzubringen. nlage 7 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Sofortprogramm „2. Chance auf Berufsausbildung“ für junge Erwachsene ohne Berufsabschluss – Fachkräfte von morgen ausbilden (Tagesordnungspunkt 13) Paul Lehrieder (CDU/CSU): Wir haben in Deutsch- nd mit aktuell 7,5 Prozent mit Abstand die geringste ugenderwerbslosenquote in ganz Europa. An der Spitze tehen Griechenland und Spanien mit 62,5 bzw. 6,4 Prozent. Im europaweiten Durchschnitt beträgt die ugendarbeitslosenquote 24,4 Prozent. Das sind die Er- äge erfolgreicher christlich-liberaler Arbeitsmarkt- und ozialpolitik. Um unseren robusten und stabilen Arbeits- arkt werden wir in ganz Europa beneidet. Die Arbeits- arktpolitik der unionsgeführten Bundesregierung und nser erfolgreiches Bildungssystem mit der dualen Be- fsausbildung haben wesentlich dazu beigetragen, dass ir die Krise so gut wie kein anderes Land überstanden aben und die Arbeitslosigkeit – besonders unter Ju- endlichen – derart gering ist. Unser Bildungssystem mit iner Kombination aus Theorievermittlung und prakti- cher Anwendung dient vielen anderen Ländern als Vor- ild. Zur Wahrheit gehört an dieser Stelle auch, dass immer eniger Schülerinnen und Schüler die Schule ohne Ab- chluss verlassen. Der Anteil derjenigen Jugendlichen, ie die Schule ohne Abschluss verlassen, ist zwischen 006 und 2011 von 8 auf 6,2 Prozent zurückgegangen. nd auch der Anteil junger Menschen, die über eine ab- eschlossene Berufsausbildung, die Hochschulreife oder ar einen Hochschulabschluss verfügen, ist in den ver- angenen Jahren gestiegen und bleibt mit 86 Prozent auf inem hohen Niveau. Nichtsdestotrotz weisen Sie zu Recht darauf hin liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD –, dass es ine Reihe junger Menschen gibt, die keine Ausbildung der keinen Berufsabschluss haben: Jugendliche, die die ehre abgebrochen oder erst gar keine Lehrstelle gefun- en haben oder einige, die noch nicht einmal die Schule bgeschlossen haben. Derzeit sind etwa 300 000 Ar- eitslose zwischen 25 und 35 Jahren ohne Ausbildung, nd in der gleichen Gruppe der Beschäftigten haben gut ine halbe Million keinen Berufsabschluss. Diese jungen Erwachsenen müssen ebenfalls ihre hance auf eine Ausbildung bekommen. Als Arbeits- arktpolitiker sind mir jeder verlorene Arbeitsplatz und der Arbeitslose einer zu viel. Niemand darf zurückge- ssen werden. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31067 (A) ) )(B) Bildung ist die wichtigste Investition in unsere Zu- kunft, und wir müssen dafür Sorge tragen, dass jeder – unabhängig von der sozialen Herkunft – die bestmögli- chen Chancen auf Bildung und Beschäftigung hat. Nicht nur im Hinblick auf das Gebot der individuellen Chan- cengleichheit, sondern auch in Anbetracht des demogra- fischen Wandels und des drohenden Fachkräftemangels müssen wir die Potenziale, die in diesen jungen Men- schen schlummern, wecken. Bildung ist für junge Men- schen der Schlüssel für individuelle Identität, Orientie- rung und gesellschaftliche Teilhabe. Aus diesem Grund hat das Bundesministerium für Ar- beit und Soziales in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit kürzlich eine Initiative zur Erstausbildung junger Erwachsener gestartet. Mit der Kampagne „Aus- BILDUNG wird was – Spätstarter gesucht“ sollen junge Erwachsene dabei unterstützt werden, einen beruflichen Abschluss zu erwerben. Sie rücken verstärkt in den Fo- kus der Arbeitsagenturen und werden dabei unterstützt, eine Aus- oder Weiterbildung zu absolvieren, die zu ei- nem Berufsabschluss führt. Hierfür brauchen wir aber nicht nur die Unterstützung der Politik und der Bundes- agentur für Arbeit, sondern wir benötigen auch die Be- reitschaft der Wirtschaft und der Unternehmen, diesen jungen Menschen eine Chance zu geben. Auch für einen jungen Menschen mit Mitte/Ende 20 macht eine Ausbil- dung noch Sinn, da noch knapp 40 Jahre in Erwerbstä- tigkeit vor ihm liegen können. Hinweisen möchte ich auch auf das ESF-Programm „Schulverweigerung – Die 2. Chance“ des Bundesminis- teriums für Familie, Frauen, Senioren und Jugend. Mit diesem Programm bekommen Schulverweigerer, die der Schule wiederholt und über einen längeren Zeitraum un- entschuldigt ferngeblieben sind, eine zweite Chance auf einen Schulabschluss. In meinem Wahlkreis Würzburg kam die Don-Bosco- Berufsschule Würzburg – eine Berufsschule zur sonder- pädagogischen Förderung, die sich hervorragend für Schülerinnen und Schüler mit dem Ziel der sozialen, schulischen und vor allem beruflichen Integration enga- giert – in den Genuss dieser Förderung und hat vor Ort einen erheblichen Beitrag dazu geleistet, dass die Zahl der Jugendlichen, die die Schule ohne Schulabschluss verlassen, nachhaltig verringert wurde. In den bundes- weit lokalen Koordinierungsstellen der „2. Chance“ werden bereits seit 2006 Jugendliche, die aktive oder passive Formen von Schulverweigerung aufweisen, auf- gefangen und wieder in das reguläre Schulsystem inte- griert. Durch feste Ansprechpartner werden schulver- weigernde Schülerinnen und Schüler dabei unterstützt, wieder regelmäßig die Schule zu besuchen, und so wer- den die Chancen auf einen Schulabschluss und damit auch auf einen Ausbildungsplatz deutlich erhöht. Im Gegensatz zu Ihrem Antrag – wo Sie lediglich die- jenigen jungen Menschen in den Fokus nehmen, die kei- nen Berufsabschluss haben – setzen wir auch bereits bei der Schulausbildung an. Denn mit einem erfolgreichen Schulabschluss steigen die Chancen auf eine Berufsaus- bildung automatisch. m z fü d m d o h § m K e A ih d u g h m lo s A z g g g B A e d M ri B d n n d in B p s g g v m m b z B is d s n s (C (D Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass wir it den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten zudem ahlreiche passgenaue Handlungsmöglichkeiten zur Ver- gung haben, um junge Erwachsene ohne Berufsausbil- ung in Arbeit zu bringen – Beispiel: Programm U 25. Nach dem Leistungsgrundsatz in § 3 Abs. 2 SGB II üssen die Grundsicherungsstellen versuchen, hilfebe- ürftige junge Menschen in eine Ausbildung, eine Arbeit der eine Arbeitsgelegenheit zu vermitteln. Hierfür ste- en insbesondere die Leistungen zur Eingliederung nach 16 SGB II, aber auch berufsvorbereitende Bildungs- aßnahmen der Agenturen für Arbeit zur Verfügung. önnen Hilfebedürftige ohne Berufsabschluss nicht in ine Ausbildung vermittelt werden, soll die vermittelte rbeit oder Arbeitsgelegenheit auch zur Verbesserung rer beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten beitragen. Des Weiteren möchte ich noch kurz auf die kürzlich urch den Rat Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit nd Verbraucherschutz, EPSCO, beschlossene Jugend- arantie zu sprechen kommen. Die EU-Mitgliedstaaten aben sich entschlossen, die Jugendarbeitslosigkeit ge- einsam zu bekämpfen und den fast 6 Millionen arbeits- sen jungen Menschen eine Perspektive zu bieten. Un- ere Bundesarbeitsministerin Dr. von der Leyen hat die rbeitsminister der EU im Juli zu einem Runden Tisch ur Förderung der Jugendbeschäftigung nach Berlin ein- eladen, um eine gemeinsame nachhaltige Beschäfti- ung für junge Menschen zu schaffen. Mit der Jugend- arantie will die Kommission erreichen, dass jeder EU- ürger unter 25 Jahren innerhalb von vier Monaten nach bschluss einer Ausbildung oder bei Arbeitslosigkeit ine Beschäftigung, Weiterbildung oder einen Ausbil- ungsplatz erhält. Ich könnte noch zahlreiche weitere Initiativen und aßnahmen der Bundesregierung – des Bundesministe- ums für Familie, Frauen, Senioren und Jugend, des undesministeriums für Bildung und Forschung sowie es Bundesministeriums für Arbeit und Soziales – nen- en, wollte aber aufgrund der begrenzten Zeit nur auf ei- ige wenige genauer eingehen. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Fraktion er SPD, lassen Sie mich eine kurze Anmerkung zu dem Ihrem Antrag enthaltenen Seitenhieb auf die flexiblen eschäftigungsverhältnisse machen. Wenn Sie diese als rekäre oder atypische Beschäftigung diffamieren, dann chießen Sie über das Ziel hinaus. Flexible Beschäfti- ungsformen wie Teilzeitarbeit, Zeitarbeitsverhältnisse, eringfügige oder befristete Beschäftigung stellen für iele Menschen nicht nur eine Brücke in den Arbeits- arkt dar, sondern schaffen für die hiesigen Unterneh- en auch die nötige Flexibilität, um im Zuge des Wett- ewerbsdrucks auf punktuelle Auftragsspitzen reagieren u können. Auch der von Ihnen oft verbreitete Mythos, flexible eschäftigung verdränge „Normalarbeitsverhältnisse“, t falsch. Im Zeitraum von 2006 bis 2011 ist die Zahl er regulären Arbeitsverhältnisse um 1,5 Millionen ge- tiegen, die Zahl der flexiblen Beschäftigungsverhält- isse jedoch nur um 450 000. Fakt ist, dass flexible Be- chäftigungsformen nicht nur vielen Menschen die 31068 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) gewünschte Flexibilität – beispielsweise zur Vereinbar- keit von Familie und Beruf – bieten, sondern auch für viele Menschen den Weg in den Arbeitsmarkt eröffnen und Arbeitsplätze schaffen. Meine sehr geehrten Damen und Herren der Fraktion der SPD, wie Sie sehen, ist die christlich-liberale Koali- tion hier bereits seit langem intensiv an der Arbeit. Sie können uns nicht vorwerfen, dass wir nichts für die Gruppe der jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss getan haben und tun werden, wie Sie es in Ihrem Antrag schreiben. Die unionsgeführte Bundesregierung hat schon zahlreiche Maßnahmen für junge Erwachsene ohne Berufsabschluss auf den Weg gebracht, als Sie noch mit dem Verfassen Ihres Antrages beschäftigt war. Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU): Die duale Berufsausbildung hat einen hohen Stellenwert in Deutschland. Ein entscheidender Vorzug des dualen Be- rufsausbildungssystems ist die Nähe zum Beschäfti- gungssystem. Einerseits ermöglicht sie Unternehmen, ihren Fachkräftenachwuchs praxisnah und bedarfsge- recht auszubilden. Andererseits sichert sie den Auszubil- denden hohe Quoten der Übernahme in Beschäftigung und ist somit für viele junge Menschen eine wichtige Vo- raussetzung für eine eigenständige Lebensführung und gesellschaftliche Teilhabe. Die Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt ist für viele Jugendliche nach wie vor gut. Deutschland hat EU- weit die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit und weist eine Rekordzahl an unbesetzt gebliebenen betrieblichen Aus- bildungsplätzen in 2012, plus 3 586 bzw. plus 12,1 Pro- zent, gegenüber dem Vorjahr aus. Ebenso zeigen sich Verbesserungen bei jungen Er- wachsenen ohne Berufsabschluss, nachdem die Bundes- regierung gezielte Maßnahmen für besonders förderbe- dürftige Altbewerber aufgelegt hat. Altbewerber und Altbewerberinnen sind auch eine wichtige Zielgruppe im Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenach- wuchs 2010 bis 2014. Es ist gelungen, die Zahl der Altbe- werber und Altbewerberinnen deutlich zu reduzieren. So ist die Zahl der Altbewerber von 342 000 im Jahr 2005 auf 162 000 zurückgegangen, minus 180 000 Altbewer- ber bzw. minus 52,6 Prozent. Exemplarisch einige Maßnahmen der letzten Jahre: Seit 2008 wurden für 450 000 Schüler Bewilligungen für jeweils Potenzialanalyse und Berufsorientierungs- maßnahme erteilt. Dafür wurden 200 Millionen Euro be- reitgestellt. Dadurch ist die Zahl der Schulabbrecher von knapp 8 Prozent, im Jahr 2008, auf 6,2 Prozent gesun- ken. 2010 hat das BMBF das Sonderprogramm „Berufsein- stiegsbegleiter“ gestartet. Bis 2014 werden rund 1 000 hauptamtliche Berufseinstiegsbegleiter an über 1 000 Schu- len Jugendliche individuell begleiten. Die Bundesregierung hat mit ihren vielfältigen Initia- tiven – Qualifizierungsinitiative von Bund und Ländern, Fachkräftesicherungskonzept, Ausbildungspakt, Pflege- pakt, Spätstarterprogramm – die erforderlichen Initiati- v 2 q te le s B re fü W 6 ic e A m M k c S im s w s d w tr s b B A g d d in w d m a w A E re M M m M g d s (C (D en ergriffen, um das in der Qualifizierungsinitiative 008 vereinbarte Ziel – Halbierung der Ungelernten- uote bis 2015 – nachhaltig zu verfolgen. Mit der vom BMAS und der BA im Februar gestarte- n Initiative „Erstausbildung junger Erwachsener“ sol- n in den nächsten drei Jahren 100 000 junge Erwach- ene zwischen 25 und 35 Jahren für das Nachholen eines erufsabschlusses gewonnen werden. Dafür stehen aus- ichend Mittel in der Weiterbildungsförderung zur Ver- gung. 2013 sind insgesamt 2,6 Milliarden Euro für die eiterbildungsförderung vorgesehen und damit rund 00 Millionen Euro mehr, als 2012 ausgegeben wurden. Wir sind also auf einem guten Weg. Deswegen war h gespannt, was ich in Ihrem Antrag finde. Die SPD fordert ein Recht auf Ausbildung. Hier stellen sich mir zwei Fragen: Erstens. Hätten wir s – wenn die jungen Menschen keinen betrieblichen usbildungsplatz finden – im Endeffekt nicht einfach it einer Ersatzausbildung durch den Staat zu tun? eine Befürchtung ist, dass diese Abschlüsse am Markt eine so hohe Akzeptanz erfahren würden wie betriebli- he Berufsausbildungen. Zweitens. Ist wirklich das „Recht auf Ausbildung“ die chraube, an der wir drehen müssen? Ein solches Recht Sinne eines einklagbaren Anspruchs – etwa auf Ab- chluss eines konkreten Berufsausbildungsvertrages – äre mit unserem Recht und unserem Berufsbildungs- ystem nicht vereinbar. In Vorwahlkampfzeiten blühen ja ie seltsamsten Blüten, aber ich glaube nicht, dass sie so eit gehen würden, die Freiheit, privatrechtliche Ver- äge abzuschließen, untergraben zu wollen. Vielmehr ollten wir schauen, wie wir die zunehmende Zahl an un- esetzten Ausbildungsstellen mit den Menschen ohne erufsausbildung zusammenbringen können. Die SPD fordert einen Vorrang der Vermittlung in usbildung im SGB II. Der Vorrang der Vermittlung in Ausbildung ist ein all- emeiner Grundsatz. Durch das Gesetz zur Verbesserung er Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt wurde mit er Verschiebung der Reihenfolge „Arbeit, Ausbildung“ „Ausbildung oder Arbeit“ deutlich gemacht, dass er- erbsfähige Leistungsberechtigte ohne Berufsabschluss, ie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, pri- är in Ausbildung vermittelt werden sollen. Dies gilt uch für Leistungsberechtigte ohne Berufsabschluss. Die SPD fordert finanzielle Anreize für junge Er- achsene, eine Ausbildung zu beginnen. Wenn wir das weiterdenken, stellen wir demnächst nreize, damit Schüler in die Schule gehen. Ich meine: inen Ausbildungsplatz zu bekommen ist bereits ein An- iz. Hier wird ein grundsätzlich anderes Verständnis des enschen deutlich. Die SPD kennt nur den betreuten enschen, der in Formen großer Sozialexperimente nor- iert wird. Unser Leitbild ist der selbstverantwortliche ensch und damit der Mensch, der freie Entscheidun- en treffen kann, übrigens auch gegen sein wohlverstan- enes Eigeninteresse. Dann muss er aber auch die Kon- equenzen tragen. Wir helfen dort, wo sich der Einzelne Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31069 (A) ) )(B) nicht helfen kann. Dort aber, wo er keine Hilfe will, drängen wir uns auch nicht auf. Uns eint das Ziel, möglichst allen jungen Menschen die Chance auf einen guten Ausbildungsplatz zu geben. Wir wollen sie auch denjenigen ermöglichen, die auf- grund persönlicher Lebensumstände erst später eine Be- rufsausbildung aufnehmen können. Alles in allem ist der SPD-Antrag ein Antrag für das Wahlkampfschaufenster und ein Antrag, der ein wenig die Untiefen sozialdemokratischen Politikverständnis- ses zeigt, aber leider kein Antrag, der in seiner Schlicht- heit einen substanziellen Beitrag zur Problemlösung bringt. Deswegen ist es vernünftig, ihn zu debattieren, aber ebenso vernünftig, ihn abzulehnen. Katja Mast (SPD): Bildung und Ausbildung sind die beste Arbeitslosenversicherung! Wir brauchen gut aus- gebildete Fachkräfte. Deutschland kann sich 1,5 Millio- nen junge Erwachsene zwischen 25 und 35 Jahren ohne Berufsabschluss in unserem Land nicht leisten. Deshalb wollen wir Sozialdemokraten ein 10-Punkte-Sofortpro- gramm auflegen. Denn unsere jungen Menschen haben eine zweite Chance auf einen Berufsabschluss verdient. Wenn wir sie heute ausbilden, also den Einstieg in den Aufstieg am Arbeitsmarkt ermöglichen, schaffen wir Le- benschancen und entlasten unsere Sozialkassen auf Dauer! Auch wenn die Situation auf dem deutschen Ausbil- dungsmarkt im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn auf den ersten Blick entspannt scheint, muss man doch etwas genauer hinschauen. Doch genau das tut diese Bundesregierung nicht! Schlimmer noch, sie redet die Lage schön; die Augen werden vor den Problemen auf dem heimischen Ausbildungsmarkt verschlossen. Handlungsbedarf sieht diese Bundesregierung nicht. Doch wie kann das sein, wenn im letzen Ausbildungs- jahr fast 80 000 Jugendliche ohne Ausbildungsplatz ge- blieben sind, wenn der Bundesagentur für Arbeit, BA, der Verbleib von fast 90 000 Bewerbern und Bewerbe- rinnen unbekannt ist, wenn noch immer fast 300 000 Ju- gendliche im sogenannten Übergangssystem verharren, wenn die Zahl der Betriebe, die ausbilden, immer weiter schrumpft, wenn 1,5 Millionen junge Erwachsene zwi- schen 25 und 35 Jahren keinen Berufsabschluss haben und davon jeder Fünfte arbeitslos ist? Statt die Probleme anzupacken, tut die Regierung so, als ob alles in Ordnung sei, und wirbt in ganz Europa für eine Ausbildungsaufnahme in Deutschland, um dem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen. Diese Aus- bildungs- und Arbeitsmarktpolitik ist scheinheilig! Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in unserem Land die besten Bildungs- und Ausbildungschancen zu geben! Nur so sichern wir in Zeiten des demografischen Wandels unseren Fachkräftebedarf von morgen! Für uns ist gute Arbeit viel mehr als Broterwerb; gute Arbeit si- chert die gesellschaftliche Teilhabe. Deshalb müssen wir alle mitnehmen, auch die, die es im ersten Anlauf viel- leicht nicht geschafft haben, einen Berufsabschluss zu m w d re E ti s w d A tr ri F d J in E te d z d E z p b d u m ju z g a u m P d D tr Ü ih d je d D D a d A m s w 9 (C (D achen. Wir müssen uns diesen jungen Menschen zu- enden, dürfen uns nicht von ihnen abwenden, wie es ie Regierung macht. Die Bundesagentur für Arbeit hat das erkannt und ih- n Handlungsschwerpunkt auf die Gruppe der jungen rwachsenen ohne Berufsabschluss gelegt. Mit der Ini- ative „AusBILDUNG wird was – Spätstarter gesucht“ ollen in den nächsten drei Jahren 100 000 junge Er- achse zum Berufsabschluss geführt werden. Die Bun- esagentur hat den richtigen Weg eingeschlagen. Die nstrengungen müssen unterstützt und weiter vorange- ieben werden. Doch von unserer Bundesarbeitsministe- n gibt es außer schöner Worte keine Unterstützung! Zusätzliches Geld gibt es nicht. Das Gegenteil ist der all; denn Ministerin von der Leyen betreibt eine Politik es sozialen Kahlschlags sondergleichen. Allein in den ahren 2011 bis 2013 belaufen sich die Mittelkürzungen der Arbeits- und Sozialpolitik auf 36,5 Milliarden uro. Diese schwarz-gelbe Kürzungsorgie bei den Mit- ln für die aktive Arbeitsmarktpolitik geht auch zulasten er jungen Generation, der Alleinerziehenden und Lang- eitarbeitslosen – eine fatale Entscheidung; denn gerade ie jungen Erwachsenen haben noch 30 bis 40 Jahre rwerbsarbeit vor sich, die ohne ausreichende Qualifi- ierung vom Wechsel zwischen Arbeitslosigkeit und rekärer Beschäftigung bestimmt sein können. Und das edeutet eine starke Belastung unserer Sozialkassen und er Kommunen. Hier ist vorsorgende, vorausschauende nd aktivierende Politik gefordert. Genau das wollen wir Sozialdemokraten. Wir wollen ehr Geld für die Qualifizierung und Ausbildung der ngen Erwachsenen in die Hand nehmen, um ihnen ihre weite Chance und manchmal auch ihre dritte Chance zu eben. Neben zusätzlichen finanziellen Mitteln braucht es uch gesetzliche Änderungen. Auch das unterscheidet ns Sozialdemokraten von dieser So-tun-als-ob-Arbeits- arktpolitik der Regierung Merkel. Kernpunkt unseres heute hier eingebrachten 10-Punkte- rogramms ist die Einführung eines Rechts auf Ausbil- ung. Kein Jugendlicher soll ohne Abschluss bleiben. abei setzen wir zuallererst auf eine Stärkung der be- ieblichen Ausbildungsplätze, die Neuorganisation des bergangssystems und mehr Teilzeitausbildungsplätze. Doch für diese jungen Erwachsenen brauchen wir auf re spezielle Lebenssituation maßgeschneiderte Ausbil- ungsangebote. Sie arbeiten teilweise und verdienen tzt gerade durch Hilfsjobs auch deutlich mehr, als sie urch eine Ausbildungsvergütung bekommen könnten. er eine oder die andere hat auch Kinder zu versorgen. eshalb wollen wir mit einem finanziellen Anreizsystem uch die jungen Menschen zur Aufnahme einer Ausbil- ung motivieren, die bereits arbeiten. Zusätzlich zum rbeitslosengeld I und II sollen die jungen Erwachsenen onatlich 150 Euro erhalten. Bei erfolgreichem Ab- chluss der Zwischen- und Abschlussprüfung soll es als eiteren Motivationsschub Prämien in Höhe von bis zu 00 Euro geben. 31070 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Weitere wichtige Stellschraube ist, dass wir bereits bestehende Arbeitsmarkt- und Eingliederungsinstru- mente der Gruppe der jungen Erwachsenen zugänglich machen. Wir müssen mit passgenauen Instrumenten re- agieren; denn die Lebenslagen der jungen Menschen sind sehr unterschiedlich. Dazu gehört, den Vorrang der Vermittlung in Ausbildung vor Arbeit bis zum 35. Le- bensjahr zu verlängern; heute gilt dies nur bis 25 Jahre. Dazu gehört auch, Berufseinstiegsbegleitung und ausbil- dungsbegleitende Hilfen für junge Erwachsene bis 35 Jahre anzubieten. Die Vorschläge der Sozialdemokraten liegen auf dem Tisch. Ich fordere die Bundesregierung auf, endlich Ta- ten sprechen zu lassen, nicht nur warme Worte zu fin- den! Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP): Sie bekla- gen in Ihrem Antrag, dass es in Deutschland 1,5 Millio- nen Menschen im Alter zwischen 25 und 35 gibt, die keine abgeschlossene Berufsausbildung haben – das kann man mit Recht beklagen, wie ich gerne festhalte. Das ist für sich genommen schon ein Problem. Es wird ein größeres dadurch, dass schon aktuell ein Fachkräfte- mangel diagnostizierbar ist, der in Zukunft eher noch zu- nehmen wird. Auch hierauf weisen Sie ja hin. Dann er- läutern Sie einigermaßen umfangreich, warum ein fehlender Berufsabschluss ein Problem darstellt bzw. ein erhebliches Risiko birgt, wenn es um die individuelle Er- werbsbiografie geht. Und dann gibt es bei Ihnen noch ei- nen Satz, den ich einmal zitieren möchte: „Eine gute Qualifizierung und Ausbildung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist Grundlage für den Einstieg in den Aufstieg am Arbeitsmarkt. Nur so können die Fach- kräfte von morgen gewonnen und die Spaltungen am Ar- beitsmarkt überwunden werden.“ Ich zitiere das gerne; denn ich sehe das im Wesentlichen genauso. Einigkeit ist ja immer etwas Schönes, allerdings hört es jetzt auf damit. Denn einige Fragen müssen Sie sich schon gefallen lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Erstens: Wenn der Fachkräftemangel die zentrale Herausforderung ist, vor der wir stehen, dann frage ich mich doch, ob nicht wer A sagt, auch B sagen muss. Dann gehören nämlich mehrere Themen dazu, beispielsweise Einwanderung. Sie hingegen thematisieren Arbeitsmigration oft ge- nug negativ. Ich erinnere mich noch gut an unsere Diskussion um die auslaufenden Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit für unsere europäischen Nachbarn. Und was war da von Ihnen zu hören? Das letzte Stündlein für die deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer habe geschlagen. Ein Heer unwill- kommener Konkurrenten stehe vor der Türe, die nichts anderes im Sinn hätten, als die deutschen Standards zu untergraben. So gut wie alle Ihre damaligen Diskussionsbeiträge standen unter der Überschrift, dass Einwanderung etwas sei, das in erster Linie Probleme bereitet. Den deutschen Bürgerinnen und Bürgern solle vor allem eines beim Thema Einwanderung einfallen, nämlich die Frage da- nach, wie man sich eigentlich davor schützen könne. Das is s ro te d e d im d d b h fu z d m s M fe h d te b S p w e ri s ti d z k M b o a Ih – ru E le Id u ü b k d g v re ju e h n (C (D t grundfalsch, schädlich und häufig genug auch chändlich. Wir müssen den Talenten aus aller Welt den ten Teppich ausrollen, sonst kriegen wir den Fachkräf- mangel nie in den Griff – ich hoffe, Sie verinnerlichen as jetzt ein für alle Mal. Und zweitens: Der Fachkräftemangel hat vor allem twas mit dem demografischen Wandel zu tun. Wir wer- en immer älter, wir leben immer länger, und wir können mer länger arbeiten. Deshalb ist die Rente mit 67 auch er richtige Schritt. Franz Müntefering hatte das verstan- en, Sie hingegen nicht. Sie überschlagen sich bei Ihrer lamablen Rückwärtsrolle in der Rentenpolitik. Auch ier liefern Sie keinen vernünftigen Beitrag zur Bekämp- ng des Fachkräftemangels, sondern entwerfen irrwit- ige Szenarien abseits der Realität, um aus den Sorgen er Menschen Ihr politisches Kapital zu schlagen. Zumal: Wer sich über Ausbildungschancen Gedanken acht, sollte sich doch erst einmal darüber im Klaren ein, wo diese entstehen. Richtig, es ist der deutsche ittelstand. Wenn dort die Auftragslage passt, das Um- ld für Wachstum und Investitionen stimmt und Sicher- eit über die politischen Rahmenbedingungen herrscht, ann wird auch ausgebildet. Da wird der deutsche Mit- lstand seiner Verantwortung seit Jahrzehnten in vor- ildlicher Art und Weise gerecht. Doch was wollen Sie? ie wollen mittelständische Unternehmen mit Ihren opulistischen Wahlkampfvorhaben kaputtbesteuern, eil Sie ihnen mit Ihren Vermögen- und Erbschaftsteu- rplänen an die Substanz gehen. Es ist geradezu heuchle- sch, auf der einen Seite von Ausbildungschancen zu prechen und auf der anderen Seite derart kontraproduk- ve Pläne zu schmieden. Abgesehen davon finde ich es doch bemerkenswert, ass Sie in Ihrem Antrag einen klaren Zusammenhang wischen niedriger Entlohnung und niedrigem Qualifi- ationsniveau herstellen. In den Debatten zum Thema indestlohn hört sich das oft ganz anders an. Dabei ha- en Sie völlig recht: Es ist in erster Linie das Qualifikati- nsgefälle, das den Arbeitsmarkt spaltet. Ich will gerne nerkennen, dass Sie mit Ihrer Idee eines, übrigens laut res Antrags offensichtlich durch Voodoo finanzierten weil Sie nur Kosten benennen und keinen Finanzie- ngsvorschlag machen – Sofortprogramms für junge rwachsene ein wichtiges Thema ansprechen und viel- icht sogar die eine oder andere gar nicht so schlechte ee haben. Darüber können wir uns gerne im Ausschuss nterhalten. Beispielsweise habe ich auch schon einmal berlegt, ob man nicht eventuelle Verdienstausfälle ar- eitsmarktpolitisch zumindest teilweise kompensieren önnte, die auftreten, wenn jemand, der keine Ausbil- ung hat, aber sehr wohl beschäftigt ist, seine Beschäfti- ung aufgibt, um doch noch eine Ausbildung zu absol- ieren. Aber eines ist ja wohl ein starkes Stück. Dass ausge- chnet Sie die teilweise mangelnde Qualifikation von ngen Erwachsenen beklagen, kann man ja wohl nicht rnst meinen. Das statistisch größte Qualifikationsrisiko aben nämlich diejenigen, die in Bundesländern mit ei- er traditionell von der SPD dominierten Bildungspolitik Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31071 (A) ) )(B) auf die Welt kommen. Ich sage nur: Bremen. Dass die Landesregierung in NRW jetzt ausgerechnet bei der Bil- dung, genauer gesagt bei den Vertretungsstunden, kürzt und damit Unterrichtsausfälle in Kauf nimmt, passt haar- genau ins Bild. Und wie kommt es eigentlich, dass in Bundesländern wie Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern – entgegen dem allgemeinen Trend in Deutschland – die Schulab- brecherquote deutlich zunimmt? Das hat bestimmt rein gar nichts mit sozialdemokratischen Regierungschefs zu tun, nicht wahr? Und noch ein Zufall: Im letzten Regie- rungsjahr von Rot-Grün im Bund, also 2005, war die Ar- beitslosigkeit unter Jugendlichen doppelt so hoch wie heute, wo wir an der Regierung beteiligt sind. Also, nichts für ungut, ich denke, wir sollten uns im Detail über alles unterhalten, aber bei diesem Thema würde ich Ihnen wirklich empfehlen, nicht zu sehr auf andere zu zeigen. Agnes Alpers (DIE LINKE): In Deutschland haben insgesamt 2,2 Millionen Menschen zwischen 20 und 34 Jahren keine abgeschlossene Berufsausbildung. Das ist absolut inakzeptabel! Die SPD nimmt nun einen Teil, Menschen zwischen 25 und 34 Jahren, in den Fokus. Für sie soll unter ande- rem gelten: Vermittlung in Ausbildung geht vor Vermitt- lung in Arbeit. Das finden wir richtig; denn das, wie üb- rigens viele andere Punkte in Ihrem Antrag, fordern wir bereits seit langer Zeit. Wie Sie wissen, bin ich Pädagogin. Deshalb erzähle ich Ihnen von Martin, 27 Jahre alt. Ohne abgeschlossene Ausbildung jobbt er als Aushilfe und bekommt dafür 950 Euro. Er hofft, dass er in drei Monaten nicht wieder arbeitslos ist. Martin würde gerne eine Familie gründen. Aber wie soll das gehen? Die Linke sagt: Jeder Mensch braucht echte berufli- che Perspektiven. Konkret heißt das: Das Recht auf Aus- bildung muss umgesetzt werden! Für die 2,2 Millionen Menschen ohne Berufsab- schluss brauchen wir eine Ausbildungsgarantie neben ei- nem Rechtsanspruch mit verlässlichen Ausbildungsplät- zen in den Betrieben. Weiterhin fordern wir ein 1,5 Milliarden Euro schweres Sofortprogramm und ver- bindliche arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, um mög- lichst alle mitzunehmen. Das aber sagen wir Ihnen nun schon seit geraumer Zeit. Und nun endlich scheint Be- wegung in die Sache zu kommen: Die Bundesregierung hat im Februar das Programm „AusBILDUNG wird was – Spätstarter gesucht“ auf den Weg gebracht. Hier sollen die Menschen ohne abge- schlossene Berufsausbildung über eine Weiterbildung ei- nen Berufsabschluss erreichen. Das klingt erst einmal gut, aber schauen wir uns das mal näher an: Erstens. Das Programm soll mit laufenden Haushalts- mitteln finanziert werden. Ich sage Ihnen, so eine Auf- gabe kann man nicht mal so nebenbei finanzieren. Auch der DGB geht davon aus, dass pro Jahr 400 bis 500 Mil- lionen Euro investiert werden müssten, damit 3 n a n E ic 2 b s 7 a c v s le ih w a M g g g g R S g u a J b n J s 2 s Z e s A te n Z 2 8 u n s o n d n s d (C (D 0 000 Menschen einen Berufsabschluss machen kön- en. Investieren Sie jetzt in Ausbildung, dann haben wir uch genügend Fachkräfte. Zweitens. Das Spätstarter-Programm ist nur für die ächsten drei Jahre angedacht und soll 100 000 jungen rwachsenen einen Ausbildungsabschluss sichern. Und h erinnere Sie als Bundesregierung: Sie wollten bis 015 die Zahl der Menschen ohne Berufsabschluss hal- ieren. Machen Sie also keine Schaufensterprogramme, chaffen Sie mindestens die angekündigten 00 000 Ausbildungsplätze! Drittens. Mithilfe des Programms soll in den Berufen usgebildet werden, in denen die Betriebe nicht ausrei- hend Bewerberinnen und Bewerber finden. Das betrifft or allem das Hotel- und Gaststättengewerbe. Hier sind chlechte Ausbildungsqualität, Überstunden und vor al- m Niedriglohn normal. Wir wollen Menschen doch aus rer prekären Lebenssituation herausholen. Menschen ieder in prekäre Arbeitslagen abzudrängen, ist mit uns ls Linke nicht zu machen. Viertens, als letzter Punkt: Vor wenigen Tagen hat inisterin Wanka hier in der Befragung der Bundesre- ierung gesagt: Wenn die duale Ausbildung das Rück- rat dieses Systems ist, dann ist es wichtig, dass genü- end Ausbildungsplätze in der Wirtschaft zur Verfügung estellt werden. Frau Wanka und Kollegen, wenn Sie ückgrat haben, dann machen Sie Schluss mit der elbstverpflichtung der Betriebe! Führen Sie eine Umla- efinanzierung ein, setzen Sie das Recht auf Ausbildung m und bringen Sie ein Sofortprogramm für Ausbildung uf den Weg! Nur das schafft Perspektiven für alle. Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): unge Menschen ohne Berufsabschluss sind häufiger ar- eitslos, häufiger prekär beschäftigt und bekommen we- iger Geld als Gleichaltrige mit Berufsabschluss. Im ahr 2011 waren 2,2 Millionen junge Menschen zwi- chen 20 und 34 Jahren ohne Berufsabschluss. Von den 5- bis 35-Jährigen hatten 1,5 Millionen keinen Ab- chluss. Das sind 16 Prozent der Altersgruppe. Diese ahlen zeigen den enormen Handlungsbedarf. Hier liegt in gigantisches Fachkräftepotenzial brach. Und es wird ehenden Auges von der Bundesregierung verschenkt. nstatt den jungen Menschen neue Perspektiven zu bie- n, werden die Zahlen mit einem Achselzucken hinge- ommen. Ein Beispiel: Die Bundesregierung hat es sich zum iel gesetzt, den Anteil junger Erwachsener zwischen 0 und 29 Jahren ohne Berufsabschluss bis 2015 auf ,5 Prozent zu senken. Dies hat sie in ihrer Antwort auf nsere Kleine Anfrage noch einmal bekräftigt. Aber ach den letzten uns zur Verfügung stehenden Zahlen ind immer noch über 15 Prozent dieser Altersgruppe hne Berufsabschluss. Nach Adam Riese bleiben also och zwei Jahre, um dieses Ziel zu erreichen. Wenn es in iesem Schneckentempo weitergeht, dauert das aber och zwanzig Jahre. Ich frage Sie ernsthaft, wie Sie das chaffen wollen. Denn ein Gesamtkonzept kann ich bei en verschiedenen Initiativen derzeit nicht erkennen. 31072 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Es ist wichtig, dass alle Menschen ohne abgeschlos- sene Berufsausbildung ein Angebot bekommen. Das schließt auch diejenigen ein, die ohne Abschluss bereits berufstätig sind. Dafür braucht man ausreichend finan- zielle Mittel und die richtigen Instrumente, die auf die Problemlagen und die Situation der Betroffenen zuge- schnitten sind. Dafür brauchen wir berufsbegleitende Angebote, erheblich mehr Teilzeitausbildungen, bessere Beratung sowie individuelle Förderung. Wenn wir dafür sorgen wollen, dass nicht jedes Jahr immer neue Schul- abgänger vor den immer gleichen Problemen stehen, muss der Dschungel der Förderprogramme von Bund, Ländern und Kommunen im Übergangsbereich gelichtet und in eine klare Einstiegsphase in die berufliche Aus- bildung umgestaltet werden. Außerdem müssen kleine und mittlere Betriebe, die keine Ausbildungsbefähigung haben, besser unterstützt werden, damit auch sie sich an der Ausbildung beteiligen können. Das grüne Konzept „DualPlus“ liefert hier Lösungen. Es ist erst wenige Wochen her, da wurde der Berufs- bildungsbericht 2013 vorgestellt. Das war wahrlich kein Anlass für Freudensprünge. Im Gegenteil: Von guter Ausbildung für alle sind wir noch weit entfernt. Es ist doch längst erwiesen: Weder eine gute Konjunktur noch der demografische Wandel oder der zunehmende Fach- kräftemangel sorgen dafür, dass alle jungen Menschen erfolgreich eine Berufsausbildung absolvieren. Der Be- rufsbildungsbericht liefert die Zahlen schwarz auf weiß: Trotz guter Wirtschaftslage ist die Zahl der Ausbildungs- betriebe auf einem historischen Tiefstand. So gut unser duales System der betrieblichen Berufs- ausbildung auch ist, es gelingt nicht, darüber allen jungen Menschen Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. 4,3 Milliarden Euro werden jedes Jahr für per- spektivlose Warteschleifen verplempert. Das ist ein Ar- mutszeugnis für die Bundesregierung. DualPlus liefert hier Lösungen, um allen Jugendlichen und jungen Er- wachsenen eine anerkannte Berufsausbildung zu ermög- lichen. Denn eine abgehängte Generation können wir uns nicht leisten – weder hier noch in Europa. Es ist ganz einfach: Ausbildungsgarantie statt Warte- schleife bringt Perspektiven statt Frust. Das wollen wir, und das gelingt mit DualPlus. Anlage 8 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zum Ausbau der Hil- fen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt – Beschlussempfehlung und Bericht zur Stel- lungnahme des Deutschen Ethikrates – Das Problem der anonymen Kindesabgabe (Tagesordnungspunkt 14 a und b) Ingrid Fischbach (CDU/CSU): Was lange währt, wird endlich gut! Heute bringt die christlich-liberale Ko- a d d n U S p s w H b K b g K w D te s d u K s w g d g k b re d H ra 2 n z fe g b w F k d fi ti d e J h m (C (D lition mit dem vorliegenden Gesetz eine Regelung auf en Weg, die den Interessen der betroffenen Mütter, Kin- er und auch Väter gerecht wird. Es ist uns gelungen, ach elf Jahren endlich Rechtssicherheit zu schaffen. nd darauf sind wir heute auch etwas stolz. Mit Einführung der vertraulichen Geburt tragen wir orge, dass schwangere Frauen, die ihre Identität nicht reisgeben möchten, Handlungssicherheit und umfas- ende Hilfen erhalten. Das Interesse an ihrer Anonymität ird gewahrt: Ihre Daten bleiben geheim, damit sie ilfe annehmen können. Die gesetzliche Regelung der vertraulichen Geburt ietet beste Gewähr dafür, dass betroffene Frauen ihre inder medizinisch gut versorgt in einer Klinik zur Welt ringen können. Die Gefahren und Risiken einer unbe- leiteten Geburt werden vermieden – für Mutter und ind. Uns war wichtig, dass die betroffenen Frauen schon ährend der Schwangerschaft besser erreicht werden. eswegen wird das bereits bestehende Hilfesystem wei- r ausgebaut und die Schwangerschaftsberatung ge- tärkt. Dieses Ziel macht auch der Name des Gesetzes eutlich: Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere nd zur Regelung der vertraulichen Geburt. Gleichzeitig wird das Grundrecht des Kindes auf enntnis der eigenen Herkunft abgesichert: Dem Kind oll es ab dem 16. Lebensjahr möglich sein, zu erfahren, er seine Mutter ist. Wir halten uns hier an die bereits eltende Rechtslage bei der Adoption. Die Interessen es Kindes werden durch diese Regelung deutlich besser ewahrt als bei den bestehenden Angeboten der Baby- lappe und der anonymen Geburt. Durch die Abwägung dieser Rechtsgüter erhalten die etroffenen Frauen und alle anderen Beteiligten eine chtssichere Entscheidungsgrundlage, auf die sie sich in ieser schwierigen Situation verlassen können. Wesentliche Grundlage für unser gesetzgeberisches andeln waren die Stellungnahme des Deutschen Ethik- tes „Das Problem der anonymen Kindesabgabe“ vom 6. November 2009 wie auch die Studie des DJI „Ano- yme Geburt und Babyklappen in Deutschland – Fall- ahlen, Angebote, Kontexte“, die im Januar 2012 veröf- ntlicht wurde. In den Gesetzentwurf sind die Erfahrungen vieler Trä- er von Babyklappen und von Anbietern anonymer Ge- urten eingeflossen. Diese Erfahrungen waren äußerst ertvoll. Denn sie haben gezeigt, wie wichtig es ist, den rauen in Not- und Konfliktsituationen Schutz und kon- rete Hilfe zu bieten. Umso wichtiger ist eine Beratung, ie jederzeit erreichbar, verlässlich, dauerhaft und quali- ziert ist. Dafür hat sich die CDU/CSU-Bundestagsfrak- on eingesetzt. Mit Blick auf die Babyklappen ist festzuhalten, dass eren Betrieb Sache der Länder ist; der Bund hat hier nur inen begrenzten Einfluss. Da die Studie des Deutschen ugendinstituts deutlichen Handlungsbedarf aufgezeigt at, begrüßt es die Union, dass die Bundesfamilien- inisterin eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat, die ge- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31073 (A) ) )(B) meinsam mit den Ländern Mindeststandards für den Be- trieb der Babyklappen entwickelt. Die erste Lesung am 21. März 2013 hat bereits ge- zeigt, dass der Gesetzentwurf in seiner Konzeption über- zeugt. Auch der Bundesrat hat den Gesetzentwurf in seiner Stellungnahme vom 3. Mai 2013 grundsätzlich begrüßt. Als christlich-liberale Koalition haben wir die Anregun- gen des Bundesrates geprüft und in einem Änderungs- antrag insbesondere einen Aspekt aufgenommen: die Kostenübernahme durch den Bund. Der Bundesrat wen- det ein, dass unverhältnismäßig hoher Aufwand entste- hen würde – wegen der bundesweit zu erwartenden geringen Fallzahl abzurechnender Fälle und des erfor- derlichen Aufbaus neuer Verwaltungsstrukturen in den Ländern. § 34 regelt nun, dass der Bund die Kosten übernimmt, die im Zusammenhang mit Geburt, Vor- und Nachsorge entstehen. Dies erfolgt entsprechend der Vergütung für Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bei Schwangerschaft und Mutterschaft; die Kosten können unmittelbar gegenüber dem Bund geltend gemacht wer- den. Aus der Anhörung des Ausschusses FSFJ am 13. Mai 2013 sind ebenfalls einige Ergebnisse in den Änderungs- antrag eingeflossen: Die Beratungsziele werden noch- mals stärker berücksichtigt. Und in den §§ 25, 29 und 30 stärken wir die anonyme Beratung. Auch Frauen, die sich nicht für eine vertrauliche Geburt entscheiden, sol- len kontinuierlich betreut werden. Hier spielten vor al- lem die Erfahrungen der Beratungsstellen eine große Rolle; mein Dank geht an dieser Stelle an meine ehema- lige Kollegin Maria Eichhorn, die während der letzten Legislaturperioden intensiv an dem Thema gearbeitet und unsere Beratungen auch in dieser Legislatur immer begleitet hat. Dass alle elf Sachverständigen in der Anhörung den Gesetzentwurf einhellig begrüßten, war bemerkenswert und hat uns bestärkt. An diesem erfolgreichen Ergebnis sind viele Personen beteiligt: Ich danke meiner Kollegin Beatrix Philipp, die sich von Anfang an, also auch über elf Jahre, für eine gesetz- liche Regelung eingesetzt hat. In vielen intensiven Bera- tungen mit den Familien- und Innenpolitikern haben wir gerungen um ein ausgewogenes Verhältnis der Rechts- güter – um eine Regelung, die auch praxistauglich ist. Liebe Beatrix, herzlichen Dank! Mein Dank gilt den Kolleginnen der FDP-Bundes- tagsfraktion, mit denen wir für dieses konstruktive Er- gebnis gearbeitet haben. Ausdrücklich danke ich auch den Berichterstatterin- nen der anderen Fraktionen, die eine wirklich sachliche und ergebnisorientierte Debatte ermöglicht haben. Und nicht zuletzt gilt mein großer Dank dem Bundes- familienministerium und der Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder. w b g z v s ti u e d n g s S d ih d n P B a te d b m d w fr d ä K u d v w s d lu E b o s G a J z A o m (C (D Mit der im Gesetz vorgesehenen Evaluation werden ir überprüfen, wie das Angebot der vertraulichen Ge- urt tatsächlich angenommen wird und welche Änderun- en erforderlich sind. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird die Umset- ung des Gesetzes aufmerksam begleiten. Wir sind zu- ersichtlich, dass es sich in der Praxis bewährt, und wir ind zuversichtlich, dass es für viele Frauen in Notsitua- onen echte Hilfe vorsieht. Norbert Geis (CDU/CSU): Die Kindesaussetzung nd die Kindestötung unmittelbar nach der Geburt gibt s seit Anfang der Menschheitsgeschichte. Ein Beispiel afür ist die Aussetzung des Moseskindes. Auch heute och werden Kinder nach der Geburt ausgesetzt oder gar etötet. Es ist ein menschlicher Ausnahmezustand, in dem ich diese Mütter unmittelbar nach der Geburt befinden. ie halten das Kind, das sie und, was noch schlimmer ist, as ihre Umgebungen nicht wollen, in ihren Armen. In rer völligen Hilflosigkeit und Verzweiflung entsteht ie Bereitschaft, das Kind auszusetzen oder gar zu töten. In dieser Verzweiflung haben früher viele Frauen ihre eugeborenen Kinder vor der Kirchentüre oder der forte eines Klosters abgelegt. Heute gibt es dafür die abyklappen. Die Babyklappe wurde aber nie als eine gute Lösung kzeptiert. Dies schon allein deshalb nicht, weil die Mut- r oft völlig allein, ohne Unterstützung einer ausgebil- eten Kraft, das Kind zur Welt gebracht hat. Die Skepsis estand aber auch deshalb, weil die Mutter keine Chance ehr hat, mit dem Kind Kontakt aufzunehmen, und weil as Kind niemals mehr erfahren kann, wer seine Mutter, er seine Eltern sind. Wegen all dieser Gefahren haben eie und kirchliche Träger und vor allem Krankenhäuser ie anonyme Geburt angeboten. Die Frau kann unter rztlicher Aufsicht und Mitwirkung von Fachkräften ihr ind zur Welt bringen. Das Kind wird in die Fürsorge nd die Vormundschaft des Jugendamtes gestellt wer- en. Bei der anonymen Geburt ist es der Mutter nach wie or möglich, Kontakt mit ihrem Kind zu haben. Seit 1999 gibt es im Parlament die Bemühungen, so- ohl die Babyklappe als auch die anonyme Geburt ge- etzlich zu regeln. Dies ist bislang nicht gelungen. Auch er vorliegende Entwurf bringt keine rechtliche Rege- ng für die Babyklappe und die anonyme Geburt. Der ntwurf scheut sich auch, beide Möglichkeiten, die Ba- yklappe und die anonyme Geburt, zu verbieten. Dies, bwohl es Missstände gibt und gute Argumente dafür prechen, ein Verbot der Babyklappe oder der anonymen eburt auszusprechen. Der vorliegende Entwurf lässt lso diese Frage offen. Er ordnet aber an, dass nach drei ahren Evaluation vorgenommen wird. Danach ist dann u entscheiden, ob die beiden Möglichkeiten für die nonymität der Frau bei einer Geburt erhalten bleiben der verboten werden müssen. In diesem Entwurf geht es allein darum, die Anony- ität der Mutter im Regelwerk einer vertraulichen Ge- 31074 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) burt zu sichern und zugleich das Interesse des Kindes an der Kenntnis seiner eigenen Identität umzusetzen. Es ist ein Grundrecht des Kindes, seine Herkunft zu erfahren. Aus vielen Studien wissen wir, dass es ganz entscheidend für die Entwicklung der eigenen Identität darauf ankommt, zu wissen, wer Vater und Mutter sind. In dem jetzt vorliegenden Entwurf der vertraulichen Ge- burt wird der Versuch unternommen, dem Bedürfnis der Mutter, anonym zu bleiben, und zugleich dem Interesse des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung Rechnung zu tragen, einen vernünftigen Ausgleich zu finden. Die Anonymität ist für die betroffene Frau in ihrer Not von allergrößter Bedeutung. Deshalb sieht das Ge- setz das Angebot einer anonymen Beratung vor. Anlauf- stellen für diese Beratung sind die Schwangerschafts- konfliktberatungsstellen. Durch entsprechende Werbung und durch die Onlinedienste rund um die Uhr ist es der in Not geratenen schwangeren Frau möglich, jederzeit kurzfristig zu einer solchen Beratungsstelle vermittelt zu werden. In der Beratung wird die Frau darauf hingewiesen, welch entschiedenes Grundrecht das Kind auf Kenntnis seiner Herkunft hat und welche Rechte auch dem Vater zustehen. Will die Frau dennoch anonym bleiben, kann sie das Kind mit ärztlicher Betreuung zur Welt bringen. Das Jugendamt nimmt das Kind in Obhut und über- nimmt die Vormundschaft. Öffnet sich die Frau aber in der Beratung dem Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung, dann gel- ten die im Gesetz dafür vorgesehenen Regelungen. Mit dieser Regelung der sogenannten vertraulichen Geburt ist es nach meiner Auffassung gelungen, das Be- dürfnis der Mutter nach Anonymität und das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft in einen angemes- senen Ausgleich zu bringen. Das vorgesehene Wider- spruchsrecht der Mutter gegen die Einsichtnahme des Kindes in ihre Personalien ist nur unter ganz bestimmten engen Voraussetzungen möglich. Damit wird das Kind in seinem Anspruch, seine eigene Abstammung zu ken- nen, geschützt. Über die Parteigrenzen hinweg wurde eine gute Lö- sung gefunden. Ich bitte deshalb um Zustimmung. Caren Marks (SPD): Regierungskoalition wie Bun- desregierung regeln in ihrem Gesetzentwurf die Mög- lichkeit einer vertraulichen Geburt. Dass wir nun endlich ein Gesetz hierzu auf den Weg bringen können, ist unter anderem dem Deutschen Ethikrat zu verdanken, der be- reits 2009 in seiner Stellungnahme forderte, eine ver- trauliche Kindesabgabe zu ermöglichen. Grundsätzlich ist der Gesetzentwurf, der die Einfüh- rung der vertraulichen Geburt in Verbindung mit einem Ausbau des Hilfesystems sowie einer besseren Beratung der Schwangeren und der Möglichkeit der zeitlich be- fristeten Anonymität der Mutter regelt, zu begrüßen. Es wird ein neues niedrigschwelliges Hilfsangebot für schwangere Frauen in belastenden Konfliktsituationen geschaffen, das dazu beitragen soll, die Gefahren einer u b d u A g R n d A g P v n h A B S d re li k d a z k n m R U d b 1 o B g tu k b s v d ti D A K ra S h T e p (C (D nbegleiteten Geburt zu vermeiden und Mutter und Kind esser zu schützen. Der Gesetzentwurf schafft erstmals ie legale Möglichkeit, medizinisch betreut zu entbinden nd gleichzeitig der Mutter eine über 16 Jahre währende nonymität gegenüber ihrem sozialen Umfeld und ge- enüber ihrem Kind zu gewährleisten. Gleichzeitig – das möchte ich betonen – wird dem echt des Kindes auf Wissen um seine Herkunft Rech- ung getragen. Das Kind bekommt mit der Neuregelung ie Möglichkeit, etwas über seine Herkunft zu erfahren. b dem 16. Lebensjahr kann das Kind eine nur ihm zu- ängliche Herkunftsakte einsehen. So weit, so gut. Es ergeben sich jedoch wesentliche robleme aus der Tatsache, dass der Gesetzentwurf zur ertraulichen Geburt die anonyme Geburt und die ano- yme Kindesabgabe in Babyklappen ungeregelt beste- en lässt. Dies kam auch in der kürzlich durchgeführten nhörung im Ausschuss zum Tragen. Auf die Problematik der anonymen Geburt und der abyklappen hat der Deutsche Ethikrat bereits in seiner tellungnahme aus 2009, Bundestagsdrucksache 17/190, eutlich hingewiesen. Die vom Ethikrat aufgeworfenen chtlichen und ethischen Fragen werden durch den vor- egenden Gesetzentwurf nicht gelöst. Das deutsche Rechtssystem kennt keine Elternlosig- eit. Der Deutsche Ethikrat hat zum Beispiel bezüglich es Familienrechts festgestellt – ich zitiere: „Durch die nonyme Kindesabgabe werden die Rechtsbeziehungen wischen Eltern und Kind zwar nicht aufgehoben; sie önnen aber wegen der Anonymität nicht mehr wahrge- ommen und durchgesetzt werden. Alle auf der Abstam- ung beruhenden Familienrechte des Kindes wie sein echt auf Fürsorge und Erziehung durch die Eltern, auf nterhalt und sein Erbrecht fallen ins Leere. Dies ist mit em geltenden System des Familienrechts nicht verein- ar.“ Stellungnahme des Ethikrats, Bundestagsdrucksache 7/190, Seite 12. Die anonyme Kindesabgabe und die an- nyme Geburt widersprechen also geltendem Recht. In der Anhörung äußerten Sachverständige erhebliche edenken, Babyklappen noch weiter ohne zeitliche Be- renzung zu dulden, und bezeichneten dies als Entwer- ng des Gesetzentwurfes zur vertraulichen Geburt. Dem ann ich nur zustimmen. Das Recht eines jeden Menschen auf Wissen um seine iologische Herkunft darf nicht missachtet werden. Die- es Recht hat grundgesetzlichen Charakter. Das Bundes- erfassungsgericht hat dies in zwei Leitentscheidungen argelegt. Auch in Art. 8 der UN-Kinderrechtskonven- on ist das Recht des Kindes auf Identität festgehalten. as Oberlandesgericht Hamm hat in einer Entscheidung nfang dieses Jahres festgestellt, dass das Recht eines indes auf das Wissen um die eigene Abstammung Vor- ng vor der Anonymität hat, die in diesem Fall einem amenspender einst zugesichert worden war. Die Mutter atte sich vor 22 Jahren anonym befruchten lassen – die ochter sucht heute nach ihrem Vater. Ich möchte noch auf einen anderen Gesichtspunkt ingehen. Die Studie „Anonyme Geburt und Babyklap- en in Deutschland“ des Deutschen Jugendinstitutes, die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31075 (A) ) )(B) vom Familienministerium in Auftrag gegeben wurde, führt Folgendes aus: Bei den Anbietern und Trägern von Babyklappen fehlen bei gut einem Fünftel der anonym abgegebenen Kinder Informationen über deren Verbleib. Fakt ist: Mit den Babyklappen bleibt eine rechtliche Grauzone bestehen, die in vielerlei Hinsicht für alle Beteiligten problematisch ist. Es gibt keine Regelungen, weder zum Datenaustausch zwischen Träger und Ju- gendamt noch zur fachlichen Kompetenz der Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter von Babyklappen noch zu Be- triebsgenehmigungen – um nur einige zu nennen. Da der Gesetzentwurf nach drei Jahren evaluiert werden soll und dabei auch seine Auswirkungen auf die anonyme Kindsabgabe, stelle ich die Frage, was in drei Jahren evaluiert werden soll? Das immer wiederkehrende alte Argument, Baby- klappen retten Leben, ist entkräftet. Die jährliche Statis- tik von Terre des Hommes über Zahlen zum Beispiel von getöteten Neugeborenen zeigt, dass hier kein Rückgang festzustellen ist – obwohl die Anzahl der Babyklappen und die Angebote der anonymen Entbindung stetig zuge- nommen haben. Mütter, die ihr Neugeborenes töten, sind in einer psychischen Ausnahmesituation und handeln oftmals im Affekt. Das legt den Schluss nahe, dass sie gar nicht in der Lage sind, Babyklappen oder Angebote der anony- men Geburt anzunehmen, für deren Inanspruchnahme es einer Planung bedarf. Anders ist es bei denjenigen Frauen, die überlegt das Aussetzen ihres Kindes in einer Babyklappe planen und ausführen. Das heißt: Die Zielgruppe der Frauen, die ein Neuge- borenes töten, und die Zielgruppe der Frauen, die eine Babyklappe aufsuchen, sind nicht identisch. Daraus folgt dann: Babyklappen retten kein Leben, denn das Leben dieser dort abgelegten Neugeborenen war nicht bedroht. Im Übrigen: Was wissen wir darüber, wer Neugebo- rene in Babyklappen ablegt? Sind es wirklich die Mütter, sind sie aus eigenem Antrieb gekommen oder vielleicht gar gezwungenermaßen durch Partner und/oder Familie? Wir wissen es eben nicht, und keine Evaluation wird uns darauf eine Antwort geben können. Im Ergebnis ist die vertrauliche Geburt lediglich ein weiteres Angebot, dessen Inanspruchnahme abzuwarten bleibt. Diese Punkte sollten uns zu denken geben und haben meine Fraktion dazu bewogen, dass wir uns bei der Abstimmung enthalten. Miriam Gruß (FDP): Von Hannah Ahrendt stammt der Satz, dass mit jeder Geburt ein neuer Anfang verbun- den ist. Ein Mensch kommt auf die Welt und hat – theo- retisch – ein langes, aufregendes und chancenreiches Le- ben vor sich. Für 27 Neugeborene galt dies im letzten Jahr nicht. 27 Babys wurden 2012 entweder nach der Geburt getötet oder starben, weil sie nicht versorgt wurden. Ihre Mütter – u o b lu d ih d s la d fo w a ra ih s s b g c z L d A D A W g tr K fe z k h G e re u V m n o A re d d n h (C (D das darf man annehmen – waren in schweren Notlagen nd sahen keinen anderen Ausweg, als ihr Kind zu töten der seinen Tod in Kauf zu nehmen. Mit dem Gesetz zur Regelung der vertraulichen Ge- urt bieten wir nun einen solchen Ausweg an. Ich bin sehr froh, dass es uns nach langen Verhand- ngen gelungen ist, einen Gesetzentwurf vorzulegen, er Schwangeren ein zusätzliches Angebot macht, um r Kind im Krankenhaus sicher zur Welt zu bringen und ennoch ihre Anonymität zu wahren, um auch sich elbst zu schützen. Für die Liberalen war es wichtig, den schwierigen Ba- nceakt zwischen dem Schutzbedürfnis der Mutter und em Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft er- lgreich zu bestehen. Nur wenn die Anonymität ge- ahrt wird, wird das Angebot der vertraulichen Geburt uch auf Akzeptanz stoßen. Deshalb haben wir den Schwangerschaftskonfliktbe- tungsstellen eine zentrale Rolle zugewiesen, die durch re jahrelange gute Beratungsarbeit gezeigt haben, dass ie das Vertrauen der Schwangeren eher besitzen, weil ie trotz ihrer staatlichen Anerkennung als „staatsfern“ etrachtet werden. Mit dem Änderungsantrag haben wir noch einmal anz deutlich gemacht, dass eine Frau, die die vertrauli- he Geburt ablehnt, natürlich trotzdem die Unterstüt- ung der Beratungsstelle erhält, um nach alternativen ösungskonzepten zu suchen. Und das kann dann auch ie anonyme Geburt sein. Mit dem neuen Satz 2 im § 29 bs. 2 SchKG wird noch deutlicher, dass keinerlei ruck auf die Schwangere ausgeübt werden darf, das ngebot der vertraulichen Geburt anzunehmen. Ihr unsch, anonym zu bleiben, ist ausnahmslos zu befol- en. Das Gesetz sichert der hilfesuchenden Frau die Ver- aulichkeit zu, aber es ermöglicht auch den betroffenen indern ab dem 16. Lebensjahr, ihre eigene Identität stzustellen. Damit haben wir eine lange Frist durchset- en können, nach der mit einer hohen Wahrscheinlich- eit die Umstände, die die Mutter bei der Geburt abge- alten haben ihre Identität preiszugeben, vorbei sind. Hat die Mutter trotz dieser langen Frist immer noch ründe, die einer Kenntnis der Abstammung des Kindes ntgegenstehen, kann sie diese einer Beratungsstelle ih- r Wahl vortragen. Sie kann dies unter Pseudonym tun, nd sie kann eine Person ihrer Wahl benennen, zu der sie ertrauen hat und die als Ansprechpartner in einem öglichen familiengerichtlichen Verfahren fungiert. So kann das Familiengericht unter Wahrung der Ano- ymität entscheiden, ob die Gründe noch bestehen oder b die Rechte des Kindes höherrangig sind. Wird der ntrag des Kindes zurückgewiesen, kann nach drei Jah- n erneut ein Antrag gestellt werden. Der zweite Punkt, der uns als FDP wichtig ist, betrifft ie Babyklappen. Wir sind uns der rechtlichen Grauzone er bestehenden Babyklappen durchaus bewusst und ehmen auch den Bericht des Ethikrates sehr ernst. Auch ier galt es, einen Balanceakt zu vollbringen: Die einen 31076 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) wollen Babyklappen verbieten, die anderen sehen in ih- nen die letzte Rettung für Kinder, die ansonsten getötet oder ausgesetzt würden. Unser Gesetzentwurf arbeitet nach dem Motto: Die vertrauliche Geburt kann helfen, Babyklappen überflüs- sig zu machen. Ein Verbot wäre der falsche Weg, denn schon die Rettung eines einzigen Kindes rechtfertigt die Existenz von Babyklappen. Wenn aber Mütter in schweren psychosozialen Notla- gen wissen und sicher sein können, dass ihre Situation vertraulich behandelt wird, dann werden sie sich aus Sorge um ihr Kind für eine sichere Geburt im Kranken- haus entscheiden, anstatt ihr Kind irgendwo zur Welt zu bringen und in einer Babyklappe abzulegen. Deshalb noch einmal ganz klar: Für Liberale ist das Problem nicht die Babyklappe, sondern die Geburt unter zum Teil extremen Umständen, die wir vermeiden wollen. Deshalb ergänzen wir das Hilfesystem auch noch durch einen bundesweiten zentralen Notruf, damit Schwangere jederzeit an eine Beratungsstelle vermittelt werden können. Nach drei Jahren – so sieht es das Gesetz vor – wird evaluiert, wie das Angebot der vertraulichen Geburt angenommen wird. Deshalb ist von entscheidender Be- deutung, dass Frauen Kenntnis von dieser Möglichkeit haben, und das sollte nicht nur Aufgabe des Familienmi- nisteriums sein, sondern alle Parlamentarier sollten in ih- ren Wahlkreisen über die Möglichkeit der vertraulichen Geburt informieren und das Infomaterial, das entstehen wird, verbreiten. Viele Abgeordnete haben über die Jahre an einer ge- setzlichen Regelung gearbeitet, und ich möchte mich bei allen bedanken, die in früheren Legislaturperioden mit viel Herzblut versucht haben, eine Lösung zustande zu bringen. Wir konnten auf ihrer Arbeit aufbauen. Ich denke, denjenigen geht es wie mir: Heute fällt mir ein großer Stein vom Herzen, dass es uns gelungen ist, endlich eine gute Regelung auf den Weg zu bringen. Der zweite große Stein wird fallen, wenn die Rege- lung auch im Gesetzblatt steht und ein Angebot absi- chert, das Leben retten kann und Frauen Schutz bietet. Bis dahin ist noch ein parlamentarischer Weg zu gehen, aber das Ziel ist in greifbarer Nähe. Jörn Wunderlich (DIE LINKE): Schwangerschaft, Babyklappe, anonyme Geburt, vertrauliche Geburt, Adoption – es kann einem fast schwindlig werden, will man die Hilfen – sowohl die alten als auch die, die jetzt neu hinzukommen sollen – für verzweifelte schwangere Frauen verstehen, insbesondere dann, wenn eine schwangere Frau kurz vor der Entbindung steht und sich damit vielleicht schon hoffnungslos überfordert fühlt, wenn sie aus Verzweiflung ihr Kind in fremde Hände ge- ben will, wenn sie aus einer völlig verfahrenen Situation keinen Ausweg sieht. So geht es manchen werdenden Müttern. Lange Zeit wird die Schwangerschaft verdrängt. Ein Kind, das darf einfach nicht sein. Nicht jetzt. Im Grunde ist man starr, a li W b E s d tu h m w w ih b s W n b G g V s e W tü K k k z S w e W h k M fü e k s N D h K S ü b d (C (D lleingelassen, hat keine Ansprechpartner, fühlt sich völ- g hilflos. Aber man weiß, das Kind kommt bald zur elt. Mancher Mutter schießt dann eines in den Sinn: Ba- yklappen. Darüber gab es mal Berichte im Fernsehen. ine bekannte Einrichtung. Doch genauso bekannt wie ie sind, so stark werden sie auch kritisiert. Praktisch je- er kann eine solche betreiben. Vorgaben zur Ausstat- ng gibt es keine; genauso wenig wie eine bundesein- eitliche Verpflichtung, die Kinder den Behörden zu elden. Womit keinesfalls angezweifelt werden soll, ie liebevoll der größte Teil der Babyklappen betrieben ird. Und so manche Mutter hat bestimmt den Gedanken, r Baby in einer Babyklappe abzulegen, durchgespielt. Aber was wird dann aus ihrem Kind? Es wird zeitle- ens nicht wissen, wo es seine Wurzeln hat, und be- chäftigt sich womöglich immer mit der Frage „Warum? arum wurde ich weggegeben? Warum bin ich es noch icht einmal wert, einen Namen zu bekommen?“ Eine elastende Vorstellung. Aber noch grausamer wäre der edanke, dass ein Kind vielleicht nicht überlebt hätte, äbe es die Babyklappe nicht. Aber das Kind muss zunächst auf die Welt kommen. ielleicht zu Hause? Allein? Nicht unbedingt die Vor- tellung, welche man von Geburt hat, dann doch lieber in inem Krankenhaus, sich selbst und dem Kind zuliebe. Und die Möglichkeit gibt es, auch auf anonymem eg. Medizinisch unterstützt und fachlich beraten. Na- rlich mit dem gleichen schweren Nachteil für das ind. Es würde vermutlich ein Leben lang den Gedan- en um die eigene Herkunft mit sich tragen. Manchmal gelingt dem beratenden Personal aber eine leine Sensation: Plötzlich entstehen doch Bindungen wischen Mutter und Kind, und sie nimmt es doch an. ie können Unterstützungsmöglichkeiten aufzeigen, die eit über die Geburt hinausreichen. Manchmal gelingt s auch nur, dass die Mütter etwas hinterlegen: Name, ohnort, medizinische Angaben, einen kleinen Brief. Mit dem Gesetz, welches heute verabschiedet wird, aben werdende Mütter nun auch eine dritte Möglich- eit: die sogenannte vertrauliche Geburt. Sie können als utter ihre Daten in einem Umschlag hinterlassen, der r 16 Jahre versiegelt wird. Nach dieser Zeit hat das Kind das Recht, die Daten zu rfahren, die Mutter aufzusuchen und seine Wurzeln ennenzulernen. Mit Einverständnis der Mutter auch chon früher. Mütter würden heute in einer für sie unerträglichen otsituation ihr Kind weggeben. Aber niemals so ganz. ie vertrauliche Geburt würde Wege zueinander offen- alten. Die meisten werdenden Mütter möchten ihrem ind gegenüber oftmals nicht völlig anonym bleiben. ie reagieren mit größtem Verantwortungsgefühl gegen- ber ihrem Nachwuchs. Die Schwangerschaft, die Ge- urt sollen allerdings der Umgebung nicht bekannt wer- en. Und dafür bietet der Gesetzentwurf Lösungen an. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31077 (A) ) )(B) Ich glaube fest, dass der Gesetzentwurf ein Fortschritt ist. Denn so können die Rechte von Mutter und Kind ausbalanciert werden. Aber es bleiben Schwachstellen, die dringend nachge- bessert werden müssen: Frauen müssen um das Angebot neben der völlig anonymen Geburt wissen. Sie müssen Vertrauen in diese Form haben. Sie dürfen keine Angst vor Behörden haben. Sie müssen Gewissheit haben, dass ihre persönlichen Daten sicher verwahrt werden. Leider sind die Pläne zur Bekanntmachung nicht aus- gereift. Eine Hotline soll eingerichtet werden. Aber mit welchem Personal, mit welcher Finanzausstattung? Und was ist mit den schwangeren Frauen, die aus unter- schiedlichen Gründen ihre Identität nicht preisgeben wollen, insbesondere werdende Mütter, die sich illegal in Deutschland aufhalten? Ihre Entbindungsmöglichkei- ten bleiben noch völlig unberücksichtigt. Eins lässt der Gesetzentwurf auch vermissen: ein schlüssiges Konzept aus Beratungsmöglichkeiten, sei es die Schwangerschaftskonfliktberatung, die Erziehungs- beratung oder Lebenshilfen. Ebenso hätten in das Gesetz auch Qualitätsstandards für Babyklappen aufgenommen werden können bzw. müssen. Natürlich muss der Ausweitung der Hilfen für schwangere Frauen in Not eine Chance gegeben werden, und niemand kann dagegen sein. Wegen der Punkte, die ich Ihnen gerade genannt habe, werden wir uns jedoch enthalten und an den notwendigen Verbesserungen ar- beiten. Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich glaube, wir alle sind froh, dass wir heute abschließend den Regierungsvorschlag zur vertraulichen Geburt de- battieren. Diesen Versuch einer Regelung eines schwie- rigen Politikfeldes begrüße ich ausdrücklich. In den letzten Jahren haben wir alle es uns mit der Entscheidung nicht einfach gemacht und haben sehr ge- nau überlegt, wie wir schwangeren Frauen in großer Not helfen können. Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung. Für mich persönlich stellt die vertrau- liche Geburt ein weiteres Angebot neben anonymer Ge- burt und Babyklappe dar. Bei dem Vorschlag, über den wir heute abstimmen, werden die Interessen der Mutter wie auch des Kindes berücksichtigt, die Möglichkeiten von Beratung und me- dizinischer Betreuung ausgeweitet. Das berechtigte Be- dürfnis des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft wird anerkannt. Allerdings sind die Details der Regelung aus meiner Sicht unnötig bürokratisch und auch nicht umfassend ge- nug. Die Mutter muss ihre Daten angeben, ihr wird Ano- nymität nur bis zum 16. Lebensjahr des Kindes zugesi- c F d fü ti ra S A n d s e n s s n A w d e w s a d u d te p u e n R d li k u d u J o s K d d (C (D hert. Es ist schwer vorstellbar, dass im Zweifelsfall ein amiliengericht darüber entscheidet, ob ihre Anonymität em Kind gegenüber preisgegeben wird. Das halte ich r schwierig. Die Frauen befinden sich in einer Ausnahmesitua- on. Sie haben häufig kein Vertrauen zu staatlichen Be- tungsstellen, sonst hätten sie diese im Verlauf der chwangerschaft bereits aufgesucht. Jetzt von ihnen die ngabe ihrer Daten zu fordern – auch wenn diese nur ei- er Fachstelle gemeldet werden müssen, werden sie ann doch beim Bundesamt für Familie und zivilgesell- chaftliche Aufgaben hinterlegt – stellt aus meiner Sicht ine sehr hohe Hürde dar. Studien belegen, dass die Zusicherung absoluter Ano- ymität für viele Frauen eine Grundvoraussetzung ist, ich überhaupt auf Beratung und Unterstützung einzulas- en. In vielen Fällen entscheiden sich die Mütter doch och für ihr Kind – allerdings nur, wenn ihnen zuvor die nonymität zugesichert worden ist. Ich hätte mir ge- ünscht, dass diese bekannte Lage berücksichtigt wor- en wäre. Und ich denke auch, dass es immer wieder – inige wenige! – Mütter geben wird, die anonym bleiben ollen oder müssen. Ebenfalls bleibt unklar, wie mit den Babyklappen per- pektivisch umgegangen werden soll. Wir sind uns fast lle einig, dass die Babyklappen den schlechtesten Weg arstellen. Sie ermöglichen keine medizinische Betreu- ng von Mutter und Kind, wir wissen nicht, wer die Kin- er abgibt, und die Möglichkeit einer Beratung und spä- ren Kontaktaufnahme ist deutlich eingeschränkt. Dennoch gibt es eine klare Aussage zu den Babyklap- en im Entwurf, sie werden praktisch weiterhin geduldet nd sollen nach drei Jahren evaluiert werden. Hier wäre ine deutliche Entscheidung aus meiner Sicht besser. Das Angebot Babyklappe ist sicher in allen Fraktio- en am umstrittensten. Ich persönlich finde, als Ultima atio ist sie nötig, allerdings sollten einheitliche Stan- ards vereinbart werden. Das ist noch sehr unterschied- ch geregelt. Bei den Angeboten in Sachsen zum Beispiel gibt es lare Vorgaben, wie verfahren wird. Das finde ich gut nd nötig. In Leipzig und Dresden etwa beruht die Einrichtung er jeweiligen Babyklappe auf einem Stadtratsbeschluss nd es gibt eine enge Abstimmung mit dem jeweiligen ugendamt, ähnlich läuft es in Chemnitz. Allerdings gibt es auch in unserer Fraktionen Abge- rdnete, die die Babyklappen so schnell wie möglich ab- chaffen wollen und sie mit dem Recht des Kindes auf enntnis seiner Herkunft als nicht vereinbar ansehen. Daher können wir dem vorliegenden Entwurf, trotz er deutlichen Verbesserungen, nicht zustimmen, son- ern werden uns enthalten. 31078 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Keine Rüstungsexporte als Instru- ment der Außenpolitik – Exportverbot jetzt durchsetzen – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Alle Waffenexporte des Oberndor- fer Kleinwaffenherstellers verbieten – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Lieferung von U-Booten an Israel stoppen – Antrag: Markierung deutscher Klein- und Leichtwaffen – Beschlussempfehlung und Bericht zu dem Antrag: Export von Überwachungs- und Zensurtechnologie an autoritäre Staaten verhindern – Demokratische Proteste unter- stützen (Tagesordnungspunkt 15 a bis d und Zusatzta- gesordnungspunkt 9) Erich G. Fritz (CDU/CSU): Wir debattieren über Punkte einer verbundenen Tagesordnung, die sich mit verschiedenen Anträgen von Oppositionsfraktionen zu Fragen der Rüstungsexportpolitik beschäftigen. Über den Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/10842 bzw. 17/12654 zu einem generellen Exportverbot, den Antrag der gleichen Fraktion auf Drucksache 17/4677 und 17/4900 zu Kleinwaffenexporten sowie zu U-Boot- lieferungen an Israel – Drucksachen 17/9783, 17/10150 – haben wir an anderem Ort bereits mehrfach diskutiert. Deshalb möchte ich mich heute hauptsächlich mit dem Antrag der Fraktion der SPD beschäftigen, der uns als Drucksache 17/11875 vorliegt und den Titel trägt: „Mar- kierung deutscher Klein- und Leichtwaffen“. Ich gehe davon aus, dass wir uns in der Beurteilung einig sind, dass Kleinwaffen aufgrund ihrer langen Le- bensdauer, ihrer relativ einfachen Handhabung und we- gen international operierender illegaler Waffenvermittler zu den gefährlichsten Waffen unserer Zeit gehören. Auch bei genehmigten Exporten war das Risiko, dass sie auf grauen oder schwarzen Märkten auftauchen, in der Vergangenheit offensichtlich nicht ganz auszuschließen. Die Verbreitung illegaler Kleinwaffen behindert die wirtschaftliche und soziale Entwicklung und trägt maß- geblich zur gewaltsamen Eskalation von Konflikten bei. Sie hemmt Investitionen und verbraucht Ressourcen für private Sicherheitsvorkehrungen, ganz zu schweigen von den unmittelbaren Folgen für die von Konflikten Betroffenen. Die Liste der schwerwiegenden Folgen könnte man noch weiterführen. An dieser Stelle gilt es, konstruktiv über realistische Kontrollmöglichkeiten zu diskutieren. Schon jetzt flankiert Kleinwaffenkontrolle die deutsche Entwicklungszusammenarbeit. Das Ziel, überschüssige Kleinwaffen zu zerstören, um ihren Wei- te u ru rü ö K d N re fu s n a d d k E d s D A b g a la w w s w m d s z d s x e a W E V a d s te v v le d tu g V A g V b (C (D rverkauf oder illegalen Transfer zu verhindern, eint ns, wie ich meine, fraktionsübergreifend. Vor diesem Hintergrund genehmigt die Bundesregie- ng grundsätzlich keine Exporte von Herstellungsaus- stung und Technologie im Zusammenhang mit der Er- ffnung neuer Herstellungslinien für militärische leinwaffen und leichte Waffen, kurz: Kleinwaffen, und eren Munition in Drittländer, also in Nicht-EU-, Nicht- ATO- oder gleichgestellte Staaten. Zudem wendet die Bundesregierung im Rahmen ihrer striktiven Rüstungsexportkontrollpolitik bei Aus- hren von Kleinwaffen in Drittländer den Exportgrund- atz „Neu für Alt“ an, wo immer dies möglich ist. Da- ach werden kleinwaffenexportierende Firmen ufgefordert, ihre Lieferverträge so auszugestalten, dass ie staatlichen Empfänger die Kleinwaffen, die aufgrund er Neulieferung ausgesondert werden, nicht weiterver- aufen, sondern vernichten. Darüber hinaus soll der xporteur die staatlichen Empfänger nach Möglichkeit arauf verpflichten, im Fall einer späteren Außerdienst- tellung der neu gelieferten Waffen diese zu vernichten. ie Vernichtung von im Bestimmungsland vorhandenen ltbeständen von noch funktionsfähigen Waffen wird ei der Genehmigung oder Ablehnung von Exportanträ- en für vergleichbare Ware berücksichtigt. Der vorliegende Antrag der SPD enthält hehre Ziele, n deren Verwirklichung unsere Bundesregierung schon nge mit viel Einsatz arbeitet. Hier müssen wir uns, ob ir es wollen oder nicht, im Bereich des Möglichen be- egen. Wie immer in diesem komplizierten Feld unter- chiedlicher Politikbereiche hilft deklamatorischer Auf- and genau so wenig wie immer wiederkehrende oralische Appelle. In diesem Fall kommt auch noch azu, dass man sich bei einem so wichtigen Antrag chon bemühen sollte, zunächst den Sachverhalt genau u klären. So müsste die SPD-Fraktion natürlich wissen, ass einiges, was sie offensichtlich aus einer Fernseh- endung in den Text übernommen hat, gar nicht der Pra- is der Exportkontrolle der Bundesrepublik Deutschland ntspricht und dass entsprechende Vorwürfe deshalb uch nicht angebracht sind. Ich beglückwünsche unseren Außenminister esterwelle und danke ihm sehr für sein unermüdliches ngagement, das zu einem erfolgreichen Abschluss des ertrags über die Regulierung von Waffenhandel, ATT, m 3. Juni 2013 beitragen konnte. Erstmals haben wir amit international verbindliche Regeln und gemein- ame Mindeststandards für den Export von Rüstungsgü- rn erreicht, unabhängig davon, ob Ausführer oder End- erwender staatliche oder andere Stellen sind. Der orliegende Vertragstext schließt Kleinwaffen und ichte Waffen ausdrücklich mit ein. Er enthält insbeson- ere umfangreiche Regeln zur Verhinderung der Umlei- ng von Waffen. Die Verhinderung von Umleitungs- efahren war für eine Reihe von Staaten im erhandlungsprozess zum ATT ein besonders wichtiges nliegen. Ihr wurde ein eigener Art. 11 im Vertragstext ewidmet, der sämtliche an einer Transferkette beteiligte ertragsparteien, also vom Exportstaat über die Transit- zw. Umschlagstaaten bis hin zum Importstaat, ver- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31079 (A) ) )(B) pflichtet, Maßnahmen zur Vermeidung der Umleitung zu ergreifen. Dieser Vertrag wird nicht nur seitens der Politik, son- dern ausdrücklich auch von anerkannten Nichtregie- rungsorganisationen wie Amnesty International und Oxfam als „Meilenstein“ und „historischer Moment“ in der Geschichte der internationalen Rüstungsexportkon- trolle gelobt. Der Vertrag steht am Ende eines fast sie- benjährigen Verhandlungsprozesses, und doch bedeutet er auch einen Anfang. Natürlich möchte unsere Bundes- regierung noch mehr erreichen. Der illegale Handel mit Waffen aller Art muss von dieser Welt verschwinden! Natürlich ist dieser Vertrag im Ergebnis ein Kompro- miss. Er markiert den ersten Schritt auf dem Weg zu ei- ner umfassenden internationalen Abrüstung, Nichtver- breitung und Rüstungskontrolle. Dieser Erfolg kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die deut- schen Regeln in fast allen Teilen über das jetzt verein- barte internationale Regelungsniveau hinausgehen. Es ist aber auf jeden Fall ein Fortschritt, der auf Dauer seine positiven Wirkungen haben wird. Was mich an dem vorliegenden Antrag der SPD är- gert, ist, dass man versucht, der Öffentlichkeit weiszu- machen, das Thema „internationale Abrüstung“ sei eine Hauptauseinandersetzung zwischen Opposition und Re- gierung. Das entspricht einfach nicht den Tatsachen. Der SPD-Fraktion sollte aus langjähriger Regierungserfah- rung klar sein, dass internationale Vertragsverhandlun- gen immer das Bohren dicker Bretter bedeuten. Die Bundesregierung hat sich im Zuge der Verhandlungen für noch stärkere und robustere Regeln für die Kontrolle und Begrenzung des Waffenhandels eingesetzt. Dies ist jedoch am Widerstand einiger Länder gescheitert. Daran hätte auch eine rote Bundesregierung nichts ändern kön- nen. Auch ihre Forderungen nach deutschem Engagement auf internationaler Ebene für eine vollständige Imple- mentierung des VN-Kleinwaffenaktionsprogrammes laufen ins Leere: Die Bundesregierung setzt das VN- Kleinwaffenaktionsprogramm in ihrem Bereich vollstän- dig um. Sie übermittelt alle zwei Jahre fristgerecht den Bericht hierzu an die Vereinten Nationen. Der Bericht ist einsehbar auf der von den Vereinten Nationen für das Kleinwaffenaktionsprogramm eingerichteten Webseite www.poa-iss.org. Die Bundesregierung genießt in der Kleinwaffenkontrolle international zu Recht ein großes Ansehen. Als Mitbegründer und Kovorsitzender der ein- schlägigen Arbeitsgruppe „Gruppe interessierter Staaten für praktische Abrüstungsmaßnahmen“ setzt sich Deutschland für den Austausch von Erfahrungen für Projekte und Konzepte der Kleinwaffenkontrolle welt- weit ein. Zudem ist Deutschland Autor der entsprechen- den alle zwei Jahre im Konsens in der Generalversamm- lung verabschiedeten Resolution zu praktischen Abrüstungsmaßnahmen. Die Bundesregierung finanziert jedes Jahr eine Reihe von Projekten der Kleinwaffenkontrolle, hauptsächlich in Post-Konflikt-Gebieten wie derzeit in Libyen, im Südsudan und in Côte d’Ivoire. Davon konnte ich mich bezogen auf Libyen letzten Winter persönlich überzeu- g n g W d d d S k g d te m h w tu s u S p a e lu d d E ti z a s In in B s E B k s v K 8 la z a D id li E c b e tu e H b m (C (D en. Deutschland unterstützt auch die Vereinten Natio- en bei der Umsetzung des Kleinwaffenaktionspro- ramms. So hat sie den Aufbau der oben genannten ebseite gefördert. Weiterhin finanziert sie gegenwärtig ie Schaffung eines Softwareinstruments zur Anwen- ung der kürzlich fertiggestellten Internationalen Stan- ards der Kleinwaffenkontrolle ISACS, International mall Arms Control Standards. Zu meinem Bedauern sind Munition und deren Mar- ierung nicht Bestandteil des Kleinwaffenaktionspro- ramms. Aber auch hier wissen wir alle, dass der Grund afür der entschiedene Widerstand anderer Staaten, un- r anderem der USA, ist. Unser bestehender Rechtsrah- en verlangt von einigen Partnerstaaten, noch viel hö- ere Hürden zu überspringen, als sie es bisher bereit aren. Dem folgt die sehr unterschiedliche Ausstat- ngs- und die Rüstungswirtschaftspolitik, die ein Zu- ammenkommen nicht so einfach macht. Wir werden nseren Ansatz und unsere Sicherheitskultur keinem taat aufzwingen können. Das gilt für die Rüstungsex- ortpolitik im Allgemeinen wie im Speziellen. Dennoch setzt sich unsere Bundesregierung für eine ngemessene Behandlung der Munitionsproblematik in. Gemeinsam mit Frankreich wurden seit 2005 Reso- tionen zur Frage des Umgangs mit Munitionsbestän- en in der VN-Generalversammlung eingebracht. Auf ieser Grundlage erarbeitete eine VN-Expertengruppe mpfehlungen zum Umgang mit konventionellen Muni- onsüberschüssen, die den Mitgliedstaaten zur Umset- ung empfohlen wurden. In dieser Resolution wurde uch zur Erarbeitung von technischen Leitlinien zur Um- etzung dieser Empfehlungen aufgerufen. Diese IATGs, ternational Ammunition Technical Guidelines, wurden zwischen von einer Expertengruppe unter deutscher eteiligung fertiggestellt. Sie geben Staaten ein umfas- endes Kompendium zum Umgang mit Munition und xplosivstoffen an die Hand, das diese auf freiwilliger asis nutzen können. Die IATGs wurden der Öffentlich- eit im letzten Herbst vorgestellt. Die Anforderungen des „Internationalen Rechtsin- truments zur Ermöglichung der rechtzeitigen und zu- erlässigen Identifikation und Rückverfolgung illegaler leinwaffen und leichter Waffen durch die Staaten“ vom . Dezember 2005 werden durch die derzeitige Gesetzes- ge erfüllt. Nach § 13 der 2. Durchführungsverordnung um Kriegswaffenkontrollgesetz ist die Kennzeichnung n sichtbarer Stelle anzubringen und muss dauerhaft sein. er geltende Rechtsrahmen ist vielleicht noch nicht eal. Wir können aber nicht so tun, als könnten wir völ- g unabhängig von außen- und sicherheitspolitischen rwägungen ein neues Rüstungsexportkonzept entwi- keln. Daher lehne ich die vorliegenden Anträge ab. Dass wir innerhalb Deutschlands eine sachliche De- atte brauchen, die sich ernsthaft mit der Frage aus- inandersetzt, wie wir die Zukunft von deutschen Rüs- ngsexporten gemeinsam gestalten können, steht auf inem anderen Blatt. Diese Fragen müssen aber vor dem intergrund von sicherheits- und außenpolitischen De- atten beantwortet werden. In diesem Zusammenhang üssen wir über die Zukunft der Bundeswehr sprechen, 31080 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) die weitgehende Veränderungen zu bewerkstelligen hat, und darüber, was das für ihre Ausstattung bedeutet. Wir müssen auch über die Veränderung der NATO reden, die ebenfalls Konsequenzen zu erwarten hat. Das kann ich nicht oft genug betonen. Ich ermuntere Sie erneut, die Debatte fortzuführen, und zwar in einer Art und Weise, dass man einander zu- hört, aufeinander zugeht und die grundsätzlichen Erfor- dernisse, mit denen wir als großes Land in der Mitte Eu- ropas, als wichtiger Bündnispartner und als eine führende Nation in der Europäischen Union konfrontiert sind, nicht aus den Augen verliert. Klaus Barthel (SPD): Laut Auswärtigem Amt sind über 875 Millionen Kleinwaffen mit einer durchschnitt- lichen Verwendungsdauer von 30 bis 50 Jahren weltweit im Umlauf (Quelle: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/ Aussenpolitik/Friedenspolitik/Abruestung/MinenKlein waffen/KleinLeichtWaffen_node.html). Jede dieser Waffen wurde produziert, von einem Händler an einen Interessenten verkauft und dann an ei- nen Käufer geliefert. Des Öfteren soll es vorkommen, dass die Waffen nicht am ursprünglichen Bestimmungs- ort bleiben, sondern weiterverkauft werden. So genau scheint das niemand zu wissen. Oder wissen zu wollen. Die bisherige Markierung für Leicht- und Kleinwaf- fen ist leicht zu entfernen, sodass die illegale Prolifera- tion nicht mehr nachvollziehbar ist. So können Klein- waffen aus deutscher Produktion, deren Lieferung in einen Staat A durch den Bundessicherheitsrat genehmigt worden ist, über die nächste Grenze wandern und dort im Staat B eingesetzt werden. Absurd an dem Prozedere des Verkaufs von Klein- und Leichtwaffen und der Lie- ferung in das Empfängerland ist die Tatsache, dass die beziehenden Staaten oder Unternehmen schriftlich einen Endverbleib garantieren müssen, dass aber dieses Schriftstück nach Abschluss des Geschäftes oft nicht einmal das Papier wert ist. Zwar verpflichten sich die Empfänger, die Klein- und Leichtwaffen im Zielland zu behalten, jedoch sind diese durch ihre Größe und ihr Ge- wicht leicht zu transportieren und damit auch leicht zu schmuggeln. Das sind in der Tat Massenvernichtungs- waffen der Gegenwart. Im Jahr 2011 wurden deutsche Sturmgewehre von Heckler & Koch in Libyen gefunden. Auffallend war, dass Libyen keine offiziellen Lieferbeziehungen für Waffen aus Deutschland unterhielt. Demnach mussten die Gewehre in ein anderes Land exportiert worden sein und wurden danach weiterverkauft. Man kann nur noch sehr schwer, wenn überhaupt, überprüfen, aus welchem Land die Waffen stammten. Es fehlten die Seriennum- mern. Sie wurden herausgefräst. Die weitere Nachver- folgung scheint kaum noch möglich. Aufgedeckt wurde der Fehler im Exportkontrollsystem in diesem Fall durch das ARD-Magazin Kontraste (Sendung vom 19. Juli 2012). Ein weiteres Beispiel: Die Bundesregierung konnte auf meine schriftlichen Fragen hin nicht klären, ob, wie viele und auf welchen Wegen deutsche Waffen im Bür- g w k a d z a L s b fä K d b b d re g m d d b a d E c F fe d m n s O tu le h ü la k n w p G d im J fo E a v z ru (C (D erkrieg in Mali aufgetaucht sind. Auch hat sie sich ge- eigert, dieser Frage überhaupt nachzugehen. Somit ann es sogar als wahrscheinlich gelten, dass Gewehre us deutscher Produktion oder Lizenzproduktion gegen ie von der Bundesregierung politisch unterstützte fran- ösische Armee in Mali gerichtet werden (siehe Antwort uf die schriftliche Frage vom Januar 2013). In unserem Antrag „Markierung deutscher Klein- und eichtwaffen“ fordern wir das Schließen dieser techni- chen Lücke, um den möglichen Schmuggel zu unter- inden oder im Nachhinein Sanktionen gegen Erstemp- ngerländer auszusprechen, die zu wenig Wert auf ontrolle gelegt haben. Generell muss das Problem des Endverbleibs und essen Kontrolle neu angegangen werden. Der Endver- leib muss regelmäßig überprüft werden. Dies haben wir ereits in unserem Antrag „Frühzeitige Veröffentlichung er Rüstungsexportberichte sicherstellen – Parlaments- chte über Rüstungsexporte einführen“ im März 2012 efordert. Ebenfalls haben wir damals gefordert, dass ein parla- entarisches Kontrollgremium geschaffen werden soll, as über wichtige oder brisante Rüstungsexportentschei- ungen informiert wird. Wie schon bei der Mietpreis- remse, so kann man auch jetzt feststellen, wie die Ko- lition gute Ideen der SPD verbal übernimmt. Außenminister „Westerwelle schwebe vor, ein beson- eres Vertrauensgremium des Bundestags über wichtige xportbeschlüsse des vertraulich tagenden Bundessi- herheitsrats regelmäßig in Kenntnis zu setzen“ (aus: rankfurter Rundschau, 28. Mai 2013: „Deutsche Waf- n sind Exportschlager“). Auch Frau Merkel kann sich auf einmal vorstellen, as Parlament häufiger als nur einmal jährlich zu infor- ieren (aus: Der Spiegel, 3. Juni 2013: „Wir sitzen in ei- em Boot“). Schwarz-Gelb übt sich einmal mehr im An- cheinerwecken: Alle Initiativen aus den Reihen der pposition, bei Eindämmung und Transparenz bei Rüs- ngsexporten voranzukommen, wurden bisher abge- hnt. Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung aben es nicht einmal für nötig befunden, sich dazu berhaupt zu äußern. Alle Anfragen sollten ins Leere ufen. Die Vierjahresbilanz der Fakten spricht eine lare Sprache: Erstens gibt es einen Paradigmenwechsel weg von ei- er zurückhaltenden Rüstungsexportpolitik hin zur Aus- eitung ohne erkennbare Grenzen, weg von sicherheits- olitischen und menschenrechtlichen Zweifeln: Panzer, ewehre, Dual-Use-Güter – alles muss raus. Zweitens kann man feststellen, dass sich hinsichtlich er parlamentarischen Kontrolle nichts getan hat. Ganz Gegenteil: Die Rüstungsexportberichte der letzten ahre kamen derartig spät, dass die darin enthaltenen In- rmationen keine aktuelle Rolle mehr gespielt haben. s ist völlig grotesk, dass dem Parlament unter Hinweis uf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Informationen erweigert werden, während gleichzeitig die angeblich u schützenden Betriebe mit ihren genehmigten Liefe- ngen Reklame für weitere Verkäufe machen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31081 (A) ) )(B) Drittens hat es die schwarz-gelbe Koalition durch ihr Verständnis von Rüstungsexportpolitik geschafft, ein breites gesellschaftliches Bündnis gegen sich zu formie- ren. Wissenschaftler, Bürgerinitiativen und Nichtregie- rungsorganisationen werben Hand in Hand mit der Opposition auch in diesem Bereich für einen Politik- wechsel. Die letzten Jahre haben uns aber gelehrt: Den wird es nur mit einem Regierungswechsel geben. Einen klaren Wechsel hin zu einer restriktiven An- wendung der Rüstungsexporte wird es unter Rot-Grün auch beim Export von Spionagesoftware geben. Der Antrag der Fraktion der Grünen, der das Problem der un- zureichenden Kontrolle von Überwachungssoftware auf- greift, wird in Teilen der Koalition – nachzulesen in der zu Protokoll gegebenen Rede vom 16. Mai 2013 – gleichzeitig als gelöstes und weiter existierendes Problem gesehen, jedenfalls nicht als eines, das sie jetzt bearbeiten will. Richtig ist, dass die Bundesregierung hierbei bewusst wegsieht und keine Kontrollmechanismen für Spionage- software besitzt oder entwickelt. So sieht keine verant- wortungsbewusste Rüstungsexportpolitik aus. Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Wie schon in meinen vorherigen Ausführungen am 16. Mai 2013 zu diesem Antrag stelle ich nochmals fest: Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen möchte ihrem allseits bekannten Hobby frönen: der Schaffung neuer Restriktionen für deutsche und europäische Exportgüter. Das hehre Ziel, die demokratischen Prozesse in Krisen- regionen zu unterstützen, verfehlt dieser Antrag kom- plett. So ist einer der Hauptangriffspunkte dieses Antrages, dass die Bundesregierung auf den Stand internationaler Verhandlungen verweise und nicht proaktiv genug han- dele. Nationale Alleingänge sind bei diesem Thema wie- der fehl am Platz. Wir stehen zu unseren internationalen Verpflichtungen und Verträgen, wir stehen zu unseren Verbündeten und befreundeten Nationen in Europa und in der Welt. Die Bundesregierung hat sich aktiv für die Kontrolle von Überwachungstechnik in den Sanktionen gegen Iran und Syrien eingesetzt. Mit diesen Sanktionen ist es uns gelungen, den Export von Ausrüstung, Technologie und Software zur Überwachung des Internets und des Tele- fonverkehrs nach Syrien und Iran ohne vorherige Geneh- migung mit Inkrafttreten der Syrien-Embargo-Verord- nung (EU) Nr. 36/2012 am 19. Januar 2012 und der Iran- Embargo-Verordnung (EU) Nr. 264/2012 am 24. März 2012 zu verbieten. Die bestehenden Regelungen der Ausfuhrliste zu Rüstungsgütern oder Dual-Use-Gütern aus Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 (Dual-Use-Verordnung) werden strikt angewendet. Auch bei der Einzelfallprü- fung gilt der gemeinsame Standpunkt 2008/944/GASP des Rates der Europäischen Union und wird auch für den Export von Dual-Use-Gütern angewendet. Ausfuhrge- nehmigungen werden beim hinreichenden Verdacht des Missbrauchs zur inneren Repression oder zu sonstigen fo le v ra lu re M te s te u d 2 te A c p d fü v m Ü d O d u te s b B ru le n D D D tu J fe a tr d m s Ir ra M n K v V M (C (D rtdauernden und systematischen Menschenrechtsver- tzungen grundsätzlich nicht erteilt. Ein Export ohne orherige Genehmigung ist streng verboten. Die Bundesregierung wirkt erfolgreich auf multilate- ler Ebene an den relevanten internationalen Verhand- ngen mit und stimmt sich regelmäßig und sehr erfolg- ich mit den internationalen Partnern über weitere öglichkeiten der Exportkontrolle von Überwachungs- chnik ab. Eine Ausweitung der Kontrollen des Was- enaar-Arrangements in dem von den Grünen geforder- n Rahmen hätte dagegen internationale Kontrollen nbekannten und unpraktikablen Ausmaßes zur Folge. Ein weiterer unbegründeter Vorwurf der Grünen ist, ass der damalige Bundeswirtschaftsminister Brüderle 011 Verschärfungen der Kontrolle von Dual-Use-Gü- rn verhindert habe. Dabei ging es damals weder um die usweitung von Exportkontrollen noch um Überwa- hungstechnologie. Richtig ist vielmehr, dass das Euro- äische Parlament damals Verfahrenserleichterungen für ie Ausfuhr bestimmter genehmigungspflichtiger Güter r unkritische Zwecke an einen begrenzten Länderkreis erabschiedet hat. Die dort verabschiedeten EU-Allge- eingenehmigungen betreffen indes keine Güter der berwachungstechnik. Auch in der Stellungnahme zu em entsprechenden Grünbuch der EU-Kommission im ktober 2011 hat die Bundesregierung das Bestreben er Europäischen Kommission begrüßt, die Effizienz nd Wirksamkeit des europäischen Ausfuhrkontrollsys- ms für Dual-Use-Güter zu optimieren. Denn wir unter- tützen grundsätzlich weitergehende Harmonisierungs- estrebungen. Natürlich unterliegen die Exportkreditgarantien des undes wie auch die anderen staatlichen Kreditversiche- ngen der OECD-Länder umfangreichen internationa- n Regeln wie dem OECD-Konsensus und den Leitli- ien zum Umgang mit Umwelt- und Sozialaspekten. iese sind bei der Vergabe zu berücksichtigen. Wir lehnen daher den Antrag der Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen ab. Jan van Aken (DIE LINKE): Es ist kein Zufall, dass eutschland der weltweit drittgrößte Exporteur von Rüs- ngsexporten ist. Alle Bundesregierungen der letzten ahrzehnte haben hemmungslos und ganz bewusst Waf- n und andere Rüstungsgüter in alle Welt exportiert. Sie lle hier haben zu diesem traurigen Spitzenplatz beige- agen. Mit dem Export deutscher Rüstungsgüter wurde seit er Wiederbewaffnung Deutschlands Außenpolitik ge- acht. Angefangen im Kalten Krieg werden bis heute trategische Partner mit Waffen aufgerüstet: die Türkei, an und Pakistan als Frontstaaten im Kalten Krieg, Is- el im Rahmen der Wiedergutmachungspolitik, die ubarak-Diktatur als Stabilitätsanker in Nordafrika, um ur einige Beispiele zu nennen. Die Tatsache, dass anzlerin Merkel diese Politik der Aufrüstung ganz un- erhohlen vertritt, ändert nichts daran, dass auch ihre orgänger genauso gehandelt und Rüstungsgüter in assen exportiert haben. 31082 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Ein Blick in die Rüstungsexportberichte belegt das. Die erste rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer hat pro Jahr Rüstungsexportgeneh- migungen von durchschnittlich 5,4 Milliarden Euro er- teilt. In ihrer zweiten Regierungszeit von 2003 bis 2005 hat dieselbe Regierung diesen Wert auf 6,2 Milliarden Euro pro Jahr gesteigert. Die darauf folgende Große Ko- alition von Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier legte noch mal drauf, 7,9 Milliarden pro Jahr. Und Schwarz-Gelb liegt jetzt bei durchschnittlich 8,1 Milliar- den Euro. Rüstungsexporte sollten kein Instrument der deut- schen Außenpolitik sein, aus vielen Gründen: Weil der Verbleib der Waffen gar nicht kontrolliert werden kann. Weil Regime sich ändern und plötzlich auf der anderen Seite der Barrikade stehen. Weil sie zur Militarisierung und Destabilisierung von Gesellschaften führen. Weil sie zum weltweiten Wettrüsten beitragen. Weil sie die nach- haltige Entwicklung in den Empfängerländern unterlau- fen können. Und weil sie Konflikte nicht dauerhaft lö- sen, sondern sie eher verlängern und eskalieren. Auch SPD und Grüne sollten, bevor sie jetzt mit dem Finger auf andere zeigen, ihre eigene Regierungszeit selbstkritisch unter die Lupe nehmen. Und sie sollten endlich die Konsequenzen ziehen und dieser Politik ein Ende machen, anstatt nur lautstark Opposition zu spie- len. Zugegeben, die Grünen zeigen sich immerhin selbst- kritisch, was ihre eigene Regierungszeit betrifft. Sie wol- len nun, dass keine Waffenfabriken mehr an Länder au- ßerhalb der NATO/EU exportiert werden. Das ist gut; das ist ein Anfang. Aber es ist mir völlig unverständlich, warum Sie nach wie vor entschieden gegen ein Export- verbot für Kleinwaffen sind, obwohl damit weltweit die meisten Menschen getötet werden. Nun fordern die Grü- nen in ihrem Wahlprogramm ein Rüstungsexportgesetz, durch das die jetzigen unverbindlichen „Politischen Grundsätze“ in Gesetzesform gefasst werden sollen. Sie behaupten, dass damit Rüstungsexporte beschränkt wer- den könnten. Aber solange diese Grundsätze explizit das Abwägen von Interessen erlauben, solange Kriterien wie das der Einhaltung von Menschenrechten butterweich formuliert sind, ist gar nichts gewonnen und kein Rüs- tungsexport verhindert. Die Entscheidung der Bundesre- gierung etwa, Kampfpanzer nach Saudi-Arabien zu lie- fern, steht nämlich im Einklang mit den Politischen Grundsätzen – weil die Bundesregierung abwägen und zugunsten außenpolitischer Interessen entscheiden kann, trotz der massiven Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien. Und das würde auch ein Gesetz auf Ba- sis der Politischen Grundsätze nicht ändern. Nun zur SPD. Als Sie noch mitregiert haben, hatten Sie keine Probleme mit dem hemmungslosen Waffenex- port. Und bis heute sperren Sie sich dagegen, wenigstens einzelne Rüstungsexporte zu verbieten. Nicht einmal den Verkauf ganzer Waffenfabriken möchte sie verbie- ten. Gar nix. Im Jahre 2012 hat die SPD im Bundestag einen Antrag zu Waffenexporten vorgelegt, in dem sie eigentlich nur fordert, dass alles bleiben soll, wie es ist – von ein paar minimalen kosmetischen Korrektürchen ab- g ru n n R s n s m d N m e B e N K In d s e p s ti fo s li ü a z n g tu D s m d s v k z w z D d d h n je g re (C (D esehen. Nur an einem Punkt möchte die SPD Verände- ng: Sie fordert mehr Transparenz, das heißt einen zeit- ahen Rüstungsexportbericht. Das ist gut, aber das reicht icht. Denn mehr Transparenz wird keinen einzigen üstungsexport verhindern. Rüstungsexporte dürfen kein Instrument der deut- chen Außenpolitik sein. Im Übrigen bin ich der Mei- ung, dass Deutschland keine Waffen mehr exportieren ollte. Nur ein Verbot von Waffenexporten ohne Ausnah- en wäre ein wirklicher Beitrag zu einer friedfertigen eutschen Außenpolitik. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die achrichten der letzten Woche haben wieder klarge- acht, wie wichtig es ist, dass der Deutsche Bundestag ndlich sein Recht auf parlamentarische Kontrolle im ereich der Rüstungsexportpolitik einfordert. Erst auf inzelne parlamentarische Anfragen kommt immer eues ans Licht, wie der Rekord bei der Ausfuhr von leinwaffen oder der Verkauf gebrauchter Panzer an donesien gezeigt haben. Zuletzt haben wir so erfahren, ass die Bundesregierung dafür sorgt, dass das ägypti- che Militär ausreichend Ersatzteile für seine Radpanzer rhält, anstatt die Zivilbevölkerung im Transformations- rozess in Ägypten zu unterstützen. Wir Grünen haben im letzten Jahr konkrete Vor- chläge gemacht, wie der Bundestag künftig systema- sch und zeitnah über beabsichtigte Genehmigungen in- rmiert und im Entscheidungsprozess beteiligt werden ollte. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ausdrück- ch für diese Vorschläge werben, und zwar fraktions- bergreifend; denn parlamentarische Kontrolle ist unser ller Aufgabe. Heute stehen unter anderem drei Anträge der Linken ur Entscheidung an, denen wir Grünen am Ende allen icht zustimmen können, obwohl dort teilweise Richti- es drinsteht. Auch wir sind der Auffassung, dass Rüs- ngsexporte nicht Mittel der Außenpolitik sein dürfen. ie Kanzlerin macht einen strategischen Fehler, wenn ie glaubt, Staaten durch deutsche Waffen befähigen zu üssen, sich international zu engagieren. Selbst Länder, enen der Menschenrechtsbericht der Bundesregierung chwere Menschenrechtsverletzungen attestiert, werden on derselben Regierung zu strategischen Partnern er- lärt, und das, obwohl sie in Konfliktregionen liegen, um Teil sogar Konfliktparteien sind. Leider fordert die Linke in allen Anträgen immer ieder ein Totalverbot von Rüstungsexporten, ohne wischen EU-Mitgliedstaaten, Bündnispartnern und rittstaaten zu unterscheiden. Meine Fraktion ist dagegen der festen Auffassung, ass Abrüstung in Europa nur durch mehr und nicht urch weniger Kooperation möglich ist. Wir sehen es da- er auch nicht für sinnvoll an, innerhalb von Europa zu ationalen Rüstungsmärkten zurückzukehren, indem wir den Handel verbieten. Die Forderung nach einer Aussetzung aller Genehmi- ungsanträge der Firma Heckler & Koch ist völlig be- chtigt. Wir haben alle die Meldungen gelesen, dass Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31083 (A) ) )(B) Mitarbeiter des Unternehmens den illegalen Verkauf von Sturmgewehren zugegeben haben. Im „Schwarzbuch Waffenhandel“ packt ein Mitarbeiter aus, dass Heckler & Koch sogar Waffenschulungen in den Regionen durch- geführt hat, in die der Waffenexport offiziell untersagt war. Und wenn sich jetzt auch noch bewahrheiten sollte, dass Heckler & Koch Geld gezahlt hat, damit die Bun- deswehr mangelhafte Waffen anschafft, dann weiß ich nicht, auf was die Exekutive noch wartet, um dem Unter- nehmen endgültig die Zuverlässigkeit für den internatio- nalen Waffenhandel abzusprechen. Leider verzichtet die Linke auch hier wieder nicht auf ihre Forderung nach einem generellen Verbot jeglichen Handels mit Rüstungsgütern und sorgt dafür, dass auch dieser Antrag ohne grüne Zustimmung auskommen muss. Gleiches gilt für den Antrag, die U-Boot-Lieferungen an Israel zu beenden. Wir unterstützen die Forderung nach einer atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten und hoffen, dass die lange geplante Konferenz dieses Jahr endlich zustande kommt. Die Genehmigung und Liefe- rung von nuklearen Trägersystemen steht diesem Pro- zess entgegen und sollte daher unterbleiben. Die Rück- abwicklung von bereits geschlossenen Verträgen dürfte allerdings schwierig werden. Hier werden wir uns ent- halten. Der SPD-Forderung nach einer unauslöschlichen Markierung von Waffen, ihren Bestandteilen und der Munition stimmen wir zu; denn wir brauchen dringend eine bessere Endverbleibskontrolle, besonders bei Klein- waffen. Die Markierung ist nur ein Schritt auf dem Weg zu einer wirkungsvolleren Endverbleibskontrolle, aber ein sehr wichtiger. Bei allen Debatten über Rüstungsgüter dürfen wir nicht vergessen, dass es auch Güter gibt, die nicht zu mi- litärischen Zwecken hergestellt oder verwendet werden, die aber trotzdem in erheblichem Maße zu einer Gefähr- dung von Frieden und Menschenrechten beitragen. Überwachungssoftware ist derzeit nirgends gelistet und kann ungehindert ohne Genehmigung exportiert werden. Im arabischen Frühling haben wir gesehen, wie wichtig die Information und die Kommunikation über das Internet gerade für diejenigen war, die sich für mehr Demokratie und Menschenrechte in ihren Heimatländern eingesetzt haben. Und wir haben gesehen, wie beispiels- weise gerade in Syrien das Regime Überwachungssoft- ware auch deutschen Ursprungs eingesetzt hat, um diese Bewegung zu unterdrücken und zu verfolgen. Wir fordern mit unserem heutigen Antrag daher, so- wohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene für eine Regulierung zu sorgen und künftig keine unde- mokratischen Regime mehr mit solchen Software- produkten zu beliefern. Auch wenn es sich nicht um klassische Dual-Use- Güter handelt, sollten wir darüber nachdenken, eine ent- sprechende europäische Regelung auf den Weg zu brin- gen. Wenn es möglich ist, EU-Embargos in Bezug auf solche Überwachungssoftware zu erlassen, sollte es auch m d A e A fe g 2 s N B L W A g k d H d s fa lu b k la a g d w re tr g u s fü S R tu re s B ru e s w (C (D öglich sein, eine allgemeine und dauerhafte Regelung urchzusetzen. Stimmen Sie deswegen jetzt für diesen überfälligen ntrag! Die Demokratiebewegungen in aller Welt haben s verdient. nlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Soldatinnen- und Soldatengleich- stellungsgesetzes (Tagesordnungspunkt 16) Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU): Mit der lau- nden Strukturreform passen wir die Bundeswehr rundlegend den Realitäten und Herausforderungen des 1. Jahrhunderts an. Mit der Ausrichtung auf die wahr- cheinlichsten Einsatzarten im Rahmen von UNO, ATO und EU bei gleichzeitiger Beibehaltung unseres eitrages als großer zentraleuropäischer Partner bei der andesverteidigung im Bündnis geht der tiefgreifendste andel in der Geschichte der Truppe einher. Mit der ussetzung der Wehrpflicht wird sie kleiner, aber leichzeitig auch einsatzfähiger. Die Reduzierung der Personalstärke und Verschlan- ung von Strukturen hat aber auch Nebenwirkungen, für ie es Vorsorge zu treffen gilt. Durch den Abbau von ierarchieebenen, die Auflösung von Dienststellen und ie Zusammenfassung von militärischer und ziviler Per- onalbearbeitung in einem neuen Organisationsbereich llen zum Beispiel verschiedene Stellen für Gleichstel- ngsbeauftragte weg. Der Aufgabenbereich der verblei- enden Beauftragten wird entsprechend größer und omplexer. Zudem gibt es bislang keine Rechtsgrund- ge für die Wahl einer militärischen Gleichstellungsbe- uftragten in einer zivilen Dienststelle wie der künftigen emeinsamen Personalbearbeitung. Mit dem vorliegenden Entwurf zur Änderung des Sol- atinnen- und Soldatengleichstellungsgesetzes schaffen ir diese und ermöglichen gleichzeitig die Wahl mehre- r Stellvertreterinnen für eine Gleichstellungsbeauf- agte, um die breiter gefächerten Aufgaben zu bewälti- en. Darüber hinaus werden künftig auch Reservisten nd freiwillig Wehrdienstleistende vom Gesetz berück- ichtigt, da beide Statusgruppen mittlerweile ebenfalls r Frauen zugänglich sind. Es ist unerlässlich, diese Änderungen noch vor der ommerpause zu verabschieden, damit die notwendige echtsgrundlage für die Beteiligung der Personalvertre- ngen – insbesondere der Gleichstellungsbeauftragten – chtzeitig für die Umsetzung der laufenden Reform ge- chaffen wird. Die öffentliche Anhörung hat keine grundsätzlichen edenken der Experten und keinen inhaltlichen Ände- ngsbedarf ergeben. Die Sachverständigen haben über- instimmend bestätigt, dass der Gesetzentwurf verfas- ungsgemäß und rechtskonform ist. Darüber hinaus urden die Klarstellung und Dynamisierung einzelner 31084 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Regelungen begrüßt, die den notwendigen Spielraum für weitere Anpassungen bieten. Auch die Behandlung der Thematik in einem eigen- ständigen Gesetz wurde unter Hinweis auf die besonde- ren Anforderungen des Dienstes bei und der Strukturen in der Bundeswehr als berechtigt begründet. Das ist, glaube ich, ein wichtiger Punkt. Schließlich haben wir alle, die wir uns um weitere Verbesserungen für die Sol- datinnen und Soldaten bemühen, immer betont, dass die- ser Dienst eben kein Job wie jeder andere ist. Die Anfor- derungen an sie sind eben andere als an zivile Arbeitnehmer. Selbst mit Polizisten und Feuerwehrleu- ten sind sie nur schwer vergleichbar. Denn in keinem an- deren Beruf wird so offen verlangt, dass seine Angehöri- gen auf Befehl äußerstenfalls ihr Leben einsetzen. Und in keinem anderen Beruf können Mitarbeiter zu einem solch gefährlichen Dienst so einfach ins Ausland kom- mandiert werden. Gerade diese Anforderungen bedingen ja viele struk- turelle Besonderheiten der Bundeswehr. Und gerade mit dieser Begründung haben wir immer wieder Sonderrege- lungen gefordert und teilweise auch durchgesetzt – auch gegen den Widerstand von anderen Interessengruppen aus dem öffentlichen Dienst. Deswegen hat es mich, ehrlich gesagt, etwas gewun- dert, dass ausgerechnet der Bundeswehrverband in die- ser Frage gefordert hat, die Soldaten wie jeden anderen öffentlichen Bediensteten zu behandeln und ihre Beteili- gungsrechte an die Regelungen des Bundesgleichstel- lungsgesetzes anzupassen. Das läuft der bisherigen Argumentationslinie schon etwas zuwider. Denn es impliziert, dass Soldaten unter denselben Bedingungen dienen wie der Rest des öffentli- chen Dienstes. Dann bräuchten wir in der Tat kein eige- nes Gleichstellungsgesetz für die Bundeswehr, aller- dings auch keine anderen Sonderregelungen und – der kleine Hinweis sei auch gestattet – keine eigene Interes- senvertretung. Ich glaube aber, dass die Alleinstellungs- merkmale des soldatischen Dienstes nach wie vor gelten und dass der Weg über ein eigenes Gesetz daher der rich- tige ist. Die Ausgestaltung im Detail wird dabei sicher- lich ein fortlaufender Prozess bleiben. Teilweise wurde in der Anhörung auch eine Evalua- tion von Regelungen nach ein oder zwei Jahren empfoh- len. Das kann durchaus geschehen, etwa durch das So- zialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr. Jedoch bestand Einigkeit, dass der Entwurf so schnell wie mög- lich zu verabschieden sei, um die notwendigen Anpas- sungen der aktuellen Rechtslage an die geänderten Orga- nisationsstrukturen der Bundeswehr zeitgerecht vornehmen zu können. Andernfalls hätte das für die Ar- beit der militärischen Gleichstellungsbeauftragten fatale Folgen. Dass die Opposition solch einen Zustand durch eine Verzögerungstaktik gerne herbeigeführt hätte, um der Bundesregierung dann eine mangelnde Zufriedenheit der betroffenen Soldaten durch die Bundeswehrreform vor- zuwerfen, ist auch klar. Für politische Spielchen auf dem Rücken der Soldaten stehen wir aber nicht zur Verfü- g in a G d G d tr B e li b re s fü G a B d h lu b S g v w D ra s w e ih k ti ti d o d d tr d d n d V te g F la d u li b E d (C (D ung. Deswegen ist es gut, dass wir dieses Gesetz heute der vorgeschlagenen Form verabschieden werden. Es gab in der Anhörung natürlich auch die eine oder ndere kritische Anmerkung über das eben dargestellte rundsätzliche hinaus. Einige Anmerkungen betrafen ie Größe der Wählerinnengruppe für die einzelnen leichstellungsbeauftragten. Beispielsweise wird ja ab er Divisionsebene jeweils eine Gleichstellungsbeauf- agte gewählt und im Bundesamt für Personalwesen der undeswehr auch eine. Hier gab es Bedenken, dass die inzelnen Beauftragten je nach Größe des Anteils weib- cher Soldaten in den einzelnen Bereichen ihrer Aufga- enstellung aufgrund des Umfangs nicht hinreichend ge- cht werden könnten. Auch da wurde wieder das Bundesgleichstellungsge- etz zum Vergleich herangezogen, wonach bekanntlich r Dienststellen mit regelmäßig 100 Beschäftigten eine leichstellungsbeauftragte zu wählen ist. Da zeigt sich ber schon wieder der Unterschied zwischen dem zivilen ereich und der Bundeswehr. Der Anteil weiblicher Sol- atinnen in den unterschiedlichen Laufbahnen ist eben öchst unterschiedlich. Deswegen war auch die Empfeh- ng des Bundeswehrverbands für eine Gleichstellungs- eauftragte ab 3 000 Mitarbeitern nicht zielführend. tattdessen sehen wir im Gesetz die Möglichkeit vor, bei roßen Zuständigkeitsbereichen bis zu zwei vollständig on Routineaufgaben entlastete Stellvertreterinnen zu ählen, die die Gleichstellungsbeauftragte unterstützen. as ist eine sehr viel flexiblere Regelung und stellt ge- de für das Bundesamt für Personalwesen eine Verbes- erung der jetzigen Situation dar, wobei aber auch Hin- eise aus der Praxis, dass der Zuständigkeitsbereich iner Gleichstellungsbeauftragten zu groß sei und sie re Aufgaben daher nicht sachgerecht wahrnehmen önne, bislang nicht vorliegen. Insofern ist es gerechtfer- gt, diese Stellen weiterhin entsprechend der Organisa- onsstruktur ab der Divisionsebene einzurichten. Auch die militärischen Gleichstellungsbeauftragten ürfen im Übrigen gegen ihren Willen nur dann versetzt der kommandiert werden, wenn dies aus wichtigen ienstlichen Gründen unvermeidbar ist. Insofern sind eren persönliche Schutzrechte denen der Personalver- etung bereits weitgehend angeglichen. Die verbleiben- en Unterschiede zum Bundesgleichstellungsgesetz, das ie Beauftragten vor Kündigung, Versetzung und Abord- ung schützt, sind wiederum den strukturellen Beson- erheiten des militärischen Dienstes geschuldet. Ein anderer Komplex betraf die Verbesserung der ereinbarkeit von Familie und Dienst unter den Aspek- n von Teilzeit- und Telearbeit. Nach dem Bundes- leichstellungsgesetz ist Anträgen von Beschäftigten mit amilienpflichten auf Teilzeitbeschäftigung oder Beur- ubung zu entsprechen, sofern dem nicht zwingende ienstliche Belange entgegenstehen. Das Soldatinnen- nd Soldatengleichstellungsgesetz verweist diesbezüg- ch auf das Soldatengesetz, das Teilzeit und Beurlau- ungen grundsätzlich ebenfalls ermöglicht. Auch die Möglichkeiten und Voraussetzungen zur inrichtung von Telearbeitsplätzen im Geschäftsbereich es BMVg sind einheitlich für zivile und militärische Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31085 (A) ) )(B) Mitarbeiter durch eine entsprechende Rahmenanweisung geregelt. Diese Regelungen sind aber nicht Gegenstand des heute behandelten Gesetzes. Es verweist lediglich auf sie. Und es ist schlechterdings nicht möglich, die Re- gelungen des Soldatengesetzes im Rahmen einer Überar- beitung des Gleichstellungsgesetzes zu ändern. Eine Er- messensreduzierung bei der Bearbeitung von Anträgen auf Teilzeit, Telearbeit und Beurlaubungen auf dem Weg über das Gleichstellungsgesetz, wie teilweise gefordert, wäre systemwidrig. Zudem gibt es auch hier wieder mi- litärspezifische Besonderheiten, die zu berücksichtigen sind, insbesondere die Funktionsfähigkeit der Streit- kräfte als limitierender Faktor. Mit der heutigen Verabschiedung der Gesetzesände- rung schaffen wir also die Voraussetzungen dafür, dass die Soldatinnen und Soldaten ihre Beteiligungsrechte auch in den neuen Strukturen der Bundeswehrreform weiter uneingeschränkt verwirklichen können. Noch einmal: Kein Gesetz ist jemals aller Weisheit Schluss. Eine Evaluierung nach einiger Zeit ist durchaus sinnvoll, wie bei vielen anderen Regelungen auch. Ver- besserungen bringt es aber allemal. Und die heutigen Änderungen müssen jetzt umgesetzt werden, insbeson- dere um der Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten in den künftigen Strukturen eine Rechtsgrundlage zu ge- ben. Vor allem aber ist mir eines wichtig: Der Dienst der Soldatinnen und Soldaten bei der Bundeswehr ist und bleibt ein besonderer. Er ist nicht vergleichbar mit allem anderen, was private und auch öffentliche Arbeitgeber von ihren Beschäftigten verlangen. Deswegen muss es auch weiterhin Sonderregelungen für diesen Dienst ge- ben. Mit dem Soldatinnen- und Soldatengleichstellungs- gesetz tragen wir dieser Erfordernis Rechnung. Karin Evers-Meyer (SPD): Wir beraten heute in zweiter und dritter Lesung den Regierungsentwurf zum Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz. Um es gleich vorwegzunehmen: Echte Gleichstellung sieht an- ders aus. Der Entwurf, entstanden auf den letzten Metern der schwarz-gelben Regierung, ist gespickt mit handwerkli- chen Fehlern und inhaltlichen Mängeln. Der vorliegende Gesetzentwurf bleibt um Längen hinter dem Bundes- gleichstellungsgesetz zurück. Beispielsweise werden Gleichstellungsbeauftragte nach dem Bundesgleichstel- lungsgesetz in Dienststellen ab 100 Beschäftigten ge- wählt. Die militärischen Gleichstellungsbeauftragten sollen jedoch auf der Ebene der Division oder vergleich- bar gewählt werden. Sie sind somit für bis zu 18 000 Soldatinnen und Soldaten zuständig. Nur noch einmal zum Verständnis: Sie wollen, dass ein Gleichstellungs- beauftragter für bis zu 18 000 Soldatinnen und Soldaten da ist? Jemand, der das kann, ist nicht nur Gleichstel- lungsbeauftragter par excellence, sondern muss überdies noch ein Zauberer sein. So eine utopische Anzahl über- haupt ins Spiel zu bringen, finde ich wirklich reichlich achtlos. b s u S g v w n d O ta m s M n v d b B s d d e R d g P M E li m n v h ti ru m U le tr S b Ih G e z g z m m u tr m ti (C (D Und noch mehr: Ihr Entwurf ist verfassungsrechtlich edenklich. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom 19. September 2012 festgestellt, dass nterschiedliche Regelungen im Soldatinnen- und oldatengleichstellungsgesetz gegenüber dem Bundes- leichstellungsgesetz bei Fehlen eines triftigen Grundes erfassungswidrig sind. Triftige Gründe für die im Ent- urf bestehenden Abweichungen sind nicht nur mir icht bekannt. Einen verfassungsrechtlich unter Umstän- en nicht haltbaren Entwurf vorzulegen, ist fahrlässig. der vielleicht Absicht, wenige Monate vor der Bundes- gswahl. Nehmen Sie bitte wenigstens heute zur Kenntnis, eine Damen und Herren von CDU/CSU und FDP, dass ich auch während der öffentlichen Anhörung am 13. ai 2013 die Kritik am Gesetzentwurf noch einmal ma- ifestiert hat. Ich weiß, Sie waren auch da. Aber richtig erstanden scheinen Sie nicht zu haben. Sonst hätten Sie ie Unzulänglichkeiten Ihres Papiers doch längst beho- en. Nun, Zuhören war nie eine wirkliche Stärke der undesregierung in den letzten vier Jahren. Im Fall die- es Gesetzentwurfes ist das nun besonders sträflich, enn Sie tragen Ihre Uneinsichtigkeit auf dem Rücken er Soldatinnen und Soldaten aus. Einfach so, wieder inmal über die Köpfe aller Betroffenen hinweg. Aber zurück zum Fachlichen: Ihr Entwurf wird den echten und Pflichten sowie der Gleichstellung von Sol- atinnen gegenüber ihren männlichen Kameraden nicht erecht. Wie man im Jahr 2013 dem Parlament so ein apier zur Beratung vorlegen kann, ist für eine breite ehrheit in der Bevölkerung völlig unverständlich. Der ntwurf ist halbherzig, handwerklich fehlerhaft, inhalt- ch butterbrotpapierdünn. Sie hätten die Chance gehabt, it uns gemeinsam nachzubessern, aber Sie wollten icht. Unser Entschließungsantrag lag Ihnen rechtzeitig or; wir waren gesprächsbereit. Wissen Sie, manchmal abe ich das Gefühl, wir von der SPD-Bundestagsfrak- on sind in dieser Legislaturperiode so eine Art „Regie- ngs-ADAC“: Immer, wenn Sie eine Panne haben, üssen wir kommen und das Auto zum Laufen bringen. nd das, ohne dass Sie bei uns Mitgliedsbeiträge bezah- n müssen. Wir hätten mit unserem Entschließungsan- ag gemeinsam für eine wirksame Gleichstellung von oldatinnen und Soldaten sorgen können. Aber Sie ha- en stattdessen darauf beharrt, den Holzweg, den Sie mit rem Gesetzentwurf beschreiten, weiterzugehen. Die SPD-Bundestagsfraktion lehnt den vorliegenden esetzentwurf der Bundesregierung ab: Wir haben einen igenen Entschließungsantrag formuliert, der das Gesetz u dem macht, was es leisten soll: echte Gleichberechti- ung als Selbstverständlichkeit zu manifestieren. In unserem Antrag fordern wir: Frauen den Zugang ur Telearbeit, zu flexiblen Arbeitszeitmodellen und fa- iliengerechten Arbeitsbedingungen zu ermöglichen; ilitärische Gleichstellungsbeauftragte bei Versetzung nd Kommandierung wie ein Mitglied der Personalver- etung zu schützen; gleichstellungsrelevante Maßnah- en und Verfahrensschritte in gleicher Weise dokumen- eren zu lassen wie im Bundesgleichstellungsgesetz; 31086 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) militärischen Gleichstellungsbeauftragten dieselben Un- terrichtungspflichten, Akteneinsicht und Vortragsrechte einzuräumen, die den nach dem Bundesgleichstellungs- gesetz gewählten Gleichstellungsbeauftragten zustehen; den Umfang der Wählergruppen so zu regeln, dass eine Gleichstellungsbeauftragte für maximal 3 000 Wahlbe- rechtigte zuständig ist. Ohne diese zentralen Änderungen ist der vorlegte Ge- setzentwurf der Bundesregierung nicht tragbar. Die SPD-Bundestagsfraktion duldet auch auf den letzten Metern vor der Bundestagswahl keine Halbherzigkeiten der schwarz-gelben Koalition. Gerade für die Soldatin- nen und Soldaten kommt es in besonderem Maße auf Verlässlichkeit und Qualität an. Burkhardt Müller-Sönksen (FDP): Liebe Generä- linnen und Admiralinnen, die ich hiermit am Beginn meiner Rede ganz besonders grüße. Sie fremdeln mit diesem Gruß? Das ist jedoch die Zukunftsvision zukünf- tiger Anreden beim Thema Bundeswehr. Wir wollen Frauen in den höchsten Führungspositionen unserer Streitkräfte! Aktuell sind in der Bundeswehr rund 18 000 enga- gierte Soldatinnen tätig, und die Tendenz ist weiter stei- gend. Aber die durchaus positiven Zahlen dürfen nicht den Blick auf manche aktuell vorherrschende Problem- lage verstellen. Der jetzige 10-prozentige Frauenanteil in der Bundeswehr ist noch immer viel zu gering. Während in anderen, bisher von Männern dominierten Berufsfel- dern wie den technischen Berufen der Anteil von Frauen in den letzten Jahren rasant gestiegen ist, erlebten wir bei der Bundeswehr in den letzten Jahren nur moderate An- stiege. Die Integration von Frauen in unseren Streitkräften ist ein langfristiger Prozess, der uns auch in den nächsten Jahren begleiten wird und der eines verstärkten Einsat- zes sowohl der Politik als auch der Führung der Bundes- wehr bedarf. Warum ist die Bundeswehr vor allem für Frauen – und auch für viele Männer aus gleichen Gründen – momentan kein attraktiver Arbeitgeber? Es sind mehrere Faktoren, die den Arbeitgeber Bun- deswehr für Frauen nicht attraktiv erscheinen lassen. Bis zur Aussetzung der Wehrpflicht im letzten Jahr war der Pflichtdienst das wichtigste Rekrutierungsinstru- ment der Streitkräfte. Die Bundeswehr musste nicht um Personal werben. Es wurde ihr förmlich zugespielt. Ihre Aufgabe bestand dann nur darin, die jungen Menschen auf Dauer an sich zu binden. Frauen, die zur Bundeswehr wollten, hatten es un- gleich schwerer. Sie mussten sich ganz aktiv für einen Dienst bei der Bundeswehr entscheiden, und manche von ihnen mussten auch Widerstand in ihrem persönli- chen Umfeld überwinden. Spätestens seit Aussetzung der Wehrpflicht ist nun endlich der nötige Druck für die Bundeswehr vorhanden, aktiv um ihr zukünftiges Personal zu werben. Die Bun- d s d k a d e li F g S u n a s g n m M k m b w d s d h v g z te n m w g n in b d im g z s ty d s d w g (C (D eswehr kann es sich nicht leisten, auf eines der Ge- chlechter zu verzichten. Die Bundeswehr braucht mehr enn je intelligente und engagierte Frauen. Die Streit- räfte anderer Nationen sind in diesem Punkt viel weiter ls unser Militär. Engagierte Frauen und Männer gewinnt man nicht urch breit angelegte Werbekampagnen, sondern durch in Arbeitsumfeld, welches Aufstiegschancen ermög- cht und gleichzeitig die Vereinbarkeit von Dienst und amilie sicherstellt. Niemand ist ein besserer Werbeträ- er als zufriedene Soldatinnen und Soldaten, die mit tolz über ihren Beruf in ihrem persönlichen Umfeld nd auch in der Öffentlichkeit sprechen. Der Soldatenberuf ist ein einzigartiger Beruf, nicht ur für die Soldatinnen und Soldaten selbst, sondern vor llem für ihre Familien. Nicht nur die Auslandseinsätze, ondern auch die häufige Ortsabwesenheit durch Lehr- änge oder, wie bei der Marine, im Rahmen der ganz ormalen Arbeit stellen enorme Belastungen für die Fa- ilien dar. Umso wichtiger ist es, dass dort, wo wir die öglichkeiten zur Entlastung haben, wir diese auch onsequent nutzen. Der Bundestag hatte ein ganzes Paket von Maßnah- en zur Verbesserung der Vereinbarkeit auf den Weg ge- racht. Mit Bedauern stelle ich fest, dass vieles von dem as wir damals beschlossen haben, wie die Einrichtung er Eltern-Kind-Arbeitszimmer, noch immer nicht voll- tändig umgesetzt ist. Auch bei der Einrichtung von Kin- erbetreuungsangeboten steht die Bundeswehr noch weit inter der zivilen Wirtschaft zurück. Hier ist das Bundes- erteidigungsministerium in der Pflicht, die notwendi- en vom Parlament beschlossenen Schritte zeitnah um- usetzen. Der respektvolle Umgang zwischen den Geschlech- rn, wie ich ihn bei meinen Besuchen bei den Soldatin- en und Soldaten in den Einsatzgebieten und an den Hei- atstandorten selbst erleben durfte, ist eine weitere ichtige Grundvoraussetzung, um als moderner Arbeit- eber attraktiv zu sein. Die jährlichen Berichte des Wehrbeauftragten zeich- en die erfolgreichen Entwicklungen in der Bundeswehr diesem Bereich nach. Die Diskriminierungsfälle ha- en in den letzten Jahren abgenommen. Aber – und auch ieses zeigen die Berichte des Wehrbeauftragten –, noch mer gibt es, gerade was das Führungsverhalten an- eht, immer wieder gravierende Fälle, in denen Defizite u beklagen sind. Ohne diese Schwächen aus dem Blick zu nehmen, ind wir Politiker jedoch gefragt, uns nicht eines stereo- pen, überkommenen Bildes der Soldaten und der Bun- eswehr zu bedienen. Unsere Streitkräfte sind ein Abbild unserer Gesell- chaft. Wie in der Gesamtgesellschaft so hat sich auch in en Streitkräften in Fragen der Gleichstellung vieles be- egt in den letzten Jahren. Diese positiven Entwicklun- en verdienen unsere Anerkennung. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31087 (A) ) )(B) Die Unterschiede in der Ausgestaltung zwischen dem Soldatengleichstellungsgesetz und dem Bundesgleich- stellungsgesetz liegen in der Besonderheit des Soldaten- berufs begründet. Einhellig haben uns die Sachverstän- digen in der Anhörung des Verteidigungsausschusses daher die Verfassungsmäßigkeit des vorgelegten Gesetz- entwurfs bestätigt. Die Bundeswehr erhält durch die Strukturreform ein neues Gesicht. Mit der vorgelegten Neufassung des Sol- datengleichstellungsgesetzes modernisieren wir die Strukturen der Gleichstellungsinstitutionen innerhalb unserer Streitkräfte und stellen damit eine effektive Inte- ressenvertretung für unsere Soldatinnen sicher. Harald Koch (DIE LINKE): Um es hervorzuheben: Die Linke setzt sich generell für eine Gleichstellung von Frauen und Männern auf allen Gebieten und natürlich auch für Gleichstellungsbeauftragte in allen Institutionen ein. Zu oft sind Frauen historisch schon diskriminiert oder aus wichtigen Positionen herausgehalten worden. Trotz verfassungsrechtlich normiertem Gleichheits- grundsatz in Art. 3 des Grundgesetzes sind Frauen mit nur circa einem Prozent in den Vorständen der 100 größten deutschen Unternehmen vertreten und bilden mit 65 Pro- zent die größte Gruppe im Niedriglohnsektor. Im Berufs- und Familienleben werden Frauen noch immer mit her- kömmlichen Geschlechterrollen konfrontiert und diskri- miniert. Geht der Blick nach Europa, gehört Deutschland zu den Schlusslichtern in Sachen Gleichstellung der Ge- schlechter. Die Herstellung von Geschlechtergerechtig- keit ist daher eines der zentralen Ziele meiner Fraktion. Mit vorliegendem Gesetzentwurf soll mehr Ge- schlechtergerechtigkeit auch in der Bundeswehr herge- stellt werden – und zwar durch eine Änderung des Sol- datinnen- und Soldatengleichstellungsgesetzes. Neben wenigen guten Ansätzen bleibt der Gesetzentwurf der Bundesregierung insgesamt enttäuschend, weshalb wir ihn in der Summe ablehnen werden. Die guten Ansätze liegen zum Beispiel darin, Entlas- tungsstrukturen für Gleichstellungsbeauftragte, also Stellvertretungs- und Kompensationsregelungen einzu- richten. In Einzelfällen können der Stellvertreterin dau- erhaft eigene Aufgaben bei gleichzeitiger Entlastung von ihren üblichen dienstlichen Tätigkeiten übertragen wer- den. Enttäuschend ist der Gesetzentwurf, weil die Streit- kräfte von wirklicher Gleichstellung noch weit entfernt sind. Soldatinnen und Soldaten werden in Gleichstel- lungsfragen schlechter gestellt als beispielsweise Beam- tinnen und Beamte. Letztere werden nämlich nach dem Bundesgleichstellungsgesetz behandelt. Auch werden Soldatinnen ohne triftigen Grund wie „Beeinträchtigung der militärischen Funktionsfähigkeit“ gegenüber weibli- chen Zivilbeschäftigten benachteiligt. Dieses Gefälle des Schutzniveaus ist aus unserer Sicht nicht haltbar. Auch beim Versetzungs- und Kommandierungsschutz ist einiges im Argen. Die militärischen Gleichstellungs- beauftragten sind bezüglich des Versetzungsschutzes ge- genüber den zivilen Gleichstellungsbeauftragten gleich- z d in lu A n s g te h s d M d S c W w G g G v D u le V lu d m e ru g L g v d s B n a le a re d V u M a u w s d im (C (D ustellen. Dies leistet der Gesetzentwurf nicht, worauf er Entschließungsantrag der Grünen zu Recht hinweist. Aus dem SPD-Entschließungsantrag unterstützen wir sbesondere die Forderung, militärischen Gleichstel- ngsbeauftragten dieselben Unterrichtungspflichten, kteneinsicht und Vortragsrechte einzuräumen, die den ach dem Bundesgleichstellungsgesetz gewählten Gleich- tellungsbeauftragten zustehen. Gleichstellungsbeauftragte werden nach dem Bundes- leichstellungsgesetz in Dienststellen ab 100 Beschäftig- n gewählt. Militärische Gleichstellungsbeauftragte sind ingegen für bis zu 18 000 Soldatinnen und Soldaten zu- tändig. Eine effektive Ausübung des Amtes ist wegen er hohen Fallzahl kaum mehr möglich. Die Linke ist der einung, die Rolle der Gleichstellungsbeauftragen und eren Stellvertreterinnen zu stärken und ihre Zahl in den treitkräften gemäß der Größe der Zuständigkeitsberei- he deutlich zu erhöhen. Im Gesetzentwurf werden zudem die Vorschriften zur ahl einer Gleichstellungsbeauftragten angepasst. Somit ird die Möglichkeit geschaffen, dass eine militärische leichstellungsbeauftragte auch in zivilen Dienststellen ewählt wird, anstatt die Stelle wegfallen zu lassen. Mehr leichstellungsbeauftragte zu haben, ist gut. Unabhängig on der Gleichstellungsfrage lehnen wir aber die weitere urchziehung ziviler Bereiche mit militärischen Stellen nd Rängen ab – dies gilt für Frauen und für Männer. Aus gleichstellungspolitischer Perspektive ist vor al- m fragwürdig, warum im Gesetzentwurf besonders auf ertretungs- und Entlastungsstrukturen für Gleichstel- ngsbeauftragte rekurriert wird, nicht aber der Ausbau er eigentlichen, inhaltlichen Arbeit in Angriff genom- en wird, sprich: Betriebsvereinbarungen gegen sexu- lle Belästigung am Arbeitsplatz, gegen Diskriminie- ng von Frauen bei Lohn- und Rangverhandlungen, egen Sexismus allgemein in der Bundeswehr. Diese ücken müssen dringend geschlossen werden! Ein weiteres Ziel des Soldatinnen- und Soldaten- leichstellungsgesetz ist es, eine bessere Vereinbarkeit on Familie und Dienst zu schaffen. Hier liefert die Bun- esregierung gar nichts. Daher ist es gut, dass die Ent- chließungsanträge von den Grünen und der SPD zum eispiel Fragen der Teilzeitbeschäftigung von Soldatin- en und Soldaten, der Möglichkeiten zur Telearbeit und nderen flexiblen, familienfreundlichen Arbeitsmodel- n oder auch Freistellungen aus familiären Gründen ufgreifen. Doch eines sollte sich jede und jeder vor Augen füh- n: Die Bundeswehr ist gerade kein Arbeitsplatz wie je- er andere. So wünschenswert auch dort eine bessere ereinbarkeit von Familie und Dienst für die Einzelne nd den Einzelnen ist, führen und dienen letztlich solche aßnahmen gleichfalls dazu, den Dienst an der Waffe ttraktiver zu gestalten und Nachwuchs zu aktivieren nd zu rekrutieren. Durch Gleichstellungsbeauftragte ird das Klima in der Bundeswehr gewiss etwas verbes- ert, dennoch ist mehr als offensichtlich, dass die Bun- eswehr in Zeiten ihrer Neuausrichtung auf eine „Armee Einsatz“ ausgerichtet sowie in Zeiten des Nach- 31088 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) wuchsmangels gerade für Frauen attraktiver gemacht werden soll. Dies führen Grüne und SPD auch unverblümt aus – weswegen wir uns zu beiden Anträgen nur enthalten können. So schreiben beispielsweise die Grünen, dass sich die Bundeswehr „verstärkt dem Wettbewerb um qualifiziertes Personal stellen“ muss; „die Streitkräfte können sich nicht mehr darauf ausruhen, dass ihnen au- tomatisch junge Männer zum Dienst zugeführt werden“. Die ehemalige Friedenspartei will die „Streitkräfte als Arbeitgeber attraktiver machen“. Genau das möchte die Bundesregierung auch. Die Linke lehnt jedoch eine Aktivierungs- und Rekru- tierungspolitik unter dem Deckmantel einer besseren Gleichstellungspolitik in den Streitkräften ab. Dazu muss mit der durch die Neuausrichtung der Bundeswehr einhergehende Fixierung auf militärische Interventionen und Auslandseinsätze gebrochen werden. Die Bundes- wehr muss wieder auf ihren grundgesetzlichen Auftrag der Landesverteidigung zurückgeführt und verkleinert werden. Schließlich sollte sich die Bundesregierung ernsthaft auch um die inhaltliche, nicht nur strukturelle Gleich- stellungsarbeit kümmern. Denn es ist auf diesem Gebiet noch sehr viel zu tun – nicht nur in der Bundeswehr! Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Bun- deswehrreform stellt die Streitkräfte vor enorme Umbau- aufgaben. Unter anderem werden künftig deutlich mehr Soldatinnen und Soldaten in zivilen Bereichen ihren Dienst tun. Im Moment fehlt es aber an einer Rechts- grundlage für die Wahl von militärischen Gleichstel- lungsbeauftragten in diesen Bereichen. Deswegen hat das Bundesverwaltungsgericht Ende letzten Jahres zu verstehen gegeben, dass es nicht gewillt ist, diesen Zustand länger hinzunehmen, und eine Rege- lung angemahnt. Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf meint es dann al- lerdings mit der Gleichstellung nicht allzu wörtlich. Einige Probleme werden durch den Entwurf sogar noch verschärft. So wird im neuen Personalamt der Bun- deswehr künftig lediglich eine militärische Gleichstel- lungsbeauftragte mit ihren zwei Stellvertreterinnen für die Begleitung von Tausenden Personalentscheidungen im Jahr zuständig sein. Jeder vernünftige Mensch kann sich an einer Hand ausrechnen, dass das schlichtweg un- möglich ist. Selbst wenn man den Mitarbeiterstab etwas aufstockt, bleibt das Problem, dass lediglich die Gleich- stellungsbeauftragten selbst persönlich Zugang zu den Personalgesprächen haben. Effektive Gleichstellungspo- litik sieht anders aus. Es gibt auch keinen einzigen militärischen Grund, warum Anträge auf Teilzeitarbeit von Soldatinnen und Soldaten leichter abgelehnt werden dürfen als bei zivilen Angestellten. Genauso wenig gibt es einen sachlichen Grund für den geringeren Versetzungsschutz bei militärischen Gleichstellungsbeauftragten. Auch die Experten von U G g k g b h b 1 c A re d le F b S d D li B In d a ih M M D M d „ in s b m s d B lu h P m w w z G B a e h (C (D nion und FDP konnten in der Anhörung hierfür keine ründe benennen. Weder ist der Verteidigungsauftrag efährdet noch steht die Funktionsfähigkeit der Streit- räfte auf dem Spiel. Es gilt das Prinzip aus Art. 3 GG, dass Ungleiches un- leich und Gleiches gleich zu behandeln ist. Was ist aber itte der sachliche Grund dafür, dass sich in zivilen Be- örden eine Gleichstellungsbeauftragte um 100 Mitar- eiter kümmert, während es in der Bundeswehr eine für 6 000 Soldatinnen und Soldaten ist? Die nationale Si- herheit ist es jedenfalls nicht. Dabei wäre mehr Gleichstellung dringend geboten. uch mehr als zehn Jahre nach der Öffnung aller Teilbe- iche der Streitkräfte für Frauen ist die Bundeswehr von er Zielmarke eines 15-prozentigen Frauenanteils mei- nweit entfernt. Im Moment leisten lediglich 9 Prozent rauen dort ihren Dienst. Auf Dienstposten der Besoldungsstufen A 16 bis B 3 efinden sich zurzeit lediglich zehn Frauen. Auch in der anität, wo Frauen schon sehr viel länger Dienst leisten ürfen, gibt es lediglich eine Frau im Rang Generalarzt. ie Generalität ist somit weiterhin ein vollständig männ- ch dominierter Bereich. Die gläserne Decke ist bei der undeswehr aus Stahlbeton! Dabei ist es im ureigenen teresse der Bundeswehr, mehr qualifizierte Frauen für en Dienst in den Streitkräften zu gewinnen. Heutige Bewerberinnen und Bewerber sind zu Recht nspruchsvoller und suchen einen Arbeitgeber, der auch re familiären Bedürfnisse im Blick hat und sich um ein indestmaß an Planbarkeit der Arbeitszeiten bemüht. angelnde Aufstiegschancen und familienfeindliche ienstzeitmodelle schrecken sowohl Frauen als auch änner ab. Es fehlt uns übrigens immer noch die von der Bun- eswehr angekündigte Nachfolgestudie zu der Studie Truppenbild mit Dame“ zu sexueller Diskriminierung der Bundeswehr. Der Verteidigungsausschuss wollte ich eigentlich noch in dieser Legislaturperiode damit efassen. Dafür müsste die Studie aber so langsam ein- al beim Bundestag ankommen. Angekündigt war sie chon für März 2013. Also: Wo bleibt sie? Es wäre insgesamt eine gute Gelegenheit gewesen, as geltende Recht für Soldatinnen und Soldaten dem für eamtinnen und Beamte geltenden Bundesgleichstel- ngsgesetz anzupassen. Schade, dass Sie sie versäumt aben. Stattdessen soll künftig weniger und seltener über die robleme berichtet werden. Den Berichtszeitraum öchten Sie von zwei auf vier Jahre heraufsetzen, ob- ohl alle Experten sich in der Anhörung einig waren, ie wichtig eine kontinuierliche Evaluierung des Geset- es wäre. Aufgrund der Anhörungsergebnisse haben wir rüne im Ausschuss den Änderungsantrag gestellt, den erichtszeitraum bei zwei Jahren zu belassen. Warum in ller Welt haben Sie das eigentlich abgelehnt? „Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch rkennen, dass A falsch war.“ (Brecht) Ich bitte Sie da- er, den Gesetzentwurf abzulehnen. Besser kein Gesetz Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31089 (A) ) )(B) als dieses Gesetz! Dann bleibt nämlich zumindest noch die Hoffnung, dass das Bundesverwaltungsgericht fort- schrittlicher ist als die Regierung und künftig einfach das Bundesgleichstellungsgesetz anwendet! Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Aufnahme afghani- scher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundeswehr in Deutschland (Tagesordnungs- punkt 17) Robert Hochbaum (CDU/CSU): Ende 2014 werden wir den ISAF-Einsatz in Afghanistan beenden. Ich denke, wir sind alle einer Meinung, dass dies gut so ist. Was jedoch die Bewertung des Einsatzes anbelangt, so scheint es mir, unterscheiden sich die Ansichten. Ich bin überzeugt davon – und da spreche ich für einen Großteil hier im Hause –, dass unser Einsatz erfolgreich war. Dafür sei an dieser Stelle den vielen Tausend Solda- tinnen und Soldaten, den zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Entwicklungshelfern und all jenen ge- dankt, die seit Beginn von ISAF – unter Einsatz ihres Lebens – für unsere Sicherheit und für den Wiederauf- bau Afghanistans gekämpft und hervorragend gearbeitet haben. Afghanistan gilt es nicht verloren zu geben, sondern in seinem Wiederaufbau zu stärken und die Zivilgesell- schaft sowie die Sicherheitskräfte zu unterstützen. Wie viele von Ihnen, so habe auch ich mir oft, über viele Jahre hinweg, ein Bild vom Erfolg vor Ort gemacht – und dies nicht nur beim Besuch von Bundeswehrliegen- schaften, sondern konkret und direkt auch in den Städten und Dörfern. Wer diese Entwicklung mit offenen Augen verfolgt hat, wer sie jetzt gerade vor den Wahlen nicht nur durch die parteipolitische Brille sieht, müsste mir in meiner Einschätzung von einem erfolgreichen Einsatz zustim- men. Der beste Beweis sind für mich immer die Tausenden von Kindern, die morgens in ihren Schuluniformen in den Straßen zu sehen sind. Übrigens auch viele Mäd- chen, was früher undenkbar gewesen wäre. Diese Kinder, die nicht in Koranschulen gehen, son- dern in weltlichen Schulen lernen, sind in der Zukunft ein Garant für die Sicherheit in Afghanistan und dadurch auch für die Sicherheit bei uns in Deutschland und Eu- ropa. Doch diese Erfolge waren nur gemeinsam mit den Af- ghanen zu erzielen. Und dazu zählen mit Sicherheit auch die 1 500 afghanischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beteiligten Ressorts. Wenn diese wegen ihrer Zusam- menarbeit mit uns an Leib und Leben bedroht sind, müs- sen wir helfen. Das ist oberste Maxime, das ist unsere Verantwortung und unsere menschenrechtliche Ver- p H g g g u n z w s h w n w d fe „ A e g F a p le V z d d d b d z F d E M m S g te s a d d te w z L s g (C (D flichtung. Ich denke, da sind wir uns alle in diesem ause einig. Verantwortung und Verpflichtung sind die Beweg- ründe, warum Prüfverfahren und Asylanträge großzü- ig gehandhabt werden sollten. Nicht nur in den vergan- enen Jahren, sondern auch beim Folgemandat waren nd werden wir auf die Kooperation mit unseren afgha- ischen Partnern angewiesen sein. Wir sollten deshalb eigen – auch im Hinblick auf andere Einsätze –, dass ir ebenso in diesem Punkt ein verlässlicher Partner ind. Die von den beteiligten Ressorts erarbeitete Vorge- ensweise ist deshalb der richtige Weg, unserer Verant- ortung gerecht zu werden. Dennoch hat auch diese Medaille zwei Seiten. Mit ei- er pauschalen Aufnahme aller Ortskräfte, die mehr oder eniger Kontakt mit der Bundeswehr hatten, ist weder em Land Afghanistan noch uns in Deutschland gehol- n. Zum einen würden wir Afghanistan die Menschen entziehen“, die aufgrund ihrer Kenntnisse und ihrer usbildung Garanten für einen weiteren Aufbau und ine positive Entwicklung im Land sind. Selbst die af- hanische Regierung sieht das so und bittet darum, die achkräfte im Land zu lassen. Zum anderen müssen wir uch verhindern, dass wir, durch pauschale und unge- rüfte Verfahren, den Terrorismus ins eigene Land ho- n. Leider gibt es diese schrecklichen Beispiele aus der ergangenheit, als angeblich vertraute Sicherheitskräfte u Mördern wurden. Auch wenn der ein oder andere iese Argumente nicht hören möchte, so dürfen wir vor iesen nicht die Augen verschließen und müssen uns iesen stellen. Kurzum, für uns steht außer Frage: Die Ortskräfte, die edroht sind, werden in Deutschland aufgenommen. Aus en oben genannten Gründen muss dies jedoch im Ein- elfall geprüft werden. Ich bin mir sicher, dass das unter ederführung unseres Innenministeriums gut gelingt und ort die richtigen und für die Betroffenen sinnvollen ntscheidungen getroffen werden. Die verschiedenen öglichkeiten, wie Fort- und Weiterbildungsmaßnah- en, landesweite Versetzung etc., hat der Kollege chröder ja bereits genannt. Der vorliegende Antrag, der wohl auch dem nahelie- enden Wahlkampf geschuldet ist, ist sicherlich in wei- n Teilen inhaltlich richtig, jedoch fehlt der für uns we- entliche Aspekt der sorgfältigen Prüfung. Deshalb ist er us unserer Sicht nicht zustimmungsfähig. Rüdiger Veit (SPD): Wir stimmen dem Antrag zu. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Die FDP-Bun- estagsfraktion hat schon im Jahr 2010 begonnen, auf as Problem im Umgang mit den afghanischen Ortskräf- n nach einer Rückverlegung der Bundeswehr hinzu- eisen. Meine Kollegin Frau Hoff hat sich schon früh- eitig und mit großem persönlichen Engagement mit der age vor Ort vertraut gemacht und die notwenigen Ent- cheidungen aufgezeigt. Eine Gefährdung für einen Teil der Ortskräfte ist real egeben. Rund 1 500 Personen haben mit den deutschen 31090 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Soldaten vor Ort zusammengearbeitet – und sich damit den Zorn derer zugezogen, die mit Gewalt und Unterdrü- ckung eine fundamentalistisch-islamistische Herrschaft in Afghanistan errichten wollen. Afghanische Frauen und Männer, die für die Bundesregierung, zum Beispiel als Sprachmittler, tätig geworden sind, können einer eklatanten Bedrohung für Leib und Leben ausgesetzt sein. Die Taliban scheinen schon jetzt solche Helfer als „Kollaborateure“ ins Visier zu nehmen. Hier gilt es, unbürokratisch zu helfen. Reguläre Asyl- verfahren dauern zu lange. Daher bedarf es eines schnel- len Aufnahmeprogramms für die, die ausreisen wollen und tatsächlich gefährdet sind. Die FDP-Bundestagsfraktion will verhindern, dass der durch die betroffenen Ministerien unter Federfüh- rung des BMI ausgearbeitete Kriterienkatalog zu einem bürokratischen Ungetüm wird, dem die afghanischen Ortskräfte ausgeliefert sind. Des Weiteren fordern wir, dass die Gefährdungslage im Zuge der Einzelfallprüfung nicht an einem Berliner Schreibtisch, sondern durch ent- sprechende Stellen vor Ort in Afghanistan beurteilt wird, die dafür aufgrund der Nähe zum Geschehen besser ge- eignet erscheinen. Wir müssen mit den Menschen, die für uns vor Ort gearbeitet haben, verantwortungsvoll umgehen. Ansonsten laufen wir nicht zuletzt Gefahr, Probleme bei der Anstellung von Ortskräften in zukünf- tigen deutschen Militärengagements im Ausland zu be- kommen. In den meisten Fällen ist davon auszugehen, dass die betroffenen Personen Deutsch können und auch sonst für den Arbeitsmarkt qualifiziert sind. Allerdings sollten wir auch die Verbalnote der afghanischen Republik ernst nehmen, in der Besorgnis dahin gehend geäußert wird, dass solche Qualifizierten in Afghanistan selbst für den Aufbau von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft dringend gebraucht würden. Nicht nur deshalb geht die Forderung der Grünen nach einer Pauschalregelung zu weit. Auch ist die von den Grünen zu Recht angesprochene Information der Betroffenen nicht nur auf die rechtliche Lage zu bezie- hen. In vielen Fällen werden die Betroffenen selbst abwä- gen wollen, welche Lösung für ihren zukünftigen Le- bensweg die bessere ist – wenn sie denn genügend Infor- mationen erhalten, auch über die Lebensbedingungen und Perspektiven in Deutschland, vor allem aber über die persönliche Bedrohungslage in Afghanistan. Wir unterstützen daher den Bundesinnenminister, wenn er eine unkomplizierte und schnelle Lösung für die Vor-Ort-Kräfte findet, die die Betroffenen vor Gefähr- dung schützt, gegebenenfalls Perspektiven in Deutsch- land eröffnet, diese realistisch den Betroffenen vermittelt und auch die afghanischen Interessen im Blick behält. Die FDP setzt sich mit Nachdruck für eine solche Lö- sung ein. Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE): Der Umgang der Bundesregierung mit den afghanischen Ortskräften steht g s Ö d tä J B im fü g le h p z d Ö v k u h ri a S b z fe w d B te w B a a v d h Ü E d F re U ti h n B tä g M li d a s n (C (D eradezu exemplarisch für die Widersprüche in der deut- chen Afghanistanpolitik. Mehr als zehn Jahre lang hat die Bundesregierung der ffentlichkeit erzählt, dass die afghanische Bevölkerung ie Militärintervention der NATO wollte und diese Mili- rintervention Frieden und Wiederaufbau bringen wird. etzt gibt es aber keinen Zweifel mehr, dass NATO und undeswehr dort gescheitert sind. Das macht sich auch Kleinen bemerkbar. Die Sicherheit der Afghanen, die r die Bundeswehr oder andere ausländische Akteure earbeitet haben, und ihrer Familien ist nicht zu gewähr- isten. Die Personen, die für die Bundeswehr gearbeitet aben, werden von den Aufständischen und ihren Sym- athisanten als Kollaborateure betrachtet. Mit dem Ab- ug erhöht sich die Gefahr, dass sie als Racheopfer nach em Abzug der NATO herhalten müssen. Mehr als zehn Jahre lang hat die Bundesregierung der ffentlichkeit erzählt, dass man für die afghanische Be- ölkerung in Afghanistan interveniert. Jetzt, wo es ganz onkret um die Sicherheit von etwa 1 500 Afghaninnen nd Afghanen geht, die für die Bundeswehr gearbeitet aben, und um viele weitere, die für deutsche Ministe- en, Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen ge- rbeitet haben, tritt die Bundesregierung auf die Bremse. tatt eine großzügige Aufnahmeregelung zu schaffen, eharrt sie auf einer Einzelfallprüfung. Das Verfahren ist udem intransparent; die Kriterien werden nicht veröf- ntlicht und können deswegen auch nicht überprüft erden. Das Verhalten der Bundesregierung wird dem Ernst er Materie nicht gerecht. Von Anfang an war die undeswehr bei der Beteiligung an der militärischen In- rvention in Afghanistan auf lokale Unterstützer ange- iesen – allein wegen der Sprache. Je tiefer sich die undeswehr in die Aufstandsbekämpfung verstrickte, ls sie 2003 nach Kunduz ging, als sie ab 2005 die Ver- ntwortung im Regionalkommando Nord übernahm und or allem als sie ab 2009 auf eine immer engere Anbin- ung an die afghanischen Sicherheitskräfte setzte, desto öher wurde zum Beispiel der Bedarf an afghanischen bersetzern, die auch mit der Bundeswehr in gefährliche insätze gingen. Damals waren sie nützlich, heute wer- en sie als Ballast begriffen – so sieht anscheinend das ürsorgeverständnis der Regierung aus. Die Bundes- gierung blendet außerdem gerne aus, dass sie durch die nterstützung und Mitentwicklung der NATO-Interven- on einen beträchtlichen Anteil an der desolaten Sicher- eitslage hat. Für die Linke ist aber auch wichtig, dass das Problem icht auf die afghanischen Ortskräfte reduziert wird. Die undesregierung hat neben der grundsätzlichen humani- ren Verantwortung aufgrund der Interventionsbeteili- ung auch eine erhebliche politische und moralische itverantwortung für sämtliche afghanischen Flücht- nge. Bereits 2007 haben wir mit einem Antrag die Bun- esregierung aufgefordert, alle afghanischen Flüchtlinge us humanitären Gründen aufzunehmen und auf Ab- chiebungen zu verzichten. Leider wurde dieses Ansin- en abgelehnt. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31091 (A) ) )(B) Die Verschlechterung der Sicherheitslage in Afgha- nistan ist nicht von der Hand zu weisen; die Zahl der afghanischen Personen, die einen Antrag auf Asyl in Deutschland stellen, ist rasant gestiegen: 2009 wurden insgesamt etwa 3 300 Asylanträge von Afghanen ge- stellt; 2013 waren es alleine in den ersten vier Monaten schon 2 300 – davon knapp 1 000 Anträge von Minder- jährigen. Dagegen hat sich der Anteil der positiven Asyl- und Schutzentscheidungen von knapp 60 Prozent auf etwa 40 Prozent reduziert. Asyl wird kaum gewährt. In der Regel wird nur ein Abschiebungsverbot gewährt – selbst für die besonders schutzbedürftigen Minderjähri- gen. Diese Praxis ist völlig inakzeptabel. Wir fordern die Bundesregierung zu einem Umden- ken in ihrer Asylpolitik auf. Sie muss Fürsorge ernst nehmen. Sie muss Solidarität ernst nehmen, und zwar nicht mit der afghanischen Regierung, sondern mit den Menschen in Afghanistan, das heißt im konkreten Fall eine unbürokratische Handhabung der Anträge der af- ghanischen Ortskräfte, die generelle Erleichterung des Asylverfahrens für Afghanen sowie ein pauschaler Ab- schiebestopp, bis sich die Situation in Afghanistan nach- haltig verbessert hat. Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Ortskräfte der Bundeswehr, diejenigen, die mit uns in Afghanistan zusammengearbeitet haben, befürchten nun Repressalien und Verfolgung. Deutschland hat Verant- wortung für diese Menschen bis 2014 und nach 2014, solange die Bundeswehr in Afghanistan ist und wenn die Kampfgruppen abgezogen sind. Die Bundesregierung muss den Ortskräften, die für die Bundeswehr in Afgha- nistan gearbeitet und für uns Gefahren auf sich genom- men haben, eine Aufnahme in Deutschland anbieten. Das gebieten nicht nur militärische Vernunft, sondern auch Kameradschaft und Anstand. Seit Januar 2002 ist die Bundeswehr im Einsatz am Hindukusch. Von Anfang an waren wir auf die Unter- stützung heimischer Mitarbeiter angewiesen. Die afgha- nischen Ortskräfte sind und waren wichtig für die Arbeit der Bundeswehr. Sie haben zwischen den deutschen Sol- daten und der afghanischen Zivilgesellschaft vermittelt. Aus dieser Zusammenarbeit hat sich auf beiden Seiten Vertrauen entwickelt. Aus Kollegen wurden Kameraden und Freunde. 2014 wird die Bundeswehr abziehen. Keiner kann vo- raussagen, wie sich die Sicherheitslage entwickeln wird. Noch arbeiten etwa 1 500 Ortskräfte mit den deutschen Soldaten zusammen. Wie es mit ihnen nach einem Ab- zug der Bundeswehr weitergeht, ist unklar. Zum Beispiel ist da Nasir Ahmad Jusufi, 25 Jahre alt; er hat für die Bundeswehr in Kunduz als Übersetzer gearbeitet. Nun fürchtet er: „Wir selber können uns nicht schützen. Meine größte Sorge ist, was passiert, wenn die ISAF hier abzieht.“ Wie Jusufi geht es vielen Ortskräften. Die Tali- ban haben Übersetzern der Internationalen Schutztruppe ISAF Rache angedroht. Dass ganze Gruppen nach dem Abzug einer ausländi- schen Macht um ihr Leben fürchten, ist nicht neu. Viele von uns kennen die Bilder aus Saigon von 1975. Damals fl S k s h h fo e s A H s b N g jü – n B A k D re z o h b fe s a K D d s w A ih A B B g p ri L m 2 g v s u W v (C (D ohen 1,6 Millionen Südvietnamesen per Boot über das üdchinesische Meer. Man nannte sie Boatpeople. 1962 onnten die Algerier den Dekolonialisierungskrieg für ich entscheiden. Algerien wurde von Frankreich unab- ängig. Diejenigen, die aufseiten Frankreichs gekämpft aben – oder kämpfen mussten −, wurden verfolgt, ge- ltert und ermordet. Bis zu 150 000 Harkis, vermuten inige, sollen nach 1962 umgebracht worden sein. Vor- ichtigere Schätzungen gehen von 40 000 Toten aus. Ein Aufnahmeprogramm für die wenigen betroffenen fghanen wäre ein wichtiges Signal: Keiner, der seine aut für Deutschland riskiert hat, wird im Stich gelas- en! – Andere Staaten sind da weiter. Die USA haben ereits seit 2009 ein Aufnahmeprogramm; auch in orwegen, Dänemark, Kanada und Neuseeland gibt es roßzügige Lösungen. Die britische Regierung hat ngst zugesichert, dass 600 afghanische Dolmetscher auf einen Schlag! − nach dem Ende des Einsatzes mit ach Großbritannien kommen dürfen. Eine Einzelfalllösung reicht dagegen nicht aus; die undesregierung hält aber daran fest. Sie setzt zähe sylverfahren voraus. Bisher haben nur wenige Orts- räfte einen Aufnahmeantrag für Deutschland gestellt. as Bundesministerium des Innern blockiert jeden ande- n Weg der Aufnahme in Deutschland. Möglich wäre um Beispiel die Gruppenaufnahme nach § 23 Abs. 2 der die Einzelfallaufnahme nach § 22 Satz 2 Aufent- altsgesetz. Die Bundeswehr wird auch zukünftig im Ausland ar- eiten. Sie sollte keinen negativen Präzedenzfall schaf- n. Was werden sonst Leute, auf die wir angewiesen ind, zu uns sagen, wenn wir sie fragen: Kannst du uns ls Dolmetscher in Mali helfen? Kannst du uns im ongo unterstützen, wo wir in einer UN-Mission sind? ie werden doch fragen: Und wie werdet ihr uns behan- eln, wenn ihr abzieht? Wenn wir auch in anderen Missionen mit einheimi- chen Mitarbeitern zusammenarbeiten wollen, müssen ir unseren afghanischen Ortskräften ein großzügiges ngebot machen, das ein Leben in Sicherheit für sie und re Familien nach dem Abzug 2014 möglich macht. Wir sind sehr freundlich aufgenommen worden in fghanistan. Das ist auch diesen Vermittlern, diesen rückenbauern zu verdanken. Jetzt müssen auch wir rücken bauen. Die afghanischen Ortskräfte haben uns eholfen. Jetzt müssen wir ihnen helfen. Ein Aufnahme- rogramm für alle Ortskräfte der Bundeswehr ist der chtige Weg – eine schnelle und einfache Lösung, die eben rettet. Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundes- inister des Innern: Es ist vereinbart, dass bis Ende 014 die Sicherheitsverantwortung vollständig an die af- hanischen Sicherheitskräfte übergeben wird. Insgesamt erläuft dieser Prozess bisher erfolgreich. Die afghani- chen Sicherheitskräfte haben gute Fortschritte gemacht nd sind in der Lage, eine relative Stabilität herzustellen. ir gehen davon aus, dass dies auch nach dem Abzug on ISAF so bleibt und die Schreckensszenarien, die in 31092 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) einigen Medien derzeit gezeichnet werden, nicht eintre- ten. Dies betrifft sowohl die Lage im Land selbst als auch die Situation der Ortskräfte, die für verschiedene Bundesressorts arbeiten. Die Bundesministerien der Verteidigung und des In- nern sowie das Auswärtige Amt beschäftigen insgesamt circa 1 500 Afghanen und Afghaninnen. Auf diese Mit- arbeiter konzentriert sich wegen der deutlichen Reduzie- rung der Präsenz von Bundeswehr und deutscher Polizei die Diskussion um die Ortskräfte. Darüber hinaus arbei- ten etwa 1 800 Ortskräfte im Bereich der Entwicklungs- zusammenarbeit, insbesondere bei der GIZ und der KfW. Uns bewegt die Frage nach der Zukunft dieser Men- schen, wenn Deutschland sein Engagement in Afghanis- tan signifikant verringert. Sie sind Mitarbeiter und Kol- legen, die uns vor Ort unterstützen und wertvolle Hilfe leisten. Wir werden der Verantwortung für unsere Mitar- beiter gerecht. Es ist auch für zukünftige Auslandsein- sätze wichtig, dass Deutschland ein verlässlicher Partner ist. Wir arbeiten daran, für jeden Einzelnen individuelle Lösungen zu finden. Dabei behalten wir sowohl die per- sönliche Sicherheit der Ortskräfte als auch ihre berufli- che Zukunft im Blick. Lassen Sie mich mit der beruflichen Perspektive beginnen: Natürlich werden von deutscher Seite Arbeits- kräfte vor Ort in Afghanistan abgebaut, wenn Bun- deswehrstandorte geschlossen und Bundeswehr und deutsche Polizei abgezogen bzw. reduziert werden. Die Stellen der Entwicklungszusammenarbeit bleiben aber vor Ort und werden auch nach 2014 weiter auf die Mitar- beit von Ortskräften angewiesen sein. Darüber hinaus gibt es auch Perspektiven in der afghanischen Verwal- tung. Ich denke hierbei zum Beispiel an Elektriker, Handwerker oder an Ortskräfte, die erforderlich sind, um den Betrieb der von Deutschland geschaffenen Infra- struktur für das Polizeitrainingszentrum zu gewährleis- ten. Aus unserer Sicht wäre es für den Aufbau in Afgha- nistan von erheblichem Nachteil, wenn die Ortskräfte in großer Zahl das Land verlassen würden. Viele von ihnen gehören zu den am besten ausgebildeten Fachkräften und sind deshalb für die Entwicklung des Landes wich- tig. Die afghanische Regierung hat das in einer Verbal- note deutlich unterstrichen. Die Ortskräfte helfen ja nicht nur uns, sondern vor allem ihrem eigenen Land. Vor diesem Hintergrund kümmert sich die Bundesre- gierung auch um Möglichkeiten der Qualifizierung und Weiterbeschäftigung. So wurde ein Weiterbildungs- fonds aufgelegt, der vom Auswärtigen Amt und vom Bundesministerium der Verteidigung finanziert wird. Der Fonds steht allen Ortskräften offen und soll ihnen die Möglichkeit geben, sich zusätzlich zu qualifizieren. Hierfür wurde an der deutschen Botschaft in Kabul eine Weitervermittlungsbörse eingerichtet. Wenn wir zur Sicherheitslage kommen, ist eines klar: Wer aufgrund seiner Tätigkeit für deutsche Behörden wirklich gefährdet ist und deshalb nicht in Afghanistan bleiben kann, wird selbstverständlich in Deutschland a R n R n ih ih d lo s ri d O O s h u A n m G a d m D A d A d li la a li la n B a v k m H T w ic (C (D ufgenommen. Um dies zu gewährleisten, haben die essorts ein Verfahren erarbeitet, das sowohl in Afgha- istan als auch in Deutschland durchgeführt wird. Jedes essort hat jeweils einen Beauftragten vor Ort in Afgha- istan benannt, der sich um die Ortskräfte kümmert. An n können sie sich jederzeit wenden, wenn sie sich um re Sicherheit sorgen. Dieser Ressortbeauftragte prüft ie Gefährdungsanzeigen anhand eines Kriterienkata- gs. Ergibt diese Prüfung eine besondere Gefährdung, ent- cheidet auf dieser Grundlage das Bundesinnenministe- um über eine Aufnahmezusage. Wir beschränken uns abei auch nicht auf ein bestimmtes Kontingent von rtskräften, sondern wir prüfen jeweils im Einzelfall vor rt die Gefährdung des Betroffenen. Bei positiver Ent- cheidung können die Ortskräfte und ihre Familienange- örigen mit einem Visum nach Deutschland einreisen nd erhalten eine Aufenthaltserlaubnis, die auch zur usübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt. Von den Ortskräften der Durchführungsorganisatio- en des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusam- enarbeit und Entwicklung liegen keine Meldungen und efährdungsanzeigen vor. Wir sind uns unserer Verantwortung gegenüber den fghanischen Ortskräften bewusst. Wir unterstützen sie abei, eine berufliche Perspektive zu finden, und neh- en diejenigen auf, die aufgrund ihrer Unterstützung für eutschland in Afghanistan ernsthaft gefährdet sind. nlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Bürokratieabbau optimieren – Mittelstandsorientierung stärken (Tagesordnungspunkt 20) Kai Wegner (CDU/CSU): Um beim Bürokratieabbau auerhaft erfolgreich zu sein, braucht man einen langen tem: weil irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem er Bürokratieabbau nicht mehr zur Freude aller Betei- gten weiter vorangetrieben werden kann, weil man an ng bestehenden Strukturen rühren muss, weil man dort uf Beharrungskräfte stößt. Gleichzeitig verabschiedet der Bundestag kontinuier- ch neue Gesetze, die potenziell neue bürokratische Be- stungen mit sich bringen. Um einmal eine Zahl zu nen- en: In dieser Wahlperiode wurden vom Deutschen undestag bis Stand 31. Januar 2013 409 Gesetze ver- bschiedet. Um die Mühen der Ebene beim Bürokratieabbau zu erdeutlichen, zeichne ich gerne folgendes Bild: Büro- ratieabbau ist wie das Schwimmen gegen die Strö- ung: Wer sich treiben lässt, fällt zurück. – Vor diesem intergrund begrüße ich es immer wieder, wenn wir das hema Bürokratieabbau in diesem Hause diskutieren. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, enn ich mir dann Ihren Antrag genauer anschaue, kann h nur sagen: Gut gemeint ist nicht automatisch gut ge- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31093 (A) ) )(B) macht! Denn: Das Gute in Ihrem Antrag ist nicht neu, und das Neue in Ihrem Antrag ist nicht gut. Zunächst zu den Informations- und Statistikpflichten der Wirtschaft. Sie fordern in Ihrem Antrag die Bundes- regierung auf, das 25-Prozent-Abbauziel zu erreichen. Da kann ich Ihnen nur zurufen: Schauen Sie doch mal in den Jahresbericht der Bundesregierung zum Bürokratie- abbau! Dann werden Sie sehen: Mission erfüllt! Die Bü- rokratiekosten der Wirtschaft wurden im Vergleich zu den Bürokratiekosten im Jahr 2006 um netto 25 Prozent gesenkt. Das freut mich insbesondere für den deutschen Mit- telstand. Denn gerade kleine und mittlere Unternehmen leiden überproportional unter bürokratischen Regelun- gen. Sie können Zeit und Geld jetzt in ihre Wettbewerbs- fähigkeit investieren und nicht in überflüssige Bürokra- tie. Auf diesem Erfolg ruhen wir uns natürlich nicht aus. Um die Informationspflichten dauerhaft auf niedrigem Niveau zu halten, haben wir den Bürokratiekostenindex eingeführt. Seit Ende letzten Jahres kann jeder anhand einer grafischen Umsetzung die Entwicklung der Büro- kratiekosten der Wirtschaft verfolgen. Wir stellen uns also bewusst der kritischen Öffentlichkeit, sorgen für Transparenz und Kostenbewusstsein. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, recht haben Sie damit, dass der sogenannte Erfüllungsauf- wand – also die Kosten, die beim Vollzug von Gesetzen entstehen – den größten Teil der Bürokratielasten aus- macht. In der Tat liegt hier ein großes Potenzial für wei- teren Bürokratieabbau. Aber die Koalition hat dies be- reits lange erkannt und diesem Umstand nachhaltig Rechnung getragen. Wir haben das NKR-Gesetz ent- sprechend geändert, und seit März 2011 erstreckt sich der Prüfauftrag des Nationalen Normenkontrollrats auch auf die Nachvollziehbarkeit und Methodengerechtigkeit der Darstellung des Erfüllungsaufwands neuer Regelun- gen. Das sind Änderungen, die bereits Früchte tragen. Im Ergebnis ist der laufende Erfüllungsaufwand der Wirt- schaft im vergangenen Jahr bereits gesunken, und zwar um immerhin rund 100 Millionen Euro. Darauf gilt es aufzubauen. Und wir haben bereits die Weichen gestellt, dem Erfüllungsaufwand in Zukunft weiter zu Leibe zu rücken und dafür zu sorgen, insbe- sondere die Spürbarkeit des Bürokratieabbaus bei den Unternehmen zu erhöhen. Im Januar dieses Jahres haben wir beschlossen, eine systematische Ex-post-Evaluierung für alle Gesetze mit Folgenkosten ab 1 Million Euro in Deutschland einzu- führen. So bekommen wir belastbare Antworten auf die Frage, wie sich neue Regelungen in der Praxis bewährt haben: Sind die mit dem Gesetz verfolgten Ziele erreicht worden? Haben die geschätzten Folgekosten sich in der Realität bestätigt? Die Ex-post-Evaluierung wird uns er- möglichen, zukünftig zielgerichtet Nachjustierungen an bestehenden Regelungen vorzunehmen. k v s D B m K b D K S d U a is G g G g a e g n n g d la W ra ro n s M m ru ro ta ru U 2 v d g e fe S g k (C (D Ich nenne Ihnen einen weiteren Punkt für die Stär- ung des Bürokratieabbaus bzw. in diesem Fall für die orausschauende Bürokratievermeidung. Sie alle wis- en, dass mindestens die Hälfte der Gesetzgebung des eutschen Bundestages auf rechtliche Vorgaben aus rüssel zurückgeht. Deshalb untersuchen die Bundes- inisterien künftig das jährliche Arbeitsprogramm der ommission und auch ihre Roadmaps, also die Kurz- eschreibungen beabsichtigter Kommissionsinitiativen. ie Ministerien werden fragen: Welche möglichen ostenfolgen können da aus Europa auf uns zukommen? o werden sie in der Lage sein, in den Verhandlungen es Ministerrates angemessen zu reagieren. Dergestalt werden unnötige Belastungen unserer nternehmen bereits ex ante verhindert oder zumindest bgemildert werden können. Denn die beste Bürokratie t diejenige, die gar nicht erst entsteht. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, einen edanken Ihres Antrages teile ich vollumfänglich. An- esichts der Bedeutung der EU-Ebene für die nationale esetzgebung wäre es wünschenswert, endlich einen ei- enständigen, wirklich unabhängigen Normenkontrollrat uf Brüsseler Ebene einzurichten. Mit dieser Forderung rennen Sie bei uns offene Türen in. Und in der Tat wirbt die Bundesregierung seit lan- em bei den Partnern in Brüssel für einen Kontrollrat ach dem Vorbild des deutschen NKR. Dass es auf europäischer Ebene dafür gegenwärtig och keine Mehrheit gibt, ist bedauerlich. Aber im Ge- ensatz zu manch anderem wird die Bundesregierung eshalb nicht damit drohen, die Kavallerie ausreiten zu ssen. Das ist nicht der Stil unserer Bundeskanzlerin. ir setzen auf partnerschaftliche Verhandlungen und da- uf, dass sich die Vernunft letztendlich bei unseren eu- päischen Partnern und Freunden durchsetzen wird. Liebe Kollegen von der SPD-Fraktion, eines stößt mir och schwer auf. Denn wenn ich mir Ihren Antrag so an- chaue, wenn ich lese, dass Sie explizit fordern, die ittelstandsorientierung beim Bürokratieabbau zu opti- ieren, dann kann ich nicht umhin, diese hehre Forde- ng mit dem konkreten Handeln der SPD in Sachen Bü- kratieabbau ins Verhältnis zu setzen. Und dann sehe ich das Verhalten der SPD im Bundes- g und im Bundesrat bei der Verkürzung der Aufbewah- ngsfristen. Zur Erinnerung: Hier geht es darum, unsere nternehmen von Bürokratiekosten in Höhe von jährlich ,5 Milliarden Euro zu entlasten und Freiräume für In- estitionen in die Zukunft zu schaffen. Und was macht ie SPD? Sie blockiert! Statt konkret etwas für den Mittelstand – das Rück- rat unserer Wirtschaft – zu bewegen, betreibt die SPD ine Feigenblattpolitik und verschanzt sich hinter wohl- ilen Anträgen wie dem, über den wir gerade beraten. Wenn ich Ihnen diesen Rat geben darf: Unterschätzen ie die Menschen im Lande nicht. Die Leute sind klug enug, zwischen bloßen Absichtserklärungen und kon- retem Handeln zu unterscheiden. Am Ende gilt immer 31094 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) noch die alte Weisheit: An den Taten sollt ihr sie mes- sen! Im Übrigen darf ich Sie daran erinnern: Es war kein Geringerer als Ihr Kanzlerkandidat, der genau das – die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen – in seinen Siege- ner Thesen vom 4. März dieses Jahres gefordert hat. Und dann haben Sie Ihren Kandidaten schön im Regen stehen lassen. Mit dem Programm Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung haben wir die Unternehmen in Deutsch- land von überflüssigen bürokratischen Fesseln befreit. Wir haben die Weichen gestellt, um zukünftig auch den Erfüllungsaufwand spürbar zu reduzieren. Wir haben das Mandat des NKR kontinuierlich erweitert und werben dafür, dass NKR-Erfolgsmodell auch auf europäischer Ebene einzuführen. Der Bürokratieabbau, die bessere Rechtsetzung, ist bei dieser Bundesregierung in guten Händen. Andrea Wicklein (SPD): Wir diskutieren heute über ein populäres Thema: Bürokratieabbau. Bürokratie ist bei vielen Menschen negativ besetzt. Per Definition ist sie die „Herrschaft der Verwaltung“ und wird oftmals als ein unbeherrschbares Monster er- lebt. Aber Bürokratie- und Folgekosten sind per se nichts Schlechtes. Deshalb ist es wichtig, auch einmal die Vorteile zu be- tonen: Gesetze, Richtlinien und Verordnungen geben Rechts- und Planungssicherheit und sind dadurch auch ein wichtiger Standortfaktor für Deutschland. Bürokratie ist als Organisationsform eines modernen Staatswesens unerlässlich. Sie schützt Bürgerinnen und Bürger ebenso wie den Mittelständler vor willkürlichen Entscheidungen und sichert Chancengleichheit. Es gibt viele Beispiele anderswo, wo dies nicht der Fall ist und wo uns die Menschen um unser funktionie- rendes Staatswesen beneiden. Es geht also darum, überflüssige Bürokratie abzu- bauen. Unser Ziel muss eine bürger- und unternehmer- freundliche, transparente und moderne Bürokratie sein. Dieses Ziel ist Konsens: Gesetze besser, einfacher und kostengünstiger in ihrer Umsetzung zu machen. Um es einmal in aller Deutlichkeit zu sagen: Deutsch- land hat ohne Zweifel bei Bürokratieabbau und Kosten- transparenz viel erreicht. Aber der Titel des heutigen Newsletters des Deutschen Industrie- und Handelskam- mertages bringt es gut auf den Punkt: „Bürokratieabbau – es bleibt viel zu tun“. Die Bundesregierung hat Mitte Mai in ihrem Bericht „Bessere Rechtsetzung 2012: Belastungen vermeiden. Bürokratischen Aufwand verringern. Wirtschaftliche Dynamik sichern“ erklärt, das 25-Prozent-Ziel erreicht zu haben. Das ist ja erstaunlich! Herzlichen Glück- wunsch, Herr von Klaeden. Kurz nach der Vorlage unse- res Antrages, der heute zur Debatte steht, erreicht die Bundesregierung ihr Bürokratieabbauziel innerhalb kür- zester Zeit. Da sehen Sie, was für eine Wirkung ein sol- c k k m w d Z e d S ti b 2 g J b a w s ti S Z s h li E d g ru v h v N k s in n g P tr te – v n tr c B h a (C (D her parlamentarischer Antrag der Opposition haben ann. Was auf den ersten Blick als Erfolgsmeldung daher- ommt, entpuppt sich also bei näherer Betrachtung in ehrfacher Hinsicht als verwaschenes Ergebnis. Werfen ir einen kurzen Blick zurück: Vor sieben Jahren war die Bundesregierung ein- rucksvoll mit dem Bürokratieabbau gestartet. In kurzer eit gelang es, den Nationalen Normenkontrollrat zu tablieren, das Standardkostenmodell einzuführen und rei Mittelstandsentlastungsgesetze zu verabschieden. o konnten die Belastungen der Wirtschaft durch unnö- ge Bürokratie um 20 Prozent abgebaut werden. Einer der bisherigen Erfolgsfaktoren waren die ver- indlichen Abbauziele des Regierungsprogramms. Nach 009 stagnierte diese unter maßgeblicher SPD-Beteili- ung gestartete Erfolgsgeschichte. Noch im vergangenen ahr kritisierte der Normenkontrollrat in seinem Jahres- ericht den Stillstand bei der Umsetzung des Bürokratie- bbaus durch die Bundesregierung. Seine genauen Worte aren: „ ... dass das Engagement, mit dem einzelne Res- orts an der Reduzierung und Vermeidung von Bürokra- e und Erfüllungsaufwand arbeiten, erkennbar an chwung verloren hat.“ Und nun erklärt die Bundesregierung Mitte Mai das iel also für erreicht. Natürlich klingt das erst einmal po- itiv. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten – das wird an- and des Berichts der Bundesregierung mehr als deut- ch. Denn angekündigt hatte die Bundesregierung das rreichen des 25-Prozent-Ziels bis Ende 2011. Fällt Ihnen etwas auf, meine Damen und Herren von er Koalition? Das wäre bereits vor anderthalb Jahren ewesen. Oder anders ausgedrückt: Die Bundesregie- ng hat 18 Monate verschenkt. Verstrichene Zeit, die or allem dem deutschen Mittelstand Kosten verursacht at, die effektiv hätten reduziert werden können. Auch Ihnen war das klar, meine Damen und Herren on CDU, CSU und FDP. Anders kann ich mir Ihren im ovember 2011 eingebrachten Antrag „Weniger Büro- ratie für den Mittelstand“ nicht erklären. Schon damals ahen Sie sich genötigt, Ihre Kolleginnen und Kollegen der Bundesregierung zum Handeln aufzufordern. Und selbst jetzt ist nicht alles Gold, was glänzt: In sei- er Stellungnahme zum aktuellen Bericht der Bundesre- ierung hat der Nationale Normenkontrollrat mehrere unkte in der Darstellung der Bundesregierung kritisiert: Stichwort „Folgekosten“: Zwar stellt der Normenkon- ollrat fest, dass sich die Transparenz zu den Folgekos- n gesetzlicher Regelungen weiter verbessert hat. Aber Zitat –: „Diese Folgekosten finden allerdings in den orbereitenden politischen Diskussionen in der Regel och nicht genügend Aufmerksamkeit.“ Stichwort „Erfüllungsaufwand“: Der Normenkon- ollrat stellt positiv fest, dass es an dieser Stelle deutli- he Entlastungen für Wirtschaft und Bürgerinnen und ürger gibt. Allerdings kommt er bei drei Regelungsvor- aben zu einer höheren Einschätzung der Belastungen ls die Bundesregierung in ihrem Bericht. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31095 (A) ) )(B) Stichwort „quantitatives Gesamtziel“: Der Normen- kontrollrat empfiehlt der Bundesregierung am Schluss seiner Stellungnahme, „ein quantitatives Gesamtziel zur Begrenzung bzw. Reduzierung des Erfüllungsaufwands“ festzulegen. Diese Forderung unterstützt die SPD unein- geschränkt. In all unseren bisherigen Anträgen zum Thema Bürokratieabbau haben wir dieses verbindliche Gesamtziel gefordert – so auch wieder in unserem heute zu beratenden Antrag „Bürokratieabbau optimieren“. Zudem fordern wir den Ausbau des Programms Büro- kratieabbau vor allem für kleine und mittlere Unterneh- men. Wir halten es außerdem für dringend geboten, die bestehenden Programme zum Bürokratieabbau zur Chef- sache im Kanzleramt zu machen. Machen Sie Bürokra- tieabbau zur Daueraufgabe – ohne zeitliche oder inhaltli- che Begrenzung! Nach wie vor gibt es auf europäischer Ebene immer noch keinen europäischen Normenkontrollrat. Vor dem Hintergrund, das circa 50 Prozent der in Deutschland geltenden Regelungen unmittelbar auf EU-Recht basie- ren, ist ein solches Gremium wirklich notwendig, um spürbare Entlastungen zu erreichen. Wir brauchen einen europäischen Normenkontrollrat, der Regelungsvorha- ben der EU schon in der Frühphase auf mögliche Büro- kratiekosten hin kontrolliert. Den Nationalen Normenkontrollrat gilt es nach unse- rer Meinung weiter zu stärken. Wir brauchen ihn als star- kes, unabhängiges Gremium bei der Bewertung und Be- gleitung der Initiativen. Johannes Ludewig hat es in seinem Gastkommentar im Handelsblatt treffend beschrieben: Bürokratieabbau bedeutet das Bohren dicker Bretter. – Machen wir uns gemeinsam an die Arbeit. Die Zustimmung zu unserem Antrag wäre dazu ein erster Schritt! Frank Schäffler (FDP): Der bisher betriebene Büro- kratieabbau bezieht sich vor allem auf die Informations- pflichten. Bürgern und Verwaltung entsteht Aufwand, wenn sie solche Informationspflichten erfüllen wollen. Der Bürger muss Formulare ausfüllen, die Verwaltung muss die darin enthaltenen Informationen und Angaben erfassen, auswerten und speichern. Diese Pflichten sind in der Tat nur ein Teil der Bürokratiekosten. Sie sind kein geringer Anteil. Im Gegenteil, sie sind ziemlich be- deutend. Jeder Bürger weiß, dass der Informationshun- ger des Staates kaum zu lindern ist. Daher haben die Antragsteller völlig recht, wenn sie erklären, dass Bürokratiekosten nicht nur aus Informa- tionspflichten stammen. Die Antragsteller haben völlig recht, dass Belastungen vor allem auch durch den Voll- zug von bundesrechtlichen Vorschriften entstehen. Die Analyse ist richtig. Gut gemacht, SPD! Doch wären wir in der Schule, käme nach dem Abfra- gen des Wissensteils die Transferleistung. An diesen nur leicht höheren, für die Versetzung aber notwendigen An- forderungen scheitern Sie jedoch. Wenden Sie doch ein- mal die Fakten auf Ihre eigenen Vorhaben an! Ich will gern dabei behilflich sein: Die Grundlage für bürokrati- sche Vollzugskosten sind bürokratieverursachende bun- d m p d ru fr te M 2 g z h E d B d s b d F a e w D W h tu e S B z fr e b n m w E z re D n 1 k d B V D G A d s m a d je (C (D esrechtliche Regelungen. Ganz spontan fallen mir aus einem eigenen Arbeitsfeld, Finanzmärkte und Steuer- olitik, höchst bürokratieträchtige Forderungen ein, mit enen Sie seit Jahren hausieren gehen. Erstens erinnere ich an die steuerlichen Aufbewah- ngsfristen. Die Koalition wollte die Aufbewahrungs- isten verkürzen. Dazu gibt es mittlerweile einen zwei- n Anlauf. Den ersten haben Sie im Bundesrat blockiert. it dem Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 013 wollten wir diese von der Wirtschaft seit langem eforderte Entlastungsmaßnahme umsetzen. Die Verkür- ung der steuerlichen Aufbewahrungs- und Prüffristen ätte ein jährliches Einsparpotenzial von 2,5 Milliarden uro gebracht. Hätte der Bundesrat, hätten Sie im Bun- esrat zugestimmt, dann hätten wir 2,5 Milliarden Euro ürokratiekosten gespart. Das entspricht den Aufwen- ungen des Bundes im Jahr 2012 für seine Bundesfern- traßen. Machen wir uns nichts vor: Wer Bürokratie ab- auen will, der muss auch loslassen können. Der muss en Bürger loslassen können. Der muss dem Bürger die reiheit einräumen, seine Steuerbelege nicht zehn Jahre ufheben zu müssen. Zweitens erinnere ich an die Vermögensteuer – also ine laufende Vermögensabgabe. Gerade eben haben Sie ieder einmal eine solche Vermögensabgabe gefordert. as sei erforderlich, um die Kosten der Finanz- und irtschaftskrise zu stemmen. Ich kann mir den Seiten- ieb nicht ersparen: Erst beteiligen Sie sich an der Ret- ng der Banken auf Kosten der ersten Gruppe der Steu- rzahler. Dann wollen Sie eine zweite Gruppe der teuerzahler belasten, um die erste zu entschädigen. Die ankenrettungen selbst hinterfragen Sie nicht. Die So- ialdemokraten sind eben auch nicht mehr mit denen von üher vergleichbar. Doch zurück zur Vermögensteuer. Es gab wohl keine inzige Steuer, die einen so hohen Bürokratieaufwand edeutet hat wie die Vermögensteuer. Sie müssen Fi- anzbeamte einstellen, um die Privat- und Betriebsver- ögen zu erfassen, die Vermögensgegenstände zu be- erten und die Bewertungen zu überprüfen. Die rhebungskosten einer Vermögensteuer werden auf bis u 33 Prozent vom Aufkommen geschätzt. Und das wä- n nur die Erhebungskosten aufseiten der Verwaltung. ie Befolgungskosten aufseiten des Bürgers fehlen och. Angenommen, Ihre Vermögensabgabe beträgt 5 Milliarden Euro, dann verursachen Sie Erhebungs- osten von 5 Milliarden Euro plus Befolgungskosten bei en Bürgern. Aber die Bürger sind Ihnen ja egal. Die ürger wollen Sie nicht loslassen. Die Bürger sollen Ihr ersagen bei der Bankenrettung bezahlen. Drittens erinnere ich an die Finanztransaktionsteuer. as ist ein weiteres Wunderwerk sozialdemokratischer esetzgebungsvisionen. Für was alles haben Sie das ufkommen dieser Steuer nicht schon verplant! Ich habe en Überblick verloren. Denn die Finanztransaktion- teuer ist für Sie so etwas wie die eierlegende Woll- ilchsau der Staatsausweitung. Sie wollen eine Steuer uf jede Art der Finanztransaktionen. Doch was bedeutet as für die Betroffenen? Devisenhändler erklären, dass der Euro Steueraufkommen die Betroffenen einen glei- 31096 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) chen Betrag kosten wird, der durch die Befolgungskos- ten verursacht wird. Das ist ja auch kein Wunder, denn eine FTT würde eine Herausforderung fürs Datenmana- gement und die IT-Infrastruktur jeder Finanzinstitution bedeuten. Jeder Transaktionstyp bräuchte gesonderte Verfahren, möglicherweise erhebt jedes Land einen eige- nen Steuersatz, die vom Kommissionsvorschlag vorge- sehenen Ausnahmen müssen erfasst werden, den zentra- len Gegenparteien müssen die Daten geliefert werden, den Kunden müssen die Steuern offengelegt werden und die womöglich tägliche automatische Abführung der Steuer eingerichtet werden. Und schließlich werden Dut- zende von Großkanzleien europaweit die Compliance der Finanzinstitutionen bewerten, mehrere Zehntausend Seiten Rechtsgutachten dazu verfassen und Honorar- rechnungen schreiben. Diesen bürokratischen Wahnsinn fordert, wer eine FTT fordert. Wer Bürokratieabbau will, der muss den Bürger gehen lassen. Der muss ihm ver- trauen. Der muss dem Bürger Freiheit geben. Nichts da- von wollen Sie. Hören Sie auf, davon zu sprechen, den bürokratischen Vollzugsaufwand abbauen zu wollen. Bürokratie ab- bauen kann nur, wer dem Bürger vertraut, wer einen schlanken Staat, wer staatliche Selbstbeschränkung will. Bürokratie abbauen kann nur, wer auf staatliche Rege- lungen verzichten kann. Bürokratie abbauen kann nur, wer auf Steueraufkommen verzichten kann. Bürokratie abbauen kann nur, wer den Primat des Rechts statt des Primats der Politik verficht. Bürokratie abbauen kann nur, wer liberal ist. Michael Schlecht (DIE LINKE): Das Wort Bürokra- tie hat bei vielen Bürgerinnen und Bürgern einen schlechten Klang. Millionen von Menschen in Deutsch- land sind regelmäßig mit den Mühlen der Bürokratie be- schäftigt, wenn es darum geht, ihren Anspruch auf ALG II einzufordern oder ihre Steuererklärung zu machen. Al- les Bereiche, in denen ein Bürokratieabbau millionenfa- che Jubelstürme auslösen würde. Doch im vorliegenden Antrag zeigt die SPD, für wen ihr Herz beim Thema Bürokratieabbau schlägt: nicht etwa für die Bürgerinnen und Bürger, sondern für den Mittelstand. Nun ist die Reduzierung von unnötiger Bürokratie auch für den Mittelstand, welcher erheblich zum Wohl- stand in Deutschland beiträgt, insbesondere bei der Be- schäftigung, nichts Verwerfliches. Bedenklich wird es nur, wenn der Abbau von Berichts-, Informations- und Aufbewahrungspflichten zu einer Verschlechterung im Bereich des Arbeitnehmer- oder Verbraucherschutzes oder im Bereich der Steuerbefolgung führt. Der Nor- menkontrollrat gab in seinem Bericht aus dem Jahr 2012 freimütig zu: „Die vom NKR abschließend geprüften Regelungsvorhaben führen im Saldo zu einer Reduzie- rung des jährlichen Erfüllungsaufwands von rund 1,4 Milliarden Euro. Dieser Rückgang des Aufwands geht allerdings im Wesentlichen auf eine einzige Maßnahme zurück – die Reduzierung der Aufbewahrungsfristen nach dem Steuer- und Handelsrecht. Ohne diese Maß- nahme wäre ein Anstieg des Erfüllungsaufwands seit Juli 2011 von rund 1,1 Milliarden Euro zu verzeichnen.“ lu S e b d w d ti m c d le s e d d N a ti S n s tr fü M s ri B g D g d s s B R D Z k p x o V d k b K B L tü N (C (D Auch wenn in die berechnete Reduzierung des Erfül- ngsaufwandes durch die Aufbewahrungsfristen nach teuer- und Handelsrecht hoffentlich nicht die hierdurch rleichterte Steuerhinterziehung mit eingegangen ist, leibt der Eindruck nicht nur bei dieser Maßnahme, dass er Abbau von Bürokratie zu weniger Transparenz und eniger Gerechtigkeit führt. Die Unehrlichen profitieren oppelt: von der offiziellen Entlastung bei der Bürokra- e und durch ihre Unredlichkeit. Bei aller Sinnhaftigkeit von Bürokratieabbau darf da- it keine Reduzierung von Arbeitnehmer- und Verbrau- herschutzrechten einhergehen und keiner Steuervermei- ung Vorschub geleistet werden. Dazu sagt der Antrag ider viel zu wenig; daher können wir ihm so nicht zu- timmen. Darüber hinaus würden wir uns von der SPD inmal ebenso viel Engagement bei der Überwindung es Bürokratiemonsters Hartz IV wünschen, wie sie mit iesem Antrag für den Mittelstand an den Tag gelegt hat. Susanne Kieckbusch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Ich finde Bürokratie, ich finde Verwaltung mehr ls wichtig. Bürokratie, Verwaltung sorgen für Gerech- gkeit. Bürokratie, Verwaltung sorgen für Entlastung. ie sorgen für Entlastung bei den Beamten, weil diese icht mehr persönlich in der Verantwortung stehen und ich nicht rechtfertigen müssen für das, was sie im Auf- ag des Staates tun und entscheiden müssen. Sie sorgen r Entlastung bei der Bürgerschaft, weil diese ihre öglichkeiten abschätzen kann; sie kann sich die Wahr- cheinlichkeit ausrechnen für ihr Begehren. Die Bürge- nnen und Bürger wissen schon vorher über ihr Anrecht escheid und können Abweisungen einordnen. In den letzen zwei Monaten habe ich sehr viele Bür- ermeister, einige Landräte, IHKs und Betriebe besucht. er allgemeine Tenor war: Uns geht es eigentlich ganz ut. Aber wenn man einmal sagen dürfte, was richtig rückt, dann wäre das die ständig wachsende und an- pruchsvoller werdende Bürokratie. Alle gaben zu, dass unsere Bürokratie dabei haupt- ächlich selbstgemacht ist. EU-Verordnungen werden im undestag ergänzt, im Landtag ausgeweitet und in den egierungspräsidien verfeinert. Vor Ort muss dies im etail abgearbeitet werden, ohne dass der Sinn und weck dieser ordnungspolitischen Maßnahmen zu er- ennen ist. Es besteht Dokumentationspflicht: Dokumentations- flicht für Betriebe. Dokumentationspflicht für Arztpra- en. Dokumentationspflicht für Schulen. Dokumentati- nspflicht für Altenheime. Dokumentationspflicht für erwaltungen. Dokumentationspflicht für alles und je- es. Wer wertet diese Daten alle aus? Wo fließen die Er- enntnisse wieder in Verwaltungshandeln zurück? Hochqualifizierte Fachkräfte vernutzen ihre teure Ar- eitszeit für die Eingabe statistischer Daten, und die ernaufgaben bleiben liegen. Und wie verhält sich die evölkerung bei diesem Irrsinn? Anträge auf berechtigte eistungen werden erst gar nicht gestellt. Das läuft na- rlich gegen jede soziale Gerechtigkeit, wenn nur noch ervenstarke ihre Anträge ausgefüllt bekommen oder Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31097 (A) ) )(B) aber beim Ausfüllen etwa von Bildungsgutscheinen ohne tatkräftige Unterstützung von studierten Sozialpäd- agogen gar nichts läuft. Aus der Haltung „Das liest sowieso niemand“ ent- steht ein völlig beliebiges Füllen der Vorlagen mit ausge- dachten Daten. Nicht wenige mittelständische Unterneh- men gehen diesen Weg, weil sie anders den Datenwust nicht bewältigt bekommen. Bürokratisches Handeln ohne Rückwirkung auf das wirkliche Leben wird nicht ernst genommen, führt sich selber vor, lässt staatliches Handeln lächerlich wirken. Wie am Anfang bereits gesagt: Ich finde Verwaltung, eine gut aufgestellte Bürokratie ungemein wichtig; ich halte sie sogar für eine Voraussetzung für demokrati- sches, staatliches Handeln. Aber mit dem momentanen Bürokratiemoloch vergeuden wir Geld, Zeit, Nerven und sorgen für ständig schwindende Akzeptanz und wach- sende Staatsverdrossenheit. Die Kolleginnen und Kollegen der SPD haben zum Ende der Legislaturperiode das wichtige Thema Büro- kratieabbau nochmals auf die Tagesordnung gesetzt und ihm damit die angemessene Wichtigkeit gegeben. Da die Bundesregierung auch hier nicht ausreichend handelt, muss eben die Opposition übernehmen. Die Forderun- gen der SPD unterstützen wir und werden dem Antrag daher zustimmen. Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Nutzung verwaister und vergriffener Werke und einer weiteren Änderung des Urheber- rechtsgesetzes (Tagesordnungspunkt 25) Ansgar Heveling (CDU/CSU): In öffentlichen Bi- bliotheken oder Archiven kommt es regelmäßig vor, dass sich bei Büchern, Filmwerken, Tonträgern oder sonstigen Werken wie Computerspielen oder anderen Softwareprogrammen der oder die Urheber nicht oder nicht mehr ermitteln lassen. Dies sind dann sogenannte verwaiste Werke. Den Bibliotheken und Archiven ist es in diesen Fällen zwar erlaubt, diese Werke zu digitalisie- ren und in ihren Datenbanken zu archivieren, sofern kein technischer Kopierschutz besteht, eine rechtssichere Möglichkeit, die angefertigten Digitalisate im Anschluss auch für die öffentliche Nutzung zugänglich zu machen, gibt es jedoch nicht. Deshalb hat sich die Europäische Union dieses Themas angenommen und im Oktober des vergangenen Jahres die Richtlinie über bestimmte zuläs- sige Formen der Nutzung verwaister Werke beschlossen, um eine einheitliche europäische Regelung zu schaffen. Mit dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Nutzung verwaister und vergriffener Werke und einer weiteren Änderung des Urheberrechtsgesetzes wollen wir nun diese Richtlinie in deutsches Recht umsetzen. Dabei gehen wir über die Vorgaben der Richtlinie hinaus und regeln zusätzlich zu den verwaisten Werken auch d G fr u F D li W e s c n v u L D D s D M w a ru w u n re a w w v M Z g ti le h u g w z V V A S s s G li d tu s m (C (D ie Nutzung vergriffener Werke. Denn eine der zentralen rundlagen unserer Informationsgesellschaft ist ein eier, aber damit nicht zwangsläufig kostenfreier und ngehinderter Zugang zu und Austausch von Wissen, orschungsergebnissen und anderen Informationen. urch die Digitalisierung sind die entsprechenden Mög- chkeiten schier unendlich geworden. Doch damit die auch in verwaisten oder vergriffenen erken enthaltenen Daten, Inhalte und Informationen iner möglichst großen Öffentlichkeit zur Verfügung ge- tellt werden können, wird dies durch die neue gesetzli- he Regelung künftig möglich sein. Denn wir dürfen icht riskieren, dass einige oder möglicherweise sogar iele Werke nicht öffentlich zugänglich gemacht werden nd damit kulturelles Erbe verloren gehen könnte. Im Rahmen eines gemeinsamen Projektes sind Bund, änder und Kommunen derzeit dabei, die Deutsche igitale Bibliothek, DDB, aufzubauen und einzurichten. ie DDB ist nicht zuletzt auch Bestandteil der europäi- chen digitalen Bibliothek Europeana, die durch die DB einen erheblichen quantitativen wie qualitativen ehrwert erhält. Mit der neuen gesetzlichen Regelung ermöglichen ir die Weitergabe unseres wertvollen kulturellen Erbes uch an künftige Generationen. Mithilfe der Digitalisie- ng unseres wissenschaftlichen und kulturellen Erbes ollen wir sicherstellen, dass dauerhaft Schriften, Filme nd Tonträger zugänglich sind. Der vorliegende Gesetzentwurf enthält außerdem eine eue Regelung für das Zweitverwertungsrecht für Auto- n wissenschaftlicher Beiträge. Dennoch soll das Recht uf diejenigen Beiträge in Zeitschriften beschränkt erden, die mindestens zur Hälfte öffentlich finanziert urden. Zudem wird es bis zur Möglichkeit einer Zweit- eröffentlichung eine angemessene Frist von zwölf onaten nach der Erstveröffentlichung geben. Die weitveröffentlichung darf darüber hinaus nur zu nicht- ewerblichen Zwecken erfolgen. Wir setzen uns dafür ein, dass zwischen den berech- gten Interessen der Autoren auf der einen und der Ver- ger auf der anderen Seite ein angemessener Ausgleich ergestellt wird. Dabei ist zu überlegen, wie die Rechte nd Pflichten zwischen Urheber und Verleger genau eregelt werden. Es geht hierbei darum, das Zweitver- ertungsrecht so auszugestalten, dass der Urheber die usätzliche Option haben sollte, ein Angebot seines erlegers wahrzunehmen, das auf einer gegenseitigen ereinbarung beruht. Diese allgemein als Golden Open ccess bezeichnete Regelungsvariante sollte aus unserer icht in die Überlegungen im Rahmen des weiteren Ge- etzgebungsverfahren mit einbezogen werden. Aus un- erer Sicht ist dabei sogar die Variante zu bedenken, dem olden Open Access Vorrang vor einem Zweitveröffent- chungsrecht zu geben, nämlich in den Fällen, in denen er Verlag dem Autor gegen eine angemessene Vergü- ng ein Angebot zur Zweitveröffentlichung unterbreitet. Insbesondere im Rahmen der anstehenden Sachver- tändigenanhörung werden wir uns noch im Einzelnen it den in dem vorliegenden Gesetzentwurf enthaltenen 31098 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Regelungen auseinandersetzen. Dort wird auch Gelegen- heit bestehen, offene Fragen zum Thema Zweitverwer- tungsrecht sowie die oben ausgeführten Überlegungen zu erörtern und zu klären. Die CDU/CSU-Fraktion hat sich stets für einen „drit- ten Korb“ im Urheberrecht stark gemacht. Es ist bedau- erlich, dass von der ursprünglichen Fülle urheberrechtli- cher Themen zunächst nur der nun vorliegende kleine Rest übrig geblieben ist. Wir werden uns jedenfalls auch in Zukunft für einen „dritten Korb“, der dieses Namens würdig ist, einsetzen. Thomas Silberhorn (CDU/CSU): Urheber haben ein Recht darauf, dass ihre geistige Schöpfung geschützt wird. Deshalb räumt ihnen das Urheberrecht die Rechte am eigenen Werk ein. Wer fremde Werke nutzen möchte, muss dafür die Zustimmung des Urhebers einholen. Das Urheberrecht erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Schöpfers. Das erklärt, weshalb es vielfach verwaiste Werke gibt, deren Urheber nicht auffindbar oder identifi- zierbar sind. Da hier die Zustimmung der Rechteinhaber nicht eingeholt werden kann, ist eine Nutzung der Werke unmöglich. Auch bei mehreren Miturhebern ist eine Werknutzung so lange unmöglich, bis alle Miturheber ihre Zustimmung zur Nutzung erteilt haben. Besonders evident wird diese Problematik bei der derzeit stattfindenden Digitalisierung wertvoller Kultur- güter. Aufgrund von verwaisten Werken können Millio- nen von Büchern, Fotos, Filmen und Tonträgern weder kopiert noch anderweitig verwendet werden. Damit droht ein Teil unseres kulturellen Erbes für immer verlo- ren zu gehen. Der Aufbau der Digitalen Deutschen Bibliothek – auch als Unterstützung der europäischen digitalen Bibliothek EuroPEANA – wird durch diesen Umstand erheblich erschwert. Um hier entgegenzusteuern, soll die Nutzung ver- waister Werke künftig in engem Rahmen zugelassen werden. Danach können privilegierte Institutionen – das sind Bibliotheken, Bildungseinrichtungen, Museen, Archive sowie Einrichtungen im Bereich des Film- oder Tonerbes – verwaiste Werke aus ihren Beständen ver- vielfältigen und öffentlich zugänglich machen, wenn sie dabei zur Erfüllung ihrer im Gemeinwohl liegenden Aufgaben handeln. Damit setzen wir zugleich die EU- Richtlinie über verwaiste Werke in deutsches Recht um. Vor einer solchen Nutzung hat die privilegierte Ein- richtung eine sorgfältige Suche in Bezug auf die Urheberschaft durchzuführen und gegenüber dem Deut- schen Patent- und Markenamt entsprechend zu doku- mentieren. Sofern der Rechteinhaber im Nachhinein aus- findig gemacht wird, verbleibt ihm ein Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung für die erfolgte Nutzung unter Aufrechterhaltung seiner Nutzungsrechte. Auch für vergriffene Printwerke werden im Rahmen des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes Regelungen getroffen, um die Digitalisierung und Archivierung von solchen Werken zu ermöglichen. Hierzu bildet der Ge- setzentwurf einerseits eine bereits etablierte Praxis der Verwertungsgesellschaften ab, die sich vertraglich die e v w W tu le d lu fe d d fe u d h ru w v w d d e D B w k z ö u z d S le ti P s M d R z d z d e je T h in e d h k z (C (D ntsprechenden Rechte ihrer Mitglieder für die Nutzung ergriffener Werke einräumen lassen. Darüber hinaus ird die Möglichkeit geschaffen, auch vergriffene erke, deren Urheber nicht Berechtigter einer Verwer- ngsgesellschaft ist, zu digitalisieren und online zu stel- n. Umgesetzt wird dies durch eine gesetzlich jederzeit urch den Rechteinhaber widerlegbare Vermutungsrege- ng für Printwerke, die vor dem 1. Januar 1966 veröf- ntlicht wurden. Eine Lizenzierung von solchen Werken urch eine Verwertungsgesellschaft wird allerdings erst ann zulässig sein, wenn das Werk in ein neu zu schaf- ndes Register vergriffener Werke eingetragen wurde nd der Rechteinhaber der Wahrnehmung seiner Rechte urch die Verwertungsgesellschaft nicht widersprochen at. Flankierend zu der bereits beschlossenen Verlänge- ng der Wissenschaftsschranke in § 52 a UrhG wollen ir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schließlich ein erbindliches Zweitverwertungsrecht für Autoren von issenschaftlichen Beiträgen und Periodika einführen, ie überwiegend mit öffentlichen Mitteln gefördert wur- en. Dies ist ein weiterer wichtiger Baustein zur Weiter- ntwicklung des Bildungs- und Wissenschaftsstandorts eutschland. Denn Wissenstransfer ist die Grundlage für ildung, Forschung und Entwicklung und damit eine ichtige Voraussetzung, um unserem Land auch in Zu- unft einen Spitzenplatz im internationalen Wettbewerb u sichern. Im Bereich wissenschaftlicher Publikationen müssen ffentliche Bibliotheken oft hohe Summen entrichten, m Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich u machen, obwohl die Forschungen selbst überwiegend urch öffentliche Gelder finanziert wurden. Diese chieflage wollen wir beseitigen und damit sicherstel- n, dass Forschungsergebnisse zu annehmbaren Kondi- onen verfügbar sind. Nicht zuletzt werden dadurch die otenziale des Internets für die Wissensgesellschaft bes- er erschlossen. Dem Urheber eines überwiegend durch öffentliche ittel finanzierten wissenschaftlichen Beitrags wird eshalb nach einer Karenzzeit von zwölf Monaten das echt eingeräumt, seinen Beitrag öffentlich zugänglich u machen, soweit dies keinem gewerblichen Zweck ient. Diese Regelung soll einen gerechten Ausgleich wischen dem wirtschaftlichen Interesse der Verlage und em öffentlichen Interesse am Zugang zu Forschungs- rgebnissen schaffen. Im weiteren Verfahren sollten wir doch noch einmal sorgfältig überlegen, wo genau die rennlinien dieses Interessenausgleichs im Detail zu zie- en sind. Siegmund Ehrmann (SPD): „Das Urheberrecht hat der modernden Medien- und Informationsgesellschaft ine Schlüsselfunktion. Wir werden das Urheberrecht eshalb entschlossen weiterentwickeln, mit dem Ziel ein ohes Schutzniveau und eine wirksame Durchsetzbar- eit des Urheberrechts zu gewährleisten. Um dieses Ziel u erreichen, werden wir zügig die Arbeit an einem Drit- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31099 (A) ) )(B) ten Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Infor- mationsgesellschaft („Dritter Korb“) aufnehmen.“ Das ist ein Auszug aus dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP. Ich weise auf die Begrifflichkeiten hin: „entschlossen weiterentwickeln“, „zügig die Arbeit ... aufnehmen“ für einen „Dritten Korb“. Wir sind nun in der drittletzten Woche vor Ende der Legislaturperiode, und Schwarz-Gelb hat bislang lediglich ein Leistungs- schutzrecht für Verlage auf den Weg gebracht, was auch von wohlmeinenden Experten als handwerkliche Kata- strophe bezeichnet wird. Über das Gesetz gegen unseri- öse Geschäftspraktiken wird wohl bis zur letzten Sit- zungswoche gestritten; jedenfalls konnte es bis heute noch nicht abschließend beraten werden. Dass es wirk- lich kommt, glaube ich noch nicht. Ich erwähne das so detailliert, um deutlich zu ma- chen, dass die Koalition beim Urheberrecht komplett versagt hat. Weder wurde das Urheberrecht entschlossen weiterentwickelt noch gibt es einen Dritten Korb und da- mit eine echte Reform. Stattdessen haben wir lauter kleine Puzzleteilchen, die noch nicht einmal ein Reförm- chen ergeben. Zudem war es, bezogen auf die verwaisten und vergriffenen Werke – das soll der Fokus meiner Rede sein, da mein Kollege René Röspel den zweiten Schwerpunkt des heute zu debattierenden Gesetzesvor- habens, das Zweitverwertungsrecht, bewerten wird –, ein Leichtes, dazu einen Gesetzentwurf vorzulegen; denn dazu gibt es seit Oktober 2012 eine EU-Richtlinie, die damit mehr oder weniger eins zu eins umgesetzt wird. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte bereits im Novem- ber 2010 ein Gesetz vorgelegt, um die überfällige Frage zu verwaisten und vergriffenen Werken zu regeln. Mit der Digitalisierung und der damit verbundenen und kulturpolitisch gewünschten öffentlichen Zugänglich- machung von Kulturgütern gehen bislang eine Reihe un- geklärter Rechtsfragen einher. Am Beispiel des aus meiner Sicht sowohl kulturpolitisch als auch technolo- gisch hoch spannenden Projektes der Deutschen Digita- len Bibliothek wird deutlich, wie zwingend notwendig es ist, die Rechtefrage zu klären, um verwaiste Werke digitalisieren und damit in neuen Nutzungsformen zur Verfügung stellen zu können. Schätzungen über die Zahl der verwaisten Werke gehen weit auseinander. Jedoch gelten wohl zwischen 5 Prozent und circa 40 Prozent al- ler urheberrechtlich geschützten Titel als verwaist; im Bereich der Fotografie sind es sogar bis zu 90 Prozent. Das ist eine immense Zahl von kulturellen Werken, die sonst drohen dem kulturellen Gedächtnis verloren zu ge- hen. Die EU hat nun eine Richtlinie vorgelegt, die es er- möglicht, verwaiste Print-, Musik- und Filmwerke in neuen digitalen Nutzungsformen durch öffentlich zu- gängliche und im Gemeinwohl errichtete Institutionen, insbesondere Bibliotheken, Museen, Archiven, Film- und Tonerbeinstitutionen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zugänglich zu machen. Die nun vor- liegende Umsetzung in deutsches Recht geht über diesen Kreis der durch diese Schrankenregelung Privilegierten und auch die darunter fallenden Werkformen nicht hi- n fi z d a ti n e g U P m z m ru e R e e ta v d n d n S g S H e F E g S te v n b Z c § D s Z d m p n u S d O u v W G (C (D aus. Soweit ich das sehe, werden Zeitungen, Fotogra- en und Werke der bildenden Kunst nicht erfasst. Damit ählen beispielsweise Zeitungsverleger nicht zu den von er EU-Richtlinie begünstigten Nutzern und werden uch im vorliegenden Gesetzentwurf nicht berücksich- gt. Auch die Frage der kommerziellen Nutzung wird icht berücksichtigt. All das sind Beschränkungen, die in inem ersten Schritt der EU-Richtlinie sicherlich gut be- ründet waren. Gleichwohl gäbe es in der nationalen msetzung sicherlich noch den einen oder anderen unkt, über den man noch einmal intensiver nachdenken üsste. Doch dafür bleibt in den verbleibenden zwei Sit- ungswochen schlicht keine Zeit. Das kann nun nicht ehr zuverlässig, beispielsweise in Form einer Anhö- ng, geprüft werden. Das ist sehr bedauerlich, handelt s sich doch um wichtige Fragen. Und damit komme ich zum Ausgangspunkt meiner ede: Hätte die Koalition tatsächlich zügig die Arbeit an iner Reform des Urheberrechts aufgenommen, wie sie s vollmundig angekündigt hat, hätten viele dieser de- ilreichen Fragen auch im parlamentarischen Verfahren ernünftig geklärt werden können. Es wird also Aufgabe er nächsten Bundesregierung sein, diese nun hastig och auf den Weg gebrachten – ich gehe davon aus, dass ie schwarz-gelbe Koalition in der Lage sein wird, we- igstens eine EU-Richtlinie noch rechtzeitig und ohne treit in der Koalition umzusetzen – Gesetzesänderun- en zu überprüfen und gegebenenfalls an den richtigen tellen nachzustellen. Diese Aufgabe werden wir ab erbst übernehmen. Das tun wir gern. Grundsätzlich ist s zu begrüßen, dass nun endlich auch CDU/CSU und DP verstanden haben – auch wenn es des Anstoßes der U bedurfte –, dass das Problem der verwaisten und ver- riffenen Werke geregelt werden musste. René Röspel (SPD): Da mein Fraktionskollege iegmund Ehrmann sich in seiner Rede mit den geplan- n Gesetzesänderungen zur Nutzung verwaister und ergriffener Werke befasst hat, möchte ich mich in mei- er Rede auf die Teile des vorliegenden Gesetzentwurfs eschränken, die die Einführung eines unabdingbaren weitverwertungsrechts für Autoren von wissenschaftli- hen Beiträgen vorsehen. Mit der im Gesetzentwurf geplanten Änderung des 38 des Urheberrechtsgesetzes soll erstmalig in eutschland ein Zweitverwertungsrecht für die Wissen- chaft im Urheberrecht verankert werden. Sinn und weck eines solchen Zweitverwertungsrechtes ist es, en Autoren von wissenschaftlichen Beiträgen ein Stück ehr Unabhängigkeit vom derzeit herrschenden Oligo- ol der Wissenschaftsverlage zu verschaffen. Dies ist icht nur im Interesse der publizierenden Forscherinnen nd Forscher in Deutschland, sondern auch im Sinne des teuerzahlers; denn die bisherige restriktive Regelung es Urheberrechtsgesetzes führte letztlich dazu, dass das ligopol der Wissenschaftsverlage seine Marktmacht ngehemmt ausnutzen kann mit dem Ergebnis, dass iele Hochschulen und Bibliotheken mit Steuergeld das issen zurückkaufen, das ebenfalls mit öffentlichen eldern geschaffen wurde. 31100 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Es ist daher erfreulich, dass die Bundesregierung diese wichtige – und vonseiten der Wissenschaft und uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten schon lange geforderte – Änderung des Urheberrechts nun in Angriff nehmen will. Leider muss ich mit großem Bedauern fest- stellen, dass diese gute Idee offenbar in den langwieri- gen Verhandlungen zwischen Justiz- und Forschungsmi- nisterium derart zerrieben worden ist, dass von der Grundidee nur wenig übrig geblieben ist. Dies ist umso bedauerlicher, als den handelnden Akteuren in den je- weiligen Ressorts bereits seit März 2011 eine hervorra- gende Arbeitsgrundlage vorliegt: Ich spreche hier von dem tragfähigen Vorschlag der SPD-Bundestagsfraktion zum Zweitverwertungsrecht. Dieser berücksichtigt nicht nur die Empfehlungen der großen Wissenschafts- und Forschungsorganisationen in Deutschland, sondern auch die differenzierten Vorschläge des Bundesrates zum Thema. Doch leider scheint es die Bundesregierung mit ihrem versuchten Bekenntnis zum Zweitverwertungsrecht nicht wirklich ernst zu meinen. Bei ausführlicher Lek- türe des vorgelegten Gesetzentwurfes wird deutlich, dass dies kein echtes Zweitverwertungsrecht ist, sondern eher ein Notlösungsmogelkompromiss. Denn wie aus der Be- gründung hervorgeht, soll der Anwendungsbereich des § 38 Urheberrecht gravierend eingeschränkt werden: Auf ein Zweitverwertungsrecht können sich nach dieser Begründung nur die Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler berufen, die entweder an einer außeruniversitä- ren Forschungseinrichtung tätig sind oder die ihre zu pu- blizierenden Forschungsergebnisse im Rahmen der öffentlichen Projektförderung getätigt haben. Diese will- kürliche Beschränkung des Personenkreises wird zudem rechtlich sehr fragwürdig begründet: So bestehe angeb- lich ein besonders hohes staatliches Interesse an der Ver- breitung der Forschungsergebnisse des genannte Perso- nenkreises. Auch wenn sie dies gerne so hätte, bestimmt das Interesse an der Verbreitung bzw. die Relevanz von wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht die Bundesregie- rung, sondern die forschende Community selbst. Eine auf diese Weise begründete Einschränkung des Perso- nenkreises halte ich für eine verfassungsrechtlich frag- würdige Ungleichbehandlung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an Hochschulen. Ein solches – ex- klusives – Zweitverwertungsrecht für bestimmte, von der Bundesregierung als besonders relevant erachtete Forschungskreise ist nicht nur verfassungsrechtlich be- denklich, sondern setzt zudem die Forschungsleistung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an deut- schen Hochschulen herab. Es ist folglich nicht verwun- derlich, wenn der Vorsitzende der Hochschulrektoren- konferenz, Professor Horst Hippler, zu dem Ergebnis kommt, „dass durch den vorliegenden Gesetzentwurf der Eindruck entstehe, dass die Bundesregierung die For- schung an deutschen Hochschulen für zweitklassig halte“. Dass er mit seinem Urteil nicht allein dasteht, un- terstreichen auch die Stellungnahmen der Allianz der Wissenschaftsorganisationen, die ebenfalls eine solch unsachgemäße Einschränkung des Personenkreises ab- lehnt. g te F A fe F d z b W W c d D d re a re n G d w jä d n b te K R b u c li W s w S n R S c h u z s v te u m s (C (D Als sei dies nicht genug, unternimmt die Bundesre- ierung in ihrem vorliegenden Gesetzentwurf einen wei- ren Versuch, ein echtes Zweitverwertungsrecht für die orschung in Deutschland zu konterkarieren: Die in § 38 bs. 4 vorgeschlagene Norm schränkt die Zweitveröf- ntlichung auf die „akzeptierte Manuskriptversion“ ein. ür das Zitieren von Beiträgen ist bekanntermaßen je- och nicht die Manuskriptversion, sondern die publi- ierte Version relevant. Hier wurde eine Hürde aufge- aut, um das geplante Zweitverwertungsrecht für issenschaft und Forschung – im Interesse der großen issenschaftsverlage – möglichst unattraktiv zu ma- hen. Zudem beeinträchtigt eine solche Einschränkung ie Qualität der wissenschaftlichen Zweitpublikation in eutschland. Weiterhin erschließt sich mir nicht, warum die Bun- esregierung mit ihrem Gesetzentwurf nicht nur eine di- kte Diskriminierung zwischen universitärer und ußeruniversitärer Forschung, sondern auch eine indi- kte zwischen den Fachdisziplinen anstrebt. Denn ichts anderes als eine einseitige Benachteiligung der eistes- und Sozialwissenschaften ist die Konsequenz er geplanten gesetzlichen Einschränkung des Zweitver- ertungsrechts auf „periodisch mindestens zweimal hrlich erscheinenden Sammlungen“. Denn gerade in en geistes- und sozialwissenschaftlichen Fachdiszipli- en zählt die wissenschaftliche Publikation in Sammel- änden und Proceedings zu den am weitesten verbreite- n Publi-kationsformen. Und warum soll überhaupt das riterium „zweimal jährlich“ relevant sein für das echt, seine Erkenntnisse nach Einhaltung einer Em- argofrist zweitverwerten zu dürfen? Lassen Sie mich abschließend Ihren Gesetzentwurf nseren Vorschlägen gegenüberstellen bzw. deutlich ma- hen, was Ihren Entwurf von unserem unterscheidet: Erstens. Sie wollen ein Zweitverwertungsrecht ledig- ch einem Teil der Forschungsgemeinde zugestehen. ir hingegen wollen es für alle Forschenden, deren For- chung mindestens zur Hälfte öffentlich finanziert urde. Zweitens. Sie wollen ein Zweitverwertungsrecht für ammlungen, die mindestens zweimal jährlich erschei- en. Wir hingegen setzen uns dafür ein, dass dieses echt auf alle Publikationen – so auch Periodika und ammelwerke – Anwendung findet. Drittens. Sie wollen den Forschenden die Veröffentli- hung nur in der Manuskriptversion zugestehen. Wir ingegen bekennen uns zu wissenschaftlicher Qualität nd befürworten die Zweitveröffentlichung in der publi- ierten Version. Dies sind aus unserer Sicht die wesentlichen Unter- chiede zwischen Ihnen und uns. Unser Vorschlag wird on der Wissenschaftsgemeinde und dem Bundesrat un- rstützt. Da stellt sich mir die abschließende Frage: Wer nterstützt eigentlich Ihren Entwurf außer dem Bundes- inisterium der Justiz? Geben Sie sich einen Ruck: Machen Sie einen Ge- etzentwurf, der der Wissenschaft dient! Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31101 (A) ) )(B) Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Eines vorweg: Die be- antragte Regelung zu verwaisten und vergriffenen Wer- ken ist zwar nicht ganz das, was wir uns erhofft hatten. Die Linke hat eigene, weiter gehende Regelungsvor- schläge in den Bundestag eingebracht. Aber es wäre möglich gewesen, hier politisch zusammenzukommen, denn das Grundanliegen teilen wir. Wir freuen uns, dass die Bundesregierung sich hier für eine Schrankenregelung entschieden hat. Das ist re- gelungstechnisch noch die sauberste Lösung, weshalb wir sie ja bereits vor zwei Jahren vorgeschlagen haben. Und schön, dass die Bibliotheken jetzt nicht vorab für je- des digitalisierte Werk zahlen müssen, sondern nur, wenn im Nachhinein ein Rechteinhaber bekannt wird. Die Bundesregierung greift Vorschläge der Linken auf – das freut uns, denn das passiert nicht alle Tage. Wir bedauern jedoch, dass das Bundesjustizministe- rium diesen sinnvollen Vorschlag im vorliegenden Ge- setzentwurf mit der Einführung eines wissenschaftlichen Zweitveröffentlichungsrechts verknüpft, dem wir in der von Ihnen vorgelegten Fassung ganz und gar nicht zu- stimmen können. Dem ursprünglichen Sinn eines Zweitverwertungs- rechtes nach sollte Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftlern ermöglicht werden, ihre eigenen Arbeiten auch dann zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen, wenn sie zunächst in einer kommerziellen Zeit- schrift erschienen waren. Stattdessen will die Regierung nun festschreiben, dass ein Verlag im Zweifel ein aus- schließliches Recht zur Zugänglichmachung von Beiträ- gen seiner Autorinnen und Autoren im Internet erhält, auch wenn dies vertraglich gar nicht vereinbart ist. Bis- lang gilt eine solche Vermutungsregelung lediglich für die Druckausgabe einer Zeitschrift. Das ist eine uner- hörte rechtliche Schlechterstellung der Autorinnen und Autoren! Damit wird den Urheberinnen und Urhebern ein Rechteverlust ungekannten Ausmaßes beschert. Bis- her dürfen diese mit ihren Texten online machen, was sie wollen, es sei denn, sie haben vertraglich etwas anderes vereinbart. In Zukunft darf ihr Verlag es ihnen verbieten. Diese urheberfeindliche Neuregelung soll mit einem Zweitveröffentlichungsrecht verknüpft werden, das weitgehend leerläuft. So gilt es nur für die „Manuskript- version“ – eine Veröffentlichung im Format und mit den Seitenzahlen der Druckfassung soll nicht drin sein. Da- mit führt die Bundesregierung unter der Hand einen rechtlichen Schutz des Druckbilds ein, das bislang aus gutem Grund urheberrechtsfrei ist. Zudem soll es nur für nichtgewerbliche Onlineveröf- fentlichungen gelten, obwohl in der Gesetzesbegrün- dung ausdrücklich von einem „Verwertungsrecht“ ge- sprochen wird, das per definitionem gewerblichen Zwecken dient. Und vor allem soll es nur für Beiträge gelten, die „im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschungstätigkeit entstanden und in einer periodisch mindestens zweimal jährlich erscheinenden Sammlung erschienen“ sind. In- dem auf die öffentliche Forschungsförderung abgestellt wird, schließt der Vorschlag die rein universitäre Grund- lagenforschung von vornherein aus. Zukünftig sollen a D a d e ra la a g d s d w v s S s s w w P tu h is Z s N tr B re a n li fe g W le s W d d F tu m d (C (D lso Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die viele rittmittel erhalten, im Urheberrecht besser gestellt sein ls ihre Kolleginnen und Kollegen. Ich bezweifle, dass ies verfassungsgemäß ist. Nicht zuletzt soll die Zweitveröffentlichung erst nach iner Frist von zwölf Monaten erlaubt sein. Das ist ge- de für Wissenschaft mit Aktualitätsbezug eine quälend nge Zeit, die eine Zweitveröffentlichung nochmals un- ttraktiv macht. Allem Anschein nach soll jetzt nach jahrelangem Zö- ern dieser Gesetzentwurf im Schnelldurchlauf noch iesen Monat durchs Parlament gebracht werden. Ange- ichts der offensichtlichen Mängel beim Vorschlag für as Zweitverwertungsrecht der Wissenschaft schlagen ir Folgendes vor: Trennen Sie es von den geplanten Regelungen zu den erwaisten Werken ab. Diese könnten wir zügig be- chließen. Beim Zweitveröffentlichungsrecht schauen ie besser noch einmal in Ruhe auf unsere wissen- chaftsfreundlichen Vorschläge vom April 2011. Da chlagen wir fünf einfache Punkte vor: Erstens. Das Zweitverwertungsrecht soll sich auf alle issenschaftlichen Publikationen erstrecken, die über- iegend aus öffentlichen Mitteln finanziert worden sind. Zweitens. Eine Zweitveröffentlichung wird für alle ublikationsformen ermöglicht. Drittens. Die Sperrfrist, nach der das Zweitverwer- ngsrecht in Anspruch genommen werden kann, beträgt öchstens sechs Monate. Viertens. Eine formatgleiche Zweitveröffentlichung t erlaubt, wenn die Erstveröffentlichung angegeben ist. Fünftens. Vertragliche Vereinbarungen, die das weitveröffentlichungsrecht einschränken, sind unwirk- am. Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ach Schätzungen der Deutschen Nationalbibliothek be- ägt der Anteil der verwaisten Werke 30 bis 50 Prozent. ei der British Library sind es ungefähr 40 Prozent. Wir den also über eine beachtliche Zahl von Werken, die ufgrund der urheberrechtlichen Unsicherheit momentan icht der Öffentlichkeit in elektronischer Form zugäng- ch gemacht werden können. Mehrfach haben wir die Bundesregierung in der lau- nden Legislaturperiode aufgefordert, endlich eine Re- elung für den Umgang mit verwaisten und vergriffenen erken zu finden, und haben dazu zwei Anträge vorge- gt. Nun soll eine entsprechende EU-Richtlinie in deut- ches Recht umgesetzt werden. Was die rechtlichen Regelungen zur Nutzung verwaister erke betrifft, schafft die Bundesregierung im vorliegen- en Gesetzentwurf Rechtssicherheit für die betreffenden igitalisierenden Institutionen. Bei der entscheidenden rage, wie jedoch das Problem der angemessenen Vergü- ng für die Rechteinhaber gelöst werden kann, dass öglicherweise nach der Veröffentlichung auftritt, lässt ie Bundesregierung die nutzenden Institutionen im Re- 31102 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) gen stehen. Gemäß der EU-Richtlinie sollen die Mitglied- staaten selbst festlegen, wie die Umstände dieser Zahlung sind und zu welchem Zeitpunkt sie erfolgt. Die Bundes- regierung aber legt gar nichts fest, sondern schiebt hier die ganze Verantwortung ab auf die nutzenden Institutio- nen: Diese müssen – wenn es nach dem vorliegenden Ge- setzentwurf geht – zeitlich unbefristet Kosten für eine mögliche Ausschüttung an Rechteinhaber einkalkulieren und müssen gegebenenfalls ausschütten. Das bedeutet nicht nur einen unverhältnismäßigen bürokratischen Auf- wand für die Institutionen. Unklar bleibt auch, woher sie diese Mittel nehmen sollen. Denn die gesetzlich für zu- lässig erklärte Nutzung darf laut EU-Richtlinie nur im In- teresse des Gemeinwohls erfolgen, nicht zu kommerziel- len Zwecken. Offensichtlich war die Bundesregierung nicht in der Lage, für dieses Problem eine praxistaugliche Lösung zu finden. In unseren Anträgen haben wir deutlich gemacht, wie die Ausschüttung und die Verwaltung von Vergütungs- ansprüchen für nachträglich auftretende Rechteinhaber geregelt werden sollten. Eine neu zu gründende und von den Verwertungsgesellschaften gemeinsam verwaltete Zentralstelle sollte – ähnlich der Zentralstelle Biblio- thekstantieme, ZBT, – für die Verwaltung und für die Zurückstellung der nicht vermittelbaren Einnahmen zu- ständig sein. Der Anspruch auf eine angemessene Vergü- tung muss auf fünf Jahre ab Veröffentlichung begrenzt werden. Die Mittel, die nicht ausgeschüttet werden, soll- ten nach Ablauf der Frist an die Sozialwerke der Verwer- tungsgesellschaften gehen. Auch was den Umgang mit vergriffenen Werken be- trifft, bietet der Gesetzentwurf unserer Ansicht nach keine befriedigende Lösung. Es wird zwar Rechtssicher- heit im Umgang mit vergriffenen Werken geschaffen, die vor 1966 veröffentlicht wurden. Aber es fehlt eine Rege- lung, um zukünftig einer Unternutzung von Werken vor- zubeugen. Wir fordern die Verankerung einer „Use it or loose it“-Regelung im Urheberrecht, die übertragene Werkrechte mit deren obligatorischer kommerzieller oder nichtkommerzieller Verbreitung verbindet. Damit würde nicht nur einer Unternutzung von vergriffenen Werken vorgebeugt, sondern auch sichergestellt, dass Nutzungsrechte automatisch wieder an den Urheber oder Lizenzgeber zurückfallen, wenn Werke nicht innerhalb einer angemessenen Frist verfügbar gemacht wurden. Auch für die Einführung eines unabdingbaren Zweit- veröffentlichungsrechtes für öffentlich finanzierte wis- senschaftliche Autorinnen und Autoren enthält der vor- liegende Gesetzentwurf Regelungen. Bereits 2011 hat meine Fraktion einen Antrag zu diesem Thema vorge- legt. Seitdem ist ein großer gesellschaftlicher Konsens in diesem Bereich zustande gekommen: Wissenschaft und Politik sind sich weitgehend einig, dass und wie ein un- abdingbares Zweitveröffentlichungsrecht eingeführt und ausgestaltet werden muss. Ziel des Rechtes ist es, die Rechtssicherheit beim Open-Access-Publizieren im so- genannten grünen Weg herzustellen. Dadurch können wissenschaftliche Autorinnen und Autoren, deren For- schung und Lehre mit öffentlichen Mitteln finanziert wurden, ihre Publikationen rechtssicher nach einer ange- messenen Frist im Sinne des Open-Access-Prinzips frei z d K w s a n li c in S 2 s ti 2 s a Z 2 „ fo im d m s v Ä re D u li d e d d d s z v lä u g e h d d u w lu n v H (C (D ugänglich machen. Dass sich das Justizministerium mit em vorliegenden Gesetzentwurf gegen den öffentlichen onsens in diesem Bereich stellt, ist schon bemerkens- ert. So sollen zum Beispiel Publikationen der Hoch- chulforschung von dem Zweitveröffentlichungsrecht usgeschlossen werden, sofern diese nicht drittmittelfi- anziert sind. Die Bundesregierung schafft – ohne sach- che Grundlage – zweierlei Recht beim wissenschaftli- hen Publizieren. Eine Anpassung des Gesetzentwurfes den anstehenden Ausschussberatungen gemäß der tellungnahme des Bundesrates, Bundesratsdrucksache 65/13, und der Position der Kultusministerkonferenz owie der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisa- onen – und natürlich gemäß unseres Antrages von 011 – ist dringend notwendig. Leider ist Ihnen, liebe Koalition, wie so häufig in die- er Wahlperiode, anscheinend vor dem Ziel die Puste usgegangen; denn die Einführung eines unabdingbaren weitveröffentlichungsrechtes ist kein Ersatz für das 009 im Koalitionsvertrag von Ihnen angekündigte Dritte Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der In- rmationsgesellschaft“. Zahlreiche weitere Änderungen UrhG zugunsten von Wissenschaft und Bildung sind ringend notwendig. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundes- inisterin der Justiz: Wir behandeln heute in erster Le- ung den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Nutzung erwaister und vergriffener Werke und einer weiteren nderung des Urheberrechtsgesetzes. Dieser Entwurf schafft Klarheit für wichtige Teilbe- iche der aktuellen rechtspolitischen urheberrechtlichen iskussion: Der Allgemeinheit wird der Zugang zu rheberrechtlich geschützten Werken über digitale Bib- otheken im Internet ermöglicht, wie beispielweise über ie Deutsche Digitale Bibliothek und das entsprechende uropäische Vorhaben, die Europeana. Damit tragen wir azu bei, dass wesentliche Teile unseres Kulturgutes für ie interessierte Öffentlichkeit erhalten bleiben. Außer- em wollen wir mit diesem Gesetz erreichen, dass wis- enschaftliche Erkenntnisse unter bestimmten Vorausset- ungen breiter im Internet verfügbar sind als bisher. Wir wollen noch in dieser Legislaturperiode mit dem orgeschlagenen Gesetz die EU-Richtlinie über die zu- ssige Nutzung verwaister Werke in deutsches Recht msetzen und dabei zugleich auch die Nutzung von ver- riffenen Printwerken erleichtern. Damit schaffen wir ine rechtlich sichere Grundlage für Digitalisierungsvor- aben, mit denen die Onlinebibliotheken aufgebaut wer- en. Dies ist also das kulturpolitisch wichtige Element es Regierungsentwurfs. Darüber hinaus wollen wir ein nabdingbares Zweitverwertungsrecht für Autoren von issenschaftlichen Beiträgen einführen. Dieser Rege- ngsvorschlag trägt wissenschaftspolitischen Bedürf- issen Rechnung. In aller Kürze möchte ich Ihnen diese Regelungen orstellen: Zunächst die Regelungen zu verwaisten Werken: iermit ermöglichen wir einen rechtmäßigen Zugang zu Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31103 (A) ) )(B) verwaisten Werken. Denn nach geltendem Urheberrecht ist die Onlinenutzung von urheberrechtlich geschützten Inhalten nur mit Zustimmung des jeweiligen Rechtsinha- bers zulässig. Weil aber bei „verwaisten“ Werken, also Werken, deren Urheber oder Rechtsinhaber nicht be- kannt oder auffindbar sind, diese erforderliche Zustim- mung nicht eingeholt werden kann, besteht die Gefahr, dass diese Werke nicht im Internet verfügbar gemacht werden können und damit dem kulturellen Erbe verloren gehen. Die Richtlinie und dementsprechend auch der vorliegende Gesetzentwurf sehen vor, die Nutzung von verwaisten Werken durch eine gesetzliche Nutzungser- laubnis zu ermöglichen. Welche Werke von der Regelung erfasst werden und unter welchen Voraussetzungen dies geschieht, wird von der EU-Richtlinie zwingend vorgegeben. Unser Spiel- raum als nationaler Gesetzgeber ist begrenzt. So gilt die neue Regelung für Print-, Musik- und Filmwerke. Auch diejenigen Institutionen, die von der neuen ge- setzlichen Nutzungserlaubnis Gebrauch machen dürfen, sind abschließend aufgezählt. Privilegierte Nutzer sind Bibliotheken, Bildungseinrichtungen, Museen, Archive, Film- oder Tonerbe-Institutionen. Genutzt werden dürfen nur verwaiste Werke. Ob ein Werk verwaist ist, muss durch eine sorgfältige Suche er- mittelt werden. Für die Durchführung der sorgfältigen Suche sind die privilegierten Einrichtungen verantwort- lich. Eine sorgfältige Suche darf aber auch durch andere Organisationen, zum Beispiel Verwertungsgesellschaf- ten, durchgeführt werden, die wiederum ein Entgelt für diese Dienstleistung verlangen können. Wird ein Rechtsinhaber nachträglich bekannt, so er- hält er eine angemessene Vergütung. Eine Vergütung ist von den nutzenden Einrichtungen nur dann nicht zu zah- len, wenn der Rechtsinhaber auch weiterhin unbekannt bleibt. Ergänzend zu den Regelungen für verwaiste Werke enthält unser Gesetzentwurf Regelungen zur Erleichte- rung der Onlinezugänglichmachung von vergriffenen Printwerken, die vor 1966 veröffentlicht wurden. Wir greifen damit die Vorschläge von den beteiligten Kreisen auf, die in Deutschland und auf europäischer Ebene ge- macht wurden. Danach gilt für Verwertungsgesellschaf- ten, die bereits die Rechte für die Onlinezugänglichma- chung vergriffener Printwerke wahrnehmen, eine gesetzliche Vermutung dahin gehend, dass diese Verwer- tungsgesellschaften auch die Rechte von Außenseitern vertreten, also von Rechtsinhabern, die diesen Verwer- tungsgesellschaften nicht die Wahrnehmung ihrer Rechte übertragen haben. Die Vermutung gilt aber nur dann, wenn das jeweilige Werk in das „Register vergrif- fener Werke“ eingetragen wurde, das neu beim Deut- schen Patent- und Markenamt eingerichtet wird, und wenn der Rechtsinhaber des Werkes der Wahrnehmung der Rechte durch die Verwertungsgesellschaft nicht wi- dersprochen hat. Nun zum dritten Element des Entwurfs, dem unabding- baren Zweitverwertungsrecht für Autoren von wissen- sc „ fe G d d fü v re g V W O a b fe s a s s n c ö s d s e lu s d v S g e m Z P a V g u Z b le K ti ö Z Q d ti d s g la (C (D haftlichen Beiträgen in Periodika. Für Deutschland als Land der Ideen“ ist ein möglichst effektiver Wissenstrans- r von fundamentaler Bedeutung. Dieser Transfer ist rundvoraussetzung für innovative Forschung und für ie Umsetzung wissenschaftlicher Ergebnisse in Pro- ukte und Dienstleistungen. Die Potenziale des Internets r die digitale Wissensgesellschaft sind aber noch nicht ollständig erschlossen. Gegenwärtig räumen die Auto- n wissenschaftlicher Beiträge den Wissenschaftsverla- en vielfach ausschließliche Rechte zur kommerziellen erwertung ihrer Beiträge ein. Damit verfügen allein die issenschaftsverlage über das Recht, diese Inhalte über nlinemedien zugänglich zu machen. Hier wollen wir nsetzen und mit dem Zweitverwertungsrecht die urhe- errechtlichen Rahmenbedingungen verändern. Das Zweitverwertungsrecht soll nur Beiträge betref- n, die im Rahmen der öffentlichen Förderung von For- chungsprojekten oder an einer institutionell geförderten ußeruniversitären Forschungseinrichtung entstanden ind. Der Autor des jeweiligen Beitrages erhält nach un- erem Gesetzentwurf das Recht, seinen Beitrag nach ei- er Frist von zwölf Monaten seit der Erstveröffentli- hung zu nicht gewerblichen Zwecken erneut im Internet ffentlich zugänglich zu machen. Mit diesem neuen Zweitverwertungsrecht für Wissen- chaftler bringen wir Autoren und Nutzer näher zueinan- er und stärken die Wissenschaft. Wenn eine For- chungsarbeit mit öffentlichen Mitteln gefördert wird, ist s sachgerecht, wenn diese Arbeit nach der Fertigstel- ng auch im Internet als Grundlage für weitere For- chungen auf den Webseiten nicht gewerblich handeln- er Wissenschaftsinstitutionen bzw. deren Repositorien erfügbar ist. Zudem verbessert der Gesetzentwurf die tellung des Urhebers. Viele Wissenschaftler haben ein roßes Interesse daran, ihre veröffentlichten Forschungs- rgebnisse einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu achen. Auch praktische Erwägungen sprechen für das neue weitverwertungsrecht: Aufgrund der uneinheitlichen raxis der Verlage und komplexer Regelungen in den llgemeinen Geschäftsbedingungen der entsprechenden erträge der wissenschaftlichen Autoren mit ihren Verla- en ist für die Wissenschaftsinstitutionen oft nicht klar, nter welchen Bedingungen der jeweilige Verlag eine weitveröffentlichung gestattet. Die neue Regelung ringt jetzt Rechtssicherheit. Gleichzeitig berücksichtigt unser Gesetzentwurf die gitimen Interessen der Verlage. Durch die vorgesehene arenzzeit soll eine Amortisation verlegerischer Investi- onen gewährleistet werden. Zudem wird lediglich eine ffentliche Zugänglichmachung zu nichtgewerblichen wecken erlaubt. Im Interesse der Verleger ist stets die uelle der Erstveröffentlichung anzugeben. Auch darf ie Zweitveröffentlichung nur in dem Format der akzep- erten Manuskriptversion erfolgen. Wir haben also bei em Gesetzentwurf auch zu diesem Bereich die unter- chiedlichen Interessen gerecht gegeneinander abgewo- en und die Anliegen der betroffenen Seiten einfließen ssen. 31104 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Für eine Unterstützung dieses kultur- und wissen- schaftspolitisch wichtigen Gesetzgebungsvorhabens bin ich Ihnen dankbar. Anlage 14 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Anträge: – Wildtierhandel und -haltung in Deutschland einschränken und so den Tier- und Arten- schutz stärken – Tier- und Artenschutz durch Beschränkung des Wildtierhandels stärken (Tagesordnungspunkt 45 und Zusatztagesord- nungspunkt 16) Dr. Max Lehmer (CDU/CSU): Wie wichtig uns als Unionsfraktion das Thema Tierschutz und Artenschutz ist, machen wir dadurch deutlich, dass Deutschland be- reits heute bei den Tierschutzstandards weltweit führend ist. Im Hinblick auf Handel und Haltung von Wildtieren prüfen wir daher laufend, wie wir weitere Verbesserun- gen erreichen können. Im Zuge der letzten Novelle des Tierschutzgesetzes haben wir schon große Fortschritte erzielt: Das Verbringen oder die Einfuhr von Wirbeltieren, außer Nutztieren, zum Zwecke der Abgabe an Dritte be- darf künftig der Erlaubnis. Der Veranstalter einer Tierbörse braucht künftig einen Sachkundenachweis. Beim gewerbsmäßigen Handel mit Wirbeltieren, au- ßer landwirtschaftlichen Nutztieren, sind dem künftigen Tierhalter bei der erstmaligen Abgabe eines Wirbeltieres schriftliche Informationen über die wesentlichen Bedürf- nisse des Tieres, insbesondere über seine angemessene Ernährung und Pflege sowie über verhaltensgerechte Unterbringung und artgemäße Bewegung, zu übergeben. Selbstverständlich war die Unionsfraktion bereit, wei- tere Verbesserungen für die Wildtiere zu prüfen. Auch einen gemeinsamen fraktionsübergreifenden Antrag hät- ten wir uns vorstellen können. Umso bedauerlicher ist es, dass die Oppositionsfraktionen mit der Aufsetzung dieser neuen Anträge heute im Plenum bekundet haben, dass sie an einem gemeinsamen Vorgehen und damit an tatsächlichen Fortschritten für die Praxis kein Interesse haben. Offenbar geht es einem Teil dieses Hauses nur noch um parteipolitische Spielchen, während die christ- lich-liberale Koalition sich nach wie vor um sachliche und fachlich fundierte Arbeit bemüht. Die vorliegenden Oppositionsanträge zeigen klar, wie nötig eine genauere Befassung mit dem Thema vor An- tragstellung gewesen wäre. Zur Überprüfung und Be- wertung der auf dem Tisch liegenden Ansatzpunkte hät- ten wir eine weitere Diskussion und eine Einbeziehung externen Sachverstandes durch eine öffentliche Anhö- rung befürwortet. Angesichts der Verweigerungshaltung der Opposition müssen wir diese genauere Prüfung von V L D h s n w In s re v E fo e fe d k u P g v h g m s te E M d h A z p u z p n d v s h s v E te la k g re R te (C (D erbesserungsmöglichkeiten aber leider auf die nächste egislaturperiode verschieben. Der Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ ie Grünen weist schon handwerkliche Fehler auf. Wie ätte es sonst zum Beispiel passieren können, Buntfrö- che – die Amphibien sind – als Reptilien zu bezeich- en? Sie sehen, eine weitere Befassung mit dem Antrag äre dringend nötig gewesen. Leider setzt sich diese Unausgegorenheit auch bei den halten des Antrages fort. Der Antrag ist inhaltlich ein- eitig und die einzelnen Forderungen sind weder zielfüh- nd, praxistauglich durchsetzbar noch verhältnismäßig – on der Akzeptanz auf europäischer und internationaler bene einmal ganz abgesehen. Der naheliegende Gedanke, dass eine verbesserte In- rmation der Bürger ein sinnvoller, schnell umsetzbarer rster Schritt zur Verringerung des Wildtierhandels ist, hlt im Antrag vollkommen. Statt gleich Verbote zu for- ern, wäre es viel sinnvoller, weitere Initiativen zur Stär- ung des öffentlichen Bewusstseins über die mit Handel nd Haltung von wildlebenden Tierarten verbundenen robleme im Tier-, Arten- und Ökosystemschutz anzure- en. Aber der Antrag spricht von einem Importverbot on Wildfängen, „wenn es sich um gefährliche Arten andelt oder wenn die Tiere gefährliche Krankheitserre- er in sich tragen“. Was ist denn mit „gefährlich“ in diesem Sinn ge- eint? Dazu schweigt der Antrag. Er verschweigt zu- ätzlich, dass wir ja ein umfangreiches europäisches Ve- rinärrecht mit Gesundheitsanforderungen für die infuhr von Tieren haben. Darauf sollte man meiner einung nach auch aufbauen: Wissenschaftlich begrün- et und fachlich differenziert könnte man diese Gesund- eitsanforderungen bei Bedarf nachjustieren. Ein weiteres Beispiel, wie praxisfern der rot-grüne ntrag ist, ist die Forderung, „die Importe von Nach- uchten bzw. Farmzuchten nach Deutschland kritisch rüfen zu lassen“. In Deutschland wird bereits sorgfältig nd sachangemessen geprüft, ob die Tiere, die als Nach- ucht deklariert und damit bei den Schutzvorschriften rivilegiert sind, auch tatsächlich gezüchtet sind und icht etwa Naturentnahmen sind. Weiterer Regelungen azu bedarf es nicht. Die Forderung nach einem Handels- und Haltungs- erbot für alle Tierarten, deren Haltung aus Tier-, Natur- chutz und Artenschutzgründen, aber auch aus Gesund- eits- und Sicherheitsaspekten nicht unbedenklich ist, chießt ebenfalls über das Ziel hinaus. Sie wirft zudem erfassungsrechtliche Fragen auf. Wir hätten gerne mit xperten erörtert, ob nicht andere gleich geeignete Mit- l denkbar oder sinnvoll wären, zum Beispiel eine Er- ubnispflicht für die Haltung bestimmter Tierarten, ge- oppelt an den Nachweis von Sachkunde und von eeigneten Haltungseinrichtungen. Letztlich dürfte es bei den Fragen, ob ein Tier artge- cht untergebracht ist und ob von ihm unverantwortbare isiken ausgehen können, immer auf den konkreten Hal- r und auf die konkreten Haltungsbedingungen ankom- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31105 (A) ) )(B) men. Die Unionsfraktion lehnt es ab, die Tierhalter gene- rell vorzuverurteilen. Lassen Sie mich abschließend noch etwas zum An- trag der Fraktion Die Linke sagen. Die Verwandtschaft der vorliegenden Anträge ist ja klar erkennbar, weshalb ich nicht mehr auf die einzelnen Punkte eingehen muss. Eine Forderung der Linken möchte ich dennoch heraus- greifen: ein generelles Importverbot von Wildfängen für den kommerziellen Lebendtierhandel in der EU gehe weit über das hinaus, was verfassungsrechtlich möglich und europaweit konsensfähig wäre. – Statt unsinnige und unrealistische Forderungen aufzustellen, sollten wir uns lieber darum kümmern, den Tier- und Artenschutz in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten tatsächlich schritt- weise zu verbessern. Im Gegensatz zu den Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke sind die Koalitionsfraktionen hier auf dem richtigen Weg. Diesen Weg wollen wir auch fortsetzen. Wir sind stolz darauf, dass Deutschland heute bei den Tierschutzstandards weltweit führend ist. Und das soll auch so bleiben! Dieter Stier (CDU/CDU): Wir befassen uns heute mit zwei Anträgen der Opposition zur Beschränkung des Wildtierhandels in Deutschland. Auch die Regierungs- koalition sieht den Handel und die Einfuhr von Wildtie- ren nach Deutschland als nicht unproblematisch an. Ins- besondere der Handel mit Tieren über das Internet und über Tierbörsen kann aus unserer Sicht teilweise zu tier- schutzrelevanten Problemen führen. Darüber hinaus ha- ben wir auch Bedenken, ob Privatpersonen den teilweise sehr hohen Haltungsansprüchen vieler exotischer Arten in ausreichender Weise Rechnung tragen können. Die einschlägigen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes, die Konkretisierungen durch die Allgemeine Verwal- tungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgeset- zes sowie die vom BMELV im Jahr 2006 herausgegebe- nen „Leitlinien zur Ausrichtung von Tierbörsen unter Tierschutzgesichtspunkten“ regeln bisher schon in gro- ßem Maße diesen Bereich. Meine Damen und Herren der Opposition, in der Sa- che sind wir doch überwiegend auf einer gemeinsamen Linie. Wir alle haben doch die gemeinsame Absicht, nachhaltige Verbesserungen beim Wildtierhandel und bei der Wildtierhaltung zu erzielen. Ein fraktionsüber- greifender Antrag war bereits in Arbeit, wir hätten ihn gern weiter beraten, um zu einem gemeinsamen Ergeb- nis zu kommen. Umso bedauerlicher, dass Sie jetzt je- weils mit einem eigenen Antrag vorgeprescht sind und der Regierungskoalition den Stempel der Tatenlosigkeit aufdrücken wollen. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion die Intention der beiden vorlie- genden Anträge grundsätzlich unterstützt. Gleichzeitig möchte ich aber hervorheben, dass die auftretenden tier- schutzrelevanten Probleme nicht fehlenden Gesetzen und Vorschriften geschuldet sind, sondern vielmehr durch Vollzugsdefizite der Kontrollbehörden nicht wirk- sam abgestellt werden. Wir brauchen keine neuen ge- setzlichen Einschränkungen und Verbote, sondern die E c k s s H P h s v g ü E w d v s a le ri 5 m z c a s m A n k fe tu b w tu a w te e d h m z w c te in e A s a A v (C (D inhaltung der bisher geltenden einschlägigen rechtli- hen Bestimmungen muss gewährleistet sein. Im Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen wird ritisiert, dass beim Kauf von Wildtieren über Tierbör- en, Baumärkte, Gartencenter, Internet und Zooge- chäfte eine umfassende Käuferberatung hinsichtlich der altungsansprüche der Tiere unterbleibt. Dass dieses roblem auftreten kann, ist schon lange bekannt. Des- alb haben wir im Dritten Gesetz zur Änderung des Tier- chutzgesetzes eine neue Vorschrift eingeführt, welche orsieht, dass dem privaten Tierhalter bei der erstmali- en Abgabe des Wildtieres eine schriftliche Information ber die wesentlichen Bedürfnisse des Tieres bezüglich rnährung, Pflege, Unterbringung und artgerechte Be- egung auszuhändigen ist. Und ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, ass die überwiegende Anzahl der Privathalter ihre Tiere orbildlich halten. Natürlich gibt es immer wieder chwarze Schafe unter den privaten Tierhaltern – wie in llen anderen Lebensbereichen der Gesellschaft auch. Wenn ich in der vergangenen Woche in der Zeitung sen musste, dass in Straubing die Leiche eines 40-jäh- gen Schlangenzüchters im eigenen Haus unter nahezu 0 Riesen- und Würgeschlangen geborgen werden usste, dann ist das sicherlich ein schockierender Ein- elfall, welcher für Schlagzeilen sorgt. Das Halten sol- her Tiere sollte aus meiner Sicht jedoch zum Beispiel n Sachkunde und räumliche Gegebenheiten gebunden ein, ein Verbot wäre aus Sicht eines solchen Falles aus einer Sicht nicht gerechtfertigt. Die Forderung nach einem bundesweiten Netz von uffangstationen für Wildtiere ist für mich ebenfalls icht nachvollziehbar. In meinem Wahlkreis stelle ich eine steigende Anzahl von Fund- und Abgabetieren st. Wir sollten nicht die Symptome eines verantwor- ngslosen Umgangs mit Wildtieren bekämpfen, sondern ereits bei der Kaufentscheidung intervenieren. Uner- ünschte Spontankäufe können durch qualifizierte Bera- ng durch den Händler verhindert werden. Das bereits ngesprochene Merkblatt zu den Haltungsanforderungen ird nach der Übergangsfrist von einem Jahr verpflich- nd sein. Dem Verkäufer von Wildtieren kommt somit ine entscheidende Bedeutung zu. Für den gewerbsmäßigen Anbieter von Wildtieren gilt ieselbe gesetzliche Anforderung wie für den Zoofach- andel. Diese Händler bedürfen einer Genehmigung ge- äß des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 b des Tierschutzgeset- es, wonach eine Verkaufserlaubnis nur dann erteilt ird, wenn ein Sachkundenachweis und die erforderli- he Zuverlässigkeit vorliegen. Die in Kürze in Kraft tre- nde novellierte Regelung aus dem Tierschutzgesetz be- haltet zudem, dass auch der Händler auf Tierbörsen inen solchen Sachkundenachweis erbringen muss. Beide Anträge fordern strengere rechtsverbindliche uflagen für die Durchführung von Tierbörsen, insbe- ondere den Verkauf von Wildfängen betreffend. Anders ls in den Anträgen zum Ausdruck gebracht, sind wir der uffassung, dass eine tierschutzgerechte Durchführung on Tierbörsen sehr wohl auf der Grundlage der beste- 31106 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) henden Rechtslage möglich ist. Strengere Auflagen für Tierbörsen und strengere Anforderungen an Händler auf Tierbörsen sind nicht notwendig. Der § 2 des Tierschutzgesetzes und dessen Durchfüh- rungsvorschrift in Verbindung mit den vom BMELV he- rausgegebenen Börsenleitlinien „Leitlinien zur Ausrich- tung von Tierbörsen unter Tierschutzgesichtspunkten“ bieten eine ausreichende Rechtsgrundlage zur tierschutz- gerechten Durchführung von Tierbörsen. Die konsequente Umsetzung des bestehenden Rechts- rahmens durch die Vollzugsbehörden reicht aus. Verbote dürfen nicht erlassen werden, nur um den Vollzug zu erleichtern. Wir reden immer von Entbüro- kratisierung. Die Opposition fordert aber gleichzeitig immer neue Gesetze und Verbote. Lassen Sie uns das vorhandene Gesetzesinstrumentarium ausschöpfen und die zuständigen Kontroll- und Vollzugsbehörden stärker in die Pflicht nehmen. Heinz Paula (SPD): Schätzungsweise 200 Millionen Tiere – Wirbellose und Fische nicht mitgerechnet – gibt es in Deutschland. Diese Tiere haben Anspruch auf ein Leben ohne Leiden, auf ein tiergerechtes Leben. Dieser Anspruch muss verwirklicht werden – im Privathaushalt, in der Wirtschaft, in der Forschung und wo immer der Mensch mit Tieren Umgang hat. Wir brauchen ein Um- denken in der Gesellschaft, der Wirtschaft und vor allem endlich bei allen in der Politik. Dafür habe ich mich gerne eingesetzt. Dafür werden wir Sozialdemokraten auch in Zukunft kämpfen. Unter SPD-Regierungsverantwortung ist es 2002 ge- lungen, den Tierschutz als Staatsziel in Art. 20 a des Grundgesetzes zu verankern. Diesen Auftrag müssen wir mit Leben füllen und in der konkreten Gesetzgebung entsprechend umsetzen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat in dieser Wahl- periode 14 Anträge eingebracht, die die dringendsten Probleme angehen: klare Regelungen für Intensivtierhal- tung, Kaninchenhaltung verbessern, Tierschutz-TÜV, Tierschutz bei Katzen, Tierheime entlasten, Verbot des Heißbrands bei Pferden, Wildtierverbot im Zirkus, Anti- biotikaeinsatz in der Tierhaltung senken, Kleingruppen- haltung für Legehennen beenden, Bedingungen bei Tier- transporten und in Schlachtbetrieben verbessern, die umfassenden Änderungs- und Entschließungsanträge zum Tierschutzgesetz – die unter anderem ein Pelztier- haltungsverbot und eine Verringerung der Tierversuche fordern –, das Verbandsklagerecht für anerkannte Tier- schutzorganisationen und nun Wildtierhandel und -hal- tung in Deutschland einschränken und damit den Tier- und Artenschutz stärken. Alle 14 Anträge gehen konkrete Probleme an. Sie be- ziehen sich auf bestehende Missstände und fehlenden Tierschutz. Alle 14 Anträge wurden von den Kollegin- nen und Kollegen der christlichen und liberalen Parteien systematisch, wider besseres Wissen, blockiert; der Auf- trag des Grundgesetzes wurde ignoriert. Die Debatten dazu gerieten oftmals zur bloßen Schau der Agrarlobby. A g u e c a m G le k P w v w s s D w m d d w is e s L li d ti s ti s z fü m a D p S ti a m ti fü A la fe d ti le (C (D ußer Ankündigungen, PR-Aktionen und langen Über- angsregelungen bestehen bei der Regierungskoalition nd der Bundesregierung weder Wille noch Konzept für ine vernünftige Tierschutzpolitik. Die sogenannten hristlichen Parteien nehmen das C und damit eine Ver- ntwortung gegenüber unseren Mitgeschöpfen nicht ein- al im Ansatz ernst. Die Novellierung des Tierschutzgesetzes bot 2012 elegenheit, das Staatsziel Tierschutz mit Leben zu fül- n. Diese Gelegenheit wurde vonseiten der Regierungs- oalition und der Bundesregierung verpasst. Dringende robleme im Tierschutz wurden ignoriert und Verant- ortung an die Länder weitergegeben. Das größte Problem in den vergangenen Jahren war ielleicht nicht einmal, dass all diese Anträge abgelehnt urden, dass jede sinnvolle Initiative blockiert oder ver- chleppt wurde, dass die Regierungskoalition bei jeder ich bietenden Gelegenheit die Probleme schönredet. as ewige Mantra, Deutschland habe europa- und welt- eit die höchsten Tierschutzstandards, klingt zwar gut, acht es aber auch nicht wahrer. Nein, das größte Problem sind die Millionen Tiere, ie dabei auf der Strecke bleiben. Wie können Sie nur ie Augen vor diesem Elend verschließen? Unverant- ortlich! Wann nehmen Sie endlich zur Kenntnis: Tierschutz t nicht länger ein Nischenthema, es betrifft nicht länger inige Wenige, es ist lange nicht mehr eine Frage zwi- chen überambitionierten Aktivisten und verknöcherten obbyverbänden. Tierschutz ist ein breites gesellschaft- ches Verlangen geworden, das eine ehrliche Politik ver- ient. Diese Ehrlichkeit bleibt bei der Regierungskoali- on zu oft auf der Strecke. Beispielhaft dafür steht unser heutiger Antrag für bes- eren Arten- und Tierschutz bei Wildtieren. Die bestehenden Probleme sind frappierend: Laut Sta- stischem Bundesamt und Eurostat werden jährlich zwi- chen 440 000 und 840 000 lebende Reptilien sowie bis u 380 000 Süßwasserfische nach Deutschland einge- hrt. Trotz des Washingtoner Artenschutzübereinkom- ens CITES machen Fänge von gefährdeten Wildtier- rten immer noch einen großen Anteil der Importe nach eutschland aus. Besonders bedenklich sind dabei Im- orte von Arten, die im Herkunftsland bereits nationalen chutzbestimmungen unterliegen, jedoch nicht interna- onal geschützt sind. Fast die Hälfte der Reptilien- und Amphibienarten us Indonesien, die für den internationalen Heimtier- arkt exportiert werden, dürfen eigentlich nach den na- onalen Bestimmungen nicht gefangen und dann ausge- hrt werden. Zu oft werden laut Robert-Koch-Institut gefährliche rten und Tiere mit Krankheitserregern nach Deutsch- nd eingeführt. Die reptilienassoziierten Salmonellenin- ktionen bei Kleinkindern haben in den letzten Jahren eutlich zugenommen, während die klassischen Infek- onswege für Salmonellosen rückläufig sind. In den tzten beiden Jahren starben bereits zwei Kleinkinder Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31107 (A) ) )(B) aus Reptilienhaushalten an einer schweren Salmonel- lose, hinzu kommen zahlreiche schwere Krankheitsver- läufe. Auch werden die Tiere häufig ohne Beratung über die richtige Haltung in Baumärkten, Gartencentern, auf Tierbörsen und über das Internet verkauft. Der Tierschutz und der Artenschutz werden mit Fü- ßen getreten. Ich spreche hier auch aus eigener Erfah- rung als Vorsitzender des Tierschutzvereins Augsburg. Ich kenne mit der Haltung überforderte Tierbesitzer, die dann die Tiere in Tierheimen und Auffangstationen ab- geben. Wir kommen an den Rand unserer Aufnahme- kapazitäten und unserer finanziellen Möglichkeiten. In vielen Bundesländern gibt es überhaupt keine geeigneten Auffangstationen für Reptilien und andere Exoten. Vielleicht haben mir deshalb mehrere Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition einen gemeinsamen Antrag vorgeschlagen. Denn dass wir hier etwas unter- nehmen müssen, war allen klar. Deshalb ist schließlich in enger Zusammenarbeit aller Fraktionen ein fundierter Antrag entstanden, den wir heute zur Abstimmung stel- len. Gemeinsam haben wir Lösungen gefunden, den Ar- tenschutz in den Herkunftsländern und den Tierschutz bei uns zu stärken. Wir haben sachlich miteinander diskutiert und das gesamte Meinungsspektrum der betroffenen Menschen und Fachverbände berücksichtigt. Im Zentrum unserer Forderungen stehen der Schutz der Arten und ein Verbot von Naturentnahmen. Gemein- sam wollten wir den Import von Wildfängen nach Eu- ropa und Deutschland einschränken, die gefährlich oder Überträger von Krankheitserregern sind. Der Import von Naturentnahmen bzw. im Herkunftsland geschützten Wildfängen muss für den kommerziellen Lebendtierhan- del in die Europäische Union verboten werden. Auch müssen endlich falsch deklarierte Wildfänge kritisch ge- prüft und strenger kontrolliert werden. Wir wollen den Handel mit und die Haltung von Tieren, insbesondere auch von Wildtieren und exotischen Tieren, bundesein- heitlich regeln. Die Arten in den Herkunftsländern müs- sen stärker geschützt werden. Leider mussten wir feststellen, dass sich bei Schwarz- Gelb dann nicht die vernünftige, sondern die Betonkopf- fraktion durchsetzte und einen Rückzieher machte. Wie so oft auch in der Vergangenheit saßen die Lobbyvertre- ter im Bremserhäuschen – wohl aus kalkulierten Wahl- kampfgründen. Die CDU/CSU und die FDP blockieren heute nun ihren eigenen, bis ins Detail mit ihren Fach- leuten abgestimmten Antragstext. Um das ganze Verfahren zu verschleppen, wurde nicht einmal davor zurückgeschreckt, eine öffentliche Anhörung zu fordern und alle betroffenen Fachverbände aus dem ganzen Bundesgebiet anreisen zu lassen. Dabei sind deren Stellungnahmen schon lange bekannt und wurden selbstverständlich bei dem gemeinsamen Erar- beiten des Antrags berücksichtigt. In der Bevölkerung indes schürte diese Narrenposse nur noch Unsicherheit. Heute habe ich mit Vertretern der Terrarienkunde telefoniert, die in der Öffentlichkeit das Ende des Abendlandes herbeibeschworen haben: Die S s S a V d ru D s g w W S Z d d In z V b fü e lu m d la T A E v N ti H to d te in T g d s H 3 h s s a Z in s re te (C (D PD würde Reptilienimporte, Wildtiere und alle Tierbör- en verbieten. Die SPD würde das Grundrecht auf freie elbstbestimmung beschneiden. Ich kann derartigen Lobbyisten nur entgegnen: Raus us den Schützengräben! Schluss mit den pauschalen orhaltungen und den Barrikaden! Ich kann nur raten, en Antragstext einmal zu lesen, statt für Verunsiche- ng bei ihren eigenen Mitgliedern zu sorgen. Wir haben dieselben Ziele wie die Hobbytierhalter. enn im Zentrum unserer gemeinsamen Forderungen tehen der Schutz der Arten und bessere Haltungsbedin- ungen für exotische Tiere. Wir wollen Sachkundenach- eise, eine Stärkung der Nachzuchten, ein Ende der ildfänge, bessere Bedingungen auf den Tierbörsen. elbst beteiligte Verbände, wie der BNA, kritisieren die ustände auf vielen kommerziellen Tierbörsen. So wer- en beispielsweise auch dieses Mal wieder zahllose be- rohte Tierarten im Vorfeld der Terraristika in Hamm im ternet angeboten, auf Kosten des Arten- und Tierschut- es. Die SPD-Positionen für den Schutz der biologischen ielfalt sind da ganz klar. Selbstverständlich beginnt er eim Erhalt des Lebensraumes bedrohter Arten. Es ist r uns vorderstes Anliegen, die Räume zu schützen, sei s im Zuge des Klimawandels, von Rodungen, Vermül- ng oder Verschmutzung. In diesem Zusammenhang öchte ich auf unsere zahlreichen konkreten Anträge für en Schutz der Arten und der natürlichen Lebensgrund- gen hinweisen. Selbstverständlich müssen Lebensräume erhalten und iere in situ geschützt werden. Dies allein ist jedoch kein rgument, den Lebendtierhandel nach Deutschland und uropa nicht weiter infrage zu stellen. Beispielsweise erschweigen inzwischen immer mehr Feldforscher bei euentdeckungen in ihren wissenschaftlichen Publika- onen den Fundort, um ein gezieltes Absammeln für den eimtierhandel zu verhindern. Da „bedroht“ ja nicht au- matisch „geschützt“ heißt, ist der internationale Han- el selbst mit vielen akut vom Aussterben bedrohten Ar- n noch immer erlaubt und wird in keiner Weise ternational reglementiert. So sind zum Beispiel der ürkise Zwerggecko aus Tansania als „critically endan- ered“, die Grüne Baumschleiche aus Honduras sowie ie Hornagame aus Sri Lanka als „endangered“ einge- tuft – und trotzdem oder gerade deswegen blüht der andel mit diesen Arten. Wir müssen uns also die Frage stellen, ob wir in 0 oder 40 Jahren die exotischen Arten nur noch hier inter Glas halten wollen oder diese lieber in ihren ange- tammten Lebensräumen schützen. Diese Weichen müs- en wir heute stellen. Die SPD ist beim Thema Tierschutz sachlich fundiert ufgestellt. Wir haben dazugelernt und die Zeichen der eit erkannt. Sowohl im Regierungsprogramm als auch unseren Anträgen wird klar, wo die Reise hingehen oll. Der heutige Wildtierantrag steht dabei für viele unse- r Forderungen in der Vergangenheit. Wie so oft konn- n wir bei dem Thema Tierschutz gut mit der Grünen- 31108 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) und mit der Linken-Fraktion zusammenarbeiten. Auch mit engagierten Kolleginnen und Kollegen der schwarz- gelben Koalition gelingt mitunter der Dialog. Aber wenn es dann um konkrete Politik geht, stoßen wir auf Granit. Das Tierwohl wird der Angst vor Veränderung geopfert. Ewiggestrige Lobbyisten haben das Sagen und verhin- dern jeden Kompromiss. Das, was mich in den letzten Jahren dennoch ange- trieben hat und was mir auch in Zukunft Kraft geben wird, ist das Engagement unzähliger Menschen. Tau- sende setzen sich für das Wohl unserem Mitgeschöpfe ein. Zehntausende Menschen gehen in diesen Monaten auf die Straßen für mehr Tierschutz und eine bessere Ag- rarpolitik. Hunderttausende wollen Veränderungen se- hen. Die SPD-Bundestagsfraktion und ich bedanken uns sehr herzlich für dieses großartige Engagement und wer- den uns auch weiterhin gemeinsam mit diesen Tierschüt- zern für die Belange der Tiere einsetzen. Egal ob in der Massentierhaltung, bei Heimtieren, bei Tierversuchen oder beim Artenschutz, es gibt noch viel zu tun. Dafür lohnt es sich zu kämpfen. Hans-Michael Goldmann (FDP): Ich freue mich, dass die SPD das wichtige Thema des Wildtierhandels und der Wildtierhaltung angestoßen hat. Dafür danke ich Ihnen, Herr Paula. Im Ausschuss haben wir uns darauf geeinigt, über die Fraktionsgrenzen hinweg eine gemeinsame Lösung zu finden. So hatten wir Mitte April ein sehr konstruktives Arbeitstreffen, bei dem viele Ideen von allen Fraktionen eingebracht wurden. Es sind aber auch viele fachliche Fragen aufgekommen, die wir selber nicht beantworten können. Denn keiner von uns ist ein Wildtierexperte. Deswegen wollte ich externen Sachverstand zu den offe- nen Fragen einholen und eine öffentliche Anhörung durchführen. Leider war Ihnen, lieber Herr Paula, dieser Weg zu lang. Sie haben das als Verzögerungstaktik be- zeichnet; ich nenne es gründliche Facharbeit. Jetzt haben Sie einen Antrag zusammen mit der Frak- tion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt. Auch die Frak- tion Die Linke hat einen beinahe inhaltsgleichen Antrag eingebracht. Schade, dass Sie den gemeinsamen Weg, auf den wir uns im Ausschuss geeinigt hatten, verlassen haben. Denn wir haben in der Tat ein ähnliches Anlie- gen. Auch meine Fraktion ist der Ansicht, dass die Haltung von exotischen Wildtieren in privaten Haushalten einer kritischen Überprüfung unterzogen werden muss, da exotische Tierarten besonderer Pflege und Sachkunde des Halters bedürfen. Nicht selten sind die Halter wegen hoher Unterbringungskosten, Gefährlichkeit der Tiere oder mangelnder Fähigkeiten und Kenntnisse über die gehaltene Tierart überfordert und setzen die Tiere aus. Insbesondere bei Reptilien ist die Aussetzungsgefahr groß, wodurch nicht nur die öffentliche Sicherheit beein- trächtigt wird, sondern auch heimische Tiere in ihren Lebensräumen bedroht werden. n s d is Ic S D T g n L ti s fä – fe v W b s v k m T a g re m T lu d h Z w E s m w K in P u F A B g b s a a e (C (D Beim Handel mit Tieren, insbesondere über das Inter- et und über Tierbörsen, kommt es des Öfteren zu tier- chutzrelevanten Problemen. Deswegen muss der Han- el mit Exoten strenger reglementiert werden. Denkbar t hier auch ein Sachkundenachweis für den Tierhalter. h weiß, dass sich die Halterverbände bereits in ihren trukturen für die Vermittlung der Sachkunde einsetzen. as ist ein guter Ansatz, der die Eigenverantwortung des ierhalters stärkt und eine tierschutzgerechte Haltung ewährleistet. Die FDP kann sich statt einer Positivliste, welche ei- er sehr häufigen Überprüfung bedürfte, eine Negativ- iste vorstellen mit Tierarten, deren Haltung als Heim- er nicht möglich ist. Der Handel und die Privathaltung von Wildfängen ind unter den Gesichtspunkten des Artenschutzes – Ge- hrdung in freier Wildbahn – und des Tierschutzes Überlebensrate beim Transport – kritisch zu überprü- n. Auch hier befürwortet die FDP eine Negativliste on Arten, deren Handel aus Wildfängen verboten ist. ir setzen uns für eine stärkere Regulierung von Tier- örsen ein. Zwar muss auf den Tierbörsen das Tier- chutzgesetz, das durch die „Leitlinien zur Ausrichtung on Tierbörsen unter Tierschutzgesichtspunkten“ kon- retisiert wird, eingehalten werden, aber es werden im- er wieder Missstände dokumentiert. Der Vollzug des ierschutzrechts unterliegt den Bundesländern. Es ist ber die Aufgabe des Bundes, für Vorschriften zu sor- en, deren Einhaltung eine schonende Haltung von Tie- n gewährleistet. Deswegen muss die Regierung Infor- ationen über die Anzahl der hierzulande stattfindenden ierbörsen und deren Verlauf zusammentragen und eva- ieren. Nur dann werden wir eventuellen Handlungsbe- arf erkennen und weitere Schritte bestimmen können. Wir werden das Thema „Wildtierhandel und Wildtier- altung“ weiterhin auf unserer Agenda haben. Bereits im uge der letzten Novelle des Tierschutzgesetzes haben ir einige Verbesserungen in diesem Bereich getroffen: s gibt eine neue Vorschrift, dass derjenige, der Tierbör- en durchführt, einen Sachkundenachweis erbringen uss, um die erforderliche Erlaubnis zu erhalten. Eine eitere neue Regelung führt zur besseren Beratung des äufers über die wesentlichen Bedürfnisse des Tieres, sbesondere im Hinblick auf artgemäße Ernährung, flege, Unterbringung und Bewegung. Wir wissen, dass damit das Thema „Wildtierhandel nd -haltung“ nicht abgeschlossen ist. Ich werde weitere achgespräche mit Halterverbänden sowie Tier- und rtenschutzverbänden führen, um ein differenziertes ild zu bekommen und dem komplexen Thema mit klu- en und eigenverantwortungsorientierten Lösungen zu egegnen. Die heute zu beratenden Anträge werden die- em Ansatz nicht gerecht, und deswegen lehnen wir sie b. Sabine Stüber (DIE LINKE): Beim Handel und vor llem beim illegalen Handel mit exotischen Tieren geht s mir um zwei Dinge: Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31109 (A) ) )(B) Es geht um den Schutz der biologischen Vielfalt, denn in manchen Regionen werden durch Wilderei und illega- len Handel ganze Arten ausgerottet. Und es geht um den Schutz der Tiere selbst vor Tierquälerei oder Tötung. Denn die Nachfrage nach wilden Tieren oder auch nur nach Teilen, wie Elfenbein oder das Horn von Nashör- nern, ist besonders in Asien, aber auch weltweit enorm angestiegen und damit auch ihr illegaler Handel. Es geht um Geld, um viel Geld. In Kenia bringen Stoßzähne eines ausgewachsenen Elefanten so viel ein, wie ein Wildhüter in eineinhalb Jahren verdient oder ein ungelernter Arbeiter in 15 Jahren. „Was hat das mit uns zu tun?“, könnte man fragen. Bei uns ist der Glaube an die Heilwirkung zum Beispiel des Horns von Nashörnern doch eher weniger ausge- prägt. Das ist so, bedeutet jedoch nicht, dass es bei uns keinen illegalen Handel mit den sogenannten Exoten gibt. In Deutschland wird es immer angesagter, ein wildes Tier aus fernen Ländern in der eigenen Wohnung zu hal- ten oder besser gesagt: vegetieren zu lassen. Laut Statistischem Bundesamt werden beispielsweise zwi- schen 440 000 und 840 000 lebende Reptilien pro Jahr nach Deutschland eingeführt – mit steigender Tendenz. Das Geschäft boomt, die Nachfrage nach immer neuen, exotischen Tierarten für die private Haltung wächst. Dieser „Bedarf“ wird großenteils durch Wild- fänge aus der freien Natur oder auch Wilderei gedeckt. Besonders bedenklich sind Importe von Tieren, die zwar in ihrem Herkunftsland geschützt sind, aber keinen inter- nationalen Schutzstatus haben. Dabei geht es nicht nur um den Schutz der Artenviel- falt und um den Tierschutz, die irgendwie beide keine besonders starke Lobby haben. Nein, es geht auch um Risiken für die Menschen, die, vielleicht aus Unwissen- heit, einen Exoten als Haustier halten möchten. Es kön- nen fremde Krankheitserreger eingeschleppt werden. Manche Tiere sind ausschließlich auf spezielles Futter angewiesen, ohne dass mal so nebenbei improvisiert werden kann, wenn gerade Wochenende ist. Manche Tiere werden auch viel größer und älter, als beim Kauf gedacht. So kann es zu einer ganzen Reihe von Schwie- rigkeiten kommen, mit denen ein Privathaushalt überfor- dert ist und die den exotischen Traum schnell zum Albtraum werden lassen. Es gibt also mehr als einen Grund, den Wildtierhandel vernünftig zu regeln und vor allem dem illegalen Handel einen Riegel vorzuschieben. Und wenn das schon global momentan nicht durchzusetzen ist, so können und soll- ten wir das zumindest für Deutschland tun. Der Abgeordnetenwille dazu ist grundsätzlich da, auch bei den Kolleginnen und Kollegen der Koalition. Es war sogar von einem gemeinsamen Antrag aller Frak- tionen die Rede. Doch das war, wie üblich, nur eine Phrase. Nachdem die Koalition wieder einmal eine sach- bezogene Zusammenarbeit mit uns abgelehnt hatte, ist sie irgendwann ganz aus dem Thema ausgestiegen. Wa- rum eigentlich? m d h w a S d E fü c k fa s te s G n le g g w H to d u H s a m te v e v e s ru R s k s b n m H la d A g (C (D Trotzdem stehen heute zwei Anträge mit einem ge- einsamen Ziel zur Debatte, nämlich den Wildtierhan- el zu beschränken. Dem Antrag von SPD und Grünen ätten wir in einigen Punkten etwas mehr Courage ge- ünscht. Es fehlt aus unserer Sicht noch der eine oder ndere Schritt, um sowohl den Tierschutz als auch den chutz der biologischen Vielfalt konsequent gegenüber em Wildtierhandel zu stärken. Dazu soll die Bundesregierung erstens sich auf EU- bene für ein generelles Importverbot von Wildfängen r kommerzielle Zwecke einsetzen, zweitens gewerbli- he Anbieter von Tierbörsen ausschließen und den Ver- auf von Tieren verbieten, die in der freien Natur einge- ngen werden, und drittens den kommerziellen Handel owie die Haltung von Wildtieren nur für Arten gestat- n, die Privatpersonen auf Dauer nicht überfordern. Mit diesen Ergänzungen können wir einen Meilen- tein im Tier- und Artenschutz setzen. Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Die Ergebnisse der vergangenen Washingto- er Artenschutzkonferenz in Bangkok sind der beste Be- g dafür, wie notwendig wir einen besseren Schutz für efährdete Tierarten auf deutscher, europäischer und lobaler Ebene brauchen. Für 65 bedrohte Tierarten urde ein besserer Schutz und eine Einschränkung des andels beschlossen. Das ist aber nur ein kleiner Indika- r für die rapide Zunahme des ausufernden Wildtierhan- els und der damit verbundenen Wildtierentnahme. Ich freue mich sehr, dass die Erkenntnis über nötige nd wichtige Korrekturen beim Handel und bei der altung von Wildtieren allgemein gewachsen ist. Umso bedauerlicher ist es, dass diese Erkenntnis an- cheinend nur in kleinen Teilen der schwarz-gelben Ko- litionsfraktionen gereift ist. Ich habe den Eindruck, dass CDU/CSU und FDP ein- al mehr ihrer Linie treu bleiben und im Tier- und Ar- nschutz weiter auf der Bremse stehen. Ich kann nicht erstehen, warum wir erfolgreich und sehr konstruktiv inen gemeinsamen Antrag zwischen allen Fraktionen erhandeln und mit dem Wissen aus unzähligen Bericht- rstattergesprächen, Kleinen Anfragen und Studien ab- timmen, nur um dann festzustellen, dass die Regie- ngsfraktionen von Bord gehen. Mit verantwortlichem egieren hat das nun wirklich nichts zu tun. Ich bedaure es sehr, dass sie den Tier- und Arten- chutz Lobbyinteressen und dem bevorstehenden Wahl- ampf opfern und nicht die Courage besitzen, gemein- am verhandelte Positionen auch gemeinsam zu eschließen. Den vorliegenden Antrag haben wir auf Grundlage ei- er sehr guten Initiative der SPD-Fraktion beraten. Na- entlich möchte ich an dieser Stelle dem Kollegen einz Paula für diesen Antrag und insgesamt für sein ngjähriges Engagement für den Tier- und Artenschutz anken. Er hat dazu beigetragen, dass der Tier- und rtenschutz in seiner Fraktion erfreulich an Stellenwert ewonnen hat. 31110 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Der Antrag, der hier beschlossen werden soll, behan- delt die beiden entscheidenden Ebenen, die im Zusam- menhang mit dem Handel von Wildtieren stehen: den Artenschutz und den Tierschutz. Aufgrund des Klimawandels und fortschreitender Umweltzerstörung sind die Lebensräume vieler Arten ohnehin schon sehr bedroht. Die Nachfrage nach Exoten als exklusiven Haustieren verschlimmert dieses Pro- blem, da durch die Entnahme der Tiere aus der Natur die Populationen geschwächt werden und das ökologische Gleichgewicht von Lebensräumen zusätzlich gestört, der Artenschwund forciert wird. Wie auch in unserem Antrag erwähnt, weigern sich immer mehr Feldforscher und Taxonomen, in ihren wissenschaftlichen Veröffentlichungen die genauen Fundstellen neu entdeckter und meist noch ungeschütz- ter Arten zu benennen, um so ein gezieltes Einsammeln für den internationalen Handel zu verhindern und die Ökosysteme zu schützen. Ansonsten könnten sie gleich einen Hubschrauberlandeplatz für einfallende Wildtier- sammler errichten. Aber nicht nur in den Herkunftsgebieten stellt der un- gebändigte Handel mit Wildtieren ein Problem dar. Auch für unsere Ökosysteme hat er dramatische Folgen. Im- mer wieder werden unliebsam oder lästig gewordene Tiere in die freie Wildbahn entlassen, wo sie entweder das heimische Ökosystem gefährden oder jämmerlich (und dem Tierschutzgesetz widersprechend) zugrunde gehen. Die glücklicheren Exoten werden in sogenannten Auffangstationen untergebracht, die allerdings schon heute am Rande ihrer Kapazitäten arbeiten und völlig überlastet sind. Auch deshalb fordern wir mit unserem Antrag auf, die Länder zum Aufbau neuer Auffangstatio- nen zu bewegen und diese zu unterstützen. Ich betone immer wieder, wie sehr das grundgesetz- lich festgeschriebene Staatsziel Tierschutz die Rechts- stellung der Tiere verändert hat. Es erteilt uns allen den Auftrag, die Tiere auch um ihrer selbst willen zu schüt- zen. In meiner langen Zeit als Mitglied des Bundestages bin ich immer wieder auf engagierte Tierschutzorganisa- tionen und Bürgerinnen und Bürger gestoßen. Auch der Wildtierhandel bewegt viele Menschen in unserem Land. Sie erwarten, dass wir handeln. Wir sollten ihre Forderungen ernst nehmen – und zwar jetzt. Wenn Sie von den Regierungsfraktionen versprechen, dass Sie sich in der kommenden Legislatur für einen bes- seren Tier- und Artenschutz einsetzen wollen, dann sind das nichts als ungedeckte Schecks. Sie müssen aber nicht so lange warten und können sich heute schon für ein Einfuhrverbot von Wildfängen für den kommerziel- len Lebendtierhandel einsetzen, wenn es sich um gefähr- liche Arten handelt oder wenn die Tiere gefährliche Krankheitserreger in sich tragen. Sie können sich heute Abend für eine umfassende und dem Sinne des Vorsorgeprinzips entsprechende Rege- lung einsetzen, die versucht, die Ausbreitung invasiver nicht heimischer Arten zu verhindern. tu z v ti W H d la m g li v fä ri e A u u le n A e ti c d d A ra s c H z p h g o ü d (C (D Sie können schon heute etwas für Einfuhr- und Hal- ngsverbote tun, damit die weitere Ausbreitung poten- iell invasiver Arten verhindert wird. Sie können genau jetzt beschließen, dass die Importe on „Nach-“ bzw. „Farmzuchten“ nach Deutschland kri- sch geprüft werden, um die Einfuhr falsch deklarierter ildfänge zu verhindern. Sie können ein besseres Capacity Building in den erkunftsländern von CITES-Anhang-III-Listungen auf en Weg bringen und sich dafür einsetzen, dass Deutsch- nd im Rahmen des Washingtoner Artenschutzabkom- ens prüft, ob gefährdete endemische Arten nicht mehr ehandelt werden dürfen. Sie können heute Abend verpflichtende und verbind- che Auflagen zur tierschutzkonformen Durchführung on Tierbörsen beschließen und den Verkauf von Wild- ngen über Tierbörsen verbieten. Sie müssen nicht auf die kommende Legislaturpe- ode warten, wenn Sie es richtig finden, den kommerzi- llen Handel und die Haltung von Wildtieren auf die rten zu beschränken, deren Haltung aus Tier-, Natur- nd Artenschutzgründen, aber auch unter Gesundheits- nd Sicherheitsaspekten unbedenklich und dauerhaft zu isten ist. All dies können Sie heute schon haben. Sie müssen ur unserem Antrag zustimmen. Nur Mut! nlage 15 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 38) – Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des aktiven Wahlrechts ab 16 Jahren im Bun- deswahlgesetz und im Europawahlgesetz (Tagesordnungspunkt 52 a und b) Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Es ist schon in wenig enttäuschend, wie wenig Ihnen von der Frak- on Bündnis 90/Die Grünen noch einfällt. Es könnte si- her auch so gedeutet werden, dass Sie mit der Politik er christlich-liberalen Regierungskoalition einverstan- en sind und daher so häufig alte und längst debattierte nträge einreichen, bei denen Sie das Ergebnis der Be- tung schon kennen. Meines Erachtens ist es aber chlicht unangemessen, hier immer wieder mit den glei- hen, aussichtlosen Anträgen Anläufe zu unternehmen. Schließlich haben die drei größten Fraktionen dieses auses bereits in der vergangenen Wahlperiode deutlich u verstehen gegeben, dass wir für Ihr „Wahlkampfge- länkel“ kurz vor Toresschluss nicht zur Verfügung ste- en. Ihr erneuter Anlauf wäre somit wirklich entbehrlich ewesen. Wer von seiner Wahlberechtigung zu einer staatlichen der gemeindlichen Volksvertretung Gebrauch macht, bernimmt damit nicht nur Verantwortung für sich, son- ern auch für die Allgemeinheit. Wählen gehen heißt Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31111 (A) ) )(B) Einfluss nehmen und seiner Stimme Gehör verschaffen. Folglich darf es bei der Bestimmung des richtigen Wahl- alters nicht darauf ankommen, ob es Rechtsvorschriften in einzelnen Gesetzen gibt, die vielleicht nicht an die Volljährigkeit, sondern an ein anderes Alter anknüpfen. Vergleiche mit dem Taschengeldparagrafen im BGB, dem Alter für die Strafmündigkeit nach dem Strafgesetz- buch oder aber mit dem Alter für das Abwählen des Re- ligionsunterrichts in der Schule hinken somit nicht nur, sie machen auch schlicht keinen Sinn. Selbstverständlich gibt es eine Vielzahl von Rechts- vorschriften in einzelnen Sachbereichen, die nicht das Mindestalter von 18 Jahren vorsehen, bevor Kinder oder Jugendliche Träger von Rechten oder Pflichten sein kön- nen. Dies ist nicht nur richtig, sondern selbstverständlich auch unterstützenswert. Schließlich bieten wir so den nachfolgenden Generationen auf der einen Seite den er- forderlichen Schutz, den sie benötigen, und auf der ande- ren Seite ermöglichen wir ihnen hierdurch eine schritt- weise Integration in unsere Gesellschaft. Auch die ausführlichen Verweise im Gesetzentwurf der Grünen auf die erfolgten Absenkungen beim Wahl- alter auf kommunaler und Landesebene vermögen mich im Ergebnis nicht zu überzeugen. Zum einen sind sie wohl eher selektiv von den Antragstellern ausgewählt worden. So hat Hessen beispielsweise nach nur einem Jahr das Wahlalter wieder von 16 Jahre auf 18 Jahre he- raufgesetzt. Nennenswerte Proteste hierzu gab es übri- gens nicht. Zum anderen zeigt eine Untersuchung an- lässlich der Wahl der Bezirksverordneten in Berlin, dass die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre keinesfalls zu einer höheren Wahlbeteiligung führen muss. Im Jahr 2006 gaben sogar nur 45,6 Prozent aller 16- und 17-Jäh- rigen ihre Stimme ab. Die Wahlbeteiligung insgesamt lag dagegen bei 59,6 Prozent. Dies lässt aus meiner Sicht zusammen mit den von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für die Landtags- wahl in Niedersachsen im Jahr 1996 veröffentlichten Zahlen durchaus den Schluss zu, dass auch das Hauptar- gument für eine Absenkung des Wahlalters nicht durch- schlagend ist. Der starke Wunsch der Jugendlichen nach größerer politischer Teilhabe basiert letztlich auch nur auf Spekulationen, die wissenschaftlich nicht belegbar sind. Eine Erkenntnis, die übrigens auch schon Ihr Kol- lege Cem Özdemir am 17. November 2000 in diesem Hohen Hause äußerte, als er in seiner Rede zu einer möglichen Absenkung des Wahlalters für Jugendliche darauf verwies, dass die Rückmeldungen, die er von Ju- gendlichen hierzu erhalte, durchaus unterschiedlich seien. Aus meiner Sicht sollte die Volljährigkeit auch wei- terhin der entscheidende Anknüpfungspunkt für die Aus- übung des Wahlrechts bleiben. Rechte und Pflichten sollten auch weiterhin zusammengehören und nicht aus- einanderfallen. Der Gleichlauf von staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten sowie zivilrechtlicher Verantwort- lichkeit hat sich mehr als bewährt. Die Gesetzentwürfe der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sind daher abzuleh- nen. B m a k a b n g is is Z K V s h v m z fa ü g d n a 1 1 b k d n d g in a s d g k B g lu h L w te g G d te V d g (C (D Reinhard Grindel (CDU/CSU): Regelmäßig vor undestags- oder Europawahlen kommen die Grünen it dem Antrag an, das Alter für das aktive Wahlrecht uf 16 abzusenken. Sie liefern allerdings seit Jahren eine neuen Argumente, und deshalb dürfen sie sich uch nicht wundern, wenn wir bei unserer Ablehnung leiben. Dazu will ich gerne ein bemerkenswertes Zitat aus ei- er früheren Debatte an den Beginn meiner Ausführun- en stellen: „Die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre t der falsche Weg. So ehrenwert das Anliegen auch t – Symbolpolitik hilft uns hier nicht weiter.“ Dieses itat stammt von unserem früheren SPD-Kollegen laus-Uwe Benneter, der nun nicht gerade unter dem erdacht steht, ein besonders konservativer Mensch zu ein. Ich kann nur sagen: Wo Herr Benneter Recht hat, at er Recht! Es ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundes- erfassungsgerichts zulässig, Begrenzungen der Allge- einheit der Wahl vorzunehmen, sofern für sie ein wingender Grund besteht. So ist es etwa von jeher ver- ssungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Aus- bung des Wahlrechts an die Erreichung einer Alters- renze geknüpft wird. Bei der Bestimmung dieser Altersgrenze muss man ie Einheit der Rechtsordnung im Blick haben. Da fällt atürlich sofort auf, dass im Zivilrecht die Volljährigkeit uf 18 Jahre festgelegt ist, dass junge Menschen erst mit 8 die volle Geschäftsfähigkeit besitzen, dass sie erst mit 8 Jahren voll strafmündig sind, aber bis zum 21. Le- ensjahr sogar noch Jugendstrafrecht angewandt werden ann. Auch beim Jugend- und beim Arbeitsschutz endet er besondere Schutz des Jugendlichen erst mit 18. Wenn Jugendliche einerseits – zu Recht – wegen ihrer och nicht abgeschlossenen Entwicklung geschützt wer- en, wenn dieser Schutz – zu Recht – auch eine gerin- ere Verantwortlichkeit für eigenes Tun und Wollen be- haltet, wäre es ein Wertungswiderspruch, Jugendlichen ndererseits bereits eine vollständige Teilhabe an politi- chen Entscheidungsprozessen zu gewähren. Wer für en Abschluss eines Kauf-, Miet- oder Darlehensvertra- es der Zustimmung der Sorgeberechtigten bedarf, dem ann die Rechtsordnung nicht andererseits bereits die efugnis einräumen, über grundsätzliche politische Fra- en des Staates mitzuentscheiden. Mit einer Entkoppe- ng der Altersgrenze für Volljährigkeit und für Wahlfä- igkeit bestünde die Gefahr, dass die Politik zu einem ebensbereich nachrangiger Bedeutung abgewertet ird, was dem demokratischen Prozess eher zum Nach- il als zum Vorteil gereichen würde. Es ist auch nicht richtig, wenn man dem Minderjähri- en volle Verantwortung und Verantwortlichkeit für das emeinwesen zubilligen würde, wenn man ihm aber iese Verantwortung für Entscheidungen in seiner priva- n Lebensgestaltung, also etwa beim Abschluss von erträgen oder im Haftungsrecht, nicht zumutet. Auch as ist ein Wertungswiderspruch. Im Übrigen erscheint die Anknüpfung an die Alters- renze von 16 relativ willkürlich. Warum dann nicht 31112 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) gleich auf 14 absenken, womit wir bei der Altersgrenze der Religionsmündigkeit wären? Es gibt bestimmt Jugendliche, die sich bereits mit 14, 15 für politische Fragen interessieren und mehr wissen als so mancher 17-Jäh- rige. Bei der Religionsmündigkeit geht es um höchstper- sönliche, innere Fragen des Glaubens, der Gedanken- und Gewissensfreiheit. Beim Wahlrecht geht es dagegen um ein Recht mit größtmöglicher Auswirkung auf die Allgemeinheit. Schon deshalb ist ein Vergleich der bei- den Lebenssachverhalte nicht möglich, womit natürlich auch eine Altersgrenze von 14 Jahren nicht sinnvoll ist. Auch das Argument der Grünen, man könne mit der Einräumung des aktiven Wahlrechts etwas an der Poli- tikverdrossenheit ändern, überzeugt nicht. Einmal zeigen alle Untersuchungen, dass leider in kaum einer Alters- gruppe die Wahlbeteiligung so niedrig ist wie in der Gruppe der Jungwähler. Es gibt also den Zusammenhang gerade nicht, dass man sich mehr für Politik interessiert, wenn man selbst als Wähler gefragt ist. Im Übrigen setzt eine Bekämpfung der Politik- oder vielleicht sogar Politikerverdrossenheit voraus, dass man den jungen Menschen dann auch das Recht einräumt, nicht nur wählen zu dürfen, sondern sich auch selbst an der parlamentarischen Debatte beteiligen zu dürfen. Es wäre also nur konsequent, dass man dann nicht nur die Altersgrenze für das aktive, sondern auch für das passive Wahlrecht absenkt. Das machen die Grünen aber nicht und bleiben dafür eine schlüssige Begründung schuldig. Gegen Politikverdrossenheit muss man durch ganz viele Gespräche mit Gruppen von Schülern und Jugend- lichen ankämpfen, in denen man diesen über unsere Ar- beitsabläufe berichtet, die schwierigen Rahmenbedin- gungen, unter denen wir Entscheidungen zu treffen haben. Da muss man deutlich machen, dass es in der Politik nur selten schwarz und weiß gibt, sondern dass man nach Konsenslösungen suchen muss, die keine fau- len Kompromisse sein dürfen. Viele Kollegen hier im Haus führen doch diese Gespräche beinahe täglich. Wir sind als Wahlkreisabgeordnete da wahrscheinlich auch mehr gefordert als die Grünen-Kollegen, die, mit Aus- nahme von Herrn Ströbele, alle über die Landesliste ins Parlament gekommen sind. Also erzählen Sie uns nichts über Bürgernähe und Kampf gegen Politikverdrossen- heit! Dagegen machen wir vor Ort jeden Tag mobil. Sehr problematisch finde ich die Argumentation der Grünen, durch eine Absenkung des Wahlalters würden die jungen Leute als Wählergruppe stärker wahrgenom- men und ihre Interessen in der Politik stärker berück- sichtigt. Was stellen sich die Grünen denn da selbst für ein Zeugnis aus? Wenn das für sie gilt, dass sie sich nur um die kümmern, bei denen es in ihrer Wahlkasse klingelt, dann sagt das viel über ihr Politikverständnis aus. Wir als CDU/CSU kümmern uns auch um die, die nicht wäh- len dürfen: um die Belange von behinderten Menschen unter Vollbetreuung, um die Probleme von Ausländern oder die Interessen unserer Kinder. s w n s S g e im v a m v d ti k n fü s L d fa g n h w p b W d s le a d u d B m a D W ri s d z d A D ti M L e d (C (D Ich glaube, es wirkt viel überzeugender, dass man ich für die unter 18-Jährigen besonders stark macht, ob- ohl sie kein Wahlrecht haben, anstatt hier wie die Grü- en immer kurz vor Wahlen sich nicht um ihre Interes- en zu kümmern, sondern schlicht und ergreifend nach timmen zu schauen. Wir sind aber Abgeordnete des anzen deutschen Volkes. Es liegt in der Verantwortung ines jeden Abgeordneten, die Interessen aller Menschen Blick zu haben, ob mit oder ohne Wahlrecht. Gewiss ist es zutreffend, dass junge Menschen heute iel früher und umfassender über die Medien Zugang zu llen denkbaren Informationen haben und damit über ehr Wissen verfügen als junge Menschen früher im ergleichbaren Alter. Zugleich betonen allerdings Pä- agogen, dass gerade diese medienvermittelten Informa- onsbruchstücke zu einem verzerrten Weltbild führen önnen. Diese Bruchstücke bedürfen somit dringend ei- er Einordnung und einer kritischen Verarbeitung und hren für sich genommen gerade nicht zu einer Verbes- erung der Urteilsfähigkeit. Wir wissen doch, wie die age heute ist. Natürlich gibt es auch viele Jugendliche, ie mit der Fernbedienung in der Hand wie der Slalom- hrer um die Torstange gerade um die Informationspro- ramme herumzappen und auch im Internet vielleicht icht die Seiten mit Politikinformationen anklicken. Frü- er konnten Jugendliche in den tiefsten Friedenszeiten, o es nur ARD und ZDF gab, Nachrichtenangeboten raktisch nicht entrinnen und mögen deshalb teilweise esser informiert gewesen sein. Zugegeben: In einigen Bundesländern gibt es das ahlrecht auf der kommunalen Ebene für 16-Jährige. In er Regel haben wir als CDU/CSU das aber nicht unter- tützt, und insoweit brauchen wir jetzt keinen Folgefeh- r auf Bundesebene zu machen. Andererseits wird man uch argumentieren können, dass die Sachverhalte auf er kommunalen Ebene auch leichter zu überschauen nd aufgrund eigener Anschauung zu beurteilen sind als ie sehr komplizierten Sachverhalte, um die es bei einer undestags- oder sogar Europawahl geht. Insgesamt bleibt festzuhalten: Wer Rechte haben will, uss auch Pflichten tragen. Wer entscheiden will, muss uch die Konsequenzen seiner Entscheidungen tragen. eshalb ist es sachgerecht, die Altersgrenze für das ahlrecht zum Bundestag an den Eintritt in die Volljäh- gkeit zu knüpfen. Ich denke, damit ist den jungen Men- chen auch mehr geholfen. Gabriele Fograscher (SPD): Die Anforderungen an ie junge Generation sind in den letzten Jahren und Jahr- ehnten gestiegen. Gründe dafür sind gestiegene Bil- ungsansprüche, die Globalisierung von Wirtschaft und rbeitsmärkten und die demografische Entwicklung. ieser Wandel stellt die Politik vor neue Aufgaben. Poli- k muss Rahmenbedingungen schaffen, damit junge enschen die Herausforderungen bestehen und ihr eben selbst gestalten können. Wir können nicht immer mehr von den Jugendlichen rwarten, ohne dass sie die Möglichkeit haben, mitzure- en oder mitzuentscheiden. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31113 (A) ) )(B) Zigtausende Jugendliche engagieren sich freiwillig. Sie leisten einen wichtigen Dienst an unserer Gesell- schaft in Vereinen, bei freiwilligen Feuerwehren, beim Technischen Hilfswerk, in Bürgerinitiativen oder den Jugendorganisationen der demokratischen Parteien. Sie bilden damit eine tragende Säule unserer Zivilgesell- schaft, ohne die vieles in unserem Land nicht funktionie- ren würde. Wenn junge Menschen so viel für unsere Gesell- schaft, für unsere Demokratie leisten, dann müssen sie auch die Möglichkeit haben, Entscheidungen, die sie heute und vor allem in der Zukunft betreffen, mit zu be- einflussen. Es wird immer behauptet, die heutige Jugend sei un- politisch. Das ist falsch, denn Studien, wie zum Beispiel die Shell-Studie, belegen, dass das Interesse junger Men- schen an der Politik in den letzten Jahren zugenommen hat. Nur die Art des Engagements hat sich verändert: Junge Menschen wollen konkrete Ziele erreichen. Sie fordern nicht mehr die Revolution, sondern engagieren sich bei ganz konkreten Projekten. Wir unterstützen das Anliegen von Bündnis 90/Die Grünen, das Wahlalter für Bundestags- und Europawah- len auf 16 Jahre zu senken. Unser Regierungsprogramm und Anträge wie zum Beispiel der Antrag „Mit einer ei- genständigen Jugendpolitik Freiräume schaffen, Chan- cen eröffnen, Rückhalt geben“, die wir in den Bundestag eingebracht haben, beinhalten diese Forderung. Wir wollen die Absenkung des Wahlalters auf 16, weil wir die jungen Menschen als gleichberechtigte Part- nerinnen und Partner ansehen. Es ist gut für unser Land, wenn sich junge Menschen politisch engagieren, ihre Ideen einbringen und unsere Gesellschaft mitgestalten. Durch eine ernsthafte Einbindung und frühe Teil- nahme von Jugendlichen an Politik und an politischen Prozessen kann Demokratie gelernt und gelebt werden und damit positive Erfahrungen mit der Demokratie ge- macht werden. Das sind der beste Schutz und die beste Prävention gegen Radikalisierung und Extremismus. Jugendliche mit 16 sind strafmündig. Sie müssen für ihr Verhalten die Verantwortung übernehmen. Am demokratischen Gemeinwesen dürfen sie sich nicht be- teiligen. Das passt nicht zusammen. Das Wahlrecht ab 16 muss flankiert werden. Erziehung zur Demokratie muss früh beginnen, beispielsweise in der Kita. Es ist wichtig, dass bereits Kinder beteiligt und ermutigt werden, ihre Lebenswelt mitzugestalten. Demokratieerziehung und Gesellschaftskunde müs- sen zu einem selbstverständlichen Bestandteil des Schul- unterrichts werden, und außerschulische Jugendarbeit und politische Bildung müssen ausgeweitet und intensi- viert werden. Möglichkeiten der Partizipation wie der „Wahl-O- Mat“ der Bundeszentrale für politische Bildung oder die U18-Wahlen zeigen, dass junge Menschen eine bewusste Wahlentscheidung treffen können. c la w a g K B s e „ d w d d a G k s v E fe p ti g b d M s M d R w In g S d d G b w g R n w k s D w a (C (D Österreich hat das Wahlrecht ab 16 auf allen staatli- hen Ebenen, auch für Europawahlen. Es ist damit bis- ng das einzige EU-Land, aber auch in anderen Ländern ird die Absenkung diskutiert. In Deutschland haben bereits drei Bundesländer das ktive Wahlalter auf 16 Jahre für die Landtagswahlen esenkt. Mehr als die Hälfte der Bundesländer haben ihr ommunalwahlrecht in dieser Weise geändert. Am 13. Februar dieses Jahres hat Hamburg als drittes undesland das Wahlalter für die Wahlen zur Hamburgi- chen Bürgerschaft auf 16 Jahre gesenkt. In der Debatte rklärte der Abgeordnete Dr. Andreas Dressel (SPD): Natürlich gibt es bei dem Thema ein Pro und Contra, as ist ganz normal. Deshalb war uns an der Stelle auch ichtig, nicht einfach zu sagen, wir senken die Grenze es Wahlalters ab, sondern wir müssen das Ganze mit em Thema verbinden, wie wir die politische Bildung usweiten und wie wir hier etwas zu einem wirklichen ewinn für die Demokratie gestalten.“ Dieser Meinung ann ich mich nur anschließen. Deshalb sage ich: Setzen wir das Wahlalter herab und tärken unsere Jugend durch mehr Demokratieerziehung on früh an! Beides gehört für mich zusammen. Die Absenkung des Wahlalters für Bundestags- und uropawahlen kann nur ein Teil einer ressortübergrei- nden Gesamtstrategie für eine eigenständige Jugend- olitik sein. Neben der Stärkung der Rechte und der Par- zipationsmöglichkeiten von Jugendlichen brauchen wir leiche Chancen für alle in der Bildung, Verbesserungen eim Einstieg in Studium oder Beruf, den Kampf gegen ie Jugendarmut und Jugendarbeitslosigkeit sowie die öglichkeit der gesunden Entwicklung. Das Wahlrecht ist ein bürgerliches Grundrecht in un- erem demokratischen Rechtsstaat. Geben wir jungen enschen die Chance, aktiv mitzuwirken! Fördern wir ie soziale Kompetenz, die Urteilsfähigkeit und die eife, um bei Bundestags- und Europawahlen verant- ortungsbewusst Entscheidungen zu treffen! Jörg van Essen (FDP): Meine Fraktion lehnt die itiative der Grünen ab. Es war interessant, dass ich am estrigen Tag eine Diskussion mit Schülerinnen und chülern in genau diesem Alter hatte. Ich habe unter an- erem ausgeführt, dass ich morgen zu einer Absenkung es Wahlalters auf 16 Jahre sprechen würde, und die ründe für meine Ablehnung benannt. Selten findet man ei einem Vortrag so viel zustimmendes Kopfnicken, ie ich es in dieser Frage beobachten konnte. Die Möglichkeit der Teilnahme an Wahlen hängt aus utem Grund mit der Volljährigkeit zusammen. Da, wo echte verliehen werden, müssen auch Pflichten über- ommen werden. Es kann nicht einfach zu einer Aus- eitung von Rechten ohne korrespondierende Pflichten ommen, und das Wahlrecht darf sich nicht von der be- tehenden Lebens- und Rechtswirklichkeit abkoppeln. as Bundesverfassungsgericht hat diese Auffassung iederholt bestätigt. Eine Mindestaltersgrenze für die ktive Wahlberechtigung in Art. 38 Abs. 1 GG stellt kei- 31114 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) nen Widerspruch zum Demokratieprinzip und zum Prin- zip der Allgemeinheit der Wahl dar. Das Wahlalter 18 hat sich sowohl in Europa als auch weltweit im Vergleich bewährt. Im europäischen Aus- land gilt generell eine Wahlberechtigung ab 18 Jahren. Ausnahme bei nationalen Wahlen ist im europäischen Kulturkreis lediglich Österreich; international gibt es nur in Brasilien, Nicaragua und Kuba ein Wahlrecht auf na- tionaler Ebene ab 16 Jahren. Es ist richtig, dass Jugendliche im Alter von 16 oder 17 Jahren ein deutlich geringeres Interesse an Politik als ältere Jugendliche oder junge Erwachsene haben. Das haben viele Studien, wie zum Beispiel eine Jugendstudie der Konrad-Adenauer-Stiftung von 1991 und eine Befra- gung der Universität Hohenheim von 2008, deutlich ge- macht. Wer glaubt, dass Jugendliche, die in diesem Alter mit vielen anderen Dingen beschäftigt sind, mit einer Absenkung des Wahlalters für Politik stärker interessiert werden können, wird durch wissenschaftliche Untersu- chungen widerlegt. Selbst da, wo 16- und 17-Jährige wählen konnten, war deren Wahlbeteiligung unterdurch- schnittlich. Das hat sich zuletzt bei den Kommunalwah- len in Bremen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein erneut bestätigt. Wichtig ist auch, dass die Wahlbeteili- gung von Jugendlichen auch dort nicht zunahm, wo das Wahlalter schon seit längerem herabgesetzt ist. Die He- rabsetzung des Wahlalters ist deshalb weder ein Mittel gegen Politikverdrossenheit unter Jugendlichen noch ein Mittel zur Stärkung unserer Demokratie. Es gibt bessere und erfolgreichere Modelle, Jugendliche an die Politik heranzuführen. Jugendparlamente, wie sie auch im Deut- schen Bundestag erst in dieser Woche wieder durch- geführt wurden, sind ein guter Weg, demokratische Prozesse vor dem Erreichen der Volljährigkeitsgrenze kennenzulernen. Dass die Jugendlichen, mit denen ich am gestrigen Tag gesprochen habe, keine Ausnahme darstellen, hat die Shell-Studie von 2006 bestätigt. 52 Prozent der be- fragten Jugendlichen lehnen ein Wahlrecht ab 16 ab, nur knapp 25 Prozent würden einen solchen Schritt befür- worten. Es zeigt, dass die Jugendlichen viel vernünftiger als die Antragsteller von Bündnis 90/Die Grünen sind. Sie geben nämlich an, dass sie in ihrem Alter mit der Verantwortung für politische Entscheidungen in der Re- gel überfordert sind. Zudem ist eine ernsthafte Aus- einandersetzung mit Politik in der Regel nicht das Thema, dass ihnen in ihrem Lebensalter wichtig ist. Gut, dass die jungen Leute so realistisch und vernünftig sind. Halina Wawzyniak (DIE LINKE): BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN beantragen heute (Drucksachen 17/13238 und 17/13257), jungen Menschen ab 16 Jahren das Wahlrecht zur Bundestagswahl zu geben. Selbstverständlich unterstützen wir dieses Anliegen. Wir Linke haben bereits in unserem umfassenden Antrag zum Wahlrecht, den wir Mitte der Legislaturperiode vor- gelegt haben, die Absenkung des aktiven Wahlrechts auf 16 Jahre gefordert. Und bei einer unserer Quellparteien, der PDS, stand die Forderung schon 1998 im Bundes- tagswahlprogramm. s z 1 2 g h B 1 s m W g P Ü W v m n is z s D G e a s w e N w W fü ri K a ih s W g e a fi g v a is 1 v ra S g B m s d (C (D Die Einwände der Kritiker und Kritikerinnen des Vor- chlages, die wir heute hören konnten, sind wenig über- eugend, aber auch wenig überraschend. Bereits in der 11. Sitzung des Deutschen Bundestages am 26. Mai 011 wurden sie so oder so ähnlich vorgetragen. Besser eworden sind sie dadurch nicht. Der Kollege Krings ielt damals den Vorschlag für „Unsinn“ und meinte in ezug auf den Vorschlag der Linken, das Wahlalter auf 6 Jahre zu senken: „Rechte und Pflichten gehören zu- ammen.“ Entschuldigung, Herr Krings, aber Sie scheinen das it dem Wahlrecht nicht verstanden zu haben. Das ahlrecht ist gerade nicht an die Erfüllung von Pflichten eknüpft. Das Recht, zu wählen, an die Erfüllung von flichten zu knüpfen ist vordemokratisch und würde im brigen der Willkür Tür und Tor öffnen. Wollen Sie das ahlrecht irgendwann auch an die Pflicht zur Zahlung on Steuern knüpfen? Nein, das Wahlrecht ist das urde- okratischste Recht der Einwohner und Einwohnerin- en. Es gibt kein „bedingtes“ Wahlrecht. Das Wahlrecht t gerade nicht an eine Pflicht gebunden! Die Argumente, warum ein Wahlrecht bedingungslos u gewähren ist, wurden im Übrigen in einem interes- anten Gruppenantrag aus der 16. Wahlperiode (vgl. rucksache 16/9868) aufgelistet. Zwar kommt der ruppenantrag aus meiner Sicht mit der Forderung nach inem Familienwahlrecht zu einem falschen Ergebnis, ber die Argumente für eine Absenkung des Wahlalters eien allen hier noch einmal empfohlen. Das Familien- ahlrecht fordert – zumindest per Antrag oder Gesetz- ntwurf – niemand mehr, was ausgesprochen klug ist. ach meiner festen Überzeugung würde das Familien- ahlrecht gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der ahl verstoßen. Leider habe ich nicht die Zeit, jetzt umfassende Aus- hrungen zum Wahlrecht als Grundrecht der Einwohne- nnen und Einwohner zu tätigen. Aber ich empfehle den ritikern und Kritikerinnen des Vorschlages, das Wahl- lter auf 16 Jahre zu senken, einfach mal einen Blick in re juristischen Datenbanken, Kommentare und Auf- ätze. Da finden Sie genügend Argumente, weshalb das ahlrecht den Einwohnerinnen und Einwohnern bedin- ungslos zu gewähren ist. Geben Sie einfach Art. 38 GG in. Dort finden Sie die Wahlrechtsgrundsätze, die als llgemeine Verfassungsprinzipien gelten. Im BeckOK nden Sie zum Beispiel in Rundungsnummer 51 fol- ende Formulierung: „Ein Ausschluss bestimmter Be- ölkerungsgruppen von der Ausübung des Wahlrechts us politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen t unzulässig (BVerfGE 58, 202, 205, mwN = NJW 982, 817). Auch darf die Teilnahme an der Wahl nicht on besonderen, nicht von jedermann erfüllbaren Vo- ussetzungen (zum Beispiel Vermögen, Einkommen, teuerentrichtung, Bildung, Lebensstellung) abhängig emacht werden.“ Lassen Sie mich noch einige Anmerkungen zu den egründungen im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen achen. Auch wenn wir den beiden Drucksachen zu- timmen werden, will ich die zum Teil in der Begrün- ung auftauchenden Differenzen nicht unerwähnt lassen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31115 (A) ) )(B) Im Rahmen der Gesetzentwürfe – hier dem zur Ände- rung des Grundgesetzes – formulieren Sie: „Diese Verweigerung der Mitgestaltung widerspricht dem Ge- staltungswillen der Jugendlichen, die von den parlamen- tarischen Beschlüssen auch dann noch betroffen sind, wenn sie selbst längst erwachsen geworden sind.“ Ich finde diese Begründung nicht nur nicht überzeugend, sondern auch gefährlich. Das Wahlrecht ist ein grund- legendes Recht, welches Bürgerinnen und Bürgern zu- kommt. Es kann und darf weder vom Gestaltungswillen noch von der Frage, wie lange jemand von Beschlüssen betroffen ist, abhängig gemacht werden. Weiter formulieren Bündnis 90/Die Grünen: „Die bis- her für die Ausübung des aktiven Wahlrechtes geltende Grenze der Vollendung des achtzehnten Lebensjahres ist zu hoch und wird der Einsichtsfähigkeit und dem Verant- wortungsbewusstsein einer wachsenden Zahl von Ju- gendlichen nicht mehr gerecht.“ Wir sind uns einig, die Grenze von 18 Jahren ist zu hoch. Aber wieso stellen Sie auf die Einsichtsfähigkeit ab? Bitte schauen Sie sich noch einmal Ihren Antrag zur Drucksache 17/12608 an und lesen Sie die Rede ihres Kollegen Markus Kurth. Sie widersprechen sich selbst. Denn der Kollege Kurth und Ihr Antrag begründen, warum es bei der Frage, wem das Wahlrecht zusteht, überhaupt nicht auf die Einsichts- fähigkeit ankommt. Als Alternative führen Sie an, dass auch ein Familienrecht denkbar wäre. Hierzu habe ich bereits alles gesagt, was gesagt werden musste. Unabhängig von diesen Einwänden jedoch ist Ihrem Antrag zuzustimmen. Es wird Zeit, das Wahlrecht auch denjenigen zu geben, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): „Die Welt vergöttert die Jugend, aber regieren lässt sie sich von den Alten.“ Das ist ein sehr zutreffender Satz des französischen Schriftstellers Henri de Montherlant. Dieser Satz ist heute so wahr wie damals. Meine Fraktion und ich wollen diese Situation än- dern. Wir wollen Jugendlichen mit 16 und 17 Jahren die aktive Teilnahme an den Wahlen zum Deutschen Bun- destag und zum Europäischen Parlament ermöglichen. Sie sollen über die Zusammensetzung der Parlamente mitentscheiden können. Die schwarz-gelbe Bundesregierung will den jungen Leuten dieses Recht nicht zubilligen. Sie ignoriert seit Jahren 16- und 17-Jährige konsequent als potenzielle Wählerinnen und Wähler. Dabei verfügt eine stetig wachsende Zahl von Ju- gendlichen über die notwendige Einsichtsfähigkeit und das Verantwortungsbewusstsein, um eine Wahlentschei- dung treffen zu können. Sie machen heute mit 17 Jahren ihr Abitur und fangen an zu studieren. Oder sie starten nach der zehnten Klasse ins Berufsleben und zahlen Steuern. Warum sollten wir ihnen dann nicht auch das aktive Wahlrecht zubilligen? Damit erreichen wir mehr Generationengerechtigkeit. Junge Leute können doch am besten selbst beurteilen, welche Partei dazu in der Lage ist, eine gesunde Umwelt für sie zu gewährleisten oder die Jugendarbeitslosigkeit z te A m u m ri te s im la h m A a B D w a a z S b s la a w h W q s m S n d F u A W s A fo s S u (C (D u bekämpfen. Wenn wir Jugendliche an den Wahlen be- iligen, ermöglichen wir es ihnen, ihre Ansprüche und nliegen besser zu vertreten. Und junge Menschen wollen mehr Entwicklung, ehr Zukunft, mehr Gerechtigkeit. Sie wollen Teilhabe nd mitreden können, sie wollen also letztlich mehr De- okratie. Daran sollten wir sie nicht hindern. Viele Bundesländer machen uns schon vor, wie es chtig geht. In meinem Heimatbundesland Baden-Würt- mberg hat die grün-rote Regierungsmehrheit beschlos- en, dass 16- und 17-Jährige bei den Kommunalwahlen nächsten Jahr mitwählen dürfen. Und Baden-Württemberg ist nicht das erste Bundes- nd, das das Mindestalter für Kommunalwahlen gesenkt at. In Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpom- ern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen- nhalt und in Schleswig-Holstein können Jugendliche b 16 Jahren an den Kommunalwahlen teilnehmen. Und remen, Brandenburg und Hamburg gehen noch weiter: ort können 16-Jährige auch schon bei den Landtags- ahlen wählen. Vorreiter in Sachen aktives Wahlrecht ber ist Österreich. Dort nehmen seit 2007 Jugendliche b 16 Jahren an allen Wahlen teil. Und die Wahlstatistik eigt, dass 16- und 17-Jährige sehr rational mit ihrer timmvergabe umgehen. Extremistische Ideen fanden ei den Jugendlichen keinen Widerhall. Warum also ollten wir diesen Schritt nicht endlich auch in Deutsch- nd wagen? In Deutschland haben wir das Wahlalter schon einmal bgesenkt. Das war 1970. Bis dahin durfte nur wählen, er das 21. Lebensjahr vollendet hatte. Können Sie sich eute vorstellen, dass 18-Jährige nicht wählen dürfen? ohl kaum! Es ist doch nur sachgerecht und konse- uent, wenn wir diesen Weg weiter beschreiten. Die schwarz-gelbe Bundesregierung ist in vielem ge- cheitert, unter anderem auch darin, erfolgreich Maßnah- en für eine generationengerechtere Politik zu ergreifen. chwarz-Gelb steht für eine Politik der Ausgrenzung – icht nur der Ausgrenzung von jungen Menschen, auch er Ausgrenzung von Migrantinnen und Migranten, von rauen aus Führungspositionen, von Homosexuellen nd von vielen anderen mehr. Wir brauchen einen neuen ufbruch, ganz besonders auch in der Jugendpolitik. ir brauchen eine Politik, die den Jugendlichen eine tärkere Stimme bei politischen Entscheidungen gibt. nlage 16 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Fortführung der ar- beitsmarktlichen Unterstützung für Bleibe- berechtigte und Flüchtlinge in der nächsten Förderungsperiode des Europäischen Sozial- fonds (Tagesordnungspunkt 54 g) Ulrich Lange (CDU/CSU): Der Europäische Sozial- nds, ESF, wurde gleich mit Gründung der Europäi- chen Wirtschaftsgemeinschaft 1957 ins Leben gerufen. eit dieser Zeit verbessert er die Beschäftigungschancen, nterstützt die Menschen durch Ausbildung und Qualifi- 31116 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) zierung und trägt zum Abbau von Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt bei. Ein wichtiges Programm des ESF war die arbeits- marktliche Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge. Die Ergebnisse des Bleiberechtsprogramms als Teil des Nationalen Aktionsplans Integration, Teil des Nationalen Aktionsplans der Bundesregierung gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Intoleranz, war erfolgreich. Gefördert werden Netz- werke auf lokaler und regionaler Ebene unter Einbezie- hung der Arbeitsgemeinschaften und der zugelassenen kommunalen Träger, um möglichst vielen Begünstigten zu einer auf Dauer angelegten Erwerbstätigkeit zu ver- helfen. Die miteinander vernetzten Beratungsstellen er- höhen unter anderem in Zusammenarbeit mit Unterneh- men durch berufsbegleitende Qualifizierung den Beschäftigungserhalt der Zielgruppe sowie deren Aus- sichten, auf Dauer einen Arbeitsplatz zu behalten. 10 200 Personen nahmen an dem Programm teil. 54 Prozent, das heißt mehr als jeder zweite Teilnehmer, konnten erfolgreich in Arbeit oder Ausbildung integriert werden. Mit dem Auslaufen der zweiten Förderrunde muss dieses Programm trotz des Erfolges überprüft und die aktuellen Gegebenheiten müssen berücksichtigt werden. Wichtigste Änderung ist, dass sich in der kommenden ESF-Förderperiode nach 2014 ein erheblicher Rückgang der Strukturfondsmittel für Deutschland abzeichnet. Für die nächste Förderrunde erhält Deutschland rund 35 Pro- zent weniger Fördermittel, berechnet auf der Basis der Preise von 2011. Hintergrund für diese Kürzung der EU- Gelder ist die positive wirtschaftliche Entwicklung bei uns in Deutschland, insbesondere im Vergleich zu ande- ren europäischen Mitgliedstaaten. Auch wenn wir uns nicht darüber freuen, dass die Finanzmittel reduziert werden, sind die Entwicklung unseres Arbeitsmarktes und unsere wirtschaftliche Konjunktur für die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion ein Grund zur Freude. Dennoch können wir bei dieser drastischen Reduzie- rung der Gelder die Augen nicht verschließen und sagen, wir machen einfach weiter wie bisher. Die Situation muss grundlegend neu bewertet werden, eine neue Fo- kussierung ist notwendig. Deshalb hat sich die Bundes- regierung entschlossen, den ESF neu zu strukturieren und das ESF-Bundesprogramm zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge in der ESF-Förderperiode 2014 bis 2020 nicht fortzusetzen. Dies bedeutet jedoch nicht, wie die Grünen suggerie- ren, dass wir den Bleibeberechtigten und Flüchtlingen keine Finanzmittel zur Integration bereitstellen. Durch die Streichung des Programms ergeben sich für die be- troffenen Personengruppen keine Nachteile, da diese über die noch bestehenden acht Förderprogramme unter- stützt werden. Die Verbesserung der sprachlichen und beruflichen Qualifizierung von EU- und Drittstaatsangehörigen wird weiterhin unterstützt und künftig neben Angeboten der Regelförderung insbesondere über die geplanten ESF- Programme für die Anpassungs- und Nachqualifizierun- g fü h re R „ d fü s M d b s d te fe R K d c li 2 w d E m w tu s u g s lo w s E w ra a g b m F F g A s o E p z m w (C (D en sowie die berufsbezogenen Sprachförderangebote r Migrantinnen und Migranten gewährleistet. Die bis- erigen Aufgaben der Projektverbünde im ESF-Bleibe- chtsprogramm können grundsätzlich weitestgehend im ahmen des bereits genehmigten ESF-Programms IsA – Integration statt Ausgrenzung“ gefördert werden. Zudem möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, ass auch die Bundesländer operationelle Programme r den ESF 2014 bis 2020 auflegen werden. Bei diesen peziellen Programmen haben die Bundesländer die öglichkeit, auf ihre ganz speziellen Probleme und Be- ürfnisse punktgerecht zu reagieren und den Bedarf zu edienen und entsprechende eigene Programme zu er- tellen. Es ist ein Erfolg dieser Koalitionsregierung, dass trotz er kommenden drastischen Reduzierung der Finanzmit- l seitens der EU den berechtigten Anliegen der Betrof- nen des ESF-Bleiberechtsprogramms auch weiterhin echnung getragen wird. Dr. Peter Tauber (CDU/CSU): Die Kolleginnen und ollegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordern in em uns vorliegenden Antrag, dass die arbeitsmarktli- hen Unterstützungen für Bleibeberechtigte und Flücht- nge in der kommenden achten Förderperiode 2014 bis 020 des Europäischen Sozialfonds, ESF, fortgeführt erden, schreiben in der Begründung ihres Antrags je- och selbst, dass die Bundesrepublik in der kommenden SF-Förderperiode 9,5 Milliarden Euro weniger Förder- ittel zugewiesen bekommt. Die Bundesregierung er- artet tatsächlich einen drastischen Rückgang der Struk- rfondsmittel. Durch die Arbeit der Regierungen Merkel wandelte ich die Bundesrepublik vom Träger der roten Laterne nter Rot-Grün zur europäischen Lokomotive. Im Ver- leich zu vielen europäischen Partnern stehen wir Gott ei Dank bestens da. So ist es natürlich schmerzhaft, aber gisch, dass unsere europäischen Freunde Fördergelder esentlich nötiger haben als wir. Fragen Sie sich bitte elbst, wie sie reagieren würden, wenn andere Länder in uropa dringend Fördergelder nötig haben und wir, die ir dank der guten Arbeit und Politik der christlich-libe- len Bundesregierung sehr gut dastehen, das Geld, das ndere bitter nötig haben, mit vollen Händen ausgeben. Das XENOS-Sonderprogramm „ESF-Bundespro- ramm zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibe- erechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeits- arkt“ wird von Juni 2008 bis Juni 2014 in zwei örderrunden umgesetzt und soll Bleibeberechtigte und lüchtlinge, die einen – mindestens nachrangigen – Zu- ang zum Arbeitsmarkt haben, bei der Integration in den rbeitsmarkt unterstützen. Es ist natürlich eine polemi- che Haltung, zu behaupten, dass die Bundesregierung ffenkundig plane, das Programm auslaufen zu lassen. s stand von Anfang an fest, dass das XENOS-Sonder- rogramm eine festgelegte Laufzeit hat. Bis zum 31. De- ember diesen Jahres werden 28 Beratungsnetzwerke it gut 230 Einzelprojekten gefördert. Allen Beteiligten ar klar, dass das ESF-Bundesprogramm für Bleibebe- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31117 (A) ) )(B) rechtigte und Flüchtlinge nach der Zweiten Förderrunde zu diesem Zeitpunkt ausläuft. Wir sollten die Situation aber nicht von irgendwel- chen Förderzeiträumen von Projekten betrachten, son- dern von den Menschen, die mit diesen Projekten geför- dert werden sollen. Und seien wir ehrlich, wenn ein Fördertopf um rund 35 Prozent kleiner wird, dann muss man die Karten neu mischen. Das tun wir, und wir tun das mit Blick auf die Menschen, die zu uns gekommen sind. Für die Bleibeberechtigen und Flüchtlinge bringt das zeitgerechte Auslaufen des XENOS-Sonderpro- gramms keine Nachteile. Eine Vielzahl von Angeboten der Regelförderung und geplante ESF-Programme ge- währleisten die Anpassung- und Nachqualifizierung so- wie Sprachförderangebote für Migrantinnen und Mi- granten. Die Antragsteller haben auch übersehen, dass das ESF-Programm „IdA-Integration“ durch Austausch bereits genehmigt ist und die bisherigen Aufgaben der Projektverbünde im ESF-Bleiberechtsprogramm durch IdA gefördert werden können. Darüber hinaus werden auch die Bundesländer opera- tionelle Programme für die achte Förderperiode 2014 bis 2020 des ESF auflegen, und sie haben die Möglichkeit, entsprechende eigene Programme für die bereits beste- henden Strukturen und Hilfeangebote einzuplanen. Die Bundesländer haben nun in der kommenden Förderperi- ode die großartige Möglichkeit, in eigener Zuständigkeit maßgeschneiderte und passgenaue Programme aufzule- gen, die auf die lokalen Bedürfnisse eingehen können und den Gegebenheiten vor Ort Rechnung tragen. Das ist gut und richtig und hilft, den Bleibeberechtigen und Flüchtlingen in den jeweiligen Regionen zielgerichtet zu helfen und zu sie fördern. Liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, Ihr Antrag liest sich, als würde unser Land mit dem bekannten Ende der Zweiten Förderrunde in vor- sintflutliche Zustände zurückfallen. Zum einen war allen Projektbeteiligten von Anfang an klar, dass Projekte nun mal zeitlich befristet sind und auch das ESF-Bundespro- gramm für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge zum fest- gelegten Zeitpunkt endet, zum anderen besteht eine Viel- zahl von Förderprogrammen wie „Integration durch Qualifizierung – IQ“ oder „IsA – Integration durch Aus- bildung“ weiter, und neue werden geschaffen. So soll das vom ESF geförderte Programm zur berufsbezogenen Sprachförderung für Menschen mit Migrationshinter- grund in der achten Förderperiode bis 2020 wieder aufgelegt werden und wir prüfen derzeit, ob auch Menschen, die im Leistungsbezug des Asylbewerber- leistungsgesetzes sind, an diesen Programm teilnehmen können. Wir sind auf dem richtigen Weg, aber wir und vor al- lem Sie müssen verstehen, dass europäische Fördermit- tel, die zur Förderung und Verbesserung des sozialen Zu- sammenhalts und der wirtschaftlichen Entwicklung in den Regionen der Europäischen Union eingesetzt wer- den sollen, in anderen Regionen wesentlich stärker be- nötigt werden. Die Erfolge des ESF-Bundesprogramms für Bleibe- berechtigte und Flüchtlinge werden sehr gerne in den F S d E B s d ti D li a d g m D s d fü b d e li D G s le w W u d m s ü g g m s a d ih F V n U h li ü g re M E fo h L (C (D okus der Betrachtung gestellt, jedoch kennt weder die tatistik der Bundesagentur für Arbeit noch die Auslän- erstatistik differenzierte und belastbare Aussagen zur rwerbsintegration von geduldeten Flüchtlingen in der undesrepublik. Die durch das Bleiberechtsprogramm elbst erhobenen Daten beziehen sich jedoch nur auf die urch das Programm erreichten Personen, und diese Sta- stikdaten sind bei weitem nicht repräsentativ für die in eutschland lebenden Bleibeberechtigten und Flücht- nge. Sie können uns gerne alles Mögliche unterstellen, ber ein Rückgang der Fondsmittel um 35 Prozent, der er positiven Entwicklung in unserem Land im Ver- leich zu anderen EU-Mitgliedstaaten geschuldet ist, acht eine stärkere Fokussierung der Mittel notwendig. as tun wir nun, und wir tun das mit Blick auf die Men- chen. Für die Bleibeberechtigen und Flüchtlinge wird as zeitgerechte Auslaufen des ESF-Bundesprogramms r Bleibeberechtigte und Flüchtlinge keine Nachteile ringen. Josip Juratovic (SPD): Ich danke den Grünen für ie Einbringung dieses Antrags. Wir sprechen heute über in Programm, mit dem Bleibeberechtigte und Flücht- nge in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden. ieses Programm zielt auf diejenigen ab, die in unserer esellschaft nur wenige Chancen bekommen. Die Men- chen, die bei uns als Flüchtlinge oder Bleibeberechtigte ben, kommen aus schwierigen Situationen zu uns und erden hier meist nicht in den Arbeitsmarkt integriert. ir alle wissen, dass es in der Flüchtlingspolitik immer m Einzelschicksale geht. Dem müssen wir gerecht wer- en, und zwar nicht nur mit Paragrafen, sondern auch it eindeutigen Aussagen, dass wir uns um die Men- chen kümmern, die in unserem Land sind, die meisten brigens seit mehreren Jahren. Das ESF-geförderte Pro- ramm für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge ist ein Pro- ramm, das sich genau um diese Einzelschicksale küm- ert. Mit der Arbeitsmarktintegration erhalten die Men- chen eine neue Chance. Sie können durch eine Chance uf Arbeit nicht nur ihren eigenen Lebensunterhalt ver- ienen, sondern sie erhalten oft auch einen neuen Sinn in rem Leben. Wir müssen uns bewusst sein, dass viele lüchtlinge, die zu uns kommen, traumatisiert sind. iele Menschen können ihre schrecklichen Erlebnisse icht einfach wegstecken und sind nicht so sicher im mgang mit unserer Gesellschaft. Wir müssen Respekt aben vor den traumatischen Erlebnissen dieser Flücht- nge und sie gerade durch solche Programme wie das, ber das wir heute sprechen, fördern. Umso trauriger stimmt es mich, dass dieses Pro- ramm vermutlich nicht weitergeführt wird. Die Konfe- nz der für Integration zuständigen Ministerinnen und inister hat im März den Beschluss gefasst, dass das SF-Programm für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge rtgeführt werden soll. Mehrere SPD-Landesminister aben sich in Schreiben an Bundesministerin von der eyen dafür eingesetzt, dass das Programm fortgesetzt 31118 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) wird. Leider waren die Aufforderungen und Bitten bis- lang nicht erfolgreich. Ich hoffe, dass nach dem Antrag der Grünen und den Reden dazu ein Umdenken bei der Ministerin einsetzt, um dieses Programm doch weiter zu fördern. Sollte das ESF-Programm tatsächlich nicht weiterlau- fen, müssen alternative Programme für Flüchtlinge und Bleibeberechtigte geöffnet werden. Es kann nicht sein, dass die außerordentlich hilfsbedürftige Gruppe von Bleibeberechtigten und Flüchtlingen allein gelassen wird. Es ist aus humanitären Gründen notwendig, dass wir uns hier engagieren. Es ist aber auch aus arbeits- marktpolitischen Gründen sinnvoll: Es hilft niemandem, wenn wir Flüchtlinge und Bleibeberechtigte in dauerhaf- ter Abhängigkeit von unserem Sozialsystem lassen. Auch dafür ist das vom ESF geförderte Programm sinn- voll. Die Evaluierung des Programms war zudem eindeu- tig: Das ist ein Programm mit hohem Wirkungsgrad und beeindruckenden Erfolgen. Knapp 5 500 Menschen konnten in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden; das ist fast die Hälfte der gesamten Programmteilneh- mer. Diese Evaluation spricht für sich. Es macht keinen Sinn, ein so erfolgreiches Programm sang- und klanglos zu streichen. Erfolgreich ist das Programm auch noch in einer wei- teren Hinsicht: Es wurden wichtige Netzwerke geschaf- fen, die vor Ort zusammenarbeiten, um Bleibeberech- tigte und Flüchtlinge zu unterstützen. Würde das Programm nicht weitergeführt, gehen auch diese Netz- werke verloren, und damit verlieren wir eine Menge Wissen um diese spezifische Personengruppe. Ich wurde von einigen Mitarbeitern in diesen Netzwerken ange- sprochen, die schon heute fürchten, dass die Unterstüt- zung für Flüchtlinge und Bleibeberechtigte bei der Ar- beitsmarktintegration extrem abnehmen wird, wenn das Programm nicht weitergeführt wird, und dass alle aufge- bauten Netzwerke und Erfolge verloren gehen. Erlauben Sie mir zum Schluss, Ihnen meine persönli- chen Erfahrungen in der Flüchtlingspolitik mit auf den Weg zu geben: Während der Kriege im ehemaligen Jugoslawien in den 90er-Jahren war ich in der Friedens- politik aktiv. Ich war im Kreis Heilbronn eine Anlauf- stelle für Flüchtlinge aus den Kriegsländern des ehemali- gen Jugoslawien. In meinem Haus lebten teilweise bis zu 18 Flüchtlinge, übrigens aus verschiedenen Ethnien aus dem ganzen ehemaligen Jugoslawien. Zum Glück durf- ten diese Menschen hier arbeiten und konnten sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen; aber auch für sie wäre das Programm, über das wir heute sprechen, eine Chance gewesen. Es wäre nicht nur eine Chance für diese Men- schen gewesen, sondern auch für unsere gesamte Gesell- schaft. Wir sprechen sehr oft über die Fachkräfteent- wicklung in unserem Land. Wir sollten daher dringend daran arbeiten, dass wir Flüchtlingen und Geduldeten, die oft von uns ausgebildete Fachkräfte sind, eine Chance auf unserem Arbeitsmarkt und in unserer Gesell- schaft geben. Daher appelliere ich an die Bundesregierung: Führen Sie das erfolgreiche ESF-geförderte Bundesprogramm w F e z ti G re m u z h le d g s g 3 E H S P a S H s h d b d w d W d k F m k 6 V s D a ü n fo w R d im u d (C (D eiter, und geben Sie den Bleibeberechtigten und lüchtlingen, aber auch unserem ganzen Land damit ine Chance! Pascal Kober (FDP): Das ESF-Bundesprogramm ur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberech- gte und Flüchtlinge läuft noch bis zum 30. Juni 2014. efördert werden dabei Netzwerke auf lokaler und gionaler Ebene unter Einbeziehung der Arbeitsge- einschaften und der zugelassenen kommunalen Träger, m möglichst vielen der infrage kommenden Menschen u einer auf Dauer angelegten Erwerbstätigkeit zu ver- elfen. Die miteinander vernetzten Beratungsstellen sol- n unter anderem in Zusammenarbeit mit Unternehmen urch berufsbegleitende Qualifizierung den Beschäfti- ungserhalt der Zielgruppe sowie deren Verbleibsaus- ichten auf dem Arbeitsmarkt erhöhen. Das Sonderprogramm, das unter dem Dach des Pro- ramms Xenos läuft, hat ein Gesamtvolumen von rund 4 Millionen Euro, wovon 19 Millionen aus Mitteln des uropäischen Sozialfonds sind und 12 Millionen eigene aushaltsmittel des Bundesministeriums für Arbeit und oziales. Für eine abschließende Bewertung des Erfolgs des rojektes ist es zum jetzigen Zeitpunkt noch etwas früh, ber die Grundrichtung scheint mir die richtige zu sein. o hat eine Zwischenevaluation der Lawaetz-Stiftung amburg ergeben, dass bis Dezember 2009 12 300 Per- onen an Maßnahmen des Programms teilgenommen aben und dass davon 22 Prozent in Arbeit oder eine uale Ausbildung vermittelt wurden. Dies halte ich für emerkenswert, weil über 80 Prozent der Teilnehmen- en keine abgeschlossene Berufsausbildung haben. Uns muss allen klar sein, dass Deutschland ein Ein- anderungsland ist. Wir brauchen qualifizierte Zuwan- erung, um den Herausforderungen des demografischen andels gewachsen zu sein und den daraus resultieren- en Fachkräftemangel lindern zu können. Daher hat diese christlich-liberale Regierungs- oalition Hürden gesenkt, um mehr Zuwanderung von achkräften nach Deutschland lancieren zu können. Ich öchte an dieser Stelle zum Beispiel nur an das Absen- en der Mindesteinkommensgrenze für Fachkräfte von 6 000 auf 48 000 Euro pro Jahr erinnern. Oder an die erlängerung des Zeitraums, in dem ausländische Hoch- chulabsolventen nach Abschluss ihres Studiums in eutschland aufenthaltsberechtigt sind. Programme des ESF sind zumeist als Modellprojekte usgelegt. Eine dauerhafte Fortführung des Programms ber Mittel des ESF ist vonseiten der Bundesregierung icht geplant. Dies liegt auch am finanziellen Volumen der Struktur- ndsmittel, wie es Deutschland nach 2014 erhalten ird. Nach derzeitiger Einschätzung wird es einen ückgang um circa 35 Prozent geben. Dies ist unter an- erem der relativ positiven Entwicklung in Deutschland Verhältnis zu anderen EU-Mitgliedstaaten geschuldet nd macht eine stärkere Fokussierung der Mittel erfor- erlich. Aber klar ist, dass wesentliche Bestandteile des Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31119 (A) ) )(B) Programms über andere Programme weitergeführt wer- den können. Durch die Beendigung des Programms ergeben sich für die Bleibeberechtigten und Flüchtlinge jedoch keine Nachteile. Die Verbesserung der sprachlichen und be- ruflichen Qualifizierung von EU- und Drittstaatsange- hörigen wird weiterhin unterstützt und künftig neben Angeboten der Regelförderung insbesondere über die geplanten ESF-Programme für die Anpassungs- und Nachqualifizierungen sowie die berufsbezogenen Sprach- förderangebote für Migrantinnen und Migranten ge- währleistet. Zudem können weitere Aufgaben des Pro- grammes über das bereits genehmigte ESF-Programm „Integration durch Austausch“ gefördert werden. Auch die Bundesländer werden eigene Programme für den ESF in den Jahren 2014 bis 2020 auflegen. Dabei haben sie die Möglichkeit, entsprechende eigene Pro- gramme einzuplanen. In Anbetracht der zurückgehenden Mittel des ESF und der Möglichkeit, dass die Programminhalte durch andere Programme ersetzt werden können, halte ich es für vertretbar, das Programm nicht weiterlaufen zu las- sen. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Die Bundesregierung plant, eines der erfolgreichsten Programme zur Vermitt- lung von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeits- markt einzustampfen. Was sich zunächst nach einem Schildbürgerstreich anhört, ist leider bittere Realität. Ein Aufschrei bleibt aber aus; denn bei den Betroffenen han- delt es sich um Flüchtlinge, Geduldete, Menschen mit ei- ner unsicheren Bleiberechtsperspektive in Deutschland. Diese Gruppe hat bislang von einem Förderprogramm profitiert, das auch aus dem Europäischen Sozialfonds finanziert wurde. In diesem Programm zur arbeitsmarkt- lichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flücht- linge mit Zugang zum Arbeitsmarkt wurden in den ver- gangenen sechs Jahren 11 000 Menschen erreicht; die Hälfte von ihnen fand in der Folge eine Beschäftigung auf dem regulären Arbeitsmarkt. Beteiligt waren insge- samt 28 regionale Netzwerke mit insgesamt 230 Projekt- partnern. In diesen Netzwerken ist über die Jahre ein rie- siger Schatz an Erfahrung in der Qualifizierung und Vermittlung von Flüchtlingen und Geduldeten mit Blei- berechtsperspektive entstanden. Diese Menschen wer- den durch zahlreiche Maßnahmen beim Zugang zum Ar- beitsmarkt diskriminiert: das Arbeitsverbot im ersten Jahr des Aufenthalts in Deutschland, den nachrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt in den drei Jahren danach – was faktisch einem Arbeitsverbot gleichkommt –, die fehlende Anerkennung von erworbenen Berufsqualifika- tionen, keinen Zugang zu Sprach- und Integrationskur- sen. Dass es dennoch gelungen ist, so vielen einen Ar- beitsplatz zu verschaffen und anderen wenigstens eine Perspektive aufzuzeigen, ist ein großer Erfolg. In einer Kleinen Anfrage hat meine Fraktion die Bun- desregierung nach der Fortführung dieser Programme befragt. Die Antwort, die mir seit zwei Tagen vorliegt, ist ein Dokument der Ignoranz und Gleichgültigkeit g P g h 5 w n s fr F w w z a v li re w d z g d re A v M A c e d M a d s ru fü s d je G K a n te F d h im v ih d S In N d (E N (C (D egenüber den Betroffenen. Aus der Einstellung des rogramms ergäben sich „für die betroffenen Personen- ruppen keine Nachteile“, wird da begründungslos be- auptet. Da drängt sich allerdings die Frage auf, wofür 0 Millionen Euro in drei Jahren ausgegeben wurden, enn es egal sein soll, ob es dieses Programm gibt oder icht. Für jedes der bislang aus Mitteln des Europäi- chen Sozialfonds geförderten Programme haben wir ge- agt, ob eine gezielte Ausweitung auf die Gruppe der lüchtlinge und Bleibeberechtigten geplant ist. Die Ant- ort lautet ganz klar Nein. Die Bundesregierung ver- eist zwar darauf, dass einige dieser Programme, etwa ur Nachqualifizierung im Ausland erworbener Berufs- bschlüsse für den deutschen Arbeitsmarkt, unabhängig om Aufenthaltsstatus allen offen stehen. Ganz wesent- ch für den Erfolg des ESF-Bundesprogramms „Bleibe- cht“ war aber das Funktionieren der regionalen Netz- erke, die auch potenziellen Arbeitgebern halfen, sich urch das Dickicht der deutschen Ausländerverwaltung u kämpfen. Diese Netzwerke werden nun nicht mehr efördert, und auch die Einrichtung von Fachstellen, die iesen Wegfall kompensieren könnten, lehnt die Bundes- gierung explizit ab. Auch ansonsten zeigt die Bundesregierung in ihrer ntwort keinerlei Willen, die arbeitsmarktliche Lage on Asylsuchenden, Geduldeten und bleibeberechtigten enschen zu verbessern. Im Zuge der Neuordnung des usländerbeschäftigungsrechts soll nun auch asylsu- henden und geduldeten Flüchtlingen nach vier Jahren in gleichrangiger Arbeitsmarktzugang geschaffen wer- en. Aber ohne weitere Unterstützung werden diese enschen es nach vier Jahren erzwungener Untätigkeit, bgeschoben in Sammelunterkünfte und durch die Resi- enzpflicht in ihrer Mobilität massiv beschnitten, kaum chaffen, einen Arbeitsplatz zu finden. Die Bundesregie- ng muss an dieser Stelle endlich umdenken und auch r diese Gruppe Instrumente für die Integration in Be- chäftigung schaffen – ob mit oder ohne die Mittel aus em Europäischen Sozialfonds. Ich will am Ende noch darauf hinweisen, dass etwa der achte Teilnehmer des Bleiberechtsprogramms zur ruppe der Roma gehört. Roma beispielsweise aus dem osovo konnten sich über diese Programme einen Weg us der Kettenduldung in einen sicheren Aufenthalt bah- en. Für diese Gruppe gibt es sonst keinerlei zielgerich- te Förderung, wie schon frühere Anfragen meiner raktion ergeben haben. Auch das scheint für die Bun- esregierung also keine Rolle zu spielen. Die Kanzlerin at den Roma bei der Einweihung des Denkmals für die Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma im ergangenen Oktober Unterstützung beim Kampf für re Rechte zugesagt. In ihrem Regierungshandeln ist avon nichts zu bemerken. Ich fordere Sie auf: Lassen ie es nicht bei Sonntagsreden, handeln Sie aktiv für die tegration von Roma und anderen Flüchtlingen! Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Die Bundesarbeitsministerin will die Bundesför- erung für Projekte aus dem Europäischen Sozialfonds SF) der in 16 Bundesländern engagiert arbeitenden etzwerke zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für 31120 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Bleibeberechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Ar- beitsmarkt nicht über das laufende Haushaltsjahr hinaus fortführen. Das ist ein integrations- und arbeitsmarkt- politisch unsinniger Beschluss der Ministerin von der Leyen und ihres Ministeriums. Seitdem hat es aus Politik und Gesellschaft zahlreiche kritische Stellungnahmen gegenüber dem BMAS bzw. der Bundesregierung gegeben. Exemplarisch sei hier nur auf den einstimmigen Beschluss der Integrationsminis- terkonferenz vom März 2013, auf die Stellungnahmen der BAG der Wohlfahrtsverbände, der Landesflücht- lingsräte sowie der EKD verwiesen. Die Ministerin reagiert, wie zum Beispiel in einem Antwortschreiben an mich, in dieser Thematik unsensi- bel und verweist darauf, dass ja die Länder in die Pro- jektfinanzierung stärker eintreten könnten. Daher hat meine Fraktion vorliegenden Antrag einge- bracht, der sich für die Fortführung des Bundesprogram- mes zur arbeitsmarktlichen Unterstützung von Bleibebe- rechtigten und Flüchtlingen einsetzt. Denn das ESF- Bundesprogramm für Bleibeberechtigte ist ein Erfolgs- modell. Dies belegt auch die im März 2013 vorgelegte Pro- grammevaluation: Danach konnte rund die Hälfte der knapp 11 000 Teilnehmenden in Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt bzw. in eine Ausbildung vermittelt werden. Die Autoren dieser – durch das BMAS geförderten – Evaluierungsstudie kommen zu der unmissverständli- chen Empfehlung, „das Bleiberechtsprogramm in seiner jetzigen Struktur neu aufzulegen“. Dies deckt sich auch mit dem einstimmigen Beschluss der 8. Integrationsmi- nisterkonferenz von Bund und Ländern von Ende März 2013. Darin wird einstimmig gefordert, die Fortführung des Bundesprogramms mit seinen Hilfeangeboten und Strukturen auch über 2013 hinaus zu gewährleisten. Selbst angesichts des Umstandes, dass der Bundesre- publik Deutschland für die kommende ESF-Förderperi- ode seitens der EU rund 9,5 Milliarden Euro weniger Fördermittel zur Verfügung gestellt werden, erscheint mir das Anliegen der Integrationsministerkonferenz sachgerecht und notwendig. Es wird meines Erachtens erforderlich sein, die Ziel- gruppe des Bundesprogramms – Asylsuchende, Gedul- dete und Bleiberechtigte – auch in Zukunft gesondert zu adressieren, denn der Arbeitsmarktzugang bzw. die Inan- spruchnahme von Arbeitsförderungsmaßnahmen nach dem SGB ist für diese Personengruppe nach wie vor rechtlich beschränkt bzw. ausgeschlossen. Zudem kommt es bei diesem Personenkreis, aber auch beim tatsächlichen Arbeitsmarktzugang zu erhebli- chen Vermittlungsschwierigkeiten. Zum einen sind hier Bildungsaspekte – Sprachkenntnisse, Ausbildungsgrad oder nicht anerkannte Bildungsabschlüsse – zu nennen. Flüchtlinge leiden aber auch unter psychischen oder psy- chosozialen Belastungen durch Fluchterfahrungen und/ oder als Folge von Arbeitsverboten bzw. einer langjährig erzwungenen beruflichen Untätigkeit. ü m b – w d d ß g tu A H d n m b S re z d b z m p B b A te S n d s m im m z fe v E ti k e (C (D Gerade auch wegen der vielfältigen und zum Teil un- bersichtlichen rechtlichen Besonderheiten des Arbeits- arktzugangs bzw. bei der Inanspruchnahme von Ar- eitsförderungsmaßnahmen hat sich eine intensive und gerade auch rechtlich – spezialisierte Beratung be- ährt. Insofern erscheint mir eine Fortführung gerade er Beratungsstrukturen unerlässlich, die sich innerhalb es Bundesprogramms entwickelt und die zu dessen au- erordentlich positiver Zwischenbilanz maßgeblich bei- etragen haben. Den Menschen, die diese Beratungsleis- ng erbracht haben, gebührt unser Dank – und nicht die bwicklung. Auch werden die Bedarfe steigen, allein schon im inblick auf steigende Zahlen von Asylsuchenden und ie geplante Ausweitung von Formen der aktiven Auf- ahme von Flüchtlingen, zum Beispiel über Resettle- ent-Kontingente. Erst recht wird ein erhöhter Bedarf estehen, wenn der Beschluss des Bundesrates für die chaffung einer sogenannten rollierenden Bleiberechts- gelung umgesetzt wird. Auch die fortschreitende Öffnung der Arbeitsmarkt- ugangsregelungen für die Zielgruppe des jetzigen Bun- esprogramms, zum Beispiel die Verkürzung des Ar- eitsverbotes für Asylsuchende auf neun Monate, wird u einer Steigerung des Bedarfs von Arbeitsförderungs- aßnahmen führen. Daher ist es sinnvoll, das erfolgreiche ESF-Bundes- rogramm zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für leibeberechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Ar- eitsmarkt weiterzuführen. nlage 17 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafbar- keit der Verstümmelung weiblicher Genitalien (…Strafrechtsänderungsgesetz – …StrÄndG) (Zusatztagesordnungspunkt 10) Ute Granold (CDU/CSU): Wir beraten heute in ers- r Lesung den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur trafrechtsänderung, mit der wir durch die Schaffung ei- es eigenen Straftatbestandes zur Genitalverstümmelung en Opferschutz verbessern und das Problembewusst- ein der Öffentlichkeit schärfen wollen. In diesem Haus besteht Einigkeit, dass die Verstüm- elung der weiblichen Genitalien, in welcher Form auch mer, eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung it einem besonderen Unrechtsgehalt ist. Sie wirksam u verfolgen und überführte Täter angemessen zu bestra- n, ist unbestritten die Aufgabe der staatlichen Straf- erfolgungsorgane. Eine Rechtfertigung für derartige ingriffe unter Verweis auf religiöse Gebote oder Tradi- onen gibt es nicht. Das Grundgesetz garantiert das Recht auf Leben und örperliche Unversehrtheit und auch das Recht auf sexu- lle Selbstbestimmung. Es ist demnach verfassungs- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31121 (A) ) )(B) rechtlich geboten, die Praxis der Genitalverstümmelung mit Nachdruck zu bekämpfen. Auf internationaler Ebene verpflichten uns unter anderem sowohl die UN-Kinder- rechtskonvention als auch die UN-Frauenrechtskonven- tion zum entschlossenen Einsatz gegen die Genital- verstümmelung. Am 20. Dezember 2012 hat die UN-Vollversammlung die von 110 Ländern eingebrachte Resolution „Intensify- ing global efforts for the elimination of female genital mutilations“ angenommen. In der Resolution werden die UN-Mitgliedstaaten dazu aufgefordert, wirksame Maß- nahmen zur Überwindung weiblicher Genitalverstüm- melung zu ergreifen. Dazu gehören neben einem gesetz- lichen Verbot landesweite Sensibilisierungskampagnen und Präventionsmaßnahmen zum Schutz gefährdeter Mädchen. Auch wenn die Resolution rechtlich nicht bin- dend ist, ist sie ein wichtiges Signal der Staatengemein- schaft zur weltweiten Überwindung dieser schweren Menschenrechtsverletzung. Lassen Sie mich zunächst einige Bemerkungen zur Ausgangssituation machen, bevor ich kurz die Genese des heute beratenen Gesetzentwurfes skizzieren und die zentralen Punkte unseres rechtspolitischen Vorhabens zusammenfassen werde. Seit einigen Jahren ist auch in Deutschland die Ver- stümmelung weiblicher Genitalien in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Die aus religiösen oder traditio- nellen Gründen vorgenommenen Genitalverstümmelun- gen kommen vor allem in Ländern Afrikas, aber auch in einzelnen Ländern Asiens und Südamerikas vor. Der Anteil der betroffenen Frauen und Mädchen liegt je nach Land zwischen 1 und 98 Prozent. Laut UN-Kinderhilfs- werk UNICEF werden weltweit jeden Tag mehr als 8 000 Mädchen an ihren Genitalien verstümmelt. Gesicherte empirische Erkenntnisse bzw. Daten dazu, wie viele in Deutschland lebende Frauen und Mädchen von Genitalverstümmelung betroffen und bedroht sind, liegen zwar nicht vor. Es gibt aber Schätzungen von Nichtregierungsorganisationen, die sich auf Prävalenz- raten stützen, die in den Herkunftsländern dieser Frauen und Mädchen für die weibliche Genitalverstümmelung angenommen werden. So geht die Nichtregierungsorga- nisation Terre des Femmes beispielsweise für 2012 von knapp 24 000 betroffenen Frauen (über 20 Jahre) und etwa 6 000 von Genitalverstümmelung bedrohten Frauen und Mädchen in Deutschland aus. Die körperlichen Folgen der weiblichen Genitalver- stümmelung sind vielfältig und hängen unter anderem vom Typ der Verstümmelung, den hygienischen Durch- führungsbedingungen und dem allgemeinen Gesund- heitszustand des Mädchens oder der Frau ab. Sie umfas- sen akute Komplikationen wie zum Beispiel Infektionen, Probleme beim Wasserlassen, Verletzung benachbarter Organe oder Blutungen. Als längerfristige bzw. dauer- hafte Folgen werden zum Beispiel Komplikationen während Schwangerschaft und Geburt sowie psychische Folgen wie Angst, Depressionen und chronische Reiz- barkeit genannt. re 2 b n re d Ö s d s B ru a w u F d u s g A d z re z fü (§ z d o b d s d p e s w fe e M e a e d ru z R g e is d te d (C (D Zwar kann schon heute die Verstümmelung der äuße- n weiblichen Genitalien nach den §§ 223 und 24 StGB mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren estraft werden. Für einen höheren Schutz der Betroffe- en soll die Bekämpfung der Verstümmelung der äuße- n weiblichen Genitalien aber durch die Strafrechtsän- erung weiter verstärkt und das Bewusstsein der ffentlichkeit für das Unrecht, das in jeder Genitalver- tümmelung liegt, geschärft werden. Zwar ist klar, dass er Schwerpunkt bei der Bekämpfung der Genitalver- tümmelung in erster Linie im präventiven und sozialen ereich liegen muss. Die bereits angesprochenen Erfah- ngen in vielen anderen europäischen Ländern haben ber gezeigt, dass auch in strafrechtlicher Hinsicht ein eiterer wichtiger Beitrag geleistet werden kann. Dem Bundestag liegen mit dem Bundesratsentwurf nd je einem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion und der raktion der Grünen bereits drei weitere Vorschläge vor, ie sich dieser rechtspolitischen Herausforderung auf nterschiedliche Art und Weise stellen. Eine Sachverständigenanhörung des Rechtsausschus- es des Deutschen Bundestages am 24. April 2013 hat ezeigt, dass die in den Gesetzentwürfen entwickelten nsätze in der vorliegenden Form nicht geeignet sind, ie von allen Fraktionen grundsätzlich begrüßte Zielset- ung eines besseren Opferschutzes und einer effektive- n Strafverfolgung in diesem Bereich zufriedenstellend u erreichen. So sieht der Gesetzentwurf des Bundesrates die Ein- hrung eines Tatbestandes der Genitalverstümmelung 226 a StGB neu) mit einer Freiheitsstrafe nicht unter wei Jahren vor. Strafbar soll dabei die Verstümmelung er äußeren weiblichen Genitalien durch Beschneidung der auf andere Weise sein. Zusätzlich soll der Tat- estand in den Katalog des § 5 StGB aufgenommen wer- en, um dem Phänomen der sogenannten Ferienbe- chneidungen zu begegnen. Eine Tat im Ausland soll anach auch strafbar sein, wenn das Opfer zum Zeit- unkt der Tat seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Auf- nthalt im Inland hat. Ferner soll der neue Straftatbe- tand auch in § 78 b StGB berücksichtigt werden. Damit ürde die Verjährungsfrist bis zur Volljährigkeit des Op- rs ruhen. Hier haben sich in der Anhörung einige Kritikpunkte rgeben. So erscheint zum Beispiel die vorgesehene indestfreiheitsstrafe von zwei Jahren als zu hoch. Sie rmöglicht im konkreten Fall nur sehr selten eine Straf- ussetzung zur Bewährung, weil § 56 StGB diese nur bei iner Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zulässt und zu- em § 56 Abs. 2 StGB eine Strafaussetzung zur Bewäh- ng bei einer Freiheitsstrafe von über einem und bis zu wei Jahren an besondere Umstände knüpft. Bei den sogenannten Ferienbeschneidungen ist in der egel bereits deutsches Strafrecht anwendbar, weil auf- rund der Mitwirkungshandlungen der Eltern – und sei s deren Unterlassen – zugleich eine Inlandstat gegeben t. Soweit der Gesetzentwurf auch Fälle erfassen soll, in enen Eltern keinerlei Vorbereitungshandlung bzw. Un- rlassen in Deutschland nachgewiesen werden kann und ie Tat am Tatort auch nicht strafbewehrt ist, werden er- 31122 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) hebliche Beweiserhebungs- und Rechtshilfeschwierig- keiten eine Strafverfolgung häufig unmöglich machen. Dies gilt erst recht, wenn die Tat am Tatort gar nicht strafbar ist, das dortige Justizsystem per se erhebliche Defizite aufweist oder aus sonstigen Gründen schon eine rein inländische Strafverfolgung auf erhebliche Schwie- rigkeiten stößt. Die vorgeschlagene Ausweitung hätte somit voraussichtlich insgesamt nur symbolische Bedeu- tung. Der Bundesratsvorschlag, die Ruhensregelung des § 78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB so zu erweitern, dass auch bei Genitalverstümmelungen die Verjährung bis zum 18. Le- bensjahr des Opfers ruht, wurde – der Sache nach – be- reits mit der am 1. Oktober 2009 durch das 2. Opfer- rechtsreformgesetz in Kraft getretenen Erweiterung des § 78 b Abs. 1 StGB um § 225 StGB zur Misshandlung von Schutzbefohlenen umgesetzt. Bei der Schaffung ei- nes expliziten Tatbestandes der Genitalverstümmelung ist es naheliegend, die Ruhensregelung durch Aufnahme dieses neuen Tatbestandes anzupassen. Der Grünen-Entwurf schlägt die Einfügung der Geni- talverstümmelung in den Katalog des § 226 Abs. 1 StGB als schwere Körperverletzung vor, die mit einer Frei- heitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren geahndet werden kann. Danach soll eine schwere Körperverlet- zung vorliegen, wenn die verletzte Person die weibli- chen Genitalien verliert oder diese auf andere Art ver- stümmelt werden oder dauernd nicht gebraucht werden können. Auch hier ist eine Einstellung des Tatbestandes in den Katalog des § 5 StGB vorgesehen, wonach § 226 Abs. 1 Nummer 3 StGB neu auf im Ausland begangene Taten Anwendung finden soll, wenn die Person, gegen die die Tat begangen wird, zur Tatzeit ihren gewöhnli- chen Aufenthalt im Inland hat oder – zusätzlich zum Ge- setzentwurf des Bundesrates und der SPD-Fraktion – der Täter Deutscher ist. Der Vorschlag der Grünen geht in seiner Begrifflich- keit zu weit, da hier auch die inneren weiblichen Genita- lien einbezogen werden. Wie die Begründung ausführt, mag es zwar sein, dass in einigen Fällen nicht nur die äu- ßeren, sondern auch die inneren Geschlechtsorgane von der Verstümmelung mitbetroffen sind. Es ist aber keine traditionelle Praktik bekannt, die nicht auf die äußeren Geschlechtsorgane zielt. Die „Unbrauchbarmachung“ und der Verlust der inneren Geschlechtsorgane dürfte schon unter § 226 Abs. 1 Nr. 1 StGB (Unfruchtbarkeit) fallen, die der äußeren dürfte bereits durch die Verstüm- melung erfasst sein. Die Einfügung der Genitalverstümmelung in den Ka- talog des § 226 Abs. 1 StGB hätte zur Folge, dass bei wissentlicher oder beabsichtigter Genitalverstümme- lung nach § 226 Abs. 2 StGB Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren angedroht ist. Da die Voraussetzungen des § 226 Abs. 2 StGB ausnahmslos vorliegen werden, wird die Genitalverstümmelung nach diesem Gesetzentwurf immer mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft werden. Das erscheint unangemessen. Nach § 226 Abs. 2 StGB wirkt die „niedrige Gesinnung“ strafverschärfend, die sich darin zeigt, dass das Opfer besonders schwer und in der Regel irreversibel getroffen werden soll. D tr G b b – b d z s ta s e c a e e – z d 5 b d b z d n a n w n le s V h d h g g o li in s s n fä – lu A e d D e e (C (D iese niedrige Gesinnung kann man in den Fällen der aditionellen „Beschneidung“, bei denen die Eltern den eboten ihrer Tradition folgen und ihren Töchtern nicht öswillig schaden wollen, nicht feststellen. Zudem erge- en sich aufenthaltsrechtliche Folgen, da ein Ausländer darum wird es sich in der Mehrzahl der Fälle handeln – ei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von min- estens drei Jahren nach § 53 Nr. 1 des Aufenthaltsgeset- es zwingend ausgewiesen werden muss. Eine Strafaus- etzung zur Bewährung ist ebenfalls ausgeschlossen. Bereits in der Bundestagsanhörung zum Thema Geni- lverstümmelung 2007 ist dieses Spannungsfeld zwi- chen einer angemessenen Bestrafung der Täter auf der inen und den sich daraus ergebenden aufenthaltsrechtli- hen Konsequenzen für die betroffenen Familien auf der nderen Seite thematisiert worden. So ist es fraglich, ob s im Sinne der Opfer ist, die Familien durch die Folgen ines Strafprozesses – sprich: die Ausweisung der Eltern auseinanderzureißen. Hier gilt es einen Kompromiss u finden, der die strafrechtlichen Regelungen auch auf as abgestufte System der Rechtsfolgen nach §§ 53 bis 6 Aufenthaltsgesetz angemessen abstimmt. Auch im Entwurf von Bündnis 90/Die Grünen erge- en sich mit Blick auf die Aufnahme des Tatbestandes in en Katalog des § 5 StGB die gleichen Bedenken wie eim Bundesratsentwurf. Soweit der Entwurf vorsieht, usätzlich auch den reinen Auslandsfall zu erfassen, bei em der Täter Deutscher ist – auch wenn sein Opfer sei- en gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hat –, ist nzumerken, dass eine entsprechende Ausweitung zwar icht systemwidrig wäre, die praktische Relevanz aber iederum äußerst gering sein dürfte. Der SPD-Entwurf sieht als Lösung die Einfügung ei- es neuen Abs. 3 in § 224 StGB, wonach die Körperver- tzung mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr be- traft wird, wenn sie in der Beschneidung oder erstümmelung der weiblichen Genitalien besteht. Auch ier ist analog zum Bundesratsentwurf eine Einstellung es Tatbestandes in den Katalog des § 5 StGB vorgese- en, wonach § 224 Abs. 3 StGB neu auf im Ausland be- angene Taten Anwendung findet, wenn die Person, ge- en die Tat sich richtet, zur Zeit der Tat ihren Wohnsitz der gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Wie beim Gesetzentwurf der Grünen ist die Begriff- chkeit auch hier zu weit gefasst, da hier ebenfalls die neren weiblichen Genitalien einbezogen werden. Aus ystematischer Sicht ist eine Erfassung der Genitalver- tümmelung durch eine Ergänzung von § 224 StGB icht zu befürworten. § 224 StGB bedroht bestimmte ge- hrliche Begehensweisen mit höherer Strafe und stellt anders als § 226 StGB – nicht auf die durch die Hand- ng verursachten schweren Folgen ab. Bezüglich der ufnahme des Tatbestandes in den Katalog des § 5 StGB rgeben sich die entsprechenden Bedenken entsprechend er Gesetzentwürfe des Bundesrates und von Bündnis 90/ ie Grünen. Vor diesem Hintergrund hat sich die Koalition dazu ntschlossen, mit dem heute von uns beratenen Gesetz- ntwurf einen eigenen Vorschlag vorzulegen, der den Er- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31123 (A) ) )(B) gebnissen der Anhörung und der bisherigen Beratungen Rechnung trägt. Auch wir schlagen wie der Bundesratsentwurf die Schaffung eines eigenständigen Straftatbestands für die Verstümmelung der äußeren weiblichen Genitalien im Strafgesetzbuch – § 226 a StGB-E – vor. Dieser sieht im Vergleich zur geltenden Rechtslage – Strafbarkeit im Regelfall nach den §§ 223, 224 StGB: sechs Monate bis zehn Jahre Freiheitsstrafe – eine Erhöhung des Strafrah- mens auf ein bis fünfzehn Jahre Freiheitsstrafe vor. Als Folge ist die Verjährungsregelung des § 78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB an die Neuregelung anzupassen. In der Straf- prozessordnung sind als weitere Folge der Einführung des § 226 a StGB-E die Vorschriften über die Nebenkla- geberechtigung (§ 395 StPO) und zur Bestellung eines Rechtsbeistandes (§ 397a StPO) anzupassen. In der Anhörung ist ein weiterer Aspekt sehr kontro- vers diskutiert worden, der sich so nicht in den drei ge- nannten Gesetzentwürfen wiederfindet. Um Genitalver- stümmelung wirksamer bekämpfen zu können, wurde die Einführung eines Melderechts bzw. einer Melde- pflicht für Ärzte erörtert. So wurde unter anderem ver- mutet, dass die Meldepflicht in Frankreich dafür mitver- antwortlich ist, dass Frankreich der einzige europäische Staat ist, in dem es bislang zu nennenswerter Strafverfol- gung in diesem Bereich gekommen ist. Gegen eine Meldepflicht spricht nach unserer Auffas- sung, dass es damit für Ärzte schwerer wird, Opfer zu versorgen. Aus Angst vor einer Meldung würden Eltern ihre betroffenen Kinder nach einer Genitalverstümme- lung nicht mehr versorgen lassen. Nach dem am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Ge- setz zur Kooperation und Information im Kinderschutz, KKG, ist nach § 4 Abs. 3 die ärztliche Schweigepflicht bereits heute bei einer anderweitig nicht zu beseitigen- den Gefährdung des Kindeswohls aufgehoben. Der Arzt ist in einem solchen Fall befugt, das Jugendamt einzu- schalten. Die Bundesärztekammer weist in ihren Emp- fehlungen zum Umgang mit Patientinnen nach weibli- cher Genitalverstümmelung zudem zutreffend darauf hin, dass unabhängig davon die Schweigepflicht beim Vorliegen der Voraussetzungen eines rechtfertigenden Notstands nach § 34 StGB entfällt. Dies kann besonders dann in Betracht kommen, wenn ein Arzt aus Gesprä- chen mit einer Patientin Hinweise auf die bevorstehende Verstümmelung eines weiteren Familienmitglieds erhält. Ein Melderecht ist also bereits grundsätzlich durch die Vorgaben des KKG und des Strafrechts gegeben. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, diesen Aspekt nicht in den Gesetzentwurf aufzunehmen – also weder ein Melderecht noch eine Meldepflicht explizit einzufügen. Wir sind der Auffassung, dass unser Vorschlag unter den möglichen Alternativen den besten Weg aufzeigt, wie wir den Schutz der Betroffenen durch eine effekti- vere Bekämpfung der Verstümmelung der äußeren weib- lichen Genitalien verbessern können. Zusätzlich wird das Bewusstsein der Öffentlichkeit für das Unrecht, das in jeder Genitalverstümmelung liegt, deutlich geschärft. m d fe ti v V W ü lu M d M v lu b g tr a le W g F D b ri m d te w d s S w d g a § in d v b n s u c ru d (C (D Sonja Steffen (SPD): Das Thema Genitalverstüm- elung beschäftigt uns schon lange. Es liegen bereits rei Gesetzentwürfe vor, die wir im Rahmen einer öf- ntlichen Anhörung im Rechtsausschuss beraten haben. Ich freue mich, dass sich nun auch die Koalitionsfrak- onen einen Ruck gegeben und einen Gesetzentwurf orgelegt haben. Der stete Druck von Verbänden und ereinen, von Oppositionsparteien und Bundesrat hat irkung gezeigt. Das bedeutet, dass wir uns in diesem Hause fraktions- bergreifend einig sind, dass es sich bei der Verstümme- ng der weiblichen Genitalien um eine schwerwiegende enschenrechtsverletzung handelt und die Aufnahme in as Strafgesetzbuch eine notwenige Maßnahme ist, um ädchen und Frauen zu schützen und das Praktizieren on Genitalverstümmelung einzudämmen. Die verschiedenen Formen der Genitalverstümme- ng rufen gravierende gesundheitliche Schäden bei den etroffenen Frauen hervor. Neben Schmerzen, Blutun- en, Infektionen und anderen akuten Komplikationen eten häufig auch langfristige und chronische Schäden uf. Die verstümmelten Frauen sind traumatisiert und iden unter langfristigen psychischen Folgen: seelische unden, die nicht heilen. Nichtregierungsorganisationen wie Terre des Femmes ehen davon aus, dass neben den bereits betroffenen rauen und Mädchen weitere 4 000 bis 6 000 in eutschland lebende von einer Genitalverstümmelung edroht sind. Diese Zahlen zeigen, dass wir mit aufkläre- schen und präventiven Maßnahmen alles versuchen üssen, um weitere Genitalverstümmelungen zu verhin- ern. Auch das Strafrecht kann hier einen Beitrag leis- n. In der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses urde vor allem auf die systematischen Schwierigkeiten er einzelnen Vorschläge hingewiesen. Der von den Koalitionsfraktionen nun vorgelegte Ge- etzentwurf sieht die Schaffung eines eigenständigen traftatbestandes für die Verstümmelung der äußeren eiblichen Genitalien im Strafgesetzbuch vor. Wir wer- en hier im Nachhinein prüfen müssen, welche Anre- ungen und Vorschläge aus der öffentlichen Anhörung ufgenommen wurden. Was sofort auffällt, ist, dass die Aufnahme in den in 5 StGB geregelten Katalog der Auslandstaten gegen ländische Rechtsgüter fehlt. Sie lassen damit weiterhin as Schlupfloch für im Ausland durchgeführte Genital- erstümmelungen offen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir die uns verblei- enden Sitzungswochen für eine offene Zusammenarbeit utzen. Es wäre ein wichtiges Signal, wenn wir bei die- em sensiblen Thema einen gemeinsamen Weg finden, m den betroffenen und gefährdeten Frauen und Mäd- hen zu helfen. In diesem Sinne hoffe ich auf eine konst- ktive Zusammenarbeit. Marco Buschmann (FDP): Wir beraten heute über en Gesetzentwurf der Regierungskoalition zum Thema 31124 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Genitalverstümmelung. Mit dem Gesetz schaffen wir ei- nen eigenen Straftatbestand, um den betroffenen Mäd- chen und Frauen noch effektiver zu helfen. Die Bundes- ärztekammer schätzt nach aktuellen Angaben die Zahl der Betroffenen deutschlandweit auf 18 000 und weitere 5 000, die konkret gefährdet sind. Die Opfer und die gefährdeten Mädchen und Frauen stellt das Strafrecht schon heute nicht schutzlos. Die weibliche Genitalverstümmelung erfüllt nach geltendem Recht bereits den Straftatbestand der gefährlichen Kör- perverletzung nach § 224 Strafgesetzbuch, der mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren bedroht ist. Verlie- ren die betroffenen Mädchen oder Frauen ihre Fortpflan- zungsfähigkeit, ist die schwere Körperverletzung gemäß § 226 Strafgesetzbuch einschlägig. Das materielle Straf- recht stellt daher bereits heute unmissverständlich klar, dass es sich bei der Verstümmelung weiblicher Genita- lien um schweres Unrecht handelt, das mit hohen Strafen geahndet werden kann. Man könnte nun den Standpunkt einnehmen, dass technisch betrachtet kein Handlungsbedarf bestehe und man doch gar keinen neuen Tatbestand im Strafgesetz- buch benötige. Es gibt jedoch zwei Argumente, die uns zu einer anderen Entscheidung geführt haben: Zum einen wird die Appellfunktion des Tatbestandes gestärkt. Indem wir einen eigenen Straftatbestand schaf- fen, erleichtert dies die Aufklärungsarbeit bei den Opfern und gefährdeten Personen über die Rechtslage. Dieser Punkt wird immer wieder von Beratungsorgani- sationen betont. Mit einem speziellen Tatbestand kann künftig jeder ohne Zuhilfenahme weiterer Literatur un- mittelbar aus dem Strafgesetzbuch erkennen, dass im Falle der weiblichen Genitalverstümmelung schweres Unrecht vorliegt. Dieses Argument allein genügt natürlich nicht. Denn unser Rechtssystem baut ja gerade auf abstrakt-generel- len Tatbeständen auf, sodass sich immer wichtige Fallgruppen finden lassen, die nicht unmittelbar aus dem abstrakt formulierten Tatbestand heraus für jedermann erkennbar sind. Bei der Einführung eines eigenen Straftatbestandes stützen wir uns daher zum anderen auf ein Argument, das systematischer Natur ist: Schutzgüter der Körperver- letzungsdelikte sind die körperliche Unversehrtheit und die Gesundheit eines Menschen. Diese werden durch die weibliche Genitalverstümmelung verletzt. Aber das Un- recht, das sich in der Genitalverstümmelung manifes- tiert, wird nicht vollständig erfasst. Denn die weibliche Genitalverstümmelung verletzt die körperliche Integrität mit der Absicht, die sexuelle Selbstbestimmung des Op- fers unwiderruflich einzuschränken. Das Unrecht richtet sich mithin gegen zwei Rechtsgüter, von denen aber bis- lang nur die Verletzung eines dieser beiden Rechtsgüter mittels der im Strafgesetzbuch geregelten Körperverlet- zungsdelikte erfasst wird. Der Gesetzentwurf schafft daher mit § 226 a Strafge- setzbuch einen eigenen Straftatbestand für die Verstüm- melung der äußeren weiblichen Genitalien. Das Straf- maß liegt zwischen 1 und 15 Jahren, in minder schweren F s m F in w R d a d e s z V fa im li A A b g d d b H li D d in v c m d e E s e s d s S 1 2 R v b d d d g m N (C (D ällen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. Der pezielle Tatbestand wie auch die höhere Strafandrohung achen deutlich, dass es sich hier um eine besondere orm des Unrechts handelt, das gleich zwei Rechtsgüter erheblicher Weise schädigt. Von einer höheren Mindeststrafe als ein Jahr haben ir jedoch bewusst abgesehen. Die Anhörung des echtsausschusses hat unserer Ansicht nach ergeben, ass eine Mindeststrafe von zwei oder mehr Jahren zu ufenthaltsrechtlichen Folgen führen könnte, die auch ie effiziente Strafverfolgung beeinträchtigen. Wenn twa eine Verurteilung der Täter zwingend zu Auswei- ung und Abschiebung führt, hemmt das die Opfer, An- eige zu erstatten oder durch ihre Zeugenaussage eine erurteilung herbeizuführen. Denn häufig bestehen enge miliäre Beziehungen zwischen Täter und Opfer. Nicht enthalten im Gesetzentwurf sind Änderungen Rahmen der Auslandsstrafbarkeit, die verschiedent- ch für die Fälle sogenannter Ferienbeschneidungen im usland gefordert wurden. Die Anhörung hat unserer nsicht nach ergeben, dass die teilweise beklagten Straf- arkeitslücken wohl eher theoretisch und allenfalls in anz wenigen Fällen existieren. Aber selbst für diese enkbaren Fälle wäre eine entsprechende Regelung nur ann sinnvoll, wenn die Chance auf eine Verurteilung estünde. Denn sonst nährt man bei den Opfern die offnung auf Sühne, obwohl klar ist, dass diese unmög- ch zu erreichen ist. Genau so liegen die Dinge aber hier. enn denkbar sind Strafbarkeitslücken nur dann, wenn ie Beschneidung ohne Anknüpfungstat in Deutschland einem Land stattfindet, in der die weibliche Genital- erstümmelung nicht unter Strafe steht. In einem sol- hen Land werden die Strafverfolgungsbehörden aber angels Strafbarkeit keine Ermittlungshilfe leisten, und ie deutsche Staatsanwaltschaft kann nicht im Ausland rmitteln. Dazu hat sie schlichtweg keine Befugnis. Am nde wird also immer die Einstellung des Verfahrens tehen. Im Interesse der vielen Mädchen und Frauen und für ine effektiverer Strafverfolgung bitte ich Sie um Unter- tützung für das weitere parlamentarische Verfahren bei iesem Gesetzentwurf. Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Dieses Thema be- chäftigt uns seit langem: am 1. Februar 2007 eine tunde Beratung, am 26. Juni 2008 dreißig Minuten, am 4. Mai 2009 zu Protokoll, am 9. Februar 2012, am 1. Februar 2013 zu Protokoll, öffentliche Anhörung im echtsausschuss am 24. April 2013. Lassen Sie mich deshalb zunächst noch einmal darauf erweisen, dass der hier vorliegende Sachverhalt an sich ereits strafbar nach §§ 223, 224 StGB ist. Darauf weist er Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen auch hin. In er Anhörung wurde von mehreren Sachverständigen, ie sich für einen neuen und eigenen Straftatbestand aus- esprochen haben, mit systematischen Gründen argu- entiert. Die Koalitionsfraktionen schlagen nunmehr vor, eine euregelung in § 226 a StGB vorzunehmen. Das ist aus Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31125 (A) ) )(B) meiner Sicht zunächst unproblematisch. Problematisch wird es aber, wenn eine Erhöhung des Strafrahmens auf 15 Jahre vorgenommen werden soll. Welchen Sinn und Zweck soll die Erhöhung des Strafrahmens eigentlich haben? Meinen Sie denn wirklich, dass Täter bzw. Täte- rinnen sich von einer erhöhten Strafandrohung abschre- cken lassen? Ich halte das für einen Aberglauben, und es ist das Gegenteil von rationaler Kriminalpolitik. Mit einer solchen Strafrahmenerhöhung werden Sie dem kri- minellen Verhalten, welches der Genitalverstümmelung zugrunde liegt, nicht Einhalt gebieten. Wenn die Koalitionsfraktionen schon einen Gesetz- entwurf nach einer Anhörung vorlegen, hätte ich mir ge- wünscht, dass sie Lösungsvorschläge für die im Rahmen der Anhörung aufgeworfenen Probleme, zum Beispiel im Hinblick auf die Vollzugsdefizite bei der Verfolgung der weiblichen Genitalverstümmelung, unterbreiten. Der Sachverständige Carstensen hat darauf verwiesen, dass ihm derzeit keine aktuellen Ermittlungsverfahren diesbe- züglich bekannt sind. Ohne einen Vorschlag zur Lösung des Vollzugsdefizites bleibt Ihr Antrag eine rein symbo- lische Handlung. Die Frage, ob nicht – anstatt auf den Weg neuer Straf- gesetze mit erhöhtem Strafrahmen zu vertrauen – mehr auf Prävention, Aufklärung, Beratung, Hilfe gesetzt wer- den sollte, was mehr Geld und mehr Kraft und mehr Zeit kostet als eine Änderung des Strafrechts, müssen wir aus meiner Sicht weiter debattieren. Ich bin auch heute der Überzeugung, dass die Diskussion zu diesem Thema nicht auf strafrechtliche Aspekte reduziert werden darf. Und ich befürchte, wenn wir einmal beschlossen haben, das Strafgesetzbuch zu ändern und die Strafen für den Tatbestand der Verstümmelung weiblicher Genitalien zu verschärfen bzw. einen eigenen Straftatbestand zu schaf- fen, ist das Thema für lange Zeit vom Tisch. Die Politik hat dann ja etwas getan; sie hat das Problem vorrangig auf strafrechtliche Aspekte reduziert und dafür eine Lö- sung gefunden. Damit wird es schwerer sein, das Thema auf der Tagesordnung zu behalten, um das Hauptaugen- merk politischen Handelns darauf legen zu können, alle Mittel und Möglichkeiten zu nutzen, um die Straftat der Genitalverstümmelung zu verhindern. 90 Prozent aller von Genitalverstümmelung betroffe- nen Frauen leben nicht in Deutschland. Denen wird eine Verschärfung des Strafgesetzes hierzulande nichts nüt- zen. Was ihnen nützte, wären mehr Aufklärung, mehr Beratung, mehr Entwicklungshilfe. Das verbale Be- kenntnis, dass der Schwerpunkt bei der Bekämpfung der Genitalverstümmelung im präventiven und sozialen Be- reich liegen müsse, steht im Widerspruch zu den vorlie- genden Lösungsansätzen, die vor allem in strafrechtli- cher Hinsicht einen Beitrag zu Bekämpfung dieser schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung an Mäd- chen und jungen Frauen leisten wollen. Meine Zweifel daran, dass die Androhung schärferer Strafen zur Folge haben wird, dass weniger Frauen Op- fer dieser schweren Körperverletzung werden, sind nicht kleiner geworden. Für mich kann auch mit dem vorlie- genden Vorschlag nicht schlüssig und abschließend be- antwortet werden, ob eine Änderung des Strafgesetzes w k A Ic d z V is ir n m 1 o d in g s m e c n n w d e h fe k la A z d d li s s lu u G s k z O e s d m Ih m p is ü u ti (C (D irklich notwendig im Sinne von hilfreich ist. Hingegen ann sehr klar beantwortet werden, dass wir Prävention, ufklärung und Entwicklungshilfe verstärken sollten. h finde, dass dem dann auch Priorität eingeräumt wer- en muss, anstatt das Thema auf strafrechtliche Aspekte u reduzieren. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die erstümmelung der Genitalien von Mädchen und Frauen t eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung und reversible Körperverletzung, die weder mit Religion och Tradition zu rechtfertigen ist. Die Eingriffe, die eistens an Mädchen kurz vor der Pubertät bis zum 8. Lebensjahr erfolgen, beschädigen die Sexualorgane der entfernen sie sogar ganz und zielen auf die Verhin- erung der sexuellen Selbstbestimmung ab. Der Staat sgesamt und wir als Gesetzgeber haben die Pflicht, die efährdeten Mädchen und Frauen vor einem solch mas- iven Eingriff in ihr Recht auf sexuelle Selbstbestim- ung und körperliche Unversehrtheit zu schützen. Seit vielen Jahren setzen wir Grüne uns dafür ein, ine Regelung betreffend die Verstümmelung der weibli- hen Genitalien explizit in das Strafgesetzbuch aufzu- ehmen. In vielen parlamentarischen Initiativen – Klei- en Anfragen, Anträgen und Gesetzentwürfen – haben ir bereits in vergangenen Legislaturperioden die Bun- esregierung aufgefordert, das Problem anzugehen und ine Regelung zu finden. In der letzten Legislaturperiode aben wir einen Gruppenantrag einer fraktionsübergrei- nden Initiative unterstützt, um endlich die Graben- ämpfe von Opposition und Regierungskoalition zu ver- ssen und zu einem Ergebnis in der Sache zu kommen. uch in dieser Legislaturperiode haben wir vor nunmehr weieinhalb Jahren einen Gesetzentwurf vorgelegt, der ie rechtlichen Schutzlücken bei der aktuellen Gefähr- ungslage für Mädchen und Frauen bezüglich der weib- chen Genitalverstümmelung in Deutschland schließen oll. Die von uns initiierte Anhörung im Rechtsaus- chuss hat die Notwendigkeit einer gesetzlichen Rege- ng noch einmal deutlich gemacht. Das haben nun endlich auch Sie, meine Kolleginnen nd Kollegen der Koalition erkannt, und einen eigenen esetzentwurf zur Regelung der Strafbarkeit der Ver- tümmelung der weiblichen Genitalien vorgelegt. Dieser ommt angesichts der langjährigen intensiven Debatte u diesem Thema, der vielen Aufforderungen aus der pposition und der Gesellschaft, endlich etwas zu tun, igentlich viel zu spät. In der Rechtspolitik der Koalition cheint sich die Regel eingebürgert zu haben, alles auf en allerletzten Drücker und nur „schnell-schnell“ zu achen. Sie entziehen sich damit auch der Bewertung res Vorschlags durch Sachverständige, wenn Sie Ernst achen und den Gesetzentwurf vor Ende der Legislatur- eriode verabschieden wollen. Dennoch sage ich Ihnen, dass es uns Grünen lieber t, dass dieser Gesetzentwurf spät kommt, als dass er berhaupt nicht kommt. Denn dass die Entscheidungs- nfähigkeit und Blockadehaltung der Regierungskoali- on dazu geführt hat, dass es zu gar keiner Regelung 31126 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) kommt, haben wir am Ende der letzten Legislaturperiode mit dem Scheitern des Gruppenantrags erlebt. Der vorgelegte Entwurf von CDU/CSU und FDP ent- hält alle wesentlichen und richtigen Elemente, die wir uns für die Strafbarkeit der weiblichen Genitalverstüm- melung gewünscht haben: eine einheitliche und in sich stimmige Norm, die Begrenzung der Strafbarkeit auf die Verstümmelung weiblicher Genitalien, ein ausreichen- des Strafmaß und eine Regelung zur Nebenklageberech- tigung und zur Bestellung eines Rechtsanwalts als Bei- stand auf Antrag des Opfers. Wir hätten die Einordnung der weiblichen Genitalver- stümmelung als schwere Körperverletzung in § 226 StGB bevorzugt, da sie in der Schwere einer schweren Körperverletzung gleichzusetzen ist. Zudem hätten wir uns gewünscht, etwaige Verfolgungslücken dadurch zu schließen, dass die weibliche Genitalverstümmelung in den Katalog der Auslandsstraftaten aufgenommen wird. Es bleibt nunmehr genau zu beobachten, ob sich daraus ernsthafte Strafbarkeitsdefizite ergeben werden. Notfalls werden wir für eine entsprechende Regelung zu sorgen haben. Auch wenn der Gesetzentwurf der schwarz-gelben Koalition an einigen Stellen hinter unseren grünen For- derungen zurückbleibt, so ist er doch gut genug, um ihm im Ergebnis zuzustimmen. Denn was hier an vorderster Stelle stehen muss, ist das Signal an die nach Schätzun- gen der Nichtregierungsorganisation Terre des Femmes mittlerweile 24 000 betroffenen und 6 000 gefährdeten Mädchen und Frauen: In Deutschland ist die Verstüm- melung der weiblichen Genitalien ein Verbrechen; der Staat schützt Frauen und Mädchen vor diesem schwer- wiegenden Eingriff in die körperliche Unversehrtheit durch Schaffung von Rechtsklarheit und Bewusstsein für das Thema in der Öffentlichkeit. Noch sind die Opfer fast vollständig im Dunkelfeld, aber weibliche Genitalverstümmelung findet aufgrund von Migration und Flucht aus betroffenen Ländern heute auch in Deutschland statt. Dagegen etwas zu unterneh- men, bedeutet auch und nicht zuletzt, Information, Beratung und Unterstützung in den Blick zu nehmen. Aus- und Fortbildung müssen dem über Leitlinien von Organisationen von Ärztinnen und Ärzten, Hebammen- und Pflegeorganisationen Rechnung tragen. Die weibli- che Genitalverstümmelung muss als Menschenrechts- verletzung gebrandmarkt und ihr Charakter als Unter- drückung weiblicher Sexualität und Unterordnung unter patriarchale Verhältnisse muss offengelegt werden. Die weibliche Genitalverstümmelung endlich ausdrücklich ins Strafrecht aufzunehmen, ist hierbei ein besonders wichtiger Schritt. Anlage 18 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: – Antrag: zu dem Entwurf der Europäischen Kommission für das Verhandlungsmandat zu einem neuen Transatlantischen Handels- n la u n ih k u w g 2 E U w le w P A b e m re b e V g d s J W d m d la n ti u (C (D und Investitionsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika (TTIP) – hier: Stel- lungnahme des Deutschen Bundestages ge- genüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 des Gesetzes über die Zusammen- arbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäi- schen Union – Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft nur mit star- ker Parlamentsbeteiligung – Antrag: Audiovisuelle und kulturelle Dienst- leistungen von den Verhandlungen der EU mit den USA zu einem transatlantischen Handel- und Investitionsabkommen (TTIP) ausnehmen (Zusatztagesordnungspunkte 12 und 13) Erich G. Fritz (CDU/CSU): Seit 23 Jahren bin ich un Mitglied des Deutschen Bundestages. Und genauso nge beschäftige ich mich im Auswärtigen Ausschuss nd Wirtschaftsausschuss (und auf vielen anderen Ebe- en) mit Fragen des internationalen Handels und wie wir n weltweit zum Vorteil der Menschen besser gestalten önnen. So ist auch die Idee einer Transatlantischen Handels- nd Investitionspartnerschaft, TTIP, nicht neu, auch enn die Begrifflichkeiten schon einmal wechseln. Ich laube, es war im Jahr 1998 und zuletzt noch einmal 007 während der deutschen Ratspräsidentschaft in der U, dass wir ein Freihandelsabkommen zwischen den SA und der EU wirklich ernsthaft diskutiert haben. Es ar zuletzt eine erfolgreiche Initiative der Bundeskanz- rin Angela Merkel, dass die Idee konkret wurde, und es ar die positive Aufnahme durch den amerikanischen räsidenten Barack Obama, dass nun auch jenseits des tlantiks die Bereitschaft zu einem ernsthaften Anlauf esteht. Wir wissen alle, dass mit der beabsichtigten Erteilung ines Verhandlungsmandates für die Europäische Kom- ission durch den Rat am 14. Juni 2013 noch nichts er- icht ist, sondern das Bohren dicker Bretter erst einmal eginnt. Deshalb, liebe Kollegen, bitte ich Sie, zunächst inmal die Dimension, die Bedeutung der anstehenden erhandlungsaufnahme des TTIP anzuerkennen. Jetzt eht es nicht nur um irgendein Freihandelsabkommen, as da Vorteile und dort den einen oder anderen Anpas- ungsdruck für Deutschland und seine Wirtschaft bringt. etzt geht es darum, dass die beiden bedeutendsten irtschaftsräume der Welt die selbst verursachten Hin- ernisse für eine noch bessere wirtschaftliche Zusam- enarbeit beiseiteräumen. Das TTIP kann ein Quantensprung in der Geschichte er Freihandelsabkommen werden. Allein für Deutsch- nd gehen wir von einem Wirtschaftswachstum von ei- em halben Prozentpunkt pro Jahr als dauerhafte posi- ve Wirkung aus. Ein Abkommen kann noch so reizvoll nd sinnvoll sein, wenn es politisch nicht erreichbar ist Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31127 (A) ) )(B) – das hat die Vergangenheit gezeigt –, ist die Diskussion nutzlos. Daher sollten wir das politische Momentum dieser Tage alle erkennen und nutzen. Nie war der politi- sche Wille und waren die Erfolgsaussichten für den Abschluss eines solchen Abkommens besser. Und nie waren die Aussichten für ein umfassendes Abkommen besser, das heißt ein Abkommen, das weit über den Zollabbau im klassischen Sinne hinausgeht und dessen positive Auswirkungen somit auch eine neue Dimension erreichen könnten. Wir haben gute Erfolgsaussichten, weil sich die geo- politischen Verhältnisse wie die wirtschaftlichen Kräfte- verhältnisse auf unserer Welt mit dem Aufstreben der neuen Gestaltungsmächte verändert haben und wir somit auf EU- und besonders auf US-Ebene eine neue politi- sche Notwendigkeit erkennen, diesen Kraftakt anzuge- hen. Eine Liberalisierung unserer Handelsbeziehungen enthält das Potenzial, die gemeinsame Wettbewerbsfä- higkeit gegenüber den anderen Märkten zu verbessern. Eine TTIP richtet sich gegen niemanden; es hebt nur zu- sätzliche Chancen, die bisher aus kurzsichtigen Interes- sen nicht genutzt werden sollen. Das Abkommen enthält für die Verhandlungspartner so viele Vorteile, dass es eine Herausforderung für alle anderen Beteiligten am Welthandel darstellen und eine Ermunterung für Fort- schritte auch im multilateralen Handelssystem sein wird. Ziel muss sein, Regeln zu entwickeln, die weltweit anwendbar und vor allem in den sich entwickelnden Märkten vorbildlich sein können. Das gilt besonders in Bezug auf Innovationen, deren Markteinführung und weltweite Nutzung nicht durch interessengesteuerte Standards behindert werden dürfen. Nun kann man argumentieren, dass eine direkte welt- umspannende, multilateralen Regeln folgende Liberali- sierung des Handels noch erstrebenswerter wäre. Und das finde ich auch. Die Erfahrungen der letzten Jahre ha- ben gezeigt, dass die WTO-Doha-Runde so schnell nicht aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen wird. Sie bleibt der „Königsweg der Marktöffnung“, stellt aber derzeit keine realistische Alternative dar. Das heißt nicht, dass wir nicht weiterhin an einem Abschluss der WTO-Verhandlungen arbeiten müssen, aber es heißt, dass wir auf transatlantischer Ebene begin- nen sollten, um so den Weg ein Stück weit für multilate- rale Verhandlungen zu ebnen. Deshalb sehe ich die Doha-Runde und TTIP auch nicht im Wettbewerb mit- einander. Im Gegenteil, von TTIP wird ein wichtiger Impuls für den weiteren Verlauf der Doha-Runde ausge- hen. Wenn wir die Globalisierung mitgestalten wollen, müssen wir es jetzt tun. Dass eine große bilaterale Frei- handelszone Anstoß zu mehr internationaler Koopera- tion geben kann, hat auch die Geschichte gezeigt. So fand die Kennedy-Runde unter dem Eindruck der Etablierung der EG-Zollunion statt, und die Uruguay- Runde folgte der Einrichtung des Europäischen Binnen- marktes und der Nordamerikanischen Freihandelszone. Ich würde mich über ein „offenes Abkommen“ freuen, das es auch anderen interessierten Ländern langfristig ermöglicht, sich der TTIP anzuschließen, soweit diese bereit sind, die Verhandlungsergebnisse zu akzeptieren. d D „ te U n w z h d n h m s P c B o S Z fu d s W „ s h u D ru E in h V ri n li n s in U d v G k S h D h la P d (C (D Auf bilateraler Ebene kann unser (EU-)Verhältnis zu en USA durch die TTIP eine neue Dimension erhalten. as ist nicht unerheblich in Zeiten des amerikanischen Pivot to Asia“. Es sind allerdings nicht ausschließlich politisch-stra- gische Überlegungen, die die positive Einstellung und nterstützung der CDU/CSU-Fraktion bei der Auf- ahme von Verhandlungen einer TTIP begründen. Die irtschaftliche Dimension sollten wir nicht unterschät- en. Die TTIP kann einen erheblichen Beitrag zu dauer- after transatlantischer wirtschaftlicher Stärke leisten, en wir uns nicht entgehen lassen sollten. Beide Regio- en leiden unter schwachem Wirtschaftswachstum und oher Staatsverschuldung und haben Anteile am Welt- arkt eingebüßt. Die zwei Regionen, die seit jeher wirt- chaftlich eng verknüpft sind, haben also mit ähnlichen roblemen zu kämpfen. Uns in Deutschland geht es dank der Politik der hristlich-liberalen Koalition noch relativ gut, aber ein lick auf unsere Nachbarländer Spanien, Griechenland der Frankreich reicht aus, um sich der alarmierenden ituation bewusst zu werden. Europa muss sich in diesen eiten auf seine Stärken besinnen. Das, was bei uns gut nktioniert, ist der Handel. Ich habe das Gefühl, dass as in Zeiten der Betrachtung von europäischen Krisen- zenarien schon mal vergessen wird. Um es mit den orten des europäischen Handelskommissars zu sagen: Dies ist das günstigste Stimulierungspaket, das man ich vorstellen kann“. Die TTIP könnte uns in Europa elfen, aus dem Teufelskreis von Schulden, Rezession nd Produktivitätskrise herauszukommen. In monetären imensionen sprechen wir von einer jährlichen Steige- ng der Wirtschaftsleistung der EU um 50 Milliarden uro. Es handelt sich bei der TTIP um ein Abkommen, das seiner Bedeutung weit über Handel und Investitionen inausgeht, sofern wir denn ein möglichst umfassendes erhandlungsmandat umsetzen können. Und genau da- n liegt die Krux. Zwar ist der Abbau von Zöllen wichtig und sollte icht kleingeredet werden. Der durchschnittliche Zoll egt allerdings bei nur knapp 3 Prozent mit einigen Aus- ahmen vor allem im Agrarsektor. Ein Zollabbau würde ich dennoch sehr positiv auf das Wirtschaftswachstum den USA und der EU auswirken. Laut einer Studie des . S. Department of Commerce würde ein Zollabbau en Handel zwischen den USA und der EU innerhalb on fünf Jahren um 90 Milliarden Euro wachsen lassen. erade Deutschland als eine der größten Exportnationen önnte davon profitieren. Wechselseitige Investitionen bilden eine tragende äule für den transatlantischen Handel. Wenn wir auch ier Erleichterungen schaffen, ist das sehr zu begrüßen. erzeit klagen viele Unternehmen über Investitions- emmnisse, die das wirtschaftliche Potenzial des transat- ntischen Marktes unnötig begrenzen. Doch die wichtigste Herausforderung, sozusagen „des udels Kern“, wird darin bestehen, die nichttarifären Han- elshemmnisse abzubauen. Darunter versteht man eine 31128 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Vielzahl von unterschiedlichen Barrieren, die den Zugang zu dem jeweils anderen Markt erheblich erschweren: die Pflicht, Produkte separat für beide Märkte zulassen zu müssen, oft bei unterschiedlichen Zulassungsbedingungen und -prozeduren, unterschiedliche Standards der Umwelt-, Gesundheits-, oder Konsumentenschutzpolitik, Industrie- normen, Verpackungsvorschriften usw. Man könnte nun eine Vielzahl von teilweise sehr skurrilen Beispielen derzeitiger Regelungen anbringen, zum Beispiel im Bereich der Automobilindustrie: Weil die Sicherheitsvorschriften bei Blinkern, Nebelschluss- leuchten oder der Krümmung von Autospiegeln sich unterscheiden, müssen nach wie vor verschiedene Versi- onen ein und desselben Automodells für den amerikani- schen und europäischen Markt gebaut werden. Das Glei- che trifft auf den Pharmasektor zu: Neue Medikamente müssen teuren Verfahren unterzogen werden. Gemein- same Standards und Normen würden die Warenprüfung vereinfachen und die Kosten erheblich senken. Daher wäre es sehr zu begrüßen, wenn wir die jahrzehntelan- gen Rufe nach Harmonisierung im Rahmen der TTIP nun erhörten. Wir brauchen nicht zwangsläufig eine Vereinheitli- chung dieser Normen und Standards. Zumindest sollte es aber möglich werden, die Normen und Standards des jeweils anderen anzuerkennen. Den enormen bürokrati- schen Mehraufwand gilt es abzubauen, um reale Ressourcen freizusetzen. Die Ergebnisse einer umfang- reichen Ifo-Studie bestätigen enorme Wohlfahrtsge- winne durch die gegenseitige Anerkennung der unter- schiedlichen Standards. So kommt die Ifo-Studie zu dem Ergebnis, dass umfassende Abkommen zu einer Zu- nahme des Handels um durchschnittlich etwa 80 Prozent führen. Die weltweite Wohlfahrt, gemessen als reales Einkommen, würde langfristig um 3,3 Prozent steigen; in Deutschland nähme sie sogar um 4,7 Prozent zu. Die klassische Handelstheorie, aus der viel Kritik resultiert, basiert auf Modellen mit reinem Zollabbau. Werden zu- sätzlich nichttarifäre Handelshemmnisse abgebaut, ist diese Kritik obsolet. Und genau darin besteht das Ziel von TTIP. Im Übrigen wird die Frage der Anerkennung von Standards immer nur unter der Befürchtung diskutiert, damit sei zwangsläufig eine Senkung des Niveaus ver- bunden. Das ist mit Sicherheit nicht der Fall; vor allem ist es nicht ein notwendigerweise zu erwartendes Ver- handlungsergebnis. Einer der großen Profiteure einer umfassenden TTIP wäre der deutsche Mittelstand. Denn die Größe einer Firma trägt maßgeblich dazu bei, ob sie sich die „Markt- zutrittskosten“ in den USA leisten kann oder nicht. Durch TTIP könnten auch kleinere mittelständische Unternehmen erstmals ihre Produkte in die USA expor- tieren und sich so ein neues „Standbein“ schaffen. Das sorgt für mehr Umsatz und Beschäftigung. Mit Blick auf den deutschen und besonders auch den angeschlagenen europäischen Arbeitsmarkt sollten wir die Chance auf 400 000 neue Arbeitsplätze in der EU insgesamt und 110 000 Arbeitsplätze in Deutschland nicht verpassen, Ifo-Studie. Natürlich sind niedrigere Kosten auch gut für G v h „ te d z te fe z d d k S d in v a K V K F n U u p li e d Z d b g fä n n e P p s e b K F s d B a d re u D s (C (D roßkonzerne. Nur wird deren Außenhandel weniger on diesen Kosten beeinflusst. Sie sind im Übrigen auch eute bereits in beiden Märkten durch Investitionen Marktinsider“. Sie können sich schon jetzt viele Vor- ile verschaffen, die kleine und mittlere Unternehmen urch die Aussperrung aus der öffentlichen Beschaffung um Beispiel nicht erreichen können. Aus diesem Grund möchte ich noch einmal an alle be- iligten Akteure appellieren, sich nicht schon im Vor- ld der Verhandlungen innerhalb der einzelnen Bereiche u verstricken. Wir brauchen ein offenes flexibles Man- at. In den letzten Wochen stand besonders der Bereich er audiovisuellen Dienstleistungen im Fokus der Dis- ussionen. Ich möchte es nicht versäumen, den Kollegen von der PD-Fraktion für ihren hilfreichen Antrag zu der beson- eren Rolle des kulturellen und audiovisuellen Sektors Deutschland und Europa zu danken. Da steht ja sehr iel Richtiges drin. Das hält auch die Bundesregierung lles für richtig. In Übereinstimmung mit der UNESCO- onvention über den Schutz und die Förderung der ielfalt kultureller Ausdrucksformen legen auch die oalitionsfraktionen viel Wert auf den Schutz und die örderung des kulturellen Sektors. Die kulturelle Vielfalt der Europäischen Union ist icht nur zu erhalten, sondern auch weiter zu entwickeln. nser kulturelles Erbe ist über Jahrhunderte gewachsen, nd es ist ein selbstverständlicher Anspruch, den euro- äischen Staaten und Regionen auch weiterhin alle Mög- chkeiten zu erhalten, in der Kulturförderung individu- lle Wege zu gehen. Gerade diese Bundesregierung hat urch ihre Politik die Bedeutung der Kultur für das usammenleben in Deutschland und Europa besonders eutlich gemacht. Anders als in dem SPD-Antrag efürchtet, sehe ich die kulturelle Diversität durch das eplante Handelsabkommen mit den USA aber nicht ge- hrdet. Liebe Kollegen der SPD, die Sorge etlicher Betroffe- er um die kulturelle Vielfalt in Europa durch eine Öff- ung im Bereich der audiovisuellen Dienstleistungen gilt s mit Sachargumenten auszuräumen, anstatt sie durch olemik zu befeuern. Das gilt auch für den Rest der Op- osition im Bundestag und im europäischen Parlament. Um für die Verhandlungen aber weitestmögliche Ab- icherungen zur kulturellen Diversität und der Weiter- ntwicklung des audiovisuellen Sektors zu erhalten, ha- en wir in Brüssel auf Klarstellungen gedrungen. Diese larstellungen und Absicherungen sind in der letzten assung des Mandats noch stark ausgebaut worden. So ieht die Kommission ein Mandat vor, das den Bedenken er Betroffenen in umfassender Weise Rechnung trägt. estehende Quoten im Rundfunkbereich werden nicht ngetastet. Die öffentliche Unterstützung des Sektors urch das jetzige Subventionssystem, steuerliche An- ize, Schutz kultureller Werke in öffentlichen Sendern nd Kino bleiben unverändert und stehen gar nicht zu ebatte. Es wird auch in Zukunft ein angemessener Politik- pielraum für neue Maßnahmen zur Wahrung der kultu- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31129 (A) ) )(B) rellen Diversität garantiert. Damit können Herausforde- rungen durch die zunehmende Digitalisierung in den neuen Medien bewältigt werden. Sogar die Filmförde- rung ist ausdrücklich erwähnt worden. Diese darf nach Vorschlag der Europäischen Kommission nicht von Verpflichtungen des Abkommens erfasst werden. Die Bundesregierung hat weder die Absicht, mit ihrer Zu- stimmung zum Verhandlungsmandat das Grundgesetz infrage zu stellen, noch die Zuständigkeit der Bundes- länder zu überspielen oder über das Allgemeine Abkom- men über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) der WTO hinauszugehen. Es geht in dem Mandat also nicht um eine spektaku- läre Öffnung, sondern nur um die grundsätzliche Libera- lisierungsmöglichkeit für interessierte Mitgliedstaaten der EU. Kein Mitgliedstaat, also auch nicht Deutschland, wird gezwungen, etwaige Verpflichtungen einzugehen. Für Deutschland gilt: Verpflichtungen bei Audiovision oder Kultur könnten nur im Konsens mit den Bundeslän- dern eingegangen werden. Gegen neue Verpflichtungen haben sich die Länder bereits deutlich ausgesprochen. Dies wird vom Bund respektiert werden. Ein vollständiger Ausschluss von audiovisuellen Dienstleistungen ist daher weder notwendig noch ge- rechtfertigt. In der jetzigen Form arbeitet das Mandat die für die EU sensiblen Bereiche viel deutlicher heraus, als es eine pauschale Ausnahme tun würde. Natürlich gibt es auch noch andere Bereiche, in denen sich die Verhandlungen schwierig gestalten werden, zum Beispiel im Agrarbereich oder beim Verbraucherschutz. Erlauben Sie mir, hierzu eine strategisch wichtige Überlegung anzustellen: Wenn wir bestimmte Bereiche a priori aus dem Mandat ausklammern, tun wir uns selbst keinen Gefallen. Denn alles, was wir damit errei- chen könnten, wäre, dass die US-Seite ihrerseits mit Ein- schränkungen kontert, sodass wir am Ende im schlimms- ten Fall nur noch über eine sehr abgespeckte Version der TTIP sprechen. Damit wäre niemandem geholfen. Aus EU-Sicht wäre es sehr bedauerlich, sollten die Amerika- ner im Gegenzug zum Beispiel den Bereich des Luft- transports oder des öffentlichen Auftragswesens aus- klammern. Daher sind Bereichsausnahmen wie bei Audiovision und Investitionsschutz für die EU verhandlungstaktisch von großem Nachteil. Die USA gehen taktisch klug vor, indem sie per se keine Bereiche ausnehmen. Und an sen- siblen Themen mangelt es auch auf der anderen Seite des Atlantiks nicht. Bitte lassen Sie uns auch nicht vergessen, dass wir derzeit noch keine Verhandlungen führen. Es geht da- rum, die Weichen für Verhandlungen zu stellen, und hier sollten wir uns möglichst viel Spielraum geben, um ein umfassendes Abkommen nicht von vorneherein auszu- schließen. Denn die Verhandlungen werden schwierig und komplex; sie müssen sich auf strategische Ziele kon- zentrieren, anstatt sich in kleinteiligen Interessen zu ver- zetteln. Daher lehnen wir den vorliegenden SPD-Antrag ab. Die Resolution des Europäischen Parlaments hat im Unterschied zum SPD-Antrag keine Bindung der Kom- m D F b d a e tr D ta v a W g v d e D A b k B B w d B d g D g S d k a te s s z B lu B g s E fü d d re to V is H s (C (D ission zum Ziel, sondern macht – zum Beispiel beim atenschutz – Warnlichter an. Wenn Sie in der SPD- raktion Ihren Antrag genauso sehen, hat er seinen Sinn ereits jetzt erfüllt. Entscheidend für den Verlauf der Verhandlungen ist, as EU-Parlament und den US-Kongress genau wie alle nderen Akteure aus Wirtschaft, Politik und Industrie in inen offenen Dialog einzubinden, um einen möglichst ansparenten Verhandlungsprozess zu gewährleisten. ie EU-Kommission hat bereits zugesagt, den öffentlich genden Handelsausschuss im EU-Parlament sowohl or als auch nach den einzelnen Verhandlungsrunden usführlich zu informieren. Die Bundesregierung hat im irtschaftsausschuss bereits erklärt, den Bundestag re- elmäßig und ausführlich zu informieren, wie sie das ergleichbar bei den WTO-Verhandlungen zur Zufrie- enheit der Abgeordneten regelmäßig praktiziert hat. Angesichts der Fülle der Themen möchte ich auch für inen möglichst strukturierten Ansatz der TTIP werben. enn das hat den Vorteil, dass auch nach Abschluss des bkommens bei neuen Zertifizierungen und Normen esser zusammengearbeitet werden kann. Erlauben Sie mir noch eine abschließende Bemer- ung zu dem Aspekt der Parlamentsbeteiligung: Der undestag ist im Rahmen der Berichterstattung des MWi im Wirtschaftsausschuss vollumfassend beteiligt orden. Dabei wurden keine Stellungnahmen angekün- igt oder Forderungen nach einer Verschiebung der eschlussfassung gestellt. Ich fühle mich von der Bun- esregierung umfassend informiert und lehne den vorlie- enden Grünen-Antrag daher ab. Wir sprechen heute über ein Abkommen, das in seiner imension weit über Handels- und Investitionen hinaus- eht und eine eminente politische Bedeutung hat. Lassen ie uns offensiv an die Verhandlungen herangehen, amit wir alle möglichst bald von den positiven Auswir- ungen profitieren können. Die Amerikaner sind zwar nders als wir, doch sind sie uns viel näher als die meis- n anderen. Das Ziel einer gemeinsamen transatlanti- chen Wirtschaft dürfte die Anstrengung allemal wert ein. Rolf Hempelmann (SPD): In der vergangenen Sit- ungswoche berichtete im Wirtschaftsausschuss das undeswirtschaftministerium zum Stand der Verhand- ngen über eine Reihe von Freihandelsabkommen. estandteil der Diskussion war unter anderem auch ein eplantes Freihandelsabkommen zwischen der Europäi- chen Union und den USA bzw. die Mandatierung der uropäischen Kommission zur Aufnahme und Durch- hrung von Verhandlungen zu einem solchen umfassen- en Handels- und Investitionsabkommen. Ziele sollen abei der Abbau von Zöllen, die Beseitigung nichttarifä- r Handelshemmnisse und die Verbesserung der regula- rischen Kooperation sein. Die Verabschiedung des erhandlungsmandates für die Europäische Kommission t für den 14. Juni 2013 geplant, den letzten EU- andelsministerrat während der irischen Ratspräsident- chaft. 31130 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt die Absicht zur Schaffung eines transatlantischen Handelsabkommens zwischen der Europäischen Union, ihren Mitgliedstaaten und den USA; Transatlantic Trade and Investment Part- nership – TTIP. Wir sehen in einem solchen Abkommen die Chance, dass qualitative wirtschaftliche Wachstums- potenziale auf beiden Seiten des Atlantiks generiert und wirtschafts-, wettbewerbs- und handelspolitische Inte- ressen harmonisiert werden können. Jedoch legt die SPD-Bundestagsfraktion Wert darauf, dass bei den Verhandlungen und auch im möglichen spä- teren Abkommen die jeweils fortschrittlichsten Regeln hinsichtlich ökonomischer, sozialer und ökologischer Standards, der Regulierung der Finanzmärkte und deren Transparenz zugrunde gelegt werden. Denn durch solche Abkommen dürfen nicht das EU-Vorsorge-Prinzip aus- höhlt und die hohen europäischen Standards, zum Bei- spiel bei den Arbeitsrechten, beim Schutz der personen- gebundenen Daten oder auch im Bildungs- und Wissenschaftsbereich, aufgeweicht werden. Eine besondere Gefahr sieht die SPD-Bundestags- fraktion für die Eigenständigkeit des Kultur- und Me- diensektors, wie sie unter anderem in der UNESCO- Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen festgelegt ist. Für uns sind audiovisuelle und kulturelle Dienstleistungen nicht lediglich Wirtschaftsgüter, sondern vielmehr Kul- turgüter, welche eine zentrale Bedeutung haben für die demokratische Willensbildung, die Integration und die Erhaltung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt in Deutschland und in Europa. Und hier sehen wir beim bisherigen Mandatsentwurf Probleme. Dieser Entwurf bezieht sich allein auf die Regeln der Welthandelsorga- nisation, WTO, ohne Berücksichtigung der Verpflichtun- gen aus dem UNESCO-Abkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen. Hier wird das Risiko eingegangen, dass künftige Ver- pflichtungen der Europäischen Union und der EU-Mit- gliedstaaten aus dem Freihandelsabkommen mit den USA mit den bestehenden Verpflichtungen aus dem UNESCO-Abkommen kollidieren. Bekanntermaßen haben die USA dieses UNESCO-Abkommen nicht rati- fiziert. Die SPD-Bundestagsfraktion befürchtet außerdem, dass die Kulturförderung und die bestehenden bezie- hungsweise künftigen Regelungen für Rundfunk oder Telemedien, die der Sicherung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt dienen, einer Liberalisierungslogik unterworfen werden könnte. Auch das widerspricht de- ren Bedeutung für unsere Demokratie und der Vielfalt in Europa. Darüber hinaus ist im Grundgesetz und im Gesetz über die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union, EUZBLG, festgelegt, dass die Bundesländer die Leitlinien der Me- dien- und Kulturpolitik bestimmen. Das gilt sowohl in- nerstaatlich als auch im Rahmen der Vertretung auf euro- päischer Ebene. Das Lindauer Abkommen von 1957 legt fest, dass die Bundesregierung völkerrechtliche Ver- träge, die ausschließlich Landeskompetenzen betreffen, n k u ti v h V b ti u s H D h h re U m p U p lu ti te tr z a d E H z fü U h T d Z tä s K R b F ri w u E d a h s (C (D ur mit vorherigem Einverständnis der Länder schließen ann. Dieses Einverständnis der Länder für den Kultur- nd Medienbereich liegt nicht vor. Aus diesen Gründen sieht die SPD-Bundestagsfrak- on die Notwendigkeit, den Medienbereich sowie audio- isuelle und kulturelle Dienstleistungen aus den Ver- andlungen auszunehmen und das Mandat für die erhandlungen dementsprechend zu beschränken. Denk- ar wäre durchaus auch die Herausnahme weiterer sensi- ver Bereiche. Und wir stehen nicht allein: Neben vielen Medien- nd Kulturschaffenden, wie zum Beispiel dem Deut- chen Kulturrat, fordert der Ausschuss „Internationaler andel“ im Europäischen Parlament, audiovisuelle ienste einschließlich der Onlinedienste von den Ver- andlungen auszunehmen. Das Europäische Parlament at im Mai beschlossen, dass der Kultur- und Medienbe- ich in den Verhandlungen ausgenommen werden soll. nd auch die Kulturpolitiker der Regierungsfraktionen öchten den Kultur- und Medienbereich aus dem ge- lanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den SA ausklammern. Jetzt ist hier die Bundesregierung gefordert, auf euro- äischer Ebene auf diese Beschränkung des Verhand- ngsmandats der Kommission hinzuwirken. Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Das Transatlan- sche Handels- und Investitionsabkommen hat das Po- nzial, die EU und die USA in eine neue Ära einer ansatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft u führen. Seitens der Europäischen Union wird davon usgegangen, dass mit Ratifizierung des Abkommens ie Wirtschaftsleistung der EU um etwa 50 Milliarden uro steigt. Der Abbau von Zöllen und nichttarifären andelshemmnissen, wie Sondervorschriften und spe- iellen Standards, entlastet die Unternehmen und sorgt r reibungslosen Austausch zwischen Europa und den SA. Insbesondere die deutsche Exportwirtschaft würde iervon deutlich profitieren. Schon seit 20 Jahren wird das TTIP, Transatlantic rade and Investment Partnership, diskutiert. Nun stehen ie Verhandlungen seitens USA und EU kurz bevor. Der eitplan ist ambitioniert; aber es ist von höchster Priori- t, diese Chance zu nutzen und ein Abkommen abzu- chließen, das Einfluss auf den ganzen Welthandel hat. Für Europa und Deutschland bleiben die USA und anada die wichtigsten außereuropäischen Partner. Im ahmen der NATO sind wir einander verlässliche Ver- ündete. Auch in zahlreichen anderen internationalen ragen arbeiten wir Europäer eng mit unseren nordame- kanischen Partnern zusammen. Beispielsweise bei der irtschaftlichen Bewältigung der derzeitigen Schulden- nd Finanzkrise. Ebenso in regionalen Fragen, wie der ntwicklung in Afghanistan, Syrien und Nahost oder em iranischen Atomprogramm, stimmen sich die trans- tlantischen Partner eng miteinander ab. Auch die Ver- andlungen der EU mit Kanada sind bereits weit fortge- chritten und könnten bei einem erfolgreichen Abschluss Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31131 (A) ) )(B) als Blaupause für die Verhandlungen mit den USA die- nen. Die Liste der Themen ist lang und komplex. Obwohl die Zölle zwischen der EU und den USA im Durch- schnitt bereits heute niedrig sind, gilt dies nicht für alle Güter. Wichtiger noch sind die nichttarifären Handels- hindernisse, die es abzubauen gilt. Schon vor Beginn der Verhandlungen Barrieren von deutscher Seite aufzu- bauen, ist grundfalsch aber typisch für die Denkmuster der Opposition. Wie es die linken Oppositionsparteien in ihren Wahlprogrammen für Deutschland vorsehen, will man auch bei diesem zukunftsweisenden, international wegweisenden Projekt Verbote schaffen und die Ver- handlung über das Freihandelsabkommen von Anfang an stören. Weitere Felder dieses weitreichenden Abkommens betreffen öffentliche Ausschreibungen, Haftungsfragen, den Schutz geistigen Eigentums und mehr Freiheit bei Dienstleistungen. Die schwarz-gelbe Koalition tritt für eine Stärkung des Investitionsklimas und die soziale Marktwirtschaft ein. Diese Ziele werden wir auch im Transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen verfolgen. Dabei wird es in den Verhandlungen nicht so sehr um Schutz von Investitionen vor Übergriffen durch Dritte gehen, sondern den Abbau von Investitionshemm- nissen, die in vielen Bereichen für ausländische Investo- ren immer noch bestehen. Die rot-rot-grüne Opposition versucht durch diese hier zu beratenden Anträge nur, eine Plattform zu finden, um ihre wirtschaftsfeindliche Politik zu verbreiten. Eine Gefahr durch das TTIP auf die demokratische Willensbildung, die Integration und die Erhaltung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt ohne Sonderbe- handlung für audiovisuelle Dienstleistungen in den Ver- handlungen ist mehr als abwegig. Im Gegenteil: Durch den Austausch von Kulturgütern profitieren beide Part- ner. Die Diversität beiderseits des Atlantiks wird erhöht! Wir bekräftigen auch die Haltung der Bundesregie- rung zur UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen, welche das Recht eines jeden Staates beinhaltet, regula- torische und finanzielle Maßnahmen zu ergreifen, die darauf abzielen, die Vielfalt der kulturellen Ausdrucks- formen auf seinem Staatsgebiet zu schützen. Selbstver- ständlich teilen wir auch das Ziel, die kulturelle Vielfalt der Europäischen Union zu fördern und auch weiterzu- entwickeln. Gerade das über Jahrhunderte gewachsene kulturelle Erbe verlangt es, dass die europäischen Staa- ten und Regionen Spielraum haben, um in der Kulturför- derung eigene Wege zu gehen. Dies gilt auch in Zeiten einer immer stärkeren digitalen Verbreitung von Medien. Wir lehnen daher die Anträge der Fraktionen Bünd- nis 90/Die Grünen und SPD ab. Ulla Lötzer (DIE LINKE): Nachdem es auf WTO- Ebene keine Fortschritte bei den Verhandlungen über die Liberalisierung des Welthandels gibt, setzt die EU seit Jahren verstärkt auf bilaterale Freihandelsabkommen. Die EU unterstreicht zwar das fortbestehende Interesse E a s z m ri B s d w D n „ s N U g p k m R d A U z M ri ä a z rü ti W n b d K m d K g s n N n m d ti m B s R ü (C (D uropas am WTO-Multilateralismus, zugleich findet ber eine offene Verschiebung hin zum Bilateralismus tatt. Seit der globalen Finanzkrise und der weltweiten Re- ession ab 2007 werden einige der traditionellen Export- ärkte vor allem Deutschlands durch die strenge Auste- tätspolitik kaputtgespart. Schwellenländer mit großen innenmärkten wie Indien, China, Brasilien und Indone- ien bieten sich daher ebenso als Kompensation an wie er verstärkte Freihandel mit den USA. Das Mandat für Verhandlungen mit den USA geht eit über Zollabbau, Marktöffnungen für Investitionen, ienstleistungen und die öffentliche Beschaffung hi- aus. Im Zentrum des Mandats steht die Beseitigung unnötiger Regulierungsschranken". Doch was sind denn „Regulierungsschranken“? Es ind vor allem die Gesetze und Vorschriften, die zum utzen der Gesellschaft, zum Nutzen von Mensch und mwelt aufgestellt worden sind. Sicher, die Regulierun- en sind in den jeweiligen Ländern verschieden. Das hat olitische und kulturelle Hintergründe. Doch eines ist lar: Wenn die Regeln angeglichen werden, dann nie- als nach oben. Es geht immer um die Beseitigung von egulierungen zugunsten der Konzerne und zum Scha- en von Mensch und Umwelt. Als Beispiel sei auf der einen Seite die Zulassung von rzneimitteln genannt. Die Zulassungsregeln sind in den SA rigider. Klar, dass die europäischen Pharamakon- erne die Hürden für den Eintritt in den amerikanischen arkt senken wollen. Umgekehrt drängen die US-ame- kanischen Lebensmittelkonzerne mit gentechnisch ver- nderten Pflanzen, Chlorhähnchen oder Hormonfleisch uf den europäischen Markt. Es geht aber nicht nur um den gegenseitigen Zugang u den vorhandenen Märkten, sondern auch um die Zu- ckdrängung des Staates auf beiden Seiten des Atlan- ks, um weitere Deregulierungen und Privatisierungen. as die GATS-Verhandlungen und die Kommission icht schaffen, soll dieses Abkommen bringen: den Ab- au jeglichen Schutzes des Dienstleistungssektors vor em Profitstreben privater Unternehmen. Das betrifft die ultur und audiovisuelle Dienstleistungen, die die SPD it ihrem Antrag herausnehmen lassen will, aber auch as Gesundheitswesen und andere Bereiche. Nun ist das Credo von Bundesregierung und EU- ommission, dass Freihandel Wachstum und Beschäfti- ung schaffen würde. Für bestimmte Sektoren wird das timmen. Doch bei einem fairen Freihandel, also bei ei- er ausgeglichenen Handelsbilanz, geht es eher um ein ullsummenspiel. Der Freihandel wird ja zum Beispiel icht dazu führen, dass die Menschen mehr Medika- ente zu sich nehmen. Sie kommen nur von einem an- eren Konzern. Das heißt, auf beiden Seiten des Atlan- ks wird es Gewinner, aber eben auch Verlierer geben, it dementsprechenden negativen Auswirkungen auf die eschäftigten in dieser Branche – es sei denn, man chafft sich durch den Abbau und die Angleichung von egeln einen gemeinsamen Wettbewerbsvorteil gegen- ber China, Japan und anderen Regionen der Welt. Dann 31132 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) gibt es Wachstum in der EU-USA-Zone – zum Nachteil des Rests der Welt. Während soziale und ökologische Regulierungen bei- derseits des Atlantiks abgebaut werden, sollen im Ge- genzug die Rechte der Konzerne durch ungehinderte Niederlassungsfreiheit und umfangreichen Investitions- schutz gestärkt werden. Wohin solche Investitions- schutzabkommen führen, kann man am Beispiel Vatten- fall sehen. Vattenfall hat die Bundesregierung vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitions- streitigkeiten wegen der gesetzlichen Stilllegung von Brunsbüttel und Krümmel verklagt. Ein Schiedsspruch aus Washington würde Vattenfall die Vollstreckung in al- len 158 ICSID-Vertragsstaaten eröffnen. Der Schieds- spruch selbst ist einer Überprüfung durch nationale Stellen entzogen. So werden demokratisch gewählte Parlamente ihrer Gesetzgebungsgewalt beraubt. Wir lehnen ein solches Abkommen zulasten von Mensch und Umwelt ab. Wir unterstützen den Antrag der Grünen, dass der Deutsche Bundestag von seinem Recht zur Stellungnahme Gebrauch machen wird. Wir unter- stützen auch das Anliegen des SPD-Antrages, audiovi- suelle und kulturelle Dienstleistungen keiner weiteren Liberalisierungspflicht zu unterwerfen. Leider, meine Damen und Herren von der SPD, ist Ihr Antrag ansons- ten blind gegenüber den anderen Gefahren und negati- ven Folgen dieses Verhandlungsmandates, weswegen wir uns zu diesem Antrag enthalten werden. Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die langjährige Debatte um eine transatlantische Freihandelszone und ein entsprechendes Partnerschafts- abkommen zwischen der Europäischen Union und den USA hat in den letzten Monaten konkrete Formen ange- nommen. US-Präsident Obama hat sich in einer Rede zu Beginn dieses Jahres für ein solches Abkommen ausge- sprochen. Auch der Europäische Rat unterstützt das Vor- haben und will weitere Maßnahmen ergreifen. Die EU- Kommission wird voraussichtlich am 14. Juni ein Man- dat für die Aushandlung dieses Abkommens erhalten. Sollten die Verhandlungen erfolgreich sein, wäre der Weg frei für die größte Freihandelszone der Welt, die zu- gleich aber wirtschaftliche Regeln und handelspolitische Standards von globaler Bedeutung setzen könnte. In einem solchem Abkommen liegen natürlich große Chancen, aber – das möchte ich hervorheben – es birgt auch viele Risiken. Denn es gibt einige schwierige Fra- gen zu klären, bevor dieses Abkommen tatsächlich Re- alität werden kann. Daher plädieren wir Grüne dafür, dass in den Verhandlungen gilt: Sorgfalt vor Schnellig- keit! Angesichts der Tragweite und der Bedeutung, die dieses Abkommen haben wird, müssen im Verhand- lungsprozess neue Standards in Sachen demokratischer Beteiligung der Parlamente und der Zivilgesellschaft ge- setzt werden. Deshalb ist es wichtig, dass die Verhand- lungen so transparent wie möglich gestaltet werden. Die Bundesregierung und die Europäische Kommission ste- hen hier in der Pflicht. Sie müssen die Parlamente unauf- gefordert, zeitnah und umfassend über die Ziele, Inhalte und Fortschritte der Verhandlungen informieren. s v V ti B fo p S d m w V M F n d k fü v L D e W s U s n V F ti d w te p n ti g m R u d la d w g re g s m d P a s h fo V B (C (D Dieses Abkommen – sollte es irgendwann beschlos- en werden – wird einen großen Einfluss auf das Leben ieler Menschen in der Europäischen Union und in den ereinigten Staaten haben. Deshalb ist eine starke Legi- mationsgrundlage durch die Parlamente von größter edeutung. Wenn ein Abkommen dieses Umfangs er- lgreich umgesetzt werden soll, braucht es die aktive arlamentarische Einbindung. Ansonsten wird es zum cheitern verurteilt sein. Doch nicht nur die Parlamente er Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament üssen angemessen in die Verhandlungen einbezogen erden. Auch die Zivilgesellschaft muss über die erhandlungen regelmäßig informiert werden und die öglichkeit erhalten, Stellungnahmen abzugeben. Die ehler, die bei den Verhandlungen vergleichbarer inter- ationaler Abkommen zum Scheitern beigetragen haben, ürfen diesmal nicht wiederholt werden. Ein transatlantisches Handels- und Investitionsab- ommen braucht klare Leitlinien. Die Sorgen und Be- rchtungen sind groß, dass es zu einer Aufweichung on europäischen Standards, im Umweltbereich, bei der ebensmittelsicherheit, im Verbraucherschutz oder beim atenschutz kommt. Das ist kein Geheimnis. Deshalb ist s wichtig, im Verhandlungsmandat, das der Rat nächste oche beschließen wird, festzuschreiben, dass europäi- che Standards im Bereich der Produktsicherheit, des mweltschutzes, des Gesundheitsschutzes, des Daten- chutzes und Tierschutzes sowie der ILO-Standards icht zur Diskussion stehen werden. Hier darf es keine erschlechterung geben. Wir haben nicht zuletzt bei der inanz- und Bankenkrise gesehen, dass es solide interna- onale Standards braucht. Eine transatlantische Freihan- elszone kann dazu einen Beitrag leisten, aber nur dann, enn soziale und ökologische Standards auf beiden Sei- n des Atlantiks gestärkt werden und damit eine Leit- lanke für Globalsierung setzen. Ein Abkommen dieses Ausmaßes birgt aber auch och weitere Gefahren. Denn es könnte als protektionis- sche handelspolitische Blockbildung, insbesondere ge- en Asien, wahrgenommen werden und damit die Be- ühungen um ein multilaterales Handelsregime im ahmen der WTO konterkarieren. Die Bundesregierung nd die Europäische Kommission müssen alles tun, um en Eindruck aus dem Weg zu räumen, bei der Transat- ntischen Handels- und Investitionspartnerschaft han- ele es sich um eine „NATO für die Wirtschaft“. Das äre fatal. Ein solcher Vertrag darf nicht den gegenseiti- en Protektionismus zwischen den verschiedenen Welt- gionen verstärken. Er darf nicht dem Duktus unterlie- en: Wir gegen den Rest der Welt. – Stattdessen sollte er o angelegt sein, dass er in einen multilateralen Prozess ünden kann. Meine Fraktion hat heute diesen Antrag in den Bun- estag eingebracht, um deutlich zumachen, dass wir als arlament ein entscheidendes Mitspracherecht bei der nstehenden Vergabe des Verhandlungsmandats in An- pruch nehmen. Der Bundestag hat das Recht, zum Ver- andlungsmandat eine Stellungnahme abzugeben. Wir rdern daher die Bundesregierung auf, erst dann dem erhandlungsmandat im Rat zuzustimmen, wenn der undestag von diesem Recht Gebrauch gemacht hat. Die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31133 (A) ) )(B) Bundesregierung darf in diesen Fragen keine Fakten schaffen. Der Bundestag muss immer die Möglichkeit haben, seine im Grundgesetz verankerten Kontroll- und Beteiligungsrechte gegenüber der Regierung vollum- fänglich wahrzunehmen. Anlage 19 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und Be- richt zu dem Antrag: Für eine moderne und nachhaltige Verbraucherpolitik (Zusatztages- ordnungspunkte 14 und 15) Mechthild Heil (CDU/CSU): Im Ausschuss haben wir Ihre Anträge, liebe Kollegen der Grünen und der SPD, „Für eine moderne und nachhaltige Verbraucher- politik“ und „Lage der Verbraucherinnen und Verbrau- cher verbessern“, abgelehnt, nicht weil die christlich- liberale Koalition gegen moderne und nachhaltige Ver- braucherpolitik wäre und auch nicht, weil wir die Ver- braucherpolitik nicht immer weiter verbessern wollen. Wir haben die Anträge abgelehnt, weil wir schon längst moderne und nachhaltige Verbraucherpolitik machen und unsere Verbraucherpolitik immer weiter entwickeln. Ehrlich gesagt: Wir sind ja auch dankbar für Hinweise und Verbesserungsvorschläge. Wir wissen, dass sich die Politik an die ständig verändernden Realitäten anpassen muss, und die Welt ändert sich immer schneller und wird immer komplexer. Nur leider helfen Ihre Forderungen uns nicht weiter. Sie sind entweder überholt oder abwe- gig, liebe Kollegen von SPD und den Grünen. Über die SPD-Forderung nach einem Finanzmarkt- wächter oder gar gleich einer ganzen Wächterschar ha- ben wir heute bereits ausgiebig debattiert. Ich bleibe da- bei: Ihre Vorstellung eines Marktwächters ist nicht realistisch. Wir brauchen ihn auch nicht, weil wir gute und verbraucherschützende Strukturen haben. Diese Strukturen werden den komplexen Märkten gerecht. Sie dagegen setzen auf Vereinfachung und Bevormundung – in allen Bereichen. Lebensmittel sollen farbig gekennzeichnet sein, ob sie „gesund“ oder „ungesund“ sind. Mit Smileys sollen Res- taurants in „sauber“ oder „dreckig“ eingestuft werden, und der Finanzmarktwächter teilt jedes Finanzprodukt in „gut“ oder „schlecht“ ein. In was für einer Welt leben Sie eigentlich? Vielleicht sollten Sie einmal von Ihrem Elfenbeinturm der hehren Forderungen herabsteigen und sich mit der unbequemen Realität auseinandersetzen: Die Welt ist komplexer als das. Unsere Gesellschaft und unsere Märkte lassen sich nicht einfach in Gut und Böse einteilen. Mancher mag diese Forderungen niedlich finden; aber leider reflektieren Sie ein erschreckendes Men- schen- und Gesellschaftsbild. Sie glauben nicht an den mündigen Verbraucher. Obwohl auch ich zugebe, dass dieser ein Idealbild ist, so trauen wir den Menschen aber mehr zu. Wir trauen ihnen zu, dass sie selbst besser wis- sen, als es der Staat jemals könnte, was gut für sie ist und w b is d k s d fa s s d c In n u u s b a u a a D u s h L la v ü w d v d k n n V n w b s V A ri 2 re A z s g n im re (C (D as sie brauchen. Der Staat ist nicht der bessere Ver- raucher. Für uns ist der Verbraucher kein Opfer der Märkte. Er t es, der die Marktmacht hat. Er ist es, der die Entschei- ungen trifft, die die Unternehmen in die Knie zwingen önnen. Darum schaffen wir die Bedingungen, damit er eine Marktmacht auch nutzen kann, und schützen ihn ort, wo es nötig ist. Das aktuellste Beispiel: Seit An- ng dieses Monats müssen Warteschleifen kostenlos ein. Der Verbraucher soll nur noch dann zahlen, wenn ein Anliegen auch bearbeitet wird. Wir schaffen also en Rahmen, damit die Verbraucherinnen und Verbrau- her in den Markt vertrauen können, und wir setzen auf formation und Transparenz, damit sie ihre Marktmacht utzen können. Insofern ist unsere Verbraucherpolitik auch modern nd nachhaltig, weil sie sich an den Realitäten orientiert nd weil sie anerkennt, dass Verbraucher und Wirtschaft ich nicht voneinander abgrenzen lassen. Wirtschaft raucht Verbraucher – klar ; aber Verbraucher brauchen uch die Wirtschaft. Ihr Pessimismus, was Unternehmen nd Wirtschaft angeht, ist jedenfalls erschreckend und uch realitätsfern. Deshalb haben wir auch Ihre Anträge bgelehnt. Denn wir brauchen diese Forderungen nicht. ie sinnvollen Forderungen sind entweder schon längst mgesetzt oder werden es im Moment, und die anderen ind nicht abwegig. Elvira Drobinski-Weiß (SPD): Die Bundesregierung at keine systematische Strategie zur Verbesserung der age der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutsch- nd. Sie geht in ihrer Verbraucherpolitik weiterhin da- on aus, dass der einzelne Verbraucher jederzeit und berall in der Lage ist, alle vorhandenen Informationen ahrzunehmen, einzuordnen und auf dieser Grundlage ie für ihn optimale Entscheidung zu treffen. Sie setzt oraus, dass Verbraucherinnen und Verbraucher auch en größten Informationswirrwarr durchblicken und sehr omplexe Informationen bewerten können. Die Erkennt- isse der Verbraucherforschung zeigen, dass das leider icht der Realität entspricht. Klar ist: Wenn das zugrunde liegende Bild von den erbraucherinnen und Verbrauchern nicht stimmt, kön- en die verbraucherpolitischen Maßnahmen genauso enig stimmen. Dies zeigt sich an der schlechten Ver- raucherpolitik dieser Bundesregierung. Diese Bundesregierung ignoriert das am Markt herr- chende Ungleichgewicht zwischen Anbietern und erbrauchern. So stellt das von der Bundesregierung in uftrag gegebene „Gutachten zur Lage der Verbrauche- nnen und Verbraucher in Deutschland“ vom September 012 fest: „Auf der Nachfrageseite besteht ein struktu- lles Wissens- und Kompetenzdefizit gegenüber den nbietern von Gütern und Dienstleistungen, das es aus- ugleichen gilt.“ Auch wenn das Gutachten wissen- chaftlich umstritten ist und Datenlage und fehlende Ver- leichsmöglichkeiten manche dort getroffenen Aussagen icht wirklich zulassen, gibt es doch ein paar Hinweise Gutachten auf Handlungsbedarf: „Marktintranspa- nz“ und „erhebliche Informationssuchkosten bei den 31134 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Konsumenten“. Doch die Bundesregierung pflegt wei- terhin ihr Bild von den Verbrauchern und ihrer „Mündig- keit“, die in Wahrheit nur Ausrede für politische Untätig- keit ist. Wir wollen die Lage der Verbraucherinnen und Ver- braucher wirklich verbessern. Deshalb legen wir unseren Aktivitäten ein realistisches Bild zugrunde. Wir Sozial- demokratinnen und Sozialdemokraten unterscheiden zwischen einerseits den realen Verbraucherinnen und Verbrauchern mit all ihren Unterschieden, Bedürfnissen und Problemen auf einem sehr komplexen Markt und an- dererseits dem mündigen, selbstbestimmten Verbraucher als Leitbild. Der mündige Verbraucher, der stets rational entscheidet und gut informiert und bewusst auswählt, ist ein Ideal. Weder der Markt selbst noch die realen Ver- braucherinnen und Verbraucher entsprechen diesem Bild. Der Markt bzw. das Angebot ist in vielen Berei- chen zu intransparent, um Verbrauchern informierte und selbstbestimmte Entscheidungen zu ermöglichen. Und das Verhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher ist so unterschiedlich wie sie selbst. Die Verhaltensforschung zeigt, dass wir alle als Ver- braucher häufig nicht rational entscheiden, sondern von vielen unterschiedlichen Faktoren beeinflusst werden. Nicht umsonst setzt die gesamte Werbebranche auf Emotionen und Stimmungen. Wir sind alle Verbraucher, aber unsere Interessen und Probleme sind so verschieden wie unsere Lebenssituation, unser Bildungsstand, Ein- kommen, Herkunft, Alter, Geschlecht. Es gibt verschie- dene Verhaltensmuster, die können sowohl zu unter- scheidbaren Verbrauchertypen führen als auch gleichzeitig in einer Person auftreten – je nach Produkt, Laune oder Einkaufssituation. Manche informieren sich gern und ausführlich vor ei- ner Anschaffung von Elektrogeräten, greifen aber bei Lebensmitteln blind zu. Andere vertrauen aus Bequem- lichkeit oder Zeitmangel auf das, was der Anbieter sagt. Manche wählen danach aus, ob ein Unternehmen faire Löhne zahlt. Und für andere sind Informationen wie In- haltsstoffangaben oder Allgemeine Geschäftsbedingun- gen so unverständlich, dass sie sie gar nicht lesen. In der Verbraucherforschung wird oft zwischen den drei „V“-Mustern unterschieden, den „verletzlichen“, „vertrauenden“ und „verantwortungsvollen“ Verbrau- chern. Gute Verbraucherpolitik muss die unterschiedli- chen Verhaltensmuster berücksichtigen. Wir wollen die Erkenntnisse der Verbraucherverhaltensforschung nut- zen, um wirksame Instrumente und Maßnahmen zu ent- wickeln, die Verbraucherinnen und Verbraucher stärken und schützen. Wir wollen, dass der Markt für die Menschen da ist – und nicht umgekehrt. Wir wollen einen anderen Markt, einen sicheren und transparenten, gerechten und nach- haltigen. Wir wollen einen verbraucherfreundlichen Markt. Aber der Markt muss von allen Beteiligten ge- staltet werden. Mit einfach nur mehr Informationen für Verbraucher ist wenig erreicht. Wir brauchen gute Infor- mationen für Verbraucher, und wir brauchen Kriterien dafür, wie gute Information aussehen muss. Wir müssen alle vorhandenen Instrumente nutzen für eine gute Ver- b e c W M s m u a in fü K n s d g S ru a V g n s s re u D g D b b s s W e le v z e s E T tr V s V g U in M d d (C (D raucherpolitik – und wir wollen auch neue Instrumente ntwickeln. Wir wollen gegen das zulasten der Verbrau- her herrschende Ungleichgewicht der Kräfte angehen. ir müssen Verwerfungen und Fehlentwicklungen am arkt nachgehen und Verbraucher damit nicht alleinlas- en. Wir haben dazu jede Menge guter Vorschläge ge- acht. Aber diese Bundesregierung ist nicht offen dafür, nd die Regierungsfraktionen lehnen unsere Vorschläge b. Wer die Lage der Verbraucherinnen und Verbraucher Deutschland wirklich verbessern will, muss zunächst r die Ablösung dieser Bundesregierung sorgen. Dr. Erik Schweickert (FDP): Verbraucherschutz ist ernanliegen der schwarz-gelben Regierungsfraktio- en. Es mag vielleicht daran liegen, dass ihre Anträge chon etwas älter sind. Aber viele ihrer Forderungen hat iese schwarz-gelbe Bundesregierung bereits erfüllt. Da- egen haben, wenn ich mir diese Spitze erlauben darf, PD und Grüne die Verbraucherpolitik in ihrer Regie- ngszeit viel zu sehr schleifen lassen. Deshalb sind sie us meiner Sicht auch wenig glaubwürdig. Die Lage der erbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland ist so ut wie nie zuvor. Auch das ist eine Erkenntnis der Prog- os-Studie. So stellt diese Studie fest, die Verbraucher eien „überwiegend in der Lage, ihren Konsum selbstbe- timmt zu gestalten“. Außerdem existiere „vielfach be- its eine hohe Regulierungsdichte“. Ihnen geht es meines Erachtens mit Ihren Anträgen m etwas ganz anderes. In erster Linie dient Ihnen diese ebatte vor allem zum Zurschaustellen Ihres Wahlpro- ramms. Aber hinter den Forderungen steckt noch mehr. enn Sie wollen letztlich die Entmündigung des Ver- rauchers, weil Sie der Ansicht sind, die Politik wisse esser, was für den Einzelnen gut und richtig ist. Sie chwingen sich auf zu den Tugendwächtern der Nation. Wir Liberale aber maßen uns nicht an, besser zu wis- en, ob der Verbraucher Fleisch essen sollte oder Salat. ir maßen uns nicht an, Strafsteuern auf Süßigkeiten zu rheben, um den Verbraucher über seinen Geldbeutel zu nken. Wir maßen uns nicht an, Produktwerbung zu erbieten, um zwischen guten und schlechten Produkten u bewerten und Wahlmöglichkeiten der Verbraucher inzuschränken. Wir maßen uns nicht an, den morali- chen Zeigefinger zu erheben und Verbraucher in die cke zu schicken, die sich nicht so verhalten, wie es die ugendwächter gerne hätten. Das liberale Verbraucherbild ist ein anderes. Liberale auen den Verbrauchern etwas zu. Unser Ziel ist es, erbraucher in die Lage zu versetzen, souverän zu ent- cheiden, aber nicht in Ketten zu legen. Wir geben dem erbraucher das Rüstzeug und schaffen Rahmenbedin- ungen, um eigene Entscheidungen treffen zu können. nd genau das hat diese schwarz-gelbe Bundesregierung den letzten Jahren auch getan. Ich möchte nur einige Dinge einer langen Liste von aßnahmen nennen, die genau dazu geführt haben, dass ie Verbraucher in Deutschland besser informiert sind, ass der Markt transparenter geworden ist, dass die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31135 (A) ) )(B) Rechtsdurchsetzung im Streitfalle leichter möglich ist und dass schwarze Schafe vom Markt verschwunden sind. Ich bin bei Ihnen, wenn es darum geht, Verbraucher- kompetenzen zu stärken. Deshalb haben wir bereits die Bundesmittel für den Verbraucherzentrale Bundesver- band erhöht, die Stiftung Warentest mit einem höheren Stiftungskapital versehen, ihre Haushaltsmittel für die Analyse des Finanzmarktes erhöht und zusammen mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband die Stiftung Verbraucherschutz ins Leben gerufen. Wir haben Schlupflöcher für Betrüger und Abzocker geschlossen, beispielsweise durch die Vorgaben zur kos- tenfreien Warteschleife, durch eine Preisansagepflicht beim Call-by-Call oder durch den Internetbutton. Bis zur Sommerpause werden wir noch das Gesetz gegen unseriö- se Geschäftspraktiken verabschieden und damit auch dem unseriösen Inkasso, unerlaubter Telefonwerbung und dem Abmahnmissbrauch wirksame Riegel vorschie- ben. Mit der Markttransparenzstelle für Strom und Gas ha- ben wir im Energiebereich eine neue Institution geschaf- fen, die den Markt überwacht und dem Schutz der Ver- braucher dient. Wir haben mit den Schlichtungsstellen Energie und Luftverkehr neue Anlaufstellen für die Ver- braucher geschaffen, um die Verbraucherrechte besser durchsetzen zu können. Wir haben das Verbraucherinformationsgesetz unbü- rokratischer gestaltet, Auskunftsansprüche erweitert und dafür gesorgt, dass die Behörden Verstöße und Täu- schungen schneller veröffentlichen. Auf dem Finanzmarkt haben wir eine umfassende Anlegerschutzgesetzgebung vorgenommen, die zu mehr Transparenz am Markt und zu mehr Schutz vor Falsch- beratung beiträgt. All diese Maßnahmen zeigen beispielhaft, wie mo- dern und nachhaltig die Verbraucherpolitik der schwarz- gelben Regierungsfraktionen ist. Sie ist nachhaltig, weil sie vor Abzocke schützt und die guten Anbieter am Markt fördert. Sie ist modern, weil wir, anders als die Opposition von SPD, Grünen und Linken, nicht Moder- nität mit Bevormundung verwechseln, sondern auf Befä- higung setzen. Caren Lay (DIE LINKE): Am vergangenen Montag stellte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Deut- schen Verbrauchertag ihrer Bundesregierung ein überra- schend gutes Zeugnis aus. Die Menschen werden ihr die- ses Zeugnis nicht unterschreiben können. Laut einer am gleichen Tag vorgestellten Studie der Verbraucherzen- trale misstrauen fast zwei Drittel der Befragten den An- geboten des Finanzmarkts und der Lebensmittelbranche. Die Bundeskanzlerin betonte gleichzeitig, dass der Ver- braucherschutz gestärkt werden müsse. Warum dies in vier Jahren Schwarz-Gelb nicht passiert ist, verriet Angela Merkel den Zuhörern nicht. te b m d d D m le g s d b B d L k w K s c h d o c d 3 R M S k g P u e li n W P ti m w Ö li F V ih b c h u h ri ra B w (C (D Tatsächlich ist die Liste der Versäumnisse lang: Erstens: Etikettenschwindel statt sichere Lebensmit- l. Dioxin im Ei, Krankheitskeime im Schulessen, Anti- iotika im Huhn, Pferdefleisch in der Lasagne: Lebens- ittelskandale zogen sich wie ein roter Faden durch iese Wahlperiode. Die Lebensmittelkonzerne sind in er Politik gut vernetzt, um Regulierung zu verhindern. ie Betriebe dürfen Qualität und Sicherheit der Lebens- ittel selbst kontrollieren. Wenige amtliche Kontrol- ure in den Kommunen stehen globalen Konzernen ge- enüber. Essen darf außerdem kein Betriebsgeheimnis ein. Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Behör- en müssen ungehindert Zugang zu Unternehmensdaten ekommen. Die Lebensmittelüberwachung muss auf undesebene gebündelt und personell aufgestockt wer- en. Die Linke fordert einen lückenlosen „Reisepass für ebensmittel“, damit die Herkunft aller Zutaten klar er- ennbar ist. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen issen, wo ihr Essen herkommt und auch was drin ist. ennzeichnung und Aufmachung müssen verständlich ein. Eine Nährwertampel soll den Anteil von Fett, Zu- ker und Salz in den Farben Rot, Gelb oder Grün hervor- eben. Auch ein „Hygiene-Smiley“, der die Ergebnisse er amtlichen Kontrollen an der Tür des Restaurants der Supermarktes sichtbar macht, dient dem Verbrau- herschutz. Zweitens: Bezahlbare Strompreise. Seit 2000 hat sich er Strompreis mehr als verdoppelt. 2011 wurde über 00 000 Haushalten der Strom abgeklemmt, weil sie die echnungen nicht mehr bezahlen konnten. Immer mehr enschen brauchen Hilfe wegen der explodierenden trom- und Gaspreise. Gleichzeitig machen die Strom- onzerne Milliardengewinne. Die Bundesregierung hin- egen entlastet die Großindustrie von den steigenden reisen und bürdet dies zusätzlich den Verbraucherinnen nd Verbrauchern und kleinen Firmen auf. Gleichzeitig ntlastet sie die energieintensive Industrie mit 16 Mil- arden Euro jährlich. Das ist eine soziale Schieflage, die wir als Linke so icht hinnehmen. Hier muss dringend gehandelt werden. ir wollen eine effektive staatliche Preisaufsicht, die die reise genehmigt und die eingreifen kann. Ungerechtfer- gte Industrierabatte müssen abgeschafft und einkom- ensschwache Haushalte mit Sozialtarifen unterstützt erden. Außerdem wollen wir die Stromsteuer, auch kosteuer genannt, senken und die Stromsperren gesetz- ch verbieten. Drittens: Verbraucherinnen und Verbraucher auf dem inanzmarkt schützen. Die Banken verdienen gut an erbraucherinnen und Verbrauchern. Während sie selbst r Geld für 0,5 Prozent einkaufen können, geben sie es ei Dispokrediten für über 10 Prozent an die Verbrau- herinnen und Verbraucher weiter. In der Finanzkrise aben viele Menschen ihr Geld verloren, weil ihnen nseriöse Berater risikoreiche Finanzprodukte verkauft aben. Bis zu 20 Milliarden Euro verlieren Verbrauche- nnen und Verbraucher jährlich durch falsche Anlagebe- tung und schlechte Finanzprodukte. Der sogenannte eipackzettel für Finanzprodukte ist das Papier nicht ert, auf dem er gedruckt wurde. Das sagt nicht nur die 31136 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Linke, sondern auch die Stiftung Finanztest in ihrer ak- tuellen Ausgabe, und das sagte sogar die BaFin bereits 2011. Die Linke will ihr Geld schützen. Die Zinsen für Dispo- und Überziehungskredite müssen gesetzlich auf 5 bzw. 8 Prozent über dem Leitzins gedeckelt werden. Ein Finanz-TÜV soll alle Finanzprodukte prüfen, damit Schrottpapiere gar nicht erst auf den Markt kommen. Eine Verbraucherschutzbehörde soll den Finanzmarkt kontrollieren, und zwar bevor gefährliche Produkte auf den Markt kommen. Zusätzlich muss ein Finanz-TÜV für Transparenz im Finanzdschungel sorgen. Die Ver- braucherzentralen müssen gestärkt werden, damit sie weiter gute, bezahlbare und unabhängige Finanzbera- tung leisten können. Die Linke fordert außerdem das Recht auf ein Girokonto für alle. Viertens: Unseriöse Geschäftspraktiken unterbinden. Unseriöse Geschäftspraktiken sind an der Tagesordnung. Am Telefon werden Verträge untergeschoben und per- sönliche Daten entlockt. Bei vielen Kaffeefahrten wer- den versteckte Extrakosten fällig. Das Geld wird dann mit teils aggressiven Methoden über unseriöse Inkas- sounternehmen eingetrieben, wie die Verbraucherzen- trale feststellte zu 99 Prozent unberechtigt. Die Linke fordert eine bundesweite Verbraucher- schutzbehörde, die alle Märkte verbraucherorientiert kontrolliert. Parallel sind die Verbraucherzentralen als wichtigste Anlaufstelle für Verbraucheranfragen finan- ziell und rechtlich zu stärken. Über Sammelklagen sol- len Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Rechte ge- meinsam und effektiv einfordern können. Verträge aus Telefonwerbung müssen erst schriftlich bestätigt wer- den, bevor sie wirksam werden. Die Inkassogebühren müssen gedeckelt und unseriöse Methoden unterbunden werden. Fazit: Schwarz-Gelb hat keinen Grund, sich selbst auf die Schultern zu klopfen, auch wenn Angela Merkel im Wahlkampf die engagierte Verbraucherschützerin mimt. Die zu Ende gehende Legislatur war und ist geprägt von Mutlosigkeit und Ideenmangel unter der Ankündigungs- und Aktionsplanministerin Ilse Aigner. Wir als Linke sa- gen: Echte Verbraucherpolitik schafft klare Regeln auf den Märkten und nicht nutzlose Selbstverpflichtungen. Verbraucherinformation allein genügt nicht. Nur aktives Handeln hilft. Das bedeutet auch, sich mit den Konzer- nen anzulegen, wozu Schwarz-Gelb nie den Mut hatte. Meine Fraktion hat bereits zu Anfang der Legislatur ein Umdenken gezeigt. Leider wurden in den vergangenen knapp vier Jahren viele Chancen vertan, eine verbrau- chergerechte Politik zu machen. Die hier vorliegenden Anträge der Grünen und der Sozialdemokraten gehen zumindest in die richtige Rich- tung, doch leider nicht weit genug. Ich möchte dies am Beispiel Dispozinsen und Stromsperren illustrieren. So sprechen sich die Grünen beispielsweise auch für eine Deckelung der Dispozinsen aus, bleiben aber ungenau in der Höhe. Sie wollen das Sperren von Strom und Gas einschränken; wir wollen es ganz verbieten. Im SPD- Antrag fehlt das Thema völlig. Die Deckelung der Dis- pozinsen soll auf 8 Prozent erfolgen, was immer noch v li c L b P w li V z s u b b re w M d ü m ü G W k m g is J d P b b u fu fü re b T w G le G D s c ra c k A n e B v (C (D iel zu hoch ist und gegenüber den derzeit durchschnitt- ch 10 Prozent eine geringe Verbesserung für Verbrau- herinnen und Verbraucher darstellt. Somit bleibt die inke die einzige Partei, die sich für konsequenten Ver- raucherschutz einsetzt. Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die olitik von Schwarz-Gelb und die Arbeit von Ilse Aigner erden den Anforderungen an moderne Verbraucherpo- tik nicht gerecht. Nehmen wir exemplarisch den Bereich digitaler erbraucherschutz: Neue Herausforderungen, wie die unehmende Aushöhlung von Bürgerrechten und Privat- phäre durch Unternehmen wie Google oder Facebook nd die Quasi-Monopolisierung digitaler Geschäfts- ereiche, blieben unbeackert. Schlimmer noch: Aigner edauert, dass es keine entsprechenden Datenschutz- gelungen auf EU-Ebene gibt, und sieht gleichzeitig zu, ie Innenminister Friedrich diese torpediert. Das zeigt: inisterin Aigner ist mit den Herausforderungen des igitalen Wandels für den Verbraucherschutz schlicht berfordert. Doch selbst Brot-und-Butter-Verbraucherschutzthe- en, wie der Kampf gegen das Abmahnungswesen, berfordern die selbsternannte Wunschkoalition. Das esetz gegen unlautere Geschäftspraktiken – wie das arten auf Godot. Der Kampf gegen betrügerisches In- asso, unlautere Telefonwerbung und Abmahnfirmen uss wohl von einer anderen Mehrheit in diesem Haus eführt werden. Aber auch in den Bereichen, die bearbeitet wurden, t die Bilanz von fünf Jahren Ministerin Aigner und vier ahren schwarz-gelber Mehrheit mager. Nehmen wir den finanziellen Verbraucherschutz: Aus em großen Versprechen des Koalitionsvertrages, kein rodukt und kein Vertriebsweg werde unreguliert blei- en, wurde ein halbherziges Stückwerk. Statt den Ver- raucherschutz als Kernaufgabe der BaFin zu verankern nd die Verbraucherzentralen in ihrer Marktwächter- nktion zu stärken, wurde ein Verbraucherbeirat einge- hrt. Freie Vertriebler werden von der Gewerbeaufsicht guliert. Klarer kann man nicht sagen, dass man Ver- raucherschutz nicht für systemrelevant hält. Auf die estkäufer, die die Arbeit der BaFin ergänzen sollten, arten wir noch heute. Unseren Antrag, die gesetzliche rundlage dafür zu schaffen, hat die Koalition abge- hnt. Ihre Ausrede, das sei aus datenschutzrechtlichen ründen nicht einführbar, hat der Wissenschaftliche ienst in einem Gutachten widerlegt. Die Protokollpflichten in der Anlageberatung haben ich zum Bumerang für den Verbraucherschutz entwi- kelt. Statt den geprellten Kunden Beweise für Falschbe- tung zu liefern, sichern sie die Anbieter gegen Ansprü- he ab. Überhöhte Dispozinsen und die hohe Anzahl ontoloser Menschen in Deutschland wurden von igner zwar pressewirksam beklagt – passiert ist jedoch ichts. Auch bei der Reform der privaten Altersvorsorge ist ine Unionsministerin als Raubtier gesprungen und als ettvorleger gelandet. Ursula von der Leyens medial ortrefflich inszenierte Vorschläge zur verbraucher- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31137 (A) ) )(B) freundlichen Regulierung von Riester und Co ver- schwanden mit wenigen Ausnahmen in der Schublade und ihr Gesetz zur Honoraranlagenberatung ist so schlecht gemacht, dass es Honorarberatung eher verhin- dern als fördern wird. Wir Grüne stehen für eine bessere Verbraucherpolitik; wir schaffen das Fundament dafür, dass Konsumentin- nen und Konsumenten auf Augenhöhe mit Produzenten und Handel agieren können. Wir wollen Verbraucherinnen und Verbraucher befä- higen, aktiv am Markt teilzuhaben und bewusste Entscheidungen zu treffen – durch Transparenz und un- abhängige, leicht nutzbare Verbraucherinformationen sowie bessere Auskunftsansprüche gegenüber Behörden und Unternehmen. Wir Grüne stehen für bessere Ver- braucherrechte und deren institutionelle Stärkung – bei- spielsweise durch die Möglichkeit einer Gruppenklage und durch die Abschöpfung von Unrechtsgewinnen. Wir wollen einen Finanzmarktwächter unter dem Dach der Verbraucherzentralen, der die Verbraucher im Fokus hat, der mit einem Beschwerderecht gegenüber staatlichen Institutionen ausgestattet ist und Verbrauche- rinnen und Verbraucher schützt. Wir sind davon überzeugt, dass sich Verbraucherpoli- tik stärker an den Bedürfnissen und Problemen der Ver- braucherinnen und Verbraucher orientieren muss. Basis einer modernen Verbraucherpolitik muss daher die Ver- braucherforschung sein, die den Markt im Blick hat, politische Instrumente auf ihre Effizienz und Verbrau- chertauglichkeit überprüft und die Bedürfnisse und Anforderungen der Verbraucherinnen und Verbraucher zur Grundlage der strategischen Ausrichtung der Ver- braucherpolitik macht. Deshalb fordern wir einen Sach- verständigenrat für Verbraucherfragen. Mit unserem Antrag legen wir ein umfassendes ver- braucherpolitisches Programm vor, das von bezahlbaren Energiepreisen bis hin zur gesunden Schulverpflegung die Breite moderner Verbraucher- und Ernährungspolitik abbildet. Die Bürgerinnen und Bürger wissen es zu schätzen, wenn eine politische Kraft konzeptionell arbeitet. Die Kompetenzwerte der Union in Sachen Verbraucher- schutz liegen nach acht Jahren im Ministerinnenamt bei 9 Prozent. Das zeigt: Es ist Zeit für den Wechsel. Anlage 20 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: System der Krimi- nal- und Rechtspflegestatistiken in Deutschland optimieren und auf eine solide rechtliche Grundlage stellen (Zusatztagesordnungspunkt 17) Clemens Binninger (CDU/CSU): Wie sicher leben wir in Deutschland? Brauchen wir strengere Gesetze, höhere Strafmaße? Brauchen wir mehr Polizisten vor Ort? Sollen Polizei und Strafverfolgungsbehörden mehr B G n a a d te m A R v li S A u s P o s V B re d A d d d F g s ru re S te d ü la fü S d la d m d b A W S s w d S e m Q a (C (D efugnisse oder andere Ausstattung haben? Urteilen die erichte zu milde? Ist der Strafvollzug konsequent ge- ug? Wird die Gefährlichkeit von Straftätern, die wieder uf freien Fuß gesetzt werden, unterschätzt? Diese und ndere Fragen stellt sich die Öffentlichkeit immer wie- er, wenn in den Medien über schwere Straftaten berich- t wird. Wir als Politik haben uns mit diesen Fragen im- er wieder auseinanderzusetzen, und wir müssen darauf ntworten geben. Dass wir dies nicht im luftleeren aum oder allein mit Blick auf einzelne Straftaten, die ielleicht öffentlich für großes Aufsehen sorgen, tun, egt auf der Hand. Genau dafür brauchen wir belastbare tatistiken. In diesem Punkt stimmen sicher alle mit dem ntrag der SPD überein. Nicht nur für uns als Politik nd für die Verwaltung sind belastbare Zahlen wichtig, ondern auch für Gerichte, Strafverfolgungsbehörden, olizei, Verfassungsschutz, Opferhilfeorganisationen der Präventionsprojekte. Kriminalstatistiken und Strafverfolgungsstatistiken ollen dabei Aufschluss geben über Täter, Opfer, Fälle, erfahren, Schäden und strafrechtliche Folgen, also die eobachtung und Analyse des gesamten Systems straf- chtlicher Verbrechenskontrolle ermöglichen. Das kann ie polizeiliche Kriminalstatistik allein nicht leisten. Ihr ussagewert wird dadurch eingeschränkt, dass nur die er Polizei bekanntgewordenen Straftaten und Tatver- ächtigen gezählt werden können und dass der Umfang es Dunkelfeldes von der Art des Deliktes und anderen aktoren abhängt, die auch im vorliegenden Antrag an- esprochen sind. Anzeigeverhalten, Kontrollintensität, tatistische Erfassungsvorgaben, strafrechtliche Ände- ngen und nicht zuletzt natürlich auch Änderungen im alen Kriminalitätsaufkommen wirken sich hier aus. trafverfolgungsstatistiken liefern darüber hinaus wei- re Daten. Hier sehe ich in der Tat ein Defizit. Eine Verknüpfung er vorhandenen Daten von der Anzeige der Straftat ber die Verurteilung bis hin zum Strafvollzug ist bis- ng kaum möglich, weder für einzelne Personen noch r einzelne Deliktsbereiche. Bislang gibt es keine telle, die bundesweit auf statistische Einzeldatensätze er Strafrechtspflege zugreifen und diese für eine Ver- ufsstatistik nutzbar machen kann. Es wäre also wünschenswert, eine Verlaufsstatistik an er Hand zu haben, die Details über bestimmte Phäno- enbereiche und einen Überblick über die Entschei- ungsprozesse auf allen Ebenen des Strafverfahrens ge- en kann. Soweit ist auch die Analyse, die der SPD- ntrag vorlegt, richtig. Allerdings wirkt der Antrag im eiteren eher wie ein Wunschkonzert der Kriminal- und trafverfolgungsstatistik und weniger wie eine realisti- che Perspektive, die uns am Ende auch einige Schritte eiter zu einer verbesserten Statistik führt. Ich möchte as auch ganz konkret an einzelnen Punkten festmachen: Erstens: zum Periodischen Sicherheitsbericht. Die PD fordert, den Periodischen Sicherheitsbericht wieder inzuführen, weil er eine übergreifende Kommentierung it zusätzlichen Informationen bietet. Ich möchte die ualität der bisherigen Periodischen Sicherheitsberichte uch überhaupt nicht in Zweifel ziehen. Wir stehen aber 31138 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) bei dieser Frage vor einem ganz anderen Problem: Die Überarbeitung des 700 Seiten dicken Periodischen Si- cherheitsberichts nimmt erfahrungsgemäß mehr als zwei Jahre in Anspruch und löst einen immensen Arbeits, Ab- stimmungs- und Kostenaufwand aus. Jeder Fachmann weiß aber, dass sich die Kriminali- tätslage und damit auch ihre Beschreibung in ihren Grundzügen binnen überschaubarer Zeiträume nicht grundlegend ändern. Das heißt, ein solcher Bericht ist nur in längeren zeitlichen Abständen sinnvoll, weil er nur dann signifikante Veränderungen dokumentieren kann. Die statistischen Angaben der Periodischen Si- cherheitsberichte wiederum sind bei einer Bearbeitungs- dauer von mehr als zwei Jahren bereits im Zeitpunkt des Erscheinens schon wieder überholt, sodass auch aus die- ser Perspektive kein wirklicher Gewinn zu erwarten ist. Stattdessen ist es viel effektiver und sinnvoller, die verfügbaren Ressourcen auf die Untersuchung und Er- läuterung spezifischer Phänomene zu konzentrieren. Genau diesen Weg beschreiten wir und das Innenminis- terium, indem regelmäßige und anlassbezogene Lagebil- der vorgelegt werden. So erstellt das Bundeskriminalamt Lageberichte zu mittlerweile elf verschiedenen Delikts- bereichen, zum Beispiel zur organisierten Kriminalität, zum Menschenhandel oder zu Cybercrime. Sie basieren größtenteils auf den Daten der PKS sowie den kriminal- polizeilichen Erkenntnissen wie auch auf Mitteilungen über staatsanwaltschaftliche bzw. gerichtliche Entschei- dungen, binden also verschiedene Quellen zu einem Ge- samtbild zusammen. Zweitens: zur Dunkelfeldforschung. Der SPD-Antrag fordert regelmäßige repräsentative Erhebungen über Op- fererfahrungen und Sicherheitsempfinden zur Dunkel- feldforschung und wirft der Koalition vor, hier angeblich nichts zu unternehmen. Ich kann nur sagen: Offensicht- lich ist da etwas an der SPD vorbeigegangen. Das Bun- deskriminalamt führt seit vielen Jahren wissenschaftli- che Untersuchungen zum Thema Dunkelfeld durch. Zu nennen sind beispielsweise Projekte, die einen starken deliktischen Schwerpunkt haben und vor allem die poli- zeiliche Praxis bei der Bekämpfung von verschiedenen Kriminalitätsformen unterstützen sollen. Eine umfassende Dunkelfelduntersuchung führt das Bundeskriminalamt derzeit auf Grundlage eines vom Nationalen Sicherheitsforschungsprogramm finanzierten Projektes namens „Barometer Sicherheit in Deutsch- land“ zusammen mit weiteren Partnern durch. Dabei wird eine in dieser Form und in diesem Umfang bislang in Deutschland noch nie da gewesene bundesweite Dun- kelfeldbefragung durchgeführt. Es werden 35 000 Perso- nen zu Opfererlebnissen, zum Sicherheitsgefühl und zur Kriminalitätsfurcht sowie zum Anzeigeverhalten be- fragt. Ein Nachfolgeprojekt ist bereits in Planung, um diese Forschung zu verstetigen. Die SPD fordert hier also etwas, was wir schon lange machen. Drittens: zur Verlaufsstatistik. Hier verlangt die SPD, langfristig die Voraussetzungen für ein Datenbanksys- tem zu schaffen, das eine verlaufsstatistische Analyse der Daten von der Anzeige bis zum Strafvollzug oder gar z S F re b tu te z S b z b w P s k m G V d a w S e fü s e E fe h tu e P ri E k H s re v la z W H P K a li v D K c fo (C (D ur Rückfallquote ermöglicht. Auch hier gilt: Was die PD heute fordert, sind wir schon angegangen. Die rühjahrskonferenz 2012 der Innenminister und -senato- n hat auf Antrag des Bundesinnenministeriums eschlossen, eine länderoffene Arbeitsgruppe unter Lei- ng des BMI und unter Beteiligung des BMJ einzurich- n, die die Möglichkeiten für den Aufbau und die Nut- ung einer Verlaufsstatistik prüft. Das erste Treffen der Arbeitsgruppe fand im letzten eptember statt. Dabei wurden auch verschiedene Pro- leme bei diesem Vorhaben im technischen, im finan- iellen und im rechtlichen Bereich deutlich. Dennoch leibt das Projekt weiter auf der Agenda. Zunächst erden hier der Istzustand der Datenerfassung bei den olizei- und Justizbehörden sowie die technischen, tat- ächlichen und rechtlichen Fragestellungen für eine Ver- nüpfung der Daten der polizeilichen Kriminalstatistik it Daten der Justizstatistiken aufbereitet. Auf dieser rundlage lässt sich dann der nächste Schritt für eine erlaufsstatistik angehen. Viertens: zum Thema neue Statistiken. Auf Seite 1 es SPD-Antrags heißt es: „Es fehlt in Deutschland nicht n Statistiken, es existieren genügend.“ Wenn das so ist, arum möchte die SPD dann in demselben Antrag zwei eiten weiter gleich vier neue Statistiken einführen? Das rschließt sich nicht nur nicht, sondern wäre für die Ein- hrung einer Verlaufsstatistik problematisch. Denn wir ehen jetzt schon, dass es in unserem föderalen System ine ganze Reihe von unterschiedlichen Statistiken und rfassungsstandards bei Polizei und der Justiz gibt. Inso- rn wäre mein Vorschlag, erst einmal auf Basis der vor- andenen Daten eine bessere Vernetzung und Auswer- ng zu erreichen, bevor wir neue Statistikpflichten inführen, die letztlich ja auch zusätzlichen Aufwand für olizei und Justiz bedeuten. Zusammenfassend: Der SPD-Antrag stellt zwar die chtigen Fragen, aber die Vorschläge überzeugen am nde nicht. Daher stimmen wir dem Antrag nicht zu. Ich ann aber meinem sehr geschätzten Kollegen Frank ofmann versichern, dass er ein wichtiges Thema ange- toßen hat, das wir angehen müssen – was wir auch be- its tun. Frank Hofmann (Volkach) (SPD): Alle Jahre wieder erkündet der Bundesinnenminister die Kriminalitäts- ge der Bundesrepublik Deutschland anhand der Poli- eilichen Kriminalstatistik, so auch vor circa vier ochen vor der Bundespressekonferenz. Prozentzahlen, äufigkeitsziffern und Aufklärungsquoten werden der resse und der Öffentlichkeit bis auf die Stelle nach dem omma vorgelegt und hinterlassen ein Gefühl der Ex- ktheit und Genauigkeit. Aber dieses Gefühl trügt. Wir erfahren hier nichts über die Kriminalitätswirk- chkeit, sondern nur über den Teil der Kriminalität, der on der Polizei registriert wird, das sogenannte Hellfeld. ie Dunkelfeldforschung ist jedoch für eine rationale riminalpolitik ebenso unverzichtbar wie die Polizeili- he Kriminalstatistik selbst. Es ist an der Zeit, endlich rtlaufend Dunkelfelduntersuchungen durchzuführen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31139 (A) ) )(B) Die Strafverfolgungsbehörden und der Gesetzgeber müssen wissen, ob die registrierte Kriminalität die Ent- wicklung der Kriminalitätswirklichkeit widerspiegelt, wie die Bevölkerung die Kriminalität wahrnimmt, wie hoch die Kriminalitätsfurcht ist, welche Erfahrungen die Bürgerinnen und Bürger mit den Strafverfolgungsbehör- den und den Strafverfolgungsmaßnahmen gemacht ha- ben. Deshalb fordern wir, nicht nur sporadisch und se- lektiv Opfer zu befragen, sondern regelmäßig und umfassend. Eine Forderung, die in anderen Staaten seit langer Zeit umgesetzt ist – zum Beispiel USA, Großbri- tannien–. Ich bin davon überzeugt, dass die politisch motivierte Kriminalität im rechten Spektrum und der rechtsextre- mistische Alltagsterror dem Staat nicht entgangen wä- ren, wenn in diesem Bereich Bevölkerungsbefragungen stattgefunden hätten und auch im Rahmen der Polizei- lichen Kriminalstatistik diskutiert worden wären. Wir brauchen keine intransparente Sonderstatistik im Phäno- menbereich „Politische Kriminalität“. Die Aufklärungsquote, ein Indikator, den die Innen- minister gerne benutzen, muss sich messen lassen, zum Beispiel an den Verurteilungen und Freisprüchen. Wes- halb erfährt man zum Beispiel nicht, ob der Tatverdäch- tige durch den Anzeigeerstatter, durch einen Zeugen oder durch die Polizei benannt wurde? Die Aufklärungs- quote als alleiniger Maßstab erfolgreicher Polizeiarbeit wird der Arbeit der Polizei in keinster Weise gerecht. Im Jahr 2010 kamen auf 100 wegen Mord oder Tot- schlag ermittelte erwachsene Tatverdächtige nur 24 Tat- verdächtige, die auch wegen dieser Delikte verurteilt wurden. Dies ist kein statistischer Ausrutscher, sondern letztlich auch in anderen Kriminalitätsbereichen nachzu- zeichnen: Bei Körperverletzungsdelikten sind es 15 bzw. 17 Prozent, bei Raub und Ähnlichem 28 Prozent. Da muss doch die Frage beantwortet werden, ob die anderen Verfahren eingestellt wurden, ob es Freisprüche gab oder Verurteilungen wegen anderer Delikte, ob die Polizei dramatisiert oder die Justiz zu lasch ist. Wir haben genügend Statistiken in der Bundesrepu- blik: sieben oder acht, die sich mit dem Kriminali- tätsphänomen beschäftigen, die aber nicht miteinander verbunden sind. Die Behörden verfolgen mit ihren Sta- tistiken eigene Interessen, und der Bundesgesetzgeber hat lediglich für die Polizeiliche Kriminalstatistik eine gesetzliche Grundlage geschaffen. Es ist eine gesetzliche Grundlage nötig für die Statistiken, die der Bundes- gesetzgeber braucht und die den Verlauf der Tatverdäch- tigen und Straftäter durch die Institutionen nachzeichnen (Verlaufsstatistik). Der Bundesinnenminister wirkt gegenüber dieser For- derung hilflos. Er hat eine Arbeitsgruppe aus Behörden- vertretern eingerichtet, die bislang lediglich festgestellt hat, dass es nicht einfach ist, eine Verlaufsstatistik zu entwickeln, und die die Probleme aufgelistet hat, ganz nach dem Motto: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis. Bereits 2007 gab es eine Arbeitsgruppe unter Beteili- gung von BMI, BMJ, Landesjustizverwaltungen, BKA u b v a A li d z te c fa u s te s D B ri s d b m s im fr S s s H n n S tu k w K h g c s la K w d h b in w s d a k s (C (D nd den Statistischen Ämtern, die Empfehlungen erar- eitet hat. Der Rat für Sozial- und Wirtschaftsdaten, ein om Bundesforschungsministerium berufenes, aber un- bhängiges Gremium, hat sich die Empfehlungen der rbeitsgruppe zu eigen gemacht. Diese Empfehlungen egen dem BMI und der Öffentlichkeit vor. Ich fordere en Bundesinnenminister auf, sich diese Empfehlungen u eigen zu machen und an deren Umsetzung zu arbei- n. Es ist doch eigentlich nicht zu fassen. Jedes Jahr spre- hen Staatsanwaltschaften und Richter hunderttausend- ch Sanktionen aus, und niemand weiß, ob sie wirken nd was sie bewirken. Also, Richter und Staatsanwalt- chaften wissen nicht, was sie anrichten, wenn sie rich- n. Und ich füge hinzu: Der Gesetzgeber, der die ge- etzlichen Grundlagen dafür schafft, weiß es auch nicht. er Staat ist hier organisiert wie ein Kaufmann ohne uchhaltung. Und die vom Bundesinnenminister einge- chtete Arbeitsgruppe stellt bisher nur fest, dass es chwer ist, eine Buchhaltung zu installieren. Aufgabe es Bundesinnenministers sollte jedoch sein, die Pro- leme aus dem Weg zu räumen. Wir haben uns in diesem Jahr intensiv mit dem Ar- uts- und Reichtumsbericht beschäftigt, in Ausschüs- en, im Plenum, in der Öffentlichkeit. Die Schere geht mer weiter auseinander. Hat dies Einfluss auf Ersatz- eiheitsstrafen? Können zu Geldstrafen Verurteilte die chuld nicht begleichen, so führt dies zu Ersatzfreiheits- trafen. Wir haben keine statistische Grundlage, um die- es Problem zu analysieren. Ich habe lediglich einen inweis gefunden, wonach 2008 circa 4 000 Personen ur deshalb inhaftiert wurden, weil sie eine Geldstrafe icht bezahlen konnten. Wir diskutieren – sehr abstrakt – über Freiheit und icherheit, holen uns schöne Aphorismen aus der Litera- r, belegen diese Aussagen mit namhaften Persönlich- eiten, kümmern uns aber nicht um die Realität; denn ir schränken bürgerliche Rechte ein, ohne eine ontrolle über die Wirksamkeit dieser Maßnahmen zu aben. Ich sage: So kann es nicht weitergehen. Die SPD hatte 1998 einen vielversprechenden Anfang estartet und in den Koalitionsvertrag im Kapitel „Si- herheit für alle – Bürgerrechte stärken“ einen periodi- chen Sicherheitsbericht auf wissenschaftlicher Grund- ge eingebracht. Auch im Koalitionsvertrag der Großen oalition fand sich dieser Passus wieder. Ein Gremium urde eingerichtet und zwei Sicherheitsberichte erstellt, ie weit über die bloße Analyse der Kriminalstatistiken inausgehen. Für jeden, der sich mit dem Phänomen „Kriminalität“ eschäftigt, ob in der Wissenschaft, ob in der Lehre, ob der Exekutive, ob in der Legislative, finden sich hier ertvollste Informationen. Die seit 2009 bestehende chwarz-gelbe Koalition hat sich das Konzept des Perio- ischen Sicherheitsberichtes nicht zu eigen gemacht, ber auch nichts anderes geschaffen. Das ist ein Rückschritt, der Deutschland mit seinem riminalstatistischen System weit hinter andere europäi- che Länder zurückgeworfen hat. Ein Neuanfang ist 31140 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) zwingend für alle, die eine rationale Kriminalpolitik be- treiben wollen und sich der europäischen Aufklärung verpflichtet fühlen. Gisela Piltz (FDP): „Politiker benützen die Statistik oft wie einen Laternenpfahl: nicht um sich erleuchten zu lassen, sondern um sich im Rausch daran festzuhalten.“ Der Fernsehmoderator David Frost bringt damit auf den Punkt, dass es bei der Nutzung von Statistiken oftmals gar nicht wirklich um die Sache geht, sondern darum, die passenden Zahlen zu finden, um die eigene Meinung zu stützen und mit dem Verweis auf die vermeintlich objek- tive Zahl jeder Gegenwehr die Grundlage zu entziehen. Das ist nämlich auch genau das Problem: Man findet eigentlich immer eine passende Statistik. Und damit ist die Krux schon offenbar. Eine Zahl allein sagt noch nicht aus, was richtig und falsch ist, wenn es darum geht, wie eine Entscheidung zu treffen ist. Falsch ist, zu glauben, dass die Statistik die eigene Meinungsbildung ersetzt. Statistik ist im besten Falle per se erst einmal neutral – und welche Schlussfolgerungen man daraus zieht, ist nicht vorgegeben. Wäre es anders, könnten wir uns den Bundestag sparen und stattdessen die Gesetzgebung dem Statistischen Bundesamt überlas- sen. Aber wir wissen natürlich auch, dass der Idealfall auch schon nicht immer gegeben ist. Wir wissen, dass eine Statistik auch immer stark davon abhängt, wie etwa eine Frage gestellt wird. Außerdem hängt die Aussagekraft einer Statistik na- türlich immer auch davon ab, was alles in dieser Statistik abgebildet wird. Deshalb ist es in der Tat richtig, wenn von der SPD hier beklagt wird, dass etwa allein die Poli- zeiliche Kriminalstatistik als Basis für eine umfassende Bewertung der Lage in Deutschland im Hinblick auf die Innere Sicherheit nur bedingt hilfreich ist. Der „Periodische Sicherheitsbericht“ hatte hier deut- lich mehr zu bieten. Das ist unbestritten. Allerdings bedeutete dieser einen ungeheuren Aufwand, weil die Daten zur Justiz und auch zur Polizei ja im Wesentlichen von den Ländern eingeholt werden müssen. Und dass die Länder in ihren Justizverwaltungen – und leider oft ge- nug auch bei der Polizei – eher sparen als noch zusätzli- che Aufgaben mit Freude anzunehmen, ist bekannt. Insofern ist hier erster Ansprechpartner gar nicht die Bundesregierung, sondern es sind die Länder. Bevor die SPD also hier im Bund auf den Putz haut, sollte sie ein- mal mit ihren Innen- und Justizministerin in den Ländern reden, denn eine Statistik ohne Zahlen, nun ja ... Völlig unberücksichtigt bleibt in dem Antrag der SPD, dass Statistik, die ja auf Daten basiert, immer auch den Aspekt des Datenschutzes hat. Natürlich ist die Sta- tistik nachher anonym. Aber wir wissen doch etwa vom Zensus, dass es eine höchst knifflige Angelegenheit ist, die – personenbezogenen oder personenbeziehbaren – Daten an die Stellen zu übermitteln, die daraus statisti- sche Daten gewinnen, ohne dabei in datenschutzrechtli- che Probleme zu geraten. Und in diesem besonders sen- siblen Bereich von Daten zu Verdächtigen, Tätern oder O s S g s n m Ih b w „ s lä s z C w u ti a g w In „ ru m ra s u b fa fü p te g a K e w e u A u ti V s ri d b d d e z s (C (D pfern und Zeugen von Straftaten das Thema Daten- chutz nicht ernsthaft zu beleuchten, ist schon ein grober chnitzer. Was ganz sicher nicht hilft, ist, bei der Debatte gän- ige Klischees zu bedienen. Wenn die SPD etwa chreibt, die bestehenden Statistiken könnten die Frage icht beantworten, „ob die Polizei den Tatverdacht dra- atisiert hat oder die Justiz zu ‚lasch‘ ist“, dann kann ich nen sagen, dass keine Statistik der Welt diese Frage eantworten kann – weil es nämlich eine Frage der Be- ertung und nicht der Statistik ist, ob man es für zu lasch“ ansieht, wenn zum Beispiel eine Bewährungs- trafe ausgesprochen wird, oder ob man es für eine unzu- ssige Dramatisierung hält, wenn Herr Ziercke davon pricht, terroristische Anschläge auf die Fanmeilen seien u befürchten. Wenn der Innenminister dann dem BKA- hef widerspricht, hilft auch die Statistik nur begrenzt eiter. Ganz zum Schluss gebe ich Ihnen, liebe Kolleginnen nd Kollegen von den Sozialdemokraten, noch eine sta- stische Zahl mit auf den Weg: „Doch weist die Akten- nalyse selbst unter den heutigen rechtlichen Bedingun- en nur für etwa 2 Prozent der Abfragen nach, dass sie egen Löschungen ins Leere gehen.“ (Max-Planck- stitut für ausländisches und internationales Strafrecht, Schutzlücken durch Wegfall der Vorratsdatenspeiche- ng?“, Freiburg, 2011) Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Wir haben uns it einem Antrag der SPD-Fraktion zu befassen, der da- uf zielt, das System der Kriminal- und Rechtspflege- tatistiken in Deutschland zu optimieren. Was die SPD nter Optimierung versteht, führt sie aus, und sie unter- reitet Vorschläge, die aus ihrer Sicht zu aktuellen, um- ssenden und verlässlichen kriminalstatistischen Daten hren, auf deren Grundlage kriminal- und strafrechts- olitische Maßnahmen ergriffen und bestehende Sys- me besser kontrolliert werden können. Ich habe meine Zweifel, ob das mit den hier vorlie- enden Vorschlägen tatsächlich erreicht werden kann, uch wenn ich der SPD zustimme, dass für eine rationale riminalpolitik valide Fakten und solide Statistiken un- rlässlich sind. Und ich stimme ihr auch darin zu, dass ir nicht an einem Mangel an Statistiken leiden, sondern her das Problem haben, dass die Statistiken aufgrund nterschiedlicher Erhebungsmethoden und mangelnder bgleichung untereinander nicht ausreichend hilfreich nd verlässlich sind. Legt man die verschiedenen Statis- ken nebeneinander, kommt dies gegenwärtig einem ergleich von Äpfeln und Birnen gleich, und so lassen ich verlässliche Schlussfolgerungen nicht ziehen. Was mich zweifeln lässt, ob der Antrag der SPD den chtigen Weg beschreitet und die passende Lösung für ieses Problem darstellt, ist die unter Punkt 2 beschrie- ene Forderung nach einer statistikbegleitenden, bun- esweit repräsentativen und in regelmäßigen Abständen urchzuführenden Bevölkerungsbefragung über Opfer- rfahrungen und Sicherheitsempfinden, die als Ergän- ung des Systems der Kriminal- und Strafrechtspflege- tatistiken dienen soll. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31141 (A) ) )(B) Nicht die Befragungen an sich sind problematisch. Im Gegenteil, sie sind nützlich und notwendig. Schwierig ist, die Ergebnisse dieser Befragungen mit den Statisti- ken zu verknüpfen. Ich erinnere an die Erkenntnis, dass hierzulande Frauen über 60 Jahre die größte Furcht vor Kriminalität haben, die meisten Opfer von Kriminalität aber junge Männer sind. Wenn wir uns jetzt vorstellen, dass am Ende einer Befragung sozusagen das gefühlte Sicherheitsempfinden Eingang findet bzw. verknüpft wird mit statistischen Erhebungen und daraus politische Schlussfolgerungen gezogen werden, müssen wir fest- stellen, dass dies eher kontraproduktiv, denn hilfreich sein wird. Unsere gesetzgeberische Motivation aber, das unter- stelle ich jetzt mal auch der SPD, ist eine rationale Kriminalpolitik. Verbrechensfurcht ist im Bereich der Kriminologie jedoch der am schwächsten operationali- sierte Bereich. Subjektives Sicherheitsempfinden und Viktimisierungsängste bedürften – bevor sie sozusagen Eingang in politische Entscheidungen finden – einer viel stärkeren Erforschung. Denn wir haben es fast immer mit einem Paradoxon zwischen objektiver Sicherheits- lage und subjektivem Sicherheitsgefühl zu tun. Wir wis- sen aus verschiedenen Untersuchungen, dass die Furcht vor Kriminalität dort am höchsten ist, wo am wenigsten Menschen von ihr betroffen sind. Es ist also notwendig und wichtig, dass wir in Ruhe und ausführlich darüber nachdenken und diskutieren, ob die Optimierung der Kriminalstatistik einhergehen sollte mit einer Verknüp- fung von subjektiver Wahrnehmung von Kriminalität. Ich denke, nein, aber ich denke auch, wir sind da erst am Beginn der Diskussion. Ich will im Hinblick auf meine Erfahrungen in diesem Bundestag allerdings noch eines anmerken. Die besten Kriminalstatistiken nützen uns nichts, wenn wir diese in unserem Handeln nicht berücksichtigen. Und leider muss ich feststellen, dass in vielen rechtspolitischen Fra- gen in der vergangenen Legislaturperiode gerade nicht auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oder Sachverständige gehört wurde. Vielmehr wurde zu häu- fig Kriminalpolitik auf Stammtischniveau betrieben. Das können wir aber nicht auf andere schieben, sondern müs- sen uns an die eigene Nase fassen. Ich hoffe, der nächste Bundestag wird dieses Niveau verlassen und rationale Kriminalpolitik machen. Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Satz, der einem zu Statistiken immer als Erstes ein- fällt, ist: „Statistik beweist alles und das Gegenteil.“ Das gilt auch hier; das ist leider im Bereich der Kriminalitäts- statistik wirklich die traurige Wahrheit. Wir haben in Deutschland eine sehr große Zahl von sehr sinnvollen und qualitativ auch sehr wertvollen Sta- tistiken. Die Staatsanwaltschaften führen Buch, es gibt die Justizgeschäftsstatistik der Strafgerichte, die Straf- verfolgungsstatistik, die Polizeiliche Kriminalstatistik in Bund und Ländern, Statistiken zu Bewährungshilfe und zum Strafvollzug. Alleine aus der Zahl der Statistiken könnte man schon eine beeindruckende Tabelle machen u fe E v w d b ti h e L K s d s Z o d n D is re g d a li m z S m v s V b u e D ra k v m A e ti fe (C (D nd statistisch auswerten, wie oft welche Statistik veröf- ntlicht wird. Also: Zahlen gibt es genug; das ist nicht das Problem. igentlich könnte man auf dieser Grundlage ganz her- orragend bewerten, welches Gesetz sich wie ausge- irkt hat, welche Delikte mehr geworden sind, wo es mit er Aufklärung hapert usw. usf.; also eine Politik betrei- en, die sich nicht an Ahnungen und Meinungen orien- ert, sondern bei der man zunächst einmal weitestge- end objektiv Problembereiche erkennen kann und ntsprechende polizeiliche Mittel und gesetzgeberische ückenschließungen planen könnte. „Könnte“ ist leider das entscheidende Wort, also der onjunktiv; denn so wie all diese schönen Statistiken ind, kann man es eben dann doch nicht. Denn so groß ie Zahl der Statistiken schon ist, die Unterschiede zwi- chen den Zählweisen sind noch größer. Einmal wird die ahl der Delikte aufgelistet, einmal die Zahl der Täter der Verdächtigen, manche Sanktionen sind erfasst, an- ere nicht. Dazu kommen Probleme der Vergleichbarkeit: Bei ei- em in flagranti erwischten Ladendieb wird mit dem iebstahl auch gleich der Täter mitgeliefert; das Delikt t, wenn es zur Anzeige kommt, sozusagen selbstaufklä- nd, und nicht aufgeklärte Ladendiebstähle sind die, die ar nicht erst bemerkt wurden. Ganz ähnlich ist es bei en Kontrolldelikten. Bei anderen Delikten ist das ganz nders, sodass die Aufklärungsquoten sehr unterschied- ch sind. Trotzdem ist die Aufklärungsquote ein Argu- ent, das auch in unseren Debatten hier immer herange- ogen wird, um gesetzliche Veränderungen oder das chaffen oder Streichen von Stellen zu begründen. Der Antrag sagt ganz richtig, was wir brauchen: ge- einsame statistische Verfahren, die die Zahlenwerke ergleichbar machen, bei denen man von der statisti- chen Erfassung der Anzeige bis zur Auswertung der erurteilungen auf festem Boden bleibt und bei densel- en Bezugsgrößen. Und wir brauchen regelmäßig eine mfassende wissenschaftliche Aufarbeitung, so wie wir s bei den periodischen Sicherheitsberichten hatten. enn nur auf diesem Weg können auch die Konturen he- usgearbeitet werden, die eine Statistik nicht zeigen ann – die aber mindestens genauso wichtig sind. Das ist es, was der Antrag fordert, und das ist sinn- oll. Deswegen werden wir diesem Antrag auch zustim- en. nlage 21 Zu Protokoll gegebene Reden zu dem Antrag: Zerstörung des kongolesischen Naturerbes verhindern (Zusatztagesordnungs- punkt 20) Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU): Wieder inmal diskutieren wir heute über die derzeitige Situa- on in der Demokratischen Republik Kongo. Ich bin der sten Überzeugung, dass es richtig ist, die Situation im 31142 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Kongo – egal in welcher Form – immer wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Als ich 2002 gewählt wurde, wurde ich von der Gesellschaft für bedrohte Völker auf das Thema Coltan angesprochen. Ich habe dann ver- sucht, mich in die Situation im Kongo zu versetzen. In deutschen Medien gab es kaum Informationen; lediglich die Neue Zürcher Zeitung und die taz haben damals be- richtet. Als ich im Mai 2003 das erste Mal hier im Bun- destag reden durfte, ging es um den Haushalt, und ich habe mich nicht an das Thema gehalten, sondern über den Kongo geredet, weil ich den Eindruck hatte, dass viel zu wenige Kolleginnen und Kollegen die Situation dort kennen. Inzwischen müsste sie jeder hier im Bun- destag kennen: ein Krieg, der bereits doppelt so lange dauert wie der Zweite Weltkrieg, ein Bürgerkrieg mit über 4 Millionen Toten, ein Bürgerkrieg, der auch aus ei- nem Genozid entstanden ist. Aber was ist effektiv bis heute passiert? Lassen Sie es mich mit wenigen Worten zusammenfassen: fast nichts! Die Weltgemeinschaft hat sich nach dem Genozid in Ruanda geschworen, ein solches Sterben nie wieder zu- zulassen. Aber sie tut es wieder einmal. Ich will dabei nicht einzelne Länder des Nichtstuns beschuldigen, aber der UN werfe ich ein Versagen auf der ganzen Linie vor. Die UN ist mit ihrer Mission MONUSCO, mit 22 000 Mann eine der größten UN-Blauhelmmissionen, seit Jahren vor Ort. Die jährlichen Kosten für diesen Ein- satz werden auf circa 1,4 Milliarden US-Dollar ge- schätzt. Deutschland als viertgrößter Zahler ist mit rund 10 Prozent an den Kosten beteiligt. Die Mission hat die Aufgabe, die Bevölkerung zu be- schützen. Aber immer wieder erreichen uns in den letz- ten Monaten schreckliche Nachrichten von Massenver- gewaltigungen, Verschleppungen und Raub aus dem Osten der Demokratischen Republik Kongo. Marodie- rende Milizen treiben dort weiter ihr Unwesen und be- treiben bewusst eine Destabilisierung der gesamten Re- gion. MONUSCO schaut dabei weitestgehend tatenlos zu. Beim Vorstoß der M23-Miliz bleiben ihre Truppen in den Kasernen, und die kongolesische Armee flieht auf- grund absoluter Überforderung. Die Zivilbevölkerung wird dabei ihrem Schicksal überlassen und leidet. An- statt ihrem Auftrag zu folgen, nämlich den Schutz der Bevölkerung zu garantieren, schreibt die UN lieber Be- richte und verklärt die Wirklichkeit. Laut einem UN-Be- richt vom November 2012 soll für die derzeitige Situa- tion im Osten der Demokratischen Kongo die M23-Miliz verantwortlich sein. Die UN betreibt großen Aufwand, um dieser Miliz Kontakt zur ruandischen Regierung nachzuweisen, bringt dabei aber kaum neue Beweise hervor. Es erinnert mich viel mehr an „Schaufensterpoli- tik“, was die UN da gerade tut. Sie sollte sich endlich ih- rem eigentlichen Auftrag zuwenden und das Töten, die Massenvergewaltigungen und die Verschleppungen im Osten der Demokratischen Republik Kongo stoppen. Die UN verliert sonst nicht nur das Vertrauen der Welt- gemeinschaft, sondern auch noch das restliche Fünkchen von Vertrauen der Zivilbevölkerung im Kivu. d d ti b z O d A d ra u u b e o re u ja s m d u w p d rä A s m lu d N s le g K s E re R z m S E D P te s ru s N lu v p d (C (D Trotz dieses Versagens der Vereinten Nationen steht ie Bundesrepublik Deutschland weiterhin an der Seite er Zivilbevölkerung. Jedoch macht die unsichere Situa- on eine effektive Arbeit vor Ort sehr schwierig. Einen esonderen Schwerpunkt legen wir dabei auf die Zertifi- ierung der Rohstoffe in der rohstoffreichen Region des stens der Demokratischen Republik Kongo. Wir sehen arin zum einen die Möglichkeit, einer unkontrollierten usbeutung vorzubeugen, zum anderen versuchen wir, adurch einen effektiven Schutz der Biodiversität zu ga- ntieren. Weiterhin möchten wir damit verhindern, dass nkontrolliert Waffen gegen Rohstoffe getauscht werden nd dadurch immer mehr Tod und Leid ins Land ge- racht werden. Die Demokratische Republik Kongo, DR Kongo, ist in häufig zitiertes Beispiel für das sogenannte Paradox f Plenty. Über 60 Prozent der Bevölkerung des rohstoff- ichen Staates leben in extremer Armut. Die industrielle nd systematische Rohstoffproduktion ist im Zuge von hrzehntelanger Misswirtschaft, Bürgerkrieg und politi- cher Instabilität heute zu einem großen Teil durch infor- ellen und unkontrollierten Abbau ersetzt. Der Nutzung es Rohstoffpotenzials für wirtschaftliches Wachstum nd Armutsbekämpfung stehen grundlegende Probleme ie mangelnde Staatlichkeit und Korruption entgegen; hysische und rechtliche Sicherheit fehlen. Der Staat ist erzeit nicht in der Lage, gesetzliche Regelungen weit- umig durchzusetzen. Die Erhebung von Steuern und bgaben ist lückenhaft und erfasst nur einen Teil der tat- ächlich abgebauten Rohstoffe. Unkontrollierter Handel it Rohstoffen, fehlende Transparenz der Abgabenzah- ngen und entgangene Staatseinnahmen beeinträchtigen en Aufbau einer neuen Staatlichkeit und stehen einer utzung des Rohstoffreichtums für die soziale und wirt- chaftliche Entwicklung des Landes entgegen. Folglich istet der Rohstoffsektor gegenwärtig nur einen gerin- en Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der DR ongo. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unter- tützt seit 2007 die internationale Transparenzinitiative ITI im Kongobecken, Extractive Industry Transpa- ncy Initiative, zur Offenlegung der Zahlungsströme im ohstoffsektor. In der DR Kongo unterstützt die GIZ ge- ielt die Reformbemühungen der Regierung, in einer ge- einsamen Wahrnehmung von Verantwortung durch taat, Konzerne und Zivilgesellschaft ihre staatlichen innahmen aus den Rohstoffvorkommen offenzulegen. as GIZ-Modul ist seit 2008 Teil eines gemeinsamen rogramms mit der Bundesanstalt für Geowissenschaf- n und Rohstoffe, BGR. Das BGR-Modul konzentriert ich auf die nachhaltige Einführung eines Zertifizie- ngsmechanismus für ausgewählte Rohstoffe. Dieser Mechanismus soll Modellcharakter für die ge- amte Region der Großen Seen haben. Das Ziel des deutschen EZ-Programms ist es, den utzen des Rohstoffsektors für die nachhaltige Entwick- ng der DR Kongo zu erhöhen. Zielgruppe ist die Be- ölkerung der DR Kongo, die vom Aufbau des Staates rofitiert und in die Lage versetzt ist, ihre Regierung für ie Verwendung der öffentlichen Einnahmen aus dem Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31143 (A) ) )(B) extraktiven Sektor in die Verantwortung zu nehmen. Die vorgesehene Gesamtlaufzeit des TZ-Programms umfasst acht Jahre. Die Kosten für die zum 1. Juli 2013 begin- nende zweite Phase – Laufzeit drei Jahre – belaufen sich auf 11,5 Millionen Euro. Als Hebel für seine Zielsetzungen bedient sich das Programm dreier Instrumente: der Zertifizierung von Rohstoffen und Handelsketten im östlichen Kongo, der Förderung eines öffentlich-privaten Dialogs für erhöhte und transparente nachhaltige Investitionen in der Berg- bauregion Katanga sowie der Unterstützung der Trans- parenzprinzipien der EITI. Letzteres geschieht im Rah- men des EITI-Prozesses selbst, aber auch vor allem durch die Unterstützung des Aufbaus und der Stärkung einer transparenten und effizienten öffentlichen Finanz- verwaltung für den Bergbausektor. Wie Sie sehen, setzt die Bundesrepublik Deutschland große Bemühungen in einen transparenten und umwelt- verträglichen Abbau von Rohstoffen im Osten der DR Kongo. Das Kongobecken ist nach dem Amazonas-Ge- biet das zweitgrößte zusammenhängende Regenwaldge- biet der Welt. Es ist nicht nur eine einzigartige Pflanzen- und Tierwelt, sondern auch ein wichtiger Beitrag für das Weltklima. Dieses Gebiet gilt es auch weiterhin zu schützen. Die Regierung des DR Kongo hat uns dabei mehrfach versichert, diese Anstrengungen in vollem Umfang zu unterstützen. Daher verwundert es umso mehr, dass sich derzeit ein Gesetzentwurf zur Beratung im kongolesischen Parla- ment befindet, der die Ölförderung in Nationalparks bei Vorliegen eines nationalen Interesses erlauben würde. Dies steht im absoluten Gegensatz zu unseren Grund- sätzen der Zusammenarbeit sowie den Zusagen der kon- golesischen Regierung. Ich fordere daher die kongolesi- sche Seite auf, diesen Gesetzentwurf sofort zu stoppen und einer unkontrollierten Ölexploration in National- parks entschieden entgegenzutreten. Wir wollen der De- mokratischen Republik Kongo helfen, erwarten aber als Gegenleistung, dass man sich an seine Zusagen hält. Entwicklungszusammenarbeit darf nicht nur eine Ein- bahnstraße sein. Wir haben in diesem Hohen Hause nicht das letzte Mal über die Demokratische Republik Kongo gespro- chen, allerdings das letzte Mal in dieser Wahlperiode. Daher möchte ich Sie zum Abschluss meiner Rede bit- ten, auch in Zukunft den Fokus weiter auf dieses wun- dervolle Land zu richten. Die Bevölkerung setzt auf uns. Einen weiteren Genozid darf es nicht mehr geben. Dr. Christian Ruck (CDU/CSU): Aktuelle Entwick- lungen im Kongo haben uns bewogen, kurzfristig den vorliegenden Antrag zur Entscheidung zu stellen. Dort befasst sich das Parlament mit einem Gesetzentwurf, der den Schutz der Wälder und der biologischen Vielfalt aufs Höchste gefährdet. Dagegen müssen wir uns stellen. Uns betrifft dies auch deshalb in besonderer Weise, weil Deutschland allein in den letzten drei Jahren mehr als 60 Millionen Euro Unterstützung für den Schutz der Wälder in der Demokratischen Republik Kongo zuge- s K d K d d m E e g B lu tu w p K im is lu n b U d B w L ja d m s k e d s g V s R lu lu im g h d n g ro ro R d s a s (C (D agt hat. Deutschland und die Demokratische Republik ongo sind hier gemeinsam in der Verantwortung, dass ieses Geld nicht vergebens bereitgestellt wird. Ich glaube, es besteht ein fraktionsübergreifender onsens über die Bedeutung eines effektiven Schutzes es Waldes und der Biodiversität. Deutschland, das in en letzten Jahren seine finanziellen Beiträge hierfür im- er weiter gesteigert hat und ab 2013 500 Millionen uro pro Jahr dafür in Entwicklungsländern einsetzt, hat ine internationale Führungsrolle beim Waldschutz ein- enommen. Es ist daher auch richtig, wenn der Deutsche undestag zu dem kongolesischen Gesetzentwurf Stel- ng nimmt, und ich würde mich freuen, wenn das Vo- m zu unserem Antrag ein deutliches Signal aussenden ürde. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass in allen National- arks und Schutzgebieten der Demokratischen Republik ongo Rohstoffe abgebaut werden können, wenn dies nationalen Interesse ist. Mit „nationalem Interesse“ t die Generierung von Finanzmitteln für die Entwick- ng gemeint. Mit „Rohstoffabbau“ ist primär, aber nicht ur, Öl gemeint, wie insbesondere die Planungen für Öl- ohrungen im Virunga-Nationalpark an der Grenze zu ganda und Ruanda belegen. Ölbohrungen dürften der ortigen einmaligen Natur den Garaus machen und zum eispiel den Schutz der dort heimischen Berggorillas eiter erschweren. Die Demokratische Republik Kongo würde mit der egalisierung des Rohstoffabbaus in Schutzgebieten die hrzehntelange Zusammenarbeit mit Deutschland und er EU im Bereich des Naturschutzes infrage stellen. Es üsste dann auch ernsthaft geprüft werden, wie die Zu- ammenarbeit überhaupt weitergehen kann. Mit der Erlaubnis für Ölbohrungen würde die Demo- ratische Republik Kongo zudem die Erreichung ihrer igenen Schutzziele und ihren Beitrag zur Umsetzung es Strategischen Plans der Konvention über Biologi- che Vielfalt, CBD, infrage stellen. Außerdem würde sie egen internationale Verpflichtungen zum Schutz des irunga-Nationalparks im Rahmen der UNESCO ver- toßen. Natürlich ist es legitim, wenn Entwicklungsländer ohstoffe abbauen wollen, um mit den Erlösen Entwick- ngsmaßnahmen finanzieren zu können. Als Entwick- ngspolitiker wissen wir aber alle, dass die Praxis eher Rohstofffluch geendet hat und nicht den Rohstoffse- en gebracht hat. Die Nichtregierungsorganisation ONE at in ihrem jüngsten Jahresbericht eine Auflistung zu en Fortschritten der Länder Afrikas bei den Millen- iumszielen vorgenommen. Dabei fällt auf, dass die rößten Fortschritte in den letzten Jahren gerade nicht in hstoffreichen Ländern gemacht wurden, sondern in hstoffarmen Ländern wie Malawi, Ruanda oder Benin. ohstoffreiche Länder wie Tschad, beide Kongos und er Sudan stehen dagegen am Ende der Liste. Die Ursachen für die schlechte Bilanz bei den roh- toffreichen Staaten sind vielfältig. Einige Elemente sind ber immer dabei: Korruption, Gewalt und schwache taatliche Strukturen. Der faktisch nicht existierende 31144 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Staat im Ostkongo hat dazu geführt, dass der Rohstoffa- bbau illegal erfolgt und eine der zentralen Quellen der Gewalt gegen Mensch und Natur ist. Insbesondere Frauen und Kinder sind hierbei von schwersten Men- schenrechtsverletzungen betroffen. Ohne eine Änderung der Rahmenbedingungen gibt es wenig Anlass zur Hoffnung, dass die Ausweitung des Rohstoffabbaus nicht in genau der gleichen menschen-, natur- und entwicklungsfeindlichen, ja sogar -verachten- den Gemengelage ablaufen wird. Es ist deshalb umso wichtiger, gemeinsam internatio- nal abgestimmte Lösungen zu finden, die zu einer Be- friedung des Kongos, insbesondere im Osten, führen. Die UN-Mission MONUSCO muss daher endlich ge- stärkt werden und einen effektiven Beitrag hierzu leis- ten. Gleichzeitig müssen wir die Demokratische Republik Kongo unterstützen, für seine drängenden Entwick- lungsprobleme nachhaltige Lösungsansätze umzuset- zen, die im Einklang mit dem Schutz der Natur stehen und die den Menschen im Land und lokal in der Region helfen. Die Natur bietet hier über den Wert ihrer Ökosys- temdienstleistungen vielfältige Möglichkeiten – von nachhaltiger Waldbewirtschaftung bis zum Ökotouris- mus. Auch im Rohstoffbereich müssen wir dem Kongo di- rekt helfen. Dem Kongo zu sagen, er dürfe Rohstoffe nicht abbauen, ist sicher keine Lösung. Aber Deutsch- land ist hier bereits gut und breit positioniert. Die deut- sche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt mithilfe der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, BGR, den Übergang zum kontrollierten und zertifizier- ten Abbau der im Ostkongo vorhandenen Rohstoffe. Wir fördern auch die internationale Transparenzinitiative EITI im Kongobecken zur Offenlegung der Zahlungs- ströme im Rohstoffsektor. Dabei ist es wichtig, Regie- rung, Rohstoffunternehmen, auch die internationalen Unternehmen, und die Zivilgesellschaft an diesem Pro- zess zu beteiligen. Diese Ansätze müssen alle konse- quent umgesetzt werden. Perspektivisch sollten wir auch an eine Rohstoffpartnerschaft mit der Demokratischen Republik Kongo denken, die deutsche Lieferinteressen mit Entwicklungsbedürfnissen und dem Naturschutz vor Ort in Einklang bringt. Alle Ansätze werden aber scheitern, wenn es nicht ge- lingt, den großen „Player“ auf dem afrikanischen Roh- stoffmarkt, nämlich China, mit ins Boot einer verantwor- tungsbewussten und nachhaltigen Rohstoffpolitik zu nehmen. Auch China zählt zu den rohstoffarmen Län- dern, die sich erfolgreich entwickeln und Riesenfort- schritte bei den Millenniumszielen gemacht haben. Um den damit gewachsenen chinesischen Rohstoffbedarf aber zu decken, setzt China in Afrika eine strategische Rohstoffpolitik um, indem es vor Ort durch chinesische Staatsunternehmen den Rohstoffabbau vornimmt, wäh- rend es sich durch begleitende signifikante Finanzierun- gen von Infrastruktur die Rechte dafür erkauft. Aber auch China hat die internationalen Vereinbarungen zum Schutz der Wälder und der biologischen Vielfalt unter- zeichnet. Ich fordere die chinesische Regierung daher a in D P te ih a e d d ti w s w m D b k s d w m S li s R te A li d in m d d K Ic n c in u z ti e U d d d Ö s E g tu s z z ru in (C (D uf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und sich an ternationale Vereinbarungen zu halten. Dazu müssen eutschland und die EU China verstärkt politisch in die flicht nehmen. Dies gilt in gleicher Weise für Aktivitä- n westlicher Firmen, die zum Teil mit Unterstützung rer Heimatregierungen in Schutzgebieten Rohstoffe bbauen wollen. Ich fasse zusammen: Zweck unseres Antrags ist es, in Signal an das kongolesische Parlament zu senden, ass der Deutsche Bundestag den Kongo und insbeson- ere die Bedeutung der Natur im Kongo für den interna- onalen Klima- und Waldschutz im Blick hat und dass ir nicht zusehen werden, wenn dieses Naturerbe zer- tört wird. Wir signalisieren aber auch, dass wir die Ent- icklungsbedürfnisse des Kongo anerkennen und ge- einsam nachhaltige Lösungen dafür finden wollen. amit dieses Signal deutlich ausfällt, hoffe ich auf eine reite Zustimmung. Dr. Sascha Raabe (SPD): Wer einmal die Möglich- eit hatte, das unendlich erscheinende Grün eines tropi- chen Regenwaldes zu erleben, die Geräusche des Wal- es gehört und die Tiere, die dort leben, gesehen hat, der eiß, wie wichtig der Schutz dieser einmaligen Wälder it ihren unglaublichen Biodiversitätsvorkommen ist. ie wirken undurchdringlich und sind doch so verletz- ch. Sind sie erst einmal durch Menschenhand zerstört, ind diese Vorkommen unwiederbringlich verloren. Der egenwald – sei es in Afrika, in Asien oder auch in La- inamerika – ist ein Naturerbe, und es ist unser aller ufgabe, dieses Erbe zu erhalten. Es ist daher ausdrück- ch zu begrüßen, dass die Koalition mit dem vorliegen- en Antrag auf das Problem des Virunga-Nationalparks der Demokratischen Republik Kongo aufmerksam acht, wo durch die von der Regierung geplante Ölför- erung die Zerstörung eines Teils dieses Naturerbes roht. Mein besonderer Dank an dieser Stelle an den ollegen Christian Ruck, der diesen Antrag initiiert hat. h hoffe sehr, dass diese Warnung der Koalitionsfraktio- en bei der Bundesregierung Gehör findet und entspre- hende Schritte zum Erhalt des Virunga-Nationalparks die Wege geleitet werden. Ich möchte ganz klar zum Ausdruck bringen, dass wir ns in dem Ziel, die Wälder in diesem Gebiet zu schüt- en, selbstverständlich absolut einig sind und jede Initia- ve, die diesem Ziel dient, willkommen ist. Es geht um ines der artenreichsten Gebiete Afrikas, das die NESCO 1979 sogar zum Weltnaturerbe erklärt hat. In er Bergregion des Virunga-Nationalparks leben einige er letzten Berggorillas in freier Wildbahn. Dieses Para- ies ist akut bedroht, denn in dem Gebiet werden große lvorkommen vermutet, und offenbar ist die kongolesi- che Regierung gewillt, diese zu nutzen. Das wäre das nde für große Teile des Virunga-Parks: Straßen würden ebaut, Pipelines gezogen. Die Bilder von lecken Öllei- ngen, die Boden und Wasser verseuchen, kann man ich wohl ohne große Phantasie vorstellen. Zwar gab es uletzt die einigermaßen gute Nachricht, dass der fran- ösische TOTAL-Konzern auf Druck von Nichtregie- ngsorganisationen wie dem WWF keine Bohrungen nerhalb der Grenzen des Parks mehr durchführen will, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31145 (A) ) )(B) aber diese Nachricht könnte sich als Pyrrhus-Sieg erwei- sen, denn es gibt weitere Konzessionen für andere Un- ternehmen. Und es ist zu befürchten, dass nicht alle dem Beispiel TOTAL folgen werden. Hier ist weiterer politi- scher und öffentlicher Druck sicher notwendig. Zumal nicht erst die Förderung dem Park schaden würde, son- dern bereits die Voruntersuchungen mit sämtlichen Er- schließungsarbeiten schwere Schäden für Fauna und Flora zur Folge hätten. Wir müssen also jetzt den Anfän- gen wehren. Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wird die- ses atemberaubende Naturerbe ein für allemal verloren geht. Insoweit sage ich: Ja, es ist richtig und wichtig, dass wir uns des Problems annehmen, dass wir hier und heute darüber diskutieren, dass wir die kongolesische Regierung in die Pflicht nehmen. Ja, der Antrag von CDU/CSU und FDP ist eine gute Grundlage, und wir sollten versuchen, auf dieser Grundlage zusammen und parteiübergreifend das gemeinsame Ziel, den Schutz des tropischen Regenwaldes im Kongobecken, zu verfolgen. Trotzdem können wir dem Antrag in dieser Form lei- der nicht zustimmen und werden uns enthalten. Ich will auch gerne erläutern, warum, denn vielleicht zeigen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, sich ja of- fen für unsere Argumente. Dann könnten wir sicher im weiteren Verlauf auch an eine gemeinsame Initiative denken. Aus unserer Sicht zeigt der Antrag viele Pro- bleme richtig auf, so etwa die Intransparenz im Roh- stoffhandel, der gerade im Kongo viele Folgeprobleme nach sich zieht. Allerdings sind die Schlussfolgerungen, die daraus gezogen werden, in einigen Punkten zu kurz gesprungen. So ist nach wie vor nicht erkennbar, dass Sie sich von freiwilligen Regelungen hin zu dringend er- forderlichen verbindlichen Transparenzregeln und Zerti- fizierungssystemen bewegen wollen. Völlig zu Recht stellen Sie ja fest, dass der illegale Rohstoffabbau im Kongo die dortigen Auseinandersetzungen verschärft. Der Handel zum Beispiel mit Konfliktmineralien blüht, und die verdeckten Zahlungsströme sind das perfekte Schmiermittel für den illegalen Waffenhandel. Sie halten den Konflikt am Laufen. Die Profiteure sind die War- lords im Land, aber auch jene Konzerne hier bei uns, die sich an den schmutzigen Geschäften beteiligen. Dem muss ein Ende gesetzt werden. Davor aber scheut die schwarz-gelbe Bundesregierung zurück. Wirkliche Transparenzregeln, wie sie etwa die USA mit dem Dodd-Frank-Act umgesetzt haben, sind nicht er- wünscht. Regelungen auf europäischer Ebene werden so lange wie möglich blockiert. Wer wirklich etwas ändern und Mensch und Natur im Kongo helfen will, der muss sich in diesen Fragen endlich bewegen. Die SPD-Frak- tion hat bereits Ende letzten Jahres einen Antrag mit dem Titel „Transparenz in den Zahlungsflüssen im Rohstoff- bereich und keine Nutzung von Konfliktmineralien“ hier im Bundestag eingebracht. Darin schlagen wir ganz kon- krete Maßnahmen vor, unter anderem eine Zertifizierung ab der Mine mit eindeutigen Herkunftsnachweisen. Für die Zahlungsflüsse wollen wir Regelungen entsprechend dem sehr strikt formulierten Dodd-Frank-Act, wir wol- len die Offenlegung von Zahlungen auf Länder- wie auch auf Projektebene, also sowohl ein Country-by- Country-Reporting als auch ein Project-by-Project-Re- p v w g g n e d tr k tu je ru A v H d fo D s d tu z ü in d d d S g d A A G z fü p n g s In b d c n T V s g D d k d h b (C (D orting. Wir setzen uns dafür ein, dass es kein Tyrannen- eto gibt und eine Offenlegungsuntergrenze eingeführt ird. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Ihre Kolle- en im Wirtschaftsausschuss haben sie aber bereits ab- elehnt. Über unseren Antrag wird endgültig in der ächsten Woche hier im Hause abgestimmt. Wenn Sie es rnst meinen mit der Transparenz im Rohstoffhandel, ann stimmen Sie in der nächsten Woche dem SPD-An- ag zu. Das wäre ein großer Schritt, um Licht ins Dun- el des illegalen Rohstoffhandels zu bringen und die Si- ation wirklich zu verbessern. Ihr Antrag heute denfalls ist zwar im Feststellungsteil richtig, im Forde- ngsteil aber bleibt er in der Transparenzfrage viele ntworten schuldig. Alles in allem ist der Antrag aus unserer Sicht auch zu iel erhobener Zeigefinger und zu wenig ausgestreckte and. Ihre Forderungen richten sich im Wesentlichen an ie Regierung der Demokratischen Republik Kongo. Sie rdern sie letztlich auf, kein Öl im Virunga zu fördern. as ist zwar richtig, aber zu einseitig. Selbstverständlich teht die kongolesische Regierung in der Verantwortung, ieses Weltnaturerbe zu erhalten, und wir müssen alles n, sie in die Pflicht zu nehmen. Hierfür bedarf es Über- eugungsarbeit. Die dortige Regierung muss davon berzeugt werden, welches wirtschaftliche Potenzial ein takter Nationalpark bietet und dass sein Erhalt auch er ökonomischen Vernunft entspricht. Andererseits ist er Wunsch der Regierung, das schwarze Gold unter em Park zu heben, aber durchaus nachvollziehbar. chließlich geht es um Hunderte Millionen, wenn nicht ar Milliarden Petrodollars. Eine ähnliche Situation fin- en wir im ecuadorianischen ITT-Yasuní-Gebiet vor. uch dort geht es um viel Geld. Hier gibt es einen UN- usgleichsfonds, der einmal die Hälfte der entgangenen ewinne auffangen soll. Wohl wissend, dass beide Fälle schwer miteinander u vergleichen sind, würde ich anregen, vielleicht auch r den Verzicht auf die Förderung im Virunga-National- ark über eine vergleichbare Teilkompensationslösung achzudenken und so der kongolesischen Regierung ent- egenzukommen. Hierzu fehlt im Antrag jeglicher An- atz. Der Schutz des Regenwaldes ist aber in unser aller teresse. Dementsprechend müssen wir uns aktiv daran eteiligen und Anreize setzen, die den Waldschutz für ie Regierungen der betreffenden Länder attraktiv ma- hen. Wir dürfen sie beim Schutz des Regenwaldes eben icht im Regen stehen lassen, sondern müssen unseren eil beitragen. Sollte es wirklich dazu kommen, dass am Ende im irunga-Nationalpark Öl gefördert wird, wäre das eine chwere Niederlage für uns alle, denen der tropische Re- enwald und die biologische Vielfalt am Herzen liegen. ie Folgen für Natur und Menschen wären unabsehbar, ie Risiken einer Förderung mitten im Krisengebiet aum einzuschätzen. Wir müssen jetzt handeln, wenn ie Berggorillas vom Virunga auch morgen noch ein Zu- ause haben sollen. Michael Kauch (FDP): Das Kongo-Becken ist ne- en dem Amazonas die wichtigste tropische Waldregion 31146 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) der Welt. Diese Region ist deshalb so bedeutend für das Klima und die Biodiversität in der Welt. Zugleich ist sie eine der ärmsten Regionen in der Welt und, wenn man sich die Demokratische Republik Kongo anschaut, auch eine der konfliktreichsten. Der teilweise Raubbau an natürlichen Ressourcen, mangelnde Transparenz von Interessen in der Rohstoff- ausbeutung und die instabile Sicherheitslage – all das ge- fährdet den Wald und auch die Tiere, die in ihm leben. Deshalb sind Maßnahmen zur wirtschaftlichen und so- zialen Entwicklung, Maßnahmen gegen Korruption und die dauerhafte Befriedung des Landes zentrale Strate- gien, um auch die Umwelt in der Demokratischen Repu- blik Kongo wirksam zu schützen. Das sieht man exemp- larisch an der Gefährdung der Gorillas in den Virungas im Ostkongo – auch im Kontrast zur stabilen Situation in Ruanda. Wenn Wald und Biodiversität zerstört werden, verliert auch die von Dienstleistungen und Produkten des Wal- des lebende Bevölkerung ihre Existenzgrundlage. Hier zeigt sich, wie wichtig das Naturkapital ist. Hier zeigt sich, wie es durch politische, wirtschaftliche und militä- rische Unsicherheit gefährdet wird. Und hier zeigt sich, dass mit dem Verlust an Naturkapital auch die Menschen weniger haben. Deshalb haben wir in unserem Antrag geschrieben: „Es erfüllt daher mit großer Sorge, dass die Demokrati- sche Republik Kongo die Ölexploration in allen Natio- nalparks, einschließlich des Virunga-Vulkan-Gebiets mit seinen unersetzlichen Naturschätzen, und in den UNESCO-Weltnaturerbegebieten, gesetzlich erlauben will. Zu befürchten ist, dass dadurch die unermessliche Biodiversität und der Regenwald in der Demokratischen Republik Kongo aufs Höchste gefährdet würden. Die Er- gebnisse und Weiterführung der langjährigen deutsch- kongolesischen Zusammenarbeit beim Biodiversitäts- und Waldschutz würden hierdurch massiv infrage ge- stellt.“ Besser kann man es nicht ausdrücken. Wir begrüßen es, dass die Bundesregierung unserer Sorge bereits Ausdruck verliehen hat und sich gegen den Gesetzentwurf zur Legalisierung von Ölbohrungen in Schutzgebieten ausgesprochen hat. Das muss mit Nach- druck weiterverfolgt werden. Wichtig ist auch der Dia- log mit China, um dessen Handelsinteressen mit nach- haltigem Abbau von Rohstoffen in Einklang zu bringen. Klar ist: Der Kongo hat das Recht, seine Rohstoffe für seine nachhaltige Entwicklung zu nutzen. Es ist aber eben Nachhaltigkeit notwendig beim Rohstoffabbau in diesen sensiblen Ökosystemen, und wir wollen die Re- gierung der Demokratischen Republik Kongo bei der Schaffung nachhaltiger Rahmenbedingungen unterstüt- zen. Um so wichtiger ist es, dass mit dem neuen Gesetz nicht Fakten geschaffen werden, die dann schwer korri- gierbar sind. Niema Movassat (DIE LINKE): Der vorliegende Antrag der Regierungskoalition zum Schutz der kongo- lesischen Wälder beweist wieder einmal, dass Sie, liebe K W s W s v S K e le n rü u d d d E ti h fö z tr n a g m s Ih h v F Ih d e b L D E u s s E K M „ d v e u (C (D olleginnen und Kollegen von CDU/CSU und FDP, den ald vor lauter Bäumen nicht sehen. Während Sie sonst Industrialisierungs- und Infra- trukturprojekten bei jeder Gelegenheit eine größere ichtigkeit einräumen als den Ökosystemen, die sie zer- tören, verhält es sich hier genau umgekehrt. Sie reden on „fragiler Natur“, die durch den Bau von Straßen und iedlungen gefährdet sei. Ausgerechnet Sie von der oalition wettern gegen den Rohstoffabbau zum Aufbau iner Bergbauindustrie und der Energieversorgung – al- s wirtschaftliche Aktivitäten, die Ihr Entwicklungsmi- isterium überall in der Welt massiv unterstützt. Da stellt sich natürlich dringend die Frage: Woher hrt dieser plötzliche Sinneswandel? Sie argumentieren, es handele sich schließlich nicht m irgendeinen Wald, sondern um das Kongobecken, as mit seinen tropischen Regenwäldern eine entschei- ende Pufferfunktion für den Klimawandel hat. Genau as Gleiche gilt übrigens für den Yasuní-Nationalpark in cuador. Hätte die internationale Gemeinde Kompensa- onen direkt an die ecuadorianische Regierung gezahlt, ätte sie das im Urwald schlummernde Erdöl nicht ge- rdert und stattdessen das Ökosystem erhalten. Sie waren aber paternalistisch genug, mitbestimmen u wollen, wofür Ecuador das Geld ausgeben soll. Sie agen die Verantwortung für das Scheitern dieses inter- ational hochangesehenen Pilotprojekts. Der Vergleich zwischen Ecuador und Kongo hinkt ber selbstverständlich: Die Menschen im Kongo benöti- en noch viel dringender Infrastrukturprojekte als die eisten Menschen in Ecuador. Nur eben genau dies cheint Ihnen völlig gleichgültig zu sein. Sie räumen mit rem Antrag dem Biodiversitäts- und Waldschutz eine öhere Priorität ein als den Bedürfnissen der Menschen or Ort. Das Kongobecken ist nicht unser Ökopark. Seine unktion ist nicht die Kompensation des CO2-Ausstoßes rer Mercedes-S-Klasse. Die Bürgerinnen und Bürger er Demokratischen Republik Kongo haben das Recht, s so zu nutzen, wie sie es für ihre Lebensqualität als am esten erachten. Der kongolesische Wald ist in erster inie Angelegenheit der kongolesischen Regierung. ies ist ebenso eine souveräne Regierung wie die von cuador. Wir hier im Norden haben den Klimawandel erst ver- rsacht. Und nun kommen Sie mit oberschlauen Hinwei- en zur Rettung des Klimas und empfehlen den Men- chen im Kongo, sie sollten doch lieber ihre ntwicklung einstellen, denn das sei besser fürs globale lima. Was glauben Sie eigentlich, wie diese Haltung auf die enschen vor Ort wirkt? Haben Sie über den Begriff Neokolonialismus“ überhaupt jemals nachgedacht? Im Übrigen gibt es im Kongo sehr viele Probleme, die en Menschen dort das Leben zur Hölle machen. Warum erlieren Sie darüber kein Wort? Wollen Sie am Ende twa nur den Wald retten? Weil er ja auch wichtig für ns ist? Haben Sie die Menschen in dieser seit langem Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31147 (A) ) )(B) bestehenden humanitären Katastrophe bereits aufgege- ben? Das Thema muss vom Kopf auf die Füße gestellt wer- den. Der Schutz von Wäldern und Gebieten mit beson- ders hoher Artenvielfalt ist eben kein Selbstzweck, son- dern ein Gebot der Vernunft, damit das Leben von vielen Menschen über viele Generationen hinweg überhaupt möglich ist. Genau das aber bleibt weiten Teilen der kongolesi- schen Zivilbevölkerung seit vielen Jahren vollkommen versagt: Schätzungen gehen inzwischen von über 5 Mil- lionen getöteten Zivilisten seit Kriegsbeginn 1998 aus. Für Frauen ist die Demokratische Republik Kongo das gefährlichste Land weltweit. Seit 1998 wurden schät- zungsweise eine halbe Million Frauen und Mädchen vergewaltigt. Kinder werden in Rebellengruppen zwangsrekrutiert. Es gibt keinen Zweifel: Die kongolesi- sche Zivilbevölkerung, insbesondere im Osten des Lan- des, geht durch die Hölle. Und selbst wer bisher von Ge- walt verschont blieb, lebt in ständiger Angst. Allein 2012 gab es 2,4 Millionen Binnenflüchtlinge. Die Rolle der kongolesischen Regierung ist dabei, ohne Frage, keine rühmliche. Aber auch die internatio- nale Gemeinschaft hat sich längst zum Mittäter gemacht: mit Aufrüstung und Ausrüstung für die kongolesische Polizei. Selbst die größte internationale Friedensmission MONUSC mit 19 000 Blauhelmen hat der Region keinen Frieden gebracht und musste auch bei der Über- nahme der Stadt Goma im November 2012 durch M23- Rebellen zuschauen. Die Linke fordert deshalb die Bundesregierung auf, ihre Strategie radikal umzukehren und sich für eine nachhaltige Demilitarisierung der Region einzusetzen. Doch davon liest man in Ihrem Antrag nichts. Statt- dessen nutzen Sie die internationale Klimapolitik, um die Zusammenarbeit der kongolesischen Regierung mit Ländern wie China anzuprangern. Dabei wäre es viel an- gebrachter, erst einmal vor der eigenen Haustür zu keh- ren. Das deutsch-schweizerische Holzhandelsunterneh- men Danzer ist laut Medienberichten mitverantwortlich für den Überfall auf ein Dorf im Nordosten des Landes, das 2011 geplündert und niedergebrannt wurde und des- sen Bewohner die Polizei verschleppt hat. Erst im Mai 2013 haben Menschenrechtsorganisationen Anzeige ge- gen den Manager erstattet. Ein umfassendes Unterneh- mensstrafrecht würde dazu beitragen, dass solche Ver- strickungen schneller aufgedeckt und die Profiteure der Rohstoffausbeutung zur Verantwortung gezogen werden. In Ihrem Antrag ist davon jedoch wiederum nichts zu lesen. In Wirklichkeit geht es Ihnen nur um die eigenen Interessen in diesem rohstoffreichen Land. Der vorlie- gende Antrag ist ein Paradebeispiel dafür, dass Sie aus unserer kolonialen Vergangenheit überhaupt nichts ge- lernt haben. Wir stimmen deshalb selbstverständlich gegen diesen Antrag. S R s s b b d K R a w b G te M V h v D s s u ti n Ö V z o A la le fa d M im h L K li d h tu s E e s p fe U p Z (C (D Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die chutzgebiete und Nationalparks in der Demokratischen epublik Kongo stehen auf dem Spiel. Das kongolesi- che Parlament diskutiert aktuell einen Gesetzesvor- chlag, der einer Rohstoffförderung in geschützten Ge- ieten Tür und Tor öffnen wird. Die Lage ist also äußerst renzlig. Es ist eine wichtige Initiative, lieber Kollege Ruck, an ie Verantwortlichen in der Demokratischen Republik ongo zu appellieren, den Ausverkauf des Landes an ohstoffinteressen zu verhindern. Deshalb stimmen wir Ihrem Antrag zu. Es gilt alles daranzusetzen, dass das Gesetz nicht ver- bschiedet wird und unwiderruflich Fakten geschaffen erden. Hier ist auch die Bundesregierung gefragt – es raucht einen politischen Dialog. Die Konsequenzen des esetzes müssen auf den Tisch: Denn neben den unmit- lbaren Auswirkungen in den geschützten Gebieten für ensch und Natur würde die Ölförderung etwa im irunga-Nationalpark im Osten des Landes die Sicher- eitsprobleme in der Region weiter anheizen. Alternati- en zur Rohstoffförderung müssen aufgezeigt werden. enn es gibt sie, die Möglichkeiten, wie das Land von einen Naturschätzen profitieren kann, ohne dass Men- chen und Natur den Kürzeren ziehen. Ökotourismus nd Forschungsvorhaben könnten ein Schritt in die rich- ge Richtung sein. Wir rufen die explorierenden Unter- ehmen und die kongolesische Regierung auf: Lasst das l im Boden! Das einzigartige UNESCO-Weltnaturerbe irunga und die Nationalparks in der DRC dürfen nicht erstört werden. Klar ist aber auch: Die drohende Zerstörung der Nati- nalparks ist bei weitem nicht das einzige Problem. Ihr ntrag fokussiert angesichts der aktuellen Gefährdungs- ge zwar darauf, aber andere Entwicklungen im kongo- sischen Rohstoffsektor dürfen nicht unter den Tisch llen: Erst vor kurzem hat das Africa Progress Panel, zu em unter anderem Kofi Annan, Peter Eigen und Graça achel gehören, berichtet, dass ausländische Konzerne großen Stil Zugriff auf Rohstoffe der DRC erhalten aben. Über undurchsichtige Verflechtungen wurden izenzen für den Rohstoffabbau weitergegeben; dem ongo sollen laut Africa Progress Panel etwa 1,3 Mil- arden Dollar entgangen sein. Und Sie erwähnen im Antrag zwar, dass Deutschland ie EITI-Bemühungen im Kongobecken unterstützt, ge- en aber nicht darauf ein, dass der EITI-Kandidatensta- s der DRC seit April suspendiert ist. Deshalb geht es bei weitem nicht nur darum, die Roh- toffausbeutung in geschützten Gebieten zu verhindern. in neues Gesetz zur Ölförderung muss Vorkehrungen nthalten, um Korruption wirksam verhindern und um icherzustellen, dass die Bevölkerung von den Erlösen rofitiert. Die Bietverfahren müssen transparent und öf- ntlich sein. Konzerne müssen zur Einhaltung von mwelt-, Sozial- und Menschenrechtsstandards ver- flichtet werden. Und wir brauchen Transparenz: über ahlungen, über Fördermengen, über Verträge. Die vom 31148 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 (A) ) )(B) Rohstoffabbau betroffene Bevölkerung muss in Ent- scheidungen einbezogen werden. Und sie muss im Sinne des „free, prior and informed consent“ auch die Mög- lichkeit haben, ihr Nein zu Rohstoffprojekten auszuspre- chen. Die Herausforderungen sind groß, und ohne interna- tionale Unterstützung und internationale Lösungen wird es nicht funktionieren. Hier muss die Bundesregierung endlich engagiert vorangehen, dazu fordern wir sie auf. Mit dazu gehört auch, vor der eigenen Haustüre zu kehren – und mehr Nationalparks in Deutschland einzu- richten. Wie können wir dem Kongo bei der Zerstörung von Urwäldern einen Vorwurf machen, wenn wir selbst in Deutschland nicht bereit sind, Natur Natur sein zu las- sen und die Einrichtung von Nationalparks durch kon- servative Kräfte verhindert wird? Ich möchte in unserer heutigen Debatte abschließend den Bogen schlagen von den aktuellen Entwicklungen im Kongo zum neuen Bericht an den Club of Rome, der gestern in Berlin vorgelegt wurde. Aus dem Bericht „Der geplünderte Planet, Die Zukunft des Menschen im Zeitalter schwindender Ressourcen“ von Ugo Bardi lässt sich nur eine Konsequenz ziehen: Wenn wir die schon sehr weit fortgeschrittene Plünderung des Planeten noch an irgendeiner Stelle aufhalten wollen, müssen wir sofort und konsequent umsteuern! Sonst drohe ein „Verglühen des Planeten“. Mit solch dramatischen Worten warnt der Club of Rome vor einem Zusammenbruch des Ökosystems. Und weil diese Warnung real ist, müssen wir – dieser Hin- weis geht an die Bundesregierung – raus und weg vom Weiter-so! Doch schwarz-gelbe Rohstoffpolitik ist bislang das Weiter-so par excellence. Bilaterale Rohstoffpartner- schaften ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft und ohne umfangreiche Anforderungen an Transparenz und Men- schenrechte sind der falsche Weg. Es ist unsere Sucht nach Rohstoffen, die in eine globale Sackgasse führt, denn unser Bedarf ist nur für wenige möglich. Wenn alle Menschen so viel Rohstoffe verschwenden würden wie wir, wären nicht nur die Reserven am Ende, sondern der Treibhauseffekt katastrophal. Die Ursache für die Zer- störung der Regenwälder liegt in unserer Abhängigkeit von Rohstoffen. Die wissenschaftlich begründete Er- kenntnis, dass die plündernde Menschheit den Planeten ruiniert, wenn wir das Ruder nicht schleunigst herum- reißen, muss handlungsleitend für unsere Politik werden: Respekt vor den Grenzen des fossilen Wachstums heißt auch: Stoppt den Wettlauf um die letzten Ressourcen! Schutz der Wälder – Rettung der Nationalparks – hier, im Kongo und anderswo! Anlage 22 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit- geteilt, dass sie nachfolgende Anträge zurückzieht: – – – m S z m U n (C (D Unterstützung für Alleinerziehende verbessern auf Drucksache 17/2330 Grundrechte von intersexuellen Menschen wahren auf Drucksache 17/5528 Zusatzprotokoll der UN-Kinderrechtskonvention zur Individualbeschwerde schnellstmöglich ratifizieren auf Drucksache 17/8917. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 atz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung u den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Eu- roparats im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. Juni 2012 – Drucksachen 17/12994, 17/13311 Nr. 3 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Eu- roparats im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2012 – Drucksachen 17/12995, 17/13311 Nr. 4 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über den Stand der Un- terzeichnung und Ratifizierung europäischer Abkom- men und Konventionen durch die Bundesrepublik Deutschland für den Zeitraum März 2011 bis Februar 2013 – Drucksachen 17/12996, 17/13311 Nr. 5 – Ausschuss für Kultur und Medien – Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für die Unter- lagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deut- schen Demokratischen Republik Elfter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemali- gen Deutschen Demokratischen Republik für die Jahre 2011 und 2012 – Drucksachen 17/12600, 11/12909 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden nionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- er Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/11919 Nr. A.2 Ratsdokument 15180/1/12 REV 1 Drucksache 17/13340 Nr. A.6 EP P7_TA-PROV(2013)0095 Drucksache 17/13340 Nr. A.7 EP P7_TA-PROV(2013)0097 Drucksache 17/13340 Nr. A.8 Ratsdokument 8044/13 Drucksache 17/13595 Nr. A.1 EuB-BReg 37/2013 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 244. Sitzung. Berlin, Freitag, den 7. Juni 2013 31149 (A) (C) )(B) Innenausschuss Drucksache 17/12911 Nr. A.1 Ratsdokument 6931/13 Drucksache 17/13183 Nr. A.4 Ratsdokument 6928/13 Drucksache 17/13183 Nr. A.5 Ratsdokument 6930/13 Drucksache 17/13340 Nr. A.10 Ratsdokument 7869/13 Rechtsausschuss Drucksache 17/136 Nr. A.30 Drucksache 17/13183 Nr. A.16 Ratsdokument 7081/13 Drucksache 17/13183 Nr. A.17 Ratsdokument 7268/13 Drucksache 17/13183 Nr. A.18 Ratsdokument 7396/13 Drucksache 17/13183 Nr. A.19 Ratsdokument 7438/13 Drucksache 17/13183 Nr. A.20 Ratsdokument 7735/13 Drucksache 17/13340 Nr. A.18 Ratsdokument 7999/13 Ratsdokument 14722/09 Drucksache 17/720 Nr. A.7 Ratsdokument 17513/09 Drucksache 17/2994 Nr. A.17 Ratsdokument 12564/10 Drucksache 17/4598 Nr. A.8 Ratsdokument 18101/10 Drucksache 17/5302 Nr. A.9 Ratsdokument 7145/11 Drucksache 17/5822 Nr. A.18 Ratsdokument 8786/11 Drucksache 17/5822 Nr. A.19 Ratsdokument 8787/11 Drucksache 17/5822 Nr. A.22 Ratsdokument 9224/11 Drucksache 17/5822 Nr. A.23 Ratsdokument 9226/11 Drucksache 17/6010 Nr. A.4 Ratsdokument 17564/10 Drucksache 17/6176 Nr. A.7 Ratsdokument 10610/11 Drucksache 17/6407 Nr. A.8 Ratsdokument 10668/11 Drucksache 17/6407 Nr. A.9 Ratsdokument 10832/11 Drucksache 17/12244 Nr. A.17 Ratsdokument 17983/12 Finanzausschuss Drucksache 17/13183 Nr. A.11 Ratsdokument 7029/13 Haushaltsausschuss Drucksache 17/13340 Nr. A.16 Ratsdokument 7935/13 Drucksache 17/13340 Nr. A.17 Ratsdokument 8041/13 Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/13183 Nr. A.13 EuB-BReg 18/2013 Drucksache 17/13183 Nr. A.14 Ratsdokument 6844/13 Drucksache 17/13183 Nr. A.15 Ratsdokument 6950/13 (D Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 17/13595 Nr. A.14 Ratsdokument 8340/13 Drucksache 17/13595 Nr. A.15 Ratsdokument 8883/13 Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Drucksache 17/11919 Nr. A.23 EP P7_TA-PROV(2012)0401 Drucksache 17/11919 Nr. A.24 EP P7_TA-PROV(2012)0402 Drucksache 17/12126 Nr. A.43 EP P7_TA-PROV(2012)0463 Drucksache 17/12126 Nr. A.44 EP P7_TA-PROV(2012)0464 Drucksache 17/12244 Nr. A.25 EP P7_TA-PROV(2012)0503 Drucksache 17/12244 Nr. A.26 EP P7_TA-PROV(2012)0504 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 17/11617 Nr. A.15 Ratsdokument 15110/12 Drucksache 17/13183 Nr. A.28 Ratsdokument 7521/13 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 17/178 Nr. A.39 Ratsdokument 15298/09 Drucksache 17/8515 Nr. A.53 Ratsdokument 18719/11 Drucksache 17/10710 Nr. A.82 Ratsdokument 12495/12 Drucksache 17/10710 Nr. A.83 Ratsdokument 12676/12 Drucksache 17/11617 Nr. A.17 Ratsdokument 15305/12 Drucksache 17/12244 Nr. A.27 Ratsdokument 17784/12 Drucksache 17/13340 Nr. A.29 Ratsdokument 7995/13 244. Sitzung Inhaltsverzeichnis Antrag auf Erweiterung der Tagesordnung TOP 47 Lage der Freien Berufe TOP 48, ZP 18, 19 Globale Steuergestaltung TOP 49 Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik 2011/12 TOP 8 Arzneimittelversorgung TOP 13 Programm für Berufsausbildung TOP 12 Chancengleichheit in Wissenschaft und Forschung TOP 15, ZP 9 Rüstungsexportpolitik TOP 14 Regelung der vertraulichen Geburt TOP 17 Aufnahme afghanischer Bundeswehrmitarbeiter TOP 16 Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz TOP 19 Ringen bei Olympischen Spielen TOP 20 Mittelstandsorientierung beim Bürokratieabbau TOP 21 Fortentwicklung des Flüchtlingsschutzes TOP 22 Situation von Alleinerziehenden TOP 23 Wettbewerb im Softwarebereich TOP 24 Diskriminierungsschutz für chronisch Erkrankte TOP 25 Urheberrecht TOP 26 Kriterien für Bundesförderung von Kultur TOP 27 Bundesbericht wissenschaftlicher Nachwuchs TOP 28 Aufenthaltsrecht TOP 29 Bundesverfassungsgerichtsgesetz TOP 30 Einsatz externer Personen in der Bundesverwaltung TOP 31 Bundesvertriebenengesetz TOP 32 Wahrnehmung von Urheberrechten ZP 10 Strafbarkeit der Verstümmelung weiblicher Genitalien TOP 33 Zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit TOP 34 Schutz der Imkerei vor Gentech-Verunreinigungen TOP 35 Freiwilligendienst TOP 36 Obdach- und Wohnungslosigkeit TOP 54 g Unterstützung für Flüchtlinge ZP 11, TOP 38 Kultur und Sport in das Grundgesetz TOP 39 Barrierefreier Zugang zu Großveranstaltungen TOP 40 Zugang zu medizinischem Cannabis TOP 41 Ausbildungssituation im Gastgewerbe TOP 42 Meeresforschung ZP 12 u. 13 Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft TOP 43 Zugang zu öffentlich finanzierten Forschungsergebnissen TOP 44 Behinderungskompensierende Technologien ZP 14 u. 15 Verbraucherpolitik TOP 45, ZP 16 Tier- und Artenschutz TOP 46 Ehemalige sowjetische Kriegsgefangene ZP 17 Kriminal- und Rechtspflegestatistiken TOP 50 Mindestlohn TOP 51 Bundeswehreinsatz KFOR TOP 52 Aktives Wahlrecht ab 16 Jahren ZP 20 Kongolesisches Naturerbe Anlagen
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724400000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.

Vorweg will ich daran erinnern, dass 1988 durch ei-
nen Beschluss des Ältestenrates die Kinderkommission
des Deutschen Bundestages ins Leben gerufen worden
ist, sie also heute ihr 25. Jubiläum feiert. Diese Kinder-
kommission ist das weltweit erste parlamentarische Gre-
mium, das sich speziell für die Interessen der Kinder und
Jugendlichen einsetzt. Durch ihre auf Einstimmigkeit
beruhende Arbeitsweise und den turnusmäßigen Wech-
sel im Vorsitz wird deutlich, dass sich die Fraktionen
über parteipolitische Grenzen hinweg für die Umsetzung
der kinderpolitischen Belange starkmachen. Der Bun-
destagspräsident wird dies bei der Festveranstaltung
heute Mittag deutlich machen. Dies vorweg.

Eine weitere Vorbemerkung: Nachdem gestern einige
Tagesordnungspunkte nicht verhandelt werden konnten,
wird heute nach der Geschäftsordnungsdebatte mitge-
teilt, auf welche Weise heute die Tagesordnung verän-
dert wird und welche Punkte heute debattiert bzw. abge-
stimmt werden.

Bevor wir in die eigentliche Tagesordnung eintreten,
müssen wir einen Geschäftsordnungsantrag behan-
deln. Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grü-

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nen haben fristgerecht beantragt, die heutige Tagesord-
nung um die erste Beratung des vom Bundesrat
eingebrachten Gesetzentwurfs zur Gleichstellung der
Lebenspartnerschaft mit der Ehe im Einkommensteuer-
recht, Drucksache 17/12858, zu erweitern und heute als
letzten Tagesordnungspunkt mit einer Debattenzeit von
30 Minuten aufzurufen. Das Wort hat – wer von Ihnen
wird beginnen? – Kollege Oppermann.


Thomas Oppermann (SPD):
Rede ID: ID1724400100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestern

hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Le-
benspartnerschaften steuerlich nicht länger diskriminiert
werden dürfen. Sexuelle Orientierung darf kein Anknüp-
fungspunkt für Diskriminierung mehr sein.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Renate (C (D ung 7. Juni 2013 0 Uhr Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So viel Applaus kriegst du jetzt dafür!)


Das ist ein großer Fortschritt. Viele Menschen in die-
em Land freuen sich über diese Entscheidung; denn in
er Tat: Es gibt überhaupt keinen vernünftigen Grund,
ass Lebenspartnerschaften, in denen Menschen fürei-
ander einstehen und Verantwortung übernehmen, steu-
rlich diskriminiert werden, nur weil sie das gleiche Ge-
chlecht haben.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir wollen diese Entscheidung jetzt ganz schnell und
hne weitere Verzögerungen umsetzen. Deshalb rufen
ir den im Bundesrat schon beschlossenen Gesetzent-
urf auf. Wenn wir ihn heute auf die Tagesordnung set-

en, dann können wir ihn heute in erster Lesung an die
usschüsse überweisen und diesen verfassungswidrigen
ustand schon am nächsten Freitag endgültig beseitigen.
eshalb bitten wir Sie um Zustimmung zu unserem Ge-

chäftsordnungsantrag.

An die Adresse der Union möchte ich noch sagen:
atürlich kann man sich politisch auch einmal irren;

ber Sie irren ja nicht, Sie haben sich jahrelang taub und
tumm gestellt, und jetzt sind Sie auch noch stur.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Elke Ferner [SPD]: Der personifizierte Irrtum!)


Sie sind in dieser Frage so oft mit dem Kopf gegen die
Wand gelaufen, dass es einem schon beim Zusehen weh-
getan hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Geschäftsordnung!)


Sie haben den Anschluss an die Gesellschaft von heute
verloren. Sie wollen nicht wahrhaben, dass sich diese
Gesellschaft weiterentwickelt hat.


(Jörg van Essen [FDP]: Geschäftsordnung, Herr Präsident!)






Thomas Oppermann


(A) )


)(B)

75 Prozent der Deutschen sind für die Gleichstellung
von Ehe und Lebenspartnerschaft.


(Jörg van Essen [FDP]: Das ist eine Sachdebatte! Geschäftsordnung!)


Ihre Verweigerungshaltung ist Ausdruck eines vormo-
dernen Gesellschaftsverständnisses.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber es ist für einige von Ihnen auch eine Chance.
Denn wenn Sie unserem Antrag heute zustimmen,


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Jetzt müssten Sie nur noch den Euro Hawk mit reinnehmen!)


dann wäre das der erste Schritt heraus aus der homopho-
ben Parallelgesellschaft, in der einige von Ihnen jahre-
lang gelebt haben.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben auch den Anschluss an die Rechtsprechung
verloren. Sie wollen nicht wahrhaben, dass sich das
Recht in Deutschland weiterentwickelt hat: vom rot-grü-
nen Lebenspartnerschaftsgesetz bis zu den Entscheidun-
gen des Bundesverfassungsgerichtes.


(Jörg van Essen [FDP]: Geschäftsordnung!)


Es gab Urteile zur Gleichstellung bei der Altersversor-
gung.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724400200

Herr Kollege, Sie müssen etwas spezieller zur Ge-

schäftsordnung sprechen und zur Begründung des An-
trags, warum heute darüber debattiert werden soll.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Thomas Oppermann (SPD):
Rede ID: ID1724400300

Das mache ich. – Ich will noch ein zentrales Argu-

ment nennen, Herr Präsident, warum das Thema heute
auf die Tagesordnung gehört. Wir haben vier Entschei-
dungen des Bundesverfassungsgerichtes: zur Gleichstel-
lung bei der Altersversorgung, bei der Erbschaft- und
Schenkungsteuer, beim Familienzuschlag und bei der
Sukzessivadoption. Jetzt gibt es auch noch das Urteil
zum Ehegattensplitting. Stellen Sie sich nicht länger
quer. Das wäre eine Missachtung des Bundesverfas-
sungsgerichtes.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Schlaumeier!)


Stimmen Sie unserem Antrag zu. Dann können wir den
verfassungswidrigen Zustand schnellstmöglich beenden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Schlaumeier!)


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(C (D Das Wort hat nun Michael Grosse-Brömer. (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Warum redet nicht Herr Dobrindt?)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724400400


Michael Grosse-Brömer (CDU):
Rede ID: ID1724400500

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

n! Wenn die Union eines nicht braucht, dann sind das
elehrungen, welche gesellschaftspolitischen Auffas-

ungen und Ansichten wir künftig vertreten.


(Zurufe von der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)


as werden die Bürgerinnen und Bürger spätestens im
eptember entscheiden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich will Ihnen eines sagen. Mich erstaunt Ihr Jubel
ber dieses Urteil. Dass Sie es dem Grunde nach begrü-
en, kann ich gut verstehen, aber Sie müssen auch sehen,
ass dieses Urteil den Leuten aufgrund Ihrer politischen,
uch wahlprogrammatischen Überzeugung gar nichts
utzt. Denn Sie wollen all das abschaffen, was den Leu-
n gerade zugesprochen wurde, nämlich das Ehegatten-

plitting.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


folgedessen wäre ich da an Ihrer Stelle ganz zurück-
altend. Erklären Sie den Leuten einmal, dass ihnen die-
es Urteil kein Stück nutzen wird, falls Ihr Wahlpro-
ramm umgesetzt wird.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Geschäftsordnung!)


Ich will Ihnen noch eines sagen. Ehe und Familie
leiben das Fundament dieser Gesellschaft. Das bleibt
ie Grundüberzeugung der Union.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


aran wird das Urteil nichts ändern. Aber eines wird das
rteil ändern.

Wir werden uns natürlich daran halten.


(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Geschäftsordnung!)


ie CDU und die CSU sind rechtsstaatlich orientierte
arteien. Deshalb werden wir Urteile selbstverständlich
msetzen.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Adoptionsrecht! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Ruhe!)


Ich will Ihnen noch eines dazu sagen. Ja, wir hatten
azu unterschiedliche Auffassungen. Ja, wir hatten dazu
xzellente Diskussionen. Ja, sie waren inhaltlich deutlich
ontrovers, aber immer stilvoll. Das kann man von Ihrer





Michael Grosse-Brömer


(A) )


)(B)

Debattenkultur, als wir hier diskutiert haben, weiß Gott
nicht sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Diese Ignoranz, die Sie hier den Kolleginnen und Kolle-
gen entgegengebracht haben, die bei diesem Thema eine
andere Auffassung hatten als die Grünen, sucht ihres-
gleichen. Kommen Sie runter von Ihrem moralischen
Hochsitz!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Was machen Sie denn nun? – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dieses Urteil hat die Debatte verändert.


(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


– Ich bin immer noch nicht so laut wie der Kollege
Trittin gestern. – Durch dieses Urteil ist die Debatte bei
uns beendet. Es ist ganz klar: Wir machen jetzt das, was
wir von Anfang an gesagt haben,


(Lachen bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Thomas Oppermann [SPD]: Seit wann ist das klar? – Weitere Zurufe von der SPD)


nämlich dass wir das Urteil abwarten und dann umset-
zen.

Jetzt kommt noch ein Punkt, in dem wir deutlich bes-
ser sind als Sie. Bei Ihnen geht es so: Sie meinen, wieder
einmal schnell Schaufensterpolitik machen zu müssen,
und fragen, welcher Antrag denn gerade in der Schub-
lade liegt. – Da haben Sie nicht lange gesucht und einen
Gesetzentwurf vom Bundesrat gefunden. Sie haben die-
sen aber nicht durchgelesen.


(Thomas Oppermann [SPD]: Haben wir gemacht!)


Denn dann hätten Sie festgestellt, dass er diesem Urteil
gar nicht gerecht wird. Dadurch kann das Urteil gar nicht
eins zu eins umgesetzt werden, weil eine Rückwirkung
darin nicht vorgesehen ist.


(Widerspruch bei der SPD – Thomas Oppermann [SPD]: Doch, natürlich! Für noch nicht rechtskräftige Bescheide!)


Insofern ist Ihr Antrag nicht nur als Schaufensterantrag
zu deklarieren, sondern er ist auch in der Sache ungeeig-
net.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ingo Egloff [SPD]: Quatsch!)


Sie können uns nicht übel nehmen, dass wir weder Ih-
rer unverantwortlichen populistischen Vorgehensweise
noch Ihrem Arbeitsstil – im Gegensatz zu uns arbeiten
Sie oberflächlich und wenig sorgfältig – folgen. Da ma-
chen wir nicht mit. Wir lehnen Ihren Antrag aus mehre-
ren guten Gründen ab.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Thomas Oppermann [SPD]: Ja, ja!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724400600

Das Wort hat nun Barbara Höll.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der FDP: Heute haben Sie wieder Lust, oder was? – Gegenruf der Abg. Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Wenn Sie die Mehrheiten nicht zusammenkriegen, ist das Ihr Problem!)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724400700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

ngleichbehandlung der eingetragenen Lebenspartner-
chaft und der Ehe ist verfassungswidrig; das ist der
tand. Sie selbst haben in Ihrem Koalitionsvertrag eine
ereinbarung getroffen und gesagt, dass Sie eine ein-
ommensteuerrechtliche Gleichstellung wollen. Nichts
aben Sie getan, nichts. Sie haben vor kurzem noch nicht
inmal dem Vermittlungsergebnis zugestimmt, als wir
nen noch einmal den roten Teppich ausgerollt haben,

amit Sie sagen können: Ja, wir tun jetzt etwas. – Nein,
ie haben sich bewusst entschieden, auf das Urteil des
undesverfassungsgerichts zu warten.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ja! Na und?)


Ich sage Ihnen: Sie haben damit mehrfachen Schaden
erursacht. Sie haben den Betroffenen gegenüber gesagt:
s mag sein, wie es ist; das ist uns egal. Wir warten jetzt
rst einmal ab. Ihr bekommt nichts.


(Thomas Oppermann [SPD]: Genau! Das war die Einstellung! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Die kriegen es doch schon lange! Reden Sie nicht so einen Unsinn!)


ie haben damit aber auch uns und der Demokratie ins-
esamt geschadet.


(Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


s kann doch nicht angehen, dass Sie Politik machen, in-
em Sie einerseits den Ultrakonservativen sagen:
Macht nur, wir beschließen auf einem Parteitag, dass
as alles nicht geht; die eingetragene Lebenspartner-
chaft ist nicht gut“, und andererseits sagen: „Wir warten
uf das Urteil. Wir wissen ja alle, wie es ausfallen wird.
ann können wir den Ultrakonservativen sagen, dass
ir nicht anders konnten, und dann können wir den an-
eren sagen, dass das Thema jetzt durch ist.“ – Das ist
illige Taktiererei. Das hat doch nichts mit Politik zu
n!


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie sind eine Ultralinke!)


Sie haben damit zudem die Homophobie in der Ge-
ellschaft befördert,


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ach, das ist doch lächerlich! Unsinn! – Arnold Vaatz [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)






Dr. Barbara Höll


(A) )


)(B)

weil Sie immer wieder transportiert haben, dass „diese
Leute“ jetzt einen Antrag stellen sollen und dass sie es
nicht ganz so gut können. Seien Sie sich darüber im Kla-
ren: Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Deshalb un-
terstützen wir natürlich den Antrag, heute, hier und jetzt,
die Tagesordnung zu ändern. Rückwirkung muss natür-
lich sein, und diese können wir hier im Parlament nach
den Ausschussberatungen beschließen. Das werden wir
auch tun.

Ich sage Ihnen: Sie tragen einen ideologischen Kampf
aus.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Gerade Sie müssen von Ideologie reden! Gerade Sie! Sie sind ja eine solche Ideologin!)


– Ja, ich sage Ihnen das. Es ist ein ideologischer Kampf,
den Sie hier vom Zaun brechen.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wer sich die letzten Debatten zu diesem Thema ange-
sehen oder die Redebeiträge nachgelesen hat, der hat
sehr wohl registriert, dass sich die CDU/CSU-Fraktion
entschieden hat, diejenigen Fraktionsmitglieder, die mo-
derner denken, nicht zu Wort kommen zu lassen und
stattdessen Herrn Geis und andere, auch Frauen, reden
zu lassen, die hier Thesen von vorgestern vertreten ha-
ben. Das ist die Realität.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie sind von vorgestern! – Michael Grosse-Brömer [CDU/ CSU]: Meine Güte, ist das arrogant!)


Ich sage Ihnen: Das Lebenspartnerschaftsgesetz war
sicher von Beginn an etwas schwierig konstruiert. Ver-
einbart waren zwar gleiche Pflichten, aber nicht gleiche
Rechte. Wir müssen dem Bundesverfassungsgericht
dankbar sein, dass es hier auch in der ständigen Recht-
sprechung der letzten Jahre für Klarheit gesorgt hat.

Ich möchte ausdrücklich ein Dankeschön an die Be-
schwerdeführer und die beiden Rechtsanwälte ausspre-
chen, an Herrn Rechtsanwalt Dirk Siegfried und die
Rechtsanwältin Maria Sabine Augstein. Letztendlich ist
es auch ihrer Beharrlichkeit, ihrer Klugheit zu verdan-
ken, dass wir ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts
bekommen haben. Ich finde, dafür haben sie einen Ap-
plaus verdient.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir werden natürlich dafür stimmen, dass die Un-
gleichbehandlung zwischen der eingetragenen Le-
benspartnerschaft und der Ehe beendet wird. Ich sage
aber gleichzeitig – das ist auch im Urteil nachzulesen,
das die historische Entwicklung hin zum Ehegattensplit-
ting sehr detailliert aufführt –: Das Ehegattensplitting
steht natürlich zur Disposition. Wir müssen überlegen,
ob es noch zeitgemäß ist. Es wurde damals eingeführt,
um die Frau als Mutter und Hausfrau an das Haus und
den Herd zu binden. Das ist überholt. Wir brauchen eine

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(C (D oderne Familienförderung und deshalb die Beseitigung er Ungleichheit, jetzt und sofort, noch vor der Sommerause. Lassen Sie uns dann in Ruhe überlegen, wie wir nser Steuerrecht moderner und gerechter gestalten könen. Danke. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724400800

Das Wort hat nun Jörg van Essen für die FDP-Frak-

on.


(Beifall bei der FDP)



Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1724400900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das

ollte hier eigentlich eine Geschäftsordnungsdebatte
ein.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir merken, dass sie missbraucht wird, indem daraus
ine allgemeinpolitische Debatte gemacht wird. Ich be-
aure das sehr,


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das ist doch peinlich!)


eil sich unsere Fraktion über das Urteil des Bundesver-
ssungsgerichts natürlich in besonderer Weise freut.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


ir sind immer der Auffassung gewesen: Wer gleiche
flichten übernimmt, der soll selbstverständlich auch die
leichen Rechte haben.


(Elke Ferner [SPD]: Ständig haben Sie dagegen gestimmt!)


Es geht heute darum, wie wir mit diesem Urteil umge-
en.


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Ja!)


h glaube, wir sind gut beraten, wenn wir das, was uns
as Urteil vorgibt, eins zu eins umsetzen – einschließlich
er Rückwirkung. Der Gesetzentwurf des Bundesrates,
er von der Opposition hier schnell hervorgeholt worden
t, taugt dafür aber nicht.


(Zuruf von der SPD)


Ich lege für meine Fraktion großen Wert darauf, dass
ir uns da nicht Nachhilfe vom Bundesrat geben lassen.


(Thomas Oppermann [SPD]: Sie haben doch schon Nachhilfe vom Bundesverfassungsgericht bekommen!)


ir müssen als Bundestag selbst klar Position beziehen,
as wir wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)






Jörg van Essen


(A) )


)(B)

Deshalb werden wir, wird die Koalition sehr schnell ei-
nen eigenen Gesetzentwurf mit unseren Vorstellungen in
den Bundestag einbringen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen, dass die erste Lesung bereits in der nächsten
Woche stattfindet.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die können wir heute machen!)


In der darauffolgenden Sitzungswoche sollen die zweite
und die dritte Lesung stattfinden, damit ab diesem Zeit-
punkt klar ist: Wer die gleichen Pflichten hat, hat in die-
sem Land selbstverständlich auch die gleichen Rechte.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es verschlägt übrigens nichts, wenn der Gesetzent-
wurf eine Woche später verabschiedet wird. Steuern
werden nicht nach Tagen berechnet; maßgeblich ist das
Steuerjahr.


(Thomas Oppermann [SPD]: Senden Sie ein Signal, Herr van Essen, dass Sie die Lektion gelernt haben!)


Es wird also niemand einen Nachteil davon haben, dass
wir ein sorgfältiges, vernünftiges parlamentarisches Ver-
fahren durchführen. Wir als FDP sind dafür und werden
deshalb auch entsprechend abstimmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724401000

Letzter Redner in der Geschäftsordnungsdebatte ist

Volker Beck.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Jetzt kommt noch einmal ein Missbrauch der Geschäftsordnungsdebatte!)



Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724401100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestern

war ein großer Tag für die Schwulen und Lesben in die-
sem Land, es war ein großer Tag für die Gleichberechti-
gung, es war ein großer Tag für unsere Verfassung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt: Gleiche
Pflichten – gleiche Rechte; nur das ist fair, nur das ist
verfassungskonform. Das gilt für das Steuerrecht, und
das gilt für das Adoptionsrecht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Nein!)


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(C (D Seit zwölf Jahren blockiert die Unionsfraktion jeden chritt hin zur Gleichberechtigung der Lebenspartnerchaft, (Manuel Höferlin [FDP]: Sie waren doch vor zwölf Jahren in der Regierung!)


ngefangen beim Lebenspartnerschaftsgesetzergänzungs-
esetz, in dem damals eine entsprechende steuerrechtli-
he Regelung enthalten war. Da ist Ihre Fraktion noch
icht einmal zu den Sitzungen der Arbeitsgruppe des Ver-
ittlungsausschusses gekommen. Herr van Essen kann

as bezeugen; er war nämlich zufällig ab und an da.


(Jörg van Essen [FDP]: Was hat das mit der Geschäftsordnung zu tun?)


eim Jahressteuergesetz haben Sie ein ganzes Gesetz in
ie Luft gesprengt,


(Jörg van Essen [FDP]: Geschäftsordnung!)


loß damit Schwule und Lesben bei der Einkommen-
teuer weiter diskriminiert werden dürfen.


(Jörg van Essen [FDP]: Geschäftsordnung!)


eit Wochen blockieren Sie im Rechtsausschuss unsere
esetzentwürfe zur steuerrechtlichen Gleichstellung, zur
leichstellung beim Adoptionsrecht


(Stefan Rebmann [SPD]: Genau!)


nd zu allen anderen Punkten, die die Justizministerin
eute zu Recht in der Passauer Neuen Presse angespro-
hen hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


nsere Gesetzentwürfe liegen seit Monaten, zum Teil
beim Adoptionsrecht – seit Jahren im Rechtsaus-
chuss. Sie blockieren die Debatte über diese Gesetzent-
ürfe.

Wenn man sich die Lebenspartnerschaftspolitik der
nionsfraktion anschaut, muss man feststellen: Sie sind
otorische Verfassungsbrecher.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


echs Mal hat Ihnen das Bundesverfassungsgericht das
escheinigt – von „rechtsstaatlich orientiert“, Herr
rosse-Brömer, kann an diesem Punkt im Hinblick auf
re Fraktion wirklich nicht die Rede sein –:


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Lächerlich!)


009 bei der Hinterbliebenenversorgung, 2010 bei der
rbschaft- und Schenkungsteuer,


(Jörg van Essen [FDP]: Geschäftsordnung!)


012 beim Familienzuschlag, dann erneut bei der
runderwerbsteuer – hier musste Ihnen das Bundesver-





Volker Beck (Köln)



(A) )


)(B)

fassungsgericht in diesem Jahr erneut einen Brief schrei-
ben, dass Sie die Rückwirkung übersehen hätten;


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Weil Sie es blockiert haben!)


das haben wir gestern in einem zweiten Schritt geheilt,
weil Sie ansonsten aus Karlsruhe erneut ermahnt worden
wären – und im Februar das Adoptionsrecht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, Sie wollen es bei diesem
Thema weiter so treiben, wie Sie es immer getrieben ha-
ben. Sie müssen jedoch die Gleichstellung beim Adop-
tionsrecht genauso umsetzen wie die Gleichstellung
beim Einkommensteuerrecht.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Zum Antrag!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724401200

Herr Kollege, kommen Sie bitte zur Geschäftsord-

nung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724401300

Ja. Das hätten Sie den anderen Kollegen auch sagen

können.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Rotzlöffel!)


Das Bundesverfassungsgericht hat Ihnen ins Stamm-
buch geschrieben – ich zitiere –: „Unterschiede zwischen
Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft, welche die
ungleiche Ausgestaltung der Adoptionsmöglichkeiten
rechtfertigen könnten, bestehen nicht.“ Deshalb muss der
Bundestag in dieser Wahlperiode die vollständige Gleich-
stellung durchsetzen. Unsere Gesetzentwürfe dafür, die
Gesetzentwürfe von Rot und Grün, liegen dem Deutschen
Bundestag vor.


(Jan Mücke [FDP]: Wunderbar! 2001! Da habt ihr regiert!)


Blockieren Sie nicht mehr länger. Übrigens können Sie
auf Seite 8 des Bundesratsentwurfs auch die Rückwir-
kungsregelung finden. Wenn Sie den Entwurf gelesen
hätten, wüssten Sie das und würden hier nicht die Un-
wahrheit behaupten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Jan Mücke [FDP]: Ja, in dem Entwurf von 2001!)


Lassen Sie uns jetzt mit den Beratungen beginnen, da-
mit wir das Gesetzgebungsverfahren sorgfältig durch-
führen können. Gesetzentwürfe zu diesem Thema aus
dem Bundestag, Herr von Essen, gibt es im Rechtsaus-
schuss wirklich genügend. Wir können auch einen Ge-
setzentwurf unserer Fraktion nehmen, um hier die voll-
ständige Gleichstellung zu beschließen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: So weit kommt das noch!)


– Der Gesetzentwurf liegt im Rechtsausschuss. Sie set-
zen ihn seit Wochen jeden Mittwoch ab, statt dem Parla-

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(C (D ent die Möglichkeit zu geben, darüber endlich zu bechließen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Jörg van Essen [FDP])


Beenden Sie die verfassungswidrige Diskriminierung
on Lesben und Schwulen, und pfeifen Sie vor allem
iejenigen in der Unionsfraktion zurück,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Es langt jetzt!)


ie das Nein zur Gleichstellung mit einer Diffamierung
er Lesben und Schwulen als Bürger zweiter Klasse, als
icht zukunftsorientiert für diese Gesellschaft verbinden,
ie Katharina Reiche, Erika Steinbach oder Herr
obrindt. Von Ihnen, Herr Kauder, gab es auch ähnliche
ußerungen. Lassen Sie das; damit schaden Sie dem ge-

ellschaftlichen Zusammenhalt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Bei der Gleichstellung geht es um mehr als um Steu-
rn und Rechte. Es geht darum, dass Lesben und
chwule nach jahrhundertelanger Verfolgung in diesem
and endlich gleichberechtigt in der Mitte unserer Ge-
ellschaft leben können und sich weder die Zoten von
errn Kauder anhören


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Noch die von Herrn Beck!)


och die Benachteiligung durch den Gesetzgeber ertra-
en müssen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724401400

Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt für den

ufsetzungsantrag der Fraktionen der SPD und Bünd-
is 90/Die Grünen? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-
en? – Der Aufsetzungsantrag ist damit mit den Stim-
en der beiden Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen

er drei Oppositionsfraktionen abgelehnt.

Wir kommen nun zur heutigen Tagesordnung. Inter-
aktionell ist neu vereinbart worden, die heutige Tages-
rdnung nach dem Tagesordnungspunkt 49 – 16. Bericht
er Bundesregierung zur Auswärtigen Kultur- und Bil-
ungspolitik 2011/2012 – um die Tagesordnungspunkte
u erweitern, die gestern nach Aufhebung der Sitzung
icht mehr behandelt werden konnten. Ausgenommen
ind davon die Tagesordnungspunkte 10 und 11, die vo-
ussichtlich am Mittwoch der nächsten Sitzungswoche

ehandelt werden.

Die Redezeit für die ersten beiden Tagesordnungs-
unkte, also 47 und 48, soll auf jeweils etwa eine Stunde
erkürzt werden.

Nach Tagesordnungspunkt 49 rufen wir zuerst den
agesordnungspunkt 8 auf, bei dem wir gestern die Ab-





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

stimmung noch nicht haben beenden können. Danach
folgen die Tagesordnungspunkte 13 bis Zusatzpunkt 17
in der Reihenfolge der gestrigen Tagesordnung. Es han-
delt sich dabei sämtlich um Tagesordnungspunkte, bei
denen die Reden zu Protokoll gegeben werden. – So weit
zur Änderung der heutigen Tagesordnung.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 47 a und 47 b
auf:

a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Bericht der Bundesregierung über die Lage
der Freien Berufe

– Drucksache 17/13074 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Kultur und Medien

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Joachim Pfeiffer, Kai Wegner, Lena
Strothmann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Martin Lindner

(Berlin), Claudia Bögel, weiterer Abgeordneter

und der Fraktion der FDP

Freie Berufe – Wachstumstreiber in der Sozia-
len Marktwirtschaft

– Drucksache 17/13714 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind, wie
gerade besprochen, für die Aussprache 60 Minuten vor-
gesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das so
beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Parlamen-
tarischen Staatssekretär Hans-Joachim Otto für die Bun-
desregierung das Wort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


H
Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1724401500


Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Die Geschichte der Freien Berufe in Deutsch-
land ist eine Erfolgsgeschichte. Das zeigt auch der von
der Bundesregierung vorgelegte Bericht über die Ent-
wicklung der Freien Berufe in den vergangenen zehn
Jahren.

Die Ergebnisse dieser Bestandsaufnahme können sich
wahrlich sehen lassen. Die Zahl der Selbstständigen in
den Freien Berufen wächst kontinuierlich und lag An-
fang 2012 bei einem Rekordstand von knapp 1,2 Millio-
nen.

Das Gründungsgeschehen wird zunehmend von den
Freien Berufen geprägt. Rund 21 Prozent aller Gründun-
gen in Deutschland erfolgen durch die Angehörigen der
Freien Berufe. Dabei war selbst in den Krisenjahren,
also 2008 und 2009, kein Einbruch zu verzeichnen.

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(C (D Auch als Arbeitgeber spielen die Freien Berufe eine ehr wichtige Rolle. Hier sind knapp 3 Millionen Mitareiter sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das sind nd 10 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland. Zudem werden in diesem Bereich rund 125 000 Peronen ausgebildet. Damit leisten die Freien Berufe einen nverzichtbaren Beitrag zur Ausbildung von Fachkräfn, aber auch zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigeit. Die Angehörigen der Freien Berufe sind aber auch ber diese Erfolgszahlen hinaus von großer gesellschaftcher Bedeutung. Sie sind, wie der Name schon sagt, ei und stehen für Selbstständigkeit, für Eigenverantortung und für Kreativität – alles Werte, die in unserer esellschaft in besonderer Weise gefragt, aber leider icht allzu weit verbreitet sind. Um einem Missverständnis vorzubeugen: Zu den reien Berufen zählen mitnichten nur die Rechtsanwälte, otare, Steuerberater und Ärzte. Die freien Kulturberufe ilden mit 291 000 Angehörigen die größte Gruppe unr den selbstständigen Freiberuflern. Zu den Freien Befen gehören aber zum Beispiel auch die Journalisten, ie Bildberichterstatter, die Dolmetscher, die Übersetzer nd sogar die Lotsen. Wir sollten also fraktionsübergreifend ein Interesse aran haben, diesen Berufsgruppen den Rahmen für ein eiterhin erfolgreiches Wirken zu erhalten. Wir wollen, ass die Freien Berufe ihre Erfolgsgeschichte auch in die ukunft fortschreiben können und weiterhin eine Schlüselrolle in der modernen Dienstleistungsgesellschaft pielen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)


Die Bundesregierung schafft und sichert daher wachs-
msfördernde Rahmenbedingungen für die Freien Be-
fe und den Mittelstand insgesamt. Dazu gehört die Si-

herung des Fachkräftebedarfs; denn ohne qualifizierte
itarbeiter können sich freiberuflich tätige Unterneh-
en nicht weiterentwickeln. Das gilt besonders für das
esundheitswesen, das auf qualifizierte Ärzte und nicht-

rztliche Fachkräfte angewiesen ist, ebenso aber auch
r den Bereich der Ingenieure.

Die Bundesregierung hat hier mit dem Fachkräftekon-
ept und der vor einem Jahr gestarteten Fachkräfteoffen-
ive eine Vielzahl von Maßnahmen angestoßen. Ich will
ier beispielsweise nur das Willkommensportal www.
ake-it-in-germany.com für internationale Fachkräfte

nd das Inlandsportal www.fachkraefte-offensive.de er-
ähnen.

Auch das Thema Bürokratieabbau ist für die Freien
erufe wie für den Mittelstand insgesamt von großer Be-
eutung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


h will hier nur zwei konkrete Beispiele nennen: Mit
er Abschaffung der Praxisgebühr zum 1. Januar 2013





Parl. Staatssekretär Hans-Joachim Otto


(A) )


)(B)

wurden Ärzte und Zahnärzte erheblich von Bürokratie
befreit. Auch die Erleichterungen bei der elektronischen
Rechnung kommen den Freien Berufen zugute. Seit
2011 ist die elektronische Rechnung der Papierrechnung
gleichgestellt und eine qualifizierte elektronische Signa-
tur nicht mehr zwingend erforderlich.

Zur Unterstützung von Gründungen im Bereich der
Freien Berufe bietet die Bundesregierung eine ganze
Reihe von Instrumenten an. Mit der Initiative „Gründer-
land Deutschland“ und der Gründerwoche stärken wir
die Gründungskultur und zeigen Chancen und Perspekti-
ven für die unternehmerische Selbstständigkeit auf. Die
Beratungsförderung des BAFA erreicht auch die Freien
Berufe. Rund 23 Prozent aller Zuschüsse für Beratungen
zur Verbesserung des unternehmerischen Know-hows
gingen 2011 an Freiberufler. Damit flankieren wir Dyna-
mik, Kreativität und Leistungsbereitschaft der Freien
Berufe und stabilisieren die erfreulich hohe Zahl von
freiberuflichen Existenzgründungen.

Die Freien Berufe sind mit ihrer Leistungsbereitschaft
und ihrem Verantwortungsbewusstsein eine entschei-
dende Säule unserer Marktwirtschaft.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ihre Bedeutung wird künftig noch zunehmen; denn die
Nachfrage nach Vertrauensdienstleistungen von hoher
Qualität ist ungebrochen. Die Bundesregierung wird sich
daher auch weiterhin konsequent für wachstumsstär-
kende Rahmenbedingungen für die Freien Berufe einset-
zen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies war nach
19 Jahren Bundestagszugehörigkeit vermutlich meine
letzte Rede vor diesem Hohen Haus.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tut mir leid, Herr Otto!)


Ich bedanke mich für das konstruktive Miteinander in
diesen vielen Jahren. Ich wünsche dem Bundestag und
Ihnen allen persönlich eine erfolgreiche und gute Zu-
kunft.

Herzlichen Dank.


(Beifall)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724401600

Herzlichen Dank, Kollege Otto. – Nun hat das Wort

Andrea Wicklein für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Andrea Wicklein (SPD):
Rede ID: ID1724401700

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Es ist lange überfällig, dass wir uns hier im
Deutschen Bundestag mit der Lage der Freien Berufe be-
fassen. Elf Jahre sind seit dem letzten Bericht vergangen.
Diese lange Zeitspanne wird weder der gesellschaftli-
chen noch der wirtschaftlichen Bedeutung der Freien
Berufe gerecht.

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(C (D Warum sage ich das? Über 1 Million Freiberufler in eutschland erzielen gemeinsam mit ihren Mitarbeitennen und Mitarbeitern einen Jahresumsatz von sage nd schreibe 370 Milliarden Euro. Sie steuern 10 Proent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Unter den rund Millionen Beschäftigten befinden sich 125 000 Auszuildende. Jede fünfte Gründung in Deutschland erfolgt Bereich der Freien Berufe. Diese Zahlen sind beeindruckend, aber dennoch könen wir uns nicht zurücklehnen; denn die Freien Berufe ind keine homogene Gruppe. Sie unterscheiden sich in rer Zusammensetzung und unterscheiden sich dement prechend auch in ihrer wirtschaftlichen Lage. Die durchchnittlichen Einkommen liegen laut Statistik zwischen 90 000 Euro für Notare und 15 000 Euro für freiberuflihe Lehrer und Architekten. An diesen Zahlen sehen wir, ass wir die Freien Berufe mit sehr unterschiedlichen Hengehensweisen unterstützen müssen. Erstes Stichwort: Fachkräfte. Herr Otto, Sie haben eiiges dazu gesagt. Fachkräfte sind ein wichtiges Thema, uch für die Freien Berufe. Viele Berufsgruppen haben chon heute mit dem Mangel an Fachkräften zu kämpn. Auch hier macht sich der demografische Wandel emerkbar. Wir sehen in Ihrem Bericht, dass in den verangenen zehn Jahren die Zahl der Auszubildenden ckläufig ist. Besonders bei den Hausärzten und im flegebereich wird bereits jetzt ein großer Bedarf an achwuchskräften festgestellt. Auch bei den sogenannten MINT-Fächern gibt es eine ohe Nachfrage, weil viele Ingenieure, Naturwissenchaftler und Mathematiker altersbedingt aus dem Befsleben ausscheiden. Umso wichtiger ist es auch für ie Freien Berufe, die Fachkräftebasis zu verbreitern. ie Potenziale sind da. Neben den Jugendlichen sind das or allem die Frauen, Migranten und Älteren. Da liegen ie Chancen. Da müssen wir ansetzen. Beispiel Frauen. Der Anteil der weiblichen Auszubilenden liegt in den meisten freiberuflichen Ausbildungserufen bei 95 Prozent. Insgesamt ist in fast allen Freien erufen eine Zunahme des Frauenanteils bei Selbststänigen zu verzeichnen. Wir brauchen also dringend, gede auch für diesen Bereich, eine bessere Vereinbarkeit on Familie und Beruf und familienfreundliche Arbeitsedingungen. uch hier geht das von Ihnen beschlossene Betreuungseld, meine Damen und Herren von der Koalition, in die bsolut falsche Richtung. Mit diesem Geld könnte man irklich Sinnvolleres machen. Statt Geld dafür auszugeen, dass Frauen zu Hause bleiben, sollten Sie es lieber die Tagesbetreuung investieren, damit Frauen eine hance haben, sich freiberuflich zu entfalten. Unter dem Punkt „Bildungschancen für alle von Anng an“ steht im Bericht der Bundesregierung: Bund und Länder streben das Ziel der Halbierung der Quote der Schulabgänger ohne Abschluss bis zum Jahr 2015 an. Andrea Wicklein )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )

Aber wie? Das steht da nicht, übrigens auch nicht in dem
Antrag der Koalitionsfraktionen. Unterstützen Sie uns
dabei, das unsägliche Kooperationsverbot abzuschaffen.
Wir wollen, dass der Bund mehr in Bildung investieren
kann. Stimmen Sie der notwendigen Grundgesetzände-
rung zu, damit der Bund bei der Bildung endlich mehr
helfen kann. Wir haben bereits Anfang 2012 einen ent-
sprechenden Antrag eingebracht. Aber diesen lehnen Sie
bis heute ab.

Beispiel Migranten. Laut einer Studie der OECD liegt
die Zuwanderung von Fachkräften in Deutschland deut-
lich unter dem Niveau vergleichbarer europäischer
Nachbarstaaten. Mit der verbesserten Anerkennung aus-
ländischer Berufsqualifikationen ist ein erster wichtiger
Schritt getan. Aber das reicht noch nicht aus. In meinen
Gesprächen mit selbstständigen Unternehmerinnen und
Unternehmern wird eines immer deutlicher: Deutschland
braucht eine bessere Willkommenskultur. Damit meine
ich nicht nur die gesellschaftliche Akzeptanz ausländi-
scher Fachkräfte. Wir haben die Situation, dass viele
Verwaltungen in weiten Teilen auf Migranten nicht vor-
bereitet sind. Die wichtigsten Formulare stehen nicht in
Englisch zur Verfügung. Zum Beispiel könnte die Ein-
richtung eines Lotsendienstes für die Migranten sehr
hilfreich sein. In der alltäglichen Erfahrung der Migran-
ten gibt es jedenfalls noch viele Hürden, die nur mit den
Ländern und Kommunen in einer gemeinsamen Initia-
tive abgebaut werden können. Auch in diesem Punkt
wünsche ich mir ein entschlosseneres Handeln der Bun-
desregierung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Beispiel Ältere. Viele Unternehmerinnen und Unter-
nehmer haben die Potenziale älterer Beschäftigter längst
erkannt und eigene Initiativen gestartet. Weiterbildung
und Qualifizierung bleiben Voraussetzung für die Be-
schäftigung von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmern. Auch deshalb werden wir von der SPD die Ar-
beitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung
weiterentwickeln. Mit ihr wird berufsbegleitende Bera-
tung und Qualifizierung – auch von Beschäftigten – er-
möglicht.

All diese Maßnahmen würden auch der Fachkräftesi-
cherung der Freien Berufe zugutekommen.

Ein weiteres Thema ist die soziale Lage von Freibe-
ruflern. Dazu gibt der Bericht herzlich wenig her. Die
Freiheit, die sich in dem Begriff „Freie Berufe“ wieder-
findet, bietet auf der einen Seite große Möglichkeiten,
Möglichkeiten der persönlichen Entfaltung und der un-
ternehmerischen Freiheit. Auf der anderen Seite bringt
diese Freiheit Risiken mit sich, vor allem wenn es um
die soziale Absicherung geht. Nicht alle Freiberufler ha-
ben sich aus freien Stücken für ihren Status entschieden.
Viele wurden in die Freiberuflichkeit gedrängt. „Trotz
Traumjob an der Armutsgrenze“, so titelte vor einiger
Zeit der Berliner Tagesspiegel und beschrieb exempla-
risch die Situation eines freiberuflichen Journalisten, der
monatlich circa 1 000 Euro verdiente, und zwar brutto;
das ist kein Einzelfall. Rücklagen für das Alter sind da
einfach nicht drin.

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(C (D Die Studie des Instituts für Freie Berufe in Nürnberg eist darauf hin, dass es eine „nicht zu vernachlässiende Menge an Selbstständigen in Freien Berufen gibt, ie bei der Altersvorsorge Defizite aufweisen“. Auch im ericht der Bundesregierung wird zu Recht darauf hinewiesen, dass es eine der zentralen Herausforderungen er nächsten Jahre sein wird, Konzepte zur Alterssicheng für Selbstständige zu entwickeln. Da gebe ich Ih en ausdrücklich recht. Aber wo sind solche Konzepte? ie hatten vier Jahre Zeit, einen Vorschlag vorzulegen. nser Vorschlag dazu ist, Selbstständige ohne eine obliatorische Altersvorsorge in die gesetzliche Rentenvericherung einzubeziehen. Das würde das Armutsrisiko Alter effektiv reduzieren. Die gesetzliche Rentenvericherung würde darüber hinaus den Wechsel zwischen elbstständigkeit und Angestelltenverhältnis abdecken. In Ihrem Antrag fordern Sie die Bundesregierung zu echt dazu auf, die längst überfällige Leistungsreform er Unfallversicherung in Angriff zu nehmen. Aber auch u diesem wichtigen Punkt fehlt nach wie vor ein konreter Vorschlag. Meine Damen und Herren, es gibt viel zu tun. Sie hatn vier Jahre Zeit, der von Ihnen zu Recht festgestellten Bedeutung der Freien Berufe in der modernen Dienstistungsgesellschaft“ Rechnung zu tragen. Der von Ihen vorgelegte Antrag wird dieser Bedeutung beim besn Willen nicht gerecht. Er bleibt vage. Er bleibt in einem Forderungsteil unambitioniert. Wir hatten Sie in unserer Großen Anfrage zum Mitteltand gefragt: Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um Freiberuflichkeit als Form der Arbeitsund Lebenszeitgestaltung in Deutschland zu fördern und Freiberufler zu unterstützen? Welche Ergebnisse wurden bisher erzielt …? Ihre Antwort lautete: „Spezielle Programme zur Förerung freiberuflicher Tätigkeiten bestehen nicht.“ Dait ist alles gesagt. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich wünsche Ihnen, Herr Staatssekretär Otto, eine ute Zeit nach Ihrem parlamentarischen Leben. Alles ute! Das Wort hat nun Kai Wegner für die CDU/CSU raktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die deutsche irtschaft ist in den vergangenen Jahren dynamisch geachsen. Wertschöpfung und Erwerbstätigkeit lagen in er deutschen Geschichte noch nie so hoch wie heute. n dieser positiven Entwicklung haben die Freien Be Kai Wegner )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724401800

(Beifall bei der CDU/CSU)

Kai Wegner (CDU):
Rede ID: ID1724401900




(A) )

rufe einen ganz maßgeblichen Anteil. Egal ob als Arzt
oder Ingenieur, als Architektin oder Schauspieler, als Ta-
gesmutter oder Rechtsanwältin – die Freien Berufe stel-
len eine wichtige und in ihrer Bedeutung weiter wach-
sende Säule unserer sozialen Marktwirtschaft dar.

Herr Staatssekretär Otto und auch Frau Wicklein ha-
ben die beeindruckenden Zahlen genannt, deswegen will
ich sie nicht wiederholen. Diese Zahlen zeigen eindeu-
tig: Ohne die Freien Berufe wäre unser Land ärmer.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wenn es die Freien Berufe nicht schon gäbe, dann
müsste man sie erfinden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lassen Sie mich an dieser Stelle – gerade aufgrund
der beeindruckenden Beschäftigungszahlen, gerade auf-
grund der beeindruckenden Zahlen der Ausbildungs-
plätze, die die Freien Berufe zur Verfügung stellen und
damit vor allem jungen Menschen eine Zukunftschance
geben – ein ganz herzliches Dankeschön an die Freibe-
rufler richten, die das ermöglichen. Herzlichen Dank!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die Freien Berufe stehen für Eigeninitiativen, stehen
für Leistungsbereitschaft und für gesellschaftliche Ver-
antwortung. Sie stehen für die Kultur des Unternehmer-
tums. Die Freien Berufe verkörpern in besonderer Weise
die Ideale des selbstständigen Mittelstandes.

Liebe Frau Wicklein, Sie haben gesagt, es gebe viel
zu tun. In der Tat, es gibt immer viel zu tun, aber ich rufe
Ihnen zu: Wir haben die letzten vier Jahre in dieser
christlich-liberalen Koalition auch genutzt, um die Rah-
menbedingungen für die Freien Berufe zu verbessern.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ein Beispiel, das wäre gut!)


Lassen Sie mich einige Punkte nennen, zum Beispiel
den besseren Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten au-
ßerhalb der Bankenfinanzierung über die Mittelstands-
förderung der KfW. Ich nenne Ihnen Steuerentlastung
und Steuervereinfachung, die wir für die Freien Berufe
umgesetzt haben. Ich nenne Ihnen ganz konkret Förder-
maßnahmen, ich nenne die Modernisierung des rechtli-
chen Rahmens für Freie Berufe.

Frau Wicklein, ein wichtiger Punkt, den wir auch gern
beraten, ist der Bürokratieabbau. Er ist für die Freien Be-
rufe wichtig. Wir hätten gestern gern über das Thema
Bürokratieabbau beraten. Im Antrag der SPD stand: Die
Bundesregierung wird beauftragt, das 25-Prozent-Netto-
ziel zu erreichen. Ich hätte es gestern gern schon gesagt:
Wenn Sie sich den aktuellen Bericht der Bundesregie-
rung anschauen, werden Sie sehen, dass wir das erreicht
haben.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht im Saldo!)


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(C (D Mission erfüllt! Das 25-Prozent-Ziel beim Bürokraeabbau ist erreicht. (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht! Nicht im Saldo!)


Davon profitieren auch der Mittelstand und die Freien
erufe.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben viele Vereinfachungen umgesetzt: bei der
inanz- und Lohnbuchhaltung, Fortschritte beim
-Government, die Einführung der E-Bilanz, die elek-
onische Rechnung. Dies sind nur einige Beispiele, die
h erwähnen will, durch die die Freien Berufe, aber

uch der Mittelstand erheblich profitieren. Nun können
ie Freiberufler, statt über komplizierte und zeitaufwen-
ige Verfahren zu brüten, endlich wieder ihrer Kernauf-
abe nachkommen, nämlich Vertrauensdienstleistungen
r die Menschen in unserem Land auf vielfältigste
eise zu erbringen. Das ist sehr viel wichtiger, als über
ürokratie zu brüten.

Einen Punkt will ich in diesem Zusammenhang auch
ennen, da wir gestern darüber nicht mehr gesprochen
aben. Auch beim Bürokratieabbau warten noch viele
ufgaben auf uns. Ich will hier nicht lange auf den Er-
llungsaufwand eingehen, aber lassen Sie mich Folgen-

es ansprechen: Ich wünsche mir, dass es alle mit der
eduzierung der Aufbewahrungsfristen ernst meinen.
ittlerweile diskutieren wir seit vielen Jahren in diesem
aus über diesen Punkt. Sie, die SPD, haben die Verkür-

ung der Aufbewahrungsfristen im Bundestag und Bun-
esrat abgelehnt. Ihr Kanzlerkandidat Peer Steinbrück
at noch im März erklärt, er sei für die Verkürzung der
ufbewahrungsfristen. Selbst nachdem Herr Steinbrück
ies im März gesagt hat, haben Sie dies sowohl im Bun-
estag als auch im Bundesrat abgelehnt. Sagen Sie den
enschen, was Sie wollen. Unterstützen Sie Peer

teinbrück bezüglich der Verkürzung der Aufbewah-
ngsfristen, oder blockieren Sie in diesem Bereich wei-
r? Setzen Sie durch, dass die Unternehmen mit
,5 Milliarden Euro entlastet werden. Führen Sie Ihren
anzlerkandidaten nicht am Nasenring durch die politi-

che Arena. Setzen Sie mit uns die Verkürzung der Auf-
ewahrungsfristen endlich um: für die Freien Berufe, für
en Mittelstand und für die Menschen in unserem Land.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


err Steinbrück wollte Beinfreiheit, und nun ist er gefes-
elt im links-grünen Steuererhöhungskorsett.


(Zuruf des Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD])


Ja, Herr Heil. – Wenn ich mir Ihre Steuererhöhungs-
läne anschaue, wird mir angst und bange. Sie haben
aß und Mitte verloren. Sie sind weit nach links ge-
ckt. Ihre Pläne gefährden Arbeitsplätze in Deutsch-
nd, gefährden die positive Entwicklung der Freien Be-
fe, gefährden das Erfolgsmodell der Freien Berufe.
eshalb dürfen Sie nach dem 22. September nicht in die
erantwortung.





Kai Wegner


(A) )


)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das entscheiden die Wähler!)


Ja, nicht selten stehen Sie auch in großer Eintracht mit
den Linken. SPD, Grüne und Linkspartei wollen gerade
im Bereich der Freien Berufe bei der Gewerbesteuer
Hand anlegen.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: So ist das!)


Diese Koalition weiß, dass die Freiberufler unerlässliche
Leistungen der Daseinsvorsorge erbringen. Als Vertrau-
ensberufe übernehmen sie besondere Gemeinwohlaufga-
ben. Sie stehen beispielhaft für wohnortnahe Versor-
gung, leisten Not- und Nachtdienste. Wir werden als
christlich-liberale Koalition nicht zulassen, dass sich die
Freien Berufe zukünftig nach Plänen von Rot-Grün und
Rot der Gewerbesteuer unterwerfen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir stehen an der Seite der Freien Berufe.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht an der Seite der Kommunen!)


Deshalb können sich die Freiberufler auf diese Koali-
tion verlassen. Wir stehen zu den Strukturen der Selbst-
verwaltung und den qualitätssicheren Berufsrechten;
denn das System mit seinem Miteinander von Berufs-
kammern und Berufsverbänden hat sich bewährt. Die
Aufgabe der beruflichen Selbstverwaltung wird durch
die betroffenen Berufe sach- und praxisnah wahrgenom-
men. Das ist schlank. Das ist effizient. Das ist die beste
Lösung für Qualitätssicherung, für Verbraucherschutz
und für die berufliche Ausbildung.

Seitens der europäischen Institutionen wird das Sys-
tem der Selbstverwaltung regelmäßig hinterfragt. Lassen
Sie mich deshalb auch hier ganz klar sagen: Wir werden
nicht zulassen, dass das Erfolgsmodell der Selbstverwal-
tung durch eine bürokratische Behördenlösung gefährdet
wird. Wir treten dafür ein, den freiberuflichen Rechts-
rahmen in Deutschland und in Europa zu sichern. Die
Freien Berufe sind das Scharnier zwischen Bürger und
Staat und eine der tragenden Säulen – der Staatssekretär
hat es gesagt – unserer sozialen Marktwirtschaft.

Die Koalition bekennt sich uneingeschränkt zu den
Freien Berufen. Wir haben die Rahmenbedingungen für
freiberuflich Tätige in den letzten Jahren konsequent ver-
bessert. Wir werden das auch in Zukunft tun. Die Freibe-
rufler können sich darauf verlassen, dass die christlich-li-
berale Koalition auch nach dem 22. September 2013 die
Erfolgsgeschichte der Freien Berufe in unserem Land
fortschreiben wird.


(Ingo Egloff [SPD]: Dazu brauchen Sie erst mal eine Mehrheit!)


Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Das Wort hat nun Sabine Leidig für die Fraktion Die inke. Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und ollegen! Wenn wir über Freiberufler sprechen, dann prechen wir über einen ganzen Katalog von Berufen, ie wenig gemeinsam haben, außer dass sie nicht der ewerbeordnung unterliegen. Das sind zum Beispiel irtschaftsprüfer, Steuerberater, hauptberufliche Sach erständige und Berater, Anwälte, Notare, Ingenieure, rchitekten, Ärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten, ebammen, Wissenschaftler, Journalisten, Übersetzer, ünstler, Lehrer und Erzieher. (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ich glaub, ich weiß noch einen!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724402000

(Beifall bei der LINKEN)

Sabine Leidig (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724402100

o verschieden sie sind, so verschieden ist auch ihre so-
iale Lage, und so verschieden sind die politische Be-
eutung und der Gestaltungsbedarf.

Der Anlass für diese Debatte ist der Bericht der Bun-
esregierung zur Lage der Freien Berufe. Über die sozia-
n Unterschiede ist dort wenig zu lesen. Wir wissen al-
rdings, dass die Zahl der Selbstständigen unter den
reiberuflern seit dem Jahr 2000 von 700 000 auf fast
,2 Millionen angewachsen ist. Wir wissen auch, dass
ie größte Gruppe davon – dazu gehören fast 300 000
enschen – in freien Kulturberufen arbeitet. Das ist ei-

erseits sehr schön, weil es viel Selbstverwirklichung er-
öglicht und unsere Gesellschaft klüger, reicher und le-

enswerter macht.

Leider finden sich gerade die freien Kulturberufe am
nteren Ende der Einkünfteskala. Freie Journalisten und
ressefotografen zum Beispiel kommen im Schnitt auf
in jährliches Einkommen in Höhe von 19 000 Euro.
as sind gerade einmal 1 580 Euro im Monat. Überset-

er und Dolmetscher kommen auf 18 000 Euro im Jahr.
enschen in künstlerischen Berufen kommen auf

6 000 Euro im Jahr; das gilt übrigens auch für die Heil-
raktiker. Freiberufliche Lehrer kommen im Schnitt auf
ar nur magere 15 000 Euro. Das sind rund 1 250 Euro

Monat für einen Beruf, der für die Entwicklung von
indern und Jugendlichen so bedeutsam ist.

Wie soll bei solchen Einkünften für das Alter oder für
en Krankheitsfall vorgesorgt werden? Wie soll zum
eispiel für Weiterbildung gespart werden? Wer kann so
anz ohne Polster eine Familie gründen und eine gute
ebensperspektive entwickeln? Solche prekären Be-
chäftigungs- und Einkommensverhältnisse sind nicht
kzeptabel, weder für die vielen abhängig Beschäftigten
it Niedriglöhnen und befristeten Jobs noch für die frei-

eruflich Selbstständigen.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist nicht so, dass alle freiwillig und leichten Her-
ens in die Selbstständigkeit gegangen sind. Bei der au-
erschulischen Bildung zum Beispiel sind unheimlich
iele Stellen abgebaut und durch freie Mitarbeiter ersetzt





Sabine Leidig


(A) )


)(B)

worden. Bei Zeitungen, Rundfunk oder Privatsendern
sind viele Stellen outgesourct worden, die früher feste
Beschäftigungsverhältnisse waren. Jetzt werden Freibe-
rufler kostensparend für einzelne Aufträge eingekauft.
Es gibt in diesem Bereich aber noch nicht einmal feste
Honorarsätze.

Die Bundesregierung spricht in ihrem Bericht davon,
dass die Freien Berufe Wachstumsmotor der sozialen
Marktwirtschaft seien. Was ist denn daran sozial? Der
Unterbietungswettbewerb ist vorprogrammiert, weil die
Unternehmen vor allem gegenüber den freien Kreativen,
deren Existenz nicht gesichert ist, allemal am längeren
Hebel sitzen. Sie lassen diese Leute hängen. Dabei ma-
chen die großen Unternehmen in der IT- und Werbein-
dustrie sehr viel Gewinn, und zwar auf dem Boden, der
mit den Ideen und den Experimenten der freien Kreati-
ven bereitet wurde. Sorgen Sie dafür, dass diese Kon-
zerne sich nicht mehr ihrer Steuerpflicht entziehen kön-
nen! Dann wäre schon sehr viel für mehr Gerechtigkeit
gewonnen.


(Beifall bei der LINKEN)


Sorgen Sie für ein Urheberrecht, das die Kreativen,
die Schöpferischen, gegen die Enteignung durch die In-
ternetkonzerne schützt und nicht die Internetnutzer gän-
gelt.

Wenn Sie mit den Selbstständigen, die nicht gut ver-
dienen, reden, dann stellen Sie fest: Ihre größte Sorge ist,
dass sie keine soziale Absicherung im Alter oder für den
Fall, dass sie irgendwann nicht mehr fit sind, haben. Das
muss sich ändern. Ihnen ist dieses Thema gerade mal
eine halbe Seite wert.

Dann schreiben Sie auch noch, dass viele Freiberufler
auf eine Alterssicherung verzichten, und werfen ihnen
vor, dass sie nachher der Gemeinschaft sozusagen zur
Last fallen. Noch einmal in aller Deutlichkeit: Diese
Menschen verzichten nicht auf eine Alterssicherung; sie
können sie sich schlicht nicht leisten. Die Linke hat des-
halb die solidarische Bürgerversicherung auf die Tages-
ordnung gesetzt. Es ist sehr gut, dass dieses Konzept in-
zwischen von vielen Akteuren in verschiedener Weise
aufgegriffen wird. Es wäre wirklich eine vernünftige Al-
ternative.


(Beifall bei der LINKEN)


Alle Erwerbstätigen, ob selbstständig oder fest ange-
stellt, würden einkommensabhängig Beiträge einzahlen.

Für diejenigen, die das Mindesteinkommen nicht er-
reichen, muss steuerfinanzierte Sicherheit hergestellt
werden. Durch eine solche Einbeziehung würden die
Selbstständigen Zugang zum kompletten Leistungspaket
der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung erhalten.

Wir wollen außerdem eine armutsfeste und sanktions-
freie Mindestsicherung, ein Grundeinkommen, das das
unwürdige Verarmungsprogramm ersetzt, das heute mit
Hartz IV verbunden ist und auch die Selbstständigen
trifft.

Einstweilen muss allerdings die Künstlersozialkasse
stabilisiert werden, die derzeit für viele die einzig finan-

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(C (D ierbare Versicherung darstellt. Der Bundeszuschuss üsste zumindest von 20 auf 25 Prozent erhöht werden, amit das System nicht kollabiert. Ein weiterer Problemfall müsste sofort gelöst werden: ie sogenannten Selbstständigen müssen Zugang zur ge etzlichen Krankenversicherung erhalten, und zwar unr allen Umständen, weil viele schlicht von den Bedinungen der privaten Krankenversicherungen überfordert ind. Zu diesen Problembereichen ist in Ihrem Bericht ichts zu lesen. Stattdessen lassen Sie sich lang und breit ber die Verbesserungen für Anwälte, Steuerberater oder irtschaftsprüfer aus. Genau diese Gruppen sitzen aber hnehin am reich gedeckten Tisch, manchmal sogar am abinettstisch. Ich erinnere an das wirklich lesenswerte uch Die Berater von Werner Rügemer, das inzwischen ergriffen ist. Darin stellt er dar, wie ein Netzwerk hochotierter Berater auf sämtlichen Ebenen der öffentlichen and agiert und Privatisierungskonzepte verbrät. (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Es geht doch nichts über ein gut gepflegtes Klischee, oder?)


(Beifall bei der LINKEN)


as könnten wir uns sparen.

Stattdessen könnten wir diejenigen unterstützen, die
um guten Leben der ganzen Gesellschaft beitragen,


(Beifall bei der LINKEN)


um Beispiel die Hebammen. Ich erinnere daran, dass
011 ein großer Aufschrei durch die Presse ging, als die
ebammen mit tollen Aktionen auf ihre wirklich prekäre
ituation aufmerksam gemacht haben. Diejenigen, die
5 Stunden in der Woche arbeiten, bekommen 33 000 Euro

Jahr, und sie müssen in ihrem Beruf sehr hohe Haft-
flichtversicherungsbeiträge zahlen. Da fehlen nach wie
or die Lösungen. Sorgen Sie dafür, dass Honorare und
ehälter in dem Bereich auf einem Niveau sind, das der
ohen Verantwortung entspricht; das ist unser Vorschlag.

Ansonsten verlangen wir, dass soziale Sicherheit und
erechte Einkommen für alle garantiert werden, so wie
s das Sozialstaatsgebot in unserem Grundgesetz vor-
ieht.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724402200

Das Wort hat nun Kerstin Andreae für die Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724402300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

laube, uns allen ist bewusst, was wir an den Freien Be-
fen haben und welche Aufgaben und Potenziale hier

egen. Deswegen wäre es interessant gewesen, zu lesen,
ie die Situation dieses Mal im Bericht analysiert wird
nd welche Perspektiven der Antrag der Koalition be-
ennt. Aber da wird wirklich mit Allgemeinplätzen gear-





Kerstin Andreae


(A) )


)(B)

beitet und ein wolkenweiches Bild gezeichnet. Wir hät-
ten von diesem Bericht mehr erwartet, im Übrigen auch
vom Antrag der Koalition. Sie schreiben im Antrag unter
dem ersten Spiegelstrich:

Der Deutsche Bundestag begrüßt:

– die Unterstützung durch die Bundesregierung für
freiberufliche Tätigkeiten in ihrer gesamten Band-
breite durch das Setzen effektiver Rahmenbedin-
gungen.

Herr Wegner, Sie haben schon versucht, das eine oder
andere darzustellen; aber gehen wir doch einmal ins
Konkrete: Was haben Sie gemacht? Sie haben den Grün-
dungszuschuss abgeschafft. Der Gründungszuschuss bot
ganz vielen, vor allem jungen Leuten, eine Riesen-
chance. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr
2000, als viele Unternehmen in die Insolvenz gehen
mussten, haben sich die jungen Leute, die Programmie-
rer, ein Herz gefasst und sind in die Selbstständigkeit ge-
gangen, als Webdesigner, als Konzepter, als Program-
mierer. Geholfen hat ihnen der Gründungszuschuss, weil
sie so sechs Monate lang den Rücken frei hatten, weil sie
nicht mit Aushilfsjobs versuchen mussten, irgendwie
über die Runden zu kommen. Der Gründungszuschuss
war eines der erfolgreichsten Projekte, die wir je hatten,
aber Sie haben ihn abgeschafft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Was ist das Ergebnis? Im Jahr 2012 – zugegebener-
maßen in einer wirtschaftlich schwierigeren Phase, die
aber lange nicht so schwierig wie 2009, 2010 oder 2011
war – haben deutlich weniger Menschen eine Firma ge-
gründet. Die OECD bescheinigt uns: Deutschland fällt
bei der Gründungsdynamik zurück. Wir werden deshalb
den Gründungszuschuss wieder aufstocken und den Be-
reich Gründungsförderung ausbauen, weil dies für die
jungen Menschen in unserem Land dringend notwendig
ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Programmierer, aber auch Steuerberater und Archi-
tekten brauchen den Breitbandausbau. Er ist notwendig;
denn wie wollen Sie als Architekt, als Programmierer
vor Ort große Datenmengen transportieren, wenn Sie
keinen vernünftigen Breitbandanschluss haben? Wie
wollen Sie sich denn unter solchen Umständen ansie-
deln? Das funktioniert nicht.

Der Wirtschaftsminister hat sich nicht um den Ausbau
der digitalen Infrastruktur in unserem Land gekümmert.


(Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär: Na, na, na!)


Er hat immer gesagt: Der Markt regelt schon den schnel-
len Internetzugang für alle. – Aber diese Situation ist
nicht eingetreten. Wir sagen: Jeder Haushalt braucht eine
gesetzlich garantierte Basisversorgung mit einem Breit-
bandinternetanschluss.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


s geht doch nicht, dass man von Buxtehude bis ins Al-
envorland teilweise noch im Modemzeitalter lebt. So
nktioniert das nicht mit Ansiedelung und Gründung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir wissen: Die Freien Berufe sind nicht einfach nur
in Wirtschaftszweig, sondern es sind Berufe, die eine
esondere gesellschaftliche Aufgabe haben. Genau dies
ätte die Bundesregierung in ihrem Bericht analysieren
üssen. Der Bericht ist eine Lobhudelei auf das Wirt-

chaftsministerium. Er ist das Papier nicht wert. Sie
üssen die Situation ein bisschen genauer betrachten.

Nehmen wir die Energiewende. Sie wird vor Ort ent-
chieden. Es ist wichtig, dass wir Experten haben, die den
esamten Lebenszyklus eines Projektes überwachen und
erechnen. Herr Wegner, Sie haben von Vertrauens-
ienstleistungen gesprochen. Genau darum geht es: Diese
ersonen müssen unabhängig sein, man muss sich auf sie
erlassen können, sie müssen Fachkenntnis haben.

Es ist schon verwunderlich, dass ausgerechnet die
eile der HOAI für Architekten und Ingenieure, über die
erade diskutiert und im Bundesrat abgestimmt wird und
ie von besonderer Umweltrelevanz sind, unverbindlich
leiben: Bodenerkundung, Bodensanierung, Gebäude-
chnik und alles, was mit Energieeinsparung zu tun hat.
erade in diesem Bereich, der so viel Zukunft hat, wäre

s doch sinnvoll gewesen, für die jungen Ingenieure Pla-
ungssicherheit und für die Verbraucher Kostensicher-
eit zu bieten, sodass jeder weiß, woran er ist. Nein, an
ieser Stelle haben Sie nichts gemacht. Sie sind unver-
indlich geblieben, und das war ein ganz großer Fehler.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär: Europa zwingt uns!)


Nein.

Jetzt kommen wir noch zu den Hebammen. Frau
eidig, ich bin froh, dass Sie das Thema angesprochen
aben. Wir erinnern uns vielleicht – oder vielleicht auch
icht –: Jeder von uns hat einmal mindestens eine ge-
raucht. Wir haben den Gesundheitsminister zum Jagen
agen müssen, damit es überhaupt einen Bericht über
ie Einkommenssituation und das Tätigkeitsfeld der
ebammen gibt. Schon diesen Bericht wollte er nicht in
uftrag geben.

Die Hebammen haben enorme Probleme mit den ho-
en Prämien für die Berufshaftpflichtversicherung.


(Rita Pawelski [CDU/CSU]: Ja, das stimmt!)


ie haben die Einkommenszahlen genannt. Die Hebam-
en sagen: Wir können unserem Job gar nicht mehr

achgehen. – Was sagt die Bundesregierung? Sie sagt:
ei der Berufshaftpflicht für Hebammen ist alles in Ord-
ung, es besteht kein Regelungsbedarf.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich! So ist es!)






Kerstin Andreae


(A) )


)(B)

Ich sage Ihnen: Wenn Männer diese Jobs machen wür-
den, dann hätten Sie schneller gehandelt, als Sie es jetzt
getan haben. Hier müssen wir etwas verändern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: So ein Schmarrn! – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Auf was Sie so alles kommen! Darauf muss man erst einmal kommen!)


– Ja, darauf muss man erst einmal kommen. Darauf muss
man auch eine Antwort haben.

Herr Otto, Sie haben die Kulturpolitik angesprochen.
Große, etablierte Institutionen wurden mit horrenden
Summen bedient. Repräsentative Häuser – Bayreuth,
Staatsoper Berlin, Humboldt-Forum, Elbphilharmonie –
verschlingen Millionen, aber Freiberufler – Sie haben da-
rauf hingewiesen, wie viele im kulturellen Sektor tätig
sind – müssen sich durch Stapel von Anträgen durchar-
beiten und jeden Bleistiftkauf begründen.

Diejenigen von uns, die in Kommunalparlamenten tä-
tig waren, wissen, dass viele kleine Kulturschaffende um
jeden Euro Zuschuss kämpfen, damit sie ihr wichtiges
Kulturangebot auf die Beine stellen können.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Umweltauflagen!)


Die große Mehrheit der Kulturschaffenden sind die Ver-
lierer Ihrer Repräsentationspolitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Sie Freie Berufe einmal umfassend betrachten
würden statt nur die klassischen Ingenieurberufe, dann
wäre es aber auch notwendig, sich stärker auf die Situa-
tion dieser Berufe einzulassen und auch einmal darüber
nachzudenken, ob man nicht auch jungen Leuten Per-
spektiven bieten kann.

Herr Wegener, Sie haben die kommunale Wirtschafts-
steuer angesprochen und gesagt, SPD, Grüne und Linke
wollten die Freiberufler in die Gewerbesteuer einbezie-
hen. Das ist richtig. Das ist ein Konzept, das im Übrigen
nicht nur wir haben, sondern das auch der Deutsche
Städtetag hat und das auch Ihre Oberbürgermeister ha-
ben, Stadt für Stadt, Gemeinde für Gemeinde. Das ist ein
Konzept, das Ihre Gemeinderäte vor Ort haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie sind doch total alleine in der Position, dass die
Freiberufler von der Gewerbesteuer ausgenommen wer-
den müssen. Ich bin völlig einverstanden damit, dass wir
über Anrechnungen sprechen und überlegen, wie man
Gewerbesteuer und Einkommensteuer miteinander ver-
rechnen kann.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Nein! Sie haben Beschlüsse! Sie haben knallharte Beschlüsse! Also diskutiert bitte nicht mehr! Ja oder Nein?)


Das ist im Übrigen etwas, das Rot-Grün gemacht hat.

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(C (D Aber hören Sie auf, hier diesen Kampf gegen Windühlen bzw. den Kampf gegen die Kommunen zu fühn, und legen Sie ein Konzept vor, das Ihre Leute vor rt wollen. Dies wäre eben eine kommunale Wirt chaftssteuer. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS SES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724402400

Sie müssen zum Schluss kommen, bitte.


Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724402500

Ich komme zum Schluss. – Es ist ziemlich klar, was

iese Koalition in vier Jahren gegen die Freien Berufe
emacht hat. Mir ist immer noch ein bisschen unklar,
as sie für die Freien Berufe gemacht hat.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist doch nicht Ihr Ernst! Frau Andreae, das ist unter Ihrem Niveau! – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Wo waren Sie denn in vier guten Jahren?)


ie Lektüre des Berichts hilft dabei im Übrigen nicht
eiter.
Ich möchte meine Rede aber auch damit beenden,

ich bei Herrn Otto zu bedanken. Wir hatten konstruk-
ve Auseinandersetzungen, hart in der Sache, aber immer
ehr freundlich. Ich danke Ihnen für unsere Zusammenar-
eit. Ich wünsche Ihnen alles Gute für Ihre Zukunft.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724402600

Das Wort hat nun Martin Lindner für die FDP-Frak-

on.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Martin Lindner (FDP):
Rede ID: ID1724402700

Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Ich

laube, Herr Staatssekretär Otto hat sehr eindrücklich
argestellt, was diese Koalition und die Bundesregie-
ng in den letzten vier Jahren für die Freiberufler ge-
acht haben,


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit den Hebammen?)


on verschiedenen Existenzgründermaßnahmen bis zum
ürokratieabbau und dem Versuch, in der einen oder an-
eren Frage zu einer vernünftigen Anpassung der Ge-
ühren zu kommen.

Aber ich glaube, an dieser Stelle ist es an der Zeit, zu
agen, was die Freien Berufe von der Opposition zu er-
arten hatten und haben. Sie blockieren im Bundesrat
nsere Initiative, die Aufbewahrungsfristen deutlich ab-
usenken.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Unverständlich!)






Dr. Martin Lindner (Berlin)



(A) )


)(B)

Gerade das wäre für viele Freiberufler eine wirklich
wichtige Maßnahme zum Bürokratieabbau, um ihren La-
geraufwand zu reduzieren.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Sie blockieren gerade im Bundesrat die Gebührener-
höhung für die Rechtsanwälte, die längst überfällig ist.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Mindestlohn für Rechtsanwälte!)


Sie haben uns vorhin vorgehalten, dass wir das Ko-
operationsverbot nicht lockern. Sie blockieren es doch
gerade im Bundesrat da, wo wir es abschaffen wollen,
nämlich im Bereich der Forschung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie möchten für die Freien Berufe die Gewerbesteuer
einführen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Jawohl!)


Die SPD hat das in dieser Legislaturperiode in ihrem
Antrag auf Drucksache 17/3996 gefordert, und auch der
Spitzenkandidat der SPD bei der Landtagswahl in Bay-
ern, Ude, hat das in der Welt deutlich gemacht.

Sie von der SPD haben, als ich noch im Abgeordneten-
haus war, das Versorgungswerk für Psychotherapeuten
blockiert. Und Sie möchten mit einer Vermögensteuer
denjenigen, den Freiberuflern und Gewerbetreibenden,
die selbst für ihre Existenz vorsorgen müssen,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Den Einzelhändlern!)


jede Maßnahme für eine vernünftige Altersvorsorge
wegnehmen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Eine Sauerei ist das! – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Altersvorsorge kann abgezogen werden!)


Ich rechne Ihnen das einmal vor, weil das sonst im-
mer wolkig bleibt: Ein Richter am Oberlandesgericht,
verheiratet, zwei Kinder, der in Pension geht, erhält zur-
zeit eine Pension in Höhe von 4 991 Euro, also rund
5 000 Euro – die gönne ich ihm von Herzen –, und zwar
aus der Besoldungsstufe R 2. Das heißt, er ist einmal be-
fördert worden; er liegt nicht im Spitzenbereich.

Das sind 60 000 Euro im Jahr an Pension. Um als
Freiberufler, beispielsweise als Rechtsanwalt, auf ver-
gleichbare Weise leben zu können, braucht man bei einer
Verzinsung von derzeit, vorsichtig geschätzt, 2,5 Prozent
einen Vermögensstamm von 2,5 Millionen Euro. Ist Ih-
nen das – bei Ihren Vermögensteuer- und Vermögensab-
gabeplänen – eigentlich bewusst? Jetzt sagen die Grü-
nen, es gebe einen Freibetrag von 1 Million Euro. Dieser
Freibetrag aber wird um jeden Euro verringert, der diese
1 Million Euro übersteigt.


(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D as heißt, bei einem Vermögensstamm von 2,5 Millioen Euro haben die Freiberufler bei Ihnen null Freibeag. Bei einer Vermögensabgabe von 0,5 Prozent nehen Sie ihnen also jedes Jahr 12 500 Euro von den 0 000 Euro weg – diese Summe erhält, wie gesagt, ein ichter am Oberlandesgericht bzw. Kammergericht, der Pension geht –, die sie haben müssten, um mit den ge annten Richtern gleichgestellt zu sein. Das sind über 0 Prozent dessen, was sie aus dem Vermögensstamm rwirtschaftet haben. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der ollegin Haßelmann? Selbstverständlich, gerne. Herr Lindner, ich möchte Ihnen durch meine Zwi chenfrage die Möglichkeit geben, wieder auf das hema zurückzukommen, nämlich die Lage der Freien erufe. Mich würde interessieren, was sowohl das Wirt chaftsals auch das Gesundheitsministerium, die beide noch! – in der Verantwortung der FDP liegen, (Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Noch lange!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724402800
Dr. Martin Lindner (FDP):
Rede ID: ID1724402900
Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724403000

r die Verbesserung der Lebenssituation und der beruf-
chen Situation – vor allem geht es dabei um die Proble-
atik der Versicherungssituation – der Hebammen getan

aben. Wir im Bundestag haben eine Petition dazu be-
ommen. Viele der Abgeordneten haben sich damit be-
chäftigt. Sie haben in Ihrer Regierungszeit nichts getan,
m die Situation der Hebammen zu verbessern. Das
eißt, überall müssen niedergelassene, selbstständig tä-
ge Hebammen ihre Tätigkeit aufgeben und in Kliniken
rbeiten. Das kann nicht in unser aller Interesse sein.

Dazu habe ich, weil wir über Freie Berufe reden, kon-
rete Fragen: Was haben Sie denn konkret getan? Oder
arum haben Sie nichts getan? Das würde mich interes-

ieren – und sicher viele Bürgerinnen und Bürger auch.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Der Redner kann entscheiden, worüber er redet!)



Dr. Martin Lindner (FDP):
Rede ID: ID1724403100

– Das ist mir völlig klar. Mir ist auch der Hintergrund

er Frage klar. – Es ist Ihnen von der Opposition einfach
nangenehm, wenn man Ihnen hier einmal Ihre eigenen
arteitagsbeschlüsse und Wahlprogramme vorhält.


(Beifall bei der FDP)


eshalb wollen Sie über Hebammen reden. Wir können
erne auch über die Hebammen reden.

Der Staatssekretär hat Ihnen sehr eindringlich vorge-
agen, was wir tun.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Wort!)






Dr. Martin Lindner (Berlin)



(A) )


)(B)

Ich will das aber gerne fortsetzen; die Gelegenheit haben
Sie mir ja gegeben. Wir haben beispielsweise mit dem
Programm „Gründercoaching Deutschland“ eine finan-
zielle Förderung für externe Beratungsleistungen und
Coachingmaßnahmen zur Verfügung gestellt.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das mit Hebammen zu tun?)


Mit der Initiative „Gründerland Deutschland“ stärkt die
Bundesregierung die Gründungskultur und gibt zusätzli-
che Impulse, um eine höhere Gründungsdynamik zu er-
reichen.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch nicht das Problem der Hebammen!)


Das ist ein Teil einer etwa zehnseitigen Ausarbeitung,
von der ein Stück bezüglich dessen vorgetragen wurde,
was wir getan haben. Ich bin in meiner Rede jetzt bei
dem, was die Freiberufler von Ihnen zu erwarten haben.
Außer Restriktionen und Steuern hat man nämlich von
Ihnen gar nichts zu erwarten; und das ist Ihnen unange-
nehm.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie tun immer so – genau deswegen habe ich Ihnen
das vorgerechnet –, als würde das, was Sie da beschlos-
sen haben, nur irgendwelche Multimillionäre angehen.
Tatsächlich geht es aber die Leute an, die selbstständig
gearbeitet, ihr Leben lang gebuckelt haben und nachts
nicht schlafen konnten, weil sie sich über ihre Kredite
Sorgen machen mussten. Die wollen Sie – was den Ver-
mögensstand angeht, den sie nach mehrfacher Versteue-
rung erwirtschaftet haben – schleichend enteignen. Das
ist doch der entscheidende Punkt vor der Bundestags-
wahl.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724403200

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.


Dr. Martin Lindner (FDP):
Rede ID: ID1724403300

Das führt mich zu dem Schluss, den Sie, Kollegin

Andreae, hier gezogen haben: Wir wissen alle, was wir
an den Freien Berufen haben. – Ja, und spätestens nach
Ihren Wahlparteitagen wissen die auch, was sie an Ihnen
haben und was sie an uns haben. Nur Masochisten unter
den Freiberuflern werden – das kann ich Ihnen sagen –
Rot-Rot oder -Grün wählen.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724403400

Das Wort hat nun Ingo Egloff für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Ingo Egloff (SPD):
Rede ID: ID1724403500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich hatte gehofft, dass wir hier eine sachliche
Debatte über dieses Thema führen können. Diese Hoff-
nung hatte ich insbesondere nach den Ausführungen von

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(C (D errn Staatssekretär Otto, dem ich auch für die Zukunft on hier aus noch einmal alles Gute wünschen und bei em ich mich für die Zusammenarbeit bedanken möchte. ie Rede von Herrn Lindner zeigt, dass hier einfach ahlkampf pur betrieben wird. (Widerspruch bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Ich will Ihnen, Herr Dr. Lindner, nur zwei Punkte sa-
en:

Erstens: Thema Gewerbesteuer. Es ist doch nicht ein-
usehen, warum ein Zahntechniker Gewerbesteuer zah-
n muss und ein Zahnarzt nicht. Das müssen Sie

chlicht und ergreifend einmal erklären. Die Kollegin
ndreae hat recht: Die Finanzlage der Kommunen hat

uch etwas mit dem Gewerbesteueraufkommen zu tun.
Übrigen gibt es im Bereich der Gewerbesteuer und

er Einkommensteuer Verrechnungsmöglichkeiten – das
issen Sie genauso gut wie ich –, die gerade den Freibe-
flern zugutekommen würden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Sie haben sich hier zur Altersversorgung
Zusammenhang mit der Vermögensteuer geäußert.

azu sage ich Ihnen aus eigener Anschauung: Ich habe
8 Jahre lang in die gesetzliche Rentenversicherung ein-
ezahlt. Dafür werde ich im Alter ungefähr 800 Euro
ekommen. Ich werde genauso lange in das Anwalts-
ersorgungswerk einzahlen. Dafür werde ich 1 600 Euro
ekommen. Man kann sich natürlich den Kopf darüber
erbrechen, warum die einen in dieser Art und Weise pri-
ilegiert sind und die anderen nicht. Ich glaube nicht,
ass der Anwalt an dieser Stelle das Problem ist.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Nein! Sie sind das Problem!)


as Problem ist vielmehr – Kollegen haben es hier ge-
agt –: Andere Freie Berufe im Bereich des Journalis-
us, der Kulturindustrie etc. veranlassen uns dazu, uns

ehr viele Gedanken über das Thema Altersversorgung
u machen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


a werden wir in der Zukunft noch eine Menge zu tun
aben.

Lassen Sie mich zu zwei weiteren Punkten kommen.
er eine ist die Frage der Rahmensetzung durch den
taat, der zweite ist die Frage Europa.

Rahmensetzung durch den Staat, Stichwort „Gebühren-
rdnung“ – es ist hier ebenfalls angesprochen worden –:
atürlich ist die Vergütung für den Anwalt, den
rchitekten, den Steuerberater von entscheidender Be-
eutung, einmal für die Berufsgruppe selber, damit sie
r Einkommen sichern kann, aber auch für den Verbrau-

her, der Sicherheit verlangt, damit er weiß, was er be-
ahlen muss. Es gibt ein angemessenes Spannungsver-
ältnis zwischen dem, was der Staat festlegt, und der
ozialen Aufgabe, die erfüllt werden muss.





Ingo Egloff


(A) )


)(B)

Das Problem ist nur, dass die Europäische Kommis-
sion genau an dieser Stelle ansetzt und die Gebührenord-
nung infrage stellt. Dazu sage ich sehr deutlich: Wir sind
aus Verbraucherschutzgesichtspunkten, aus Gründen der
Existenzsicherung der Freien Berufe, Anhänger dieser
Gebührenordnung. Wir sollten gemeinsam dafür sorgen,
dass die Angriffe der Europäischen Kommission auf die
Honorarordnungen zurückgewiesen werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Thema Hebammen ist hier schon mehrfach ange-
sprochen worden. Freiberufliche Hebammen verdienen
durchschnittlich 20 000 Euro und müssen Haftpflicht-
versicherungsprämien von 4 500 Euro bezahlen. Diese
Zahlen zeigen schon, dass es hier ein Missverhältnis
gibt, das dazu führt, dass dieser Beruf freiberuflich nicht
mehr ausgeübt werden kann. Es ist unsere Verpflichtung,
hier tätig zu werden, und zwar aus unterschiedlichen
Gründen: Es geht nicht nur darum, diesen Beruf zu er-
möglichen, sondern auch um die Versorgungssicherheit,
insbesondere in den ländlichen Bereichen. Es kann nicht
sein, dass Frauen in ländlichen Bereichen 150 Kilometer
fahren müssen, um ihr Kind zur Welt zu bringen, zumal
auch die Belegärzte von der gleichen Problematik be-
troffen sind.

Vonseiten der Regierung ist erst einmal eine Lösung
gefunden worden. Aber ich glaube nicht, dass wir am
Ende der Fahnenstange angekommen sind. Wir werden
über eine längerfristige Lösung reden müssen. Ich denke
dabei etwa an einen Ausgleich der Haftpflichtversiche-
rung innerhalb der medizinischen Berufe, indem wir
privatwirtschaftliche Lösungen finden, die genau das ge-
währleisten: dass einerseits ein Freier Beruf weiter aus-
geübt werden kann und dass andererseits angemessene
Versicherungsprämien gezahlt werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sonst kriegen wir demnächst gar keine Freien Berufe mehr!)


Thema Dienstleistungsfreiheit: Dienstleistungsfrei-
heit kann eine große Chance innerhalb der EU sein. Ich
denke, wir müssen aufpassen, dass diejenigen Dinge, die
sich bei uns bewährt haben, nicht kaputt gemacht wer-
den. Dazu gehört das Selbstverwaltungssystem. Dazu
gehört das Thema Honorarordnung. Als Norddeutscher
weise ich auf Folgendes hin: Die Europäische Kommis-
sion versucht beispielsweise, bei einem jahrhunderteal-
ten Gewerbe wie dem Seelotsenwesen eine Liberalisie-
rung zustande zu bringen, was am Ende nur dazu führt,
dass die Sicherheitsaspekte bei der Revierfahrt auf der
Elbe oder der Weser ausgeblendet werden. Das ist ein
Ansatz von Liberalisierung in einem Freien Beruf, der
völlig falsch ist und den wir deswegen ablehnen. Inso-
fern sollten wir gemeinsam dafür sorgen, da, wo es nötig
und möglich ist, zu liberalisieren, aber da, wo wir be-
währte Strukturen haben, diese zu erhalten. Wir sollten
gemeinsam dafür kämpfen, dass in bestimmten Berei-
chen der deutsche Sonderweg innerhalb der Europäi-
schen Union anerkannt wird.

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(C (D Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – HansMichael Goldmann [FDP]: Herr Egloff, das stimmt, was Sie da sagen! Bei den Seelotsen ist die Lage anders!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724403600

Das Wort hat nun Stephan Mayer für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1724403700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen!

ehr geehrte Kollegen! Ich danke der Bundesregierung
anz herzlich für die Vorlage dieses Berichts zur Lage
er Freien Berufe und möchte mich ganz persönlich bei
nen, Herr Staatssekretär Otto, für die sehr vertrauens-

olle und auch sehr konstruktive Zusammenarbeit in den
ergangenen vier Jahren bedanken. Sie haben sich wirk-
ch in besonderer Weise für die Freien Berufe in
eutschland eingesetzt und um sie verdient gemacht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich möchte aber auch nicht unerwähnt lassen, dass
ir in unseren Reihen einen Kollegen haben, den Kolle-
en Rolf Koschorrek, der sich ehrenamtlich, als Präsi-
ent des Bundesverbandes der Freien Berufe, in beson-
erer Weise und sehr nachdrücklich für die Freien
erufe einsetzt. Auch dies verdient meines Erachtens
nerkennung und Respekt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte weiter dem Institut für Freie Berufe in
ürnberg ganz herzlich danken. Es ist gut, dass es dieses
stitut, das einzige in Deutschland, das speziell die

reien Berufe beleuchtet, nach wie vor gibt. Es hat mit
einen Zahlen die wissenschaftliche Grundlage für den
ericht geliefert, den wir heute debattieren. Die Zahlen

ind wirklich eindrucksvoll, und sie belegen, dass der
tellenwert der freiberuflich Tätigen in unserer Gesell-
chaft außerordentlich groß ist.

Wir haben zum heutigen Tag so viele Freiberufler in
eutschland wie noch nie zuvor, knapp 1,2 Millionen.
iese beschäftigen über 3,1 Millionen Personen. Die
eisten davon, nämlich knapp 3 Millionen, sind sozial-

ersicherungspflichtig beschäftigt. Auch das, glaube ich,
ollte erwähnt werden. Es gab im Jahr 1991 – das nur
inmal als Vergleich – lediglich 1 Million sozialversi-
herungspflichtig Beschäftigte. Freiberufler sind also
rbeitgeber, und zwar Arbeitgeber, die in den letzten

ahren einen deutlichen Aufschwung erlebt haben und
adurch auch mehr Mitarbeiter beschäftigen konnten.
as ist gut für Deutschland; das ist gut für uns alle.

Die Freien Berufe leisten auch einen erheblichen Bei-
ag zu unserem Volkseinkommen. Jeder zehnte Euro,
er in Deutschland erwirtschaftet wird, wird von den
reien Berufen erwirtschaftet. Auch dies verdient aus





Stephan Mayer (Altötting)



(A) )


)(B)

meiner Sicht große Anerkennung und den entsprechen-
den Respekt.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass sich die
Freien Berufe in besonderer Weise um den Bereich der
Ausbildung verdient machen. Momentan gibt es 125 000
Auszubildende in Deutschland, die bei Freiberuflern an-
gestellt sind. Jedes Jahr beschäftigen die Freiberufler
neu 43 000 Auszubildende. Das ist gut so.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Sehr gut!)


Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, aus
meiner Sicht ist sehr wichtig, dass die Freien Berufe die
Garanten unserer sozialen Marktwirtschaft sind. Es gibt
vielleicht keine andere Berufsgruppe, die so sehr für das
Erfolgsmodell soziale Marktwirtschaft steht wie die
Freien Berufe. Die soziale Marktwirtschaft wurde nach
dem Zweiten Weltkrieg bei der Gründung der Bundes-
republik durch die Gründungsväter unseres Landes und
insbesondere durch Wirtschaftsminister Ludwig Erhard
neu geschaffen, nicht einem planwirtschaftlichen kom-
munistischen Wirtschaftsmodell folgend, aber auch nicht
einem kapitalistischen Wirtschaftsmodell à la Manches-
ter-Liberalismus folgend, sondern die beiden Modelle
vereinend. Ich glaube, die soziale Marktwirtschaft ist
etwas ganz Besonderes. Aus meiner Sicht steht keine an-
dere Berufsgruppe so sehr für die soziale Marktwirt-
schaft wie die Freien Berufe.

Die Freien Berufe zeigen hohe gesellschaftspolitische
Verantwortung und übernehmen in vielfältiger Hinsicht
öffentliche Aufgaben. Es ist nicht so, dass jedes Mandat
eines Rechtsanwalts, das er über die Prozesskostenhilfe
abrechnen muss, kostendeckend ist. Nicht in jeder
Nachtschicht oder Wochenendschicht eines Apothekers
werden so hohe Umsätze generiert, dass der Apotheker
frohlockt. Auch Ärzte sind oftmals gefordert, Menschen
zu helfen, ohne dass sie dafür ein Honorar bekommen
können. Ich möchte weiter die Ingenieure und die Archi-
tekten erwähnen, die in herausragender Weise insbeson-
dere auch im öffentlichen Bereich tätig sind, und da ist
die Vergütung oftmals nicht so wie in der Privatwirt-
schaft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Freien
Berufe sind ein beredtes Beispiel für unsere Kultur von
Unternehmertum und Leistungsbereitschaft. Die Leis-
tungen in allen Freien Berufen, so heterogen und so viel-
fältig sie auch sein mögen, werden eigenverantwortlich
und höchstpersönlich erbracht. Der Bericht zur Lage der
Freien Berufe beweist sehr eindrucksvoll, dass die
Struktur, auch was das Einkommen und die Umsätze an-
belangt, sehr heterogen ist. Es ist nicht so, dass man,
wenn man Freiberufler wird, automatisch zum Reichtum
verdammt ist. Ganz im Gegenteil: Es gibt große Unter-
schiede; das ist schon erwähnt worden. Und auch dies
gilt es, glaube ich, an dieser Stelle hervorzuheben: Viele
Freiberufler wählen ihren Beruf ganz bewusst nicht, um
Gewinnmaximierung zu betreiben, sondern um, viel-
leicht nicht zuletzt aus einem besonderen Altruismus he-
raus, der Gesellschaft, der Gemeinschaft zu dienen. Das,
glaube ich, verdient auch den Respekt unseres Hauses.

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(C (D Ich glaube, dass die Freien Berufe in besonderer eise geeignet sind, ein positives und damit auch realis sches Bild vom Unternehmertum und vom Selbststänigen in unserer Gesellschaft zu zeichnen. Ich bedauere s sehr, dass in manchen Teilen unserer Gesellschaft die nternehmer immer mehr als Ausbeuter und als Sozial chmarotzer betrachtet werden. Ich glaube, dass Freibefler in besonderer Weise dazu beitragen können, in un erer Gesellschaft – das beginnt mit der Bildung in der chule – ein positiveres Bild vom Unternehmer und vom elbstständigen zu schaffen. h kann Ihnen zusagen, dass wir als christlich-liberale oalition die Bundesregierung dabei unterstützen, die es positivere Bild zu zeichnen. Ich möchte auch erwähnen, dass wir die Bundesregieng bei ihren Verhandlungen zur Novellierung der EUerufsanerkennungsrichtlinie nachdrücklich unterstüten. Ich glaube, dass eine Novellierung, eine Neujustieng der Berufsanerkennungsrichtlinie zu einer Steigeng der Mobilität im Binnenmarkt beitragen kann. Die orgesehene Einführung von Berufsausweisen kann, so laube ich, einen wesentlichen Beitrag zur Entbürokratiierung und zur Verwaltungsvereinfachung leisten. In iesem Zusammenhang ist aus meiner Sicht zu erwähen, dass dies nicht zulasten der hohen Qualität der reien Berufe insbesondere in Deutschland gehen darf. Das Thema Mindestpreisbindung und Honorarordung ist schon erwähnt worden. Ich möchte nachdrückch betonen, dass die Mindestpreisbindungen und die onorarordnungen bei den Freien Berufen, bei denen es ie gibt – Rechtsanwälte, Steuerberater, Architekten, Inenieure und Ärzte –, richtig sind. Sie dienen aus meiner icht beiden Seiten, sowohl den Berufsträgern, den Freieruflern, als auch den Kunden, den Verbrauchern. Im Interesse der Freiberufler dienen sie aus meiner icht dazu, dass ein ruinöser Wettbewerb verhindert ird. Es ist nämlich nicht so, dass der junge Rechtsanalt oder der junge Steuerberater, der gerade von der ni kommt und seine Arbeit aufnimmt, große Ansprü he gegenüber seinen Mandanten stellen kann. Wenn er ich an einer Honorarordnung orientieren kann, die eigt, was seine intellektuelle Leistung wert ist, und er einem Mandanten diese Honorarordnung vorlegen ann, dann verhindert dies aus meiner Sicht einen ruinöen Wettbewerb. Das steigert auch die Qualität der Leisng der Freien Berufe. Auf der anderen Seite tragen Honorarordnungen und indestpreisbindungen natürlich auch dazu bei, gegen ber dem Verbraucher für Transparenz zu sorgen. Die eisten Bürgerinnen und Bürger bauen einmal in ihrem eben, wenn überhaupt, ein Einfamilienoder ein Zweimilienhaus. Sie sind nicht geübt im Umgang mit Ar hitekten und Ingenieuren. Wenn es eine Honorarordung gibt, die klar ausweist, wie viel die Leistung des rchitekten oder des Ingenieurs wert ist, dann bedeutet ies Rechtssicherheit, Vertrauensschutz und Transparenz r den Verbraucher. Deswegen kann ich die Bundesgierung nur ermuntern, bei den Verhandlungen über Stephan Mayer )


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )

die Honorarordnungen auf europäischer Ebene nicht
nachzulassen.

Sehr wichtig ist auch, dass die freiberufliche Selbst-
verwaltung weiterhin aufrechterhalten wird. Die Freibe-
rufler wollen nicht am Gängelband des Staates hängen.
Sie wollen unabhängig sein. Sie wollen selbst über ihre
Berufsausübungsregelungen entscheiden. Dies gilt es
weiterhin aufrechtzuerhalten. Ich darf die Bundesregie-
rung nachdrücklich bitten, weiterhin stabile Rahmenbe-
dingungen für die Altersversorgungssysteme der Freien
Berufe zu gewährleisten.

Es ist gut, dass es die Freien Berufe in Deutschland
gibt. Der Bericht zeigt eindrucksvoll, dass sich die Situa-
tion der Freien Berufe in Deutschland in den letzten zehn
Jahren insgesamt deutlich verbessert hat. Das liegt aus
meiner Sicht insbesondere an der sehr wohltuenden und
prosperierenden begleitenden Arbeit der christlich-libe-
ralen Koalition, was die Rahmenbedingungen anbelangt.
Die Freiberufler in Deutschland können sich auf die
CDU/CSU und die FDP verlassen. Das Schlimmste, was
ihnen passieren könnte, wäre ein Regierungswechsel in
Berlin.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724403800

Das Wort hat nun Lars Klingbeil für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei der SPD)



Lars Klingbeil (SPD):
Rede ID: ID1724403900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

freue mich darüber, dass wir heute in der Kernzeit über
die Situation der Freien Berufe diskutieren. Wir sehen,
dass die Bedeutung von Selbstständigen und Freien Be-
rufen wächst. Das macht dieser Bericht sehr deutlich. Ich
will den Fokus auf den Bereich der Kreativwirtschaft le-
gen.

H
Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1724404000
Ich werde gleich das eine oder andere von dem,
was Schwarz-Gelb gemacht hat, negativ kommentieren.
Ich will Sie aber ausdrücklich erwähnen und Ihnen für
die Arbeit, die Sie geleistet haben, danken.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Wir wissen, dass Sie die Entwicklung der Kreativwirt-
schaft mit Leidenschaft vorangetrieben haben und im-
mer ein wichtiger Ansprechpartner in der Bundesregie-
rung waren. Herzlichen Dank für Ihr Engagement! Ich
wünsche Ihnen für Ihre Zukunft alles Gute, auch im Na-
men der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir sehen, dass die Kreativbranche eine Zukunfts-
branche ist. Wir sehen, dass es die Branche ist, die den
digitalen Wandel an vielen Stellen schon erlebt und ge-

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(C (D taltet. Dort entsteht eine Avantgarde. Die Kreativwirtchaftsbranche ist auch eine Art Zukunftslabor für die roßen Trends, die unserer Gesellschaft noch bevorsteen. Die Wachstumszahlen sind beeindruckend. Im Jahr 011 gab es in diesem Bereich 244 000 Unternehmen it einem Umsatzvolumen von 143 Milliarden Euro und it 1 Million Erwerbstätigen. Das ist eine beeindru kende Bestandsaufnahme, die Sie in diesem Bericht ringen, aber ich sage Ihnen auch, was fehlt: die Frage, as eigentlich aus dieser Bestandsaufnahme folgt. Was ind die politischen Folgen? Was hat Schwarz-Gelb in ier Jahren für die Kreativwirtschaftsbranche geleistet? Wenn wir uns das anschauen, sehen wir: Es ist nicht iel passiert. Ich will Ihnen das an einigen Beispielen eutlich machen. Wir sehen zum Beispiel, dass im Beich der Kreativwirtschaftsbranche gerade das klassi che Normalarbeitsverhältnis nicht häufig existiert. Wir ehen hybride Erwerbstätigkeiten, einen ständigen Wechel von selbstständiger zu abhängiger Beschäftigung. Wir ehen einen wachsenden Anteil an Soloselbstständigen nd dass zum Beispiel auch im Bereich der Altersabsiherung große Probleme bestehen. Schwarz-Gelb hat in vier Jahren auf die großen Heusforderungen, die im Bereich der Beschäftigung in er Kreativwirtschaftsbranche bestehen, keine Antworn gegeben. Die Einkommen von Soloselbstständigen ind häufig eher nicht existenzsichernd. Es gab keinerlei orstöße für Mindesthonorare, für Mindestvergütung. err Lindner, Sie haben sich hierhingestellt und so getan, ls ob alles besser geworden wäre, aber ich will daran ernern: Ihre Koalition war es, die den Gründerzuschuss bgeschafft hat. Das war ein wichtiges Instrument gerade r den Bereich der Kreativwirtschaft. Hier haben Sie iel Vertrauen kaputt gemacht. Wir sehen, dass ein dynamischer Arbeitsmarkt des 1. Jahrhunderts nach wie vor auf einen Sozialstaat des 9. Jahrhunderts trifft und wir nicht ausreichend Antorten haben. Helmut Schmidt hat als Bundeskanzler amals die Künstlersozialkasse eingeführt, um den Heusforderungen auch gerade des Kunstbereichs gerecht u werden. Gerhard Schröder hat als Bundeskanzler den ereich der Kulturund Kreativwirtschaft zentral im undeskanzleramt angesiedelt. Unter Angela Merkel ist isher nichts passiert. Das ist bedauerlich, weil dieser ereich ganz wichtig ist und gefördert werden müsste. Ich nenne das Thema Urheberrecht. Darauf gehen Sie on der Koalition auch in Ihrem Antrag ein. Dort heißt s: Wir müssen jetzt beim Urheberrecht dringend etwas achen. – Die Kanzlerin hat dies neulich bei der CDU ediaNight auch festgestellt. Ich frage Sie: Was haben ie in vier Jahren beim Urheberrecht eigentlich geacht? Nichts. Das ist die Bilanz. Wir haben nicht erbt, dass der dritte Korb gekommen ist, der im Koalionsvertrag angekündigt war. Wir haben nicht erlebt, ass im Urhebervertragsrecht etwas getan wurde, um die reativen zu stärken und dafür zu sorgen, dass sie eine essere Entlohnung bekommen. Wir wissen doch, dass ünstlerinnen und Künstler heute sagen, sie können Lars Klingbeil )


(Beifall bei der SPD)





(A) )

nicht mehr von dem leben, was sie schaffen. Sie wurden
von dieser schwarz-gelben Regierung im Stich gelassen.
Das ist die schwarz-gelbe Bilanz nach vier Jahren.

Die SPD-Fraktion hat gearbeitet. Wir haben mit den
Kreativen zusammen am Kreativpakt gearbeitet. Wir ha-
ben über zweieinhalb Jahre diskutiert. Wir haben unsere
Vorschläge zur Stärkung der Kreativbranche, zur Stär-
kung des Urheberrechtes hier im Parlament eingebracht.
Ich bin optimistisch, dass wir das Ganze ab September
mit den Grünen umsetzen können. Ich sage Ihnen: Dann
wird es der Kreativwirtschaft in Deutschland besser ge-
hen, weil sie dann einen verlässlichen politischen Part-
ner an ihrer Seite hat.

Vielen Dank fürs Zuhören.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Der sie ohne Schaum rasiert!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724404100

Das Wort hat nun Rita Pawelski für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Rita, jetzt!)



Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1724404200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Der irische Schriftsteller
George Bernhard Shaw hat einmal festgestellt: Freiheit
heißt Verantwortung. Deshalb wird sie von den meisten
Menschen gefürchtet. – Dieser Satz mag für viele stim-
men, aber nicht für Selbstständige, nicht für Freiberufler.
Sie nutzen die Freiheit, übernehmen Verantwortung.
Dazu zählen Ärzte und Rechtsanwälte, Steuerberater und
Wirtschaftsprüfer, Architekten und Ingenieure, Künstler
und Kreative. Sie tragen Verantwortung für sich und un-
sere Gesellschaft. Ärzte stellen die gesundheitliche Ver-
sorgung sicher. Ingenieure sind die geistigen Eltern un-
serer Technik und unserer Autos. Wirtschaftsprüfer
sorgen für Transparenz und damit für das Funktionieren
der Gesamtwirtschaft. Architekten gestalten unsere
Städte und Gemeinden, unsere Infrastruktur und unsere
Landschaften. Anwälte sichern den Rechtsfrieden. Kul-
turschaffende und Kreative sorgen für ein buntes und
vielfältiges gesellschaftliches Leben.

Das zeigt: Die Freien Berufe lassen unser Gemeinwe-
sen funktionieren. Ihre hochwertigen Leistungen sind
immens wichtig. Nicht zuletzt deshalb ist auch ihr Anse-
hen in der Bevölkerung hoch; die Allensbacher Berufs-
prestige-Skala bestätigt das jedes Mal aufs Neue. Seit
ihrem ersten Erscheinen 1966 ist der Arztberuf unange-
fochten Spitzenreiter der am meisten geachteten Berufe;
bei der letzten Umfrage 2011 sahen das 82 Prozent der
Deutschen so. – Übrigens: Jede dritte Arztpraxis ist mitt-
lerweile in der Hand einer Frau, und es werden immer
mehr. – Der Ingenieur folgte mit 33 Prozent an der fünf-
ten, der Rechtsanwalt mit 29 Prozent an der siebten
Stelle. Was uns, meine Damen und Herren, zu denken
geben sollte: Auf dem drittletzten Platz der Liste finden

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(C (D ir uns als Politiker wieder, geachtet von nur 6 Prozent er Bevölkerung. Weniger Achtung erhalten lediglich anker und Fernsehmoderatoren, was jedoch von Letzren in den Talkrunden weniger erkannt wird. Die Freien Berufe sind nicht nur eine tragende Säule nserer Gesellschaft, sondern auch Wirtschaftsund achstumsmotor. Die Zahlen wurden hier schon sehr äufig genannt; ich brauche sie nicht zu wiederholen. ber wie andere Bereiche auch wird die Zukunft der reien Berufe vom demografischen Wandel und von seien Auswirkungen geprägt. Einerseits eröffnen sich hancen, neue Angebote für eine alternde und schrumpnde Gesellschaft zu entwickeln und anzubieten. Anderseits aber droht den Freien Berufen, gerade bei den rzten und Ingenieuren, ein Fachkräftemangel. Das Stastische Bundesamt hat errechnet, dass das gesamte Areitskräftepotenzial in Deutschland bis 2030 – das ist in 7 Jahren; es kommt aber schneller, als man manchmal enkt – um bis zu 7,6 Millionen Menschen abnehmen ird. Die Bundesregierung steuert dieser Entwicklung ntgegen und hat kluge Weichenstellungen vorgenomen. Das werden wir unter Bundeskanzlerin Angela erkel auch nach der Wahl weiter fortsetzen. Wir brauchen eine Mobilisierung der Fachkräfte. Dazu ählt ohne Frage auch, dass wir mehr Frauen auf dem Areitsmarkt, mehr Frauen in den Unternehmen, mehr rauen als Freiberufler brauchen. Gut ist, dass der Anteil er Frauen unter den Selbstständigen in den Freien Berun in den letzten 25 Jahren, also ab 1988, zugenommen at: bei den Tierärzten um mehr als 25 Prozentpunkte, bei en Rechtsanwälten um 21 Prozentpunkte, bei den Zahnrzten und Ärzten um rund 16 Prozentpunkte, bei den pothekern um mehr als 10 Prozentpunkte. Aber, meine amen und Herren, wenn man sich alle Gruppen ansieht, tellt man fest, dass auch hier leider der Grundsatz gilt: ehr Geld – mehr Männer; weniger Verdienstmöglich eiten – mehr Frauen. Die Situation der Hebammen wurde eben angesprohen. Die Bundesregierung hat hier etwas getan. Es weren 30 Millionen Euro jährlich zur Verfügung gestellt, m die Hebammen zu stärken. Aber ich sage ganz ehrch: Das ist nicht genug. (Beifall der Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP] und Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP])


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


s kann nicht sein, dass eine Frau, die einen so unglaub-
ch wichtigen Beruf für die Frau, für das neugeborene
ind ausübt, im Schnitt einen Stundenlohn von 7,50 Euro
ekommt. Wir sollten uns alle ein bisschen schämen, dass
ir das so lange zugelassen haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


h muss deutlich sagen: Das muss sich in der nächsten
egislaturperiode ändern.

Also, liebe Frauen, es gibt noch Luft nach oben, auch
eim Verdienst. Wir müssen Frauen stärker ermutigen,
en Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Darum,





Rita Pawelski


(A) )


)(B)

liebe junge Frauen, die ihr Betriebswirtschaft, Jura, Sozi-
alwissenschaften oder Medizin studiert und Superergeb-
nisse erzielt: Habt keine Angst vor der Selbstständigkeit!

Ja, es stimmt: Der persönliche Einsatz ist hoch, der
Arbeitsaufwand enorm, und die soziale Absicherung
– Krankenkasse, Alterssicherung – muss selbst in Angriff
genommen werden. Das schreckt viele auf den ersten
Blick ab. Doch schaut genauer hin! Die freiberufliche Tä-
tigkeit bietet unglaublich viele Chancen: fachliche Unab-
hängigkeit, Eigenverantwortung, gesellschaftliches An-
sehen, hohe Flexibilität, freie Wahl der Arbeitszeiten und
des Arbeitsortes. Zeigt Mut! Wagt den Schritt in die
Selbstständigkeit! Denn diese Freiheit, die Freiheit, die
eigene Chefin zu sein, sich die Arbeit frei einteilen zu
können, hat einen bedeutenden Vorteil: Sie schafft Frei-
räume, auch wenn es um die Vereinbarkeit von Familie
und Beruf geht.

Übrigens: Beim Weg in die Selbstständigkeit erhalten
Frauen, wenn sie es möchten – – Eine Zwischenfrage,
Herr Präsident.


(Heiterkeit – Zuruf: Die hat sie bestellt!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724404300

Bitte schön, Frau Fischbach. Wenn Ihnen schon das

Wort erteilt ist, will ich das nicht behindern.


Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1724404400

Danke, Herr Präsident; ich vertrete Sie gerne.


Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1724404500

Ich danke Ihnen sehr. – Frau Kollegin, ich habe eine

Frage. Sie haben gerade die Vereinbarkeit von Familie
und Beruf angesprochen. Welche Ansatzpunkte und Hil-
feleistungen hat die Bundesregierung geschaffen, damit
Frauen, die sich selbstständig machen wollen, Familie
und Beruf auch wirklich miteinander vereinbaren kön-
nen?


(Andrea Wicklein [SPD]: Das Betreuungsgeld!)



Rita Pawelski (CDU):
Rede ID: ID1724404600

Verehrte Kollegen, dass Frau Fischbach eine Frage

stellt, war nicht abgestimmt; aber ich beantworte die
Frage gerne.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Ja, ja! „Herr Präsident, eine Zwischenfrage!“)


Die Bundesregierung unter Angela Merkel hat wie
keine andere Bundesregierung vor ihr die Rahmenbedin-
gungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ver-
bessert.


(Ingo Egloff [SPD]: Das Betreuungsgeld, oder was?)


Wir haben die Betreuung der unter Dreijährigen ausge-
baut. Ab August gibt es einen Rechtsanspruch auf einen
Kitaplatz. Dieser Rechtsanspruch, der eigentlich von den
Kommunen und den Ländern erfüllt werden müsste,
wird vom Bund mit über 4,7 Milliarden Euro befördert.

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(C (D ir zahlen das Elterngeld, um den Einstieg in die Elterneit finanziell abzufedern. Wir fördern die Teilzeitarbeit. eilzeitarbeit darf aber nicht zu einer Sackgasse, zu eiem Karrierehemmer werden. Daher werden wir uns in er nächsten Regierung dafür einsetzen, dass Mütter und äter – die ja auch zunehmend Teilzeit in Anspruch nehen – einen Rechtsanspruch darauf bekommen, in die ollzeitbeschäftigung zurückzukehren, damit sie ihre arriere fortsetzen können. Angela Merkel ist die richge Bundeskanzlerin für unser Land, und sie wird es ab eptember für mindestens vier weitere Jahre bleiben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Vier gute Jahre!)


Ich war gerade dabei, deutlich zu machen, dass die
undesregierung Frauen, die in die Selbstständigkeit
ehen wollen, unterstützt. Es gibt die „bundesweite
ründerinnenagentur“ mit einem entsprechenden Inter-
etauftritt; sie hilft den Frauen auf dem Weg in die
elbstständigkeit.

Meine Damen und Herren, wir müssen diese Chan-
en, diese Vorteile und diese Möglichkeiten der Unter-
tützung noch populärer machen, noch stärker transpor-
eren. Nur so werden wir erreichen, dass mehr junge
enschen – und gerade junge Frauen – den Schritt in die

elbstständigkeit wagen.

Herr Präsident, ich bitte um eine halbe Minute Rede-
eit; denn das ist möglicherweise die letzte Rede, die ich
or diesem Bundestag halte. Meine Damen und Herren,
h war sehr, sehr gerne Mitglied dieses Bundestages.
h gehe freiwillig; ich gehe aber trotzdem schweren
erzens. Ich bitte alle um Entschuldigung, denen ich ir-
endwann zu nahe getreten bin, und danke allen, die mir
eholfen haben.


(Anhaltender Beifall)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724404700

Herzlichen Dank, liebe Kollegin Pawelski.

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/13074 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-

erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
raktionen der CDU/CSU und der FDP auf Drucksache
7/13714 mit dem Titel „Freie Berufe – Wachstumstrei-
er in der Sozialen Marktwirtschaft“. Wer stimmt für
iesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-
en? – Der Antrag ist mit den Stimmen der Koalitions-
aktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen
ngenommen.

Jetzt teile ich mit, dass um circa 13 Uhr eine nament-
che Abstimmung zu dem gestern verschobenen Tages-
rdnungspunkt 8 b – Entwurf eines Dritten Gesetzes zur
nderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschrif-
n – stattfindet.





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 48 sowie Zu-
satzpunkte 18 und 19 auf:

48 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

Globale Steuergestaltung verhindern – Regu-
lierungsschlupflöcher stopfen

– Drucksache 17/13716 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

ZP 18 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zu dem Abkommen vom 31. Mai 2013
zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und den Vereinigten Staaten von Amerika zur
Förderung der Steuerehrlichkeit bei interna-
tionalen Sachverhalten und hinsichtlich der
als Gesetz über die Steuerehrlichkeit bezüglich
Auslandskonten bekannten US-amerikanischen
Informations- und Meldebestimmungen

– Drucksache 17/13704 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

ZP 19 Beratung des Antrags der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Steuerzahlungen multinationaler Unterneh-
men transparent machen – Country-by-Coun-
try-Reporting in Deutschland einführen und
in Europa vorantreiben

– Drucksache 17/13717 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Peer
Steinbrück für die SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Peer Steinbrück (SPD):
Rede ID: ID1724404800

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! 1 000 Milliarden Euro, so groß ist der Scha-
den, der jedes Jahr in der gesamten Europäischen Union
durch Steuerbetrug und durch sogenannte innovative
Steuervermeidung entsteht. 1 000 Milliarden Euro, das
ist eine Eins mit zwölf Nullen. Das sind 20 Prozent der
gesamten Steuereinnahmen und Sozialversicherungsein-
nahmen in den Ländern der Europäischen Union. Da-
rüber reden wir heute. Das ist kein Randphänomen, das
ist keine Bagatelle, das ist schon gar keine lässliche

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(C (D ünde, und es ist auch kein Kavaliersdelikt, im Gegenil: Das ist ein hochgiftiges Lösungsmittel, das den Zu ammenhalt unserer Gesellschaft aufzulösen droht. Es ist die Pflicht dieser amtierenden Regierung, den ystematischen Steuerbetrug und die legale Steuervereidung, insbesondere von Großkonzernen, mit aller ärte zu bekämpfen. (Manfred Kolbe [CDU/CSU]: Die habt ihr vorgegeben!)


(Beifall bei der SPD)


enn das Geld fehlt für Kindertagesstätten, das Geld
hlt für Verkehrsinfrastruktur, das Geld fehlt für eine

mfassende Pflegereform, das Geld fehlt, um Existenz-
ründung oder Existenzgründer zu fördern, das Geld
hlt, um das Programm „Soziale Stadt“ wieder auszufi-

anzieren, um soziale Brennpunkte in Deutschland zu
ermeiden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ohne Steuerbetrug und ohne dieses Ausmaß auch an
galer Steuervermeidung durch Großkonzerne, die das
teuergefälle innerhalb der Europäischen Union ausnut-
en, könnten die Steuern in der Tat niedriger sein, und
an könnte trotzdem mehr investieren in die wichtigsten
ukunftsbereiche unseres Landes: Das ist Bildung, die
Deutschland deutlich unterfinanziert ist; das ist eine
irtschaftsnahe Infrastruktur, insbesondere auch mit
lick auf die Breitbandverkabelung im ländlichen
aum, vor allem für mittelständische Unternehmen; das
t insbesondere eine Verbesserung der Finanzlage der
ommunen. Man könnte vielleicht sogar nicht nur die
euverschuldung auf null bringen, sondern man könnte

insteigen in eine Schuldentilgung. All dies wäre mög-
ch, wenn wir sehr viel ehrgeiziger, sehr viel härter ge-
en Steuerbetrug und Steuerhinterziehung vorgehen
ürden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es ist die unabweisbare Pflicht des Staates, die Steu-
rgesetze so durchzusetzen, dass alle Bürger, nicht nur
ie Normalverdiener, die abhängig Beschäftigten – die
uf ihrem Gehaltskonto übrigens nur ihr Nettoeinkom-
en sehen, nachdem ihnen der Fiskus die entsprechen-

en Steuern schon mit dem Staubsauger weggenommen
at –, die Steuern bezahlen müssen, die im Gesetzblatt
tehen.

Ihre Regierung, Frau Merkel, hat diese Pflicht ver-
tzt. Über vier Jahre lang hat Ihre Regierung fein unter-

chieden zwischen den Millionen von Bürgerinnen und
ürgern, die – wie gesagt – erst nach Zugriff des Finanz-
mts den Nettolohn auf ihrem Gehaltsstreifen sehen,
lso den vielen, die ihre Steuern ehrlicherweise abge-
hrt haben, und offenbar denjenigen, die den Eindruck

aben, sie würden irgendwie über den Gesetzen dieses
andes stehen und es sei quasi ein Kavaliersdelikt, wenn
icht sogar eine Notwehrmaßnahme, am Fiskus vorbei
eld ins Ausland zu schaffen.





Peer Steinbrück


(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ihr eklatantestes Versagen – da spreche ich Sie per-
sönlich an, Herr Schäuble – ist der Entwurf eines Steuer-
abkommens mit der Schweiz, das nur wegen der rot-grü-
nen Mehrheit im Bundesrat gestoppt worden ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU])


Statt auf den automatischen Informationsaustausch zu
drängen – übrigens mit einem gleichgelagerten Nach-
druck, wie die USA es gemacht haben –,


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: So wie Sie das gemacht haben!)


sollte eine Steueramnestie verbunden werden mit einer
pauschalen Besteuerung.


(Manfred Kolbe [CDU/CSU]: Wer hat denn die Steueramnestie verhindert?)


Das heißt, es bestand sogar die Möglichkeit, über eine
pauschale Nachversteuerung sich günstiger zu stellen als
zum Zeitpunkt der Steuerpflicht in Deutschland. Das
wäre das Ergebnis Ihres Abkommens mit der Schweiz
gewesen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)


– Dass Sie deswegen ein schlechtes Gewissen haben,
dass Sie jetzt nach dem Fall Hoeneß und nach den jüngs-
ten Recherchen über Steueroasen wissen, dass Sie inso-
weit ein Vakuum hinterlassen – mehr als das: dass Sie
dort versagt haben –, das kann ich sehr gut verstehen.

Gleichzeitig sollte nicht nur die Zahl der Fälle, die pro
Jahr in der Schweiz nachgeprüft werden dürfen, be-
grenzt werden, nein, viel mehr als das: Es sollte sogar
ein Verbot geben; die deutschen Behörden und insbeson-
dere die Staatsanwaltschaften und die Steuerfahndung
sollten daran gehindert werden, Steuer-CDs aufzukau-
fen. So schamlos sollte in Deutschland noch nie Steuer-
betrügern geholfen werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie waren es mit diesem Abkommen, die deutsche Be-
hörden daran hindern wollten, über den Aufkauf von
Steuer-CDs das größte Druckmittel auszuüben, ein
Druckmittel, das eine größere Steuertransparenz und
Steuerehrlichkeit in Deutschland hergestellt hätte. An-
schließend kommen Sie unter dem Druck der öffentlichen
Debatte auf die Idee: Wir wollen jetzt ein Steuer-FBI be-
gründen. – Warum haben Sie denn nicht vorher gegen-
über der Schweiz durchgesetzt, dass deutsche Staatsan-
waltschaften und Steuerfahndungen in der Lage sind,
diesen Druck weiter auszuüben?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Wie war das denn eigentlich im letzten Jahr vor dem all Hoeneß? Noch im August des letzten Jahres mussn wir uns doch von Herrn Schäuble anhören, es gibt ein ernst zu nehmendes Argument gegen das Abkomen. Im Bundestag haben Sie unsere Ablehnung dieses teuerabkommens mit dem Ausdruck des Abscheus und er Empörung als billige Polemik bezeichnet. Würden ie das heute noch einmal wiederholen, bitte? (Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister: Natürlich!)


Dann sind Sie ja noch im selben Striemel drin wie da-
als.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Frau Merkel hat das Steuerabkommen noch kurz vor
eihnachten als ein – ich zitiere – „richtiges und gutes

teuerabkommen“ gelobt. Das Gegenteil ist richtig. Mit
em deutsch-schweizerischen Steuerabkommen von
rau Merkel und Herrn Schäuble wären Steuerbetrüger

großen Stil davongekommen. Hätten Sie doch nur an-
atzweise einmal den Druck ausgeübt, den amerikani-
che Regierungen und amerikanische Behörden auf die
chweiz ausgeübt haben. Das wäre etwas gewesen, was
h heute sogar gelobt hätte.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Hoeneß hat im Frühjahr an den Focus geschrie-
en – nachvollziehbar und nachlesbar –, er habe die
Angelegenheit“, womit er einen Steuerbetrug von meh-
ren Millionen bezeichnete, ursprünglich über das

eutsch-schweizerische Steuerabkommen regeln wollen,
as dann – Zitat von ihm – „bekanntlich Mitte Dezember
icht zu Stande gekommen“ ist.

Was soll man dazu sagen? Das spricht doch für sich.
err Hoeneß hat auf Ihre Regierung, Frau Merkel und
err Schäuble, und auf Ihr Zitat, das sei schon ein richti-
es und gutes Steuerabkommen, vertraut.


(Dr. Frank Steffel [CDU/CSU]: Reden Sie doch mal zum Thema! – Gegenruf des Abg. Joachim Poß [SPD]: Das hat mit dem Thema zu tun!)


r hat darauf vertraut, dass sein Steuerbetrug niemals
erauskommt. Das haben viele andere Tausend Steuer-
etrüger übrigens auch.


(Johannes Selle [CDU/CSU]: Sie hätten zahlen müssen!)


ach den Handelsblatt-Angaben geht es alleine im Fall
on Herrn Hoeneß um ungefähr 3 Millionen Euro. Ei-
ige schätzen sogar, dass es mehr als 3 Millionen Euro
ind.

Insgesamt belaufen sich die Steuerausfälle in
eutschland allein aus Steuerbetrug auf jährlich circa
0 Milliarden Euro. Wenn ich die legale Steuervermei-
ung, der immer noch kein Riegel vorgeschoben worden
t, hinzufüge, dann sind es insgesamt 180 Milliarden





Peer Steinbrück


(A) )


)(B)

Euro, die dem Fiskus und damit für die Finanzierung öf-
fentlicher Aufgaben verloren gehen.


(Dr. Frank Steffel [CDU/CSU]: Warum habt ihr das nicht geändert?)


Nun ist die Frage: Was macht die Regierung von Frau
Merkel? Sie versucht, die Leute laufen zu lassen, und
wirft mir vor – namentlich auch Sie immer, Herr
Schäuble –, ich hätte mich mit dem Begriff „Kavallerie“
nicht sehr diplomatisch verhalten.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das haben Sie nie beherrscht!)


Hätten Sie doch bitte nur einmal eine ähnlich klare Spra-
che gefunden, eine Sprache, die bei der Bekämpfung von
Steuerhinterziehung nicht folgenlos bleibt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Folgenlos war auch Ihre Aussage! – Dr. Peter Röhlinger [FDP]: Sie haben auch nichts erreicht!)


Sie wollten elegant verhandeln und sich von demjeni-
gen ein bisschen absetzen, der vorher eine klare Sprache
gefunden hat. Ich sage Ihnen: Diplomatie bei Steuerbe-
trug heißt, dass Sie immer noch davon ausgehen, das sei
ein Kavalierdelikt und deshalb müsste man sich diplo-
matisch verhalten. Das ist aber nicht der Fall.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist doch Blödsinn! Sie reden doch Quatsch! – Dr. Daniel Volk [FDP]: Sie haben in Ihrer Zeit nichts gemacht!)


Außer der Bundesregierung gibt es noch zwei weitere
Regierungen in Deutschland, die, wie Sie, Steuerbetrug
offenbar als Kavaliersdelikt ansehen, nämlich die
schwarz-gelben Regierungen in Hessen und in Bayern.
Nicht die SPD, sondern der Bayerische Oberste Rech-
nungshof hat festgestellt, dass es in Bayern – ich zitiere
wörtlich – zu „massiven Steuerausfällen“ kommt, weil
ein – ich zitiere wieder – „erheblicher Personalmangel“
besteht.

Bayern ist bei der Personalausstattung im Länderver-
gleich absolutes Schlusslicht. Laut Bayerischem Obers-
ten Rechnungshof und nicht irgendwelcher ausgedachter
Zahlen meiner Partei fehlen in Bayern etwa 700 Stellen
bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Darüber
hinaus gibt es weitere 1 000 unbesetzte Stellen in ande-
ren Bereichen der Steuerverwaltung in Bayern. Das hat
doch System! Das fällt jedenfalls auf.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Einerseits will Ihr Finanzminister, dass der Ankauf von
Steuer-CDs unterbunden wird, und andererseits betreibt
die CSU in Bayern eine systematische Personalunterbe-
setzungspolitik. Wer da nicht aufmerkt, der muss ziem-
lich eingeschlafen sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Olav Gutting [CDU/CSU]: n S d a – a D A m g S c d m S te M s s w n lä L 2 lä o S fr lä h d e lä d – d d E k (C (D Deswegen geht es denen in Bayern auch so schlecht!)


Aber auch das ist noch nicht genug; denn Sie drücken
icht nur bei dem Steuerbetrug beide Augen zu, sondern
ie haben für international aufgestellte Konzerne mit
em sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz
uch noch die Steuervermeidung erleichtert.


(Joachim Poß [SPD]: Ja! – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Was?)


Ja. – Sie haben nämlich zum einen die Zinsschranke
ufgehoben.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Aufgehoben?)


ie Unternehmen können jetzt Zinsausgaben aus dem
usland wieder als volle Ausgaben geltend machen. Da-
it haben Sie ein riesiges Scheunentor geöffnet, um le-

ale Steuervermeidung zu betreiben. Zum anderen haben
ie die Regeln der Hinzurechnungsbesteuerung gelo-
kert, was bei der Gewinnverlagerung zwischen auslän-
ischen Töchtern und inländischen Zentralen viele opti-
ierte Verrechnungsmöglichkeiten erlaubt. Das haben
ie zu verantworten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Statt die Rahmenbedingungen für grenzüberschrei-
nde Steuerbetrüger und vor allen Dingen auch die
öglichkeiten der legalen Steuervermeidung zu verbes-

ern, hätte Ihre Regierung längst auf einen automati-
chen Informationsaustausch in ganz Europa massiv hin-
irken müssen. Sie hätten längst die Umsetzung einer
euen EU-Zinsrichtlinie vorantreiben müssen. Sie hätten
ngst sich auf internationaler Ebene für neue schwarze
isten einsetzen müssen, so wie uns das gemeinsam
009 in der Großen Koalition gelungen ist. Sie hätten
ngst die Doppelbesteuerungsabkommen mit Steuer-
asen neu verhandeln müssen. Sie hätten längst die
traffreiheit bei Selbstanzeigen nach einer Übergangs-
ist auf Bagatellfälle begrenzen müssen. Sie hätten
ngst die Verjährungsfristen bei Steuerbetrug auf ein-
eitlich zehn Jahre verlängern müssen. Sie hätten längst
ie Beihilfe von Finanzinstituten zum Steuerbetrug über
in Unternehmensstrafrecht bestrafen müssen. Sie hätten
ngst die Bundesländer auffordern müssen, eine bun-
esweite Steuerfahndung aufzubauen.


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Er hat elf Jahre lang mit seiner SPD nichts gemacht! Nichts gemacht hat er! – Manfred Kolbe [CDU/CSU]: Was hat denn Rot-Grün gemacht?)


Ich merke, da sind Sie empfindlich. Da merkt man,
ass Sie nicht sehr glaubwürdig sind. Da merkt man,
ass Sie drei Jahre lang nichts gemacht haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie hätten längst für eine stärkere Harmonisierung in
uropa bei der Steuerbemessungsgrundlage eintreten
önnen.





Peer Steinbrück


(A) )


)(B)


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Er hat nichts gemacht! Das ist super! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


– Der Lärm von Ihnen soll darüber hinwegtäuschen.
Treffer, gesunken! Wir haben Sie bei diesem Thema
schon am Wickel.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/ CSU und der FDP)


Sie hätten längst die Hinzurechnungsbesteuerung ver-
schärfen müssen, um Gewinne ausländischer Töchter
von deutschen Unternehmen als inländische Gewinne
besteuern zu können.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Hätte, hätte, Fahrradkette!)


Von all dem ist nichts geschehen.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Können Sie auch mehr als ablesen?)


– Wir vergleichen gerne Ihre und meine rhetorischen
Möglichkeiten. Das können wir machen.


(Beifall bei der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


– Komisch, da sind Sie schon wieder nervös. – Das, was
Sie im Bereich der Bekämpfung von Steuerhinterzie-
hung und Steuerbetrug betrieben haben, ist in den letzten
drei Jahren so schwach gewesen, dass Sie jetzt, wenige
Monate vor der Bundestagswahl, merken: Da ist ein
ziemlich großes Lindenblatt auf unserem Rücken. – Das
merkt man auch an Ihrer Reaktion.

Sie sind die Parteien, die die geringste Glaubwürdig-
keit bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und
Steuerbetrug in Deutschland haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das wird eine Regierung unter meiner Führung ab Sep-
tember dieses Jahres ändern. Bleiben Sie nervös! Das
freut mich sehr.


(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724404900

Das Wort hat nun Bundesminister Wolfgang

Schäuble.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-
zen:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Lieber Herr Kollege Steinbrück, Ihre rhetori-
schen Fähigkeiten sind unbestritten.


(Johannes Kahrs [SPD]: Und recht hat er auch noch!)


Das Problem ist nur: Sie waren vier Jahre Finanzminis-
ter.


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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Das ist ein Problem! – Gegenruf der Abg. Caren Marks [SPD]: Das ist Ihr Problem! – Joachim Poß [SPD]: Aber ein erfolgreicher Finanzminister!)


Sie haben ja nach jedem Zuruf gleich gesagt, wie sehr
ie die anderen getroffen hätten. Also, ich habe noch gar
ichts gesagt, aber Sie haben offensichtlich schon Angst
avor, getroffen zu werden. Bleiben Sie ein bisschen
rnsthaft.

Die Sozialdemokraten haben den Finanzminister in
eutschland seit 1998 gestellt.


(Johannes Kahrs [SPD]: Das war viel besser als heute!)


is 2009 ist nichts geschehen. Sie haben ein paar Wo-
hen vor der Bundestagswahl Ihre schwarze Liste über-
aupt erst in Kraft gesetzt. Niemand stand zu Ihrer Re-
ierungszeit je auf dieser schwarzen Liste. Also, reden
ie doch keinen solchen Unsinn daher. Ihre Taten waren
as genaue Gegenteil dessen, was Sie gesagt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ihre Rhetorik ist unbestritten. Amüsant, Ihnen zuzu-
ören.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Na ja!)


as Vergnügen hört aber dann auf, wenn es in der De-
atte um ein ernsthaftes Thema geht. Ich weiß nicht, wie
ie auf die Zahl von 1 000 Milliarden Euro entgangener
innahmen kommen. Diese Berechnungen zielen auf
as Verständnis der Menschen ab.


(Johannes Kahrs [SPD]: Deswegen tut ihr auch nichts!)


assen Sie das doch. Vielleicht sind Sie in der Lage
Sie wollen ja Regierungschef werden –, irgendwann
al ernsthaft über ein Thema zu reden und nicht nur mit

illiger Polemik. Das ist ja zum Davonlaufen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


enn Sie einmal darüber nachgedacht hätten, was Sie
nfang des vergangenen Jahrzehnts im Rahmen Ihrer
nternehmensteuerreform, die weit über das eigentliche
iel hinausgegangen ist, gemacht haben und dass wir
as zu Zeiten der Großen Koalition und in den letzten
ahren mühsam korrigieren mussten, dann würden Sie
ier nicht solche Reden halten. Wir sollten über das
hema ernsthaft reden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie haben beim Informationsaustausch nichts erreicht.
ir haben ein Abkommen mit der Schweiz ausgehan-

elt. In den letzten Debatten haben Sie sich immer
ieder auf den Vorsitzenden der Deutschen Steuer-Ge-
erkschaft, Herrn Eigenthaler, bezogen. Nun hat Herr
igenthaler eine Amnestie im Zusammenhang mit der
chweiz gefordert, obwohl er sie zuvor noch kritisiert
atte. Ich sage Ihnen: Was wir ausgehandelt haben, war
as, was im Hinblick auf die Vergangenheit erreichbar





Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble


(A) )


)(B)

war. Wenn wir in Zukunft einen automatischen Informa-
tionsaustausch zustande bringen, ist das gut. Aber dass
sich Luxemburg und Österreich überhaupt darauf einlas-
sen, ihr Opt-out von der Zinsbesteuerungsrichtlinie, das
während Ihrer Regierungszeit so ausgehandelt wurde,
aufzugeben, ist ein Erfolg unserer beharrlichen diploma-
tischen Bemühungen in Europa. Mit großspurigen Re-
den über die Kavallerie, die nur für die deutsche Öffent-
lichkeit gedacht sind, erreicht man so etwas nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn wir ernsthaft diskutieren, müssen wir zwei
Sachverhalte unterscheiden. Der Kampf gegen die Steu-
erhinterziehung ist in einer international verflochtenen
Welt und angesichts der Mobilität der Finanzmärkte, die
völlig anders ist als früher, nur noch mit den Mitteln des
Informationsaustauschs zu führen. Der Weg des Infor-
mationsaustauschs ist der richtige Weg. Deswegen kann
das Bankgeheimnis in Zukunft keinen Bestand haben.
Das ist unbestritten.


(Joachim Poß [SPD]: Für diese Erkenntnis haben Sie lange gebraucht!)


Richtig ist aber auch, dass Rechtsstaaten – das sind hof-
fentlich alle Länder, um die es hier geht – rechtliche Re-
gelungen nicht rückwirkend abschaffen können. Das
können wir – Gott sei Dank – auch in Deutschland nicht,
genauso wenig wie die Schweiz. Das würde sie auch
nicht wollen. Für die Zukunft haben wir den Informa-
tionsaustausch, und für die Vergangenheit brauchen wir
eine pauschalierende Regelung. Das hat inzwischen so-
gar der Vorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft
eingesehen. Sie waren zu Zeiten von Herrn Eichel schon
viel weiter und haben eine Amnestiegesetzgebung auf
den Weg gebracht, die viel niedrigere Sätze vorsah.


(Joachim Poß [SPD]: Unter anderen Voraussetzungen!)


Ich wette, dass wir in den kommenden Jahren auf EU-
Ebene eine pauschalierende Regelung auch mit der
Schweiz vereinbaren werden; denn wir müssen die Alt-
fälle irgendwie regeln. Aber dann werden wir Ihnen vor-
rechnen, wie viele Milliarden an Steuereinnahmen durch
inzwischen eingetretene Verjährung, die Sie durch den
parteipolitischen Missbrauch Ihrer Bundesratsmehrheit
ermöglicht haben, für Bund, Länder und Kommunen un-
widerruflich verloren gegangen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Neben Regelungen gegen Steuerhinterziehung, die

wir durch Informationsaustausch und Veränderungen in
unseren Rechtssystemen – diese können wir angesichts
der Globalisierung der Märkte so nicht mehr aufrechter-
halten; das hat inzwischen auch die Schweiz akzeptiert –
bekämpfen müssen, müssen wir etwas viel Komplizier-
teres hinbekommen. Wir müssen die Steuersysteme so
abstimmen – und zwar möglichst global, auf OECD-
Ebene –, dass die Möglichkeiten der legalen Steuerver-
meidung oder der Steuergestaltung – der Übergang ist
hier fließend – begrenzt werden. Da eine solche Abstim-
mung in absehbarer Zeit nicht möglich sein wird, sollten
Sie keine unrealistischen Versprechungen von Steuer-
mehreinnahmen in Höhe von 1 000 Milliarden Euro ma-
chen. Sie können solche Reden halten, weil Sie sicher

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(C (D ein können, niemals Kanzler zu werden. Deswegen erden Sie nie an Ihren Reden gemessen werden, die Sie ier halten. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Es war auch nicht die Rede von 1 000 Milliarden!)


ir tragen aber Verantwortung für unser Land. Wir wol-
n an dem gemessen werden, was wir versprechen. Des-
egen wollen wir nicht mehr versprechen, als wir halten
önnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich bin es doch gewesen, der die BEPS-Initiative, die
der OECD ziemlich dahingestromert ist – Sie haben

och gar nicht gewusst, dass sich in den Arbeitsgruppen
eit Jahren nichts bewegt hat –, auf die Ebene der G 20
ehoben hat. Inzwischen hat die Sache sehr viel Bewe-
ung bekommen.


(Peer Steinbrück [SPD]: Der Erste, der das gemacht hat, war für den April 2009 meine Wenigkeit! Das sollten Sie wenigstens registrieren!)


Das ist leider nirgendwo bemerkt worden, insbeson-
ere nicht bei den G 20. Herr Steinbrück, wahrscheinlich
ar es eine der Sitzungen, bei denen Sie gefehlt haben.
as soll ja zu Ihrer Regierungszeit häufiger vorgekom-
en sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Solange Sie von Ihrer Rhetorik so begeistert sind,
ass Sie dafür extra Applaus einwerben, ist die Gefahr
roß, dass Sie sich nicht ernsthaft um die Sache küm-
ern.


(Sönke Rix [SPD]: Das müssen Sie gerade sagen! – Johannes Kahrs [SPD]: Sie haben ja keine Ahnung!)


Mit Ihnen kann man nicht sprechen. Wenn man einen
atz sagt, rufen Sie sofort dazwischen. Deswegen strafe
h Sie eher mit geringerer Beachtung; anderes hat kei-
en Sinn. Sie führen keine Debatte, sondern versuchen
ur, mich am Reden zu hindern.


(Sönke Rix [SPD]: Das müssen Sie gerade sagen!)


Sie wollen keine sachliche Erörterung der Themen
ulassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Mit dieser klassenkämpferischen Polemik, die Sie
ier betreiben, wollen Sie verhindern, dass ich noch et-
as zur Sache sage.

Auf diesem Niveau kann ich Ihnen sagen: Sie lösen
as Problem ganz einfach. Bei Ihren Steuererhöhungsor-
ien – man hat das Gefühl, Sie wollen alle Steuern erhö-
en, vielleicht bis auf die Sektsteuer, dafür werden Sie
ründe haben –


(Joachim Poß [SPD]: Jetzt werden Sie wirklich polemisch!)






Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble


(A) )


)(B)

erreichen Sie, dass am Schluss alle Unternehmen aus
Deutschland vertrieben werden. Dann haben Sie auch
keine Möglichkeit der Steuergestaltung mehr. – Stimmt,
das ist polemisch; aber es ist natürlich auch nicht sehr
sinnvoll.


(Sönke Rix [SPD]: Bleiben Sie mal sachlich!)


Jetzt ernsthaft: Wir wissen, dass wir auf absehbare
Zeit kein harmonisiertes Steuersystem weltweit bekom-
men werden.


(Joachim Poß [SPD]: Sie haben doch lange blockiert!)


Wir werden nicht einmal in Europa einheitliche Steuer-
sätze bekommen; ich habe mit meinem holländischen
Kollegen über die Besteuerung von Lizenzeinnahmen
gesprochen. Deswegen müssen wir uns auf bestimmte
realisierbare Schwerpunkte bei der Beschränkung des
Spielraums für legale Steuergestaltung konzentrieren.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sehr richtig!)


Wir müssen einerseits das Verbot der doppelten
Nichtbesteuerung durchsetzen. Es ist ein realisierbares
Ziel, dass es auf internationaler Ebene und in Europa
keine Weißen Einkünfte gibt.


(Joachim Poß [SPD]: Da haben Sie schon Schwierigkeiten in der eigenen Koalition gehabt!)


– Ach Quatsch, überhaupt nicht!


(Joachim Poß [SPD]: Ja sicher! – Zuruf von der SPD: Am Abend wird der Faule fleißig!)


– Du lieber Gott, es ist jetzt 11.06 Uhr. Ich weiß nicht,
welche Vorstellung Sie von Abend haben. Vielleicht sind
Sie ein bisschen spät ins Bett gegangen.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das ist ein Ziel, das wir erreichen können.

Das Zweite, was wir darüber hinaus erreichen müs-
sen, betrifft ein in Europa höchst schwieriges Thema. Sie
wissen doch genau, dass jedes Mandat in Europa zur Be-
kämpfung schädlicher Besteuerungspraxen – harmful
tax practices – im Grunde dadurch begrenzt ist, dass ge-
sagt wird: Die Steuersätze sind keine Frage des Wettbe-
werbs; sie unterliegen der nationalen Steuergestaltung. –
Deswegen müssen wir erreichen, dass wir in Europa
Mindeststeuersätze für Lizenzeinkünfte vereinbaren. Bei
Zypern haben wir zum ersten Mal erreicht, dass das
Niveau der Unternehmensbesteuerung im Zypern-
Programm wenigstens auf 12,5 Prozent, also das irische
Niveau, angehoben wurde. Das muss mindestens das
Niveau für die Besteuerung von Lizenzeinnahmen sein;
das sehen wir als realistischen Schritt an.

Andernfalls werden wir den Weg gehen müssen – da-
rüber haben wir mit den Finanzministern der Länder in
der vergangenen Woche gesprochen; Sie sollten das
übrigens auch einmal tun, wenn Sie ernsthaft über die
Bekämpfung von Steuerhinterziehung reden wollen –,

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(C (D er europarechtlich auch höchst kompliziert ist, Lizenzahlungen an Unternehmen in Ländern, in denen diese izenzeinkünfte nicht angemessen besteuert werden, eim Betriebsausgabenabzug nicht mehr voll anzuerkenen. Dass wir damit europarechtlich jede Menge chwierigkeiten haben, müssten Sie eigentlich aus Ihrer mtszeit wissen. Wir müssen aber versuchen, zwischen iesen beiden Verhandlungspolen zu einer einvernehmlihen Lösung in Europa zu kommen, weil wir ohne eine invernehmliche Lösung in Europa zwar rhetorisch imer noch eindrucksvoll sind, wenn wir weiterhin die Ka allerie ankündigen, aber in der Sache nichts bewegen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Sönke Rix [SPD]: Bayern und Hessen!)


Ich nenne einen dritten Punkt, um Sie daran zu erin-
ern, womit Sie sich früher, als Sie noch Verantwortung
ugen, beschäftigen mussten. Wir müssen im Rahmen
er europäischen Rechtsetzung bei den Briefkastenfir-
en ansetzen und dafür sorgen, dass alle Gesellschaften

zw. rechtlichen Konstruktionen – Sie kennen vielleicht
as Cadbury-Schweppes-Urteil des Europäischen Ge-
chtshofs –, jede „legal entity“, jede gesetzliche Einheit,
teuerlich anerkannt wird. Wir müssen eine Klausel ge-
en den Missbrauch finden, damit in Europa verbindlich
ird, dass Briefkastenfirmen nicht mehr als Instrument
er Steuergestaltung und der Steuervermeidung in
uropa anerkannt werden. Aber auch das können wir in
uropa nur einvernehmlich regeln; denn solche Rege-
ngen erfordern nach dem Prinzip der europäischen
erträge 27 Jastimmen. Das ist ein mühsamer Weg. Mit
rer Art von Rhetorik aber erreichen Sie gar nichts.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, lassen Sie uns deshalb in
iner globalisierten Wirtschaft unser Steuerrecht auf der
inen Seite darauf ausrichten, wettbewerbsfähig zu sein,
amit wir im Kampf gegen Arbeitslosigkeit weiter er-
lgreich sind und nachhaltiges Wachstum haben, und
ssen Sie uns auf der anderen Seite darauf achten, dass
ie Möglichkeiten globaler Finanzmärkte nicht dazu
hren, dass global tätige Unternehmen sehr viel weni-

er Steuerbelastung haben, weil sie die Gestaltungsmög-
chkeiten verschiedener steuerlicher Jurisdiktionen stär-
er nutzen können als ein kleines mittelständisches
nternehmen. Daran müssen wir arbeiten, beharrlich,
eduldig und entschlossen.

Allein mit Rhetorik, Herr Steinbrück, werden Sie gar
ichts erreichen. Deswegen sage ich noch einmal: Hören
ie damit auf! Wenn Sie ein paar Linke in der SPD
obilisieren wollen, dann ist es vielleicht die richtige
hetorik. Wenn Sie unser Land in Europa und in einer
ng verflochtenen Welt weiter verantwortlich voranbrin-
en wollen, dann ist der beharrliche und stetige Weg der
undesregierung der einzig erfolgreiche. Gemessen an
em Nichtstun sozialdemokratischer Finanzminister in
lf Jahren haben wir in diesen vier Jahren unglaublich
iel vorangebracht. Wir sind entschlossen, dies fortzu-
etzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724405000

Nächste Rednerin in unserer Aussprache ist für die

Fraktion Die Linke unsere Kollegin Frau Dr. Sahra
Wagenknecht. Bitte schön, Frau Dr. Sahra Wagenknecht.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724405100

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich

glaube, es gibt kaum ein Thema, bei dem die Feigheit
der herrschenden Politik, sich mit den oberen Zehntau-
send anzulegen, so deutlich wird wie beim Thema Steu-
erflucht.


(Beifall bei der LINKEN)


Es gibt kaum ein Thema, das so erkennbar zeigt, dass in
diesem Lande zweierlei Recht existiert: ein Recht für die
große Mehrheit der Bevölkerung und ein ganz anderes
Recht für die Superreichen.

Ein Schwarzfahrer kann im Knast landen, wenn er
fünfmal unbezahlt S-Bahn gefahren ist. Kleinen und
mittleren Unternehmen werden regelmäßig die Betriebs-
prüfer ins Haus geschickt, und wehe, wenn sich heraus-
stellt, dass einer 2 000 Euro Mehrwertsteuer nicht or-
dentlich deklariert hat. Aber ganz anders sieht die Welt
der Konzerne und Superreichen aus. Das ist eine Welt, in
der man sich ungestraft um einen erheblichen Teil seiner
Steuerzahlungen drücken kann. Teils ermöglichen die
von Ihnen gemachten Gesetze dies ganz legal – Herr
Steinbrück, Sie waren doch vier Jahre Finanzminister;
Sie haben an diesen Gesetzen so gut wie nichts geändert;
alles ist in dieser Zeit weitergelaufen –,


(Beifall bei der LINKEN – Peer Steinbrück [SPD]: Das ist doch Quatsch!)


teils findet diese Steuerflucht aber auch mit einem beein-
druckenden Ausmaß an krimineller Energie statt, die
deutlich macht, dass die Betroffenen davon überzeugt
sind, dass ihre Helfershelfer auf der Regierungsbank sit-
zen. Wir reden hier nicht über Leute, die vielleicht aus
nackter Existenzangst bei der Steuererklärung schum-
meln, weil sie mit ihrem Monatseinkommen nicht klar-
kommen würden, sondern wir sprechen von Multimillio-
nären und Milliardären, die sich einen regelrechten Sport
daraus gemacht haben, die Allgemeinheit und den Staat
zu betrügen. Wir sprechen auch von einem Staat, der
sich von diesen ganz gerne betrügen lässt. Sie haben es
doch alle seit vielen Jahren gewusst, und Sie haben es
alle laufen lassen: SPD und Grüne in ihrer Regierungs-
zeit genauso wie die Große Koalition und jetzt Schwarz-
Gelb. Schlimmer noch: Sie haben es gedeckt. Sie haben
viel dafür getan, dass dieser Großbetrug weitergehen
konnte.

Diese Bundesregierung hat mit der Schweiz ein Steu-
erabkommen ausgehandelt, das Millionenbetrüger straf-
frei stellen sollte. Wahrscheinlich hatte Uli Hoeneß
schon den Champagner kalt gestellt. Übrigens: Ohne die
Stimmen der Linken wäre es nicht verhindert worden.
Das zu der Frage, was Rot-Grün geschafft hat!


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Es ist schon gesagt worden, dass es in der EU bis zu 500 Milliarden Euro Steuerausfälle gibt. Wenn man as auf zehn Jahre hochrechnet, dann entspricht dieser etrag der gesamten europäischen Staatsverschuldung. as bringt das zynische Gerede, man könne nicht daueraft über seine Verhältnisse leben, auf seinen rationalen ern. Wer lebt denn in Europa über seine Verhältnisse? icht griechische Rentner und irische Lehrinnen und ehrer, denen diese Bundesregierung noch das letzte emd auszieht, sondern diese kriminelle Vereinigung on Steuerhinterziehungsmillionären und -milliardären, ie Sie gewähren lassen. s ist meines Erachtens eine schäbige Heuchelei, sich ls eiserne Sparkanzlerin Europas zu inszenieren und geen diesen Raubzug der High Society gegenüber den öfntlichen Finanzen in Europa nichts, aber auch gar ichts Ernsthaftes zu unternehmen. Da liegt das Geld, as Sie zur Sanierung der öffentlichen Finanzen in Eupa brauchen. Die Schätzungen der jährlichen Steuerausfälle in eutschland belaufen sich auf 100 bis 160 Milliarden uro. Das ist fast die Hälfte des gesamten Bundesetats. rotz dieser Verhältnisse haben Sie die Stirn, uns in dieem Hohen Hause immer wieder zu erzählen, was alles icht finanzierbar ist. Ein Kitaplatz für jedes Kind – unnanzierbar. Mehr Lehrerstellen und bessere Gehälter r Krankenschwestern und Pflegekräfte – unfinanzier ar. Eine ordentliche Rente, die den Seniorinnen und Seioren in diesem reichen Land Deutschland ermöglichen ürde, ihren Lebensabend ohne soziale Not zu genieen – unfinanzierbar. Ich sage Ihnen: Wenn etwas unfinanzierbar ist, dann t es die von Ihnen geduldete Steuerflucht der Reichen. ür viele Konzerne gelten Steuerquoten von 5 bzw. 0 Prozent; davon kann jeder Facharbeiter und jeder ittelständler nur träumen. uf der Website „Panama Corporate Database“ kann jeer interessierte Bürger recherchieren, welche Familien nd Unternehmerclans Briefkastenfirmen in der Steuerase Panama registriert haben. Die Liste liest sich wie as „Who is who“ des deutschen Wirtschaftsadels: die orsches, die Piëchs, die Quandts und die Eigner der affeedynastie Jacobs. Die Reaktion der Politik: keine. Zur Steuermafia gehört natürlich auch die helfende and der Banken; auch das ist keine neue Erkenntnis. 009 hatte die deutsche Finanzaufsicht die deutschen anken nach Aktivitäten in Steueroasen gefragt. Heraus am, dass hiesige Institute mehr als 1 600 Stiftungen und rusts in allen bekannten Steuerparadiesen dieser Welt nterhalten. Die Reaktion der Politik: keine. Die Comerzbank, die es ohne Rettung durch den Steuerzahler berhaupt nicht mehr gäbe, wirbt völlig unbeeindruckt ihren Prospekten für Geschäfte in Steueroasen. Das eißt: Hier betrügt sich der Staat als Anteilseigner quasi Dr. Sahra Wagenknecht )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

selbst. Die Grundlage für diese unseligen Zustände sind
in einer Zeit gelegt worden, als Sie, Herr Steinbrück, Fi-
nanzminister waren.


(Beifall bei der LINKEN)


Es waren auch Sie, Herr Steinbrück, der die Abgel-
tungsteuer eingeführt hat. Die Abgeltungsteuer bedeutet
nicht nur, leistungslose Vermögenseinkommen gegen-
über Arbeitseinkommen zu privilegieren – das ist ja ein
sehr „sozialdemokratisches“ Anliegen –, sondern auch,
dass ausländische Behörden viel schlechtere Auskunfts-
möglichkeiten in Deutschland haben. Auch hierdurch
wird die Steuerflucht begünstigt.

Auch von Rot-Grün wurde die Steuermafia immer mit
Samthandschuhen angefasst. Es war der SPD-Finanz-
minister Hans Eichel – das hat Herr Schäuble zu Recht
angeführt –, der den kriminellen Machenschaften 2003
mit seiner Steueramnestie politischen Flankenschutz ge-
geben hat. Aus der Amnestie wurde bei der SPD offen-
bar die Amnesie; denn einer Ihrer Wahlkampfschlager
ist jetzt: Steueramnestie abschaffen. Das ist ja richtig;
aber Sie sind doch überhaupt nicht glaubwürdig in dieser
Frage.


(Beifall bei der LINKEN)


Dass Deutschland heute weltweit zu den Top Ten der
Steuer- und Geldwäscheparadiese gehört, hat Ihre All-
parteienkoalition durchaus gemeinsam zu verantworten.
Dabei haben die USA mit dem FATCA gezeigt, wie es
geht. Finanzinstituten, die nicht kooperieren, wird mit
drastischen Quellensteuern oder mit dem Entzug der Li-
zenz gedroht – und plötzlich geht es. Plötzlich verhan-
deln alle mit den US-Behörden. Plötzlich gibt es selbst
mit den renitentesten Steueroasen Abkommen. Was die
USA können, soll Deutschland nicht können?

Ich glaube, statt scheinheilige Maulheldendebatten zu
führen,


(Joachim Poß [SPD]: Sie sind ein prächtiges Beispiel für Maulheldentum!)


wie Sie es hier heute wieder tun, wäre es an der Zeit, der
Steuermafia endlich das Handwerk zu legen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich kann Ihnen versprechen: Die Linke wird bei diesem
Thema keine Ruhe geben, auch wenn die Wahl vorbei
ist.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724405200

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich den

nächsten Redner aufrufe, bitte ich um Ihre Aufmerksam-
keit. Auf der Ehrentribüne hat der Präsident des Sabor,
des Parlaments der Republik Kroatien, Herr Josip
Leko, mit seiner Delegation Platz genommen.


(Beifall)


Im Namen aller Kolleginnen und Kollegen des deut-
schen Parlamentes begrüße ich Sie sehr herzlich. Mit

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(C (D em bevorstehenden EU-Beitritt Ihres Landes verbinden ich Chancen und Herausforderungen. Mögen Sie diesen rfolgreich begegnen! Für Ihr parlamentarisches Wirken ünschen wir Ihnen alles Gute. Einen schönen Aufentalt hier in unserem Parlament! Nächster Redner für die Fraktion der FDP ist unser ollege Dr. Volker Wissing. Bitte schön, Kollege r. Volker Wissing. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall)



Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1724405300

Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kollegin-

en und Kollegen! Herr Kollege Steinbrück, Sie be-
chreiben mit einer Leidenschaft Probleme, die Sie 2009
ls Bundesfinanzminister der Bundesrepublik Deutsch-
nd hinterlassen haben.


(Beifall des Abg. Manfred Kolbe [CDU/CSU])


oher Sie die Selbstzufriedenheit nehmen, mit der Sie
ier am Mikrofon gesprochen haben, bleibt Ihr Geheim-
is. Sie täuschen aber – und das tun Sie bewusst – die
ffentlichkeit, indem Sie immer wieder verschweigen,
ass genau die Probleme, die Sie hinterlassen haben, seit
009 Schritt für Schritt von der christlich-liberalen Ko-
lition gelöst werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Manfred Zöllmer [SPD]: Wo denn?)


Wo denn? Nehmen wir die Verschärfung bei der straf-
efreienden Selbstanzeige. Unter Peer Steinbrück: Fehl-
nzeige. Wir haben 2009 Regierungsverantwortung über-
ommen. Eines der ersten Projekte, das wir in Angriff
enommen haben, war die massive Verschärfung bei der
trafbefreienden Selbstanzeige: Erhöhung des Entde-
kungsrisikos, Einschränkung auf das verfassungsrecht-
ch gebotene Mindestmaß.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nehmen Sie den automatischen Informationsaus-
usch in Europa. Unter Peer Steinbrück: Fehlanzeige.
eit Schwarz-Gelb regiert, kommt Bewegung in die Sa-
he. Sie haben in diesem Punkt nichts geliefert, und das
erschweigen Sie der Öffentlichkeit. Das meine ich,
enn ich sage: Sie verschweigen, dass wir die Probleme
sen, die Sie hinterlassen haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der automatische Informationsaustausch mit den
SA: Fehlanzeige bei Peer Steinbrück. Heute: Lösung
nter Schwarz-Gelb. Das FATCA-Abkommen wird um-
esetzt;


(Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war die Initiative der Vereinigten Staaten und nicht von Deutschland, Herr Wissing!)






Dr. Volker Wissing


(A) )


)(B)

es gibt einen automatischen Austausch. Das ist Bekämp-
fung von Steuerhinterziehung. Das, was Sie abliefern, ist
nur billige Polemik und billige Rhetorik.


(Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie verdrehen die Tatsachen!)


Sie sind doch der letzte Sozialdemokrat, dem man ab-
nimmt, was Sie heute Morgen an diesem Mikrofon ge-
sagt haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir hatten eine Expertenanhörung im Finanzaus-
schuss, bei der wir uns mit der Frage beschäftigt haben:
Wie kann man eigentlich international gegen Steuer-
oasen vorgehen? Die Experten haben übereinstimmend
gesagt: Das Problem Steueroasen kann man nicht durch
nationale Gesetzgebung lösen. Wenn andere Staaten
Standortpolitik betreiben, indem sie Steuerschlupflöcher
schaffen, muss man das auf diplomatischem Wege über
Doppelbesteuerungsabkommen und über gezielte, ge-
schickte Verhandlungen lösen; alles andere führt nur zu
einer Verschlechterung des deutschen Standortes, zu ei-
ner Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen für
deutsche Unternehmen. Herr Steinbrück, Sie haben zu
diesem Schritt nichts beigetragen, außer von Kavallerie
zu schwadronieren. Sie haben der Öffentlichkeit gezeigt,
dass Sie nichts als ein außenpolitisches Sicherheitsrisiko
sind. Deswegen glaubt niemand in Deutschland, dass Sie
diese Abkommen besser verhandeln können als eine au-
ßerordentlich erfolgreiche christlich-liberale Bundesre-
gierung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD)


Ihre Lösung, Ihre Logik ist eine ganz andere. Sie sa-
gen: Wenn die Steuern im Ausland zu niedrig sind, dann
muss man sie eben in Deutschland erhöhen. Das ist die
Logik von Peer Steinbrück, und Sie haben sie heute wie-
der vorgetragen. Sie haben hier deutlich gesagt: Mit Peer
Steinbrück gibt es in Deutschland höhere Ertragsteuern,
höhere Erbschaftsteuern, eine Vermögensteuer und hö-
here Einkommensteuern. Aber das reicht noch nicht. Sie
haben heute gesagt, dass Sie zusätzlich die Substanzbe-
steuerung der Unternehmen durch Änderungen bei der
Hinzurechnung und der Zinsschranke erhöhen wollen.


(Joachim Poß [SPD]: Wir wollen Schlupflöcher stopfen, die Sie geöffnet haben!)


Jetzt fragt man sich: Wie kann ein Mensch, der als
Minister Finanzpolitik betrieben hat, ernsthaft glauben,
dass man damit das Problem der Niedrigbesteuerung im
Ausland löst? Das ist doch absurd. Ihre Rede hatte nicht
den Ansatz von Logik. Was Sie als Bundesfinanzminis-
ter abgeliefert haben, ist das Gegenteil von dem, was Sie
an diesem Mikrofon sagen. – Wir haben die Lösung der
Probleme in Angriff genommen, die Peer Steinbrück
diesem Land hinterlassen hat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D Sie haben nicht einen intelligenten Satz über das Abommen mit der Schweiz gesagt. (Joachim Poß [SPD]: Dafür ist jeder Satz von Ihnen dazu falsch!)


it Ihren Äußerungen über dieses Abkommen täuschen
ie die Öffentlichkeit ganz bewusst. Sie sitzen hier und
chen sich über Ihre eigene Rede kaputt, weil Sie genau
issen, dass die rückwirkende Aufhebung der Anonymi-
t in der Schweiz an der Verfassung scheitert.


(Peer Steinbrück [SPD]: Gemach, Gemach!)


err Steinbrück, Sie sind viel zu intelligent, um das
icht zu wissen.


(Peer Steinbrück [SPD]: Also doch! – Heiterkeit bei der SPD)


Ja, das will ich Ihnen gar nicht absprechen.


(Peer Steinbrück [SPD]: Sehen Sie!)


h finde es nur schade, dass Sie die Öffentlichkeit täu-
chen,


(Peer Steinbrück [SPD]: Sie nicht?)


nstatt ihr die Wahrheit zu sagen.

Sie wissen genau, dass die rückwirkende Aufhebung
er Anonymität in der Schweiz unmöglich ist und dass
an deswegen die Altfälle mit Ihrem Lösungsvorschlag

iemals wird aufarbeiten können.


(Peer Steinbrück [SPD]: Ja, arbeiten Sie sich an mir ab!)


rotzdem tun Sie so, als wäre das Steuerabkommen des-
alb lückenhaft. Sie wollen nur im Wahlkampf punkten;
ber die Wahrheit sagen Sie nicht.


(Joachim Poß [SPD]: Von dem Thema verstehen Sie ganz viel! Sie haben selten die Wahrheit gesagt!)


an kann aber jemandem, der Bundeskanzler werden
ill, nicht das Vertrauen schenken, wenn er nicht den
ut hat, der Öffentlichkeit von diesem Mikrofon aus die
ahrheit zu sagen. Deswegen werden Sie das Vertrauen

er Wähler auch nicht bekommen, Herr Steinbrück.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724405400

Nächster Redner in unserer Aussprache ist für die

raktion Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege
r. Gerhard Schick. Bitte schön, Kollege Dr. Gerhard
chick.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

as Kollege Wissing hier abgeliefert hat, war wieder
inmal weit von den Fakten entfernt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)






Dr. Gerhard Schick


(A) )


)(B)

Ich habe nicht die Zeit, alle falschen Behauptungen zu
widerlegen; ich möchte nur auf zwei, drei Punkte Bezug
nehmen.

Zur strafbefreienden Selbstanzeige. Sie haben ledig-
lich das umgesetzt, was das Gericht Ihnen vorgegeben
hat, und das waren Petitessen. Es ist noch immer so, dass
jemand, der Berater beauftragt und mit viel Mühe über
Steueroasen Millionen hinterzieht, nachher sagen kann:
„War nicht so gemeint“, und straffrei bleibt. Hier braucht
es eine echte Verschärfung der Gesetze. Das haben Sie
nicht geliefert.

Zum Abkommen mit der Schweiz. Fragen Sie doch
unsere französischen Freunde, fragen Sie die Kollegin-
nen und Kollegen im Ausland! Sie können Ihnen bestäti-
gen, was die Opposition hier sagt: Dieses Abkommen
hat Fortschritte beim automatischen Informationsaus-
tausch in Europa über Jahre verzögert. Gut, dass wir es
gestoppt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dann gab es Offshore-Leaks und es machte sich Nervo-
sität breit, und plötzlich fängt man an, zu arbeiten.

Aber ich will gar nicht in die Vergangenheit zurück-
blicken. Wir, SPD und Grüne, legen Ihnen heute einen
konkreten Vorschlag vor zu der Frage, was wir gegen die
Steuervermeidung von großen Konzernen tun können.
Es ist erschreckend, was durch Recherchen ans Tages-
licht kommt. Ich nenne als Beispiel Belgien. Deutsche
Unternehmen schaffen es über ihre Tochtergesellschaf-
ten, die Gewinne so zu verschieben, dass sie Millionen
quasi steuerfrei vereinnahmen können: Volkswagen zahlt
null Prozent für seine belgischen Aktivitäten, BASF
2,6 Prozent, Bayer in den Niederlanden 4,3 Prozent. Von
solchen Steuersätzen können kleine und mittlere Unter-
nehmen in Deutschland nur träumen. Wir müssen end-
lich für einen fairen Ausgleich bei der Steuerlast sorgen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Unser Vorschlag ist: Machen wir endlich das Licht an,
bringen wir Transparenz in die Strukturen! Country-by-
Country-Reporting, das klingt zunächst technisch. Wo-
rum geht es? Es geht darum, dass die Unternehmen ge-
zwungen werden, offenzulegen – die Zahlen haben sie
ohnehin in ihren Büchern –, in welchem Land wie viel
Gewinn gemacht wird und wie viel Steuer dafür gezahlt
wird. So werden die Steuertricks großer Unternehmen
endlich sichtbar. Wir fordern nicht mehr und nicht weni-
ger als einen Atlas der Steuertricks großer Unternehmen,
um dieses Phänomen endlich bekämpfen zu können und
für eine faire Belastung von großen und kleinen Unter-
nehmen zu sorgen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Bundesregierung will dies nicht. Wir legen Ihnen
heute einen entsprechenden Antrag vor. Man wird sehen,
ob die Koalition wirklich bereit ist, etwas zu tun, oder ob
es bei der großen Rhetorik des Finanzministers und ein

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(C (D aar leeren Wahlkampfsprüchen bleibt. Ich befürchte etzteres. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Lassen Sie mich noch an einem Vergleich zeigen, was
ie tun könnten, wenn Sie nur wollten. In Großbritan-
ien hat ein konservativer Finanzminister –


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Ein Steuerabkommen mit der Schweiz gemacht, das wie unseres aussieht!)


Sie können gerne eine Zwischenfrage stellen; dann
abe ich noch ein bisschen mehr Zeit; aber Sie haben
tzt wohl eher ein bisschen Angst vor der Zwischen-
age und vor allem vor meiner Antwort –


(Lachen bei der FDP – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Leichte Überschätzung!)


it der Parlamentsmehrheit von Starbucks gefordert,
ndlich anständig Steuern zu zahlen. Durch politischen
ruck auf ein Großunternehmen, das sich der Steuerzah-
ng entzieht, und ohne eine einzige Änderung im Ge-

etz haben sie es geschafft, 11 Millionen Euro zusätzlich
n Steuereinnahmen zu erzielen. Warum macht eigent-
ch diese Regierung nicht in ähnlicher Weise Druck auf
nternehmen in Deutschland, um dafür zu sorgen, dass
roße Unternehmen ihrer Steuerzahlung nachkommen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Daniel Volk [FDP]: Die zahlen doch in Deutschland Steuern!)


llein im Fall Starbucks wären das auch fast 3 Millionen
uro.

Ich fordere Sie auf: Lassen Sie uns im Finanzaus-
chuss und mit Unterstützung der Bundesregierung end-
ch organisieren, dass Druck aufgebaut wird und dass
roße Unternehmen wie kleine Unternehmen in Deutsch-
nd Steuern zahlen! Damit können Sie zeigen, ob Ihnen
as Thema ernst ist oder ob das hier nur leere Rhetorik
ar.
Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724405500

Nächster Redner für die Fraktion von CDU/CSU un-

er Kollege Manfred Kolbe. Bitte schön, Kollege
anfred Kolbe.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Manfred Kolbe (CDU):
Rede ID: ID1724405600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie,

err Steinbrück, haben davon gesprochen, dass es die
flicht jeder Bundesregierung ist, Steuerhinterziehung
u bekämpfen. Das ist richtig. Aber dann frage ich mich:
as haben denn die vorangegangenen Bundesregierun-

en getan?

(Peer Steinbrück [SPD]: Möchten Sie, dass ich antworte?)






Manfred Kolbe


(A) )


)(B)

Wir haben zwischen 1998 und 2005 eine rot-grüne
Bundesregierung gehabt. Herr Schick und Herr Gambke,
Ihre Fraktion war auch daran beteiligt. Was ist in diesen
sieben Jahren im Kampf gegen Steuerhinterziehung pas-
siert? Nichts. Steuerhinterziehung gab es auch damals
schon.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die Zinssteuerrichtlinie ist auf den Weg gebracht worden, wenn Sie sich erinnern!)


Das Einzige, was in Erinnerung geblieben ist, ist
Eichels Steueramnestie. Die Bemessungsgrundlage bei
der Einkommensteuer wurde auf 60 Prozent abgesenkt,
bei der Erbschaftsteuer teilweise auf 20 Prozent. Eichels
Steueramnestie: Das war das Wesentliche in sieben Jah-
ren Rot-Grün.

Dann kam die Große Koalition, und der Kampf gegen
die Steuerhinterziehung begann, in der Tat, Herr
Steinbrück, auch mit Ihnen. Wir haben den Tatbestand der
bandenmäßigen Umsatzsteuerhinterziehung eingeführt.
Wir haben die Möglichkeit der Telekommunikations-
überwachung auch bei schwerer Steuerhinterziehung ein-
geführt. Wir haben die Verlängerung der Verjährungsfrist
für schwere Steuerhinterziehung verabschiedet. Alles Ta-
ten in der Großen Koalition. Daran haben beide große
Fraktionen mitgewirkt.

Nur Sie, Herr Steinbrück, waren eher für die Abtei-
lung Klamauk zuständig: Kavallerie, dann die armen In-
dianer – ich weiß nicht, was sie mit Steuerhinterziehung
zu tun hatten – und Ouagadougou. Ich weiß nicht, was
die Republik Burkina Faso mit Steuerhinterziehung zu
tun hat. Das war eher die Abteilung Klamauk, während
die Sacharbeit von anderen geleistet wurde.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Berlusconi! – Bettina Hagedorn [SPD]: Mövenpick-Steuer!)


Und das, was ich jetzt sage, hätte ich nicht gesagt,
wenn Sie nicht so eine selbstgerechte und überhebliche
Rede gehalten hätten. Wer sich von der finanziell notlei-
denden Stadt Bochum 25 000 Euro Honorar für einen
Vortrag zahlen lässt, der hat das Recht verwirkt, hier als
Moralapostel aufzutreten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dann kam die christlich-liberale Koalition 2009. Ich
kann an das anknüpfen, was der Kollege Wissing gesagt
hat: Wir haben ohne irgendwelchen Druck von außen
den Tatbestand der strafbefreienden Selbstanzeige ver-
schärft. Wir haben das aus eigener Initiative gemacht.


(Joachim Poß [SPD]: Stimmt ja gar nicht! Wir haben einen Gesetzentwurf eingebracht!)


Wir haben die Teilselbstanzeige abgeschafft. Wir haben
den Zeitpunkt der Entdeckung vorverlegt. Wir haben ei-
nen Zuschlag auf Hinterziehungszinsen eingeführt, übri-
gens auch unter Beifall der damaligen sozialdemokrati-
schen Finanzminister. Ich zitiere nur den Kollegen Kühl:
„Ich bin dafür, dass wir die Möglichkeit der Strafbefrei-

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(C (D ng durch Selbstanzeige beibehalten.“ Das war eine verünftige Position Ihres Kollegen. Was sagt Herr Steinbrück heute dazu? Am 23. April at er um 7.05 Uhr – es war offenbar noch ein bisschen üh am Morgen – im RBB-Inforadio Brandenburg ge agt: Die SPD will das Recht auf Selbstanzeige bei Steurstrafverfahren nicht abschaffen. – Er sagte weiter, sie ürfe jedoch nach wie vor nur dann greifen, wenn die teuerfahndung demjenigen noch nicht auf der Spur sei. Das ist eine tolle Erkenntnis. Das ist Gesetzeslage, err Bundesfinanzminister a. D. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich komme zur internationalen Steuerhinterziehung.
iese ist in der Tat ein Problem. Diese Bundesregierung
at das erkannt. Keine Bundesregierung vor dieser hat so
iel zur Bekämpfung der internationalen Steuerhinter-
iehung unternommen. Wir haben die BEPS-Projekte
it Frankreich und Großbritannien durchgeführt und

en Aktionsplan der EU-Kommission unterstützt. Weiter
treben wir die Revision der EU-Zinsrichtlinie an. Ich
rwähne in diesem Zusammenhang auch die EU-Amts-
ilferichtlinie. Wir unterstützen – durch das heute in ers-
r Lesung einzubringende Abkommen mit den Verei-
igten Staaten von Amerika – FATCA. Das ist ein großer
chritt auf diesem Wege. Auch die G-5-Initiative unter-
tützen wir. Keine Bundesregierung hat auf diesem Ge-
iet bisher so viel geleistet; es ist nur ein schwieriges
eschäft.

Auch wir in Kerneuropa sind gefordert. Nicht nur ir-
endwelche fernen Inseln sind Steueroasen. Es gibt
teueroasen in Luxemburg mit einer Lizenzbox, und es
ibt sie in den Niederlanden mit einer Lizenzbox.
teueroasen gibt es aber auch in Irland. Trotz des Ret-
ngsprogramms bleibt es dort bei einem Steuersatz von

2,5 Prozent. Ferner gibt es Steueroasen in Großbritan-
ien und den zu Großbritannien gehörenden Inseln. Es
t ein schwieriges Geschäft, dies Problem zu lösen. Das
uss mit Diplomatie, aber auch mit Härte geschehen.
ortiter in re, suaviter in modo – hart in der Sache, aber
oderat im Ton –, das ist das Prinzip der Bundesregie-
ng. Wir sind da auf gutem Wege, die internationale

teuerhinterziehung einzugrenzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Lassen Sie mich zum Schluss mit einem Zitat des
eutschen Nationalökonomen Hans Karl Schneider
chließen:

Wer mehr als die Hälfte seines Einkommens an das
Finanzamt abführen muss, ist mehr darauf bedacht,
Steuern zu sparen, als darauf, Geld zu verdienen.

as ist die andere Seite der Medaille. – Wir bekämpfen
ie Steuerhinterziehung auch dadurch, dass wir ein ein-
ches und gerechtes Steuersystem mit niedrigen Steuer-

ätzen einführen. Das ist das Ziel dieser Koalition. Ein-
ommensteuersätze bis zu 75 Prozent, wie das Ihre
anzösischen Genossen praktizieren, sind der falsche
eg. Damit wird die Steuerhinterziehung eher befördert.
ir gehen deshalb unseren Mittelweg weiter. Das be-

eutet eine energische Bekämpfung der Steuerhinterzie-





Manfred Kolbe


(A) )


)(B)

hung sowie ein einfaches und gerechtes Steuersystem
mit niedrigen Steuersätzen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724405700

Nächster Redner in unserer Aussprache ist für die

Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege
Dr. Thomas Gambke. Bitte schön, Kollege Dr. Gambke.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich möchte ganz
in Ruhe zwei Versuchen der Geschichtsklitterung wider-
sprechen. Herr Schäuble, bei allem Respekt: Sie sagen,
dass Österreich und Luxemburg, was die erweiterte
EU-Zinsrichtlinie angeht, jetzt in den Diskussionen und
Gesprächen zustimmend agieren. Dazu kann ich nur
feststellen, dass diese Länder das nur deshalb machen,
weil durch die Verhinderung des Schweizer Steuerab-
kommens Druck ausgeübt wurde. Vorher haben sie näm-
lich erklärt, dass sie es nicht machen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Das ist falsch!)


– Das sagen Sie immer wieder, Herr Flosbach. Es ist
falsch.

Ich komme zur zweiten Geschichtsklitterung. Herr
Wissing, wenn Sie hier sagen, das FATCA-Abkommen
sei eine Initiative des Deutschen Bundestages oder der
Deutschen, dann ist das schlicht falsch. Das ist eine Ini-
tiative der Amerikaner, die sich seit zehn Jahren bemü-
hen, genau das zu tun, was wir heute machen, nämlich
einen offenen Informationsaustausch anzustreben. Sie
haben gesagt, die Deutschen würden das tun. Leider
hoppeln wir, vor allen Dingen Ihre Fraktion, da hinterher
und gehen nicht voran, was wir tun müssten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Eine zweite Bemerkung in der kurzen Redezeit, die
ich habe. Bei dem gesamten Problem der aggressiven
Steuerplanung macht es keinen Sinn, im Trüben herum-
zustochern. Mir werden da zu viele Namen und Einzel-
fälle genannt. Das sind Einzelfälle, die das Problem eher
verdecken als aufdecken. Ein Unternehmens-Bashing,
wie es von linker Seite aus geschieht, ist da ganz ver-
kehrt. Wenn man unterwegs ist, trifft man Mittelständler,
die sagen: Wir sind dafür, dass da Transparenz hinein-
kommt. Es gibt diejenigen, die hier ihre Steuern zahlen
und ganz bewusst sagen: Wir wollen Gewerbesteuer
zahlen, um unsere Kommunen zu unterstützen. Sie sehen
aber natürlich, wenn sich der Konkurrent nebenan mit
Lizenzzahlungen vor Steuerzahlungen drückt. Dazu sa-
gen sie: Das ist eine Wettbewerbsfrage, wir wollen Wett-
bewerb herstellen. – Das ist der zentrale Punkt. Wir wol-
len den gleichen Wettbewerb für alle Unternehmen
haben. Der Amerikaner sagt dazu „equal level playing
field“.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die dritte Bemerkung, Herr Wissing, kann ich Ihnen
icht ersparen. Sie reden hier über Steueroasen. Vor kur-
er Zeit gab es in Belgien die glorreiche Idee, kalkulato-
sche Zinsen auf Eigenkapital einzuführen. Auch bei
ns wurde das von den Familienunternehmern vorge-
chlagen. Ich glaube, wir beide waren selber dabei. Das
at dazu geführt, dass die DAX-Konzerne Eigenkapital
ach Belgien verschoben haben und damit ihren Gewinn
raktisch auf null minimiert haben. Dort ist eine tolle
eue Steueroase entstanden.

Lesen Sie einmal im Parteiprogramm der FDP: Genau
as schlägt die FDP vor. Wenn die FDP sich durchsetzen
ürde, würde auch Deutschland zur Steueroase. Das
üssen wir verhindern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir müssen sogar noch mehr verhindern. Die Fami-
enunternehmer waren nämlich so ehrlich, zu sagen:
Das kostet 9 Milliarden Euro“, und haben angeboten,
en Verlust möglicherweise durch eine Erhöhung des
örperschaftsteuersatzes auszugleichen. Das finden Sie
icht im FDP-Programm.

Was würde das Ganze bedeuten? Dass die Unterneh-
en, die expandieren wollen, die mehr Fremdkapital ha-

en wollen, noch extra bestraft würden. Das ist Steuer-
olitik nach Ihrem Motto. Ich bin froh darüber, dass am
2. September darüber abgestimmt wird und Sie keine
timme dafür bekommen werden.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724405800

Nächster Redner in unserer Aussprache für die Frak-

on der FDP unser Kollege Dr. Daniel Volk. Bitte schön,
ollege Dr. Volk.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Daniel Volk (FDP):
Rede ID: ID1724405900

Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehr-

n Damen und Herren! Herr Kollege Gambke, das, was
ie gerade dargestellt haben, dass Unternehmen ihr Ei-
enkapital aus Deutschland ins Ausland bringen, werden
ie herbeiführen, wenn Sie Ihre Pläne zur Wiedereinfüh-
ng der Vermögensteuer mit einer massiven Inanspruch-

ahme der Betriebsvermögen der hier in Deutschland an-
ässigen Betriebe einführen werden. Das ist sozusagen
ie Aufforderung zur Steuerflucht, wenn Ihre Steuerpläne
ier in Deutschland Wirklichkeit werden. Darüber sollten
ie vielleicht erst einmal nachdenken, bevor Sie hier eine
olche Behauptung aufstellen, wie Sie es gerade getan ha-
en.


(Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lenken Sie doch nicht ab von der Sache!)






Dr. Daniel Volk


(A) )


)(B)

Was mir auch ein bisschen aufstößt, ist Ihre Heran-
gehensweise, Herr Kollege Schick. Sie haben zunächst
einmal behauptet, sämtliche Konzerne zahlten in
Deutschland keine Steuern, weil sie sämtliche Gestal-
tungsspielräume nutzten, um null Prozent Steuern zahlen
zu müssen.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hören Sie eigentlich nicht zu? Die Steuersätze, die ich genannt habe, waren für die Tochtergesellschaften in Belgien!)


Ich finde eine solche Art und Weise des Anprangerns,
und zwar mit wissentlich falschen Behauptungen, nicht
richtig.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich schicke Ihnen das Protokoll dazu, dass ich es richtig gesagt habe! Peinlich!)


Schauen Sie doch einmal nach, wie die Kommunen von
den dort ansässigen Unternehmen, insbesondere von den
großen Konzernen, profitieren.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Habe ich auch nicht gesagt! Ich habe richtig zitiert!)


Angesichts dessen können Sie sich doch nicht im Deut-
schen Bundestag hinstellen und behaupten, die Kon-
zerne würden eine deutlich geringere Steuerzahlung vor-
nehmen als andere Unternehmen. Das ist eben einfach
nicht zutreffend.

Diese Herangehensweise schlägt sich in Ihrem Vor-
schlag über das sogenannte Country-by-Country-Re-
porting ebenfalls nieder. Was Sie dort vorschlagen, ist,
dass Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind
– das sind übrigens in Deutschland nicht nur Konzerne,
auch Mittelständler sind grenzüberschreitend tätig; das
sollten Sie nicht vergessen –, offenlegen, wo welche Fi-
nanzströme sind. Was Sie natürlich verschweigen, ist,
dass diese Unternehmen gegenüber den Finanzämtern,
also bei der Steuerveranlagung, das natürlich schon of-
fenlegen müssen; das ist ja selbstverständlich.

Was Sie wollen, ist, dass Offenlegung heißt: Es soll
für die gesamte Bevölkerung erkennbar sein, wie das
Geschäftsgebaren eines Unternehmens, eines Konzerns
ist. Sie wollen damit sozusagen einen öffentlichen Pran-
ger errichten.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sehr richtig!)


Sie schreiben selber in Ihrem Antrag, dass die Gesell-
schaft Druck auf diese Unternehmen ausüben soll, ihr Ge-
schäftsmodell einzuschränken. Da muss ich ganz ehrlich
sagen: Wie weit her ist es eigentlich mit der angeblichen
Bürgerrechtspartei Die Grünen, die offenbar sämtliche
Themen wie Datenschutz und Ähnliches mittlerweile
völlig über den Haufen geworfen hat und eher Instru-
mente wie einen öffentlichen Pranger, der in Deutschland
eigentlich vor 500 Jahren abgeschafft wurde, wieder ein-
führen will?

Da sieht man ganz einfach: In diesem schwierigen
Bereich machen auch Sie eine rein symbolische Steuer-

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(C (D olitik. Sie sind damit in einem Boot mit dem von Ihnen nvisierten Koalitionspartner – das wird nicht funktioieren, aber Sie wollen es ja unbedingt –, aber im Ergebis werden Sie inhaltlich nichts erreichen können, was in ie Richtung geht, dass jeder Staat tatsächlich die Steureinnahmen erhält, die ein Staat erhalten muss, wenn ir eine internationale Zusammenarbeit anstreben. Das machen wir heute mit der Vorlage des Gesetzes ur Inkraftsetzung von FATCA, Foreign Account Tax ompliance Act. Herr Kollege Gambke hat gesagt: Zehn ahre haben die Amerikaner sich darum bemüht. – In echs Jahren davon gab es einen SPD-Bundesfinanzinister, der das abgewehrt hat. Insofern: Das wurde on dieser christlich-liberalen Koalition, von Bundesnanzminister Schäuble, geschafft, (Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)


nd das ist der einzige Weg, um erfolgreich eine verant-
ortungsvolle Steuerpolitik zu betreiben, die man ja all-
emein völlig zu Recht als Ziel erkannt hat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724406000

Nächster Redner in unserer Aussprache ist für die

raktion der Sozialdemokraten unser Kollege Lothar
inding. Bitte schön, Kollege Lothar Binding.


(Beifall bei der SPD)



Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1724406100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ehr verehrte Damen und Herren! Hätte Finanzminister
chäuble in seiner Zeit so viel erreicht wie Peer
teinbrück in seiner Zeit als Finanzminister,


(Lachen bei Abgeordneten der FDP)


ären wir einen großen Schritt weiter.


(Beifall bei der SPD)


ir hätten eine weiterentwickelte Zinsschranke. Wir
ätten uns die exorbitante Zeitverschwendung durch das
iserable Steuerabkommen mit der Schweiz erspart.
ir wären längst bei FATCA. Die Zinsrichtlinie wäre
eiterentwickelt worden. Wir hätten schon das Country-
y-Country-Reporting. Wir hätten vielleicht sogar eine
eränderung der beschränkten Steuerpflicht im Außen-
teuerrecht. Sie wissen ja: Dieses Recht funktioniert in
uropa nicht mehr so, wie wir das wollen. Das hätte man
ielleicht sogar hin zu einer Quellensteuer entwickeln
önnen. Das wäre eine echte Weiterentwicklung gewe-
en. Sie aber schauen immer zurück und rechtfertigen
re eigene Untätigkeit damit, dass vor zehn Jahren et-
as nicht passiert ist.


(Beifall bei der SPD – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ihr habt aber nicht gut zugehört!)


s geht hier um Weiterentwicklung, immer in der Zeit
er eigenen Amtsführung.





Lothar Binding (Heidelberg)



(A) )


)(B)

Das Interessante ist: Der Minister fordert jetzt, am
Ende seiner Amtszeit, in gewisser Weise von sich selbst
eine Missbrauchsklausel. Darüber hätte er schon früher
nachdenken können. Er formuliert – das, finde ich, wi-
derspricht sich – eine pauschalierende Regelung für,
auch wenn er das nicht gesagt hat, Betrüger, nämlich für
die, die in der Vergangenheit betrogen haben. Das wol-
len wir nicht mitmachen.


(Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Sie reden immer nur! Sie machen nie etwas mit!)


Das muss nämlich jedem, der dem automatischen Lohn-
steuerabzug unterliegt, den Ärger in die Augen treiben,
und das kann ich sehr gut verstehen.

Sie schlagen sich in gewisser Weise schon wieder auf
die Seite der feinen Elite, die unter dem Deckmantel der
Elite machen kann, was sie will. Um von diesem Verfah-
ren abzulenken, fällt in dieser Debatte, die etwas ganz
anderes zum Inhalt hat, das Wort „Steuererhöhungsor-
gie“. Ich will mit Blick auch auf die Zuschauerränge ein-
mal sagen, worum es dabei geht. Denjenigen, der hier
65 000 Euro im Jahr verdient – die meisten von Ihnen
auf den Rängen verdienen das nicht; denn das Durch-
schnittseinkommen beträgt 30 000 Euro; mithin verdie-
nen sehr viele sehr viel weniger –, wollen wir tatsächlich
mit 3 Euro im Monat belasten. Ich kann mir einfach
nicht vorstellen, dass das auszuhalten ist!


(Heiterkeit des Abg. Manfred Zöllmer [SPD])


Falls Sie aber 100 000 Euro im Jahr verdienen, was auch
nicht so richtig wenig ist, wollen wir noch mehr von Ih-
nen, nämlich 110 Euro im Monat. Wenn Sie sich überle-
gen, was Ihnen dann bleibt, wenn Sie diese 100 000 Euro
im Jahr verdienen, erkennen Sie: Das ist mehr als das,
was die meisten heute haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Peer Steinbrück [SPD]: Und das ist die Orgie!)


– Und das wird hier als „Orgie“ bezeichnet!

Auch im Zusammenhang mit der Vermögensteuer
wurde eben von einer massiven Belastung gesprochen.
Ich will jetzt einmal sagen, wie hoch diese massive Be-
lastung ist. Wir haben 10 000 Milliarden Euro unver-
schuldetes Privatvermögen – das Wenigste davon gehört
Ihnen, meine Damen und Herren auf den Rängen –, und
die SPD-Länder haben sich überlegt, weil sie die Schul-
denbremse einhalten müssen, dass es ihnen sehr helfen
würde, wenn sie davon 10 oder 11 Milliarden Euro bekä-
men. Das wäre ein Steuersatz von 0,1 Prozent, übrigens
nur auf das private Vermögen; um Unternehmen geht es
hier gar nicht. Und das nennt man „massive Steuerbelas-
tung“! Ich glaube, da sind die Begriffe durcheinanderge-
raten. Ich würde Ihnen eine höhere rhetorische Fähigkeit
wünschen.

Der Herr Wissing hat eigentlich etwas ganz Richtiges
gesagt, nämlich: Was wir in der Vergangenheit gemacht
haben, also in den letzten drei bis vier Jahren, ist die Lö-
sung der Probleme. – Wenn er das so sieht, dann denke
ich: Es ist alles erledigt, und die Regierung kann gehen.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724406200

Letzte Rednerin in dieser Aussprache ist für die Frak-

on von CDU und CSU unsere Kollegin Frau Antje
illmann. Bitte schön, Frau Kollegin Antje Tillmann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1724406300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Un-

erem Steuersystem liegt der Gedanke der Leistungsfä-
igkeit zugrunde. Starke Schultern sollen mehr schultern
ls schwache. Diejenigen, die viel verdienen, sollen stär-
er an den Kosten des Staates beteiligt werden. Das
lappt in vielen Bereichen gut. So zahlen 25 Prozent al-
r Steuerpflichtigen 80 Prozent der Einkommensteuer.
den Städten tragen die ertragreichsten 10 Prozent der
nternehmen über die Gewerbesteuer den Haushalt der
ommunen zu 20 Prozent. Wer ein zu versteuerndes
inkommen von 52 881 Euro hat, führt fast die Hälfte
eines Einkommens an den Staat ab.

Dieses Prinzip der Leistungsfähigkeit ist gut, richtig
nd gerecht. In anderen Bereichen klappt das aber nicht
o gut. Ein Grund dafür sind die Steuerschlupflöcher.
iese Steuerschlupflöcher hat es übrigens vor vier Jah-
n alle auch schon gegeben. Schon vor vier Jahren unter

em damaligen Finanzminister gab es die Möglichkeit,
agegen vorzugehen. Ich will die Steuerschlupflöcher
inzeln aufzählen; denn es ist bedauerlich, dass Sie trotz
er Reden, die Sie heute hier so tapfer gehalten haben,
ei fast allen Gesetzentwürfen, mit denen die Steuer-
chlupflöcher geschlossen werden sollten, dagegen ge-
timmt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil sie zu schwach sind!)


Ich fange an mit dem Amtshilferichtlinie-Umset-
ungsgesetz. Mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungs-
esetz haben wir drei Steuerschlupflöcher stopfen wol-
n. Ich nenne nur die Stichwörter Cash-GmbH, RETT-
locker, Goldfinger-Modelle.


(Lachen der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


as sind Steuerschlupflöcher, durch die Millionen von
teuergeldern am Fiskus vorbeigehen. Diesen Gesetz-
ntwurf haben Sie abgelehnt.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Das ist aber dreist, was Sie jetzt machen!)


ott sei Dank wurde im Vermittlungsausschuss am Mitt-
och eine Regelung dazu gefunden. Wir hätten diese
egelung ein halbes Jahr früher haben können. Wir hät-
n in unserem Staatshaushalt zig Millionen zusätzliche
teuereinnahmen, wenn Sie dieses Gesetz nicht blockiert
ätten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)






Antje Tillmann


(A) )


)(B)

Ich mache weiter mit dem AIFM-Steueranpassungs-
gesetz. Auch hier gibt es vier verschiedene Möglichkei-
ten, Steuern nicht zu zahlen. Das halten wir für nicht
sachgerecht. Sie haben die Möglichkeit, Ihren Reden Ta-
ten folgen zu lassen, indem Sie den Bundesrat davon
überzeugen, in etwa einer Stunde diesem Gesetzentwurf
zuzustimmen. Sonst herrscht auch hier über Monate hin-
weg Unsicherheit. Dann werden Steuern nicht gezahlt,
die wir im Haushalt gut gebrauchen könnten. Auch die-
sem Gesetzentwurf haben Sie nicht zugestimmt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, wir
haben heute über FATCA gesprochen. Sie haben im Zu-
sammenhang mit dem Steueranpassungsgesetz dem
FATCA-Abkommen nicht zugestimmt. Sie haben abge-
lehnt. Heute wollen Sie davon nichts mehr wissen.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Eine sehr unehrliche Argumentation! Das wissen Sie ganz genau! – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht fair!)


– Sie haben den Gesetzentwurf abgelehnt, Herr Binding.
Das werden Sie doch wohl nicht bestreiten.

Auch bei vielen anderen Maßnahmen – OECD-Maß-
nahmen, Doppelbesteuerungsabkommen – haben Sie
sich entweder enthalten, oder Sie haben sie abgelehnt.
Das heißt, Ihre Rede geht heute völlig ins Leere; denn
Sie hätten die Chance gehabt, für die Bürgerinnen und
Bürger Steuermehreinnahmen zu erzielen.

Neben der Steuergestaltung ist auch die Steuerhinter-
ziehung problematisch. Ich glaube, wir sind uns alle ei-
nig, dass Steuerhinterziehung am ärgerlichsten ist. Dass
Bürgerinnen und Bürger auf Kosten der Allgemeinheit
versuchen, sich nicht zu beteiligen, ist ärgerlich, aber
auch strafrechtlich relevant. Wir gehen dagegen vor;
aber immer dann, wenn es akut wird, kneifen Sie.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Das ist Quatsch!)


Das Steuerabkommen mit der Schweiz ist mehrfach an-
gesprochen worden. Sie erzählen den Bürgerinnen und
Bürgern, dass Ihre Variante zu mehr Steuerehrlichkeit
führen würde. Tatsächlich ist es aber so, dass wir heute
fast 10 Milliarden Euro Steuereinnahmen mehr haben
könnten. Dieses Geld hätten wir zum Beispiel für Hoch-
wasser-/Flutopfer gut gebrauchen können. Wir haben
dieses Geld nicht, weil Sie das Abkommen abgelehnt ha-
ben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Sie erzählen, Steuerehrlichkeit wäre eingezogen. Tat-
sächlich aber knallen die Sektkorken bei den Steuerhin-
terziehern, weil sie jetzt gar nichts zahlen müssen. Jedes
Jahr verjähren die in einem Jahr hinterzogenen Beträge
in der Schweiz. Dieses Geld hätten wir haben können,
wenn Sie mitgemacht hätten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Sie lügen schneller, als ein Rennpferd laufen kann!)


Das gilt auch für die Steuerabkommen. In vier Jahren
haben wir 36 Doppelbesteuerungs- und Informationsaus-

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(C (D uschabkommen geschlossen, die dazu beitragen, Steurehrlichkeit herbeizuführen. Die letzten haben wir vor 4 Tagen mit Grenada und den Cookinseln geschlossen. ie haben in vier Jahren 6 Abkommen geschlossen. Wir ind auf dem richtigen Weg. Ich kann Sie nur auffordern – das müsste das gemeiname Ziel aller Abgeordneten in diesem Haus sein –, mit ns gemeinsam dafür zu sorgen, dass den Bürgerinnen nd Bürgern nur so viel Steuern abgenommen werden, ie sie bezahlen müssen. Wir müssen aber dafür sorgen, ass ihnen diese Summe garantiert abgenommen wird. h kann Sie nur auffordern, dieses Ziel gemeinsam mit ns zu verfolgen. Sie können das noch tun. Der Bundest kann dem Anpassungsgesetz zustimmen. Ich freue ich, wenn Sie dabei sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Wort zu einer urzintervention hat unser Kollege Lothar Binding. itte schön, Kollege Lothar Binding. Ich möchte mit Blick auf den eben formulierten Rede eitrag noch einmal daran erinnern, dass es den Entwurf ines Jahressteuergesetzes gab, in dem es auch um Cash mbHs und RETT-Blocker ging. Für die, die das nicht issen, sage ich: RETT steht für Real Estate Transfer ax. (Olav Gutting [CDU/CSU]: Jetzt wissen sie es!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724406400
Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1724406500

er Entwurf enthielt etwa 50 oder sogar 100 Regelun-
en, denen wir zugestimmt haben. Wer hat diesem Ge-
etzentwurf nicht zugestimmt? Das waren CDU/CSU
nd FDP. Dann wurden Teile dieses Gesetzentwurfs in
inen anderen überführt, nämlich das Amtshilferichtli-
ien-Sowieso-Gesetz. Warum musste dieser neue Name
er? Weil Sie verhindern wollten, das zu beschließen,
as Ihnen in dieser Woche das Bundesverfassungsge-
cht aufgegeben hat, nämlich korrekt mit homosexuel-
n Frauen und Männern umzugehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist genau der Punkt. Weil Sie auf das Bundesver-
ssungsgerichtsurteil gewartet haben, haben Sie die Re-

elungen zu RETT-Blockern und Cash GmbHs abge-
hnt. Jetzt werfen Sie uns vor, dass wir ein unfertiges
esetz – das Jahressteuergesetz hätten Sie mit Blick auf
ie Verfassungsgerichtsbarkeit längst beschließen kön-
en – abgelehnt haben. Das ist eine große Unehrlichkeit.

Ich will noch einmal sagen: Wir wollten die Erb-
chaftsteuerregelungen durch die Cash GmbHs bekämp-
n. Wir waren dafür, die RETT-Blocker einzuführen.
enn wenn sich hier jemand um die Bekämpfung von
teuerhinterziehung, Steuerbetrug und Steuergestaltung
ümmert, dann wir. Jedenfalls ist es nicht Schwarz-Gelb.
as haben Sie sogar bewiesen. Sie haben ja die Dinge,
ie die Große Koalition gemacht hat, zurückgedreht. Das





Lothar Binding (Heidelberg)



(A) )


)(B)

ist der schlagende Beweis dafür, in welche Richtung Sie
denken und in welche Richtung wir arbeiten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724406600

Ich gebe nun das Wort unserer Kollegin Frau Antje

Tillmann.


Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1724406700

Herr Kollege Binding, das Einzige, was ich behauptet

habe, war, dass Sie dem Gesetzentwurf, in dem diese
Verhinderungsmaßnahmen enthalten waren, nicht zuge-
stimmt haben,


(Peer Steinbrück [SPD]: So nicht!)


weil die Zustimmung zum Jahressteuergesetz mit einem
hier im Deutschen Bundestag gar nicht beantragten Vor-
gang, nämlich Regelungen zur gleichgeschlechtlichen
Lebensgemeinschaft, verbunden wurde. FATCA war im
AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz enthalten. Dem haben
Sie nicht zugestimmt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht deswegen!)


– Aber es war ein Gesetz, dem Sie nicht zugestimmt ha-
ben. Mehr habe ich nicht behauptet.

Hinsichtlich der gleichgeschlechtlichen Lebensge-
meinschaften wussten Sie von Anfang an, dass wir dem
zum damaligen Zeitpunkt nicht zustimmen konnten. Sie
hätten den Steuerhinterziehungsmaßnahmen gut ein hal-
bes Jahr eher zustimmen können, wenn Sie es gewollt
hätten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724406800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 17/13716, 17/13704 und 17/13717
an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse
vorgeschlagen. Sie sind damit einverstanden? – Wider-
spruch erhebt sich nicht. Dann haben wir gemeinsam die
Überweisung so beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als Nächstes kommt
der Tagesordnungspunkt 49, den ich jetzt aufrufe:

Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

16. Bericht der Bundesregierung zur Auswär-
tigen Kultur- und Bildungspolitik 2011/2012

– Drucksache 17/12052 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Sportausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und

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(C (D Entwicklung Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und Medien Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Stunde vorgesehen. Alle sind damit einerstanden? – Dann haben wir dies so beschlossen. Nun kommen wir zur Aussprache. Als Erstes darf h für die Bundesregierung Frau Staatsministerin r. Cornelia Pieper das Wort geben. Bitte schön, Frau ollegin Dr. Pieper. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


C
Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1724406900

Danke. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe

ollegen! Ich freue mich sehr, dass wir heute diesen Be-
cht zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik noch
u einer guten Tageszeit unter der Mitberatung der Öf-
ntlichkeit hier vorstellen können. Ich möchte Ihnen zu-

ächst die Frage stellen: Kann ein Land, das Bratwürste
nd Gartenzwerge liebt, das beliebteste Land der Welt
ein? So fragten jüngst die Medien. Beantwortet wurde
ie Frage vor rund einem Monat durch die jährliche Um-
age des Rundfunksenders BBC World Service. 59 Pro-
ent der mehr als 26 000 Befragten in 25 Ländern sehen
en Einfluss Deutschlands in der Welt als vor allem
ositiv. Mit Platz eins liegt Deutschland noch weit vor
anada und Großbritannien.

Meine Damen und Herren, Deutschland ist ein ver-
auenswürdiger und verlässlicher Partner. Diese Wahr-
ehmung hat sich seit Jahren in anderen Ländern immer
ehr verfestigt. In Zeiten der Finanzkrise in Europa, in

er auch manch kritische Töne zu vernehmen sind, ist
as keine Selbstverständlichkeit. Viel haben dazu aus
einer Sicht die Programme der Auswärtigen Kulturpo-
tik beigetragen. So fördern wir den Aufbau und die
flege nachhaltiger Netzwerke, langfristige Bildungs-
artnerschaften sowie den interkulturellen Dialog.

Ein jüngstes Beispiel – viele Kolleginnen und Kolle-
en waren dabei –: die Kunstbiennale in Venedig vor
wei Jahren. 2011 hat der deutsche Pavillon mit der
uratorin Frau Dr. Gaensheimer und dem Künstler
hristoph Schlingensief sogar den Goldenen Löwen ge-
onnen. Die Kunstbiennale in Venedig zeigt: Berlin
ehört zu den attraktivsten und beliebtesten Arbeits-
tandorten für Künstler aus der ganzen Welt. 26 von
0 Künstlern, welche den internationalen Pavillon ge-
taltet haben, arbeiten hier in Berlin. Die Präsentation
es deutschen Pavillons im französischen Pavillon in
iesem Jahr war auch deshalb so erfolgreich, weil wir,
eine lieben Kolleginnen und Kollegen, bewusst für die
reiheit der Kunst geworben haben und Künstlern, die
icht frei in ihrem Land arbeiten und leben können,
aum für ihre Ausstellungen gegeben haben, in diesem

ahr in Venedig zum Beispiel Ai Weiwei.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)






Staatsministerin Cornelia Pieper


(A) )


)(B)

Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik wirbt welt-
weit für Vertrauen, aber auch für unsere Werte, die ge-
prägt sind von Demokratie, Menschenrechten und Tole-
ranz.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Schicken wir deswegen Panzer nach Saudi-Arabien?)


In Istanbul wurde gemeinsam mit den Fraktionen des
Deutschen Bundestages die Kulturakademie Tarabya auf
den Weg gebracht – für den deutsch-türkischen Dialog
der Zivilgesellschaften ein unverzichtbares Projekt, ge-
rade jetzt, um die freiheitlichen Kräfte des Landes zu un-
terstützen.

Auch die „Kunst der Aufklärung“ in Peking, die
größte Ausstellung, die wir aus dem Haushalt der AKBP
je finanziert haben, war ein prägendes Beispiel. Mehr als
600 000 Chinesen, darunter viele Schulklassen, haben
sich mit europäischer Kunst und den europäischen Wer-
ten der Aufklärung unter Betreuung durch junge
Museumspädagogen auseinandergesetzt.

In Budapest läuft aktuell eine Ausstellung des Jüdi-
schen Museums Berlin zum Leben von jüdischen Russen
in Deutschland, die in Kooperation der beiden Außen-
ministerien auch während des Jüdischen Weltkongresses
gezeigt wurde. Im Lichthof des Auswärtigen Amtes wer-
ben wir für ein Welterbeprojekt in Armenien, welches
mit deutscher Technologie Fotografien von 3 000 Jahre
alten Felsbildern ermöglicht.

Ebenso bereiten wir, auch auf Antrag aller Fraktionen
des Deutschen Bundestages, für die Lutherdekade eine
internationale Ausstellung 2016 in den USA und Süd-
korea über die Reformation, dieses geistes- und weltge-
schichtliche Ereignis mit großer Wirkung, vor. Diese
Beispiele stehen für eine werteorientierte Außenpolitik,
für werteorientierte Auswärtige Kultur- und Bildungs-
politik, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, und das
ist gut so.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte an dieser Stelle aus der Präambel der
UNESCO-Verfassung zitieren:

Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muss
auch der Frieden im Geist der Menschen verankert
werden.

Ich glaube, es ist der größte Beitrag der Auswärtigen
Kultur- und Bildungspolitik, dass wir insbesondere
junge Menschen erreichen, ihren Geist erreichen und na-
türlich auch für unsere Werte werben.

Meine Damen und Herren, Tatsache ist: Keine Regie-
rung zuvor hat so viel in Auswärtige Kultur- und Bil-
dungspolitik investiert wie diese, und keine Regierung
zuvor hat so viel in die Köpfe junger Menschen im Aus-
land investiert. Der Haushalt 2013 umfasst 787 Millio-
nen Euro. Er ist damit der größte Haushalt der Auswärti-
gen Kulturpolitik in der Geschichte des Auswärtigen
Amtes. Verglichen mit dem letzten und höchsten Haus-

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(C (D alt der vorherigen Koalition von 2009 steht diese Zahl r einen Zuwachs um 61 Millionen Euro. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


it anderen Worten: Trotz der von der Bundesregierung
rioritär verfolgten Haushaltskonsolidierung konnten die
ufwendungen für die Auswärtige Kultur- und Bil-
ungspolitik auf ein noch nie zuvor erreichtes Niveau
esteigert werden.

Im Gegensatz zu öffentlichen Behauptungen, es wür-
en Goethe-Institute geschlossen, haben wir neue eröff-
et, so 2011 in Nikosia. Dort können junge Menschen
us dem griechischen und aus dem türkischen Teil Zy-
erns den friedlichen Dialog führen. Wir geben ihnen
amit eine Plattform für Zusammenkünfte und Diskus-
ionen. Weitere Eröffnungen wie in Riad, in Tripolis
sobald es die Sicherheitslage erlaubt – stehen an. Im
ommenden Monat werde ich in Myanmar mit dem Prä-
identen des Goethe-Instituts ein Kulturabkommen un-
rzeichnen, durch das nicht nur das Goethe-Institut,

ondern auch andere Institutionen – wie der Deutsche
kademische Austauschdienst – eine rechtliche Platt-
rm für den Aufbau von Strukturen bekommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as ist nicht nur ein großartiges außenpolitisches und
ulturpolitisches Signal, es hilft auch, den Umbruch in
iesem Land zu verstärken bzw. diesem Land beim Auf-
au von friedlichen und demokratischen Strukturen zu
elfen.

Auch dank der Initiative des Bundestages – das will
h hier ausdrücklich erwähnen – für ein zusätzliches
rogramm der deutschen Sprache konnten weltweit
9 neue Sprachlernzentren eröffnet werden. Der Zulauf
u Deutschkursen ist, wie wir wissen, enorm gewachsen,
sbesondere in Südeuropa: In Griechenland ist er um

0 Prozent gewachsen, in Spanien sogar noch mehr.

Sehr erfreuliche Zahlen gibt es auch im Bereich der
örderung der deutschen Sprache: 14 Millionen Men-
chen außerhalb des deutschen Sprachraums lernen
eutsch, über 230 000 Teilnehmer im Jahr besuchen
urse des Goethe-Instituts. Nicht zu vergessen, die
eutschlandjahre. Wir haben gerade erfolgreich ein
eutschlandjahr in Russland durchgeführt und beginnen
un, in Brasilien für den Wirtschafts- und Wissen-
chaftsstandort Deutschland zu werben.

Wir haben auch Aktivitäten zur dualen Berufsausbil-
ung wieder in das Programm der Auswärtigen Bil-
ungspolitik aufgenommen. Das war lange Jahre nicht
er Fall. Gerade an den Transformationsprozessen in den
rabischen Ländern wurde aber erkennbar, wie wichtig
uch die Zusammenarbeit in diesem Bereich ist. Daher
aben wir hier neue Aktivitäten ins Leben gerufen. Ich
ill nur ein Beispiel nennen: die Neugründung einer Be-
fsfachschule für Berufsausbildung im Bereich der er-

euerbaren Energien in Tunis in Tunesien.

Gestern, liebe Kolleginnen und Kollegen, fand in
erlin das Internationale Bildungsfest statt, welches von





Staatsministerin Cornelia Pieper


(A) )


)(B)

mir vor drei Jahren ins Leben gerufen wurde, weil ich
der Auffassung bin, dass sich die Arbeit der Lehrerinnen
und Lehrer und der Schulleiter der deutschen Auslands-
schulen sehen lassen kann.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD] und Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE])


Ich finde, sie verdienen unsere Anerkennung dafür, dass
sie innovative Lernmethoden einführen.

Vor drei Jahren haben wir die Exzellenz-Initiative
„Innovatives Lernen“ gestartet. Als Pilotprojekt zwi-
schen einer Schule in Thailand und einer Schule in Sin-
gapur wurde eine globale Schule auf den Weg gebracht.
Wir haben vereinbart, dass wir den Funken überspringen
lassen wollen von diesen deutschen Auslandsschulen auf
unsere Schulen in Deutschland. Wir wollen dieses digi-
tale Lernen auch mit deutschen Schulen vernetzen. Wa-
rum soll eine Schule in Berlin künftig nicht auch mit ei-
ner Schule in Singapur oder in Barcelona gemeinsam
Unterricht machen? Dank der neuen Möglichkeiten des
digitalen Lernens lassen sich die Voraussetzungen dafür
schaffen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, ich will ausdrücklich noch
einmal für das Auslandsschulgesetz werben und bedanke
mich bei allen Fraktionen für die Unterstützung. Die
Teilnehmer des Internationalen Bildungsfestes haben
gestern noch einmal an uns appelliert, das Auslands-
schulgesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verab-
schieden. Dieses Gesetz bedeutet für die deutschen Aus-
landsschulen Planungssicherheit; das ist ihnen sehr
wichtig. Es geht dabei nicht um mehr Geld, Frau Abge-
ordnete Ulla Schmidt. Wir wollen auf der Basis des ho-
hen Budgets, das wir eingestellt haben, dafür sorgen,
dass die deutschen Auslandsschulen einen Rechts-
anspruch auf Finanzierung für immerhin drei Jahre be-
kommen. Ich glaube, das ist eine hohe Anerkennung der
Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer an diesen Schulen,
die ja auch nach Deutschland zurückkehren und ihre Er-
fahrung an deutschen Schulen einbringen.


(Beifall des Abg. Heiner Kamp [FDP])


Meine Damen und Herren, last, but not least: Die
Bilanz nach vier Jahren – der Bericht zur Auswärtigen
Kultur- und Bildungspolitik liegt Ihnen vor – zeigt: In-
vestitionen in die Auswärtige Kultur-, Bildungs- und
Wissenschaftspolitik sind nicht nur gute Investitionen in
die Zukunft unseres Landes, sondern auch in eine nach-
haltige Friedenspolitik.

Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen,
allen Partnern zu danken, insbesondere natürlich den
Kulturmittlern – dem Goethe-Institut, der Alexander-
von-Humboldt-Stiftung, dem DAAD, dem ifa, der Deut-
schen Welle –, aber auch meinen Kolleginnen und Kolle-
gen im Auswärtigen Ausschuss und vor allen Dingen im
Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungs-
politik und seinem Vorsitzenden, Peter Gauweiler. Herz-

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(C (D chen Dank für die faire Partnerschaft und für die erlgreiche Zusammenarbeit, die heute erkennbar wird! Vielen Dank. Als Nächste spricht unsere Kollegin Ulla Schmidt für ie Sozialdemokraten. Bitte schön, Frau Kollegin Ulla chmidt. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Peter Gauweiler [CDU/CSU])


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724407000


Ulla Schmidt (SPD):
Rede ID: ID1724407100

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

nd Kollegen! Vielen Dank, Frau Staatsministerin für
en Bericht. Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl, dass
er Bericht genauso bunt ist wie die mir vorliegende
roschüre. Aber bunt zu sein allein, bedeutet noch nicht,
ass alles so, wie es ist, auch okay ist.

Zunächst möchte ich sagen, dass die Auswärtige Kul-
r- und Bildungspolitik für uns immer eine sehr bedeu-
nde Rolle als dritte Säule der Außenpolitik gespielt
at; denn über die Auswärtige Kultur- und Bildungspoli-
k ist es uns möglich, einen Prozess des offenen Austau-
ches auf den Weg zu bringen, um die Menschen, die
berall in der Welt für Freiheit und für Emanzipation
ämpfen, zu unterstützen. Auswärtige Kultur- und Bil-
ungspolitik ist auch ein unverzichtbares Element, wenn
s darum geht, für bessere Lebensbedingungen der Men-
chen in ärmeren Ländern zu streiten. Sie dient auch der
risenprävention und der Krisenbewältigung.

Viele der Aktivitäten der jetzigen Bundesregierung
tehen in der Kontinuität vieler Initiativen, die schon
orher auf den Weg gebracht worden sind. Ich denke nur
n die Wissenschaftsinitiative oder an den Aufbau von
artnerschulen, den PASCH-Schulen, durch den vorheri-
en Außenminister Steinmeier.

Wer Ihren Bericht liest, wird auch viele positive Maß-
ahmen darin finden. Wir begrüßen die Aktivitäten zum
ubiläum des Élysée-Vertrages, wir begrüßen Städtepart-
erschaften. Wir stehen gerade in einer Diskussion über
ie Frage, wie wir denn mithilfe der Auswärtigen Kul-
r- und Bildungspolitik in den Ländern tätig werden

önnen, die, wie zum Beispiel Griechenland, von der eu-
päischen Krise besonders betroffen sind. Wir diskutie-
n in diesem Zusammenhang darüber, wie durch die
nterstützung der Kultur und durch die Begegnungen im
ahmen von Städtepartnerschaften ein gegenseitiges
erständnis gefördert werden kann. Wir begrüßen auch
ll die Aktivitäten, über die wir in dieser Woche im Kul-
rausschuss diskutiert haben: zum Beispiel Unterstüt-

ung der Deutschen Welle und Hilfe bei der Ausbildung
on Journalistinnen und Journalisten in den Transforma-
onsländern.

Gerade durch die anhaltende Finanzkrise – auch Sie
aben sie kurz angesprochen – ist deutlich geworden,
ie wichtig Deutschlands Rolle nicht nur in Europa,

ondern auch global ist. Zur Stärke gehört auch, Verant-





Ulla Schmidt (Aachen)



(A) )


)(B)

wortung übernehmen zu wollen. Aber wenn man außen-
politische Verantwortung übernehmen will – und hier
setzt die Kritik an –, dann ist es äußerst fahrlässig, wenn
diese Verantwortung zunehmend auf Cultural Diplo-
macy reduziert wird; denn das greift einfach zu kurz. Die
Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik alleine daran
auszurichten, was Deutschland direkt nutzt, markiert ei-
nen Paradigmenwechsel in der Auswärtigen Kultur- und
Bildungspolitik.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich habe in Ihrem Bericht gelesen, es sei kein Para-
digmenwechsel auf den Weg gebracht worden. Anschei-
nend haben die Diskussionen darüber etwas genutzt.
Diese Bemerkung im Bericht zeigt, dass man diesen Ein-
wand zumindest zur Kenntnis genommen hat.

Wer nachschaut, welches die Schwerpunkte der Aus-
wärtigen Kultur- und Bildungspolitik sind, der erkennt:
Die Schwerpunkte werden festgemacht an Themen wie
Vermittlung der deutschen Sprache, Wissenschaftsstand-
ort Deutschland, Kunst und Kultur aus Deutschland ins
Ausland und Sympathiewerbung für Deutschland. Zu
kurz kommen die Fragen, die für den Austausch der Kul-
turen entscheidend sind. Es geht uns nicht nur darum,
Kultur und Kunst aus Deutschland ins Ausland zu brin-
gen, sondern für uns bedeutet Auswärtige Kultur- und
Bildungspolitik insbesondere, dass wir auch Empfänger
von Kultur sind. Wir wollen den Austausch der Kultu-
ren, damit sich Völker und Menschen dieser Welt auf
Augenhöhe begegnen können. Nur so können wir verste-
hen, wie unsere Partner und Partnerinnen denken und
welches ihre Anliegen sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


So verstehen wir die Auswärtige Kultur- und Bildungs-
politik. Im Unterausschuss können wir Gott sei Dank
fraktionsübergreifend immer über die Schwerpunkte dis-
kutieren.

Der Paradigmenwechsel, der stattgefunden hat, lässt
sich so beschreiben: Auswärtige Kultur- und Bildungs-
politik unter Außenminister Westerwelle dient nur noch
dem Ziel, Deutschland direkt zu nutzen, und nicht dem
Ziel, Freunde in der Welt zu finden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will dazu nur auf einige Punkte eingehen, weil
man nicht alles erwähnen kann:

Erster Punkt. In den allgemeinen Ausführungen sagen
Sie zwar – Sie haben das eben auch angesprochen, Frau
Staatsministerin –, dass der Dialogansatz eine wichtige
Strategie ist und auch zur zivilen Krisenprävention bei-
trägt. Aber die zivile Krisenprävention, die immer auch
Bestandteil der wichtigsten Ziele der Auswärtigen Kul-
tur- und Bildungspolitik war, wird unter den Hauptzielen
gar nicht mehr erwähnt.

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(C (D Zweiter Punkt. Die Programme des Goethe-Instituts, um Beispiel „Kultur und Entwicklung“, die wir alle unrstützen – auch im Unterausschuss – und die sich geau um diese Bereiche kümmern, finden überhaupt eine Erwähnung mehr. (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Dritter Punkt. Man muss sich wundern, dass die Mit-
l für die zivile Krisenprävention auch im Jahre 2013
ieder um mehr als 20 Prozent gekürzt wurden, obwohl
an sagt, dieses Ziel sei wichtig. Ich glaube, wer sich

ie Welt anschaut und sieht, dass die Krisenpotenziale
unehmen, der weiß: Nicht weniger, sondern mehr Kri-
enprävention wäre angebracht, um militärische Inter-
entionen zu vermeiden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE])


Nächster Punkt. Sie haben das Goethe-Institut gelobt.
ir schätzen und unterstützen die gesamte Arbeit der
ulturmittler und unserer Mittlerorganisationen, weil
as das Pfund Deutschlands in der Auswärtigen Kultur-
nd Bildungspolitik ist. Sie reden von einem Rekord-
aushalt in diesem Jahr.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)


h muss sagen: Es gibt kein einziges Jahr in dieser Le-
islaturperiode, in dem wir im Unterausschuss keine
eftigen Debatten hatten, weil die Mittel für das Goethe-
stitut entgegen den erwähnten tollen Versprechen, die

emacht wurden, gekürzt wurden und weil immer mehr
ersucht wurde, Einfluss darauf zu nehmen, was das
oethe-Institut macht. Man hat dem Goethe-Institut auf
er einen Seite eine Budgetierung zugesagt, in dessen
ahmen es selbstständig entscheiden können soll, wie es

eine Aufgaben wahrnimmt. Auf der anderen Seite wird
er Haushalt ständig gekürzt, und die Mittel, die das
oethe-Institut zur Verfügung hat, werden in Pro-
ramme umgelenkt, die auch dem Außenminister zu-
asskommen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1724407200
Das hat
er Haushaltsausschuss – genauer müsste man sagen: die
ertreter der Koalition im Haushaltsausschuss –,


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Das ist ein großer Unterschied!)


u verantworten, dass die Mittel für das Goethe-Institut
m 8 Millionen Euro gekürzt wurden. – Das ist genau
er Betrag, den Sie hier eben lobend erwähnt haben, als
ie davon sprachen, dass mehr Geld für die Förderung
er deutschen Sprache bereitgestellt wird.

Ihre Leute im Haushaltsausschuss haben die Mittel im
aufe der Jahre ständig gekürzt. Es ist nicht fair, auf der
inen Seite das Goethe-Institut für seine Arbeit zur För-
erung der deutschen Sprache im Ausland zu loben und
uf der anderen Seite zuzulassen, dass die Mittel immer
ehr gekürzt werden. Das wird der Arbeit des Goethe-
stituts nicht gerecht.





Ulla Schmidt (Aachen)



(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1724407300
Das war der Haus-
haltsausschuss. Dann gibt es aber zwei mögliche Erklä-
rungen: Entweder man hat mit dem Koalitionspartner
gemeinsame Sache gemacht


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


nach dem Motto „Wenn ihr das macht, dann brauchen
wir das nicht zu tun“, oder aber – und das wäre genauso
bedauerlich – Ihre Fraktion lässt Sie, die Sie zweifels-
ohne großes Engagement für die Auswärtige Kultur- und
Bildungspolitik zeigen, einfach im Regen stehen. Unab-
hängig davon, welche Erklärung zutrifft: Die Auswir-
kung auf die Arbeit des Goethe-Instituts ist negativ.

Sie haben davon gesprochen, mehr Geld zur Verfü-
gung zu stellen. Ich erwähne hier noch einmal: 90 Mil-
lionen Euro mehr für die Finanzierung von Bildung und
Wissenschaft sind zwar in Ihrem Haushalt angekommen,
aber Sie haben dieses Geld dafür genutzt, Löcher zu
stopfen, und nicht dafür, die Aufgaben wie beispiels-
weise Aufgaben im Bereich der Auslandsschulen in aus-
reichendem Maße zu finanzieren. Das ist der Fakt, um
den es hier geht.


(Beifall bei der SPD)


Ein weiterer Punkt ist das Deutschlandjahr. Diesem
gemeinsamen Konzept lag die Idee zugrunde, dass viele
Bereiche wie Bildung, Kultur, Sport, Wirtschaft, Wis-
senschaft und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten
sollen, damit es gelingt, im Rahmen eines sehr ergebnis-
offenen kulturellen Austausches ein positives Deutsch-
landbild nach außen zu vermitteln. Diesen Austausch
brauchen wir zwar auch innerhalb Europas, aber vor al-
len Dingen außerhalb Europas müssen wir diesen Aus-
tausch fördern.

Umso mehr – das sage ich hier ganz klar – bedauert
meine Fraktion, dass die Projektleitung des Deutsch-
landjahres in Brasilien an den Bundesverband der Deut-
schen Industrie vergeben wurde. Wenn man einen
offenen kulturellen Austausch will, wozu das Deutsch-
landjahr beitragen soll, dann muss das Primat der Kul-
turpolitik, das in diesem Bereich immer gegolten hat,
weiterhin gelten, sonst müssen Sie sich den Vorwurf ge-
fallen lassen, dass auch die Deutschlandjahre zu nichts
anderem da sind, als die Interessen der deutschen Indus-
trie zu bedienen. Das entspricht nicht dem ursprüngli-
chen Konzept und auch nicht dem, was unter Frank-
Walter Steinmeier auf den Weg gebracht wurde.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE])


Sie haben vorhin das Auslandsschulgesetz angespro-
chen.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dunkles Kapitel!)


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(C (D h glaube, allen Abgeordneten im Unterausschuss ist ie Wichtigkeit der deutschen Auslandsschulen klar, benso wie die Aufgaben, die wir dort wahrnehmen woln. Wir haben im Unterausschuss einstimmig gesagt: Ja, ir wollen ein Auslandsschulgesetz, mit dem die Finan ierung auf eine verlässliche Basis gestellt wird. Wir ollen damit Planungssicherheit für die Auslandsschun erreichen; denn sie ist eine Voraussetzung dafür, dass ie Schulen die Qualität erbringen können, die wir uns lle wünschen. ir hätten Ihnen ein bisschen mehr Unterstützung seins des Außenministers gewünscht und auch, dass er ie nicht im Regen stehen lässt. (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1724407400

as, was im Zusammenhang mit dem gesetzlichen An-
pruch einiger Schulen und mit der Beilegung des Strei-
s um den Versorgungsausgleich geregelt wurde, ist
och kein Gesetz.

Sie haben eben gesagt, dass die Mittel für den Schul-
nds nicht aufgestockt werden müssen. Darüber muss
an reden. Man muss auch darüber reden, wie groß dann

as Stück vom Kuchen ist, das jede einzelne Schule be-
ommt, zumal Sie, Frau Staatsministerin, gesagt haben,
ass die Zahl der PASCH-Schulen auf 2 000 aufgestockt
erden soll. Wenn dann kein Cent zusätzlich vorhanden
t und keine entsprechende Haushaltsposition dahinter-

teht, dann bekommt jede einzelne Schule weniger. Da-
ber muss man offen reden und das auch zur Abstim-
ung stellen.

Wir wollen ein Auslandsschulgesetz. Ich sage aber
uch deutlich: Wo „Auslandsschulgesetz“ draufsteht,
uss auch „Auslandsschulgesetz“ drin sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE])


ir fordern eine gute Qualität. Die entsprechende Ver-
altungsvereinbarung und die Verwaltungsverordnung
azu wollen wir vorher sehen; denn darin wird festge-
gt, wie die Förderung der einzelnen Schulen ausgestal-
t wird.

Ich habe noch im Ohr, was der Vertreter des Bundes-
chnungshofes bei der externen Anhörung diese Woche
Haushaltsausschuss gesagt hat: Die finanziellen

chwierigkeiten, die 2010 und 2011 bei den Auslands-
chulen aufgetreten sind, lagen nicht im Zuwendungs-
cht begründet, sondern waren darauf zurückzuführen,

ass es eine mangelnde Ausgestaltung des Haushalts
ufgrund des ständigen Aufwuchses bei den PASCH-
chulen gab. – Darüber wollen wir reden. Dazu werden
ir nächste Woche noch Gelegenheit haben.

Lassen Sie mich abschließend sagen: Wir schätzen
nd erkennen Ihr Engagement an.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie des Abg. Dr. Thomas Feist [CDU/CSU])






Ulla Schmidt (Aachen)



(A) )


)(B)

Wir sehen aber auch, dass sich Außenminister
Westerwelle nicht einen Deut für diesen Bereich der aus-
wärtigen Politik interessiert. Was könnte das Desinte-
resse des Außenministers besser zeigen als die Tatsache,
dass er es in der nun zu Ende gehenden Legislatur-
periode nicht ein einziges Mal für nötig befunden hat,
den zuständigen Ausschuss zu besuchen und dort für
eine Diskussion zur Verfügung zu stehen? Ich glaube,
mehr brauche ich nicht zu sagen. Er hat kein Interesse
und wird auch kein Interesse zeigen. Das einzige Inte-
resse, das er hat, ist, dafür zu sorgen, dass die Erfüllung
der deutschen Wirtschaftsinteressen im Ausland gewähr-
leistet ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724407500

Vielen Dank, Frau Kollegin Ulla Schmidt. – Nächster

Redner für die Fraktion von CDU und CSU ist unser
Kollege Dr. Peter Gauweiler. Bitte schön, Kollege Peter
Gauweiler.


(Beifall bei der CDU/CSU – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unser Chef!)



Dr. Peter Gauweiler (CSU):
Rede ID: ID1724407600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich finde es sehr nett, dass die Kollegin Schmidt
als Sprecherin der Opposition trotz der Fälle, in denen
sie den Finger in die Wunde gelegt hat, nicht vergessen
hat, die Arbeit unserer Kollegin Pieper zu würdigen. Ich
möchte mich dem im Namen der Koalition und des gan-
zen Unterausschusses sehr herzlich anschließen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Hauptdank gebührt den Trägern der Auswärtigen
Kulturpolitik, vom Goethe-Institut – ich schließe mich
an dieser Stelle Ihrer Kritik an der Haushaltspolitik an,
Frau Schmidt – über den Deutschen Akademischen Aus-
tauschdienst und die Humboldtianer bis hin zu den Stif-
tungen, insbesondere den politischen. Diese Debatte darf
nicht ohne den Hinweis zu Ende gehen, dass wir uns
alle, also inklusive der Linken, hinter die Konrad-
Adenauer-Stiftung stellen


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


und gegen das unverschämte Urteil protestieren, das ein
ägyptisches Gericht gegen den Leiter der Konrad-
Adenauer-Stiftung in Kairo verhängt hat. Wir erwarten
von der Bundesregierung, dass dies Konsequenzen nach
sich zieht, und wir erwarten von den ägyptischen Instan-
zen, dass diese unerhörte Entscheidung aufgehoben
wird.

Wir debattieren heute nicht über Einzelpunkte, son-
dern über den Grundsatzbericht zur Auswärtigen Kultur-

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(C (D nd Bildungspolitik. Außenpolitik wird verstanden als in Interaktionsprozess, in dem ein Staat grundlegende iele und Werte in Konkurrenz zu anderen Staaten zu relisieren versucht. Auf Deutsch: Der Staat will gut dasteen. Frau Schmidt, hier unterscheiden wir uns in einer uance. Sie sagen, die Tatsache, dass Minister esterwelle alles tut, was Deutschland nutzt, stehe im iderspruch zu dem Ziel, Freunde in aller Welt zu geinnen. Ich sehe darin keinen Gegensatz. Freunde in alr Welt zu haben, ist von großem Nutzen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


in Minister ist nun einmal dafür da, seinem eigenen
and nutzbringend zu dienen. Wem denn sonst?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Beides ist wichtig! Der Minister macht nur eines!)


Ja, beides. Das stimmt. Das ist wie rechte Hand und
nke Hand.

Wenn das Ziel der deutschen Außenpolitik ist,
reunde zu gewinnen und die Interessen des eigenen
andes nutzbringend zu verfolgen, dann muss sie alles
n, damit Deutschland in der Welt – darin sind wir uns

icherlich einig – gut dasteht. Wann steht unser Land am
esten da, egal ob ein rot-grünes oder schwarz-gelbes
rußwort gehalten wird? Wenn es sich als Volk der
ichter und Denker präsentiert. Insofern ist die Auswär-
ge Kultur- und Bildungspolitik nicht nur die dritte
äule der Außenpolitik, sondern auch eine Art politi-
cher Violinschlüssel, dessen sich das Außenpolitische
wenn es denn in seiner organisierten Form überhaupt
inn hat – in einer globalen Welt bedienen sollte.

Es geht um die Vermittlung eines positiven Deutsch-
ndbildes, um die Begegnung mit der Kultur und
esellschaft des Gastlandes – natürlich gibt es eine
rückenfunktion –, und es geht auch um Konfliktprä-
ention; deswegen reden wir ja von der Bibliothek in
ordkorea genauso wie von der Öffnung des Goethe-
stitutes in Teheran. Wir reden darüber, dass im Okto-

er dieses Jahres auf Kuba, in Havanna, Richard Wagner
um ersten Mal seit 40 Jahren wieder in deutscher Spra-
he aufgeführt werden wird.

Wir reden gleichzeitig von der Wertevermittlung:
reiheit, Demokratie, Menschenrechte. Wir reden auch
avon, dass wir mit den Deutschen im Ausland insbe-
ondere auch auf kultureller Basis Verbindung halten
nd dass wir uns ihnen kulturell verpflichtet fühlen. Wir
rleben doch, wenn wir mit ihnen sprechen, was es im
inzelnen für großartige Menschen sind, die oft nach
esseren kulturellen Initiativen hungern und dürsten und
ie sich übrigens auch auf noch bessere Beiträge in der
eutschen Welle freuen. Ich will nicht deren Verdienste
leinreden. Aber nichts ist so gut, dass es nicht noch bes-
er werden könnte, habe ich gerade wieder in Griechen-
nd gedacht, als ich dort eine Sendung gesehen habe.

Ich möchte aus aktuellem Anlass eine Bemerkung zu
en Auslandsschulen und zu der Debatte um das
uslandsschulgesetz machen. Diese sind – mit 141 deut-





Dr. Peter Gauweiler


(A) )


)(B)

schen Auslandsschulen in 72 Ländern – einer der zentra-
len, der wesentlichen Punkte unserer Auswärtigen Kul-
tur- und Bildungspolitik. Aktuell gibt es mehr als
390 000 Schüler, stellen Sie sich das bitte einmal vor.
Dies ist der Anker für die Identität der Auslandsdeut-
schen, und es ist eine neue Verbindungslinie für die
ausländischen Schüler, die dadurch mit der deutschen
Sprache und mit der deutschen Kultur in Berührung
kommen.

Wir haben im Bundestag im Jahre 2008 einstimmig
eine Resolution über die Weiterentwicklung des deut-
schen Auslandsschulwesens verabschiedet. Jeder hier
hat zugestimmt, und zwar nicht nur ein paar gefühls-
starke Naive aus dem Unterausschuss Auswärtige Kul-
tur- und Bildungspolitik,


(Beifall der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD])


sondern auch die großmächtigen Haushaltspolitiker und
-politikerinnen dieses, unseres Hauses. Einstimmig! In
dieser Resolution heißt es:

Wenngleich die Schulen von privaten Trägerverei-
nen eigenverantwortlich und zu einem erheblichen
Umfang durch Eigenleistungen geführt werden,
müssen die Möglichkeiten Öffentlich-Privater
Partnerschaft stärker als bisher genutzt werden. In-
novative Ansätze müssen gefunden werden, um die
gebotene Erweiterung des Auslandsschulnetzes
finanziell … zu realisieren.

„Stärker“ ist in der deutschen Sprache und Gramma-
tik ein Komparativ. „Stärker“ heißt mehr und nicht weni-
ger. Wenn ich jetzt höre, dass der Bundesrechnungshof
in einer verdienstvollen Anhörung zum neuen Entwurf
des Auslandsschulgesetzes erklärt hat, das könne zu ei-
ner stärkeren finanziellen Belastung führen, dann sage
ich: Bingo, liebe Freunde! Wir wollen und müssen in
diesem Bereich mehr ausgeben. Das ist eine politische
Richtungsbestimmung nicht nur einer Fraktion, sondern
des gesamten deutschen Parlaments.


(Beifall im ganzen Hause)


Wenn jemand das nicht will, muss er hier einen An-
trag stellen, dass das rückgängig gemacht wird. Anders
geht es überhaupt nicht.

Wir haben diese vier Jahre intensiv – in Anhörungen,
durch Einladungen, Gespräche, Besuche, Kongresse; das
war alles sehr interessant, sonst hätte ich gesagt, dass es
mir zum Halse heraushängt – dazu genutzt, die Dinge im
Einzelnen nach vorne zu bringen und zu behandeln.
Daraus wurde dann nach langen, qualvollen Reden ein
Entwurf für ein Gesetz.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tja!)


Wir haben uns dann verständigt, um diesen Gesetz-
entwurf überhaupt auf den Weg zu bringen. Frau Pieper,
Sie wissen um die Schwierigkeiten, die Sie selbst in dem
gesamten Verwaltungsbiotop hatten,


(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Claudia Roth [Augs u W P B s S – n G z G s s d s v d n w ü 3 E d m ti – m ü a s H e li h v n h s H e p m (C (D burg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war jetzt aber freundlich!)


m das überhaupt durchzubringen. Wir haben gesagt:
ir nehmen diesen Gesetzentwurf und werden die

unkte, die sich aufgrund der Resolution des Deutschen
undestages zwingend ergeben haben, in einzelne Vor-

chläge umsetzen. Ich danke hier insbesondere meinem
tellvertreter, Herrn Leibrecht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ja, da könnt ihr schon einmal klatschen.

Es geht im Wesentlichen darum, wie viele Abschlüsse
otwendig sind, um eine Auslandsschule im Sinne des
esetzes anzuerkennen. Die Anerkennungsvorausset-

ungen können Sie nicht mit der Lage in einer deutschen
roßstadt vergleichen. Im Ausland sind die Zahlen logi-

cherweise kleiner. Das hat damit zu tun, dass Auslands-
chulprojekte nicht nur dem allgemeinen Schulverkehr
ienen, sondern dass sie – wunderbarer Ausdruck – für
ich genommen Leuchtturmprojekte sind. Man muss sie
on weitem sehen können. Dies setzt aber auch voraus,
ass man eine kleinere Schule dadurch fördert, dass
icht 20 Abschlüsse gefordert werden, sondern 5, wie
ir vorgeschlagen haben.

Ich verbitte mir in aller Form, mir von Leuten, die
berhaupt kein Problem damit haben, innerhalb von
0 Minuten Bürgschaften in Höhe von 190 Milliarden
uro zu beschließen, sagen zu lassen, dass wir den Bun-
eshaushalt mit den dafür notwendigen paar Millionen
aßlos belasten würden. Hier verwechselt man die Rela-
onen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ihr seid meine Freunde.

Das, Herr Leibrecht, war unsere Initiative. Ich freue
ich, dass es jetzt einen Kompromissvorschlag gibt,

ber den man sich einigen kann. Ich bitte in diesem Fall
uch die Opposition, die in diesem Fall nicht Opposition,
ondern Trägerin der Mehrheit im Bundesrat ist, ihrem
erzen einen Stoß zu geben: 20 Abschlüsse fordern die

inen, 5 die anderen. Jetzt gibt es einen Vorschlag bezüg-
ch 12. Ich danke dem Kollegen Mißfelder, dass er sich
ier so massiv dafür eingesetzt hat, dass wir die Kuh
om Eis bringen und dieses Gesetz in Gottes Namen
och durchsetzen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht um jeden Preis!)


Ein Letztes. Auf Seite 16 des Berichts, um den es
eute geht, wird das Thema berufliche Bildung ange-
prochen. Inspiriert von Debatten auf allen Seiten des
auses haben wir das Thema berufliche Bildung auch zu

inem Thema der Auswärtigen Kultur- und Bildungs-
olitik gemacht. Ich habe mir erlaubt, den Vorschlag zu
achen, dass es nicht nur um einzelne Fördertöpfe geht.





Dr. Peter Gauweiler


(A) )


)(B)

Die Fachleute aus allen Richtungen sagen: Wir müssen
im Ausland, insbesondere in der EU, dort, wo es drama-
tisch ausschaut – ich nenne die Jugendarbeitslosigkeit in
Höhe von 50 Prozent –, die Arbeitsmärkte wieder zum
Atmen bringen.

Wir haben den Vorschlag unterbreitet – da gibt es be-
reits Versuche –, Berufsschulzweige an die deutschen
Schulen im Ausland anzugliedern. Das sollten wir
gemeinsam mit der Wirtschaft tun; sie brauchen wir
dringend dazu. Wenn Sie an der deutschen Schule in
Thessaloniki 50 oder 100 Schülern ein Stipendium ge-
ben würden – ähnlich wie die Humboldt-Stiftung Akade-
mikern –, dann wäre das billiger als der Kongress von
Herrn Berggruen in Paris.


(Heiterkeit des Abg. Philipp Mißfelder [CDU/ CSU])


Das würde Schwung bringen; das würde die Dinge in
Bewegung bringen.

Noch in dieser Legislaturperiode soll dazu eine Anhö-
rung stattfinden. Ich lade Sie herzlich dazu ein. Bei uns
darf man im Gegensatz zum Haushaltsausschuss an den
Anhörungen teilnehmen und auch mitreden. Ich lade Sie
herzlich dazu ein und auch dazu, uns übergreifend bei
dieser Initiative zu unterstützen.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724407700

Vielen Dank, Kollege Dr. Peter Gauweiler. – Nächste

Rednerin für die Fraktion Die Linke ist unsere Kollegin
Frau Dr. Lukrezia Jochimsen. Bitte schön, Frau Kollegin
Dr. Jochimsen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724407800

Herr Präsident! Frau Staatsministerin! Liebe Kollegen

und Kolleginnen! Liebe Zuhörer und Zuschauer! Es gibt
diesen vielversprechenden Begriff für die Auswärtige
Kulturpolitik: Sie sei die „dritte Säule“ unserer Außen-
politik. Diese Säule haben wir Parlamentarier schon in
schwierigem Zustand erlebt: fast baufällig geworden um
2005, aber dann langsam wieder aufgerichtet und stabili-
siert. Bis dann mit der Konzeption „Auswärtige Kultur-
und Bildungspolitik in Zeiten der Globalisierung“ 2011
deutlich wurde, dass unsere bewährte Säule neue
Elemente tragen soll: zum Beispiel „ein positives und
wirklichkeitsgetreues Deutschlandbild im Ausland zu
vermitteln“ und so für Deutschland als Bildungs- und
Wissenschaftsstandort sowie als attraktiven Standort der
Wirtschaft – in Klammern: kreativ – zu werben.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Da steckt der Teufel im Detail. Letzteres darf nämlich
aus meiner Überzeugung nicht das Übergewicht bekom-
men. Es muss vielmehr weiterhin ein Gleichgewicht
zwischen den kulturellen, wissenschaftlichen und wirt-

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(C (D chaftlichen Aufgaben geben. Das ist aber eben nicht der all, wie ich Ihnen gleich an einem Beispiel ganz konret darstellen werde. s war und bleibt ein Paradigmenwechsel, auch wenn as in Ihrem Bericht verneint wird, Frau Staatsministen. Als erstes Beispiel will ich Ihnen von der Geschichte es sogenannten German American Forums in New ork berichten. 1960 bekam die Bundesregierung von rivater Seite ein 1907 errichtetes sechsstöckiges Haus Zentrum der Fifth Avenue mit der Vorgabe, hier einen rt der Förderung transatlantischer Beziehungen zu chaffen. Jahrzehntelang hatte hier das Goethe-Institut einen Sitz: das Goethe House. Es repräsentierte in New ork auf gute alte Weise die dritte Säule deutscher Ausndspolitik, bis es vor zwei Jahren in größere Räumlicheiten in SoHo umzog. Wie soll nun mit diesem deutsch-amerikanischen ulturerbe 2012/2013 umgegangen werden? Zunächst ieß es: verkaufen. Solch ein Juwel an der Fifth Avenue ringt Millionen. Als dieser Barbarenplan Anfang 2012 llen gelassen wurde, erarbeiteten Goethe-Institut und uswärtiges Amt ein neues Konzept. Das Goethestitut wollte eine Nutzung im alten Sinn: Lesungen, eminare, Kulturveranstaltungen, Ausstellungen, Arsts in Residence. Das Auswärtige Amt wollte etwas ganz anderes. Ich itiere aus dem Konzept: Das Haus in der Fifth Avenue soll ein Ort des transatlantischen Dialogs zwischen herausragenden Köpfen aus Politik, Wirtschaft, Finanzen und Kultur und Medien zu relevanten Gegenwartsund Zukunftsthemen werden (z. B. Finanzwelt, … Energie, neue Medien, … Deutschlands Rolle in den Vereinten Nationen …)


(Beifall bei der LINKEN)


Große Förderer des transatlantischen Verhältnisses
sollen … die Möglichkeit erhalten, zukunftswei-
sende Ideen für den transatlantischen Dialog zu ent-
wickeln und zu diskutieren. Sie sind auch eingela-
den, an der konkreten Ausgestaltung des Konzepts
mitzuwirken, um ihre Vorstellungen und Wünsche
angemessen berücksichtigt zu sehen.

Für den Betrieb des Forums sollen Mittel von privater
nd unternehmerischer Seite in Deutschland und in den
SA eingeworben werden mit – man höre und staune –
oppelter Spendenabzugsfähigkeit, attraktiven Mitwir-
ungsmöglichkeiten der Sponsoren usw., usw.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Das Auswärtige Amt setzte durch, dass das Goethe-
stitut sein Konzept zurückzog. Paradigmenwechsel?
lar, Paradigmenwechsel! Statt Kulturdialog, statt Kul-
raustausch: deutsche Wirtschaftsinteressen an einem

ttraktiven Ort, der vom deutschen Steuerzahler finan-
iert wird. Der Unterausschuss Auswärtige Kultur- und
ildungspolitik hat dieses Konzept einstimmig abge-
hnt. Jetzt ruht das Projekt.





Dr. Lukrezia Jochimsen


(A) )


)(B)


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In der nächsten Legislaturperiode wird sich entscheiden,
was aus dem Goethe House in New York wird.

Das zweite Beispiel für einen Paradigmenwechsel:
das geplante Auslandsschulgesetz. Ja, jahrelang wurde
darum gerungen, den deutschen Schulen im Ausland
Rechts- und Planungssicherung einzuräumen. Nun ist
das Gesetz da. Aber wem nutzt es? Die Rechts- und Pla-
nungssicherheit gilt eben nur für einen Teil der Schulen,
für die großen, die wirtschaftlich starken. Nur 45 von
141 sollen in den Genuss des Gesetzes kommen, viel-
leicht auch ein paar mehr, wenn es zu einem Kompro-
miss kommt.

Eklatant aber bleibt: Es wird privilegierte und be-
nachteiligte Schulen geben, eine erste und zweite Kate-
gorie. Das ist neu. Das verabschiedet sich von den bishe-
rigen Förderkriterien, die für alle Schulen gleichermaßen
galten. Wir werden das auf keinen Fall mitmachen. Für
uns kommt da kein Kompromiss infrage.


(Beifall bei der LINKEN)


Paradigmenwechsel eben auch hier. So sollte es in
Zukunft auf keinen Fall weitergehen.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD])


Da dies wahrscheinlich meine letzte Rede zur Aus-
wärtigen Kulturpolitik in diesem Hohen Haus sein wird,


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schade!)


erlaube ich mir zum Schluss, eine Idee für die Zukunft
vorzutragen: Machen Sie nicht so weiter wie bisher.
Machen Sie etwas Neues. Schaffen Sie für die Zukunft
ein veritables Kulturministerium mit nationalen wie in-
ternationalen Aufgaben.

Wie sehr diese Aufgaben schon jetzt ineinander über-
gehen und kaum mehr zu trennen sind, erleben wir in der
augenblicklichen Auseinandersetzung um das Freihan-
delsabkommen zwischen USA und EU. Also: Bundes-
politische Kulturpolitik wie Auswärtige Kulturpolitik
unter einem Dach!

Schon 2005 haben wir in einem Sondervotum im
Rahmen der Enquete-Kommission „Kultur in Deutsch-
land“ festgehalten:

Die Fraktion DIE LINKE. spricht sich für eine wei-
tere Stärkung der Bundeskulturpolitik durch die
Einführung des Amtes eines Bundeskulturministers
mit Kabinettsrang aus. Wir plädieren für eine Bün-
delung der verschiedenen Aufgabenfelder in einem
Kulturministerium, um die Belange der Kultur ge-
genüber anderen Ressorts sowie auf europäischer
Ebene wirksamer vertreten zu können.

Diese Position vertreten wir bis heute. Das wäre ein Pa-
radigmenwechsel, wie wir ihn befürworten.

Also: Stärken Sie die auswärtige wie die nationale
Kulturpolitik durch eine Ministerin oder einen Minister,

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(C (D leichberechtigt am Kabinettstisch und in der ersten eihe der Minister in Brüssel, mit weltweiten Möglicheiten der friedlichen Kulturförderung. Danke. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724407900

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächste Rednerin in

nserer Aussprache ist für die Fraktion Bündnis 90/Die
rünen unsere Kollegin Frau Claudia Roth. Bitte schön,
rau Kollegin Claudia Roth.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Lieber Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen!

um Ende dieser Legislatur ist es an der Zeit, Bilanz zu
iehen, nicht nur über die im vorliegenden Bericht be-
andelten Jahre 2011 und 2012, sondern über vier Jahre
uswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Da ist viel
icht mit engagierter parlamentarischer Arbeit,


(Beifall bei der FDP)


a ist aber auch heftiger Schatten mit absolut überflüssi-
en Konflikten, die den Politikbereich behindert haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ein sehr wichtiges Leitmotiv der Arbeit im Unteraus-
chuss ist, dass Auswärtige Kulturpolitik dorthin geht,
o sonst nichts mehr möglich ist, dass sie Türen öffnet,
enn politische Diplomatie am Ende ist. Genau in die-

em Sinn haben wir in einem sehr engagierten und kolle-
ialen Unterausschuss gearbeitet,


(Beifall des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


er nicht zuletzt wegen seines Vorsitzenden parteilich,
ber nicht parteipolitisch die Anliegen der Auswärtigen
ultur- und Bildungspolitik vertreten hat,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


um Beispiel auf Reisen, jüngst in den Libanon, nach
eirut, mitten ins Krisengebiet, vor kurzem nach Kairo,
o wir uns mit Vertreterinnen und Vertretern der
onrad-Adenauer-Stiftung getroffen haben sowie den
mgang mit der Stiftung im Gespräch mit der politi-

chen Führung angesprochen und kritisiert haben, in den
an, nach Teheran und Ghom, wo wir versucht haben,
ie klitzekleinen Fenster des Dialogs zu öffnen, nach
ordkorea, zusammen mit dem DFB, oder nach Grie-

henland, wo ein expliziter Euro-Kritiker, Dr. Gauweiler,
ffentlich mit der expliziten Befürworterin Roth disku-
ert und bei allen inhaltlichen Unterschieden gemeinsam
egen populistische, antigriechische Hetze gekämpft hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)






Claudia Roth (Augsburg)



(A) )


)(B)

Ich glaube, das offenbart die Kultur im Unterausschuss
Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik.

Eigentlich müsste jedes Ministerium der Welt über so
engagierte Abgeordnete, über eine solche parlamentari-
sche Unterstützung froh sein. Aber wir haben in den
letzten vier Jahren – das nimmt nichts von der Würdi-
gung Ihres Engagements, Frau Pieper, weg – leider sehr
oft eine Außenamtsführung erlebt, die nichts mit den
Bällen anfangen konnte, die ihr aus dem Parlament zu-
gespielt wurden, einen Außenminister,


(Zuruf von der CDU/CSU: Joschka Fischer!)


der in der Tat von Außenkulturpolitik als der dritten
Säule der Außenpolitik redet. Jetzt zeige ich Ihnen etwas
von meiner Bildung: Er ist ein bisschen wie ein Säulen-
heiliger, der sich dem Prinzip „Stabilitas loci“,


(Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Wunderbar! Sehr gut!)


das heißt „Verweilen am Ort“, verpflichtet hat, also kei-
nen Schritt vorankommt, viel redet, aber nichts sagt.


(Zurufe von der CDU/CSU)


– Da guckt ihr! So gebildet sind wir nämlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE])


Der Außenminister hat es in den letzten vier Jahren
nicht geschafft – da hat Ulla Schmidt recht; das hilft ihm
gar nicht – oder es nicht für nötig befunden, ein einziges
Mal in den Ausschuss zu kommen, wo er Unterstützung
bekommen hätte, wenn er eine richtige Politik hätte ma-
chen wollen. Er will sich zwar mit Kultur schmücken,
versteht darunter aber die Umfunktionierung des
Goethe-Instituts in der Fifth Avenue in New York in eine
Businesslounge. So haben wir diesen historischen Ort
mitten in New York definitiv nie verstanden. Das ist zum
Glück mithilfe des Auswärtigen Ausschusses verhindert
worden. Vielen Dank an Philipp Mißfelder und andere
Kollegen, die diesen Schmarrn verhindert haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD] und Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE])


Statt die Chancen und Herausforderungen der Aus-
wärtigen Kultur- und Bildungspolitik zu nutzen, geht
diese Regierung einen anderen Weg. Ich gebe Ihnen
nicht recht, Frau Pieper, wenn Sie sich auf die men-
schenrechtsbasierte Außenpolitik beziehen. Was hat es
denn, bitte schön, mit Menschenrechten zu tun, wenn
aus Außenpolitik immer mehr Industriepolitik im Inte-
resse der Waffenindustrie wird?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD] und Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE] – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Sonst könnte man nicht Panzer nach Saudi-Arabien lie-
fern.

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(C (D Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Stinner? Claudia Roth EN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724408000
Ja, gerne, Herr Stinner.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724408100

Bitte schön.


Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1724408200

Frau Kollegin, Sie zeichnen hier ein verzerrtes Bild

er deutschen Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik.
as können wir so nicht stehen lassen.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Ist das die Frage?


Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1724408300

Denn es besteht die große Gefahr, dass die vielen Zu-

chauer hier und die Tausende Zuhörer zu Hause glau-
en, was Sie erzählen. Das Gegenteil, von dem, was Sie
rzählen, ist richtig.

Ich bitte Sie, hier im Deutschen Bundestag der deut-
chen Öffentlichkeit zu erklären, dass Sie anerkennen,
ass der Etat der Auswärtigen Kultur- und Bildungspoli-
k noch nie so hoch war wie heute. Ich bitte Sie, zur
enntnis zu nehmen, dass unter der Ägide des Außen-
inisters Fischer von den Grünen – das war vor langer
eit – der Stellenwert der Auswärtigen Kulturpolitik, in-
lusive des Schutzes des Goethe-Instituts, im Keller war.


(Zuruf von der CDU/CSU: So war das!)


rst unter dieser Bundesregierung kam es wieder zu ei-
em Aufschwung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich finde es sehr interessant, dass Sie es wie die Kol-
ginnen und Kollegen von der Opposition, die bisher
esprochen haben, denunzieren, dass deutsche Politik
urchaus auch deutsche Interessen zu berücksichtigen
at. Ich bitte alle, die jetzt zuhören, sich zu vergegen-
ärtigen, dass die Opposition etwas dagegen hat, dass
eutsche Politik auch deutsche Interessen verfolgt.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Das ist doch keine Frage, mit Verlaub.


Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1724408400

Liebe Frau Kollegin, ich weiß nicht, wie lange Sie

em Deutschen Bundestag angehören. Es ist nicht so,
ass ich eine Frage stellen muss. Ich werde aber zum
chluss eine Frage stellen, nämlich ob Sie Ihre Position
orrigieren wollen.





Dr. Rainer Stinner


(A) )


)(B)

Letzter Punkt. Ich finde es außerordentlich eigenartig,
dass die Kolleginnen von der Opposition in den Raum
stellen, dass die Förderung der deutschen Sprache, die
derzeit sehr stark in den Vordergrund gestellt wird, zu
kritisieren ist. Ich sage Ihnen, dass das nicht richtig ist.
Fragen Sie die Zuschauerinnen und Zuschauer auf den
Tribünen, ob es derzeit nicht sinnvoll ist, die deutsche
Sprache, zum Beispiel im Interesse der jungen Spanie-
rinnen und Spanier, im Ausland zu fördern. Wir fördern
so unsere Interessen, gleichzeitig fördern wir aber auch
die Lebenschancen vieler junger Menschen im Ausland.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD], an die FDP gewandt: Warum habt ihr dem Stinner keine Redezeit gegeben?)


Angesichts dieser Tatsachen frage ich Sie, Frau Kol-
legin: Sind Sie bereit, Ihre negative Beurteilung zu über-
denken und in ein Lob für diese Bundesregierung ange-
sichts ihrer erfolgreichen Politik einzustimmen?


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Herr Stinner, wenn es etwas zu loben geben würde,
würde ich es tun.

Wir reden über eine menschenrechtsbasierte Außen-
politik; darauf hat sich Frau Pieper bezogen. Jetzt erklä-
ren Sie mir doch bitte schön: Was hat es mit menschen-
rechtsbasierter Außenpolitik zu tun, wenn man an ein
Land wie Saudi-Arabien Panzer, Haubitzen und Hand-
waffen liefert, obwohl man weiß, dass dort Menschen-
rechte, zum Beispiel Frauenrechte, mit Füßen getreten
werden?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Was hat es mit einer menschenrechtsbasierten Außen-
politik zu tun, dass exzessive Rüstungslieferungen an
Katar vonstattengehen sollen?


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Das kann doch wohl nicht wahr sein! Das ist unmöglich! Unsäglich!)


Katar ist Hauptfinanzier der Salafisten, derjenigen, die in
Mali ihr Unwesen treiben und Terror verbreiten, Haupt-
finanzier jener Kräfte, die in Syrien die Al-Nusra-Front
bilden und Jagd auf die Christen machen. Das hat mit
menschenrechtsbasierter Außenpolitik nichts zu tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Sie werden niemals Staatsministerin!)


Aus den genannten Gründen singe ich nicht das Ho-
helied dieser Bundesregierung. Die neue außenpolitische
Doktrin ist nämlich: Außenpolitik wird zu Industriepoli-

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(C (D k, Entwicklungspolitik wird zur Außenwirtschaftspolik, (Beifall des Abg. Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ein bisschen lauter bitte!)


tatt globale Verantwortung und Armutsbekämpfung in
en Vordergrund zu stellen. – Vielen Dank für Ihre rei-
ende Frage.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf der CDU/CSU: Demagogin!)


In ihrem Bericht stellt die Bundesregierung die neue
onzeption der Auswärtigen Kultur- und Bildungspoli-
k heraus. Da setzt auch Kritik an. Denn die dort ver-
etenen Ideen einer weiteren Privatisierung und einer
usrichtung auf die Bedürfnisse der Wirtschaft – das

ieht sich da durch wie ein vor allem gelber Faden – eig-
en sich nicht als wirkliche Leitlinie.

Herr Dr. Gauweiler, die Interessen der deutschen
irtschaft sind nicht automatisch die Interessen
eutschlands.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


atürlich muss eine solche Politik auch im Interesse
eutschlands sein. Auswärtige Kulturpolitik kann doch
icht zu einer Art Werbeagentur für die Interessen der
eutschen Wirtschaft verkommen.

Jetzt wird der Haushalt gefeiert. Herr Stinner, wir ha-
en es natürlich sehr bedauert und auch kritisiert, dass
um Beispiel in rot-grünen Zeiten ein wichtiges Goethe-
stitut fast verschwunden wäre, das jetzt wieder eröff-

et werden konnte, und zwar in Zypern, direkt an der
tzten Mauer in Europa. So stark und selbstbewusst sind
ir schon, Fehler auch einzugestehen.

Aber jetzt reden wir einmal über die Wahrheit dieses
aushalts. Die Koalition hat – immerhin, das stimmt –

u Beginn ein 12-Milliarden-Euro-Bildungsprogramm
roß beworben; das war gut. Erwähnt wurde aber nicht
as Löcherstopfen, für das die Sondermittel aus dem Bil-
ungsetat zweckentfremdet wurden. Wie viel von diesen
eldern aus dem 12-Milliarden-Euro-Topf ist eigentlich
den vergangenen Jahren versickert? Was ist das über-

aupt für ein Potemkin-Programm? Und was von diesen
eldern ist, bitte schön, tatsächlich bei der Auswärtigen
ildungspolitik angekommen?

Ich hätte mir gewünscht – mein besonderer Freund
oppelin ist gerade nicht anwesend –, dass sich die
oalitionshaushälter einmal um die Aufklärung dieser
ache bemühen, statt ihren Ehrgeiz nun in die Verhinde-
ng des Auslandsschulgesetzes zu legen. Das hätte

eutlich mehr gebracht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD])


Eines verstehe ich wirklich nicht, Frau Pieper. Sie ha-
en alle Kolleginnen und Kollegen vom Unterausschuss
dieser Frage hinter sich gehabt. Warum fallen Sie dem





Claudia Roth (Augsburg)



(A) )


)(B)

Unterausschuss in den Rücken, indem Sie den gemeinsa-
men Änderungsantrag ablehnen, der den viel zu eng ge-
strickten Entwurf des Auslandsschulgesetzes korrigiert?
Wir müssen doch auch den kleineren Schulen eine
Chance geben, die viel weniger als die geforderten
20 Abschlüsse im Jahr anbieten. Der Ausschuss hat es
doch in Teheran erlebt. Ich möchte, dass auch die Schule
in Teheran diese Möglichkeit bekommt. Denn das ver-
stehen wir unter Demokratie und menschenrechtsbasier-
ter Auslandsschulpolitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Philipp Mißfelder [CDU/ CSU])


Ich glaube, es war wichtig, dass im Haushaltsaus-
schuss von unserem Kollegen Sven-Christian Kindler
auf Art. 7 des Grundgesetzes verwiesen worden ist. Da-
rin steht nämlich, dass Schulen keine soziale Sonderung
nach Besitzverhältnissen haben sollen. Das sollte dann
aber auch für die deutschen Auslandsschulen gelten.

Wir wollen nicht, dass Schulen nur noch Schulen
sind, in die die Geldeliten dieser Welt ihre Kinder schi-
cken können. Das heißt, wir müssen an der sozialen Öff-
nung der deutschen Auslandsschulen festhalten und so-
gar mehr dafür tun. Das wäre Werbung für deutsche
Demokratie und Menschenrechtspolitik.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD])



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724408500

Frau Kollegin, Sie kennen das rote Licht. Es blinkt

und blinkt.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Ich kenne es, aber ich bin ja bei den Grünen. Darf ich
noch ein Lob anbringen?


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724408600

Also gut, ein Lob, wenn dann alle klatschen. – Bitte

schön.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Was wirklich gut ist – ich würde alle Kritiker bitten,
vielleicht einmal hinzufahren –, ist, dass Tarabya endlich
eröffnet werden konnte und die ersten Stipendiaten in
Tarabya ihre kulturelle Arbeit beginnen konnten. Leider
ist auch das nicht wegen, sondern trotz der Kritik und
den Blockaden des Auswärtigen Amtes passiert.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724408700

Sie haben gerade etwas versprochen, Frau Kollegin.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Vielen herzlichen Dank für Ihre Arbeit. Wir werden
alles dafür tun, dass sich die Situation in der nächsten
Legislatur deutlich verbessert.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE])



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1724408800

Vielen Dank, Frau Kollegin Claudia Roth. – Nächster

edner in unserer Aussprache für die Fraktion von CDU
nd CSU: unser Kollege Philipp Mißfelder. Bitte schön,
ollege Philipp Mißfelder.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1724408900

Herr Präsident! Frau Kollegin Roth, zunächst einmal

erzlichen Dank für die versöhnlichen Worte am Ende. –
dieser Debatte geht es auch um die Bilanzierung von

ier Jahren erfolgreicher Auswärtiger Kultur- und Bil-
ungspolitik. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie einen Er-
lg hier angesprochen haben, nämlich Tarabya und die

ortigen Stipendiaten. Das ist etwas, worauf wir zu
echt stolz sein können. Wenn man auf die jetzige Situa-
on der Türkei schaut, erkennt man, dass es wichtig war,
iesen Schritt zu gehen.

Es ist richtig, dass sich der Unterausschuss „Auswär-
ge Kultur- und Bildungspolitik“ unter der Führung der
ollegen Gauweiler und Leibrecht, vor allem aber auch
urch die Berichterstatter der einzelnen Fraktionen – ich
enne hier Frau Jochimsen, Frau Schmidt –, sehr enga-
iert. Es gibt aber noch viele andere, die sich da engagie-
n, wie zum Beispiel Claudia Roth. Auch aus unseren
eihen gibt es sehr viele, die in diesem Unterausschuss
it sehr viel Zeitaufwand und Herzblut arbeiten. Es ist

iner der aktivsten Unterausschüsse.

Ich sage in Richtung Auswärtiges Amt – dort haben
ir mit Frau Staatsministerin Pieper jedoch eher eine
erbündete als jemanden, der bremst –, dass wir manche
inge – dieser Hinweis muss erlaubt sein; Fifth Avenue
New York ist schon angesprochen worden – verhin-

ert haben, die uns als Parlamentarier – und zwar über
lle Parteigrenzen und Fraktionsgrenzen hinweg – nicht
efallen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD] und Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE])


Ich glaube, wenn wir hier bilanzieren, können wir sa-
en: Tarabya und die Stärkung der Bedeutung der deut-
chen Sprache im Ausland insbesondere in Form der
tärkung der Goethe-Institute – letztendlich ging es da-
ei auch um das Goethe-Institut in Amerika – waren ein
iesenerfolg.

Ich möchte auf die grundsätzliche Ausrichtung der
uswärtigen Kultur- und Bildungspolitik zurückkommen.
atürlich gibt es – Frau Roth hat es angesprochen – in der
ußenpolitik nie nur Schwarz und Weiß. Auch unter
ot-Grün bzw. dem grünen Außenminister Joschka
ischer sind schwierige und schwerwiegende Entschei-
ungen zu Rüstungsexporten gefällt worden. Es gibt
ben sehr viele Grauflächen, wenn man sich die Partner-
chaften zu manchen Ländern – sei es Saudi-Arabien
der sei es Russland – anschaut. Da gibt es viele Berei-





Philipp Mißfelder


(A) )


)(B)

che, wo man an die Grenzen einer wertegebundenen Au-
ßenpolitik stößt.

Ich finde aber, dass die Auswärtige Kultur- und Bil-
dungspolitik insgesamt ein leuchtendes Beispiel dafür
ist, wie wichtig es auch für eine exportorientierte Nation
bzw. Industrienation ist, Geldmittel nicht nur im Hin-
blick auf einen direkten Nutzen zu bewerten. Vielmehr
haben wir es geschafft, zu sagen: Das ist uns der Ausbau
der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik wert.
Rainer Stinner hat es angesprochen: Das gehört zur Er-
folgsbilanz dieser Regierung. Wir messen den Erfolg
nicht daran, wie hoch der Return on Investment in Euro
und Cent ausgedrückt ist. Wir wollen vielmehr unsere
menschenrechtsbasierte Außenpolitik auch dadurch stär-
ken, dass die Kulturnation Deutschland eine angemes-
sene Repräsentanz im Ausland hat. – Das zeigt Wirkung.

Dass die Auswärtige Kulturpolitik in den letzten Jahr-
zehnten von Erfolg gekrönt war, sehen Sie auch daran,
dass die BBC – sie steht nun wirklich nicht im Verdacht,
besonders deutschlandfreundlich zu berichten – gemäß
ihrer Umfrage sagt, dass das Deutschlandbild in den
letzten Jahrzehnten positiver geworden ist.

Im Zuge der Finanz- und der Euro-Krise erleben wir
viele Demonstrationen, auf denen gegen die Bundesre-
gierung bzw. die Bundesrepublik demonstriert wird. Da-
gegen spiegeln die statistischen Erhebungen, die es dazu
gibt, wider, dass das Ansehen Deutschlands im Vergleich
zu den letzten Jahrzehnten gewachsen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich glaube, dass das nicht nur an Deutschlands wirt-
schaftlicher Stärke liegt, sondern auch daran, dass wir im
Ausland – durch unsere Diplomatinnen und Diplomaten
sowie durch unsere Entwicklungshelfer, vor allem aber
auch dadurch, dass wir eine sehr konsequente Strategie
haben, was die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik
angeht – eine hervorragende Repräsentanz haben.

Ich finde, es war bei der Debatte gerade ein wenig
schade, dass es zu einem Schlagabtausch meines ge-
schätzten Kollegen Stinner mit der Kollegin Roth kam.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit der geschätzten Kollegin Roth!)


Der Kollege Stinner hat nur daran erinnert, dass man die
Regierung ruhig loben kann. Das folgte dann auch
prompt am Schluss der Ausführungen von Frau Roth. In
der Tat sollten wir – wir stellen hier ja die Lobby der
Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik im Deutschen
Bundestag dar – in den eigenen Fraktionen mehr für un-
seren Bereich werben. Wir sollten versuchen, dort mehr
Gehör zu finden als zu versuchen, den Kulturpolitiker
der Gegenseite zu überzeugen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Frontverlauf ist hier – das muss man an der Stelle
einfach so sagen – etwas komplizierter als bei anderen
Themen.

Insofern möchte ich mich bei Frau Pieper, nachdem
sie im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des
Auslandsschulgesetzes eine sehr schwierige Zeit hatte,

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(C (D afür bedanken, dass sie sich so beharrlich – Herr r. Gauweiler hat es gesagt – gegen das Biotop der Bükratie und der Administration durchgesetzt hat. Jetzt ommt das Auslandsschulgesetz. Es kommt nicht so, ie wir es ursprünglich gerne gehabt hätten; aber es urde weitaus mehr erreicht, als manch einer angesichts er Ausgangssituation gedacht hat. Deshalb, Frau ieper, ein großes Kompliment für Ihre Beharrlichkeit nd ganz herzlichen Dank für Ihren großartigen Einsatz, en Sie an den Tag gelegt haben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Jetzt liegt es natürlich an uns, das Ganze mit mehr
nanziellen Mitteln auszustatten. Ich bin an einer Stelle
nderer Meinung als Claudia Roth: Ich bin schon der
einung, dass wir eine Kooperation mit der Industrie

nd mit der deutschen Wirtschaft brauchen. Allerdings
ollte diese Kooperation anders als von Frau Roth vorge-
ehen sein: Es kann nicht sein, dass die Räumlichkeiten
r Auslandsschulen genutzt werden, um Mitarbeiter an-

uwerben.

Ich verweise nur auf das wirklich bestürzende Bei-
piel der deutschen Schule in Singapur. Deutsche, die
ort leben und deren Kinder diese Schule besuchen sol-
n, fragen den Personalvorstand des Konzerns, für den

ie arbeiten: Was geschieht eigentlich im Versetzungsfall
it meinen Kindern? Wird es in Singapur weiterhin eine

eutsche Schule geben? Darauf antwortet der Personal-
orstand jedes großen DAX-Unternehmens: Na klar;
ingapur hat eine hervorragende deutsche Schule. –
enn es allerdings nachher darum geht, diese Liegen-

chaft zu bezahlen, dann kommt der Ruf aus der deut-
chen Wirtschaft: Das soll gefälligst die Politik machen.
h verweise darauf, dass die Preise in Singapur – das ist

in Sonderfall – einfach utopisch sind. Damit wäre der
taat bis zu einem gewissen Maße überfordert. Deshalb
fe ich der deutschen Wirtschaft zu: Wenn Sie mit der

eutschen Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik
chon hausieren gehen, dann beteiligen Sie sich auch in
inem höheren Maße an der Finanzierung von solchen
aßnahmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir müssen mehr Geld aus der Wirtschaft für das
eutsche Auslandsschulwesen mobilisieren. Der Staat
oll sich da nicht zurückziehen. Ich bin für mehr Ausga-
en des Staates in diesem Punkt. Ich stimme Herrn
r. Gauweiler zu, wenn er sagt, dass wir für manch an-
eres schon leichtfertiger Geld ausgegeben haben, als
ir es in diesem Fall getan hätten, wenn wir es nicht we-
en der großen Bedenken verhindert hätten. Aber ganz
us der Verantwortung dürfen wir die Wirtschaft an die-
er Stelle nicht lassen, weil sie ein vitales Interesse daran
at, dass Deutsche im Ausland, aber auch andere unab-
ängig von ihrer Einkommensstruktur ihre Kinder auf
ine deutsche Schule schicken können. Es darf nicht
ein, dass deutsche Auslandsschulen Finanzeliteschulen
erden;


(Beifall der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD])






Philipp Mißfelder


(A) )


)(B)

vielmehr müssen es sich auch Facharbeiter, die sich im
Ausland befinden, und andere leisten können, ihre Kin-
der dorthin zu schicken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD])


Das ist ein klares Bekenntnis.

Dem gerecht zu werden, daran arbeiten wir mit der
Novellierung des Auslandsschulgesetzes. Wir müssen in
der nächsten Legislaturperiode etwas für eine bessere
finanzielle Ausstattung tun. Das Engagement, gegenüber
den Haushaltspolitikern um mehr Verständnis zu wer-
ben, muss fortgesetzt werden.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724409000

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

hat das Wort jetzt die Kollegin Frau Professor Monika
Grütters für die CDU/CSU-Fraktion.


Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1724409100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Frau Kollegin Schmidt, Ihre Behauptung, es habe in der
Auswärtigen Kulturpolitik einen Paradigmenwechsel ge-
geben, wird nicht deshalb wahrer, weil Sie ihn hier im-
mer wieder lautstark beschwören. Schauen Sie doch bes-
ser einmal genau hin! Frau Pieper hat es erwähnt: Wir
haben in der vergangenen Woche auf der Biennale in Ve-
nedig – sie ist immer noch ein Parcours der Nationen –
eine weltweit beachtete Premiere gefeiert, als ausgerech-
net wir, die Deutschen, es waren, die ihren angestamm-
ten Platz nicht nur in Venedig, sondern sinnbildlich auch
in der Kunstwelt insgesamt zur Verfügung gestellt ha-
ben, unsere eindeutige Verortung tatsächlich infrage ge-
stellt haben, uns freigemacht haben, uns der Welt geöff-
net haben und den Tausch des Pavillons mit den
französischen Freunden und Nachbarn möglich gemacht
haben.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Das ist ein schlechtes Beispiel!)


– Nein, das ist kein schlechtes Beispiel, sondern eine
schöne Symbolik, und das nicht nur für Venedig und
auch nicht nur im 50. Jahr nach Abschluss des Élysée-
Vertrages; das ist vielmehr ein eindeutiges Statement der
Kulturpolitik einer Kulturnation wie Deutschland.

Ich denke, dass wir mit diesem ganz besonderen Auf-
tritt in Venedig auch gezeigt haben, was unser Selbstver-
ständnis als Kulturnation am Beginn des 21. Jahrhun-
derts ist, wofür im Übrigen auch ein Projekt wie das
Humboldt-Forum steht, dessen Grundstein wir in der
kommenden Woche legen wollen. Da möchten wir auf
dem zentralen Platz der Republik im stadträumlichen
Bezug zu unserer eigenen Kulturgeschichte den außereu-
ropäischen Kulturen die Möglichkeit zu einer selbstbe-
stimmten Präsentation ihrer Tradition in Deutschland ge-
ben. Ich glaube nicht, dass eine andere Nation der Welt
zu solch einer Geste und zu solch einem starken State-
ment in der Lage wäre.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Jeder von uns – das gilt auch für jemanden wie
laudia Roth oder Frau Schmidt oder Frau Jochimsen –
at einmal Fremdheits-, Minderheits- oder Diasporaer-
hrungen gemacht. Ich glaube, die werden nirgendwo

o sehr aufgehoben wie in der Kultur. Gerade Museen
ind Orte, die jedem offenstehen. Genau das beziehen
ir im Ausland und auch hier zu Hause ganz systema-
sch in unsere Arbeit mit ein.

Frau Jochimsen, das Beispiel „American German
orum“ in New York hat gezeigt, dass auch wir der Mei-
ung sind, dass Kultur nicht nur ein Standort- oder Wirt-
chaftsfaktor ist, sondern Auskunft über unsere Werte-
rundlagen geben soll und Ausdruck von Humanität ist.
eshalb haben wir maßgeblich dafür gesorgt, dass neu
arüber nachgedacht wird.

Dass der Etatansatz der höchste ist, den es jemals ge-
eben hat – mit 1,4 Milliarden Euro liegt er sogar über
em, was der Bund zu Hause ausgibt, nämlich 1,3 Mil-
arden Euro –, ist ein deutliches Signal.

Frau Roth, ich wende mich noch einmal an Sie. Rot-
rün hat in vier Jahren elf Goethe-Institute geschlossen.
ir haben die Standorte Zypern, Myanmar, Afrika und
hina gestärkt. Wir haben uns Tarabya ausgedacht. Wir
aben das zäh auch gegen eine schwierige Administra-
on durchgesetzt.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach komm, Monika! Jetzt keine Geschichtsklitterung! Wir zusammen!)


Wir haben das gemeinsam gemacht, aber die Initiative
am aus der Großen Koalition. Es wurde in der laufen-
en Legislaturperiode von dieser bürgerlichen Koalition
ühsam genug durchgekämpft, die deutsch-türkischen
eziehungen zu stärken, weil wir wissen, was wir da
ersäumt hatten.


(Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Wir sind auch bürgerlich!)


Sie wissen, dass wir mit der großen Aufklärungsaus-
tellung in China eine halbe Million Menschen erreicht
aben. Dadurch haben wir gezeigt, dass wir Museums-
olitik nicht statt, sondern im Dienste der Menschen-
chte machen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Gerade in schwierigen, hermetischen Gesellschaften
liebe Claudia Roth, das wissen Sie genauso gut wie
ir – erreichen wir die Zivilgesellschaft viel besser über
ie Kultur als mit politischen Maßnahmen. Wir haben ei-
en Lesesaal in Nordkorea eingerichtet, in Afghanistan
ie Mädchenschulen. In Teheran haben wir die Verträge
it DAAD und DAI wieder unterschrieben. In Vietnam

aben wir den Parzifal mit Schauspielern von dort auf-
eführt. Das wäre vor kurzem noch nicht einmal denkbar
ewesen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)






Monika Grütters


(A) )


)(B)

Wir alle sind nicht so naiv, zu glauben, dass wir damit
auch nur einem einzigen Funktionär den Kopf verdrehen
könnten. Aber für die Menschen, die unter den Restrik-
tionen leiden, sind derartige Angebote Deutschlands im
Ausland der einzige Hoffnungsschimmer.

Deutschland hat in den vergangenen Jahrhunderten
selbst durch Zuwanderung und Integration seine Prä-
gung als europäische Kulturnation erfahren. Integration,
auch hier zu Hause – das sage ich, weil einer der Vorred-
ner erwähnt hat, dass wir auch etwas empfangen möch-
ten –, wäre ohne Kultur nicht möglich. Unsere hiesige
Kultur ist in ihrer stilistischen Vielfalt und der Fülle ihrer
Ausdrucksformen auch das Resultat der zahlreichen Ein-
flüsse anderer Kulturen und wäre anders nicht denkbar.

Politik, Wirtschaft, Diplomatie, sie alle sind wichtig.
Aber was wären sie ohne die Kultur? Kultur ist der Mo-
dus unseres Zusammenlebens. Sie können wir genauso
wenig bestimmen, auch nicht durch Politik, weder hier-
zulande noch draußen, wie unsere Sprache. Sie war im-
mer schon da. Deshalb kann man Kunst und Kultur auch
nicht instrumentalisieren. Sie ist mehr als alles andere
ein Wert an sich. Sie ist das Wie einer Gesellschaft, einer
Gemeinschaft, nicht das Was.

Genau diesem Bewusstsein folgt auch unsere Aus-
wärtige Kultur- und Bildungspolitik. Wir alle, auch Sie
von der Opposition, sind gut beraten, dieses Prinzip nie-
mals aus den Augen zu verlieren.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724409200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/12052 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Wir kommen jetzt zu den Tagesordnungspunkten, die
gestern aufgrund der Aufhebung der Sitzung nicht mehr
behandelt wurden.

Ich rufe zunächst noch einmal die Tagesordnungs-
punkte 8 a bis 8 c auf:

a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Förderung der Sicherstellung des Not-

(Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz – ANSG)


– Drucksache 17/13403 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Gesundheit (14. Ausschuss)


– Drucksache 17/13769 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Michael Hennrich

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(C (D – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung – Drucksache 17/13771 – Berichterstattung: Abgeordnete Alois Karl Ewald Schurer Otto Fricke Roland Claus Katja Dörner b)

nen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent-
wurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung
arzneimittelrechtlicher und anderer Vor-
schriften

– Drucksache 17/13083 –

– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten
Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtli-
cher und anderer Vorschriften

– Drucksache 17/13404 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Gesundheit (14. Ausschuss)


– Drucksache 17/13770 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Michael Hennrich

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)

Dr. Marlies Volkmer, Bärbel Bas, Elke Ferner,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Versorgung mit Arzneimitteln sicherstellen

– Drucksachen 17/12847, 17/13770 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Michael Hennrich

Tagesordnungspunkt 8 a. Den Gesetzentwurf der Frak-
onen der CDU/CSU und FDP zur Sicherstellung des
otdienstes von Apotheken auf Drucksache 17/13081 ha-
en wir gestern angenommen. Ich komme deshalb jetzt
ur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des
usschusses für Gesundheit zu dem von der Bundesre-
ierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Förderung der
icherstellung des Notdienstes von Apotheken. Der Aus-
huss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussemp-
hlung auf Drucksache 17/13769, den Gesetzentwurf der
undesregierung auf Drucksache 17/13403 für erledigt
u erklären. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
ng? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschluss-

mpfehlung ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 8 b. Abstimmung über den von
en Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrach-
n Gesetzentwurf zur Änderung arzneimittelrechtlicher
nd anderer Vorschriften. Der Ausschuss für Gesundheit
mpfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfeh-
ng auf Drucksache 17/13770, den Gesetzentwurf der
raktionen der CDU/CSU und der FDP auf Drucksa-





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

che 17/13083 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung zustimmen wollen, um ihr Handzeichen.
– Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist in zweiter Beratung angenommen mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der SPD
und der Linken bei Enthaltung der Grünen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Wir stimmen nun über den Ge-
setzentwurf namentlich ab. Ich bitte die Schriftführerin-
nen und Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzu-
nehmen. – Sind alle Schriftführer an den Plätzen? Ich
bitte um Bestätigung. – Ich eröffne die Abstimmung und
bitte, die Stimmkarten einzuwerfen.

Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimmkarte noch nicht eingeworfen hat? – Letzter Auf-
ruf! – Dann schließe ich den Wahlgang und bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh-
lung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird
Ihnen später bekannt gegeben.1)

Wir setzen die Abstimmungen fort. Ich bitte, Platz zu
nehmen, damit ich hier den Überblick behalten kann.

Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Gesundheit zu dem von der Bundesregie-
rung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ände-
rung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften.
Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 17/13770, den Ge-
setzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 17/
13404 für erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen?
– Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenom-
men.

Tagesordnungspunkt 8 c. Der Ausschuss für Gesund-
heit empfiehlt unter Buchstabe c seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 17/13770 die Ablehnung des
Antrags der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/12847
mit dem Titel „Versorgung mit Arzneimitteln sicherstel-
len“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
lung ist angenommen mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen gegen SPD und Linke bei Enthal-
tung der Grünen.

Jetzt werde ich eine große Zahl von Tagesordnungs-
punkten aufrufen, die wir alle abarbeiten müssen, zu de-
nen aber keine Aussprache vorgesehen ist. Die Reden
werden zu Protokoll genommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Katja
Mast, Anette Kramme, Gabriele Lösekrug-
Möller, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

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1) Ergebnis Seite 31029 D
2)

3)

(C (D Sofortprogramm „2. Chance auf Berufsausbildung“ für junge Erwachsene ohne Berufsabschluss – Fachkräfte von morgen ausbilden – Drucksache 17/13252 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Tourismus Haushaltsausschuss Die Reden werden zu Protokoll genommen.2)

it sind Sie sichtlich einverstanden.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/13252 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-

erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 a und 12 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Anette
Hübinger, Albert Rupprecht (Weiden), Michael
Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
Dr. Martin Neumann (Lausitz), Dr. Peter
Röhlinger, Patrick Meinhardt, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der FDP

Chancengleichheit in Wissenschaft und For-
schung durch kontinuierliche Impulse des
Bundes konsequent weiter vorantreiben

– Drucksache 17/12845 –

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Marianne
Schieder (Schwandorf), Ulla Burchardt, Dr. Ernst
Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten
Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, Matthias W.
Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion DIE LINKE sowie der Abgeordneten Krista
Sager, Kai Gehring, Ekin Deligöz, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Frauen in Wissenschaft und Forschung –
Mehr Verbindlichkeit für Geschlechtergerech-
tigkeit

– Drucksachen 17/9978, 17/12365 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Anette Hübinger
Marianne Schieder (Schwandorf)

Dr. Martin Neumann (Lausitz)

Dr. Petra Sitte
Krista Sager

Auch hier gehen die Reden zu Protokoll.3)

Anlage 7
Anlage 6





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/
12845. Wer stimmt für diesen Antrag? – Die Antragstel-
ler. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist
angenommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
gegen die Stimmen der SPD und der Grünen bei Enthal-
tung der Linken.

Tagesordnungspunkt 12 b. Der Ausschuss für Bildung,
Forschung und Technikfolgenabschätzung empfiehlt in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/12365,
den Antrag der Fraktionen der SPD, Die Linke und
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/9978 abzu-
lehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
fehlung ist angenommen mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfrak-
tionen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 15 a bis 15 d sowie
Zusatzpunkt 9 auf:

15 a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abge-
ordneten Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke,
Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion DIE LINKE

Keine Rüstungsexporte als Instrument der
Außenpolitik – Exportverbot jetzt durchsetzen

– Drucksachen 17/10842, 17/12654 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Klaus Barthel

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abge-
ordneten Jan van Aken, Christine Buchholz,
Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE

Alle Waffenexporte des Oberndorfer Klein-
waffenherstellers verbieten

– Drucksachen 17/4677, 17/4900 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Rolf Hempelmann

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(12. Ausschuss)

Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, Christine
Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion DIE LINKE

Lieferung von U-Booten an Israel stoppen

– Drucksachen 17/9738, 17/10150 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ingo Gädechens
Rainer Arnold
Christoph Schnurr
Inge Höger
Omid Nouripour

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1)

(C (D d)

Rudolf Körper, Klaus Barthel, Rainer Arnold,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Markierung deutscher Klein- und Leichtwaf-
fen

– Drucksache 17/11875 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Innenausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

P 9 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abge-
ordneten Dr. Konstantin von Notz, Katja Keul,
Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Export von Überwachungs- und Zensurtech-
nologie an autoritäre Staaten verhindern – De-
mokratische Proteste unterstützen

– Drucksachen 17/13489, 17/13763 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Erich G. Fritz

Auch hier gehen die Reden zu Protokoll.1)

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
mpfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Techno-
gie zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Ti-
l „Keine Rüstungsexporte als Instrument der
ußenpolitik – Exportverbot jetzt durchsetzen“. Der
usschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 17/12654, den Antrag der Fraktion Die
inke auf Drucksache 17/10842 abzulehnen. Wer stimmt
r diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? –
nthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist bei Ge-
enstimmen der Fraktion Die Linke angenommen mit
en Stimmen aller übrigen Fraktionen.

Tagesordnungspunkt 15 b. Beschlussempfehlung des
usschusses für Wirtschaft und Technologie zu dem
ntrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Alle Waf-
nexporte des Oberndorfer Kleinwaffenherstellers ver-

ieten“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
mpfehlung auf Drucksache 17/4900, den Antrag der
raktion Die Linke auf Drucksache 17/4677 abzulehnen.
er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-

timmen? – Die Beschlussempfehlung ist bei Gegen-
timmen der Fraktion Die Linke mit den Stimmen aller
brigen Fraktionen angenommen.

Tagesordnungspunkt 15 c. Beschlussempfehlung des
erteidigungsausschusses zu dem Antrag der Fraktion
ie Linke mit dem Titel „Lieferung von U-Booten an Is-
el stoppen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be-

chlussempfehlung auf Drucksache 17/10150, den An-
ag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/9738

Anlage 9





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dieser Be-
schlussempfehlung haben die Koalitionsfraktionen und
die SPD zugestimmt, die Linken haben widersprochen,
und die Grünen haben sich enthalten.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/11875 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Jetzt kommen wir zum Zusatzpunkt 9. Beschlussemp-
fehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie
zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit
dem Titel „Export von Überwachungs- und Zensurtech-
nologie an autoritäre Staaten verhindern – Demokrati-
sche Proteste unterstützen“. Der Ausschuss empfiehlt in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/13763,
den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 17/13489 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
tionsfraktionen angenommen.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 14 a und 14 b
auf:

a) – Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zum Ausbau der
Hilfen für Schwangere und zur Regelung
der vertraulichen Geburt

– Drucksache 17/12814 –

– Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für
Schwangere und zur Regelung der vertrau-
lichen Geburt

– Drucksachen 17/13062, 17/13391 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-
schusses für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend (13. Ausschuss)


– Drucksache 17/13774 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ingrid Fischbach
Caren Marks
Miriam Gruß
Yvonne Ploetz
Katja Dörner


(8. Ausschuss)


– Drucksache 17/13775 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Barthle
Rolf Schwanitz
Dr. Florian Toncar

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1)

2)

(C (D Roland Claus Sven-Christian Kindler b)

richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss) zu der Unter-
richtung durch den Deutschen Ethikrat

Stellungnahme des Deutschen Ethikrates –
Das Problem der anonymen Kindesabgabe

– Drucksachen 17/190, 17/13774 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ingrid Fischbach
Caren Marks
Miriam Gruß
Yvonne Ploetz
Katja Dörner

Auch hier sollen die Reden zu Protokoll genommen
erden.1)

Es gibt allerdings einige persönliche Erklärungen zur
bstimmung nach § 31 unserer Geschäftsordnung.
iese werden zu Protokoll genommen.2)

Tagesordnungspunkt 14 a. Wir kommen zur Abstim-
ung über die von den Fraktionen der CDU/CSU und
DP sowie von der Bundesregierung eingebrachten Ent-
ürfe eines Gesetzes zum Ausbau der Hilfen für
chwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt.
er Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

mpfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfeh-
ng auf Drucksache 17/13774, den Gesetzentwurf der
raktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache
7/12814 sowie den Gesetzentwurf der Bundesregierung
uf den Drucksachen 17/13062 und 17/13391 zusam-
enzuführen und in der Ausschussfassung anzunehmen.
h bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-

chussfassung zustimmen wollen, um ihr Handzei-
hen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetz-
ntwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen der
oalitionsfraktionen bei Enthaltung der Oppositions-
aktionen angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
t mit gleichem Stimmenverhältnis angenommen.

Tagesordnungspunkt 14 b. Beschlussempfehlung des
usschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

u der Unterrichtung durch den Deutschen Ethikrat mit
em Titel „Stellungnahme des Deutschen Ethikrates –
as Problem der anonymen Kindesabgabe“. Der Aus-

chuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschluss-
mpfehlung auf Drucksache 17/13774, die Stellung-
ahme des Deutschen Ethikrates auf Drucksache 17/190
ur Kenntnis zu nehmen. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-

Anlage 8
Anlagen 2 bis 4 sowie Anlage 2 (245. Sitzung, Seite 31233)






Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

gen? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig ange-
nommen.

Tagesordnungspunkt 17:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker
Beck (Köln), Tom Koenigs, Omid Nouripour,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Aufnahme afghanischer Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der Bundeswehr in Deutschland

– Drucksache 17/13729 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Auch hier werden die Reden zu Protokoll genom-
men.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/13729 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Soldatinnen- und Soldaten-
gleichstellungsgesetzes

– Drucksache 17/12957 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Verteidi-
gungsausschusses (12. Ausschuss)


– Drucksache 17/13558 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Anita Schäfer (Saalstadt)

Karin Evers-Meyer
Burkhardt Müller-Sönksen
Harald Koch
Katja Keul

Hierzu liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktion
der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor.

Die Reden werden zu Protokoll genommen.2)

Wir kommen zur Abstimmung. Der Verteidigungs-
ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 17/13558, den Gesetzentwurf der Bundesre-
gierung auf Drucksache 17/12957 anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen,
um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stim-
men der Oppositionsfraktionen angenommen.

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1) Anlage 11
2) Anlage 10

(C (D Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Die, die zustimmen wollen, ögen sich bitte erheben. – Gegenstimmen? – Enthalngen? – Der Gesetzentwurf ist mit gleichem Stimmen erhältnis angenommen. Wir kommen nun zur Abstimmung über die Entchließungsanträge. Entschließungsantrag der Fraktion er SPD auf Drucksache 17/13772. Wer stimmt für dieen Entschließungsantrag? – Gegenstimmen? – Enthalngen? – Der Entschließungsantrag ist abgelehnt mit en Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Zustimmung on SPD und Grünen und Enthaltung der Linken. Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die rünen auf Drucksache 17/13773. Wer stimmt für die en Entschließungsantrag? – Gegenstimmen? – Enthalngen? – Der Entschließungsantrag ist mit gleichem timmenverhältnis abgelehnt. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Sportausschusses – zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Riegert, Eberhard Gienger, Stephan Mayer Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordneten Martin Gerster, Dagmar Freitag, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD, der Abgeordneten Joachim Günther Hans-Werner Ehrenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP sowie der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel, Daniela Wagner, Claudia Roth Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Ringen vor dem Ausschluss aus dem olympischen Programm bewahren – zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Ringen vor dem Ausschluss aus dem olympischen Programm bewahren – Drucksachen 17/13091, 17/13092, 17/13372 – Berichterstattung: Abgeordnete Klaus Riegert Martin Gerster Dr. Lutz Knopek Katrin Kunert Viola von Cramon-Taubadel Die Reden gehen zu Protokoll. Am 12. Februar hat die IOC-Exekutive den Tradi onssport Ringen vorerst aus dem Programm für die lympischen Spiele ab dem Jahr 2020 genommen. eitdem hat dieser Schritt nicht nur in Deutschland für )


(Altötting), weiterer Abgeordneter und der

Eberhard Gienger (CDU):
Rede ID: ID1724409300

(A) )

viel Bewegung innerhalb des Sports, der Gesellschaft
und auch der Politik geführt. Nach Initiative meines
Kollegen Karl A. Lamers befassen wir uns heute im
Deutschen Bundestag mit dieser Entscheidung des
IOC.

Die Entscheidung, das Ringen vorerst aus dem Pro-
gramm zu nehmen, hat das IOC nicht aus heiterem
Himmel getroffen. Offensichtlich hatte der Ringerwelt-
verband FILA den Anforderungskatalog des IOC für
eine olympische Disziplin nur ungenügend erfüllen
können oder wollen. Obwohl der Beschluss für die vie-
len Sportler bitter ist und er in seiner Konsequenz viele
– mich eingeschlossen – doch überrascht hat, so müs-
sen wir bei der Bewertung dieser Entscheidung fest-
halten, dass es auch Fehler aufseiten des Ringerwelt-
verbandes gab. Die betroffenen Sportler weltweit und
auch den Deutschen Ringer-Bund möchte ich von die-
ser Kritik ausdrücklich ausnehmen. In der Konsequenz
müssten sie jetzt aber für Versäumnisse ihres Weltver-
bandes büßen, wenn der Status als olympische Diszi-
plin endgültig verloren ginge.

Neben den Defiziten auf der Ebene des Weltverban-
des spielte meiner Ansicht nach bei der Entscheidung
des IOC gegen das Ringen aber noch etwas anderes
eine große Rolle, was sich am besten mit dem Wort
„Zeitgeist“ beschreiben lässt. Gerade durch seine Tra-
dition und sein Alter könnte das Ringen gefährdet sein.
Heutige Sportgroßveranstaltungen werden immer
mehr nach den Bedingungen „höher, schneller, wei-
ter“ ausgelegt. Manchem erscheint der pure Zwei-
kampf beim Ringen ohne trendiges Sportgerät nicht
mehr dem Zeitgeist zu entsprechen. Im Ergebnis be-
steht dann die Gefahr, dass am Ende die Inszenierung
und die Show im Vordergrund stehen und nicht mehr
der sportliche Wettkampf. Die Frage – aufgrund derer
wir auch heute hier zusammengekommen sind – ist, ob
wir das wirklich wollen. Meine Antwort ist auf jeden
Fall ein klares Nein. Schon in der Antike war das Rin-
gen eine Kerndisziplin, und es gehört heute zum kultu-
rellen Erbe der Olympischen Spiele.

Bedauerlich finde ich, dass man dem IOC nach der
momentanen Herausnahme des Ringens aus dem
olympischen Programm nun zumindest vorwerfen
kann, es würde diesem modernen Zeitgeist hinterher-
laufen und deshalb lieber Sportarten ins Programm
aufnehmen, die sich scheinbar besser vermarkten las-
sen und somit moderner erscheinen. Dass diese Ent-
scheidung zulasten einer der ältesten Sportarten der
olympischen Bewegung gehen könnte, ist aus meiner
Sicht nicht nachvollziehbar und falsch.

Mit dem Ende des Ringens bei den Spielen würde
– meiner Meinung nach – ein Stück der olympischen
Idee verloren gehen. Der vermeitliche Zeitgeist darf
sich bei Olympischen Spielen nicht nur m Preis der
Vermarktungsrechte einer Sportart messen lassen. So
perfekt durchorganisiert die Spiele heutzutage auch
sein mögen, so gehören doch auch die Traditionen der
antiken Olympischen Spiele dazu, und das Ringen ver-
deutlicht diese Idee seit mehr als 2 000 Jahren. Natür-

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Zu Protokoll ge

(C (D ch sind die Begriffe „olympische Idee“ und „Beweung“ sehr verklärt. In der Realität, und das wissen ir alle, sind Olympische Spiele eines der am besten urchorganisierten und vermarkteten Ereignisse welteit mit Milliardenumsätzen. Aber gerade diese etwas verklärte Vorstellung eines usfechtens von Wettkämpfen nach klaren Regeln in en unterschiedlichsten Disziplinen ist es doch, die die enschen an Olympischen Spielen so begeistert. inen sehr großen Beitrag zu dieser Faszination lympia leisten die antiken Sportarten mit ihrer Tradion und Geschichte. Sie sind ein Grund dafür, dass wir ie Spiele nicht nur als monumentale Vermarktungsaschine von Sponsoren wahrnehmen, sondern als ettkampf der Nationen. Ein Ausschluss des Ringens – ls eine dieser ursprünglichen Sportarten – würde dem ild, welches Olympische Spiele in der Öffentlichkeit och immer vermitteln, Schaden zufügen. Ich glaube, ass es genau dieser Punkt ist, der zu dem seltenen Erignis geführt hat, dass sich alle Fraktionen der im undestag vertretenen Parteien hier im Ziel einig sind. ieses Ziel ist der klare Wunsch, Ringen weiterhin bei lympischen Spielen im Programm zu sehen. Dem C muss bewusst sein, dass in 180 Ländern gerungen ird, dass bei den Spielen 2012 in London Athletinnen nd Athleten aus 71 Ländern diesem Sport nachginen. Ringen gehört ganz selbstverständlich zum Proramm bei den Commonwealth-Spielen, bei den Asienpielen, der Maccabiade und den All Africa Games. Die Ringer sind seit der Entscheidung des IOC im ebruar alles andere als untätig gewesen. In den letzn Monaten haben sie viele der an sie gerichteten orderungen erfüllt und sich neben einer neuen Verandsstruktur auch vielen Kritikpunkten an ihrem port gewidmet. Sie haben die für die Zuschauer chwer verständlichen Regeln reformiert, eine Athlenkommission in Entscheidungen des Weltverbandes ingebunden und setzen verstärkt auf Frauen in ihrem port. Ringen vertritt in vorbildlicher Weise die Grundrinzipien des Sports. Es verbindet, überbrückt Gräen, bringt Menschen zusammen. Ringer vertreten die Sport so wichtigen Werte wie Fairplay, Toleranz, erantwortung und Respekt. Davon konnte man sich nfang Mai in New York überzeugen. Denn es sind erzeit wohl nur sehr wenige in der Lage, eine Zusamenarbeit zwischen den USA, dem Iran und Russland uf die Beine zu stellen. Dem Sport ist es – in Form eies gemeinsamen Turniers ihrer besten Ringer – inneralb kürzester Zeit gelungen. Auch in Deutschland hat er Deutsche Ringer-Bund nach der Entscheidung des C eine ungeahnte Welle der Unterstützung erfahren nd diese zum Beispiel für einen bundesweiten ktionstag auch genutzt. Über 100 000 Unterschriften ind zusammengekommen, um ein Zeichen gegen das rohende Ende des Ringens bei Olympischen Spielen u setzen. Diese internationalen und nationalen Bemühungen aben erste Erfolge gezeigt, denn bei einem Treffen Eberhard Gienger gebene Reden )





(A) )

der IOC-Exekutive am 29. Mai wurde Ringen – neben
Squash und Baseball – in den engeren Kreis der Sport-
arten aufgenommen, die 2020 bei den Olympischen
Spielen dabei sein können. Die endgültige Entschei-
dung trifft die IOC-Vollversammlung am 10. Septem-
ber. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion appelliert an
dieses Gremium, Ringen wieder ins Programm aufzu-
nehmen. Die letzten Wochen und Monate haben
gezeigt, dass Ringen sehr wohl zum Zeitgeist der Ge-
sellschaft gehört und weiterhin einen wichtigen Be-
standteil der olympischen Idee darstellt.


Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1724409400

Das olympische Ringen schien nach der Entschei-

dung der IOC-Exekutive im Februar dem Untergang
geweiht. Ab 2020 sollte es nicht mehr Teil der olympi-
schen Familie sein. Das wäre für diese Sportart einem
Todesurteil nahegekommen.

Aber: „Die Ringenden sind die Lebendigen.“ Das
wusste schon Gerhart Hauptmann. Hauptmann hat das
wahrscheinlich nicht auf das olympische Ringen bezo-
gen, aber er lag gar nicht mal weit daneben.

Die Ringerverbände haben reagiert und Leben ge-
zeigt. Nachdem die IOC-Exekutive dem Sport man-
gelnde Attraktivität vorgeworfen hat und den Verbleib
des Ringens im olympischen Programm zur Disposi-
tion stellte, hat der Ringerweltverband FILA einen bis-
her nicht gekannten Reformeifer gezeigt. Es wurden
Strukturen und Regeln geändert, transparenter gestal-
tet und die Zugangsschwelle für Laien gesenkt. Damit
ist deutlich geworden, dass die Ringer die Entschei-
dung der IOC-Exekutive als Warnschuss aufgefasst
und entsprechend reagiert haben.

Dieses Engagement wurde vergangene Woche be-
lohnt: Am 29. Mai hat die IOC-Exekutive das Ringen
gemeinsam mit Baseball/Softball und Squash auf die
Shortlist für die Vergabe des derzeit freien Programm-
platzes für die Spiele 2020 genommen. Die Reformen
der FILA haben Wirkung gezeigt: Das olympische Rin-
gen ist durchaus zukunftsfähig.

So weit, so gut, könnte man jetzt meinen. Da hat sich
der Sport doch selbst geholfen. Und manche fragen
sich nun, warum sich die Politik jetzt dort noch ein-
mischt und sich der Deutsche Bundestag überhaupt um
die Zukunft einer einzelnen Sportart sorgen sollte.

Auf diese berechtigte Frage muss man antworten,
dass es hierbei um mehr als nur um eine Sportart geht.
Ringen ist olympischer Ursport. Seit den ersten Spie-
len der Antike ist es fester Teil des Programms gewe-
sen. Damit bildet Ringen einen Teil des Kerns des
olympischen Wettbewerbs.

So sehr ist das Ringen mit der Idee von Olympia
verknüpft, dass es sogar in die olympische Hymne Ein-
zug fand, ja gerade sogar explizit als Beispiel einer
„edlen Kraft, die den edlen Spielen innewohnt“ be-
zeichnet wird. Diese Tradition sollte erhalten bleiben.

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Zu Protokoll ge

(C (D Außerdem ist Ringen eine Urform des sportlichen essens. Prinzipiell kann jeder ringen. Für diesen port braucht man – theoretisch – keine besondere usrüstung, kein zusätzliches Sportgerät. Es ist die lassische Sportart, die Körper gegen Körper einsetzt. amit ist Ringen auch ein Sport, der kaum finanzielle ürden aufbaut, sondern unabhängig von Herkunft nd Hintergrund jedem offensteht. Und: Ringen gibt es auf jedem Kontinent und in fast der Kultur in irgendeiner Form. Unter den ältesten arstellungen von sportlichen Wettkämpfen sind Abildungen von Ringern. Die kulturelle Bedeutung des Ringens lässt sich daan erkennen, dass es in unserer Sprache Synonym für en Einsatz für etwas, das jemandem wichtig ist, georden ist. Sie lässt sich auch daran erkennen, dass ei den Spielen von London Athleten aus 29 Nationen edaillen im Ringen gewannen. Das sind mehr Natio en, als in den meisten Sportarten überhaupt antreten. Durch Sport wird häufig etwas geschafft, das sonst aum möglich scheint: eine Verbindung über Grenzen nd Weltanschauungen hinweg zu schaffen. Die weite, terkulturelle Verbreitung und die niedrige materielle chwelle des Ringens führen dazu, dass dies zu unerarteten Partnerschaften führen kann. So hätte sich ohl kaum jemand träumen lassen, dass der Iran und ie USA ein gemeinsames Ziel verfolgen und dazu iedlich kooperieren könnten. Aber vor einigen Wohen konnte man genau dies beobachten, als sich Riner aus beiden Nationen in New York gegenüberstanen, um ihren Sport zu promoten. Umso unverständlicher muten die Gründe an, die as leitende Gremium des IOC anfangs für den möglihen Ausschluss genannt hat. Unter den entscheidenen Kriterien waren TV-Quoten, Zuschauerzahlen, icketverkäufe, Verbreitung, Mitgliederzahlen und Ataktivität bei Jugendlichen. Dabei sind die olympi chen Spiele doch gerade ein Forum für diejenigen portarten, die meistens abseits des Mainstreams exiseren: für Sportarten, die nicht jedes Wochenende im ernsehen zu sehen sind und deren Athletinnen und thleten keine Millionengagen verdienen, für Sportarn, deren Strukturen auf das Engste mit den olympi chen verknüpft sind, für Sportarten, in denen der mateurcharakter des Olympioniken widergespiegelt ird. Es gilt, solche Sportarten davor zu bewahren, gänzch in der Versenkung zu verschwinden und komplett us der Öffentlichkeit verbannt zu werden. Wenn wir ns als Gesellschaft nicht für die klassischen olympichen Sportarten einsetzen, wenn wir zulassen, dass trukturen zusammenbrechen, wird zwangsläufig eine ielfalt verloren gehen, um die es schade wäre. Eventuell denken manche unter Ihnen – und sicher uch unter den Bürgerinnen und Bürgern, die wir hier präsentieren –, dass man doch dem freien Markt sei en Lauf lassen soll. Wenn sich die Zuschauerinnen Eberhard Gienger gebene Reden )





(A) )

und Zuschauer mehr für andere Sportarten interessie-
ren, hat das Ringen eben Pech.

Ich warne aber davor, dieser Argumentation zu fol-
gen. Denn nach ihrer Logik wäre beispielsweise auch
der Einsatz für den Erhalt von Theatern infrage zu
stellen, da mehr Leute ins Kino gehen. Trotzdem setzen
wir uns für deren Erhalt ein, damit künftige Generatio-
nen die Möglichkeit haben, eine möglichst große Viel-
falt kulturellen Lebens kennenzulernen.

Ebenso sollte es im Sport sein: Es gibt Sportarten,
die populärer sind, als es das Ringen ist. Das steht au-
ßer Frage. Aber diese Sportarten haben viel mehr
Möglichkeiten, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren
und für sich zu werben.

Als Mitglied des Programmausschusses eines öf-
fentlich-rechtlichen Senders kann ich Ihnen aus eige-
ner Erfahrung versichern, dass dem so ist. Ich bitte
trotzdem auch darum, diesen Antrag nicht als Votum
gegen andere Sportarten zu betrachten.

Die beiden verbliebenen Wettbewerber des Ringens,
Baseball/Softball und Squash, sind großartige Sport-
arten, die jede das olympische Programm, sollte die
IOC-Hauptversammlung im September sich entspre-
chend entscheiden, enorm bereichern werden. Deswe-
gen haben wir die Forderungen dieses Antrags ganz
bewusst so formuliert, wie sie Ihnen jetzt vorliegen:
nicht als Wertung einzelner Sportarten, sondern als
unseren Beitrag zur Befähigung der Ringerverbände
auf allen Ebenen, die notwendigen Reformen anzuge-
hen und sich ihre Zukunft zu erkämpfen.

Eines muss ich aber an dem vorliegenden Antrag
kritisieren, und zwar, dass eine Fraktion von ihm aus-
geschlossen wurde. Liebe Kolleginnen und Kollegen
von der Linken, Sie haben aus diesem Grund einen
wortgleichen Antrag eingebracht. Damit haben Sie
versucht, die Intention des Antrags zu unterstützen,
wofür Ihnen Anerkennung auszusprechen ist. Ich hätte
es sehr begrüßt, wenn es uns gelungen wäre, über
Fraktionsgrenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Aber
dies zeigt, wie hartnäckig sich manche Traditionen
halten.

Hoffen wir, dass sich die Tradition des olympischen
Ringens ebenso hartnäckig hält.


Dr. Lutz Knopek (FDP):
Rede ID: ID1724409500

Wir alle haben die Empfehlung der Exekutive des

Internationalen Olympischen Komitees zur Kenntnis
genommen, die traditionelle Sportart Ringen aus dem
olympischen Programm ab 2020 auszuschließen, und
wir alle haben uns für einen überfraktionellen Antrag
entschieden, der das Ringen vor diesem Schicksal be-
wahren soll.

Die Gründe der IOC-Exekutive für diese Entschei-
dung sind im Einzelnen nicht bekannt, und auch im
Sportausschuss des Deutschen Bundestages gab es lei-
der keine Stellungnahme der deutschen Vertreter aus
dem Exekutivkomitee. Im September 2013 wird das
IOC abschließend über den Verbleib oder den Aus-

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Zu Protokoll ge

(C (D chluss der Traditionssportart Ringen entscheiden. nter der Beachtung der Autonomie des Sports bleibt ns Sportpolitikern nur, die Bundesregierung aufzuforern, sich für die Erarbeitung von Lösungsmöglichkein einzusetzen, weiter zwischen den zuständigen Steln zu vermitteln sowie den internationalen eformprozess im Ringen beratend zu begleiten. Wir offen sehr, dass wir heute, neben anderen Staaten wie en USA oder Russland, bei den Entscheidern des IOC ehör finden, unsere Argumente überzeugen und der rohende Ausschluss noch abgewendet werden kann. Neben der Tatsache, dass Ringen zum kulturellen rbe der Olympischen Spiele der Antike gehört, welhes es grundsätzlich zu schützen gilt, erfährt Ringen och heute in vielen anderen Ländern große Aufmerkamkeit, sei es im Spitzenoder Breitensport. In den siatischen und osteuropäischen Ländern ist es sogar in Volkssport. In Deutschland hat das Ringen seit vien Jahren eine abnehmende Bedeutung, trägt aber ufgrund der hohen Anziehungskraft bei verschiedeen Zuwanderungsgruppen zur gesellschaftlichen Ingration bei. Selbstverständlich hatte das IOC Gründe, es zu die er Androhung eines Ausschlusses kommen zu lassen. nter anderem wurden Fehler und eine nachlässige ooperation des Internationalen Ringer-Bundes, ILA, als Gründe genannt. Mit den angekündigten Rermbestrebungen und den ersten eingeleiteten Verän erungen des Ringerbundes auf Internationaler Ebene eigt dieser deutlich, dass er seine Fehler erkannt hat nd die Warnung des IOC ernst nimmt. Wir hoffen ehr, dass es ihm gelingt, seine eigene Position sachch zu stärken und sich zeitgemäß weiterzuentwickeln, m sich jetzt, aber auch in Zukunft an den aktuellen tandards der Sportentwicklung messen zu lassen. Ich hoffe sehr, dass das Ringen durch unseren interaktionellen Antrag die nötigen Reformen umsetzen ann und ein Ausschluss aus dem olympischen Proramm ab 2020 doch noch abgewandt werden kann. ie modernen Olympischen Spiele haben bewusst an ie Tradition der Antike angeknüpft. Wir müssen also ufpassen, dass die Olympischen Spiele der Zukunft icht zu einem Ort ständig wechselnder, beliebiger rendund Funsportarten werden. Der Kampf für den Verbleib des Ringens im olympi chen Programm geht in die letzte Runde. Im Septemer wird in Buenos Aires entschieden, welche der portarten, die das „Finale der letzten drei“ erreicht aben, auch nach 2016 olympisch bleibt – ein Hoffungsschimmer für die Tradition und gegen den trenigen Markt. Dass es zu diesem Zittern kommen musste, bleibt alrdings nach wie vor unverständlich. Welche bösen eister haben die Exekutive des Internationalen Olymischen Komitees, IOC, geritten, als sie im Frühjahr ine Sportart aus dem Programm kegeln wollten, die chon in der olympischen Hymne besungen wird? ber die Gründe lässt sich nur spekulieren. Erwarten die Funktionäre von modernen Trendsportarten, ie sich insbesondere in Asien großer Beliebtheit er Sabine Bätzing-Lichtenthäler gebene Reden )

Katrin Kunert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724409600




(A) )

freuen, Gewinne am ständig wachsenden Markt in
Fernost?

Die Intransparenz, die über den meisten Entschei-
dungen des großen internationalen Sports schwebt, ist
auch diesmal nur schwer zu erhellen. Das IOC weigert
sich nach wie vor, den Kriterienkatalog öffentlich zu
machen, der anfangs noch das Aus für das Ringen fest-
schreiben sollte. Geheimbünden ähnlich treffen IOC,
aber auch die FIFA Entscheidungen hinter verschlos-
senen Türen, die eigentlich von großem öffentlichen
Interesse sind. Das schadet dem Ansehen des Sports.

Die Chancen der Ringer, im olympischen Pro-
gramm zu verbleiben, sind gestiegen, seit sich eine un-
gewöhnliche Allianz zwischen Staaten gebildet hat, die
ansonsten eher im diplomatischen Clinch liegen: USA,
Russland und Iran kämpfen gemeinsam für ein Ziel.
Ob aber dieser Kampf mit lauteren Mitteln geführt
wird, bleibt erneut im Dunkeln. Der Einfluss des russi-
schen Präsidenten auf den internationalen Sport
scheint nach Medienberichten ein Ausmaß angenom-
men zu haben, das den Anforderungen an ein demokra-
tisches Miteinander mitnichten gerecht wird. Aber dies
passt zu den verkrusteten Strukturen der oligarchi-
schen Systeme von IOC und FIFA. Neben kommerziel-
len Interessen geht es um Machtbedürfnisse, um
Posten und anscheinend auch oft um persönliche Be-
reicherung. Der Korruptionssumpf, den der amtie-
rende Präsident des IOC trockenlegen wollte, ist im-
mer noch tief.

Es muss aber ein dringendes Bestreben auch des
deutschen Sports sein, endlich mehr Transparenz in
die Entscheidungen zu bringen. Das gilt nicht nur für
die Vergabe von Sportgroßveranstaltungen; das gilt
auch für Strukturentscheidungen und Personalfragen.
Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu wissen, wie
Gelder fließen, welche Kriterien die Zukunft der Sport-
welt bestimmen. Denn ohne Publikum ist der Sport als
Ganzes tot.

Der Überlebenskampf der Ringer macht jetzt offen-
sichtlich, dass der Sport an etwas krankt. Nur eine
grundlegende Kur, die mit tief verwurzelten Ursachen
gründlich aufräumt, kann helfen. Ein bloßes Herum-
doktern an den Symptomen greift zu kurz. Aber der
Sport will autonom sein und muss sich also selber hel-
fen. Der Politik sind eigentlich die Hände gebunden.

Deshalb ist der Antrag aller Fraktionen zum Ver-
bleib des Ringens im olympischen Programm auch
nicht mehr als ein wohlgemeinter Appell. Der Sport als
Beitrag zur Völkerverständigung liegt auch im politi-
schen Interesse.

Deshalb möchte ich abschließend noch einmal
meine Verwunderung darüber kundtun, dass sich die
Union bei einem unstrittig gemeinsamen Anliegen er-
neut geweigert hat, einen wirklich fraktionsübergrei-
fenden Antrag zu verabschieden. Die Ausgrenzung der
Linksfraktion an dieser Stelle ist – offen gesagt – ziem-
lich lächerlich.

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Zu Protokoll ge

(C (D Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Nach dem ersten Schock des überraschenden Aus-

chlusses für die Zeit nach Olympia 2016 ist nun wie-
er etwas Ruhe eingekehrt bei den Ringerverbänden.
enn Ringen hat eine realistische Chance, sich neben
en Sportarten Squash und Baseball/Softball wieder
r eine Olympiaaufnahme zu empfehlen.

Auch in meiner Fraktion wurde diskutiert, warum
ich der Deutsche Bundestag in die Frage des Ver-
leibs und der Aufnahme von Sportarten ins Olympi-
che Programm einmischen sollte. Denn es liegt ja
anz zweifellos ein Eingriff in die Autonomie des
ports vor, wenn ein fraktionsübergreifender Antrag
it dem Titel „Ringen vor dem Ausschluss aus dem
lympischen Programm bewahren“ vom Deutschen
undestag verabschiedet wird. In der Diskussion ist
ber letztlich zum Tragen gekommen, dass die Frage
uch eine große sportpolitische Bedeutung hat.

Denn für den Ringersport in Deutschland ist es exis-
nziell, ob man olympiazugehörig ist oder nicht. Die
uwendungen des Bundes bemessen sich in erster Li-
ie daran, ob man zu den olympischen Sportarten ge-
ört. Die bisherige jährliche Förderung würde sich
ach den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016
ehr oder weniger ohne Übergangszeit von bisher

irca 1 Million Euro auf einen Bruchteil reduzieren.
nabhängig von der Förderfrage würde ohne Olym-
iabezug eine entscheidende Motivation für den Nach-
uchs im Leistungssport fehlen. Letztlich würden auch
eniger Menschen im Breitensport ihren Platz auf der
ingermatte suchen.

Ich erinnere auch an die internationale Dimension.
s gibt eine Sportallianz der Staaten Iran, Russland
nd USA, die in gemeinsamen bilderträchtigen Aktio-
en für einen Verbleib des Ringens bei Olympia ge-
orben hat. In diesem Zusammenhang halte ich es für
rwähnenswert, dass sich der iranische Präsident
ahmud Ahmadinedschad beim Ringer-Weltcup in Te-

eran zusammen mit dem US-Team vor der amerikani-
chen Fahne gezeigt hat. Bedeutsamer als mancher
olitikerbrief an das IOC ist es meiner Ansicht nach
uch, dass im Mai in der New Yorker Grand Central
tation bei einem Schaukampf der Ringer der USA und
es Irans die iranische Nationalhymne gespielt wurde.

Wir haben uns sehr bemüht, die deutschen IOC-Exe-
utivmitglieder Dr. Thomas Bach und Claudia Bokel zu
iner Sitzung des Sportausschusses einzuladen, um dort
us erster Hand über die Gründe der Ausschlussent-
cheidung der IOC-Exekutive zu erfahren. Wir haben es
ehr bedauert, dass es trotz mehrerer Terminvor-
chläge keine Zusage gab. Eine Rückkoppelung in den
eutschen Bundestag wäre sicher ein notwendiges
eichen gewesen.

Ich möchte einige Anmerkungen zur Situation des
ternationalen Olympischen Komitees, IOC, machen.
ls Veranstalter der Olympischen Spiele genießt das
C in der Schweiz den Vereinsstatus und wird von Re-




Katrin Kunert
gebene Reden





Viola von Cramon-Taubadel


(A) )


)(B)

gierungen aller Staaten hofiert. Der Begriff „Olym-
pia“ genießt in Deutschland einen gesetzlichen Mar-
kenschutz. Das IOC ist aus grüner Sicht längst ein
Konzern des Sports und diktiert den Staaten eine Steu-
erbefreiung für sich selbst. Pierre de Coubertins im
Jahre 1925 gestellte Frage nach der Zukunft von
Olympia: „Markt oder Tempel? Sportsleute wählet!“
ist längst zugunsten des kommerziellen Marktes beant-
wortet.

Eine entscheidende sportpolitische Frage der Zu-
kunft ist daher für die grüne Bundestagsfraktion, ob
die Politik ständig einem intransparenten Sportkon-
zern wie dem IOC mitsamt der internationalen Sport-
fachverbände hinterherläuft oder ob die demokratisch
legitimierten Parlamente und Regierungen klare Re-
geln aufstellen. Denn der Weltsport hat längst kom-
merzielle Ausmaße angenommen, und der Anteil der
durch Korruption, Doping und Wettmanipulation er-
reichten Marktanteile ist viel größer, als bisher be-
kannt ist. Wir Grünen haben beispielsweise mit einem
Antrag zum Verhältnis von Sportgroßveranstaltungen
und Menschenrechten einen zukunftsfähigen Vorschlag
gemacht, und wir werden auch weiter kritisch nachha-
ken, wenn Regierungsvertreter und andere Politiker
den Platz auf der Ehrentribüne einem kritischen Dia-
log mit Sportverbänden vorziehen.

D
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1724409700


Ringen war bereits bei den Olympischen Spielen der
Antike eine der angesehensten Sportarten und steht
seit Beginn der Olympischen Spiele der Neuzeit 1896
im olympischen Sportwettkampfkalender. Es ist daher
nicht nachvollziehbar, Ringen aus dem Programm der
Olympischen Spiele zu streichen. Ringen gehört zum
Kernbestand der olympischen Disziplinen. Diese An-
sicht hat Herr Minister Dr. Friedrich bereits im Fe-
bruar dieses Jahres öffentlich vertreten, und er hat
sich für einen Verbleib dieser olympischen Sportart
eindringlich ausgesprochen. Die große Geschichte des
olympischen Gedankens im traditionellen Wettbewerb
weiterleben zu lassen, gerade das macht den Reiz der
Olympischen Spiele aus.

Die überraschende Entscheidung der Exekutive des
Internationalen Olympischen Komitees, IOC, am
12. Februar 2013, die klassische olympische Sportart
Ringen aus dem Programm für die Olympischen Som-
merspiele 2020 zu streichen, stößt daher weltweit auf
Unverständnis. Dabei kennt der Einsatz für die Sport-
art Ringen keine Grenzen: Selbst Staaten wie die USA,
die Russische Föderation und der Iran setzen sich ge-
meinsam für den Erhalt des Ringens als olympische
Sportart ein. So kämpften Ringer aus den USA, Iran
und Russland in diesem Mai bei Schaukämpfen im al-
ten New Yorker Bahnhof Grand Central miteinander
und gemeinsam für die olympische Zukunft ihrer
Sportart.

Das IOC hatte unter anderem kritisiert, dass die
Sportart Ringen zu unattraktiv sei, und Reformen ge-

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(C (D rdert. Der Internationale Ringer-Bund, FILA, hat inwischen selbst Reformbedarf eingeräumt und erste eformen auf einem Sonderkongress des Weltverbanes FILA am 18. Mai 2013 in Moskau verabschiedet. h hoffe sehr, dass der Internationale Ringer-Bund it diesen Reformen überzeugen kann und dass eine ösung gefunden wird, die der Bedeutung des olympichen Traditionssports Ringen gerecht wird. Ich gehe avon aus, dass sich hierfür alle nationalen wie interationalen Institutionen der Sportart Ringen einsetzen erden, um eine positive Entscheidung über den Verleib der Traditionssportart Ringen im September 013 auf der IOC-Vollversammlung in Buenos Aires zu rreichen. Das Bundesministerium des Innern, BMI, hat sich it dem Deutschen Olympischen Sportbund, DOSB, in erbindung gesetzt, um zu klären, ob und gegebenenlls welche weitere Unterstützung seitens des BMI erlgen kann, um den Verbleib des Ringens im olympi chen Programm zu sichern. Auch am Rande der . UNESCO-Weltkonferenz der Sportminister vom 8. bis 30. Mai 2013 hat Herr Minister Dr. Friedrich ersönlich in bilateralen Gesprächen für den Verbleib er Sportart Ringen im olympischen Wettkampfkalener geworben. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss mpfehlung des Sportausschusses auf Drucksache 7/13372. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a einer Beschlussempfehlung die Annahme des Antrags er Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/ ie Grünen auf Drucksache 17/13091. Wer stimmt für iese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Entaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig ngenommen. Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung empehlt der Ausschuss, den Antrag der Fraktion Die Linke uf Drucksache 17/13092 für erledigt zu erklären. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist benfalls einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrags der Abgeordneten Andrea Wicklein, Wolfgang Tiefensee, Hubertus Heil der SPD Bürokratieabbau optimieren – Mittelstandsorientierung stärken – Drucksache 17/13548 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Innenausschuss Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724409800

(Peine), weiterer Abgeordneter und der Fraktion





(A) )

Die Reden gehen zu Protokoll.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/13548 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Tagesordnungspunkte 21 a und 21 b:

a) – Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie
2011/95/EU
– Drucksachen 17/13063, 17/13392 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innen-
ausschusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 17/13556 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Rüdiger Veit
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Ulla Jelpke
Josef Philip Winkler


(8. Ausschuss)


– Drucksache 17/13557 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Stefanie Vogelsang
Dr. Peter Danckert
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Roland Claus
Katja Dörner

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan
Korte, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion DIE LINKE

60 Jahre Genfer Flüchtlingskonvention – Hand-
lungsbedarf auf nationaler und internationa-
ler Ebene
– Drucksachen 17/6095, 17/13564 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Daniela Kolbe (Leipzig)

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Ulla Jelpke
Josef Philip Winkler

Die Reden gehen zu Protokoll.


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1724409900

Auf europäischer Ebene ist zurzeit eine ganze Reihe

von Richtlinien zum Gemeinsamen Europäischen Asyl-
system in der Neufassung begriffen. Die von uns heute
zu beschließende nationale Umsetzung der Neufas-
sung der sogenannten Qualifikationsrichtlinie ist da-

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e1) Anlage 12

(C (D ei bis zum 21. Dezember dieses Jahres vorzunehmen nd somit noch vor der Bundestagswahl zu beschlieen. Ich freue mich, dass trotz des nahenden Wahlterins die große Mehrheit der Fraktionen des Hauses iese Umsetzung mitträgt, die eine Reihe praktischer nd häufig erbetener Verbesserungen im Bereich der nerkennung von Drittstaatsangehörigen bringt. Es leibt abzuwarten, ob dem nächsten Bundestag zum eispiel bei der Neufassung der Asylverfahrensrichtliie ein ähnlich einhelliges Votum gelingt, wie es heute u erwarten ist. Die breite Mehrheit für den Gesetzentwurf zeigt eutlich, dass die Koalitionsfraktionen sachgerechten erbesserungen der Rechte von Flüchtlingen gegenber aufgeschlossen sind und dies nicht ein Exklusivcht der Opposition ist – anders, als von einigen erne immer mal wieder behauptet wird. Der ebenlls zu behandelnde Antrag der Linksfraktion zeigt agegen im deutlichen Kontrast, wie man mit überiebenen Maximalforderungen zwar Spezialinteres en bedienen kann, aber zur praktischen Gesetzgeungsarbeit in unserem Land wenig beiträgt. Dazu asst dann auch, dass die Linke sich als einzige Frakon nicht dazu entschließen konnte, der Umsetzung er Qualifikationsrichtlinie zuzustimmen. Für die nion gilt: Sinnvolle Regelungen mit Augenmaß sind it uns immer zu machen – marktschreierische Forde ungskataloge überlassen wir gerne anderen. Insgesamt ist der Umsetzungsbedarf aus der Neussung der Qualifikationsrichtlinie allerdings eher ering, da unsere nationale Rechtslage weitestgehend ereits den Anforderungen der überarbeiteten Richtliie entspricht. Im Kern haben wir insbesondere einige erbesserungen im Bereich des Flüchtlingsschutzes nd des subsidiären Schutzes vorgesehen sowie die echte von subsidiär Geschützten stärker an die echte von Flüchtlingen angeglichen und die Rechte on Familienangehörigen von international Geschützn erweitert. Bei den Verfolgungsgründen haben wir klargestellt, ass auch eine Verfolgung aus Gründen der „gechlechtlichen Identität“ zur Flüchtlingsanerkennung hren kann. Eine inländische Fluchtalternative, die lüchtlingsanerkennung und subsidiären Schutz auschließen könnte, haben wir auf solche Fälle bechränkt, in denen der sichere Landesteil gefahrlos rreicht werden kann und eine Existenzgrundlage voranden ist oder aufgebaut werden kann. Das alles entpricht aber schon jetzt der Rechtsprechung in unsem Land. Die Angleichung der Rechte von subsidiär Ge chützten und Flüchtlingen ermöglichen wir in Zukunft urch einen eigenständigen subsidiären Schutzstatus, er sich an Asylberechtigung und Flüchtlingseigenchaft orientiert, wie es auch das Bundesverwaltungsericht gefordert hat. Dabei haben wir auch dafür esorgt, dass beide Gruppen zukünftig eine Aufentaltserlaubnis nach derselben Vorschrift erhalten, um ine Angleichung bei den Folgerechten zu erreichen )


(A) )

und damit auch bei den Leistungsgesetzen, wie zum
Beispiel dem BAföG. Flüchtlinge bleiben weiterhin pri-
vilegiert bei der Dauer der Aufenthaltserlaubnis, der
Aufenthaltsverfestigung und beim Familiennachzug.

Die Verbesserung der Situation von Angehörigen
von Flüchtlingen und subsidiär Geschützten erreichen
wir durch eine Erweiterung des Familienschutzes, ge-
mäß dem Modell des Familienasyls bzw. des Familien-
flüchtlingsschutzes, auf den subsidiären Schutz, und
wir dehnen den Familienschutz auf Eltern von minder-
jährigen Kindern aus, was bisher nur in umgekehrter
Richtung möglich war. Außerdem erweitern wir den
Familienschutz noch auf minderjährige ledige Ge-
schwister, auch wenn dies in der Praxis nur eine relativ
kleine Zahl von bisher nicht erfassten Fällen betreffen
dürfte, in denen kein eigener Schutzanspruch besteht.

Wir weisen dem Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge im Dublin-Verfahren die Aufgabe der Er-
fassung bei den sogenannten Aufgriffsfällen zu, in de-
nen Ausländer im Inland angetroffen werden, die in ei-
nem anderen Dublin-Staat einen Asylantrag gestellt
haben, aber eben nicht in Deutschland. Künftig kann
das Bundesamt dadurch nach § 27 a und § 34 a Asyl-
verfahrensgesetz Entscheidungen treffen, was bisher
ohne Asylantrag in Deutschland nicht möglich war.
Weiterhin schaffen wir mit dem Gesetzentwurf die
Möglichkeit, gegen Überstellungen im Dublin-Verfah-
ren innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe der
Abschiebungsandrohung einstweiligen Rechtsschutz
zu beantragen. Diese kurze Frist ist sachgerecht, weil
sie dem Geist der Grundgesetzänderung von 1993 ent-
spricht, mit der wir – abgesichert in unserer Verfas-
sung – erreichen wollten, dass Flüchtlinge, die bereits
in einem Drittstaat vor Verfolgung sicher waren, dort-
hin auch sofort zurückkehren müssen.

Schließlich verkürzen wir die Sperrfrist für Asylbe-
werber vor der Ausübung einer Beschäftigung im Bun-
desgebiet von bisher zwölf auf nun neun Monate und
verringern dadurch die Abhängigkeit der Asylbewer-
ber von öffentlichen Sozialleistungen, was zur Akzep-
tanz des Aufenthalts von Asylbewerbern in der Bevöl-
kerung beitragen kann.

Dieser Punkt wird in den Debatten zum Ausländer-
recht immer wieder gerne vergessen: Wir müssen nicht
nur dafür sorgen, dass die Rechte und Pflichten von zu
uns kommenden Asylbewerbern und Flüchtlingen in
einem ausgewogenen Verhältnis sind, sondern wir
müssen auch für Akzeptanz in der Bevölkerung dafür
sorgen, dass Deutschland als reiches Land eine inter-
national deutlich überdurchschnittliche Zahl von hilfs-
bedürftigen Asylbewerbern und Flüchtlingen in unse-
rem Land aufnimmt. Dafür braucht es Information und
Aufklärung, aber dafür bedarf es eben auch einer Ge-
setzgebung mit Maß und Mitte, in der nicht alles Vor-
stellbare und Wünschenswerte Gesetz werden kann,
aber bei der jeder in Deutschland darauf setzen kann,
dass wir einen gangbaren Kompromiss finden, wie das
einer parlamentarischen Demokratie würdig ist.

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(C (D Schon der geringe Anpassungsbedarf, der sich im eutschen Recht aus der Neufassung von EU-Richtliien ergibt, zeigt ganz deutlich, dass Deutschland keien großen Nachholbedarf im Vergleich zu seinen uropäischen Nachbarn hat. Daraus möchte der eine der andere vielleicht den Schluss ziehen, dass Europa sgesamt bei der Flüchtlingspolitik nicht gut genug ufgestellt ist. Diese Zweifler möchte ich dann aber itten, einmal darzulegen, wo sonst auf der Welt über ahrzehnte hinweg mehr Flüchtlinge aufgenommen orden sind und die Fürsorge für Flüchtlinge größer t als in Europa. Einmal ganz davon abgesehen, was uropa außerhalb unseres Kontinents zusätzlich an auerhafter und situationsbezogener Flüchtlingshilfe istet. Die Union wird auch in der nächsten Legislaturpeiode für eine verantwortungsvolle und angemessene lüchtlingspolitik in Deutschland und Europa eintren. Die weiteren dann anstehenden Umsetzungen neu fasster EU-Richtlinien in diesem Bereich habe ich beits erwähnt; aber gerade auch in der Flüchtlingspotik gibt es immer wieder neue, auch nationale, Heausforderungen, denen wir uns in der Zukunft stellen üssen. Die Union ist dazu jederzeit bereit, genauso ie wir heute gerne bereit sind, dem vorliegenden Ge etzentwurf zur Umsetzung der Qualifikationsrichtliie zuzustimmen. Anfang Januar 2012 trat die Neufassung der Quali kationsrichtlinie in Kraft. Ab diesem Datum haben ie EU-Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, um die Neueungen dieser Richtlinie in nationales Recht umzuseten. Der heute zu beratende Gesetzentwurf der Bunesregierung nimmt dies jetzt in Angriff. Die sogenannte Qualifikationsrichtlinie brachte aus nserer Sicht ein paar Verbesserungen für Flüchtlinge nd ihre Familienangehörigen. So dehnt sie den Beriff des Familienangehörigen auf nicht verheiratete artner aus. Schutzfähige Akteure sind jetzt nicht mehr er se der Staat, Parteien oder Organisationen, die roße Teile des Staatsgebiets beherrschen, sondern es uss hinzukommen, dass sie „willens und in der Lage ind, Schutz zu bieten“. Die Kriterien für interne luchtalternativen wurden weiter ausdifferenziert und larer gefasst, insbesondere ist unter Berücksichtigung er Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs r Menschenrechte auch das Kriterium der Zumut arkeit zu berücksichtigen. Bei den Verfolgungsgrünen im Falle einer bestimmten sozialen Gruppe wird uch an die geschlechtliche Identität angeknüpft. Kernstück der Richtlinie ist die Angleichung des mfangs des internationalen Schutzes von Flüchtlinen und subsidiär Geschützten. Die Mitgliedstaaten aben dafür zu sorgen, dass der Familienverband aufchterhalten werden kann; Familienangehörige von lüchtlingen oder subsidiär Geschützten haben Anpruch auf bestimmte Leistungen. Reinhard Grindel gebene Reden )

Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1724410000




(A) )

Diese positiven Vorgaben werden mit dem Gesetz-
entwurf der Bundesregierung umgesetzt. Der Anwen-
dungsbereich des Asylverfahrensgesetzes wird jetzt auf
subsidiär Geschützte ausgedehnt. Bei der Bestim-
mung, was Verfolgungsgründe seien können, wird fest-
gelegt, dass eine bestimmte verfolgte soziale Gruppe
auch eine solche sein kann, „die sich auf das gemein-
same Merkmal der sexuellen Orientierung gründet“.
Akteure, die Schutz bieten können, müssen dazu auch
„willens und in der Lage“ sein. Eine interne Schutzal-
ternative besteht nun nur noch dann, wenn von dem
Ausländer, der einen Flüchtlingsstatus beantragt,
„vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich
dort niederlässt“.

Wie von der Qualifikationsrichtlinie vorgeschrie-
ben, wird der Kreis der „Familienangehörigen“
erweitert und auf nicht verheiratete Lebenspartner
ausgedehnt. Der Familienschutz wird auf die Eltern
minderjähriger lediger Asylberechtigter oder andere
sorgeberechtigte Erwachsene ausgedehnt. Schließlich
setzt der Gesetzentwurf der Bundesregierung auch
Art. 33 der Richtlinie um, demzufolge die Mitglied-
staaten einem Flüchtling, dem internationaler Schutz
zuerkannt worden ist, Bewegungsfreiheit in ihrem Ho-
heitsgebiet gestatten.

Im Gesetzgebungsverfahren hatte der Bundesrat ge-
fordert, dass auch in Rücküberstellungsfällen gemäß
der Dublin-II-Verordnung einstweiliger Rechtsschutz
gewährt wird, so wie es deutsche Gerichte in verfas-
sungskonformer Auslegung des § 34 a Abs. 2 Asylver-
fahrensgesetz nach Prüfung des Einzelfalls wiederholt
gemacht haben und wie es auch vom Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte gefordert wird. Da-
nach dürfen Mitgliedstaaten einen Flüchtling nicht in
einen EU-Mitgliedstaat zurückschieben, wenn sie
Kenntnis darüber haben oder hätten haben müssen,
dass in diesem Staat keine konventionskonforme
Durchführung des Asylverfahrens gewährleistet ist.

Die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz in
Dublin-II-Überstellungsfällen haben wir seit langem
gefordert, nicht zuletzt deswegen, weil der Europäi-
sche Gerichtshof für Menschenrechte, EGMR, und der
Europäische Gerichtshof, EuGH, die beiden für die
Mitgliedstaaten maßgebende Obergerichte, so ent-
schieden haben, aber auch, weil es unsere Überzeu-
gung ist. Daher haben wir am 18. Oktober 2012 dem
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Für
wirksamen Rechtsschutz im Asylverfahren: Konsequen-
zen aus der Entscheidung des Gerichtshofs der Euro-
päischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte ziehen“, Drucksachen 17/8460 und
17/9008, zugestimmt und in der Beschlussempfehlung
des Innenausschusses zu dem vorliegenden Gesetz der
Bundesregierung eine dementsprechende Ergänzung
bzw. Änderung des § 34 a Asylverfahrensgesetz gefor-
dert. Dem sind die Regierungskoalitionen nachgekom-
men. Somit können wir dem Gesetz heute zustimmen.

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(C (D Hartfrid Wolff Durch den Gesetzentwurf zur Umsetzung der über rbeiteten Fassung der sogenannten Qualifikationsichtlinie haben wir einen weiteren wichtigen Baustein Ausländerrecht gesetzt. Ich möchte klar sagen: Ich habe mich sehr gefreut, ass es im Innenausschuss keine Gegenstimmen gegeen hat, weder zu unserem Änderungsantrag, auf den h gleich zu sprechen kommen werde, noch zum Ge etzentwurf als Ganzes. Das zeigt mir, dass auch Sie, ebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Rot-Grün, ielleicht zum Ende der Wahlperiode doch erkennen, ass nicht polemische Behauptungen und Forderunen im Ausländerrecht entscheidend sind, sondern as, was man erreicht und umsetzt. Und auch draußen ird das verstanden. Dieses Gesetz ist, wie die vielen anderen Vorhaben, ie wir in dieser Wahlperiode im Ausländerrecht vorngebracht haben, ein Beispiel für die gute Regieungsund Parlamentsarbeit der schwarz-gelben Kolition. Es waren vier gute Jahre auch in diesem ereich für Deutschland. Und, angesichts der oft haarträubenden Debatten, die wir wegen verpasster Frisn zur Umsetzung von Richtlinien aus Europa führen: ier haben wir weit vor Auslaufen der Frist umgesetzt. nd wir haben nicht nur eins zu eins umgesetzt, sonern wir haben den Gesetzentwurf noch angereichert. Durch den Gesetzentwurf werden zunächst die echte von subsidiär Schutzberechtigten gestärkt. Die nträge sind nach der neuen Systematik Asylanträge. ozu führt das? Dass endlich für alle Anträge das undesamt für Migration und Flüchtlinge zuständig t! Und das ist richtig so. Es war den Betroffenen der nterschiedlichen möglichen Aufenthaltstitel ohnehin icht vermittelbar, dass es zwei unterschiedliche Beörden sind, die darüber befinden. Wem sind schon die omplizierten Feinheiten des deutschen Ausländerchts gut zu vermitteln? Diese strukturelle Änderung t daher absolut begrüßenswert. Wir haben den Gesetzentwurf noch weiter verbesert: Wir sorgen dafür, dass Asylbewerber bereits nach eun Monaten auf dem deutschen Arbeitsmarkt zugessen werden. Ich mache aus meinem Herzen keine ördergrube: Natürlich hätten wir uns vorstellen kön en, ganz auf eine Frist zu verzichten. Das ist eine ngjährige liberale Forderung. Für uns ist es selbst erständlich, dass niemand zum Bezug staatlicher eistungen gezwungen werden darf; jeder muss weigstens die Möglichkeit haben, seinen Lebensunteralt selbst zu verdienen. Aber die Absenkung auf neun onate ist ein ganz wichtiger Schritt. In der Tat geht die Einigung auf europäischer Ebene uch in diese Richtung. Aber da werden Richtlinien beprochen. Die müssen erst beschlossen werden, dann eginnt die Umsetzungsfrist von zwei Jahren. Wir sind lso mit gutem Beispiel vorangegangen. Darüber freue h mich sehr. Rüdiger Veit gebene Reden )





(A) )

Der zweite Punkt ist der einstweilige Rechtsschutz
im Dublin-II-Verfahren. Deutschland ist das einzige
Land, das – bisher – den einstweiligen Rechtsschutz an
dieser Stelle ausschließt. Für einen vorbildlichen
Rechtsstaat, wie Deutschland einer ist, war das ein Ar-
mutszeugnis. Daher haben wir endlich § 34 a Abs. 2
Asylverfahrensgesetz modifiziert: Anträge nach § 80
Abs. 5 der VwGO gegen die Abschiebeanordnung sind
nun innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stel-
len. Die Abschiebung ist vor der gerichtlichen Ent-
scheidung unzulässig. Auch hier ist nun ein Paradig-
menwechsel erfolgt.

Alles in allem kann ich auch anhand dieses Gesetz-
entwurfes feststellen: Die Koalition aus CDU, CSU
und FDP war und ist gut und erfolgreich. Die vergan-
genen vier Jahre waren gute Jahre für Deutschland!
Es ist deshalb auch gut für Deutschland, wenn diese
Koalition fortgesetzt wird.


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724410100

Uns liegt heute ein Gesetzentwurf der Bundesregie-

rung zur Umsetzung der EU-Qualifikationsrichtlinie
vor, die regelt, unter welchen Umständen Schutzsu-
chende als Flüchtlinge anerkannt werden und Schutz
erhalten sollen. Diese Richtlinie wird weitgehend kor-
rekt umgesetzt, nicht weniger, aber leider auch nicht
mehr. Die Koalition hat im Innenausschuss noch Ände-
rungen beim einstweiligen Rechtsschutz im Dublin-
Überstellungsverfahren beschlossen, allerdings nur in
einer Schmalspurvariante. Asylsuchende, die zuvor
über einen anderen EU-Staat eingereist sind, müssen
nach der Dublin-Verordnung dort ihr Asylverfahren
betreiben. Dafür werden sie dorthin überstellt, also in-
nerhalb der EU abgeschoben. Bislang ist es nach dem
Gesetz ausgeschlossen, gegen eine solche Überstel-
lung einstweiligen Rechtsschutz zu erlangen. Künftig
soll im Dublin-Verfahren nach der vorgeschlagenen
Regelung innerhalb einer Woche ein Antrag auf einst-
weilige Aussetzung der Überstellung eingelegt werden
können. Eine Klage an sich hat aber keine aufschie-
bende Wirkung. Auch fehlt eine Klarstellung, dass in
der einwöchigen Frist eine Überstellung nicht vollzo-
gen werden darf. Das ist ein Rechtsschutz zweiter
Klasse und wird von uns deshalb als unzureichend ab-
gelehnt.

Meine Fraktion fordert in ihrem Antrag, der heute
ebenfalls zur Abstimmung vorliegt, darüber hinaus,
die Verfahrensrechte der Betroffenen im Asylverfahren
insgesamt wieder den üblichen Standards und Vorga-
ben im Verwaltungsverfahrensrecht anzugleichen und
das Sonderprozessrecht im Asylbereich endgültig auf-
zugeben.

Die Gewährung effektiven Rechtsschutzes im Dub-
lin-Überstellungsverfahren ist zwingend! Aufgrund
der teils verheerenden Zustände in den Asylsystemen
anderer EU-Staaten – namentlich Griechenland, Ita-
lien, Zypern und Ungarn – haben zahlreiche Verwal-
tungsgerichte in den vergangenen Jahren sogar entge-
gen der Gesetzeslage einstweiligen Rechtsschutz

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Zu Protokoll ge

(C (D ngeordnet. Allein Abschiebungen nach Italien waren avon 200-mal betroffen. Das Problem ist, dass die etroffenen nach jetziger Rechtslage bis zu einer Entcheidung des Gerichts „Freiwild“ der Exekutive sind. der Praxis wurde sogar alles getan, um Asylsu hende davon abzuhalten, Rechtsmittel einlegen zu önnen, indem ihnen und ihren Rechtsanwälten die beorstehende Überstellung nicht oder erst auf dem Weg um Flugzeug mitgeteilt wurde. Ich kann nur hoffen, ass diese rechtbrechende Praxis in Zukunft unterleibt, denn leider fehlt eine klare Bestimmung hierzu Änderungsantrag der Koalition. Der Regierung bleibt gar nichts anderes übrig, als umindest einen Minimalrechtsschutz zu gewährleisn. Denn auch der Europäische Gerichtshof für Men chenrechte, der Europäische Gerichtshof und das undesverfassungsgericht haben im Sinne des Rechtschutzes geurteilt. Die Dublin-Verordnung wird unter nderem deshalb in diesem Punkt derzeit überarbeitet nd eine Neufassung voraussichtlich Ende des Jahres Kraft treten. Leider werden Sonderregelungen im eutschen Asylrecht ansonsten EU-rechtlich weiter leitimiert. Das gilt etwa für Asylschnellverfahren am lughafen. Dieses rechtsstaatswidrige Schnellverfahn wollen wir mit unserem Antrag abschaffen. Auch ie Widerrufsverfahren, die noch Jahre nach der sylanerkennung zur Rücknahme des Flüchtlingschutzes führen können, wollen wir beenden. Sie soren für große Verunsicherung bei den Betroffenen, die um Teil seit vielen Jahren in Deutschland leben. Die eutsche Regelung, in allen Fällen und ohne konkreten nlass nach drei Jahren automatisch eine Widerrufsrüfung vorzunehmen, ist in der EU einmalig und geört abgeschafft! Schließlich fordern wir in unserem Antrag, dass die undesrepublik endlich eine gesetzliche Grundlage für ine dauerhafte Beteiligung an den Resettlement-Prorammen des UN-Flüchtlingshilfswerks schafft. Für ie Jahre 2012 bis 2014 hat die Konferenz der Inneninister und -senatoren, IMK, die Aufnahme von jährch 300 Menschen beschlossen, die in anderen Staaten Flüchtlingslagern leben und für die der UNHCR um ufnahme bittet, weil in diesen Lagern keine angemesene Betreuung gegeben ist. Das betrifft beispielsweise chwer traumatisierte Flüchtlinge oder unbegleitete inder. Die Beteiligung an diesen Resettlement-Prorammen darf in Zukunft nicht mehr von der politichen Tageslaune der Bundesländer abhängig geacht werden, die sich auf der IMK einvernehmlich inigen müssen. Deshalb wollen wir eine eigene geetzliche Grundlage und feste jährliche Quoten, die elbstverständlich deutlich über den genannten 00 Personen liegen müssen. Die Beteiligung an Reettlement-Programmen ist auch ein Zeichen der interationalen Solidarität an jene Staaten, die in der achbarschaft von Kriegsund Bürgerkriegsgebieten ie Hauptlast der Flüchtlingsaufnahme tragen müsen. Hartfrid Wolff gebene Reden Ulla Jelpke )








(A) )

Die Linke fordert darüber hinaus einen weiteren
Ausbau des Flüchtlingsschutzes. Bürgerkriegs-,
Kriegs-, Umwelt- und Armutsflüchtlinge sind bislang
von der Genfer Flüchtlingskonvention und den ein-
schlägigen EU-Richtlinien gar nicht oder nur ungenü-
gend erfasst. Den Schutz dieser Menschen kann die
Bundesrepublik nicht im Alleingang regeln. Wir for-
dern daher, dass die Bundesregierung auf europäi-
scher und internationaler Ebene aktiv wird, um auch
für diese Menschen einen wirksamen Schutzstatus zu
erreichen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist es ein großer Fortschritt, dass mit der soge-
nannten Flüchtlingsanerkennungsrichtlinie subsidiär
geschützte Personen – also Flüchtlinge, denen men-
schenrechtliche Abschiebungshindernisse zuerkannt
wurden, wie etwa drohende Steinigung, Körperstrafen
etc. – weitgehend anerkannten Flüchtlingen gleichge-
stellt werden.

In dem vorgelegten Gesetzentwurf wird der Wille
des Gesetzgebers deutlich, die Lebensbedingungen
von subsidiär Geschützten in Deutschland zu verbes-
sern und anzugleichen. Das Erfordernis der Anglei-
chung des europarechtlichen subsidiären Schutzes er-
folgt auch vor dem Hintergrund der Erfahrung, dass
der subsidiäre Schutz oft ebenso wenig nur vorüberge-
hender Natur ist wie der Flüchtlingsschutz. Es ist gut,
dass der subsidiäre Schutzstatus nun auch in das Asyl-
verfahrensgesetz aufgenommen wurde.

Zu begrüßen ist außerdem, dass nicht mehr nur der
Verweis in § 60 Abs. 1 AufenthG zu finden ist, wonach
die Richtlinie ergänzend anzuwenden sei, sondern der
Gesetzentwurf die Übernahme von Bestimmungen der
Richtlinie in das Asylverfahrensgesetz vorsieht. So ist
erstmals die Definition des Flüchtlings entsprechend
der Genfer Flüchtlingskonvention im deutschen Recht
zu finden.

Etliche Anregungen der Flüchtlingsverbände und
der Oppositionsfraktionen im Kontext der Umsetzung
der Vorgängerrichtlinie (2004/83/EG) im Jahr 2007
finden sich nun im Gesetzentwurf – teilweise auch
durch die wörtliche Übernahme der Richtlinienbestim-
mungen in den Gesetzestext – wieder. Dies ist sehr zu
begrüßen.

Besonders erfreulich ist es, dass die von den Koali-
tionsfraktionen vorgelegten Änderungsanträge endlich
auch die Wiederherstellung des einstweiligen Rechts-
schutzes gegen Rücküberstellungen in Dublin-Asylver-
fahren beinhalten. Bundesregierung und Koalitions-
fraktionen hatten sich trotz der eindeutigen
Entscheidungen des EuGH und des EGMR im Dezem-
ber 2011 bislang beharrlich geweigert, diese rechts-
staatliche Lücke, die seit 2007 im deutschen Recht
klafft, wieder zu schließen.

Auch der Bundesrat hatte, auf Initiative des Landes
Rheinland-Pfalz hin, sich in seinem Beschluss für eine

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(C (D iederaufnahme des einstweiligen Rechtsschutzes in ublin-Asylverfahren im Rahmen der Umsetzung der lüchtlingsanerkennungsrichtlinie in nationales Recht usgesprochen. Allerdings muss dann bei der Ausleung des § 34 a Abs. 2 Asylverfahrensgesetz in der euen Fassung Folgendes Berücksichtigung finden: Die Praxis der Zustellung der Abschiebungsanordung wird durch § 34 a Abs. 2 in der neuen Fassung icht geändert. Deshalb muss klargestellt werden, dass em Ausländer Gelegenheit zu geben ist, den Antrag ach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung zu tellen. Nach der derzeit geltenden deutschen Gesetzeslage ürfen die Verwaltungsgerichte Abschiebungen in den r die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen icheren Drittstaat nicht nach § 80 oder § 123 VwGO ussetzen. Diese Vorschrift haben Verwaltungsgeichte zunehmend gerade in Überstellungsfällen nach er Dublin-II-Verordnung umschifft, indem sie aushrten, die Vorschrift sei dahin gehend auszulegen, ass sie entgegen ihrem Wortlaut die Gewährung instweiligen Rechtsschutzes nicht generell verbiete, ondern derartiger Rechtsschutz in Ausnahmefällen öglich bleibe; einstweiliger Rechtsschutz sei in Ausahmefällen nämlich dann zulässig, wenn sich aufrund bestimmter Tatsachen aufdränge, dass der chutzsuchende von einem der im Konzept der normaven Vergewisserung des Bundesverfassungsgerichts icht aufgefangenen Sonderfälle betroffen sei. Diese Einschränkungen und besonders hohen Anrderungen fallen mit der Aufnahme des einstweiligen echtsschutzes weg. Damit gilt wieder der „normale“ rüfungsmaßstab. Ob also in einem Aufnahmestaat er Dublin-II-Verordnung systemische Mängel im sylverfahren und in den Aufnahmebedingungen voregen, kann im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes künftig zunächst offen bleiben. Entscheidend t nur noch – wie in jedem anderen vergleichbaren erfahren –, ob dem Aussetzungsinteresse des Schutzuchenden Vorrang vor dem Vollzugsinteresse der Beörde einzuräumen ist. Wir kommen zur Abstimmung. Tagesordnungspunkt 21 a. Der Innenausschuss empehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 7/13556, den Gesetzentwurf der Bundesregierung, rucksachen 17/13063 und 17/13392, in der Ausschussssung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge etzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, m ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung bei nthaltung der Fraktion Die Linke mit den Stimmen alr übrigen Fraktionen angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Die, die zustimmen wollen, ögen sich erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltun Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724410200




(A) )

gen? – Der Gesetzentwurf ist mit gleichem Stimmenver-
hältnis angenommen.

Tagesordnungspunkt 21 b. Der Innenausschuss emp-
fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache
17/13564, den Antrag der Fraktion Die Linke auf Druck-
sache 17/6095 abzulehnen. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegenstim-
men der Linken und der Grünen und Enthaltung der
SPD.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 22 a und 22 b auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Caren
Marks, Petra Crone, Petra Ernstberger, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Alleinerziehende besser unterstützen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Jörn
Wunderlich, Diana Golze, Matthias W. Birkwald,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Alleinerziehung von Kindern würdigen –
Alleinerziehende gebührend unterstützen

– Drucksachen 17/11032, 17/8793, 17/13178 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Nadine Schön (St. Wendel)

Christel Humme
Miriam Gruß
Jörn Wunderlich
Katja Dörner

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-

ten Gabriele Hiller-Ohm, Anette Kramme, Anton
Schaaf, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Neue Strategien für eine bessere Förderung
von Alleinerziehenden in der Grundsicherung

– Drucksachen 17/11038, 17/12905 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Matthias W. Birkwald

Die Reden gehen zu Protokoll.


Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1724410300

Alleinerziehende sind in unserer Gesellschaft schon

lange keine Randgruppe mehr. Fast jede fünfte Familie
in Deutschland ist alleinerziehend; über zwei Millio-
nen minderjährige Kinder leben bei ihren alleinerzie-
henden Müttern oder Vätern.

Der Wunsch alleinerziehender Eltern nach wirt-
schaftlicher Selbstständigkeit ist groß. 66 Prozent von
ihnen sind aktiv erwerbstätig, und viele von denjeni-

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(C (D en, die nicht erwerbstätig sind, würden gerne arbein. Doch oft reichen die vorhandenen Rahmenbedinungen nicht aus, um Familie und Beruf miteinander ereinbaren zu können. Obwohl Alleinerziehende den Alltag mit ihren Kinern alleine meistern müssen und sie bei Haushaltshrung, Kindererziehung und Sicherung des finan iellen Einkommens viel stärker gefordert sind als lternpaare, sehen viele von ihnen ihre Lebenssituaon positiv. Sie wollen kein Mitleid, sondern benötigen infach nur zusätzliche Unterstützung bei der Bewältiung ihres Alltags. Die christlich-liberale Koalition setzt sich dafür mit ielfältigen Maßnahmen ein: Alleinerziehende dürfen uf unsere finanzielle Unterstützung zur Sicherung des ebensunterhalts vertrauen. Mit der Einführung des lterngeldes, der Weiterentwicklung des Kinderzuchlags, der Anhebung und stärkeren Staffelung des indergeldes und der Einführung des Bildungsund eilhabepakets wurde Erhebliches zur Armutsvermeiung von Alleinerziehenden geleistet. Auch im BAföG ist die starre Altersgrenze für Ausubildende mit Kindern bereits deutlich flexibilisiert orden und kommt dabei insbesondere auch Alleiner iehenden zugute, deren Bildungsbiografie vielfach icht so geradlinig verlaufen kann wie bei anderen uszubildenden. Bund und Länder sind über eine Öffung des BAföG für Teilzeitausbildungen im Gepräch. Ziel ist hierbei die noch bessere Vereinbarkeit on Ausbildung und Familie mit kleinen Kindern. Alleinerziehende benötigen darüber hinaus Untertützung bei der Vereinbarkeit von Familie und Ererbsleben. Um sie in die Lage zu versetzen, selbst für ren Unterhalt zu sorgen, hat das Bundesfamilienmi isterium das Modellprojekt „Vereinbarkeit für Alleinrziehende“ aufgelegt. Bis März 2010 sind an zwölf ilotstandorten die Angebote der Arbeitsagenturen nd Grundsicherungsstellen mit der bestehenden Inastruktur vor Ort verzahnt worden. Es entstanden irksame Netzwerke aus Beratung und praktischer ilfe vor Ort – von einem abgestimmten Angebot an inderbetreuung bis zur zielgenauen Qualifizierung nd Beschäftigung, die Alleinerziehende in die Lage ersetzen, sich aus der Abhängigkeit von Transferleisngen zu befreien. Die Pilotprojekte wurden unter tützt von den Lokalen Bündnissen für Familie und urden in die Breite getragen. Darüber hinaus hat das Bundesarbeitsministerium afür Sorge getragen, dass in den Jobcentern der lickwinkel auf Alleinerziehende verändert wurde. obcenter sollen Alleinerziehende nicht länger als chwer vermittelbar ansehen, sondern aktiv mithelfen, nen konsequent alle Hürden aus dem Weg zu räumen, ie einer Erwerbstätigkeit im Wege stehen: Eine gute inderbetreuung zu organisieren und mit den Arbeitebern flexible und damit familiengerechte Arbeitsbeingungen auszuhandeln, ist keine familienpolitische )


(A) )

Schwärmerei, sondern handfeste zukunftsweisende Ar-
beitsmarktpolitik.

Für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Er-
werbsarbeit brauchen vor allem Alleinerziehende aus-
reichende und qualitativ hochwertige Angebote der
Kinderbetreuung. Wir müssen dazu keinen neuen Krip-
pengipfel abhalten – der Bund hat längst gehandelt.
Von dem mit finanzieller Unterstützung der CDU/
CSU-geführten Bundesregierung ermöglichten massi-
ven Ausbau der Betreuungsplätze profitieren vor allem
auch Alleinerziehende. Dabei beschränkt sich der
Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter
Dreijährige ab dem 1. April 2013 nicht auf halbtägige
Betreuung. Der Umfang der täglichen Unterstützung
richtet sich vielmehr alleine nach dem tatsächlichen
individuellen Bedarf.

Der Bund beteiligt sich nicht nur an den Ausbaukos-
ten für die Betreuungsplätze, sondern auch an den Be-
triebskosten. Hierzu zählen auch Kosten für zusätzlich
erforderlich werdendes Personal. Bund und Länder
haben bereits 2008 einen Qualifizierungspakt für
Fachkräfte in der Betreuung von Kindern unter drei
Jahren beschlossen. Seither wurde einiges erreicht:
Seit 2009 ist die Aufstiegsfortbildung zur Erzieherin
oder zum Erzieher bundesweit staatlich förderfähig.
Für pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrich-
tungen wurden Programme für die Fort- und Weiterbil-
dung entwickelt. Über das Bundesbildungsministerium
wird die Medienqualifizierung der Erzieher gefördert;
das BMFSFJ hat ein Programm zur Erhöhung der An-
zahl männlicher Fachkräfte in Kitas aufgelegt. Es gibt
das Aktionsprogramm Kindertagespflege, mit dem Ta-
gespflegepersonen gewonnen werden sollen.

Den Forderungen nach ausreichenden Betreuungs-
plätzen können wir also nicht nur zustimmen, sondern
wir setzen sie bereits mit unseren eigenen familienpoli-
tischen Konzepten um. Viele andere Forderungen, die
sich in beiden Anträgen finden, wie zum Beispiel die
Flexibilisierung der Öffnungszeiten der Kinderbetreu-
ungseinrichtungen und die Schaffung von Ganztagsbe-
treuungsangeboten, fallen in die Zuständigkeit der
Länder.

Ablehnen werden wir die Forderung, auf die bereits
aus gutem Grund beschlossene Einführung des Betreu-
ungsgeldes zu verzichten, die auch den Alleinerziehen-
den Wahlfreiheit hinsichtlich der Art der Betreuung er-
öffnet.

Eine Kindergrundsicherung lehnen wir ebenso ab
wie die Rücknahme der Anrechnung des Elterngeldes
auf SGB-II-Leistungen. Die Kindergrundsicherung
verringert die Erwerbsanreize für Eltern und ist daher
nach unserer festen Überzeugung gerade nicht förder-
lich für eine gute Entwicklung der Kinder.

CDU/CSU und FDP unterstützen Alleinerziehende
mit einem umfangreichen Mix aus finanzieller Förde-
rung und der Bereitstellung von Infrastruktur. Dieser
Mix macht Familienpolitik erst erfolgreich. Und daher
werden wir diesen Weg weitergehen.

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(C (D Nadine Schön Wir widmen unsere heutige Plenardebatte erneut er Gruppe der Alleinerziehenden. Zur Verdeutlichung er Situation möchte ich uns noch einmal ein paar Dan ins Gedächtnis rufen: 19 Prozent aller Familien in eutschland sind Familien mit einem alleinerziehenen Elternteil. Wenn wir uns die Gesamtzahl der Kiner in alleinerziehenden Familien anschauen, dann elangen wir bei einem Alter unter 19 Jahren auf die ahl von 2 Millionen. Die Erwerbstätigkeitsquote bei en überwiegend weiblichen Alleinerziehenden ist mit 6 Prozent sehr hoch. Daraus ergibt sich, dass Alleinerziehende eine beondere Betrachtung und entsprechende politische eichenstellungen benötigen. Unsere Leistungen für Alleinerziehende sind eingeettet in den Rahmen einer nachhaltigen und bedarfsrientierten Familienpolitik. In diesem Sinne wurden ereits wichtige Schritte auf den Weg gebracht. Ich ernere hier zunächst an die Erhöhung und die frühere taffelung des Kindergeldes sowie das Elterngeld, das ich nach jüngsten Umfragen auch bei Vätern einer teigenden Beliebtheit erfreut. Alleinerziehenden weentlich zugute kommen die Leistungen aus dem Bilungsund Teilhabepaket der Bundesregierung, die ben auch von Kinderzuschlagund Wohngeldbezieern in Anspruch genommen werden können. Darüber hinaus arbeiten wir kontinuierlich an weiren Verbesserungen: So ist das BAföG bereits deutch flexibilisiert worden – im Sinne der Alleinerzieenden. Auch stehen Bund und Länder über eine ffnung des BAföG für Teilzeitausbildungen im Ge präch mit dem Ziel, die Vereinbarkeit von Ausbildung nd Familie mit kleinen Kindern zu verbessern. Ebenlls in der Diskussion befinden sich Vorschläge zur eiteren Verbesserung arbeitszeitpolitischer Regelunen. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder hat ich ja hier schon entsprechend bezüglich des Rückehrrechts auf einen Vollzeitarbeitsplatz geäußert. Die größte Herausforderung für Alleinerziehende t die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Eigenen ngaben zufolge wünscht sich nämlich ein großer Teil er nicht in Arbeit stehenden Alleinerziehenden die ückkehr in den Job, sieht sich aber gleichzeitig mit iner Reihe von alltäglichen Herausforderungen konontiert, die sie alleine nicht oder nur schwerlich eistern können. Deshalb ist die erste wichtige Unterstützungsmaßahme für Alleinerziehende, die Betreuungsinfrastrukr zu verbessern und einen Rechtsanspruch einzurichn. Denn darin sind wir uns völlig einig: Ein erbessertes Betreuungsangebot hilft den Alleinerzieenden ganz besonders, um möglichst bald wieder in inen Job einzusteigen. Wir haben daher den Anspruch uf einen Betreuungsplatz ab dem 1. August gesetzlich erbrieft. Und: Keine Bundesregierung zuvor hat mehr eld in die Hand genommen, um den qualitativen wie uch quantitativen Ausbau der Kitas erheblich zu ver Dorothee Bär gebene Reden )





(A) )

bessern. Ich erinnere hier an die 5,4 Milliarden Euro,
die wir für diese originär den Ländern und Kommunen
zufallende Aufgabe zugeschossen haben. Die Mittel
abrufen und für genau den bestimmten Zweck des Kita-
ausbaus einsetzen, das müssen die verantwortlichen
Verwaltungen und Politiker vor Ort tun.

Daneben gibt es die Initiativen des Familienminis-
teriums, im Einklang mit anderen Ministerien das
Thema der Flexibilisierung von Arbeitszeiten in der
alltäglichen Praxis zu verankern. Das geht natürlich
nicht von jetzt auf gleich. Gerade die KMU stehen hier
vor besonderen Herausforderungen. Wichtig ist jede
Initiative, die dazu führt, dass die Personalverantwort-
lichen in den Unternehmen den Mehrwert von Flexibi-
lität erkennen – für das Unternehmen wie auch für
seine Mitarbeiter. Die Initiativen der Bundesregierung
wie „Familienbewusste Arbeitszeiten“ oder das Audit
Familie und Beruf sind dabei wichtige Meilensteine.

Flexibilität erhalten Alleinerziehende nicht zuletzt
durch funktionierende Netzwerke. Da geht es oftmals
um nur ein paar Stunden in der Woche, wenn sich je-
mand um das Kind kümmern kann, oder um Gelegen-
heiten, gemeinsam einen Einkauf zu erledigen, Gänge
zum Amt, die verschiedensten Dinge. Klassischerweise
hat da die Familie eine große Rolle, doch man kann es
sich eben nicht immer aussuchen, wo man arbeitet.
Das Familienministerium hat den Wert intakter Netz-
werke für Alleinerziehende erkannt und die Ergebnisse
von Projekten im Onlinehandbuch „Unterstützungs-
netzwerke für Alleinerziehende“ veröffentlicht. Hier
kann sich jeder informieren und unter Anleitung seine
Netzwerke schmieden. In meinem Wahlkreis gibt es
dazu ein Modellprojekt des BMAS. Hier werden diese
Netzwerke geknüpft und helfen ganz konkret den Al-
leinerziehenden, Familie und Beruf zu managen.

Und damit bin ich an einem wichtigen Punkt, den
ich schon im Ausschuss erwähnt habe: Ja, es stimmt,
Alleinerziehende haben es oftmals schwerer als Mütter
und Väter, die in einer Partnerschaft leben. Dennoch
sehen sich die allermeisten Alleinerziehenden nicht in
einer Opferrolle. Alleinerziehende Mütter sehen ihre
Lebenssituation überwiegend positiv, fordern aber
ganz konkrete und praktische Hilfe dort, wo sie es
schwerer haben als diejenigen, die in einer Partner-
schaft erziehen. Genau diese Hilfe wollen wir ihnen
bieten.

Auf diese lebensnahe Logik lassen sich leider die
beiden vorliegenden Anträge der Oppositionsparteien
gar nicht erst ein. Die Linkspartei scheint wie in vielen
Fällen nur eine Größe zu kennen: mehr Geld. Ihre
Forderungen sind sehr umfangreich und gehen weit
über das hinaus, was realpolitisch machbar ist. Hat
sich eigentlich innerhalb Ihrer Fraktion mal jemand
ernsthaft die Mühe gemacht, durchzurechnen, in wel-
chen Höhen sich Ihre Forderungen bewegen und wie
das gegenfinanziert werden soll? Davon steht in Ihrem
Antrag nichts drin. Jeder von uns wünscht sich mehr
Geld für Familien und besonders für Alleinerziehende.
Doch wir sollten ehrlich und realistisch bleiben. Sie

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(C (D ber bauen Luftschlösser und machen den Betroffenen as vor. Das ist keine redliche Politik, und deshalb üssen wir Ihre Anträge ablehnen. Keine andere Familienform hat in Deutschland in en letzten Jahren so an Bedeutung gewonnen wie die in-Eltern-Familie. Und keine andere Familienform ird von der schwarz-gelben Bundesregierung so träflich vernachlässigt. Die Bundesregierung hat sich über Jahre nicht daum gekümmert, den Kitaausbau sicherzustellen. chon seit längerem wissen wir, dass es in einigen Reionen trotz des Rechtsanspruchs der Eltern nicht geügend Plätze geben wird. Eine gute Betreuung in Kita der Krippe ist jedoch eine wichtige Grundlage geade für Mütter und Väter, die ihre Kinder allein großiehen. Wichtig ist für viele dieser Eltern auch, dass sie für re Kinder eine Ganztagsbetreuung haben. Bislang esteht jedoch nur Anspruch auf einen Halbtagsplatz. as reicht für viele berufstätige alleinerziehende Elrn nicht aus, denn sie sind in der Regel Alleinverdieer. Was nützt einer Verkäuferin oder einem Krankenfleger im Schichtdienst ein Kindergartenplatz von aximal 8 bis 13 Uhr? Stattdessen kommt jetzt das 2 Milliarden Euro teure etreuungsgeld, das einer eigenständigen Existenzsiherung Alleinerziehender entgegensteht und mit ihrer ebenswirklichkeit nichts zu tun hat. Alleinerziehende, liebe Kolleginnen und Kollegen on CDU/CSU, profitieren außerdem mit keinem Cent on den von Ihnen so gepriesenen familienbezogenen eistungen wie dem Ehegattensplitting oder der kosnlosen Krankenmitversicherung. Für Alleinerziehende bedeutet die Regierung erkel verlorene Zeit. Das ist fatal: Noch immer leben 0 Prozent aller Alleinerziehenden in Deutschland von artz IV. Das sind fünfmal so viele wie Mütter mit artner. Viele von ihnen arbeiten, aber müssen aufstoken. Sie sind arm, weil sie die Verantwortung für ihre inder alleine tragen. Gepaart mit einer anderen skandalösen Zahl, nämch der, dass die Chance, aus Hartz IV heraus inneralb der nächsten anderthalb Jahre eine bedarfsdekende sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu nden, bei Müttern aktuell unter 8 Prozent liegt, kann as für uns nur heißen: Wir müssen dringend etwas n! Und Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalion, sparen im Ernst an der Arbeitsvermittlung? Wein die Minijobs noch weiter aus? Führen ein Betreungsgeld ein? Und lassen Frau Ministerin von der eyen damit hausieren gehen, dass der Anteil der Alinerziehenden in Maßnahmen der Jobcenter ein biss hen gestiegen ist? Sie zementieren die Situation der lleinerziehenden! Nadine Schön gebene Reden )

Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1724410400




(A) )

Alleinerziehende müssen nicht nur in den Jobcen-
tern mehr gefördert und besser betreut werden – die
gesamte Arbeitsmarktpolitik muss ihrer Lebenswirk-
lichkeit Rechnung tragen. Das haben wir in unserem
zweiten arbeitsmarktpolitischen Antrag ausgeführt:
Geforderte Arbeits- und Wegzeiten müssen sich an der
Lebenswirklichkeit Alleinerziehender orientieren. Al-
leinerziehende brauchen ihre privaten sozialen Unter-
stützungsnetzwerke dringend. Deswegen darf man sie
nicht dazu zwingen, in eine andere Wohnung oder in
eine andere Stadt umzuziehen. Alleinerziehende müs-
sen genauso ein Jahr Zeit haben, sich mit einem neuen
Partner zu beschnuppern, wie Kinderlose. Erst dann
darf der neue Partner finanziell für die neue Familie
herangezogen werden.

Lässt sich eine junge Mutter oder ein junger Vater
im SGB-II-Bezug freistellen, nimmt also Elternzeit,
müssen sie trotzdem einen Anspruch auf Qualifizie-
rung und Weiterbildung haben. So können sie diese
Zeit nutzen, um sich gezielt auf den Wiedereinstieg
vorzubereiten. Ich habe in diesem Jahr mit einer Frau
gesprochen, der nicht einmal ein Tagesmutterkurs be-
willigt wurde. An diesem Beispiel zeigt sich deutlich,
wie die verfehlte Politik von Schwarz-Gelb sich bei je-
dem Einzelnen auswirken kann. Solche strukturellen
Barrieren werden wir abräumen!

Weil vor allem Frauen betroffen sind, muss Gleich-
stellungspolitik im SGB II endlich gesetzlich festge-
schrieben werden.

Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen müssen bei Be-
darf in Teilzeit angeboten werden; dazu gehört auch
das Nachholen von Schulabschlüssen.

Die Grundsicherungsstellen müssen ihren Auftrag
wahrnehmen, Kinderbetreuung sicherzustellen. Wir
können es nicht oft genug wiederholen: Machen Sie
endlich ernst mit dem Kitaausbau! Es müssen überall
ausreichend bedarfsgerechte und hochwertige Betreu-
ungsangebote zur Verfügung stehen. Auch für Mütter,
die zum Beispiel in Schicht arbeiten und heute beson-
ders von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind.

Vor allem brauchen wir eine familienfreundliche
Arbeitswelt. Nicht nur alleinerziehende, beinahe alle
Mütter kranken in ihrer beruflichen Entwicklung an
der Orientierung am überkommenen männlichen Al-
leinverdienermodell. Mehr als die Hälfte der Mütter
– 54 Prozent, Statistisches Bundesamt 2010 – arbeiten
prekär: Sie sind befristet, geringfügig, in kleiner Teil-
zeit oder als Leiharbeiterinnen beschäftigt. Ein weite-
res Drittel ist gar nicht erwerbstätig.

Deshalb brauchen wir einen zügigen Ausbau von
guten Betreuungseinrichtungen für die Kinder. Ganz
wichtig ist darüber hinaus die Neuausrichtung des Ar-
beitsmarktes hin zu guter Arbeit auch für alleinerzie-
hende Eltern. Ein gesetzlicher Mindestlohn von min-
destens 8,50 Euro pro Stunde und gleiche, gerechte
Bezahlung beider Geschlechter würde uns ein großes
Stück nach vorne bringen, die hohe Quote der Allein-
erziehenden als Aufstockerinnen im SGB-II-Bezug

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(C (D eutlich verringern und ihre Chancen auf existenzichernde Beschäftigung verbessern. Darum geht es ns. Wer Arbeit sucht, muss gleiche Chancen haben, in rbeit vermittelt zu werden – ungeachtet der familiän Lebensverhältnisse. Dafür stehen wir mit unseren Anträgen. Bitte stimen Sie zu! Die EU-Kommission hat die Bundesregierung ge ade letzte Woche eindringlich aufgefordert, ihre ausaufgaben zu machen. So bemängelt Brüssel die ückständige Familienund Frauenpolitik und fordert nter anderem bessere Arbeitsmarktchancen für rauen und die Beendigung des Ehegattensplittings. chon im Vorjahr hatte die Kommission auf eine Rerm gepocht, war jedoch in Berlin bei der Kanzlerin nd ihrer schwarz-gelben Koalition auf taube Ohren estoßen. Peinlich für Deutschland, dass EU-Kommisionschef Barroso nun erneut an die Bundeskanzlerin ppellieren muss, mehr für die Familien und insbesonere die Frauen in unserem Land zu tun. Warum ich dies anspreche? Frauen stellen den berwiegenden Teil an Alleinerziehenden, und Alleinrziehende bilden eine feste Größe unter den Familien. ie Anzahl der Einelternfamilien hat sich in den letzn 30 Jahren verdoppelt. Das Ehegattensplitting ent pricht insgesamt nicht mehr der Lebenswirklichkeit er Menschen. Denn Alleinerziehende haben nichts om Ehegattensplitting. Aber auch für verheiratete rauen führt das Ehegattensplitting häufig in eine beufliche Sackgasse. Klar ist also: Es nutzt den Frauen ichts. Das Problem: Dies wissen eigentlich alle. Nur ie Kanzlerin und ihre Regierung zeichnen sich durch noranz und Untätigkeit aus. Doch am Abend werden die Faulen fleißig. Um von er eigenen Untätigkeit abzulenken, werden im Vorfeld er Bundestagswahl jetzt noch schnell uneinlösbare ahlversprechen abgegeben. So konnten wir ja der resse entnehmen, was für Familien geplant ist: eine eutliche Erhöhung des Kindergeldes und der Freibeäge. Na, dann dürfen wir einmal gespannt sein auf ie Vorlage zum Haushalt und die entsprechende inanzierung. Die SPD-Bundestagsfraktion will die Diskriminieung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt beenden und ie mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf erbessern. Die jetzige Situation wirkt sich insbesonere bei Alleinerziehenden negativ aus. So ist der Ausau der frühkindlichen Bildung und Betreuung die ichtigste Voraussetzung für Alleinerziehende, überaupt erwerbstätig sein zu können. Erwerbstätigkeit t der Schlüssel für ein eigenständiges und sozial abesichertes Leben. Dafür brauchen gerade Alleinrziehende gute und verlässliche Betreuungsangebote r ihre Kinder, insbesondere als Ganztagsangebote. Gabriele Hiller-Ohm gebene Reden )

Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1724410500




(A) )

Damit verbessern wir auch die Startchancen aller
Kinder und sorgen durch die frühe Förderung für mehr
Chancengerechtigkeit. Weil es an Angeboten der früh-
kindlichen Bildung und Betreuung mangelt, können
viele Alleinerziehende nur wenige Wochenstunden
oder gar nicht arbeiten, obwohl sie es sich anders
wünschten. Obwohl Alleinerziehende aller Altersgrup-
pen oft gut ausgebildet und motiviert sind, haben sie es
auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor besonders schwer.
Das liegt daran, dass sie zeitlich eingeschränkter sind,
weil sie für ihre Kinder allein die Verantwortung tra-
gen. Alleinerziehende brauchen nicht nur Kinderbe-
treuung; sie sind zudem, mehr noch als andere, auf fle-
xible Betreuungsstrukturen angewiesen, damit auch
Randzeiten abgedeckt sind.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat sich jedoch
in den letzten Jahren nicht darum gekümmert, den Kita-
ausbau entsprechend voranzubringen. Der Rechts-
anspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem
ersten Geburtstag in einer Krippe oder in Kinderta-
gespflege tritt am 1. August 2013 in Kraft. Diese große
Herausforderung gilt es zu meistern. Nach wie vor gibt
es in einigen Regionen noch zu wenig Krippen- und
Tagespflegeplätze.

Fatal ist, dass viel Geld für das unsinnige Betreu-
ungsgeld verschleudert wird, das wir dringend für den
Kitaausbau brauchen. Das Betreuungsgeld steht einer
eigenständigen Existenzsicherung Alleinerziehender
entgegen. Es ist bildungs-, gleichstellungs- und inte-
grationspolitisch falsch. Denn es hält die Kinder von
einer frühen Förderung und die Frauen vom Arbeits-
markt fern.

Ein wichtiges Thema für Alleinerziehende ist auch
der Unterhaltsvorschuss. Auch hier hat die Bundes-
regierung nichts bewegt. Mit ihrem Unterhaltsvor-
schussentbürokratisierungsgesetz hat sie den Unter-
haltsvorschuss in keiner Weise weiterentwickelt bzw.
ausgebaut. Für die Kinder von Alleinerziehenden hat
sich hier nichts verbessert. Nicht einmal die Ungleich-
behandlung durch den vollständigen Abzug des Kin-
dergelds beim Unterhaltsvorschuss hat sie beseitigt.
Auch für die Alleinerziehenden bedeutet die Regierung
Merkel einfach nur verlorene Zeit.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen:
Alleinerziehende leisten viel in unserer Gesellschaft.
Mit Kindererziehung, Erwerbs- und Hausarbeit
gelingt ihnen ein gewaltiger Balanceakt. Für ihre be-
sonderen Bedürfnisse haben wir in der SPD-Bundes-
tagsfraktion ein Konzept entwickelt. Ziel ist, dass Al-
leinerziehende ihr Leben so weit wie möglich nach
eigenen Wünschen gestalten und selbst für ihre Exis-
tenzsicherung sorgen können. Mit passenden und auf-
einander abgestimmten Bausteinen wollen wir Allein-
erziehenden helfen.

Wir wollen gemeinsam mit Kommunen und Ländern
alles dafür tun, dass der Rechtsanspruch auf Kinder-
betreuung und Förderung für unter Dreijährige ab
August 2013 von den Eltern eingelöst werden kann.
Mittelfristig streben wir einen Rechtsanspruch auf

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(C (D anztagsbetreuung an. Den Kitaausbau will die SPDundestagsfraktion durch den konsequenten und flähendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen flankien. Junge Alleinerziehende ohne abgeschlossene Be ufsausbildung brauchen besondere Unterstützung. ir wollen deshalb einen Rechtsanspruch auf das achholen eines Schulabschlusses und auf Teilzeitausildung für junge Eltern einführen. Alleinerziehende brauchen gute Arbeitsbedingunen und faire Löhne. Und eine geschlechtergerechte rbeitsmarktpolitik kommt ihnen besonders zugute. as gilt für einen flächendeckenden gesetzlichen Minestlohn und die Durchsetzung des gleichen Lohns für leiche und gleichwertige Arbeit für Frauen und Mäner. Dazu hat die SPD-Bundestagsfraktion bereits entprechende Gesetzentwürfe in den Bundestag eingeracht. Wir wollen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitneher ihren Teilzeitanspruch befristet geltend machen könen und ein Rückkehrrecht auf einen Vollzeitarbeitslatz bekommen. Was wir also brauchen, ist eine familiengerechtere rbeitswelt. Dazu gehören entsprechende Arbeitszeitodelle wie die „Große Teilzeit“ für Eltern – 30 Stunen pro Woche –, damit Existenzsicherung und genüend Zeit für die Kinder unter einen Hut passen. Schließlich will die SPD-Bundestagsfraktion mit em von ihr entwickelten neuen Kindergeld die Famienförderung vom Kopf auf die Füße stellen: Wir räuen mit der absurden Ungerechtigkeit auf, nach der ie Wohlhabenden mehr Geld für ihre Kinder bekomen als Eltern mit niedrigem und mittlerem Einkomen. Dazu werden wir ein nach dem Einkommen estaffeltes Kindergeld einführen, in das der Kinderzuchlag integriert wird. Damit werden wir der Bessertellung von Familien mit hohem Einkommen über die reibeträge ein Ende setzen. Von einer solchen Kinergeldreform profitieren besonders Alleinerziehende, ie häufig sehr niedrige Einkommen haben. Kanzlerin Merkel, Bundesministerin Schröder und ie schwarz-gelbe Koalition haben keinerlei Gestalngswillen erkennen lassen, um die Situation von Alinerziehenden zu verbessern. Klar ist deshalb: Es uss einen Richtungswechsel in der Familienund leichstellungspolitik geben, und den gibt es nur mit inem Regierungswechsel. Laut Mikrozensus 2009 war mit 19 Prozent Anteil 1,6 Millionen Personen – an allen Familienformen st jede vierte Familie eine Alleinerziehendenfamilie. nter den Alleinerziehenden stellen die Mütter mit 7 Prozent die übergroße Mehrheit. Unter alleinerziehenden Frauen haben viele unreelmäßige Arbeitszeiten oder kommen erst spät nach ause, um ihre Kinder aus der Kita abzuholen. Flexiilität der Betreuungsangebote ist allerdings oft nicht Caren Marks gebene Reden )

Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1724410600




(A) )

gegeben. Unternehmen verlangen zeitliche und räum-
liche Mobilität. Ohne flexible Kinderbetreuungsange-
bote haben es Alleinerziehende besonders schwer, auf
dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Der Schlüssel gegen
Kinderarmut ist deshalb der flächen- und bedarfsde-
ckende Ausbau der Kinderbetreuung. Die Öffnungszei-
ten von Kitas und Horten korrespondieren nicht mit
den Arbeitszeiten von Alleinerziehenden und verhin-
dern somit oftmals die Aufnahme einer Vollzeit-
erwerbstätigkeit, was sich wiederum im Lebensverlauf
nachteilig auf die Rentenanwartschaften der Allein-
erziehenden auswirkt.

Die Organisation von Arbeit und Karriere geht in
vielen Branchen von einer „Anwesenheitskultur“ aus,
in der Teilzeitmodelle und Arbeit von zu Hause aus
karrierebehindernd wirken. Teilzeitarbeitsplätze sind
oft schlechter bezahlt und bieten kaum Aufstiegsmög-
lichkeiten. Dabei wollen Alleinerziehende überwie-
gend Vollzeit arbeiten und ebenso Karriere machen
wie Eltern in Paarfamilien. Die Doppelbelastung
durch Arbeit und Alleinerziehung erfordert ein ausge-
prägtes Zeitmanagement, höhere Flexibilität und Be-
lastbarkeit von Alleinerziehenden.

Traditionelle Rollenmuster und Berufsselbstver-
ständnisse erschweren Alleinerziehenden auch den
Wiedereinstieg ins Erwerbsleben. Junge Alleinerzie-
hende wählen oft auch deshalb einen „frauentypi-
schen“ Beruf, weil sie annehmen, dass sich Arbeit und
Familie in der Ausbildung selbst und auch im späteren
Arbeitsleben besser vereinbaren lassen. Dies hat lang-
fristig negative Folgen für ihre materielle Alterssiche-
rung. Eine an der traditionellen Ehepartnerfamilie
ausgerichtete Familienpolitik berücksichtigt die Le-
benswirklichkeit der Ein-Eltern-Familien nur unzurei-
chend. Ihre Lebensform kommt beispielsweise in den
Steuergesetzen gar nicht vor. Sie werden besteuert wie
Singles: in Steuerklasse I, die die höchste Einkommen-
steuer ausweist, vergleichbar gleichgeschlechtlichen
Paaren. Solche Fehlanreize für Alleinerziehende soll-
ten zukünftig vermieden werden.

Außerdem bin ich für die Abschaffung der Lohnsteu-
erklasse V, da diese dazu führt, dass der Wiedereinstieg
in die Erwerbstätigkeit nach einer Familienphase als
unattraktiv empfunden wird. Das heutige Urteil des
Bundesverfassungsgerichtes zur steuerlichen Gleich-
stellung für alle eingetragenen Lebenspartnerschaften
ist ein richtiger Schritt, an dem sich auch eine steuer-
liche Entlastung für Alleinerziehende orientieren
sollte.

Dazu kommt, dass ein nicht geringer Anteil Allein-
erziehender dadurch belastet wird, dass unterhaltsver-
pflichtete Elternteile den Kindesunterhalt nicht zahlen.
Die Unterhaltsschuldner sind ganz überwiegend Väter,
sodass alleinerziehende Mütter neben der Belastung
durch Arbeit und Erziehung auch bürokratischen Auf-
wand durch Beantragung von Unterhaltsvorschuss
und psychisch belastende Situationen im Unterhalts-
streit mit dem Kindsvater zu bewältigen haben. Ich
wiederhole das gern: Das Nichtzahlen des Kindes-

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(C (D nterhalts ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straft. Der Arbeitsmarkt braucht die Qualifikation von Al inerziehenden. Flexible Arbeitszeitmodelle wie Tearbeit, Teilzeitmodelle, Arbeitszeitkonten etc. müssen esser gefördert werden. Der FDP ist es ein wichtiges Anliegen, Alleinerzieende beim Einstieg und Wiedereinstieg in den Areitsmarkt zu unterstützen und zu fördern. Darum lädieren wir auch für eine familienfreundliche Areitswelt und familienfreundliche Arbeitszeiten. Zum eispiel prüfen wir gerade eine spezielle Regelung für lleinerziehende, wenn es um ein Recht zur Rückkehr Vollzeitarbeit oder von Teilzeitin Vollzeitarbeit eht. In Zusammenarbeit mit Ländern und Kommunen ist arauf hinzuwirken, dass Öffnungszeiten von Kindergesstätten und Horten sowie die Ganztagsbetreuung Schulen auf die Bedürfnisse einer flexiblen Arbeitselt ausgerichtet werden und insbesondere Alleinrziehenden die Sicherheit gegeben wird, dass ihre inder verlässlich betreut werden. Ich vertrete die uffassung, dass eine gut ausgebaute, bedarfsgerechte nd qualitativ hochwertige Kinderbetreuung mit dem ntsprechenden Rechtsanspruch ab August 2013 Alinerziehende und ihre Kinder besonders unterstützt. Es bleibt nach wie vor festzustellen, dass die frühere nkündigung der letzten Bundesregierung aus CDU/ SU und SPD, ein breites und niedrigschwelliges Anebot zur Unterstützung Alleinerziehender zu entwikeln, zu keinen konkreten Ergebnissen geführt hat, eder während der Zeit der Großen Koalition noch in er aktuellen Legislaturperiode. Deshalb listet der Anag meiner Fraktion Die Linke die Aspekte auf, die an zur Unterstützung Alleinerziehender für notwenig hält und die erforderlich sind. Hier sind beispielseise eine Flexibilisierung der Arbeitszeit mit einem dividuellen Recht auf Teilzeit sowie ein Recht auf ückkehr in die Vollzeit, ein Kündigungsschutz für Alinerziehende bis zur Vollendung des siebten Lebenshres des Kindes, ein Rechtsanspruch auf Teilzeitaus ildung und die Unterstützung der Alleinerziehenden ei der Rückkehr in das Berufsleben nach einer famienbedingten Auszeit zu nennen. Von diesen Forderunen, deren Umsetzung den Alleinerziehenden eine chte Hilfestellung bieten würde, ist bisher nichts auf en Weg gebracht worden. Des Weiteren ist eine bessere finanzielle Ausstatng von Ländern und Kommunen notwendig, unter nderem auch für den Ausbau der gebührenfreien bearfsund altersgerechten Kinderganztagsbetreuung owie für ein flächenund bedarfsgerechtes ganztägies Schulangebot inklusive Ferienbetreuung. Es reicht icht aus, einfach noch Geld draufzupacken und zu saen: Jetzt macht mal schneller! Dass die Zeit nicht icht und das Angebot nicht langt, war schon Frau on der Leyen bewusst. Mit der notwendigen Anpas Sibylle Laurischk gebene Reden )

Jörn Wunderlich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724410700




(A) )

sung der Ausbildung und Qualifikation von Erzieherin-
nen und Erziehern sowie Sozialpädagoginnen und -pä-
dagogen ist ebenfalls noch nicht begonnen worden.

Bei den Mutter-/Vater-Kind-Kuren ist seit der Zeit der
Großen Koalition keine Verbesserung erzielt worden.

Auch hat es keine Überlegungen gegeben, wie im
Bereich des Unterhaltsvorschusses die Rückholquote
erhöht werden könne; die schon lange Zeit im Raum
stehende Forderung nach einem Ausbau des Unter-
haltsvorschusses ist nicht erfüllt worden, obwohl im
Koalitionsvertrag eine Verlängerung bis zum 14. Le-
bensjahr vereinbart worden ist. Eine Verlängerung bis
zur Vollendung des 18. Lebensjahres wäre die richtige
Lösung gewesen. Die hätte allerdings auch umgesetzt
werden müssen.

Hinsichtlich der Aufhebung der einschränkenden
Bedingungen für den Entlastungsbeitrag bei Allein-
erziehenden im Steuerrecht und der Rücknahme der
Kürzung des Elterngeldes ist ebenfalls nichts passiert.
Mit der Forderung nach einem individuellen Anspruch
auf je zwölf Monate Elterngeld für beide Elternteile
haben wir eine flexible Ausgestaltung im Blick. Nie-
mand soll gezwungen werden, die Elternzeit am Stück
zu nehmen, sondern sie soll dann genommen werden
können, wenn die Eltern oder die Alleinerziehenden es
für richtig hielten.

Meiner Meinung nach muss die Elternzeit nicht di-
rekt im Anschluss an die Geburt genommen werden,
sondern kann blockweise zum Beispiel auch zur Zeit
der Einschulung genommen werden.

Entgegen den Ausführungen der SPD-Fraktion wird
damit niemand vom Arbeitsmarkt ferngehalten. Erfor-
derlich sind weiterhin die Weiterentwicklung des
Kindergelds und des Kinderzuschlags zu einer Kinder-
grundsicherung sowie die verfassungskonforme Be-
rechnung der Hartz-IV-Sätze.

Mit Ausnahme des bescheidenen, weil lediglich
finanziellen Engagements beim Ausbau der Kinderta-
gesbetreuung hat die Bundesregierung zu den genann-
ten Aspekten keinerlei Maßnahmen ergriffen.

Und auf eines sei hingewiesen: Der Antrag der
Fraktion Die Linke soll nicht dahin gehend missver-
standen werden, dass man eine sofortige Umsetzung
aller genannten Aspekte erwarte, sondern es handelt
sich um Zielbestimmungen, bei denen wir die Bundes-
regierung zur Einleitung gesetzgeberischer Initiativen
auffordern. Aber anscheinend soll nach dem Willen
der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion die
Bundesregierung ja nicht einmal zu Initiativen aufge-
fordert werden. Oder liegt es vielleicht daran, dass die
anderen Fraktionen unsere Anträge nicht lesen, son-
dern ausschließlich aus dem Grunde ablehnen, weil
„Linke“ darüber steht? Anders kann ich es mir nicht
erklären.

Wir hingegen machen inhaltliche Politik und begrü-
ßen den Antrag der SPD-Fraktion. Ein Manko ist und
bleibt allerdings, dass nicht darauf eingegangen wird,
dass das Elterngeld auf Transferleistungen angerech-

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(C (D et wird. Die alleinerziehenden Mütter und Väter müsen entsprechend abgesichert werden. Soweit die SPDraktion verlangt, die Forderungen auf Bundestagsrucksache 17/11038 – „Neue Strategien für eine besere Förderung von Alleinerziehenden in der Grundicherung“ – umzusetzen, stimmt die Linke dem voll u. Dagegen lehnt meine Fraktion die Forderungen im ntrag „Chancen eröffnen und Fachkräfte sichern“, undestagsdrucksache 17/9725, ab. Da wir aber insesamt das Anliegen der besseren Unterstützung der lleinerziehenden Mütter und Väter für richtig halten nd Sachpolitik machen, werden wir dem Antrag der PD-Fraktion im Ergebnis unserer Überlegungen zutimmen. Viel Luft, nichts dahinter: So lässt sich die Politik er Bundesregierung mit Blick auf Alleinerziehende harakterisieren. Sie lässt die Alleinerziehenden weirhin im Regen stehen. Vier Jahre hatte die Koalition Zeit, und passiert ist ichts mit Blick auf spürbare Verbesserungen für diese amilienform. Nicht einmal die richtigen Ankündigunen aus dem eigenen Koalitionsvertrag wurden von er Bundesregierung umgesetzt – mit Hinweis auf die eren Kassen! Für das Betreuungsgeld sind Milliaren da, für Maßnahmen, die Alleinerziehenden zuguteommen, bleiben bestenfalls warme Worte. Beispiel Unterhaltsvorschuss: Angekündigt wurde, en Unterhaltsvorschuss auszuweiten und bis zum 4. Lebensjahr eines Kindes zu gewähren – eine wichge und sinnvolle Maßnahme. Es gab sogar schon eien Gesetzentwurf. Die Umsetzung hat dann aber icht stattgefunden – Finanzierungsvorbehalt. Beispiel Abzug von der Steuerschuld: Selbstvertändlich wäre es im Interesse der Alleinerziehenden, en bisherigen steuerlichen Entlastungsbetrag in eien Abzug von der Steuerschuld umzugestalten. Pasiert ist auch hier nichts. Dafür hat die Regierung an Stellen gespart, die Alinerziehende ganz besonders treffen, beispielsweise urch die Anrechnung des Sockelbetrags beim Elterneld auf die Leistungen nach dem SGB II. Vier Jahre gab es kein Geld, und plötzlich will anzlerin Merkel 29 Milliarden Euro für bezahlbares ohnen, Unterstützung für Familien und die Erhöung des Kindergeldes ausgeben – selbstverständlich rst nach der Bundestagswahl im September. Das ist ein Wahlversprechen, das ist angekündigter Wahlbeug! Denn eine Gegenfinanzierung für die 29 Milliaren Euro Kosten gibt es nicht. Dabei wäre mit einer Umsteuerung bei den Familinleistungen und beim Ehegattensplitting viel zu erreihen – für alle Familien, insbesondere aber auch für lleinerziehende. Denn es sind die Alleinerziehenden, ie – das liegt in der Natur der Sache – nicht vom Eheattensplitting profitieren. Es muss uns darum gehen, Jörn Wunderlich gebene Reden Katja Dörner )

Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724410800







(A) )

Kinder zu fördern, nicht den Trauschein. Die familien-
bezogenen Leistungen müssen so verändert werden,
dass alle Familien tatsächlich profitieren und Men-
schen jeden Geschlechts frei wählen können, in wel-
chen Konstellationen sie leben wollen.

Deshalb ist es folgerichtig und notwendig, das Ehe-
gattensplitting schrittweise abzubauen und die Mehr-
einnahmen in den Ausbau der Kindertagesbetreuung
und den Aufbau einer Kindergrundsicherung zu in-
vestieren. Die Kindergrundsicherung wird aus dem
Familienleistungsausgleich finanziert; sie ist keine zu-
sätzliche Transferleistung. Ziel ist eine Kindergrund-
sicherung, die der Höhe nach so bemessen ist, dass die
Kinderfreibeträge verfassungskonform abgeschafft
werden können. Sie wäre insbesondere die richtige
Antwort mit Blick auf eine Verbesserung der materiel-
len Situation von Alleinerziehenden und ihren
Kindern. Hierauf hat die Vorsitzende des Verbands al-
leinerziehender Mütter und Väter in der Anhörung zur
Weiterentwicklung des Unterhaltsvorschusses aus-
drücklich hingewiesen. Es wird Zeit, dass wir diese
dringliche Aufgabe endlich in Angriff nehmen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724410900

Zunächst Tagesordnungspunkt 22 a. Wir kommen zur

Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf
Drucksache 17/13178. Der Ausschuss empfiehlt unter
Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung
des Antrags der Fraktion der SPD auf Drucksache
17/11032 mit dem Titel „Alleinerziehende besser unter-
stützen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
fehlung ist angenommen mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen bei Gegenstimmen von SPD und Linken
sowie bei Enthaltung der Grünen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksa-
che 17/8793 mit dem Titel „Alleinerziehung von Kindern
würdigen – Alleinerziehende gebührend unterstützen“.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
ist bei Gegenstimmen der Fraktion Die Linke angenom-
men mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen.

Tagesordnungspunkt 22 b. Beschlussempfehlung des
Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der
Fraktion der SPD mit dem Titel „Neue Strategien für
eine bessere Förderung von Alleinerziehenden in der
Grundsicherung“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 17/12905, den An-
trag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/11038 ab-
zulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
fehlung ist angenommen mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen bei Gegenstimmen von SPD und Linken
und Enthaltung der Grünen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu

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1)

(C (D dem Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wettbewerb und Innovationsdynamik im Softwarebereich sichern – Patentierung von Computerprogrammen effektiv begrenzen – Drucksachen 17/13086, 17/13764 – Berichterstattung: Abgeordnete Norbert Geis Ansgar Heveling Ingo Egloff Stephan Thomae Halina Wawzyniak Jerzy Montag Dr. Konstantin von Notz Die Reden gehen zu Protokoll. Auch hierzu liegen inige Erklärungen nach § 31 unserer Geschäftsordnung or. Diese nehmen wir zu Protokoll.1)



Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1724411000

Es geht in dem Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP

nd Bündnis 90/Die Grünen darum, den Wettbewerb
nd die Innovationsdynamik im Softwarebereich zu si-
hern. Es geht um leistungsfähige und sichere Infor-
ationssysteme. Diese sind längst zur Grundlage der
ntwicklung unserer Gesellschaft in eine Wissens- und
formationsgesellschaft geworden.

„Das wird nichts“, meinte der große Computerpio-
ier Bill Gates noch 1995. Inzwischen aber ist eine
ahre digitale Revolution über die Welt gekommen.
ie UN zählen rund 2,5 Milliarden Menschen, die im
etz unterwegs sind. Mehr als jeder dritte Weltbürger.
iese digitale Revolution geht über staatliche Grenzen
inweg. Eine ungeheure Informationsflut kommt täg-
ch auf uns zu. Hauptursächlich für diese Entwicklung
t nicht nur der PC, der in fast jedem Haushalt steht,

ondern vor allem die Software, mit der die Computer
Funktion gesetzt werden.

Die jeweilige Software wird durch die Nutzer und
or allem auch durch die kleinen und mittleren Unter-
ehmen ständig weiterentwickelt. Die Patentierung
on Software verhindert aufgrund ihres Monopolcha-
akters diese Innovationsdynamik, weil sie den Wettbe-
erb ausschaltet. Die Patentierung trifft insbesondere
ie kleinen und mittleren Betriebe, die bereits vorhan-
ene Computerprogramme verbessern, auf besondere
wecke ausrichten und weiterentwickeln.

Dadurch, dass durch die Patentierung und damit
onopolisierung der Wettbewerb ausgeschaltet würde,
ürde die Entwicklung von leistungsfähigen und si-
heren Informationssystemen im Internet behindert
erden. Der jetzt schon deutlich sichtbare Erfolg des
ternets ist gerade auf die ständig verbesserte Soft-
are zurückzuführen. So entstanden innerhalb von we-
igen Jahren neue Anwendungsgebiete, von denen wir
uvor nur haben träumen können.

Anlage 5


(A) )


)(B)

Diese Entwicklung wird gekappt, wenn durch die
Patentierung der Software ein Monopolrecht entsteht.
Ohne Monopolrechte aber können alle ihre Verbesse-
rungsvorschläge und ihre Ideen einbringen, und alle
können davon profitieren. Insgesamt wird durch die
ständig neue vielfache Verbesserung der einzelnen
Programme vor allem durch die Nutzer selbst eine un-
geheure Innovationskraft entfacht, die gerade in einem
rohstoffarmen Land wie dem unseren, das nichts ande-
res einsetzen kann als sein Können, von allergrößter
Bedeutung ist.

Bislang werden Computerprogramme bei uns in
Deutschland und in Europa grundsätzlich nicht paten-
tiert. Ein Computerprogramm besteht aus einer Folge
von Algorithmen. Algorithmen gehören der Mathema-
tik an. Mathematische Lehren aber sind zu keiner Zeit
patentierfähig gewesen. Allerdings können sie urhe-
berrechtlich geschützt werden. Das Urheberrecht ge-
währt im Gegensatz zum Patentrecht dem Urheber
kein einen Dritten ausschließendes Recht. Es gibt na-
türlich schon heute die Patentierung der Software.
Dies ist jedoch nur möglich, wenn sie in ein techni-
sches oder durch die Natur vorgegebenes Phänomen
konkret eingebunden ist. So hat es der BGH in ver-
schiedenen Urteilen dargelegt. In den USA hat sich je-
doch eine andere Rechtsprechung entwickelt. Dort be-
steht die Tendenz, die Grenzen der technischen
Einbindung sehr weit zu fassen. Es ist nicht sicher, ob
der BGH nicht eines Tages dieser Tendenz folgen wird.
„Es bleiben allerdings Zweifel an der Kontinuität der
Rechtsprechung des BGH“, so Professor Ensthaler in
der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses vom
13. Mai 2013.

Jedenfalls hat der BGH zwar nicht entschieden,
aber angedeutet, dass auch nichttechnische Pro-
gramme dem Patentrecht unterfallen könnten. Darun-
ter könnte, wie in der Anhörung ausgeführt wurde, ein
von der Software her technisch gut aufgebautes Buch-
haltungsprogramm fallen. Im Grundsatz aber hat der
BGH bei seinen bisherigen Entscheidungen daran fest-
gehalten, dass ein patentrechtlicher Schutz nur für die
Lösung eines technischen Problems möglich ist. Für
außerhalb der Technik liegende Lösungen gibt es bis
jetzt kein Monopolrecht.

Die Beschwerdekammern des europäischen Patent-
amtes unterscheiden sich in ihrer Spruchpraxis bisher
nicht von der Rechtsprechung des BGH. Allerdings
stellen die Beschwerdekammern in den Vordergrund,
dass jedes Computerprogramm einen technischen Be-
zug hat. Dies deutet auf „eine Ausweitung des Begriffs
Technik“ und insoweit auf eine Ausweitung der Paten-
tierbarkeit von Software hin.

Einer solchen Entwicklung der Rechtsprechung will
der vorliegende Antrag der vier Fraktionen vorbeu-
gen. Deshalb wird richtigerweise gefordert, dass die
wirtschaftliche Nutzung von Software zwar urheber-
rechtlich geschützt bleibt, das Recht auf Patentierung
aber ausgeschlossen ist.

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Zu Protokoll ge

(C (D Der Antrag wehrt sich eindeutig gegen die Ausweing des patentrechtlichen Schutzes der Software, for ert aber zugleich die Durchsetzung des urheberrechtchen Schutzes. Allerdings wurde in der Anhörung uch deutlich, dass auch beim Urheberrecht Schwieigkeiten auftreten können. Der urheberrechtliche chutz ist zuallererst ein Schutz für Kunstwerke. Der chutz gilt deshalb auch noch 70 Jahre nach dem Tod es Schöpfers. Eine solch lange Dauer des Schutzes ist r die Erstellung einer Software nicht angebracht. Zu egrüßen ist, dass sich in der Rechtsprechung herausebildet hat, dass das Urheberrecht nicht den Inhalt iner wissenschaftlichen Leistung schützt. Das Urheerrecht schützt also nicht die in einem Lehrbuch vorestellte wissenschaftliche Lehre, sondern das Urheerrecht schützt bei Computerprogrammen „die igentümliche, die originelle Verwendung der in dem rogramm enthaltenen Algorithmen“ Mit dieser Einschränkung wird der Nutzer in seiner eien Nutzung der Software durch das Urheberrecht icht behindert, die Wettbewerbsfähigkeit wird nicht ingeschränkt. Durch die Patentierung hingegen würen Monopole entstehen, die in unserer freien marktirtschaftlichen Ordnung nichts zu suchen haben. Deshalb gilt der Auftrag an die Bundesregierung, ine Gesetzgebung zu entwickeln, die das Urhebercht an Software sichert, aber gleichzeitig die Patenerbarkeit von Software so einschränkt, dass die Wettewerbsfähigkeit und damit Innovationsdynamik nicht ehindert wird. Wir werden heute den gemeinsamen interfraktionel n Antrag der beiden Koalitionsfraktionen und der PD sowie von Bündnis 90/Die Grünen zur Sicherung on Wettbewerb und Innovationsdynamik im Softarebereich verabschieden. Nicht zuletzt die Sachverständigenanhörung hat ge eigt, dass unsere gemeinsame Initiative, die Patentieung von Computerprogrammen zu begrenzen – und as betone ich: Es geht darum, Patentierungen zu egrenzen, und nicht darum, sie generell auszuschlieen –, ein gutes Signal insbesondere für die mittelstänische IT-Wirtschaft darstellt. Denn es sind vor allem nternehmen aus dem Mittelstand, die maßgeblich an er Erstellung und Fortentwicklung von Informationsystemen beteiligt sind. Leistungsfähige und innovative Informationssysme sichern einen funktionierenden Zugang zu sowie ustausch von Wissen und Information. Erstes Ziel: Rechtssicherheit schaffen. In diesem ereich besteht heute eine Vielzahl softwarebezogener atente, wodurch Softwareentwickler oftmals ihre ureberrechtlichen Verwertungsrechte faktisch zu verlien drohen. Sie sehen sich darüber hinaus unkalkulier aren Kostenund Haftungsrisiken ausgesetzt. Es hat sich durch die Konfliktsituation zwischen pa ntund urheberrechtlichen Ansprüchen – nicht erst Norbert Geis gebene Reden )

Ansgar Heveling (CDU):
Rede ID: ID1724411100




(A) )

seit kurzem – eine erhebliche Rechtsunsicherheit ent-
wickelt. Insbesondere kleine und mittelständische Un-
ternehmen im Softwarebereich sind durch das hohe
Kostenrisiko bei Patentstreitigkeiten von dieser derzeit
bestehenden Rechtsunsicherheit betroffen. Sie steht ei-
ner rechtssicheren Verwertung von Computerprogram-
men durch ihre eigenen Entwickler auf der Grundlage
des geltenden Urheberrechts entgegen.

Damit sei ein weiteres Ziel des vorliegenden Antra-
ges genannt: Wir wollen der bestehenden Rechtsunsi-
cherheit entgegenwirken und mit unserem fraktions-
übergreifenden Antrag rechtssichere Bedingungen für
die IT-Wirtschaft schaffen. Das stärkt vor allem kleine
und mittelständische Softwareunternehmen. Aber auch
größere IT-Unternehmen haben keine Einschränkung
des bestehenden Patentschutzes zu befürchten. Es wird
nach geltendem Recht auch weiterhin möglich sein,
Erfindungen im Softwarebereich zu patentieren.

Zweites Ziel: Urheberrecht stärken. Ein weiteres
wichtiges Ziel des Antrages ist es, das Urheberrecht im
Softwarebereich gegenüber dem Patentrecht zu stär-
ken. Grundsätzlich ist das Urheberrecht für die Rechte
an geistigen Werken, wie etwa einem Computerpro-
gramm, zuständig, das Patentrecht wiederum für die
Rechte an konkreten technischen Erfindungen. Damit
stellt das Urheberrecht die unbestreitbare Grundlage
für Kreativität und Schaffenskraft auch in der Soft-
warebranche dar. Zugleich gibt es eine klare Struktur
und Kontur für die wirtschaftlichen Bedingungen vor,
unter denen Softwareentwickler in unserem Land tätig
sind.

Das Urheberrecht ist leistungsgerecht und gilt auto-
matisch mit der Entstehung eines Werkes. Es sichert
den Softwareentwicklern den wirtschaftlichen Nutzen
an ihren erbrachten Leistungen. Zudem verbietet es
per se das Kopieren und die Verwendung eines lauffä-
higen Computerprogrammes.

Dadurch dass Urheberrechte auch an unterschiedli-
chen Implementierungen des gleichen Lösungsansat-
zes problemlos nebeneinander bestehen können, sorgt
das Urheberrecht hier allein für zwei zentrale Bedin-
gungen: Es schafft einen gleichberechtigten Marktzu-
gang und einen regen Wettbewerb auf dem IT-Markt.
Durch das Urheberrecht sind Softwareprogramme
also grundsätzlich wirksam und effizient geschützt.

Drittes Ziel: europäischen Ansatz umsetzen. Ein zu-
sätzlicher Schutz durch Patentierungen ist somit meis-
tenfalls eigentlich nicht notwendig. Dies entspricht
auch dem europäischen Ansatz, der bereits in der Soft-
warerichtlinie 1991 mit dem „copyright approach“
festgeschrieben wurde. Auch das TRIPS-Abkommen
sieht in Art. 10 den Schutz von Computerprogrammen
durch das Urheberrecht vor. Mit dem vorliegenden An-
trag wollen wir also nicht zuletzt eine Umsetzung des
seit nunmehr über 20 Jahren verfolgten klaren urhe-
berrechtlichen Ansatzes seitens der europäischen
Ebene erreichen. Der derzeit bestehenden Rechtsunsi-
cherheit setzen wir mit diesem interfraktionellen An-

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Zu Protokoll ge

(C (D ag eine deutliche Position zugunsten des Urheberchts entgegen. Mit dem vorliegenden Antrag erreichen wir neben en drei genannten Zielen – Schaffung von Rechtsicherheit, Stärkung des Urheberrechts sowie Umsetung des europäischen Ansatzes – klare Bedingungen r alle Softwareentwickler, die in unserem Land inno ative Informationssysteme und Computerprogramme chaffen. Es ist deshalb ein gutes Signal, das wir den ntwicklern von Software und Informationssystemen eute mit diesem fraktionsübergreifenden Antrag geen. Wir geben ihnen Rechtssicherheit und Klarheit, amit ihre Leistungen auch in Zukunft geschützt sind. Wir freuen uns sehr, dass es gelungen ist, diese in rfraktionelle Initiative noch vor dem Ende der Legisturperiode zu einem gemeinsamen Abschluss zu ringen, mit dem wir als Deutscher Bundestag ein Zeihen auch für die künftige Debatte in Europa setzen. Vor dem Hintergrund der öffentlichen Anhörung im echtsausschuss am 13. Mai dieses Jahres, bei der ehn von elf Sachverständigen deutliche Worte des Loes für unsere Initiative gefunden haben, kann man agen, dass wir mit der Begrenzung von Softwarepanten auf dem richtigen Weg sind und dabei von Wis enschaftlern, Juristen und Praktikern gleichermaßen rmunterung zu unserem weiteren Vorgehen mitnehen können. Unser Bekenntnis zu einer effektiven Begrenzung er Patentierung von Software verpflichtet die Bunesregierung, auf europäischer Ebene mit Nachdruck r den von uns geforderten Vorrang des Urheberchts vor anderen Schutzrechten einzutreten. Das chließt den Auftrag ein, sich für eine Evaluierung der atenterteilungspraxis der letzten Jahre stark zu mahen, sei es beim Europäischen Patentamt oder in aneren nationalen Patentämtern. Patente, die dort auf iner falschen Grundlage erteilt wurden – in großer ahl, wie wir alle wissen – dürfen in Europa nicht ehr den urheberrechtlichen Schutz torpedieren, der oftwareentwicklern die wirtschaftliche Nutzung ihrer erke ermöglicht. Wenn dazu gesetzgeberische Präzi ierungen auch innerhalb des deutschen Urheberund atentrechts nötig sind, um Missbrauch zu verhindern, üssen wir sie schnellstmöglich angehen. Auch in der xpertenanhörung ist uns noch einmal nahegelegt orden, eine Schutzklausel für die uneingeschränkte erwertung von Computerprogrammen durch ihre Auren vorzusehen, die von bereits erteilten softwarebe ogenen Patenten bedroht sind. Die Erteilung solcher atente, wie sie zu Zehntausenden erfolgt ist, war der igentliche Rechtsverstoß, nicht die vorgebliche Vertzung durch die Wahrnehmung des – urheberrechtch abgesicherten – wirtschaftlichen Nutzens aus dem onkreten Werk durch dessen Entwickler. Solche Triialpatente und ähnlich ärgerliche Hemmnisse für novation in der Softwareentwicklung dürfen keinen ertrauensschutz genießen. Im Gegenteil: Bei bereits Ansgar Heveling gebene Reden )

Ingo Egloff (SPD):
Rede ID: ID1724411200




(A) )

erteilten Patenten, die nach der von uns vorgelegten
Technikdefinition als nicht patentfähig gelten, muss je-
derzeit damit gerechnet werden, dass sie in einem
Nichtigkeitsverfahren aus dem Verkehr gezogen wer-
den, damit sie keinen wirtschaftlichen Schaden anrich-
ten können.


Jimmy Schulz (FDP):
Rede ID: ID1724411300

Es freut mich außerordentlich, dass wir heute im

Plenum den von mir und Günter Krings erarbeiteten
Antrag verabschieden, und vor allem, dass der Antrag
quer durch das ganze politische Spektrum unterstützt
wird. Das ist ein sehr wichtiges Zeichen.

Ich setze mich schon seit über zehn Jahren für
dieses Thema ein, und deswegen war es auch mein
persönliches Anliegen als Abgeordneter, das Thema
voranzubringen. Mit diesem Antrag gehen wir für die
mittelständische Wirtschaft endlich einen wichtigen
Schritt nach vorn.

Und das mit starkem Rückenwind. Am 13. Mai 2013
fand eine Anhörung im Rechtsausschuss statt. Eine
große Bandbreite an Rechtsanwälten, Informatikern,
Professoren und Unternehmern war eingeladen, sich
ausführlich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Die
Anhörung hat vor allem deutlich gemacht, dass wir für
unseren Antrag enorme Unterstützung aus Wissen-
schaft und Wirtschaft haben. Eine überwältigende
Mehrheit der Experten hat sich für den Antrag – den
Schutz des Urheberrechts bei softwarebasierten
Lösungen – und gegen die Patentierung von Soft-
warelösungen ausgesprochen.

In der Anhörung wurde die mittelständische IT-
Wirtschaft durch Sachverständige vom Bundesverband
IT-Mittelstand e. V., der über 800 mittelständische IT-
Unternehmen vertritt, und vom Bundesverband Infor-
mations- und Kommunikationstechnologie sowie
durch einen Rechtsanwalt, der mittelständische Soft-
wareunternehmer berät, vertreten. Sie alle haben un-
sere Bedenken gegenüber der Patentierung von soft-
warebasierten Lösungen geteilt. Zum Beispiel sagte
der Präsident des Bundesverbandes IT-Mittelstand, Dr.
Oliver Grün: „Die Patenterteilung für Softwarepro-
gramme ist unnötig, kostenintensiv, innovationshem-
mend und schadet der mittelständischen IT-Wirtschaft.
Wir fordern daher die Unterbindung der Erteilung soft-
warebezogener Patente in Deutschland und Europa.“
Die immer großzügigere Erteilungspraxis des Euro-
päischen Patentamtes stelle ein großes Problem für
Softwareentwickler dar. Vor allem ist wichtig zu wis-
sen, dass 65 Prozent der Arbeitsplätze in der IT-Bran-
che in kleinen und mittleren Unternehmen mit bis zu
250 Mitarbeitern existieren.

Auch unsere Sorgen, die wir in Bezug auf die Paten-
tierung von softwarebasierten Lösungen haben, wurden
von den anderen Experten bestätigt. Stefan Richter, In-
formatiker und Ingenieur mit langjähriger Erfahrung
in der wissenschaftlichen- und kommerziellen Soft-
wareentwicklung, konnte die Problematik der Trivial-

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Zu Protokoll ge

(C (D atente und der daraus folgenden langen und mit hoen Kosten verbundenen Gerichtsverfahren mit raktischen Beispielen bestätigen. Das patentierbare onzept, die Idee, sei einfach zu erstellen, im Gegen atz zum Erstellen des Quellcodes aus dem Konzept, as dem Schutz des Urheberrechts unterliegt. Der Bundesverband für Informationsund Kommuikationstechnologie bestätigte, dass Softwarepatente or allem großen, ausländischen Unternehmen gehön. Zwei Drittel der Softwarepatente sind nicht euro äisch. Die beiden Rechtsanwälte Till Kreutzer und Till äger bestätigten, dass in der schnellen Softwarebranhe Patente innovationshemmend wirken. Till Jäger om Institut für Rechtsfragen der Freien und Open ource Software bezeichnete die Softwarepatente als Zerstörungselement“ und betonte, dass die Idee, mit atenten Innovation zu fördern, im Softwarebereich icht funktioniere, sondern genau den gegenteiligen ffekt habe. Rechtsanwalt Rasmus Keller unterstützte die Fordeung im Antrag, dass Lösungen, die von einer mechaischen oder elektromechanischen Komponente und icht nur von einem Computer ausgeführt werden könen, patentierbar sein sollen. Ich möchte hier nicht auf weitere Details eingehen, a ich viele Einzelheiten bereits in meiner letzten Rede rwähnt habe. Zusammenfassend: Im Bereich der Softareentwicklung hat sich in den letzten Jahrzenten in eutschland ein reichhaltiger und gut funktionierener Markt kleiner, mittelständischer und großer Unterehmen herausgebildet. Diese sichern ihre Rechte an en entwickelten Programmen über das vorhandene rheberrecht. Eine zusätzliche marktverzerrende und novationshemmende Regelung für Softwarepatente ehe ich sehr kritisch. Es ist jetzt Aufgabe der Bundesgierung, die Lage zu analysieren und abzuschätzen, wiefern und welche Maßnahmen notwendig sind. Im vorliegenden Antrag ist die grundlegende Prob matik von Softwarepatenten treffend beschrieben. ehmen wir nur folgenden Ausschnitt: „Die Abstrakteit der Patentansprüche hat zur Folge, dass ein softarebezogenes Patent alle individuellen Ausführunen der geschützten Problemlösung in konkreten omputerprogrammen erfasst.“ Das bedeutet in einfachen Worten: Selbst wenn eine rogrammiererin für ein ähnlich gelagertes Problem ine ähnliche Softwarelösung findet, kann ihr die Verendung dieser Lösung im eigenen Programm einfach ntersagt werden. Genau dies führt zu den absurden atentstreitigkeiten, wie wir sie zuletzt rund um Smarthones erleben durften. Dies birgt massive Rechtsunsiherheiten, die ein Unternehmensrisiko darstellen, auf ie ohne gut aufgestellte juristische Abteilungen eines roßen Konzerns kaum eingegangen werden kann. omit sind insbesondere kleinere Softwarefirmen und Ingo Egloff gebene Reden )

Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724411400




(A) )

einzelne Entwicklerinnen und Entwickler massiv be-
nachteiligt. Matthias Kirschner von der Free Software
Foundation Europe hat darauf in seiner Stellung-
nahme für die Anhörung zum vorliegenden Antrag hin-
gewiesen. Er schreibt: „Dadurch, dass ein Produkt
meist Hunderte von Programmen enthält, ist es auch
nach Verbesserung der Suche nach Patenten unmög-
lich, sicherzustellen, dass keine Patente verletzt wer-
den.“

Weiter ist ein solch umfassender Schutz schlicht
lebensfremd. Software wird ja oft inkrementell weiter-
entwickelt. Das heißt, bestehende Lösungen werden in
neuen Code eingebunden. Programmiererinnen und
Programmierer befruchten sich so in ihrer Arbeit ge-
genseitig. Patente auf Software behindern dieses Zu-
sammenspiel von bestehendem und neuem Code insbe-
sondere in der Entwicklung freier Software, aber auch
Innovationen bei proprietären Systemen.

Auf der anderen Seite sind komplexe Softwarepro-
gramme derart aufwendig zu programmieren, dass
heute schon viele Firmen gern auf freie Software zu-
rückgreifen, weil ein Nachbau des Codes viel zu auf-
wendig wäre. Die spezifische Anpassung der Software
an das eigene Produkt ist dabei oft Arbeit und Allein-
stellungsmerkmal genug, um sich vor billigen Copy-
cats zu schützen. Insofern ist auch in abschließender
Lesung noch einmal zu fragen, warum der Antrag nur
eine enge Beschränkung von Softwarepatenten fordert
und nicht ein weitergehendes Verbot formuliert.

Dennoch, die Beschränkung der Patentierungsmög-
lichkeiten geht in die richtige Richtung. Auch die Beto-
nung des Urheberrechts als Schutzrahmen für die Pro-
grammierleistung ist an sich zunächst systematisch
folgerichtig, stellt dieses doch auch den Rahmen für
die Lizenzmodelle dar, die die Verwendung freier Soft-
ware regeln. Das Urheberrecht bietet ja bereits einen
einheitlichen Rechtsrahmen für freie und proprietäre
Software.

Gleichwohl hätte es dem Antrag gut getan, nicht nur
darauf hinzuweisen, dass Softwareentwicklerinnen
und -entwickler durch die aktuelle Patentierungs-
praxis „faktisch die urheberrechtlich vorgesehenen
Verwertungsrechte an ihren selbst geschaffenen
Computerprogrammen“ verlieren. Hier müssten sinn-
vollerweise Vorschläge hinzukommen, wie auch im
Softwarebereich angemessene Vergütungen sowie das
Recht der Urheberinnen und Urheber, selbst über die
weitere Nutzung ihrer Arbeitsergebnisse zu entschei-
den, flächendeckend durchgesetzt werden können.
Stichwort: Buy-out.

Nicht zuletzt bleibt ein großes Problem des Urhe-
berrechts hier gänzlich unberührt: Während ein
Patentschutz maximal 20 Jahre nach Erteilung des
Patents erlischt, bleibt der urheberrechtliche Schutz
bekanntermaßen bis 70 Jahre nach dem Tod der Soft-
wareentwicklerinnen und -entwickler bestehen. Natür-
lich gilt das für Computerprogramme längst und würde
nicht erst durch die Umsetzung des vorliegenden An-

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Zu Protokoll ge

(C (D ags neu eingeführt. Ob aber eine solche Schutzdauer auerhaft kompatibel mit den Innovationsgeschwindigeiten der digitalen Welt ist, sei dahingestellt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Erst vor wenigen Wochen diskutierten wir an dieser

telle über unsere interfraktionell vorgelegte Initiative
Wettbewerb und Innovationsdynamik im Softwarebe-
ich sichern – Patentierung von Computerprogram-
en effektiv begrenzen“.

Als Grüne haben wir uns, auch und gerade vor dem
intergrund so manch anderer Debatte, die wir hier in
iesem Bereich in dieser Legislatur geführt haben,
ehr über die interfraktionelle Initiative und die Er-
euerung der gemeinsamen Absichtsbekundung, der
eiter ausufernden Patentierung im Softwarebereich
inen Riegel vorzuschieben, gefreut.

Ich spreche sehr bewusst von „Erneuerung“ der ge-
einsamen Absichtserklärung, da, wie wir ja alle wis-

en, eine entsprechende – ebenso interfraktionelle –
ufforderung, sich dieses drängenden Problems anzu-
ehmen, seit etlichen Jahren vorlag, ohne dass es zu
otwenigen Nachjustierungen gekommen ist.

Auch an so mancher, in der nun vorgelegten Initia-
ve zu findenden, Formulierung ist daher abzulesen,
ass die Geduld der Fraktionen, dem munteren Trei-
en findiger Patenttrolle weiter zuzusehen, zusehends
chwindet und der einhellige Wille besteht, weiter zu-
ehmende Marktzugangsbarrieren vor allem für kleine
nd mittlere Unternehmen effektiv einzuschränken.

Die Geduld aller Beteiligten schwindet auch vor
em Hintergrund, dass es schlicht nicht hinnehmbar
t, dass Einzelentwickler und vor allem kleine und
ittlere Unternehmen bei der Entwicklung neuer Soft-
are durch eine heute in Teilen unklare Rechts- und
ine häufig unüberschaubare Patentlage unbeabsich-
gt riskieren, die Patente Dritter zu verletzen. Hier-
urch wird Innovationskraft in einem auf Innovationen
ngewiesenen Bereich unnötig ausgebremst.

Aufgrund immer schneller werdender Innovations-
yklen und einer ganz erheblichen Anzahl gewährter
oftwarepatente sowie einer – teilweise sicherlich
uch bewusst – unklaren Formulierung vieler Patent-
nsprüche ist es vor allem kleinen und mittleren, aber
unehmend auch großen Unternehmen heute praktisch
nmöglich, die Patentlage zu überblicken.

Die direkte Folge dieser heute vielfach unklaren
echts- und unüberschaubaren Patentlage sind die
erfahren, die zahlreiche Unternehmen derzeit gegen-
inander führen und von denen wir beinahe täglich in
en Zeitungen lesen können.

Zugleich sind sie nur die Spitze des Eisbergs. Für
ich und meine Fraktion ist es nicht hinnehmbar, wei-
r zu beobachten, dass es sich zwar wenige große
nternehmen leisten können, angesichts der Unwäg-
arkeit eines langwierigen Rechtsstreits Patentlizenz-




Dr. Petra Sitte
gebene Reden





Dr. Konstantin von Notz


(A) )


)(B)

gebühren oftmals auch dann zu zahlen, wenn ein ent-
sprechender Anspruch durchaus zweifelhaft ist,
während kleine und mittelständische Unternehmen so-
wie einzelne Entwickler dies nicht können.

Ich hoffe, uns allen – und das sage ich auch in Rich-
tung Regierungsbank – ist mittlerweile bewusst, dass
es hier einen tatsächlichen Handlungsbedarf gibt. Ziel
notwendiger Reformen muss sein, der ursprünglichen
Intention des Gesetzgebers wieder Geltung zu ver-
schaffen und der ausufernden Patentierung im Soft-
warebereich wieder deutliche Grenzen aufzuzeigen.
Dazu, wie dies umgesetzt werden könnte, machen wir
konkrete Vorschläge in unserem Antrag, auf die ich ja
bereits ausführlich in der ersten Lesung eingegangen
bin, sodass ich es uns allen an dieser Stelle erspare,
noch einmal detailliert darauf zu verweisen.

Das Ziel, der eigentlichen Intention des Gesetzge-
bers wieder Geltung zu verschaffen, sollten wir – und
das sage ich noch einmal direkt in Richtung Regie-
rungsbank – keinesfalls aus den Augen verlieren. Ge-
schieht dies, werden wir – da bin ich mir sicher – hier
in der nächsten Legislatur erneut stehen und eine ganz
ähnliche Debatte führen.

Als Grüne-Fraktion hatten wir bedauert, dass sich
die schwarz-gelbe Koalition erneut geweigert hat,
diese Initiative mit allen Fraktionen dieses Hohen
Hauses vorzulegen, was wir angeregt hatten. Umso er-
freulicher finden wir es, dass auch die Linke das Anlie-
gen unterstützt und so zum Ausdruck bringt, dass der
vorgelegte Antrag in der Tat den Willen aller Fraktio-
nen widerspiegelt.

Dass unser Antrag, in dem wir feststellen, dass in-
novative, leistungsfähige und sichere Informationssys-
teme heute eine „unverzichtbare Grundlage der Wis-
sens- und Informationsgesellschaft“ sind, in der hierzu
stattgefundenen Anhörung des Rechts- und des Wirt-
schaftsausschusses breite Zustimmung der geladenen
Sachverständigen fand und vielfach gelobt wurde, hat
uns sehr gefreut. Ihnen an dieser Stelle für Ihre Exper-
tise noch einmal einen ganz herzlichen Dank.

Gewiss ist der Antrag auch ein Stück weit der guten
Zusammenarbeit im Rahmen der Enquete-Kommission
„Internet und digitale Gesellschaft“ zu verdanken, die
sich in einer eigenen Projektgruppe mit den Fragestel-
lungen, die nun auch Gegenstand der Initiative sind,
sehr intensiv auseinandersetzte.

Ich bin mir sehr sicher, dass der heute in abschlie-
ßender Beratung auf der Tagesordnung stehende An-
trag nicht die letzte Initiative sein wird, die auf den
vielfach wirklich progressiven – vielfach interfraktio-
nell verabschiedeten – Handlungsempfehlungen der
Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesell-
schaft“ aufbaut, und verspreche Ihnen, dass zumindest
meine Fraktion an verschiedenen Stellen auf die ge-
meinsam gefassten Beschlüsse zurückgreifen und auch
Sie gegebenenfalls an sie erinnern wird.

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(C (D Wir kommen zur Abstimmung. Der Rechtsausschuss mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksahe 17/13764, den Antrag der Fraktionen der CDU/ SU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen auf Druck ache 17/13086 anzunehmen. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Beschlussempfehlung ist bei Enthaltung der raktion Die Linke angenommen mit den Stimmen aller brigen Fraktionen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses dem Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Ilja Seifert, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Diskriminierungsschutz für chronisch erkrankte Menschen ins Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aufnehmen – Drucksachen 17/9563, 17/13765 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Stephan Harbarth Sonja Steffen Stephan Thomae Jörn Wunderlich Ingrid Hönlinger Die Reden gehen zu Protokoll. Mit der Verabschiedung des Allgemeinen Gleichbe andlungsgesetzes ist Deutschland seiner Verpflichtung achgekommen, vier Richtlinien der Europäischen nion umzusetzen, die den Schutz vor Diskriminierung geln. Daraufhin trat das Allgemeine Gleichbehandngsgesetz, AGG, am 14. August 2006 in Kraft. Den nun von der Fraktion Die Linke vorgelegten ntrag, den Diskriminierungsschutz für chronisch errankte Menschen ins Allgemeine Gleichbehandlungsesetz aufzunehmen, lehnen wir ab. Hierfür gibt es im esentlichen zwei Gründe: Zum einen sahen die umesetzten Richtlinien einen derartigen Schutz für chroisch kranke Menschen nicht vor. Meine Fraktion hält s im Übrigen für nicht geboten, über die Vorgaben on Richtlinien hinausgehend diese umzusetzen. Zum anderen ist es problematisch, das AGG nur ufgrund von speziellen gerichtlichen Einzelfallentcheidungen anpassen zu wollen. Hierzu muss man ach sechs Jahren Geltung des AGG konstatieren, ass wir in Deutschland bereits ein sehr hohes Schutziveau vor Diskriminierungen haben. Der Verweis der Antragsteller auf die Pressemitteing der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle vom 0. November 2011 zeigt ebenfalls, dass dem allenfalls in konkreter Einzelfall zugrunde lag. Grundsätzlich kann man die Frage der Einbezieung von weiteren Tatbeständen in den Geltungsbe )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724411500
Dr. Stephan Harbarth (CDU):
Rede ID: ID1724411600

(A) )

reich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, so
sie denn eine gewisse gesellschaftliche Relevanz-
schwelle überschreiten, diskutieren. Allerdings kann
ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Notwendigkeit
hier nicht erkennen.

Dennoch rege ich an, zu evaluieren, ob beim Diskri-
minierungsschutz für chronisch Erkrankte ein über das
hohe deutsche Schutzniveau hinausgehendes Rege-
lungsbedürfnis besteht, welches ich derzeit allerdings
nicht erkennen kann.

Der heute zur Abstimmung stehende Antrag ist ab-
zulehnen.


Sonja Steffen (SPD):
Rede ID: ID1724411700

Seit 2006 gibt es das Allgemeine Gleichbehand-

lungsgesetz, AGG, dessen Ziel es ist, Benachteiligun-
gen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen
Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltan-
schauung, einer Behinderung, des Alters oder der se-
xuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Das AGG verbietet Diskriminierungen und schafft
Rechtsansprüche gegen Arbeitgeber und Private,
wenn diese gegen die gesetzlichen Verbote verstoßen.
Es gilt für den Arbeitsmarkt, den Zugang zu Gütern
und Dienstleistungen sowie für einzelne sozialrechtli-
che Fragen.

Von Kritikern wurde damals vorhergesagt, dass die
Einführung des Gesetzes eine Prozessflut hervorrufen
würde. Diese ist ausgeblieben. Insgesamt haben wir
mit dem AGG vielmehr ein hohes Maß an Diskriminie-
rungsschutz erreicht. Aber es gibt natürlich auch im-
mer wieder einige Schwierigkeiten, insbesondere in
Bezug auf die praktische Umsetzung des Gesetzes.

Eine Problematik greift die Fraktion Die Linke mit
ihrem Antrag, der heute zur Abstimmung steht, auf: die
Ausweitung des Diskriminierungsschutzes auf chro-
nisch erkrankte Menschen. Die chronischen Erkran-
kungen sind sehr vielfältig. Neben HIV-Infektionen,
Diabetes und Krebs fallen hierunter auch Adipositas,
Hautkrankheiten oder psychische Erkrankungen. Ob
Menschen mit chronischen Krankheiten unter den
Schutz des AGG fallen, hängt zurzeit davon ab, ob ihre
Erkrankung als Behinderung gilt.

Die Gruppe der chronisch kranken Menschen ist
also nicht grundsätzlich vom Schutz des AGG ausge-
schlossen. Aber nicht jeder chronisch Kranke ist be-
hindert, und nicht jeder Behinderte ist chronisch
krank. Und nicht jede chronische Erkrankung bedarf
eines besonderen, besseren Schutzes. Die Abgrenzun-
gen und Definitionen in diesem Bereich sind schwie-
rig; die Grenzen verschwimmen und erscheinen teil-
weise willkürlich. Damit fehlt es dieser Gruppe an
Rechtssicherheit.

Besonders schwierig wird es, wenn eine chronische
Erkrankung eine relativ geringe Funktionsbeeinträch-
tigung und damit auch einen niedrigen Grad der Be-
hinderung, GdB, hat, diese Erkrankungen in der Ge-

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(M (f g in n s g s ro a Zu Protokoll ge (C (D ellschaft aber besonders stark stigmatisiert wird. enschen mit einer HIV-Infektion stehen oft vor die em Problem: Statt Mitleid mit den Betroffenen steht ie Angst vor einer Ansteckung im Vordergrund. Diees Beispiel zeigt, in was für einem sensiblen Bereich ir uns mit dieser Thematik befinden. Die Antidiskriminierungsstelle, ADS, hat eine Ex ertise „Schutz vor Benachteiligung aufgrund chronicher Krankheit“ in Auftrag gegeben, die im Mai 2013 eröffentlicht wurde. Die Autoren fordern unter andem die Einführung einer neuen Diskriminierungsdiension, um einen effektiven Schutz vor Diskriminie ung aufgrund chronischer Krankheit zu ermöglichen. ie stellen unterschiedliche Lösungsansätze sowie den Vorund Nachteile vor. Grundsätzlich unterstützen wir dieses Anliegen. Es ind rechtlich sehr unterschiedliche Wege denkbar, wie in solcher Schutz verankert werden könnte. Neben der inführung einer neuen Diskriminierungsdimension t auch die Weiterentwicklung des Behindertenberiffs zu überprüfen. All diese Vorschläge sollten wir enau prüfen und gegeneinander abwägen. Hier ist vor allem auch die Praktikabilität und Umetzungsfähigkeit von großer Bedeutung. Die unterchiedlichen Definitionen und die Vielzahl der chronichen Erkrankungen machen diese Aufgabe sicherlich icht einfacher. Wir werden dem Antrag der Linken daer heute nicht zustimmen, sondern uns enthalten. Ein Anliegen des AGG ist es, in Deutschland eine ultur der Antidiskriminierung zu schaffen. Ob es mitls des AGG möglich sein wird, die Stigmatisierung estimmter Krankheiten in der Gesellschaft zu durchrechen, wage ich allerdings zu bezweifeln. Hier sind iele weitere, vor allem aufklärerische Maßnahmen efragt. Die Linke möchte mit dem vorliegenden Antrag er ichen, dass chronische Erkrankungen als Diskrimiierungsmerkmal ins Allgemeine Gleichbehandlungsesetz aufgenommen werden. Menschen, die von ntsprechenden Krankheiten betroffen sind, sollen daurch vor Diskriminierungen geschützt werden. Die Bekämpfung der Diskriminierung in unserer esellschaft ist ein gesellschaftspolitisches Ziel der DP. Der Auftrag zu einem umfassenden Persönlicheitsschutz folgt unmittelbar aus Art. 1 Abs. 1 GG enschenwürde)

Stephan Thomae (FDP):
Rede ID: ID1724411800
reie Entfaltung der Persönlichkeit).
Man darf in diesem Zusammenhang aber nicht ver-

essen, dass jede Verschärfung des AGG einen Eingriff
die Vertragsautonomie der beteiligten Privatperso-

en darstellt. Der Abbau von Diskriminierungen lässt
ich nicht per Gesetz verordnen, sondern ist eine Auf-
abe der gesamten Gesellschaft. Immer mehr Vor-
chriften zu erlassen – wie es die damalige schwarz-
te Bundesregierung im Fall des AGG unter Rückgriff

uf einen rot-grünen Gesetzentwurf getan hat –, heißt




Dr. Stephan Harbarth
gebene Reden


(A) )


)(B)

nicht, dass die Praxis nachher auch besser funktio-
niert. Es kommt auf eine dauerhafte Sensibilisierung
für das Thema, ein Umdenken in den Köpfen und eine
Veränderung des Bewusstseins bei jedem Einzelnen
an. Darüber hinaus ist es wichtig, insgesamt eine Kul-
tur zu entwickeln, in der Vielfalt nicht nur akzeptiert
und toleriert, sondern als Bereicherung empfunden
wird.

Die Linke beruft sich in ihrem Antrag unter ande-
rem auf Entscheidungen des Berliner Arbeitsgerichtes
und des Berliner Landesarbeitsgerichtes, die eine
Kündigung eines HIV-infizierten Chemielaboranten,
die aufgrund der Infektion ausgesprochen wurde, be-
stätigt haben. Die FDP-Bundestagsfraktion bezweifelt
jedoch, ob ein einzelner Fall einen hinreichenden
Grund für Änderungen am Gesetz darstellt. Vielmehr
ist die Tatsache, dass es nur zu einer relativ geringen
Anzahl von Klagen gegen AGG-Verletzungen gekom-
men ist, ein Zeichen dafür, dass der Grundsatz der all-
gemeinen Gleichbehandlung in Deutschland bereits
weitgehend eingehalten wird.

Statt unzählige neue Diskriminierungsmotive aufzu-
zählen und unter Strafe zu stellen, sollte man sich am
Weiteraufbau einer toleranten Zivilgesellschaft beteili-
gen.

Darüber hinaus beantwortet die Linke die Frage,
was sie unter einer chronischen Erkrankung versteht,
nicht konkret genug. Sie nennt in dem Antrag zwar eine
HIV-Infektion, Diabetes, Multiple Sklerose und Krebs
als Beispiele. Eine Abgrenzung, welche Erkrankungen
nicht mehr unter diesen Begriff fallen sollen, nimmt
der Antrag nicht vor. So stellt sich die Frage, welchen
Belastungsgrad die Krankheit für den Einzelnen auf-
weisen muss, um als chronisch im Sinne des Antrags
der Linken verstanden zu werden. Dürften Asthmatiker
und Rheumatiker dann auch hoffen, unter das AGG zu
fallen?

Die Linke verweist in ihrem Antrag auf Regelungen
im europäischen Ausland. Die unterschiedlichen Re-
gelungen in den einzelnen Ländern sind aber ein Beleg
dafür, dass die Abgrenzungsfrage, was eine chronische
Krankheit ist und was nicht, überaus schwer zu beant-
worten ist.

Daher kommt die FDP-Bundestagsfraktion zu dem
Ergebnis, dass weder die Datenbasis noch die vorge-
brachten Argumente ausreichen, um eine Änderung
des AGG zu begründen. Wir lehnen den Antrag daher
ab.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724411900

Der Bundestag wolle beschließen: „Das Allgemeine

Gleichbehandlungsgesetz, AGG, ist dergestalt zu än-
dern, dass eine chronische Erkrankung, zum Beispiel
eine HIV-Infektion, Diabetes, Multiple Sklerose oder
Krebs, als Diskriminierungsmerkmal festgehalten
wird, damit chronisch erkrankte Menschen ebenso wie
Menschen mit Behinderungen durch das AGG ge-

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Zu Protokoll ge

(C (D chützt sind.“ Nicht mehr und nicht weniger fordert ie Linke mit dem heute zur Abstimmung stehenden esetzentwurf. Dass die Koalition aus CDU/CSU und FDP diesen iskriminierungsschutz für chronisch Kranke nicht ill, wundert mich nicht. Schon mit dem – dann Allgeeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG genannten esetz taten sich die Schwarz-Gelben sehr schwer. ass aber auch die SPD den Gesetzentwurf nicht unrstützt, wundert mich schon eher. Ausgangspunkt für den Gesetzentwurf der Linken ar ein HIV-infizierter Chemielaborant, dem gekünigt wurde, als der Arbeitgeber von der Infektion rfahren hatte. Die Kündigung wurde sowohl vom Berner Arbeitsgericht als auch vom Berliner Landesrbeitsgericht gt. Und dies, obwohl eine Kündigung aufgrund einer IV-Infektion sachlich nicht mit einem Übertragungs isiko zu begründen ist. Dies bestätigte auch die Bundesgierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der raktion Die Linke auf Bundestagsdrucksache 17/7283. Sieben Jahre nach dem Inkrafttreten des AGG ist zu sümieren, dass es hilft, Diskriminierungen zu verrin ern. Dennoch weist es noch erhebliche Lücken auf. ine Lücke ist das Fehlen eines Diskriminierungschutzes für chronisch erkrankte Menschen. Anders als vielen anderen Ländern Europas und entgegen einer usdrücklichen Empfehlung der Internationalen Areitsorganisation, ILO, sind chronische Krankheiten Deutschland nicht ausdrücklich benannter Bestandil des gesetzlichen Diskriminierungsschutzes. Im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention, die eit dem 26. März 2009 in Deutschland in Kraft ist, gilt ie UN-Behindertenrechtskonvention auch für Menchen mit chronischen Erkrankungen. Deswegen wäre ine Änderung im AGG also eine – überfällige – Klartellung, die in der Umsetzung bzw. Anwendung von esetzen, Verordnungen, der gesellschaftlichen Praxis is hin zur Rechtsprechung äußerst hilfreich wäre. Wer mir bzw. der Linken nicht glauben will oder arf, sei hier auf die Studie „Schutz vor Benachteiliungen aufgrund chronischer Krankheit“ von Prossor Dr. Kurt Pärli und Lic. iur. Tarek Naguib aus em Jahr 2013 verwiesen. Sie finden Sie auf der Interetseite der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, ww.antidiskriminierungsstelle.de. Über ein Jahr hat der Bundestag benötigt, um über iesen Gesetzentwurf zu beraten und abzustimmen. ber ein Jahr, in dem die Koalition und auch die SPD icht in der Lage waren, über ihren Schatten zu sprinen oder einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen. Ich offe, die Betroffenen werden das bei der Wahl am 2. September entsprechend würdigen. Die Linke – so iel sei jetzt schon versprochen – wird das Thema nach er Wahl wieder auf die Tagesordnung setzen. Stephan Thomae gebene Reden )








(A) )

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Der uns vorliegende Antrag der Linksfraktion will
eine Klarstellung im Allgemeinen Gleichbehandlungs-
gesetz erreichen, wonach sichergestellt wird, dass
Menschen auch vor Diskriminierung aufgrund einer
chronischen Erkrankung vom Allgemeinen Gleichbe-
handlungsgesetz geschützt sind. Dieses Anliegen ist
richtig; Bündnis 90/Die Grünen unterstützen dies be-
reits seit längerem.

Bei der ursprünglichen Fassung des Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetzes sind wir gemeinsam da-
von ausgegangen, dass chronische Erkrankungen vom
Merkmal „Behinderung“ abgedeckt seien. Inzwischen
haben uns Gerichtsurteile deutlich gemacht, dass dies
nicht immer der Fall ist und etwa HIV-Positive oder
auch an Krebs erkrankte Menschen diskriminiert wer-
den, obwohl sie nicht unter dieses Merkmal fallen. So
hat das Berliner Landesarbeitsgericht eine Kündigung
für statthaft gehalten, die erfolgte, als der Arbeitgeber
von der chronischen Erkrankung seines Mitarbeiters
erfuhr. Das können wir so nicht stehen lassen, sondern
müssen diese ja ohnehin vom Schicksal gebeutelten
Menschen schützen.

Dabei ist auch klar, dass eine chronische Krankheit
ebenso zu den unveränderbaren Persönlichkeitsmerk-
malen gehört wie die anderen Merkmale im AGG. Die
Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat sich in die-
sem Jahr sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt und
es zu ihrem Schwerpunkt in diesem Jahr gemacht und
ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die Aufnahme
des Merkmales dringend empfiehlt. Die Leiterin der
unabhängigen Stelle, Frau Christine Lüders, fordert
deswegen eine Klarstellung im AGG. Dafür genügte
es, in der Aufzählung der geschützten Merkmale einzu-
fügen: „aufgrund einer chronischen Krankheit“. Ob es
hier weiterer Folgeänderungen im Gesetz bedarf, ist
noch zu erörtern.

In vielen anderen Staaten der Welt werden chro-
nisch Erkrankte bereits von den jeweiligen Antidiskri-
minierungsgesetzen gestützt. Es ist an der Zeit, dass
auch wir hier ganz klar sind. Deswegen wird meine
Fraktion diesem Antrag zustimmen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724412000

Wir kommen zur Abstimmung. Der Rechtsausschuss

empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 17/13765, den Antrag der Fraktion Die Linke auf
Drucksache 17/9563 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stim-
men der Linken und der Grünen bei Enthaltung der SPD.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Nut-
zung verwaister und vergriffener Werke und

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1)

(C (D einer weiteren Änderung des Urheberrechtsgesetzes – Drucksache 17/13423 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Kultur und Medien Auch hier gehen die Reden zu Protokoll.1)


Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 17/13423 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
azu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
ann ist die Überweisung so beschlossen.

Jetzt kommen wir zum Tagesordnungspunkt 26:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Agnes
Krumwiede, Priska Hinz (Herborn), Tabea
Rößner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Transparente Kriterien und verbindliche Rah-
menbedingungen schaffen für die Bundesför-
derung von kulturellen Institutionen und Pro-
jekten

– Drucksache 17/12196 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Haushaltsausschuss

Die Reden gehen zu Protokoll.


Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1724412100

Ihr Frust über Bayreuth muss ja verdammt tief sit-

en! Da legen Sie einen Antrag mit sage und schreibe
7 Unterpunkten für Förderkriterien in der Bundeskul-
rpolitik vor und begründen das seitenlang mit Ihrem
rger über die Bayreuther Festspiele. Das muss man
rst mal hinkriegen!

Klar, die Grünen können mit Bayreuth wenig anfan-
en, wenn nicht gerade Claudia Roth dort zur Pre-
iere erscheint. Aber reicht das aus, um die gesamte
ulturförderung des Bundes in ein Korsett zu zwän-
en, das an Kleinteiligkeit nicht mehr zu überbieten
t? Dass keine Partei, nicht einmal die SPD, so etatis-
sch agiert wie die Grünen, das ist aus allen Politikfel-
ern bekannt. Aber so? Und in der Kultur? Was haben
ie sich nur dabei gedacht?

Zur Sache: Die Bayreuther Festspiele haben immer

(Kultur ichtung auch. Und ganz sicher ist Toni Schmid auch ngeschickt im Kulturausschuss aufgetreten, was er in er Öffentlichkeit auch gerne mal macht. Aber die Schwierigkeiten bei der Ticketvergabe sind icht zuletzt wegen der Kritik des Bundestages und des echnungshofes inzwischen weitgehend korrigiert orden, es sind inzwischen viel mehr Karten im freien Anlage 13 )


(A) )

Verkauf. Und eine wesentliche Änderung am Ge-
schäftsgebaren der Bayreuther Festspiele ist die Ein-
setzung eines Geschäftsführers dort. Kann sein, dass
Ihnen, liebe grüne Kollegen, das nicht reicht, dass Sie
nach wie vor nicht so recht warm werden wollen mit
der klassischen Hochkultur. Am besten lassen Sie Bay-
reuth nun aber auch mal die neue Praxis erproben, be-
vor dann eine ja auch in Ihrem Antrag empfohlene
Evaluation unser aller Urteilsfähigkeit dazu schärft.

Und dann Ihre Kritik an den „Förderentscheidun-
gen hinter verschlossenen Türen“: Das ist nun mal das
Los der Opposition, dass Sie nicht immer mit hinter
diesen Türen sitzen. Daraus aber gleich den Vorwurf
intransparenter Förderstrukturen abzuleiten, ist zu-
mindest unredlich: In jedem Einzelfall prüft BKM vor
der Förderung, ob ein Vorhaben von gesamtstaatlicher
Bedeutung, also in einem besonderen Bundesinteresse
ist.

Einen für alle Bundesprogramme einheitlichen Kri-
terienkatalog über alle Institutionen und Projekte zu
stülpen, hieße aber, ihre ungeheure Vielfalt, ihren An-
spruch auf Einzigartigkeit, ja auch ihre Autonomie
grob zu missachten.

Für fast alle Förderungen bzw. Fördertatbestände
bestehen längst Kriterien, aber spezifische halt, die
sich auf die sehr verschiedenen Charaktere der Ein-
richtungen beziehen. Oder wollen Sie die Filmförde-
rung, die kulturelle Bildung, den Denkmalschutz, die
Geschichtsaufarbeitung, die Museen, den Tanz, die Li-
teratur, die Musik etwa alle nach dem gleichen Muster
beglücken?

Oder nehmen wir Ihre Forderung nach einer Quote
bei der Verteilung der Mittel auf einzelne Sparten. Der
Katalog der in der Bundesförderung bereits befindli-
chen Einrichtungen ist ja gegeben. Wollen Sie etwa
einzelne Häuser wieder aus der Bundesförderung he-
rausschmeißen, um genügend andere hereinnehmen zu
können? Oder wollen Sie den Etat des BKM signifikant
erhöhen, um noch ein wenig mehr Tanz, Literatur oder
neue Musik dazutun zu können? Das müssten Sie dann
schon einmal erklären. Wollen Sie tatsächlich Förder-
anträge ablehnen mit der Begründung: „Von Malerei
haben wir schon genug, versuchen Sie es doch mal mit
Tanzen“? Da steht für uns dann doch die Freiheit der
Kunst weit im Vordergrund.

Die jetzige Förderung ist ausgerichtet an der Frage
nach dem „erheblichen Bundesinteresse“, der „ge-
samtstaatlichen Bedeutung“. Ihre avisierte „Gleichbe-
rechtigung“ ist ja vielleicht gut gemeint, hier aber völ-
lig sachfremd: Kultur und Kunstproduktion laufen
einfach nicht „nach Plan“ – ein Irrtum, dem hoffent-
lich auch die KuPoGe mit ihrer Tagung in der kom-
menden Woche auf die Spur kommt …–, auch nicht
nach „Fünfjahresplänen“ – das hatten wir schon mal,
erinnern Sie sich?.

In Ihrem Antrag können Sie es auch nicht lassen,
das bekannte Lied von Mindestgagen, Tarifverträgen,

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Zu Protokoll ge

(C (D usstellungsvergütungen, Gleichstellung von Mann nd Frau, Vergabe von Praktika zu singen – gut und chön auch das. Wie selbst Sie wissen müssten, wird as alles, wirklich alles, selbstverständlich praktiziert. as BKM hält sich an die Bundeshaushaltsordnung, n Tarifverträge, an Verwaltungsvorschriften zur leichstellung; Praktikanten werden korrekt behanelt. Und den vom BKM geförderten Einrichtungen nterstellen wir ein entsprechend gesetzeskonformes erhalten auch. Im rechtsfreien Raum agiert auch die undeskulturpolitik nicht. Und zur Ausstellungsvergütung haben nicht nur wir on der CDU, sondern auch die meisten Museen eine ehr gut begründete, eindeutig ablehnende Haltung, ie Ihnen in der Anhörung bekannt geworden ist. Wir ollen nämlich ohne noch höhere Kosten weiterhin nge lebende Künstler ausstellen, sie so bekannt ma hen und ihnen einen öffentlichen Auftritt ermöglichen – tatt nur die bereits verstorbenen alten Meister oder ie klassische Moderne zu präsentieren, die weniger ostet und ohnehin ein größeres Publikum hat. Evaluationen sind sicher oft sinnvoll und ein wirkames Instrument zur Entscheidungsfindung – aber sie inden große Kräfte: finanziell, personell und nervch, gerade in den Einrichtungen selbst. Man sollte as also anlassbezogen tun und nicht zum Dauerstress erkommen lassen. Im Übrigen ist ja nicht zuletzt das arlament ein wirksames Kontrollorgan. Sie verlangen die Vorlage der Haushaltsentwürfe detailliert und in schriftlicher Form“. Wo waren Sie den vergangenen Jahren? Der Haushalt wird von KM wie alle anderen auch als umfangreiches Komendium dargeboten. Der letzte hatte einen Umfang on 213 Seiten. Reicht Ihnen das nicht? Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal daran ernern, wie man es auch machen kann: Nationale entität erwächst zuallererst aus dem Kulturleben ei es Landes. Daher folgt die Bundeskulturpolitik dem rundsatz des Bewahrens unseres kulturellen Erbes inerseits und des Ermöglichens der Avantgarde anderseits. So fördern und schützen wir die uns anvertrauten stitutionen, und wir haben für die Künstler, die Krea ven, für die Förderung einzelner Projekte aus der eien Szene die Bundeskulturstiftung und den Haupt tadtkulturfonds eingerichtet. Obwohl die Kultur in erster Linie Sache der Länder nd der Kommunen ist, übernimmt auch der Bund eien circa 13-prozentigen Anteil an der Kulturfördeung. Die Grundsätze des Bundes dabei sind das „erebliche Bundesinteresse“, die „gesamtstaatliche edeutung“ und natürlich auch die Anerkennung der esonderen Rolle der Hauptstadt für die Republik – oraus ein großer Anteil der Bundesförderung für erlin resultiert. Dass wir dabei auch Prinzipien wie taatsferne, Subsidiarität oder Pluralität beachten, ersteht sich von selbst. Monika Grütters gebene Reden )





(A) )

Der deutsche Staat, auch der Bund, macht die Kul-
tur durch seine großzügige finanzielle Förderung un-
abhängig von Zeitgeist und Geldgebern. Diese staatli-
che Fürsorge für die Kultur, ihre Freiheit, die mit dem
Mut zum Experiment auch immer das Risiko des Schei-
terns in Kauf nimmt, dafür aber auch immer wieder
weltweit beachtete Leistungen ermöglicht hat, dieses
hartnäckige Engagement für die Künste hat entschei-
denden Anteil am hohen Ansehen Deutschlands in der
Welt.

Ein solches Verständnis von Kultur verbietet eine
allzu kleinliche Steuerung, denn Kunst und Kultur
brauchen Freiheit, um sich entfalten zu können. Was
sie sicher nicht brauchen, sind autoritative Vorgaben.

Eine so verstandene Kultur gibt Auskunft über die
Wertegrundlagen einer Gesellschaft. Sie ist nicht nur
ein Standortfaktor, sondern Ausdruck von Humanität.
Sie stiftet Identität, die Sorge für das kulturelle Erbe
einerseits und das Ermöglichen geistig-kreativer
Avantgarde andererseits. Dieser Anspruch bleibt in
Deutschland eine ständige Herausforderung. Diesem
Geist ist auch die Kulturpolitik des Bundes verpflich-
tet.

Kultur ist der Modus unseres Zusammenlebens. Wir
können sie genauso wenig neu bestimmen wie unsere
Sprache – beides war immer schon da. Man kann Kul-
tur so verstanden auch nicht einsetzen für etwas, man
kann Kultur nicht instrumentalisieren – sie ist mehr als
alles andere ein Wert an sich. Sie ist das Wie einer Ge-
sellschaft, einer Gemeinschaft, nicht das Was. Genau
diesem Bewusstsein folgt auch unsere Kulturpolitik.
Und vor einem „Paradigmenwechsel“ in Ihrem Sinne
kann ich da nur dringend warnen!


Siegmund Ehrmann (SPD):
Rede ID: ID1724412200

Der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist für diesen

Antrag zu danken, da er zum Ende der Legislatur-
periode noch einmal eine Reihe von wichtigen kultur-
politischen Fragestellungen zusammenträgt, mit
denen wir uns im Laufe dieser Legislaturperiode in un-
terschiedlicher Form befasst haben.

Im Wesentlichen beschäftigt sich der Antrag mit der
Struktur, den Kriterien und den Instrumenten der Kul-
turförderung des Bundes. Auch meine Fraktion hat
sich in dieser Legislaturperiode mit diesem Thema be-
schäftigt: Ausgangspunkt war die Handlungsempfeh-
lung der Enquete-Kommission „Kultur in Deutsch-
land“, „zeitnah eine Kulturentwicklungskonzeption
für den Bund zu erarbeiten“. Meine Fraktion erachtet
diese Empfehlung für sehr wichtig, weil sich die gesell-
schaftlichen Rahmenbedingungen von Kulturförde-
rung ändern und sich deshalb Kulturpolitik auch im-
mer wieder neu legitimieren muss.

In einer Großen Anfrage zur Musikförderung des
Bundes, Bundestagsdrucksache 17/7222, haben wir
genau diese Fragen zu Kriterien und Strukturen der
Bundeskulturförderung beispielhaft an einem Teilbe-
reich thematisiert. Wir kommen zu dem Ergebnis, dass

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Zu Protokoll ge

(C (D s etliche Ansatzpunkte für Neujustierungen gibt: eine klaren und transparenten Ziele und Kriterien, eine Evaluation, das Omnibusprinzip und die damit erbundene Benachteiligung neuerer Genres und Einichtungen. Auf dieser Grundlage haben wir das Netzerk für Kulturberatung und das Institut für Kulturolitik der Universität Hildesheim mit einem Gutachn beauftragt, um am Beispiel der Musikförderung uszuloten, wie auch auf Bundesebene konzeptbasierte ulturförderung gestaltet werden könnte. Ich will dait sagen, dass der Handlungsbedarf von meiner raktion bereits erkannt ist und wir uns bereits auf den eg gemacht haben, nach konkreten Wegen zu suchen, m eine, wie im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen efordert, nach transparenten Kriterien ausgestaltete nd damit klar nachvollziehbare Kulturförderung zu estalten. So verstehen wir unseren politischen Auftrag: nicht ur darüber reden, sondern auch konkrete Vorschläge ntwickeln, wie man es besser machen kann. Etwas esser machen wäre eigentlich Aufgabe einer Regieung. Aber die noch amtierende schwarz-gelbe Koalion verweigert von Beginn an jedwede politische Getaltung. Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen beinhaltet eben dieser generellen Fragestellung aber auch viele eitere kulturpolitische Aufgabenstellungen, zu denen ie schwarz-gelbe Koalition in dieser Legislatur jede ntwort verweigert hat. Dazu gehören die Fragen der leichstellung von Männern und Frauen im Kulturnd Medienbetrieb, die angemessene Vergütung im rheberrecht bzw. im Urhebervertragsrecht, die Einaltung sozialer Mindeststandards und das Zahlen von indesthonoraren in der Kulturförderung des Bundes, er Zugang zu Kultur und Medien für alle, eine Austellungszahlung für bildende Künstlerinnen und ünstler. Ich könnte die Liste weiter fortsetzen. Zu all iesen Punkten hat die SPD konkrete Vorschläge erareitet. Unseren Gesetzentwurf für Kultur und Sport als taatziel im Grundgesetz lehnen CDU/CSU und FDP b. Mit der Verabschiedung unseres Gesetzentwurfs önnte der Kultur in allen Belangen mehr Gewicht erliehen werden. In unserem Projekt des Kreativpaks haben wir gemeinsam mit Künstlern und Kreativen, it der Kreativwirtschaft und der Wissenschaft onkrete Vorschläge erarbeitet, um die Potenziale der ulturund Kreativwirtschaft gezielt zu fördern. Wir aben den Kulturund Kreativschaffenden eine timme gegeben und mit ihnen Vorschläge im Bereich es Urheberrechts, der sozialen und wirtschaftlichen age der Kultur-, Medienund Kreativschaffenden nd den Instrumenten der Kulturund Wirtschaftsförerung entwickelt. Unser Verständnis von kultureller und medialer eilhabe für alle haben wir in unserem Antrag „Kultur r alle“, mit dem im Übrigen erstmals von einer Frakon eine Parlamentsinitiative in leichter Sprache in en Bundestag eingebracht wurde, verdeutlicht. Darin Monika Grütters gebene Reden )





(A) )

heißt es in leichter Sprache: „Die Politikerinnen und
Politiker der SPD wollen, dass alle Menschen überall
mitmachen können. Sie wollen Kultur für alle.“ Und
wir haben in unserem Antrag zur Gleichstellung deut-
lich gemacht, dass die tatsächliche Gleichstellung von
Frauen und Männern auch im Kunst-, Kultur- und Me-
dienbereich noch längst nicht erreicht ist, dass zu-
gleich aber Möglichkeiten bestehen, diese zu fördern.

Ich nehme zur Kenntnis, dass die Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen in ihrem Antrag, so wie wir auch,
eine kritisch-konstruktive Bewertung der bestehenden
Strukturen, Kriterien und Instrumente der Kulturförde-
rung des Bundes vornimmt. Ich sehe Ansatzpunkte, ge-
meinsam über Verbesserungen nachzudenken. In den
noch ausstehenden Ausschussberatungen wird sich
zeigen, inwieweit auch die schwarz-gelbe Koalition
bereit ist, das Bestehende zu hinterfragen. Ich gehe al-
lerdings schon jetzt davon aus, dass CDU/CSU und
FDP ihrer Linie treu bleiben: Einfach nichts tun. We-
nigstens darin kann man sich auf diese Regierungs-
koalition verlassen. Dass das allerdings angesichts
der bestehenden Herausforderungen kein überzeugen-
des Politikangebot sein kann, habe ich deutlich ge-
macht.


Reiner Deutschmann (FDP):
Rede ID: ID1724412300

Wenn man den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen

liest, dann könnte man den Eindruck bekommen, die
Kulturförderung des Bundes erfolgt intransparent,
willkürlich und nach undefinierbarem Bauchgefühl
oder Geschmack. Diesem Eindruck muss ich entschie-
den entgegentreten. Gerade da es um die Kulturförde-
rung von Projekten und Einrichtungen von gesamt-
staatlicher Bedeutung geht, macht es sich der BKM
nicht leicht. Für die vom BKM ausgereichten Mittel
gibt es sehr wohl klar umrissene Kriterien und Bedin-
gungen, auch wenn diese notwendigerweise wegen der
Vielfalt und Heterogenität der deutschen Kunst- und
Kulturlandschaft gerade nicht einheitlich und starr
sein können. Hier muss ich den Kulturstaatsminister in
Schutz nehmen und klar und deutlich sagen, dass der
BKM eine hervorragende Arbeit macht, was man im
Übrigen auch selbst wahrnehmen könnte, würde man
die Kulturschaffenden einmal dazu befragen.

Ganz klar ist, dass alle Formen von Kunst und Kul-
tur ihre Daseinsberechtigung haben. Die bisher gel-
tenden flexibel angelegten Förderbedingungen des
BKM, ob mit oder ohne Jury, wirken der Gefahr entge-
gen, dass Projekte durch zu starre Förderkriterien aus
dem Raster und somit aus der Förderungsmöglichkeit
fallen, weil strenge oder kunstformfremde Kriterien
nicht erfüllt werden. Entscheidungen müssen jedem
Einzelfall gerecht werden können. So weist die Film-
förderung ganz andere Merkmale als die Förderung
der Kultur und Sprache nationaler Minderheiten auf.
Ein Festival funktioniert anders als die Errichtung ei-
nes Denkmals. Wir, die Koalition, wollen die Kultur-
landschaft aber stärken und nicht schwächen. Der Vor-
schlag der Grünen, die Förderkriterien starr zu regeln,

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Zu Protokoll ge

(C (D ürde unserer Meinung nach eine kontraproduktive irkung erzielen. Will man, wie der uns vorliegende Antrag suggeiert, den einzelnen Kunstund Kultursparten eine ste Förderquote zuteilen? Dies birgt die Gefahr, dass rojekte, die gesamtstaatliche Bedeutung haben, ween der Ausschöpfung einer Quotierung nicht geförert werden können, während eine andere Kulturparte viele redundante Projekte fördern muss, weil ie Quote noch nicht ausgeschöpft ist. Die Freiheit der unst braucht auch Freiheit und Flexibilität bei der ittelvergabe. Dafür werden wir uns in der christlich beralen Koalition auch weiterhin einsetzen. Sie kritisieren schlechte soziale Standards im Kunstnd Kulturbereich und behaupten, es gäbe keine erbindlichen staatlichen Vorgaben zur sozialen und irtschaftlichen Absicherung von Künstlerinnen und ünstlern. Mit Verlaub, das ist kompletter Unsinn. Haen Sie die Künstlersozialversicherung KSK auf einal vergessen? Ist Ihnen entgangen, dass wir erst ürzlich hier im Deutschen Bundestag die ALG-I-Beugsbedingungen für kurzfristig beschäftigte Arbeitehmer verlängert und auf bis zu zehn Wochen andaurnde Beschäftigungsverhältnisse ausgeweitet haben? t Ihnen entgangen, dass auch in der Kultur Arbeitsesetze, Tarifverträge und Antidiskriminierungsvorchriften genauso gelten wie in anderen Branchen? ir Liberalen können den Argumentationen Ihres Anags nicht folgen, da sie nicht den tatsächlichen Gegeenheiten entsprechen. In einem Teil des Antrags ärgern Sie sich über die usätzlichen Mittelvergaben für Kulturprojekte und inrichtungen, die der Haushaltsausschuss in seinen bschließenden Sitzungen beschließt. Ich gebe Ihnen cht: Hier könnten wir alle gemeinsam noch besser erden und etwas strukturierter vorgehen. Ich weise ie aber darauf hin, dass die Verhandlungen im Hausaltsausschuss doch gerade unsere eigene Angelegeneit sind und nicht die Angelegenheit der Bundesregieung. Wir können doch nicht die Bundesregierung uffordern, für mehr Ordnung in einem unserer Greien zu sorgen. Wenn Sie etwas verbessern wollen, ann muss dies schon in unseren Ausschüssen selbst rfolgen, und zwar durch parlamentarische Arbeit, icht durch Gesetze, Verordnungen und Aufforderunen an die Bundesregierung. Über die Frage der Anzahl der für den freien Verauf verfügbaren Festivaleintrittskarten kann und uss man sicherlich im Gespräch bleiben. Sie spre hen hier einen Punkt an, der mir auch Kopfzerbrehen bereitet. Ich bin hier ganz auf der Seite des Bunesrechnungshofes. Ich kann mir aber keine rechtliche orschrift vorstellen, die den öffentlich geförderten estivals und Projekten eine Eintrittskartenvorgabe acht. Das ist in meinen Augen schlicht nicht prakti abel und schafft zusätzliche Bürokratie und Nacheisverpflichtungen. Hier müssen sich die Beteiligten n einen Tisch setzen und sinnvolle Lösungen für den inzelfall erarbeiten. Schließlich finanziert nicht nur Siegmund Ehrmann gebene Reden )





(A) )

der Staat hochrangige Kulturevents wie die Bayreuther
Festspiele, sondern dies tun ebenso Fördervereine
oder Sponsoren. Auch deren Interessen müssen meiner
Meinung nach Berücksichtigung finden.

Zum Schluss möchte ich deutlich machen, dass ge-
rade im Bereich von Kunst und Kultur die Regelungs-
und Verordnungsdichte nicht höher, sondern niedriger
werden muss. Fragen Sie einfach mal den Leiter eines
Museums oder einen Vereinsvorsitzenden!

Aus den genannten Gründen werden wir Ihrem An-
trag daher nicht zustimmen.


Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724412400

Beispiel eins: Ein deutsches Zentrum für Poesie als

Ort, an dem Poesie in all ihren Erscheinungsformen
gefördert wird und der der Bewahrung und Sammlung
dichterischer Quellen in einer der Allgemeinheit zu-
gänglichen Mediathek dient, ist eine überzeugende
Idee.

Beispiel zwei: der Fonds Neue Musik. Ein Fonds
zur Förderung von neuer, zeitgenössischer Musik, der
nicht auf die Förderung der sogenannten E-Musik be-
schränkt ist, sondern auch all die aktuellen Musikrich-
tungen fördert, die sich nicht allein über den Markt
finanzieren können, würde eine Lücke in den existie-
renden Förderstrukturen füllen. Auch dies erscheint
unmittelbar einleuchtend.

Aber sind diese Projekte aus bundespolitischer
Sicht förderungswürdig? Bislang nicht. Warum das so
ist, wissen wir nicht.

Der heute zu debattierende Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen, der „transparente Kriterien
und verbindliche Rahmenbedingungen“ für die „Bun-
desförderung von kulturellen Institutionen und Projek-
ten“ fordert, ist berechtigt, ja überfällig. Die Kultur-
förderpraxis der Bundesregierung findet in einer Art
traditioneller Fortschreibung statt und ist von daher
auch willkürlich zu nennen. Es gibt eigentlich nur ein
Kriterium, das nennt sich „gesamtstaatliche Bedeu-
tung“. Das ist ein großes Wort, darüber, was darunter
genau zu verstehen ist, lässt sich an jedem Fall strei-
ten.

Am Fall der Bayreuther Festspiele zum Beispiel,
welchen die Antragsteller ausführlich beschreiben, ist
dies besonders deutlich zu machen. Als die Bayreuther
Festspiele 1953 das erste Mal vom Bund gefördert
wurden, wenige Jahre nach der bereitwilligen Hingabe
dieser Festspiele an die faschistische Diktatur, wurde
dies recht durchsichtig sozial verbrämt und so begrün-
det: „Mit seiner Förderung will der Bund dazu beitra-
gen, einen maßgeblichen Beitrag zur künstlerisch-äs-
thetischen Auseinandersetzung mit dem Schaffen
Richard Wagners in hoher Qualität am authentischen
Ort zu leisten und sein Werk einer breiten Öffentlich-
keit zugänglich zu machen.“

Einer breiten Öffentlichkeit! Wenn das damals so
war, was ist heute daraus geworden? – Viele reiche

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Zu Protokoll ge

(C (D nd schöne Menschen kommen nach Bayreuth, eine reite Öffentlichkeit unseres Landes ist das nicht. Auerdem wird Wagner heute auf allen Bühnen landauf, ndab gespielt. Niemand muss nach Bayreuth, um ich dort mit seinem Schaffen auseinanderzusetzen. Inofern wäre angebracht zu begründen – das einmal rundsätzlich –, warum 60 Jahre später diese Festpiele noch immer mit dem wahrhaft nicht kleinen Beag von 2,3 Millionen Euro jährlich finanziert weren, zum anderen müsste es eine Auseinandersetzung it den vielfachen Mängeln und Unzulänglichkeiten es Betriebs geben, die in der Begründung des Antrags usführlich beschrieben sind. Über das Beispiel Bayreuth hinaus ist es vollkomen richtig, allgemein einen ordnungsgemäßen Ge chäftsbetrieb der geförderten Institutionen zu verlanen. Vollkommen richtig ist ebenfalls die Forderung, ass 80 Prozent der Karten für den freien Verkauf zur erfügung stehen sollten. Nicht zuletzt muss eine angeessene Entlohnung und Lohngleichheit für Männer nd Frauen gefordert werden. Bei der bildenden Kunst ist eine Ausstellungsvergüng für die Künstlerinnen und Künstler überfällig. ie Linke hat sie in ihrem Antrag „Rechtliche und nanzielle Voraussetzungen für die Zahlung einer Austellungsvergütung für bildende Künstlerinnen und ünstler schaffen“ vom 18. Januar 2012 gefordert, nd zwar über vom Bund geförderte Ausstellungen hiaus, da aber in erster Linie. Ein anderes Beispiel ist die Stiftung Flucht, Vertreiung, Versöhnung. Sie wird seit 2008 von der Bundesgierung auf der Grundlage eines Beschlusses des eutschen Bundestags gefördert. Das begann 2008 it der Summe von 148 000 Euro; diese ist im Laufe er Jahre immer weiter angestiegen und das trotz imer neuer, kritischer Nachfragen seitens des Parlaentes. Seit 2010 kritisieren wir, dass Arnold Tölg und artmut Saenger stellvertretende Mitglieder des tiftungsrates der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhung sind. Beide haben sich vor ihrer Wahl mit unhaltaren, geschichtsrevisionistischen Äußerungen expoiert. Aufgrund dieser Tatsache lässt seitdem der entralrat der Juden seine Mitgliedschaft ruhen – und iemanden von den Verantwortlichen scheint das zu ekümmern. Im wissenschaftlichen Beraterkreis ist nach wie vor ein Vertreter des Zentralrats der Deutschen Sinti und oma vertreten. Auch das scheint niemanden zu beümmern. Mehrfach haben wir und die Grünen in den Hausaltsberatungen eine Streichung der Mittel für die Stifng beantragt. Dennoch wird das Projekt unbeirrt nd ohne Transparenz weiter gefördert. 7,178 Millioen Euro sind bereits geflossen, politische Kritik wird noriert. Reiner Deutschmann gebene Reden )





(A) )

In ihrem Antrag fordern die Grünen transparente
Kriterien und verbindliche Rahmenbedingungen. Ge-
nau darum geht es. Als Mitglieder des Ausschusses für
Kultur und Medien haben wir immer wieder erleben
müssen, vollendete Tatsachen vorgesetzt zu bekommen,
wenn es um die Kulturförderung durch den Bund geht.
Nach der berühmten Methode „Friss, Vogel, oder
stirb“ sind wir zum Abnicken geradezu erpresst wor-
den. Insofern halten wir Punkt 4 des Forderungskata-
logs für zentral, welcher in Zukunft regeln soll, dass
die Haushaltsentwürfe des BKM in den Haushaltsbe-
ratungen des Ausschusses für Kultur und Medien so
rechtzeitig, detailliert, in schriftlicher Form vorzule-
gen sind, dass eine Beratung noch vor den abschlie-
ßenden Abstimmungen möglich ist.

Die Frage bleibt, wie der Bund den Erhalt unserer
Kulturtradition und ihre gegenwärtige Vielfalt glei-
chermaßen fördern kann. Das ist die Kernfrage, und
sie ist zugegebenermaßen nicht einfach zu beantwor-
ten, insbesondere dann nicht, wenn die Mittel gleich
bleiben.

Auch der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen gibt hier nur einen Anstoß zur Diskussion.

Da heißt es:

Neue Förderkriterien sollen entwickelt und veröf-
fentlicht werden. Aber wer entwickelt sie?

Alle künstlerischen Sparten – Musik, bildende
Kunst, Literatur und darstellende Künste – sollen zu-
mindest annähernd gleichberechtigt vertreten sein.
Aber wie setzt man diese Forderung um? Mit einer
Quotenregelung? Das wäre möglicherweise ein An-
satz.

Eine Fachjury soll eingerichtet werden mit externen
Expertinnen und Experten aus Kunst und Kultur, deren
Besetzung im Vierjahresrhythmus wechselt. „Fach-
jury“ klingt immer gut. Aber welche Erfahrungen ha-
ben wir mit Fachjurys in der Vergangenheit gemacht?
Einer Fachjury verdanken wir die goldene Schüssel als
Freiheits- und Einheitsdenkmal. Das ist nur ein Bei-
spiel unter vielen. Vielleicht würde ein Arts Council,
wie in Großbritannien üblich, hier positive Verände-
rungen schaffen. Mehr Transparenz ergäbe sich auf je-
den Fall.

Nun muss die Ausschussarbeit uns ein Stück weiter
bringen. Der Anfang ist mit diesem Antrag von Bünd-
nis 90/Die Grünen gemacht. Die Fraktion Die Linke
wird ihn unterstützen.


Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724412500

Aufgrund der Kompetenzaufteilung zwischen Bund

und Ländern liegen lediglich rund 13 Prozent der
staatlichen Kulturausgaben beim Bund. In der Regel
fördert der Bund Kulturinstitutionen, Festivals oder
Modellprojekte nur dann, wenn diese von „gesamt-
staatlicher Bedeutung“ sind. Aber welche Qualifika-
tionen rechtfertigen eine „gesamtstaatliche Bedeu-
tung“? Welche Rahmenbedingungen müssen erfüllt

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Zu Protokoll ge

(C (D erden, damit eine Förderung durch den Bund erlgt? Ein Konzept mit transparenten Kriterien liegt ffiziell nicht vor. Die Gründe für die Förderung kultuller Einrichtungen und Projekte durch die Bundesgierung sind deshalb oft nicht transparent nachvoll iehbar. In Zeiten von Sparzwängen, die für manche ultureinrichtungen existenzbedrohend sind, sorgt vor llem eine Bundesförderung von renommierten Kultureranstaltungen und von Institutionen mit konstant hoen Besucherzahlen für Unmut. Wir sind der Überzeugung, dass die gesamtstaatlihe und internationale Ausstrahlung von Festivals, odellprojekten oder Kulturinstitutionen als Arguent für eine Bundesförderung nicht ausreicht. Es uss auch wirtschaftlich begründet werden, ob und in elcher Höhe derart etablierte Veranstaltungen wie eispielsweise die Bayreuther Festspiele eine verstegte staatliche Finanzierung des Betriebs überhaupt enötigen. Darüber hinaus haben wir in der laufenden egislaturperiode bereits mehrfach kritisiert, dass iele Förderentscheidungen hinter verschlossenen Tün getroffen werden. Regelmäßig wurde der Kultur usschuss nicht in die Entscheidungsfindung einbezoen und mit vollendeten Tatsachen konfrontiert. adurch wird die mitberatende Funktion eines parlaentarischen Fachgremiums durch die Bundesregie ung systematisch ausgehöhlt. Aktuelle Beispiele für ieses Vorgehen sind die umstrittene Bewilligung von 0 Millionen Euro unter Sperrvermerk für die Umgetaltung der Alten Gemäldegalerie oder die Verteilung er in der Bereinigungssitzung zum Kulturhaushalt 013 zusätzlich beschlossenen 100 Millionen Euro – llein 10 Millionen gehen an das Sudetendeutsche Mueum in München. Eine Entscheidung, an der wir nicht ur das Verfahren kritisieren. Wahlkampfgeschenke önnen nicht mit „gesamtstaatlicher Bedeutung“ gechtfertigt werden. Ziel unseres Antrags ist es, Willkür und Intranspanz bei der Kulturförderung des Bundes zu beenden. Wir fordern einen Kriterienkatalog, der Regeln für ine fairere Förderpraxis festlegt. Dieser soll unter anerem sicherstellen, dass bei vom Bund geförderten ultureinrichtungen und -projekten, Stiftungen und onds alle künstlerischen Sparten und Ausdrucksforen Berücksichtigung finden und Künstlerinnen und ünstler angemessen bezahlt werden. Wenn der Bund itfinanziert, muss er darauf einwirken, dass die an eiem Projekt beteiligten und an einer Kulturinstitution eschäftigten Künstlerinnen und Künstler branchenpezifische Mindestgagen erhalten bzw. nach den Tarin des öffentlichen Dienstes entlohnt werden. Dies ist omentan nicht immer der Fall. Bei einem aktuell aus em Hauptstadtkulturfonds geförderten Projekt an der euköllner Oper in Berlin – das „Internationale Festial für Musiktheater unter prekären Bedingungen“ – rhalten die beteiligten Künstlerinnen und Künstler bis u 30 Prozent unter den üblichen Tarifen des öffentlihen Dienstes. Bei den vom Bund geförderten Bayuther Festspielen gibt es für die Orchestermusikerin Dr. Lukrezia Jochimsen gebene Reden )





(A) )

nen und -musiker nach Angaben der Deutschen
Orchestervereinigung eine Tagesgage von 170 Euro,
was deutlich unterhalb dessen liegt, was Mitwirkende
bei anderen vergleichbar renommierten Festival-
orchestern – beispielsweise in Luzern – pro Tag verdie-
nen.

Bei Ausstellungen, die durch den Bund gefördert
werden, sollte eine Ausstellungszahlung an die Künst-
lerinnen und Künstler erfolgen. Und auch die Lohn-
gleichheit zwischen Männern und Frauen muss bei der
Durchführung aller bewilligten Förderanträge ge-
währleistet sein. Wenn der Bund fördert, steht er in der
Verantwortung, die Gleichstellung von Frauen zu be-
rücksichtigen. Ein Förderkriterium muss daher sein,
dass Frauen bei der Besetzung künstlerischer Pro-
jekte, in geförderten Einrichtungen sowie bei der Ver-
öffentlichung von Werken bzw. bei Werksaufträgen
nicht unterrepräsentiert sind, sofern eine anderweitige
Geschlechterverteilung nicht durch künstlerische Vor-
gaben zu begründen ist.

Ein weiteres zentrales Kriterium für eine Bundes-
förderung von Kulturprojekten und Institutionen sehen
wir in der Einbindung von Teilhabe- und Beteiligungs-
formaten für möglichst viele gesellschaftliche Grup-
pen. Darunter verstehen wir beispielsweise program-
matische Angebote für Kinder und Jugendliche, für
Menschen mit Migrationshintergrund oder Ermäßi-
gungsmodelle für Menschen mit geringem Einkom-
men. Auch die mediale Darstellung von Theater, Oper-
und Konzertaufführungen sowie musealen Archiven
auf der Homepage der jeweiligen Träger kann zu einer
breiteren gesellschaftlichen Teilhabe beitragen. Die
Träger staatlich finanzierter Projekte und Institutionen
müssen daher die Möglichkeit erhalten, auf ihrer offi-
ziellen Homepage Ausschnitte sowie komplette Auffüh-
rungen, Inszenierungen und Werke in Bild und Ton zu
veröffentlichen – unter der Voraussetzung, dass die
ausführenden Künstlerinnen und Künstler sowie die
Urheberinnen und Urheber der Veröffentlichung im
Internet nicht widersprechen und ihnen eine angemes-
sene Vergütung zukommt.

Außerdem fordern wir, dass zukünftig – analog zum
bereits bestehenden Denkmalschutzkomitee – eine
Fachjury mit Expertinnen und Experten aus den
Kunst- und Kulturbranchen vom BKM eingesetzt wird.
Unter Berichterstattungspflicht gegenüber dem Haus-
halts- und Kulturausschuss soll diese Fachjury dem
BKM eine Auswahl der eingegangenen Anträge zur
Förderung von Kultureinrichtungen und kulturellen
Projekten vorschlagen. Damit wollen wir verhindern,
dass weiterhin Förderentscheidungen intransparent im
Hinterzimmer des Kulturstaatsministers getroffen wer-
den. Auch eine regelmäßige Evaluation aller geförder-
ten Kulturinstitutionen, Fonds, Bundesvereinigungen,
Projekte und Festivals als obligatorischer Bestandteil
der Bundeskulturförderpraxis ist eine Forderung unse-
res Antrags.

Im Abschlussbericht der Enquete-Kommission
„Kultur in Deutschland“ wurden Handlungsempfeh-

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(C (D ngen für objektive und transparente Förderkriterien taatlicher Kulturfinanzierung entwickelt. Die Fordeungen unseres Antrags orientieren sich an diesen andlungsempfehlungen. H Das wichtige Thema der Kulturförderung des Bunes liegt mir sehr am Herzen, und als Abgeordneter für en Wahlkreis Bayreuth habe ich einen besonders enen Bezug zur im Antrag explizit erwähnten Förderung er Bayreuther Festspiele. Die Bayreuther Festspiele ind ein weit über die Grenzen Deutschlands hinaus ekannter und hochgeschätzter Teil der hiesigen Kulrlandschaft. Dies gilt in diesem Jahr ganz beson ers: Im Jahr 2013 liegt die ganze Aufmerksamkeit der usikund theaterinteressierten Öffentlichkeit in ganz esonderer Weise auf Richard Wagner. Anlass geben er 200. Geburtstag sowie der 130. Todestag des Komonisten. Im Fokus sind Richard Wagners Geburtstadt Leipzig und seine Wirkungsstadt Bayreuth und ie von ihm ins Leben gerufenen Bayreuther Festpiele. Trotzdem haben die hier zuständigen Stellen der undesregierung, insbesondere der Beauftragte für ultur und Medien, die dafür eingesetzte Bundesförde ung – wie in allen anderen Bereichen auch – immer ieder kritisch im Blick, prüfen Art, Höhe und Notendigkeit der eingesetzten Mittel, prüfen und verbes ern gemeinsam mit den lokalen Partnern Förderrundlagen und andere Umstände. Darum bin ich mir icher, dass auch die aktuellen Themen in gewohnter eise von allen Beteiligten auf der Basis der geltenden egelungen mit Blick auf eine gute Zukunft dieser ichtigen Kultureinrichtung behandelt werden. Frei nach Albert Schweitzer fällt Kultur uns nicht ie eine reife Frucht in den Schoß; vielmehr muss der aum gewissenhaft gepflegt werden, wenn er Früchte agen soll. Zunächst scheint der vorliegende Antrag icht abwegig: Wer wäre zum Beispiel gegen „transarente Kriterien“? Und „verbindliche Rahmenbedinungen“ scheinen immer und selbstverständlich wichg, wenn es um den Einsatz von Steuermitteln geht. Bei enauerem Hinsehen steckt der Teufel, wie so oft, im etail. Insgesamt vermittelt der Antrag nämlich den Ein ruck der Intransparenz der Bundeskulturförderung angels konkreter und einheitlicher Kriterien. Das ist ber alles andere als zutreffend. Vor einer Bundesförerung wird in jedem Einzelfall geprüft, ob ein Vorhaen gesamtstaatlich bedeutsam ist und ein besonderes undesinteresse an der Förderung besteht. Ich will auch auf folgende problematische Aspekte es Antrags hinweisen: Ein einheitlicher Kriterienkatalog und eine Jury für ämtliche Fördertatbestände, Forderung unter Ziffer II.1 nd 3 des Antrags, sind weder sinnvoll noch möglich. as besondere Bundesinteresse und die gesamtstaatli he Relevanz müssen in jedem Einzelfall konkretisiert erden und lassen sich angesichts der Vielfalt der Agnes Krumwiede gebene Reden Parl. Staatssekretär Hartmut Koschyk )

Hartmut Koschyk (CSU):
Rede ID: ID1724412600







(A) )

Sachverhalte und Förderungsgründe nicht verallge-
meinern. Auch liegen unterschiedlichen Förderberei-
chen vollkommen unterschiedliche Überlegungen zu-
grunde; vielfach existieren ganz spezifische Kriterien
– zum Beispiel kulturelle Vermittlung, Filmförderung,
Denkmalschutz –, zum Teil votieren zudem bereits Ju-
rys. Im Einzelfall müssen auch parlamentarische For-
derungen berücksichtigt werden können.

Eine übergeordnete Gewichtung oder Quote bei der
Verteilung der Mittel auf einzelne Kunstgattungen
oder -sparten verbietet sich, weil die Entscheidung
über die Förderung ausschließlich am Vorliegen ge-
samtstaatlicher Bedeutung und des erheblichen Bun-
desinteresses ausgerichtet sein muss. Eine solche
„Gleichberechtigung“ ist gut gemeint, aber sach-
fremd; denn Kulturförderung erfolgt nicht nach einem
übergeordneten Plan. Ablehnungen mit der Begrün-
dung, man habe in dieser Sparte leider das Fördervo-
lumen schon ausgeschöpft, wären verheerend.

Soweit im Antrag, Ziffer II.2, Barrierefreiheit,
Gleichstellung von Mann und Frau, ordnungsgemäße
Geschäftsführung, Vergabe von Praktika etc. gefordert
werden, kann ich auf Gesetze, Tarifverträge oder Ver-
waltungsvorschriften wie zum Beispiel die Bundes-
haushaltsordnung, Gleichstellungsgesetze etc. verwei-
sen, in deren Rahmen sich die Kulturförderung des
Bundes schon jetzt bewegt. Auch die geförderten Ein-
richtungen müssen sich hier an Gesetze halten. Die
Kulturförderung des Bundes findet nicht im rechts-
freien Raum statt.

Dies gilt in besonderem Maße für die Forderung
nach Anwendung des Tarifvertrages für den öffentli-
chen Dienst oder die Einführung von Mindestgagen
für alle Projekte bzw. geförderten Künstler. Der TVöD
gilt schon jetzt in den dafür geeigneten Bereichen der
künstlerischen Tätigkeiten. In anderen Bereichen las-
sen sich spezifische künstlerische Tätigkeiten nicht
ohne Weiteres in den TVöD einpassen. Hier müssen
auch andere Überlegungen möglich bleiben.

Evaluationen sind zwar grundsätzlich ein wirksa-
mes Instrument für die Entscheidungsfindung und
Kontrolle von Prozessen, binden aber große finan-
zielle, zeitliche und personelle Ressourcen; sie erfol-
gen daher eher anlassbezogen. Das Erreichen der
Förderziele wird schon jetzt durch Erfolgskontrolle
nach den Verwaltungsvorschriften der Bundeshaus-
haltsordnung geprüft.

Die Einführung einer Ausstellungsvergütung könnte
kontraproduktiv wirken, da die Gefahr besteht, dass
sich nur noch große Galerien Ausstellungen „leisten“
können und junge, unbekannte Künstler keine Chance
mehr haben, ihr Wirken auszustellen.

Als Parlamentarischer Staatssekretär beim für den
Bundeshaushalt zuständigen Bundesfinanzminister
sehe ich auch die im Antrag, Ziffer II.4, enthaltenen
Vorschläge zur Änderung des Haushaltsaufstellungs-
verfahrens kritisch. Bis zum Kabinettsbeschluss über
den Entwurf des jeweiligen neuen Haushaltsplans ist

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(C (D ie Haushaltsaufstellung Aufgabe der Exekutive. Der egierungsentwurf des Bundeshaushalts wird dem eutschen Bundestag nach Kabinettsbeschluss zugeitet, an alle Abgeordnete verteilt und an den Hausaltsausschuss zur Beratung überwiesen. Gerade im ereich der Bundeskulturförderung wird diese Übereisung dann von einem umfangreichen Kompendium, 2013 über 200 Seiten, mit einer Fülle von Informaonen für die zuständigen Abgeordneten begleitet. Für nderungen an diesem bewährten Verfahren sehe ich eine Notwendigkeit, und solche Änderungen könnten udem sicher nicht auf den Kulturbereich beschränkt erden. Die vorgeschlagene urheberrechtliche Schranke, iffer II.5, würde an urheberrechtsfremde Erwägunen, nämlich die öffentlich-rechtliche Förderung, annüpfen. Zudem sind Veröffentlichungen bei Einvertändnis aller Beteiligten bereits heute möglich. Die Kunstund Kulturförderung ist nach dem rundgesetz in Deutschland in erster Linie Sache der änder und Gemeinden. Der Bund ist – nur – für kulrelle Einrichtungen und Projekte von nationaler Be eutung zuständig. Diese Aufgabe erfüllt der Bund chon jetzt umfassend und mit ausreichender Sorgfalt. ie hierfür geltenden Kriterien sollten nicht aufgeeicht oder ausgedehnt werden. Der Antrag ist desalb abzulehnen. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/12196 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Tagesordnungspunkt 27: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2013 – Drucksache 17/13670 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Auch hier gehen die Reden zu Protokoll. Der zweite Bundesbericht Wissenschaftlicher Nach uchs, BuWiN, wurde am 18. April 2013 der Bundesgierung übergeben und veröffentlicht. Die im Be icht vorgenommene Bestandsaufnahme zeigt, dass die edingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs Deutschland sehr gut sind und sich in einigen Berei hen weiter verbessert haben. Der Zustrom von Nachwuchswissenschaftlern an nsere Hochschulen ist ungebrochen. Von 1 000 Peronen eines Jahrgangs promovieren in Deutschland ,7. Im EU-Durchschnitt sind es 1,5. Im Jahr 2010 )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724412700
Tankred Schipanski (CDU):
Rede ID: ID1724412800

(A) )

wurden 25 600 Promotionen erfolgreich abgeschlos-
sen. Eine Stufe darüber, bei den habilitierten Nach-
wuchswissenschaftlern, drängen jährlich 2 500 bis
3 000 auf den universitären Berufungsmarkt. Sie be-
werben sich auf circa 600 bis 700 Stellen, hinzu kom-
men rund 200 Stellen an außeruniversitären For-
schungseinrichtungen. Diese Zahlen verdeutlichen:
Für zahlreiche hochqualifizierte Menschen ist eine
wissenschaftliche Karriere weiterhin sehr attraktiv.
Dabei ist die Zufriedenheit der im Wissenschaftssys-
tem verbleibenden Nachwuchswissenschaftler ebenso
hoch wie die Zufriedenheit derer, die sich für eine Kar-
riere außerhalb des Wissenschaftssystems entscheiden.

Besondere Fortschritte stellt der BuWiN 2013 beim
Abbau der Geschlechterdifferenzen fest. Zwischen
2000 und 2010 sind die Frauenanteile in allen unter-
suchten Stufen der wissenschaftlichen Qualifizierung
und Karriere angestiegen. Das gilt für Promotionen,
Habilitationen, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen an
Universitäten, Juniorprofessorinnen, Professoren so-
wie Hochschulleitung. Die Maßnahmen der Bundesre-
gierung – etwa das Professorinnenprogramm oder die
Verpflichtung im Pakt für Forschung und Innovation,
den Anteil von Frauen in Leitungspositionen der Wis-
senschaft anzuheben – zeigen Wirkung. Beim Abbau
der Geschlechterdifferenzen sind wir auf einem guten
Weg.

Neben diesen positiven Entwicklungen benennt der
BuWiN 2013 aber auch Probleme, mit denen der wis-
senschaftliche Nachwuchs in Deutschland zu kämpfen
hat. Auf zwei wesentliche Kritikpunkte – die Vielzahl
befristeter Beschäftigungsverhältnisse und mangelnde
Personalentwicklungskonzepte – möchte ich gerne de-
taillierter eingehen.

Im Hinblick auf die vielerorts überbordende Befris-
tungspraxis stellt der BuWiN 2013 zunächst richtiger-
weise fest, dass sich die Gestaltungsspielräume der
Länder zur Veränderung der Personalstruktur an den
Hochschulen im Zuge der Föderalismusreform 2006
vergrößert haben. Von diesem Gestaltungsspielraum
machen die Länder jedoch nur unzureichend Ge-
brauch. Durch eine Änderung ihrer Landeshochschul-
gesetze könnten sie der um sich greifenden Befris-
tungspraxis Einhalt gebieten. Deshalb unterstütze ich
die Bundesregierung ausdrücklich, die in ihrer Stel-
lungnahme zum BuWiN 2013 den Apell an die Länder
richtet, das Verhältnis befristeter und unbefristeter
Stellen an Hochschulen zu verändern und Tenure-
Track-Modelle weiter auszubauen.

Wie der Bericht feststellt, verlagern jedoch die Län-
der ihre Verantwortung für den wissenschaftlichen
Nachwuchs zunehmend an die Hochschulen. Diese ha-
ben die ihnen gegebenen Freiräume jedoch ebenfalls
nicht genutzt. Mit Blick auf die vorherrschende Befris-
tungspraxis hat sich die Leiterin des BuWiN-Kuratori-
ums, Frau Dr. Anke Burkhardt, im gestrigen Experten-
gespräch vor dem Ausschuss mehr Mut von den
Hochschulen gewünscht. Dem kann ich mich nur an-
schließen. Der Bund hat erst vor wenigen Wochen

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Zu Protokoll ge

(C (D rneut Milliardensummen zur Finanzierung des Hochchulpakts bis 2018 verbindlich zugesagt. Diese neuewonnene finanzielle Planungssicherheit muss nun on den Hochschulen genutzt werden, um längere Veragslaufzeiten zu ermöglichen und mehr unbefristete tellen zu schaffen. Klar ist, dass das WissZeitVG nicht ie Ursache für eine Zunahme der Befristungspraxis t und eine Änderung dieses Gesetzes allenfalls zu arginalen Verbesserungen führen könnte. Hier steen wir mit der Bundesregierung im Dialog. Zugleich arf ich auf die bevorstehende Anhörung am 12. Juni 013 sowie die zu diesem Thema geführten Debatten erweisen. Durch Sonderfinanzierungsprogramme wie Exzelnzinitiative und Professorinnenprogramm hat die undesregierung in den letzten Jahren maßgeblich zu esseren Karrieremöglichkeiten für Nachwuchswisenschaftler beigetragen. Aufgrund der grundgesetzlihen Vorgaben können Bundesmittel aber immer nur eitlich befristet gewährt werden. Deshalb sind sie nur edingt geeignet, langfristige personelle Planungssiherheit für die Hochschulen sicherzustellen. Keineslls darf zusätzliches Bundesgeld dazu führen, dass ich die Länder aus der Grundfinanzierung der Hochchulen zurückziehen. Ein solcher Rückzug hätte dikte Konsequenzen für die Anzahl unbefristeter Prossorenstellen und die Laufzeiten befristeter Verträge. in stärkeres und dauerhaftes Engagement des Bundes r den wissenschaftlichen Nachwuchs ist nur im Zuge iner Änderung von Art. 91 b GG möglich. Die Bunesregierung hat vor einem Jahr einen entsprechenden esetzentwurf eingebracht. Er wird jedoch von SPD nd Grünen im Bundesrat blockiert. Diese Verweigeungshaltung ist unverantwortlich gegenüber den ochschulen und den dort beschäftigten Menschen. Zweites Grundproblem ist die Stellenstruktur an eutschen Hochschulen. So gibt es an Universitäten nterhalb der Professur kaum unbefristete Angebote. er BuWiN 2013 stellt hierzu fest: „Wenn man ... zwi chen einer Junior-Staff-Ebene (hauptamtlich und elbstständig Lehrende und Forschende unterhalb der rofessur)

ebundenes Lehr- und Forschungspersonal) unter-
cheidet, wird erkennbar, dass erstere in Deutschland
st völlig fehlt.“ Dieses Problem haben die Koali-
onsfraktionen bereits in ihrem Antrag „Exzellente
erspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs
rtentwickeln“ (Bundestagsdrucksache 17/9396) iden-
fiziert und die Einführung von sogenannten Asso-
iate-Professuren angeregt. Zu wenige Länder und
ochschulen haben diese Vorschläge bislang aufge-
riffen. Einzig die TU München hat mit der Einführung
es Personalentwicklungskonzepts „Faculty Tenure
rack“ Associate-Professuren unterhalb der Vollpro-
ssur eingerichtet und ein zukunftsweisendes Modell
uf den Weg gebracht. Ich kann nur an die Länder und
ochschulen appellieren, diesen Weg ebenfalls zu ge-
en.




Tankred Schipanski
gebene Reden


(A) )


)(B)

Die Legislaturperiode neigt sich dem Ende entge-
gen, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, eine kurze
Bilanz unserer Politik für den wissenschaftlichen
Nachwuchs zu ziehen. Seit 2005 haben zwei unionsge-
führte Bundesregierungen die Angebote für den wis-
senschaftlichen Nachwuchs, die der Bund mit oder al-
leine verantwortet, massiv ausgebaut. Durch den
Hochschulpakt, die Exzellenzinitiative und den Pakt
für Forschung und Innovation sind zahlreiche Stellen
für Nachwuchswissenschaftler neu entstanden. Allein
im Rahmen der Exzellenzinitiative sind dies bisher
über 4 000, darunter viele mit langfristiger Perspek-
tive, zum Beispiel Tenure Track. Insgesamt ist das
hauptberufliche wissenschaftliche Personal an den
Hochschulen von 2005 bis 2011 um 29 Prozent auf
knapp 200 000 angewachsen. Die Förderung der „Ei-
genen Stelle“ bei der DFG wurde massiv aufgestockt,
Zuwächse gab es auch bei den Programmen „Emmy
Noether“ und „Heisenberg“. Die Anzahl der Nach-
wuchsgruppen bei der Fraunhofer-Gesellschaft, der
Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesell-
schaft und der Leibniz-Gemeinschaft wurden seit 2005
verdoppelt. Die Mittel für die Promotionsförderung
der Begabtenförderungswerke wurden seit 2005 um
56 Prozent angehoben.

Diese Bilanz kann sich wahrlich sehen lassen. Der
wissenschaftliche Nachwuchs an Hochschulen und au-
ßeruniversitären Forschungseinrichtungen leistet ei-
nen entscheidenden Beitrag zur Zukunftsfähigkeit
unseres Landes und zum Wohlstand kommender Gene-
rationen. Wir haben das nicht nur erkannt, sondern
unternehmen enorme Anstrengungen, um – soweit es
dem Bund möglich ist – bestmögliche Rahmenbedin-
gungen für die Nachwuchswissenschaftler zu schaffen.


Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1724412900

An diesem Mittwoch haben wir im Ausschuss für

Bildung und Forschung den Bundesbericht „Wissen-
schaftlicher Nachwuchs 2013“ vorgestellt bekommen –
von den verantwortlichen Autoren. Und wir hatten die
Gelegenheit, zu dieser umfangreichen und unabhängi-
gen Studie mit den Autoren zu sprechen. In dieser
Diskussion haben wir – über die bisherige Pressebe-
richterstattung hinaus – einige interessante Zusatz-
informationen und Einschätzungen erhalten.

Es ist an dieser Stelle nicht möglich, dem Umfang
der Debatte und der Fülle von Informationen und Er-
kenntnissen des Berichtes auch nur annäherungsweise
gerecht zu werden. Darum beschränke ich mich auf ei-
nige zentrale Ergebnisse.

Zunächst sollte festgehalten werden, dass Wissen-
schaft in Deutschland außerordentlich attraktiv ist. In
den letzten Jahren sind, insbesondere durch die Zu-
sammenarbeit von Bund und Ländern, enorm viele
Stellen in der Wissenschaft geschaffen worden. Auch
die Zahl der Juniorprofessuren steigt wieder an, die
Frauenanteile steigen, wenn auch noch nicht ausrei-
chend, die Internationalisierung nimmt zu und die Ar-

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Zu Protokoll ge

(C (D eitsmarktintegration von Wissenschaftlern ist außerrdentlich erfolgreich. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass wir uns icht nur auf die Schulter klopfen dürfen, sondern uns Bundestag der Probleme annehmen müssen. Mit Siherheit im Zentrum der Aufmerksamkeit – auch des edialen Interesses – steht die Feststellung, dass der rend zu Befristungen ungebrochen ist, sich sogar vertärkt hat. In Zahlen ausgedrückt ist der Anteil von 9 Prozent im letzten Bericht auf nun 90 Prozent angetiegen. Die Teilzeitquote ist von 38 auf 45 Prozent getiegen und die Drittmittelfinanzierung von 36 auf 3 Prozent. Die Befristungsquote ist eine eindeutige Bestätiung für unseren Vorschlag der Änderung des Wissenchaftszeitvertragsgesetzes, um dem Befristungsunween ein Ende zu setzen. Wir wollen dabei ganz und gar icht Befristungen gänzlich verbieten. Das wäre lsch, weil es der besonderen Dynamik und Charakte istik des Wissenschaftsbereiches widerspräche. Doch ie bestehenden Regelungen zur arbeitsrechtlichen efristung in der Wissenschaft werden, anders als bei er Gesetzesformulierung intendiert, vielerorts zu lasn der Nachwuchswissenschaftler ausgenutzt. Wir wollen darum in der Qualifizierungsphase wähnd der Promotion eine Betreuungsvereinbarung si herstellen, nach der Promotion nur noch in begrüneten Fällen Befristungen von unter 24 Monaten ulassen, die Befristungen aufgrund der überwiegenen Drittmittelfinanzierung mindestens an die Laufzeit er Drittmittelfinanzierung angleichen, dies auch für as nichtwissenschaftliche Personal gelten lassen, daüber hinaus Verbesserungen bei der Anrechnung von tudienbegleitend angefallenen befristeten Beschäftiungen formulieren sowie bei der Anrechnung von Elrn-, Betreuungsund Pflegezeiten helfen. Und wir wollen die Tarifsperre streichen. Wenn die issenschaft immer Autonomie einfordert, dann sollte as auch für die Tarifautonomie gelten! Wir sind – das habe ich bereits bei der Einbringung es Gesetzentwurfes im Plenum gesagt und bei der Aneratung gestern im Ausschuss wiederholt – nicht der uffassung, dass dieser Gesetzentwurf unveränderbar t. Wir hören uns gerne die Positionen und Verbesse ungsvorschläge der Sachverständigen, der anderen raktionen und auch der Länder an. Darum ist die biserige Haltung der Koalition von CDU/CSU und FDP mso enttäuschender, die das gesamte Anliegen einch vom Tisch wischt. Mit hanebüchenen Argumenn! Auch die Koalition, auch die Bundesregierung hat ie Handlungsnotwendigkeit eingeräumt. Und wenn ann aber einfach nur auf die Zuständigkeit der Läner und Hochschulen verwiesen wird, dann ist das ein lattes Ablenkungsmanöver: Alle müssen im Rahmen rer Möglichkeiten handeln – und der Bund hat eben iese, und sehr wichtige, Möglichkeit des Wissenchaftszeitvertragsgesetzes! Tankred Schipanski gebene Reden )





(A) )

Bemerkenswert ist die Aussage des Berichtes und
seiner Autoren, dass die Landeshochschulgesetze we-
nig differieren – und dann sogar selbst diese Differen-
zierungen in der Praxis kaum Wirkung entfalten. Da-
bei pochen die Länder doch immer darauf, dass sie
ihre spezifischen Wege einschlagen können. Doch Fö-
deralismus macht natürlich nur dann Sinn, wenn er-
kennbar ist, dass auf regional unterschiedliche Situa-
tionen unterschiedlich eingegangen wird – oder aber
neue Ideen erprobt werden, die geprüft und gegebe-
nenfalls anderswo übernommen werden können. So
– um es hart zu sagen – beschäftigen wir nur ein Heer
von Leuten, um unterschiedliche Detailregelungen zu
erdenken, umzusetzen und zu kontrollieren – ohne
Mehrwert, aber mit hohen Kosten und Chaos-Poten-
zial. Diese Frage müssen wir in den nächsten Jahren
intensiver untersuchen.

Leider ist die Grundlage für Aussagen über Erfolg
oder Misserfolg von hochschulspezifischen Regelun-
gen im Rahmen der Hochschulautonomie – auch hier
besteht weiterer Erkenntnisbedarf in künftigen Berich-
ten.

Klar ist dagegen geworden, dass die Karrierewege
von Absolventen der Fachhochschulen nicht durchläs-
sig genug sind. Diese Frage des Verhältnisses von Uni-
versitäten und Fachhochschulen, gerade vor dem Hin-
tergrund der Bologna-Reform, ist im Grunde weiterhin
in der Schwebe. Das verwundert nicht, da ja auch in-
nerhalb der Hochschulrektorenkonferenz, auch zwi-
schen Universitäten die Frage von Sinn und Unsinn
der Ausdifferenzierung hoch umstritten ist. In jedem
Fall müssen wir erreichen, dass die wissenschaftlichen
Karrierewege Absolventen der Fachhochschulen ge-
öffnet werden!

Ein letztes Thema will ich ansprechen: die Chan-
cengleichheit. Die Benachteiligung von Frauen habe
ich kurz erwähnt. Der Bericht weist darüber hinaus
vollkommen zurecht darauf hin, dass ja auch Benach-
teiligungen aufgrund regionaler, sozialer oder ethni-
scher Herkunft bestehen mögen, dass der kulturelle
oder religiöse Hintergrund eine Rolle spielen könnte
oder familiäre Belastungen, Krankheiten, Behinderun-
gen. Ich habe das Thema im Ausschuss nachgefragt,
aber die Autoren verweisen darauf, dass sie zu wenig
Daten haben, um dazu solide zu arbeiten. Auch das ist
eine wichtige Stelle – für die Chancengleichheit, für
die Gerechtigkeit, auch für die künftige Leistungsfä-
higkeit der Wissenschaft, mithin für die Zukunft unse-
rer Gesellschaft. Wir müssen mit den Autoren klären,
wie wir diesem Forschungsbedarf künftig nachkom-
men.

Insgesamt war die Entscheidung des Bundestages
richtig, einen solchen Bundesbericht „Wissenschaftli-
cher Nachwuchs“ unabhängig erstellen zu lassen. Er
regt uns zu politischen Konsequenzen an. Da Bundes-
regierung und Koalition sich dem verweigern, packen
wir es eben in der nächsten Legislaturperiode an.

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Zu Protokoll ge

(C (D Im Jahr 2009 beschloss der Deutsche Bundestag, ass die Bundesregierung in regelmäßigen Abständen nd mindestens einmal pro Legislaturperiode über die age des wissenschaftlichen Nachwuchses im Deutschnd informieren soll. Nun liegt uns seit April 2013 der undesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs vor, der omplett auf Basis wissenschaftlicher Unabhängigkeit rstellt wurde. Deshalb möchte ich an dieser Stelle dem erantwortlichen Konsortium aus Experten der Hochchulforschung für die Ausarbeitung dieses Berichts anken. Die Präsentation im Ausschuss hat gezeigt, dass ich der wissenschaftliche Nachwuchs in Deutschland einer sehr guten Situation befindet. Er wird nicht ur hervorragend ausgebildet, sondern ihm bieten sich uch wirklich gute Perspektiven. Die Ergebnisse sprehen eine deutliche Sprache. Unser wissenschaftliches ualifizierungssystem ist offen und von Vielfalt gerägt. In der wissenschaftlichen Qualifizierung sind nterbrechungen und Wiedereinstieg an der Tagesordung. Der Bundesbericht legt nahe, dass dem Großteil er Promovierten ein rascher Berufseinstieg gelingt. udem sind im Alter von 35 bis 45 Jahren etwa 95 Proent aller Promovierten jedweder Fachrichtung ererbstätig und erzielen zudem ein überdurchschnittch hohes Einkommen. Der Bundesbericht legt ferner ffen, dass sich auch in der Gleichstellung von Frauen Wissenschaftssystem signifikante Verbesserungen rgeben haben. Selbstverständlich können wir noch icht auf allen Ebenen des Wissenschaftssystems von iner faktischen Gleichstellung sprechen; jedoch zeien die Zahlen auf Basis des 16. Fortschrittsberichtes er Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz, GWK, zu rauen in der Wissenschaft eine positive Entwicklung. o ist der Anteil an den Promotionen von 2005 zu 2010 uf rund 44 Prozent gestiegen. Auch im Bereich der Inrnationalisierung an den Hochschulen zeigt sich ine positive Tendenz. Der Anteil von Ausländerinnen nd Ausländern an den Promotionen hat sich im Zeitaum von 2000 bis 2010 annähernd verdoppelt. Unter diesen positiven Entwicklungen möchte ich inen ersten Strich ziehen. Genaue Zahlen und detailerte Entwicklungen sind im Bundesbericht nachzuleen. Es zeigt aber, wie gut wir in Deutschland und wie ut diese christlich-liberale Koalition in den letzten ier Jahren gearbeitet hat. Das belegt der Bundesbeicht, der dem Bund bescheinigt, gemeinsam mit den ändern wichtige Akzente in der Nachwuchsförderung nd im Wissenschaftssystem gesetzt zu haben. Beipielsweise durch die Exzellenzinitiative, die Fördeung von Nachwuchsgruppen und die Einführung von uniorprofessuren oder Tenure-Track-Angeboten. der zu nennen sind der Hochschulpakt 2020 oder der ualitätspakt Lehre, die dem wissenschaftlichen achwuchs bessere Studienbedingungen und Karriereerspektiven eröffnet haben, indem sie die Hochschun dazu ertüchtigen, die steigenden Studierendenzahn zu stemmen. Wir unterstützen die Länder und onnten vor kurzer Zeit sogar die Aufstockung des Swen Schulz gebene Reden )

Dr. Martin Neumann (FDP):
Rede ID: ID1724413000




(A) )

Paktes in Form von weiteren 3,8 Milliarden Euro bis
zum Jahr 2018 sicherstellen.

Als christlich-liberale Koalition wollten wir aber
nicht nur über Behelfskrücken in die Hochschule wir-
ken, sondern durch eine Grundgesetzänderung in Art.
91 b eine dauerhafte Beteiligung des Bundes schaffen.
Denn wir wissen, dass gute Programme und erfolgrei-
che Maßnahmen Verstetigung brauchen, damit diese
erfolgreich fortgesetzt werden können. Bedauerlicher-
weise sperren sich SPD und Bündnis 90/Die Grünen
bis heute gegen eine solche Grundgesetzänderung –
aufgrund kleiner parteipolitischer Münze, weil man
eben nicht an einem Fortschritt im Wissenschaftssys-
tem interessiert ist, sondern lediglich bereits auf den
Wahlkampf schielt.

Neben der Grundgesetzänderung haben wir weitere
Programme und Fördermaßnahmen weiterentwickelt
und angestoßen. So haben wir durch stetige Impulse
und Gespräche mit den Forschungseinrichtungen
erreicht, dass 2011 die Allianz der Forschungseinrich-
tungen sich zu ihrer Verantwortung für die Nachwuchs-
förderung bekannt hat und beispielsweise Leitlinien in
den Organisationen entwickelt wurden. Des Weiteren
haben wir mit den Ländern das erfolgreiche Professo-
rinnenprogramm verlängert, sodass die nächsten fünf
Jahre etwa 250 Professorinnenstellen an Hochschulen
geschaffen werden. Wir haben zudem in die Begabten-
förderung investiert. Wurden 2005 „nur“ 16 404 Sti-
pendien vergeben, sind es in 2012 etwa 43 500 Stipen-
dien gewesen.

Die christlich-liberale Koalition hat ihre Verant-
wortung für den wissenschaftlichen Nachwuchs wahr-
genommen. Und wir werden auch zukünftig diese Ver-
antwortung wahrnehmen und in die Förderung des
wissenschaftlichen Nachwuchses investieren.


Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724413100

Der Bundestag befasst sich seit langem auch auf

Initiative der Linken hin mit den Arbeitsbedingungen
für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler; er hat
dazu mehrere Anhörungen und unzählige Debatten
durchgeführt. Wir haben auf den Gegensatz zwischen
den „exzellenten“ Aushängeschildern, die im gleich-
namigen Wettbewerb gekürt worden sind, und den
schlechten Perspektiven der vielen Promovierenden
und Promovierten hingewiesen.

Auch die Debatte um die finanziell aufwendige An-
werbung von Spitzenwissenschaftlerinnen und -wis-
senschaftlern aus dem Ausland stand in einem starken
Gegensatz zu den Bedingungen für den eigenen Nach-
wuchs. Dies haben wir immer wieder deutlich ge-
macht.

Am Wissenschaftszeitvertragsgesetz übten 2007 ne-
ben uns Linken nur die Grünen noch Kritik.

Der erste Bundesbericht zur Förderung des wissen-
schaftlichen Nachwuchses war 2008 eine Initialzün-
dung für eine neue Richtung der Debatten um prekäre
Beschäftigung in der Wissenschaft. Der Bericht zeigte

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Zu Protokoll ge

(C (D seinen Zahlen das dramatisch gestiegene Ungleichewicht zwischen den wenigen selbstständig und unbeistet tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftrn und der übergroßen Mehrheit derjenigen, die auf efristeten, zumeist noch geteilten Stellen weisungsgeunden forschen und lehren. Gemeinsam mit der GEW, mit Verdi und anderen kteuren haben wir seitdem immer wieder auf die trukturell schlechten Bedingungen für Wissenschaftrinnen und Wissenschaftler unterhalb der Professur ingewiesen und Lösungen vorgeschlagen. Zudem äuerten auch Akteure aus dem Wissenschaftssystem wie twa der Wissenschaftsrat ihre Bedenken, ob eine solhe Personalstruktur zukunftsfähig sei. Das Templiner Manifest der GEW bildete 2010 eien weiteren Meilenstein in der Debatte und formuerte ein mittlerweile 10 000-fach unterzeichnetes rogramm für Gute Arbeit in der Wissenschaft. Die undesregierung und die schwarz-gelbe Koalition haen die Debatten weitgehend ungerührt gelassen. ymptomatisch für dieses Wegsehen ist die Äußerung ines Unionsabgeordneten, der im Forschungsauschuss sagte: „Von prekärer Beschäftigung kann hier eine Rede sein, schließlich handelt es sich um exzelnte Spitzenwissenschaftler.“ Weder will die Koalition das Sonderbefristungs cht in der Wissenschaft reformieren und begrenzen, och gehen sie neue Förderprogramme an. In der Reel wird auf die Personalhoheit von Ländern und ochschulen verwiesen. In der außeruniversitären orschung gibt es immerhin einige positive Entwickngen, auch bei der DFG. Der neue Bundesbericht zeigt die Ausmaße des Pro lems. In allen Bundesländern gibt es einen klaren rend: mehr Befristung, kürzere Befristung, mehr Teileit, mehr Drittmittelfinanzierung. Es handelt sich icht um das Phänomen einzelner Regionen, sondern anz klar des gesamten Wissenschaftssystems. Auch ie einzelnen Hochschulgesetze spielen laut des akellen BuWiN eine untergeordnete Rolle. Entschei end ist der Trend der Verbetriebswirtschaftlichung er Hochschulen, die noch dazu auf eine stagnierende rundfinanzierung trifft. Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaft r werden kurz befristet, um „Beinfreiheit“ in den aushalten zu haben. Dies soll dem Leitbild der „unrnehmerischen Hochschulen“ entsprechen. Doch hlt diesen oftmals die Kompetenz zu einer nachhaltien Personalplanung, wie sie zu gut geführten Unterehmen gehört. 90 Prozent der angestellten Wissenschaftlerinnen nd Wissenschaftler arbeiten auf befristeten Verträen, 45 Prozent in Teilzeit, über ein Drittel auf Drittittelstellen. Professorinnen und Professoren, die igentlich die alleinige Vertretungshoheit für die Wisenschaft haben, sind eine Randgruppe geworden und achen weniger als 10 Prozent des wissenschaftlichen ersonals aus. Dr. Martin Neumann gebene Reden )





(A) )

Diese Ausweitung zu einem riesigen prekären Sek-
tor in Wissenschaft und Forschung trägt nicht zur Effi-
zienz bei. Professor Teichler vom INCHER-Institut
Kassel bestätigte uns im Ausschuss, dass große „Hof-
staaten“ von Assistenzstellen an Lehrstühlen auch
nicht mehr Output generieren als mehr Professorinnen
und Professoren mit weniger Ausstattung.

Mit den angeblich „exzellenten“ Finanzierungmo-
dellen ist eben auch die ganze Personalstruktur in
Deutschland aus der Balance geraten.

Nach der Promotion bis zur Professur existiert ein
unübersichtlicher Bereich der Chancen und des mas-
senhaften Ausstiegs aus der Wissenschaft – mit viel-
fältigsten Personalkategorien, Beschäftigungsbedin-
gungen, Gehaltsstufen und Aufgabenprofilen. Auf die
jährlich frei werdenden lediglich 700 Professuren
kommen 3 000 adäquat qualifizierte Bewerbungen.
Für mehr als 2 000 dieser speziell höchstqualifizierten
Fachleute ist dann Schluss.

Dass es so nicht weitergehen kann, darüber sind
sich inzwischen eigentlich alle einig – sogar die Bun-
desregierung schreibt in ihrer Stellungnahme, es solle
bessere Perspektiven für die Karriereverläufe geben.
Kein Unternehmen würde sich einen derartigen Ver-
schleiß an Personal leisten, wie dies unsere Wissen-
schaft derzeit tut.

Wir müssen die Strukturen und Rahmenbedingun-
gen dringend ändern, damit die Hochschulen und Wis-
senschaftseinrichtungen die Möglichkeit für eine
nachhaltige Personalpolitik bekommen.

Zwei Dinge kann die Bundesregierung in diesem
Sinne schnell auf den Weg bringen und damit das
ganze Klima in unseren Wissenschaftseinrichtungen
verändern: erstens eine Änderung des Wissenschafts-
zeitvertragsgesetzes, wie sie die Opposition, aber
auch einzelne Bundesländer fordern. Die zweite Maß-
nahme wäre ein Bund-Länder-Programm für jährlich
5 000 unbefristete Stellen in der Wissenschaft, wie dies
wir Linke und die GEW vorgeschlagen haben. Wenn
die Einrichtung einer Stelle mit Tenure Track und Op-
tion auf die unbefristete Einstellung für zwei Jahre mit
je 10 000 Euro gefördert würde, entstünde ein echter
Anreiz für die Hochschulen. Das Programm nach dem
Vorbild des Professorinnenprogramms wäre mit
100 Millionen Euro jährlich auch finanziell machbar.
Ein Euro-Hawk-Desaster weniger, und das Programm
ist für fünf Jahre ausfinanziert. Wir wollen es absicht-
lich nicht auf eine bestimmte Personalkategorie ein-
schränken, um den unterschiedlichen Bedingungen in
den Ländern gerecht zu werden. Das wäre ein echter
Bottom-up-Ansatz.

Der aktuelle Bundesbericht zum wissenschaftlichen
Nachwuchs zeigt dramatischen Handlungsbedarf an.
Deshalb ist es an der Zeit, dass der Bund endlich han-
delt.

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(C (D Vor kurzem haben wir den zweiten Bundesbericht um wissenschaftlichen Nachwuchs erhalten, zu dem ie Bundesregierung inzwischen auch offiziell Stellung enommen hat. Die Detaildaten dieses Berichts werden die wissenchaftspolitischen Diskussionen sicherlich noch bis eit in die nächste Legislaturperiode hinein bereihern. Die Kernaussagen sind allerdings hinlänglich ekannt: Die Perspektiven des wissenschaftlichen achwuchses sind hochgradig unsicher. Inzwischen ind sogar 90 Prozent der Arbeitsverträge für wissenchaftliche Mitarbeiter befristet, die Hälfte davon mit aufzeiten von unter einem Jahr. Gestandene Wissenchaftlerinnen und Wissenschaftler werden bis ins nfte Lebensjahrzehnt als Nachwuchs behandelt und aben kaum Möglichkeiten für selbstständige Forchung und Lehre. Der Bundesbericht bestätigt all iese Fakten über das ausufernde Befristungsunwesen Wissenschaftsbereich und die mangelnde Planbareit wissenschaftlicher Karrieren, die wir in diesem aus schon seit einigen Jahren diskutieren. Auch die undesregierung kann und will diese ernst zu nehmenen Probleme inzwischen nicht mehr länger leugnen. as ist schon einmal ein gewisser Fortschritt. Der Erkenntniszugewinn ist aber leider auch schon er einzige Pluspunkt, der sich aus der Stellungnahme er Bundesregierung ergibt. Statt zu fragen, welchen nteil auch die Bundespolitik an den unsicheren Perpektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses hat, eschränkt sich die Bundesregierung auf Schuldzuweiungen an die Hochschulen und die Bundesländer. andlungsbedarf sieht die Bundesregierung nur bei en anderen. Dabei tragen zum Beispiel die begrenzn Kooperationsmöglichkeiten der Verfassung auch azu bei, dass Unsicherheiten und Risiken einseitig auf ie wissenschaftlichen Mitarbeiter abgewälzt werden. Gegensatz zu den außeruniversitären Forschungsinrichtungen erreichen Bundesmittel die Universitän nur als Drittoder Projektmittel, deren Quote geenüber der Grundfinanzierung stark gestiegen ist. uch der Hochschulpakt ist projektförmig finanziert nd bietet keinerlei längerfristige Planungssicherheit. as Wissenschaftszeitvertragsgesetz hat ebenfalls zur usweitung von kurzzeitigen Befristungen beigetraen. Das sind die Rahmenbedingungen, innerhalb den die Personalpolitik der Hochschulen stattfindet. Selbstverständlich sind die Hochschulen und Läner gefordert, ihre Möglichkeiten auszuschöpfen, um as überbordende Befristungsunwesen einzudämmen nd dem Nachwuchs verlässlichere Karrierewege zu ieten. Das entlastet aber nicht den Bund davon, selbst uch tätig zu werden. Von einer Stellungnahme des undes und von Lösungsvorschlägen des Bundes erarte ich mir, dass der Bund zuallererst seine eigenen andlungsmöglichkeiten nennt und wahrnimmt. Dies ber sucht man in der Stellungnahme vergeblich. Vielehr will sich die Bundesregierung ausdrücklich auf ie intensive Beobachtung und Kommentierung des Dr. Petra Sitte gebene Reden )

Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724413200




(A) )

Geschehens beschränken. Statler und Waldorf aus der
Muppet Show lassen grüßen.

Selbstverständlich kann die Bundesregierung ihren
Teil dazu beitragen, die Situation des Nachwuchses zu
verbessern. An erster Stelle muss hier auf das Wissen-
schaftszeitvertragsgesetz verwiesen werden. Seit der
Ausweitung der Befristungsmöglichkeiten 2007 ist der
Anteil der befristeten Beschäftigung massiv gewach-
sen. Es ist scheinheilig, hier nur auf die Hochschulen
als Arbeitgeber zu zeigen, die das Gesetz nicht richtig
handhaben würden. Wenn ein Gesetz andere Effekte
hat als beabsichtigt und erwartet, dann ist es an der
Zeit, das Gesetz zu verändern – anstatt die Nutznießer
dieses Gesetzes dafür an den Pranger zu stellen, dass
sie die Möglichkeiten des Gesetzes ausschöpfen. Nie-
mand bezweifelt, dass Befristungen im Wissenschafts-
bereich sinnvoll und notwendig sind. Über Jahrzehnte
hinweg kamen auf eine feste Stelle drei unbefristete.
Wenn aber jetzt auf jede feste Stelle neun befristete
kommen, dann muss das Verhältnis zwischen bere-
chenbaren Karrierewegen und notwendiger perma-
nenter Erneuerung eines innovativen Wissenschafts-
systems wieder ins Lot gebracht werden.

Wir wollen, dass die befristeten Arbeitsverträge in
der Regel mindestens über zwei Jahre laufen, die Lauf-
zeiten der Verträge nicht unter den Bewilligungszeit-
räumen von Drittmittelprojekten liegen und dass die
Tarifsperre aufgehoben wird. Ausnahmen im Interesse
der Betroffenen sollten ausdrücklich begründet werden
müssen. Durch einen Vorrang der qualifikationsbe-
dingten Befristung gegenüber der Drittmittelbefris-
tung wollen wir sicherstellen, dass möglichst viele
junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen
Rechtsanspruch auf Vertragsverlängerung bei Mutter-
schutz-, Eltern-, Pflege- oder Mitbestimmungszeiten
haben.

Der Bund könnte sich aber auch ein Beispiel an der
Deutschen Forschungsgemeinschaft nehmen und mehr
Verantwortung in seiner Funktion als Drittmittelgeber
übernehmen. Mehr als zwanzig Prozent der Drittmit-
tel, die an die Hochschulen gehen, stammen aus der
Projektförderung des Bundes. Damit ist er nach der
DFG der zweitwichtigste Drittmittelgeber. Die DFG
hat inzwischen eine Vielzahl von Regelungen, die eine
flexible Drittmittelbewirtschaftung zugunsten bere-
chenbarerer Karriereperspektiven ermöglichen: Zwi-
schenfinanzierung von Haushaltsstellen, Finanzierung
der eigenen Stelle, Bewilligung von Fonds zur Finan-
zierung von Elternzeitvertretungen, personenbezogene
Nachbewilligungsmöglichkeiten bei Vertragsverlänge-
rungen im Zuge von Familienpflichten. Warum über-
nimmt der Bund nicht solche Elemente in seine Pro-
jektfinanzierung?

Last, but not least könnte der Bund zum Beispiel bei
der gemeinsamen Forschungsförderung die Länder
entlasten, damit diese im Gegenzug die Grundfinanzie-
rung der Hochschulen verbessern. Auch das wäre ein
wichtiger Schritt, der zeigen würde, dass die Bundes-
regierung die Situation des wissenschaftlichen Nach-

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(C (D uchses tatsächlich ernst nimmt. Aber die Länder zu eschimpfen, weil sie die Hochschulen nicht stärker nterstützen, und gleichzeitig den Ländern durch uninnige Steuergeschenke wie die Mövenpick-Steuer das eld aus der Tasche zu ziehen, ist billig und wohlfeil. ast eine halbe Milliarde höhere Steuereinnahmen ätten allein die Länder im Jahr 2013, wenn es die Holsubventionierung nicht gäbe – Geld, das für den usbau der Bildungsinfrastrukturen jedes Jahr aufs eue dringend fehlt. Verlässlichere Perspektiven für den wissenschaftlihen Nachwuchs gibt es nur, wenn Bund, Länder, ochschulen und außeruniversitäre Forschungsein ichtungen gemeinsam diese Aufgabe angehen. Nur it dem Finger auf andere zu zeigen, hilft nicht weiter. nträge und Stellungnahmen, die ausschließlich chuldzuweisungen an andere enthalten, passen vielicht zum Wahlkampf. Dem Nachwuchs helfen sie icht. D Deutschland gehört zu den leistungsstärksten und novativsten Gesellschaften der Welt. Einen ganz we entlichen Anteil daran haben Wissenschaft und Forchung. Damit dies so bleibt, braucht Deutschland ervorragend ausgebildeten wissenschaftlichen Nachuchs. Der kürzlich veröffentlichte Bundesbericht issenschaftlicher Nachwuchs bestätigt, dass dies in eutschland grundsätzlich der Fall ist und dass der issenschaftliche Nachwuchs in Deutschland gute arriereperspektiven hat. Lassen Sie mich dies an eiigen Beispielen darlegen: Erstens. Das Qualifizierungssystem in Deutschland eichnet sich durch Offenheit und Vielfalt aus. Es eröglicht Unterbrechungen und Wiedereinstiege. Zweitens. Der ganz überwiegenden Mehrheit der romovierten gelingt nach der Promotion ein zügiger erufseinstieg. Im Alter von 35 bis 45 Jahren sind Proovierte in allen Fachgruppen nahezu vollständig ererbstätig. Zudem erzielen sie ein überdurchschnittlihes Einkommen. Im Bericht wird dies als Beleg für ie Anerkennung der Promotion auf dem Arbeitsmarkt nd ihre Attraktivität für viele berufliche Karrieren inrpretiert. Drittens. Die Situation von Frauen im Wissenchaftssystem hat sich signifikant verbessert. Zwischen 000 und 2010 sind die Frauenanteile in allen unteruchten Stufen der wissenschaftlichen Qualifizierung nd Karriere gestiegen. Besonders hervorzuheben ist er Gleichstellungsfortschritt bei den Juniorprofessun. Das Geschlechterverhältnis von Frauen zu Män ern lag dort 2010 bei 37 zu 63 Prozent und übertrifft amit den Frauenanteil bei den Habilitationen, 5 Prozent, deutlich. Viertens. Die zahlreichen Internationalisierungsaßnahmen der Bundesregierung, des Deutschen Akaemischen Austauschdienstes und der Alexander-von Krista Sager gebene Reden )

Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1724413300




(A) )

Humboldt-Stiftung im Bereich des wissenschaftlichen
Nachwuchses tragen Früchte. So konnte beispiels-
weise der Anteil von Ausländerinnen und Ausländern
an den Promotionen von 7,5 Prozent im Jahr 2000 auf
14,9 Prozent im Jahr 2010 nahezu verdoppelt werden.

Zu diesen positiven Entwicklungen tragen die Akti-
vitäten der Bundesregierung – die vielfach gemeinsam
mit den Ländern durchgeführt werden – ganz maßgeb-
lich bei. Die großen Initiativen, die der Bund gemein-
sam mit den Ländern finanziert, und hier insbesondere
die Exzellenzinitiative und der Pakt für Forschung und
Innovation, befördern strukturelle Veränderungen und
eröffnen die Chance, neue Qualifizierungsmöglichkei-
ten zu schaffen. Dazu gehören beispielsweise die Ein-
richtung von Nachwuchsgruppen, Juniorprofessuren
und Tenure-Track-Angeboten.

Darüber hinaus unterstützt der Bund den wissen-
schaftlichen Nachwuchs durch seine Programm- und
Projektförderung einschließlich der internationalen
Mobilität. Genannt seien hier beispielsweise das er-
folgreiche Professorinnen-Programm, das von Bund
und Ländern Anfang 2013 verlängert wurde, die Fi-
nanzierung der Programme des Deutschen Akademi-
schen Austauschdienstes und der Alexander-von-
Humboldt-Stiftung zur internationalen Qualifizierung
des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie der mas-
sive Ausbau der Begabtenförderung.

Der Bund trägt entschieden dazu bei, dass Hoch-
schulen und Forschungseinrichtungen verstärkt Ver-
antwortung für den wissenschaftlichen Nachwuchs
übernehmen. Die Allianz der Wissenschaftsorganisati-
onen hat sich auf Initiative des BMBF Ende 2011 zu ih-
rer Verantwortung für die Nachwuchsförderung be-
kannt, bessere Planbarkeit und Transparenz
wissenschaftlicher Karrierewege zu befördern. Zahl-
reiche außeruniversitäre Forschungseinrichtungen
und die Hochschulrektorenkonferenz haben inzwi-
schen konkretisierende Empfehlungen für verbesserte
Arbeitsbedingungen und Karriereperspektiven verab-
schiedet bzw. haben die Beratung darüber aufgenom-
men.

Nicht zuletzt fördert die Bundesregierung die Da-
tenerhebung und die Forschung zum wissenschaftli-
chen Nachwuchs. Dass dies essenziell ist, zeigt ein
ganzes Kapitel im Bericht, das sich den Daten- und
Forschungsdefiziten widmet. Zum ersten Mal hat ein
wissenschaftliches Konsortium den Bundesbericht
Wissenschaftlicher Nachwuchs als unabhängigen wis-
senschaftlichen Bericht erstellt. Hochschulen und
Hochschulpolitik in Bund und Ländern benötigen ein
solches unabhängiges, wissenschaftlich fundiertes
Monitoring. Dafür wurde mit dem Bericht der Grund-
stein gelegt.

Nach wie vor gibt es zentrale Herausforderungen,
vor denen die jungen Wissenschaftlerinnen und Wis-
senschaftler in Deutschland stehen und für die wir Lö-
sungen finden müssen. Dies möchte ich an dieser Stelle
nicht verschweigen. Es gibt im Anschluss an die in der

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Zu Protokoll ge

(C (D egel befristeten Qualifikationsstellen weiterhin so ut wie keine regulären Positionen für selbstständig rschende und lehrende Wissenschaftlerinnen und issenschaftler neben der Professur sowie kaum dau rhafte Funktionsstellen zum Beispiel im Bereich Forchungsmanagement und Personalentwicklung. Mit er gewachsenen Zahl an Nachwuchswissenschaftleinnen und Nachwuchswissenschaftlern ist zudem kein ergleichbarer Aufwuchs bei den Professuren einheregangen. Außerdem ist ein Wechsel in Bereiche auerhalb der Wissenschaft in der hase offenbar nach wie vor schwer. Der wissenschaftliche Nachwuchs braucht planba re, verlässlichere und transparentere Karrierewege. efordert sind hier in erster Linie die Hochschulen nd die Länder, die für die Personalstruktur an Hochchulen zuständig sind. Die Bundesregierung fordert aher die Hochschulrektorenkonferenz auf, einen Orintierungsrahmen zu entwickeln, der mit Blick auf eine nktionsdifferenzierte Personalstruktur Eckdaten für ransparenz und Planbarkeit der Karrierewege setzt nd gleichwohl Spielraum für die Vielfalt der hochchulspezifischen Ansätze lässt. Außerdem fordert die undesregierung die Länder auf, für eine angemesene Grundausstattung zu sorgen und zu überprüfen, wieweit das Verhältnis befristeter und unbefristeter tellen an den Hochschulen verändert werden muss nd Tenure-Track-Modelle weiter ausgebaut werden ollten. Die Hochschulen und außeruniversitären Forchungseinrichtungen müssen darüber hinaus dauerafte Strukturen für Personalberatung und Personalenticklung an den Hochschulen und außeruniversitären inrichtungen schaffen. Die Karriereplanung der achwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswis enschaftler ist genuine strategische Aufgabe der Leingen dieser Einrichtungen. Die sollten auch die Län er als die für die Hochschulen Verantwortlichen erstärkt einfordern. Mit Blick auf den hohen Anteil befristet beschäftigr Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchsissenschaftler an den Hochschulen schießen die ppositionsforderungen nach einer Änderung des issenschaftszeitvertragsgesetzes über das Ziel hi aus. Starre Regeln würden nur zu Ausweichstrategien er Hochschulen führen oder sogar Anstellungen verindern. Außerdem ist die Befristung für die Qualifikaonsphase hinsichtlich der Ausbildungsfunktion der ochschulen essenziell. Denn auch nachfolgende Geerationen junger Menschen müssen die Möglichkeit iner wissenschaftlichen Qualifizierung haben. Der usgebildete wissenschaftliche Nachwuchs rutscht ach Ende des Vertrags nicht ins vermeintliche Prekaiat ab. Die Handhabung des Wissenschaftszeitvertragsgeetzes muss dennoch aus ureigenem Interesse der issenschaft, um nämlich die Besten zu halten oder zu ewinnen, verbessert werden. Aus Sicht der Bundesreierung sollten sich Vertragslaufzeiten in der Qualifi Parl. Staatssekretär Dr. Helge Braun gebene Reden Parl. Staatssekretär Dr. Helge Braun )








(A) )

kationsphase an dem für eine wissenschaftliche Quali-
fizierung erforderlichen Zeitbedarf orientieren und
bei Befristungen wegen Drittmittelfinanzierung am
Zeitraum der Mittelbewilligung. Die Arbeitgeber des
wissenschaftlichen Personals sind aufgefordert, ihre
Personalverantwortung verantwortungsvoller wahr-
zunehmen. Im Zuge des vom BMBF initiierten Diskus-
sionsprozesses in den Allianzorganisationen sind in der
Hochschulrektorenkonferenz und den außeruniversitä-
ren Forschungseinrichtungen bereits Empfehlungen
für diesen Bereich erarbeitet worden, die jetzt umge-
setzt und öffentlich nachvollziehbar dokumentiert wer-
den müssen. Der Bund wird die Entwicklung nicht nur
weiter beobachten, sondern auch überprüfen, ob die
von den Hochschulen und Forschungseinrichtungen
ergriffenen Maßnahmen Wirkung entfalten.

In der Postdoc-Phase sind mehr Mobilität und grö-
ßere Durchlässigkeit zwischen dem Arbeitgeber Wis-
senschaft und anderen Beschäftigungsfeldern erfor-
derlich. Berufe außerhalb der Wissenschaft müssen
auch für Postdocs zur attraktiven Selbstverständlich-
keit werden. Hier scheint ein Mentalitätswechsel not-
wendig: Eine Karriere außerhalb der Wissenschaft ist
keine Karriere zweiter Klasse. Dies gilt gerade in ei-
ner Zeit, in der die Bedeutung wissenschaftlicher Er-
kenntnisse für Wirtschaft und Gesellschaft stetig zu-
nimmt.

Nach wie vor wissen wir zu wenig über die Situation
des wissenschaftlichen Nachwuchses. Nach wie vor
wissen wir beispielsweise nicht zuverlässig, wie viel
Personen in Deutschland promovieren, wie viele
Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswis-
senschaftler sich in der Postdoc-Phase befinden oder
wie die Karriereverläufe aussehen. Belastbare Infor-
mationen hierzu sind jedoch eine zentrale Vorausset-
zung für eine empirisch fundierte Steuerung der poli-
tischen Administration. Daher wird die Bundesregie-
rung – in Abstimmung mit den Ländern und den Hoch-
schulen – zügig eine breit gefächerte und kohärente
Datengewinnungs- und Forschungsstrategie entwi-
ckeln.

Wenn wir es schaffen, angesichts der Herausforde-
rungen, vor denen junge Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler in Deutschland heute noch vielfach
stehen, zügig Verbesserungen herbeizuführen, werden
wir auch weiterhin im internationalen Wettbewerb her-
vorragend aufgestellt sein. Die Bundesregierung wird
ihren Beitrag dazu leisten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724413400

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/13670 an den Ausschuss für Bildung,
Forschung und Technikfolgenabschätzung vorgeschla-
gen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 auf:

– Zweite und dritte Beratung des von der Frak-
tion der SPD eingebrachten Entwurfs eines …

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(C (D Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes – Drucksache 17/56 – – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Memet Kilic, Josef Philip Winkler, Markus Kurth, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der sozialen Situation von Menschen, die ohne Aufenthaltsstatus in Deutschland leben – Drucksache 17/6167 – Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 17/13157 – Berichterstattung: Abgeordnete Reinhard Grindel Rüdiger Veit Serkan Tören Ulla Jelpke Memet Kilic Die Reden gehen zu Protokoll. In den beiden uns heute vorliegenden Gesetz ntwürfen der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündis 90/Die Grünen geht es im Wesentlichen darum, die eldepflichten öffentlicher Stellen gegenüber den usländerbehörden gemäß § 87 Aufenthaltsgesetz einuschränken und die humanitär motivierte Beihilfe um illegalen Aufenthalt straffrei zu stellen. Ferner nthält der Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen Regelungen zur Umsetzung der EU-Sankonsrichtlinie. Die Debatte, die wir zu diesen beiden Gesetzentürfen heute in zweiter und dritter Lesung führen, ist ufgrund der mit dem Richtlinienumsetzungsgesetz 011 bereits vorgenommenen Umsetzung inzwischen eitgehend überholt. So wurde die in § 59 Abs. Satz 2 Aufenthaltsgesetz eregelte Ausreisefrist im Interesse der Opfer von enschenhandel und illegaler Beschäftigung auf min estens drei Monate verlängert, um diesen Menschen usreichend Bedenkund Stabilisierungszeit zu geährleisten. § 62 a Abs. 4 Aufenthaltsgesetz wurde dahin gehend räzisiert, dass Mitarbeitern von einschlägig tätigen ilfsorganisationen der Besuch von Abschiebungsgengenen nun im Regelfall gestattet werden soll, unter er Voraussetzung, dass der Gefangene dies wünscht. uf die bisherige Kannregelung wird verzichtet. Was die Meldepflichten anbelangt, so wurden diese benfalls bereits durch das Richtlinienumsetzungsgeetz 2011 eingeschränkt. Um Kindern den Besuch öfntlicher Schulen und Einrichtungen zu ermöglichen nd ihren Eltern die Furcht vor Entdeckung zu neh )

Helmut Brandt (CDU):
Rede ID: ID1724413500

(A) )

men, wurden öffentliche Schulen von den bislang un-
eingeschränkt bestehenden aufenthaltsrechtlichen
Übermittlungspflichten gegenüber Ausländerbehörden
ausgenommen. Das ist auch gut und richtig so. Den
Nachteil, den Kinder besonders in frühen Jahren da-
durch erleiden, monatelang nicht zur Schule gehen zu
können, holen sie später nie wieder auf. Diese Kinder
können aber gar nichts für die Situation ihrer Eltern.
Deshalb wollen wir diesen Kindern die gleichen Chan-
cen einräumen wie anderen Kindern auch.

Für weitere Einschränkungen der Meldepflichten
sehe ich jedoch keine Veranlassung. Denn eines
möchte ich an dieser Stelle gerne einmal klarstellen:
Wir unterhalten uns hier über Menschen, die sich ille-
gal in Deutschland aufhalten. Die Personen, um die es
hier geht, sind grundsätzlich allesamt ausreisepflich-
tig. Dieser Umstand bleibt meiner Meinung nach in
der Diskussion um die Einschränkung von Melde-
pflichten allzu häufig unbeachtet.

Ich räume gerne ein, dass die Situation der in
Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer
ohne gültige Papiere für diese sehr schwierig und un-
befriedigend ist. Richtig ist auch, dass auch sich in
Deutschland illegal aufhaltende Menschen das Recht
auf eine menschenwürdige Behandlung und damit ei-
nen Anspruch auf eine Mindestversorgung haben. Des-
halb haben wir, wie eben bereits gesagt, die Schulen
von der Übermittlungspflicht ausgenommen. Deshalb
haben wir für den Ausnahmefall der Notfallbehand-
lung durch die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften
zum Aufenthaltsgesetz eine Verbesserung erreicht.

Wir sollten aber nicht vergessen, dass die meisten
Illegalen aus wirtschaftlichen Gründen hierherkom-
men. Auch sie haben einen Anspruch auf medizinische
Versorgung; das ist unumstritten. Deshalb kann sich
jeder – auch sich hier illegal aufhaltende Menschen –
bei einem Arzt behandeln lassen, und er muss dabei
keine Angst haben, entdeckt zu werden. Aber wenn es
sich nicht um einen Notfall handelt, muss er dies auf
eigene Rechnung tun. Ich finde das auch richtig so. Es
ist doch nicht die Aufgabe eines Sozialstaates, Illegali-
tät zu unterstützen. Denn genau das wäre die Konse-
quenz Ihrer Vorschläge.

Die von Ihnen geforderte generelle Abschaffung der
Meldepflichten würde zu einer Art Parallelwelt führen,
in der diese Menschen zum Arzt gehen könnten, ohne
gemeldet zu sein, in der sie ihre Kinder zur Schule
schicken könnten, ohne gemeldet zu sein, und in der sie
arbeiten gehen könnten, ohne gemeldet zu sein. Ihr Le-
ben würde sich im Grunde nur noch wenig von dem der
sich rechtmäßig in der Bundesrepublik aufhaltenden
Ausländerinnen und Ausländern unterscheiden. Von
dem Pull-Effekt, den solch eine Regelung nach sich
ziehen würde, ganz zu schweigen, käme Ihre Forde-
rung einer Art Legalisierung des Illegalen gleich und
das können wir in einem Rechtsstaat nicht dulden.
Denn das hieße, dass der Ehrliche der Dumme ist.

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(C (D Das ist nicht nur ungerecht denen gegenüber, die eien Aufenthaltsstatus haben und mit Recht hier sind; s würde vor allem die grundsätzlich vorhandene Interationsbereitschaft unserer Bevölkerung überstrapaieren. Nicht zuletzt wäre es das völlig falsche Signal egenüber Menschen, die sich illegal aufhalten. Es äre das Signal „Ihr habt keinen gesetzlichen An pruch zu bleiben, aber irgendwie wird es schon geen.“ Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen von der PD und von Bündnis 90/Die Grünen: Es geht eben icht irgendwie. – Daran ist auch nichts inhuman, wie s uns von Ihrer Seite aus immer wieder unterstellt ird. Als wir vor einigen Wochen einen starken Zustrom on Flüchtlingen aus Serbien und Mazedonien erlebt aben, waren die Aufnahmelager in mehreren Bundesndern überfüllt und die zur Verfügung stehenden Ka azitäten erschöpft. Es waren gerade die SPD-geführn Kommunen, die Alarm geschlagen haben und ignalisiert haben, dass sie mit diesem Andrang überrdert seien. Vor dem Hintergrund der finanziellen nd wirtschaftlichen Probleme, insbesondere in den üdlichen Staaten Europas, und vor dem Hintergrund iner Vielzahl an bewaffneten Konflikten auf dieser elt ist damit zu rechnen, dass die Anzahl an Flüchtngen, darunter viele Wirtschaftsflüchtlinge, in den ächsten Jahren eher noch zunehmen wird. Ich bin eshalb überrascht, dass Sie in Ihren Anträgen und esetzesentwürfen im Bereich der Ausländerpolitik mer noch nach mehr schreien und damit das Signal etzen: Kommt alle her; irgendwie schaffen wir das chon. – Ihre Politik geht damit an politischen und geellschaftlichen Realitäten vorbei. Überdies finde ich sie inhuman. Denn wer sich unrlaubt in Deutschland aufhält, hat dieses Land zu verssen. Mit diesem Grundsatz steht Deutschland kei eswegs allein da, sondern dieses sich aus unserer erfassung ergebende Prinzip hat sich jedes Land auf ieser Welt zu eigen gemacht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, CDU/CSU und DP haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Erichterungen und Verbesserungen für hier lebende usländer erreicht. Wir haben zum Zwecke der Areitsaufnahme die Residenzpflicht gelockert. Wir haen ein ganzes Paket an Maßnahmen im Rahmen des esetzes zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtnien der Europäischen Union und zur Anpassung naonaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex umesetzt. Mit ihren Vorstößen versuchen SPD und ündnis 90/Die Grünen letztlich, einen im Arbeitsnd Sozialrecht unerlaubten Aufenthalt materiell abusichern und zu legalisieren. Das können und das ollen wir nicht umsetzen. In den vergangenen nunmehr rund 15 Jahren, in de en wir um die Verbesserung der humanitären Situaon von Menschen ohne Papiere gerungen haben, hat ich doch einiges getan. Immer schon ging es um drei Helmut Brandt gebene Reden )

Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1724413600




(A) )

Problembereiche: die gesundheitliche Versorgung, die
Beschulung von Kindern von Menschen ohne Papiere
und die Einklagbarkeit von Lohn für Illegale – nach
Vorstellung von uns, von Bündnis 90/Die Grünen und
auch von der Fraktion Die Linke ohne befürchten zu
müssen, nach Inanspruchnahme dieser Rechte abge-
schoben zu werden. In Teilbereichen dieser Forderun-
gen waren auch die beiden anderen Fraktion, die
CDU/CSU-Fraktion und die FDP, unserer Ansicht.

Eine erste deutliche Verbesserung bei der medizini-
schen Versorgung Illegaler erfolgte im Juli 2009 durch
die Klarstellungen in den Allgemeinen Verwaltungs-
vorschriften zum Aufenthaltsgesetz. Danach darf das
Sozialamt keine Daten weiterleiten, die den Mitarbei-
tern von sogenannten Geheimnisträgern übermittelt
worden sind, wie zum Beispiel Ärzten, Apothekern,
Hebammen und insbesondere auch den „berufsmäßig
tätigen Gehilfen dieser Berufsgruppen“ und „das mit
der Abrechnung befasste Verwaltungspersonal öffent-
licher Krankenhäuser“. Wenn also ein Illegaler in ei-
nem Notfall direkt zum Krankenhaus geht und sich
dort behandeln lässt, so muss er nicht befürchten,
seine Daten würden an die Ordnungsbehörden weiter-
gegeben.

In allen anderen Fällen außer einer Notbehandlung
muss ein Illegaler jedoch zum Sozialamt gehen und die
Leistung bzw. Behandlung vorher beantragen. Dann
erfährt der Sozialamtsmitarbeiter von der Papierlosig-
keit nicht von einem Geheimnisträger und ist folglich
mitteilungspflichtig. Vorsorgeuntersuchungen oder die
Behandlung von chronisch kranken Illegalen finden
mithin häufig nicht statt. Dass kann jedoch nicht in un-
serem Interesse sein: einmal aus humanitären Ge-
sichtspunkten, aber auch, weil bei einer nicht behan-
delten Krankheit die Gefahr besteht, dass sie sich zum
einem Notfall auswächst oder aber für die übrige Be-
völkerung zu einem Gesundheitsrisiko wird. Hier wol-
len wir die Mitteilungspflichten weiter einschränken –
zum Wohle der Illegalen, aber auch zu unserem eige-
nen.

Auch im Bereich des Zugangs zu Bildung für die
Kinder von Illegalen hat sich erfreulicherweise etwas
seit unserer letzten Debatte hier im Bundestag getan.
Nunmehr sind Schulen sowie Bildungs- und Erzie-
hungseinrichtungen von der Übermittlungspflicht aus-
genommen, § 87 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz. Das ist ein
sehr guter Schritt gewesen.

Unverändert ist allerdings die Lage für Illegale in
Arbeitsverhältnissen, wenn sie um ihren Lohn geprellt
werden. Wie wir wissen, können sie ihren Lohn einkla-
gen, und wie wir auch wissen, tun sie es nicht aus
Furcht davor, daraufhin das Land verlassen zu müs-
sen; denn die Arbeitsrichter sind mitteilungspflichtig.
Damit wird Ausbeutung ermöglicht. Das wollen wir
nicht.

Unserer Ansicht nach ist dies auch nicht nur eine
Forderung von uns und den Kollegen und Kolleginnen
der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und der

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(C (D inken, sondern auch eine europäische Vorgabe, die ie Richtlinie 2009/52/EG über „Mindeststandards für anktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die rittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt eschäftigen“ macht. Leider hat es die Regierungskolition im 2. Richtlinienumsetzungsgesetz versäumt, r eine dementsprechende Umsetzung der genannten ichtlinie zu sorgen. Aber Sie haben ja heute die Mögchkeit, dieses Versäumnis nun nachzuholen. Schließlich besteht für Menschen, die aus rein huanitären Beweggründen Illegalen helfen, weiterhin nsicherheit darüber, ob sie sich strafbar machen der nicht. Zwar ist die qualifizierte Strafbarkeit für iese Helfer schon 2007 aufgehoben worden, doch ber die allgemeinen Regeln der Strafbarkeit von Beiilfehandlungen können sie sich weiterhin strafbar achen. Dabei spielt es keine entscheidende Rolle, ass es bislang nicht zu Verurteilungen gekommen ist. enschen, die Illegalen helfen und Zivilcourage zei en, wollen wir ermutigen, nicht demotivieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU raktion und von der FDP, indem Sie eine Ausnahme on der Übermittlungspflicht für Schulen und sonstige ildungseinrichtungen in das Aufenthaltsgesetz eingehrt haben, sind Sie unseren Änderungsanträgen gelgt, was uns natürlich sehr gefreut hat. Mit dieser ntscheidung haben Sie eine Abwägung zugunsten des echts eines jeden Kindes und Jugendlichen auf Bilung getroffen. Sie haben diesem Recht Vorrang vor em Interesse des Staates an der Beendigung und Aufeckung eines illegalen Aufenthalts in Deutschland ingeräumt. Noch einmal: Hier haben Sie sich ein gutes Stück in nsere Richtung bewegt. Ich möchte Sie ermuntern, ich heute nochmal ein Stück zu bewegen und dem echt eines jeden Menschen auf gesundheitliche Verorgung und dem Recht auf Einklagbarkeit des Lohns r geleistete Arbeit Vorrang einzuräumen. Hartfrid Wolff Die vorliegenden Anträge sind durchaus bizarr: er Antrag der Grünen wurde vor fast zwei Jahren, er der SPD bereits zu Beginn dieser Legislaturpeiode eingebracht, doch offenbar verloren die Antragteller das Interesse, die Themen weiterzuverfolgen. etzt holen SPD und Grüne ihre alten Hüte wieder heror; der Wahlkampf steht bevor. Ich habe bei der ersten Beratung des Grünen-Anags hier im Hause im Jahre 2011 erklärt – diese Aushrungen sind nach wie vor aktuell und richtig –: Wir haben … am 7. Juli dieses Jahres die dem Geetzentwurf zugrundeliegenden Fragen geklärt. Die ichtlinienumsetzung ist bereits erfolgt.“ Warum die rünen nicht damals schon einen Gesetzentwurf vorelegt haben, sondern jetzt erst, ist rätselhaft. Bereits im April wurden hier im Bundestag die Vorchläge der Koalition zur Umsetzung der Rückfühungsund der Sanktionsrichtlinie diskutiert. Die Grü Rüdiger Veit gebene Reden )





(A) )

nen haben den Termin verschlafen und wollen sich nun
mit einem verspäteten Aufguss alter Ideen als wach im
Bereich sozialer Rechte für Illegale präsentieren. Das
ist wenig überzeugend.

Wir haben bei der abschließenden Beratung des ge-
nannten Richtlinienumsetzungsgesetzes zu Recht fest-
gestellt: Es ist ein humanitärer Fortschritt, wenn wir
die aufenthaltsrechtlichen Übermittlungspflichten öf-
fentlicher Stellen ändern, um den Schul- und Kinder-
gartenbesuch von Kindern zu gewährleisten. Bildung
ist die Basis für gesellschaftliche Integration und per-
sönlichen Erfolg. Die Koalitionsfraktionen haben sich
entschieden, auch die Stabilisierungszeit für Men-
schenhandelsopfer auf drei Monate auszudehnen. Wir
folgen damit einem dringenden Petitum von Opferver-
bänden, aber auch der Polizei. Wir haben dafür ge-
sorgt, dass Abschiebehäftlinge auf ihren Wunsch hin
von Nichtregierungsorganisationen besucht werden
dürfen.

Betonen möchte ich erneut, dass ausgerechnet
große Teile der Opposition den vorgenannten Ände-
rungen des Gesetzentwurfs nicht zugestimmt haben.
Ausgerechnet diejenigen, die sich immer als Hüter des
Flüchtlingsrechts erachten, haben diesen wichtigen
und wegweisenden Verbesserungen nicht zugestimmt,
obwohl die SPD sogar bei der Verabschiedung der
Richtlinien auf europäischer Ebene noch beteiligt war.
Da kann ich nur sagen: Man sieht, dass Sie nur aus
taktischen Erwägungen handeln. Wenn es darum geht,
Verbesserungen für die Betroffenen zu schaffen, du-
cken Sie sich weg. Lieber gegen die Koalition stimmen,
bevor man Verbesserungen schafft. Das ist wirklich
nicht an der Sache orientiert! Aktionismus wie der vor-
liegende, verspätete Grünen-Gesetzentwurf täuscht
Handeln nur vor.

Allen Unkenrufen zum Trotz: Wir haben bei den er-
folgreichen Verhandlungen innerhalb der Koalition
die für die Thematik wichtigen Weichenstellungen
längst vorgenommen; wir haben gehandelt. Das gilt
auch für den noch viel älteren Gesetzentwurf der SPD:
Wir haben die aufenthaltsrechtlichen Übermittlungs-
pflichten öffentlicher Stellen geändert, um den Schul-
und Kindergartenbesuch von Kindern zu gewährleis-
ten, und die Residenzpflicht für Geduldete und Asylbe-
werber gelockert, um ihnen die Aufnahme einer Be-
schäftigung oder Ausbildung zu erleichtern. Wir haben
einen echten humanitären Fortschritt erreicht, als wir
die aufenthaltsrechtlichen Übermittlungspflichten öf-
fentlicher Stellen reduziert haben. Bildung ist die Basis
für gesellschaftliche Integration und persönlichen Er-
folg. Die SPD hatte vor uns elf Jahre in Regierungs-
verantwortung gestanden und nichts dergleichen ge-
tan. Diese Koalition kann wirklich stolz darauf sein,
dass sie substanzielle Verbesserungen gerade im hu-
manitären Ausländerrecht erreicht hat.


Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724413700

Wir debattieren hier heute zwei Gesetzentwürfe, die

sich mit der Situation von Menschen befassen, deren

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Zu Protokoll ge

(C (D ufenthalt durch das deutsche Aufenthaltsrecht illegasiert wurde. Beide Gesetzentwürfe wollen die menchenrechtliche Lage von Menschen ohne Aufenthaltstatus verbessern. Derzeit müssen diese Illegalisierten ei vielen Kontakten mit Behörden damit rechnen, dass r irregulärer Aufenthalt aufgedeckt wird und sie in ie Abschiebemaschinerie von Ausländerbehörden nd Bundespolizei geraten. Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion setzt bei der eutlichen Einschränkung der Meldepflichten im Aufnthaltsgesetz an. Bislang sind Mitarbeiter aller öfntlichen Stellen verpflichtet, Menschen ohne Aufentaltsstatus an die Ausländerbehörden zu melden, wenn ie in Ausübung ihrer Aufgaben Kenntnis von ihrem tatus erhalten. Lediglich Schulen und Kindertagesinrichtungen sind mittlerweile von dieser Pflicht ausenommen worden. Aber bei Zugang zu Gesundheitsersorgung oder zu Arbeitsgerichten, um entgangenen ohn einzuklagen, greift die Meldepflicht weiter und erhindert so die effektive Wahrnehmung von Menchenrechten. Deshalb begrüßen wir den Gesetzenturf der SPD als einen Schritt in die richtige Richng. Er will die Meldepflicht auf die Polizeiund rdnungsbehörden beschränken. Allerdings übersieht der Gesetzentwurf der SPD daei die weiter bestehenden Meldepflichten im Sozialcht. Der Gesetzentwurf der Grünen will auch diese bschaffen, und damit wäre tatsächlich ein Schritt gen, damit Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Ille alität die sozialen Menschenrechte auch ohne Angst or Aufdeckung und Abschiebung wahrnehmen könen. Leider beantwortet das noch nicht die Frage, wer ann beispielsweise medizinische Behandlungen beahlen soll. Die medizinische Versorgung von Menchen ohne Aufenthaltsstatus ist aus menschenrechtliher Perspektive sicherlich das drängendste Problem. ber wer keinen legalen Aufenthaltsstatus hat, der ann auch keine Krankenversicherung abschließen, eil auch hier die Meldepflicht greift. Modelle für eine edizinische Versorgung von Illegalisierten, beispielseise Fonds oder einen durch die Sozialämter ausgeebenen anonymisierten Krankenschein, gibt es beits. Dass die Bundesregierung an ihrer dogmatischen altung festhält, den Aufenthalt von Menschen ohne galen Status allein aus ordnungspolitischer Perspekve betrachten zu wollen, ist uns schon lange bekannt. ber auch SPD und Grüne sind von dieser inhumanen ichtweise nicht frei; sie dokumentiert sich auch in den orliegenden Gesetzentwürfen. So heißt es in der Beründung des Gesetzentwurfs der SPD: „Die Durchetzung der Ausreisepflicht dient der öffentlichen Ordung.“ Angesichts beispielsweise der afrikanischen ibyen-Flüchtlinge, die sich derzeit in Hamburg aufalten und ebenfalls ausreisepflichtig sind, stellt sich och die Frage: Was ist das für eine öffentliche Ordung, in der Menschen gezwungen werden, sich in abolut menschenunwürdige Lebensbedingungen zu be Hartfrid Wolff gebene Reden )





(A) )

geben? Hier fehlt leider jede kritische Reflexion über
die rechtlichen und politischen Bedingungen, unter
denen Menschen in Deutschland ausreisepflichtig wer-
den. Der Gesetzentwurf der Grünen bleibt dieser ord-
nungspolitischen Perspektive im Umgang mit den Op-
fern von Menschenhandel und Arbeitsausbeutung
verhaftet: Sie sollen nur dann ein Aufenthaltsrecht er-
halten, wenn ihre Aussagen strafrechtlich verwertbar
sind.

Trotz dieser Kritikpunkte wird die Linke den vorlie-
genden Anträgen zustimmen.


Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724413800

Heute stimmen wir über unseren Gesetzentwurf ab,

mit dem die Rechte von Menschen ohne Aufenthalts-
status gestärkt werden sollen.

In Deutschland leben viele Menschen am Rande der
Gesellschaft, ohne ihre elementarsten Rechte wahrzu-
nehmen. Diese Menschen sind nicht gewaltbereite Kri-
minelle, sondern Familienväter und -mütter, die in den
Hinterzimmern von Restaurants arbeiten, um ihre Fa-
milie über Wasser zu halten. Sie müssen ständig in
Angst leben, dass sie denunziert werden oder bei einer
einfachen Kontrolle ihre Identität nicht nachweisen
können. Aus Angst davor, abgeschoben zu werden, ver-
meiden Kranke den Kontakt mit Krankenhäusern. El-
tern trauen sich nicht, ihre Kinder die Schule oder den
Kindergarten besuchen zu lassen. Und Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer sehen sich häufig in aus-
beuterischen Arbeitsverhältnissen gefangen. Das ist
nicht nur für die einzelnen Betroffenen unzumutbar,
sondern widerspricht auch unserem Rechtsstaat.

Unser Ziel muss es sein, allen in Deutschland leben-
den Menschen ein menschenwürdiges Leben zu ermög-
lichen. Die deutsche Rechtslage hindert Betroffene
daran, ihre gesetzlich garantierten sozialen Men-
schenrechte in Anspruch zu nehmen. Die Meldepflicht
aller öffentlichen Stellen gegenüber den Ausländer-
behörden stellt dabei das größte Hindernis dar. Mit
unserem Gesetzentwurf wollen wir die Übermittlungs-
pflichten daher auf die öffentlichen Stellen, die der Ge-
fahrenabwehr und Strafrechtspflege dienen, beschrän-
ken. Dadurch soll insbesondere öffentlichen Stellen,
deren Kernaufgabe die Gewährung sozialer Rechte ist,
die Datenübermittlung untersagt werden. Denn die
Übermittlungspflicht steht der Erfüllung ihrer Aufga-
ben entgegen. Nur wenn die Menschen sicher sein kön-
nen, dass die Ausländerbehörden über ihren Aufent-
halt nicht informiert werden, werden sie sich an die
Leistungsträger wenden, um ihre Rechte wahrzuneh-
men. Die Übermittlungspflichten sind als Instrument
zur Migrationskontrolle ohnehin nicht geeignet.

Besonders wichtig ist es uns, die Situation für Kin-
der zu verbessern. Gerade Kinder in der aufenthalts-
rechtlichen Illegalität müssen die Chance haben, in
der Kita oder in der Schule ein Stück Normalität zu er-
leben.

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Zu Protokoll ge

(C (D Zwar hat die Bundesregierung in dieser Wahleriode Schulen und Kindergärten von der Übermittngspflicht nach § 87 Aufenthaltsgesetz ausgenomen. Das war ein Schritt in die richtige Richtung, icht aber bei weitem nicht aus. Der Schulund Kin ergartenbesuch ist dadurch nicht sichergestellt. nser Gesetzentwurf sieht daher weiter gehende Änerungen vor. Bislang sind statuslose Kinder von Leisngen nach dem Kinderund Jugendhilfegesetz aus eschlossen. Durch den Ausschluss wird ihnen nicht ur der Anspruch auf einen Kitaplatz verwehrt, sonern auch dessen Förderung. Wir wollen die Kindernd Jugendhilfe für Kinder in der aufenthaltsrechtlihen Illegalität öffnen, damit die Kinder einen sichen und bezahlbaren Kitaplatz erhalten. Darüber hinaus sieht unser Gesetzentwurf aufent altsrechtliche Verbesserungen für Opfer von Menchenhandel und schwerer Arbeitsausbeutung vor. Im egensatz zur Bundesregierung beschränken wir uns icht auf die strafrechtliche Verfolgung der Täter, sonern sorgen gleichzeitig für besseren Schutz der Opfer. iese oft traumatisierten Personen stehen unter vielltigen Formen von Druck, Zwang und körperlicher, exueller sowie psychischer Gewalt. Sie benötigen ein icheres Aufenthaltsrecht, das es zulässt, Entschädiungs-, Schadensersatzund Lohnansprüche geltend u machen, und zwar unabhängig von der Bereitschaft, einem Strafprozess auszusagen. Schließlich herrscht unter helfenden Personen weirhin Rechtsunsicherheit darüber, unter welchen mständen sie im Einzelnen Hilfe leisten dürfen. Insesondere besteht bei Ärztinnen und Ärzten, Pflegeräften, Lehrerinnen und Lehrern und selbst bei Pfarrinnen und Pfarrern und Seelsorgerinnen und eelsorgern, die Menschen ohne Aufenthaltsstatus unrstützen, erhebliche Unsicherheit darüber, ob sie ich durch ihr Verhalten strafbar machen. Diesem Prolem helfen wir durch eine gesetzliche Klarstellung ab. Unsere Vorschläge stehen nicht im Widerspruch zu er Pflicht des Staates, illegale Einwanderung und ilgalen Aufenthalt zu bekämpfen. Dabei muss der taat aber die ihm durch die Grundrechte und Menchenrechte gesetzten Grenzen beachten. Der Gesetzntwurf definiert diese Grenzen und schafft einen Ausleich zwischen dem ordnungspolitischen Interesse der igrationskontrolle und dem rechtsstaatlichen Intesse der Wirksamkeit von fundamentalen Rechten für lle in Deutschland lebenden Menschen. Wir werden dem Gesetzentwurf der SPD zustimmen, eil er das gleiche Kernanliegen verfolgt. Beide Ge etzentwürfe sehen die Einschränkung der Übermittngspflichten nach § 87 Aufenthaltsgesetz vor. Auch timmen wir in der Frage überein, dass humanitäre ilfe straflos sein muss und dies im Gesetz klargestellt erden muss. Dennoch geht uns der Gesetzentwurf der PD nicht weit genug. Allein die Übermittlungspflichn nach dem Aufenthaltsgesetz einzuschränken, wird ie Situation für die Betroffenen nicht verbessern. enn vergleichbar abschreckende Regelungen finden Ulla Jelpke gebene Reden Memet Kilic )








(A) )

sich auch in anderen Gesetzen. Außerdem wird der Ge-
setzentwurf der SPD nicht dem besonderen Schutzbe-
dürfnis von Kindern sowie von Opfern von Menschen-
handel und schwerer Arbeitsausbeutung gerecht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724413900

Wir kommen zur Abstimmung. Der Innenausschuss

empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 17/13157, den Gesetzentwurf der
Fraktion der SPD auf Drucksache 17/56 abzulehnen. Ich
bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wol-
len, um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthal-
tungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung ab-
gelehnt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen
die Stimmen der Oppositionsfraktionen.

Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die
weitere Beratung.

Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 17/13157 empfiehlt der Innenausschuss, den
Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 17/6167 abzulehnen. Ich bitte diejenigen,
die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das
Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der
Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
tionsfraktionen abgelehnt.

Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die
weitere Beratung.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 auf:

Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Bundesverfassungsgerichtsgesetzes

– Drucksache 17/13469 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 17/13766 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Helmut Brandt
Burkhard Lischka
Dr. Stefan Ruppert
Jens Petermann
Jerzy Montag

Die Reden gehen zu Protokoll.


Helmut Brandt (CDU):
Rede ID: ID1724414000

Nachdem wir die Änderung des Bundesverfassungs-

gerichtsgesetzes in der vergangenen Woche in erster
Lesung debattiert haben, stehen schon heute die zweite
und dritte Lesung an. Anlässlich der ersten Lesung
habe ich für meine Fraktion die geplanten Änderungen
ausführlich dargestellt und begründet. Dem ist nichts
hinzuzufügen. Darauf möchte ich zunächst verweisen.
Änderungen am Gesetzentwurf hat es nicht gegeben.
Auch sonst gibt es nicht Neues. Von daher ist eine er-
neute Debatte eigentlich überflüssig.

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(C (D Ich sehe mich aufgrund des Beitrags des Kollegen orte von der Fraktion Die Linke aus der ersten Le ung jedoch veranlasst, einige Bemerkungen zu seinen arlegungen zu machen. Herr Korte hat es für richtig ehalten, der CDU/CSU Fraktion eine widersprüchlihe Haltung, wörtlich „eine rasante Kehrtwende“, in er Frage der Transparenz für die Akten des Bundeserfassungsgerichts vorzuwerfen. Er hat es weiter für ichtig gehalten, uns aufzufordern, „auch in anderen ereichen der Innenund Rechtspolitik“ von den Konepten und Positionen der Fraktion Die Linke zu leren. Dazu sage ich Ihnen ganz klar: Wenn es jemanden ibt, von dem wir in politischen Fragen keine Belehungen entgegennehmen oder etwas lernen wollen, ann ist das die Linke. Es ist erstens falsch, dass der jetzige Gesetzentwurf em Konzept der Linken für den Zugang zu Akten des undesverfassungsgerichts entspreche. Um nur einal die beiden grundlegenden Unterschiede zu benenen: Erstens. Wir sind, im Gegensatz zur Linken, nicht r eine Regelung im Bundesarchivgesetz, sondern ollen, der besonderen Stellung des Bundesverfas ungsgerichts entsprechend, eine eigenständige Regeng im Bundesverfassungsgerichtsgesetz. Zweitens. Wir halten Sperrfristen von 30 bzw. 0 Jahren in Bezug auf Urteilsentwürfe, Beschlüsse tc. für grundsätzlich angemessen und sind nicht dafür, iese bereits nach 20 Jahren der Öffentlichkeit zuänglich zu machen. Die Gründe dafür habe ich ansslich der ersten Lesung des Gesetzentwurfs erläurt. Des Weiteren ist die Selbstbeweihräucherung des ollegen Korte aus der ersten Lesung des Gesetzenturfs geradezu peinlich. Er hat dort allen Ernstes die uffassung vertreten, seine Partei habe bereits vor ehr als 20 Jahren eine entscheidende Lehre aus der eschichte gezogen. Die Linke stehe „deshalb für ransparenz“ und die „aus vordemokratischen Zeiten tammende Politik der Intransparenz, die einzig dem achterhalt einer Minderheit diene, müsse überwun en werden.“ Selten so gelacht, kann ich da nur sagen. as ist eine Beschreibung aus dem sozialistischen ärchenbuch. Wer die tatsächliche Haltung der Linken in Sachen ransparenz kennenlernen möchte, muss sich nur einal den Bericht der Unabhängigen Kommission zur berprüfung des Vermögens der Parteien und Mas enorganisationen der DDR, UKPV, vom 31. August 006 anschauen. Nur einige Kostproben daraus: „Die ED/PDS verfolgte eine Strategie der Vermögensverchleierung“, Seite 29. „Es handelt sich bei den Ausndsprozessen im Zusammenhang allein mit der frü eren SED-Firma Novum um in Zürich in erster stanz noch anhängige zwei Zivilgerichtsverfahren, eren Klagesummen sich, addiert, auf 237 Millionen uro – zuzüglich Zinsen – belaufen“, Seite 9. „Dies als zusammengenommen bedeutet, dass es nach )


(A) )

menschlichem Ermessen weiterhin eine Dunkelziffer
an unentdecktem Parteivermögen geben dürfte“,
Seite 15. „Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass die
PDS sich während der gesamten Arbeitsdauer der
UKPV insgesamt nur wenig kooperativ gezeigt hat.
Die Partei musste regelmäßig eher gezwungen werden,
als dass sie den gesetzlichen Verpflichtungen von sich
aus nachgekommen wäre.

In seinem Bericht vom 28. Mai 1998 hat der 2. Un-
tersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages
festgestellt, dass die Haltung der SED/PDS „…von
Anfang an darauf gerichtet war, einen möglichst gro-
ßen Teil der in der Zeit ihrer Herrschaft angeeigneten
Vermögenswerte für sich zu sichern“. Darüber hinaus
sei deutlich geworden, dass dem eine „…sorgfältig ge-
plante Strategie der Partei zur ‚Abwehr von Angriffen
auf das Parteivermögen‘ ...“ zugrunde lag. „Man
kann den Eindruck haben, dass das Verhalten der PDS
gegenüber der UKPV nahezu durchgängig von stets
ebendiesen strategischen Zielsetzungen geprägt war“,
Seite 16.

Das zeigt mehr als deutlich, was die Linke unter
Transparenz versteht. Der jetzt vorliegende Gesetzent-
wurf trägt unsere Handschrift, und das ist gut so!


Dr. Edgar Franke (SPD):
Rede ID: ID1724414100

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf beraten wir in

zweiter und dritter Lesung die Änderung des Bundes-
verfassungsgerichtsgesetzes. In diesem gemeinsamen
Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, der CDU/CSU
und der FDP wollen wir gute wissenschaftliche Rah-
menbedingungen für die zeitgeschichtliche Forschung
zu beiden deutschen Staaten schaffen.

Konkret geht es um die Einsichtnahme in Akten und
Entscheidungsvorschläge des Bundesverfassungs-
gerichts zu Forschungszwecken. Zwar war das Bun-
desverfassungsgericht weitgehend von personellen
Kontinuitäten mit der NS-Vergangenheit verschont ge-
blieben, doch es besteht dennoch ein Forschungsbe-
darf. Der Forschungsbedarf beim Bundesverfassungs-
gericht besteht insbesondere darin, zu erforschen, wie
der Aufbau des freiheitlich-demokratischen Rechts-
staates erfolgen und sich das heutige Verfassungsver-
ständnis entwickeln konnte.

Die Forschung benötigt den Zugang zu Akten und
Entscheidungsunterlagen der betroffenen Behörden,
Gerichte und Ministerien. Wir schaffen mit unserem
Gesetzentwurf die Rahmenbedingungen für eine unab-
hängige Einsichtnahme in die Unterlagen des Bundes-
verfassungsgerichts.

In einer demokratischen politischen Ordnung erhält
die politische Unabhängigkeit der Wissenschaften eine
besondere Brisanz, da wissenschaftliches Wissen eine
Grundvoraussetzung dafür ist, dass Bürger politische
Präferenzen ausbilden können, die ihre Interessen und
Werte auf angemessene Weise widerspiegeln.

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Zu Protokoll ge

(C (D Ich möchte mich nicht dahin gehend wiederholen, as ich zum Gesetzentwurf in erster Lesung vorgetraen habe. Entscheidend ist, dass wir künftig nicht nur in das rchivgut des Bundesarchivs einsehen können, sonern auch in die Akten im Zwischenarchiv, natürlich ach den bundesarchivgesetzlichen Regeln, und nach en Sperrfristen von 30 bzw. 60 Jahren. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert eine berprüfung der 60-jährigen Geheimhaltungsfrist. Sie rdert zu Recht nicht unmittelbar eine Verkürzung. ie Diskussion ist mit Experten zu führen. Dem schlieen wir uns gern an. Doch sollte zunächst dieser Geetzentwurf in der noch laufenden Legislaturperiode erabschiedet werden. Die Frage der angemessenen risten kann mit der Novellierung des Bundesarchivesetzes in der nächsten Legislaturperiode in diesem ohen Haus diskutiert werden. Wir haben auch den hohen Rang des Beratungs eheimnisses und dessen Schutzwürdigkeit in erster eratung betont. Die Forderung der Fraktion der Linen auf Verkürzung der 30-jährigen Frist auf 20 Jahre uss demnach abgelehnt werden. Die Gesetzesänderung ist gut für Wissenschaft und orschung, gut für die langfristige Sicherung der Geichtsakten, ein Fortschritt für Bundesarchiv wie Bunesverfassungsgericht und ein starkes Signal an alle, enen die qualifizierte Aufarbeitung der frühen Gechichte der Bundesrepublik Deutschland am Herzen egt. Ich begrüße es außerordentlich, die Änderung es Bundesverfassungsgerichtsgesetzes noch in dieser egislaturperiode zu beraten und zu verabschieden – nd lade alle Fraktionen ein, diesem Entwurf zuzutimmen. Mit der Gesetzesänderung setzen wir Forderungen m, die meine Fraktion im vergangenen November eroben und dann in einer gemeinsamen Initiative mit er Koalition beschlossen hat. Wir wollen zur weiteren ufarbeitung von personellen Kontinuitäten und Brühen in Bundesministerien, -behörden und -gerichten eitragen. Denn noch immer bleibt in vielen Fällen unklar, elchen Einfluss Personen, Netzwerke und Gedankenut aus der Zeit des Nationalsozialismus auf die Enticklung bundesdeutscher Institutionen und deren ntscheidungen hatten. Auch der Einfluss auf Instituonen in der DDR ist noch nicht ausreichend errscht. Zwar ist in den vergangenen Jahren viel geschehen. undesministerien haben historische Kommissionen ingesetzt, die immer wieder über aktuelle Ergebnisse us ihrer Arbeit berichten. Dabei werden aber auch orschungslücken sichtbar. Am Montag beispielsweise gten Historiker im Bundesfinanzministerium erste orschungsergebnisse zum Reichsfinanzministerium or. Dieses war während der Zeit des Nationalsozialis Helmut Brandt gebene Reden )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1724414200




(A) )

mus maßgeblich an der Ausplünderung von Juden be-
teiligt. Die geplanten Untersuchungen werden 1945
enden und weiterreichende personelle Kontinuitäten
der Beamtenschaft nicht in den Blick nehmen.

Es bleibt also noch einiges zu tun. Um einen verläss-
lichen Überblick zu erhalten, folgte der Deutsche Bun-
destag vergangenen November dem Vorschlag meiner
Fraktion und beschloss, beim Institut für Zeitge-
schichte München-Berlin und dem Zentrum für Zeithis-
torische Forschung Potsdam eine Bestandsaufnahme
zu beauftragen, die den aktuellen Forschungsstand zu
Ministerien und Behörden dokumentiert und eine
Grundlage für weitere Untersuchungen bereitstellt.

Für gegenwärtige und zukünftige Forschungen ist es
unerlässlich, dass Wissenschaftler Zugang zu entspre-
chenden Akten erhalten. Hier sind zunächst die Bun-
desministerien und -behörden selbst gefragt. Grund-
sätzlich aber müssen die Praxis der Aktenabgabe an
das dafür zuständige Bundesarchiv und in Verbindung
damit der Aktenzugang für die Wissenschaft nachvoll-
ziehbar, einheitlich und nach allgemeingültigen Regeln
organisiert werden.

Dies gilt auch für die Bundesgerichte. Gerade die
Möglichkeiten der Einsicht in deren Akten müssen sich
verbessern. Mit dem Gesetzentwurf, den wir heute dis-
kutieren, ist ein erster Schritt getan.

Dass es das Bundesverfassungsgericht ist, bei dem
diese Initiative ansetzt, ist kein Zufall. Das Bundesver-
fassungsgericht hat mit seinen Entscheidungen die
Verfassungswirklichkeit und das Verfassungsverständ-
nis im Deutschland der Nachkriegszeit maßgeblich ge-
prägt. Es ist deshalb auch für die historische For-
schung von besonderer Relevanz.

Der Gesetzentwurf entstand nicht gegen den Willen,
sondern gemeinsam mit dem Bundesverfassungsge-
richt. Ich denke, das ist ein weiterer Punkt, der für den
Entwurf spricht. Konkret regelt er die Schutzfristen für
den Aktenzugang zu den Gerichtsakten des Bundesver-
fassungsgerichtes. Er legt also die Rahmenbedingun-
gen für die Einsichtnahme durch Wissenschaft und
Forschung fest und – dies ist von großer Bedeutung –
findet einen ausgewogenen Ausgleich zwischen den
berechtigten Interessen des Bundesarchivs auf der ei-
nen Seite und der Schutzwürdigkeit des Beratungsge-
heimnisses des Bundesverfassungsgerichts auf der an-
deren Seite.

Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz nimmt Rege-
lungen des Bundesarchivgesetzes auf und verknüpft
diese Gesetze. Dafür regelt nicht das Bundesarchivge-
setz, sondern das Bundesverfassungsgerichtsgesetz
den Umgang mit den Akten. Dies ist angesichts der he-
rausragenden Stellung des Bundesverfassungsgerich-
tes als eines der obersten Verfassungsorgane für uns
akzeptabel.

Zwar wäre es schöner gewesen, wenn das Bun-
desarchivgesetz bereits in dieser Legislaturperiode ge-
ändert worden wäre, sodass es auch für das Bun-

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(C (D esverfassungsgericht verbindliche Neuregelungen eschaffen hätte. Dies ist aber nicht erfolgt. An meiner raktion lag das nicht. Der Kulturstaatsminister hat ieses Thema auf die lange Bank geschoben – bis es zu pät war. Der Gesetzentwurf ist dennoch ein wirklicher Fortchritt und wird hoffentlich Signalwirkung entfalten. h würde mich freuen, wenn andere Bundesgerichte em Beispiel des Bundesverfassungsgerichtes folgten. Das Vertrauen der Bürger in ihre Staatsorgane ist r unser Gemeinwesen, für unsere Demokratie unersslich. Die kritische Auseinandersetzung mit der Ge chichte von Ministerien, Behörden und Bundesgeichten trägt dazu bei. Der Gesetzentwurf verbessert ie Rahmenbedingungen für diese Auseinandersetung. Deshalb stimmt meine Fraktion ihm zu. Wir schließen am heutigen Tag ein Gesetzgebungs erfahren im Bundestag ab, das mir als Liberaler, aber or allem auch als Wissenschaftler und Rechtshistorier ein besonderes Anliegen war. Wir verbessern mit em vorliegenden Gesetzentwurf den Zugang zu den kten des Bundesverfassungsgerichts. Bisher konnten issenschaftler nur sehr eingeschränkt Quellen aus em höchsten Verfassungsgericht einsehen. Diese unefriedigende Rechtslage werden wir nun beenden. Dait werden wir unserem liberalen Forschungsansatz der Staat soll Forschung fördern und ermöglichen, icht aber selbst beauftragen – gerecht. Zukünftig haen nicht nur staatlich einberufene Historikerkommisionen, die zweifellos eine wichtige Bedeutung in der ufarbeitung der Geschichte verschiedener Behörden, inisterien und Gerichte haben, einen freien Akten ugang. Mit unserer Reform schaffen wir neue Mögchkeiten für alle Wissenschaftler – ganz gleich ob tablierter Professor, fleißiger Doktorand oder motiierter Hauptseminarstudent. Über diese breite Forchungsfreiheit freue ich mich besonders. Das Bundesverfassungsgericht hat die Nachkriegseschichte der Bundesrepublik entscheidend geprägt. ine umfassende und differenzierte historische Aufareitung dieser herausragenden Rolle war bisher ein orschungsdesiderat. Dies haben unter anderem der eutsche Rechtshistorikertag oder Experten wie der rankfurter Rechtshistoriker Michael Stolleis bestägt. Wir haben nun die Weichen gestellt, dass dieser orschungsbedarf zukünftig bedient werden kann. Daei ist uns eine Lösung gelungen, die eine sehr gute alance zwischen dem Beratungsgeheimnis des Karlsuher Gerichts einerseits und dem Forschungsintesse der wissenschaftlichen Gemeinschaft anderer eits schafft. Dass wir die SPD und zum Schluss auch ie Grünen von dieser Lösung überzeugen konnten, egrüße ich ausdrücklich. Ich danke allen Beteiligten im Bundestag und natürch ebenso den Vertretern des Bundesverfassungsgeichts, insbesondere dem Vizepräsidenten Ferdinand irchhof und dem Bundesverfassungsrichter Wilhelm Dr. h. c. Wolfgang Thierse gebene Reden )

Dr. Stefan Ruppert (FDP):
Rede ID: ID1724414300




(A) )

Schluckebier, für das sehr konstruktive Verfahren. Mit
diesem sehr sachlichen und ergebnisorientierten Poli-
tikansatz sollten wir in der nächsten Wahlperiode auch
gemeinsam die noch vor uns liegende Reform des Bun-
desarchivgesetzes angehen.


Halina Wawzyniak (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724414400

Die Rolle und Bedeutung des Bundesverfassungsge-

richts für die Demokratie in Deutschland ist unstrittig
und allen hier im Hause bewusst. Das Verfassungsge-
richt gehört zu den staatlichen Organen mit dem
höchsten Ansehen in der Bevölkerung, seine Entschei-
dungen sind in vielen Fällen wegweisend für politische
Debatten im Land gewesen.

Die Chefin des Allensbach-Instituts, Renate Köcher,
veröffentlichte im letzten Jahr einen Artikel in der
„FAZ“, in dem sie das hohe Ansehen des Gerichts und
seine enorme politische Rolle für die Bundesrepublik
beschrieb, „FAZ“ vom 21. August 2012. Entscheidun-
gen zu Hartz IV, zum Wahlrecht, zur Frage der Daten-
überwachung, zu Kriegseinsätzen der Bundeswehr
oder zur Euro-Rettungspolitik zeigen die große politi-
sche Bedeutung des Bundesverfassungsgerichts.
Transparenz und Offenheit sind die Voraussetzungen
für diese hohe Akzeptanz des Bundesverfassungsge-
richts. Diese Transparenz und Offenheit müssen auch
für die Akten des Gerichts gelten, sind sie doch eine
wichtige Quelle zeitgeschichtlicher Forschung und
journalistischer Recherche in der Bundesrepublik und
damit die Grundlage für das Verständnis so mancher
richtungsweisender Entscheidung.

Die Linke hat bereits zu Beginn der Legislatur-
periode einen Antrag mit dem Titel „Akteneinsichts-
rechte Dritter in die Verfahrensakten des Bundes-
verfassungsgericht stärken“, Drucksache 17/4037,
vorgelegt. Nachdem die Koalitionsfraktionen unser
Ansinnen damals noch als völlig untragbar kennzeich-
neten und damit den leider üblichen Reflexen bei noch
so sachlich begründeten Anträgen der Linken unterla-
gen, haben sie sich zum Ende der Legislatur – leider
nur in Ansätzen – eines Besseren belehren lassen und
sind den richtigen Forderungen der Linken entgegen-
gekommen. Dabei sind sie aber auf halbem Wege ste-
hen geblieben und werden mit ihrem Gesetzentwurf
den Forderungen einer modernen Wissens- und Infor-
mationsgesellschaft nicht gerecht.

Wo liegen unsere Differenzen? Während Koalition
und SPD eine Frist von 30 Jahren für die Einsicht-
nahme in die Akten des Bundesverfassungsgerichts
vorsehen und für die Entscheidungsvorschläge, -Voten
und -entwürfe sogar 60 Jahre Frist festschreiben wol-
len, will die Linke eine generelle Einsichtnahme nach
20 Jahren ermöglichen. Übrigens wollen wir diese
Verkürzung generell, also auch für die Akten des Bun-
desarchivs.

Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum die
Dokumente solange unter Verschluss bleiben sollen.
Gerade vor dem Hintergrund einer immer rasanteren
Entwicklung der Informationsgesellschaft, in der die

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Zu Protokoll ge

(C (D auer und Relevanz von Entscheidungsprozessen und en ihr zugrundeliegenden Motiven einer ständigen berprüfung unterworfen sind, wäre eine zügige ffenlegung solcher Entscheidungsprozesse von groer Bedeutung. 20 Jahre sind unserer Ansicht nach ine ausreichend lange, aber auch eine vertretbar urze Frist, um die Akten des Bundesverfassungsgeichts zugänglich zu machen. Eine solche 20-Jahresrist ändert nichts an der Unabhängigkeit des erichts. Andere nachvollziehbare Interessen für eine 0bis 60-jährige Geheimhaltung sind ebenfalls nicht rkennbar. Das Bundesarchivgesetz, das nun auch für die Bunesverfassungsgerichtsakten zur Geltung kommen oll, enthält eine Vielzahl von Ermessensvorschriften, ie zu Einschränkungen der Einsichtnahme führen önnen, die wir nicht wollen. Insbesondere vor dem intergrund, dass ein Rechtsschutz bei Versagung der insicht nicht ausdrücklich geregelt ist, erscheint uns ies problematisch. Aus diesem Grund sollten die Eressensvorschriften des Bundesarchivgesetzes insge amt durch Mussvorschriften ersetzt werden. Zudem sollte ein Rechtsschutz ausdrücklich gere elt werden. Denn nach der Entscheidung des Verwalngsgerichts Karlsruhe vom Juli 2009 ist der Veraltungsrechtsweg nicht eröffnet, da es sich bei der blehnenden Entscheidung des Bundesverfassungsgeichts auf Akteneinsicht Dritter „um rechtsprechende ätigkeit“ handele. Dieses Urteil ist zwar nicht nachollziehbar, da die Entscheidung über die Gewährung on Akteneinsicht und -auskunft offensichtlich nicht pruchrichterliche Tätigkeit, sondern materiell-rechtch der vollziehenden Gewalt zuzurechnen ist, mithin ie Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 des Grundesetzes gewährleistet werden muss. Da das Urteil ber in der Welt ist, wäre die Klärung der Frage des echtsschutzes durch ausdrückliche Regelung im Bunesverfassungsgericht – welche auch den Antragsgeger benennt – sinnvoll gewesen. Aus Sicht der Linken enthält die vorgelegte Gesetesinitiative zu viele Mängel, Beschränkungen und Inonsistenzen, als dass wir ihr zustimmen könnten. Aber merhin, sie haben sich, wenn auch spät, in die richge Richtung bewegt. Die Linke steht für Offenheit, ransparenz und Bürgerrechte. Der vorliegende Geetzentwurf geht einen zu kleinen Schritt in diese Richng. Claudia Roth RÜNEN)

Das Bundesverfassungsgericht hat eine zentrale

tellung in unserem Rechtssystem. Es ist Hüter der
erfassung. Viele der für das Gemeinwesen wichtigen
ontroversen finden auch vor dem Verfassungsgericht
inen Austrag. Die Entscheidungen des Gerichts ha-
en eine große Verbindlichkeit, nicht zuletzt für den
esetzgeber, wie aus vielen BVG-Urteilen ersichtlich.
Die Arbeit eines Gerichts mit einer so hohen auch

eitgeschichtlichen Relevanz sollte keine Blackbox




Dr. Stefan Ruppert
gebene Reden





Claudia Roth (Augsburg)



(A) )


)(B)

sein, sondern verstärkt Gegenstand von wissenschaft-
licher Forschung und Debatte. An einer solchen For-
schung haben wir alle ein Interesse, denn sie dient der
Selbstvergewisserung im demokratischen Rechtsstaat,
macht wichtige Stränge der Rechtsentwicklung nach-
vollziehbar und zeigt Recht als Prozess in juristischen,
sozialen und politischen Kontexten.

Wir wollen eine solche Forschung unterstützen und
ihr einen besseren und schnelleren Zugang zu ent-
scheidungsrelevanten Unterlagen ermöglichen. Das
Verfassungsgericht selbst hat für seine Akten eine
Sperrfrist von 90 Jahren vorgeschlagen. Akten zu Ur-
teilen des Jahres 2013 könnten so erst im Jahr 2103
eingesehen werden. Und Akten zu den frühen Jahren
des Gerichts würden überhaupt erst ab 2039 sukzessiv
zugänglich. Das ist viel zu spät, was auch der deutsche
Rechtshistorikertag 2010 in einer Resolution kritisiert
hat. Nach so vielen Jahren ist mit einem deutlich ab-
nehmenden zeitgeschichtlichen Interesse zu rechnen.
Und es wäre auch eine Sonderregelung, denn üblich
sind Sperrfristen von 30 respektive 60 Jahren.

Der vorliegende Gesetzentwurf greift die berech-
tigte Kritik der Geschichtswissenschaftler auf. Wir un-
terstützen auch den Entwurf. Er ist ein Schritt in die
richtige Richtung, hin zu einem schnelleren Aktenzu-
gang. Wobei auch eine Sperrfrist von bis zu 60 Jahren
noch sehr lange ist – auch angesichts der beschleunig-
ten gesellschaftlichen Wirklichkeit, in der wir leben. Es
wäre deshalb zu prüfen, ob nicht ein schnellerer Zu-
gang sinnvoll und möglich ist.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724414500

Wir kommen zur Abstimmung. Der Rechtsausschuss

empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 17/13766, den Gesetzentwurf der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und FDP auf Drucksache 17/13469 an-
zunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf
zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zwei-
ter Beratung bei Enthaltung der Fraktion Die Linke mit
den Stimmen aller übrigen Fraktionen angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist in dritter Beratung mit gleichem Stimmenverhältnis
angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 30 a und 30 b auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Michael Hartmann

(Wackernheim), Sören Bartol, Sabine Bätzing-

Lichtenthäler, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Mehr Transparenz beim Einsatz externer Per-
sonen in der Bundesverwaltung – Bericht des
Bundesrechnungshofes vollständig umsetzen

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(C (D – Drucksachen 17/5230, 17/13314 – Berichterstattung: Abgeordnete Armin Schuster Michael Hartmann Manuel Höferlin Ulla Jelpke Dr. Konstantin von Notz b)

richts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu-
nität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Eva
Högl, Michael Hartmann (Wackernheim),
Christian Lange (Backnang), weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der SPD

Interessenvertretung sinnvoll regeln – Lob-
byismus transparent machen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang
Nešković, Ulla Jelpke, Jan Korte, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion DIE LINKE

Einführung eines verpflichtenden Lobbyis-
tenregisters

– zu dem Antrag der Abgeordneten Volker Beck

(Köln), Kai Gehring, Ingrid Hönlinger, weite-

rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Transparenz schaffen – Verbindliches Re-
gister für Lobbyistinnen und Lobbyisten
einführen

– Drucksachen 17/6442, 17/2096, 17/2486,
17/13737 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Bernhard Kaster
Christian Lange (Backnang)

Jörg van Essen
Dr. Dagmar Enkelmann
Volker Beck (Köln)


Auch hier werden die Reden zu Protokoll genom-
en.


Bernhard Kaster (CDU):
Rede ID: ID1724414600

Über die heute zur Debatte stehenden Oppositions-

nträge zur Einführung eines Lobbyistenregisters
aben wir an dieser Stelle bereits am 10. April 2011
ebattiert und jetzt noch einmal im Geschäftsord-
ungsausschuss intensiv diskutiert. Den Einfluss auf
bgeordnete durch Interessenvertreter werden Sie mit
och so einem detaillierten Lobbyistenregister nicht
erhindern. Sie schüren mit Ihren Anträgen lediglich
in Klima des Misstrauens gegen unabhängige Abge-
rdnete. Offenbar haben Sie Zweifel an der grund-
esetzlich garantierten Unabhängigkeit des Abgeord-
eten in Ihren eigenen Fraktionen. Meinen Sie
tsächlich, die Unabhängigkeit Ihrer Entscheidungen

ur mithilfe eines so bürokratischen Monstrums wie ei-
em verpflichtenden Lobbyistenregister glaubhaft ma-
hen zu können? Damit stellen Sie Ihrer persönlichen


(A) )


)(B)

und politischen Integrität doch ein Armutszeugnis aus.
Ihre Anträge sind doch vollkommen praxisfremd.

Die Grünen behaupten in ihrem Antrag, die Durch-
setzung von Interessen gehe mit illegitimen Vorteilen
oder Geldzahlungen einher. Korruption, Klüngelwirt-
schaft und undurchsichtige Mauscheleien beschädig-
ten die demokratischen Institutionen und zerstörten
das Vertrauen in die Politik. Beispiele dafür bleiben
Sie schuldig. Die Linken behaupten apodiktisch, die
Interessen der ökonomisch stärkeren Interessen der
Wirtschaftslobbyisten würden sich gegen die Gewerk-
schaften durchsetzen.

Die Oppositionsfraktionen wollen, dass über das
bisherige Verbänderegister des Bundestages hinaus
eine Vielzahl weiterer Daten aufgenommen werden,
unter anderem Auftraggeber von Lobbyisten sowie
verpflichtende Angaben zur Finanzierung der Interes-
senvertretung. Ich habe erhebliche Zweifel, wie hier
noch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung
und die berechtigten Interessen an der Vertraulichkeit
von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gewahrt
werden können.

Ein solches verpflichtendes Lobbyistenregister
würde in das Grundrecht auf informationelle Selbstbe-
stimmung eingreifen, demzufolge der Betroffene
grundsätzlich selbst entscheiden kann, ob, wann und
wie persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden.
Das sollte eigentlich gerade die Grünen beunruhigen,
die doch bei jeder sich bietenden Gelegenheit behaup-
ten, das Grundrecht auf informationelle Selbstbestim-
mung würde außer Kraft gesetzt.

Das in Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz enthaltene
Grundrecht der Berufsfreiheit bezieht in seinen Schutz
auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ein. Dazu
gehören nach der Rechtsprechung des Bundesverfas-
sungsgerichts alle auf ein Unternehmen bezogenen
Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offen-
kundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis
zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der
Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Es wäre
daher verfassungsrechtlich sehr problematisch, von
Unternehmen die Offenlegung von Unternehmensin-
terna, wie finanzielle Aufwendungen und Angaben zu
geschäftlichen Kontakten, zu verlangen.

Darüber hinaus folgt aus dem Grundrecht der
Koalitionsfreiheit in Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz, dass
Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände das Recht
haben, im gesamten Bereich der Arbeits- und Wirt-
schaftsbedingungen die organisierten Gruppeninteres-
sen gegenüber dem Staat und den politischen Parteien
darzustellen und zu verfolgen; dies ist die ständige
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Diese Tä-
tigkeit ist durch Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz also in ganz
besonderer Weise grundrechtlich geschützt. Gewerk-
schaften und Arbeitgeberverbände dürften daher nicht
in ein mit Registrierungs- und Offenbarungspflichten
verbindliches Lobbyistenregister einbezogen werden.
Ein über das bereits jetzt eingeführte Verbänderegister

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Zu Protokoll ge

(C (D Bundestag hinausgehendes verpflichtendes Lobbytenregister wirft also erhebliche verfassungsrechtlihe Fragen auf, die in Ihren Anträgen völlig außer cht gelassen werden. Die politische Einflussnahme von Interessenvertrern ist legitim und Bestandteil des politischen Ent cheidungsprozesses. Es gehört zur Demokratie, Posion zu beziehen und sich Mehrheiten zu suchen. atürlich müssen diese Entscheidungen transparent nd nachvollziehbar sein. Das wird durch die parlaentarischen Entscheidungsabläufe gewährleistet. Es llt auf, dass gerade die größten Verfechter eines weir gehenden Lobbyistenregisters sich nicht einmal an atzweise mit den parlamentarischen Entscheidungsbläufen auseinandersetzen, die ja eine Vielzahl nterschiedlichster Beteiligter einbeziehen und damit r Transparenz sorgen. Fraktionen, Parlament und Fachausschüsse, öffentche Anhörungen, Beiräte, Sachverständige sowie unrschiedlichste – auch gegensätzliche – Interessen ertreter bis hin zum Bundesrat und dem ermittlungsausschuss wirken an den politischen Entcheidungen mit. Ein Viertel der Mitglieder eines feerführenden Ausschusses kann im Bundestag die Anörung zu einer Gesetzesvorlage verlangen. Die raktionen können für diese Anhörung Sachverstänige benennen. Die Anhörungen sind öffentlich und erden im Internetfernsehen des Bundestages übertraen. An öffentlicher und kontroverser Debatte gibt es lso keinen Mangel. Das gesamte Gesetzgebungsverhren von der Einbringung des Gesetzentwurfs über ie Plenardebatte und die Beschlussempfehlung des usschusses sind auf der Internetseite des Bundestaes ständig abrufbar. Jedes Gesetzgebungsverfahren nterliegt darüber hinaus einer allgegenwärtigen meialen Kontrolle. Es gibt also keine Transparenzund formationsdefizite; den Forderungen des Bundesverssungsgerichts, dass der gesamte parlamentarische illensbildungsprozess für den Bürger durchschaubar t, wird umfassend Rechnung getragen. Politische Entscheidungen bestehen fast immer aus ompromissen unterschiedlicher Interessen. Es ist ohlfeil, die Entscheidung anschließend unter Lobbymusverdacht zu stellen, weil man sich damit sehr icht der sachlichen politischen Auseinandersetzung ntziehen kann. Tatsächlich tragen wir als Parlamenrier für alle von uns beschlossenen Gesetze die Ver ntwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern nd müssen ihnen dafür in vielfacher Weise Rechenchaft im Wahlkreis und im Parlament ablegen. Ein obbyistenregister kann uns diese Verantwortung icht abnehmen. Die Anträge der Opposition werden ir daher ablehnen. Ich bin seit dreieinhalb Jahren im Deutschen Bun estag, bin 52 Jahre alt und war vorher kein Politiker; h bin also in der ersten Periode ein Externer – oder ogar ein Lobbyist? Denn: Ich vertrete Interessen, ich Bernhard Kaster gebene Reden )

Armin Schuster (CDU):
Rede ID: ID1724414700




(A) )

habe Fachwissen, und ich gestalte Politik. Das alles
sind jedenfalls typische Merkmale von Lobbyisten.

Als ehemaliger Bundespolizist oder als Qualitäts-
manager bin ich zu meinem beruflichen Glück seit
Jahren Fachmann und Interessenvertreter zugleich.
Ich bin aus eigener Erfahrung noch nahe dran an den
Themen, für die ich im Innenausschuss auch fachpoli-
tisch Verantwortung habe und empfinde.

Das mag mancher vielleicht seltsam finden oder so-
gar kritisieren. Aber Fachwissen, meine lieben Kolle-
ginnen und Kollegen, vor allem von der Opposition,
hat noch niemandem geschadet. Wenn ich Nichtpoliti-
kern davon berichte, dass der eine oder andere hier
findet, ich sei zu nah dran, zu sehr selbst betroffen,
ernte ich nur Unverständnis.

Wir alle sind Interessenvertreter, ob fachlich, par-
teipolitisch, regional oder ideologisch, und viele von
uns sind Experten. Sie haben sich – hoffentlich – Wis-
sen und Kenntnisse erworben in Ihrem Leben vor der
Politik, Sie haben Erfahrungen gesammelt, und Sie ha-
ben sich eine Meinung zu vielen Themen gebildet. Das
ist in einer repräsentativen Demokratie richtig und gut
so, ja unverzichtbar.

Expertenwissen sammelt man in der Wirklichkeit.
Es entsteht vor allem durch eigene Erfahrungen und
durch spezielle Ausbildungen. Deshalb werden wir in
der Exekutive wie in der gesetzgebenden Gewalt im-
mer auf Fachleute aus dieser Wirklichkeit angewiesen
sein. Und darum sage ich ganz klar und deutlich: Wir
brauchen die Unterstützung von Externen in Bundes-
behörden!

Und genau aus diesen Gründen lehne ich eine Stig-
matisierung von externen Fachleuten in Ministerien
und anderen oberen Bundesbehörden ab. Ich sehe kei-
nen Nutzen darin, diese Experten in öffentlich zugäng-
lichen Berichten praktisch an den Pranger zu stellen.
Ich erkenne auch keinen Mehrwert darin, dem Bundes-
ministerium des Innern weitere Berichtspflichten auf-
zuerlegen.

Die derzeitige Praxis ist gut, sie ist transparent und
schützt zugleich die Betroffenen. Seit 2008 gibt es die
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Einsatz von au-
ßerhalb des öffentlichen Dienstes Beschäftigten. Dazu
gehört auch, dass solche Externen nicht an der Formu-
lierung von Gesetzentwürfen und anderen Rechtsset-
zungsakten beteiligt werden dürfen. Das Auswahlver-
fahren ist transparent zu gestalten, der Einsatz soll
nicht länger als sechs Monate dauern. Die Empfehlun-
gen des Bundesrechnungshofes aus dem Jahr 2007
wurden mit der Verwaltungsvorschrift 2008 konse-
quent umgesetzt; diese Praxis hat sich bewährt.

Der nun schon neunte Bericht über den Einsatz ex-
terner Personen in der Bundesverwaltung bringt uns
folgende Erkenntnisse: Die bloße Zahl von solchen Ex-
ternen in den obersten Bundesbehörden ist sehr nied-
rig. Wir reden von gerade einmal 48 Personen; die
meisten von ihnen kommen aus bundesnahen Einrich-

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Zu Protokoll ge

(C (D ngen, nur in acht Fällen kommen sie aus der Wirtchaft bzw. einem Wirtschaftsverband. Das ist dann irklich nicht zu viel. Die vier sogenannten Altfälle, ie im Bericht beschrieben werden, sind aus meiner icht eine zu vernachlässigende Größe, zumal in jedem all sehr gut und nachvollziehbar begründet wurde, arum diese Personen mehr als sechs Monate einge etzt worden sind. Bereits jetzt dürfen Externe nicht an er Formulierung von Gesetzentwürfen und anderen echtssetzungsakten beteiligt werden. Ich bedauere es sehr, dass interessierte politische reise in Deutschland gerne zwischen „guten“ und bösen“ Interessenvertretern unterscheiden und damit orurteile in der Öffentlichkeit schüren. So ist es offenichtlich gut und richtig, wenn in einem Ministerium in Mitarbeiter eines großen Umweltverbandes arbeit, aber es ist schlecht und korrupt, wenn externe irtschaftsvertreter das Wirtschaftsministerium unter tützen. Eine der erfolgreichsten Wirtschaftsnationen er Welt darf also nach Ansicht der SPD keine wirtchaftsnahen Experten um Rat fragen. Dagegen ist das ngagement von Umweltaktivisten zu begrüßen? Das ann nicht sein. Genauso wenig kann es sein, dass anz bestimmte Lehrer als Gemeinschaftsschul-Chefobbyisten im SPD-Bildungsministerium Baden-Würtmberg plötzlich Karriere machen oder sogenannte arkschützer im Stuttgarter Grünen-Verkehrsministeium eine Hotline zu Stuttgart21 betreuen. Welche cheinheilige Doppelmoral, meine Damen und Herren on Rot-Grün! Da machen wir nicht mit. Ich habe in den dreieinhalb Jahren als Abgeordner viel gelernt. Eine meiner wichtigsten Erkenntnisse t: Interessenvertretung, Expertenwissen und Lobbymus gehören zu den wertvollsten Instrumenten unser repräsentativen, pluralistischen Demokratie. Auch ich weiß: Parlamentarische Mühlen mahlen anchmal langsam. Ich habe die Hoffnung noch nicht ufgegeben, dass wir als selbstbewusste Parlamentaier aller Fraktionen in der Frage externer Beschäftigr in den Ministerien am Ende an einem Strang ziehen erden. Ich kenne jedenfalls keine Kollegin und keinen ollegen, der oder dem es egal ist, wer an Gesetzentürfen mitarbeitet. Genau das ist der Kern unseres ntrags. Ich möchte als Parlamentarier wissen, wer n einem Gesetz mitgewirkt hat, über das ich hier im ohen Hause abzustimmen habe, und ob dabei die eutralität des Verwaltungshandelns noch gewährleist ist. Wir wollen mit unserem Antrag eben nicht die gitime Interessensvertretung verbieten, sondern die ersteckte Einflussnahme offenlegen. Deshalb fordern ir, zukünftig im Vorblatt eines jeden Gesetzentwurfs ufzulisten, ob und in welcher Zuständigkeit externe itarbeiter an der Entstehung eines Gesetzes beteiligt aren. Nur so besteht die Möglichkeit, die seit Jahren ffenkundigen Missstände abzuschaffen und vermeidaren Schaden zu verhindern. Nur Transparenz schützt or ungewollter Einflussnahme und schafft den nöti Armin Schuster gebene Reden )

Michael Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1724414800




(A) )

gen Rahmen, um die Risiken des Missbrauchs zu mini-
mieren.

Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit auch aus-
drücklich anerkennen, dass durch den Druck der kriti-
schen Öffentlichkeit und unsere parlamentarischen
Aktivitäten bereits viel geschehen ist: Die Zahl der ex-
ternen Mitarbeiter in den Ministerien ist seither gesun-
ken, die Vertreter aus der Wirtschaft und den Wirt-
schaftsverbänden bilden nur noch eine kleine Gruppe,
und viele der sogenannten Altfälle wurden beendet.

Dennoch stellen mich die bisherigen Ergebnisse
nicht zufrieden. Auch in dem inzwischen vorliegenden
Zehnten Bericht zum Einsatz externer Personen in der
Bundesverwaltung hält sich die Bundesregierung nicht
an ihre selbst aufgestellten Spielregeln. Schon lange
kritisiere ich die viel zu laxen Regeln. Wenn aber nicht
einmal diese viel zu lockeren Regeln eingehalten wer-
den, zeigt dies, wie ernst es der Bundesregierung mit
der vielgepriesenen Transparenz ist.

Ich möchte Ihnen daher heute gern detailliert die
Missstände benennen, welche eine zukünftige rot-
grüne Bundesregierung sehr schnell abstellen muss,
weil Schwarz-Gelb dies zu meinem Bedauern leider
vier Jahre lang versäumt hat.

Erstens. Für die sogenannten Altfälle – das sind
Einsätze, die vor dem Inkrafttreten der Verwaltungs-
vorschrift begonnen wurden und sich zudem meistens
über mehrere Jahre erstrecken – gilt die Verwaltungs-
vorschrift aus dem Jahre 2008 nicht. Schon das finde
ich schade. Warum hat man seitens der Bundesregie-
rung eine solche Unschärfe zugelassen und nicht rei-
nen Tisch gemacht und alle Altfälle schon 2008 been-
det? Wenn ein solcher Altfall heutzutage bereits über
103 Monate – und das sind nach Adam Riese fast
8,5 Jahre – läuft, ist dies zwar unschön, aber verstößt
nicht gegen die Regel. Die Forderung des Vizepräsi-
denten des Bundesrechnungshofes in der Anhörung des
Innenausschusses im Jahr 2009, die Altfälle zügig zu
beenden, wird von der Bundesregierung weiter igno-
riert. Ein paar sind beendet worden, andere nicht – wie
der aktuelle Zehnte Bericht des Bundesinnenministe-
riums zeigt. Im Jahr 2013 schlagen immer noch vier Alt-
fälle zu Buche. Diese Einsätze müssen besser heute als
morgen beendet werden.

Zweitens. Weiterhin kritisch sehe ich die Verweil-
dauer der eingesetzten Leihbeamten. Aktuell über-
schreiten 64 Prozent der externen Mitarbeiter die vor-
geschriebene Einsatzdauer von sechs Monaten um ein
Vielfaches – ohne Konsequenzen. In neun Fällen wird
die Verweildauer sogar bis auf über 24 Monate ausge-
reizt. Dabei kann wohl niemand mehr von einem tem-
porären Wissensaustausch sprechen. So setzt das Aus-
wärtige Amt die ehemalige Leiterin des Goethe-
Instituts Nancy für 52 Monate im Referat Deutsch als
Fremdsprache ein. Dauerhafter Bedarf an Fachwissen
darf aber ausdrücklich nicht von externen Personen
gedeckt werden. Solche Einsätze müssen dringend ab-

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Zu Protokoll ge

(C (D estellt werden, und die Missachtung der Verwaltungsorschrift darf nicht ohne Konsequenzen bleiben. Drittens. Leider sind befristete Arbeitsverträge von er Verwaltungsvorschrift ausgenommen. Dies stellt in Schlupfloch dar, das wir unbedingt schließen müsen. Auch befristete Arbeitsverträge müssen der Transarenzpflicht unterliegen. Viertens. Ich frage mich ernsthaft, welches Vertändnis von Transparenz die Bundesregierung hat, enn nur die Haushaltsund Innenpolitiker die Be ichte erhalten und sich die interessierte Öffentlichkeit nd Journalisten die Berichte seit Jahren über Umege „besorgen“ müssen. Ohne eine kritische Meienöffentlichkeit gibt es keine Kontrolle und Prävenon. Ich hoffe, das wird auch der Bundesregierung och klar. Ich fordere deshalb schon lange, die Beichte im Internet zu veröffentlichen und jährlich im lenum des Deutschen Bundestages zu debattieren. Fünftens. Fünf aktuelle Einsätze finden im Rahmen ines Personalaustausches zwischen den Ministerien nd den entsendenden Stellen statt. Leider erfahren ir als Parlamentarier nicht, welche Aufgaben zum eispiel ein Mitarbeiter des Auswärtigen Amts beim undesverband der Industrie wahrnimmt, der dort als auschpartner für 24 Monate tätig ist. Das sollte sich nächsten Bericht ändern; ich fordere hier lückense Vollständigkeit. Sechstens. Der Einsatz von externen Mitarbeitern t zulässig, wenn Fachwissen für die Erfüllung spezischer Aufgaben im Ministerium benötigt wird. Er ist ber nicht zulässig, wenn lediglich ein Personalmanel beseitigt werden soll. Deshalb wundert es mich chon, dass im Bundesministerium für Bildung und orschung derzeit 30 externe Mitarbeiter des Deutchen Zentrums für Luftund Raumfahrt e. V. eingeetzt sind, deren Einsatz mit dem „Kennenlernen der ätigkeit des BMBF“ oder „einem erhöhten Betreungsaufwand der Forschungsmuseen“ begründet ird. Ein Mitarbeiter der VDI Technologiezentrum mbH ist zudem im BMBF mit der „Betreuung des naoTrucks“ beauftragt; gezahlt wird der Einsatz von er entsendenden Stelle. Insgesamt hat das BMBF soit 36 externe Mitarbeiter, wohingegen 17 von insge amt 22 obersten Bundesbehörden gar keine Externen emeldet haben. Leider können wir als Parlamentarier icht nachprüfen, ob eine Nichtmeldung bedeutet, dass eine externen Mitarbeiter im betreffenden Ministeium tätig sind, oder schlicht und einfach die Meldung n das BMI vergessen wurde. Ich fordere deshalb die inführung der Negativmeldung. Auch ein Ministeium, das derzeit keine externen Mitarbeiter beschäfgt, muss dies dem BMI verpflichtend melden. Trotz der vielen sozialdemokratischen, grünen und nken Initiativen ist es uns in dieser Legislaturperiode ider nicht gelungen, die schwarz-gelbe Koalition von er Notwendigkeit einer umfassenden Transparenziniative zu überzeugen. Dennoch bin ich fest davon berzeugt, dass unsere parlamentarischen Selbsthei Michael Hartmann gebene Reden )





(A) )

lungskräfte uns davor bewahren sollten, auch nur den
Hauch eines Anscheins zu erwecken, Deutschland
würde von Lobbyisten regiert. Darin müssen wir Par-
lamentarier uns einfach einig sein und alles dafür tun,
das Gegenteil zu beweisen. Ich hoffe, dass wir in der
neuen Legislaturperiode fraktionsübergreifend endlich
auf den Weg bringen können, was die Menschen in
unserem Land zu Recht von uns erwarten: die Ver-
schärfung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbe-
stechung, mehr Transparenz beim Einsatz externer
Personen in der Bundesverwaltung, ein verpflichten-
des Lobbyregister für den Deutschen Bundestag, mehr
Transparenz beim Einsatz externer Berater in Norm-
setzungsverfahren, die Einführung eines Verhaltensko-
dex für ausscheidende Regierungsmitglieder und die
Neuregelung der Veröffentlichungspflichten für Ne-
beneinkünfte. Deutschland ist kein korrupter Staat,
und all jenen, die daran zweifeln, sollten wir mit einer
solchen Transparenzinitiative den Wind aus den Se-
geln nehmen.

Ich fordere Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen
der Koalitionsfraktionen, erneut auf, gemeinsam mit
uns eine transparente Regelung für den Einsatz exter-
ner Beschäftigter in Ministerien zu schaffen und somit
weiteren Schaden vom Gesamtansehen der Politik ab-
zuwenden.


Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1724414900

Vertrauen in die Legitimität staatlicher Entschei-

dungen setzt Transparenz voraus. Jedoch ist gerade
die Mitwirkung unterschiedlichster organisierter Inte-
ressen an der Gestaltung von Politik weitgehend in-
transparent.

Zu oft gab es in der Vergangenheit Fälle über zwei-
felhaften Einfluss von Interessenvertretern oder auch
externen Beratern, was aber für die interessierte Öf-
fentlichkeit nicht ausreichend nachvollziehbar war.
Das Vertrauen in die Politik leidet, wenn Bürgerinnen
und Bürger befürchten müssen, dass Entscheidungen
der Politik hinter verschlossenen Türen getroffen wer-
den. „Lobbyismus“ wird inzwischen eher als illegiti-
mer Einflussversuch anstatt als legitime Interessenver-
tretung angesehen. Und es ist tatsächlich für den
interessierten Bürger und die interessierte Bürgerin
kaum nachvollziehbar, wer in wessen Namen Kontakte
im Parlament pflegt und wessen Interessen vertreten
werden. Dies muss sich ändern, denn wir Politiker sind
auf das Vertrauen der Bevölkerung in unsere politische
Arbeit angewiesen.

Nachdem sich Europäisches Parlament und Euro-
päische Kommission darauf geeinigt haben, nun auch
ein gemeinsames Lobbyistenregister zu führen, das
mehr Transparenz in den Gesetzgebungsprozess brin-
gen wird, ist es höchste Zeit, dass wir auch in Deutsch-
land zu einer weiterführenden Regelung kommen, die
mehr Transparenz als bisher gewährleisten kann. Wir
müssen vor allem einen gravierenden Mangel des
deutschen Lobbyistenregisters überwinden: seine
Freiwilligkeit. Ein Mangel, der auch dem gemeinsa-

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(C (D en europäischen Lobbyistenregister weiterhin anzusten ist. 1972 richtete Deutschland als erstes Land der da aligen Europäischen Gemeinschaft ein Lobbyistengister ein, in das sich alle Verbände einzutragen ha en, die Interessen gegenüber dem Bundestag oder der undesregierung vertreten. Zu diesen Angaben gehön Name und Sitz des Verbandes, die Zusammenset ung von Vorstand und Geschäftsführung, der Interesenbereich des Verbandes, Mitgliederzahl, die Namen er Verbandsvertreter sowie die Anschrift der Gechäftsstelle am Sitz von Bundestag und Bundesregieung. Bei Anhörungen des Bundestags werden nur Vereter derjenigen Verbände zugelassen, die mit den ollständigen Angaben eingetragen sind. Dies reicht llerdings bei weitem nicht aus, um beispielsweise fianzielle Verflechtungen offenzulegen. Deshalb setzt sich die SPD-Bundestagsfraktion für ie Schaffung einer Registrierungspflicht ein: ein verindliches und öffentliches gesetzliches Lobbyistenreister, in das sich alle Interessenvertreter – natürliche owie juristische Personen – eintragen müssen. Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen: Es müssen Definitionen von Interessenvertretung rmuliert werden. Dabei sind die Absicht und das Ziel der Auftragge erinnen und Auftraggeber zentral, direkten Einfluss uf die Abläufe und Entscheidungen, also auf den deokratischen Willensbildungsprozess des Deutschen undestages und der Bundesbehörden auszuüben. Als ntscheidendes Kriterium der Kontaktaufnahme zu undestagsabgeordneten oder Bundesbehörden müsen finanzielle wie zeitliche Schwellenwerte festgelegt erden. Zu den offenlegungspflichtigen Angaben gehören: ame, Anschrift, Geschäftssitz und weitere geschäftlihe Kontaktinformationen sowie der finanzielle Rahen, insbesondere Herkunft und Höhe der aus Interes envertretung erzielten steuerlichen Einnahmen, der gistrierungspflichtigen Interessenvertreterin bzw. es registrierungspflichtigen Interessenvertreters. Dazu gehört auch die Zuordnung zu einzelnen Ar eitgebern bzw. Auftraggebern, wie Name, Anschrift, eschäftssitz, weitere geschäftliche Kontaktinformaonen, Geschäftsführung und Vorstand, Mitgliederahl, Anzahl der mit Interessenvertretung beauftragten obbyistinnen und Lobbyisten, finanzieller Rahmen, ofern die Interessenvertretung nicht auf eigenen Naen erfolgt. Außerdem gehört dazu eine zusammenfassende Be chreibung der Tätigkeitsbereiche. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die Lobby tigkeiten nachgehen, müssen in dem Register vererkt werden. Die Höhe der finanziellen Aufwendungen für die In ressenvertreterin und den Interessenvertreter sind Michael Hartmann gebene Reden )





(A) )

ebenfalls mit aufzunehmen. Damit wird deutlich, in
wessen Namen und Auftrag Lobbyisten handeln.

Zur Ahndung von vorsätzlichen oder fahrlässigen
Verstößen gegen die Registrierungspflicht soll ein
Ordnungswidrigkeitstatbestand geschaffen werden.

Außerdem brauchen wir einen sanktionsbewehrten
Verhaltenskodex für Interessenvertreter mit Grund-
regeln für die Wahrnehmung ihrer Tätigkeit in Über-
einstimmung mit den Grundsätzen der Offenheit,
Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität. Diesem Ver-
haltenskodex können sich registrierungspflichtige In-
teressenvertreter bei Registrierung freiwillig unter-
werfen, wodurch sie seine Geltungskraft jedoch
verbindlich anerkennen. Im Lobbyistenregister wird
die freiwillige Annahme oder Nichtannahme des Ko-
dex öffentlich einsehbar vermerkt, sodass ein starker
Anreiz zur Unterwerfung unter den Kodex existiert.

Letztlich schaffen wir erst mit einer verbindlichen
Regelung ein Instrumentarium, das es der interessier-
ten Öffentlichkeit ermöglicht, selbst zu entscheiden,
wem sie ihr Vertrauen schenken will.

Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zum Antrag
der SPD-Fraktion.


Dr. Stefan Ruppert (FDP):
Rede ID: ID1724415000

Wir haben in dieser Legislaturperiode mehrfach das

Thema „Lobbyismus und Transparenz“ behandelt.
Leider muss man sagen, dass wir in der Debatte kaum
vorangekommen sind. Wir Liberale wären durchaus zu
sachlichen Gesprächen und Verbesserungen im Detail
bereit gewesen. Aber bedauerlicherweise sind wir auf-
grund des ideologisch sehr aufgeladenen und zudem
noch unscharfen Lobbyismusverständnisses der Oppo-
sition in der Sache nicht über Grundsatzdebatten hi-
nausgekommen. Damit wurde dem Ansehen der Politik
und des Deutschen Bundestages sicher kein Gefallen
getan.

Interessenvertreter aus der Mitte der Gesellschaft
sind für eine funktionierende Demokratie wichtig. Lob-
byisten kommen im Gegensatz zum Glauben der Oppo-
sition nicht nur von Unternehmen oder Wirtschaftsver-
bänden. Sie kommen ebenso aus Gewerkschaften,
Kirchen, Hilfsorganisationen und Umweltinitiativen.
Deshalb ist eine Einteilung in „gute“ und „schlechte“
Interessenvertreter auch wenig sinnvoll, weil prinzi-
piell jedes gesellschaftliche Interesse in einer Demo-
kratie einen Anspruch auf Gehör hat. Und das Heran-
tragen von Anliegen aus der Mitte der Gesellschaft an
die Politik ist legitim. So können neue Aspekte in die
politische Diskussion eingebracht werden, die zuvor
nicht gesehen wurden. Manchmal ergeben sich so auch
Hinweise auf Folgen gesetzlicher Regelungen, die man
zuvor nicht berücksichtigt hat und die von der Politik
nicht beabsichtigt sind. Solche klärenden Gespräche
können dazu beitragen, dass Gesetzentwürfe im parla-
mentarischen Verfahren verbessert werden.

Es ist keineswegs der Fall, dass wir Bundestagsab-
geordnete eins zu eins die Dinge übernehmen, die uns

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Zu Protokoll ge

(C (D on Interessenvertretern vermittelt werden. Ganz im egenteil! Wir Abgeordnete sind mit dem freien Manat ausgestattet und letztlich nur unserem Gewissen nterworfen. Um politisch gute Entscheidungen zu effen, sollte sich ein Politiker aber nicht nur einseitig formieren. Vielmehr sollte er möglichst viele Arguente und Sichtweisen unterschiedlicher gesellschaftcher Interessen hören und diese zur Grundlage seiner igenen Abwägungsentscheidung machen. Das ist ein Verständnis von Politik. Ohne den eigenen innen Kompass ist man im Berliner Politikbetrieb schnell erloren. Ein paar abschließende Anmerkungen zu den Anägen der Opposition: Die Forderungen der SPD mit Blick auf externe ersonen in der Bundesverwaltung sind größtenteils alitätsfern. Die Maßnahme einer Kennzeichnungs flicht für Externe ist nicht nur ein massiver Eingriff in eren Arbeitssituation, sondern ein ebenso starker in as Persönlichkeitsrecht des Einzelnen. Das halte ich r den völlig falschen Weg! Den von der SPD vorge chlagenen legislativen Fußabdruck in der Bundesveraltung halte ich prinzipiell für einen diskussionswürigen Ansatz. Allerdings vergisst die SPD, dass noch ndere Akteure den Gesetzestext im Verfahren entcheidend beeinflussen: der Bundestag und schlussndlich der Bundesrat. Wie dann die Idee des Fußabrucks über alle drei Institutionen hinweg konsequent erwirklicht werden könnte, halte ich für eine sehr chwierige Frage, die auch die SPD nicht gelöst hat. Die Vorschläge der Opposition für ein Lobbyregisr sind ebenso praxisfern oder haben keinen tatsächchen Nutzen für die Transparenz. Beispielsweise eße sich der zeitliche Aufwand für ein Vorhaben oder inen Auftraggeber nur schwer quantifizieren, wenn teressenvertreter Gespräche zu mehreren Themen der mit verschiedenen Abgeordneten führen. Auch agt die Arbeitsdauer für ein bestimmtes Vorhaben och nichts über den „Erfolg“ der Lobbytätigkeit aus. leiches gilt für die Forderung, die Lobbyarbeit nur b einer finanziellen Grenze zu erfassen. Einflussahme ist sicher auch ehrenamtlichen Interessenveretern möglich. Viele Vorschläge wie diese sind kaum kontrollierbar der verursachen enorme Bürokratiekosten. Daher önnen wir die Anträge der Opposition nur ablehnen. Über Lobbyismus wurde in diesem Hause bereits es Öfteren diskutiert. Oft schon hat die Opposition anz konkrete Vorschläge für mehr Transparenz bei er Interessenvertretung gegenüber Bundesregierung nd Bundestag vorgelegt. Und oft schon hat die Regieungskoalition entschieden, diese Dinge im Dunkeln u belassen. Dabei wird die Forderung nach mehr Öffentlichkeit nd Nachvollziehbarkeit politischer Entscheidungsrozesse von CDU/CSU und FDP stets so behandelt, Christian Lange gebene Reden )

Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724415100




(A) )

als spreche man über Almosen. Transparenz ist aber
kein Almosen, sondern laut Bundesverfassungsgericht
ein verbriefter Anspruch der Bevölkerung. Denn
Transparenz ist die Grundlage für Vertrauen, für nicht
weniger als das Vertrauen in die Politik und in unsere
Demokratie.

Heute geht es um unsere Forderung nach einem ver-
bindlichen, sanktionsbewehrten Lobbyistenregister,
nicht weltbewegend, aber dennoch wichtig. Die han-
delnden Personen und deren mögliche Einflussnahme
sollen nachvollziehbar werden. Die finanziellen Auf-
wendungen der zu registrierenden Lobbyisten für ihre
Tätigkeit sollen dazu offengelegt werden. Im Falle der
Nichtbeachtung soll es entsprechende Sanktionen ge-
ben, die von unabhängiger Stelle festgelegt werden.

Wenn, wie Sie von der Koalition immer behaupten,
durch Lobbyismus tatsächlich keine unzulässige Ein-
flussnahme auf die Politik erfolgt, warum sollen diese
Informationen dann nicht öffentlich sein? Was hat je-
mand, der nur ganz legal seine Interessen gegenüber
der Politik äußert, denn dabei zu befürchten? Die Ant-
worten auf diese Fragen bleiben Sie uns schuldig.

Ich muss aber auch feststellen: Ganz so harmlos wie
Ihnen stellt sich mir die Lage leider nicht dar. Ein
Blick in die Schlagzeilen muss einen fürchterlichen
Eindruck bei der Bevölkerung hinterlassen. Und da-
runter leidet das Ansehen der gesamten Politik. So ha-
ben beispielsweise einige Mitglieder des Landtages in
Bayern ihre Angehörigen auf Kosten der Allgemein-
heit beschäftigt. Der Staatsminister Eckart von
Klaeden wechselt vom Bundeskanzleramt direkt zur
Lobbyabteilung bei der Daimler AG. Und er ist leider
keine Ausnahme, sondern nur einer von vielen Politi-
kern, die die sogenannte Drehtür von der Politik in die
Wirtschaft aufgrund ihrer guten Kontakte für sich sehr
gewinnbringend ausgenutzt haben. Umgekehrt sitzen
Lobbyisten in den Ministerien; das darf nicht sein.

Die Daimler AG hat übrigens – laut Veröffentli-
chungsbericht des Bundestagspräsidenten – noch vor
kurzem jeweils 100 000 Euro an die CDU und die SPD
gespendet. Wir wollen solche Unternehmensspenden
– egal von wem sie kommen – verbieten. Denn wir
denken, es ist schlichtweg ungerecht, wenn die Wirt-
schaft sich den Einfluss bei Parteien sichert und ihre
Interessen dann Vorrang haben. Das sagen wir übri-
gens nicht nur, weil die Linke als Vertreterin der Inte-
ressen der Beschäftigten, Sozialleistungsempfänge-
rinnen und -empfänger, Rentnerinnen und Rentner als
einzige Partei keine Spenden von Unternehmen erhält.

Die Reglementierung des Einflusses von Interessen-
gruppen auf die Politik ist für uns einfach unverzicht-
bar, um die soziale Gerechtigkeit voranzubringen.
Denn die Durchsetzbarkeit gesellschaftlicher Interes-
sen hängt leider immer auch stark von den wirtschaft-
lichen und strukturellen Mitteln ihrer Vertretung ab.
Oder wollen Sie allen Ernstes behaupten, dass ein-
zelne Bürgerinnen und Bürger mit ihren Sorgen im Re-

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Zu Protokoll ge

(C (D elfall den gleichen Einfluss auf die Politik haben wie in Unternehmen? Dies ist offensichtlich nicht der Fall: In der Bundesgierung und im Bundestag werden immer wieder von er Unternehmerlobby konkrete Formulierungswünche in die Gesetze übernommenen. In einem Fall am nde des letzten Jahres wurden so beispielsweise vom undestag nach massivem Lobbyeinsatz der Versicheungsunternehmen finanzielle Verluste für die Verraucherinnen und Verbraucher von mehreren Milliaren Euro beschlossen. Das ist ein Skandal. Es ist uns ichtig, solche Einflussnahme auf die Politik regulär ichtbar zu machen und nicht nur zufällig ans Licht der ffentlichkeit gelangen zu lassen. All die erwähnten Vorgänge fanden an unterschied chen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten statt. nd dennoch haben sie eines gemeinsam: den stetig ahinschmelzenden Vertrauensvorschuss der Bevölkeung. Dieser Prozess muss endlich umgekehrt werden. ir alle sind aufgefordert, nicht nur dem Eindruck, ondern auch den ganz realen Gefahren der Käuflicheit von Politik vorzubeugen – durch Transparenz und nabhängigkeit im Bundestag und in der Bundesreierung. In einem gleichnamigen Antrag haben wir chon vor langer Zeit unsere wichtigsten Forderungen azu wiederholt. Sie haben diesen Antrag leider reexartig abgelehnt. Genauso werden Sie heute mit der orderung nach einem verpflichtenden Lobbyistenreister umgehen. Und so werden Sie auch – gegen jede Vernunft und egen internationale Verpflichtungen – unseren konreten Gesetzesvorschlag zur Verschärfung der Strafarkeit der Abgeordnetenbestechung mit Ihrer Mehreit weiter blockieren. Sie, werte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, erden auch weiter weder den Mut noch den Willen ufbringen, eine angemessene Karenzzeitregelung für itglieder der Bundesregierung und Parlamentari che Staatssekretäre einzuführen. Es geht dabei um en Wechsel in solche Tätigkeiten, die im Zusammenang mit der vorherigen Zuständigkeit des Ministeiums stehen. Schließlich würden Sie so das lukrative rehtürgeschäft für die Parteifreunde einschränken. ie bekannt gewordenen Fälle zeigen, dass die betrofnen Politiker selbst die Grenzen nicht mehr erkenen, wenn es um ihren persönlichen Vorteil geht. Und letztlich werden Sie, werte Abgeordnete der egierungskoalition, auch weiterhin die von der Oposition geforderte betragsgenaue Veröffentlichung er Nebeneinkünfte von Abgeordneten auf Euro und ent ausbremsen, obwohl die Bevölkerung auf dieses issen einen Anspruch hat. Sie werden immer weiter so tun, als sei die Erwar ng der Wählerinnen und Wähler, dass die Abgeordeten unabhängig und nur dem Gewissen verpflichtet andeln, nur ein dummer Aberglaube. Ist es denn wirkch so dumm, darauf zu vertrauen, dass Politiker nicht um eigenen, sondern zum gemeinen Wohl entschei Dr. Dagmar Enkelmann gebene Reden Dr. Dagmar Enkelmann )








(A) )

den? Ich sage Ihnen: Es ist nicht dumm, sondern ganz
einfach: Transparenz wird belohnt. Der Lohn ist Ver-
trauen. Beweisen Sie, dass Sie das Vertrauen der Wäh-
lerinnen und Wähler ernst nehmen, und handeln Sie
endlich!

Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Die Organisation von Interessen gehört zur Demo-
kratie. Der Austausch von Meinungen ist Kernbe-
standteil einer pluralistischen Gesellschaft. Daher
sind auch der Lobbyismus und sein Ansinnen, Interes-
sen in der Gesellschaft in organisierter Form zu kana-
lisieren und bei den politischen Entscheidungsträgern
und in der Öffentlichkeit für deren Umsetzung zu wer-
ben, legitimer Bestandteil einer demokratischen Zivil-
gesellschaft. Lobbyismus ist als solcher nicht anrü-
chig. Wir dürfen auch die ehrlichen Lobbyisten, die
uns mit Expertisen ausstatten und auf Fehler bei Ge-
setzentwürfen hinweisen oder auch nur ihre Interessen
vortragen, die mit anderen Interessen im Widerstreit
sind, nicht diffamieren.

Es gibt aber auch die negativen Beispiele. Lobbyis-
tinnen und Lobbyisten, die hier mit Geld unterwegs
sind und nicht sagen, wer sie eigentlich sind, zum Bei-
spiel die Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft“,
bei der die Öffentlichkeit nicht so genau weiß, wer da-
hintersteckt und wer ihre Kampagnen finanziert.

Die beste Prophylaxe gegen Korruption und anrü-
chige Hinterzimmerpolitik ist Transparenz. Das ist der
Ansatz für ein Lobbyistenregister. Ich hätte mir ja ge-
wünscht, dass die Damen und Herren von der Koali-
tion mit uns gemeinsam über die Details reden. Denn
über die muss man reden, und man muss das sachlich
machen. Aber wenn Sie nur diffamieren und behaup-
ten, wir agitierten hier gegen die Interessenvertretung
der Gesellschaft in diesem Land, dann zeigt das, dass
Sie offensichtlich etwas befürchten, wenn das transpa-
renter wird.

Das kommt bei der Mövenpick-Koalition allerdings
nicht ganz von ungefähr. Sie haben in der Tat ein Pro-
blem; denn bei Ihnen gibt es tatsächlich einen Zusam-
menhang zwischen Geldüberweisungen an die Par-
teien und gesetzgeberischen Bonbons hinterher, die
den Steuerzahler teuer zu stehen kommen. So etwas
sollten wir abstellen. Ein Beitrag dazu kann das Lob-
byistenregister sein. Die Demokratie nimmt insgesamt
Schaden, wenn der Eindruck entsteht, es würden mit
Geld bestimmte Interessen im politischen Meinungs-
streit verstärkt und es werde illegitimerweise auf Ent-
scheidungen des Gesetzgebers oder der Exekutive Ein-
fluss genommen. Deshalb finden wir es wichtig, dass
wir Parlamentarier überlegen, wo wir durch mehr
Transparenz dafür sorgen können, dass die politischen
Entscheidungen nachvollziehbarer werden und dass es
schwieriger wird, auf illegitime Weise auf die Gesetz-
gebungsorgane und auf die Exekutive Einfluss zu neh-
men. Wir haben das unter Rot-Grün bei den Abgeord-
neten mit der von der Koalition viel gescholtenen

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(C (D egelung zur Transparenz bei den Nebentätigkeiten egonnen. Keine Lösung ist da die „Ständig aktualisierte Fasung der öffentlichen Liste über die Registrierung von erbänden und deren Vertretern“. Diese Liste ist völlig transparent und uninformativ, kostet aber Arbeit. arum machen wir das nicht zu einem wirklichen inrmativen und transparenten Instrument, damit jede ürgerin und jeder Bürger, Abgeordnete und Journasten hier entsprechende Informationen finden kann? Auch bei den externen Mitarbeiterinnen und Mitareitern muss sich etwas ändern. Denn wir wollen unere Verwaltung nicht gegen externen Sachverstand bschotten. Das muss aber transparent erfolgen und in iner Art und Weise geschehen, dass keine illegitime influssnahme auf exekutives Handeln möglich ist, wie s in der Vergangenheit geschehen ist, als Industrieitarbeiter Genehmigungsverfahren durchgeführt und esetzentwürfe formuliert haben. Wir brauchen aber auch etwas, was die Europäiche Union längst hat: Eine Karenzzeit für ausgeschieene Regierungsmitglieder, wie Herrn von Klaeden. an hat auf EU-Ebene eine solche Karenzzeit damals egen Herrn Bangemann eingeführt, der zu einem Tekommunikationsunternehmen gewechselt ist. Ich ernere aber auch an Schröder, Clement und andere. arenzzeit heißt nicht Betätigungsverbot, aber Genehigungspflicht für Anschlussverwendungen an das mt. Lobbyismus ist keine schlechte Sache. Ob die Deut che Bischofskonferenz oder der Lesbenund Schwunverband, ob die Solarindustrie oder das Deutsche tomforum hier ihre Interessen vortragen, ist per se ichts Schlechtes. Wir haben als Parlamentarier die ufgabe, die Argumente zu wägen und im Interesse des llgemeinwohls auszugleichen. Dabei sind wir aber arauf angewiesen, zu wissen, mit wem wir es jeweils u tun haben. Das Lobbyistenregister kann dazu einen ertvollen Beitrag leisten. Tagesordnungspunkt 30 a. Wir kommen zur Abstim ung über die Beschlussempfehlung des Innenausschuses zu dem Antrag der Fraktion der SPD mit dem Titel Mehr Transparenz beim Einsatz externer Personen in er Bundesverwaltung – Bericht des Bundesrechnungsofes vollständig umsetzen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehng auf Drucksache 17/13314, den Antrag der Fraktion er SPD auf Drucksache 17/5230 abzulehnen. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist ngenommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen egen die Stimmen der Oppositionsfraktionen. Tagesordnungspunkt 30 b. Abstimmung über die Bechlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, munität und Geschäftsordnung auf Drucksache 7/13737. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724415200




(A) )

Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner
Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der
Fraktion der SPD auf Drucksache 17/6442 mit dem Titel
„Interessenvertretung sinnvoll regeln – Lobbyismus
transparent machen“. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die
Beschlussempfehlung ist angenommen mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
tionsfraktionen.

Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung emp-
fiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der
Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/2096 mit dem Ti-
tel „Einführung eines verpflichtenden Lobbyistenregis-
ters“.

Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
lung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen
die Stimmen der Linken bei Enthaltung von SPD und
Grünen angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buch-
stabe c seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des
Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 17/2486 mit dem Titel „Transparenz schaffen – ver-
bindliches Register für Lobbyistinnen und Lobbyisten
einführen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitions-
fraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen
angenommen.

Tagesordnungspunkt 31:

Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten
Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des
Bundesvertriebenengesetzes
– Drucksache 17/10511 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales

Auch hier gehen die Reden zu Protokoll.


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1724415300

Bereits mit dem Neunten Gesetz zur Änderung des

Bundesvertriebenengesetzes, welches am 9. Dezember
2011 in Kraft getreten ist, hat die christlich-liberale
Koalition zum Ausdruck gebracht, welche hohe Bedeu-
tung sie den Anliegen von Spätaussiedlern und deren
Familien beimisst.

Durch die zwischenzeitlich in Kraft getretene Ände-
rung haben im Bundesgebiet wohnende Spätaussiedler
erstmals die Möglichkeit erhalten, im Herkunftsgebiet
verbliebene Ehegatten und Abkömmlinge in den Auf-
nahmebescheid nachträglich einzubeziehen.

Der vom Bundesrat beschlossene Gesetzentwurf zur
Änderung des Bundesvertriebenengesetzes knüpft an
die von der christlich-liberalen Koalition vorgenom-
mene Änderung an und greift einen in der Praxis äu-
ßerst bedeutsamen Aspekt bei der Umsetzung der Här-
tefallregelung in § 27 BVFG auf.

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(C (D Aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage kommt es mer wieder zu unbilligen Ergebnissen, die trotz der ereits vorhandenen Härtefallregelung im Bundesveriebenengesetz nicht verhindert werden können. Die unbilligen Ergebnisse können vor allem da urch entstehen, dass an der Voraussetzung des Besites von Grundkenntnissen der deutschen Sprache für amilienangehörige festgehalten wird und eine Ausahme hiervon nicht zugelassen wird. Schließlich fordert das Bundesvertriebenenrecht ach der derzeitigen Rechtslage für die Aufnahme von hegatten oder Abkömmlingen in den Aufnahmebecheid des Spätaussiedlers von den Ehegatten oder bkömmlingen den Nachweis des Besitzes von Grundenntnissen der deutschen Sprache vor der Ausreise us dem Aussiedlungsgebiet. Die Verwaltungspraxis hat jedoch gezeigt, dass diees unabdingbare Erfordernis in Einzelfällen zu unbilgen Härten führen kann. Diese gehen über den geetzlich bereits gesondert geregelten Ausnahmefall der ehinderung im Sinne des Neunten Buches Sozialgeetzbuch hinaus. Es handelt sich insbesondere um Fälle, in denen der hegatte oder Abkömmling aufgrund einer körperlihen, geistigen oder seelischen Krankheit oder in eiem vergleichbaren Fall nicht in der Lage ist, die errderlichen Grundkenntnisse der deutschen Sprache u erwerben. Die Feststellungen des Bundesrates, dass es an die er Stelle gesetzgeberischen Handlungsbedarf gibt, nterstütze ich. Schließlich gehen jedes Jahr weiterhin mehr als 500 Anträge von Spätaussiedlern beim Bundesveraltungsamt ein. Einige davon fallen auch in den Anendungsbereich der Härtefallregelung nach § 27 VFG. Aus meiner Sicht geht allerdings der vom Bundesrat orgeschlagene Lösungsansatz nicht weit genug, da ie bisherigen Regelungen des Bundesvertriebenengeetzes dem Gedanken der Familienzusammenführung och nicht ausreichend genug Rechnung tragen. Die orlage des Bundesrates sollte daher dafür genutzt erden, die bisherige Härtefallregelung des Bundesertriebenengesetzes deutlich zu verbessern und zu ereitern. Eine solche Erweiterung könnte beispielsweise be ücksichtigen, dass der Verlust der deutschen Sprache um Kriegsfolgenschicksal vieler Russlanddeutschen ehört. Dementsprechend könnte zukünftig minderjähigen Kindern des Spätaussiedlers die Mitaussiedlung der die nachträgliche Einbeziehung unter Verzicht uf Spracherfordernisse gestattet werden. Die Befreiung vom Spracherfordernis würde damit ur die wegen ihrer Minderjährigkeit besonders chutzbedürftigen noch nicht erwachsenen Abkömmnge des Spätaussiedlers betreffen. Dem Ehegatten nd den volljährigen Abkömmlingen des Spätaussied )


(A) )

lers wäre der Erwerb von Deutschkenntnissen vor der
Aussiedlung grundsätzlich auch weiterhin zumutbar.
Die bestehende Ausnahmeregelung wäre jedoch, so
wie vom Bundesrat bereits vorgesehen, auch für nach-
vollziehbare Krankheitsfälle zu erweitern. Eine solche
maßvolle Änderung wäre aus meiner Sicht auch aus
integrationspolitischen Gesichtspunkten her vertret-
bar.

Darüber hinaus sollte aus meiner Sicht auch ge-
prüft werden, ob nicht auch bei den Anforderungen an
das Bekenntnis zur Volkszugehörigkeit nach § 6 BVFG
Änderungsbedarf besteht.

Derzeit muss der Spätaussiedlerbewerber nachwei-
sen, dass er sich von Eintritt der Bekenntnisfähigkeit

(mit Beginn des 16. Lebensjahres) bis zur Aussiedlung

„nur“ zum deutschen Volkstum bekannt hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-
gerichts muss der Spätaussiedlerbewerber durchgän-
gig alle sich ihm bietenden Möglichkeiten zur Nationa-
litätenerklärung genutzt haben.

Die früher bestehende Möglichkeit zur Abgabe von
Nationalitätenerklärungen in Inlandspässen oder an-
deren amtlichen Dokumenten ist jedoch der jüngeren
Generation in einigen Nachfolgestaaten der Sowjet-
union, wie der Russischen Föderation und der
Ukraine, seit 1998 tatsächlich verwehrt.

Diesen Spätaussiedlerbewerbern bleibt somit ledig-
lich die Möglichkeit, durch Vorlage von weiteren amt-

(zum Beispiel Heiratsoder Geburtsurkunden)

Beispiel universitären Formularanträgen) den erfor-
derlichen Nachweis zu erbringen.

Die Kombination von engem Gesetzeswortlaut und
restriktiver Auslegung durch die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts führt somit im Ergebnis zu
unverhältnismäßig hohen Aufnahmehürden für die Be-
werber. Viele scheitern an diesen, sodass die ansonsten
begründeten Anträge abgelehnt werden müssen. Es er-
scheint daher aus meiner Sicht überlegenswert, den
bisherigen Wortlaut der Vorschrift an die tatsächliche
Situation in Russland und der Ukraine anzupassen und
bezüglich des Nachweiserfordernisses zu lockern. Die
Beibringung eines Nachweises „vergleichbarer Art“
sollte ausreichend sein, um das Bekenntnis zur deut-
schen Volkszugehörigkeit nachzuweisen.

Die Spätaussiedlerbewerber würden mit der Locke-
rung der Nachweispflichten deutlich mehr Flexibilität
bei der Nachweisführung erhalten. Dies könnte zu ei-
ner höheren Anerkennungsquote als bisher beitragen.
Auch an anderen Stellen im Bundesvertriebenengesetz
gibt es aus meiner Sicht Korrekturbedarf. So kommt
aus meiner Sicht auch eine Überprüfung der Anforde-
rungen an die bisher im Gesetz vorgesehene „fami-
liäre Übermittlung“ der deutschen Sprache nach § 6
BVFG in Betracht.

Bisher ist das vorgenannte Merkmal unabdingbare
Voraussetzung für die deutsche Volkszugehörigkeit.

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Zu Protokoll ge

(C (D ieses Erfordernis stellt jedoch eine nicht mehr zeitgeäße Verschärfung dar, die in der Verwaltungspraxis es Bundesverwaltungsamtes immer häufiger zu unbilgen Ablehnungsentscheidungen geführt hat. Hinzu kommt, dass der Spätaussiedlerbewerber zuätzlich zur familiären Übermittlung weitere Nacheise zur Abstammung von einem deutschen Volkszuehörigen und zum Bekenntnis zum deutschen olkstum vorlegen muss. Zu bedenken ist aus meiner Sicht insoweit auch, ass sich eine deutschstämmige Person auch durch as Erlernen der deutschen Sprache außerhalb der amilie mit ihrer Sprache und Kultur auseinanderseten und zu ihrem Deutschsein bekennen kann. Es erscheint mir daher durchaus prüfenswert, einen lternativen Nachweis für den Erwerb der erforderlihen Sprachkenntnisse zuzulassen. Gleichzeitig sollte ber natürlich die Möglichkeit eines Nachweises über inen familiären Erwerb weiter möglich sein. Die von mir dargestellten Fallkonstellationen zeien, dass der vom Bundesrat festgestellte gesetzgebeische Handlungsbedarf beim Bundesvertriebenengeetz tatsächlich noch größer ist als vielleicht auf den rsten Blick angenommen. Es ist mir ein großes Anliegen, dass wir den an uns estellten Anforderungen noch in dieser Wahlperiode erecht werden können und wesentliche Verbesserunen beim Bundesvertriebenengesetz erreichen werden. ber die Unterstützung eines solchen Vorhabens durch ie anderen Fraktionen dieses hohen Hauses würde h mich sehr freuen. Damit Ehegatten und Abkömmlinge in den Aufnah ebescheid eines Spätaussiedlers mit einbezogen weren können, müssen sie den Nachweis von Grundenntnissen der deutschen Sprache erbringen. So rdert es das Bundesvertriebenengesetz. In Einzelfäln kann dies zu unbilligen Härten führen, zum Bei piel dann, wenn der Ehegatte oder Abkömmling aufrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen rankheit oder in einem vergleichbaren Fall nicht in er Lage ist, die notwendigen Sprachkenntnisse zu ererben. Mit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes wur en Vertriebene sonstigen Ausländern gleichgestellt. Allerdings hat Deutschland aufgrund seiner Ge chichte Aussiedlern gegenüber eine besondere Verntwortung. Das Fehlen von Sprachkenntnissen ist geade auch Teil und Auswirkung des in Russland rlittenen Verfolgungsschicksals. Anders als andere usländergruppen empfinden sich Aussiedler nicht als igranten, sondern gerade als Deutsche. Wenn man jedoch Aussiedler mit Ausländern gleich tellt, dann doch auch bitte hinsichtlich der Vermeiung von ungewollten und unbeabsichtigten Härten. ür zu Ausländern nachziehende Ehegatten gibt es im Stephan Mayer gebene Reden )

Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1724415400




(A) )

Aufenthaltsgesetz eine Ausnahmevorschrift für das
Beibringen von Kenntnissen der deutschen Sprache,
wenn von dem nachziehenden Ehegatte eben aufgrund
einer „körperlichen, geistigen oder seelischen Krank-
heit“ nicht zu erwarten ist, dass er die Sprachkennt-
nisse wird erlernen können.

Mit dem Gesetzentwurf des Bundesrates kann die
bestehende Ungleichbehandlung von Angehörigen von
Spätaussiedlern und Angehörigen von Ausländern be-
endet werden.

Ich schlage vor, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.


Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1724415500

Gestern jährte sich das Inkrafttreten des Bundesver-

triebenengesetzes zum 60. Mal. Am 5. Juni 1953 trat
das Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen
und Flüchtlinge in Kraft.

Dabei ist das Gesetz damals wie heute kein Akt des
Revisionismus, sondern vielmehr ein Baustein zur Auf-
arbeitung des Unrechts des Nationalsozialismus. Die
Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg mit ihren
Familien vertrieben wurden, haben – bei ganz nüch-
terner Betrachtung – viel Leid erlebt. Bei allem
– menschlichen – Verständnis für ein Rachebedürfnis
der Völker und Staaten, die von den Deutschen mit
Krieg, Massenmord und Grauen überzogen wurden, ist
für jede betroffene Familie mit Vertreibung ein bitteres
Schicksal verbunden. Die unbestreitbare Kriegsschuld
der Deutschen und die untilgbare Schuld an Massen-
mord, Vernichtung, Zwangsarbeit und zahllosen weite-
ren Verstößen gegen Humanität und Menschlichkeit
kann und konnte nicht dadurch beglichen werden, dass
wiederum Unrecht durch Vertreibung geschah. Vertrei-
bung ist kein Akt der Wiedergutmachung oder der indi-
viduellen Verurteilung wegen Krieg und Verbrechen,
die von den Deutschen begangen wurden. Dass
Deutschland sich heute weltweit gegen Vertreibung
einsetzt, gemeinsam mit der Europäischen Union an-
prangert, wo Vertreibung geschieht und damit Unrecht
an vielen – auch unschuldigen – Menschen und deren
Familien begangen wird, ist ein Beitrag zur Aufarbei-
tung von Kriegsfolgen und zur Aussöhnung. Dies gilt
auch für den Umgang mit den deutschen Vertriebenen.
Wichtig ist hier immer, nicht neue Konflikte heraufzu-
beschwören, sondern klar und unzweideutig das Ziel
einer Aussöhnung vor Augen zu haben.

Wir sind unserer Geschichte verpflichtet – sowohl
und zuvörderst im Hinblick auf die Aufarbeitung der
Gräuel des Nationalsozialismus, auf Aussöhnung und
Völkerverständigung sowie Wiedergutmachung an
denjenigen, die der nationalsozialistischen Barbarei
zum Opfer gefallen sind, aber eben auch im Hinblick
auf Unrecht, das deutschen Staatsangehörigen in der
Folge widerfahren ist.

Wir bekennen uns aber als Deutsche heute auch
dazu, Minderheiten besonders zu schützen. Das kultu-
relle Erbe von Minderheiten, den Erhalt ihrer kulturel-
len und ethnischen Identität betrachten wir heute welt-

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(C (D eit als Menschenrecht. Die Nachkommen der eutschen Vertriebenen, die dort, wo sie heute leben, ine solche Minderheit sind, haben dann ebenso ein echt darauf, ihre kulturellen Wurzeln zu erhalten und u pflegen. Vielfach ist das aber schwierig bis unmögch. Dennoch verlangen wir aber natürlich nach wie vor, ass diejenigen, die nach dem Vertriebenengesetz nach eutschland kommen, ihre Identifikation mit ihrer eutschen Kultur nachweisen. Daran wird auch nicht erüttelt. Vielmehr geht es darum, für besondere Härfälle eine vernünftige Lösung zu finden. Einen dieser älle greift der vorliegende Gesetzentwurf des Bunesrates auf. Für Fälle, in denen aufgrund von körpercher, geistiger oder seelischer Krankheit des Ehegatn oder des Abkömmlings ein Spracherwerb der eutschen Sprache nicht möglich ist, soll künftig daselbe gelten wie für Fälle, in denen diese Personen ine Behinderung haben. Allerdings geht der Bundesratsentwurf darin zu eit, dass auch noch weitere „vergleichbare Fälle“ ufgenommen werden sollen. Die Bundesregierung hat ereits in ihrer Gegenäußerung darauf verwiesen, ass dies zu einer unabsehbaren Erweiterung des Tatestands führen würde. Die Koalitionsfraktionen weren daher einen Änderungsantrag stellen, mit dem wir as korrigieren werden. Mit der dann erfolgenden Änerung können Härtefälle vermieden werden, wenn ein hepartner wegen einer Krankheit die deutsche Sprahe nicht im geforderten Maße nachweisen kann. Zudem werden die Koalitionsfraktionen dahin geend Änderungen vorschlagen, dass auch für den Beoffenen selbst für den Fall, dass wegen einer körperchen, geistigen oder seelischen Krankheit der pracherwerb nicht möglich war, kein Ausschlussrund mehr vorliegt. Weiterhin wird die Koalition vorchlagen, dass das strikte Erfordernis des familiären pracherwerbs gelockert wird, da in vielen Familien ie deutsche Sprache über Jahrzehnte aufgrund ihres mfelds selbst im häuslichen Bereich kaum noch ge prochen werden durfte und daher vielfach nur noch ehr rudimentär vorhanden ist. Wer sich hier dann urch Erwerb der Sprache seiner kulturellen Herkunft ktiv bemüht, um sich anzueignen, was zu Hause verchütt gegangen ist, soll künftig nicht von vornherein on den Ansprüchen nach dem Bundesvertriebenengeetz ausgeschlossen sein. Die Linke kämpft seit Jahren dagegen, das Recht uf Familieneinheit von der Erfüllung von Sprachanrderungen abhängig zu machen. Es ist nicht akzepta el, dass die Geltung von Grundrechten davon abhänig sein soll, welchen Bildungsstand jemand hat, wie prachgewandt jemand ist oder welche Noten im eutschunterricht erzielt wurden. Doch in Deutschnd wird seit 2007 der Ehegattennachzug von einem prachnachweis abhängig gemacht. Im Bundesvertrie Rüdiger Veit gebene Reden )

Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724415600




(A) )

benengesetz findet sich eine ähnliche Regelung bereits
seit 2005.

Nun hat die Forderung nach Deutschkenntnissen im
Kontext des Bundesvertriebenengesetzes zumindest
eine gewisse Logik. Denn wenn Einwanderungsrechte
allein aufgrund der deutschen Volkszugehörigkeit bzw.
Abstammung eingeräumt werden – was wir als Linke
durchaus kritisch sehen –, dann können wohl zumin-
dest Grundkenntnisse der deutschen Sprache verlangt
werden. Aber etwas ganz anderes ist es, wenn es um
den Nachzug von Ehegatten dieser Personengruppe
geht. Denn dann müssen die Wahrung der Familien-
einheit und das Recht auf Zusammenleben im Vorder-
grund stehen. Hier gilt nach unserer Auffassung nichts
anderes als im Aufenthaltsrecht: Sprache darf nicht
zum Ausgrenzungskriterium werden!

Der vorliegende Gesetzentwurf des Bundesrates
will für den Familiennachzug zu Spätaussiedlerinnen
und Spätaussiedlern zumindest eine Härtefallregelung
hinsichtlich der geforderten Sprachkenntnisse schaf-
fen – was wir im Interesse der Menschen als einen
Schritt in die richtige Richtung begrüßen. Ausnahmen
sollen gelten bei körperlichen oder seelischen Krank-
heiten oder vergleichbaren Fällen. Begründet wird
dies mit unbilligen Härtefällen, die es in der Verwal-
tungspraxis gegeben habe; dauerhafte Familientren-
nung soll vermieden werden. In der Gesetzesbegrün-
dung wird mit einer Zahl von etwa 1 000 Menschen
gerechnet, die aufgrund der Neuregelung künftig zu ih-
ren Ehepartnern nachziehen könnten. Sie sind bislang
Opfer der ausgrenzenden und unmenschlichen Sprach-
anforderungen beim Ehegattennachzug für Spätaus-
siedlerinnen und Spätaussiedler geworden.

Man muss daran erinnern, dass der vorliegende Ge-
setzentwurf des Bundesrates eine Initiative des Landes
Niedersachsen vom Juni 2012 war, getragen vom da-
maligen Ressortchef Uwe Schünemann, in Fragen des
Aufenthaltsrechts ansonsten ein Hardliner in der
Union. In der Gesetzesbegründung heißt es, dass für
Spätaussiedler eine Gleichstellung mit den Regeln des
Ehegattennachzugs im Aufenthaltsrecht erfolgen soll.
Interessanterweise geht der Vorschlag im Bereich des
Vertriebenenrechts aber über die Regelung im Aufent-
haltsrecht in einem entscheidenden Punkt hinaus.
Denn durch den unbestimmten Rechtsbegriff des „ver-
gleichbaren Falls“ sollen „humanitäre Lösungen“ er-
möglicht werden, etwa „aufgrund des Alters oder der
Gebrechlichkeit des Familienangehörigen sowie auf-
grund von Lernschwäche oder Bildungsferne bei dem
konkret Betroffenen“. Das wäre genau die allgemeine
Härtefallregelung, die die CDU/CSU-Fraktion im Auf-
enthaltsrecht seit Jahren so vehement verweigert. Eine
solche allgemeine Härtefallregelung würde „die ganze
Vorschrift leerlaufen“ lassen, hatte der zuständige Be-
richterstatter Reinhard Grindel im Mai 2010 hier im Par-
lament erklärt (Plenarprotokoll 17/43, Seite 4 372 f.).
Diese Aussage macht nur Sinn vor dem Hintergrund,
dass es das eigentliche Ziel der Regelung der Sprach-
anforderungen ist, den Nachzug bildungsferner

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(C (D enschen zu erschweren. Deshalb wollen die Regieungsfraktionen auch keine Ausnahmeregelung im allemeinen Familiennachzugsrecht. Nicht Humanität und Einzelfallgerechtigkeit, sonern die Durchsetzung sozial selektiver Ausschlussmehanismen ist auch das Anliegen dieser Bundesregieung. Deshalb hat sie in ihrer Stellungnahme zum esetz erklärt, die Ausnahmeregelung für „vergleichare Fälle“ sei „problematisch“, weil sie bei den Beoffenen falsche Hoffnungen wecken könne. Der Sprachrwerb dürfe nicht auf die Zeit nach der Einreise erschoben werden. Diese unerbittliche Härte gegenber bildungsbenachteiligten und älteren Menschen ist nerträglich! Die Regierungsfraktionen sollten deshalb an der orliegenden Formulierung festhalten und die Geleenheit nutzen, im Familiennachzugsrecht des Aufentaltsgesetzes eine vergleichbare Härtefallregelung zu chaffen. Das wäre zumindest ein kleiner Schritt im inne der Betroffenen. Im Übrigen bleiben wir bei unerer Forderung, auf Sprachanforderungen im Famiennachzug zu verzichten. Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des undesvertriebenengesetzes möchte der Bundesrat ine flexible Härtefallregelung für Familienangeörige von Spätaussiedlern einführen, die nicht in der age sind, die für den Nachzug erforderlichen eutschkenntnisse zu erwerben. Dieses Anliegen unrstützen wir. Positiv an der Regelung ist insbesonere, dass die nicht abschließende Aufzählung der usnahmetatbestände eine angemessene Berücksichtiung der Einzelschicksale erlaubt. Bereits im Gesetzgebungsverfahren zur Änderung es Bundesvertriebenengesetzes im Jahr 2011 haben ir Grünen einen Änderungsantrag zu den geforderten eutschkenntnissen eingebracht. Wir sind aber einen chritt weiter gegangen als der Bundesrat. Wir haben ie Abschaffung der Deutschkenntnisse als Voraussetung für den Nachzug an sich gefordert. Klarstellen öchte ich, dass unsere Motivation dabei nicht die eitergehende Privilegierung von Vertriebenen im ergleich zu Einwanderern ist, deren Nachzug sich ach dem Aufenthaltsgesetz richtet. Wir fordern die bschaffung des Spracherfordernisses für alle Famienangehörigen, unabhängig davon, auf welcher geetzlichen Grundlage sie nach Deutschland einreisen. Als Obmann des Petitionsausschusses meiner Frakon weiß ich, dass uns in den letzen Jahren eine Vielahl von Petitionen erreicht hat, in denen Familien ihr chweres Leid von ungewollten Trennungen vortrugen. vielen Fällen wurde der Familiennachzug verwehrt, eil es den Angehörigen an den erforderlichen eutschkenntnissen gemangelt hat. Insbesondere älten Menschen und Personen aus ländlichen Gebieten der mit wenig Bildungserfahrung bzw. aus bildungsrnen Schichten ist der Spracherwerb im Ausland oft icht möglich. Diese Petitionen betreffen aber nicht Ulla Jelpke gebene Reden Memet Kilic )

Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724415700







(A) )

nur Spätaussiedler; auch Ehegatten von Deutschen,
Türkinnen und Türken, Argentinierinnen und Argenti-
niern und anderen Drittstaatsangehörigen beklagen
viel zu oft die Härten einer jahrelangen Trennung, die
das deutsche Einwanderungsrecht ihnen zumutet.

Es steht außer Frage, dass es für das Zusammen-
leben in Deutschland wichtig ist, dass die Familienan-
gehörigen Deutsch sprechen. Dafür ist aber ein
Deutschkurs im Ausland weder notwendig noch geeig-
net. Den nachgezogenen Familienangehörigen steht in
Deutschland ein umfangreiches Angebot an Integra-
tionskursen zur Verfügung.

Schließlich wächst der Druck aus der Europäischen
Union, den Familiennachzug zu reformieren. Die
Kommission hat ausdrücklich erklärt, dass Sprachtests
im Ausland als Bedingung für die Einreise gegen die
Familienzusammenführungsrichtlinie verstoßen. Mit
einem wegweisenden Urteil in der Rechtssache
Chakroun hat der Europäische Gerichtshof, EuGH,
klargestellt, dass die Genehmigung des Familiennach-
zugs die Grundregel darstellt. Die den Mitgliedstaaten
eingeräumten Handlungsspielräume müssten dagegen
eng ausgelegt werden. Betont hat der EuGH dabei
auch, dass die Behörden bei jeder Entscheidung eine
Abwägung im Einzelfall vornehmen müssen. Davon
sind wir in Deutschland noch weit entfernt.

Für Personen, denen es nicht gelingt die strengen
Voraussetzungen für den Nachzug zu erfüllen, muss
das deutsche Recht eine allgemeine Härtefallregelung
vorsehen. Die bereits existierende Härtefallregelung
im Bundesvertriebenengesetz könnte insofern als
Grundlage für eine allgemeine Härtefallregelung im
Aufenthaltsgesetz dienen. Die Regelung im Bundesver-
triebenengesetz setzt „nur“ eine „einfache Härte“ für
den Familiennachzug voraus. Dagegen setzen die im
Aufenthaltsgesetz enthaltenen Sonderbestimmungen
für Härtefälle bislang höhere Anforderungen an die
vorgebrachte Härte. Eine unterschiedliche Behand-
lung von Vertrieben und sonstigen Einwanderern leh-
nen wir ab.

Eine Härtefallregelung für den Familiennachzug ist
dem deutschen Recht auch nicht ganz fremd. So
enthielt bereits das Ausländergesetz von 1990 eine
Klausel, nach der von dem Erfordernis der Lebens-
unterhaltssicherung abgesehen wurde, wenn aus der
Ehe ein Kind hervorgegangen oder die Ehefrau
schwanger war.

Vor zwei Jahren hat die Bundesregierung ihren Ge-
setzentwurf zum Bundesvertriebenengesetz damit be-
gründet, Härtefälle zu vermeiden, die durch dauer-
hafte Familientrennungen entstehen, und dadurch die
Integration von Spätaussiedlern in Deutschland zu
fördern. Genau diesem Ziel dient auch der aktuelle
Gesetzentwurf des Bundesrates. Es wäre ein gutes
Zeichen, wenn die Bundesregierung ihren positiven
Absichtserklärungen Taten folgen ließe und ihre ableh-
nende Haltung zu diesem Gesetzentwurf noch einmal
überdenkt.

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(C (D Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent urfs auf Drucksache 17/10511 an die in der Tagesordung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann t die Überweisung so beschlossen. Tagesordnungspunkte 32 a und 32 b: a)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724415800
richts des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Halina Wawzyniak,
Jan Korte, Herbert Behrens, weiterer Abgeordne-
ter und der Fraktion DIE LINKE

Das System der Verwertungsgesellschaften
grundlegend modernisieren

– Drucksachen 17/11043, 17/13767 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Geis
Ansgar Heveling
Burkhard Lischka
Stephan Thomae
Halina Wawzyniak
Jerzy Montag

b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Halina Wawzyniak, Jan Korte, Diana
Golze, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines …
Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsge-
setzes – Einbeziehung von Kindertagesbetreu-
ungseinrichtungen in die Schrankenregelun-
gen

– Drucksache 17/4876 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 17/13768 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Geis
Ansgar Heveling
Burkhard Lischka
Stephan Thomae
Halina Wawzyniak
Jerzy Montag

Die Reden gehen zu Protokoll.


Ansgar Heveling (CDU):
Rede ID: ID1724415900

Es ist schon abenteuerlich, was die Fraktion Die

inke wieder einmal mit dem Urheberrecht vorhat.
an könnte auch sagen, die Linke wolle das Urheber-
cht nahezu vollständig aushebeln. Dieser Eindruck

ntsteht zumindest beim Lesen des Antrags „Das Sys-
m der Verwertungsgesellschaften grundlegend mo-
ernisieren“. Die sogenannte grundlegende Moderni-
ierung bedeutet in diesem Fall eine weitestgehende
reisgabe des bewährten Systems der kollektiven
echtewahrnehmung.
Bei der Fraktion Die Linke mag man ja eigentlich

icht annehmen, dass sie Systeme kollektiver Organi-


(A) )


)(B)

sation und Verwertung nicht gutheißen mag. Doch
selbst darauf ist bei der Fraktion Die Linke offensicht-
lich kein Verlass mehr. Statt konstruktive und ernstge-
meinte Verbesserungsvorschläge zur Debatte zu stel-
len, begnügt sich die Fraktion Die Linke wieder einmal
damit, auf den Populismuszug aufzuspringen und im
Rahmen der Debatte um die GEMA-Tarifreform undif-
ferenzierte und vermeintliche Argumente munter in ei-
nem Antrag zusammenzuwürfeln. Es ist daher die ein-
zig logische Schlussfolgerung, den vorliegenden
Antrag abzulehnen.

Für uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion bilden
Verwertungsgesellschaften nicht nur einen unverzicht-
baren und integralen Bestandteil eines modernen funk-
tionierenden Urheberrechts; sie leisten auch einen
maßgeblichen Beitrag zur kulturellen Vielfalt in unse-
rem Land und übernehmen darüber hinaus eine wich-
tige soziale Funktion für Künstlerinnen und Künstler.

Das System der kollektiven Rechtewahrnehmung
hat sich in Deutschland bewährt. Es sorgt für einen an-
gemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der
Rechteinhaber, der Urheber und der Konsumenten.
Deshalb steht die kollektive Rechtewahrnehmung auch
für einen funktionierenden und effizienten Verbrau-
cherschutz. Denn mit einer vorliegenden Lizenzierung
durch eine Verwertungsgesellschaft brauchen sich die
Nutzer mit der Vergütung der Urheber nicht weiter zu
befassen, was umgekehrt für den einzelnen Nutzer
auch schwierig möglich wäre. Offensichtlich ist der
Fraktion Die Linke nicht wirklich daran gelegen, et-
was für den Schutz der deutschen Verbraucherinnen
und Verbraucher zu tun. Auch die Urheber profitieren
auf der anderen Seite ebenso vom System der kollekti-
ven Rechtewahrnehmung, da sie ihre rechtlichen An-
sprüche gegenüber der Vielzahl von Nutzern kaum al-
lein durchsetzen könnten.

Natürlich ist innerhalb des lange bewährten Sys-
tems der kollektiven Rechtewahrnehmung auch Ver-
besserungspotenzial vorhanden, das noch nicht voll-
ständig ausgeschöpft ist. Durch die gesetzlich
legitimierte Monopolstellung der Verwertungsgesell-
schaften ergeben sich besondere Anforderungen an die
Transparenz sowie an die Struktur der einzelnen Ver-
wertungsgesellschaften. Doch hier ist der vorliegende
Antrag der Fraktion Die Linke sicher nicht der Weg
zum Ziel. Denn konkrete Vorschläge für Verbesserun-
gen sucht man in dem Antrag vergeblich.

Stattdessen hatte die Enquete-Kommission „Kultur
in Deutschland“ in ihrem Abschlussbericht umfangrei-
che Feststellungen zu Veränderungs- und Weiterent-
wicklungsprozessen im System der Verwertungsgesell-
schaften vorgebracht, von denen bereits einige
Vorschläge in Gang gesetzt worden sind.

Auch der ebenfalls zur Debatte stehende Gesetzent-
wurf der Fraktion Die Linke zur Änderung des
Urheberrechtsgesetzes birgt keine konstruktiven Vor-
schläge. Die geforderte Einbeziehung von Kinderta-
gesbetreuungseinrichtungen in die Schrankenregelun-

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(C (D en basiert ebenfalls – wieder einmal – auf einem opulistisch motivierten vermeintlichen Aufreger, ämlich einem Anschreiben der GEMA im Auftrag der erwertungsgesellschaft Musikedition an die Kindergesstätten mit dem Angebot eines Abschlusses von izenzverträgen. Wie die Linke bereits richtig zitiert, kommt die Verertungsgesellschaft Musikedition damit dem Wunsch ieler Kindertagesstätten nach, eine praxisorientierte nd handhabbare Lösung für das Fotokopieren von iederund Notenzetteln zu finden. Während die Frakon Die Linke hierzu bemerkt, dass dieses Vorgehen leider“ mit geltendem Recht vereinbar sei, sind wir er Auffassung, dass es keinen Änderungsbedarf gibt. Durch die einmalige Lizenzierung bei der Verwerngsgesellschaft Musikedition haben die Kinderta esstätten die Möglichkeit, ohne bürokratischen Aufand durch die Zahlung einer Pauschale eine estimmte Anzahl von Kopien pro Jahr anzufertigen. Übrigen sind mittlerweile durch Gesamtvertragsreelungen in vielen Fällen tragfähige Lösungen für iele Einrichtungen gefunden worden. Damit wird dem edarf der Kindertagesstätten Rechnung getragen, ben keinen „Bürokratismus“ betreiben und „realitsferne“ Anforderungen erfüllen zu müssen, wie die inke in ihrem Gesetzentwurf behauptet. Aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion ist an dieser telle im geltenden Urheberrecht keine Anpassung der Änderung notwendig. Die aktuelle Rechtslage ietet hier bereits einen angemessenen Ausgleich zwichen den Interessen der Rechteinhaber auf der einen nd der Kindertagesstätten, also der Nutzer, auf der nderen Seite. Die Verwertungsgesellschaften sorgen ier für eine praktikable und transparente Wahrnehung der Urheberrechte. Wir werden daher sowohl en vorliegenden Antrag „Das System der Verwerngsgesellschaften grundlegend modernisieren“ als uch den Gesetzentwurf zur Änderung des Urheberchtsgesetzes der Fraktion Die Linke ablehnen. Das Urheberrecht hat sich zu einem Dauerbren erthema im politischen Geschäft entwickelt. Es unteregt einem ständigen Anpassungsdruck. Die vorlieenden Initiativen der Fraktion Die Linke greifen zwei spekte zur Reform des Urheberrechts auf: kollektive echtewahrnehmung und Schranken. Zum einen wollen die Linken das System der Ver ertungsgesellschaften grundlegend modernisieren. erwertungsgesellschaften sind integraler Bestandteil es geltenden Urheberrechtssystems und leisten einen esentlichen Beitrag für die Einräumung von Nut ungsrechten an geschützten Werken und die Vergüng der Urheber. Wir Sozialdemokraten wollen das ystem der kollektiven Rechtewahrnehmung in eutschland daher nicht infrage stellen. Wir stehen benfalls für eine starke Aufsicht über Verwertungsgeellschaften, halten aber die im Antrag enthaltene Forerung nach einer umfassenden Staatsaufsicht mit Ansgar Heveling gebene Reden )

Burkhard Lischka (SPD):
Rede ID: ID1724416000




(A) )

nahezu unbegrenzten Eingriffsbefugnissen für überzo-
gen. Den Vorschlag, der Aufsicht vorzuschreiben, Ta-
rife der Verwertungsgesellschaften bereits vor Veröf-
fentlichung zu überprüfen, halten wir für verfehlt. Ziel
des Gesetzgebers war und ist es, die Rahmenbedingun-
gen so zu gestalten, dass sich die betroffenen Markt-
teilnehmer, das heißt Verwertungsgesellschaften und
Nutzervereinigungen, auf angemessene Tarife verstän-
digen können. Dieses Ziel gilt es weiterzuverfolgen.
Der Staat sollte sich aus den Verhandlungen der Betei-
ligten heraushalten.

Im Übrigen verfügt Deutschland im europäischen
Vergleich schon heute über eine starke Aufsicht. An-
statt punktuelle Veränderungen an dem grundsätzlich
funktionierenden System kollektiver Rechtewahrneh-
mung vorzunehmen, müssen wir vor allem unseren
Einfluss in Europa geltend machen und verhindern,
dass die Harmonisierungsbestrebungen der EU-Kom-
mission zu einer Absenkung der bestehenden hohen
Standards in Deutschland führen.

Zum anderen sehen die Kolleginnen und Kollegen
von der Fraktion Die Linke Handlungsbedarf bei den
Schrankenregelungen; insbesondere die Schranke der
öffentlichen Wiedergabe geht ihnen nicht weit genug.
Die Schranken der §§ 52, 53 Urheberrechtsgesetz sol-
len um Ausnahmen für Kitas und für Betreuungsein-
richtungen von Schülern erweitert werden. Dabei geht
es vor allem um die vergütungsfreie Erlaubnis zum Ko-
pieren von Notenblättern und zum Vortragen von Kin-
derliedern im Rahmen von öffentlichen Veranstaltun-
gen, die durch die Kita durchgeführt werden. Die
vorgeschlagene Änderung geht der SPD-Fraktion
– bei allem Verständnis für das Anliegen, das wir im
Grundsatz unterstützen – zu weit. Eine verfassungs-
konforme Klarstellung des Anwendungsbereichs von
§ 52 wäre allerdings zum Beispiel für das Vortragen
von Kinderliedern im öffentlichen Raum, das keinen
Erwerbszwecken dient – zum Beispiel im Rahmen ei-
nes Laternenumzugs –, wünschenswert.

Erlauben Sie mir noch ein Wort in Richtung Bundes-
regierung. Nach breiten Ankündigungen zu Beginn
dieser Legislaturperiode stehen wir heute in Sachen
Urheberrecht vor einer ernüchternden Bilanz: Neben
der Verabschiedung des umstrittenen Leistungsschutz-
rechts für Presseverlage ist nichts geworden aus dem
sogenannten dritten Korb. Auf den letzten Drücker hat
die Koalition heute ihren Entwurf zur Nutzung ver-
waister und vergriffener Werke eingebracht, mit dem
auch ein halbherziges Zweitverwertungsrecht für Au-
toren öffentlich geförderter wissenschaftlicher Werke
geschaffen werden soll. Wir könnten und müssten
schon viel weiter sein. Die „Reförmchen“, die die
Bundesregierung auf den Weg gebracht hat, sind ein
Tropfen auf den heißen Stein. Die drängendsten Pro-
bleme im Urheberrecht bleiben ungelöst und werden
uns in der nächsten Legislaturperiode, unter einer hof-
fentlich anderen Bundesregierung, weiterhin beschäf-
tigen.

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(C (D Zum wiederholten Mal debattieren wir heute über as Urheberrecht. Die bisherigen Debatten und auch ie nun vorliegenden Anträge der Fraktion Die Linke achen deutlich, dass die Auffassungen dabei fundaental voneinander abweichen. Das Urheberrecht soll die Urheber schützen; das wird chon anhand des Namens deutlich. Insbesondere der ntrag der Linken auf Bundestagsdrucksache 17/4876 acht jedoch deutlich, dass die Linke in diesem Zu ammenhang vielmehr den Fokus auf diejenigen richt, die urheberrechtlich geschützte Werke nutzen woln. Dieser Ansatz geht jedoch fehl. Ein Urheberrecht acht nur Sinn, wenn es primär die Rechte der Kreati en schützt. Ich habe bereits in der Debatte vom 13. Dezember 012 vorgetragen, warum die FDP-Bundestagsfrakon den Antrag der Linken auf Bundestagsdrucksahe 17/11043 ablehnt. Insofern verweise ich auf die amals gemachten Ausführungen. Die FDP-Bundestagsfraktion lehnt auch den Geetzentwurf auf Bundestagsdrucksache 17/4876 ab. ies hat folgende Gründe: Die Linke möchte erreichen, dass Kindergärten von er in § 53 Abs. 4 Urheberrechtsgesetz vorgesehenen egelung, nach der Vervielfältigungen grafischer Aufeichnungen von Werken der Musik, also von Noten, efreit werden. Allerdings versäumt es die Linke, chlüssig zu begründen, warum gerade die Träger der indergärten, also vor allem Kirchen und Kommunen, ieses Privileg erhalten sollen. Der Antrag stellt priär auf § 52 Urheberrechtsgesetz und auf § 53 Abs. 3 rheberrechtsgesetz ab. Die Argumentation mit § 52 rheberrechtsgesetz kann allein deshalb nicht über eugen, weil es darin um die öffentliche Wiedergabe rheberrechtlich geschützter Werke geht. Das Kopien von Noten stellt aber keine öffentliche Wiedergabe ines urheberrechtlich geschützten Werkes dar. Die Urheberrechtsschranke des § 53 Abs. 3 Urheerrechtsgesetz kann nur dann greifen, wenn es um ervielfältigungsstücke von kleinen Teilen eines Weres, von Werken von geringem Umfang oder von einelnen Beiträgen, die in Zeitungen oder Zeitschriften rschienen oder öffentlich zugänglich gemacht worden ind, geht. Dies trifft in aller Regel auf Noten ebenfalls icht zu, da Noten nicht in Zeitungen oder Zeitschrifn öffentlich zugänglich gemacht werden. Der Antrag sieht eine Änderung des allein einschläigen § 53 Abs. 3 Urheberrechtsgesetz dahin vor, dass ie Beschränkung der Vervielfältigungsfreiheit unter nderem für Notenblätter in Kindertagesbetreuungsinrichtungen aufgehoben wird. Die Linke begründet doch nicht, warum einzig Kindergärten und ähnliche inrichtungen von dieser Änderung profitieren sollen, chulen zum Beispiel aber nicht. Der Grund für das Vervielfältigungsverbot für Non in § 53 Abs. 4 Urheberrechtsgesetz liegt darin, Burkhard Lischka gebene Reden )

Stephan Thomae (FDP):
Rede ID: ID1724416100




(A) )

dass der Gesetzgeber in der Kopie von Notenblättern
wie auch von ganzen Büchern eine allzu große Beein-
trächtigung der Absatzmöglichkeiten der Verlagspro-
dukte gesehen hat, die seiner Ansicht nach durch den
Vergütungsanspruch nicht hinreichend abgegolten
werde, vergleiche Bundestagsdrucksache 10/837,
Seite 17. Die Linke führt in ihrem Antrag nicht aus,
dass sich an dieser Ausgangslage etwas geändert hat,
weder mit Blick auf Kindergärten noch generell.

Auch die weitere Argumentation in dem Antrag
überzeugt nicht. So wird der Vorwurf erhoben, die an
die Kindergärten herangetragenen Forderungen seien
in ihren finanziellen Auswirkungen für die Einrichtun-
gen und Eltern unverantwortlich. Tatsächlich beträgt
die Lizenzgebühr für das Erstellen von bis zu 500 Ko-
pien 56 Euro pro Jahr; für kirchliche oder kommunale
Kindergärten aufgrund von bestehenden Gesamtver-
trägen sogar nur 44,80 Euro. Es ist nicht ersichtlich,
dass solche Beträge die Kritik der Linken rechtfertigen
können.

Zudem haben mit Bayern und Baden-Württemberg
bereits zwei Bundesländer Pauschalverträge mit der
VG Musikedition und der GEMA geschlossen. Darin
verpflichten sich die Bundesländer, die jährliche Pau-
schale sowie die Dokumentation der hergestellten Ko-
pien in Abstimmung mit dem Gemeinde-, Landkreis-
und Städtetag zu übernehmen. Andere Bundesländer
führen zurzeit entsprechende Verhandlungen mit den
beiden Verwertungsgesellschaften. Dies zeigt, dass das
bestehende System funktioniert und ein gesetzgeberi-
sches Eingreifen nicht erforderlich ist.

Aus den genannten Gründen lehnt die FDP-Bundes-
tagsfraktion die hier zur Debatte stehenden Anträge
ab.


Halina Wawzyniak (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724416200

Groß war die Aufregung, als die GEMA und die VG

Musikedition Ende 2011 36 000 Kindertagesstätten
anschrieb und von ihnen eine Gebühr für das Kopieren
von Notenblättern verlangte. Die Empörung war da-
mals sehr gerechtfertigt. Die Forderungen von GEMA
und VG Musikedition ließen sich, zumindest rechtlich,
nicht beanstanden. Moralisch mag das alles fragwür-
dig gewesen sein und realitätsfern sowieso – Erziehe-
rinnen und Erzieher müssten akribisch Buch führen,
um ja nicht mehr als die lizensierten 500 Kopien zu
überschreiten –, rein juristisch waren und sind GEMA
und VG Musikedition im Recht.

Dabei nutzen sie eine Lücke im bestehenden Gesetz
aus. Das Urheberrecht wurde nämlich zugunsten von
Schulen und Aus- und Weiterbildungseinrichtungen
unter anderem unter Beachtung des Erziehungs- und
Bildungsauftrages des Staates beschränkt. Kinderta-
gesstätten als Ort frühkindlicher Bildung sind jedoch
davon ausgeschlossen. Dies ist nur schwer einzusehen,
werden doch in Kindertagesstätten wichtige Grundla-
gen, insbesondere im Bereich der Spracherziehung,
gelegt. Die Linke fordert deshalb, diese Sonderrege-
lung auch für Kindertagesstätten gelten zu lassen.

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(C (D Dies ist nur ein Beispiel dafür, dass das Image der EMA und von Verwertungsgesellschaften allgemein tark gelitten hat. Insbesondere die GEMA fällt immer ieder durch eigenmächtiges und unsensibles Haneln auf. Das zeigt auch der Streit um die Reform der EMA-Tarife, der erbittert geführt wurde und schließch dazu führte, dass die GEMA ihre Tarifreform ausetzte. Inzwischen hat das Markenund Patentamt die eform größtenteils kassiert. Die Tarife würden in vien Fällen zu derartigen Steigerungen führen, dass iese auch beim besten Willen „nicht als angemessen nzusehen“ seien, begründete das Markenund Pantamt seine Entscheidung. Nun müssen die Verhandngen neu aufgenommen werden. Doch auch aus anderen Gründen stehen Verwerngsgesellschaften bei Urheberinnen und Urhebern der Kritik. Der VG WORT wird vorgeworfen, einen eil des Geldes, das eigentlich den Urheberinnen und rhebern zustünde, zu Unrecht an Verleger auszu chütten. Die Sache ist mittlerweile in der zweiten Insnz verhandelt worden. Gegen die GEMA liegt eine hnliche Klage vor. Und die VFF, eine Filmverwerngsgesellschaft, handhabt einen Verteilungsplan, bei em die Sender einen Teil des Geldes bekommen, das igentlich den freien Auftragsproduzenten zustünde. as Deutsche Patentund Markenamt schweigt zu all iesen Prozessen, obwohl es mittlerweile sogar ein Uril des Europäischen Gerichtshofs gibt, das den origiären Rechteinhabern in dieser Sache den Rücken tärkt. Ich könnte noch viele weitere Punkte anführen, die eigen, dass das bisherige System der Verwertungsgeellschaften seine eigentliche Aufgabe nicht erfüllt. in weiteres Beispiel dafür ist, dass in vielen Verwerngsgesellschaften nur ein geringer Prozentteil der itglieder über Verteilungsschlüssel bestimmen darf nämlich die, die das große Geld machen – oder dass us diesem Grund Geld vor allem an die Gutverdieenden ausgezahlt wird und dass insbesondere Urheerinnen und Urheber, die von ihrem Schaffen kaum ben können, größtenteils leer ausgehen. Es ist daher n der Zeit, dieses System grundlegend zu reformieren. ir haben deshalb einen Antrag eingebracht, der kon rete Vorschläge für eine solche Reform unterbreitet. Wir fordern, dass eine Regulierungsbehörde gebilet wird, die Tarife vor deren Inkrafttreten überprüft nd billigt und darüber hinaus kontrolliert, dass Auschüttungen den tatsächlichen Rechteinhaberinnen nd Rechteinhabern zugewiesen werden. Damit würde ie Monopolstellung der Verwertungsgesellschaften ufgebrochen, die die seltsamen Blüten, die dieses Sysm derzeit treibt, erst ermöglicht. Wir fordern, dass Verwertungsgesellschaften erst ann als solche anerkannt werden, wenn sie demokrasche Strukturen vorweisen können und sicherstellen, ass alle Mitglieder gleichermaßen mitbestimmen dürn. Dass dies funktioniert und nicht, wie gerne beauptet, bei großen Verwertungsgesellschaften zu eier Handlungsunfähigkeit führt, zeigt die VG Bild Stephan Thomae gebene Reden )





(A) )

Kunst, die jedem ihrer knapp 51 000 Mitglieder glei-
ches Stimmrecht einräumt.

Wir fordern, dass Minderheitenrechte gewahrt wer-
den. Sobald mindestens 10 Prozent der Mitglieder dies
fordern, soll die Regulierungsbehörde kontrollieren,
ob die Verwertungsgesellschaft ihrem gesetzlichen
Auftrag angemessen nachkommt, sprich: die Gelder
fair verteilt. Wir fordern, dass die GEMA-Vermutung,
wonach Veranstalter nachweisen müssen, dass die ge-
spielte Musik nicht GEMA-pflichtig ist, dann nicht gilt,
wenn mehr als 5 Prozent der gespielten Werke nicht
GEMA-pflichtig sind. Das ist besonders in Bereichen
der elektronischen Musik und des improvisierten Jazz
der Fall. Eine generelle Aufhebung der GEMA-Vermu-
tung halten wir für wenig praktikabel. In sehr vielen
Fällen erleichtert dies nämlich die Abrechnung von
Veranstaltungen.

Die Linke hat einen Vorschlag für transparente und
faire Verwertungsgesellschaften vorgelegt. Sie müssen
nur zustimmen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir werden heute wie auch in der kommenden Sit-
zungswoche und damit zum „Grande Finale“ dieser
Legislaturperiode noch viele Reden zum Urheberrecht
hören; denn die Anträge der Opposition dazu stauen
sich. Und das tun sie aus einem guten Grund; denn
kaum einen Bereich hat diese Bundesregierung sträfli-
cher vernachlässigt als das Urheberrecht.

Sie ignoriert damit neben ihren eigenen Ankündi-
gungen der Verabschiedung eines dritten Korbes, ihrer
BMJ-eigenen Anhörungsrunde von 2010, auch die
dringenden Appelle ganz vieler betroffener Gruppen
einschließlich der heterogenen Gruppe der Urheber
und Urheberinnen selbst, die über schwierige und
schwierigste Zustände in den unterschiedlichsten Be-
reichen zu berichten wissen.

Darüber kann auch das jetzt vorgelegte Reförmchen
zu den verwaisten Werken überhaupt nicht hinwegtäu-
schen. Angefangen beim Abmahnunwesen, über die
Verlagsherrlichkeit im Umgang mit Autoren bis hin
zum Dauerärgernis GEMA und der Intransparenz der
Verwertungsgesellschaften – das Urheberrecht steht
im Konflikt und verliert mit jeder neuen Streitrunde an
Überzeugungskraft und innerer Bindungswirkung.

Die Stärke des Urheberrechts war und ist seine zen-
trale Ausgleichsfunktion zwischen den zahlreichen und
recht ungleich institutionalisierten Interessen im
Markt der Rechteverwertung. Doch die Politik der ver-
gangenen Jahre, oft allein getrieben von internationa-
len und supranationalen Initiativen zur Stärkung der
Durchsetzbarkeit von Urheberrechten, hat den Aus-
gleich vernachlässigt und eine Unwucht zugunsten der
Verwertungsseite verursacht. Es wird deshalb, neben
der Sicherstellung der Effektivität des bestehenden Ur-
heberrechtssystems angesichts neuer technischer Ent-
wicklungen, auch Aufgabe einer umfassenderen

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(C (D eform des Urheberrechts sein, zeitgemäße Gemeinohlaspekte der Urheberrechtsgesetzgebung heraus uarbeiten und dabei für einen fairen Interessenausleich aller Beteiligten zu sorgen. Der Reformbedarf bei den Verwertungsgesellschafn ist bereits seit vielen Jahren bundestagskundig do umentiert. Geschehen ist auffälligerweise bis heute enig bis nichts. Besonders ausführliche Vorschläge atte bereits in 2008 die Enquete „Kultur“ vorgelegt. och auch die Enquete „Internet und digitale Gesell chaft“ hat fraktionsübergreifend erheblichen Reformedarf diagnostiziert. Die dazu vor zwei Jahren durcheführte Anhörung brachte ein überwältigendes Votum er versammelten Professoren und Professorinnen für ine umfassende Gesetzesreform unter dem Gesichtsunkt der Digitalisierungsfolgen, auch in Bezug auf spekte der Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften. Das Bekenntnis zur allgemeinen Bedeutung und ichtigen Bündelungsfunktion der Verwertungsgesellchaften, dem auch wir Grünen im Grundsatz zustimen, sollte angesichts der zunehmend heftiger geführn Debatten auch und gerade durch betroffene itglieder zumindest einzelner Verwertungsgesell chaften nicht mehr ohne eine erklärende Einschränung erfolgen: Es darf keine Denkverbote hinsichtlich ines Infragestellens des bestehenden gesetzlichen ahmens für Verwertungsgesellschaften geben, weil owohl deren treuhänderische Funktionen als auch den durch den Gesetzgeber selbst zugewiesene Verteingsaufgaben zu einer ständigen Überprüfung der erechtigkeitsmaßstäbe bei den internen Verfahrens-, ntscheidungsund Verteilungsmechanismen zwingen. Zutreffend greift der Antrag der Linken eine Reihe er mittlerweile als unstreitig zu bezeichnenden Prolempunkte auf: verbesserte Transparenz hinsichtlich er Kriterien für die Verteilung sowie die tatsächliche erteilung der Einnahmen selbst, Überprüfung der inaltlichen Kriterien für die Verteilung auf ihre innere timmigkeit und Fairness, verbesserte Mitbestimung, insbesondere bei Verwertungsgesellschaften mit er durchaus komplex zu nennenden und durchaus achvollziehbar gelegentlich mit dem preußischen reiklassenwahlrecht verglichenen Dreiteilung in orentliche, außerordentliche und berechtigte Mitglieer, sowie eine verbesserte Aufsichtsstruktur. Das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz trifft bei llen diesen Punkten und trotz der bislang vorliegenen Rechtsprechung immer noch allenfalls rudimentär u bezeichnende Grundregelungen und ist ansonsten on allergrößter Zurückhaltung gegenüber den verinsrechtlichen oder gesellschaftrechtlichen Struktun der Verwertungsgesellschaften geprägt. Genau ge en diese Zurückhaltung bestehen zunehmende edenken, wenn und soweit der Gesetzgeber in immer ehr Fällen den Verwertungsgesellschaften die Einahmeund Verteilungsrolle zuweist. Die damit wachende treuhänderische Verantwortung der Verwerngsgesellschaften muss auch Konsequenzen für die ternen Strukturen nach sich ziehen. Halina Wawzyniak gebene Reden Dr. Konstantin von Notz )








(A) )

Ein zusätzliches Argument sind die sich weiter aus-
differenzierenden Interessen von Urhebern und Ver-
wertungsgesellschaften angesichts eines wachsenden
Marktdruckes. Ein schönes Beispiel dafür spricht der
Antrag der Linken mit dem Wunsch vieler Urheber und
Urheberinnen an, zumindest im Rahmen ihrer Selbst-
vermarktung auf ihre eigenen Werke zugreifen zu kön-
nen.

Einen Teil dieser Fragen, insbesondere zur Binnen-
demokratie von Verwertungsgesellschaften, greift auch
die EU-Richtlinie auf, die allerdings darüber hinaus
auch die grenzüberschreitende Tätigkeit der Verwer-
tungsgesellschaften unter Wettbewerbsbedingungen
zum Ziel hat, eine Entwicklung, die keinesfalls die im
Grundsatz angelegten, gleichwohl aber noch ausbau-
fähigen gemeinwohlbezogenen Funktionen von Ver-
wertungsgesellschaften aushöhlen darf.

Der Antrag der Linken begegnet gleichwohl einigen
Bedenken, weshalb wir uns im Ergebnis enthalten wol-
len und müssen: Die Forderung nach einer Zuordnung
der Aufsicht zu einer (noch) nicht näher benannten Re-
gulierungsbehörde verdient zwar Verständnis. Denn
das Deutsche Patent- und Markenamt betreibt die Auf-
sicht trotz der auf wiederholten Druck erfolgten mini-
malen personellen Aufstockung auf geringem, nahezu
unsichtbarem Niveau. In der Konstruktion fällt dabei
auch die fehlende personelle wie institutionelle Unab-
hängigkeit des DPMA vom Bundesjustizministerium
ins Auge. Andererseits erfordert die Aufsicht einen ma-
ximal hohen Kenntnisstand der komplexen Rechtsma-
terie und würde wohl auch bei jeder anderen Regulie-
rungsbehörde Gefahr laufen, zunächst nur als ein
Anhängsel im Konzert mit anderen, oftmals als wichti-
ger wahrgenommenen Themen mitzulaufen. Pragmati-
scher erscheint es deshalb, dem DPMA noch eine
Chance zu geben – auf der Grundlage veränderter ma-
teriell-rechtlicher Bestimmungen und einer erneuten
Ressourcenaufstockung.

Auch die Forderung nach einer Vorabgenehmi-
gungspflicht von Tarifen beim DPMA würde einen fun-
damentalen Paradigmenwechsel mit sich bringen. Da-
mit würde die primäre Verantwortung – und damit
auch das „blame game“ – für die destruktiven Folgen
der massiven Streitigkeiten bei der Verwertung wieder
primär bei der Verwaltung liegen, unter anderem ohne
dass diese einen privilegierten Zugang zu den für eine
sachgerechte Streitbeilegung notwendigen Informatio-
nen hätte. Realistischer erscheint es deshalb, zunächst
einmal zu prüfen, wie das bestehende Aufsichtssystem
die ihm zugewiesenen Möglichkeiten auszuschöpfen
vermag. In diesem Zusammenhang beobachten wir
auch aufmerksam die Bemühungen der Mitglieder ver-
schiedener Verwertungsgesellschaften, notwendige
Reformen anzustoßen.

Wir haben in unserem Programm für die Bundes-
tagswahl 2013 formuliert: „Die Möglichkeit der kol-
lektiven Wahrnehmung der Rechte von Urheberinnen
und Urhebern durch Verwertungsgesellschaften ist ein
entscheidendes Instrument, um eine angemessene Ver-

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(C (D ütung praktikabel sicherzustellen. Auch wenn nicht lle Verwertungsgesellschaften über einen Kamm zu cheren sind, wollen wir mehr gleichberechtigte Mitprache sicherstellen. Die Verwertungsgesellschaften üssen gerechter, transparenter und demokratischer erden, wir werden dies rechtlich soweit möglich vo antreiben und unterstützen Initiativen wie auch die erwertungsgesellschaften selber, diese Reformschritte u gehen. Mitglieder einer Verwertungsgesellschaft üssen alternative Lizenzmodelle wie ‚Creative Comons‘ nutzen oder andere Geschäftsmodelle entwi keln können.“ Die kommende Bundesregierung wird es sich nicht ieder erlauben können, den gesellschaftlichen Konikt um die Verwertungsgesellschaften auf die gleiche eise zu ignorieren, wie es diese schwarz-gelbe erkel-Chaostruppe aufgrund ihrer Zerstrittenheit etan hat. Vor allem hilft angesichts der Komplexität er Detailprobleme keine Vogel-Strauß-Taktik; denn ine Verschleppung der Klärung zieht auch hier nur och größere Probleme nach sich. Wir Grüne stehen in für eine problemgerechte Lösung mit allen betrofnen Akteuren, die den fairen Ausgleich der Interes en in den Mittelpunkt rücken wird. Zunächst Tagesordnungspunkt 32 a. Wir kommen zur bstimmung. Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner eschlussempfehlung auf Drucksache 17/13767, den ntrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/11043 bzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehng? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Be chlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsaktionen und der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der inken bei Enthaltung der Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 32 b. Der Rechtsausschuss empehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksahe 17/13768, den Gesetzentwurf der Fraktion Die inke auf Drucksache 17/4876 abzulehnen. Ich bitte dienigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um as Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – er Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimen der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion bei egenstimmen der Linken und Enthaltung der Grünen bgelehnt. Damit entfällt die weitere Beratung. Zusatzpunkt 10: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafbarkeit der Verstümmelung weiblicher Genitalien (… Strafrechtsänderungsgesetz – … StrÄndG)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724416300

– Drucksache 17/13707 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Auch hier gehen die Reden zu Protokoll.1)

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 17/13707 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 33:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Ute
Koczy, Uwe Kekeritz, Thilo Hoppe, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit – Part-
nerschaft für eine menschenrechtsbasierte
nachhaltige Entwicklung

– Drucksache 17/13728 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Auch hier gehen die Reden zu Protokoll.


Sibylle Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1724416400

Als ich mir diese Initiative von der grünen Fraktion

angesehen habe, war ich erst verwundert, was das
denn soll. Dann stellte ich mir die grundsätzliche
Frage nach den Aufgaben der Opposition in unserer
parlamentarischen Demokratie. Und schließlich habe
ich mich über den Antrag wegen seines verdeckten
politischen Ziels geärgert.

Nach allgemeinem Verständnis gehören zu den Auf-
gaben der Opposition in unserem Parlament in erster
Linie die Kontrolle, die Kritik an den Gesetzesvor-
schlägen und der Arbeit der Regierung und das Aufzei-
gen von Alternativen. Das sind wichtige Aufgaben, und
ich freue mich, dass Bündnis 90/Die Grünen sich in
der Opposition befinden. Ich bin sehr zuversichtlich,
dass Sie diese Aufgabe nach der nächsten Bundestags-
wahl auch weiter übernehmen werden. Ich bitte Sie
dann allerdings darum, Ihre Arbeit auf höherem Ni-
veau zu machen, als es bei diesem Antrag der Fall ist.

In Ihrem Antrag finde ich Oppositionsarbeit, was
die Opposition tun soll nicht wieder. Ich finde keine
sinnvolle, konstruktive Kritik am Regierungshandeln;
und eine Alternative zu dem, was wir in der Entwick-
lungspolitik unter schwarz-gelber Verantwortung leis-
ten, fehlt auch. Es handelt sich deshalb um einen ent-
behrlichen Antrag, wenn man die eben genannten
wichtigen, ja unerlässlichen Aufgaben der Opposition
in einer Demokratie als Maßstab anlegt.

Aber lassen Sie mich auch das Gute nennen: Wir
haben in unserem Parlament einen bemerkenswerten
Konsens, sowohl was die Bedeutung der Menschen-
rechte in der Entwicklungspolitik angeht als auch zur

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is1) Anlage 17

(C (D olle der Zivilgesellschaft. Ich begrüße es ausdrückch, dass auch die Grünen eine menschenrechtsbaierte Entwicklungspolitik wollen. Nach dem Wahlproramm und dem Fraktionsbeschluss gibt es nun auch inen Antrag dazu. Erforderlich wäre dies nun nicht mehr gewesen. enn die Regierung Merkel und die Entwicklungspoliker von CDU/CSU stehen sowieso fest mit beiden Füen auf dem Boden der Menschenrechte, ebenso die ollegen von der FDP übrigens. Deshalb müssen wir uch nicht dazu aufgefordert werden. Dies weiß auch jeder, und jeder kann es in zahlreihen Dokumenten nachlesen und in der Praxis unserer ntwicklungszusammenarbeit überprüfen. Wenn ich uf die Internetseiten des BMZ gehe und die Suchfunkon mit dem Suchbegriff „Menschenrechte“ anklicke, ann erscheinen 479 Treffer. Da wird über all die inge, die Sie in Ihrem Antrag fordern, informiert. Es edarf also keiner Aufforderung. Die Arbeit wird chon gemacht, und zwar auf hohem Niveau. Beispiele afür könnte ich lange zitieren. Ich fordere Sie auf, iese Informationen auch umfassend zur Kenntnis zu ehmen, bevor Sie einen Antrag in den Deutschen undestag einbringen. 2011 hat die Bundesregierung das Konzept „Menchenrechte in der deutschen Entwicklungspolitik“ orgelegt. Auch darin finden Sie Ihre Forderungen usformuliert. Lassen Sie mich auch zu Ihrer Forderung nach der ivilgesellschaftlichen Zusammenarbeit Stellung nehen. Auch hier rennen Sie offene Türen ein. Wir haben r die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft konnuierlich bedeutende Finanzmittel aus dem Etat des MZ zur Verfügung gestellt. Der Dialog mit Vertretern er Zivilgesellschaft ist intensiv, konstruktiv und koperativ. Es wurde 2012 ein neues Instrument zur Förderung er Entwicklungsarbeit von Zivilgesellschaft, Kommuen und Ländern geschaffen. Es heißt „Engagement lobal“. Es trägt zu einer ökologisch, ökonomisch und ozial nachhaltigen Entwicklung bei, damit auch zuünftige Generationen weltweit Handlungsoptionen aben. Ich behaupte: Nie war es für die Zivilgesellchaft einfacher, ihre Entwicklungsarbeit zu planen nd durchzuführen, und zwar in Kooperation, mit Unrstützung und auch Finanzierung durch den Staat. uch durch „Engagement Global“ wird die Entwickngspolitik in die Mitte der Gesellschaft geführt, und war über die Zivilgesellschaft, die Sie in Ihrem Anag zum Thema machen. Ich habe auch den Suchbegriff „Zivilgesellschaft“ uf den Internetseiten des BMZ angeklickt und bekam och mehr Ergebnisse: 693 Treffer. Unser Ziel ist es, ie Zahl der Engagierten in der Zivilgesellschaft auf Millionen zu verdoppeln. Die Haushaltsmittel für die ivilgesellschaft, Kirchen und politischen Stiftungen t auf hohem Niveau. )


(A) )

Wenn ich also zu dem Ergebnis komme, dass der An-
trag von Bündnis 90/Die Grünen sachlich entbehrlich
ist, frage ich mich, welchem Zweck er denn dienen soll.
Und damit komme ich zu einer weiteren negativen Be-
urteilung dieser Initiative. Ich behaupte: Es geht nur
um Wahlkampf, Selbstdarstellung und den Versuch, ei-
nen falschen Eindruck über die Arbeit der Entwick-
lungspolitik der Koalition zu erwecken.

Lassen Sie mich diese Behauptung begründen:
Wenn in Ihren Texten ausgeführt wird, dass Menschen-
rechtsschutz kein „weiches Thema“ sei, das der Real-
politik geopfert werden könne, wollen Sie dann damit
sagen, dass Bündnis 90/Die Grünen die eigentliche
und ehrliche „Menschenrechtspartei“ wäre? Sie im-
plizieren, dass die Politik anderer Parteien mit „dop-
pelten Standards“ Menschenrechte in der Realpolitik
„politischem Kalkül opfern“ würde. So formulieren
Sie es auch in Ihrem Fraktionsbeschluss zu Menschen-
rechten in der EZ vom Februar dieses Jahres. Wenn
ich so etwas lese frage ich mich: Sind Sie verblendet
und nehmen die Realität nicht richtig wahr oder wol-
len Sie bewusst einen falschen Eindruck erzeugen?

Denn in Wirklichkeit sind die Menschenrechtspoli-
tik ebenso wie die Förderung und Zusammenarbeit mit
der Zivilgesellschaft Kernthemen unserer Entwick-
lungspolitik, wie jeder weiß. Und wer es nicht weiß,
dem habe ich einige Quellen dazu genannt.

Ich unterstelle Ihnen von den Grünen den Versuch,
mit diesem Antrag zu den Themen „Menschenrechte“
und „Zivilgesellschaft“ eine Abgrenzung von den an-
deren politischen Kräften vorzutäuschen. Dieses poli-
tische Manöver ist durchsichtig, und wir lehnen es em-
pört ab.


Stefan Rebmann (SPD):
Rede ID: ID1724416500

Die Zivilgesellschaft ist ein zentraler Pfeiler jedes

demokratischen Staates. Ohne sie existiert demokrati-
sches System nur auf dem Papier. Gemeinsam mit der
Gewaltenteilung und der Einhaltung von Menschen-
rechten ist die Zivilgesellschaft Voraussetzung, Be-
standteil und Zukunft einer jeden Demokratie; denn
Partizipation der Bürger und kritische Begleitung der
Regierungsarbeit bedeuten letztlich auch die gesell-
schaftliche Akzeptanz des Systems. Dies kann ohne
eine funktionierende Zivilgesellschaft nicht erreicht
werden; damit aber wäre ein demokratischer Staat
nicht mehr als eine leere Hülse.

Welch fatale Auswirkung die Verstümmelung der Zi-
vilgesellschaft zugunsten eines zivilgehorsamen Volkes
auf das Schicksal einer Nation haben kann, hat kaum
ein anderes Land als das unsrige in den Jahren des
Dritten Reiches und des real existierenden Deutschen
Sozialismus erfahren müssen. Andererseits zeigen die
Erfahrungen der Leipziger Montagsdemonstrationen,
welch immense politische Macht ein partizipierendes
Bürgertum beanspruchen kann.

Aber auch aktuell gibt es auf der politischen Land-
karte zahlreiche Beispiele, die die elementare Rolle ei-

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(C (D es partizipierenden Bürgertums belegen. Die gewalttigen Ausschreitungen wütender Bürger auf dem aksimplatz in Istanbul sind Ausdruck der Unzufrieenheit darüber, dass sich viele Menschen in der Türei von der Politik Erdogans nicht mit einbezogen und itgenommen fühlen. Sie wollen nicht länger dulden, ass die Politik ihnen Dinge vorschreibt, die weit ins rivate hineinreichen, wie etwa die Anweisung für aare, genau drei Kinder in die Welt zu setzen. Es liegt auf der Hand, dass es für die zivilgesell chaftlichen Akteure leichter ist, sich in langjährigen nd institutionell wie wirtschaftlich stabilen Demokraen zu organisieren und zu agieren als in kriegsgebeulten, wirtschaftlich schwachen und noch im Transrmationsprozess befindlichen Staaten. Die Krux aber t: Zivilgesellschaft bildet sich eben nicht einfach inlge institutioneller Demokratisierung, vielmehr ist ie zugleich wesentliche Voraussetzung für jede funkonierende und stabile Demokratie. Deshalb ist es so wichtig, dass wir – neben den soenannten klassischen staatlichen entwicklungspolitichen Aufgaben: Armutsund Korruptionsbekämpng, Schutz und Einhaltung von Menschenrechten, er Ausbau demokratischer Institutionen und der Sortund Katastrophenhilfe – die zivilgesellschaftli hen Akteure vor Ort unterstützen. Insbesondere dort, o staatliche Einrichtungen nicht oder nicht ausreihend als Kooperationspartner zur Verfügung stehen, uss versucht werden, die Zusammenarbeit mit den lo alen Zivilgesellschaften auszubauen. Sie sind es, die aßgeblich dazu beitragen, die Bedürfnisse und Intessen der Bürger in unterschiedlichen Gruppierungen u artikulieren, und dafür Sorge tragen, dass sinnvoll etroffene Entscheidungen und eingeführte Maßnahen auch wirklich bei den Betroffenen ankommen. Deshalb müssen wir weiterhin auf enge Kooperaon mit den Zivilgesellschaften vor Ort setzen. Enticklungspolitik muss stärker als bisher den Schutz nd die Schaffung von günstigen rechtlichen und polischen Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliche kteure unterstützen, und zwar von staatlicher Seite us wie auch durch internationale Zusammenarbeit er Nichtregierungsorganisationen. Zwei grundleende Aspekte gilt es dabei zu berücksichtigen: Zum einen müssen wir dafür Sorge tragen, dass Mitrbeiter unserer Nichtregierungsorganisationen in artnerländern vor Ort ihre Arbeit in Sicherheit ausben können. Auch in der strategischen Zusammenareit mit nichtstaatlichen Akteuren muss die Wahrung on Menschenrechten und Demokratie im Fokus der ntwicklungspolitik stehen. Die jüngsten Nachrichten us Ägypten, wo das Büro der Konrad-Adenauer-Stifng und auch Vertretungen amerikanischer Organi ationen durch ein Kairoer Gericht zwangsweise gechlossen wurden, muss uns alarmieren. Einschränungen der Arbeit von Nichtregierungsorganisationen üssen bilateral und auf Regierungsebene deutlicher ematisiert und klare Kriterien für eine Zusammenar eit eingeführt werden. Sibylle Pfeiffer gebene Reden )





(A) )

Zum anderen sollten wir aber nicht nur kritisch auf
die Partnerländer schauen. Ein differenzierter Blick
lohnt sich durchaus auch auf die Bedingungen, wie sie
derzeit für Nichtregierungsorganisationen in Deutsch-
land vorzufinden sind. An der zunehmenden und uns
Sorgen bereitenden Einflussnahme des Bundesministe-
riums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung auf die Arbeit der Nichtregierungsorganisa-
tionen – die zunehmende Kontrolle von NRO-
Publikationen sei nur als Beispiel genannt – und nicht
zuletzt an der suboptimalen Ausrichtung des Deut-
schen Entwicklungstages 2013 ist abzulesen, welch ge-
ringen Stellenwert die Bundesregierung der Rolle von
Kirchen, politischen Stiftungen, Gewerkschaften und
anderen Nichtregierungsorganisationen beimisst.


Helga Daub (FDP):
Rede ID: ID1724416600

Am Ende einer Legislaturperiode ist die Opposition

einmal mehr versucht, vermeintliche Fehler und Ver-
säumnisse der Bundesregierung zu benennen; das ge-
hört zum politischen Geschäft. Aber offensichtlich sind
Sie nicht fündig geworden, denn Sie bemühen wieder
einmal das weite Feld der Zivilgesellschaft.

Als Aufhänger benutzen Sie den ersten Deutschen
Entwicklungstag, der am 25. Mai dieses Jahres statt-
gefunden hat. Diese Veranstaltung war ein Novum.
Zum ersten Mal haben sich 569 Akteure in 16 Städten
zusammengefunden und entwicklungspolitisches
Engagement zeigen können. Verschiedenste NGOs,
Stiftungen, Kirchen, Kommunen, Bundesländer und
Unternehmen haben diese Möglichkeit genutzt, ihre
Ideen, Initiativen und Projekte vorzustellen. Sie haben
über ihre Arbeit berichtet, sie haben informiert, haben
Menschen begeistern können und Mitstreiter gewon-
nen.

Das Besondere dieses Tages war doch, Menschen,
die sich ehrenamtlich engagieren, Vereine, Verbände
und Initiativen in Aktion zu zeigen. Hier sollten nicht
wieder nur die üblichen offiziellen Vertreter zu Wort
kommen. Am 25. Mai wurde der Zivilgesellschaft brei-
ter Raum gegeben.

Wenn diese nun bemängelt, sie hätte sich eine stär-
kere Beteiligung an der Organisation gewünscht, dann
frage ich mich: Warum hat sie nicht mitgemacht?

In Ihrer Presseerklärung zum Deutschen Entwick-
lungstag schreiben Sie: „Statt staatlicher Regulierung
fordern wir die Unterstützung einer bunten, vielfälti-
gen und unabhängigen Zivilgesellschaft.“ Diese Re-
gierung hat immer die Zivilgesellschaft einbezogen,
weil sie in ihr eine wichtige Säule der Entwicklungszu-
sammenarbeit sieht. Es anders zu sehen, kann ich nur
selektive Wahrnehmung nennen.

Lassen Sie mich eines dazu bemerken: Unlängst
habe ich in meinem Wahlkreis eine Schule besucht, de-
ren Schüler sich in der Entwicklungszusammenarbeit
engagieren wollen. Es war eine Freude, zu sehen, mit
welchem Interesse diese Neuntklässler dabei waren,
Fragen gestellt, Ideen aufgeworfen und diskutiert ha-

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(C (D en. Es gibt ein afrikanisches Sprichwort: Viele kleine eute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge n, werden das Antlitz dieser Welt verändern. – Diese chüler fangen genau damit an, und ich bin überzeugt, ier sind wir uns alle einig, diese nach Kräften zu nterstützen. So beginnt zivilgesellschaftliches Engaement. Vielleicht wird diese Schule am nächsten Deutschen ntwicklungstag ihr Ergebnis präsentieren. Ich lade ie alle herzlich ein, dann mit dabei zu sein und diesen ag der Entwicklungspolitik weiter zu etablieren. Dies als kleine Einleitung vorweg. Nun konkret zu ren Forderungen. Aus aktuellem Anlass möchte ich dezidiert auf einen unkt Ihres Antrages zu sprechen kommen: die Unabängigkeit und Eigenständigkeit politischer Stiftunen. Sie kennen die Reaktion der Bundesregierung auf ie Ereignisse in Ägypten, und daraus dürfen Sie chließen, dass für uns Unabhängigkeit und Eigentändigkeit wichtig und unantastbar sind. Das Vorgeen gegen die Mitarbeiter von Stiftungen ist nicht hinunehmen oder zu tolerieren. Noch einmal: Die altung der Bundesregierung ist hier glasklar. Des Weiteren unterzieht die Bundesregierung Staan, die die politische Freiheit einschränken und/oder uch Korruption in ihren Ländern dulden, einer kritichen Prüfung. Wir betrachten dies als Selbstverständchkeit. In diesem Zusammenhang möchte ich das vom MZ eingeführte Konzept des Menschenrechts-TÜV nterstreichen. Jede neue entwicklungspolitische aßnahme wird auf die Vereinbarkeit mit den Men chenrechten und ihre Auswirkungen darauf überprüft. Sie sprechen in Ihrem Antrag die Rolle von Engageent Global an. Diese neu geschaffene Organisation oll zusätzlich auch organisatorisch nicht gebundenes ngagement auffangen, beraten und bündeln. Sie chreiben natürlich völlig zu Recht: „Zivilgesellschaftche Akteure verfolgen auch Eigeninteressen und steen in Konkurrenz zueinander.“ Genau das soll durch ngagement Global zumindest vermindert werden, enn nun gibt es einen zentralen Ansprechpartner, der ivilgesellschaftliches Engagement effektiv im Sinne er Entwicklungspartnerländer verknüpft. Daher teile h Ihre Argumentation nicht, hier würden Parallel trukturen aufgebaut. Das wäre nur der Fall, wenn die GOs sich der Zusammenarbeit verweigern würden. In einem Punkt Ihres Antrags sind wir uns aber eiig: die Mittelvergabe stärker an eine positive Evalurung vergangener Projekte zu koppeln. Hier geht das inisterium mit gutem Beispiel voran. Mit der Grün ung von DEval, dem unabhängigen Evaluierungsstitut, hat es diese Forderung vorweggenommen. Im Übrigen gilt diese Vorreiterrolle auch für die orderung nach mehr Partizipation der Zivilgesellchaft. Denken Sie zum Beispiel an die Initiative Engagement fairbindet“. Bei der letzten Veranstalng im Mai 2012 haben sich rund 3 500 Menschen in Stefan Rebmann gebene Reden )





(A) )

Bonn getroffen, erfolgreiche Ideen vorgestellt und
neue Projekte entwickelt.

Nur zu Ihrer Kenntnis: Der Anteil der Mittel, die
das BMZ für die Förderung entwicklungspolitischer
Projekte und Programme deutscher zivilgesellschaftli-
cher Organisationen bereitgestellt hat, ist in den Jah-
ren 2009 bis 2013 um nahezu 20 Prozent auf rund
670 Millionen Euro gestiegen und macht inzwischen
circa 11 Prozent des BMZ-Haushaltes aus.

Die Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen in
Deutschland und in den Kooperationsländern wird
weiter stärker gefördert werden. Wie, darüber werden
wir gerne kontrovers, aber mit großem Engagement
diskutieren.

Wie Sie sehen, ist doch bereits ein großer Teil Ihrer
Forderungen umgesetzt. Daher werde ich Ihren Antrag
nicht unterstützen.


Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724416700

Die Bedingungen für Entwicklungszusammenarbeit

in Deutschland haben sich in dieser Legislaturperiode
für die Akteure in den Nichtregierungsorganisationen
deutlich verschlechtert: Beispiele sind die zivil-militä-
rische Zusammenarbeit, die einseitige Stärkung der In-
teressen der deutschen Wirtschaft mit Mitteln aus dem
Entwicklungshaushalt und die Einschränkung der Ver-
öffentlichungen von Nichtregierungsorganisationen
durch die Designrichtlinie des BMZ, die nach dem
Motto „Wer zahlt, muss auch erkennbar sein“ durch-
gesetzt wurde. Die Fraktion Die Linke setzt sich dafür
ein, dass diese fatalen Entwicklungen zurückgenom-
men werden.

Durch die erzwungene zivil-militärische Zusam-
menarbeit zwischen Bundeswehr und Nichtregierungs-
organisationen wurden die Arbeit der NGOs gefährdet
und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der NGOs in
Gefahr gebracht. In diesem Zusammenhang will ich
ausdrücklich den aktuellen Versuch der Bundesregie-
rung zurückweisen, die Entwicklungsorganisationen
für den Regimechange in Syrien einzuspannen. Nicht-
regierungsorganisationen sollen durch diese fatale
Politik der Militarisierung aller gesellschaftlichen Be-
reiche degradiert werden, indem ihnen ein Kombattan-
tenstatus zugewiesen wird. Ihre Glaubwürdigkeit in
der Bevölkerung, vor allem aber die Möglichkeit des
ungehinderten Arbeitens durch die Akzeptanz auch der
Gegenseite, geht verloren; denn sie werden von der
Regierung aufgefordert, ihre Neutralitätspflicht zu
missachten. Damit wird ein wichtiger Pfeiler effektiven
humanitären Arbeitens infrage gestellt. Die Politik der
Bundesregierung, die in allen Bereichen eine Militari-
sierung der Politik forciert, hat völlig versagt. Wir er-
warten von der nächsten Bundesregierung, dass diese
zivil-militärische Zusammenarbeit sofort beendet
wird.

Mit ihrem neoliberalen Grundverständnis hat die
Leitung des Hauses begonnen, eine über viele Jahr-
zehnte gewachsene Struktur des BMZ, vor allem aber

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Zu Protokoll ge

(C (D uch der staatlichen Entwicklungsorganisationen, zu erschlagen und umzubauen. Ziel ist eine marktwirtchaftlich ausgerichtete Entwicklungspolitik, in der ie GIZ als Anbieter neben Privatanbietern auf dem Markt der Entwicklungspolitik“ positioniert werden oll. Um dies zu beschleunigen, wurden in die Leingsfunktionen des BMZ und der GIZ FDP-treue An ängerinnen und Anhänger installiert. „Spezlwirtchaft“ à la München wurde leider auch hier in Berlin rciert. Als besonders empörend empfinde ich die faktische ensur der Medien der geförderten Partner des BMZ. it der Auflage, die Veröffentlichungen dem BMZ zur urchsicht vorzulegen, wird eine faktische Selbstzen ur der NGOs befördert. Mit einer aufgeklärten, demoratischen Zusammenarbeit mit den NGOs im entwickngspolitischen Bereich hat dies wenig zu tun. Ins gleiche Horn stößt die Designrichtlinie des MZ, in der unter dem Motto „Wer zahlt, muss auch rkennbar sein“ eine Werbestrategie für das BMZ entickelt wurde. Damit werden Medien der Nichtregie ungsorganisationen als Werbefläche für Regierungsolitik missbraucht. In dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen tehen im innenpolitischen Teil viele Forderungen, die ir unterstützen können. Der außenpolitische Teil ist doch zum Teil ausgesprochen problematisch. Wenn ich die Grünen dafür einsetzen, „die finanziellen ahmenbedingungen für eine nachhaltige Beteiligung er Zivilgesellschaft“ zu schaffen, liest sich dies wie ine deutsche Nebenaußenpolitik durch zivilgesellchaftliche Akteure. Die Förderung von „genehmen“ ichtregierungsorganisationen in den Ländern des lobalen Südens als Möglichkeit der Einflussnahme eutscher Außenund Entwicklungspolitik ist zuminest fragwürdig und fördert nicht die Entwicklung eier eigenständigen demokratischen Kultur in diesen ändern. Die Fraktion Die Linke setzt sich vielmehr dafür in, mit einer neuen Außenhandelspolitik den Ländern es globalen Südens Entwicklungschancen zu ermöglihen, die ihnen die notwendigen Perspektiven für eine igenständige Entwicklung geben. Auf „unabhängige“ ichtregierungsorganisationen zu setzen, die vom aushalt des Auswärtigen Amtes oder des Entwickngshilfeministeriums finanziert werden, muss zumin est kritisch hinterfragt werden. Gerade bei meinen Besuchen in Ländern des Südens t mir aufgefallen, dass mir immer mehr politische Akure begegnen, die in den Eliteuniversitäten der Inustriestaaten ausgebildet wurden, über Stipendien er Staaten des Nordens gefördert wurden oder ihre rbeit durch finanzielle Hilfen der nördlichen Indusiestaaten organisieren. Dass hier auch Abhängigeitsverhältnisse dieser Akteure gegenüber ihren Geldebern entstehen, ist nicht von der Hand zu weisen. Viele politische Karrieren werden in diesen Ländern ittlerweile in NGOs vorbereitet, die von der EU oder Helga Daub gebene Reden )





(A) )

westlichen Regierungen finanziert werden. Das „N“
im Begriff „NGOs“ ist insofern hinterfragbar, als
diese Organisationen vielleicht unabhängig von ihrer
eigenen Regierung sind, dafür aber im höchsten Maße
abhängig von ausländischen Regierungen. Andere
politische Akteure in diesen Ländern beklagen die
Macht der NGOs und das enorme Manipulations-
potenzial von außen, das damit verbunden ist. Sie spre-
chen von „NGOisierung“ oder der Herrschaft der
NGOs. In schwach entwickelten Zivilgesellschaften
des Südens kann man mit finanzieller Unterstützung
einzelner Gruppen die Kräfteverhältnisse erheblich
beeinflussen und selbst solche Kräfte stark machen,
die eigentlich über wenig Rückhalt in der Bevölkerung
verfügen. Wir erleben immer wieder, dass die EU und
die Bundesregierung dieses Manipulationspotenzial
gezielt einsetzen. Zuletzt hat der Umsetzungsbericht
der Kommission zum Aktionsplan zur Unterstützung
der Demokratie ein beredtes Beispiel dafür abgege-
ben.

Hier ist ein sehr hohes Maß an Sensibilität gefragt.
Die Grünen werden dem mit ihren sehr generellen For-
derungen nicht gerecht. Ihr Antrag reiht sich in die ge-
nerelle Politik von Bündnis 90/Die Grünen ein, die
durch eine offensive Außenpolitik und durch militäri-
sche und zivile Einflussnahme in den Ländern des glo-
balen Südens Politik in diesen Ländern aus Deutsch-
land heraus gestalten wollen. Wir halten einen solchen
Ansatz für falsch. Insgesamt stehen wir deshalb dem
Antrag von Bündnis 90/Die Grünen kritisch gegenüber
und werden deshalb nicht zustimmen.


Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724416800

Was wäre Politik ohne Zivilgesellschaft? Was wären

wir in der Entwicklungspolitik ohne die Informationen
von Amnesty International, Terre des Femmes, Welt-
hungerhilfe, Misereor, Brot für die Welt, urgewald,
Greenpeace, Global Witness und vielen mehr?

Wir wären annähernd blind und taub, weil wir nicht
mitbekämen, was sich auf dieser Welt wirklich ereig-
net. So viele Fact Finding Missions könnten wir als
Politikerinnen und Politiker nie leisten, um mitzube-
kommen, wo Menschenrechte verletzt, Verbrechen be-
gangen und ökologische Wahnsinnsprojekte an den
Bedürfnissen der Bevölkerung vorbeigehen. Daher ge-
hört die Zusammenarbeit mit einer Zivilgesellschaft,
die sich den universellen Werten der Menschenrechte
verschrieben hat, zum Kern der Entwicklungspolitik.

Diese Nichtregierungsorganisationen sammeln In-
formationen, halten Kontakt zu den Menschen vor Ort
und sind Botschafter für den internationalen Raum.
Unsere Welt braucht deshalb eine unabhängige, fähige
und engagierte Zivilgesellschaft. Sie sind für uns in der
Entwicklungspolitik wichtige Partnerinnen und Part-
ner. Deshalb auch von dieser Seite ein großes Danke-
schön an eine vielfach ehrenamtliche, oft schwierige,
manchmal lebensgefährliche wie auch oft hochprofes-
sionelle Arbeit.

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Zu Protokoll ge

(C (D Unser Antrag will deswegen hier ein Ausrufezeihen setzen! Das ist hochaktuell, wie uns Ägypten zeigt. Anfang ieser Woche hat ein Gericht Mitarbeiterinnen und itarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung – in Abwe enheit – zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Das t ein fataler Rückschritt für die demokratische Enticklung in Ägypten. Aber auch in anderen Teilen der elt erleben wir, wie die Freiräume von NROs einge chränkt werden; das reicht über Äthiopien, Angola, asachstan bis nach Russland und viel zu vielen anden Ländern. Doch ich will auch nicht so tun, als ob nur heile elt in Bezug auf Zivilgesellschaft existiert; denn zu er Zusammenarbeit gehört auch der kritische Dialog. ivilgesellschaft ist nicht per se immer gut und richtig. o müssen auch NROs Rechenschaft über ihre Ziele blegen und darüber, wie sie die Mittel, die sie vom taat erhalten, umsetzen. Auch können Nichtregieungsorganisationen demokratisch gewählte Parlaente nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Außerdem ibt es Beispiele von Organisationen, die Vertrauen issbrauchen. Deswegen braucht es klare Kriterien. ir müssen uns kritisch auseinandersetzen mit den icht immer positiven NRO-Phänomenen, wie auf ittelakquise spezialisierte Hauptstadt-NROs, die ominanz von Nord-NROs gegenüber kleinen Organi ationen aus dem Süden oder die viel zitierte Katastrohenkarawane. Erwähnen möchte ich ein positives Beispiel aus fghanistan. Dort wurde im Vorfeld der Afghanistanonferenz in Bonn vor zwei Jahren ein Prozess ange toßen, der bis heute andauert. Zivilgesellschaftliche rganisationen aus allen Teilen des Landes – eben icht nur die hochprofessionellen Hauptstadt-NROs – aben sich zusammengeschlossen und Forderungen an ie afghanische Regierung und die internationale Geeinschaft formuliert. Erst diese Woche konnte ich mit ertreterinnen und Vertretern dieses afghanisch getraenen Prozesses sprechen; das macht Hoffnung. Das, as diese kriegsgebeutelte Nation durch all die weiten schwierigen Jahre stützen kann, ist eine aktive, unte und gut vernetzte Zivilgesellschaft. Dies gilt nicht nur für Afghanistan. Das gilt für alle änder, und es gilt ganz besonders für die fragilen taaten. Denn gerade in Räumen begrenzter Staatlicheit müssen die friedlichen, vorwärtsgewandten kteure in Lücken springen, die von staatlicher Seite eigelassen werden. Denn sonst wird diese Lücke von adikalen Kräften gefüllt. Diese Arbeit an der gesellschaftlichen Infrastruktur uss noch mehr in unser Bewusstsein und unser Beühen rücken. Nach wie vor ist es für NROs schwer, ich für internationale Konferenzen zu akkreditieren der eine Teilnahme auch nur zu finanzieren. Allein ies ist schon ein einfacher Hebel für mehr „Empowrment“ von Zivilgesellschaft. Annette Groth gebene Reden Ute Koczy )








(A) )

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist im
Bereich der Stärkung von Zivilgesellschaft bereits ak-
tiv. Aber die natürliche Partnerin dafür ist die vielfäl-
tige Zivilgesellschaft hier in Deutschland mit ihren
Projekten, Partnerschaften und Netzwerken in zahlrei-
chen Ländern des Südens.

Darum ist es so fatal, dass sich trotz gegenteiliger
Ankündigungen ein größer werdender Graben auftut
zwischen der Bundesregierung, konkret dem BMZ, und
der Zivilgesellschaft. Jüngstes Beispiel ist der erste
deutsche Entwicklungstag, der mehr wegen Ignoranz
und schlechter Einbindung der Zivilgesellschaft ins
Wasser fiel als durch den Regen, der zusätzlich vor al-
lem in Berlin zum Fiasko führte.

Die zentrale Botschaft unseres grünen Antrags ist:
Zivilgesellschaft ist aus einem partizipativ-emanzipa-
torischen Grundverständnis heraus die natürliche
Partnerin der internationalen Zusammenarbeit. För-
derung und Einbeziehung der Zivilgesellschaft sind
von großer strategischer Bedeutung für eine men-
schenrechtsbasierte nachhaltige Entwicklung.

Ich bitte um Zustimmung.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724416900

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/13728 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Tagesordnungspunkte 34 a und 34 b:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Elvira Drobinski-
Weiß, Willi Brase, Petra Crone, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der SPD sowie der Ab-
geordneten Harald Ebner, Cornelia Behm, Bärbel
Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kennzeichnung von Honig mit Gentech-Pollen
sicherstellen – Schutz der Imkerei vor GVO-
Verunreinigungen gewährleisten

– Drucksachen 17/12839, 17/13273 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Josef Rief
Elvira Drobinski-Weiß
Dr. Christel Happach-Kasan
Dr. Kirsten Tackmann
Harald Ebner

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des
Berichts des Ausschusses für Ernährung, Land-
wirtschaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten
Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens,

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(C (D weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Imkerei vor der Agro-Gentechnik schützen – Drucksachen 17/9985, 17/11057 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Max Lehmer Elvira Drobinski-Weiß Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Kirsten Tackmann Harald Ebner Auch hier gehen die Reden zu Protokoll. Die von den Linken und den Grünen vorgelegten nträge gehen an der Realität völlig vorbei. Aber siher muss jeder Versuch zur Skandalisierung genutzt erden, weil der Wahlkampf unmittelbar bevorsteht nd die Bienen und ihre Imker wieder einmal dafür erhalten müssen. Da wir de facto keinen Anbau von gentechnisch vernderten Pflanzen in Deutschland haben, sind der chutz von Bienen vor Grüner Gentechnik beziehungseise die Verunreinigung von Honig und Pollen in eutschland kein Problem. Warum sollen nun diese nträge beschlossen werden? Dieses Wahlkampfmaöver ist auch ohne große Fachkenntnis leicht zu urchschauen. Betrachtet man die Anbauzahlen von gentechnisch eränderten Pflanzen der letzen Jahre genauer, stellt an fest, dass es nur die Ausnahme eines Versuchsnbaus von Stärkekartoffeln zu Forschungszwecken ab und darüber hinaus keinerlei Anbau stattfindet. iese Zahlen kennen Sie, meine Damen und Herren on der Opposition, auch ganz genau. Auch wissen Sie ganz genau, dass in Deutschland eder die Bevölkerung noch die Landwirtschaft beonders an der Einführung von gentechnisch veränerten Pflanzen und der Grünen Gentechnik insgesamt teressiert sind. Bei der Zulassung gibt es hohe euro äische und nationale Hürden, weshalb sich der Anau kaum lohnt. Zudem sind die Erfolge oft auch durch onventionelle Zucht zu erreichen. Bei der Einfuhr von Saatgut gilt eine Nulltolleranz egenüber der Verunreinigung mit gentechnisch verndertem Material, sodass auch schon minimal veruninigte Chargen nicht zur Aussaat zugelassen und ernichtet werden. Auf dem Weltmarkt kann man sehr gut nachvollzie en, dass der vermeintliche Vorteil beim Anbau von entechnisch veränderten Pflanzen oft durch einen geingeren Weltmarktpreis gegenüber dem Preis für das onventionelle Produkt aufgezehrt wird. Dies sind die Gründe, warum es in Deutschland eine Grüne Gentechnik gibt und damit die Bedrohung chlichtweg nicht existiert, die von Linkspartei und en Grünen so gefürchtet wird. )

Josef Rief (CDU):
Rede ID: ID1724417000

(A) )

Eine mögliche Verunreinigung von Honig mit Pol-
len von gentechnisch veränderten Pflanzen könnte also
nur bei importiertem Honig vorkommen. Hier hat der
Europäische Gerichtshof in seinem sogenannten Ho-
nig-Urteil entschieden, dass solch ein Honig nicht nur
deklariert werden muss, sondern auch einer Zulassung
bedarf.

Der Antrag der Grünen geht von falschen Vorstel-
lungen aus. Pollen sind ein natürlicher Bestandteil von
Honig, der ein reines Naturprodukt ist. Hier nun die
Verunreinigung durch kleinste Mengen Pollen von
gentechnisch veränderten Pflanzen zuverlässig nach-
weisen zu wollen, ist bisher technisch nicht möglich.
Für so geringe Mengen fehlt eine brauchbare Analyse-
methode. Aber auch hier gilt, dass im Honig nur gen-
technisch veränderte Pollen von Pflanzen enthalten
sein dürfen, die in der EU als Lebensmittel zugelassen
sind.

Aus Sicht der Verbraucher ist die Entscheidung sehr
einfach: Wer reinen deutschen Honig kauft, kann si-
cher sein, dass er ein gentechnikfreies, hochwertiges
Produkt erwirbt. Der Verbraucher trägt so dazu bei,
dass heimische Imkerinnen und Imker gefördert wer-
den und die Anerkennung erfahren, die ihnen für ihre
wichtige Arbeit gebührt. Wir stärken so die Attraktivi-
tät der Imkerei und können den Nachwuchssorgen be-
gegnen, die es momentan gibt. Der Erhalt der Honig-
biene als Honiglieferant und vor allem als Bestäuber
im Gartenbau und in der Landwirtschaft sollte uns al-
len am Herzen liegen. Die Bestäubungsleistung über-
steigt dabei die volkswirtschaftliche Bedeutung der
Honigproduktion bei weitem.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der
Opposition, nicht die unnötige Angst vor gar nicht an-
gebauten gentechnisch veränderten Pflanzen ist bei
uns ein Problem. Vielmehr sollten wir uns um den
Nachwuchs bei den Imkern kümmern und für einen
professionellen Umgang mit Schädlingen wie der
Varroamilbe werben.

Wir lehnen Ihre Anträge, wie vom Ausschuss emp-
fohlen, ab.


Elvira Drobinski-Weiß (SPD):
Rede ID: ID1724417100

Im September 2011 hat der Europäische Gerichts-

hof, EuGH, ein für Imker und Verbraucher grundle-
gendes Urteil verkündet: Der EuGH entschied, dass
Honig, der Material bzw. Pollen von GVO-Pflanzen
enthält, sowohl eine Lebensmittelzulassung als auch
eine entsprechende Kennzeichnung braucht. Dies gilt
unabhängig davon, ob das GVO-Material absichtlich
beigegeben wurde oder nicht.

Wir haben dieses Urteil sehr begrüßt:

Der EuGH stellte damit klar, dass die mit der Le-
bensmittelzulassung verbundene Prüfung der gesund-
heitlichen Unbedenklichkeit in jedem Fall und ohne
Ausnahme bei allen für den menschlichen Verzehr ge-
eigneten Pflanzen durchgeführt werden muss, denn ein

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(C (D intrag solcher GVO-Pflanzen in die Lebensmittelette ist nicht auszuschließen. Der Gerichtshof bestätigt den Grundsatz der Nullleranz für Spuren von gentechnisch verändertem aterial, das nicht über die nach EU-Recht erforderli he Zulassung verfügt. Er bestätigte, dass Honig aus dem Verkehr gezogen erden muss, wenn er auch nur geringste Spuren von icht zu Lebensmittelzwecken zugelassenen gentechisch veränderten Pollen enthält – und dies auch unbhängig davon, ob der Pollen zufällig und unbeabichtigt in das Produkt geriet. Daraus folgt, dass etroffene Imker Anspruch auf Schadenersatz und Anpruch auf Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der erunreinigung haben. Dieses Urteil schafft Klarheit für die Imker, und es chützt und stärkt Verbraucher und ihre Wahlfreiheit. enn erstens: Honig mit Pollenanteilen gentechnisch eränderter Pflanzen ohne Lebensmittelzulassung darf icht verkauft werden. Der dadurch dem Imker entsteende wirtschaftliche Schaden muss vom Verursacher er Verunreinigung ausgeglichen werden. Und zweins: Honig mit Pollen, der zu 0,9 oder mehr Prozent us GVO-Pollen besteht, muss entsprechend gekenneichnet werden. Solcher Honig ist also für Verbrauher zu erkennen und kann je nach Wunsch gekauft der gemieden werden. Dass Honig ohne entsprehende Kennzeichnung auch wirklich keine GVO entalten darf, stärkt das Image des Honigs und das Verauen der Verbraucher. So weit, so gut. Im September 2012 aber hat die EUommission einen Vorschlag zur Änderung der Richtnie 2001/110/EG über Honig vorgelegt, der der Inntion des EuGH-Urteils zuwiderläuft. In diesem orschlag ist eine Definition des Pollens als „Bestandil“ des Honigs vorgesehen. Honig, der gentechnisch eränderte Pollen enthält, bliebe damit ohne entsprehende Kennzeichnung. Denn danach würde der renzwert von 0,9 Prozent GVO-Anteil (ab dem Leensmittel nach EU-VO 1829/2003/EG als gentechisch verändert gekennzeichnet werden müssen)

r den Pollen im Honig gelten, sondern für das Ge-

amtprodukt Honig. Da der Pollenanteil in Honig sich
ber nur zwischen 0,1 Prozent und 0,5 Prozent bewegt,
ürde also die Kennzeichnungspflicht nie ausgelöst.

Der EuGH dagegen hatte im September 2011 ent-
chieden, Pollen in Honig sei wie eine „Zutat“ zu be-
andeln. Damit würden im Falle der GVO-Verunreini-
ung die 0,9 Prozent für den Pollen selbst gelten, und
onig mit GVO-Pollen würde kennzeichnungspflich-
g.

Der Bundesrat hat daraufhin am 23. November
012 den EU-Kommissionsvorschlag zur Änderung
er Honig-Richtlinie abgelehnt und einen Beschluss
efasst, der der Linie des EuGH-Urteils folgt und die
ennzeichnung von Honig mit GVO-Pollen verlangt,
amit Verbraucher dies erkennen können.




Josef Rief
gebene Reden


(A) )


)(B)

Mit unserem Antrag „Kennzeichnung von Honig mit
Gentech-Pollen sicherstellen – Schutz der Imkerei vor
GVO-Verunreinigungen gewährleisten“ fordern wir
die Bundesregierung auf, den Bundesratsbeschluss
vom 23. November 2012 umzusetzen. Damit sollen
Verbraucherinnen und Verbraucher endlich erkennen
können, ob in Honig GVO-Pollen enthalten sind oder
nicht. Honig, der GVO-Pollen enthält, soll als solcher
gekennzeichnet werden müssen. Zudem soll die Nullto-
leranz für Verunreinigungen von Lebensmitteln mit
nichtzugelassenen GVO unbedingt erhalten bleiben.
Um einen besseren Schutz der gentechnikfreien Land-
und Lebensmittelwirtschaft zu gewährleisten, fordert
der Bundesrat zudem, dass die Bundesländer über die
bundesweiten Bestimmungen hinausgehende Ab-
standsregelungen treffen dürfen.

Die Regierungsfraktionen CDU/CSU und FDP ha-
ben im Ausschuss beschlossen, unseren Antrag abzu-
lehnen. Wir fordern die Regierungsfraktionen auf,
diese Ausschussempfehlung abzulehnen und unserem
Antrag zuzustimmen. Dafür gibt es gute Gründe:

Der Vorschlag der EU-Kommission hat negative
Auswirkungen:

Er hat negative Auswirkungen für die Verbrauche-
rinnen und Verbraucher, denn danach bliebe Honig,
der gentechnisch veränderte Pollen enthält, ohne ent-
sprechende Kennzeichnung. So kann ihnen Gentechnik
untergeschoben und einer schleichenden Verunreini-
gung Vorschub geleistet werden. Dies steht im Wider-
spruch zu Transparenz und Wahlfreiheit für Verbrau-
cher.

Er hat negative Auswirkungen für die Imker, denn
darunter leidet das Image des Honigs als gesundes,
natürliches Produkt. Zudem ergeben sich aus der
Kennzeichnungspflicht auch Schadenersatzansprüche
und eventuell Konsequenzen hinsichtlich der Maßnah-
men zum Schutz vor GVO-Verunreinigungen. Deshalb
möchten die Imker den Pollen im Honig wie eine Zutat
behandelt und die Interessen der Bienenwirtschaft
endlich im Gentechnikrecht berücksichtigt wissen.

Der Vorschlag der EU-Kommission steht nicht im
Einklang mit dem EuGH-Urteil. Hier ist eine neue
Sachlage entstanden, die es unbedingt notwendig
macht, dass CDU/CSU und FDP ihre Haltung über-
denken. Denn inzwischen soll es ein Gutachten von
den Rechtsexperten des EU-Ministerrats geben, wel-
ches den Kommissionsvorschlag als „rechtswidrig“
einstuft.

In dem Gutachten soll laut Informationsdienst Gen-
technik die Rede davon sein, dass die Absicht der
Kommissare „Anlass zu Bedenken“ gebe. Denn die
Auslegung des Gerichtshofs, dass Pollen eine Zutat
des Honigs sei, dürfe nicht einfach umgangen werden.
Sollten Mitgliedstaaten und Parlament einer Ände-
rung der Honigrichtlinie zustimmen und es in der
Folge zu einem Rechtsstreit kommen, würde dieser
„vermutlich damit enden, dass sie für rechtswidrig be-
funden würde“, so der juristische Dienst des Minister-

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Zu Protokoll ge

(C (D ats. Die Richter würden die Ausnahme für Gentechikpollen wohl kassieren und dies damit begründen, ass sie „dem Ziel des Schutzes der menschlichen Geundheit zuwiderläuft“, so die Sachverständigen. Deshalb, werte Kolleginnen und Kollegen aus den egierungsfraktionen, fordere ich Sie auf, sich unsem gemeinsam von SPD und Grünen erarbeiteten Anag anzuschließen und auf Einhaltung der Vorgaben es Europäischen Gerichtshofs zu dringen. Nur wenn eine Gefahr besteht, ist es notwendig, chutz zu suchen. Bei strahlend blauem Himmel raucht man auf dem Spaziergang keinen Regenschirm itzunehmen. Beimengungen von Pollen von gentechnisch veränerten Pflanzen beeinträchtigen in keiner Weise die ualität von Honig. Beide Anträge bewirken somit ichts für die Imkerinnen und Imker. Imkerinnen und Imker müssen ihre Bienenvölker or verschiedenen Parasiten und Krankheiten schüten, die Varroamilbe hat einen erheblichen Anteil an en Völkerverlusten im Winter; doch dazu leisten die eiden Anträge nichts. Das heißt, sie blenden ein ganz esentliches Problem der Imkerinnen und Imker völlig us. Ziel der Anträge ist somit nicht die Unterstützung er Imkerinnen und Imker. Ziel ist es vielmehr, die üchtungsmethode Grüne Gentechnik zu thematisieren nd die Ablehnung dieser wichtigen und weltweit erlgreichen Züchtungsmethode zum Ausdruck zu brin en. Die Grünen sind schon lange auf diesem Weg, die PD hat sich nachträglich wider besseres Wissen aneschlossen und eine eigenständige Bewertung der üchtungsmethode aufgegeben. Bei der Anwendung der Gentechnik zur Züchtung on Mikroorganismen haben die Grünen inzwischen ren Protest aufgegeben und die Realität anerkannt. mer mehr Wirkstoffe für Arzneimittel, Impfstoffe, usatzstoffe zu Lebensund Futtermitteln wie Vitaine, Enzyme wie Chymosin zur Käseherstellung weren mithilfe von gentechnisch veränderten Mikroorgaismen produziert. Das spart Wasser, Energie und osten und ist damit ein Beitrag zur Nachhaltigkeit. entechnik ist inzwischen Alltag. Und das ist gut so. Da haben die beiden Anträge leicht anachronistiche Züge. Die FDP unterstützt den Vorschlag der EU-Komission zur Änderung der Honigrichtlinie. Die Ablehung des Kommissionsvorschlags durch SPD und rüne macht deutlich, dass Priorität in beiden Frakonen die Ablehnung der Gentechnik ist und nicht die icherstellung des Produktes Honig. Die Änderung der Honigrichtlinie wurde notwendig urch das Fehlurteil des EuGH, in dem Pollen im Hoig als Zutat bezeichnet wurde. Elvira Drobinski-Weiß gebene Reden )

Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1724417200




(A) )

Eine große Mehrheit in der EU unterstützt die von
der Kommission beabsichtigte Klarstellung in der Ho-
nigrichtlinie. Pollen ist ein natürlicher, honigeigener
Bestandteil. Pollen ist keine Zutat vergleichbar den
vom Pizzabäcker auf die Pizza gelegten Tomaten, son-
dern wird von den Bienen eingetragen. Honig ist ein
natürliches Monoprodukt. Dies wird in allen Regelun-
gen über Honig berücksichtigt. Ein Beispiel dafür ist
die Bestimmung des Pollenspektrums zum Nachweis
über die Sortenreinheit des Honigs.

Wäre Pollen eine Zutat, bräuchte der Honig ein Zu-
tatenverzeichnis. Der Vorschlag der EU-Kommission
stellt sicher, dass Honig auch in Zukunft kein Zutaten-
verzeichnis braucht. Die FDP sieht sich durch das
Handeln der EU-Kommission in ihrer Auffassung bestä-
tigt. Es ist gut, dass eine Koalition der Vernünftigen in
der EU sich einig ist, die durch das Fehlurteil des Euro-
päischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-442/09 ver-
ursachte Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Schon jetzt
wird entsprechend dem Kommissionsvorschlag gehan-
delt. In keinem Land der EU wird Pollen als Zutat bei
Honigen aufgeführt. Vom Kommissionsvorschlag un-
berührt bleibt die Tatsache, dass Honig mit Pollen aus
nichtzugelassenen gentechnisch veränderte Pflanzen
grundsätzlich weiterhin nicht verkehrsfähig ist.

Auch das Beharren auf der sogenannten Nulltole-
ranz gegenüber nicht in Europa zugelassenen gentech-
nisch veränderten Pflanzen bringt weder für die Imker
noch für sonst jemand einen Vorteil. Die Nulltoleranz
für Futtermittel wurde bereits aufgehoben. Es ist über-
fällig, dass sie auch für Lebensmittel und Saatgut auf-
gehoben wird. Sie verursacht Kosten, die letztlich von
den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu bezahlen
sind, denen kein Nutzen gegenübersteht. Sie führt au-
ßerdem zu Rechtsunsicherheit.

Es ist ein Beispiel für Heuchelei, wenn die Grünen
einerseits die Verschwendung von Lebensmitteln be-
klagen und andererseits fordern, dass geringste Spu-
ren von nichtzugelassenen gentechnisch veränderten
Pflanzen in Lebensmitteln zum Verlust der Verkehrsfä-
higkeit führen und vernichtet werden müssen. Es geht
offensichtlich nicht um Sicherheit, sondern um Prinzi-
pienreiterei. Wer ein gelbes Auto bestellt und einen
grünen Farbtupfer auf dem Kotflügel findet, fordert
auch nicht, das Auto der Schrottpresse zuzuführen.

Immerhin hat Rot-Grün inzwischen zur Kenntnis
genommen, dass der Anbau gentechnisch veränderter
Pflanzen Bienen nicht gefährdet. Das ist ein Fort-
schritt. Die vom Von-Thünen-Institut in Braunschweig
vorgestellten Ergebnisse haben sehr überzeugend be-
stätigt, dass gentechnisch veränderter Mais und sein
Pollen die Gesundheit von Bienen nicht gefährden.
Der Anbau von insektenresistentem Bt-Mais ist scho-
nender für die Natur als die Bekämpfung von Schadin-
sekten mit Pflanzenschutzmitteln. Das haben Langzeit-
versuche in Bayern schon vor mehreren Jahren
ergeben. Die Ergebnisse der Untersuchung sollten
dazu führen, die grundsätzliche Ablehnung von Bt-
Mais zu überdenken und den Anbau von gentechnisch

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Zu Protokoll ge

(C (D eränderte Sorten als eine Möglichkeit für eine naturerträgliche Landwirtschaft stärker in den Fokus zu ücken. Inzwischen werden weltweit auf über 170 Millionen ektar gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut. s ist an der Zeit, über die Nutzung der Züchtungsethode nachzudenken, statt die Phantasie anzustrenen, um sie weiter zu diskreditieren. Vielleicht ist eine ee aus den USA dabei hilfreich. Dort wollen Genchnikfans „Gentechnik für alle“ und stellen dafür aukästen zur Verfügung. Auf die Ergebnisse sind wir lle gespannt. Die Linke will die Bienen schützen, zum Beispiel eil ihre Bestäubungsleistung für gute Ernten wichtig t. Doch leider werden sie vielfältig bedroht: durch lühpflanzenarmut in der modernen Agrarlandschaft, urch Pflanzenschutzmittel, durch Krankheiten oder uch durch gentechnisch veränderte Pflanzen. Wir önnen und sollten also nicht einfach so weitermahen, sondern müssen etwas ändern. Gerade weil Honig eines der gesündesten Lebensittel ist, muss die Unvereinbarkeit von Agrogentechik und der gentechnikfreien Imkerei ernst genommen erden. Riskant sind dabei zwei Effekte: Zum einen erden Bienen durch gentechnisch veränderte Pflan en, die zu ihrem Schutz insektenschädliche Substanen produzieren, beeinträchtigt. Zum anderen wird onig durch den Eintrag von Pollen gentechnisch vernderter Pflanzen entwertet. Deshalb wird der Schutz der gentechnikfreien Imkei und Landwirtschaft vor transgenen Pflanzen ereits seit Jahren von Bauern-, Umweltund Verbrauherorganisationen sowie kritischen Wissenschaftrinnen und Wissenschaftlern gefordert. Falls kein erbot des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen rreicht werden kann, sollen wenigstens bienensichere bstände zwischen Bienenstöcken und Feldern mit entechnisch veränderten Pflanzen von bis zu 10 Kiloetern eingehalten werden. So weit können Bienen iegen, um Pollen zu sammeln. Ein solcher Abstand üsste in der Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordung geregelt werden. Das Risiko für wildlebende Inekten reduziert das übrigens nicht; aus dieser Sicht äre auch das kein guter Kompromiss. Und das Standrtregister muss für mehr Bienenschutz weiterentwikelt werden. In diesem Register sind alle Gentechflähen dokumentiert, egal ob es sich um kommerziellen nbau oder um Freisetzungsversuche handelt. Am 27. März 2012 urteilte der Bayerische Verwalngsgerichtshof, dass Imkerinnen und Imker keinen nspruch auf Schutzmaßnahmen gegen die Verunreiniung ihres Honigs durch den Anbau gentechnisch vernderter Pflanzen haben. Gleichzeitig wurde mitgeilt, dass Verunreinigungen des Honigs durch Pollen es gentechnisch veränderten Mais MON 810 aber azu führen, dass dieser Honig nicht mehr verkauft Dr. Christel Happach-Kasan gebene Reden )

Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724417300




(A) )

werden darf. Vorausgegangen war ein Urteil des Euro-
päischen Gerichtshofs, EuGH. Dieser stellte am
6. September 2011 fest, dass die Verkehrsfähigkeit des
Honigs durch die MON810-Pollen-Verunreinigungen
beeinträchtigt wird. Im Klartext: Schutz für die Imkerei
gibt es nicht, aber der Honig muss als Müll entsorgt
werden.

Deshalb fordert die Linke in ihrem Antrag auf Bun-
destagsdrucksache 17/9985, dass die Imkerei wirksa-
mer vor Verunreinigungen durch gentechnisch verän-
derte Pollen geschützt werden muss. Dafür soll die
Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung
des Gentechnikgesetzes vorlegen. Das wäre ein wichti-
ger, wenn auch längst nicht der einzige notwendige
Baustein zu einer bienenfreundlicheren Landwirt-
schaft.

Doch die Bundesregierung hat für Bienen höchstens
Aktionismus übrig. So zum Beispiel die neue Bienen-
App, die Ministerin Aigner kürzlich in Berlin vor-
stellte. Das mag vielleicht die eine oder den anderen
für die Bienen sensibilisieren – und das ist auch nicht
unwichtig. Aber Bienenschutz auf dem Smartphone
nutzt gar nichts, wenn er nicht auch auf dem Acker
stattfindet. Die ökologischen Vorrangflächen als Teil
einer neuen EU-Agrarpolitik ab 2014, die auch zu
mehr Blühflächen genutzt werden können, wurden
lange aus dem Aigner-Ministerium bekämpft. Dem
zeitweisen Verbot besonders bienengefährlicher Pesti-
zide hat die Bundesregierung erst nach enormem öf-
fentlichem Druck in Brüssel zugestimmt.

Dabei gibt es viel und Dringendes zu tun. Ohne um-
fangreiche Änderungen im nationalen und europäi-
schen Gentechnikrecht gibt es keinen besseren Schutz
für Verbraucherinnen und Verbraucher, die gentech-
nikfreie Landwirtschaft und Imkerei.

Als Sofortmaßnahme wollen wir den Schutz der Im-
kerei wirksam verbessern. Wir halten es für richtig,
dass Honig nicht verkauft werden darf, wenn er Pollen
von transgenen Pflanzen enthält, die keine Lebensmit-
telzulassung haben. Paradox und nicht hinnehmbar
ist, dass gleichzeitig kein Rechtsanspruch auf den
Schutz vor solchen Verunreinigungen besteht. Deshalb
muss das durch den Gesetzgeber unverzüglich geän-
dert werden. Eine besondere Sorgfaltspflicht muss
neben dem Verursacherprinzip auch den Vorsorge-
gedanken bei der Risikotechnologie Agrogentechnik
stärken. Doch das Handeln der Koalition sieht ganz
anders aus: Unionskollege Lehmer betonte in der ers-
ten Lesung unseres Antrages, dass Sicherheitsab-
stände zu Bienenkörben nicht so groß sein dürfen, dass
Gentechnikanbau verhindert wird. Statt eines konse-
quenten Reinheitsgebots für Honig fordert er also,
nicht als Lebensmittel zugelassene Gentechbestand-
teile im Honig einfach zu tolerieren, das heißt eigent-
lich: zu ignorieren. Der Schutz der Interessen der Gen-
techkonzerne ist der Koalition offensichtlich wichtiger
als der Schutz der Bienen und des Honigs.

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(C (D SPD und Grüne fordern in ihrem Antrag, den Ändeungsvorschlag der EU-Kommission zur Honigrichtliie abzulehnen. Mit diesem reagiert die EU-Kommision auf das bienenund imkerfreundliche EuGHrteil. Aber statt der Intention dieses Urteils zu folgen, ucht sie nach einer Lösung im Interesse der Agroinustrie. Der Bundesrat dagegen stellte sich hinter die kerverbände und hat im vergangenen November re wesentlichen Kritikpunkte am Vorschlag der EUommission aufgegriffen. Er hat die Bundesregierung ufgefordert, sich für eine eindeutige Klarstellung der chtlichen Bewertung von Pollen im Honig einzuset en, die der verbraucherund bienenfreundlichen Inntion des Honigurteils folgt. Das ist auch für die inke entscheidend: Die Verbraucherinnen und Verraucher lehnen mehrheitlich Agrogentechnik ab und ollen sie nicht in Lebensmitteln. Der Schutz der genchnikfreien Imkerei ist also ein klarer gesellschaftli her Auftrag an uns als Gesetzgeber. Die Argumentation des EuGH-Urteils, Pollen wäre ine Zutat, ist umstritten. Das wäre nur schlüssig, enn Pollen durch Handlungen der Imkerin oder des kers eingetragen würde. Es gibt solche Arbeits änge, aber natürlich wird Pollen auch durch Bienen ingetragen und ist damit ein natürlicher Bestandteil es Honigs. Aber unabhängig von diesem Streitpunkt nterstützen wir als Linke die politische Intention des uGH. Eine Änderung der Honigrichtlinie halten wir r nötig, aber eben nicht im Interesse der Gentechnikdustrie, sondern im Interesse der Gesellschaft. Der ommissionsvorschlag hätte zur Folge, dass mit genchnisch veränderte Pollen kontaminierter Honig icht als solcher gekennzeichnet werden muss. Das ist efinitiv nicht im Sinne eines vorsorgenden Verbrauherschutzes. Für Verbraucherinnen und Verbraucher uss klar erkennbar sein, ob ein Honig GVO-Pollen nthält oder nicht. An der Nulltoleranz gegenüber in er EU nichtzugelassenen GVO muss festgehalten erden, erst recht bei Lebensmitteln wie Honig. Wir wollen das tolle Naturprodukt frei von Gentechollen. Darüber hinaus fordert die Linke aber generell eine ienenfreundlichere Agrarpolitik. Auf die Agrogenchnik kann dabei völlig verzichtet werden. Sie ist uer und riskant. Außerdem wollen acht von zehn Verraucherinnen und Verbrauchern sie nicht haben, wie gelmäßige Umfragen immer wieder belegen. Das hat elbst die Agroindustrie verstanden. Anfang des Jahres erlegte die BASF ihre Genforschung in die USA. Verangene Woche kündigte Monsanto an, kein Gentechbbying mehr in der EU machen zu wollen. Es sei ontraproduktiv, gegen Windmühlen zu kämpfen, so ine Konzernsprecherin. Da hat der Konzern einmal cht. Allerdings muss er beweisen, dass er es ernst eint, und alle Anträge auf Zulassung von gentechisch veränderten Pflanzen zurückziehen, egal ob für nbau oder Handel. Alles andere ist nur Propaganda, nd das werden wir Monsanto nicht durchgehen lasen. Dr. Kirsten Tackmann gebene Reden )





(A) )


Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724417400

Honig ist eines der beliebtesten Lebensmittel über-

haupt. Laut einer aktuellen Umfrage essen fast zwei
Drittel der Menschen in Deutschland regelmäßig Ho-
nig. Er gilt als gesundes, unverfälschtes Naturprodukt.

Doch der gute Ruf dieses Lebensmittels wird durch
das Ansinnen der EU-Kommission aufs Spiel gesetzt.
Durch die Hintertür der EU-Honigrichtlinie wird ver-
sucht, ein sehr wichtiges Urteil des Europäischen Ge-
richtshofes auszuhebeln. Dieser hatte im September
2011 entschieden, dass Pollen im Honig als Zutat zu
werten ist. Wenn über 0,9 Prozent des enthaltenen Pol-
lens von gentechnisch veränderten Pflanzen, GVO,
stammen, muss Honig demnach als Genfood gekenn-
zeichnet werden. Die Kommission will nun Pollen als
natürlichen Bestandteil von Honig definieren. Damit
würde die Kennzeichnungspflicht de facto wegfallen.
Warum ist das so? Weil der Pollenanteil im Honig von
Natur aus stets weit unter 0,5 Prozent liegt. Und die
Folge? Selbst wenn Honig und der darin enthaltene
Pollen zu 100 Prozent von Gentechpflanzen stammen,
werden Konsumentinnen und Konsumenten darüber
nicht informiert. Das ist ein Skandal!

Die Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten zu
Recht, dass alle Lebensmittel, die unter Beteiligung
von gentechnisch veränderten Pflanzen produziert
werden, als solche gekennzeichnet werden. Es kann
und darf nicht sein, dass GVO-Pollen im Honig durch
einen juristischen Trick einfach zum „natürlichen“
Bestandteil von Honig umdefiniert wird. Doch die
Bundesregierung versucht, die Änderung der EU-Ho-
nigrichtlinie als „Fortschreibung der gegenwärtigen
Praxis“ zu verharmlosen und die massiven Auswirkun-
gen auf den Verbraucherschutz als „allenfalls gering“
kleinzureden. Damit versucht Schwarz-Gelb die Öf-
fentlichkeit für dumm zu verkaufen! Kommission und
Bundesregierung nutzen die technischen Herausforde-
rungen bei der quantitativen Bestimmung des GVO-
Pollenanteils jetzt dazu, in ihren Augen unbequemes
Recht durch „kreative“ Normensetzung zu umgehen.

Das Vorhaben der EU-Kommission ist auch ein An-
schlag auf unsere Imkerei. Wenn keine Kennzeich-
nungspflicht besteht, wird es für Imkerinnen und Imker
fast unmöglich, bei GVO-Verunreinigungen ihrer Pro-
dukte erfolgreich Schadenersatz einzuklagen.

Bei der Frage der Kennzeichnung von Honig mit
GVO-Pollen geht es also um grundlegende Prinzipien
des Verbraucherschutzes wie Transparenz, Wahlfrei-
heit und die dauerhafte Sicherung der gentechnikfreien
Lebensmittelwirtschaft. Deshalb fordern wir die Bun-
desregierung auf, den Kommissionsvorschlag abzuleh-
nen und sich für eine Kennzeichnung von Honig mit
GVO-Pollen einzusetzen.

Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichts-
hofes hatte Ministerin Aigner das Urteil noch ausdrück-
lich dafür gelobt, dass es Klarheit und Transparenz für
den Verbraucher schaffe. Frau Aigner kündigte zu-
gleich an, die Entscheidung der Richter in eine Novelle

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(C (D es Gentechnikgesetzes einfließen zu lassen. Heute ber will die Bundesregierung von dieser Begeisteung und ihrem Versprechen nichts mehr wissen. chwarz-Gelb unterstützt jetzt unverblümt den verraucherund imkerfeindlichen Kommissionsplan und noriert seine fatalen Auswirkungen völlig. Der Juristische Dienst des EU-Ministerrates hat in inem Gutachten erhebliche Zweifel an der Rechtmäigkeit des aktuellen Vorschlages geäußert. Umwelt-, erbraucherund Imkerverbände und auch der Bunesrat lehnen den Kommissionsplan ab. Doch die Intessen der Gentechlobby, der Honigimporteure und die ngst vor WTO-Klagen sind für EU-Kommission und undesregierung offenbar wichtiger. Das eigentliche Motiv zur geplanten Änderung der onigrichtlinie ist nicht etwa eine rechtliche Klarstelng oder gar das berechtigte Anliegen, den Imkerin en und Imkern den Aufwand einer Neuetikettierung rer Honiggläser – mit dem Hinweis „enthält Poln“ – zu ersparen. Dieses Ziel ließe sich auch auf aneren rechtlichen Wegen erreichen. In Wahrheit geht es um etwas ganz anderes: EUommission und Schwarz-Gelb wollen die Tür für die grogentechnik in Europa weiter offenhalten – gegen en Willen einer breiten Mehrheit der Verbraucherinen und Verbraucher, Imkerinnen und Imker sowie äuerinnen und Bauern. Da Bienen zum Pollensameln bis zu 10 Kilometer weit fliegen, ist eine Koexisnz der – gentechnikfreien – Imkerei mit dem Anbau on Gentech-Pflanzen bei der kleingliedrigen Agrartruktur in den meisten Regionen Deutschlands und uropas praktisch unmöglich. Bei einer Kennzeichungspflicht für GVO-Pollen in Honig müssten die utzer der Agrogentechnik mit einer Welle von chadenersatzklagen vonseiten der Imkerschaft rechen. Allein das ist der Grund, warum Schwarz-Gelb die erechtigten Interessen der Imkerinnen und Imker ach wie vor ignoriert und es bis heute nicht geschafft at, deren Schutzansprüche im Gentechnikgesetz zu erankern. Wir Grüne fordern schon seit Jahren, dieen Zustand zu beenden. Auch der Bundesrat hat mit einem Beschluss vom 23. November 2012 die Bundesgierung beauftragt, für eine bundeseinheitliche Re elung zum Schutz der Imkerei zu sorgen sowie eine rmächtigung der Länder für entsprechende Regelunen zum Schutz von Landwirtschaft und Imkerei vor VO-Verunreinigungen zu schaffen. Aber selbst die Forderung ihres Parteifreundes und amaligen bayerischen Umweltministers Söder nach indestabständen von 3 Kilometern zwischen Bienen töcken und Genäckern hat nichts an dieser Untätigeit von Ministerin Aigner geändert. Diese überfällien Hausaufgaben muss die Bundesregierung endlich rledigen! Ministerin Aigner hat jüngst werbewirksam auf dem erliner Dom eine Bienen-App für Smartphones präentiert. Mit diesem Programm kann man einen virtugebene Reden Harald Ebner )








(A) )

ellen Balkon mit virtuellen Blühpflanzen bestücken,
welche dann von virtuellen Bienen besucht werden, um
virtuellen Honig zu produzieren. Den soll man dann
sogar – kein Witz – per E-Mail an Freunde verschi-
cken. Fazit: Die Bundesregierung begnügt sich damit,
in einer Parallelwelt aus Bits und Bytes für garantiert
gentechnikfreien Honig und genügend Blütennahrung
für Bienen zu sorgen. Das passt zum politischen Stil
von Merkel und Aigner: Es wird viel versprochen, und
Handeln wird durch PR-Aktionen vorgetäuscht, aber
am Schluss passiert wenig bis nichts.

Doch die Menschen in diesem Land erwarten auch
beim Bienen- und Verbraucherschutz von dieser Regie-
rung mehr als billige Schaufensterpolitik.

Am 10. Juni dieses Jahres steht in Brüssel die Zulas-
sung von Pollen der Gentech-Maissorte MON810 als
Lebensmittel sowie eine mögliche Entscheidung über
die Importzulassung des Genmaises SmartStax auf der
Tagesordnung. Letzterer enthält neben zwei Herbizid-
resistenzen auch sechs verschiedene Insektengifte.
Deutschlands Abstimmungsverhalten zu diesen Punk-
ten wird ein weiterer Lackmustest dafür sein, wie ernst
es Ministerin Aigner mit dem Schutz der Umwelt und
der gentechnikfreien Lebensmittelproduktion wirklich
meint.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724417500

Tagesordnungspunkt 34 a. Wir kommen zur Abstim-

mung. Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 17/13273, den Antrag der
Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 17/12839 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
tionsfraktionen angenommen.

Tagesordnungspunkt 34 b: Der Ausschuss für Ernäh-
rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz empfiehlt in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/11057,
den Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache
17/9985 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die
Beschlussempfehlung ist angenommen mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Linken
bei Enthaltung von SPD und Grünen.

Tagesordnungspunkt 35:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (13. Ausschuss) zu dem An-
trag der Abgeordneten Sönke Rix, Ute Kumpf,
Petra Crone, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD sowie der Abgeordneten Ulrich
Schneider, Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

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(C (D Freiwilligendienste in zivilgesellschaftlicher Verantwortung stärken – Drucksachen 17/9926, 17/12904 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Peter Tauber Sönke Rix Florian Bernschneider Heidrun Dittrich Ulrich Schneider Die Reden gehen zu Protokoll. Wir debattieren heute über einen Antrag von zwei ppositionsfraktionen vom 12. Juni 2012 – einen Anag, der fast ein Jahr alt ist und der daher die aktueln Entwicklungen und den anhaltenden Erfolg des euen Dienstes überhaupt nicht berücksichtigt. Der undesfreiwilligendienst ist knapp zwei Jahre nach einem Start immer noch eine riesige Erfolgsgechichte. Die Aussetzung des Zivildienstes hat die hristlich-liberale Koalition dazu genutzt, freiwilliges ngagement in Deutschland auf eine breitere Basis zu tellen. Nicht mehr nur junge Männer, sondern Frauen nd Männer jeden Alters können sich im Bundesfreiilligendienst engagieren. Gleichzeitig haben wir die ereits bestehenden und bewährten Jungendfreiwilliendienste gestärkt. Neben den mehr als 200 Millionen Euro, mit denen er Bund den Bundesfreiwilligendienst fördert, haben ir auch die Mittel für die Jugendfreiwilligendienste rhöht auf über 90 Millionen Euro jährlich. Das sind st viermal so viele Fördermittel wie in den Jahren avor. Noch nie wurden Bundesmittel in dieser Höhe r die Jugendfreiwilligendienste bereitgestellt. Das rgebnis: Heute haben wir über 85 000 Freiwillige im undesfreiwilligendienst und in den Jugendfreiwilliendiensten. Mehr als 40 Prozent der Freiwilligen im undesfreiwilligendienst sind über 27 Jahre alt, rund 0 Prozent über 50 Jahre. Dass sich so viele Menschen, vor allem auch ältere, Deutschland freiwillig engagieren, war bei der Einhrung des Bundesfreiwilligendienstes zum 1. Juli 011 überhaupt nicht absehbar. Vor allem die Opposionsfraktionen, die heute in ihrem Antrag selbst zugetehen müssen, dass „die Warnungen vor Verwerfunen im Sozialbereich infolge der Zivildienstaussetzung nbegründet und übertrieben waren“ und jetzt ausrücklich feststellen, dass „das große Interesse“ an eiem Bundesfreiwilligendienst nicht verwundert, waren orher die größten Kritiker des neuen Dienstes. Was haben Sie nicht wortreich und lautstark vor angelnder Akzeptanz und vor Konkurrenz für die Juendfreiwilligendienste gewarnt! Und vor allem haben ie angezweifelt, dass es ausreichend Interessierte geen werde. Alles nicht eingetroffen – ganz im Gengenil! )

Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1724417600

(A) )

Da Sie daher nun mangelndes Interesse nicht mehr
überzeugt beklagen können, meinen Sie stattdessen
jetzt „handwerkliche Mängel“ bei der Einführung des
Bundesfreiwilligendienstes feststellen zu müssen, die
zu beheben seien. Es ist Ihnen ein Dorn im Auge, dass
die Freiwilligendienste nicht vollständig zivilgesell-
schaftlich organisiert sind.

Um das zu erreichen, stellen Sie einige Forderun-
gen, auf die ich gerne eingehe:

Sie fordern, das Trägerprinzip im Bundesfreiwilli-
gendienst zu stärken, indem es gesetzlich verpflichtend
vorgeschrieben werden soll. Wir dagegen sehen dazu
keine Notwendigkeit, da die Einsatzstellen und Ver-
bände ihre internen Strukturen im Bundesfreiwilligen-
dienst sehr gut selbst gestalten können.

Ihre Forderungen zur Verbesserung der Anerken-
nungskultur wurden von uns längst in vielfältiger
Weise umgesetzt: Nicht nur die Freiwilligen im Bun-
desfreiwilligendienst, sondern auch die in den Jugend-
freiwilligendiensten erhalten einen kostenlosen Frei-
willigenausweis. Nun ist es Aufgabe der Kommunen
und der Privatwirtschaft, diesen Ausweis für Vergüns-
tigungen, zum Beispiel bei Eintrittsgeldern für kultu-
relle oder sportliche Veranstaltungen, anzuerkennen.

Bei der Vergabe von Studienplätzen wird die Zeit,
die sich Jugendliche in Freiwilligendiensten engagie-
ren, bereits in vielen Fällen als Wartezeit berücksich-
tigt. Insoweit kann der Bund nur weiter an die zustän-
digen Länder und Hochschulen selbst appellieren, den
Freiwilligendienst anzuerkennen; er kann dies seiner-
seits nicht gesetzlich vorschreiben.

Die Öffentlichkeitsarbeit für die Freiwilligendienste
betreibt der Bund effektiv: Obwohl es immer noch
mehr Bewerberinnen und Bewerber gibt als offene
Stellen, werden weiterhin Informationsmaterialien für
die Öffentlichkeitsarbeit hergestellt.

Einem Aspekt, auf den Sie in Ihrem Antrag hinwei-
sen, widmen auch wir unsere volle Aufmerksamkeit:
Die Sicherstellung der Arbeitsmarktneutralität der
Freiwilligendienste ist von entscheidender Bedeutung
für deren gesamtgesellschaftlichen Erfolg. Gerade da-
durch, dass wir den Bundesfreiwilligendienst auch für
ältere Interessierte und arbeitslose Menschen geöffnet
haben, müssen wir genau hinsehen, dass die Tätigkei-
ten, die die Freiwilligen ausführen, wirklich arbeits-
marktneutral ausgestaltet sind. Wir stellen dies sicher,
indem sich die Einsatzstellen gegenüber dem Bund
nicht nur zur Wahrung der Arbeitsmarktneutralität
verpflichten müssen, sondern auch bestätigen müssen,
dass der Betriebs- oder Personalrat bei der Entschei-
dung über den Einsatz Freiwilligendienstleistender be-
teiligt wurde.

Außerdem überprüft das Bundesamt für Familie und
zivilgesellschaftliche Aufgaben alle Hinweise auf die
Verletzung der Arbeitsmarktneutralität und verhängt
Sanktionen bei Verstößen: Rückforderungen der För-

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(C (D erung bis hin zum Entzug der Zulassung als Träger ind möglich. Noch ein Wort zur Rolle des Bundesamtes für Famie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. Sie kritisieren nd befürchten einen Interessenkonflikt dadurch, dass as Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche ufgaben sowohl für die administrative Durchführung es Bundesfreiwilligendienstes zuständig, zugleich ber auch Träger der Zentralstelle ist. Doch dadurch, ass beide Aufgabenbereiche von getrennten Organiationseinheiten im Bundesamt für Familie und zivilesellschaftliche Aufgaben durchgeführt werden, kann s zum einen gar nicht zu einem Interessenkonflikt ommen. Zum anderen wurde die Funktion des Bunesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaen als Zentralstelle von den Bundesländern und auch on vielen zivilgesellschaftlichen Einsatzstellen und rägern ausdrücklich gewünscht. Für alle, die sich einer anderen Zentralstelle zuordnen wollten, wurde o die Möglichkeit geschaffen, am Bundesfreiwilligenienst teilzunehmen. Was die von Ihnen geforderte Information über Zwichenergebnisse der Evaluation der Dienste betrifft, so t geplant, dass erste Ergebnisse bereits Ende 2013 in inem Zwischenbericht vorgelegt und auch dann schon iskutiert werden, um möglicherweise noch an der eien oder anderen Stelle nachjustieren zu können. Meine Damen und Herren von der Opposition, die ealität des erfolgreichen Bundesfreiwilligendienstes at Ihren Antrag bereits überholt. Springen Sie über ren Schatten und freuen Sie sich mit uns über den Erlg, von dem unsere ganze Gesellschaft profitiert. Es ist nun nahezu ein Jahr her, dass wir den vorlie enden Antrag von SPD und Grünen auf der Tagesordung des Deutschen Bundestags stehen hatten. Schon amals hatte ich zu Protokoll gegeben, dass der Anag nicht sonderlich gelungen ist. Daran hat sich, ein ahr später und damit auch einige Entwicklungschritte weiter, nichts geändert. Im Gegenteil: Eine eihe der Forderungen, die in dem Antrag erhoben erden, sind nun noch mehr überholt, als sie damals chon waren. Ich verrate Ihnen insofern wahrlich kein eheimnis, wenn ich schon vorab erkläre, dass meine raktion diesen Antrag auch dieses Mal ablehnt. Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, einige orte zum Verhältnis von Bundesfreiwilligendienst nd den Jugendfreiwilligendiensten zu verlieren. Zwichenzeitlich hat der BFD nunmehr fast sein zweites ahr abgeschlossen. Vorausgegangen war ein unsäglihes Gezeter der versammelten Opposition: Der Bunesfreiwilligendienst wird als Lückenbüßer für den Ziildienst nicht funktionieren und kein Erfolgsmodell ein. – Das war die Aussage eines grünen Redners von amals; um nur ein Beispiel zu nennen. Heute wissen wir, dass diese vom Pessimismus gerägten Aussagen gravierende Fehleinschätzungen Dorothee Bär gebene Reden )

Dr. Peter Tauber (CDU):
Rede ID: ID1724417700




(A) )

gewesen sind. Zwei Jahre nach seiner Einführung läuft
der Bundesfreiwilligendienst sehr erfolgreich. Neben
der Tatsache, dass die Bundesregierung die Weichen
bei der Einführung richtig gestellt hat, ist dies ganz
entscheidend auch der sehr klugen und hochprofessio-
nellen Organisation von Herrn Dr. Jens Kreuter, dem
ehemaligen Bundesbeauftragten für den Zivildienst,
und seinem Team zu verdanken. Herr Dr. Kreuter hat
den höchsten Respekt aller Beteiligten für den Kraftakt
verdient, den er zu bewältigen hatte, um den Bundes-
freiwilligendienst zu dem zu machen, was er heute ist.
Mein Dank gilt Ministerin Schröder und dem gesamten
Haus für ihren Einsatz und die ambitionierte Arbeit.
Der große Erfolg des BFD gibt ihnen allen recht!

Natürlich spielen auch die Einsatzstellen und Trä-
ger eine ganz entscheidende Rolle. Dass wir einen der-
art bunten, vielfältigen und spannenden BFD anbieten
können, hängt letztendlich mit der Vielfalt der vielen
fantastischen Einsatzstellen zusammen, die ganz oft ih-
ren Beitrag dazu leisten, unsere Gesellschaft ein Stück
menschlicher und lebenswerter zu machen. Natürlich
sind insbesondere die vielen jungen Menschen zu nen-
nen, die den BFD mit Leben füllen, die sich einbringen
und in beeindruckender Art und Weise Zeichen der
Menschlichkeit setzen. Dass der BFD auch der älteren
Generation offensteht, macht ihn zusätzlich einmalig.

Der Erfolg des Bundesfreiwilligendienstes ist aber
auch eine Lehrstunde für die Opposition gewesen. Un-
terschätzt unsere Jugendlichen nicht! Dies rufe ich all
jenen zu, die ein Scheitern herbeigeredet haben und
damit explizit immer auch ein Desinteresse der Jugend
an freiwilligem Engagement unterstellt haben. Es ist
ein Grundproblem der politischen Linken in diesem
Land, den Bürgerinnen und Bürgern zu wenig zuzu-
trauen und immer wieder Lösungen anzustreben, die
die Menschen bevormunden. Dies soll heute aber nicht
unser Thema sein, auch wenn wir uns dringend einmal
darüber unterhalten müssten.

Eine weitere Fehleinschätzung der Opposition war
die lautstark vorgetragene Befürchtung, die Freiwilli-
gendienste gingen aus dem Systemwechsel geschwächt
hervor. Auch diese Mutmaßung bewahrheitete sich
nicht. Gerade das Gegenteil ist der Fall, denn – ich
denke, das bestreitet heute niemand – die Freiwilligen-
dienste sind gestärkt aus dem gesamten Prozess her-
vorgegangen. Dies bestätigen mir die vielen Ge-
sprächspartner, die sich tagtäglich für die Freiwilli-
gendienste engagieren. Wir alle wissen um die massive
Mittelaufstockung für die Freiwilligendienste, die
diese Bundesregierung trotz Schuldenbremse möglich
gemacht hat.

Genauso wenig ist die von der Opposition immer
wieder vorgetragene Befürchtung wahr geworden, die
Zivilgesellschaft und ihre Akteure würden durch den
Bundesfreiwilligendienst zugunsten staatlicher Struk-
turen geschwächt. Die Jugendfreiwilligendienste mit
ihrer wichtigen Rolle für die Gesellschaft bleiben eine
starke Säule mit selbstbewussten zivilgesellschaftli-
chen Akteuren, wie sie es schon immer waren. Ich habe

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(C (D ie Diskussionen und Gespräche mit ebendiesen Akuren und ihren verschiedenen Verbänden als sehr ohltuend und sehr konstruktiv erlebt. Die Detailenntnisse und das Know-how in einer ganz heterogeen Bandbreite von Feldern sind immer wieder beeinruckend. Der von der Opposition erweckte Eindruck, umindest zum Zeitpunkt der Antragstellung, wir setzn nicht auf diese zivilgesellschaftlichen Kräfte, er cheint uns heute allen sicherlich als ziemlich absurd nd abwegig. Ich bin davon überzeugt, dass die Freiwilligenienste und der Bundesfreiwilligendienst in eine sehr ositive und vielversprechende Zukunft gehen werden. ie christlich-liberale Koalition hat mit ihrem Ansatz, it dem BFD eine zweite gleichberechtigte Säule neen die etablierten Freiwilligendienste zu stellen, recht ehalten und richtig gehandelt. Gewiss gibt es immer och Verbesserungspotenziale und Optimierungsmögchkeiten; aber die Richtung stimmt. Allein die Tatsahe, dass wir ganz allgemein mehr Bewerber als freie lätze haben, zeigt uns, dass die Freiwilligendienste in Riesenerfolg sind. Lassen Sie mich abschließend noch einmal meine reude darüber zum Ausdruck bringen, dass wir in eiem Land leben, in dem sich junge Menschen gerne für re Gesellschaft einsetzen. Als früherer Vorsitzender iner politischen Jugendorganisation habe ich gelernt, ies zu ermessen und wertzuschätzen. Genau diese Bebachtungen mache ich heute wieder bei den Jugendeiwilligendiensten und beim BFD. Gleiches gilt aber uch für die ältere Generation, die ja auch ein wichtier Bestandteil des Bundesfreiwilligendienstes ist. hne die Älteren in der Gesellschaft mit ihrem indiviuellen Einsatz und ihrer Erfahrung wäre so vieles gar icht erst möglich. Allein diese Bereitschaft zum Engaement für andere gibt uns einigen Anlass, positiv in nsere Zukunft zu blicken. In den letzten Jahren hat sich in der Freiwilligen ienstlandschaft viel bewegt: Die beliebten Formate SJ und FÖJ wurden evaluiert und weiterentwickelt. it „kulturweit“ und „weltwärts“ haben sich zwei inrnationale Jugendfreiwilligendienste etabliert. Der reiwilligendienst aller Generationen schloss als Moellprojekt an die Generationsübergreifenden Freiwilgendienste an und natürlich – last, but not least – urden der Bundesfreiwilligendienst, BFD, und der ternationale Jugendfreiwilligendienst, IJFD, eingehrt, nachdem der Wehrund der Zivildienst ausge etzt wurden. Die Freiwilligendienstlandschaft stellt ich damit so vielfältig dar wie noch nie. Als Berichterstatter für die Jugendfreiwilligenienste wusste ich um das hohe Interesse an dem Freiilligen Sozialen und dem Freiwilligen Ökologischen ahr: Auf einen Freiwilligendienstplatz bewarben sich wei bis drei junge Menschen. Vor diesem Hintergrund t der große Erfolg des neuen Bundesfreiwilligenienstes nicht verwunderlich. Dr. Peter Tauber gebene Reden )

Sönke Rix (SPD):
Rede ID: ID1724417800




(A) )

Als Jugendpolitiker und Mitglied im Familienaus-
schuss liegt mein größtes Interesse darin, für junge
Menschen gute und sinnvolle Rahmenbedingungen zu
schaffen und ihnen dadurch eine sinnstiftende Freiwil-
ligendiensterfahrung zu ermöglichen. Denn für uns
– meine Kolleginnen und Kollegen aus der SPD-Bun-
destagsfraktion und mich – sind Freiwilligendienste
nicht nur eine besondere Form des bürgerschaftlichen
Engagements, sondern viel mehr: Junge Menschen
können als Freiwilligendienstleistende ihre sozialen
Kompetenzen festigen, Neues erlernen und sich auf ih-
rem Weg in eine berufliche Laufbahn orientieren. So
entsteht auch ein ganz persönlicher Nutzen für die
Teilnehmenden.

Dass für uns das Wohl der jungen Frauen und Män-
ner im Vordergrund steht, wird unter anderem in die-
sem Antrag deutlich, den wir gemeinsam mit Bünd-
nis 90/Die Grünen in den Deutschen Bundestag einge-
bracht haben. Wie Sie dem Antrag entnehmen können,
sieht die SPD-Bundestagsfraktion den vor zwei Jahren
eingeführten Bundesfreiwilligendienst, BFD, kritisch.
Die hastige Gesetzgebung und Einführung des BFD
führten zu Unsicherheiten und Unstimmigkeiten auf-
seiten aller Beteiligten, insbesondere waren viele
junge Menschen verunsichert. Deshalb haben wir ei-
nen Antrag vorgelegt, der unter anderem fordert, den
Bundesfreiwilligendienst stärker in zivilgesellschaftli-
che Verantwortung zu geben und ihn den Jugendfrei-
willigendiensten anzugleichen.

Auch wenn an einigen Stellen bereits nachgebessert
wurde, gibt es doch weiterhin grundsätzliche Schwach-
stellen, die sich aus der „Pflichtdienstlogik“ ergeben –
schließlich sollte der BFD die Lücke schließen, die der
Zivildienst vermeintlich hinterlassen hat.

Zusätzlich gibt es Probleme bei der Umsetzung, der
Verzahnung zwischen BFD und FSJ/FÖJ und der Ar-
beitsmarktneutralität.

Man kann es aufgrund der aktuellen Entwicklungen
nicht oft genug sagen: Die Freiwilligendienste sind
weder Ausfallbürgen noch Lückenbüßer für sozial-
staatliche Aufgaben – daran kann auch der Erste
Engagementbericht der Bundesregierung und das Zi-
tat von der „Bürgerpflicht“ nichts ändern. Engage-
ment im Rahmen eines Freiwilligendienstes ist für die
Gesellschaft, aber eben auch für den einzelnen Frei-
willigen ein großer Gewinn. Freiwilligendienste sind
Bildungsdienste. Das muss auch für den BFD gelten.

Die Verankerung des Trägerprinzips im Bundesfrei-
willigendienstgesetz ist uns ein großes Anliegen. Es
kann nicht sein, dass die Träger, die wichtige Ansprech-
partner für ihre Freiwilligen sind, eine koordinierende
Funktion wahrnehmen und für die Qualitätssicherung
zuständig sind, im BFD aber keine Vertragspartner
sind. Neben dem Grundsatz der Subsidiarität, den es
hier zu wahren gilt, stellt die momentane Situation die
Träger allein schon verwaltungstechnisch vor unlös-
bare Aufgaben – müssen sie doch auch hinsichtlich ih-
res Kontingents den Überblick über die Anzahl und die

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(C (D aten „ihrer“ Freiwilligen behalten. Das ist momenn jedoch nicht der Fall. Meine Erfahrungen mit dem BFD zeigen: Das achpublikum, also die Trägerlandschaft und auch eiige Einsatzstellen, weiß, was den BFD ausmacht. iele von ihnen geben sich Mühe, die Freiwilligenienstleistenden gemeinsam pädagogisch zu begleiten nd ihnen möglichst gleiche Rahmenbedingungen zu ieten, egal, ob sie ein FSJ, FÖJ oder einen BFD abolvieren. Das lässt sich leichter bei denjenigen unter 7 Jahren handhaben als bei den Älteren. Die pädagogische Begleitung der teilnehmenden 27 ist ein wichtiges Thema. Wir wollen, dass auch er BFD in diesem Bereich – genau wie die Jugendeiwilligendienste – seinen Anspruch als Bildungsienst ernst nimmt. Noch ist dies nicht der Fall. Manche von den Älteren, die einen BFD absolvien, wissen nicht, dass dies auch ein Bildungsdienst t, und fordern somit auch nicht die entsprechenden aßnahmen ein. Einige vermuten dahinter gar eine rbeitsmarktpolitische Maßnahme. Leider finden wir iese Unwissenheiten nicht allein bei den Teilnehmenen vor, sondern in einigen Fällen auch bei den Mitareiterinnen und Mitarbeitern der Argen und Jobcenter. einigen Jobcentern wird der BFD durchaus als Alrnative zu Arbeitsmarktmaßnahmen beworben. Und h habe Kenntnis von zumindest einem Fall, in dem ie Leistung für einen SGB-II-Empfänger gekürzt urde, als dieser nach sechs Monaten den BFD abrach. Genau diese Konsequenzen wollen wir nicht; ie müssen verhindert werden. Neben vielen anderen Punkten, die wir och kritisieren, ist mir ein Thema besonders wichtig: ie Doppelrolle des BAFzA. Diese sehen wir mehr als ritisch. Denn einerseits ist das BAFzA steuernde, kordinierende und kontrollierende Behörde und verwalt die Zuschüsse an die zivilgesellschaftlichen Zenalstellen. Andererseits ist es selbst Zentralstelle und ienstleister insbesondere für kleine und kommunale räger. Somit tritt das BAFzA in Konkurrenz zu den entralstellen aus dem Dritten Sektor. Das widerpricht wiederum dem Subsidiaritätsgebot. Wir forern, dass diese zweite Rolle des BAFzA aufgegeben ird. In einem ersten Schritt muss die Konkurrenzsituaon durch eine Angleichung der Verwaltungskostenauschale aufgelöst werden. Grundsätzlich müssen wir uns die Frage stellen, wie ir uns die Freiwilligendienstlandschaft in Zukunft orstellen. Ich begrüße, dass es mit dem BFD nun auch ine Möglichkeit für Menschen über 27 gibt, einen reiwilligendienst zu leisten. Diese Altersöffnung ringt Chancen, birgt aber auch Risiken. Die Abgrenung zum Arbeitsmarkt und zu anderen Formen des ürgerschaftlichen Engagements muss gewährleistet ein. Tätigkeitsfelder müssen neu definiert und stets ontrolliert werden. Untersuchungen zeigen, dass der FD insbesondere für Freiwillige im erwerbsfähigen lter eine Alternative darstellt. Freiwillige über 65 fin Sönke Rix gebene Reden )





(A) )

den sich wenig – für diese Gruppe sind andere, nied-
rigschwellige Formate wie der Freiwilligendienst aller
Generationen offenbar attraktiver.

Wir brauchen ein kluges, durchdachtes und zivilge-
sellschaftlich orientiertes Konzept für eine Zukunft der
Freiwilligendienste. Wir wollen im Sinne der Freiwilli-
gen die Dienste qualitativ und quantitativ weiterentwi-
ckeln. Wir wollen jede Altersgruppe einschließen und
deshalb unterschiedliche Formate fördern.

Die Anliegen, die an mich in den letzten Jahren he-
rangetragen wurden, und die es bei diesen Planungen
zu berücksichtigen gilt, sind unter anderem eine mög-
liche Taschengelduntergrenze, eine Übernahme bzw.
Bezuschussung der Fahrtkosten, die Anerkennung ei-
nes Freiwilligendienstes als doppelte Wartesemester
und eine Ombudsstelle für Freiwilligendienstleistende.

Alles in allem bleibt es eine spannende Zeit für die-
jenigen, denen die Freiwilligendienste am Herzen lie-
gen. Insbesondere, wenn die politischen Vorzeichen ab
Herbst anders stehen, bin ich zuversichtlich, dass es
auch eine gute Zeit werden kann.


Florian Bernschneider (FDP):
Rede ID: ID1724417900

Diese Woche könnte man problemlos unter das

Motto stellen: Je näher der Wahltermin, desto kopflo-
ser die Opposition. Die Pirouetten, die im vorliegen-
den Antrag von der Opposition gedreht werden, sind
beeindruckend.

Erinnern wir uns knapp zweieinhalb Jahre zurück:
Erst hieß es, insbesondere von der SPD, die Wehr-
pflicht könne nicht ausgesetzt werden. Man trete für ei-
nen freiwilligen Pflichtdienst ein – was ein Wider-
spruch in sich ist. Aber damit war immerhin klar, dass
die Sozialdemokraten sich nie für die Aussetzung der
Wehrpflicht eingesetzt haben.

Dann, wiederum in paar Monate später, hieß es, die
Aussetzung sei überhastet. Nun wird diese von SPD
und Grünen im vorliegenden Antrag gelobt. Ein Sin-
neswandel, den ich als Liberaler nur begrüßen kann
und der diese Regierung in ihrer Arbeit bestätigt. Aber
dass SPD und Grüne in diesem Antrag versuchen den
Anschein zu erwecken, als hätten Sie diese mutige Re-
form aktiv begleitet oder gar gefordert, gehört nun
wahrlich ins Reich der Fabeln. Die Opposition war in
dieser Frage erst zerstritten, dann zögerlich und am
Ende haben Sie uns auch noch ein Scheitern der auf
die Aussetzung folgenden Freiwilligendienstreform
prophezeit. Nur taugen die Vorhersagen von SPD und
Grünen mittlerweile weniger als die Wettervorher-
sage: Denn sie lagen in allen Punkten daneben.

Stattdessen schreiben die Jugendfreiwilligendienste
und der neue Bundesfreiwilligendienst eine Erfolgsge-
schichte. Über 80 000 Freiwillige engagieren sich im
Jahr für die Allgemeinheit. Und diesem Engagement,
dieser Einsatzbereitschaft gebührt unserer Respekt
und unsere Anerkennung.

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(C (D Schade ist in diesem Zusammenhang auch, dass die pposition bis heute bekannte Realitäten ignoriert. So tehen die ohne Zweifel erfolgreichen Jugendfreiwilliendienste in der Verwaltungszuständigkeit der Läner. Wenn Sie in Ihrem Antrag also schreiben, dass mit er Einführung des BFD die „Chance einer Weiterenticklung der Freiwilligendienste […] vertan“ wurde, eil Sie der Auffassung sind, dass es gereicht hätte, SJ und FÖJ noch stärker auszubauen als wir es getan aben, dann ignorieren Sie schlicht und einfach unsere erfassung, der auch Sie als Abgeordnete des Deutchen Bundestages verpflichtet sind. Der Bund nutzt schon heute die gegebenen Finanierungsspielräume, das hat der Bundesrechnungshof ehrfach unterstrichen, maximal aus. Und Ihr bereds Schweigen, wie Sie denn die Freiwilligendienste hne den BFD hätten ausbauen wollen, verrät, dass ie versuchen, mit Ihrer Kritik die Menschen im Lande inters Licht zu führen. Sie haben im Gegensatz zu nion und FDP weder Alternativen noch ein tragfähies Konzept für die Freiwilligendienste. Sie betreiben iesmacherei und verlegen sich, wenn Sie nach Alter ativen gefragt werden, auf das Werfen von Nebelkeren. Was ich Ihnen zugestehen möchte, ist, dass Sie in Ihm Antrag einige Punkte aufgreifen, an denen noch efeilt werden muss. Das negiert auch niemand und erade mein geschätzter Kollege von der Union, Herr auber, wie auch ich haben in den Debatten immer ieder darauf hingewiesen, dass mit der Einführung es BFD die Messe natürlich nicht gesungen ist. FSJ nd FÖJ haben sich über vier Jahrzehnte zu erfolgreihen Bildungsdiensten entwickelt, mit vielschichten, bwechslungsreichen Konzepten, Trägern usw. All ies lässt sich für den neuen Bundesdienst, zumal auch ie Altersgruppe über 27 Jahre mitzudenken ist, nicht ber Nacht bewerkstelligen. Hierfür brauchen wir Auenmaß und einfach Zeit – auch wenn sie erfahrungsemäß knapp ist. Anstatt sich aber auf die Punkte zu konzentrieren, n denen wir noch arbeiten müssen, und hier Vorchläge zu unterbreiten, konzentrieren Sie sich wieder inmal darauf, altbekannte Forderungen aus der Motnkiste zu holen. In der Folge gibt es eine Reihe von unkten in Ihrem Antrag, bei denen ich nur noch den opf schütteln kann. Denn eigentlich wissen Sie es elbst besser. Wenn Sie fordern, dass der Bund einen einheitlichen reiwilligendienstleistendenausweis schaffen solle, uss ich mich schon fragen, ob Sie die letzten Wochen nd Monate engagementpolitisch geschlafen haben. iesen Ausweis gibt es doch im BFD längst. Und es teht den FSJ/FÖJ-Trägern, der Zivilgesellschaft, elbstredend frei, diesen Ausweis ebenfalls anzuforern und an ihre Freiwilligen auszugeben. Die Tür teht sperrangelweit offen. Durchgehen muss die Zivilesellschaft aber selbst. Das kann nicht der Bund reeln und das sollte er auch nicht. All dies wissen Sie – nd fordern trotzdem solchen Unfug. Sönke Rix gebene Reden )





(A) )

Ausgesprochen interessant ist auch, was Sie nicht
schreiben bzw. nur verklausuliert fordern. Wenn unter
Punkt 3 bei den Bildungszentren davon die Rede ist,
dass diese „zu reformieren“ und „anzupassen“ seien,
um „… damit möglichweise erzielte Einsparungen für
die Träger flexibel nutzbar zu machen“, kann wohl nur
gemeint sein, dass Sie die Bundesregierung auffor-
dern, hier zu kürzen. Dann schreiben Sie doch, dass
Sie die Bildungszentren offen zur Diskussion stellen
und im Zweifel dort Stellen abbauen und massiv Mittel
kürzen wollen. Oder fehlt Ihnen hierzu der Mut? Wa-
rum schwurbeln Sie hier so rum? Wenn das der neue
Stil der Opposition sein soll, Herr Steinbrück hatte ja
„Klartext“ angekündigt, dann kann das ja heiter wer-
den. Im Übrigen sollte Ihnen eines klar sein: Geld, das
an dieser Stelle eingespart wird, wird nicht den Trä-
gern zur Verfügung stehen. Es handelt sich hier nicht
um flexibilisierte Haushaltstitel. Einsparungen kom-
men direkt dem Gesamthaushalt zugute. Auch das
müssten Sie eigentlich wissen, ansonsten lassen Sie
sich bitte die Grundzüge des Haushaltsrechtes von Ih-
ren zuständigen Fachkollegen erklären.

Was die Konzepte und die Überprüfung der Bil-
dungszentren unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten
angeht, kann ich Sie beruhigen: Eine Überprüfung der
Zentren ist längst ausgeschrieben worden. Aber im Ge-
gensatz zu Ihnen warten wir die Ergebnisse dieser wis-
senschaftlichen Untersuchung ab, um auf Basis von
Fakten vernünftige und tragfähige Entscheidungen
treffen zu können. Das unterscheidet uns offensichtlich
von Ihnen, der Opposition.

Die Umsatzsteuerproblematik sprechen Sie zurecht
an, nur ist da auch zu Ihrer Regierungszeit nichts pas-
siert. Und warum nicht? Weil wir uns hier in einem
schwierigen Feld bewegen. Wir alle wissen doch, wie
langsam die Mühlen malen und wie schwierig es ist,
sich auf EU-Ebene zu verständigen. Aber immerhin
haben wir, die Engagementpolitiker der Koalition und
das Bundesfamilienministerium, mittlerweile eine Ex-
pertise vorliegen, die klarstellt, dass eine Umsatzsteu-
erbefreiung auch im derzeit geltenden Rechtsrahmen
prinzipiell möglich ist. Der Bundesfinanzminister ist
hier zwar noch anderer Auffassung, aber ich bin guter
Dinge, dass wir auch diese Widerstände in der kom-
menden Wahlperiode überwinden können. Auch das
bekommen wir eher hin als Sie.

Geradezu absurd wird es allerdings, verehrte Kolle-
gen von Rot-Grün, wenn Sie vom Bund fordern, die
Anerkennungskultur zu stärken, indem ein Freiwilli-
gendienst zum Beispiel als Wartesemester an einer
Universität oder als Praktikum für eine Ausbildung
anerkannt werden soll. Das ist Sache der Länder. Nun
haben sich in diesen Fragen gerade rot-grün regierte
Länder wie NRW nicht gerade mit Ruhm bekleckert.
Und die Resonanz auf das Schreiben von Bundesminis-
terin Schröder an ihre Länderkollegen mit der Bitte,
die Gesetze der Länder auf Möglichkeiten für eine bes-
sere Anerkennung von ehrenamtlichem Engagement zu
durchforsten, war mehr als mau – um nicht zu sagen:

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(C (D icht vorhanden. Daher verstehen Sie bitte, dass ich ei entsprechenden Forderungen aus Ihrem Munde ellhörig werde. Denn es drängt sich der Eindruck auf, ass Sie nicht zum ersten Mal Politik nach dem Stanktlorians-Prinzip machen. Zuständig sind bei Ihnen mer die anderen. Vor diesem Hintergrund werbe ich dafür, dass wir lle zusammen unseren Landesregierungen in dieser rage Druck machen und gemeinsam für ein Mehr an nerkennungskultur werben, anstatt hier in Anträgen Schwarzer Peter“ zu spielen. Denn das hilft den Freiilligen nicht, es hilft den Freiwilligendiensten nicht, ein, dieses Spielchen auf Kosten der Hoffnungen von rägern und Engagierten schafft nur Verdruss. Und as haben die Freiwilligendienste nun wirklich nicht erdient. Mit Studien und Statistiken sollte man immer erst inmal vorsichtig umgehen. Aber die Untersuchung er Hertie School of Governance, des CSI, Centrum r soziale Investitionen und Innovationen, sowie der niversität Heidelberg zum Bundesfreiwilligendienst nd speziell zu dessen Altersöffnung sind als seriös zu ezeichnen. Und sie sollten ernst genommen werden – icht nur, weil sie schon seit langem geäußerte Berchtungen und Kritikpunkte der Linken aufgreifen. Circa 40 Prozent der Engagierten im Bundesfreiwilgendienst sind laut Studie 27 Jahre und älter. Mehr rauen als Männer über 27 Jahre leisten einen solhen Dienst. Vor allem die Ost-West-Unterschiede haen sich zuletzt verstärkt – es dominieren gerade im sten immer stärker die Älteren. Rund drei Viertel alr Freiwilligen in Ostdeutschland sind 27 Jahre und lter. Dies gibt ebenso Anlass zur Sorge wie der Punkt er Studie, dass über 60 Prozent aller 27-Jährigen und lteren ihren Dienst auf 18 Monate ausdehnen. Ein roßteil dieser Freiwilligen ist arbeitsuchend und ieht den Dienst als Alternative zur Erwerbstätigkeit. ür sie stellt ein Bundesfreiwilligendienst nicht nur ine Übergangsphase dar. Doch soll das so sein? Sollte der Bundesfreiwilliendienst nicht wie die bisherigen Jugendfreiwilligenienste eher ein Lernund Bildungsdienst sein? Zum wiederholten Male stellt sich hier die Frage ach der Abgrenzung des Bundesfreiwilligendienstes on arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Insofern bin ich froh, dass die Linke wieder einmal ewirkt hat und die SPD sowie die Grünen in ihrem ntrag endlich deutlich fordern, die Arbeitsmarktneualität der Einsatzstellen sicherzustellen und regeläßig auf ihre Arbeitsmarktneutralität zu überprüfen. eiter heißt es: „Wird die Arbeitsmarktneutralität vertzt und handelt es sich bei der Einsatzstelle um einen gulären Arbeitsplatz, so können hierfür keine Freiilligen eingesetzt werden. Wird ein Arbeitsverhältnis lschlicherweise als Bundesfreiwilligendienst be eichnet, führt dies zu einem regulären Vergütungsan Florian Bernschneider gebene Reden )

Harald Koch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724418000




(A) )

spruch des/der Freiwilligen.“ Bleibt die Frage, wie ef-
fektiv und gewissenhaft dies überprüft wird und
werden kann.

Auch mit anderen Forderungen im Antrag ist die
Linke durchaus einverstanden. Ich möchte nur ein
paar herausgreifen:

Freiwilligendienste sollen vollständig zivilgesell-
schaftlich organisiert und Mindeststandards unterwor-
fen werden. Das Trägerprinzip soll im Gesetz über den
Bundesfreiwilligendienst verankert werden. Die päda-
gogische Begleitung soll verbessert sowie flexible,
zielgruppengerechte Konzepte für die Bildungszentren
entwickelt werden. Eine bessere Anerkennung für das
Ableisten eines Freiwilligendienstes, zum Beispiel
durch Fahrtkostenerstattung, ermäßigte Eintritts-
preise und eine Anerkennung als Wartesemester, be-
grüßen wir ebenso wie das Einziehen einer Taschen-
gelduntergrenze.

Rot-Grün stellt also Forderungen auf, die sich zu ei-
nem gewissen Teil mit denen aus unserem Antrag „Ju-
gendfreiwilligendienste weiter ausbauen statt Bundes-
freiwilligendienst einführen“ (Drucksache 17/4845)

decken bzw. unsere Forderungen ausschmücken. Doch
warum haben SPD und Grüne dann nicht bereits im
Februar 2011 unserem Antrag zugestimmt?

Dies liegt vor allem daran, dass SPD und Grüne für
den Bundesfreiwilligendienst sind und trotz anfängli-
cher vereinzelter Kritik vollends auf Regierungskurs
umgeschwenkt sind.

Die Linke lehnt nach wie vor den Bundesfreiwilli-
gendienst ab und will stattdessen die rechtlichen
Grundlagen schaffen, um die durch den Wegfall des
Zivildienstes frei werdenden Mittel für den weiteren
Ausbau der etablierten Jugendfreiwilligendienste,
FÖJ/FSJ, mithilfe erfahrener zivilgesellschaftlicher
Akteure zu verwenden. Hier sind die Länder in der
Mitverantwortung.

Wir sehen Parallelstrukturen aus Bundesfreiwilli-
gendienst und den Jugendfreiwilligendiensten als kri-
tisch an, denn es dürfen keine engagierten Menschen
durch Kompetenzwirrwarr und unterschiedliche Aus-
gestaltung der Dienste den Kürzeren ziehen. Dies
schadet der Engagementkultur.

Zudem bemängeln wir an vorliegendem Antrag,
dass er sich völlig unzureichend mit Zugangsbarrieren
zu Freiwilligendiensten auseinandersetzt. Die Linke
möchte durch niedrigschwellige Zugangsmöglichkei-
ten jugendliche Migrantinnen und Migranten, Men-
schen mit Behinderung sowie sozial Benachteiligte für
etablierte Jugendfreiwilligendienste motivieren. Wir
möchten motivieren, freiwillig, ohne äußere Zwänge,
einen solchen Lerndienst zu absolvieren.

Indem SPD und Grüne zum Bundesfreiwilligen-
dienst stehen, stehen sie auch zu der Altersöffnung für
über 27-Jährige. Doch genau an dieser Stelle wird ihr
Antrag unglaubwürdig, wenn sie zugleich Arbeits-
marktneutralität sicherstellen wollen.

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(C (D Sie sprechen zwar die Gefahr von Mitnahmeeffekten urch die Altersöffnung an, ziehen aber keine Konseuenz. Es muss eine klare Abgrenzung erfolgen, um ine Vermischung zwischen Arbeitsmaßnahmen und reiwilligendiensten zu vermeiden, doch die wird urch die Altersöffnung geradezu unmöglich. So bleien ihre Forderungen zur Arbeitsmarktneutralität ine Lippenbekenntnisse. Nicht zuletzt oben erwähnte Studie hat gezeigt: Die ffnung des Bundesfreiwilligendienstes für alle Altersruppen hat dazu geführt, dass vor allem in Osteutschland, aber nicht nur dort, immer mehr Ererbslose und Ältere in den Bundesfreiwilligendienst trömen. Oftmals werden sie durch sanften Zwang von rbeitsagenturen hineingedrückt. Oder sie müssen nd wollen sich etwas dazuverdienen, weil zum Beipiel die Rente nicht reicht. Die mehr oder weniger reiwilligen erledigen nun für ein Taschengeld wichge Aufgaben im sozialen Bereich. Doch hier ist mehr ualifiziertes als mehr prekär beschäftigtes Personal ötig. Gerade durch die Altersöffnung kann man also eim Bundesfreiwilligendienst kaum mehr von Arbeitsarktneutralität sprechen. Wo die Vermittlung in echte sozialversicherungsflichtige Jobs nicht funktioniert, arbeitsmarktpolitiche Instrumente weggekürzt werden und Angebote für enschen jeden Alters fehlen, bleibt als Alternative ben oft nur der Bundesfreiwilligendienst. Jüngst hat sich wieder einmal die katastrophale entenund Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung ezeigt, indem offensichtlich wurde, dass das Beschäfgungsprogramm „Perspektive 50 plus“ grandios gecheitert ist. Ältere Menschen sind weiter ziemlich hancenlos auf dem Arbeitsmarkt. Wir brauchen statt ehr Bundesfreiwilligendienst zielgerichtete, arbeitsarktund sozialpolitische Maßnahmen. Und die irtschaft muss von der Bundesregierung viel stärker die Pflicht genommen werden, dauerhafte und gut ezahlte Arbeitsplätze auch für Ältere zu schaffen. Freiwilligendienste dürfen dabei genauso wenig als arteschleifen für betriebliche Ausbildungsplätze der einen Studienplatz dienen wie als Zuverdienstöglichkeit für ältere Menschen, weil reguläre Areitsplätze fehlen, Löhne oder Renten nicht zum Leben usreichen. Freiwilligendienste sollen auch nicht rbeitskräfte für eine zusammengekürzte soziale Infratruktur liefern. Trotz einiger sinnvoller Forderungen zur Stärkung er Freiwilligendienste enthält sich die Fraktion Die inke zu diesem Antrag. Denn wie die Bundesregieung bleibt Rot-Grün in der Logik des Bundesfreiwilliendienstes verhaftet und unterstützt damit die gefährche Altersöffnung. Wir wollen, dass solche Dienste wirklich arbeitsarktneutral sind und dass in erster Linie mehr sozial ersicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen weren und für gute Löhne und Renten gesorgt wird. Mit Harald Koch gebene Reden Harald Koch )








(A) )

dem Bundesfreiwilligendienst kann keine Altersarmut
bekämpft werden!


Ulrich Schneider (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724418100

Was hat sich seit dem letzten Jahr, als wir die De-

batte zu Freiwilligendiensten schon einmal geführt ha-
ben, geändert? Nichts! Der Erfolg des Bundesfreiwilli-
gendienstes ist nur scheinbar und liegt vor allem in der
Quantität, weniger in der Qualität. Wir haben den An-
trag gemeinsam mit der SPD im Juni 2012 einge-
bracht, weil die schwarz-gelbe Bundesregierung den
Aufbau des Bundesfreiwilligendienstes auf Kosten der
Qualität vorantreibt. An dem dringenden Bedarf,
nachzubessern, hat sich nichts geändert: Die Bundes-
regierung spart auf Kosten der Freiwilligen und der
Einsatzstellen. Die Freiwilligen haben ein Recht auf
gute Betreuung und Begleitung. Das kostet Geld. Statt-
dessen wurden die Verwaltungsnachweise noch auf-
wendiger. Und ausgerechnet für die Betreuung der äl-
teren Freiwilligen wurde im Januar 2013 die
Bildungspauschale um 25 Prozent monatlich gekürzt.
Dabei braucht gerade diese Gruppe individuelle Kon-
zepte, die erst entwickelt werden und zusätzliches Geld
kosten.

Es gibt eine lange Liste an Aufgaben, die bisher
nicht angegangen wurden. Um nur vier Punkte zu nen-
nen:

Erstens: Bildungsgutscheine. In der Sitzung des Un-
terausschusses am 29. Februar vergangenen Jahres
hatte der Leiter des Arbeitsstabes Freiwilligendienste
im Bundesfamilienministerium, Herr Kreuter, noch zu-
gesichert, dass das System der Bildungsgutscheine
kurzfristig geändert würde. Bis heute hat sich hier
nichts, aber auch gar nichts getan.

Zweitens: Mitbestimmung Freiwilliger. In § 10,
„Beteiligung der Freiwilligen“, des Bundesfreiwilli-
gendienstgesetzes steht ausdrücklich, dass es Spreche-
rinnen und Sprecher für die Vertretung der Freiwilli-
gen gegenüber Einsatzstellen, Zentralstellen und der
zuständigen Bundesbehörde geben muss. Jetzt, zwei
Jahre nach Einführung des Bundesfreiwilligendiens-
tes, gibt es den ersten Entwurf einer Wahlverordnung,
die allerdings wenig durchdacht ist: Unklar bleiben
die Rechte und Aufgaben der zukünftigen Sprecherin-
nen und Sprecher. Das Wahlverfahren findet ohne grö-
ßere demokratische Meinungsbildung ausschließlich
elektronisch statt.

Drittens: Ältere Freiwillige: In der aktuellen Statistik
vom April 2013 zählt das Bundesamt für Familie und zi-
vilgesellschaftliche Aufgaben in seiner Statistik
14 444 Bufdis im erwerbsfähigen Alter zwischen 27 und
65 Jahren. Den Rekord hält Sachsen mit fast 80 Prozent
Bufdis im erwerbsfähigen Alter. Eine aktuelle Studie des
Centrum für soziale Investitionen und Innovationen be-
scheinigt, dass viele der Bufdis den Dienst als eine Al-
ternative zu Erwerbsarbeit oder 1-Euro-Jobs sehen.
Diese Entwicklung finde ich äußerst besorgniserregend.

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(C (D ie Freiwilligendienste sind Lernund Orientierungsienste. Dieses Profil müssen wir dringend stärken. Anesichts der Zahlen ist es umso schlimmer, dass die chwarz-gelbe Bundesregierung so tut, als wäre alles in ester Ordnung und der Dienst ein riesiger Erfolg. Viertens: Die anfallende Umsatzsteuer in den Freiilligendiensten. Mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehnamts wäre es endlich an der Zeit gewesen, die Um atzsteuerproblematik zu beheben. Auch hier hat die undesregierung die Lösung umschifft. Ich möchte noch einmal betonen, dass wir der Bunesregierung in unserem Antrag zahlreiche Vorschläge emacht haben. Diese Vorschläge hätten kurzfristig mgesetzt werden können. Ich fordere von der Bundesgierung, hier endlich nachzubessern: für eine bes ere Anerkennung Freiwilligendienstleistender, für ine Interessenvertretung Freiwilligendienstleistender, r eine Ombudsstelle für Freiwilligendienstleistende, amit die Freiwilligen mit ihren Sorgen und Nöten eutrale Anlaufstellen haben, für mehr Qualität in Beeuung und Begleitung, für eine Prüfung der Arbeitsarktneutralität, für ein transparentes System, in dem eispielsweise die Rolle der vielen Regionalbetreueinnen und -betreuer endlich klar würde. Im Ergebnis hat sich die Situation – besonders im undesfreiwilligendienst – verfestigt und verschlechrt. Mein Fazit deshalb: Wir müssen überlegen, ob wir en Bundesfreiwilligendienst mittelfristig brauchen der ob wir ihn nicht in die Jugendfreiwilligendienste berführen und dabei zum Trägerprinzip zurückkehn. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für amilie, Senioren, Frauen und Jugend empfiehlt in seier Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/12904, den ntrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die rünen auf Drucksache 17/9926 abzulehnen. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist ngenommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen egen die Stimmen der SPD und der Grünen bei Enthalng der Fraktion Die Linke. Tagesordnungspunkt 36: Beratung des Antrags der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Obdachund Wohnungslosigkeit erkennen und bekämpfen – Drucksache 17/13105 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Arbeit und Soziales Die Reden gehen zu Protokoll. )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724418200

(A) )


Karl Holmeier (CSU):
Rede ID: ID1724418300

Hartnäckigkeit zahlt sich ja bekanntlich oftmals

aus. Im Fall der Linken und ihrer Anträge zum sozia-
len Wohnungsbau hat man jedoch das Gefühl: Die sind
nicht hartnäckig, sondern etwas schwer von Begriff.

Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole,
erkläre ich es Ihnen einfach noch einmal: Der Bund ist
für die soziale Wohnraumförderung nicht zuständig.
Das ist Ländersache.

Im Rahmen der Föderalismusreform 2006 haben
sich Bund und Länder darauf verständigt, dass jeder
künftig nur noch das zahlt, wofür er auch zuständig ist.
Ihre Forderung an den Bund nach einer bedarfsge-
rechten Bereitstellung von sozialem Wohnraum ist also
grundgesetzwidrig.

Im Übrigen weise ich auch hier noch einmal darauf
hin, dass der Bund den Ländern für einen Übergangs-
zeitraum bis 2019 Kompensationszahlungen leistet,
die gerade auch für den sozialen Wohnungsbau be-
stimmt sind. Konkret hat er den Ländern bis zum Ende
des Jahres 2013 jedes Jahr mit 518 Millionen Euro für
den sozialen Wohnungsbau unter die Arme gegriffen.

Der Bund hilft den Ländern also bereits, und er hat
angekündigt, dies auch weiterhin zu tun, wenn die Län-
der das Geld zweckgemäß einsetzen. Berechtigt ist in
diesem Zusammenhang natürlich die Frage, ob die
Länder das auch tatsächlich tun und entsprechend ver-
antwortungsvoll mit den Kompensationszahlungen des
Bundes umgehen.

Ich erinnere mich jedoch, dass gerade das Land
Berlin unter Regierungsbeteiligung der Linken das
Geld, das eigentlich für Investitionen in den sozialen
Wohnungsbau vorgesehen war, zweckentfremdet hat.
Damals hätten Sie zeigen können, wie sehr Ihnen der
soziale Wohnungsbau wirklich am Herzen liegt.

Doch was haben Sie stattdessen getan? Sie haben
das Geld genommen, um damit alte Schuldenlöcher zu
stopfen. Eigentlich ein waschechter Skandal. Doch
statt sich in Demut zu üben, kommen Sie jetzt und wol-
len noch mehr Geld.

In Bezug auf die in dem vorliegenden Antrag eben-
falls geforderte Einführung einer bundesweiten Woh-
nungslosenstatistik scheint sich mein eingangs erwähn-
ter Eindruck zu bestätigen, dass die Linken etwas
schwer von Begriff sind. Denn bereits vor knapp einem
Jahr hat die Bundesregierung auf Drucksache 17/10414
in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage, an der auch
die Fraktion Die Linke beteiligt war, erklärt, dass über
die Einführung einer bundeseinheitlichen Statistik über
die Zahl der Wohnungslosen Mitte der 90er-Jahre eine
Machbarkeitsstudie durchgeführt worden ist. Diese Stu-
die kam zu dem Ergebnis, dass lediglich die Erfassung
der ordnungs- und sozialhilferechtlich untergebrachten
Haushalte sowie derjenigen, die wegen Mietrückstän-
den räumungsbeklagt sind, in einer amtlichen Statistik
vertretbar und praktikabel ist. Bei den übrigen Gruppen
von Wohnungsnotfällen wurde dagegen die Durchführ-

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Zu Protokoll ge

(C (D arkeit einer genaueren Erfassung als problematisch nd kaum realisierbar eingestuft. Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund stgestellt, dass es nur konsequent war, von der Einhrung einer bundesweiten Wohnungslosenstatistik bzusehen. Dieser Einschätzung schließe ich mich an. Darüber hinaus hat die Bundesregierung mitgeteilt, ass sich in den vergangenen Jahren die allgemeine ersorgungslage mit Wohnraum insgesamt ständig erbessert hat. Zugleich ist die Zahl der Wohnungssen in den vergangenen 20 Jahren nicht zuletzt ufgrund einer verbesserten Präventionsarbeit der ommunalen Stellen und freien Träger deutlich zurückegangen. Wohnungslosigkeit beruht zudem nicht mehr in ersr Linie auf einem Fehlbestand an Wohnungen, sonern hat in der Regel eine Reihe anderer sozialer und um Teil auch psychosozialer Ursachen. Hilfen bei roblemlagen, die zur Wohnungslosigkeit führen könen, können sinnvoll nur auf örtlicher Ebene geleistet erden. Die Zuständigkeit für die Vermeidung und Bekämpng von Obdachlosigkeit liegt daher auch in erster inie bei den Kommunen. Und damit schließt sich auch wieder der Kreis zu em, was ich den Kollegen von der Linken nun schon äufiger erklärt habe: Sie sind mit Ihren Anliegen zu ozialen Wohnraumfragen beim Bund an der falschen dresse. Das ist Ländersache. Insofern bleibt mir icht viel, als Ihre Anträge mit derselben Hartnäckigeit, mit der sie vorgebracht werden, zurückzuweisen. Im vorliegenden Antrag wird von der Fraktion Die inke die Einführung einer bundesweiten Statistik zur ohnungslosigkeit gefordert. Ganz gleich welcher raktion man angehört: Ein Leben ohne feste Bleibe, hne den Schutz der Privatsphäre, einer Haustür, die an einfach hinter sich schließen kann, das wünschen ir alle niemandem. In dieser Frage setze ich Einigeit voraus. Uneinig sind wir uns jedoch in der Frage, ob eine undesweite Statistik zur Wohnungslosigkeit die Situaon von Obdachlosen oder von Obdachlosigkeit berohten Menschen in Deutschland verbessern kann. Zu en Rahmenbedingungen eines solchen Vorhabens ist stzustellen, dass seit der Föderalismusreform die änder für die Soziale Wohnraumförderung zuständig ind. Konkrete Hilfsmaßnahmen und Beratungsangeote für Obdachlose oder von Obdachlosigkeit berohte Menschen fallen in die Zuständigkeit der Komunen. Die Frage ist daher, ob eine Statistik des undes helfen kann, wenn die eigentliche Zuständigeit für Maßnahmen, die bei den Betroffenen direkt anommen, bei Ländern und Kommunen liegt. Weder Bund noch Länder verfügen über flächendekende Daten zur Obdachlosigkeit. Dennoch liegen gebene Reden )

Gero Storjohann (CDU):
Rede ID: ID1724418400




(A) )

uns Zahlen vor. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Woh-
nungslosenhilfe veröffentlicht in einem jährlichen Tur-
nus Schätzungen zur Zahl der Wohnungslosen in
Deutschland. Laut aktuellen Angaben ist die Zahl der
Wohnungslosen auch in den letzten Jahren weiter ge-
sunken. Im Jahr 2002 ging man von insgesamt
410 000 Wohnungslosen in Deutschland aus, immer-
hin 6,8 Prozent weniger als im Vorjahr. Zum Vergleich:
Im Jahr 2010 waren es nur noch 248 000. Diese Zah-
len lassen hoffen, dürfen unsere Aufmerksamkeit für
dieses gesellschaftliche Problem aber nicht schmä-
lern.

Die CDU/CSU-Fraktion folgt einem christlichen
Menschenbild und unterstützt jede Anstrengung, um
Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Deutschland zu be-
kämpfen. Wenngleich in den letzten Jahren offensicht-
lich viel im Kampf gegen die Obdachlosigkeit erreicht
wurde, gilt es, für neue Wege zur Eindämmung der Ob-
dachlosigkeit offen zu sein. Ob jedoch eine weitere Sta-
tistik für Betroffene wirklich hilfreich wäre, wage ich
zu bezweifeln. Wichtiger sind mir zielgruppengerechte
und konkrete Maßnahmen für Betroffene.

Unser Sozialstaat bietet bereits viel an. Wir alle
stimmen wohl darin überein, dass ein Dach über dem
Kopf zu einem menschenwürdigen Leben dazugehört.
Es ist der Sozialstaat, der Menschen in Not hilft. Da-
rum halten wir finanzielle Mittel zur Bekämpfung der
Obdachlosigkeit im Sozialhaushalt bereit. Damit leis-
ten wir konkrete Hilfe bei Betroffenen, etwa durch Zu-
wendungen an Wohneinrichtungen, die ein Ausweg aus
der Wohnungslosigkeit sein können. Das ist konkrete
Sozialpolitik, die ankommt.

Eine bloße Statistik ohne Aussagekraft hält die
CDU/CSU-Fraktion nicht für hilfreich. Das hängt
auch mit praktischen Problemen zusammen, die die
Erstellung und das Führen einer solchen Statistik mit
sich bringen würde. Dieser Punkt wurde durch meine
Fraktion bereits in den letzten Debatten zu diesem
Thema genannt. Es ist Fakt, dass Nichtsesshafte kaum
statistisch zu erfassen sind. Wie soll das geschehen?
Eine vom Bund in Auftrag gegebene Studie wäre folg-
lich wenig aussagekräftig und darüber hinaus erst mit
einer erheblichen zeitlichen Verzögerung verfügbar.
Das ist das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie des
Statistischen Bundesamtes, die Ende der 1990er-Jahre
durchgeführt wurde. Das reicht nicht aus, weil die Be-
dürfnisse der Wohnungslosen sich dynamisch entwi-
ckeln.

Ganz gleich ob mit oder ohne Statistik, die CDU/
CSU steht für gute und pragmatische Sozialpolitik. Wir
helfen von Wohnungsnot Betroffenen, indem wir versu-
chen, sie in ihrer Notsituation aufzufangen, etwa durch
finanzielle Hilfen und karitative Einrichtungen. Eine
Statistik zur Zahl der in Deutschland Betroffenen
würde nach unserem Erkenntnisstand nicht über die
Aussagekraft einer Schätzung hinausgehen.

Vielleicht liegen inzwischen ja neue Ansätze vor, die
eine Bundesstatistik zur Wohnungslosigkeit in Deutsch-

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Zu Protokoll ge

(C (D nd sinnvoll erscheinen lassen. Ich bin gespannt auf ie Beratungen im Ausschuss. Gerade heute Morgen wurde im Plenum die Woh ungsnot debattiert. In diesem Zusammenhang ist uch die jetzige Debatte zur Wohnungslosigkeit unbeingt mit anzuschließen. Wohnungslosigkeit gibt es in Deutschland leider icht so selten, wie oft angenommen wird. Eine konrete Statistik über die Wohnungsoder Obdachlosigeit wird von der Bundesregierung nicht geführt. isher gab es, trotz überfraktioneller Nachfragen der pposition, in der schwarz-gelben Bundesregierung doch kein Einsehen für eine Notwendigkeit hierfür. s gibt aber eine Reihe von Erhebungen und Analysen uf der Landesoder kommunalen Ebene, wie etwa in ordrhein-Westfalen. Ebenso schätzt die BAG Wohungslosenhilfe regelmäßig die Zahl der Wohnungsloen. Die Schätzungen beruhen auf Beobachtung der eränderungen des Wohnungsund Arbeitsmarktes, er Zuwanderung, der Sozialhilfebedürftigkeit sowie er Auswertung regionaler Wohnungslosenstatistiken, nd es kommen noch eigene Umfragewerte hinzu. Wohnungslos, das heißt kein Mietvertrag, Notunterünfte, elende, unzumutbare, beengte Wohnverhältisse oder kurz vor dem Verlust der eigenen vier ände – zumindest ist dies die definierende Beschrei ung. Laut dem 4. Armutsund Reichtumsbericht der undesregierung waren die Fallzahlen von 2006 bis 008 zunächst rückläufig. Dies waren wohlgemerkt die ahre von SPD-Regierungszeiten. Erst ab 2010 ist die ahl der Wohnungslosen wieder angestiegen. Insbeondere die Zahl der alleinstehenden Wohnungslosen tieg nach Aussagen des Armutsund Reichtumserichts von geschätzten 132 000 Personen auf 52 000 Personen um 15 Prozent deutlich an. Dieser nstieg ist sicher auch ein deutlicher Indikator für die chlechte Sozialund Wohnungspolitik der derzeitigen undesregierung. Die Gründe für Wohnungslosigkeit sind vielfältig. ftmals geht die Wohnungslosigkeit einher mit famiären Problemen, Trennung vom Partner, Verlust von rbeit, Drogenoder auch anderen Abhängigkeiten, ie beispielsweise Spielsucht. Viele Betroffene sind och verschuldet, haben auch Mietschulden und verssen in den meisten Fällen freiwillig die Wohnungen. ie Mehrzahl der Wohnungslosen ist männlich und egt im Alter zwischen 39 und 50 Jahren. Die meisten erden theoretisch arbeitsfähig eingestuft, kommen ber ohne Hilfe und Begleitung nicht mehr aus den oft usweglos erscheinenden Situationen heraus. Die chicksale, die sich hinter Wohnungslosigkeit verberen, sind sehr unterschiedlich. Dennoch bedeutet der erlust der Wohnung nicht nur Armut, sondern auch inen Ausschluss aus der Gesellschaft. Teilhabe ist hne ein Zuhause – eine Wohnung – nicht mehr mögch. Es bedeutet, keinen Zugang zu zentralen gesell Gero Storjohann gebene Reden )

Michael Groß (SPD):
Rede ID: ID1724418500




(A) )

schaftlichen Bereichen wie Bildung, Arbeitsmarkt und
Gesundheit zu haben.

Gerade in Stadtteilen, die als soziale Brennpunkte
gelten, werden oft auch die Wurzeln hierfür gelegt. Ge-
ringere Bildungschancen, erhöhte Kriminalität,
schlechtere Gesundheitsvoraussetzungen können mit
geeigneten sozialen und wohnungspolitischen Maß-
nahmen, wie dem ursprünglich erfolgreichem Pro-
gramm „Soziale Stadt“, abgefedert werden. Ebenso
kann die gesicherte Kompensationszahlung des Bun-
des für die Soziale Wohnraumförderung sehr gut zu ei-
nem ausgeglichenen Wohnungsmarkt beitragen. Doch
hier folgt die Bundesregierung leider weder Vernunft
noch Verstand, sondern kürzte die Mittel für das res-
sortübergreifende Programm „Soziale Stadt“ um
60 Prozent und bleibt die Verlässlichkeit der Mittelbe-
reitstellung bis 2019 für die Soziale Wohnraumförde-
rung schuldig. Die Verschärfung des Mietrechts durch
die Bundesregierung hat auch den Kündigungsschutz
für Mieter aufgeweicht und trägt somit zur Verschär-
fung der Lage und zur schnelleren Wohnungslosigkeit
bei.

Ein weiterer besorgniserregender Aspekt der Woh-
nungslosigkeit sind die seit drei Jahren zunehmenden
Berichte vieler Projekte und Dienste der kommunalen
Notversorgung für wohnungslose Menschen über eine
steigende Anzahl wohnungs- und obdachloser Migran-
ten insbesondere aus osteuropäischen Ländern der
Europäischen Union, EU. Berichtet wird besonders oft
über Menschen aus den EU-Staaten Polen, Rumänien,
Bulgarien, Lettland und Litauen. Die oft als
Arbeitsmigranten nach Deutschland Gekommenen
sind mit dem Scheitern dieses Anliegens teilweise ob-
dachlos geworden. In niedrigschwelligen Projekten
der Wohnungslosenhilfe, wie Notschlafstellen, beträgt
der Anteil von EU-Osteuropäern teilweise mehr als
70 Prozent.

Folgen der Obdachlosigkeit sind Konflikte und Ver-
elendung bis hin zu Kriminalität. Hilfen und Beratun-
gen scheitern oft an Sprachbarrieren. Zwar liegt die
Zuständigkeit für die Gewährung von Sozialhilfe und
Notversorgungsangeboten bei den Kommunen; diese
sind jedoch weder finanziell noch personell ausrei-
chend ausgestattet, um eine ausreichende Notversor-
gung mit Schlafangeboten, ein Angebot kostenloser
medizinischer Notbehandlung, Beratungsangebote mit
spezifischen Sprachkompetenzen sowie mehrsprachige
Informationsmaterialien für wohnungslose Personen
und letztendlich eine funktionierende Kooperation mit
Institutionen der Herkunftsländer leisten zu können.

Die Praxis der zuständigen Behörden vor Ort ist in
vielen Fällen von Unwissenheit, Hilflosigkeit und ab-
weisender Verfahrenspraxis geprägt. Hier ist dringend
die besondere Verantwortung des Bundes und der EU
gefragt – ein weiterer Punkt, den die Bundesregierung
jedoch laut Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD-
Bundestagsfraktion ignoriert.

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(C (D Der Antrag der Partei Die Linke kommt mal wieder ur rechten Zeit: im Wahlkampf. Dieses Hohe Haus hat ie Debatte über Wohnungslosigkeit und Forderungen ur Einführung einer bundesweiten Wohnungslosentatistik geführt. Dieses Hohe Haus debattierte heute chon über Wohnungsbau und Mietpreisgestaltung. einer der im Antrag formulierten Punkte ist neu oder novativ oder in Gefahr, vergessen zu werden. Aber ie Linke stellt wieder einen Antrag, um im Wahlkampf so darf ich vermuten – ihre vermeintliche Unverichtbarkeit demonstrieren zu können. Im Deutschen Bundestag, unter allen Parteien errscht Konsens: Jede Bürgerin und jeder Bürger hne eine Wohnung, ohne ein zuhause ist einer zu viel. er Staat setzt alles daran, denen zu helfen, die unver chuldet in Not geraten sind. Seit der Jahrtausendende sind nach Schätzungen der Bundesgemein chaft Wohnungslosenhilfe die Zahlen rückläufig: ber 350 000 waren es noch vor 13 Jahren; heute ehen wir von mehr als 100 000, etwa einem Drittel, eniger aus. Auch wenn wir in letzter Zeit (sicher kri enbedingt)

Petra Müller (FDP):
Rede ID: ID1724418600
en, eine Trendwende hat damit nicht eingesetzt. Doch
elbst wenn die Wohnungslosigkeit im vergangenen
ahrzehnt abgenommen hat, die gesellschaftliche Auf-
abe bleibt bestehen. 250 000 Menschen ohne Obdach
ind 250 000 zu viel. Soweit zur Einigkeit auf sicher-
ch allen Seiten.

Sie aber, liebe Kolleginnen und Kollegen zur Lin-
en, machen es sich zu einfach. Und ich spreche be-
usst nicht von der Partei Die Linke, sondern vom
esamten politischen Spektrum links der Mitte. Wahl-
ampfprogramme sind eine herzerwärmende Lektüre:
a werden mit der Gießkanne Steuergelder verteilt für
dermann. Auf 50 Milliarden Euro summieren sich die
ahlkampfversprechen der SPD. Die Grünen legen da
och die teure Reichensteuer oben drauf. Und die Lin-
en schrauben den Mindestlohn im linken Überbie-
ngswettstreit auf 9 Euro. Wohltätigkeit kann so

infach sein, wenn man nicht in der Regierungsverant-
ortung steht. Doch selbst die Union verspricht inzwi-

chen Wohltaten im Umfang von 30 Milliarden Euro.

Das Problem aber ist doch komplexer – es ist vor al-
m ernster. Wir Liberale sagen: Der Sozialstaat soll
iemanden alleinlassen, der in Not geraten ist. Es ist
nsere ethische Pflicht und moralische Verantwortung,
Notanker“ zu sein für alle, die sich selbst nicht mehr
elfen können. Ja, wir tun das mit dem gesamten Spek-
um des sozialstaatlichen Leistungspakets, mit kon-
reter öffentlicher Fürsorge. Nein, wir tun es nicht mit
iner zusätzlichen Statistik, die sie fordern. Ich glaube
icht daran, dass uns ein Zahlenwerk hilft, mehr
enschen Obdach zu geben. Im Gegenteil: Die Mach-

arkeitsstudie und der Praxistest in NRW haben ge-
eigt, dass erstens überhaupt nur eine „Teil-Erfas-
ung“ der Wohnungslosen möglich ist. Zweitens sind
er bürokratische Aufwand dafür und die damit ver-
undenen Kosten schlicht zu hoch.




Michael Groß
gebene Reden


(A) )


)(B)

Wir müssen das Problem nicht bürokratisch behan-
deln, sondern an der Wurzel packen. Erstens. Der Weg
aus der Wohnungslosigkeit führt über Chancengerech-
tigkeit: die Chance, selbst wieder auf die Füße zu kom-
men und in den Arbeitsmarkt.

Zweitens. Der Weg aus der Wohnungslosigkeit führt
über einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt und nicht
über Kürzungen beim sozialen Wohnungsbau, wie es
die rot-grüne Minderheitsregierung in NRW demon-
striert. Wenn die vom Bund für den sozialen Woh-
nungsbau zur Verfügung gestellten Mittel – in diesem
Jahr immerhin 528 Millionen Euro – endlich auch für
diesen Zweck eingesetzt werden und nicht, wie zum
Beispiel in Berlin, zum Stopfen von Haushaltslöchern,
dann hilft das dem Wohnungsmarkt und auch den Woh-
nungslosen am meisten.

Drittens. Der Weg aus der Wohnungslosigkeit führt
über staatliche Unterstützung, zum Beispiel das Wohn-
geld. Das alles sind konkrete, realistische, wirksame
Maßnahmen der Hilfe und Problembeseitigung. Denn
was zählt am Ende: Ein Stapel Papier mit bunten Dia-
grammen oder vier Wände und ein Dach überm Kopf?

So konkret muss Politik sein, dann hilft sie. Um die
Wohnungslosigkeit in Deutschland weiter zu minimie-
ren, müssen wir, muss die christlich-liberale Koalition
Menschen befähigen, ihr Leben selbst zu gestalten und
aus eigener Kraft Chancen zu nutzen, Ihr Antrag trägt
nichts dazu bei. Deshalb sagen wir Nein zu Ihrem An-
trag.


Heidrun Bluhm (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724418700

Die BAG Wohnungslosenhilfe hat erst kürzlich fest-

gestellt, dass sich das Problem der Wohnungs- und
Obdachlosigkeit in Deutschland weiter verschärft: So
schätzt die BAG für das Jahr 2010 248 000 Woh-
nungslose. Das bedeutet einen deutlichen Anstieg in
den letzten zehn Jahren. Bis 2015 prognostiziert die
BAG Wohnungslosenhilfe einen Anstieg um weitere
10 bis 15 Prozent. Als Hauptursachen gelten steigende
Mieten und wachsende Armut.

Es handelt sich bei den Zahlen aber nur um grobe
Schätzungen. Laut neuester Ausgabe des „Mieter-
Magazins“ gibt es allein für Berlin diverse Schätzun-
gen unterschiedlicher Institutionen, wie etwa dem
Arbeitskreis Wohnungsnot und der Landesarmutskon-
ferenz. Im „MieterMagazin“ heißt es dazu weiter: Der
Berliner Senat operiert seit über zehn Jahren mit einer
Zahl von 2 000 bis 4 000 Obdachlosen in Berlin –
ohne sagen zu können, wie er auf diese Zahl kommt.

Es wäre aber durchaus möglich, regelmäßig ver-
lässliche und belastbare Zahlen über das wahre Aus-
maß der Wohnungs- und Obdachlosigkeit und über
Umfang und Entwicklung von Räumungsklagen in
Deutschland zu erhalten. Es sollte in einem modernen
Staat ein Grundkonsens sein: Verlässliche Zahlen sind
die Grundlage jeder sinnvollen Planung.

Eine solche Statistik ist eine wesentliche Vorausset-
zung dafür, dass den Menschen gezielter geholfen wer-

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Zu Protokoll ge

(C (D en kann, ihnen Wege aus der Wohnungslosigkeit heaus aufgezeigt werden, die Hilfsangebote in den tädten und Gemeinden ausgebaut und bedarfsgerecht ngepasst werden und vor allem auch ein Bewusstsein r das gesellschaftliche Problem der Wohnungslosig eit in Deutschland geschaffen wird. Hinter den Wohungslosen steht eben keine finanzstarke und öffentchkeitswirksame Lobbyvertretung, die regelmäßig espräche mit Politikern anbietet und mit ihrem hema in den Medien große Aufmerksamkeit erhält, so ie es dem Ausmaß des Problems eigentlich zustehen üsste. Kann es sein, dass die Koalitionäre unseren Antrag Wohnungslosigkeit in Deutschland – Einführung eier Bundesstatistik“ –, den wir 2010 in den Bundestag ingebracht haben, abgelehnt haben, weil sie das Prolem lieber ausblenden? Wir dulden aber nicht, dass ie Koalition einfach die Augen vor diesem sozialpolischen Missstand verschließt. Die Ablehnungsgründe er anderen Fraktionen für den Antrag waren unter nderem eine fehlende Einsicht in die Notwendigkeit nd Zweifel an der Machbarkeit. Das ist nicht nur cheinheilig; es ist auch offensichtlich falsch bzw. eugt vor allem von mangelndem politischen Willen. Ein Fachgespräch meiner Fraktion Die Linke im ergangenen Jahr mit Statistikern, Wohnungsloseniniativen und Kommunalvertretern führte zu einem eineutigen Ergebnis: Eine solche Statistik ist machbar. in Vertreter des Statistischen Bundesamtes stimmte usdrücklich zu und sah weder organisatorische noch atenschutzrechliche Aspekte, die dagegensprechen. Zu iesem Gespräch waren übrigens auch Abgeordnete er Koalition eingeladen. Das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie des Statistichen Bundesamtes aus dem Jahr 1998 gibt es dazu uch schon. Die Statistik muss und kann auch Zahlen ber die jährliche Erfassung der unmittelbar von Wohungslosigkeit bedrohten Menschen liefern. Selbstvertändlich bleibt auch bei einer Wohnungslosenstatistik ine gewisse Unschärfe und Ungenauigkeit, was aber jedem Fall die Aussagekraft insgesamt nicht infrage tellt, wie Ihnen jeder Statistiker erklären kann. Wenn an auf jede Statistik verzichtet, weil eine kleine Teilruppe nicht erfasst wird, kann man zahlreiche Statisken in Deutschland vergessen. Das Statistische Jahrbuch des Statistischen Bundesmtes gibt über alle Lebensbereiche in Deutschland etailliert Auskunft, nur nicht über die Menschen, die Deutschland unter würdelosen Bedingungen ohne in festes und sicheres Zuhause leben. Das ist ein kandal, den wir als Volksvertreter nicht weiter ignoieren dürfen. Dem Problem muss endlich mit der notendigen Vehemenz begegnet werden. Doch davon kann bei der Bundesregierung nicht die ede sein. In ihrer Antwort auf unsere Kleine Anfrage it dem Titel „Einführung einer bundesweiten Wohungsnotfallstatistik“ kommt sie zu dem Schluss: „Aus icht der Bundesregierung ist der erhebliche finan Petra Müller gebene Reden )





(A) )

zielle und bürokratische Aufwand für die Einführung
einer neuen Statistik auf Bundesebene mit sehr be-
grenzter Aussagekraft nicht zu rechtfertigen. Sie sieht
daher für die Einführung einer bundesweiten Woh-
nungsnotfallstatistik weder einen Bedarf noch hält sie
angesichts der Zuständigkeitsverteilung im Wohnungs-
wesen eine solche für geeignet …“

Die Bundesregierung sieht sich also nicht in der
Verantwortung für das Problem der Wohnungs- und
Obdachlosigkeit. Stattdessen setzt sie sich für die Inte-
ressen der Vermieter ein. Mit dem Ende 2012 verab-
schiedeten Mietrechtsänderungsgesetz hat die Bundes-
regierung die Kündigung durch den Vermieter weiter
erleichtert. Das ist aus unserer Sicht das völlig falsche
Signal. Hier wird Klientelpolitik für die Vermieter ge-
macht und eine Schlechterstellung von Millionen
Mieterhaushalten in Kauf genommen. Räumungen auf
die Straße sind nun einfacher, was zweifelsohne auch
einen Anstieg der Zahl der Wohnungslosen zur Folge
hat.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es eines mo-
dernen Sozialstaates unwürdig ist, dass Menschen von
Obdachlosigkeit und Zwangsumzügen bedroht sind,
wenn sie ihre Miete nicht mehr bezahlen können. Kün-
digungen auf die Straße darf es daher nicht geben. Ei-
nen geschützten Rückzugsraum, eine Privatsphäre
sind unbedingte Voraussetzungen für ein Leben in
Würde.

Ursache für den Anstieg der Obdach- und Woh-
nungslosigkeit ist auch die völlig verfehlte Wohnungs-
politik in den letzten Jahren. Die Situation auf dem
Wohnungsmarkt wird für einkommensschwache Miete-
rinnen und Mieter in den letzten Jahren immer
schwieriger. In vielen Regionen gibt es kaum noch
preisgebundene Sozialwohnungen, geschweige denn
preisgünstige Wohnungen auf dem freien Wohnungs-
markt.

Für viele ALG-II-Bezieher sind die sogenannten an-
gemessenen Kosten der Unterkunft ein Problem, wenn
in ihren Städten und Kommunen zu den vom Amt gefor-
derten Mieten überhaupt keine Angebote vorhanden
sind. Die Folge sind Zuzahlungen aus dem Regelsatz
und Mietschulden, die am Ende zu einer Kündigung
führen können – eine fatale Abwärtsspirale, die von
der Bundesregierung hingenommen wird.

Sicher gibt es auch viele Fälle unter den Obdachlo-
sen, die in erster Linie medizinische, sozialpsychologi-
sche Beratungsangebote benötigen. Bund, Länder und
Kommunen sind verpflichtet, hier auch ein Beratungs-
netz und Anlaufstellen anzubieten. Aber auch hier gilt:
Damit ein solches Netz effektiv und bedarfsgerecht
aufgebaut werden kann, brauchen wir richtige und ak-
tuelle Zahlen.

Selbstverständlich ist aber auch: Allein die Zahlen
taugen nichts, wenn mit ihnen nicht entsprechend ge-
arbeitet wird, Maßnahmen und Programme entwickelt
werden, mit denen den Betroffenen geholfen werden
kann. Es geht nicht darum, das Problem zu verwalten,

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Zu Protokoll ge

(C (D ondern Problembewusstsein zu entwickeln und den hrgeiz, es auch zu lösen. Die vielen Dienste und Einichtungen der Wohnungslosenhilfe in den Ländern nd Kommunen – seien es kirchliche oder gemeinnütige, medizinische oder städtische Träger – brauchen eispielsweise mehr finanzielle Unterstützung von und und Ländern. Hier liegen noch viel Überzeuungsarbeit und auch weitere Gespräche und eine nge Kooperation mit der Bundesarbeitsgemeinschaft ohnungslosenhilfe e. V. vor uns. Es wird höchste Zeit, jetzt gemeinsam mit den Län ern die Grundlage für eine bundesweite Wohnungsloenstatistik in Deutschland zu schaffen. Zu meinem Bedauern war es nicht möglich, die chwarz-gelbe Regierungsmehrheit von der Schaffung iner Grundlage für eine bundesweite Wohnungsnotllstatistik zu überzeugen. Gemeinsam mit den Kolle innen und Kollegen der SPD und Linken haben wir tensiv darum geworben. Mitte 2012 haben wir mit der SPD und der Linken ine Kleine Anfrage gestellt, in deren Beantwortung eutlich wurde, dass eine solche Statistik unter betimmten Bedingungen möglich ist. Sicherlich ist eine tatistische Erfassung von Wohnungsund Obdachloen äußerst schwierig. Allerdings zeigt Nordrheinestfalen einen möglichen und gangbaren Weg durchus auf. Dennoch dürfen wir nicht blauäugig sein; denn mit iner bundesweiten Statistik werden längst nicht alle etroffenengruppen abgebildet. Dennoch kann sie uns ohnungspolitikerinnen und Wohnungspolitikern auf undesebene zeigen, an welchen Stellen unsere Getaltungsinstrumente verändert und weiterentwickelt erden müssen. Denn anders als die Bundesregierung meinen wir, ass Wohnungspolitik nicht nur Ländersache ist. Das ietrecht liegt zum Beispiel in der Hand des Bundes, nd es bildet den Rahmen für die Mietpreise in eutschland. Genau hier können wir ansetzen, doch afür müssen wir alle die Augen für die Realitäten auf nseren Wohnungsmärkten öffnen. Eine bundesweite ohnungsnotfallstatistik kann hierbei helfen. Doch auch für andere Politikbereiche kann eine undesweite Statistik helfen, entsprechende Steuerunen vorzunehmen und vorzubeugen. So hätte eine Stastik mit der Erfassung der Nationalität den Städten elfen können, sich besser auf die Wanderungsbeweung von Menschen aus Rumänien und Bulgarien vorubereiten, was ganz sicher für alle Beteiligte von groem Vorteil gewesen wäre. Deswegen unterstützen wir den Antrag der Linken. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/13105 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein Heidrun Bluhm gebene Reden Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )

Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724418800
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724418900







(A) )

verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 54 g:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Josef
Philip Winkler, Brigitte Pothmer, Arfst Wagner

(Schleswig), weiterer Abgeordneter und der

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Fortführung der arbeitsmarktlichen Unter-
stützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge
in der nächsten Förderungsperiode des Euro-
päischen Sozialfonds

– Drucksache 17/13718 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Die Reden gehen zu Protokoll.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/13718 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 11 sowie Tagesordnungs-
punkt 38 c auf:

ZP 11 Beratung des Berichts des Innenausschusses

(4. Ausschuss) gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäfts-

ordnung

– zu dem von der Fraktion der SPD eingebrach-
ten Entwurf eines Gesetzes zur Aufnahme
von Kultur und Sport in das Grundgesetz

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Lukrezia
Jochimsen, Jan Korte, Agnes Alpers, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Kultur gut stärken – Staatsziel Kultur im
Grundgesetz verankern

– Drucksachen 17/10644, 17/10785 (neu),
17/13750 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Wolfgang Bosbach
Ingo Wellenreuther
Dr. Dieter Wiefelspütz
Dr. Stefan Ruppert
Frank Tempel
Wolfgang Wieland

38 c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Sportausschusses (5. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin
Kunert, Dr. Dietmar Bartsch, Jan Korte, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Die Förderung des Sports ist Aufgabe des
Staates

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z1) Anlage 16

(C (D – zu dem Antrag der Abgeordneten Jens Petermann, Katrin Kunert, Dr. Kirsten Tackmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Sportförderung neu denken – Strukturen verändern – Drucksachen 17/6152, 17/11374, 17/13751 – Berichterstattung: Abgeordnete Klaus Riegert Martin Gerster Dr. Lutz Knopek Jens Petermann Viola von Cramon-Taubadel Die Reden gehen zu Protokoll. Ich freue mich sehr, heute zu den sportpolitischen itiativen der Fraktion Die Linke Stellung nehmen zu önnen. Beide Anträge enthalten eine Vielzahl an Fehrn und Widersprüchen und ignorieren zahlreiche rundsätze des Zuwendungsrechts im Allgemeinen ie auch der Sportförderung im Speziellen. Die Fraktion Die Linke verbindet mit der Fordeung nach der Aufnahme des Sports in das Grundesetz eine Reihe weiterer Verpflichtungen. Schaut an sich diese einzelnen Forderungspunkte an, so ird schnell ersichtlich, warum neue Staatszielbestimungen in diesem Kontext nicht notwendig sind. enn: Die einzelnen anvisierten Aspekte gehören seit ngem zur ngspraxis der einzelnen Bundesministerien. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern haben wir Deutschland einen freien Zugang zu Sportstätten für lle Bürgerinnen und Bürger. Die ungebrochen hohe achfrage nach Sportangeboten – über die Generaonsgrenzen hinweg – spiegelt sich in der lebendigen portvereinslandschaft in Deutschland wider. In über 1 000 Sportvereinen finden Angebot und Nachfrage ach diversen Sportaktivitäten erfolgreich zusammen. ass dies nicht in allen Ländern so selbstverständlich t wie hierzulande, musste man erneut bei der . UNESCO-Weltsportministerkonferenz im Mai 2013 Berlin feststellen. Ein übergeordneter Themenkom lex hat sich bei der Weltsportministerkonferenz genau it diesem Aspekt beschäftigt. Aus Sicht der Sportförerung ist in Deutschland zu beachten, dass der Bund r die Unterstützung des Leistungssports und die Bun esländer für die Unterstützung des Breitensports zutändig sind. Beide Ebenen setzen sich förderpolitisch raftvoll für den Sport ein, obwohl immer höhere Zuendungen wünschenswert sind. Vor dem Hintergrund er Haushaltskonsolidierung müssen diese Bestrebunen jedoch auch haushälterisch bewertet und verantortet werden. Auch bei der Betrachtung der Forderungen der raktion Die Linke bezüglich des Behindertensports eigt sich: Seit langem wird der Behindertensport nach )

Klaus Riegert (CDU):
Rede ID: ID1724419000

(A) )

den gleichen Kriterien gefördert wie der Sport von
Menschen ohne Einschränkung. Dies spiegelt sich
überdies in den finanziellen Zuwendungen des Bundes
im Bereich des Spitzensports von Menschen mit Behin-
derungen wider. In Relation zur Anzahl der Kaderath-
leten wird der Spitzensport von Menschen mit und
ohne Behinderung in gleicher Weise und Höhe geför-
dert. Erst in der gestrigen Sitzung des Sportausschus-
ses haben wir darüber hinaus von den diversen Initia-
tiven bezüglich weiterer Qualifizierungsmaßnahmen
für Trainer, Übungsleiter und Lehrkräfte erfahren.
Sicherlich ist man auch in Deutschland bei dem Thema
Inklusion noch nicht am Ziel, aber dennoch auf einem
sehr guten und ambitionierten Weg. Der Aktionsplan
der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behin-
dertenrechtskonvention sowie die Berichte des Bun-
desbeauftragten bestärken uns in unseren Bemühun-
gen.

Der Antrag der Fraktion Die Linke spricht weiter-
hin die Chancengleichheit und Repräsentation von
Frauen in der Selbstverwaltung des Sports an. Wenn
Sie sich die Zusammensetzung des Präsidiums oder
das Organigramm des DOSB einmal angeschaut hät-
ten, wäre dieser Punkt vielleicht erst gar nicht in dem
Antrag genannt worden. Der Deutsche Olympische
Sportbund, DOSB, als Spitzenverband ist ein positives
Beispiel und Vorbild in dieser Sache. Seit langem setzt
sich der DOSB-Geschäftsbereich „Sportentwicklung“
mit dem Ressort „Chancengleichheit/Diversity“ sehr
erfolgreich für unterschiedlichste Themen in diesem
Feld ein.

Der Antrag nimmt ferner Bezug zur Förderung von
Sportstätten in Deutschland und beklagt den schlech-
ten Zustand vieler Anlagen. Nicht zu vergessen ist
auch hier, dass der Bund für die Sportstätten des Spit-
zensports und die Bundesländer für die Sportstätten
des Breitensports zuständig ist. Vor dem Hintergrund
der Haushaltskonsolidierung muss individuell die
Situation bewertet sowie lokal nach soliden Finanzie-
rungsmodellen und realistischen Sanierungsplänen
gesucht werden. Neben der rein ökonomischen Be-
trachtung wird uns im Kontext des demografischen
Wandels künftig noch viel stärker die Frage beschäfti-
gen, welche veränderten Nutzungsanforderungen
überhaupt nötig sein werden. Welche Sportanlagen
und welche Funktionen werden zukünftig zum Beispiel
ältere Generationen benötigen? Überdies stellt sich
die Frage nach der Auslastung der lokalen Infrastruk-

(StrukturRegionen. In einem anderen Punkt werden im Antrag der Fraktion Die Linke die Förderung des Antidopingkampfes und der Gewaltprävention genannt und eine Förderung durch Sportwetten und Werbeeinnahmen gefordert. Auch hierfür haben sich die Koalitionsfraktionen bereits erfolgreich eingesetzt. Nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag sind hierfür jedoch die Bundesländer verantwortlich. Bei der Novellierung des Gesetzes haben wir uns im Sportausschuss dafür ein g s m r m S d B a re e lä ü m z G a K m z e g n fo w m u S b g g re r d g S s li m B L d v D d r la F g A J s re D L Zu Protokoll ge (C (D esetzt, dass die Bundesländer ihrerseits eine Abichtserklärung zur Förderung des Antidopingkampfes it aufnehmen. Hervorzuheben ist: Bei der Finanzie ung des Antidopingkampfes hat der Bund bisher die eisten Zuwendungen aufgebracht. Dies trifft auf das tiftungskapital der NADA wie auch auf die Zuwenungen bezüglich des Geschäftsbetriebes zu. Bei der Gewaltprävention zeigt sich ein ähnliches ild. Auch hier bleibt kaum genügend Raum, um auf lle positiven Maßnahmen und Initiativen der Bundesgierung und der Verbände und Institutionen im Sport inzugehen. Das vor kurzem gefeierte 20-jährige Jubium der Koordinationsstelle Fanprojekte, KOS, steht bergreifend für eine lange Erfolgsgeschichte. Geeinsam mit den unzähligen Fanprojekten in den ein elnen Städten zeigt sich, wie man erfolgreich gegen ewalt im und um den Sport vorgehen kann und sozilpädagogisch wirksam wird. Liebe Kolleginnen und ollegen von der Fraktion Die Linke: Hierfür braucht an keine neuen Staatszielbestimmungen! Der neue Bundesfreiwilligendienst und das Gesetz ur Stärkung des Ehrenamtes stehen bereits jetzt für in Erfolgsmodell, das den im Sport engagierten Bürerinnen und Bürger wesentlich zugutekommt. Beim euen Freiwilligendienst war nach der Bundeswehrrerm und Ende des Zivildienstes überhaupt nicht klar, ie hoch die Nachfrage sein wird. Heute stellen wir it Freude fest, dass alle 35 000 Stellen besetzt sind nd sogar die Nachfrage weiter anhält. Das Gesetz zur tärkung des Ehrenamtes steht hingegen für eine Entürokratisierung des „Dritten Sektors“ mit unzähligen emeinwohlorientierten Organisationen und Stiftunen. Weiterhin wurde eine deutliche Anhebung der Ehnamtsund Übungsleiterpauschale beschlossen, die ückwirkend zum 1. Januar 2013 greift. Ferner wurden ie haftungsrechtlichen Risiken für freiwillig Engaierte deutlich minimiert. Mit Blick auf die Gesundheitsförderung durch den port wurde gerade das Präventionsgesetz beschlosen, in dem der Sport selbst direkt benannt wird. Jetzt egt es an den Bundesländern, dem Gesetz zuzustimen, damit die Vorteile auch den Bürgerinnen und ürgern zugutekommen. Der Antrag der Fraktion Die inke scheint sich – mit vielen Forderungen, die gegen ie Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern erstoßen – gleichsam gegen die föderale Struktur in eutschland zu richten. Dies trifft im Besonderen auf en Sport an Schulen und Hochschulen zu. Zusammenfassend wird deutlich, dass die Fordeungspunkte im Antrag der Fraktion Die Linke seit ngem umgesetzt werden und zur sportbezogenen örderund Verwaltungspraxis der einzelnen Ressorts ehören. Der Antrag „Die Förderung des Sports ist ufgabe des Staates“ ist schon bei der Einbringung im uni 2011 „ins Leere gelaufen“. Es verwundert schon ehr, dass der Antrag nun – nach fast genau zwei Jahn – im Plenum beraten wird. Allein die zeitliche imension offenbart, wie wichtig der Fraktion Die inke die Sportförderung tatsächlich ist. Klaus Riegert gebene Reden )





(A) )

Der zweite Antrag der Fraktion Die Linke, „Sport-
förderung neu denken – Strukturen verändern“, ist im
November 2012 eingebracht worden, und auch hier
stellt sich – mit Blick auf die zeitliche Dimension – die
Frage nach der Ernsthaftigkeit der Initiative. Der Vor-
schlag, ein eigenständiges Sportsministerium einzu-
richten, ist seit langem überholt. Zudem besteht über
die Fraktionsgrenzen hinweg weitestgehend Einigkeit
darüber, dass mit der Auslagerung ein starker Bedeu-
tungsverlust einhergeht.

Unabhängig von den strukturellen Aspekten hat sich
das Bundesministerium des Innern, BMI, seit den
Olympischen Spielen von London 2012 massiv dafür
eingesetzt, eine stärkere Transparenz bei der Mittel-
vergabe zu ermöglichen. Die zum Teil hitzig diskutier-
ten „Zielvereinbarungen“ – als Vereinbarungen zwi-
schen dem Deutschen Olympischen Sportbund, DOSB,
und seinen Sportfachverbänden – werden als Evalua-
tions- und Steuerungsinstrument künftig öffentlich dar-
gelegt. Die datenschutzrechtlichen Anforderungen
werden künftig so gestaltet, dass hier keine Konflikte
entstehen können. Auf die Kompetenzverteilung zwi-
schen Bund und Ländern im Bereich der Sportförde-
rung, die Unterstützung des Behindertensports sowie
die Sportstätten will ich nicht erneut eingehen.

Die Sportförderung in Deutschland wird kontinuier-
lich weiterentwickelt, ohne dass hierfür neue Staats-
zielbestimmungen nötig sind. Die vielen Arbeitsberei-
che und Ressorts, die an der Sportförderung in
Deutschland beteiligt sind, stehen für eine kraftvolle,
solide und verantwortungsvolle Unterstützung durch
die Bundesregierung. Lassen Sie uns gemeinsam im
Sportausschuss weiterhin für eine kontinuierliche Ver-
besserung der Spitzensportförderung eintreten.


Ingo Wellenreuther (CDU):
Rede ID: ID1724419100

Gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Deut-

schen Bundestages behandeln wir den Stand der Bera-
tungen im federführenden Innenausschuss zu dem Ge-
setzentwurf der SPD zur „Aufnahme von Kultur und
Sport in das Grundgesetz“ und dem Antrag der Linken
„Kultur gut stärken – Staatsziel Kultur im Grundge-
setz verankern“.

Wir haben beide Vorlagen am 28. September 2012
in erster Lesung debattiert und an den federführenden
Innenausschuss sowie den Rechtsausschuss, den Sport-
ausschuss, den Ausschuss für Kultur und Medien und
den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend überwiesen. Die Beratungen im Innenausschuss
wurden sowohl in der 107. Sitzung am 15. Mai 2013
als auch in der 109. Sitzung am 5. Juni 2013 vertagt.

Beide Vorlagen fordern eine Verfassungsänderung,
gegen die wir als Koalitionsfraktionen verfassungs-
rechtliche Bedenken haben. Eine mögliche Änderung
unseres Grundgesetzes ist von großer Bedeutung und
erfordert daher jedenfalls weitere Beratungen.

Sowohl der Gesetzentwurf der SPD als auch der An-
trag der Linken haben zum Inhalt, Sport und Kultur ins

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(C (D rundgesetz aufzunehmen und damit als Staatsziele zu erankern. Die SPD sieht vor, den Art. 20 a des Grundesetzes um folgenden Satz zu erweitern: „Er [der taat] schützt und fördert ebenso die Kultur und den port.“ Die Linke geht mit ihrem Antrag gedanklich en gleichen Weg für die Kultur. Niemand bestreitet die enorme Wichtigkeit, die port und Kultur in Deutschland haben. Wir definieren ns als Kulturnation, und Sport ist die größte Bürgerewegung Deutschlands. Sport als Bewegungskultur rdert Gesundheit und Gemeinsinn der Menschen. ußerdem sind beide ein verbindendes und ein interatives Element unserer Gesellschaft. Der Anspruch, ass Kultur und Sport geschützt und gefördert werden ollen, klingt daher logisch und selbstverständlich. Es stellen sich jedoch zwei Fragen: Erstens. Welhen verfassungsrechtlichen Status haben Kultur und port derzeit? Zweitens. Was würde die Ergänzung des rt. 20 a verfassungsrechtlich bedeuten? In unserem Grundgesetz sind Rechte, Pflichten und iele verzeichnet, die dem Staat und seinen Bürgern m wichtigsten sind, als besonders schützenswert anesehen werden und das Fundament unserer Demoratie bilden. Sie können deshalb im Erfordernisfall uch vom Bundesverfassungsgericht durchgesetzt weren. Den ersten Teil unserer Verfassung bilden die rundrechte, also die wesentlichen Rechte, die den itgliedern unserer Gesellschaft gegenüber dem Staat ls beständig, dauerhaft und einklagbar garantiert erden. Der von der SPD und den Linken geforderte Schutz“ für Sport und Kultur ist hier bereits zu finen. Art. 5 Abs. 3 unseres Grundgesetzes garantiert ein reiheitsrecht für alle in den Bereichen der Kunst und issenschaft schöpferisch tätigen Personen, um vor ingriffen der öffentlichen Gewalt zu schützen. Das undesverfassungsgericht leitet aus dieser Grundsatzntscheidung die Aufgabe des Staates ab, ein freiheitlihes Kunstund Wissenschaftsleben zu erhalten und zu rdern. Der Schutz und die Förderung der Kultur erden so automatisch zu Staatszielen, da sich der moerne Staat als Kulturstaat versteht. Auch für den Sport gilt: Alle sportliche Betätigung ndet ihren verfassungsrechtlichen Schutz im Grundcht der freien Entfaltung der Persönlichkeit, Art. 2 bs. 1 GG. Darüber hinaus können sich Sportvereine nd Sportverbände wie auch die Sportlerinnen und portler selbst auf die im Grundgesetz verbürgte Vereiigungsfreiheit, Art. 9 Abs. 1 GG, berufen. Der estaltungsauftrag, den das Sozialstaatsprinzip mit rt. 20 GG an den Gesetzgeber stellt, umfasst damit uch den Bereich des Sports. Als explizit unter Art. 20 a GG aufgenommene taatsziele würden dem Sport und der Kultur nicht ehr Rechte zuwachsen, als ihnen das Grundgesetz ereits jetzt verbürgt. Klaus Riegert gebene Reden )





(A) )

Wie sieht es mit der Förderung aus? Gemäß unse-
rem Grundgesetz liegt die Kulturförderung generell im
Verantwortungsbereich der Bundesländer und der
Kommunen. Doch der Bund fördert insgesamt rund
70 Kultureinrichtungen und Projekte von nationaler
und internationaler Bedeutung. Vorrangig zu nennen
sind dabei die Gedenkstätten zur Erinnerung an die
Opfer der NS-Terrorherrschaft, Gedenkstätten und In-
stitutionen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Er för-
dert aber ebenso Kultureinrichtungen, Museen und
Stiftungen, unterstützt den Deutschen Film und finan-
ziert die Deutsche Welle als mediale Visitenkarte
Deutschlands im Ausland. Diese Liste ist nicht voll-
ständig, sondern gibt nur einen begrenzten Überblick
über den Geschäftsbereich des Beauftragten der Bun-
desregierung für Kultur und Medien.

Beachtlich aber ist der Etat. Er beträgt zurzeit
1,2 Milliarden Euro. Zusätzlich dazu hat der Bundes-
tag in den vergangenen Jahren in großem Umfang stets
weitere Mittel für Kultur bewilligt, um kulturelle Pro-
jekte und kulturhistorisches Erbe zu finanzieren. Wenn
man die Subventionen für die Länder und Kommunen
hinzurechnet, fließen jedes Jahr rund 9 Milliarden
Euro in den bezuschussten Bereich der Kultur.

Beim Sport gilt Folgendes: Die Förderung des Brei-
tensports tragen grundsätzlich die Länder und Kom-
munen. Der Bund unterstützt den Spitzensport. Die
Schwerpunkte liegen dabei in der Förderung der Bun-
dessportfachverbände und Bundesleistungszentren.
Bezuschusst werden der Bau und Unterhalt von Sport-
stätten, Lehrgänge, Trainings- und Wettkampfpro-
gramme, die Ausrichtung von Welt- und Europameis-
terschaften in der Bundesrepublik Deutschland, der
Leistungssport von Menschen mit Behinderungen und
Maßnahmen zur Dopingbekämpfung, um einige Bei-
spiele zu nennen. Das Bundesministerium des Innern
stellt dafür im Jahr 2013 circa 129 Millionen Euro zur
Verfügung. Hinzu kommen noch die mittelbaren Trans-
ferleistungen, die sich aus den gewährten Steuervortei-
len ergeben.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Der Bund fi-
nanziert im Sinne der von der Verfassung vorgegebe-
nen Zuständigkeitsverteilungen all jene kulturellen
und sportlichen Bereiche, die eine überregionale und
nationale Bedeutung haben.

In ihrem Gesetzentwurf argumentiert die SPD, dass
sowohl die Kultur als auch der Breitensport eine he-
rausragende gesellschaftspolitische Bedeutung haben
und wichtige Bereiche des gesellschaftlichen Mitein-
anders sind. Das ist richtig, und deshalb werden auch
beide Bereiche allen Teilen der Bevölkerung mithilfe
der kommunalen Daseinsvorsorge zur Verfügung ge-
stellt, unterhalten und gefördert. Auch sozial schwä-
chere Bevölkerungsgruppen sind davon nicht ausge-
schlossen. Das ergibt sich aus Art. 20 Abs. 1 GG und
wird durch verschiedene Sozialleistungen des Bundes
finanziert. Aber eine Aufnahme einer Kultur- und
Sportförderung ins Grundgesetz, die auf eine rechtli-
che Verpflichtung des Staates zur Finanzierung einer

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(C (D llgemeinen Teilhabe abzielte, würde den Rahmen unerer Verfassung sprengen. Daher muss die Frage gestattet sein, ob wir unser rundgesetz immer weiter ausdehnen wollen, indem ir stets neue Staatsziele definieren. Schlussendlich äme dies einer Verwässerung unserer Verfassung leich. Wir von der Koalition sehen dies mit Skepsis. us diesem Grund kann unser Votum zum Gesetzenturf der SPD als auch zum Antrag der Linken nur eine enntnisnahme sein. Deshalb sind weitere Beratungen Innenausschuss erforderlich. Es ist schon ein Armutszeugnis, welches die chwarz-gelbe Koalition hier abliefert. Da Sie selbst eine eigene Haltung zu dem von uns unterbreiteten orschlag, Kultur und Sport als Staatszielbestimmunen im Grundgesetz zu verankern, haben, vertagen Sie ie Entscheidung Woche um Woche. Dabei hat sich och mittlerweile eine Reihe von Abgeordneten aus en Reihen der Koalition zumindest für ein Staatsziel ultur ausgesprochen. Zuletzt der Vorsitzende des echtsausschusses, Siegfried Kauder. Aber auch taatsminister Bernd Neumann, die Vorsitzende des usschusses Monika Grütters und der Sprecher für ultur und Medien, Wolfgang Börnsen, haben immer ieder ihre Sympathie für dieses Anliegen deutlich geacht. Die FDP hatte in der letzten Legislaturperiode ogar einmal einen eigenen Gesetzentwurf zur Veranerung von Kultur als Staatsziel im Grundgesetz eingeracht. Und in der Enquete-Kommission „Kultur in eutschland“ haben alle Fraktionen den Vorschlag nterstützt, den Satz „Der Staat schützt und fördert die ultur“ im Grundgesetz zu verankern. Ich erzähle Ihnen somit nichts Neues. Die Arguente, die für ein Staatsziel Kultur sprechen, habe ich ereits in der Debatte zur ersten Lesung unseres Geetzentwurfs ausführlich dargelegt. Vielmehr möchte h meiner ausdrücklichen Verwunderung Ausdruck erleihen, warum sich die Abgeordneten der Koalionsfraktion immer dann, wenn es gilt, darüber endch auch abzustimmen, daran nicht mehr erinnern önnen. Bei der Einbringung des Gesetzentwurfs ignalisierten alle Fraktionen noch Interesse, sich arüber auszutauschen. Bei diesem Signal ist es aber uch geblieben; passiert ist nichts. Das wiederum verwundert mich überhaupt nicht, ntspricht es doch dem üblichen Muster der schwarzelben Regierungskoalition. Wohlfeile und vollmunige Versprechen und Ankündigungen nach allen Sein – wenn es aber darauf ankommt, passiert genau ichts. Wir haben gestern im Ausschuss für Kultur und edien einen fast schon skandalösen Vorgang be bachtet. Nicht nur, dass CDU/CSU und FDP die Beatung über den Gesetzentwurf zum Staatsziel Kultur nd Sport erneut vertagt hätten, sie haben sich auch in wei weiteren wichtigen kulturpolitischen Fragen abolut kulturfeindlich verhalten. Ingo Wellenreuther gebene Reden )

Siegmund Ehrmann (SPD):
Rede ID: ID1724419200




(A) )

Mit dem Beschluss, die ursprünglich im Entwurf
eines Gesetzes zur Neuorganisation der bundesunmit-
telbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialge-
richtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze,
BUK-Neuorganisationsgesetz – BUK-NOG, – Bundes-
tagsdrucksache 17/12297 – vorgesehene turnusmäßige
Überprüfung der Künstlersozialabgabepflicht von Un-
ternehmen durch die Träger der Rentenversicherung
aus dem Gesetz zu streichen, bringt Schwarz-Gelb die
Künstlersozialkasse, KSK, in große Not. Weil diese
Überprüfung nun nicht mehr verbindlich geregelt ist,
besteht die Gefahr, dass der Abgabesatz in den kom-
menden Jahren deutlich steigen könnte. Damit gerät
die Stabilität der KSK insgesamt in Gefahr. Zudem
werden gerade die ehrlichen Unternehmen, die ihrer
Abgabepflicht nachkommen, bestraft, indem die drin-
gend notwendige Verbesserung der Kontrolle vor al-
lem der säumigen Unternehmen nicht erfolgt. Das wi-
derspricht der Beitragsgerechtigkeit. Am Ende sind
viele Kultur- und Kreativschaffende betroffen. Das für
sie wichtigste Instrument für eine angemessene soziale
Absicherung wird ohne Not gefährdet.

Zudem haben sich CDU/CSU und FDP einer gemein-
samen Erklärung des Ausschusses für Kultur und Medien
verweigert, die audiovisuellen und kulturellen Dienstleis-
tungen aus den Verhandlungen über ein Freihandelsab-
kommen zwischen der EU und den USA, Transatlantic
Trade and Investment Partnership – TTIP, auszunehmen.
Das ist dringend notwendig, weil nach vielfacher Ex-
pertenmeinung zu befürchten ist, dass wichtige Instru-
mente der Kulturförderung in Deutschland gefährdet
sind, sollte der Bereich der Kultur- und der audiovi-
suellen Medien nicht von Anfang an und grundsätzlich
aus dem Freihandelsabkommen ausgenommen werden.
Damit wären beispielsweise die Filmförderung, das öf-
fentlich-rechtliche Rundfunksystem, die Buchpreisbin-
dung und die Förderung von kleinen Kultur- und
Medienunternehmen bedroht. Schwarz-Gelb handelt
damit absolut gegen die Interessen der für uns so wich-
tigen Kultur- und Kreativwirtschaft.

Es wäre also wünschenswert, wenn die schwarz-
gelbe Koalition wenigstens einmal ihre Argumente für
oder gegen ein Staatsziel Kultur benennen würde. Das
Thema einfach auszusitzen und der sogenannten Dis-
kontinuität anheimfallen zu lassen, ist die komplette
Verweigerung jeder inhaltlichen Debatte, beschreibt
aber die Haltung dieser Koalition sehr treffend.


Martin Gerster (SPD):
Rede ID: ID1724419300

Wir hätten gern heute über unseren Gesetzentwurf

abgestimmt. Jedoch hat gestern die Koalition im feder-
führenden Innenausschuss bereits zum zweiten Mal
hintereinander gegen die Stimmen der Opposition un-
seren Gesetzentwurf vertagt, ohne Angabe von Grün-
den.

Aber ich kann Ihnen den Grund nennen: Der FDP-
Fraktion fehlt es als Koalitionspartner der CDU/CSU
an Courage. Denn die FDP setzte sich noch vor der
Bundestagswahl 2009 lautstark für die Aufnahme des

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Zu Protokoll ge

(C (D ports ins Grundgesetz ein, brachte mit dieser Fordeung auch einen Antrag in der vergangenen Legisturperiode ein. Auf einem Wahlkampfhearing des eutschen Olympischen Sportbundes tönte Herr esterwelle 2009 noch: „In einer Koalition würden ir versuchen, Herrn Schäuble von seiner irrigen Meiung abzubringen“, und ergänzte, dass der Sport „auf ugenhöhe mit anderen Rechtsgütern stehen“ müsse. Alles Schnee von gestern? Mitnichten! Auf der In rnetseite der FDP-Fraktion steht noch heute: „Ween der hohen gesellschaftlichen Bedeutung des Sports pricht sich die FDP im Deutschen Bundestag dafür us, den Schutz und die Förderung des Sports auch im rundgesetz zu verankern.“ Dann frage ich: Warum stimmt die FDP-Fraktion nserem Gesetzentwurf nicht zu? Warum versucht die DP nicht, ihren Koalitionspartner von der „irrigen einung abzubringen“? Dieses Verhalten ist absolut nglaubwürdig. Interessant ist, dass die Koalition zumindest in der estrigen Sportausschusssitzung nach all der Hinhaltaktik wieder einmal ihr wahres Gesicht in der Sportolitik gezeigt hat: Denn zumindest dort kam unser esetzentwurf zur Abstimmung, und CDU/CSU und DP lehnten ihn ab. Dies ist eine verpasste Chance für en Sport in Deutschland. Der organisierte Sport stellt mit seinen 28 Millionen itgliedschaften in 91 000 Vereinen die größte Bür erbewegung des Landes dar und hat damit eine heausragende gesellschaftspolitische Bedeutung. Der port leistet mit seinen Millionen ehrenamtlichen Helrinnen und Helfern einen wichtigen Beitrag für unser and, sei es in der Integrationsarbeit, der Werteverittlung, der Identifikationsstiftung oder auch der Ge undheitsvorsorge. Die Bedeutung des Sports für das Individuum und ie Gesellschaft unterstreichen in Deutschland inzwichen 15 von 16 Landesverfassungen mit der Normieung der Förderund Schutzpflicht des Sports. In rt. 165 des Vertrages über die Arbeitsweise der Euroäischen Union wird die Bedeutung des Sports für uropa ausdrücklich gewürdigt und die Förderung des ports als ein Ziel der Union hervorgehoben. Darüber inaus ist Sport auch Gegenstand anderer europäicher Verfassungen. Auch die 5. Weltsportministerkonrenz MINEPS V hat letzte Woche in ihrer abschlieenden „Berliner Erklärung“ die besondere Rolle des ports betont und das fundamentale Recht auf Zugang nd Teilhabe am Sport eingefordert. Eben dieser herausragenden gesellschaftspolitichen Bedeutung gilt es mit der Verankerung des ports als Staatsziel im Grundgesetz die entsprechende ertschätzung und Anerkennung auszusprechen. In er Verfassung findet sich kein an den Staat gerichteter uftrag zur Förderung des Sports. Dies stellt eine rundgesetzliche Regelungslücke dar, die es zu beseitien gilt. Der Bund tritt mit circa 250 Millionen Euro hrlich als Förderer des Spitzensports auf. Siegmund Ehrmann gebene Reden )





(A) )

Der Bundesrechnungshof stellte dazu fest: „Der
Bund fördert den Sport trotz unklarer und fehlender
Aufgaben- und Finanzierungszuständigkeit seit Jahr-
zehnten … Der Bundesbeauftragte hält es für geboten,
dass sich der Bund in diesem Zusammenhang auf die
Spitzensportförderung beschränkt. Dies sollte im
Grundgesetz, in einem Ausführungsgesetz oder in ei-
ner Vereinbarung im Rahmen der Föderalismuskom-
mission II klargestellt werden.“ Mit der Aufnahme des
Sports ins Grundgesetz bestünde somit eine wichtige
rechtliche Grundlage für eine transparente Ausgestal-
tung der Spitzensportförderung in Deutschland. Mo-
mentan wird die Sportförderung lediglich durch
Rechtsverweisung hergeleitet. Aber eine transparente
Sportförderung ist nach all den Geheimhaltungsaktio-
nen um die Zielvereinbarungen durch Herrn Innen-
minister Dr. Friedrich ganz offensichtlich nicht im In-
teresse der Koalition.

Auch in anderen Bereichen würde das Staatsziel
Sport wichtige Wirkung entfalten: Beispielsweise
könnte die Stufensituation zwischen bestehenden
Staatszielen und dem Sport aufgelöst werden. Derzeit
erfährt der Sport hierbei eine eindeutige Benachteili-
gung bei gerichtlichen Auseinandersetzungen. Diese
und zahlreiche weitere Argumente haben wir Ihnen be-
reits in der ersten Lesung und in der Debatte im Sport-
ausschuss genannt.

DOSB-Präsident Dr. Bach sagte zu unserem Gesetz-
entwurf: „Wir danken der SPD, dass sie diesen Antrag
eingebracht hat … Niemand verspricht sich davon ei-
nen Euro mehr für den Sport. Dadurch würde aber der
Sport in den Abwägungsprozessen mit anderen Berei-
chen der Gesellschaft gestärkt. Ich appelliere an die
Unionsfraktion, endlich ihre formaljuristisch begrün-
dete Verweigerungshaltung aufzugeben und dem Sport
den Wert zu geben, den jeder Politiker in jeder seinen
Sonntagsreden betont.“

Es ist bedauerlich, dass nach der ablehnenden Hal-
tung der Fraktion der CDU/CSU nun die FDP-Frak-
tion trotz anderslautender Bekundungen umgefallen ist
und die Koalition dem Sport die Aufnahme in das
Grundgesetz verwehrt.


Reiner Deutschmann (FDP):
Rede ID: ID1724419400

Die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“

hat in der 15. und 16. Wahlperiode des Deutschen Bun-
destages einstimmig die Aufnahme des Staatsziels Kul-
tur in das Grundgesetz empfohlen. Die FDP-Bundes-
tagsfraktion ist ohne Wenn und Aber für die Aufnahme
des Staatsziels Kultur in das Grundgesetz. In der FDP
gibt es eine diesbezügliche Beschlusslage des Bundes-
parteitages aus dem Jahr 2007, die weiterhin Bestand
hat.

Bereits in der 16. Wahlperiode haben meine Kolle-
gen Hans-Joachim Otto und Christoph Waitz für un-
sere Fraktion einen Grundgesetzänderungsantrag vor-
gelegt, um die Diskussion über die Aufnahme des
Staatsziels Kultur in das Grundgesetz mit allen im
Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen begin-

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(C (D en zu können. Zu unserem Erstaunen haben alle aneren Fraktionen unsere Initiative von damals abgelockt und unseren Antrag auf Eis gelegt, um ihn dann ach über drei Jahren im Verfahren des Deutschen undestages mit fadenscheiniger Begründung abzuhnen. Eine echte Diskussion, die der Empfehlung der nquete-Kommission gerecht geworden wäre, haben ie nicht mit uns führen wollen. Nun, in der 17. Wahlperiode, kommen SPD und inke mit eigenen Anträgen zur Aufnahme des Staatsiels Kultur bzw. Kultur und Sport, ohne vorher mit uns arüber ins Gespräch zu kommen. Schaut man sich as Verfahren an, das die SPD gewählt hat, kann man en Eindruck gewinnen, dass es Ihnen nur um einen chaufensterantrag geht, aber nicht um die Sache seler. Andere Grundgesetzänderungen wie die des Wahlchts haben gezeigt, wie man für erfolgreiche Grund esetzänderungen agieren sollte. Stattdessen legen Sie ns einen Antrag vor, der die Belange von Kultur und port scheinbar belanglos verknüpft. Dabei gibt es für eide Bereiche eigene Aspekte, die durch die beliebige erquickung keine ausreichende Würdigung finden. er Antrag der Fraktion Die Linke fokussiert zwar auf ie alleinige Aufnahme des Staatsziels Kultur in unser rundgesetz. Leider wird der Antrag dann aber mit eiteren Forderungen überfrachtet, wie der Einbezieung kommunaler Spitzenverbände, der Ausgestaltung es kooperativen Kulturföderalismus oder Wünschen ach Veränderungen in der Finanzund Steuerpolitik. Damit konterkarieren Sie unsere Anstrengungen, ie Kultur überhaupt als Staatsziel festschreiben zu önnen. Das ist bedauerlich, wie ich es schon in der rsten Lesung feststellen musste. Uns Liberalen geht s darum, ein Ungleichgewicht in unserem Grundgeetz zu beseitigen. Neben den Schutz der natürlichen ebensgrundlagen muss ganz selbstverständlich auch er Schutz der kulturellen Leistungen unseres Landes eten. Doch anstatt über dieses Ungleichgewicht zu den und gemeinsam zu schauen, wie wir dieses ent chärfen können, müssen wir uns mit Anträgen ausinandersetzen, die wieder einmal mehr wollen, als er Sache dienlich ist. So kommen wir nicht zu einer nderung unseres Grundgesetzes im Sinne unserer unstund Kulturlandschaft. Wir haben in den letzten Monaten vieles über die eue Kräfteverteilung im Bundesrat gehört. SPD und rüne wollten von dort mitregieren und Bundespolitik itgestalten, so die vollmundige Ankündigung der arteispitzen. Ich vermisse aber bis zum heutigen Tag ie Einbindung der Bundesländer, ohne die wir diese ichtige Grundgesetzänderung gar nicht abschließen önnen. Auch daran erkennt man, wie unausgegoren re Initiative ist und wie viel man wirklich davon haln kann. Wir alle müssen den Fakten in die Augen schauen. hne die notwendige Zweidrittelmehrheit im Deut chen Bundestag wird eine Grundgesetzänderung im Martin Gerster gebene Reden )





(A) )

Sinne eines Staatsziels Kultur niemals eine Chance ha-
ben. Ich wünsche mir für die nächste Legislaturpe-
riode des Deutschen Bundestages, dass wir uns früh-
zeitig und interfraktionell zusammensetzen, um
gemeinsam mit allen, die daran ein Interesse haben,
einen neuen Anlauf für die Aufnahme des Staatsziels
Kultur zu unternehmen. Ich bin auch dafür, dass wir
dabei keine sachfremden Inhalte verquicken. Jedes
Staatsziel muss für sich allein werben und auch allein
zur Abstimmung gestellt werden. Ich bin gegen die Ver-
abschiedung von großen Wohlfühlpaketen, in denen
wir vier oder fünf zum Teil sicherlich gut gemeinte
Staatszielwünsche bündeln. Staatsziele sind keine In-
flationsware.

Ein Staatsziel verdient meiner Meinung nach die
Aufnahme in das Grundgesetz nur, wenn es zu den
wirklich essenziellen Grundlagen unserer Gesellschaft
gehört. Wer will diese Voraussetzung der Kultur ab-
sprechen? Die Sache jetzt in den letzten Wochen noch
übers Knie zu brechen, entbehrt jeder Würde und wird
dem Staatsziel Kultur nicht gerecht.

Für die FDP-Bundestagsfraktion erkläre ich hier-
mit, dass wir in der nächsten Legislaturperiode zu of-
fenen, konstruktiven und ernst gemeinten Gesprächen,
die der Sache dienen, gerne zur Verfügung stehen.


Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724419500

Heute waren als TOP 38 unser Antrag „Kultur gut

stärken – Staatsziel Kultur im Grundgesetz verankern“
– Bundestagsdrucksache 17/10785 (neu) – und der
Gesetzentwurf der SPD „Entwurf eines Gesetzes zur
Aufnahme von Kultur und Sport in das Grundgesetz“ –
Bundestagsdrucksache 17/10644 – auf der Tagesord-
nung vorgesehen – und wurden wieder abgesetzt.

Wegen der nicht mehr hinnehmbaren Verzögerungs-
taktik der Koalition hat die SPD, unterstützt von der
Linken, den nun vorliegenden Bericht des federführen-
den Innenausschusses zum Beratungsverlauf angefor-
dert. Dieser listet den Gang des Gesetzentwurfes der
SPD und unseres Antrages durch die Ausschüsse In-
nen, Recht, Sport und Kultur und Medien auf und hält
fest, dass in drei Fällen noch kein Votum abgegeben
ist – ohne Angabe von Gründen. Der Bericht gibt nun
die Möglichkeit, sich hier im Parlament auch zu den
inhaltlichen Punkten der beiden abgesetzten Anträge
zu äußern.

Gerne hätte ich hier heute eine flammende Rede ge-
halten, etwa des Inhalts: Endlich hat das Parlament es
geschafft! Das Staatsziel Kultur wird im Grundgesetz
verankert – und der einfache Satz „Der Staat schützt
und fördert die Kultur“ gilt nun für uns alle.

Die Fraktion Die Linke ist während der Arbeit der
Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ für
dieses Staatsziel eingetreten. 2009 hat sie hier im
Hohen Haus mit der FDP für die Aufnahme ins Grund-
gesetz gestimmt, und rot-rot regierte Bundesländer ha-
ben sich für diese Aufgabe eingesetzt. Wir haben einen
Fraktionsbeschluss aus der letzten Legislatur, dass wir

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(C (D ns sowohl für das Staatsziel Kultur als auch für das taatsziel Sport in jeweils gesonderten Initiativen einetzen, ohne eine Vermengung beider Ziele in einem ormulierungsvorschlag. Insofern war es konsequent, ass wir jetzt zwei Anträge neben den Gesetzentwurf er SPD gelegt haben. In unserem Antrag „Kultur gut stärken – Staatsziel ultur im Grundgesetz verankern“ – Bundestagsrucksache 17/10785 erung im Grundgesetz auf der Grundlage der Emphlung der Enquete-Kommission „Kultur in eutschland“ und stellen darüber hinaus dar, welche eiteren Voraussetzungen nötig sind, um zu gewähristen, dass dieses Staatsziel auch umgesetzt werden ann. Wie schön wäre es, wie gesagt, wenn das Ziel heute ndlich erreicht würde. Eine Kulturnation ist stolz auf re kulturelle Vielfalt – und bekennt sich dazu in ihrer erfassung. So lautet im Kern auch unser heutiger Anag. Wie schön, wenn er heute eine Mehrheit finden ürde. Aber wieder wird es nichts werden mit dem taatsziel Kultur – und wir führen nur eine Art Schaunz hier auf. Um einen Kompromiss wird gerungen, en unglückseligen Mix von Kultur und Sport. Dieser iederum hat keine Aussicht auf eine Mehrheit. Ich persönlich begrüße das, denn ich halte diesen ompromiss für einen faulen Kompromiss. Die Mehreit meiner Fraktion sieht das anders und begründet as, mit Bezug auf den Sport, folgendermaßen: Aus nker Sicht ist die Forderung, Sport und Kultur im rundgesetz zu verankern, alles andere als „Verfas ungsakrobatik“, wie im Herbst 2012 die Süddeutsche eitung titelte. Es geht vielmehr darum, Ziele im rundgesetz zu bestimmen und daraus Aufgaben abzuiten. Weil wir die Bedeutung des Sports anerkennen, üssen wir auch dementsprechend handeln. Dort, im rundrechtsteil vor allem, steht das, was für Bürger nd Staat wichtig ist. Rechte, Pflichten und Ziele, die ort formuliert sind, haben außerordentliche Bedeung und werden, wenn es sein muss, vor dem Verfas ungsgericht durchgesetzt. Deshalb wollen wir den port im Grundgesetz verankern. Allerdings muss solch eine Verankerung aus Sicht er Linken gut unterfüttert werden – alles andere wäre in bloßes Lippenbekenntnis: Deshalb haben wir zwei nträge zum Thema Sportförderung zur Debatte getellt. Die Linke sagt: Es fehlt ein Sportfördergesetz es Bundes, in dem der Sport als Ganzes gesehen und ehandelt wird. Und die Linke sagt auch: Die altherebrachte Sportförderung ist inzwischen überholt und uss neu strukturiert werden. In der ersten Lesung des Gesetzentwurfes der SPD ab es den Vorwurf, unser Antrag zur Staatszielbestimung wäre zu allgemein. Mit dem Antrag, den wir nschließend ohne Debatte in die Beratung gegeben aben, sind die Anliegen zu Änderungen in der Sport Reiner Deutschmann gebene Reden )





(A) )

förderung genauer beschrieben. Deshalb hoffen wir
auf breite Zustimmung.

In der ersten Lesung äußerten zudem verschiedene
Rednerinnen und Redner Unmut darüber, dass die
SPD ihren Gesetzentwurf ohne vorherige Absprache
aus dem Hut gezaubert habe. Wir hatten jetzt mehr als
ein halbes Jahr Zeit, uns zu den Inhalten zu verständi-
gen, an einem gemeinsamen Text zu arbeiten. Passiert
ist – zumindest im Sportausschuss – seither nicht viel.
Vorgestern nahm sich der Sportausschuss eine knappe
halbe Stunde Zeit.

Dabei ist diese Debatte dringend notwendig. Es
darf nicht sein, dass sich der Bund weiterhin der Ver-
antwortung für den Breiten- und den Schulsport ent-
zieht. Die Schwachstellen sind nicht zu übersehen und
lassen sich nicht mit dem Verweis auf Zuständigkeiten
beheben. Wie oft verwenden wir Zeit darauf, zu sagen,
wofür wir alles nicht zuständig sind? Wir sollten uns
endlich in die Pflicht nehmen lassen.

Da geht es zum einen darum, dass unzählige Sport-
stätten in alten und neuen Bundesländern unbedingt
saniert werden müssen. 66 Prozent dieser Anlagen
sind in kommunaler Hand. Nur haben viele Kommunen
kein Geld für solche Aufgaben, weil der Bund ihnen
immer mehr Pflichten zugeschoben hat, ohne eine ent-
sprechende Mittelvergabe zu gewährleisten. Deshalb
kann oft genug auch die Barrierefreiheit nicht geboten
werden, die aber zwingend hergestellt werden muss,
damit auch Menschen mit Behinderung am Sport teil-
haben können. Lassen Sie uns doch einfach einmal
über den Tellerrand schauen:

Warum kann die Politik in Österreich etwas und die
Politik in Berlin sagt einfach „geht nicht“? Im öster-
reichischen Bundes-Sportförderungsgesetz steht unter
§ 1 Abs. 3 Punkt 5: „Maßnahmen zur Umsetzung eines
österreichweiten Sportstättenentwicklungsplanes un-
ter den Gesichtspunkten der Schaffung von vielfältig
und nachhaltig nutzbaren Spiel-, Sport- und Bewe-
gungsräumen“ sind besonders zu fördern. Unsere
Nachbarn gehen sogar noch einen Schritt weiter, wenn
sie in dem Gesetz ebenfalls unter § 3 in Abs. 4 fest-
schreiben, dass die „Erhaltung von Sportstätten … ne-
ben der sportgerechten Instandhaltung der Anlage er-
forderlichenfalls die Beistellung von Sportlehrern und
Trainern sowie von Sportärzten“ umfasse.

In der Unterstützung des Breitensports haben wir in
Europa derzeit definitiv keine Spitzenposition. Also
lassen Sie uns eine Aufholjagd starten und guten Bei-
spielen nacheifern.

Ein weiterer wichtiger Aspekt für unsere Anträge ist
die Situation im Schulsport. Im Sportausschuss fordern
wir einmütig, den Beschluss der Kultusministerkonfe-
renz endlich umzusetzen, der eine dritte Sportstunde
einführt. Aber was passiert? Nicht viel. Was spricht
denn dagegen, dass der Bund ein Programm auflegt,
das den Ländern ermöglicht, diese dritte Sportstunde
tatsächlich durchzuführen? Immer wieder belegen Stu-
dien, dass mehr Schulsport die Lernbereitschaft und

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Zu Protokoll ge

(C (D ie Ausgeglichenheit der Kinder fördert. Nicht vergesen werden darf dabei der gesundheitliche Aspekt. Der und muss jährlich Milliarden ausgeben, um für die olgen von Fettsucht und Bewegungsarmut aufzukomen. Lohnt sich das? Sollten wir diese Gelder nicht eber präventiv einsetzen? Auch da können wir übriens von Österreich lernen. Schauen Sie sich einmal ie Kampagne „Kinder gesund bewegen“ des Sportinisteriums an. Das funktioniert auch bei uns; da önnen Sie sicher sein. Dieses Programm hat noch einen entscheidenden orteil: Nicht der Geldbeutel der Eltern entscheidet ber die Teilnahme der Kinder an Sportangeboten. In eutschland gilt diese finanzielle Hürde leider weiterin für Bildung wie für den Sport. Daran hat bisher uch das Bildungsund Teilhabepaket wenig geändert. In einem Sportfördergesetz möchte die Linke noch eitere Richtschnüre festzurren, Grauzonen bei Überängen von Zuständigkeiten beseitigen und vor allem lanungssicherheit für den Sport schaffen. Der Vorurf, dass wir das föderale Prinzip aushebeln wollten, erfängt daher überhaupt nicht. Wir wollen, dass der port in der Bundesrepublik von der einfachen Basisrbeit im Verein bis hin zur Spitzensportförderung trukturiert wird. Deshalb haben wir den Antrag, den port als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern und in Sportfördergesetz des Bundes aufzulegen, vorgegt und unsere Vorschläge im Antrag „Sportförderung eu denken“ noch einmal präzisiert. Denn so, wie es jetzt ist, funktioniert die Sportfördeung nicht mehr; das haben die Debatten im Rahmen er Olympischen und Paralympischen Spiele in ondon offenbart. Die Linke will deshalb neue Wege ehen. Trotzdem bitte ich vor allem um Zustimmung zu unerem Antrag „Kultur gut stärken – Staatsziel Kultur Grundgesetz verankern“. Dem SPD-Antrag stimmt die Linksfraktion ebenfalls ehrheitlich zu. Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Heute liegt erneut ein Beleg dafür vor, dass die Re-

ierungskoalition von CDU/CSU und FDP am Ende
t. Es ist ein Trauerspiel, wenn parlamentarische Ini-
ativen der Opposition mit der Stimmenmehrheit der
egierungskoalition von der Tagesordnung abgesetzt
erden. Diesmal hat es die Sportpolitik getroffen. Of-
nsichtlich passen Vorschläge zur Aufnahme von Kul-
r und Sport ins Grundgesetz und zur Sportförderung

owie zur Dopingopferrente nicht ins Machtkalkül der
portpolitiker der Koalition. Bei all diesen Themen hat
ich die Koalition einer Debatte in den Ausschüssen
erweigert.

Ich möchte einige inhaltliche Anmerkungen zur Auf-
ahme neuer Staatsziele in das Grundgesetz machen.
ie SPD möchte Kultur und Sport ins Grundgesetz
ufnehmen. Die Fraktion Die Linke plädiert für eine




Dr. Lukrezia Jochimsen
gebene Reden





Viola von Cramon-Taubadel


(A) )


)(B)

Aufnahme der Kultur als Staatsziel und wertet somit
schon innerhalb des Antrages den Sport ab. In der grü-
nen Bundestagsfraktion wurden beide Anträge sehr
sorgfältig geprüft und beraten. Wir können jedoch bei-
den Initiativen zu diesem Thema keine Zustimmung ge-
ben. Denn es wurden vonseiten der antragstellenden
Fraktionen keine überzeugenden Argumente vorgelegt,
die eine Aufnahme in den Staatszielkatalog des Grund-
gesetzes rechtfertigen würden. Das waren zwei An-
träge, die lediglich mit halber Kraft vertreten und mit
schwacher Stimme im parlamentarischen Verfahren
beworben wurden.

Meine Fraktion hat in dieser Legislaturperiode gute
Vorschläge in zahlreichen parlamentarischen Initiati-
ven zur Kultur- und Sportpolitik vorgelegt. In der
Sportpolitik nenne ich unseren aktuellen Antrag zur
Nachhaltigkeit von Sportgroßveranstaltungen. Wir ha-
ben uns darüber hinaus dafür eigesetzt, die Ehren-
amtspauschale auf 1 500 Euro zu erhöhen, um nicht
nur die Funktionsträger im Verein mit der Übungslei-
terpauschale zu unterstützen, sondern das bürger-
schaftliche Engagement breiter zu fassen und anzuer-
kennen. Wir sprechen uns gegen Korruption und
Missstände in Sportorganisationen aus. Wir unterstüt-
zen die immer zahlreicher werdenden Initiativen des
Sports im Umwelt- und Klimaschutz. Es liegen also au-
ßerhalb der heutigen Debatte gute Vorschläge meiner
Fraktion für eine moderne Sportpolitik vor, die bele-
gen, dass es auch ohne ein Staatsziel Sport vorangehen
kann.

Ich komme zum Hauptberatungsgegenstand der
heutigen Debatte: die Sportförderung. Für uns steht
fest: Deutschland hat eine vielfältige und lebendige
Sportkultur. Unsere Sportvereine und Sportstätten sind
Orte der Begegnung zwischen Menschen unterschied-
lichen Geschlechts und Alters, unterschiedlicher Her-
kunft, sexueller Identität und Religion. Schon die
Kleinsten lernen beim Sport Teamgeist sowie einen fai-
ren Umgang miteinander und erlangen soziale Kompe-
tenzen wie den Umgang mit Erfolgen und Misserfol-
gen. Aus unserer Sicht steht fest: Die Autonomie des
Sports gebietet es, dass Vereine und Verbände die Trä-
ger für Ideen und Innovationen im Sport sind. Die Ho-
heit über Personalentscheidungen und über die inhalt-
liche Ausrichtung sowie die Regelsetzung muss beim
Sport bleiben. Einen Staatssport nach dem Muster der
Fraktion Die Linke lehnen wir ab.

Wir fordern als grüne Bundestagsfraktion eine Art
„Zukunftsplan Sport“, in dem sich alle wichtigen Ak-
teure für die Sportentwicklung in Deutschland, also
Sportorganisationen, Wissenschaft und staatliche In-
stitutionen, über eine zukunftsfähige und moderne
Sportentwicklung abstimmen. Es muss ein verbindli-
ches Maßnahmenbündel festgelegt und im Rahmen der
Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommu-
nen auf der einen Seite und staatlichen Institutionen
und Sportorganisationen auf der anderen Seite umge-
setzt werden.

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(C (D Lassen Sie mich einige Ausführungen zur Sportstätnsituation machen. Hier sehe ich in den Forderunen der Fraktion Die Linke einige gute Ansätze. Wir rauchen endlich eine Sportstättenkonzeption, die sich n den Kriterien der energetischen Sanierung, der Inlusion und des barrierefreien Zugangs sowie an der portfachlichen Zukunft der jeweiligen Sportart ausichtet. Der demografische Wandel hat bisher kaum erücksichtigung in der Sportpolitik erhalten. Es wäre aher sicher sehr sinnvoll, wenn wir das Thema Sporttätten gleich zu Beginn der nächsten Wahlperiode geeinsam angehen. Denn aus den Debatten, die wir im portausschuss in der letzten Zeit geführt haben, leite h durchaus ab, dass fraktionsübergreifende Lösungsnsätze eine wichtige Unterstützung für Sportvereine nd verbände in unserem Land sein würden. Ich öchte an dieser Stelle nochmals besonders darauf inweisen, dass die Mitglieder des Sportausschusses ich fraktionsübergreifend im letzten Jahr für eine reitensportfreundliche Verwendung der Erlöse aus em modifizierten Glücksspielstaatsvertrag eingesetzt aben. Daran sollten wir uns erinnern, wenn wir im ächsten Deutschen Bundestag einen guten Einstieg in emeinsame Gespräche finden wollen. Tagesordnungspunkt 38 c: Wir kommen zur Abstim ung über die Beschlussempfehlung des Sportausschuses auf Drucksache 17/13751. Der Ausschuss empfiehlt nter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Abhnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Druck ache 17/6152 mit dem Titel „Die Förderung des Sports t Aufgabe des Staates“. Wer stimmt für diese Be chlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? Die Beschlussempfehlung ist bei Gegenstimmen der raktion Die Linke angenommen mit den Stimmen aller brigen Fraktionen. Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Abhnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Druck ache 17/11374 mit dem Titel „Sportförderung neu denen – Strukturen verändern“. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Beschlussempfehlung ist mit dem gleichen timmenverhältnis wie zuvor angenommen. Tagesordnungspunkt 39: Beratung des Antrags der Abgeordneten HansJoachim Hacker, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Elvira Drobinski-Weiß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Barrierefreier Zugang zu Großveranstaltungen und Reisen – Drucksache 17/13550 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Tourismus Sportausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Arbeit und Soziales )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724419600

(A) )

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Die Reden gehen zu Protokoll.


Christian Hirte (CDU):
Rede ID: ID1724419700

Man merkt an vielen Dingen, dass sich die Legislatur-

periode dem Ende zuneigt. Die deutlichsten Indikatoren
sind wachsende Schattenkabinette und im Deutschen
Bundestag eine Antragsflut der Oppositionsparteien.
Viele Medienvertreter machen Bilanzen auf, in denen
die Arbeit von uns Abgeordneten daran gemessen
wird, wie viele Reden gehalten wurden oder wie viele
Anträge und Gesetzentwürfe mitformuliert wurden. In-
sofern auf diesem Weg ein Glückwunsch an die Kolle-
gen der SPD, dass sie sich auch mit dem hier vorlie-
genden Antrag noch ein paar Fleißbienchen
verdienen.

Barrierefreies Reisen stand im Tourismusausschuss
in der nun zu Ende gehenden Legislatur immer wieder
im Mittelpunkt. 2012 haben wir eine Anhörung hierzu
gehabt, und ich kann mich entsinnen, dass bei nahezu
jeder anderen Anhörung immer auch ein Experte ein-
geladen war, der das jeweilige Thema unter dem Blick
des barrierefreien Tourismus beleuchtet hat. Ich finde,
das zeigt, dass das Thema wirklich in der Mitte unserer
inhaltlichen Auseinandersetzungen angekommen ist.
Zumindest für uns Parlamentarier möchte ich doch
über die Parteigrenzen hinweg sagen, dass Barriere-
freiheit sich wie ein roter Faden durch unsere Diskus-
sionen und auch Beschlüsse zieht.

Das ist angesichts der wachsenden Bedeutung des
Themas auch geboten. Denn seit der Studie des Bun-
deswirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2003 zu den
ökonomischen Impulsen des barrierefreien Tourismus
wissen wir, dass es hier nicht allein um Hilfestellungen
oder Komfort geht, sondern dass – um es flapsig zu
formulieren – hier richtig Musik drin ist. Urlaube und
Kurzurlaube von Menschen mit Behinderung würden
nach den Ergebnissen von damals allein einen Netto-
umsatz von circa 2,5 Milliarden Euro im Jahr generie-
ren. Das Potenzial wurde jedoch sogar auf bis zu
4,5 Milliarden Euro geschätzt. Und hier reden wir
noch nicht von all den älteren Menschen, die aufgrund
des Alters bestimmte Einschränkungen haben, oder
von Familien, bei denen Barrierefreiheit bedeuten
würde, den Kinderwagen überall unproblematisch mit-
zunehmen.

Das Potenzial ist also sehr groß; der Bedarf ist da.
Die immer wieder zitierten Zahlen haben wir alle ver-
innerlicht: Für 10 Prozent der Bevölkerung ist Barrie-
refreiheit zwingend erforderlich, für 30 Prozent ist sie
hilfreich, aber für 100 Prozent ist sie komfortabel.
Über all dies gibt es hier im Haus keinen Dissens.

Einen Dissens gibt es, wenn wir darüber reden, was
alles bereits auf den Weg gebracht wurde, und wenn
wir darüber reden, in welchen Bereichen wir von hier
aus auch die Chance haben, gesetzgeberisch einzu-
greifen. Vor wenigen Wochen erschien der tourismus-
politische Bericht der Bundesregierung. Dort wird

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Zu Protokoll ge

(C (D eutlich, dass auch der barrierefreie Tourismus seinen latz hatte und hat. Denken wir an das Projekt des MWi „Entwicklung und Vermarktung barrierefreier ngebote und Dienstleistungen in Deutschland“ mit einen Modulen. Ende der letzten Legislaturperiode ab es mit der Studie „Barrierefreier Tourismus für lle in Deutschland“ ja bereits eine Aufstellung mit andlungsempfehlungen. Bei all diesen Projekten und Studien haben wir letztch immer die Herausforderung, dass wir die Situaon beschreiben können, Potenziale darstellen können nd Handlungsempfehlungen gegeben werden können. amit ist aber auch die große Herausforderung be chrieben, die all diesen Dingen innewohnt. Wir stoen bei der Umsetzung immer auch an die Grenzen der uständigkeiten. Der Tourismus ist eine klassische Querschnittsaufabe. Das gilt für die unterschiedlichen Fachressorts; as gilt aber eben auch für die unterschiedlichen polischen Ebenen. Grundsätzlich gilt aber, dass die Bunesländer hier am Zug sind. Ich will uns als Bundestag ar nicht aus der Verantwortung entlassen. Dort, wo s möglich und nötig ist, sind wir gefordert. Aber auch r vorliegender Antrag ist voll von Forderungen, der und solle auf die Länder einwirken, bestimmte Dinge inzuführen. Da muss ich ehrlich sagen, dass mich so etwas in eiem Antrag der SPD einfach ärgert. Die SPD ist an 4 von 16 Landesregierungen beteiligt. Ich wünschte, s wäre anders, aber so sieht es im Moment nun einmal us. Unter diesen Umständen im Deutschen Bundestag u fordern, die Bundesregierung solle darauf hinwiren, dass die Länder dies und jenes tun sollten, ist chon ganz schön dreist. Ich möchte mal ein anderes Beispiel in diesem Zuammenhang ansprechen: In immer mehr Städten gibt s immer strengere Umweltzonen. Seit einigen Jahren eisen Union und FDP darauf hin, dass wir deutschndweite einheitliche Ausnahmeregelungen brau hen. Gerade bei unserem Thema, dem Tourismus, haen Busunternehmen mit ihren Euro-3-Bussen riesige robleme. Seit mehreren Jahren ist dieses Thema in er Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Und die Vertreter des undes, allen voran unser Staatssekretär Ernst urgbacher, versuchen hier immer wieder, eine Löung hinzubekommen. Das Ergebnis ist aber ernüchrnd. Die Länder stellen sich quer; jeder meint, mit einen Regelungen tue man bereits genug. Leider muss h feststellen, dass da manchmal die Landesgrenze für inige Landesregierungen auch der Denk-Limes ist. eidtragende sind Touristen, vor allem aber die Unterehmen, die mit einem Dschungel von Regelungen larkommen müssen. Nun habe ich nichts gegen Bund-Länder-Arbeitsruppen. Aber wir müssen doch feststellen, dass die esten Ideen und wohlsten Ansinnen des Bundes am nde nichts nützen, wenn die Länder es eben anders ehen. Und in den Bereichen, in denen die Länder eben Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms gebene Reden )





(A) )

die Hoheit haben, wie im Tourismus, ist es schwer, ei-
nen gemeinsamen Weg einzuschlagen. Deshalb halte
ich es für einen Schaufensterantrag, wenn Sie hier
Punkt um Punkt auflisten und neue Kataloge aufstel-
len, was dann zwischen Bund und Ländern besprochen
und verabredet werden sollte. Fürs Schaufenster reicht
das alles, aber politisch arbeiten lässt sich damit nicht
wirklich.

Sie sprechen in Ihrem Antrag davon, dass Barriere-
freiheit in die Leistungsbeschreibung von Ausschrei-
bungen und Konzessionsvergaben des Bundes aufge-
nommen werden solle. Sie fordern die Überprüfung
von öffentlichen Bauten auf Barrierefreiheit. Sie for-
dern barrierefreie Fahrgast- und Tarifinformationen.
Ich möchte einmal nur diese Punkte herausgreifen.

In den Förderkriterien für alle Programme der
Wirtschaftsförderung, insbesondere der Mittelstands-
förderung, ist Barrierefreiheit ein Kriterium. Die Tou-
rismuswirtschaft ist ein Adressat dieser Programme;
insofern findet das Thema seine Berücksichtigung. Ich
möchte aber auch hier ein konkretes Beispiel benen-
nen. In meinem Wahlkreis steht die berühmte Wart-
burg; viele von Ihnen werden zu den Millionen Men-
schen gehören, die sie schon besucht haben. Als die
Burg im 12. Jahrhundert errichtet wurde, gab es noch
kein Baugesetzbuch, keine Flächennutzungspläne,
keine B-Pläne und auch keine Bauordnung. Deshalb
störte sich damals noch niemand daran, dass es sich
um eine Bebauung im Außenbereich handelte, und
auch nicht daran, dass die Burg nicht barrierefrei war.
Martin Luther hat das Neue Testament dort trotzdem
übersetzt; das Wartburgfest fand 1817 trotzdem statt.
Heute ist die Burg aber eben ein touristischer Ort; die
Burg ist aber nach wie vor nicht barrierefrei. Die
Wartburg-Stiftung als Burgherr bekommt übrigens
auch jedes Jahr Mittel des Bundes. Es gibt eine Reihe
von Überlegungen, wie man die Barrieren dort verrin-
gern kann. Der Aufstieg ist steil, steinig usw. – für
nicht wenige Besucher ein echtes Problem. Wenn aber
etwa über eine Art Lift nachgedacht wird, meldet die
UNESCO ihre Bedenken an und sagt, das sei nicht
mehr vereinbar mit dem historischen Bild und der Au-
thentizität des Ortes und droht mit Aberkennung des
UNESCO-Titels. Luther und die heilige Elisabeth hat-
ten eben keinen Lift.

Was ich damit sagen möchte, ist, dass wir gerade im
so wichtigen Bereich des Kulturtourismus und unserer
zahllosen Denkmale immer auch vor der Herausforde-
rung stehen, dass wir nicht überall problemlos so
bauen und umbauen können, wie es unter Gesichts-
punkten der Barrierefreiheit nötig wäre. Die Welt ist
also etwas komplexer als ein Spiegelstrich in Ihrem
Antrag.

Wenn wir nun nach Ihren Ansätzen gehen, dürfte die
Wartburg vielleicht gar kein Geld des Bundes mehr er-
halten, weil sie eben nicht barrierefrei ist. Auch aus
dem Förderprogramm für die Luther-Dekade hat die
Burg aber naheliegenderweise Geld erhalten. Und ich
halte dies auch für richtig. Wir müssen bei allen Fra-

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Zu Protokoll ge

(C (D en und Themen einfach ehrlich sein und die jeweilien Umstände ganz konkret bewerten. Ich bin im konreten Fall der Wartburg natürlich sehr dafür, dass wir inen barrierefreien Zugang hinbekommen. Denn narlich soll so ein wichtiger Ort der Geschichte für alle ugänglich sein. Es kommt derzeit sogar vor, dass enschen sich übernehmen und Herzinfarkte, auch it Todesfolge, zu beklagen sind. Insofern ist eine Lö ung dringend angebracht. Aber ich muss hier auch agen: Was am wenigsten dazu beitragen kann, ist ein llgemeiner Beschluss des Deutschen Bundestages, in em man beschreibt, wie man sich idealerweise die elt vorstellt, sondern hier sind alle Verantwortlichen or Ort gefordert. Und was hier für die Wartburg gilt, das gilt auch für iele andere Orte und Einrichtungen. Ich glaube, geade als Bund gehen wir bei Bauten und Ausschreibunen ja mit sehr gutem Beispiel voran. Und auch vor rt ist Barrierefreiheit doch längst angekommen. Viele on uns sind Mitglieder von Gemeinderäten oder reistagen. Und wir alle sehen hier doch regelmäßig, elche Bedeutung bei Baumaßnahmen dem Thema eigemessen wird. Allein die Behindertenbeauftragten der die Seniorenbeauftragten, die Seniorenbeiräte, ie es oft gibt, und viele andere Gremien und Mitentcheider stellen sicher, dass Barrierefreiheit kein hohr Begriff ist, sondern mit Leben gefüllt wird. Und hrlich gesagt finde ich, dass dort, auf diesen unteren benen der Entscheidungen, dies auch gut aufgehoben t. Ich möchte unsere Bedeutung als Bundesparlament nicht unnötig herunterspielen, aber wir werden icht jedes Thema und jedes Problem erschöpfend mit esetzen, Initiativen und Verordnungen von Berlin aus alle Winkel der Republik abhandeln können. Und ir sollten auch gar nicht den Anschein erwecken, als önnten wir dies. Im Gegenteil: Ich möchte auch nicht ine solche Republik, in der alles in Berlin vorgedacht ird. Als Mitglied eines Gemeinderates einer 4 000-Einohner-Gemeinde bin ich froh, dass wir auch eigene chwerpunkte setzen können. Sie haben barrierefreie Fahrgastund Tarifinformaonen eingefordert. Auch hier muss ich sagen, dass ich das zunächst gut anhört. Aber in der Praxis hieße as, wir schreiben vor, dass jedes Busunternehmen um Beispiel auf seiner Internetseite eine barrierefreie arstellung benötigen würde. Sie müssten also auf die yntaxanalyse achten, auf „einfache Sprache“; sie üssen bei Linksetzungen ganz besondere Kriterien rfüllen usw. Wenn sie dann auch noch ein Buchungsystem, etwa für den Ticketkauf oder Reisekauf, interiert haben, wird es noch komplizierter. Was für einen roßkonzern wie die Bahn oder die großen der Bran he wie TUI vielleicht sogar noch zu stemmen wäre, ist r den kleinen Busunternehmer aus Aachen oder Görtz aber vielleicht doch etwas zu viel. Dieser hat schon enug mit der Bürokratie um die Umweltzonen zu tun nd muss seine Euro-3-Busse nachrüsten, und da fehlt ann eben der fünfstellige Betrag, um sein Internetngebot barrierefrei zu machen. Christian Hirte gebene Reden )





(A) )

Ich möchte dabei der SPD gar nicht darin wider-
sprechen, dass barrierefreies Reisen ein riesiges Po-
tenzial besitzt und es auch eine Frage der Teilhabege-
rechtigkeit ist, hier immer weitere Verbesserungen zu
erreichen. Aber im Gefühl, Gutes tun zu wollen, wird
hier ausgeblendet, unter welchen Rahmenbedingungen
am Ende der Einzelne all diese Forderungen umsetzen
soll. Gerade die Studie des BMWi über barrierefreien
Tourismus für Alle aus dem Jahr 2008 listet zahlreiche
Beispiele auf, wie einzelne Kommunen, Destinationen,
Länder mit dem Thema umgehen. Und ich finde diesen
Ansatz richtig. Auch bei den jüngsten Studien zum Ge-
sundheitstourismus oder aktuell beim Tourismus in
ländlichen Räumen geht das Wirtschaftsministerium
wieder diesen Weg. Mit dem Herausstellen von Bei-
spielen soll allen Akteuren gezeigt werden, was kon-
kret vor Ort getan werden kann. Es ist eine Art Hilfe
zur Selbsthilfe. Die Sorgen und Hemmungen sollen
verringert werden; es soll eine Ermunterung sein –
aber auch ein positives öffentliches Lob für die Ak-
teure, die vorbildhaft agieren.

Das Potenzial für barrierefreies Reisen ist immens;
Sie schreiben es in Ihrem Antrag ja auch selbst. Ich
glaube aber auch bei diesem Thema an die Kraft der
Marktwirtschaft. Denn wir sehen ja, dass die Destina-
tionen und Anbieter, die vorangehen, damit auch gute
Erfolge erzielen. Auf der ITB hatten wir 2012 etwa ei-
nen eigenen Schwerpunkttag zum Thema und konnten
sehen, dass letztlich Geld zu verdienen ist mit barriere-
freiem Reisen. All diejenigen, die sich das entgehen
lassen, dürfen am Ende eben nicht über den demogra-
fischen Wandel jammern. Aber nicht immer ist hier der
Bundestag gefragt, sondern eben auch der Einzelne.

Zum Schluss noch ein Wort zu Großveranstaltun-
gen, die ja in dem vorliegenden Antrag hier besonders
hervorgehoben werden. Herr Hacker, man sieht, dass
Sie als Schweriner diesen Antrag offenbar maßgeblich
formuliert haben. Ob die BUGA 2009 nun so viel bar-
rierefreier war als andere Großveranstaltungen, ver-
mag ich nicht zu sagen. Aber so ein ganz leuchtendes
Beispiel war die BUGA vielleicht auch nicht, wie Sie
es hier schildern. Der Platz am Schweriner „Beutel“
wurde für viel Geld so hergerichtet, dass er auch ho-
hen Belastungen standhält, etwa auch für Fahrge-
schäfte von Jahrmärkten. Er ist aber seither nicht ein-
mal genutzt worden – insofern gibt es auch bei BUGAs
noch andere Kriterien als die Barrierefreiheit. Aber
ich möchte die Erfolge, gerade auch für die Umgestal-
tung des Seeareals nicht kleinreden. Mir ist es aber
nicht genug, auf Bundesgartenschauen zu blicken und
daraus abzuleiten, wir müssten generell bei Großver-
anstaltungen hier von Berlin aus so tun, als ob wir al-
les regulieren könnten. Und ich frage mich dann auch:
Wann und wo beginnt und endet eine Großveranstal-
tung? Ein Fußballspiel mit 50 000 Zuschauern ist
wahrscheinlich ein Großereignis. Veranstalter ist aber
ein Verein, die DFL oder der DFB. Für welche Katego-
rie von Konzerten würden Ihre Ansätze gelten? Das ist
mir dann doch ein wenig zu schwammig.

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Zu Protokoll ge

(C (D Der Antrag der SPD ist ein gutes Beispiel dafür, ass wir durchaus parteiübergreifend gemeinsame iele haben. Aber in der Analyse, wie wir diese anpaken können, gibt es unterschiedliche Auffassungen. h möchte jedenfalls nicht in Ihren Chor einstimmen, er so tut, als sei Deutschland in Sachen Barrierefreieit ein Brachland. Gerade in den letzten zehn Jahren t viel passiert. Der Boom im Deutschlandtourismus t auch gar nicht denkbar ohne eine immer weitere erbesserung der Angebote im Bereich der Barrierearut und Barrierefreiheit. Ich denke, wenn wir die biserigen Wege weiterverfolgen, kommen wir Stück für tück weiter voran. Dabei sollte niemand den Einruck erwecken, er könne alles binnen kurzer Zeit mit in paar Forderungen hier aus dem Bundestag heraus sen. Wir brauchen Zeit, Geduld und natürlich auch eld. Das ist mitunter mühsam; ich verstehe auch jeen, der manchmal ungeduldig wird. Aber lassen Sie ns die einzelnen Mosaiksteine immer weiter zusamenfügen und auch ein bisschen Vertrauen haben in lle Akteure und alle Verantwortungsträger vor Ort. ur im Verbund können wir Schritt für Schritt voranommen. Weltweit können Millionen von Menschen mit Be inderungen wegen unzureichender Einrichtungen icht oder nur eingeschränkt an öffentlichen Verantaltungen teilnehmen. Das betrifft nicht nur Menchen, die in ihrer Bewegung eingeschränkt sind, sonern auch Menschen, die nicht hören, sehen oder prechen können oder die in ihren kognitiven Fähigeiten eingeschränkt sind. In Europa sind das 80 Milonen und weltweit – so wird geschätzt – 600 Millioen bis 900 Millionen Menschen. Das sind weltweit ahezu 10 Prozent der Bevölkerung. Dabei ist Barrierefreiheit nicht nur für Menschen it Behinderungen Grundlage für einen stressfreien rlaub, sondern sie kommt allen Menschen zugute. esonders Eltern mit Kleinkindern, Unfallgeschädigte der Senioren profitieren von barrierefreien Angebon. Die Teilnahme an Großveranstaltungen, wie Mesen, Ausstellungen oder Konzerten, ist für Menschen it Behinderungen wegen ihrer eingeschränkten morischen, sensorischen und kognitiven Fähigkeiten äufig nicht realisierbar. Ein gelungenes Beispiel für ine barrierefreie Großveranstaltung war die Bundesartenschau 2009 in Schwerin. In Vorbereitung dieser UGA wurde eine Kooperationsvereinbarung zwichen der BUGA 2009 Schwerin GmbH und dem Haus er Begegnung Schwerin e.V. mit dem Ziel abgeschlosen, die Veranstaltung umfassend barrierefrei zu estalten. Den Belangen von Menschen mit Behindeungen im umfassenden Sinne – Seh-, Hör-, Mobilitsbehinderungen unter anderem – aber auch Senion und Familien wurde Rechnung getragen und somit en Besuchern ein entspannter und erlebnisreicher UGA-Besuch gewährleistet. Ein Beispiel dafür ist, Christian Hirte gebene Reden )

Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1724419800




(A) )

dass eine Assistenz für Menschen mit Behinderungen
angeboten wurde. Die Assistenten leisteten Hilfestel-
lung bei der Anreise der Busse auf den Parkplatz, sie
begleiteten behinderte Menschen zum Infostand, sie
gaben eine Einweisung, und sie halfen bei der Ausgabe
der Hilfsmittel für Menschen mit Hör-, Seh- und Mobi-
litätsbehinderungen. Auch leisteten die Assistenten un-
terstützende Begleitung während der Gästeführungen
und dienten als sehende Begleitung.

Die BUGA Schwerin bot darüber hinaus blindenge-
rechte Führungen und Tourguidesysteme für hörge-
schädigte Menschen an. Für mobilitätseingeschränkte
Besucher wurden kostenlos Rollstühle und E-Scooter
zur Verfügung gestellt. Auch Führungen in Gebärden-
sprache wurden angeboten. Also eine breite Palette
von unterstützenden Maßnahmen für Menschen mit
Handicaps, die von den betroffenen BUGA-Besuchern
gerne in Anspruch genommen wurden. Diese guten Er-
gebnisse und Erfahrungen müssen wir verallgemei-
nern. Darauf zielt der Antrag meiner Fraktion ab.

Aufgrund der demografischen Entwicklung wird
sich das Nachfragepotenzial des barrierefreien Touris-
mus verbunden mit der zunehmenden Reisefreudigkeit
der Senioren in den nächsten Jahren und Jahrzehnten
beträchtlich erhöhen. Deshalb wird die Bedeutung der
barrierefreien Tourismusangebote deutlich steigen;
die Erwartungen an diese Angebote wachsen.

Eine gute Vorbereitung und Planung sind bei Großver-
anstaltungen der Schlüssel zum Erfolg. Denn mit einem
beschwerlichen Anfang für behinderte Besucherinnen
und Besucher oder Teilnehmerinnen und Teilnehmer
kann jede – ansonsten noch so gut organisierte – Veran-
staltung zum Problemfall für behinderte Menschen
werden. Oft sind es nur Kleinigkeiten, die für die Be-
troffenen große Erschwernisse darstellen, jedoch mit
geringem Aufwand hätten vermieden werden können.

Veranstaltern fällt es nicht immer leicht, einen Ver-
anstaltungsort aus der Perspektive eines Menschen mit
Behinderung zu betrachten und zu erkennen, dass un-
terschiedliche „Stolpersteine“ auf dem Weg zu einer
erfolgreichen Veranstaltung liegen können. Deshalb ist
es wichtig, dass bereits im Ausschreibungsverfahren für
die Organisation einer Großveranstaltung das Krite-
rium Barrierefreiheit enthalten ist. Barrierefreiheit be-
deutet nicht nur, dass Menschen mit Einschränkungen
ihrer motorischen, sensorischen und kognitiven Fähig-
keiten ohne Probleme auf das Veranstaltungsgelände
gelangen, sondern sich dort auch frei bewegen können.

Im Sinne der in ihrer Mobilität eingeschränkten
Menschen und der Menschen mit Einschränkungen ih-
rer sensorischen oder kognitiven Fähigkeiten wäre es,
wenn alle Veranstalter von positiven Beispielen einer
barrierefreien Großveranstaltung profitieren könnten.
Dazu ist es notwendig, dass die Erfahrungen aus sol-
chen Veranstaltungen in einer Studie zusammengetra-
gen werden, um daraus in Zusammenarbeit mit den zu-
ständigen Behörden in den Ländern, den Kommunen

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Zu Protokoll ge

(C (D nd den Akteuren einheitliche nationale Kriterien für den Veranstaltungstyp entwickeln zu können. Um eine barrierefreie Großveranstaltung genießen u können, ist natürlich auch die barrierefreie Anreise in wichtiger Punkt. Deshalb fordern wir die Bundesgierung unter Mitwirkung der Landesbehörden und er Interessenvertretungen der Menschen mit Behindeungen auf, sich dafür einzusetzen, dass Fahrgastund arifinformationen barrierefrei für Menschen mit Sehnd Hörbeeinträchtigungen gestaltet, in Leichter prache formuliert und unter weitgehender Verwenung von Piktogrammen dargestellt werden. Die undesregierung soll gemeinsam mit der Deutschen ahn AG und den Landesregierungen mittelfristig ausichend finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, amit alle Bahnhöfe bis 2020 barrierefrei umgebaut erden können. Die im Personenbeförderungsgesetz erankerte Barrierefreiheit im Fernlinienbusverkehr b 2016 für neue bzw. Ende 2019 für alle Busse muss ewährleistet werden. Es muss ein Verschlechterungserbot für die barrierefreie Gestaltung beim Bau von lugzeugen und die Ausstattungen von Bussen gelten. Die Bundesregierung hat mit dem Projekt „Tourisus für Alle“ einen Kriterienkatalog vorgelegt, der un in der Praxis angewendet werden und der auch für ie Vergabe von öffentlichen Mitteln angewendet weren muss. Wir benötigen eine Dokumentation über den Ostzutand von barrierefreien Veranstaltungen, damit jeder eranstalter von den Erfahrungen erfolgreich durcheführter barrierefreier Großveranstaltungen profitien kann. Auf der ganzen Welt leben mehr als 7 Milliarden enschen, die alle unterschiedlich sind. Die einzige emeinsamkeit: Jeder von ihnen hat irgendwelche Beinderungen: Einige können nicht tanzen, für einige ist s schwer, Fremdsprachen zu beherrschen. Diese Beinderungen sind aber nicht sofort bemerkbar und mahen das Leben nicht schwerer. Jedoch müssen circa 0 Millionen Menschen in Deutschland mit körperlihen oder mentalen Einschränkungen leben. Aufgrund ieser Einschränkungen ist das Leben für sie mehr der weniger kompliziert. Was ist unter dem Begriff der Barrierefreiheit zu erstehen? Barrierefreiheit ist vielfältig und bezieht ich auf Menschen mit den unterschiedlichsten Behinerungen und auf unterschiedliche Lebensbereiche. as macht auch die UN-Behindertenrechtskonvention eutlich, die den Aspekt der Barrierefreiheit im Art. 9 stschreibt und die Vertragsstaaten dazu verpflichtet, eeignete Maßnahmen zur Beseitigung von Hindernisen und Zugangsbarrieren zu treffen. Barrierefreiheit bedeutet, dass Gebäude und Orte, erkehrsmittel und Gebrauchsgegenstände, Veranstalngen, Dienstleistungen und Freizeitangebote so ge taltet werden, dass der Zugang zu ihnen allen Men Hans-Joachim Hacker gebene Reden )

Jens Ackermann (FDP):
Rede ID: ID1724419900




(A) )

schen zur Verfügung steht. Auch Menschen mit
Behinderung sollen sie also ohne besondere Erschwer-
nis und möglichst ohne fremde Hilfe benutzen bzw. be-
treten können.

Es gibt wenige Menschen, die nicht gern reisen.
„Man reist ja nicht, um anzukommen, sondern um zu
reisen“, meinte schon Goethe. Für Menschen mit ei-
nem körperlichen oder geistigen Handicap ist es nicht
selbstverständlich und unproblematisch, zu verreisen.
Das zu verändern, ist eine der wichtigsten Aufgaben
der Tourismusindustrie.

Für uns steht die Berücksichtigung der Barrierefrei-
heit bei allen Projekten und Maßnahmen der Bundes-
regierung in der Tourismuspolitik im Vordergrund.
Dieses Thema ist der Bundesregierung wichtig. Sie
setzt sich dafür ein, dass barrierefreies Reisen im ge-
samten Spektrum der touristischen Leistungskette ver-
ankert wird.

Eine gute Vorbereitung und Planung ist in vielen
Fällen der Schlüssel zum Erfolg. Dieses gilt auch im
Bereich des Veranstaltungsmanagements. Veranstal-
tern fällt es nicht immer leicht, einen Veranstaltungs-
ort aus der Perspektive eines Menschen mit Behinde-
rung zu betrachten. Es fällt auch nicht immer leicht, zu
erkennen, dass vielerlei „Stolpersteine“ auf dem Weg
zu einer erfolgreichen Veranstaltung liegen können.
Eine bessere und einfachere Planung von barriere-
freien Veranstaltungen zu ermöglichen, die von allen
selbstverständlich und ohne Hindernisse besucht wer-
den können, ist eine erhebliche Herausforderung.

Es ist bereits deutlich geworden: Das Thema liegt
uns am Herzen, es ist wichtig. Gerade deswegen ist es
bedauerlich, dass der hier vorliegende Antrag der
SPD nicht nur positiv zu betrachten ist. So möchte die
SPD mit staatlichen Sanktionen und Zwang ihre Ziele
erreichen. Das kann und darf nicht unser Anspruch
sein. Wir als Liberale setzen auf die Eigenverantwor-
tung der Menschen – auch in der Tourismuswirtschaft.

Jedem Veranstalter und Gastwirt ist doch klar, dass
er sich einen Wettbewerbsvorteil verschafft, wenn er
auf die stetig wachsende Bevölkerungsgruppe der Äl-
teren und Behinderten eingeht. Gerade angesichts der
demografischen Entwicklung ist die Teilhabe aller
Menschen am Tourismus von zentraler Bedeutung. Wir
begrüßen deshalb jedwede Art von Initiativen und Pro-
jekten von Verbänden und Vereinen, um die Öffentlich-
keit und die Tourismuswirtschaft weiter für das Thema
„barrierefreier Tourismus“ zu sensibilisieren.

Die Bundesregierung hat die zentrale Aufgabe, die
Rahmenbedingungen für barrierefreien Tourismus in
Deutschland zu verbessern. Aus diesem Grund hat das
Bundeswirtschaftsministerium mehrere Studien zum
Thema Barrierefreiheit gefördert. In diesen Studien
wurde nicht nur die ökonomische Bedeutung des
barrierefreien Tourismus in Deutschland untersucht,
sondern wurden durch Erfolgsfaktoren und Maßnah-
men zu dessen Qualitätsverbesserung herausgearbei-
tet.

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(C (D Die Bundesregierung begleitet die Umsetzung der N-Behindertenrechtskonvention im Bereich Tourisus mit flankierenden Projekten. Sie fördert die Enticklung und Vermarktung barrierefreier Tourismusngebote und Dienstleistungen. Im November 2011 onnte der Startschuss für das Projekt „Tourismus für lle: Entwicklung und Vermarktung barrierefreier Anebote und Dienstleistungen in Deutschland“ gegeben erden. Am 31. Mai 2012 hat der Tourismusbeaufagte der Bundesregierung, Ernst Burgbacher, das rojekt in Berlin vorgestellt. Es läuft bis 2013 und ägt zur Erfüllung des Nationalen Aktionsplanes der undesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenchtskonvention bei. Träger des Projekts ist das Deut che Seminar für Tourismus in Kooperation mit der ationalen Koordinierungsstelle Tourismus für Alle, atKo. In die Durchführung eingebunden sind die ourismuswirtschaft, die Deutsche Zentrale für Tourisus, die Behindertenverbände, Verkehrsunternehmen, andesmarketingorganisationen sowie eine Reihe weirer fachlicher Einrichtungen. Die Bundesregierung nterstützt das Projekt mit knapp 500 000 Euro. Ziel ist es, eine einheitliche Kennzeichnung zu entwikeln und damit die vielen verschiedenen Kennzeichungen durch ein einheitliches System zu ersetzen. Dait fördern wir eine Transparenz der bestehenden ngebote und Leistungen. Darüber hinaus sollen Fühungspersonal und Mitarbeiter der Tourismusbranche r das Thema sensibilisiert und geschult werden. Au erdem wird eine Internetplattform erarbeitet, auf der ich Reisende über barrierefreie Angebote informieren önnen. Die Arbeitsgemeinschaft „Barrierfreie Reiseziele in eutschland“ hat von 2008 bis heute mehrere Modellgionen in sich vereint und engagiert sich für die Enticklung von Angeboten für behinderte Gäste. In ooperation mit der Arbeitsgemeinschaft hat die eutsche Bahn Mobilitätspakete geschnürt, die soohl die Anund Abreise mit möglicher Ein-, Umund usstiegshilfe, die Anschlussmobilität am Urlaubsort nd die Übernachtung als auch ein mögliches Ausugsund Kulturprogramm beinhalten. Solche positien Nachrichten zeigen, dass die Branche auch hier uf dem richtigen Weg ist. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es hohen Aufand und hohe Kosten bedeutet, auf alle Bedürfnisse leichzeitig einzugehen. Dennoch, die Barrierefreiheit leibt das Ideal, was verwirklicht werden muss – zuunsten der Menschen mit Behinderung, aber auch mit lick auf Menschen ohne Behinderung: So ist ein Aufug eine Erleichterung sowohl für Senioren als auch r Eltern mit Kinderwagen. Texte in vereinfachter prache sind nicht nur für Menschen mit – geistiger – ehinderung geeignet. Sie können nämlich auch anden helfen: Kindern, Menschen, die nicht oder kaum sen können, oder Leuten, die sich an einem bestimmn Ort nicht auskennen. Für Menschen mit Behinderung bedeutet Barriereeiheit viel mehr als nur Komfort. Das ist etwas ganz Jens Ackermann gebene Reden )





(A) )

Grundsätzliches: So können sie selbst am Leben der
Gesellschaft teilnehmen.

Deswegen meine ich, wir sind alle damit einverstan-
den, dass Barrierefreiheit zu den Markenzeichen des
deutschen Tourismus gehören muss und kann. Die Teil-
nahme aller Menschen am Tourismus muss ermöglicht
werden. Dieses Ziel ist nur zusammen, in Absprache
mit den Ländern, Regionen, Kommunen und den ver-
antwortlichen Akteuren der Tourismuswirtschaft er-
reichbar.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724420000

Als ich diesen Antrag zum ersten Mal las, war ich

ratlos. So ein wichtiges Thema und dann so ein
schlechter Antrag. Und das zum Ende einer Wahlpe-
riode, vier Jahre nach dem Inkrafttreten der UN-Be-
hindertenrechtskonvention in Deutschland.

Wozu dieser Antrag? Um zu zeigen, dass man weiß,
was man gelernt hat? Dann ist es einfach nur peinlich.
Als Wahlangebot und Ausblick? Dann ist er keine
Wahlempfehlung.

Lieber Kollege Hacker, Sie sind nun seit 1990 im
Bundestag, arbeiten seit mehreren Jahren an meiner
Seite im Tourismusausschuss und im Bau- und Ver-
kehrsausschuss an der Seite von meiner Kollegin
Heidrun Bluhm. Sie hatte als Schweriner Baudezer-
nentin maßgeblichen Anteil am Erfolg der Bundesgar-
tenschau in der Hauptstadt von Mecklenburg-Vorpom-
mern. Anstatt ihr zuzuhören, anstatt mit mir und
anderen Experten aus der Behindertenbewegung –
auch aus der Bundesarbeitsgemeinschaft der SPD
„Selbst aktiv“ – zu reden, fassen Sie ziemlich wahllos
Richtiges, Halbwahres und Unnötiges in einem Antrag
zusammen. Großveranstaltungen und Reisen haben ei-
nige Schnittstellen. Sie haben auch etwas mit Touris-
mus und Tourismuspolitik zu tun. Sie sind aber nicht
dasselbe. Und in Ihrem Antrag steht nichts Neues. Alle
Punkte finden sich bereits in vorherigen Anträgen und
anderen parlamentarischen Initiativen der Linken,
aber auch bei der SPD und der Koalition wieder.

Zum Thema „Barrierefreier Tourismus“ gibt es
vielfältige Aktivitäten und auch gute parlamentarische
Initiativen. Stellvertretend verweise ich auf den Antrag
der Linken „Barrierefreier Tourismus für alle in

(Drucksache 16/10317 vom 24. September 2008)

Punkten 1 und 2 auf das Projekt „Tourismus für Alle“,
welches zurzeit vom Deutschen Seminar für Touris-
mus, DSFT, sowie der Nationalen Koordinierungs-
stelle Tourismus für Alle, NatKo, realisiert wird. Einen
Zwischenbericht erhielten wir vor einigen Wochen auf
meine Initiative hin im Tourismusausschuss. Spätes-
tens seit diesem Zeitpunkt müssten Sie wissen, dass das
Projekt noch nicht abgeschlossen ist – Sie fordern aber
jetzt schon die Umsetzung der Ergebnisse –, und ich
frage mich, welche in dem Projekt entwickelten Krite-
rien auch „für die Vergabe öffentlicher Mittel anzu-
wenden“ sind.

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Zu Protokoll ge

(C (D Dann fordern Sie in Punkt 3, „den Istzustand von arrierefreien Großveranstaltungen in Form einer Doumentation darzustellen“. Welche meinen Sie? Es ibt keine „barrierefreien Großveranstaltungen“. Es ab Großveranstaltungen, wo Fragen der Barriereeiheit insgesamt gut und umfassend berücksichtigt urden, und Großveranstaltungen, die diesbezüglich her eine Katastrophe waren. Einige Großveranstalngen – ich denke hier an die Fußballweltmeister chaften der Männer und der Frauen – waren auch eratungsgegenstand im Tourismussowie im Sportusschuss des Bundestages. Vielleicht erinnern Sie ich noch an meine Fragen, Kritiken und Vorschläge ur Barrierefreiheit bei den Veranstaltungen selbst, in en Sportstadien, zur barrierefreien Erreichbarkeit it dem öffentlichen Nahund Fernverkehr, zum Angeot an barrierefreien Hotelzimmern im Umfeld dieser roßveranstaltungen und vieles andere mehr. Was ber soll die von Ihnen geforderte Dokumentation? Dann fordern Sie in Punkt 4, „die Vergabe öffentliher Mittel stärker mit dem Thema Barrierefreiheit zu erknüpfen“. Einmal davon abgesehen, dass dieser unkt nicht nur mit dem barrierefreien Zugang zu roßveranstaltungen und Reisen verbunden ist, ist er seiner Formulierung typisch sozialdemokratisch, lso „windelweich“. Seit Jahren fordere ich, die Frage er Barrierefreiheit zu einem zwingenden Kriterium r die Vergabe öffentlicher Mittel zu machen. Bei die er Forderung haben Sie mich bisher ziemlich allein elassen – davon zeugen die Antworten der Bauund erkehrsminister von Eduard Oswald, CSU, über ranz Müntefering, Reinhard Klimmt, Kurt Bodewig, anfred Stolpe, Wolfgang Tiefensee, alle SPD, bis zu eter Ramsauer, CSU, auf meine diesbezüglichen Anagen im Bundestag. In weiteren Punkten stellen Sie Forderungen zur arrierefreiheit von öffentlich zugänglichen Bauten es Bundes. Auch das ist ein wichtiges Thema. Aber ist s angesichts der Tatsache, dass die Mehrheit dieser ebäude weder für touristische Aktivitäten noch für roßveranstaltungen im engeren Sinne zur Verfügung teht, hier an der richtigen Stelle? Und wenn schon, ann reicht es nicht, nur diese Gebäude auf ihre Barrirefreiheit hin zu überprüfen. Nötig ist auch hier, mit inem ambitionierten Konzept und finanziell untersetzt ie bestehenden Barrieren schrittweise abzubauen und afür zu sorgen, dass keine neuen Barrieren mehr enttehen können. Ähnliche Anmerkungen könnte ich auch zu weiteren orderungen aus diesem Antrag machen, möchte aber n dieser Stelle darauf verzichten. Sehr geehrter Herr Hacker, liebe Kolleginnen und ollegen von der SPD, mir ist das Thema zu wichtig, ls dass man es mit solch einem Antrag „abfrühstüken“ dürfte. Hier machen Sie es sich zu leicht, ebenso ie viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen in (Regie ungs-)Verantwortung, wenn es um die Umsetzung eht. Das betrifft – um nur drei Beispiele zu nennen – en Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit, der wis Jens Ackermann gebene Reden Dr. Ilja Seifert )








(A) )

sentlich zulässt, dass trotz millionenschwerer Investi-
tionen der Berliner Fernsehturm, das Schloss in Fried-
richsfelde und viele weitere kulturelle und touristische
Attraktionen nicht barrierefrei sind. Das betrifft den
DGB-Chef Michael Sommer, der seit Jahren zu seinem
Maifest auf den Berliner Fernsehturm einlädt und da-
bei in Kauf nimmt, dass Menschen mit Mobilitätsbe-
einträchtigungen von dieser Veranstaltung ausge-
schlossen sind. Und es betrifft unseren Kollegen
Wolfgang Thierse, der als Vizepräsident des Bundesta-
ges und Vorsitzender der Bau- und Raumkommission
trotz meines seit Monaten hartnäckigen Drängens
nicht dafür sorgt, dass dringende Fragen der Barriere-
freiheit einschließlich der Sicherheit in Notsituationen
für Menschen mit Behinderungen in den Gebäuden des
Deutschen Bundestages auf die Tagesordnung gesetzt
werden.

Vielleicht verstehen Sie meine Ratlosigkeit im Um-
gang mit diesem Antrag. Ich kann nur hoffen, dass er
aufgrund der Diskontinuität infolge des nahenden En-
des dieser Wahlperiode verfällt und wir in der kom-
menden Wahlperiode ernsthafter und zielorientierter
über diese Themen reden.


Bettina Herlitzius (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724420100

In Deutschland leben etwa 8,7 Millionen Menschen

mit einer Behinderung, Menschen, die wegen ihrer mo-
torischen, sensorischen oder kognitiven Fähigkeit in
ihrer Lebensweise eingeschränkt sind. Menschen ohne
Behinderung können sich schwer vorstellen, mit wel-
chen Schwierigkeiten diese Menschen jeden Tag kon-
frontiert sind. Wo beispielsweise jede Stufe Probleme
bereitet, stellt eine Reise oder die Teilnahme an einer
Großveranstaltung eine enorme Herausforderung dar.
Wir Grünen setzen uns dafür ein, dass aus der Freiheit,
zu reisen, auch für Menschen mit einer Behinderung
ein Recht auf Reisen wird.

Auch für Veranstaltungsorganisatoren ist es nicht
immer leicht, Bedürfnisse von behinderten Gästen zu
verstehen und mögliche Schwierigkeiten vorherzuse-
hen. Hier brauchen wir insgesamt mehr Sensibilität.
Trotz all unserer Beteuerungen attestieren uns diverse
Studien in Sachen Barrierefreiheit einen Nachholbe-
darf. Wir begrüßen deshalb den Antrag der SPD.

Von Barrierefreiheit profitieren alle. Laut Angaben
des Statistischen Bundesamtes ist die Hälfte der Bevöl-
kerung im Jahr 2050 älter als 48 Jahre. Jeder Dritte ist
über 60. Wir reden also nicht nur über einen kleinen
Teil der Bevölkerung. Denken wir nur noch einmal an
die für Dezember 2011 vom Deutschen Bundestag ge-
plante Behindertenkonferenz, die dann wegen „zu vie-
len“ angemeldeten Rollstuhlfahrern abgesagt werden
musste. Es sollte zu unserem gesellschaftlichen Selbst-
verständnis gehören, dass auch Großveranstaltungen
für alle ohne Einschränkungen zugänglich werden.
Das muss Bestandteil jeglicher Planungen werden und
entspricht im Übrigen auch der ratifizierten UN-Kon-
vention über die Rechte von Menschen mit Behinde-
rungen. Eine barrierefreie Großveranstaltung kann ein

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(C (D roßer Erfolg sein. Die Bundesgartenschau, BUGA, 009 in Schwerin ermöglichte auch mobilitätseingechränkten Besuchern einen weitgehend uneingechränkten Zugang. Barrierefreie Großveranstaltungen und auch barierefreies Reisen sind möglich. Der Fachkongress um barrierefreien Tourismus auf der diesjährigen Inrnationalen Tourismus-Börse zeigte: Wir können und üssen auf der internationalen Ebene noch viel voneiander lernen. Um bessere barrierefreie Reisemögchkeiten zu schaffen, muss in Infrastrukturen, Hotels nd Räumlichkeiten für Großveranstaltungen invesert werden. Hier verbirgt sich auch ein großes wirtchaftliches Potenzial. Barrierefreies Reisen und auch er barrierefreie Zugang zu Großveranstaltungen sind ine große Chance für die nachhaltige Wettbewerbsfäigkeit von touristischen Destinationen. An dieser ichtigen Investition in die Zukunft sollten wir drinend arbeiten. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/13550 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Tagesordnungspunkt 40: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724420200
Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Maria Klein-
Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zugang zu medizinischem Cannabis für alle
betroffenen Patientinnen und Patienten er-
möglichen

– Drucksachen 17/6127, 17/13620 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Karin Maag

Die Reden gehen zu Protokoll.


Karin Maag (CDU):
Rede ID: ID1724420300

Mit ihren Anträgen fordert die Opposition, künftig

ein betäubungsmittelrechtliches Strafverfahren mehr
inzuleiten, wenn Tatverdächtige Cannabis aufgrund
iner ärztlichen Empfehlung verwenden und eine Ex-
ertengruppe Off-Label-Use am Bundesinstitut für
rzneimittel und Medizinprodukte einzurichten, deren
ufgabe es sein soll, Empfehlungen für die zulassungs-
berschreitende Anwendung, Off-Label-Use, von Arz-
eimitteln auf der Basis von Cannabis zu erstellen.

Das Anliegen, bei schwerkranken Patientinnen und
atienten die Versorgung mit cannabishaltigen Arznei-
itteln zu verbessern, ist grundsätzlich richtig und
ird von mir geteilt. Wir unterscheiden uns allerdings
ravierend in den Lösungsvorschlägen.


(A) )


)(B)

Cannabis ist vor allem auch eine berauschende
Substanz, deren Konsum grundsätzlich gesundheitsge-
fährdend ist. Cannabis als Arzneimittel muss also auch
stets im Kontext der Verhinderung von Missbrauch ge-
sehen werden.

Dieser Spagat, auf der einen Seite ausreichend
Möglichkeiten vorzuhalten, Schmerzen zu lindern und
trotzdem Missbrauch zu verhindern, gelingt meines
Erachtens am besten mit Fertigarzneimitteln, weshalb
ich es als es unsere gemeinsame Aufgabe ansehe, die
Versorgung mit cannabishaltigen Fertigarzneimitteln
zu verbessern und den schwerkranken Patientinnen
und Patienten Zugang zu diesen zu ermöglichen.

Fertigarzneimittel bieten die Sicherheit, dass diese
im Rahmen des Zulassungsverfahrens nach den Vor-
schriften des Arzneimittelrechts eine standardisierte
Qualität haben. Deren Wirksamkeit in einer Indikation
wurde über entsprechende klinische Studien nachge-
wiesen. Andere Anwendungsformen haben diese stan-
dardisierte Qualität nicht und sind aus unserer Sicht
folgerichtig abzulehnen.

Für den medizinischen Einsatz von cannabishalti-
gen Fertigarzneimitteln hat diese Koalition deshalb
mit der 25. Betäubungsmittelrechtsänderungsverord-
nung die betäubungsmittelrechtlichen Voraussetzun-
gen für die Zulassungs- und Verschreibungsfähigkeit
geschaffen. Auf dieser Grundlage können weitere Arz-
neimittel entwickelt und für diese und andere Indika-
tionen eine Zulassung beantragt werden.

Für die bei schwerkranken Patientinnen und Pa-
tienten erforderliche Therapie mit cannabishaltigen
Fertigarzneimitteln ist seit Juli 2011 mit Sativex ein
Arzneimittel auf dem Markt, dass bei der durch Multi-
ple Sklerose induzierten Spastik durch den Arzt verord-
net und erfolgreich eingesetzt werden kann .

Bezogen auf diese Indikation ist die Kostenüber-
nahme durch die Krankenkasse dann auch gegeben.
Das Medikament wird aber auch im Off-Label-Use
verwendet.

Bereits seit 1998 sind überdies die Cannabisinhalts-
stoffe Dronabinol und Nabilon nach der Anlage III
zum BtMG verkehrs- und verschreibungsfähige Betäu-
bungsmittel.

Dronabinol ist ein teilsynthetisch hergestellter Stoff,
der in Deutschland verkehrs- und verschreibungsfähig
im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes ist. In Deutsch-
land kann Dronabinol für die individuelle Therapie als
Rezepturarzneimittel verordnet werden.

Die Fertigarzneimittel Marinol und Nabilon können
im Wege des Einzelimportes nach § 73 Abs. 3 AMG von
den Apotheken nach Deutschland verbracht und auf
ärztliche Verschreibung hin abgegeben werden. Dane-
ben kann das BfArM im Einzelfall die Ausnahmeer-
laubnis zur Anwendung von Cannabis zu medizini-
schen Zwecken erteilen.

Demgegenüber hat auf die Frage nach dem Erfolg
einer Therapie mit ungeprüften Cannabiszubereitun-

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Zu Protokoll ge

(C (D en Professor Dr. Radbruch von der Arzneimittelkoission der deutschen Ärzteschaft eindeutig klar und eutlich festgestellt: „Die Behandlung mit ungeprüfn Substanzen birgt das Risiko, dass der Wirkstoffgealt nicht sicher ist und sehr stark schwanken kann. arüber hinaus gibt es das Risiko der Kontaminaon.“ Jede weitere Form, eigene, sozusagen hausgeachte, Cannabiszubereitungen für die medizinische nwendung zu verwenden, lehnen wir deshalb vor alm auch aus Gründen der Patientensicherheit ab. Das mit dem Antrag einhergehende Aussetzen eines etäubungsmittelrechtlichen Strafverfahrens wegen es Gebrauchs von Cannabis auf ärztliche Empfehng lehnen wir damit folgerichtig ebenfalls ab. Aus nserer Sicht bieten die vorhandenen gesetzlichen ahmenbedingungen noch ausreichend Spielraum, um ei schwerwiegenden, lebensbedrohlichen Erkrankunen cannabishaltige Arzneimittel zulasten der GKV zu erordnen. Dem Antrag ist zuzugeben, dass das Angebot an ertigarzneimitteln derzeit noch dünn ist und die Kosn für die Behandlung zum Beispiel mit Dronabinol och sind. Allerdings sind weitere Fertigarzneimittel om Markt angekündigt. Liebe Kollegen von den Oppositionsparteien, wir aben heute den Herstellern die Wege im AMNOG bei er Vergleichstherapie wirklich minimal erleichtert. uch Sativex ist davon betroffen. Gerade mit dem Arument der Sicherstellung von Versorgung heißt es, ier den forschenden Unternehmen auch einen Spielaum für die Entwicklung neuer Medikamente, nicht uletzt im Bereich der Schmerzbehandlung, zu geben. ier geht es nicht, wie Sie uns stets vorwerfen, um harmalobby, sondern um die Entwicklung sicherer edikamente. Dort sollten Sie unterstützen und nicht en ungehinderten Zugang und damit auch die unkonollierte Verbreitung von Cannabis fordern. Der ungelterte, unkontrollierbare Zugang von Cannabis auf em Markt und die Gefahr der Weitergabe ist für mich, denfalls bei den vorhandenen Möglichkeiten, keine lternative. Der des Weiteren gestellte Antrag, eine Expertenruppe für die Anwendung von Arzneimitteln auf Basis on Cannabis ins Leben zu rufen, läuft aus unserer icht ebenfalls fehl. Für den Off-Label-Use haben wir benfalls bereits mit dem GKV-Versorgungsstrukturgeetz vom 22. Dezember 2011 in § 35 c SGB V die Voaussetzungen dafür geschaffen, eine „ständige Experngruppe Off-Label-Use“ ins Leben zu rufen. Für die Indikationsbereiche Onkologie, Infektioloie, Neurologie/Psychiatrie und Ophtalmologie sind ereits Expertengruppen gebildet. Weitere Expertenruppen befinden sich in Vorbereitung. Im Rahmen der bereits bestehenden Expertengrupen sowie der ständigen Expertengruppe können, aus nserer Sicht, alle Fragen eines notwendigen und me Karin Maag gebene Reden )





(A) )

dizinisch sinnvollen Einsatzes von Arzneimitteln, die
Cannabis enthalten, bereits jetzt durch den G-BA in
Auftrag gegeben werden.

Darüber hinaus ist festzustellen, dass die für die Be-
rufung einer neuen Gruppe im Antrag erhobenen For-
derungen alleine nicht ausreichen. Voraussetzung ist
hier vielmehr, dass ein Bewertungsauftrag im Rahmen
der Regelversorgung vom G-BA zu erteilen ist. Ein sol-
cher Bewertungsauftrag liegt zurzeit nicht vor.

Festzuhalten ist des Weiteren, dass der G-BA im
Auftrag der gemeinsamen Selbstverwaltung für die
Konkretisierung des Leistungskataloges der gesetzli-
chen Krankenversicherung im Bereich der Verord-
nungsfähigkeit von Arzneimitteln zuständig ist. Die
Beauftragung der Expertengruppe Off-Label zur Be-
wertung erfolgt nach dem Errichtungserlass des BMG
durch den G-BA.

Eine Beauftragung durch das BMG ist nur für be-
sondere Situationen zulässig, wenn zum Beispiel wich-
tige Fragen zur Versorgung der Bevölkerung in Kri-
senzeiten zu klären sind.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der ge-
setzgeberische Weg für eine Medikation mit medizini-
schem Cannabis aufgezeigt ist. Eine weitere Öffnung
im Sinne des Antrages halte ich für nicht angezeigt.
Gehen Sie mit uns den sicheren Weg, und verunglimp-
fen Sie nicht weiter diejenigen, die sich für Forschung
und Versorgung einsetzen!


Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1724420400

Seit dem Inkrafttreten der 25. Verordnung zur Ände-

rung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften im Mai
2011 ist die Herstellung und Zubereitung von Canna-
bisprodukten zu medizinischen Zwecken gestattet. Da-
durch sind cannabishaltige Fertigarzneimittel ver-
schreibungsfähig geworden. Ich freue mich, dass die
schwarz-gelbe Bundesregierung, die, was Betäubungs-
mittel betrifft, ja eher ideologisch konservativ einzu-
ordnen ist, hier über ihren Schatten gesprungen ist und
die besagte Verordnung auf den Weg gebracht hat.

Der Zugang zu medizinischem Cannabis wurde und
wird von der SPD unterstützt.

Im Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
wird richtigerweise darauf hingewiesen, dass über die
bisherigen Regelungen zur therapeutischen Verwen-
dung von Cannabis beim Bundesinstitut für Arzneimit-
tel und Medizinprodukte, BfArM, nur eine sehr kleine
Anzahl von Patienten eine Erlaubnis zum Bezug eines
Cannabisextraktes oder von Cannabisblüten bekom-
men hat. Nach Gesprächen und Briefkontakten mit on-
kologischen Schmerzpatienten und Spastikern, die uns
über die lindernde Wirkung von Cannabis bei ihrem
Krankheitsbild berichtet haben, sind wir der festen
Überzeugung, dass Cannabis einer größeren Patien-
tengruppe als bisher festgestellt helfen könnte. Und
auch wenn wir weiter an der grundsätzlichen Strafbar-
keit von Cannabis festhalten, wollen wir doch weniger

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Zu Protokoll ge

(C (D ürokratische Regelungen für die Verschreibbarkeit on Cannabisextrakten zu medizinischen Zwecken. Ich bin sicher: Wir werden in den nächsten Jahren edizinische Innovationen erleben, und es werden annabishaltige Fertigarzneimittel zukünftig auch für eitere Krankheitsbilder auf den Markt kommen. Und ie Kassen werden diese neuen Arzneimittel erstatten. ir müssen aber bei jedem Arzneimittel immer auf den usatznutzen gegenüber dem bisher gebräuchlichen edikament schauen. Generell haben die Patientinnen nd Patienten einen Anspruch darauf, dass sie nur rzneimittel erhalten, die erwiesenermaßen wirksam ind. Die Anhörung im Deutschen Bundestag am . Mai 2012 hat gezeigt, dass wir nicht generell und auschal bei jedem cannabishaltigen Arzneimittel vom utzen ausgehen können. So wurde der Zusatznutzen on Sativex als zugelassenem Arzneimittel für eine herapie bei Multiple-Sklerose-induzierter Spastik om Gemeinsamen Bundesausschuss als gering beertet. Eine Erstattung durch die gesetzliche Krankenver icherung bei Off-Label-Use ist nur ausnahmsweise öglich, wenn keine andere Therapie verfügbar ist nd aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht uf einen Behandlungserfolg besteht. Den Betroffenen ei in diesen Fällen dringend empfohlen, sich an die atientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss u wenden. Bei Arzneimitteln auf Basis von Cannabis doch pauschal auf den Nachweis eines Nutzens urch die entsprechenden Verfahren zu verzichten – so ie es die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen letztlich rdert –, halte ich für problematisch. Da sollten wir icht das Kind mit dem Bad ausschütten und auch eine Politisierung der Medizin betreiben. Ich sagte es chon: Ich erwarte für die Zukunft mehr cannabishalge Arzneimittel für mehr medizinische Indikationen, ie auch ihren Nutzen belegen können. Besondere Probleme haben wir mit der Forderung es Antrags nach der faktischen Legalisierung der elbstmedikation mit Cannabis. Selbstmedikation ist enerell oft problematisch, und auch bei Cannabis ist ie aus ärztlicher und wissenschaftlicher Sicht keinesegs wünschenswert. Dies hat die Sachverständigennhörung deutlich gemacht. So hat zum Beispiel die undesärztekammer vor einer Legalisierung von Theapien, die auf im Eigenanbau erzeugtem Cannabis eruhen, gewarnt. Diese könnten „Patienten ernsthaft efährden“. Auch die Forderung, auf Strafverfahren generell zu erzichten, wenn jemand Cannabis auf der Basis einer rztlichen Empfehlung besitzt, anbaut oder sich verchafft, halten wir nicht für zielführend. Der Antrag er Grünen hinterlässt in diesem Punkt den Eindruck, ass es nicht wirklich um eine sachgerechte mediziniche Versorgung geht, sondern um einen Umweg zuunsten der generellen Legalisierung von Cannabis. o ist in Ihrem Antrag auch nicht von einer Obergrenze r den Cannabisanbau die Rede, sodass theoretisch ine ganze Plantage straffrei betrieben werden könnte, Karin Maag gebene Reden )





(A) )

wenn der Anbauer nur eine ärztliche Empfehlung hat.
Das geht so nicht und würde mehr Probleme schaffen
als lösen.

Ich fasse zusammen: Wir haben kein Problem mit
Cannabis als Medizin; wir haben allerdings ein Pro-
blem mit einer totalen oder Hintertür-Legalisierung
von Cannabis. Laut Drogen- und Suchtbericht der
Bundesregierung weisen 525 000 bis 750 000 Men-
schen in Deutschland einen problematischen Canna-
biskonsum auf, und etwa 220 000 Menschen sind hier-
zulande cannabisabhängig. Cannabiskonsum kann
schwere psychische und physische Schäden verursa-
chen, insbesondere bei jungen Konsumenten.

Wir werden in den nächsten Jahren eine Reihe
neuer cannabishaltiger Fertigarzneimittel erhalten,
die entwickelt werden. Wenn diese ihren Nutzen – und
zwar so wie alle anderen Arzneimittel auch – wissen-
schaftlich solide nachweisen, besteht kein Hindernis
für deren Verschreibungsfähigkeit. Und auch die Er-
stattungsfähigkeit durch die Krankenkasse darf dann
nicht in Zweifel gezogen werden. Entscheidend ist für
die SPD der nachgewiesene und tatsächliche Nutzen
für die Patientinnen und Patienten mit dem Ziel der
objektiv bestmöglichen Versorgung.

Wir haben lange geschwankt, ob wir den Antrag we-
gen einer Reihe von kritischen Punkten ablehnen sol-
len oder ob wir uns wegen der grundsätzlichen Zustim-
mung zu cannabishaltigen Medikamenten vielleicht
doch enthalten sollen. Wir haben uns für die Enthal-
tung entschieden. Wir wollen in Zukunft die Entwick-
lung von Cannabis als Medizin und die Forschung in
diesem Bereich weiter voranbringen. Wir stehen hier
noch am Anfang, und mit entsprechenden parlamenta-
rischen Mehrheiten werden wir hier sicher in der
nächsten Legislaturperiode auch zu gemeinsamen Ver-
besserungen kommen.


Christine Aschenberg-Dugnus (FDP):
Rede ID: ID1724420500

Der Zugang zu medizinischem Cannabis ist für viele

Patientinnen und Patienten sehr wichtig. Gerade im
Hinblick auf die immer besseren Erkenntnisse zur
Wirksamkeit cannabishaltiger Arzneimittel ist es von
zentraler Bedeutung, schwerkranken Patientinnen und
Patienten Zugang zu cannabishaltigen Fertigarznei-
mitteln zu ermöglichen.

Fertigarzneimittel haben gegenüber anderen An-
wendungsformen von Cannabis große Vorteile. Denn
sie müssen im Rahmen des Zulassungsverfahrens nach
den Vorschriften des Arzneimittelrechts eine standar-
disierte Qualität und eine relative Unbedenklichkeit
nachweisen. Und auch die Wirksamkeit in einer Indi-
kation muss über klinische Studien belegt sein.

Seit Juli 2011 ist mit Sativex ein cannabishaltiges
Fertigarzneimittel zur Behandlung der durch Multiple
Sklerose induzierten Spastik verfügbar. In dieser Indi-
kation ist eine Kostenübernahme durch die gesetzli-
chen Krankenkassen gegeben.

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Zu Protokoll ge

(C (D Mit der 25. Betäubungsmittelrechts-Änderungsverrdnung wurden die Voraussetzungen für den mediziischen Einsatz von zugelassenen Fertigarzneimitteln uf Cannabisbasis geschaffen. Auf dieser Grundlage önnen weitere Arzneimittel entwickelt und für diese nd andere Indikationen eine Zulassung beantragt erden. Nach Aussagen von Sachverständigen ist auch der ls Rezepturarzneimittel verwendete Cannabiswirktoff Dronabinol in bestimmten Fällen zur Therapie eeignet. Ähnlich ist es mit unter kontrollierten qualitssichernden Bedingungen angebautem Medizinal anf. Aus Gründen der Patientensicherheit erachten wir legale Cannabiszubereitungen für die medizinische nwendung als ungeeignet. Aus diesem Grund lehnen ir auch die im Antrag geforderte Regelung ab, dass in betäubungsmittelrechtliches Strafverfahren wegen es Gebrauchs von Cannabis auf ärztliche Empfehng auszuschließen ist. Hinsichtlich der Fragestellung des Off-Label-Use t festzuhalten, dass mit dem GKV-Versorgungsstrukrgesetz die Voraussetzungen geschaffen wurden für ine neue, ständige Expertengruppe Off-Label-Use, ie fachgebietsbezogen ergänzt werden kann. Die jetigen rechtlichen Rahmenbedingungen reichen vollommen aus, sich mit sämtlichen Fragestellungen des edizinischen Gebrauchs von Cannabis anzunehmen. Was die Konkretisierung des Leistungskataloges der esetzlichen Krankenversicherung angeht, ist diese rundsätzlich im Aufgabenbereich der gemeinsamen elbstverwaltung zu finden. Für Fragen rund um die erordnungsfähigkeit von Arzneimitteln ist der Geeinsame Bundesausschuss zuständig. Die geltenden esetzlichen Rahmenbedingungen bieten ausreichenen Spielraum, eine Kostenübernahme von Arzneimitln auf Cannabisbasis durch die gesetzliche Kranken asse in besonderen Einzelfällen zu gewähren. sbesondere dann, wenn für die Behandlung einer le ensbedrohlichen bzw. schwerwiegenden Erkrankung eine andere Therapie zur Verfügung steht. Ob im jeeiligen Einzelfall diese Voraussetzung vorliegt, beurilen Experten des Medizinischen Dienstes der Kran enkasse. Aber die fehlende Kostenübernahme kann kein Ar ument dafür sein, dass auf Eigenanbau oder die Bechaffung von Cannabis ausgewichen wird. Denn ualität, eine relative Unbedenklichkeit und auch die irksamkeit eines Medikaments sind im Sinne der Paentensicherheit unverzichtbar. Wir behandeln heute den Antrag der Bundestags aktion Bündnis 90/Die Grünen auf erleichterten ugang zu Cannabis zur medizinischen Verwendung. Cannabis kann bereits heute in Deutschland zur meizinischen Verwendung genutzt werden. Bei einer ielzahl von chronischen Erkrankungen bewirkt die Angelika Graf gebene Reden )

Frank Tempel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724420600




(A) )

Einnahme von Cannabis eine Linderung von Begleit-
erscheinungen oder Symptomen der Grunderkran-
kung, unter anderem Multiple Sklerose, Glaukom,
HIV/Aids, Krebs, Hepatitis C. Gerade die medizinische
Verwendung von Cannabis genießt in der Bevölkerung
immer größere Unterstützung. Es ist zu beobachten,
dass auch die allgemeine Presse über diesen Gegen-
stand vermehrt sachlich und am Thema orientiert
berichtet. Das war bisher leider nicht immer so und ist
in vielen anderen Bereichen der Drogenpolitik leider
auch noch immer nicht der Fall.

Durch die Kammerentscheidung des Bundesverfas-
sungsgerichts, BVerfG, vom 20. Januar 2000 sowie
eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
vom 19. Mai 2005 wurde die Möglichkeit zur Erteilung
einer Ausnahmegenehmigung eröffnet. Leider neigt
das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizin-
produkte, BfArM, zu einer restriktiven Auslegung der
eingehenden Anträge. So sind die Hürden des Antrags-
verfahren für die Konsumentinnen und Konsumenten
viel zu hoch angesetzt, und das jeweilige Verfahren
dauert im Allgemeinen viel zu lange.

Bisher wurden beim BfArM seit 2005 von 156 Pa-
tientinnen und Patienten ein Antrag auf Erteilung ei-
ner Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG gestellt.
Es erhielten nur 54 Patientinnen und Patienten eine
entsprechende Erlaubnis, wobei derzeit noch 42 von
ihnen über diese verfügen. 12 Patientinnen und Pa-
tienten sind mittlerweile verstorben oder haben ihre
Erlaubnis an das BfArM zurückgegeben – Stand:
18. November 2010; „Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke „Lega-
lisierung von Cannabis-Medikamenten zur Therapie
von schweren Erkrankungen“, Drucksache 17/ 3810.

Die monatlichen Therapiekosten sind enorm: Wie
im Antrag richtig festgestellt, liegen diese bei bis zu
1 500 Euro im Monat. Diese werden von den Kranken-
kassen bis heute nicht übernommen. Die Bundesregie-
rung hat in der Antwort auf unsere obengenannte
Kleine Anfrage selbst zugegeben, dass „bei der Ab-
gabe einer Zubereitung aus einem Stoff oder mehreren
Stoffen ein Festzuschlag von 90 Prozent auf den Apo-
thekeneinkaufspreis ohne Umsatzsteuer für Stoffe und
erforderliche Verpackung, ein nach Art der Darrei-
chungsform festgelegter Rezepturvorschlag sowie die
Umsatzsteuer zu erheben“ ist. Bis heute hat sich die
Bundesregierung aber nicht dafür eingesetzt, dass für
die betroffenen Patientinnen und Patienten ein An-
spruch auf Kostenübernahme bei ihren Krankenkassen
besteht.

Die anderen Patientinnen und Patienten sowie
Konsumierende, welche die hohen Antragshürden
scheuen oder für die langwierige Antragsdauer keine
Kraft mehr aufbringen können, sind weiterhin auf den
unregulierten Cannabisschwarzmarkt – ohne existie-
renden Verbraucherschutz – angewiesen. Völlig unbe-
achtet blieb bisher auch die Problematik des Auslands-
aufenthaltes für Patientinnen und Patienten. So hat es
das BfArM bis heute nicht geschafft, ein Formular zu

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Zu Protokoll ge

(C (D ntwickeln, das es den Betroffenen erlaubt, ihre Mediin mit ins Ausland zu nehmen. Für viele ist der Vericht auf das Medikament mit Schmerzen verbunden, as wiederum Grund dafür ist, dass viele Patientinnen nd Patienten nicht mehr ins Ausland fahren können. Auch in der öffentlichen Anhörung des Gesundeitsausschusses am 9. Mai 2012 wurde in zahlreichen tellungnahmen deutlich Kritik am bisherigen Geseteszustand formuliert. So schreibt die Bundesärztekammer in ihrer Stel6)

h zitiere:
„Zurzeit ist die Kostenerstattung durch die Kosten-

äger weiterhin häufig schwierig und vom Arzneimit-
l und der Indikation abhängig. Die Patienten, bei de-
en Cannabis indiziert ist, sind in der Regel nicht in
er Lage, die Medikation selbst zu bezahlen, da sie an
iner unheilbaren Erkrankung im fortgeschrittenen
tadium leiden oder im Rahmen einer Schmerzerkran-
ung nicht nur körperlich, sondern auch sozial und
irtschaftlich stark eingeschränkt sind. In einer Reihe
on Einzelfällen wurde THC erfolgreich in einer spe-
ialisierten Einrichtung, Schmerzklinik oder Palliativ-
tation, initiiert und nach Entlassung des Patienten in
ie hausärztliche Weiterbetreuung nicht mehr verab-
icht, weil die Kosten nicht übernommen wurden. Wir

ind der Auffassung, dass eine Ablehnung der Kosten-
bernahme durch die Kostenträger nicht durch den
erweis auf eine unzureichende wissenschaftliche Be-
eislage erfolgen darf, wenn in einem individuellen
eilversuch für den Patienten bestätigt worden ist,
ass die Medikation mit dem cannabinoidhaltigen
rzneimittel effektiv und verträglich ist. Bei den Pa-
enten, bei denen eine Therapie mit cannabinoidhalti-
en Arzneimitteln indiziert ist, muss daher eine voll-
tändige Kostenübernahme für den gesamten Zeitraum
er Medikation über die Kostenträger sichergestellt
erden.“
Die Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin e. V.

at sich dieser Stellungnahme der Bundesärztekammer
ngeschlossen.

Die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e. V.
hrte in ihrer Stellungnahme zahlreiche Länder auf,
denen Cannabis zu medizinischen Zwecken mittler-
eile flächendeckend ohne hohe Hürden angeboten
nd von den Betroffenen genutzt wird. Warum ist das
icht in Deutschland möglich? USA: 330 000 regis-
ierte Patientinnen und Patienten, Kanada: 12 116
gistrierte Patientinnen und Patienten, Israel: 6 000
gistrierte Patientinnen und Patienten, Deutschland:

5 registrierte Patientinnen und Patienten.
Im Anhang der Stellungnahme Ausschussdruck-

ache 17(14)0265(4)). befanden sich zudem insgesamt
10 Literaturhinweise für bereits durchgeführte kon-
ollierte Studien mit Cannabis und Cannabinoiden bei
ichtigen Indikationen. In ihrer Antwort auf unsere
bengenannte Kleine Anfrage gab die Bundesregie-
ung zu, keine Forschungsvorhaben auf dem Gebiet




Frank Tempel
gebene Reden


(A) )


)(B)

der medizinischen Verwendung von Cannabis zu unter-
stützen. Dabei schätzt sie die Datenlage zur Wirksamkeit
und Sicherheit von Cannabinoiden folgendermaßen ein:
„Zur Wirksamkeit und Sicherheit von Cannabinoiden
in der Therapie von chronischen neuropathischen
Schmerzen und Schmerzen von Krebspatientinnen und
-patienten liegen soweit ersichtlich nur wenige Daten

(Drucksache 17/3810)


Der Antrag der Grünen geht daher in die richtige
Richtung. Die Bundesregierung sollte die hohen
Hürden abbauen und den Zugang zur medizinischen
Verwendung von Cannabis vereinfachen. Die Bundes-
tagsfraktion Die Linke hatte einen entsprechenden
Antrag bereits 2008 in den Bundestag eingebracht

(Antrag „Cannabis zur medizinischen Behandlung freigeben“, Drucksache 16/9749)

mals gegen die Stimmen der Linken und Grünen abge-
lehnt.

Gleichwohl muss festgehalten werden, dass eine
Legalisierung des Anbaus von Cannabis für den Ei-
genbedarf, wie es Die Linke in dieser Legislatur-

(Antrag „Legalisierung von Cannabis durch Einführung von Cannabis-Clubs, Drucksache 17/7196)

Patienten ermöglichen würde, Cannabis auch ohne
ärztliche Verschreibung zu nutzen. Leider wurde dieser
Antrag ebenso gegen die Stimmen der Linken und Grü-
nen abgelehnt. Der Antrag der Grünen ist daher ein
kleiner, aber dennoch richtiger Schritt in die richtige
Richtung. Konsequenterweise müsste der Antrag zu-
sätzlich einfordern, die betäubungsmittelrechtlichen
Hindernisse für eine Erforschung von Cannabispräpa-
raten zu beseitigen. Er beinhaltet aber die weitere
Entkriminalisierung des Cannabiskonsums. Die Linke
wird diesem Antrag daher zustimmen.


Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724420700

Union und FDP haben im Gesundheitsausschuss

gegen diesen Antrag gestimmt. Sie haben das damit
begründet, dass inzwischen ja bereits ein cannabishal-
tiges Fertigarzneimittel zugelassen sei und der Bedarf
der Patientinnen und Patienten damit gedeckt sei. Au-
ßerdem könnten die Kosten eines nicht zugelassenen
Arzneimittels in lebensbedrohlichen Fällen auch von
den Kassen übernommen werden. Da muss ich Sie
gleich mehrfach korrigieren:

Erstens gibt es derzeit kein Medikament auf dem
Markt. Man kann darüber streiten, warum das Verfah-
ren beim Gemeinsamen Bundesausschuss so ausge-
gangen ist, wie es ausgegangen ist; aber derzeit gibt es
kein Medikament, für das die Kassen regulär die Kos-
ten übernehmen.

Zweitens würde dieses Medikament nur einem klei-
nen Teil von Patienten helfen; denn es ist nur für die
Linderung der Spastik bei Multipler Sklerose zugelas-
sen. Patienten, die etwa wegen einer Krebserkrankung
an Appetitlosigkeit oder an schweren Schmerzen lei-
den, gehen leer aus.

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(C (D Drittens kann die von Ihnen lediglich ins Gesetz gechriebene sogenannte Nikolaus-Entscheidung des undesverfassungsgerichts nur denjenigen helfen, die n einer lebensbedrohlichen Erkrankung leiden. Paenten, die an einer schweren chronischen, aber nicht um Tode führenden Erkrankung leiden, nützt dieses rteil und Ihre neue Regelung im Sozialgesetzbuch V ichts. Es bleibt im Übrigen eine Einzelfallentscheiung, bei der die Patienten vom Gutdünken eines achbearbeiters abhängig sind. Von Dichtem besehen ist also die Begründung, waum sie unseren Antrag abgelehnt haben, nicht stichaltig. In Wahrheit hat Ihre Ablehnung ideologische ründe. Man kann das sehr schön nachvollziehen anand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens um die on einem Patienten beantragte Ausnahmegenehmiung zum medizinischen Anbau von Cannabis. Das undesgesundheitsministerium hat mit allen juristichen Mitteln versucht, diese Genehmigung zu verhinern. Selbst das zuständige Bundesinstitut für Arzneiittel und Medizinprodukte war am Ende dafür, den ntrag zu bewilligen. Aber das hat diese Regierung icht daran gehindert, vor dem Oberverwaltungsgeicht in Münster in die nächste juristische Runde zu geen. Eine schwere Schlappe blieb Ihnen im konkreten all nur deswegen erspart, weil sich urplötzlich doch och eine Krankenkasse fand, die die Kosten einer Beandlung mit einer Cannabismedizin übernehmen ollte. Dennoch hilft ein Blick in das Urteil. Denn das Geicht hat auch dieses ganz klar gesagt: Die vom FDPeführten Bundesgesundheitsministerium zu verantortende grundsätzliche Ablehnung von Anträgen zum igenanbau ist rechtswidrig. Die Gesundheitspolitik hat sich in dieser Frage insesamt nicht mit Ruhm bekleckert. Das muss man klar agen. Denn jeden kleinen Fortschritt mussten sich die atienten vor Gericht erkämpfen. Schon die Möglicheit, überhaupt Anträge für den Bezug eines Cannabisxtraktes oder von Pflanzenbestandteilen beim Bunesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu tellen, geht auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgeichtes von 2005 zurück. Und jetzt war schon wieder in Gerichtsurteil nötig, damit sich wenigstens etwas erbessert. Dieses Antragsverfahren ist im Übrigen ein hochradig bürokratisches, fast unmenschliches Verfahren. amit werden in der Regel schwerkranke Patienten zu ittstellern degradiert. Und wenn das Bundesinstitut r Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM, den Anag dann am Ende bewilligt, müssen die Patientinnen nd Patienten die Kosten des Cannabismedikaments elbst tragen. Diese monatlichen Therapiekosten könen bis zu 1 500 Euro betragen. Bei den Betroffenen andelt es sich aber in der Regel nicht um Einkomensmillionäre, sondern um schwerkranke, häufig uch erwerbsunfähige Menschen. Frank Tempel gebene Reden Dr. Harald Terpe )








(A) )

Es ist daher verständlich, dass zahlreiche Patientin-
nen und Patienten daran denken, Cannabis illegal an-
zubauen oder sich auf dem Schwarzmarkt zu besorgen.
Die derzeitige Rechtslage zwingt Betroffene, zur Lin-
derung ihrer Erkrankung eine Straftat zu begehen. Ge-
gen etliche Menschen laufen Ermittlungsverfahren, sie
stehen vor Gericht, manche bekommen sogar Haftstra-
fen.

Dies ist der Hintergrund, vor dem wir unseren An-
trag gestellt haben und insbesondere vorschlagen, Pa-
tienten, die ein ärztliches Attest haben, den straffreien
Anbau, Besitz und Erwerb von medizinischem Canna-
bis zu ermöglichen.

Wir hatten diese Debatte ja bereits im Jahre 2008.
Ich will Ihnen, also von der Koalition wie auch der
SPD, zugestehen, dass Sie sich an der Stelle zumindest
argumentativ etwas bewegt haben. Damals behaupte-
ten Sie noch, Cannabis sei gar nicht wirksam oder
Cannabis sei keine Spaßdroge und mache abhängig
und dürfe daher nicht an schwerkranke Patienten ab-
gegeben werden.

Heute verwenden Sie andere Argumente. Im Kern
hat sich aber an Ihrer rein ideologisch motivierten
Haltung nichts verändert. Im Gesundheitsausschuss
wurde aus meiner Sicht kein einziges Argument ge-
nannt, das substanziell gegen unseren Antrag spricht.

Die FDP behauptet zum Beispiel, die Entkriminali-
sierung würde zur Selbstmedikation führen, und damit
würde die Patientensicherheit gefährdet. Abgesehen
davon, dass diese Behauptung nirgends belegt ist,
müssten Sie damit auch die derzeit bestehende Mög-
lichkeit eines Antrags beim BfArM ablehnen. Denn
auch die über die Apotheke zu beziehenden Extrakte
oder Cannabisblüten sind keine Fertigarzneimittel.
Fraglich ist auch, warum aus Ihrer Sicht die Patien-
tensicherheit durch den Status quo gestärkt wird. Statt
es sich zu Hause straffrei anbauen zu können, wie von
uns vorgeschlagen, müssen sich die Patienten Canna-
bis auf dem Schwarzmarkt besorgen. Die besonderen
gesundheitlichen Risiken von auf dem Schwarzmarkt
gehandelten Substanzen waren ja hier oft genug
Thema; das müsste Ihnen also noch geläufig sein.

Und auch Ihnen von der SPD kann ich den Vorwurf
nicht ersparen, dass Sie sich mal wieder wegducken.
Zwar werden Sie sich bei der Abstimmung enthalten.
Allerdings halte ich das für wenig glaubwürdig, wenn
Sie uns vorwerfen, wir wollten uns mit unserem Vor-
schlag eine Hintertür zur Legalisierung des Eigenan-
baus offenhalten. Ihr Vorwurf belegt sehr gut, dass es
hier nicht um Patienten, sondern vor allem um eine
prohibitive drogenpolitische Ideologie geht. Sie ma-
chen die Betroffenen zu reinen Objekten dieser Ideolo-
gie.

Insofern muss ich meine Aufforderung von 2008
auch für die jetzige Bundesregierung und die SPD auf-
rechterhalten: Kommen Sie endlich raus aus Ihrem
weltfremden, drogenpolitischen Elfenbeinturm und
helfen Sie den Patientinnen und Patienten!

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(C (D Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für esundheit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung uf Drucksache 17/13620, den Antrag der Fraktion ündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/6127 abzuhnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – egenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemphlung ist angenommen mit den Stimmen der Koalionsfraktionen bei Gegenstimmen der Linken und der rünen und Enthaltung der SPD-Fraktion. Ich rufe Tagesordnungspunkt 41 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm, Willi Brase, Ulla Burchardt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Ausbildungssituation im Hotelund Gaststättengewerbe verbessern – Drucksache 17/13549 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Tourismus Sportausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Die Reden gehen zu Protokoll. Die Hotels und Gaststätten in Deutschland stehen r eine hohe Qualität, exzellenten Service und Gasteundschaft. Dass dies so ist, ist vor allem der Arbeit er engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im otelund Gaststättengewerbe zu verdanken. Die Mitrbeiterinnen und Mitarbeiter im Hotelund Gaststätngewerbe arbeiten fleißig und engagiert – und das uch am Wochenende und an Feiertagen. Diese Einatzbereitschaft verdient Anerkennung und Respekt. Von 2002 bis 2012 hat sich die Zahl der sozialvericherungspflichtig Beschäftigten im Hotelund aststättengewerbe um 13,3 Prozent erhöht. Rund Prozent aller Ausbildungsverträge werden im Gastewerbe abgeschlossen. Trotz dieser positiven Enticklung steht die Ausbildung im Hotelund Gast tättengewerbe vor den Herausforderungen des emografischen Wandels. Das Erwerbspersonenponzial wird in Deutschland voraussichtlich von heute 5 Millionen auf 44 Millionen Menschen im Jahr 2050 urückgehen. Im Jahr 2030 werden bereits mehr als Millionen Arbeitskräfte fehlen. Im September 2013 beginnt das neue Ausbildungshr. Für die Hotels und Gaststätten vor Ort wird es mer schwieriger, Lehrlinge zu finden und offene tellen zu besetzen. Schon heute werden in vielen egionen angehende Köche, Hotelund Restaurantchleute, Hotelkaufleute und Fachleute für System astronomie sowie Fachkräfte im Gastgewerbe hände )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724420800
Heike Brehmer (CDU):
Rede ID: ID1724420900

(A) )

ringend gesucht. Die Bundesagentur für Arbeit
verzeichnete im August 2012 ein Minus von bei
6,3 Prozent bei der Bewerbernachfrage im Bereich
Hotellerie. In der Gastronomie lag das Minus der Be-
werbernachfrage bei 12,7 Prozent. Wir müssen uns die
Frage stellen, weshalb sich gerade im Gastgewerbe
immer mehr junge Menschen gegen eine mögliche
Ausbildung entscheiden. In der CDU/CSU-Bundes-
tagsfraktion wollen wir, dass das Gastgewerbe ein
wichtiger Jobmotor bleibt. Deshalb ist die Sicherung
des Fachkräftebedarfs eine wichtige Aufgabe unserer
zukünftigen Arbeitsmarktpolitik.

In ihrem Antrag geht die Fraktion der SPD auf die
mangelnde Attraktivität eines Berufes im Gastgewerbe
ein. Sie fordert – ich zitiere –: „Die Politik muss Ak-
teure zusammenbringen und Vorschläge entwickeln.“
Junge und motivierte Menschen für eine Ausbildung
im Gastgewerbe zu begeistern, ist eine Aufgabe, der
sich alle verantwortlichen Akteure am Ausbildungs-
markt gleichermaßen stellen müssen.

Mit dem Konzept zur Fachkräftesicherung geht un-
sere christlich-liberale Bundesregierung auf politi-
scher Ebene einen wichtigen Schritt voran. In diesem
Konzept werden Angebot und Nachfrage auf dem Ar-
beitsmarkt untersucht, um geeignete Maßnahmen ge-
gen den Fachkräftemangel in den einzelnen Branchen
zu entwickeln. Um dem Fachkräftemangel zu begeg-
nen, hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozia-
les gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirt-
schaft und Technologie und der Bundesagentur für
Arbeit die Fachkräfteoffensive ins Leben gerufen. In
enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Netzwerken
bietet die Fachkräfteoffensive Experten, Unternehmen
und Arbeitnehmern eine Chance, sich über das regio-
nale Fachkräftepotenzial zu informieren.

In diesem Zusammenhang müssen wir uns auch mit
dem Thema Bildung auseinandersetzen. Die Fraktion
der SPD fordert in ihrem Antrag – ich zitiere – „zu-
sammen mit den Ländern darauf hinzuwirken, gemein-
same Standards für Leistung und Qualität von Schule
und Ausbildung sicherzustellen“. Die SPD geht hier
nicht mit gutem Beispiel voran, wie man derzeit in Nie-
dersachsen beobachten kann, wo die SPD in der Re-
gierungsverantwortung ist und das Sitzenbleiben in
der Schule abschaffen will.

Die Qualität der Bildung, welche in der Zuständig-
keit der Länder liegt, hat in Deutschland eine sehr
hohe Priorität. Bildung ist und bleibt die Grundvor-
aussetzung für den Einstieg ins Berufsleben. Wir in der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion wollen, dass alle Ju-
gendlichen und jungen Erwachsenen einen Schul-
abschluss erreichen. Deswegen wollen wir in der
christlich-liberalen Koalition Deutschland zur „Bil-
dungsrepublik“ machen. Bildung ist eine gesamtge-
sellschaftliche Aufgabe und sie ist Aufgabe der Bun-
desländer und Kommunen. Jugendliche müssen auf
ihre spätere Berufswahl durch ihre Eltern, durch die
Schule und durch eine qualifizierte Berufsberatung
vorbereitet werden.

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(C (D Um eine mögliche Ausbildung im Hotelund Gasttättengewerbe für junge Menschen attraktiv zu mahen, hat der Deutsche Hotelund Gaststättenverband . V., DEHOGA, einen Zehnpunkteplan zur Fachund rbeitskräftesicherung erarbeitet. Darin ruft der EHOGA Betriebe und Unternehmen auf, die Mögchkeit der Selbstdarstellung durch Schnupperprakka, Tage der offenen Tür und Kooperation mit Schun aktiv zu nutzen. Klar ist, kaum eine Branche hat so ute Möglichkeiten, Jugendliche und junge Erwachene neugierig auf einen Beruf zu machen wie das otelund Gaststättengewerbe. Die DEHOGA-Lanesverbände bauen ein flächendeckendes Ausbilungsnetzwerk auf, welches Betrieben, Berufsschulen, Ks und Arbeitsagenturen die Möglichkeit bietet, ich über offene Stellen zu informieren und gemeinsam Kontakt zu treten. In ihrem Antrag formuliert die SPD – ich zitiere –: Die Qualität und die Rahmenbedingungen für die usbildung im Hotelund Gastgewerbe müssen drinend verbessert werden.“ Die genannten Praxisbeipiele zeigen deutlich, dass es hier großes Engagement er Betriebe und Unternehmen gibt, das Thema Ausildung aktiv mitzugestalten. Dabei spielt insbesonere die Qualität der Ausbildung eine wichtige Rolle r die Unternehmen. Das hat sich in meinen persönli hen Gesprächen mit den Ausbildungsbetrieben in einem Wahlkreis Harz sowie mit dem DEHOGAandesund Bundesverband bestätigt. Der DEHOGA-Bundesverband hat zur Unterstütung der Hotelund Gaststättenbetriebe vor Ort einen novativen Wegweiser für Ausbilder ins Leben gerun. Dieser hervorragende Wegweiser wurde bundeseit verbreitet und unterstützt die Betriebe dabei, die ualität ihrer Ausbildung zu verbessern und junge rauen und Männer in ihren Ausbildungsberufen zu rdern. So erläutert der Wegweiser für Ausbilder pra isnahe Themen wie die Strukturierung der Ausbilung oder die Kommunikation mit dem Azubi. Darin eißt es: „So wie ein gutes Gericht ein Rezept benötigt, o benötigt gute Ausbildung strategische und struktulle Planung sowie Fachwissen.“ Auch der nationale Azubiwettbewerb, welcher von er DEHOGA ins Leben gerufen wurde und der uns jees Jahr einen deutschen Jugendendmeister in der Hollerie und Gastronomie kürt, zeigt einmal mehr das ngagement unserer Unternehmen für die Ausbildung nger Menschen. Bereits in drei großen Landesver änden der DEHOGA, beispielsweise in Bayern, urde das Projekt der Ausbildungsbotschafter ins Leen gerufen. Dieses Projekt bietet Ausbildern die Mögchkeit, ihr Wissen weiterzugeben und mit den Unterehmen vor Ort ihre Erfahrungen auszutauschen bzw. ilfestellung zu leisten. Dabei kommt unserem deutschen System der dualen usbildung, das heißt der praxisorientierten Arbeit im etrieb verbunden mit einer Berufsschule, eine entcheidende Bedeutung zu. Es ist wichtig, dass sich nge Menschen nach ihrem Schulabschluss neben der Heike Brehmer gebene Reden )





(A) )

Möglichkeit eines Studiums ebenso interessiert für eine
duale Ausbildung entscheiden. Nur so werden wir dau-
erhaft offene Lehrstellen besetzen und den Fachkräfte-
bedarf der einzelnen Branchen sichern können. Unsere
duale Ausbildung in Deutschland steht als Vorbild für
viele andere europäische Länder. Das zeigt die von der
Europäischen Kommission ins Leben gerufene Ausbil-
dungsallianz. Dazu haben Deutschland, Spanien,
Griechenland, Portugal, Italien, die Slowakei und
Lettland ein Memorandum zur Bildungskooperation
unterzeichnet, welches Maßnahmen zur Einführung
der beruflichen Bildung nach deutschem Vorbild vor-
sieht.

Am 3. Juni 2013 hat unsere Bundeskanzlerin
Dr. Angela Merkel verschiedene europäische Staats-
und Regierungschefs sowie die Arbeitsminister der
EU-Staaten zu einer Konferenz geladen, um die Be-
kämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in der EU zu dis-
kutieren. Unsere Bundesrepublik hat heute die zweit-
niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Dies ist
der nachhaltigen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik un-
serer unionsgeführten Bundesregierung zu verdanken.
Wir verfügen über ein umfangreiches Know-how bei
der Ausbildung junger Menschen. Das gilt auch für die
Ausbildung im Hotel- und Gaststättengewerbe.

Wir in der CDU/CSU wollen, dass wir dieses Know-
how in Zukunft verstärkt nutzen und die weltweit aner-
kannte duale Ausbildung im eigenen Land vorantrei-
ben. In Zukunft wird die nachhaltige Investition in die
Qualität der Ausbildung immer bedeutender werden,
um im nationalen und internationalen Wettbewerb zu
bestehen. Bei einer innovativen Branche wie dem
Gastgewerbe kommt es darauf an, stets für den Gast
interessant zu bleiben, neue gesellschaftliche Entwick-
lungen aufzugreifen und Traditionen zu pflegen und
weiterzuentwickeln. Wir müssen uns stets vor Augen
führen, um wen es bei der Frage der Ausbildung geht.
Es geht um Jugendliche und junge Erwachsene, denen
eine Ausbildung den Weg ins Berufsleben ebnet. Insbe-
sondere im Gastgewerbe sind der Arbeitsschutz und
die Arbeitszeiten wichtige Kriterien für diesen Start ins
Berufsleben.

In Ihrem Antrag fordert die Fraktion der SPD die
Bundesregierung auf – ich zitiere – „einen Gesetzent-
wurf vorzulegen, um die Kontrolle der Regelungen ge-
mäß Jugendarbeitsschutzgesetz, insbesondere in Be-
zug auf Arbeits- und Urlaubszeiten sowie den
Freizeitanspruch, wirksam durchzusetzen und Miss-
stände aufzudecken und zu sanktionieren“. Um das
aus dem Jahr 1976 stammende Jugendarbeitsschutz-
gesetz auf die Bedürfnisse unserer heutigen Zeit hin zu
prüfen, hat das Bundesministerium für Arbeit und So-
ziales auf Fachebene eine Bund-Länder-Arbeits-
gruppe eingesetzt. Im Abschlussbericht der Arbeits-
gruppe heißt es zum Thema Arbeitszeiten und
Arbeitsschutz: „Sowohl die Ergebnisse der For-
schungsprojekte als auch die Expertengespräche legen
den Schluss nahe, dass es in der Praxis Defizite in der
Umsetzung des Jugendarbeitsschutzgesetzes gibt, etwa

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(C (D Bezug auf die Vorschriften zur Dauer der Arbeitszeit nd zur Nachtruhe. Daher empfiehlt die Arbeitsruppe, dass sich die für den Vollzug des Jugendareitsschutzgesetzes zuständigen Länder mit dieser hematik weiter befassen.“ An dieser Stelle möchte ich an die Länder appellien, im Rahmen der Umsetzung des Jugendarbeits chutzgesetzes dafür zu sorgen, dass Jugendliche in ihn Ausbildungsberufen den ihnen zustehenden ugendschutz genießen. Neben den Aufsichtsbehörden er Länder sind aber vor allem die Ausbildungsbeiebe vor Ort gefordert, ihrer Verantwortung für die ehrlinge und Auszubildenden gerecht zu werden. Wir der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wollen, dass alle erantwortlichen Akteure gemeinsam Anstrengungen nternehmen, um mögliche Ausbildungshemmnisse bei en Unternehmern und den Auszubildenden abzuauen. Klar ist, die Auszubildenden von heute sind die achkräfte von morgen. Eine Ausbildung stellt die entcheidenden Weichen für die spätere Selbstständigkeit nd Verantwortung im Beruf. Eine praxisnahe und chlich fundierte Ausbildung bildet die Basis dafür, ass unser deutsches Hotelund Gaststättengewerbe uch in Zukunft über geeignetes Fachpersonal verfügt nd wettbewerbsfähig bleibt. Das ist nur möglich, wenn Politik und Wirtschaft emeinsam mit den Berufsbildungseinrichtungen an inem Strang ziehen. Nur so können wir in Zukunft auerhaft junge Leute dazu motivieren, sich für eine usbildung in einem Hotel oder einer Gaststätte zu beerben. Dies kann jedoch nur im konstruktiven Miteiander aller Beteiligten geschehen und darf nicht, wie Antrag der SPD gefordert, allein vom Staat gesteurt werden. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion lehnt en Antrag der Fraktion der SPD ab. Ich möchte mich abschließend dem Zitat unserer undeskanzlerin, Frau Dr. Angela Merkel, anschlieen, welche im April 2013 auf dem Kongress der CDU/ SU-Bundestagsfraktion „Fit für die Zukunft durch ute betriebliche Qualifikationen“ sagte: „Alle wollen ehr Wohlstand, alle arbeiten daran. Ich glaube, wir önnen es schaffen, mitzuhalten, aber wir dürfen nicht infach hocken bleiben, sondern wir müssen neugierig die Zukunft schauen.“ In diesen Tagen hören wir bei den Arbeitsmarktzah n wieder sehr oft: Der Tourismus belebt den Arbeitsarkt. Besonders in Küstenregionen – aber nicht nur – tützt sich der Aufschwung am Arbeitsmarkt auf den ourismus. Aber nicht nur, wenn gerade einmal wieder neue Areitsmarktzahlen veröffentlicht werden, zeigt sich: Der ourismus in Deutschland ist ein wesentlicher Wirtchaftsfaktor. Für das Jahr 2010 gab es in diesem Bereich eine ruttowertschöpfung in Höhe von rund 100 Milliarden Heike Brehmer gebene Reden )

Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1724421000




(A) )

Euro. Das entspricht 4,4 Prozent der Bruttowertschöp-
fung der deutschen Volkswirtschaft.

Und das sind nur die direkten Effekte. Nehmen wir
auch alle anderen Effekte hinzu, kommen wir auf eine
Bruttowertschöpfung von 214 Milliarden Euro. Das
entspricht rund 10 Prozent der gesamten bundesdeut-
schen Bruttowertschöpfung.

Diese Zahlen müssen auch der Bundesregierung be-
kannt sein. Sie stammen nämlich aus der Studie „Wirt-
schaftsfaktor Tourismus“. Herausgeber ist das Bun-
desministerium für Wirtschaft und Technologie.

Die Tourismusbranche ist für Deutschland demnach
sehr wichtig. Darin sind wir uns mit der Studie aus
dem Wirtschaftsministerium einig. Zu kurz kommt da-
bei aber: Wer hält diesen wichtigen Wirtschaftszweig
eigentlich am Laufen?

Allein im Hotel- und Gaststättengewerbe arbeiteten
im Jahr 2010 über 1,7 Millionen Menschen, sozusagen
direkt am Gast. Das sind 59 Prozent der im Tourismus
beschäftigten Menschen.

Deswegen ist es selbstverständlich, dass man für
diese Branche auch gute Bedingungen schafft, um
Nachwuchs zu begeistern. Und gerade hier gibt es eine
Riesenbaustelle.

Das Hotel- und Gaststättengewerbe steht personell
vor seiner vielleicht größten Herausforderung. Zum ei-
nen führt der demografische Wandel dazu, dass immer
weniger junge Menschen da sind, die ins Berufsleben
starten. Mit diesem Aspekt bezüglich des drohenden
Fachkräftemangels haben fast alle Branchen zu kämp-
fen – keine Frage.

Aber im Hotel- und Gaststättengewerbe haben wir
zum anderen deutlich verschärfte Bedingungen: Eine
Ausbildung in dieser Branche ist zurzeit leider wenig
attraktiv, und das, obwohl Deutschland immer häufi-
ger als Reiseland entdeckt wird, übrigens auch von den
Deutschen selbst. Rund 27 Prozent der Deutschen ma-
chen Urlaub im eigenen Land. Und gerade bei diesen
Urlauben scheint „das Geld locker zu sitzen“. Zumin-
dest ist eine sehr hohe Ausgabebereitschaft im Urlaub
in Deutschland zu verzeichnen.

Aber diesen Entwicklungen müssen gut ausgebil-
dete Fachkräfte im Hotel- und Gaststättenbereich ge-
genüberstehen. Und genau hier steuern wir in den
kommenden Jahren auf deutliche Probleme zu.

Schauen wir uns die Zahl der geschlossenen Ausbil-
dungsverträge an. Sechs gastgewerbliche Ausbil-
dungsberufe haben wir vom Koch über Restaurant-
oder Hotelfachmann bzw. -frau bis zur Hotelkauffrau
bzw. Hotelkaufmann.

Für das Jahr 2012 haben wir bei diesen sechs Aus-
bildungsberufen einen Rückgang bei den geschlosse-
nen Ausbildungsverträgen von 10,3 Prozent im Ver-
gleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Vergleicht man alle
IHK-Ausbildungsberufe, beträgt der Rückgang hier
vergleichsweise niedrige 2,8 Prozent.

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(C (D Im Jahr 2007 war es noch ganz gut um neue Auszuildende im Hotelund Gaststättengewerbe bestellt. Vergleich dazu haben wir bei den geschlossenen erträgen ein Minus von 36 Prozent. Bei allen anderen usbildungsberufen sind es im Schnitt rund 10 Proent. Allein die IHK-Statistiken zeigen bereits, dass bei iner Ausbildung im Hotelund Gaststättengewerbe twas nicht stimmt. Die Dramatik verdeutlicht sich, enn wir schauen, wie viele Ausbildungen vorzeitig nden. Der Berufsbildungsbericht 2013 spricht eine deutlihe und verheerende Sprache: 51 Prozent brachen ihre usbildung zum Restaurantfachmann bzw. zur -fachau ab. Bei der Ausbildung zur Köchin oder zum Koch aren es 49,9 Prozent. Angehende Fachkräfte im astgewerbe warfen zu 44 Prozent vorzeitig das andtuch. Hier muss man die Frage stellen: Warum kommt es u diesen Situationen? Wie würden Sie reagieren, wenn Ihre Tochter oder r Sohn sagt, dass sie oder er in der Gastronomie der Hotellerie arbeiten möchte? Würden Sie zuraten? uraten, in einer Branche zu arbeiten, in der niedrige öhne und Ausbildungsvergütungen bezahlt werden? inzu kommt, dass die Tarifbindungen in der Branche sgesamt eher schwach sind. Würden Sie zuraten, in einer Branche zu arbeiten, der man befürchten muss, trotz Arbeit arm und auf usätzliche Sozialleistungen angewiesen zu sein? Viele rbeitsplätze sind befristet – oftmals saisonal. Leihareit und Teilzeitarbeit sind weit verbreitet, ebenso die inijobs: Etwa jeder Dritte in der Branche wird ge ingfügig bezahlt. Ob er ingfügig arbeitet, ist mehr als fraglich. Das sind mit Sicherheit die Hauptkriterien, warum ie Zahl der geschlossenen Ausbildungsverträge sinkt. rotzdem gibt es Auszubildende, die aus Idealismus der Leidenschaft im Tourismus arbeiten wollen. Aber uch bei ihnen stellt sich dann oft der Frust ein: Frust ber häufige Wochenendarbeit und Überstunden, die icht mit Freizeit ausgeglichen werden. Frust über die ngenügende Vermittlung von Ausbildungsinhalten. rust auch bedingt dadurch, dass der Jugendarbeitschutz zu schlecht kontrolliert und durchgesetzt wird. Und genau an diesen Punkten setzt unser Antrag an. ie Bundesregierung muss hier aktiv werden. In vien Fällen nicht nur sie allein, aber sie muss oordinieren – Bund, Länder, Industrieund Handelsammern, DEHOGA und Gewerkschaften müssen endch an einen Tisch gebracht werden und an einem trang ziehen, damit der Fachkräftemangel nicht so roß wird und einer ganzen Branche das Wasser abräbt. Wir müssen gemeinsam ran an die niedrigen Ausbilungsvergütungen. Dazu brauchen wir nationale Aus Gabriele Hiller-Ohm gebene Reden )





(A) )

bildungsstandards, die eine Mindestausbildungsvergü-
tung nicht unterhalb der BAföG-Höchstsätze vorsieht.

Wir brauchen gesetzliche Regelungen, die bessere
Kontrollen und Regelungen zulassen, damit Miss-
stände bei Arbeits- und Urlaubszeiten und beim Frei-
zeitanspruch aus Überstunden nicht mehr vorkommen.

Genauso müssen Auszubildende vor Prüfungen
rechtzeitig freigestellt werden. Auch hier gibt es immer
wieder Missstände und zu knappe Fristen – auch für
eine angemessene Vorbereitungszeit der Prüflinge.

Die Ausbildungsberatung muss besser und transpa-
renter werden. Auszubildende brauchen niedrig-
schwellige Angebote und zentrale Ansprechpartner
vor Ort. Auch so können wir – neben effektiveren Kon-
trollen – Auszubildende vor schlechten oder ungenü-
genden Arbeitsbedingungen besser schützen.

Die Minijobs haben ihr Ziel weitgehend verfehlt –
auch im Hotel- und Gaststättengewerbe. Sie müssen
sehr stark eingedämmt werden.

Die Ausbildung, insbesondere im Hotel- und Gast-
stättengewerbe, muss noch mehr junge Menschen an-
sprechen. Dafür gilt es Hemmnisse abzubauen. Das
gilt für vorgeschaltete Qualifizierungsmaßnahmen wie
für Barrierefreiheit in Berufsschule und am Ausbil-
dungsort gleichermaßen. Integrationsbetrieben kommt
eine besondere Bedeutung dabei zu. Sie gilt es zu för-
dern.

Und auch wer seine Ausbildung abbricht, darf nicht
auf die Straße gesetzt werden. Auch hier muss qualifi-
ziert werden, damit Menschen auf dem ersten Arbeits-
markt eine Chance – manchmal auch eine zweite – be-
kommen können. Wir hatten dazu schon einmal für
begleitende Hilfen 200 Millionen Euro aus dem Bun-
deshaushalt gefordert. Mit unserem Antrag unterstrei-
chen wir diese Forderung noch einmal.

Zusammen mit den Ländern muss der Bund gemein-
same Standards für Leistung und Qualität von Schule
und Ausbildung sicherstellen. Darüber hinaus brau-
chen wir endlich einen Gesetzentwurf, der das völlig
unsinnige Kooperationsverbot in Bildungsfragen zwi-
schen Bund und Ländern aufhebt.

Außerdem müssen Ausbildung und Forschung bes-
ser voneinander profitieren. Auch hier sind Bund und
Länder gleichsam gefordert. Wissenschaftlichen Ein-
richtungen zur Ausbildung von touristischen Fach-
kräften fällt eine besondere Position zu. Sie gilt es aus
unserer Sicht strukturell und finanziell zu fördern. Un-
ser Ziel ist dabei, die Ausbildung und die Ausbildungs-
inhalte passgenauer an die aktuellen und sich abzeich-
nenden Bedürfnisse anzupassen.

Der Tourismus ist eine starke Branche. Sie kann
aber nur stark bleiben, wenn wir gut ausgebildete und
motivierte junge Fachkräfte jedes Jahr neu hinzube-
kommen.

Mit unseren Vorschlägen wollen wir das zu oft
schlechte Erscheinungsbild stoppen. Unser Ziel ist es,

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(C (D ebe Kolleginnen und Kollegen, wenn in ein paar Jahn Ihre Tochter oder Ihr Sohn sagt, dass sie oder er ine Ausbildung im Tourismusbereich machen möchte, ass Sie dann aus vollen Stücken zuraten können. Uner Antrag bietet dafür heute die Grundlage. Die Ausbildungssituation im Hotelund Gaststät ngewerbe ist derzeit eines der Sorgenkinder in der eruflichen Bildung. Um es gleich vorweg zu sagen: s geht nicht darum, ein ganze Branche zu verunlimpfen, aber leider steht es mit der Ausbildungssituaon nicht zum Besten. Das ist sehr bedauerlich, da esonders dieser Bereich den jungen Menschen grundätzlich gute Aufstiegschancen und Perspektiven eröffen kann. Kaum ein anderer Bereich bietet eigentlich erart gute Voraussetzungen, um international zu areiten und die Welt kennenzulernen. Dagegen wird der HoGa-Bereich mit ausbildungsemden Tätigkeiten, schlechter Entlohnung, nicht be ahlten Überstunden und nicht eingehaltenem Jugendchutz in Verbindung gebracht. Das bedeutet: Die ualität der Ausbildung im Hotelund Gaststättengeerbe lässt sehr zu wünschen übrig. Einer der Gradesser sind die Lösequoten bei den Ausbildungsverägen. Meine Kollegin Gabi Hiller-Ohm hat Ihnen ereits die aktuellen – erschreckend hohen – Zahlen enannt. Es lässt sich nicht leugnen: Der Hotelund aststättenbereich trägt die rote Laterne. Wir müssen n das Thema ran. Der SPD-Antrag zeigt dazu den richtigen Weg. enn am Ende geht es um zwei Dinge: Wir müssen den ngen Menschen, die sich für diesen Bereich interes ieren, eine qualifizierte Ausbildung mit vernünftigen erspektiven bieten. Gleichzeitig müssen wir vor dem intergrund der demografischen Entwicklung dazu eitragen, dass der Fachkräftebedarf für diese Branhe gesichert wird. Wir haben in Deutschland das Problem, dass der usbildungsmarkt stark von regionalen Disparitäten eprägt ist. Das macht sich auch im Hotelund Gasttättengewerbe bemerkbar. Das Verhältnis zwischen ngebot und Nachfrage sowie das sogenannte Mathing zwischen potenziellem Azubi und Unternehmen t nicht ausgewogen. Das geht so weit, dass in einigen eilen des Landes freie Ausbildungsplätze nicht besetzt erden können. Diese Tatsache ist umso erstaunlicher, als dass es irca 80 000 Markbenachteiligte gibt, die alle Vorausetzungen für den Start in eine Ausbildung erfüllen. eiterhin sind 280 000 Jugendliche im Übergangsbeich zwischen Schule und Beruf, von denen allerdings er Großteil über mindestens einen Hauptschulabchluss verfügt. Trotzdem werden diese Jugendlichen ls nicht ausbildungsreif diskriminiert. Wenn ich mir llerdings die Ausbildungsqualität in einigen Betrieen anschaue, frage ich mich, ob die Betriebe ausreihend ausbildungsreif sind. Gabriele Hiller-Ohm gebene Reden )

Willi Brase (SPD):
Rede ID: ID1724421100




(A) )

Die SPD will nicht nur gute Arbeit, sie will auch
gute Ausbildung als Einstieg in das Berufsleben. Ne-
ben vielen anderen Aspekten haben wir 2005 während
der rot-grünen Regierungszeit das Thema bei der Re-
form des Berufsbildungsgesetzes verankert. Durch die
Gesetzesnovellierung ist es den Berufsausbildungsaus-
schüssen bei den zuständigen Stellen übertragen wor-
den, die Qualität der dualen Ausbildung zu gewähr-
leisten und zu verbessern. Diese müssen ihre Aufgabe
kontinuierlich wahrnehmen. Außerdem wollen wir von
Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden getragene
branchenbezogene Ausbildungsfonds etablieren. Sie
tragen nicht nur zur Sicherung eines ausreichenden
Angebots von Ausbildungsplätzen bei, sondern garan-
tieren auch ein hohes Maß an Qualität.

Ein Beispiel zur Qualitätssicherung ist die Initiative
der IHK Siegen und des DGB Südwestfalen aus meiner
Heimat. Dort sind die Probleme im Hotel- und Gast-
stättenbereich selbstverständlich auch bekannt. Ge-
meinsam wurden Bausteine zur Verbesserung des gast-
gewerblichen Ausbildungsniveaus erarbeitet. Es ist ein
weiterer Beweis dafür, dass Ausbildungsmärkte regio-
nale Märkte sind.

Die IHK stellt für alle Ausbildungsbetriebe die auf
NRW-Ebene erarbeiteten inhaltlichen Mindestanfor-
derungen zu den einzelnen gastgewerblichen Ausbil-
dungsberufen ins Internet. In diesem Zusammenhang
wird noch einmal besonders auf die Bedeutung einer
ordnungsgemäßen Dokumentation hingewiesen. Das
Berichtsheft ist kein Buch der sieben Siegel, sondern
ein Tätigkeitsnachweis, der vom Betrieb kontrolliert
werden muss. Laut DGB-Ausbildungsreport gaben
35,5 Prozent der Auszubildenden an, dass sie ihr Be-
richtsheft trotz eindeutiger Regelungen nie während
der Arbeitszeit führen konnten.

Die Initiative hat noch weitere Bausteine verabre-
det. Vierteljährlich führen Ausbilder und Auszubil-
dende Feed-back-Gespräche. In einer Liste mit den
Mindestanforderungen werden dabei die vermittelten
Kenntnisse und Fertigkeiten von beiden Vertragspart-
nern abgezeichnet. Gut finde ich auch, dass weitere
Bereiche ins Visier genommen werden. So prüft die
IHK, inwieweit dem gestiegenen Beratungsbedarf der
Unternehmen aus dem HoGa-Bereich in der Erstaus-
bildung durch eine Verstärkung der eigenen Bera-
tungskapazitäten entsprochen werden kann. Des
Weiteren werden mit den Mitgliedern der Prüfungsaus-
schüsse Workshops für die Ausbildungsbetriebe ange-
boten.

Alles in allem zeigt sich, dass durch Kooperation
vor Ort und gutem Willen einiges im Sinne der jungen
Leute auf den Weg gebracht werden kann.


Horst Meierhofer (FDP):
Rede ID: ID1724421200

Ich teile mit der SPD die Freude darüber, dass die

Tourismusbranche in Deutschland erheblich wächst
und immer mehr an Bedeutung gewinnt. Ein Anteil an
der gesamten Bruttowertschöpfung in Höhe von
4,4 Prozent und 407,4 Millionen Übernachtungen aus

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Zu Protokoll ge

(C (D em Inund Ausland 2012 sind stolze Werte. Ebenfalls ile ich mit der SPD die Sorge über den bevorstehenen oder teilweise bereits vorhandenen Fachkräfteangel in der Hotelund Gaststättenbranche. Die ahl der Arbeitsplätze im Tourismus ist in den letzten ahren aufgrund des Booms der Branche natürlich getiegen. Der Anstieg betrug von 2007 auf 20012 ganze 7 Prozent. Das Interesse an einer Ausbildung im Touismusbereich sinkt hingegen. 2011/12 haben sich Prozent weniger Jugendliche bei der Bundesagentur r Arbeit für eine Ausbildung in Tourismus-, Hotel nd Gaststättenberufen interessiert. Konkret bleiben it 14 Prozent überdurchschnittlich viele Stellen unbe etzt. Bei so viel Übereinstimmung mit der SPD hat es ja st den Anschein, als ob ich mit dem Gedanken spien würde, eine sozialliberale Koalition aufleben zu ssen. Aber freuen Sie sich nicht zu früh, denn da uss ich Sie leider enttäuschen. Die vermeintliche armonie trügt! Ich stimme mit der SPD absolut nicht der Analyse der Lage überein. Ich denke vielmehr, ass die SPD hier eine Entwicklung, auf die die Politik enig Einfluss hat, für Stimmungsmache instrumentasiert. Zunächst einmal gehören übrigens nicht nur die lassischen Berufe im Hotelund Gaststättengewerbe ur Tourismusbranche, sondern auch Tätigkeiten wie ie des/der Reiseverkehrskaufmanns/-frau, Veranstalngskaufmanns/-frau etc. Der Antrag der SPD befasst ich aber ausschließlich mit der Hotelund Gaststätnbranche. Betrachtet man nämlich die ganze Bandreite der Jobs, die die Tourismuswirtschaft in eutschland trägt, ergibt sich ein differenziertes Bild: o steigt zum Beispiel das Interesse an Berufen im Beich Tourismus und Sport – 2011/12: plus 3 Prozent – nd im Veranstaltungsservice und -management; 011/12: plus 7 Prozent. Man muss also das gesamte ild betrachten, und das lässt erkennen, dass an Ausildungen in der Tourismusbranche teilweise auch iel Interesse besteht. Das heißt, dass die Branche eientlich gute Perspektiven haben könnte. Nehmen wir aber einfach auch mal den eingechränkten Blickwinkel der SPD ein und beschränken ns nur auf die Ausbildungsberufe im Hotelund Gasttättengewerbe. Das fehlende Interesse an einer Ausbildung im Holund Gaststättengewerbe ist ein allseits bekanntes roblem. Ein ausschlaggebender Grund für den fehnden Nachwuchs ist der demografische Wandel. Die chwindende Anzahl an jungen Menschen ist verbunen mit der Tatsache, dass sich immer mehr für ein tudium entscheiden statt für einen Ausbildungsberuf. Dazu kommt, dass sich die Branchen im Industrieereich in den Jahren zuvor zurückgehalten haben mit em Werben von Auszubildenden. Dies hat sich geänert, der Industriebereich ist wieder oben auf und irbt verstärkt um Auszubildende. Das hat den Wettbeerb um die Jugendlichen verstärkt. Willi Brase gebene Reden )





(A) )

Dienstleistungsberufen im Hotel- und Gaststätten-
gewerbe haftet ein schlechtes Image an: schwierige
Arbeitszeiten, harte Arbeit, relativ niedrige Gehälter
und oftmals raue Umgangsformen. Da ist es keine
Überraschung, dass sich die jungen Leute heute, wo
sie dank der tollen Wirtschaftslage eine breit gefä-
cherte Auswahl an attraktiven Berufen haben, eher ge-
gen den Weg in das Hotel und Gaststättengewerbe ent-
scheiden. Hier ist es aber vornehmlich an der Branche
selbst, attraktiv für den Nachwuchs zu sein. Den wach-
senden Tourismus in Deutschland lässt die Branche
wachsen. Die gute Wirtschaftslage führt zu einem hö-
heren Angebot an Arbeitsplätzen. Ich sehe hier das
Hotel- und Gastgewerbe im Zugzwang, aktiv zu wer-
den und sich im Wettbewerb mit anderen Ausbildungs-
stätten als gute Alternative zu behaupten und seinen
Nachwuchs zu sichern. Der DEHOGA hat sich dieser
Aufgabe hier auch bereits in seinem Zehn-Punkte-
Maßnahmenplan von 2011 gewidmet. So will er darin
unter anderem die Ausbildungsqualität verbessern,
bessere Perspektiven für die Auszubildenden entwi-
ckeln, Weichen in den Tarifverträgen stellen, die Ge-
staltung der Information über die Ausbildungen und
den Zugang dazu optimieren, Fortbildungsmöglichkei-
ten verbessern. Das ist schon einmal ein Anfang, aber
sicherlich noch nicht ausreichend.

So viel Kritik gegenüber der Branche sei erlaubt:
Die Werbung um die jüngeren Menschen muss erfolg-
reicher werden. Es gibt doch viele Positivbeispiele:
Betriebe, die viel verlangen von ihren Nachwuchskräf-
ten, diesen aber auch ein großes Entwicklungspoten-
zial zutrauen. Ohne gute Auszubildende fehlen die
Fachkräfte von morgen.

Dieser Impuls muss aus der Branche selbst kom-
men. Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für Über-
nachtungen war gerade auch als Impuls gedacht. In-
vestitionen wurden getätigt, vielleicht aber teilweise
noch zu wenig in die Mitarbeiter.

Dass die Politik das von oben verhindern kann, ist
ein frommer Wunsch, erfolgreich sein wird er nicht.
Deshalb geht der Antrag der SPD im Ergebnis leider
am Problem vorbei.


Agnes Alpers (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724421300

Als Wahlgeschenk wurde 2009 die Mehrwertsteuer

im Hotelbereich gesenkt. Mit diesem Milliardenge-
schenk wollte das Hotel- und Gaststättengewerbe auch
die Situation in der Ausbildung verbessern.

Ich wollte 2010 wissen: Was genau hat sich getan?
In meinem Bundesland Bremen habe ich die Qualität
und Zufriedenheit in Ausbildungen des Hotel- und
Gaststättengewerbes unter die Lupe genommen. Aus-
zubildende wurden befragt, aber auch die Sichtweisen
der Gewerkschaft NGG, des Deutschen Hotel- und
Gaststättenverbandes und der Handelskammer Bre-
men aufgenommen. Heraus kam eine Broschüre mit
folgenden Ergebnissen:

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(C (D Für den hohen Arbeitsaufwand empfanden 60 Proent der Auszubildenden die Ausbildungsvergütung als u gering. Mehr als 60 Prozent der Auszubildenden ussten regelmäßig Überstunden leisten. Mehr als wei Drittel mussten nach der Schule und an den Wohenenden, vor einem Blockunterricht in der Schule, rbeiten. Mehr als ein Drittel verübten ausbildungsemde Tätigkeiten. Über 40 Prozent gaben an, dass ie Vorgaben aus dem Ausbildungsrahmenplan nicht ingehalten wurden. Ich könnte diese Liste fortführen. akt ist: Aufgrund der Bedingungen würden 57 Proent der Befragten den Beruf nicht noch einmal ergrein. Meine Damen und Herren von CDU/CSU und FDP, h sage Ihnen: Statt milliardenschwere Wahlge chenke zu verteilen, hätten Sie sich längst für die Veresserung der Ausbildungsqualität in der Hotelund aststättenbranche einsetzen müssen. Die Branche klagt, dass sie ihre Ausbildungsstellen icht besetzen kann. Auch der Berufsbildungsbericht 013 bestätigt das: Platz eins bei den unbesetzten Ausildungsstellen: Restaurantfachfrau/-mann, Platz wei: Fachfrau/-mann für Systemgastronomie. Es folen die Fachkraft im Gastgewerbe, Hotelkauffrau/ann und Koch/Köchin. Wer durch geringe Qualität und prekäre Arbeit nach er Ausbildung glänzt, muss sich nicht darüber wunern, dass die Stellen nicht besetzt werden. Und Sie, eine Damen und Herren von der CDU/CSU und DP, hören Sie endlich auf, diese unbesetzten Stellen u instrumentalisieren, um ständig einen allgemeinen achkräftemangel heraufzubeschwören! Ich sage es deutlich: Das sind in dieser Branche eine Einzelfälle. Es wird Ihnen Jahr für Jahr im Beufsbildungsbericht und im Ausbildungsreport des GB bestätigt: Die Berufe des Hotelund Gastgeweres gehören zu den Berufen mit den höchsten Vertragsuflösungen und Ausbildungsabbrüchen. Deshalb üssen wir endlich umschalten: Gut ausbilden, statt uszubeuten, und Zukunft im Beruf sichern, statt preäre Arbeit auszuweiten. Als Linke fordern wir: Erstens. Der Jugendarbeitsschutz und das Arbeitseitgesetz müssen eingehalten und ausgebaut werden. iele Auszubildende sind über 18 Jahre alt; deshalb uss für alle Auszubildenden gelten: keine Überstunen, denn Lehrzeit ist Lernzeit. Nach der Schule und n Wochenenden vor dem Blockunterricht wird nicht Betrieb gearbeitet. Junge Menschen brauchen Zeit, m sich in Ruhe auf die Schule vorzubereiten und um amilie und Freunde zu sehen. Zweitens. Die Ausbildungsvergütung muss hoch geug sein, um den Schritt in ein selbstständiges Leben u gestalten. Hier begrüße ich ganz ausdrücklich die orderung der SPD nach einer Mindestausbildungsergütung. Horst Meierhofer gebene Reden )





(A) )

Drittens. Die Qualität der Ausbildung muss gesi-
chert werden. Zeit zum Lernen, die hohe fachliche
Qualität der Ausbilderinnen und Ausbilder, die Einhal-
tung der Ausbildungsrahmenpläne, aber auch eine
gute Ausstattung der Berufsschulen sind die Grund-
lage, um allen eine gute Ausbildung mit Perspektiven
zu sichern.

Viertens. Nach der Ausbildung muss die Übernahme
in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit gu-
ten Tarifen gesichert sein. Es muss Schluss damit sein,
dass nur 14 Prozent der Auszubildenden im Gastge-
werbe übernommen wurden. Das veröffentlichte 2011
der Deutsche Industrie- und Handelskammertag. Und
es muss endlich Schluss sein mit Minijobs und anderen
prekären Arbeitsverhältnissen.

Prinzipiell gilt: Menschen mit Behinderung dürfen
nicht von Ausbildung ausgegrenzt werden. Das darf
sich eine inklusive Gesellschaft nicht leisten.

Ich habe 16 Jahre im Berufsbildungswerk Bremen
gearbeitet, wo Menschen mit Behinderungen ausgebil-
det werden, auch in Berufen des Hotel- und Gaststät-
tengewerbes. Sie benötigen individuelle Unterstützung
in der Schule, eine hohe Qualität in der Praxis und die
gleichwertige Chance, eine Ausbildung und danach
eine gute Arbeit zu erhalten. Deshalb sollte nicht nur
der Zugang zu Hotels und Restaurants barrierefrei
sein, sondern wir müssen auch die Barrieren und Aus-
grenzungen in den Köpfen abbauen. Konkret heißt das:
Wir müssen das Recht auf Ausbildung umsetzen, und
zwar für alle.


Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724421400

Die Arbeits- und Ausbildungsbedingungen in der

Tourismuswirtschaft sind eindeutig verbesserungswür-
dig. Zuletzt haben wir gestern im Tourismusausschuss
mit Bundesagentur-für-Arbeit-Vorstand Raimund
Becker darüber diskutiert, und dabei sind erneut Zah-
len genannt worden, die meine Skepsis über die Bedin-
gungen in großen Teilen der Branche bestätigt haben.
Alleine die Tatsache, dass von den rund 1,9 Millionen
Beschäftigten in der engeren Tourismusbranche nur
rund die Hälfte sozialversicherungspflichtig sind,
sollte uns mehr als nachdenklich machen.

Im Gesamtranking der 25 meistgewählten Ausbil-
dungsberufe im DGB-Ausbildungsreport belegen die
Ausbildungen „Hotelfachmann/-frau“ und „Restau-
rantfachmann/-frau“ die letzten beiden Plätze. Als
Gründe hierfür werden unter anderem harte Arbeit,
viele Überstunden ohne Lohn- oder Freizeitausgleich
und ein enormer Druck von Ausbildern und Kunden
ohne ausreichende fachliche Anleitung genannt.

Wir haben als Grüne das Thema schon vor mehr als
einem Jahr, im März 2012, auf die Agenda genommen
und in einem Fachgespräch mit Auszubildenden und
Praktikern debattiert, was man tun kann, um diese
Problematik konstruktiv anzugehen. Das ist nicht nur
im Interesse der Beschäftigten, sondern auch und vor
allem im Interesse der Unternehmen in diesem Wirt-

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(C (D chaftszweig. Vor dem Hintergrund sich verändernder rbeitsmärkte ist es doch oberstes Gebot, gut ausgeildetes Fachpersonal zu halten, neues auszubilden nd damit ein hohes qualitatives Niveau in der tourisschen Angebotskette zu garantieren. Durch Verändeungen auch der demografischen Strukturen werden ir in den kommenden Jahren einen Arbeitsmarkt beommen, der die Bedürfnisse des Arbeitnehmers stärer in den Mittelpunkt rücken muss. Deshalb müssen wir die Nachwuchsgewinnung veressern. Die Realität spricht aber eine andere Sprahe: Die neu begonnenen Ausbildungsverhältnisse in er Tourismuswirtschaft sind im Jahr 2009 gegenüber 008 um insgesamt 9,1 Prozent zurückgegangen, und ie Vertragslösungsquoten durch Auszubildende lieen deutlich über dem Durchschnitt. Bisher hat die undesregierung noch keine erkennbaren Schritte unrnommen, um diese Situation zu verbessern. Im Geenteil: Im Koalitionsvertrag ist festgeschrieben, dass ie Ausbildungshemmnisse durch ein flexibleres Juendarbeitsschutzgesetz abbauen wollen. Wir wollen, dass die Arbeitsbedingungen in der ourismusbranche wieder attraktiver werden, ohne ass der Arbeitsschutz für Jugendliche abgebaut wird. ngesichts eines permanent steigenden Fachkräfteangels ist dies auch aus ökonomischer Sicht notwenig. Deshalb muss sich die Qualität der Ausbildungen „Holfachmann/-frau“ und „Restaurantfachmann/-frau“ erbessern. Im Gesamtranking der 25 meistgewählten Ausbilungsberufe im DGB-Ausbildungsreport belegen die usbildungen „Hotelfachmann/-frau“ und „Restauantfachmann/-frau“ die letzten beiden Plätze. Das piegelt sich auch in den einzelnen Bewertungen im usbildungsreport wider. Gründe: Harte Arbeit, peranent viele Überstunden, ein oftmals rauer Ton und er Eindruck, ausgenutzt zu werden, hinterlassen bei ielen Auszubildenden in dieser Branche ein Gefühl er Enttäuschung. Die in aller Regel noch jugendlihen Auszubildenden sind dem enormen Druck von usbildern und Kunden teilweise rücksichtslos ausgeetzt. Wenige Lehrinhalte, dafür aber eine hohe Areitsintensität führen dabei bei so manchen zu körperchen und geistigen Erschöpfungszuständen, wie der GB-Ausbildungsreport bescheinigt. Ein weiteres Problem und auch Symptom der chwierigen Arbeitsund Ausbildungsbedingungen ist ie außerordentlich hohe Vertragslösungsquote in iesem Bereich. Die Berufe des Hotelund Gaststätngewerbes wiesen zum Beispiel im Jahr 2008 verleichsweise höhere Vertragslösungsquoten durch die uszubildenden auf. Der DGB-Ausbildungsreport 2010 hat bestätigt, ass die hohen Abbrecherquoten bei den gastronomichen Ausbildungsberufen insbesondere auf die chlechten Ausbildungsbedingungen zurückzuführen Agnes Alpers gebene Reden Markus Tressel )








(A) )

sind. Nach den Ergebnissen des IAB-Betriebspanels
2009 liegt die Übernahmequote der jugendlichen und
erwachsenen Ausbildungsabsolventen durch den Aus-
bildungsbetrieb im bundesweiten Durchschnitt aller
Branchen bei 57 Prozent. Im Gastgewerbe werden we-
niger als die Hälfte der Ausbildungsabsolventen über-
nommen (38 Prozent). Das bedeutet, dass wir die
Abbrecherquote deutlich reduzieren und die Übernah-
mequote erhöhen müssen.

Um das zu erreichen, müssen wir uns doch zunächst
einmal für faire Arbeitsbedingungen und gegen den
Abbau von sozialversicherungspflichtigen Beschäfti-
gungsverhältnissen einsetzen. 50 Prozent der Beschäf-
tigten einer Branche in Minijobs, das ist kein Aushän-
geschild, wenn es darum geht, Menschen für die Arbeit
in dieser Branche zu begeistern. Da ist die Altersarmut
doch vorprogrammiert. Wir brauchen Begeisterungs-
fähigkeit für die Arbeit mit unseren Gästen und keine
prekären Arbeitsverhältnisse.

Und genau aus diesem Grund müssen wir auch
verhindern, dass der Jugendarbeitsschutz sukzessive
aufgeweicht wird, wie es die Koalitionsfraktionen in
ihrem Koalitionsvertrag ja als sogenannte Flexibilisie-
rung des Jugendarbeitsschutzes im Bereich der Ausbil-
dungen im Hotel- und Gaststättengewerbe angekün-
digt haben.

Schon heute nehmen viele Arbeitsgeber es nicht so
genau damit. Studien deuten darauf hin, dass es in der
Ausbildungs- und Arbeitspraxis zu zahlreichen Verstö-
ßen gegen das geltende Jugendarbeitsschutzgesetz
kommt. Im Hotel- und Gaststättengewerbe leisten etwa
zwei Drittel der Auszubildenden Überstunden. Des-
halb müssen Gewerbeaufsichtsämter und Kammern
ihre Kontrollfunktion endlich stärker wahrnehmen und
muss die Bundesregierung die Finger lassen von einer
Novellierung des Jugendarbeitsschutzes, die einer
weiteren Ausbeutung Tür und Tor öffnet.

Und zum guten Schluss: Auch in der Tourismus-
branche gilt, was in allen anderen Wirtschaftszweigen
gilt: Wer hart arbeitet, muss auch gut entlohnt werden!
Das Versprechen der Branche, den zusätzlichen Vertei-
lungsspielraum durch die Reduzierung der Mehrwert-
steuer zu einem erheblichen Teil dazu zu nutzen, das
Entgeltniveau deutlich anzuheben und zusätzliche
Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu schaffen, wurde laut
NGG Branchenreport nicht eingehalten. Das Thema
Mindestlohn ist deshalb auch hier ein drängendes, das
wir nach der Bundestagswahl mit Nachdruck angehen
werden.

Insgesamt kann man festhalten: Die Tourismusin-
dustrie ist in Deutschland von so großer Wichtigkeit,
dass uns die absehbaren Schwierigkeiten bei der Ge-
winnung von qualifiziertem Fachpersonal nicht kalt-
lassen können, von der sozialen Situation vieler Be-
schäftigter ganz zu schweigen. Die Bundesregierung
hat auch hier wieder eine Wahlperiode verschlafen.

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(C (D Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/13549 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 42 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu dem Antrag der Abgeordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Meeresforschung stärken – Potentiale ausschöpfen und Innovationen fördern – Drucksachen 17/9745, 17/13699 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Philipp Murmann René Röspel Dr. Martin Neumann Dr. Petra Sitte Krista Sager Die Reden gehen zu Protokoll. Der Antrag der SPD-Fraktion beschreibt über meh re Seiten durchaus präzise die Rolle und Bedeutung er Meeresforschung in und für Deutschland. Dabei tellt die SPD zu Recht fest, dass Deutschland im Beich der Meeresforschung gut aufgestellt ist. Ange ichts dieser sehr gut getroffenen Zustandsbeschreiung der Meeresforschung in Deutschland wird eutlich, warum der vorliegende Antrag nur mit weihen Forderungen aufwartet. Die SPD fordert von der undesregierung etwa eine Roadmap zur Stärkung der eeresforschung, ein Konzept zur internationalen ichtbarkeit, mehr Profilschärfung und Vernetzung, ine Landkarte und mehr Forschung zu sozialethichen Fragen der Meeresforschung. Um es gleich voregzunehmen: Dies alles ist bereits in Arbeit oder in lanung. Die Koalition wird die von der SPD gesucht irkenden Forderungen deshalb in Gänze ablehnen. Ich will Ihnen natürlich nicht vorenthalten, warum ir dies tun. Die Forderungen der SPD nach einer oadmap und einer stärkeren Vernetzung zwischen ochschulen, Forschungseinrichtungen und Wirt chaft sind durch das BMBF-Rahmenprogramm „Forchung für nachhaltige Entwicklungen“, FONA, umesetzt bzw. durch das Nachfolgerahmenprogramm ab 015 in Planung. Neben FONA bildet die Hightechtrategie mit dem Bedarfsfeld Klima/Energie den geeinsamen programmatischen Rahmen für die Aktiviten des BMBF im Bereich der Meeresforschung. Auch an der geforderten Konzeption zur Stärkung er internationalen Sichtbarkeit, der Forschungsooperationen und der Forschungsinfrastruktur wird ereits gearbeitet. So erarbeitet das BMBF in Zusam )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724421500
Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1724421600

(A) )

menarbeit mit dem Konsortium Deutsche Meeresfor-
schung, KDM, und den Ländern derzeit eine For-
schungsprogrammatik für die nächste Dekade im
Rahmen eines Agendaprozesses „Nationale Plattform
Küste“ mit dem Ziel, eine übergeordnete Klammer
zwischen Meeresforschung, Küsteningenieurwesen
und relevanten landbezogenen Forschungsarbeiten
unter Berücksichtigung internationaler Aktivitäten
darzustellen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die
zwischen Bund und dem Land Schleswig-Holstein zu
Beginn der Legislaturperiode vereinbarte Überleitung
des IFM-GEOMAR in die Helmholtz-Gemeinschaft
zum 1. Januar 2012 eine deutliche Stärkung der Mee-
resforschung in Deutschland bedeutet. Künftig wird
dem Bund hierdurch ermöglicht, die Meeresforschung
finanziell und strategisch zu stärken. So können Infra-
strukturen synergetisch genutzt, vorhandene Kompe-
tenzen gebündelt und Kooperationen zwischen dem
GEOMAR und den am Forschungsbereich „Erde und
Umwelt“ beteiligten HGF-Einrichtungen, WGL-Insti-
tuten sowie weiteren nationalen und internationalen
Partnern intensiviert werden.

Auch die Verstärkung von Transferprojekten zwi-
schen Meeresforschung und Wirtschaft, als Beitrag zur
Lösung großer Zukunftsherausforderungen, wurde
durch die Bundesregierung längst angepackt. Mit dem
Nationalen Masterplan Maritime Technologien,
NMMT, hat die Bundesregierung ein strategisches In-
strument für eine zielgerichtete, abstimmte und zusam-
menhängende Meerestechnik entwickelt. Ziel des
NMMT ist es, einen Prozess anzustoßen, der die natio-
nalen Kräfte in den maritimen Technologien bündelt,
Forschung und Wirtschaft noch enger zusammen-
bringt und die Wahrnehmung der Meerestechnik als
Branche mit großem Zukunftspotenzial in der Öffent-
lichkeit stärkt. Denn von der Rohstoffversorgung bis
zur Ernährung der Menschheit ist das Meer auch zu-
künftig eine wichtige Quelle, deren Nutzbarmachung
ein breites Spektrum an Meerestechnik und maritimen
Technologien notwendig macht. Das BMWi stellt im
aktuellen Haushalt rund 32,3 Millionen Euro im Titel
„Maritime Technologien“ zur Verfügung. Für die
Meerestechnik stehen davon 13,2 Millionen zur Verfü-
gung. In dieser Legislaturperiode hat die Bundesregie-
rung für die maritimen Technologien insgesamt rund
120 Millionen Euro verausgabt. Gegenüber dem Jahr
2009 wurden die Mittel um über 25 Prozent gesteigert.
Im letzten rot-grünen Haushalt 2005 wurden die mari-
timen Technologien lediglich mit 17 Millionen Euro
gefördert, darunter die Meerestechnik mit spärlichen
3,8 Millionen Euro. Die Fakten sprechen eine deutli-
che Sprache: Die meerestechnische Industrie wurde
seit Regierungsbeteiligung der Union kontinuierlich
gestärkt und wird auch weiterhin eine angemessene
Unterstützung erfahren. Schaufensteranträge der SPD
wirken vor diesem Hintergrund geradezu grotesk, da
hier einmal mehr die Lücke zwischen Anspruch und
Wirklichkeit sozialdemokratischer Politik offenbart
wird.

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Zu Protokoll ge

(C (D Die Forderung nach neuen Fördermaßnahmen insesondere zur Entwicklung von neuen Technologien um Einsatz in extremen Umweltbedingungen wird urch die Fortschreibung des NMMT abgedeckt. So urden bei der diesjährigen Achten Maritimen Konfenz innerhalb des Workshops „Versorgungssicherheit urch maritime Technologien – Energie, Rohstoffe und ahrungsmittel aus dem Meer“ Handlungsempfehlunen zu der strategischen Ausrichtung des NMMT, der tärkung der Förderinstrumente oder auch der Intenivierung einzelner Anwendungsfelder erarbeitet. An iesem Workshop haben im Übrigen auch Vertreter des MBF teilgenommen. Eine besondere Stärkung hat die deutsche Meeresrschung in dieser Legislaturperiode durch den Be chluss des Haushaltsausschusses zu einer Gesamtchiffsstrategie im Mai 2012 erfahren, durch den für ie Erneuerung und den Ausbau der deutschen Forchungsflotte in den nächsten Jahren ein finanzielles olumen von 845 Millionen Euro vorgesehen worden t. Für diese Gesamtschiffsstrategie dienten die Ge amtempfehlungen des Wissenschaftsrates als Grundge. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass der Wissen chaftsrat in seinen Empfehlungen hervorgehoben hat, ass Deutschland eines der führenden Länder in der rforschung der globalen Ozeane und ihrer Randgeiete ist. Die Erneuerung der Flotte mit Nachfolgebaun betrifft in dieser Dekade vier der derzeit acht hoch eetauglichen Forschungsschiffe. Der erste in Auftrag egebene Nachfolgebau, die FS „Sonne“ – die die 4 Jahre alte Vorgängerin ablösen soll – wurde April dieses Jahres auf Kiel gelegt. Das Schiff soll nfang 2015 an die Wissenschaft übergeben werden. it Einsatz im Indischen und Pazifischen Ozean soll ie FS „Sonne“ dazu beitragen, relevante Forchungsfragen hinsichtlich des Klimawandels, der ersorgung mit Rohstoffen aus dem Meer und der Folen des Eingreifens in die Ökosysteme zu beantworten. is zum Ende dieser Dekade wird das BMBF die weiren Forschungsschiffsbauten „Polarstern“, „Poseion“ und „Meteor“ beauftragen. Damit deckt die alette der Forschungsschiffsneubauten alle Forchungsbereiche ab, in denen Deutschland eine Fühungsrolle innehat. Im Zusammenhang mit dem Neubau der FS „Polartern“ hatte der Wissenschaftsrat angesichts der sich eschleunigenden Klimaveränderungen in den Polargionen angeregt, die jetzige „Polarstern“ für drei is fünf Jahre parallel zum Nachfolgebau zu betreiben, m an Arktis und Antarktis gleichzeitig zu forschen. us Kosten und Kapazitätsgesichtspunkten ist dieser orschlag nicht in die Gesamtschiffsstrategie der Bunesregierung aufgenommen worden, zumal sich eine ternationale Kostenbeteiligung derzeit nicht ab eichnet. Daher ist vorgesehen, den jetzigen Forchungseisbrecher „Polarstern“ möglichst zu veraufen, wenn der Nachfolgebau der Wissenschaft bergeben worden ist. Eine kleine Randnotiz: In der itzung des Haushaltsausschusses am 9. Mai 2012 hat er Kollege Hagemann an dieser Entscheidung der Eckhardt Rehberg gebene Reden )





(A) )

Bundesregierung keinerlei Kritik geübt. Das spricht
Bände!

Zu den Forderungen von Herrn Röspel und seinen
Kollegen, den ethischen, rechtlichen und sozialen Fra-
gen einer verstärkten Nutzung der Meere und Küsten
in der Meeresforschung eine größere Rolle beizumes-
sen und die Begleitforschung und Folgenabschätzun-
gen zu unterstützen, möchte ich auf das internationale
Nagoya-Protokoll verweisen, welches auf einen völ-
kerrechtlichen Rahmen für den Zugang zu biologi-
schen Ressourcen und einen gerechten Vorteilsaus-
gleich zugunsten der Ursprungsländer abzielt. Die
EU-Kommission hat kürzlich einen Entwurf zur Um-
setzung des Nagoya-Protokolls vorgelegt, der zurzeit
mit den Mitgliedstaaten verhandelt wird. Die Feder-
führung liegt hier beim BMU. Was die Begleitfor-
schung der ethischen, rechtlichen und sozialen Fragen
der Meeresforschung angeht, so bleibt festzustellen,
dass diese Aspekte in den modernen Lebenswissen-
schaften sowie in der Biotechnologie seit 1997 vom
BMBF gefördert und diese Förderbekanntmachungen
in der Vielzahl themenoffen ausgeschrieben werden.
Auch wenn Forschungsprojekte mit direktem Bezug
zur Meeresforschung bislang nicht im BMBF gefördert
wurden, so sind Projekte mit den beschriebenen Fra-
gestellungen grundsätzlich förderfähig.

Nächster Griff der SPD in die Mottenkiste: Die
Bundesregierung soll die marine Biotechnologie als
innovatives Forschungsfeld stärken und sichtbarer
machen. Die marine Biotechnologie wurde vom BMBF
im Rahmen eines eigenen Förderschwerpunktes von
1998 bis 2008 mit 20 Millionen Euro unterstützt. Trotz
Einbindung der pharmazeutischen Industrie, die sich
mit erheblichem Eigenmitteleinsatz beteiligt hat, konn-
ten keine neuen Wirkstoffe bis zur Marktreife geführt
werden. Die identifizierten Wirkstoffe unterschieden
sich in großen Teilen nicht wesentlich von bereits be-
kannten Verbindungen, sodass geschlussfolgert wer-
den konnte, dass im Bereich der Naturstoffforschung
nicht in terrestrische und marine Biotechnologie un-
terschieden werden sollte.

Des Weiteren wird die Bundesregierung aufgefor-
dert, mit den Bundesländern und der EU-Kommission
ein abgestimmtes Forschungsprogramm für die biolo-
gische Taxonomie des Lebens zu initiieren. Auch hier
rennen Sie offene Türen ein, meine Damen und Herren
von der SPD. Das BMBF unterstützt diese Taxonomie
bereits im Rahmen des Programms „Forschung für
nachhaltige Entwicklungen“. So wurden Bestandsauf-
nahmen bei Fahrten der deutschen Forschungsschiffe
durchgeführt und damit ein wichtiger Beitrag zum
„Census of marine Life“ geleistet. Daneben wurde die
Entwicklung moderner molekularbiologischer Verfah-
ren zur Artbestimmung gefördert. Das Alfred-
Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung,
AWI, in Bremerhaven, welches im Übrigen neben dem
IFM GEOMAR oder dem Marum an der Universität
Bremen eines der weltweit angesehensten Meeresfor-
schungseinrichtungen ist, beteiligt sich aktiv an einer

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(C (D uropaweiten und von der EU unterstützten Initiative ur Koordination mariner Infrastrukturen zur Ausund eiterbildung von Wissenschaftlern und Studenten im ereich mariner Biodiversität. Im Rahmen der euroäischen Joint-Programming-Initiative „Healthy and roductive Seas and Oceans“ werden der Erhalt der iodiversität und die Entwicklung der für die Umweltberwachung erforderlichen Infrastrukturen (Datenanken)


Auch im Hinblick auf das EU-Forschungspro-
ramm „Horizont 2020“ hat die Bundesregierung mit
er BMBF-Fachstrategie „Umwelt und Nachhaltig-
eit“ eine strategische Orientierung für die aus deut-
cher Sicht gewünschte Zusammenarbeit in der Mee-
sforschung auf europäischer Ebene.
Zusammenfassend können wir also festhalten, dass

ie deutsche Meeresforschung heute und für die Zu-
unft gut aufgestellt ist und bereits hervorragend inter-
ational vernetzt ist. Die Forderungen der SPD-Frak-
on sind insbesondere durch die Programme im
MBF und BMWi umgesetzt oder befinden sich aktuell
Planung. Daher werden wir den Antrag der SPD ab-
hnen.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1724421700

Sie wissen sicherlich alle, dass circa 70 Prozent der

rde von Wasser bedeckt sind. Aber ist Ihnen auch be-
annt, dass man davon ausgeht, dass der größte Teil
er dort lebenden Organismen bisher noch nicht ent-
eckt, beschrieben oder katalogisiert worden ist? Und
er, glauben Sie, hat eine der wichtigsten Forschungs-
otten der Welt? Ja, genau, Deutschland. Denn trotz
nserer eher überschaubaren Küste sind wir eine
ahre Forschungs-Seefahrernation. Unsere For-

chungsschiffe finden sich auf allen Meeren zwischen
rktis und Antarktis, und ihre Arbeit ist weltweit hoch
ngesehen.

Fast alle von uns haben sicherlich schon einmal
om Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven oder dem
M-Geomar in Kiel gehört. Aber auch an vielen weite-
n deutschen außeruniversitären Forschungseinrich-
ngen, wie zum Beispiel dem Max-Planck-Institut für
eteorologie in Hamburg oder dem Leibniz-Institut
r Ostseeforschung in Warnemünde, bzw. an vielen
niversitäten wie der Jacobs University Bremen oder
er Universität Oldenburg leisten Wissenschaftlerin-
en und Wissenschaftler großartige Meeresforschung.

Unter Meeresforschung summieren sich verschie-
enste Fachbereiche, die Meeresbiologie genauso wie
ozialwissenschaftliche oder ingenieurwissenschaftli-
he Fächer. Denn beim Thema Meer geht es eben nicht
llein um das „nasse Element“ und seine Bewohner,
ondern auch um das Leben der Küstenbevölkerung,
eue ökologischere Schiffstechnologien, völkerrechtli-
he Fragen oder die Rolle des Meeres für unser Klima.
ft sind die Ergebnisse nicht nur für die Bewohnerin-
en und Bewohner der Küstengebiete wichtig, sondern
r alle Bürgerinnen und Bürger, unabhängig davon,
ie weit vom Meer entfernt sie leben. Denn immer




Eckhardt Rehberg
gebene Reden


(A) )


)(B)

mehr gesellschaftliche Herausforderungen hängen mit
Lösungsnotwendigkeiten aus den Meereswissenschaf-
ten zusammen. Ich denke da nur an die Energiefrage
und den Bau von Windparks auf dem offenen Meer
oder maritime Strömungsdaten zum besseren Ver-
ständnis unseres Klimas. In einem kurzen Video habe
ich übrigens einmal versucht zu erklären, warum das
Forschungsschiff Polarstern auch für die Menschen in
meinem doch etwas weiter vom Meer entfernten Wahl-
kreis Hagen/Ennepe-Ruhr-Kreis wichtig ist. Wen es in-
teressiert: Das Video findet sich auf Youtube.

Aufgrund der enormen Bedeutung für unsere Ge-
sellschaft und der großen Vielfalt der Meeresforschung
ist es wichtig, in regelmäßigen Abständen innezuhalten
und Prioritäten für die nächsten Jahre zu setzen. Für
andere Forschungsbereiche, zum Beispiel der Nano-
technologie, erarbeitet die Bundesregierung deshalb
Roadmaps oder Strategien. Als Sozialdemokratinnen
und Sozialdemokraten glauben wir, dass zur nachhalti-
gen Stärkung der Meeresforschung ebenfalls eine sol-
che Strategie vonnöten ist. Wir sind davon überzeugt,
dass der Wissenschaftsrat deshalb beauftragt werden
sollte, eine Stellungnahme zur Schwerpunktsetzung in
der Meeresforschung zu erarbeiten. Ebenso setzen wir
uns dafür ein, dass die Gelder für die Meeresforschung
erhöht und die Transferprojekte von Wissenschaft und
Wirtschaft mit einem eigenen Forschungsprogramm
unterstützt werden. All dies fordern wir in dem aktuell
vorliegenden Antrag.

CDU/CSU und FDP haben unseren Antrag im Aus-
schuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung ohne Begründung abgelehnt. Ein eigenes
Konzept haben sie nicht vorgelegt. Scheinbar sieht die
Bundesregierung also keinen Bedarf für eine stärkere
Unterstützung der Meeresforschung. Das ist in Anbe-
tracht der von mir skizierten gesellschaftlichen He-
rausforderungen nicht nachvollziehbar.

Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung
Globale Umweltveränderungen, WBGU, spricht in
seinem neuesten Gutachten zu Recht von einem
„Menschheitserbe Meer“. Deutschland hat hier eine
große Verantwortung. Diese müssen wir wahrnehmen.
Aus diesem Grund werbe ich an dieser Stelle noch ein-
mal für eine Zustimmung zu unserem Antrag.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1724421800

Die grundsätzliche Bedeutung der Meeresforschung

haben wir in unserem Antrag in der Beschreibung und
Analyse hinreichend deutlich gemacht. Auch der For-
derungskatalog macht die Agenda deutlich, nach der
sich die Meeresforschung entwickeln muss, um alle
Potenziale auszuschöpfen und die notwendigen Inno-
vationen zu fördern. Es ist für uns bedauerlich, dass es
hierzu bisher weder im Plenum noch im Ausschuss
eine diskursive Aussprache gegeben hat und Sie von
den Regierungsfraktionen dennoch diesen Antrag ab-
gelehnt haben. Allerdings bestärkt uns dieses Verhal-
ten vonseiten der Regierungsfraktionen darin, dass es
auch in der Forschungspolitik zu einem neuen Regie-

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(C (D ungsverhalten mit mehr Transparenz, mehr politicher Prioritätensetzung und Zuspitzung und mehr achhaltigkeit kommen muss. Dass dies auch für die eeresforschung gilt, hat sich für uns in der SPDraktion auch in einem Workshop zur Meeresforchung gezeigt, den wir in der Begleitung zu unserem ntrag durchgeführt haben und der uns in vielen unkten sehr intensiv seitens der Experten bestätigt at in den Forderungen, die in unserem Antrag niederelegt sind. Als Abgeordneter für den Kreis Pinneberg, zu desen Wahlgebiet die einzige deutsche Hochseeinsel Heloland gehört, 70 Kilometer von jeder Küste entfernt der Nordsee gelegen, möchte ich für meine Darle ung einen anderen Zugang, jenseits der im Antrag inreichend ausgeführten politischen Konzeption, ählen. Mir sind fünf Aspekte zum Anliegen der Meesforschung wichtig, die ich auch aus der konkreten egleitung und Mitwirkung an den Anliegen der bioloischen Anstalt auf Helgoland, mit einer über 150-jähigen Geschichte eine der traditionsreichsten deutchen Meeresforschungseinrichtungen überhaupt, in en letzten Jahren entwickeln konnte. Erstens. Die Biologische Anstalt Helgoland ist Teil es Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für olarund Meeresforschung mit Sitz in Bremerhaven. ieses Zentrum aus dem Bundesland Bremen hat zwei ußenstellen in Schleswig-Holstein, nämlich Helgond und List. Gleichwohl funktioniert die Arbeit mit en Behörden und im Kontakt zu den jeweiligen Wisenschaftsministerien in den Ländern sehr gut, weil ahinter die gewachsene Wahrnehmung und Erfahung steht, dass es in den Fragen von Meeres-, Polarnd Küstenforschung keine Ländergrenzen im Norden eben darf, sondern die Nordländer hier zusammenzutehen, zusammenzuarbeiten und sich auch zusammen u profilieren haben. Was in der Tradition eines gewisen Freibeutertums an der Küste bei Schiffsbau, Häfen nd Fähren noch immer nicht ganz überwunden ist, arf für die Meeresforschung nicht gelten: Nur wenn lle wissenschaftlichen Potenziale hier unabhängig on ihrem jeweiligen Sitzland und Standort zusammenrbeiten, kommt von der Sache her das beste Ergebnis ustande, was eben auch mit dem gemeinsamen Geenstand der Forschung, den Meeren und ihrem Umld, zu tun hat. Denn der Zustand unserer Meere ist icht an deutsche Länderund internationale Staatenrenzen gebunden, sondern ähnlich wie bei der Luft andelt es sich hier um sprichwörtlich grenzüberchreitende natürliche Güter, die es zu schützen, zu flegen, sorgsam zu nutzen und vor allen Dingen zu nalysieren und damit noch besser zu verstehen gilt. ie Stärke der deutschen Meeresforschung lebt jedenlls auch von der Stärke der Zusammenarbeit der orddeutschen Meeresforschungsländer, um das ganze ewicht dieser fünf Bundesländer dann auch in den orschungsschwerpunkten, der Forschungsinfrastrukr und den Forschungsperspektiven abzubilden. René Röspel gebene Reden )





(A) )

Zweitens. Die Biologische Anstalt Helgoland ist Teil
des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeres-
forschung, das zur Helmholtz-Gemeinschaft gehört. In
der Biologischen Anstalt Helgoland wird tatsächlich
keine Polarforschung, sondern Meeresforschung in ei-
nem bestimmten Bereich betrieben. Konkret geht es im
Wesentlichen um die komplexen Ökosysteme in Flach-
meeren, wie sie beispielhaft durch die Nordsee abge-
bildet werden, die Wechselwirkungen zwischen den
großen Flussläufen rund um dieses Flachmeer sowie
die Wirkung von Einträgen von Schad- und Nährstof-
fen einerseits und die Auswirkungen von Fischerei,
Schifffahrt und Klimaveränderung andererseits.
Gleichzeitig wird ein Schwerpunkt auf die Analyse und
Bewertung von marinen Naturstoffen in Bezug auf
mögliche Nutzung gesetzt. Dass die Küstenforschung
in vielfacher Hinsicht ein besonders relevantes Teilge-
biet von Meeresforschung ist, wird nicht breit erklärt
werden müssen. Ein überwiegender Teil der Mensch-
heit lebt in Küstenregionen. Die Küstenregionen sind
besonders intensiven Belastungen ausgesetzt, und
zwar vom Land wie vom Meer aus. In den Küstenregi-
onen ist zugleich ein besonders intensives wie auch ge-
fährdetes Potenzial an Meeresorganismen und mari-
nen Grundstoffen vorhanden. Die Küstenregionen sind
auch vielfach wichtig für die Regeneration von Fisch-
beständen und deren Fortpflanzungspotenzialen. Dies
alles zusammengenommen muss die Aufforderung
auch an die Bundespolitik sein, dies – neben den star-
ken Leuchttürmen für die Polarforschung, wie sie das
AWI in Bremerhaven bildet, und die Meeresforschung,
wie sie durch das IfM-GEOMAR in Kiel gebildet wer-
den – in gleicher Weise auch für die Küstenforschung
zu profilieren. Nicht umsonst haben wir deshalb von
der Sozialdemokratie aus die Aufforderung zu einer in-
stitutionellen Stärkung der Küstenforschung und ent-
sprechenden Wissenschafts- und Forschungsstrategien
in den Antrag aufgenommen.

Drittens. Die Meere sind international und die Mee-
resforschung entsprechend auch. Um auf mein Wahl-
kreisinstitut in Helgoland zurückzukommen, hat dieses
relativ kleine Institut auf der noch kleineren einzigen
deutschen Hochseeinsel Helgoland jährlich deutlich
mehr als 100 Gastforscher und 700 Kursteilnehmer zu
verzeichnen, die die Angebote der Biologischen An-
stalt nutzen. Sie kommen aus dem In- und Ausland und
stehen in Verbund mit der ganzen Welt der Meeresfor-
schung. Diese Internationalität ist ein Pfund, mit dem
die deutsche Meeresforschung insgesamt noch mehr
wuchern kann und muss. Denn was für das kleine Hel-
goland gilt, ist genauso beim AWI in Bremerhaven
oder beim IfM-GEOMAR in Kiel oder an anderen
Meeresforschungseinrichtungen entlang der deut-
schen Küsten oder auch im wissenschaftlichen Hinter-
land zu beobachten.

Hierin liegen große Chancen. Internationalität, wie
sie auch im Einsatz auf den Forschungsschiffen und an
den Forschungsprojekten praktiziert wird, lässt eine
internationale Community zum Schutz der Meere ent-
stehen, die am Ende allen zugutekommt, und das

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(C (D now-how eines so entwickelten Landes wie Deutschnd als Teil der Europäischen Union kann und muss seiner Wirkung auch für andere Länder und Konti ente fruchtbar gemacht werden; denn hier verschränen sich das nationale Eigeninteresse und die internaonalen anderen Interessen im besten Fall zu einem erantwortungsvollen Umgang mit der Natur der eere und deren Ressourcen insgesamt. Gerade wenn eiten vor uns liegen, in denen die wirtschaftliche Nutung der Meere und Küsten in der Meeresforschung ine immer größere Bedeutung bekommen wird, sind leichzeitig, wie in unserem Antrag gefordert, die ethichen, rechtlichen und sozialen Fragen umso intensier zu diskutieren. Dies tun wir dann aber am besten on vorneherein in internationalen Netzwerken mit inrnationaler Reputation, wie sie auch durch eine noch eitere Internationalisierung unserer Meeresfor chungseinrichtungen wie -programme mit vorbereitet nd vernetzt werden kann. Viertens. Nicht ohne Grund ist der ganze Stolz der 959 auf der vollkommen zerstörten Insel wieder aufebauten Biologischen Anstalt Helgoland die seit dieen Jahren Tag für Tag durchgeführte Langfristmesung zu den wichtigsten Parametern des Wassers in er Deutschen Bucht vor Helgoland. Eine solche angfristmessreihe ist in der Meeresforschung noch eniger verzichtbar als in anderen Bereichen der Geoissenschaft und in dieser Form, wie sie auf Helgond vorliegt, eine wahre Fundgrube für die ganze Inrnationale der Meereskundler. Ein vergleichbarer issenschaftlicher Schatz wird neben dem traditioneln Messsystem über die Wasserentnahme per Schiff nd an entsprechenden Entnahmestellen jetzt eingeleit über ein neu aufgebautes elektronisch vollkommen ernetztes Unterwassermessfeld, das aus einem künstch angelegten Tetrapodenareal in der Nordsee vor elgoland Zugriff auf dortige Beobachtungsdaten von issenschaftlern aus und in der ganzen Welt in Echt eit zulässt. Beides wird als Beispiel dafür herangezoen werden können, wie wichtig Langfristigkeit in der eeresforschung ist und wie sehr die Qualität von eeresforschungsprogrammen sich auch an der Nach altigkeit solcher Arbeiten festmacht. Dies muss auch riterium für die Meeresforschung insgesamt sein. Um ier eine kleine politische Spitze einzubringen: Dass er damalige, längst vergessene CDU-Zukunftsminisr Rüttgers, der auch für Bildung und Forschung zu tändig war, der Meeresforschung beinahe den Garaus emacht hätte, wird jetzt niemand mehr wahrhaben ollen, weil doch in Zeiten von Klimawandel und dait einhergehenden Zusammenhängen zur Meeresfor chung und in Zeiten der Suche nach marinen Grundtoffen bis hin zu marinen Bodenschätzen und bei achsender Einsicht in die Bedeutung von mariner Erährung und des Schutzes von Aquakulturen im weitesn Sinne sich niemand mehr ernsthaft trauen würde, ie Meeresforschung und darin eingeschlossen die Porund die Küstenforschung in Deutschland zu mar inalisieren. Dass wir in Rüttgers Zeiten hieran aber einahe gescheitert wären, ist jetzt zum Glück nur Dr. Ernst Dieter Rossmann gebene Reden )





(A) )

noch Historie. Das Kriterium von Nachhaltigkeit und
Langfristigkeit bleibt für die Zukunft jedenfalls umso
wichtiger. Dies muss dann auch Messlatte sein, an der
zukünftige Forschungshaushalte und auch die Mittel
zur Meeresforschung mit gemessen werden.

Fünftens. Wissenschaft braucht Verständnis. Wis-
senschaft braucht Neugierde. Und Wissenschaft
braucht Menschen, die sich auch als Laien mit den An-
liegen ihrer Umwelt und deren wissenschaftlicher Er-
kundung und Bearbeitung auseinandersetzen mögen
und können. Wo Wissenschaft sich viel zu lange im El-
fenbeinturm bewegt und bewegt hat, hat es jetzt zum
Glück eine Wende gegeben, nach der Wissenschaft
auch die Schaufenster und die Begegnungsräume für
die Teilhabe von interessierten Menschen an Wissen-
schaft mit organisiert. Für die Biologische Anstalt
Helgoland heißt dies zum Beispiel, über das immer
schon vorhandene und jetzt notwendig zu modernisie-
rende Aquarium hinaus jetzt auch ein sogenanntes
Blue-Haus mit aufbauen zu wollen, was in einer mo-
dernen und attraktiven Form den zahlreichen Besu-
chern der Insel gleichzeitig auch die Insel als Ort von
Meeresforschung und die Meeresforschung in der Bio-
logischen Anstalt als Zukunftsforschung im besten
Sinne des Wortes nahebringt. Die Biologische Anstalt
in Helgoland will damit etwas umsetzen, was auch die
übrigen Helmholtz-Institute und Forschungsinstitute
anderer Forschungsgemeinschaften bis hin zu den
Universitäten zunehmend praktizieren. Ich spreche
dies deshalb hier an, weil auch dafür, nämlich die Ver-
mittlung und Zugänglichkeit von Forschung für die
wissenschaftlich interessierten Laien, eine strukturelle
und finanzielle Perspektive über Wissenschaftsparks
und Darstellung in Museen hinaus gefunden werden
muss. Dort wo sich Wissenschaft abspielt, müssen Bür-
gerinnen und Bürger Wissenschaft erleben können.
Auch dies ist ein Aspekt, den ich als Wahlkreisabgeord-
neter für Helgoland gerne in die Debatte um die Mee-
resforschung, ihre Potenziale und ihre Innovationen
einbringen möchte.


Dr. Martin Neumann (FDP):
Rede ID: ID1724421900

Wie die Fraktion der SPD in ihrem Antrag „Meeres-

forschung stärken – Potentiale ausschöpfen und Inno-
vationen fördern“ richtig bemerkt, braucht es heute
und auch zukünftig eine leistungsfähige Meeresfor-
schung und Forschungsschiffflotte. Denn die Meere
und Ozeane sind nicht nur Wirtschafts- und Lebens-
raum, sondern auch ein wichtiges gesellschaftliches
Gut. Die Auswirkungen menschlichen Handelns auf
dieses Ökosystem sind gerade in den letzten Dekaden
enorm gestiegen. Ebenso wirken die Klima- und
Ozeanschwankungen in unterschiedlichen Effekten
nach Regionen und Ausmaß. So drängen beispiels-
weise zahlreiche Fragen über die Auswirkungen des
Klimawandels, Fragen zur Förderung von Ressourcen
und Rohstoffen unterm Meeresboden, zur Artenvielfalt
in den Meeren oder zur Offshorewindkraft und dem
Meeresboden in Küstennähe. Der Förderung und Wei-
terentwicklung der Meeresforschung kommt deshalb

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(C (D ine große Bedeutung zu, damit zukünftig Antworten uf die sich stellenden Fragen gegeben werden könen. Hinter dem Schlagwort Meeresforschung verbirgt ich ein sehr differenzierter Forschungsbereich. So renzt sich die Forschung zu Küstenund Schelfmeen von dem Bereich der Ozeanforschung oder der eeresbodenforschung ab. Ebenso differenziert man ie Tiefseeforschung und die Polarforschung. Der Anag der SPD und deren Forderungen machen diese nterscheidungen nicht, sondern greifen einzelne orschungsfragen und Schwerpunkte auf, die in den ittelpunkt gerückt werden. Die christlich-liberale oalition hat sich demgegenüber jedoch den wissen chaftlichen Herausforderungen der Meeresforschung estellt und bereits weitreichende Maßnahmen und ntscheidungen getroffen. Die christlich-liberale Koalition hat die Forchungsinfrastruktur in den Blick genommen, denn ine exzellente Forschung benötigt eine hervorraende Forschungsinfrastruktur. Wissenschaftler und orschungseinrichtungen brauchen eine leistungsfäige Forschungsschiffflotte. Diese leistungsfähige und ervorragende Forschungsinfrastruktur haben wir beits in Deutschland. Der Wissenschaftsrat attestiert 010 in seinen „Empfehlungen zur zukünftigen Enticklung der deutschen marinen Forschungsflotte“, ass „Deutschland eines der führenden Länder in der rforschung der Rolle, Beschaffenheit und Prozesse er globalen Ozeane“ ist. Weiterhin wird Deutschland urch den Wissenschaftsrat eine gute wissenschaftlihe Schwerpunktsetzung und internationale Sichtbareit in der Meeresforschung bescheinigt. Um die Leisngsfähigkeit der deutschen Meeresforschung zu rhalten, wird aktuell die Forschungsschiffflotte moernisiert. In dieser Phase wurde selbstverständlich eprüft, ob ein Parallelbetrieb der Forschungsschiffe olarstern I und II für kurze Zeit möglich ist, um soohl Arktis als auch Antarktis gleichzeitig durch For chungsprojekte zu erforschen. Dieser Forderung vom issenschaftsrat, die die SPD in ihrem Antrag auf reift, kann aufgrund der hohen Betriebskosten und eringen Kapazitäten leider nicht gefolgt werden. Aus icht der FDP muss sichergestellt werden, dass im alle eines Parallelbetriebes die in der Diskussion steende internationale Finanzierung folgt. Diese interationale Finanzierung, so die Information der Bunesregierung, ist jedoch nicht absehbar. Zudem existiert mit dem aktuellen Rahmenproramm Forschung für nachhaltige Entwicklungen, ONA, bereits eine sehr gute Förderung zur Stärkung er Meeresforschung in Deutschland. Mit dem geplann Nachfolgerahmenprogramm, welches ab 2015 eue Akzente aufgreift, werden nach Information des undesministeriums für Bildung und Forschung, MBF, auch eine engere Vernetzung von Hochschulen, orschungseinrichtungen und Wirtschaft zur Stärkung er marinen Forschung gefördert. Darüber hinaus errbeitet das BMBF aktuell mit dem Konsortium Deut Dr. Ernst Dieter Rossmann gebene Reden )





(A) )

sche Meeresforschung, KDM, und den Bundesländern
eine Forschungsprogrammatik zur Meeresforschung.
Im Rahmen des geplanten Agendaprozesses „Natio-
nale Plattform Küste“ sollen Fragestellungen identifi-
ziert werden, die auch auf eine Zusammenarbeit zwi-
schen Meeresforschung und Wirtschaft abzielen.
Insofern sind die Forderungen der SPD in diesen
Punkten bereits obsolet. Als christlich-liberale Koali-
tion haben wir im Bereich Meeresforschung und For-
schungsschiffflotte bereits zu Strategien gefunden, die
weiter sind als die Opposition mit ihrem Antrag.


Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724422000

Der Wissenschaftliche Beirat für Globale Umwelt-

veränderungen, WBGU, der Bundesregierung hat am
gestrigen Tag sein neues Gutachten zur Zukunft der
Meere übergeben und darin vorgeschlagen, dass alle
Meereszonen mit Ausnahme der Küstenmeere zum ge-
meinsamen Erbe der Menschheit erklärt werden soll-
ten. Damit würden die Meere einerseits zu einem
schützenswerten Gut erklärt, aber zugleich auch in ei-
ner Art Allmende überführt. Die Erhaltung der Meere
sollte, so der Beirat, ein Leitprojekt einer „großen
Transformation“ zu einer sozial und ökologisch nach-
haltigen Gesellschaft sein. Wir finden diesen Vor-
schlag richtig und freuen uns, dass auch die Bundesre-
gierung ihn unterstützt.

Die Meere sind ein zuverlässiger Indikator für
Klima- und Umweltprobleme. So thematisiert der
WBGU die steigenden Meeresspiegel, die Erwärmung,
aber auch die Überfischung und Vermüllung maritimer
Gebiete. Nicht zuletzt droht den Meeren die Ausbeu-
tung der im Meeresboden versteckten Bodenschätze,
die im Fall einer Havarie mit katastrophalen Folgen
für die Umwelt verbunden sein kann.

Forschung und Innovation können zur Lösung wie
auch zur Verschärfung dieser Prozesse beitragen. Wir
brauchen Wissen, um die Zusammenhänge und Pro-
zesse etwa des Klimawandels im komplexen maritimen
Ökosystem zu verstehen. Zugleich können Großtechno-
logien wie Tiefseebohrungen, aber auch Geo-Enginee-
ring dieses Ökosystem zerstören. Das Experiment
Lohafex zur Eisendüngung im Südatlantik haben wir
hier in Erinnerung. Es hat eine breite und gewinnbrin-
gende Debatte über Wissenschaftsfreiheit und Biodi-
versität, über die Bedeutung der Meeresforschung,
aber auch die Grenzen der Anwendbarkeit von Zu-
kunftsvisionen hervorgerufen.

Die SPD springt hier für die Meeresforschung in die
Bresche, obwohl sie dieser eigentlich einen sehr guten
Stand attestiert. Die maritime Forschung scheint aus
Sicht der Kolleginnen und Kollegen eher so etwas wie
einen neuen Schub und in begrenztem Maß mehr Geld
zu benötigen. Die Forschungsbedarfe, die im Antrag
aufgezählt werden, stehen jedoch nur wenig im Zusam-
menhang mit den finanziellen und strukturellen Forde-
rungen an die Bundesregierung.

Diese Zwiespältigkeit haben wir auch bei den For-
derungen zur maritimen Biotechnologie beobachtet:

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(C (D rst rät die SPD im Feststellungsteil den Firmen, statt uf transgene Pflanzen und Tiere auf weniger umstritne Züchtungsmethoden zu setzen. Dann fordert sie ber ein deutlich stärkeres Engagement in der Biochnologie für die „internationale Sichtbarkeit“. Ofnbar ist man noch unentschieden, ob man die Meere tzt eher schützen oder durch Innovationen noch bes er wirtschaftlich nutzen will. Zwei Aspekte vernachlässigt der Antrag aus unserer icht: Dem Schutz der Meere vor Umweltverschmutzung nd Vermüllung wird nur eine sehr untergeordnete Beeutung beigemessen. Er taucht zwar als Forschungsema auf, aber es fehlt an Vorschlägen für ganz praksche Konsequenzen und Vorhaben. Angesichts der üllstrudel oder der Umweltkatastrophen etwa bei iefseebohrungen nach Öl ist es unverständlich, wie ier eine weitere Exploration von Rohstoffen oder die dustrielle Nutzung so unkritisch gefordert werden ann. Auch die Biodiversität kommt zu kurz: Zwar soll die axonomie als Forschungsgebiet gefördert werden; ie Erfassung des Artenschwunds ist aber noch kein onzept dagegen. Die Überfischung der Meere, aber uch ihre Verschmutzung und Erwärmung tragen zum ramatischen Rückgang der Artenvielfalt bei. An dieer Stelle sollten praktische Innovationsallianzen etwa mit Umweltschutzverbänden – ansetzen. Wir begrüßen die Initiative der SPD-Kolleginnen nd -Kollegen, die Meeresforschung abermals auf die agesordnung des Bundestages zu setzen. Deutschland t ein wichtiger und renommierter Akteur in der interationalen Meeresforschung und muss dies auch bleien. Die Meeresforschung ist von herausragender Beeutung, und das nicht nur, weil die Meere und das eben in den Meeren zu einem großen Teil noch unerrscht sind. Der Meeresforschung kommt auch eine entrale Rolle zu, wenn es darum geht, die Meere und ie Biodiversität der Meere gerade auch in sensiblen ereichen wie den Polarregionen zu schützen. Wir tein deshalb die Forderung, dass die Nutzung der Res ourcen der Meere und Küstenregionen von einer vertärkten Begleitforschung flankiert wird. Wir haben ns aber doch sehr gewundert, dass die SPD in ihrem ntrag nur den Ausbau einer ethischen, rechtlichen nd sozialen Begleitforschung fordert. Denn wir brauhen doch gerade auch eine Stärkung der umweltorintierten Meeresforschung. Dieser Aspekt kommt im orliegenden Antrag leider deutlich zu kurz. Das gilt sowohl für die Forschung zum Schutz beonders sensibler Bereiche wie der Arktis als auch für ie Forschung zur Beseitigung von Schäden und Abllen wie radioaktiven Abfällen in der Nordsee und ampfstoffen in der Ostsee. Meine Fraktion, Bündis 90/Die Grünen, hat in dieser Legislaturperiode beits mit einem Antrag auf das zunehmende und bisng ungelöste Problem der Vermüllung der Meere Dr. Martin Neumann gebene Reden Krista Sager )

Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724422100







(A) )

hingewiesen. So gehört etwa die Nordsee mit circa
600 000 Kubikmetern Müll im Wasser und auf dem
Meeresboden zu den Meeren mit dem höchsten Ver-
schmutzungsaufkommen.

Ein besonders Problem in diesem Zusammenhang
ist der erdölbasierte Kunststoffmüll. Dieser stellt mit
rund 70 Prozent am Gesamtaufkommen den größten
Teil der Abfälle in den Meeren. Erdölbasierter Kunst-
stoffmüll wird im Meer in kleinste Partikel zerlegt und
ist besonders schwer zu entfernen. Seine Abbauzeit
wird auf bis zu 450 Jahre geschätzt. Um zum Beispiel
solche Probleme zu lösen, brauchen wir eine Meeres-
forschung, die sich solcher ökologischen Fragen an-
nimmt. Technologische Innovationen, wie die SPD sie
in ihrem Antrag fordert, könnten auch zur Lösung der
Verschmutzungsproblematik einen wichtigen Beitrag
leisten. Technologische Innovationen sollten nicht nur
mit Blick auf die Ausbeutung von marinen Rohstoffen
diskutiert werden.

Die Meeresforschung braucht Planungssicherheit
sowie eine leistungsstarke Forschungsinfrastruktur;
dies gilt insbesondere für die Forschungsschiffe. Eine
deutliche Stärkung der Infrastruktur in diesem Bereich
wäre die zeitweise parallele Nutzung zweier eisbre-
chender Forschungsschiffe. Hierin stimmen wir mit
der SPD überein und fordern daher auch von der Bun-
desregierung, dass die neue und die alte „Polarstern“
eine Zeit lang parallel eingesetzt werden sollten. So
könnten mehr exzellente, positiv bewertete For-
schungsvorhaben durchgeführt werden und müssten
nicht jahrelang auf Wartelisten verbannt werden.

Zur Planungssicherheit bei den Forschungsschiffen
gehört, dass Versuche des Finanzministeriums, die
Schiffsneubauten zeitlich zu strecken, auch in Zukunft
abgewehrt werden. Die Entscheidungen über die Zu-
ordnung der deutschen Forschungsschiffe zu den je-
weiligen wissenschaftlichen Einrichtungen sollten in
einem streng wissenschaftsgeleiteten Verfahren getrof-
fen werden und nicht durch Bund-Länder-Deals, die
nicht wissenschaftsadäquat sind.

Die aktuelle Umsatzsteuerproblematik bei der
Helmholtz-Gemeinschaft gefährdet die Planungssi-
cherheit verschiedener Helmholtz-Einrichtungen auch
im Bereich der Meeresforschung, wie etwa die des
Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven und des
GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in
Kiel. Diese Einrichtungen brauchen eine Zusage, dass
die Lösung des Umsatzsteuerproblems in keinem Fall
auf Kosten ihrer Forschungsmöglichkeiten gehen
wird. Innovative Projekte wie die öffentliche und freie
Zurverfügungstellung von Forschungsdaten durch das
Alfred-Wegener-Institut in Form der Datenbank
PANGAEA sind von großem Wert für die internationale
Forschungscommunity. Die Weiterentwicklung dieser
Datenbank sollte durch die Bundesregierung unter-
stützt werden.

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(C (D Wenn wir über die Bedeutung der Meeresforschung prechen, darf nicht unerwähnt bleiben, dass noch imer ein internationales Abkommen zum Schutz der rktis fehlt. Meine Fraktion Bündnis 90/Die Grünen at auch hierzu in dieser Legislaturperiode bereits eien Antrag vorgelegt, in dem wir fordern, die internaonale Zusammenarbeit zum Schutz der Arktis zu innsivieren. In einem Arktis-Vertrag in Anlehnung an en Antarktis-Vertrag aus dem Jahre 1959 könnte ein eeigneter Weg bestehen, um Schutzmechanismen geen eine zerstörerische Ressourcenausbeutung in der ochsensiblen Arktis zu etablieren. Die große Bedeutung der Meeresforschung für den chutz des marinen Ökosystems kann nicht genug bent werden. Die Meere sind wichtige Seismographen es Klimawandels und der Biodiversität. Dieser spekt liegt meiner Fraktion Bündnis 90/Die Grünen esonders am Herzen. Im vorliegenden SPD-Antrag urde dies leider aus unserer Sicht zu wenig gewürigt. Deshalb werden wir uns trotz vieler Gemeinsameiten enthalten. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für ildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksahe 17/13699, den Antrag der Fraktion der SPD auf rucksache 17/9745 abzulehnen. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der SPD bei nthaltung der Linken und der Grünen angenommen. Ich rufe die Zusatzpunkte 12 und 13 auf: P 12 Beratung des Antrags der Abgeordneten Renate Künast, Jürgen Trittin, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu der Empfehlung für einen Beschluss des Rates über die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen über ein umfassendes Handelsund Investitionsabkommen, transatlantische Handelsund Investitionspartnerschaft genannt, zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika KOM (2013)136 endg.; Ratsdok. 7396/13 hier: Stellungnahme des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäische Union Transatlantische Handelsund Investitionspartnerschaft nur mit starker Parlamentsbeteiligung – Drucksache 17/13733 – Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724422200




(A) )

ZP 13 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

zu der Empfehlung für einen Beschluss des
Rates über die Ermächtigung zur Aufnahme
von Verhandlungen über ein umfassendes
Handels- und Investitionsabkommen, transat-
lantische Handels- und Investitionspartner-
schaft genannt, zwischen der Europäischen
Union und den Vereinigten Staaten von Ame-
rika


(2013 hier: Stellungnahme des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäische Union Vereinbarung über die Herausnahme von audiovisuellen und kulturellen Dienstleistungen von den Verhandlungen der EU mit den USA zu einem transatlantischen Handelsund Investitionsabkommen – Drucksache 17/13732 – Die Reden gehen zu Protokoll.1)


Zusatzpunkt 12. Wir kommen zur Abstimmung über
den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 17/13733. Wer stimmt für diesen Antrag? –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD-
Fraktion bei Zustimmung der Linken und der Grünen ab-
gelehnt.

Zusatzpunkt 13. Wir kommen zur Abstimmung über
den Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache
17/13732. Wer stimmt für diesen Antrag? – Gegenstim-
men? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von SPD
und Grünen bei Enthaltung der Linken abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 43 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten René Röspel,
Lars Klingbeil, Dr. Ernst Dieter Rossmann, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Freier Zugang zu öffentlich finanzierten For-
schungsergebnissen

– Drucksachen 17/12300, 17/13701 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Philipp Murmann
René Röspel
Dr. Martin Neumann (Lausitz)

Nicole Gohlke
Krista Sager

Auch hier gehen die Reden zu Protokoll.

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A1) Anlage 18

(C (D Das Internet hat sich in den letzten Jahren und ahrzehnten rasant entwickelt. Wo vormals 54KB-Moems den Ton angaben, sind heute Breitbandverbinungen mit mehreren hundert Megabit pro Sekunde tandard. Neben dem Internetzugang im Haushalt sind mer mehr Menschen mit dem Handy oder Tablet moil erreichbar. Die CDU/CSU-Fraktion ist überzeugt, ass das Internet unsere Kommunikationsweise wie uch den Informationsaustausch in den letzten Jahren rastisch, aber auch auf positive Weise verändert hat. er vereinfachte Informationsaustausch hat zu großen issenschaftlichen Fortschritten beigetragen und ist in Grundbaustein für unseren wirtschaftlichen Erlg. Wir schreiten in ein Zeitalter, in dem man dauerhaft rreichbar ist und jederzeit Zugang zu dem Wissen der enschheit hat. Es obliegt der Politik, konstruktiv an iesem fortlaufenden Prozess mitzuwirken, Hinderisse aus dem Weg zu räumen, aber auch Schaden für ie Gesellschaft abzuwenden. Eine blauäugige Heranehensweise, die eine vollständige Entblößung und illkürliche Veröffentlichungswelle nach sich ziehen ürde, kann niemand von uns wollen. Das derzeitige rheberrecht hat sich bewährt, und die CDU/CSUraktion hat bereits auf die Digitalisierung reagiert nd richtige Justierungen vorgenommen. Wir werden ies auch weiterhin tun und den Trend zum „Open Acess“, zu fortschreitendem Wandel, mit positiven Anizen und Förderaktivitäten begleiten. Dem Antrag der SPD kann man den positiven As ekt abgewinnen, dass sie das Thema „Open Access“ benfalls beschäftigt. Die CDU/CSU-Fraktion eracht den Zugang zu öffentlich finanzierten Forschungs rgebnissen als anzustrebendes Ziel. Jedoch bedarf es ierbei einiger Vorgaben und Einschränkungen. Der on der Opposition präsentierte Antrag lässt viele ragen, bezüglich bekannter Problemstellungen offen, ie von einem ungeregelten „Open Access“ ausgehen. ies sind vor allem Fragen zum Eigentumsrecht und ur Publikation von Forschungsergebnissen, die mit ensiblen Bereichen verbunden sind. Im Vergleich zur pposition steht die CDU/CSU-Fraktion nicht für den edingungslosen „Open Access“, sondern sie untertützt den Trend zur sogenannten Qualified Openness. Es muss uns klar sein, dass ein Zweitverwertungscht und verbindliche Vorgaben in den Förderbedin ungen in gewissen Bereichen möglich und machbar ind. Dies haben wir uns ebenfalls auf die Agenda geetzt. Die SPD lässt aber gerade hier einen wichtigen spekt aus. Nicht jeder öffentlich finanzierte Forchungsbereich sollte für die Öffentlichkeit zugänglich ein. Dies trifft besonders auf solche zu, die im Falle iner Veröffentlichung eine Gefahr für die Gesellschaft arstellen könnten. Ich will hier nur die Themen Siherheitsforschung oder auch biologisch-chemische orschung erwähnen. Am kommenden Montag befassen wir uns bei der nhörung mit dem Thema und werden konstruktive )

Florian Hahn (CSU):
Rede ID: ID1724422300

(A) )

Gespräche führen. Diesem Termin sollte nicht voreilig
mit dem Antrag der Opposition vorgegriffen werden.
Das Thema ist zu wichtig und weitgreifend. Wir müs-
sen gemeinsam einen Weg finden, um geistiges Eigen-
tum in Einklang mit öffentlichem Interesse zu bringen.


Tankred Schipanski (CDU):
Rede ID: ID1724422400

Wir debattieren heute einen Antrag der SPD-Frak-

tion zur freien Zugänglichmachung öffentlich finan-
zierter Forschungsergebnisse. Drei Kernforderungen
werden formuliert. Erstens sollen Ergebnisse öffent-
lich finanzierter Forschung nach einer Embargofrist
von maximal zwölf Monaten frei zugänglich gemacht
werden müssen. Dies soll vom Gesetzgeber über eine
Festschreibung in den Zuwendungsbedingungen er-
zwungen werden. Zweitens soll ein verbindliches
Zweitverwertungsrecht für Ergebnisse aus überwie-
gend mit öffentlichen Mitteln finanzierter Lehr- und
Forschungstätigkeit eingeführt werden. Drittens soll
ein Diskussionsprozess mit Interessengruppen und der
interessierten Öffentlichkeit zur Open-Access-Politik
in Gang gesetzt werden.

Lassen Sie mich auf diese drei Punkte eingehen und
erläutern, warum wir den vorgelegten Antrag für über-
flüssig halten.

Erstens. Bei der Forderung nach verbindlichen Vor-
gaben zur freien Zugänglichmachung von mit öffentli-
chen Mitteln finanzierten Forschungsergebnissen
muss ein Ausgleich zwischen den berechtigten Interes-
sen der Wissenschaftler und der interessierten Öffent-
lichkeit hergestellt werden. Dabei sind die Grundsätze
unserer Rechtsordnung zum geistigen Eigentum zu be-
achten. Zudem möchte ich daran erinnern, dass For-
schungsergebnisse nur durch das Zusammenwirken
von wissenschaftlicher Leistung und der Bereitstellung
staatlicher Fördermittel zustande kommen. Diese ko-
gnitive Eigenleistung des Wissenschaftlers blendet der
SPD-Antrag aus.

Ferner gibt es Forschungsbereiche – insbesondere
bei Ressortforschungseinrichtungen; denken Sie nur
an die wehrtechnische Forschung – mit sensiblen Da-
ten und Geschäftsgeheimnissen, die unbedingt ge-
wahrt bleiben müssen und nicht veröffentlicht werden
können. Hinzu kommt, dass es bereits viele Instru-
mente zur Partizipation der Bevölkerung am For-
schungsprozess gibt. So gibt es bereits die Datenbank
Gepris der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder
aber auch den Förderkatalog der Bundesregierung.
Die Freiheit der Wissenschaft ist für uns ein hohes Gut.
Administrative Belastungen für die Wissenschaft müs-
sen abgebaut und nicht neu aufgebaut werden. In die-
sem Geist haben wir vor wenigen Monaten das Wissen-
schaftsfreiheitsgesetz verabschiedet. Zusätzliche
Vorschriften und neue Pflichten wie im SPD-Antrag
gefordert sind mit dieser politischen Grundausrich-
tung unvereinbar. Aus diesen Gründen ist der erste
Forderungspunkt des SPD-Antrags abzulehnen.

Zweitens. Nun zum unabdingbaren Zweitverwer-
tungsrecht: Wir haben in der Arbeitsgruppe „Bildung

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Zu Protokoll ge

(C (D nd Forschung“ der Enquete-Kommission „Internet nd Digitale Gesellschaft“ intensiv über dieses Thema iskutiert. In den abschließenden Handlungsempfehngen ist fraktionsübergreifend festgehalten: „Die ommission empfiehlt … ein verbindliches Zweitverffentlichungsrecht für alle wissenschaftlichen Beiäge in Periodika und Sammelbänden anzustreben, ie aus überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanierter Lehrund Forschungstätigkeit entstanden sind .“ Mit dieser Forderung tragen wir unter anderem em Umstand Rechnung, dass der Markt wissenschaftcher Publikationen aufgrund der hohen Marktmacht inzelner Anbieter zwischen den wissenschaftlichen utoren und den Verlagen oft asymmetrisch ist. Geenwärtig räumen die Autoren wissenschaftlicher Beiäge daher den Wissenschaftsverlagen vielfach aus chließliche Rechte zur kommerziellen Verwendung rer Beiträge ein. Sowohl das BMBF als auch die orschungspolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfrakon werben mit Nachdruck für die Einführung eines erbindlichen Zweitverwertungsrechts. Wie fraktionsbergreifend in der Enquete-Kommission verabredet, alten wir weitere Beratungen im Deutschen Bundesg für notwendig, um das Vorhaben zu einem guten bschluss zu führen. Neben dem Zweitverwertungsrecht plant das BMBF udem, in seinen Förderbestimmungen eine Open-Acess-Klausel als Sollbestimmung aufzunehmen. Auch ie Deutsche Forschungsgemeinschaft hat in ihren erwendungsrichtlinien die Erwartung formuliert, etaige Publikationen auch über Open Access zugängch zu machen. Bevor – wie von der Europäischen ommission in Horizont 2020 entschieden – eine pen-Access-Pflicht eingeführt wird, sollte zunächst ie Auswirkung der geplanten Sollbestimmung abgeartet werden. Aufgrund der geschilderten Absicht zur erabschiedung eines verbindlichen Zweitverwerngsrechts und der Einführung von Open-Accesslauseln als Sollbestimmung in die Fördervorgaben es BMBF ist der zweite Forderungspunkt des SPDntrags weitgehend gegenstandslos. Drittens fordert die SPD, einen Diskussionsprozess it Interessengruppen und der interessierten Öffentchkeit einzuleiten. Hierzu kann ich nur feststellen, ass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion diesen Diskusionsprozess bereits seit langer Zeit und sehr intensiv hrt. So stehen wir in regelmäßigem Kontakt mit dem eutschen Bibliotheksverband, Hochschulen und aueruniversitären Forschungseinrichtungen wie beipielsweise der Max-Planck-Gesellschaft. Wichtige rgebnisse dieser Gespräche haben wir im Diskussinspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum rheberrecht in der digitalen Gesellschaft zusammenefasst, das bereits vor einem Jahr, am 12. Juni 2012, eröffentlicht wurde. Darin machen wir konkrete Vorchläge, zum Beispiel zu den Themen Rechtsdurchsetung im Internet, Digitalisierung des kulturellen Eres, Leistungsschutzrecht für Presseverlage und elbstverständlich auch zum wissenschaftsfreundlihen Urheberrecht. Florian Hahn gebene Reden )





(A) )

Zusammenfassend möchte ich also festhalten: Die
öffentliche Zugänglichmachung von mit öffentlichen
Geldern finanzierten Forschungsergebnissen ist wis-
senschaftspolitisch wichtig und richtig. Jedoch gilt es,
hier einen sinnvollen Ausgleich zwischen Wissen-
schaftlern und Öffentlichkeit zu finden. Mit Blick auf
das verbindliche Zweitverwertungsrecht haben wir
fraktionsübergreifend einen Konsens in der Enquete-
Kommission gefunden, den wir vereinbarungsgemäß
in der nächsten Legislaturperiode gesetzlich kodifizie-
ren wollen.


René Röspel (SPD):
Rede ID: ID1724422500

Der heute zur Debatte stehende Antrag der SPD-

Bundestagsfraktion mit dem Titel „Freier Zugang zu
öffentlich finanzierten Forschungsergebnissen“ greift
sowohl Impulse der Europäischen Kommission als
auch der Enquete-Kommission „Internet und digitale
Gesellschaft“ zum Thema Open Access auf. Die Dis-
kussion um das Thema haben wir bereits einige Male
sowohl im Ausschuss als auch im Plenum geführt. So
habe ich selbst zuletzt am 29. September 2011 anläss-
lich des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
zum Thema meine Auffassung und Standpunkte zum
Themenkomplex Open Access zu Protokoll gegeben.
Folglich verzichte ich an dieser Stelle darauf, noch-
mals in aller Ausführlichkeit den Open-Access-Ansatz
zu erklären.

Die SPD-Bundestagsfraktion tritt seit Jahren für
dieses für viele Menschen, aber auch für die Wissen-
schaft wichtige Thema ein, während die Merkel-Regie-
rung diese Fragen genauso lange ignoriert bzw. blo-
ckiert. So haben die Koalitionsfraktionen nicht nur
unserem Gesetzentwurf vom Herbst des letzten Jahres,
in dem wir ein Zweitveröffentlichungsrecht für über-
wiegend mit öffentlichen Mitteln finanzierte For-
schung festschreiben wollten, ihre Zustimmung im
Ausschuss verweigert. Auch unser erneuter Vorstoß in
Form des vorliegenden Antrags wird erneut abge-
blockt. Einen triftigen Grund hierfür nennen die bei-
den Koalitionsfraktionen nicht. Die Gründe für dieses
Verharren in Untätigkeit scheinen anderswo zu liegen.

Wie bereits in der Debatte hinsichtlich der Entfris-
tung der in § 52 a Urheberrecht kodifizierten Wissen-
schaftsschranke deutlich wurde, hat diese Regierung
ihren gesetzgeberischen Gestaltungsanspruch in Fra-
gen des Urheberrechts in Wissenschaftsfragen längst
aufgegeben. Offenbar aus der Furcht, sich verbindlich
festlegen zu müssen, ist auch in allen Fragen rund um
das Thema Open Access seitens der Regierungsfrak-
tionen keine verbindliche Initiative zu spüren. Es
scheint, als sei insbesondere in den Reihen der
Unionsfraktion der Disput zwischen Wissenschaftspo-
litikern, die dem Thema Open Access offen gegenüber-
stehen, und den Rechtspolitikern der Unionsfraktion,
die in rechtspositivistischen Dogmen verhaftet bleiben,
noch nicht beigelegt. Ohne die Spekulation über In-
terna der Unionsfraktion zu weit zu treiben, ist klar,
dass unter diesem fraktionsinternen Streit der Union

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Zu Protokoll ge

(C (D er Wissenschaftsstandort Deutschland leidet. Denn er Versuch, lediglich mit Sollbestimmungen dem Prolem beizukommen, die zudem nur Anwendung auf eien kleinen Teil der Wissenschaftslandschaft Anwenung finden sollen, wird den Bedarfen der issenschaftlerinnen und Wissenschaftler in unserem and nicht gerecht. Die Wissenschaft – nicht nur in Deutschland – hat eit über einem Jahrzehnt die Forderung an die Polik, die rechtlichen Rahmenbedingungen für Open Acess endlich zu schaffen. Denn gute Wissenschaft lebt om offenen und ungehinderten Austausch von Inforationen und Ergebnissen wissenschaftlicher For chung. Eine rechtliche Verankerung von Open Access nationalen Urheberrecht stellt somit eine wichtige ahmenbedingung für forschende Wissenschaftler in eutschland dar. Insbesondere im Zeitalter der Digitasierung ist eine schnelle und ungehinderte Wissensommunikation eine unabdingbare Voraussetzung für novation und Fortschritt. Ein zeitgemäßes und an en Bedarfen der Wissenschaft ausgerichtetes Urheerrecht ist demnach ein wichtiger Standortfaktor für issenschaft und Forschung. Dies hat – im Gegensatz ur Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen – uch die Europäische Kommission erkannt. Folgerichg hat sie sich dazu entschieden, im künftigen 8. Forchungsrahmenprogramm „Horizon 2020“ die Openccess-Publikation zum Regelfall zu erklären. Paraoxerweise unterstützt Deutschland bereits heute indikt Open-Access-Publikationen über den European esearch Council; denn Forschungsergebnisse, die it Mitteln des ERC ermöglicht worden sind, müssen innen sechs Monaten frei zugänglich gemacht weren. Warum nach Auffassung dieser Regierung natioal nicht das möglich sein sollte, was international beits Standard ist, bleibt nicht nur mir verschlossen. Die zögerliche Haltung der Koalitionsfraktionen ei diesem Thema ist umso verwunderlicher, als im usschuss die zuständigen Berichterstatter im Namen er Koalitionsfraktionen die Bedeutung der Open-Aces-Publikation betonen. Umso bedauerlicher ist es, ass trotz der Einsicht der beteiligten Berichterstatter owohl der vorliegende Antrag als auch unser Gesetzntwurf vom letzten Herbst mit dem Hinweis abgelehnt urden, dass seitens des BMBF künftig sogenannte ollbestimmungen in den Förderrichtlinien aufgenomen werden sollen. Eine solche Argumentation bzw. egelung kann nur als Placebo-Gesetzgebung beeichnet werden, die den blinden Aktionismus dieser undesregierung beim Thema Urheberrecht entlarvt. enn das Zugestehen einer Open-Access-Option an eien Fördermittelempfänger ist alles andere als die chaffung von Rechtssicherheit mit den Mitteln der esetzgebung. Eine Politik dieser Art stärkt den Wis enschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Deutschnd jedenfalls nicht den Rücken. Zudem sei an dieser telle der Hinweis gestattet, dass eine Implementieung von Regelungen zu Open Access über die Förderichtlinien des BMBF alles andere als eine saubere orm der Rechtssetzung darstellt; insbesondere vor Tankred Schipanski gebene Reden )





(A) )

dem Hintergrund, dass auf Nachfrage im Ausschuss
eine Veröffentlichung der besagten Passage aus dem
Förderhandbuch abgelehnt wurde.

Wie dem auch sei: Bei dem Elan und der Arbeits-
weise, den diese Bundesregierung in Fragen des Urhe-
berrechts im Wissenschaftsbereich an den Tag legt, ist
nicht mehr mit einem vernünftigen Ergebnis in dieser
Legislatur zu rechnen. Dies ist bedauerlich! Doch die
Aussicht auf eine neue Bundesregierung im Herbst, die
sich aus fähigeren Koalitionsparteien konstituiert,
lässt Hoffnung aufkommen.


Dr. Martin Neumann (FDP):
Rede ID: ID1724422600

Um es vorweg zu sagen: Für uns Liberale ist in der

Wissenschaftspolitik die Freiheit der Wissenschaft und
des einzelnen Wissenschaftlers das kostbarste Gut.
Deshalb setzen wir Liberale uns für den Schutz der
Wissenschaftsfreiheit und die Selbstbestimmung des
Wissenschaftlers ein.

Aus diesem Grund lehnen wir den Antrag der Frak-
tion der SPD „Freier Zugang zu öffentlich finanzierten
Forschungsergebnissen“ entschieden ab. Denn die
Forderungen der SPD zielen darauf, den Wissenschaft-
ler zu entmündigen, ihm sein Urheberrecht abzuspre-
chen. So soll nach dem Willen der SPD eine neue För-
derpolitik festgeschrieben werden. Danach sollen alle
öffentlich finanzierten Forschungsergebnisse nach ei-
ner sogenannten Embargofrist von längstens zwölf
Monaten frei zugänglich gemacht werden müssen.
Ebenso sollen die Forschungsergebnisse aus den Ein-
richtungen mit Ressortforschungsaufgaben nach einer
Embargofrist von zwölf Monaten frei zugänglich ge-
macht werden. Die Finanzierung der außeruniversitä-
ren Forschungseinrichtungen soll nach dem Willen der
SPD davon abhängig gemacht werden, ob diese ent-
sprechende Veröffentlichungen nach zwölf Monaten
machen oder nicht.

Das ist aus Sicht der FDP Diebstahl bzw. Enteig-
nung geistigen Eigentums. Die SPD erpresst Geld ge-
gen frei zugängliche Forschungsergebnisse. Dabei
missachten sie aufs Gröbste das Urheberrecht und die
Freiheit der Wissenschaftler, über ihre Forschungs-
ergebnisse frei zu entscheiden.

Wir Liberale nehmen hingegen den Wissenschaftler
ernst. Transparenz und eine frei zugängliche Veröffent-
lichung muss von den Wissenschaftlern und der Wis-
senschaft gewollt sein und aus sich selbst heraus vor-
angetrieben werden. Der Staat kann dies begleiten und
durch Anreize fördern, jedoch nicht durch einen
Zwang vorzeichnen.

Anders als die SPD haben wir Liberale uns mit dem
Thema Urheberrecht, Zweitveröffentlichungsrecht und
Open Access in den letzten Monaten ernsthaft aus-
einandergesetzt. So wird von uns Liberalen ein gesetz-
lich geregelter, kostenloser Zugang aller Nutzer und
im Speziellen aller Wissenschaftler zu allen wissen-
schaftlichen Veröffentlichungen abgelehnt. Denn für
uns Liberale bleibt es grundsätzlich in der Entschei-

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Zu Protokoll ge

(C (D ungsgewalt des Urhebers, sprich eines jeden Wissenchaftlers, ob er sein geistiges Eigentum frei zugängch machen will oder ob er die Verwertung über einen erlag oder andere Wege sucht. Das gilt ebenso für die ffentlich geförderten Forschungsprojekte, bei denen ie Förderrichtlinien eine Veröffentlichungspflicht orsehen sollten. Denn Forschung und Lehre sind, songe die SPD nicht regiert, frei, und ein vom jeweili en Forscher geschaffenes Werk ist direkt und unmitlbar das Produkt seiner Urheberschaft – egal in elchem Maße finanziert. In diesem Zusammenhang setzen wir Liberale uns afür ein, dass das geltende Urheberrecht Bestand hat. as von der SPD geforderte gesetzlich verankerte weitverwertungsrecht lehnen wir ab. Denn nach Ausgung des Urheberrechts hat ein Autor etwa ein Jahr ach Veröffentlichung seines Werks ein Zweitverwerngsrecht. Deshalb setzen wir Liberale uns dafür ein, ass den Verlagen gesetzlich untersagt wird, in den ertragsverhandlungen die Zweitverwertung auszuchließen. Damit erhielte der Urheber die Möglichkeit, eine Forschungsergebnisse bereits nach einem Jahr ochmals zu veröffentlichen und so den gewünschten ereinfachten Zugang, beispielsweise via Open Acess, zu seinem wissenschaftlichen Werk zu ermöglihen. Der Antrag der SPD ist als direkter Angriff auf die issenschaftsfreiheit und die Entscheidungsgewalt es Urhebers zu verstehen. Es ist der Versuch, den issenschaftler zu enteignen. Wir Liberale lehnen den ntrag, wie eingangs erwähnt, entschieden ab, denn ir schützen das geistige Eigentum. Um es kurz zu sagen: Der vorliegende Antrag der PD-Fraktion geht aus unserer Sicht in die richtige ichtung. Meine Fraktion hat bereits 2011 mit einem ntrag weitergehende Vorschläge eingebracht. Open Access ist keine Randerscheinung mehr, sonern wird zum Megatrend in der Wissenschaft. Weil die orteile auf der Hand liegen: Öffentlich finanziertes issen sollte ein Gemeingut sein. Dazu muss es un ompliziert zugänglich gemacht werden. Digitale Pulikationsformen sind dafür ideal: Sie vereinfachen ernetzung, Austausch, Auffindbarkeit, Zitierfähigkeit. iese Vorteile sprechen sich auch unter den Wissen chaftlerinnen und Wissenschaftlern herum. Die Nachile herkömmlicher Publikationsformen auch. Der räsident der Hochschulrektorenkonferenz, Horst ippler, hat die Sicht der Universitäten noch einmal lar und deutlich auf den Punkt gebracht: In acht Jahn stiegen die Erwerbsausgaben der Bibliotheken um 8 Prozent, die für elektronische Publikationen um 25 Prozent. Diese Preissteigerungen setzten, so ippler, allein die drei größten Verlage in Umsatzreniten von heute 38 Prozent um. Er macht dafür die zum Teil marktbeherrschende Stellung“ der großen erlage verantwortlich. René Röspel gebene Reden )

Dr. Petra Sitte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724422700




(A) )

Es ist aber niemandem zu vermitteln, warum eine
Verlagsleistung, die gerade in den Natur- und Technik-
wissenschaften zumeist vor allem auf dem Marketing
besteht, in derartiger Höhe vergütet werden soll. Zu-
dem geben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
im herkömmlichen Publikationsmodell in der Regel die
Rechte an ihren Texten an die Verlage ab.

Es ist an der Zeit, den wissenschaftlichen Autorin-
nen und Autoren die Verfügungsmacht über ihr Schaf-
fen und die Möglichkeit ihrer professionellen Informa-
tionsbeschaffung wieder in die eigenen Hände zu
legen. Die Rolle der Verlage ändert sich und wird stär-
ker eine Dienstleistungsfunktion ausfüllen. Verschwin-
den werden die Verlage trotz allen Gejammers dadurch
nicht. Sie leben bereits jetzt gut von Open-Access-Pu-
blikationen.

Es gibt keinen Grund, mit der Umsetzung einer kon-
sistenten Open-Access-Strategie zu warten. Deutsch-
land hinkt dabei ohnehin anderen Wissenschaftsnatio-
nen hinterher, die längst viel weiter sind. In den USA
ist eine Open-Access-Publikation Teil der Förderbe-
dingungen der großen staatlichen Drittmittelgeber.
Und auch die Europäische Union wird eine freie Publi-
kation zum Bestandteil des kommenden Forschungs-
rahmenprogrammes „Horizont 2020“ machen. Unsere
Fraktion hat diese Dynamik wie jetzt auch die Kolle-
ginnen und Kollegen der SPD zum Vorbild genommen,
auch für die deutsche Forschungsförderung eine
Open-Access-Publikation Schritt für Schritt verbind-
lich zu gestalten. Dabei ist auch der Grüne Weg mög-
lich, also die freie Zweitveröffentlichung. Vorausset-
zung dafür ist die Schaffung eines unabdingbaren
Zweitverwertungsrechts im Urheberrechtsgesetz. Die-
ses gibt den Autorinnen und Autoren die Möglichkeit,
über ihr Werk auch nach einer Übertragung der Nut-
zungsrechte an einen Verlag frei zu verfügen. Die Ko-
alition hat nun kurz vor Ende der Wahlperiode einen
aus unserer Sicht unzureichenden Vorschlag vorgelegt.
Die Vorschläge der Opposition scheinen uns und auch
den Wissenschafts- und Gedächtnisorganisationen
hier deutlich tauglicher.

Natürlich gibt es auch Unterschiede: Die Linke hält
eine Embargofrist, die den Verlagen die Exklusivität
der Publikation sichert, von sechs Monaten statt zwölf
– wie bei der SPD – für ausreichend. Zudem wollen
wir eine formatgleiche Zweitveröffentlichung ermögli-
chen.

Dem Antrag fehlt auch die notwendige Unterstüt-
zung beim Aufbau der IT-Infrastrukturen, die für eine
breite Durchsetzung von Open Access notwendig sind.
Die Linke hat hier ein eigenes Förderprogramm des
Bundes vorgeschlagen, das etwa bei einer Fortführung
der derzeitigen Entflechtungsmittel geschaffen werden
könnte.


Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724422800

Durch den vorliegenden SPD-Antrag haben wir

eine gute Gelegenheit, vor Ende der Legislatur einen

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Zu Protokoll ge

(C (D lick darauf zu werfen, wie weit die Regierung eigentch bei der Unterstützung von Open Access und wisenschaftsadäquaten Regelungen im Urheberrecht geommen ist. Das ist nämlich ein ziemlich trauriges apitel. Lassen Sie mich vorausschicken, dass die Fördeung von Open-Access-Publikationen im Wissenchaftsbereich für uns ein sehr wichtiges Thema ist. ir haben dazu bereits 2011 einen sehr umfassenden ntrag in den Bundestag eingebracht, der die verchiedenen Aspekte der Open-Access-Diskussion aufreift. Wir waren maßgeblich daran beteiligt, dass das hema Open Access auch im Rahmen der Internetnquete intensiv bearbeitet wurde. Die Empfehlungen azu wurden von allen Abgeordneten und Experten invernehmlich beschlossen und sollten vom Deutchen Bundestag in der nächsten Legislatur zügig aufegriffen werden. Dies ist schon notwendig, um nicht en Anschluss an internationale Entwicklungen in der cientific Community zu verlieren. Die große Bedeung des freien Zugangs zu publizierten Ergebnissen us öffentlich geförderter Forschung ist inzwischen nbestritten und muss hier nicht noch einmal erläutert erden. Die Kernforderungen des SPD-Antrages stimen mit den Enquete-Empfehlungen und den Vorschläen aus unserem grünen Antrag weitgehend überein, as erfreulich ist – auch wenn ich mir zu den mbargofristen bei der gesetzlichen Regelung eines nabdingbaren Zweitveröffentlichungsrechts klarere ussagen gewünscht hätte. Werfen wir aber jetzt mal einen Blick auf die trauige Gestaltungsbrache auf der Seite der Regierung: enn es nach dem schwarz-gelben Koalitionsvertrag inge, müsste der Bundestag in diesem Monat eigentch endlich das „Dritte Gesetz zur Regelung des rheberrechts in der Informationsgesellschaft“ verbschieden. Das war nämlich für diese Legislatur anekündigt. Doch aus diesem „dritten Korb“ mit chrankenregelungen zugunsten von Bildung und Wisenschaft ist bekanntlich leider nichts geworden, weil ie Koalitionäre sich nicht einigen konnten. Als einzige kleine Notmaßnahme hat es jetzt nur zu inem Gesetzentwurf für ein unabdingbares Zweitverffentlichungsrecht für wissenschaftliche Autorinnen nd Autoren gereicht. Ohne eine entsprechende Regeng würde das deutsche nationale Recht dem Openccess-Publizieren entgegenstehen. Das wäre schon iemlich peinlich, wenn man bedenkt, dass die Bundesgierung gerade nach Brüssel rapportiert hat, dass ie dem freien Zugang zu wissenschaftlichen Informaonen eine hohe Bedeutung beimisst und die EUommission plant, Open Access zu einer ihrer Förderedingungen im neuen Programm Horizont 2020 zu achen. Aber leider springt die Bundesregierung elbst bei diesem kleinen überfälligen Schritt zu kurz: tatt der geforderten Rechtssicherheit will die Bundesgierung nun zweierlei Recht beim wissenschaftlichen ublizieren schaffen. Wer nicht aus einer außeruniveritären Forschungseinrichtung oder einer Projektfor Dr. Petra Sitte gebene Reden Krista Sager )








(A) )

schungsförderung heraus publiziert, sondern aus sei-
ner normalen Arbeit an der Universität, soll vom
Zweitveröffentlichungsrecht explizit ausgeschlossen
werden. Das ist natürlich Unsinn und wird von der
Allianz der Wissenschaftsorganisationen zu Recht kri-
tisiert, genauso wie die vorgesehenen Embargofristen,
die fehlende Regelung zur Formatgleichheit und zur
Einbeziehung von Sammlungen.

Liebe Kollegen von der Koalition, da waren wir in
der Internet-Enquete doch schon gemeinsam weiter.
Auch mit dem Regelungsvorschlag des Bundesrates
gibt es doch eine brauchbare Vorlage. Geben Sie sich
bitte nicht mit dieser Open-Access-Alibivorlage der
Regierung zufrieden! Und lassen Sie um Gottes Willen
nicht zu, dass Ihre Rechtspolitiker noch weitere wis-
senschaftsfremde Verschlimmbesserungen hinzufügen!
Ich würde mich gerne am kommenden Mittwoch im
Wissenschaftsausschuss einmal positiv von den Koali-
tionsvertreterinnen und -vertretern überraschen las-
sen. Dann würde ich Sie vielleicht doch noch in guter
Erinnerung behalten.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724422900

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 17/13701 die Ablehnung des Antrags der Fraktion
der SPD auf Drucksache 17/12300. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von SPD
und Grünen bei Enthaltung der Linken angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 44 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Oliver
Kaczmarek, Silvia Schmidt (Eisleben), Dr. Ernst
Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Teilhabe ermöglichen – Forschung und Ent-
wicklung von Technologien und Design für
Alle intensivieren
– Drucksachen 17/13085, 17/13702 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Marcus Weinberg (Hamburg)

Oliver Kaczmarek
Dr. Martin Neumann (Lausitz)

Dr. Petra Sitte
Kai Gehring

Die Reden gehen zu Protokoll.


Marcus Weinberg (CDU):
Rede ID: ID1724423000

Heute debattieren wir über das „Design für Alle“

und die Chancen, die es allen Menschen bietet, am ge-
sellschaftlichen Leben teilzuhaben. Wir sind uns darin
einig, dass wir eine inklusive Gesellschaft sein wollen,
dass wir diese fördern wollen. Alle Menschen, ob mit

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(C (D der ohne Behinderung, sind wichtig. Unser Ziel ist es, ine barrierefreie Gesellschaft in allen Lebensbereihen zu gestalten. Es soll jedem möglich sein, ein elbstbestimmtes und eigenständiges Leben zu führen. as „Design für Alle“ ist ein wichtiger Baustein die er Freiheit. Das „Design für Alle“ vereinfacht das eben aller Menschen, indem es Barrieren für Menchen mit Behinderung vermeidet, aber auch die Beürfnisse verschiedener Altersgruppen und Kulturreise berücksichtigt. Deutschland hat die UN-Behindertenrechtskonvenon ratifiziert. Wir haben uns damit dazu verpflichtet, eeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit Menschen it Behinderungen umfassend an der Gesellschaft teilaben können. Zur Umsetzung der Konvention wurde or zwei Jahren der nationale Aktionsplan beschlosen. Dieser beinhaltet zwölf Handlungsfelder und sieen Querschnittsthemen für einen Zeitraum von zehn ahren. Er dient dazu, die Konvention Schritt für chritt umzusetzen. Unter dem Begriff der Barriereeiheit hat das Thema „Design für Alle“ Berücksichgung gefunden. Die Kollegen der SPD lassen im voregenden Antrag und auch in jeder Diskussion zu iesem Thema unerwähnt, dass dieser Aktionsplan xistiert, dessen zentraler Aspekt das „Design für lle“ ist. Auch der Koalitionsvertrag beschäftigt sich mit dieer Frage. Wir haben gezeigt, dass uns dieses Anliegen esonders wichtig ist. Die christlich-liberale Koalition at sich zur Förderung der Barrierefreiheit und des esigns für alle bekannt. Wir haben daher zu Beginn er Legislatur vereinbart, Vorhaben in den Bereichen ildung, Ausbildung und Beruf, Verkehr und Tourisus, Medien und Kommunikationstechnik bis hin zum tädtebau zu befördern: „Wir treten für eine tatsächlihe Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am esellschaftlichen Leben ein. Unser Ziel ist, die Rahenbedingungen für Menschen mit und ohne Behinde ungen positiv zu gestalten. Voraussetzung hierfür ist nter anderem die Barrierefreiheit in allen Bereichen on Schule über Ausbildung bis zum Beruf sowie von erkehr über Medien und Kommunikationstechnik bis in zum Städtebau. Politische Entscheidungen, die enschen mit Behinderungen direkt oder indirekt beeffen, müssen sich an den Inhalten der UN-Konvenon über die Rechte der Menschen mit Behinderungen essen lassen. Deshalb werden wir einen Aktionsplan ur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte on Menschen mit Behinderungen entwickeln.“ Der und betont also erkennbar die Bedeutung behindeungskompensierender Technologien und der Umsetung des universellen Designs in die Lebenswelt. Die Oppositionskollegen fordern nun eine nationale trategie zur Forschung und Entwicklung von Technogien und des „Designs für Alle“. Dafür ist zunächst ine Bestimmung des Begriffs entscheidend. „Design r Alle“ ist vor allem etwas, das nicht erklärt, nicht efiniert, nicht gemessen und nicht standardisiert weren kann. Aus diesem Grund ist es auch nicht möglich, )


(A) )

ein fertiges Endprodukt zu präsentieren; denn das uni-
verselle Design charakterisiert einen facettenreichen
Prozess, der durch spezifische Ausgangsvoraussetzun-
gen gekennzeichnet ist.

Der nicht eng begrenzte Begriff des „Designs für
Alle“ führt deshalb dazu, dass laufende Prozesse nicht
ohne Weiteres in bestimmte Regularien gepresst wer-
den können, da es äußerst schwierig ist, Forschungs-
und Entwicklungsaufgaben eindeutig abzugrenzen.
Dies müsste jedoch einer, wie von der SPD in ihrem
Antrag gefordert, nationalen Strategie zur Forschung
und Entwicklung zugrunde liegen. Auch die geforderte
Einrichtung einer neuen öffentlich geförderten Agen-
tur, die bestehende Forschungsansätze bündelt, Initia-
tiven bündelt und mit den bestehenden Akteuren wei-
terentwickelt, ist daher wenig sinnvoll.

Das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deut-
schen Bundestag, TAB, interpretiert das universelle
Design als singuläre Forschungsanstrengungen, die
dezentral in der Industrie, in Forschungseinrichtungen
und an Hochschulen durchgeführt werden, an Orten,
an denen die Kompetenzen vorhanden sind. Diese In-
terpretation überzeugt angesichts der Definition und
der bereits dargestellten Prinzipien des „Designs für
Alle“. Die Förderanstrengungen, die bisher existier-
ten, erfüllen also diese Interpretation und werden da-
mit dem Facettenreichtum und der Bedeutung als des
„Designs für Alle“ als Querschnittsaufgabe gerecht.

Die Forderung der SPD, Forschung und Entwick-
lung in diesem Bereich zu verstärken, ist nicht haltbar.
Behinderungskompensierende Technologien begrüße
ich, und ich kann auch die Forderung nach einem Kon-
zept des universellen Designs nachvollziehen, jedoch
ist der Bund bei den Forschungsvorhaben und Projek-
ten in allen Ressorts bereits engagiert und aktiv tätig.
So fördert er beispielsweise Modellvorhaben und Pro-
jekte wie das INCOBS, Informationsportal Computer-
hilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte, oder die
Datenbank REHADAT, die zum Ziel haben, den Hilfs-
mittelmarkt transparent darzustellen. Diese Hilfswerk-
zeuge sind nützlich, um schwerbehinderte Menschen
ins Arbeitsleben zu integrieren.

In den Rahmenprogrammen „IKT 2020“ und „Ge-
sundheitsforschung“ sind beim BMBF mehrere För-
derschwerpunkte angelegt, mit denen derzeit in
Projekte investiert wird, die Technologien und For-
schungsvorhaben aufgreifen, die zur Kompensation
von Behinderungen geeignet sind. Darüber hinaus die-
nen diese als Grundlage, um behinderungskompensie-
rende Technologien zu entwickeln. Zu diesen Rahmen-
programmen zählen 130 Teilprojekte mit dem Bezug zu
behinderungskompensierenden Technologien.

Das Bundeswirtschaftsministerium hat darüber hi-
naus im Jahr 2011 eine Studie mit dem Thema „Im-
pulse für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung
durch Orientierung von Unternehmen und Wirtschafts-
politik am Konzept für Design für Alle“ veröffentlicht,
die die wirtschaftlichen Vorteile für Unternehmen

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(C (D eutlich macht, die sich am Konzept des universellen esigns orientieren. Regelmäßig finden Konferenzen tatt, die die Ergebnisse der Studie verbreiten und Entcheidungsträger in der Wirtschaft für dieses Thema ensibilisiert. Diese Beispiele zeigen – ich hoffe, ich konnte das eranschaulichen –, dass der Bund nicht untätig ist. Was heute noch einmal deutlich wird: Das Thema eht uns alle an; es ist uns wichtig und lässt niemanen unberührt. – Der Antrag der SPD stellt allerdings ei der Frage der Umsetzung des „Designs für Alle“ eine konstruktive Erörterungsgrundlage dar. Wir treben weiterhin gemeinsam die inklusive Gesellchaft an und setzen uns zunehmend für das immer ichtiger werdende Ziel ein, die Lebensumwelt barriefrei zu gestalten. Der hier zu beratende Antrag ist icht ausschließlich geeignet, dieses Vorhaben in die at umzusetzen. Es ist wahrscheinlich noch ein nicht infacher Weg zu einer universell designten Lebenselt; dennoch werden wir diesen weiterhin konsequent egleiten. Barrieren prägen unseren Alltag. Für die meisten enschen ist es kein Problem, diese zu umgehen. Für enschen mit Behinderung, aber auch für alte oder sychisch kranke Menschen stellen Barrieren oft unberwindbare Hindernisse dar. Sie schließen diese enschen vom Alltag und damit von Teilhabe aus. Die inzige Chance für sie, eigenständig teilhaben zu könen, besteht oft darin, sie mit technischen Hilfsmitteln uszustatten, die ihre Einschränkung kompensieren, der Produkte, Bauten und Dienstleistungen so zu getalten, dass sie barrierefrei nutzbar sind. Genau an iesen Punkten setzt „Technologien und Design für lle“ an. Behinderungskompensierende Technologien besiten im Rahmen der Inklusionsdebatte einen wichtigen tellenwert. Hinter diesem sperrigen Begriff verbergen ich alle Technologien, durch die individuelle Fähigeiten unterstützt werden, damit für Menschen mit ehinderung möglichst geringe Barrieren für ihre eilhabe entstehen. Das Büro für Technikfolgenabschätzung des Deutchen Bundestages hat vor vier Jahren einen Bericht u den Chancen des Einsatzes dieser Technologien orgelegt. Dabei stand im Mittelpunkt die Frage, wie iese Technologien entwickelt werden können und arum die Forschung zu diesen Technologien in eutschland geringer ausgeprägt ist als in anderen ändern. Dabei sind sicher historische Entwicklungen Deutschland zu berücksichtigen. Das darf aber icht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass in anden Ländern die Entwicklung von behinderungskom ensierenden Technologien durch zahlreiche positive ahmenbedingungen gefördert wird. Der TAB-Bericht t seinerzeit zu dem Schluss gekommen, dass struktu ierte Forschung und Forschungsförderung in Marcus Weinberg gebene Reden )

Oliver Kaczmarek (SPD):
Rede ID: ID1724423100




(A) )

Deutschland nicht in dem Ausmaß vorhanden sind wie
in anderen Nationen.

Ein Erfahrungsaustausch, wie Technologien für
Menschen mit Behinderung entwickelt und weiterent-
wickelt werden könnten, ist nicht gewährleistet. Dabei
ist dieses Thema nicht nur im Rahmen der Inklusions-
debatte von herausragender Bedeutung. Infolge des
demografischen Wandels haben immer mehr ältere
Menschen in Deutschland einen immer größer werden-
den Bedarf an Technologien und Dienstleistungen, die
ihnen ermöglichen, ihren Alltag barrierefrei zu bewäl-
tigen.

Unser Antrag zielt darauf ab, den Bereich der be-
hinderungskompensierenden Technologien mit dem
Konzept des Designs für alle zu verbinden. Design für
alle ist die Gestaltung von Produkten, Umfeldern, Pro-
grammen und Dienstleistungen in der Weise, dass sie
von allen Menschen möglichst weitgehend ohne eine
Anpassung oder ein spezielles Design genutzt werden
können. Sie ermöglichen einen unkomplizierteren Ein-
satz von behinderungskompensierenden Technologien
auf dieser Grundlage. „Technologien und Design für
Alle“ sollen nach unserer Auffassung dabei Leitprinzi-
pien einer Strategie für Forschung und Entwicklung
entsprechender Produkte, Bauten und Dienstleistun-
gen sein. Wir wollen, dass bei der Konstruktion schon
mitgedacht wird, dass die Produkte den Prinzipien von
„Technologien und Design für Alle“ entspricht, also
barrierefrei nutzbar sind.

Drei Aspekte der Positionierung der SPD möchte
ich dabei besonders beleuchten:

Erstens geht es in unserem Antrag um den Bereich
der Forschungsförderung. Es ist unbestritten, dass es
seit Jahren etliche im Haushalt finanzierte Förde-
rungsvorhaben gibt. Noch nicht ausreichend gewähr-
leistet ist, wie diese bestehenden Ansätze zusammenge-
führt und akzentuiert werden könnten, um ihnen einen
höheren Stellenwert und damit auch eine größere
Verbreitung zu geben. Aus diesem Grund fordern wir
die Entwicklung einer nationalen Strategie für „Tech-
nologien und Design für Alle“, an der alle relevanten
Akteure aus Forschung und Entwicklung sowie der
Behindertenverbände beteiligt werden. Diese Strategie
könnte Teil eines neuen, klarer und zielorientierteren
Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Be-
hindertenrechtskonvention werden. Die Forschungs-
förderung wollen wir durch eine öffentlich geförderte
Agentur koordinieren. Das entspricht auch den Über-
legungen vieler Forscherinnen und Forscher in diesem
Bereich, die wir in den letzten Monaten dazu sprechen
konnten.

Zweitens ist es natürlich notwendig, Vorgaben und
Leitlinien für die Produktion und Konstruktion zu ent-
wickeln, die sowohl von Forschungseinrichtungen wie
auch der privaten Wirtschaft angewendet werden kön-
nen. Hier geht es wiederum um einen breiten Erfah-
rungsaustausch. Auch vonseiten der Wirtschaft gibt es
hieran ein großes Interesse, um eigene und öffentliche

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(C (D orschungsergebnisse zu bündeln und zu strukturien. Drittens sollte „Technologien und Design für Alle“ ster Bestandteil bei entsprechenden Ausbildungscur icula werden. Nur wenn Ingenieure, Techniker, Konsukteure, Informatiker usw. Kenntnis davon haben, elchen Leitprinzipien „Technologien und Design für lle“ folgt, können sie sie auch in der Entwicklung und onstruktion anwenden. Deshalb ist die Ausund eiterbildung der entsprechenden Berufsgruppen eine entrale Größe für behinderungskompensierende echnologien. Beispielsweise sind für die Barrierefreieit am Arbeitsplatz die Informationsund Kommuniationstechnologien von zentraler Bedeutung. Zurzeit ehandeln in Deutschland angehende Informatikerinen und Informatiker das Thema Barrierefreiheit jeoch in der Regel während ihres gesamten Studiums icht und schon gar nicht verpflichtend. Ähnliche Beipiele lassen sich für viele andere Disziplinen finden. Umfassende Barrierefreiheit und „Technologien nd Design für Alle“ bedingen einander. Wir wollen it unserem Antrag einen Anstoß liefern, diesem Zu ammenhang Aufmerksamkeit verleihen und es ermögchen, über Inklusion nicht immer wieder nur zu reen, sondern endlich konkret zu handeln. Von diesem nspruch scheint die noch amtierende Bundesregieung nur leider immer noch weit entfernt zu sein. Unsere Gesellschaft besteht aus lauter verschiede en Menschen, manche mit leicht erkennbarer Behinerung, andere mit Beeinträchtigungen, die nicht auf en ersten Blick zu sehen sind; alle mit den unterchiedlichsten Eigenschaften, die ihnen das Leben ichter oder schwerer machen. Unsere Aufgabe als olitiker ist es, dafür zu sorgen, dass alle Menschen m gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. In dem Bericht zu „Chancen und Perspektiven ehinderungskompensierender Technologien am Areitsplatz“ beschreibt das Büro für Technikfolgenbschätzung, welche gesamtgesellschaftliche Gestalngsaufgabe hier vor uns liegt im Hinblick auf die eteiligung am Arbeitsprozess und im Arbeitsleben. Im täglichen Leben hat sich in den letzten Jahren iel verändert. Das Stichwort heißt „Barrierefreiheit“, an könnte das vielleicht als den Vorläufer unseres eutigen Themas „Design für Alle“ bezeichnen. Ramen und schiefe Ebenen sorgen dafür, dass Menschen it Gehhilfen oder mit Rollstuhl Gebäude betreten und erlassen können. Das Vermeiden von Schwellen, tufen und Absätzen dient demselben Zweck. Sich elbst öffnende Türen und Fahrstühle mit erreichbaren edienfeldern, mit großer Schrift, mit für Blinde lesban Schriftzügen und akustischen Signalen sind weitere eispiele. Es ist also möglich, vielfältige mögliche Beinträchtigungen im täglichen Leben zu berücksichtien. Viele Produkte und Dienstleistungen können so estaltet werden, dass sie weitestgehend von jeder Oliver Kaczmarek gebene Reden )

Dr. Peter Röhlinger (FDP):
Rede ID: ID1724423200




(A) )

mann benutzt werden können. Die Notwendigkeit für
ein spezielles Design sehe ich eher nicht.

Wenn das Konzept „Design für Alle“ eine Weiter-
entwicklung des Prinzips der Barrierefreiheit darstellt,
dann ist es Teil eines Gestaltungsprozesses mit dem
Ziel, die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit möglichst für
alle Menschen zu gewährleisten. Das bedeutet, dass
die gebaute Umwelt, Produkte und Dienstleistungen
immer konsequenter so gestaltet sein sollen, dass sie
sicher, gesund, funktional, leicht verständlich, ästhe-
tisch anspruchsvoll und auch nachhaltig sind. Sie sol-
len die menschliche Vielfalt berücksichtigen und sich
nicht diskriminierend auswirken. Daraus ergibt sich
nach und nach ein Paradigmenwechsels weg vom Für-
sorgeprinzip, hin zu mehr Selbstbestimmung und Teil-
habe auch der Menschen mit Einschränkungen, Beein-
trächtigungen oder Behinderungen.

Eine wichtige Voraussetzung für mehr Selbstbestim-
mung ist die möglichst dauerhafte Teilhabe am
Arbeitsleben. Das bedeutet auch für Menschen mit
Behinderung weit mehr als nur finanzielle Unabhän-
gigkeit. In diesem Bereich ist noch viel zu tun; hier gibt
es zwischen Menschen mit und ohne Behinderung noch
erhebliche Unterschiede.

Eine inklusive Gesellschaft, wie wir sie uns vorstel-
len, muss sich daher auch der Aufgabe stellen, Techno-
logien zu entwickeln und einzusetzen, die bestimmte
Behinderungen kompensieren können. Es geht um die
Frage: Wie geht ein Mensch mit einer oder mehreren
Behinderungen mit dem von mir entwickelten Produkt
um, und ist es für „multiple use“ geeignet? Das ist
wichtig, aber das erreichen wir nicht mit mehr Büro-
kratie, sondern auf dem Weg, den wir längst beschrit-
ten haben.

„Design für Alle“ soll überall als Thema präsent
sein. Es soll als Führungsaufgabe in allen Bundes-
ministerien verankert werden. Es soll auch in allen
Forschungs- und Entwicklungsstrukturen berücksich-
tigt werden. Es soll auf allen Ebenen ins Bewusstsein
dringen und üblich werden.

Eine eigene Förderlinie, über die bestehenden In-
strumente hinaus, halten wir demgegenüber eher für
kontraproduktiv.


Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724423300

Die Linke wird dem Antrag zustimmen, denn er geht

in die gleiche Richtung wie viele parlamentarische Ini-
tiativen meiner Fraktion. Und er ist nötig und hilf-
reich: vier Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behinder-
tenrechtskonvention als innerstattliches Recht in
Deutschland und vier Jahre nach Vorlage des Berichts
„Chancen und Perspektiven behinderungskompensie-
render Technologien am Arbeitsplatz“, Bundestags-
drucksache 16/13860, vom Büro für Technikfolgenab-
schätzung beim Deutschen Bundestag, TAB.
Vergangen sind vier Jahre, in denen zwar viel über die
UN-Behindertenrechtskonvention geredet wurde, aber
sich kaum etwas im wirklichen Leben von Menschen

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(C (D it Behinderungen zum Positiven veränderte. Vier ahre brauchte es, um das Unwort „Inklusion“ – imerhin gibt es dieses Wort in der „amtlichen“ deut chen Übersetzung der UN-Behindertenrechtskonvenon nicht – zu einem Modewort zu entwickeln. eutzutage vergeht kaum ein Tag, an dem nicht wichge oder sich wichtig nehmende Politikerinnen und olitiker über „Inklusion“ reden, ohne zu wissen oder u begreifen, was damit gemeint ist, geschweige denn, ich ernsthaft für eine inklusive Gesellschaft einzuseten. Denn: Hätten sie es verstanden, wären wir bei der ntwicklung und Herstellung von Produkten und ienstleistungen, die dem Konzept des universellen esigns entsprächen, schon viel weiter. Deswegen ärgern mich – in der Beschlussempfehng auf Bundestagsdrucksache 17/13702 für alle achlesbar – die Ablehnung des Antrags durch CDU/ SU und FDP und die dafür herangezogenen Begrünungen ebenso wie die Stimmenthaltung der Grünen. ilfreicher wäre gewesen, mit Änderungsvorschlägen en Antrag zu verbessern. Dafür schien aber Wille und eist zu fehlen. Der Antrag fordert dazu auf, im Rahmen einer naonalen Strategie Leitlinien festzulegen und Barriereeiheit zum festen Bestandteil auch von Berufsausbilung und Hochschulstudium zu machen. Dies hält die raktion Die Linke für sehr wichtig. Ergänzen möchte h: Es sollte auch zum Grundlagenstudium für jede olitikerin und für jeden Politiker gehören. Notwendig t auch, Menschen mit Behinderungen und ihren Oranisationen wesentlich mehr Mitsprache bei Technogieförderungen einzuräumen. Sie sind die Experten eigener Sache und sie haben auch nach der UN-Be indertenrechtskonvention, Art. 4, einen Anspruch daauf. Natürlich geht es nicht nur um ein „paar Behinerte“; es geht um Ältere, um Schwangere, um Kranke, m Menschen mit kleinen Kindern etc., um alle, die im lltag oftmals auf ganz einfache Probleme stoßen. nd es schafft mehr Komfort für alle. Zu den inhaltlichen Aspekten des Antrags möchte h mich hier nicht noch einmal ausführlich äußern, ondern ich möchte auf meine Rede in der ersten Leung am 18. April 2013 verweisen. Diese und vieles eitere dazu finden Sie auf meiner Homepage ww.ilja-seifert.de. Barrierefreiheit und „Design für Alle“ sind kein eues Thema. Bereits am 15. August 1991 hatte ich ich dazu in einer für mich eigenen Art, nämlich mit inem Gedicht geäußert, welches ich Ihnen hiermit um Abschluss mit auf den Weg geben möchte: Die Alpen sind Nicht für mich gefaltet. Berge Verweigern Dem Rollstuhl Den Weg. Aufwärts Nicht anders Als abwärts. – Trotzdem War ich da. Dr. Peter Röhlinger gebene Reden )





(A) )

Venedig ist
Nicht für mich gebaut. Kanäle
Tragen
Den Rollstuhl
Nicht. Und viele Brücken
Sind stufig. – Dennoch
War ich da.
Freunde
Traf ich und
Weniger
Erfreute. Die Welt ist
Nicht eingestellt
Auf mich, auf
Meine Lebensweise. – Aber
Ich
bin
da!


Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724423400

Damit das für die Entwicklung unserer Gesellschaft

zentrale Ziel der Inklusion auch durch technischen
Fortschritt befördert wird, bedarf es einer bewussten
forschungs- und wissenschaftspolitischen Schwer-
punktsetzung in diesem Bereich. Im Zuge dessen müs-
sen Forschung, Entwicklung und Wissenstransfer bei
behinderungskompensierenden Technologien verstärkt
werden.

Technik kann und muss dazu beitragen, behin-
dernde Faktoren zu beseitigen oder zumindest abzu-
mildern. Technologien und Prozesse müssen so verän-
dert werden, dass sie unterschiedlichen Fähigkeiten
Rechnung tragen und allen Menschen zugänglich sind.
Inklusion ist in diesem Sinne ein wichtiger Anwen-
dungsbereich innovativer Forschung und Entwick-
lung. Ihre Forschungsergebnisse und daraus resultie-
rende Innovationen können das Leben vieler
Menschen erleichtern und Teilhabe besser ermögli-
chen. Ein praktisches Beispiel sind spezielle Smart-
phone-Funktionen, die es stark kommunikationseinge-
schränkten Menschen ermöglichen, intensiver und
zielgerichteter mit personellen Assistenzen zu kommu-
nizieren. Auch die Sicherheit der betroffenen Men-
schen kann durch neue Notruffunktionen verbessert
werden. Durch vernetzte und interdisziplinäre For-
schungsansätze gilt es, gerade auch die Forschung
über die Zusammenarbeit mit personellen Assistenzen
zu verstärken und bei der weiteren technologischen
Entwicklung von Anfang an mitzudenken. Forschung
und Entwicklung in diesem Bereich nützen der gesam-
ten Gesellschaft. Von ihr profitieren neben Menschen
mit Behinderungen auch eine wachsende Zahl von
Hochbetagten.

Ich begrüße am vorliegenden Antrag der SPD, dass
er sich auf den von unserer Fraktion in der letzten Le-
gislatur initiierten Bericht des Büros für Technikfol-
genabschätzung „Chancen und Perspektiven behinde-
rungskompensierender Technologien am Arbeitsplatz“
bezieht und einige darin enthaltene Aspekte aufgreift.
Der Bericht hat einen Beitrag zum Perspektivwechsel

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Zu Protokoll ge

(C (D on der Behindertenfürsorge zur echten Inklusion geistet. Allerdings betrachtet die SPD das Thema leider icht in der auch im Bericht dargestellten Bandbreite. mfassende Teilhabe setzt aus unserer Sicht einen ingrativen technologiepolitischen Ansatz voraus: Neen den in dem Antrag genannten Konzepten von Technologie und Design für alle“, die sich auf die Beeitigung von Beschränkungen in Umwelt und Umgeung beziehen, müssen auch die bereits erwähnten asistiven Technologien einbezogen und integriert etrachtet werden. Der Antrag fordert die Bundesregierung unter anerem auf, eine nationale Strategie zu entwickeln, Forchung zu intensivieren, das Thema als Querschnittsufgabe voranzutreiben sowie es in der Ausbildung zu erankern. Diese Forderungen gehen in die richtige ichtung. Nicht benannt wird jedoch, welche Fragetellungen konkret angegangen werden sollen. So fehlt um Beispiel eine Forderung nach empirischer Bearfserhebung, damit die Forschung nicht an den Beürfnissen der Betroffenen vorbeigeht. Notwendig sind ermehrte Bedarfsforschung und Anwendungsanalyen verbunden mit einer besseren Einbeziehung der nwenderinnen und Anwender. Die Bundesregierung hat mit der Antwort auf unere Kleine Anfrage „Forschung an behinderungsompensierenden Technologien am Arbeitsplatz“ geeigt, dass sie ihrer Verantwortung für eine solche oordinierte Bedarfserhebung nicht nachkommen will. ie Identifikation von Implikationslücken wurde von er Regierung zwar bereits 2011 angekündigt – ebenso ie die Erarbeitung von Maßnahmen –, um den Transr von der Modellphase in die Regelversorgung zu be chleunigen. Die Umsetzung dieser Ankündigungen ist ie Bundesregierung leider weitgehend schuldig gelieben. Auch die Situation von Menschen mit Behinerungen auf dem Arbeitsmarkt ist nicht hinreichend mpirisch erfasst. Deshalb ist eine Marktund Potenialanalyse kaum möglich. Wir halten es insofern für innvoll, einen mehrdimensionalen Ansatz im Bereich ehinderungskompensierender Technologien zu verlgen und das Thema nicht auf „Technologien und esign für alle“ einzuengen. Bei der Beratung des Themas im Bildungsausschuss urde kontrovers diskutiert, ob eine eigene Förderliie für diesen Bereich tatsächlich der richtige Weg ist. enkbar und möglicherweise zielführender wäre es, as Thema „behinderungskompensierende Technoloien“ stärker in andere Förderlinien mit anwendungsrientierten Forschungsvorhaben zu integrieren. Eine u starke Einengung der Forschungsförderung würde ämlich die Breite der Thematik verkennen, die von er Zugänglichkeit im Bereich E-Learning bis hin zur erücksichtigung des „Designs für alle“ bei der Stadtlanung und im Bauordnungsrecht reicht. Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtsonvention hat sich Deutschland verpflichtet, die volle erwirklichung der Menschenrechte und Grundfreieiten für alle Menschen mit Behinderungen zu ge Dr. Ilja Seifert gebene Reden Kai Gehring )








(A) )

währleisten und eine umfassende Teilhabe zu ermögli-
chen. Auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft
kommt es darauf an, die möglichst umfassende Teil-
habe aller Menschen auch technologisch zu ermögli-
chen. Unser Ziel ist es deshalb, die Ansätze behinde-
rungskompensierender Technologien zu integrieren
und bei Forschung, Entwicklung und Umsetzung um-
fassend mitzudenken.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724423500

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 17/13702, den Antrag der Fraktion der SPD auf
Drucksache 17/13085 abzulehnen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von SPD
und Linken bei Enthaltung der Grünen angenommen.

Ich rufe die Zusatzpunkte 14 und 15 auf:

ZP 14 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch,
Renate Künast, Bärbel Höhn, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

Für eine moderne und nachhaltige Verbrau-
cherpolitik

– Drucksachen 17/12694, 17/13761 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Mechthild Heil
Elvira Drobinski-Weiß
Dr. Erik Schweickert
Caren Lay
Nicole Maisch

ZP 15 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Elvira Drobinski-
Weiß, Willi Brase, Petra Crone, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der SPD

Lage der Verbraucherinnen und Verbraucher
verbessern

– Drucksachen 17/12689, 17/13274 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Mechthild Heil
Elvira Drobinski-Weiß
Dr. Erik Schweickert
Caren Lay
Nicole Maisch

Die Reden gehen zu Protokoll.1)

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1) Anlage 19 2)

(C (D Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst Zusatzpunkt 14. Der Ausschuss für Ernähng, Landwirtschaft und Verbraucherschutz empfiehlt in einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/13761, en Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf rucksache 17/12694 abzulehnen. Wer stimmt für diese eschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen mit en Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimen der Linken und der Grünen bei Enthaltung der SPD. Zusatzpunkt 15. Der Ausschuss für Ernährung, Landirtschaft und Verbraucherschutz empfiehlt in seiner Be chlussempfehlung auf Drucksache 17/13274, den Anag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/12689 bzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehng? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Be chlussempfehlung ist angenommen mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von SPD nd Grünen bei Enthaltung der Linken. Tagesordnungspunkt 45 sowie Zusatzpunkt 16: 45 Beratung des Antrags der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wildtierhandel und -haltung in Deutschland einschränken und so den Tierund Artenschutz stärken – Drucksache 17/13712 – P 16 Beratung des Antrags der Abgeordneten Sabine Stüber, Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Tierund Artenschutz durch Beschränkung des Wildtierhandels stärken – Drucksache 17/13713 – Die Reden gehen zu Protokoll.2)


Wir kommen zu dem Antrag der Fraktionen von SPD
nd Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/13712
owie zu dem Antrag der Fraktion Die Linke auf Druck-
ache 17/13713. Die Fraktionen der SPD und des Bünd-
isses 90/Die Grünen sowie die Fraktion Die Linke
ünschen jeweils Abstimmung in der Sache. Die Frak-
onen der CDU/CSU und der FDP wünschen jeweils
berweisung, und zwar federführend an den Ausschuss
r Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie
itberatend an den Ausschuss für Ernährung, Landwirt-

chaft und Verbraucherschutz.

Wir stimmen nach ständiger Übung über die Anträge
uf Ausschussüberweisung zuerst ab. Ich frage deshalb:
er stimmt für die beantragte Überweisung? – Gegen-

timmen? – Enthaltungen? – Die Überweisungen sind
amit so beschlossen mit den Stimmen der Koalitions-
aktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfraktio-
en. Deswegen stimmen wir heute noch nicht in der Sa-
he ab. Das ergibt sich ja automatisch.

Anlage 14





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Tagesordnungspunkt 46:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Stefan
Schwartze, Gabriele Fograscher, Rainer Arnold,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Volker Beck (Köln),
Cornelia Behm, Claudia Roth (Augsburg), weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Anerkennung der an den ehemaligen sowjeti-
schen Kriegsgefangenen begangenen Verbre-
chen als nationalsozialistisches Unrecht und
Gewährung eines symbolischen finanziellen
Anerkennungsbetrages für diese Opfergruppe

– Drucksache 17/13710 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Innenausschuss (f)

Petitionsausschuss
Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss
Federführung strittig

Die Reden gehen zu Protokoll.


Manfred Kolbe (CDU):
Rede ID: ID1724423600

Nach allgemeinem Völkerrecht wird ein Ausgleich

für Kriegsgefangenschaft ausschließlich durch Repa-
rationsvereinbarungen auf der Ebene der beteiligten
Staaten geregelt. Nach umfangreichen Reparations-
entnahmen aus der sowjetischen Besatzungszone hat
die ehemalige Sowjetunion durch eine Regierungser-
klärung vom 22. August 1953 gegenüber Deutschland
ausdrücklich auf weitere Reparationen verzichtet.
Nach Völkerrecht gilt dieser Verzicht auch für die Rus-
sische Föderation, die die ehemalige Sowjetunion fort-
setzt, sowie die Nachfolgestaaten der ehemaligen Sow-
jetunion und alle Staatsangehörigen dieser Staaten.

Mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12. September
1990 zwischen beiden deutschen Staaten und den vier
Siegermächten des Zweiten Weltkriegs, dem die der
KSZE angehörenden Staaten in der Charta von Paris
am 21. November 1990 zugestimmt haben, fanden die
äußeren Aspekte des deutschen Einigungsprozesses
ihre endgültige Erledigung. Der Zwei-plus-Vier-Ver-
trag hatte abschließenden Charakter. Den Vertrags-
partnern sowie den zustimmenden KSZE-Staaten war

(friedenslungen über rechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg einschließlich der Reparationsfrage nicht geben werde. Im Zusammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung wurden im Jahre 1993 Vereinbarungen zugunsten von NS-Opfern mit den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, der Republik Weißrussland, der Russischen Föderation und der Ukraine, geschlossen. Die Bundesrepublik Deutschland stellte dabei Mittel in Höhe von 1 Milliarde D-Mark den Stiftungen in Minsk, Moskau und Kiew zur Verfügung. Die Mittel waren für ehemals sowjetische Bürger bestimmt, die durch das na ti s w a S s s te g 2 V a g v n A in fo v G M d s S to 4 g b a d o P R R d P d h M H a b fa a ß li z d s s v ü ti (C (D onalsozialistische Regime verfolgt wurden, dadurch chwere Gesundheitsschäden erlitten und sich in einer irtschaftlichen Notlage befinden. Die Leistungsvorussetzungen im Einzelnen wurden von den jeweiligen tiftungen bzw. den Regierungen festgelegt, einchließlich der Schwere des zugefügten Gesundheitschadens und der gegenwärtigen Notlage. Die Bundesrepublik Deutschland hatte auf die Mitlvergabe keinen Einfluss, die Verteilung geschah eienverantwortlich seitens der Empfängerstaaten. Bei den internationalen Verhandlungen im Jahr 000, die der Errichtung der Stiftung „Erinnerung, erantwortung und Zukunft“, EVZ, unter Beteiligung uch der Nachfolgestaaten der Sowjetunion vorausingen, bestand Einigkeit, vormalige Kriegsgefangene on den Leistungen der Stiftung ausdrücklich auszuehmen. Dem ist der deutsche Gesetzgeber in § 11 bs. 3 des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Ernerung, Verantwortung und Zukunft“, EVZStiftG, gelgt. Alle übrigen Zwangsarbeiter, die nicht den Status on Kriegsgefangenen hatten, konnten unter den im esetz genannten Bedingungen Leistungen aus den itteln der Stiftung EVZ erhalten. Nach dem Willen es Gesetzgebers sollen die Zahlungen für diesen Peronenkreis abschließenden Charakter haben. Nach Beendigung des Auszahlungsprogramms der tiftung EVZ wurden durch einen Beschluss des Kurariums und der Rechtsaufsicht Restmittel in Höhe von 0 Millionen Euro für humanitäre Maßnahmen zuunsten von NS-Opfern bereitgestellt. Die Programme einhalteten Kuraufenthalte, Augenoperationen und ndere medizinische Hilfen. Diese Programme stanen auch ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen ffen. Diese Möglichkeit haben die genannten drei artnerorganisationen in Belarus, der Ukraine und ussland in unterschiedlichem Umfang genutzt. Im ahmen weiterer Programme der Stiftung aus Mitteln es Fonds „Erinnerung und Zukunft“ wurden einzelne rojekte bewilligt, die eine Würdigung des Schicksals er sowjetischen Kriegsgefangenen zum Gegenstand atten. Dies waren Begegnungsprogramme junger enschen mit Zeitzeugen oder bestimmte medizinische ilfsprojekte. Die jetzt von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bebsichtigte Anerkennungsleistung ließ sich aus Gleichehandlungsgründen nicht auf sowjetische Kriegsgengene beschränken. Auch die Kriegsgefangenen nderer Länder, zum Beispiel aus Polen, wurden äuerst schlecht behandelt und weisen eine hohe Sterbchkeitsrate auf. Umgekehrt war zudem nicht zuletzt u berücksichtigen, dass unrechtmäßig zugefügte Leien auch deutschen Kriegsgefangenen widerfahren ind und einseitige Regelungen nicht infrage kommen ollten. Gerade die Sowjetunion hat im Übrigen in den on ihr im Rahmen des Hitler-Stalin-Paktes 1939 berfallenen Gebieten Ostpolen, Finnland und im Balkum Kriegsverbrechen begangen, zum Beispiel Ka )


(A) )

tyn, und dies bis zum Ende geleugnet, geschweige denn
Anerkennungen irgendwelcher Art geleistet.

Meine Fraktion lehnt deshalb den Antrag von SPD
und Bündnis 90/Die Grünen ab, da, wenn überhaupt,
diese Frage nur einmal in einem internationalen Rah-
men einer befriedigenden Lösung zugeführt werden
kann.


Stefan Schwartze (SPD):
Rede ID: ID1724423700

Fünfeinhalb Jahre ist es nun her. Seitdem beschäftigt

sich der Deutsche Bundestag mit dem Anliegen: Wie
können wir die an den ehemaligen sowjetischen Kriegs-
gefangenen begangenen Verbrechen anerkennen? Und
ich möchte klar deutlich machen: Ich bedaure diese
lange Zeitspanne sehr. Denn diese Zeitspanne und die
Handlungsverweigerung der Koalitionsfraktionen ha-
ben enorme Auswirkungen auf die überlebenden Opfer
nationalsozialistischer Kriegsgefangenschaft. Denn
das Vergeuden der Zeit führt dazu, dass wir bald nie-
manden mehr haben, den wir entschädigen können.

Als der Verein Kontakte-Kontakty vor über fünf Jah-
ren, also noch in der vergangenen Legislaturperiode,
seine Petition einreichte, war das Ziel, über 10 000
ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen eine sym-
bolische finanzielle Anerkennung zu gewähren. Heute
leben nur noch circa 4 000 betroffene Opfer. Daher
müssen wir jetzt handeln; denn eines ist klar: Wir ha-
ben keine Zeit mehr. Ich fordere die Regierungsfraktio-
nen auf, sich uns anzuschließen, damit wir den verblie-
benen Opfern schnell helfen können.

Doch leider bleibt es mir verwehrt, nochmals direkt
im Plenum auf die Koalition einzuwirken. Unser An-
trag wurde als fast letzter Punkt auf die Tagesordnung
gesetzt. Es zeichnet sich ein Muster ab. Denn wir als
SPD-Fraktion haben einiges unternommen, um mit der
Koalition ins Gespräch zu kommen. Diverse Bericht-
erstattergespräche fanden statt. Bis auf die Union
zeigten alle Fraktionen Interesse an dem Thema. Die
Union war teils nicht einmal vertreten. Es fehlte uns
gänzlich die Möglichkeit, in einen fairen Diskussions-
dialog einzusteigen. Sogar die FDP zeigte Verständnis
für das Anliegen, nur möchte man es sich nicht mit dem
Regierungspartner verscherzen, jedenfalls nicht bei
diesem Thema.

Dabei liegen die Fakten auf dem Tisch. Im Rahmen
des Petitionsverfahrens haben wir den Wissenschaftli-
chen Dienst mit verschiedenen Ausarbeitungen beauf-
tragt. Die Ergebnisse sind klar. An den sowjetischen
Kriegsgefangenen wurde Völkermord begangen.

Es ist dokumentiert, dass die sowjetischen Kriegs-
gefangenen unter dem NS-Regime ein Schicksal zu
erleiden hatten, das sie von allen anderen von
Deutschland im Zweiten Weltkrieg inhaftierten Kriegs-
gefangenen unterschied. Etwa 5 Millionen sowjetische
Militärangehörige wurden gefangen genommen,
3,2 Millionen von ihnen völkerrechtswidrig ermordet
oder durch die grausamen Bedingungen in den Gefan-
genenlagern getötet.

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Zu Protokoll ge

(C (D 630 000 sowjetische Kriegsgefangene wurden zur wangsarbeit nach Deutschland verschleppt. Nach er jüdischen Opfergruppe sind die ehemaligen sowjeschen Kriegsgefangenen die zweitgrößte Opferruppe des Nationalsozialismus. Unter KZ-ähnlichen edingungen wurden sie millionenfach „durch Arbeit ernichtet“ oder man hat sie verhungern lassen. Im egensatz zu anderen alliierten Kriegsgefangenen gab s bei sowjetischen Kriegsgefangenen einen klaren ernichtungswillen. Sie waren rechtlos der rassistischen Ideologie des S-Regimes ausgesetzt. Sie galten – wie die zivilen owjetischen Zwangsarbeiter – dem NS-Regime als Untermenschen“. Der Schutzstatus des Kriegsgefanenen nach der Genfer Konvention, der ihnen ein Miimum an menschlichen Bedingungen garantiert hätte, urde den sowjetischen Kriegsgefangenen – im Geensatz zu den Kriegsgefangenen aus den westalliiern Streitkräften – vom NS-Regime bewusst verwehrt. Die Überlebenden sahen sich bei ihrer Rückkehr in ie Sowjetunion mit Vorwürfen der Kollaboration konontiert; viele erlebten erneute Verfolgung und Reression. Die Kriegsgefangenen, die die Verfolgung nd den unmenschlichen Einsatz überlebt haben, leien bis heute unter den gesundheitlichen, sozialen und oralischen Auswirkungen der genannten Verfolgung. azu gehört auch, dass ihnen ein Status als Verfolgte es NS-Regimes und eine Berücksichtigung in dem ystem der Entschädigung von NS-Unrecht durch eutschland verwehrt blieb. Bei der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und ukunft“ zur Entschädigung ehemaliger NS-Zwangsrbeiter gab es circa 20 000 Anträge auf Entschädiung, die alle abgelehnt werden mussten unter Hineis auf § 11 Abs. 3 StiftG: „Kriegsgefangenschaft egründet keine Leistungsberechtigung.“ Kriegsgengene erhalten nach der Praxis der Bundesregierung nd der Bundesstiftung nur Leistungen, wenn sie in eiem Konzentrationslager inhaftiert wurden. Die überbt haben, wurden nach der Rückkehr in die Sowjetnion der Kollaboration verdächtigt. 13 Prozent amen in Lagerhaft; viele kamen in „Arbeitsbatailne“, wurden gesellschaftlich diskriminiert und erst 995 vollständig rehabilitiert. Bis heute ist ihr Leben on den Erfahrungen dieser Jahre überschattet. Doch diese Informationsdichte, die wir nun haben, ar nicht die einzige Möglichkeit, sich über dieses hema zu informieren. An dieser Stelle möchte ich ich ausdrücklich für die Arbeit des Vereins Kontakteontakty bedanken. Nicht nur, dass sie uns ihr Anlieen geäußert haben, nein, sie standen uns jahrelang ls Gesprächspartner zur Verfügung und brachten uns em Thema äußerst nah. Nicht zu vergessen ist auch ie Ausstellung „Russenlager“ – Erinnerungen sowjescher Kriegsgefangener. Gerne hätte ich diese Austellung hier im Bundestag gesehen. Vielleicht hätte ine anschauliche Darstellung der Einzelschicksale eholfen, den Verweigerern die Augen zu öffnen. chaut man sich die Ausstellung an und liest die Briefe Manfred Kolbe gebene Reden )





(A) )

der Betroffenen, kommt man nicht umher, die erlittenen
Schicksale zu würdigen.

Zudem möchte ich hier das enorme Engagement des
Vereins würdigen. Der Verein schafft es von Jahr zu
Jahr, Spenden zu sammeln, um dieses Geld den verges-
senen sowjetischen Opfern des Nationalsozialismus
zukommen zu lassen. Dies ist nicht nur ein außeror-
dentlicher Akt der Nächstenliebe. Der Verein leistet ei-
nen außerordentlichen Beitrag für die Völkerverstän-
digung zwischen Deutschland und Russland und
ehemaligen Ländern der Sowjetunion. Nicht umsonst
erhielt er 2002 die Carl-von-Ossietzky-Medaille für
die Ost-West-Völkerverständigung.

Ich bewundere diesen Einsatz; denn dadurch erhal-
ten die Opfer zumindest eine kleine Entschädigung und
sehen Deutschland aus einem anderen Blickwinkel –
eine Aufgabe, die eigentlich vom Deutschen Bundestag
übernommen werden müsste.

Ich erinnere auch an die vereinbarte Debatte am
30. Juni 2011 zum 70. Jahrestag des Überfalls Deutsch-
lands auf die Sowjetunion. Dort sagte Wolfgang
Gerhart: „Wir müssen täglich ein Stück menschliches
Zusammenleben organisieren.“ Dazu ist nun Gelegen-
heit.

Ich bitte Sie noch einmal, Ihre Haltung zu überden-
ken. Nächste Woche werden wir in den Ausschüssen
darüber sprechen. Die Zeit drängt!


Holger Krestel (FDP):
Rede ID: ID1724423800

Das im Zweiten Weltkrieg verübte Unrecht sprengt

unsere Vorstellungkraft. Die menschenunwürdige Be-
handlung sowjetischer Kriegsgefangener war nur eine
von vielen Menschenrechtsverletzungen, die sich die
Kriegsgegner gegenseitig antaten, und bis heute be-
dauern wir all ihre Opfer. Im Bewusstsein ihrer Verant-
wortung für das von Deutschen verursachte Unrecht
haben alle Bundesregierungen daher nach Kräften auf
Wiedergutmachung und Versöhnung hingewirkt. Die
Bundesregierung hat sich dabei stets bemüht, keine
einseitigen Lösungen zu finden, sondern stets mit den
Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion zusam-
menzuarbeiten.

Ein Ausgleich für Kriegsgefangenschaft wird nach
allgemeinem Völkerrecht ausschließlich durch Repara-
tionsvereinbarungen auf Ebene der beteiligten Staaten
geregelt. Am 22. August 1953 hat die ehemalige Sowjet-
union in einer Regierungserklärung ausdrücklich auf
weitere Reparationszahlungen gegenüber Deutsch-
land verzichtet, nachdem umfangreiche Reparations-
entnahmen aus der sowjetischen Besatzungszone voll-
zogen wurden. Als völkerrechtlicher Rechtsnachfolger
gilt dies auch für die Russische Föderation sowie die
weiteren Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjet-
union. Keiner dieser Staaten hat bis heute weitere An-
sprüche an die Bundesrepublik Deutschland geltend
gemacht.

Im Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12. September 1990
wurde dieser abschließende Charakter noch einmal

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Zu Protokoll ge

(C (D estätigt. Sämtliche Vertragspartner haben zugetimmt, dass es weitere vertragliche Regelungen über chtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Zweiten eltkrieg einschließlich der Reparationsfrage nicht eben werde. Um sämtliche Restzweifel aus dem Weg zu räumen nd möglicherweise nichtbeachtete Opfer auch entchädigen zu können, wurden im Jahre 1993 im Rahen der deutschen Wiedervereinigung und in Koope ation mit der Republik Weißrussland, der Russischen öderation und der Ukraine Stiftungen in Minsk, oskau und Kiew gegründet. Diesen wurde 1 Mil arde D-Mark zur Verfügung gestellt, um ehemalige owjetische Bürger entschädigen zu können, welche urch die Verfolgung durch das nationalsozialistische egime schwere Gesundheitsschäden erlitten hatten nd sich in einer schweren wirtschaftlichen Lage benden. Die Verteilung der Gelder unterlag hierbei usschließlich den Stiftungen bzw. den Regierungen er Empfängerstaaten. Am 2. August 2000 wurde zudem die Stiftung „Erinerung, Verantwortung und Zukunft“ von der damals t-grünen Bundesregierung und der Stiftungsinitia ve der deutschen Wirtschaft ins Leben gerufen und it 10 Milliarden D-Mark ausgestattet, um ehemalige wangsarbeiter des NS-Regimes zu entschädigen. Das isherige Rechtsverständnis wurde hierbei bestätigt, nd es war Konsens zwischen allen beteiligten Staaten, echtsfolgen aus der Kriegsgefangenschaft angesichts er Reparationsthematik grundsätzlich auszuschlieen. Die einzige Ausnahme bildeten Kriegsgefangene, elche sich in Konzentrationslagern befanden. Diese osition entspricht dem Gegenteil dessen, was die eutigen Antragsteller im Jahr 2000 umgesetzt haben. Es wurden also sämtliche völkerrechtliche Vorgaen eingehalten und über viele Jahrzehnte zahlreiche ahlungen getätigt. In den meisten Fällen hat es dabei en Staaten der betroffenen ehemaligen Gefangenen elbst oblegen, diese Zahlungen angemessen zu vertein. Diese bis ins Letzte zu rekonstruieren, ist für uns eute nicht mehr möglich. Die Linke fordert schon seit Jahren, den überleben en sowjetischen Kriegsgefangenen Entschädigung zu ewähren. Denn die Behandlung gefangener Rotrmisten gehört zu den größten Verbrechen der Wehracht im Zweiten Weltkrieg. Rund 3 Millionen Angehörige der Roten Armee kaen in deutschen Lagern ums Leben. Sie sind erfroren, erhungert, an Entkräftung gestorben. Wir wissen chon längst, dass das nicht an fehlenden Transportkaazitäten lag. Die Wehrmacht hätte durchaus Nahung, Unterkunft, Heizmaterial und Kleidung liefern önnen, aber sie wollte nicht. Sie wollte die Gefangeen sterben lassen. So sehr Die Linke eine Entschädigung befürwortet, o sehr sind wir auch über den Zeitpunkt dieses Antra Stefan Schwartze gebene Reden )

Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724423900




(A) )

ges von SPD und Grünen verwundert, unmittelbar vor
dem Ende der Legislaturperiode. Ich bin auch deswe-
gen verwundert, weil die SPD noch vor wenigen Jah-
ren, als sie in der Regierung war, eine Entschädigung
explizit abgelehnt hat.

Ich zitiere aus der Antwort der Bundesregierung auf
eine Kleine Anfrage der Linken aus dem Jahr 2006:
„Eine Entschädigung sowjetischer Kriegsgefangener
durch die Bundesrepublik Deutschland hat es ebenso-
wenig gegeben wie eine Entschädigung deutscher
Kriegsgefangener durch die Sowjetunion oder deren
Nachfolgestaaten.“ (Drucksache 16/2423). Die Rot-
armisten sollten keine Entschädigung erhalten, weil
auch deutsche Kriegsgefangene „unrechtmäßig zuge-
fügte Leiden“ erlitten hätten.

Verfasst wurde diese Begründung vom Finanzminis-
terium, das damals in der Hand der SPD war, geführt
von Herrn Steinbrück. Was der damals hat aufschrei-
ben lassen, strotzt von Zynismus, Gleichsetzung und
Verharmlosung von NS-Verbrechen. Er hat völlig aus-
geblendet, dass es die Nazis waren, die entschieden
hatten, einen räuberischen Vernichtungskrieg zu füh-
ren und millionenfache Morde zu begehen.

Man kann nicht allen Ernstes die Leiden der deut-
schen Kriegsgefangenen, die es natürlich gegeben hat,
mit dem Schicksal der sowjetischen Gefangenen
gleichsetzen. Die 3 Millionen Rotarmisten starben
nicht aufgrund von vereinzeltem willkürlichen Verhal-
ten ihres Aufsichtspersonals, auch nicht an logisti-
schen Problemen, sondern ihr Tod war Ausdruck der
Absicht, das vermeintliche Untermenschenvolk syste-
matisch zu dezimieren.

Schon 1984 hat der Historiker Rolf-Dieter Müller
festgehalten: Dass mit der Hungerpolitik gegenüber
der sowjetischen Zivilbevölkerung und den Kriegsge-
fangenen eine konkrete Vernichtungsabsicht verbun-
den gewesen ist, lässt sich zumindest für die politische
Führungsspitze des Dritten Reiches eindeutig feststel-
len.

Vielleicht haben die Kollegen von der SPD seit 2006
dazugelernt. Vielleicht legen sie es auch nur darauf an,
kurz vor Schluss der Legislaturperiode noch rasch ei-
nen Schauantrag einzubringen, den sie schnellstmög-
lich abhaken wollen. Dennoch: Für Die Linke ist klar,
dass wir jeden Ansatz mittragen, das Unrecht an NS-
Opfern so gut wie möglich zu entschädigen.

Allerdings ist der Antrag von SPD und Grünen von
Zögerlichkeit und Halbherzigkeit geprägt. Zum einen,
weil er die Vernichtungsabsicht, also die gewollte Er-
mordung von Millionen Gefangenen durch die Wehr-
macht, verharmlosend auf ein „billigend in Kauf ge-
nommen“ reduziert. Zum anderen, weil der Antrag in
sich inkonsequent ist. Denn wenn man die Behandlung
der sowjetischen Kriegsgefangenen ausdrücklich als
NS-Unrecht anerkennt, dann muss man ihnen wenigs-
tens die gleiche Entschädigung zugestehen wie den
zivilen Zwangsarbeitern, also 7 500 Euro. SPD und
Grüne wollen ihnen nur ein Drittel davon zugestehen,

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Zu Protokoll ge

(C (D nd sie wollen ausdrücklich den Rechtsweg ausschlieen, was wiederum der Willkür in der Entschädigungsürokratie Tür und Tor öffnet. Bei der NS-Opfer-Entschädigung sind lange genug albe Sachen gemacht worden. Notwendig ist es, das undesentschädigungsgesetz wieder zu öffnen, um den berlebenden einen regulären Entschädigungsan pruch zuzugestehen. Die Soldatinnen und Soldaten der Roten Armee ha en den größten Beitrag zur Niederwerfung des Fachismus in Europa geleistet. Sie verdienen auch aus iesem Grund eine würdevolle Behandlung, und sie aben ein Recht darauf, endlich Entschädigung für die erbrechen zu erhalten, die die Nazis an ihnen beganen haben. Ich schlage im Übrigen vor, auch die Angeörigen der Partisanenverbände und die Opfer der ogenannten Bandenbekämpfung in eine Entschädiungsregelung einzubeziehen. Volker Beck EN)

Der ab Juni 1941 begonnene Angriffskrieg gegen

ie Sowjetunion war nach den eigenen Zielsetzungen
es NS-Regimes ein rassistisch begründeter Erobe-
ungs- und Vernichtungskrieg gegen ein aus Sicht der
ationalsozialisten „rassisch minderwertiges“ Volk
zw. Völker. Die Behandlung der sowjetischen Kriegs-
efangenen im Verlauf dieses Krieges folgte dieser Lo-
ik, indem man diese millionenfach verhungern ließ,
eportierte und beispielsweise auch zur Zwangsarbeit
insetzte. Sowjetische Kriegsgefangene wurden meist
sogenannten Russenlagern untergebracht. In diesen
g eine besondere, durch die nationalsozialistische
eologie geprägte Verfolgung vor, die den Kriegsge-
ngenenstatus völlig in den Hintergrund treten ließ.
ie wissenschaftliche Forschung belegt, dass die Be-
ingungen für die Betroffenen, was Todesraten, Ernäh-
ung, gesundheitliche Versorgung etc. anbelangt,
usdrücklich mit jenen in Konzentrationslagern ver-
leichbar sind. Die Verfolgungshandlung des NS-Re-
imes gründete sich klar auf eine rassistische Mo-
vation, die sowjetische Kriegsgefangene in ihrer
eologie als sogenannte Untermenschen sah und sie

nmenschlich behandelte. Während westeuropäische
riegsgefangene grundsätzlich nach den Regeln der
enfer Konvention behandelt wurden, galt dieser
chutzstatus für sowjetische Kriegsgefangene aus-
rücklich nicht, beispielsweise durch den historisch
achgewiesenen Einsatz als Zwangsarbeiter, auch auf
Bestellung“ der deutschen Industrie.

Von den schätzungsweise 4,5 bis 6 Millionen sowje-
schen Kriegsgefangenen starben bis 1945 etwa
0 Prozent. Unter Josef Stalin setzte sich für viele
berlebende Kriegsgefangene das Leid und Sterben
rt, da er diese nach der Befreiung unter dem Vorwurf

es Vaterlandsverrats oder der Spionage ins Arbeitsla-
er schickte.

Erst 1995 ließ Boris Jelzin diese als Opfer des Sta-
nismus vollständig rehabilitieren. Schätzungsweise




Ulla Jelpke
gebene Reden





Volker Beck (Köln)



(A) )


)(B)

NS-Regimes. Zudem gab es für diese Opfergruppe nie
einen gesetzlichen oder außergesetzlichen Anspruch
auf eine materielle Entschädigung, auch nicht in sym-
bolischer Form. Auch in der deutschen Erinnerungs-
kultur haben sie keinen ihrem Schicksal angemessenen
Platz. Das Leid der sowjetischen Kriegsgefangenen ist
ein blinder Fleck in der bundesdeutschen Erinne-
rungskultur. Von den Deutschen geschunden, von
Stalin diskriminiert, hatten sie nie eine kraftvolle
Lobby für ihre Rehabilitierung und Entschädigung.

Dem rassistisch motivierten Vernichtungskrieg ge-
gen die Sowjetunion fielen mehrere Millionen sowjeti-
sche Kriegsgefangene zum Opfer. Dahinter stand ein
klarer Vernichtungswille der Deutschen, der gegenüber
den anderen Kriegsgefangenen nicht bestand. Deshalb
ist es die historische Verantwortung der Bundesrepu-
blik, dieses Verbrechen anzuerkennen und den noch we-
nigen Überlebenden eine einmalige Entschädigung zu-
zugestehen. Diese Verantwortung vor unserer
Geschichte sollte auch die Union und die FDP bewegen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724424000

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/13710 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorschlagen. Die Federführung ist
jedoch strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und FDP
wünschen die Federführung beim Finanzausschuss. Die
Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen wün-
schen die Federführung beim Innenausschuss.

Lassen Sie uns zuerst abstimmen über den Überwei-
sungsvorschlag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/
Die Grünen, also Federführung beim Innenausschuss.
Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Der Überweisungsvor-
schlag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ge-
gen die Stimmen der Oppositionsfraktionen abgelehnt.

Ich lasse nun abstimmen über den Überweisungsvor-
schlag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Feder-
führung beim Finanzausschuss. Wer stimmt für diesen
Überweisungsvorschlag? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
gen? – Der Überweisungsvorschlag ist angenommen mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stim-
men der Oppositionsfraktionen.

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Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 475;
davon

ja: 277
nein: 144
enthalten: 54

Ja

CDU/CSU

Ilse Aigner
Thomas Bareiß
Norbert Barthle

G
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(D – Drucksache 17/13715 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Rechtsausschuss Auch hier gehen die Reden zu Protokoll.1)


Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/13715 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-

erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Tagesordnungspunkte 50 a und 50 c:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Jutta
Krellmann, Sabine Zimmermann, Diana Golze,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

10 Euro Mindestlohn jetzt

– Drucksache 17/13551 –

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte
Pothmer, Kerstin Andreae, Beate Müller-Gem-
meke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Mit einem einheitlichen, gesetzlichen Mindest-
lohn Lohndumping bekämpfen und fairen
Wettbewerb schaffen

– Drucksache 17/13719 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Stunde vorgesehen. Gibt es Wider-

pruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so
eschlossen.

Bevor ich die Aussprache eröffne, teile ich Ihnen das
on den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte
rgebnis der namentlichen Abstimmung zum Gesetz-
ntwurf zur Änderung arzneimittelrechtlicher und ande-
r Vorschriften mit: abgegebene Stimmen 476. Mit Ja

aben gestimmt 278, mit Nein haben gestimmt 144, Ent-
altungen 54. Der Gesetzentwurf ist angenommen.

Anlage 20

ünter Baumann
rnst-Reinhard Beck

(Reutlingen)

anfred Behrens (Börde)

r. Christoph Bergner
eter Beyer
teffen Bilger

Clemens Binninger
Peter Bleser
Klaus Brähmig
Michael Brand
Dr. Reinhard Brandl
Helmut Brandt
Dr. Ralf Brauksiepe
eingesetzt wurden, nicht als anerkannte Verfolgte des solide rechtliche Grundlage stellen
leben heute noch 4 000 ehema
gefangene. Überwiegend lebe
grenzt und benachteiligt im
Kriegsveteranen, beispielswei
lung von Renten.

Bis heute gelten sowjetisch
nach Deutschland deportiert
lige sowjetische Kriegs-
n diese bis heute ausge-
Vergleich zu anderen
se auch bei der Auszah-

e Kriegsgefangene, die
und zur Zwangsarbeit
Zusatzpunkt 17:

Beratung des Antrags d
Hofmann (Volkach), M
ckernheim), Christine La
ordneter und der Fraktio

System der Kriminal-
tiken in Deutschland o

(C er Abgeordneten Frank ichael Hartmann (Wambrecht, weiterer Abge n der SPD und Rechtspflegestatisptimieren und auf eine Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )





(A) )

Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Michael Frieser
Erich G. Fritz
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Olav Gutting
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Hubert Hüppe
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Hans-Werner Kammer
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schw.)

Volker Kauder
Dr. Stefan Kaufmann
Roderich Kiesewetter

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wa Klamt
olkmar Klein
rgen Klimke
xel Knoerig
ns Koeppen
anfred Kolbe
r. Rolf Koschorrek
artmut Koschyk
homas Kossendey
ichael Kretschmer
unther Krichbaum
r. Günter Krings
üdiger Kruse
ettina Kudla
r. Hermann Kues
ünter Lach
r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

ndreas G. Lämmel
r. Norbert Lammert
atharina Landgraf
lrich Lange
r. Max Lehmer
aul Lehrieder
r. Ursula von der Leyen
gbert Liebing
atthias Lietz
r. Carsten Linnemann
atricia Lips
r. Jan-Marco Luczak
aniela Ludwig
r. Michael Luther
arin Maag
ans-Georg von der Marwitz
tephan Mayer (Altötting)

r. Michael Meister
aria Michalk

hilipp Mißfelder
ietrich Monstadt
arlene Mortler

tefan Müller (Erlangen)

r. Philipp Murmann
ernd Neumann (Bremen)

ichaela Noll
r. Georg Nüßlein
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duard Oswald
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r. Michael Paul
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ibylle Pfeiffer
eatrix Philipp
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r. Peter Ramsauer
ckhardt Rehberg
atherina Reiche (Potsdam)

othar Riebsamen
sef Rief
hannes Röring
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
rwin Rüddel
lbert Rupprecht (Weiden)

nita Schäfer (Saalstadt)

r. Wolfgang Schäuble

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r. Annette Schavan
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hristian Schmidt (Fürth)

atrick Schnieder
adine Schön (St. Wendel)

r. Kristina Schröder

(Wiesbaden)

r. Ole Schröder
ernhard Schulte-Drüggelte
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(Weil am Rhein)

etlef Seif
hannes Selle
einhold Sendker
r. Patrick Sensburg
ernd Siebert
homas Silberhorn
hannes Singhammer
ns Spahn
arola Stauche
r. Frank Steffel
hristian Freiherr von Stetten
ieter Stier
ero Storjohann
tephan Stracke
ax Straubinger

homas Strobl (Heilbronn)

ena Strothmann
ichael Stübgen
r. Peter Tauber
ntje Tillmann
r. Hans-Peter Uhl
rnold Vaatz
olkmar Vogel (Kleinsaara)

tefanie Vogelsang
ndrea Astrid Voßhoff
r. Johann Wadephul
arco Wanderwitz
ai Wegner
arcus Weinberg (Hamburg)


eter Weiß (Emmendingen)

abine Weiss (Wesel I)

go Wellenreuther
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eter Wichtel
nnette Widmann-Mauz
laus-Peter Willsch
lisabeth Winkelmeier-
Becker
agmar G. Wöhrl
r. Matthias Zimmer
olfgang Zöller
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DP

ns Ackermann
hristine Aschenberg-
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aniel Bahr (Münster)

lorian Bernschneider
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(C (D elga Daub einer Deutschmann ijan Djir-Sarai atrick Döring erhard Drexler echthild Dyckmans ans-Werner Ehrenberg ainer Erdel rg van Essen lrike Flach tto Fricke ans-Michael Goldmann einz Golombeck iriam Gruß r. Christel Happach-Kasan einz-Peter Haustein anuel Höferlin lke Hoff irgit Homburger einer Kamp ichael Kauch r. Lutz Knopek ascal Kober r. Heinrich L. Kolb udrun Kopp ebastian Körber olger Krestel atrick Kurth einz Lanfermann arald Leibrecht abine LeutheusserSchnarrenberger ars Lindemann r. Martin Lindner ichael Link r. Erwin Lotter liver Luksic orst Meierhofer atrick Meinhardt abriele Molitor etra Müller urkhardt Müller-Sönksen r. Martin Neumann ornelia Pieper rg von Polheim r. Birgit Reinemund agen Reinhold r. Peter Röhlinger jörn Sänger hristoph Schnurr mmy Schulz arina Schuster r. Erik Schweickert dith Skudelny r. Hermann Otto Solms achim Spatz orsten Staffeldt r. Rainer Stinner tephan Thomae anfred Todtenhausen r. Florian Toncar erkan Tören hannes Vogel r. Daniel Volk r. Claudia Winterstein r. Volker Wissing artfrid Wolff Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )


(Lausitz)


(Lüdenscheid)





(A) (C)


Nein

Klaus Brandner

Christian Lange (Backnang)


Aydan Özoğuz

Heidrun Bluhm

Inge Höger

Marieluise Beck (Bremen)


Priska Hinz (Herborn)

Marco Bülow
Dr. Peter Danckert
Martin Dörmann
Elvira Drobinski-Weiß
Sebastian Edathy
Ingo Egloff
Siegmund Ehrmann
Dr. h.c. Gernot Erler
Petra Ernstberger
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke
Martin Gerster
Iris Gleicke
Angelika Graf (Rosenheim)

Gabriele Groneberg
Michael Groß
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann


(Wackernheim)

Hubertus Heil (Peine)

Wolfgang Hellmich
Dr. Barbara Hendricks
Petra Hinz (Essen)

Dr. Eva Högl
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf

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Jetzt eröffne ich die Ausspra
Rednerin der Kollegin Jutta Kr
Die Linke das Wort.


(Beifall bei der L Jutta Krellmann (DIE LIN Sehr geehrter Herr Präsiden und Herren! Liebe Kolleginnen r. Wilhelm Priesmeier lorian Pronold r. Sascha Raabe tefan Rebmann r. Carola Reimann önke Rix r. Ernst Dieter Rossmann arlene Rupprecht nnette Sawade xel Schäfer arianne Schieder lla Schmidt arsten Schneider wen Schulz r. Martin Schwanholz tefan Schwartze ita Schwarzelühr-Sutter eer Steinbrück hristoph Strässer erstin Tack r. h.c. Wolfgang Thierse ranz Thönnes olfgang Tiefensee üdiger Veit te Vogt r. Marlies Volkmer ndrea Wicklein eidemarie Wieczorek-Zeul ta Zapf anfred Zöllmer rigitte Zypries IE LINKE gnes Alpers r. Dietmar Bartsch arin Binder atthias W. Birkwald U D H Ja Ju C S S D T U D N T Je P D K R D S A F A K Jo H Jö fr A W E B D K che und erteile als erster ellmann für die Fraktion INKEN)


(Tuchenbach)


(Schwandorf)


KE):
t! Sehr geehrte Damen

und Kollegen! Wenn wir

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lla Jelpke
r. Lukrezia Jochimsen
arald Koch
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tefan Liebich
r. Gesine Lötzsch
homas Lutze
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orothée Menzner
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aul Schäfer (Köln)

r. Ilja Seifert
athrin Senger-Schäfer
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r. Petra Sitte
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lexander Süßmair
rank Tempel
lexander Ulrich
athrin Vogler
hanna Voß
alina Wawzyniak
rn Wunderlich

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ber Mindestlohn sprechen, red
al und die Würde von Tausen
and. Ich möchte Ihnen diesbez
piel aus meiner Region berich
erzeitige Situation.

Eine Freundin von mir, qua
at unverschuldet ihre Arbeit
0 Jahre beschäftigt und das se

(D ärbel Höhn grid Hönlinger we Kekeritz atja Keul usanne Kieckbusch ven-Christian Kindler aria Klein-Schmeink te Koczy om Koenigs ylvia Kotting-Uhl liver Krischer enate Künast arkus Kurth ndine Kurth onika Lazar r. Tobias Lindner icole Maisch erstin Müller eate Müller-Gemmeke r. Konstantin von Notz mid Nouripour riedrich Ostendorff r. Hermann E. Ott isa Paus rigitte Pothmer laudia Roth rista Sager anuel Sarrazin lisabeth Scharfenberg r. Gerhard Schick r. Frithjof Schmidt orothea Steiner r. Wolfgang StrengmannKuhn ans-Christian Ströbele aniela Wagner eate Walter-Rosenheimer rfst Wagner olfgang Wieland r. Valerie Wilms en wir über das Schickden Menschen in diesem üglich zunächst ein Bei ten. Es ist typisch für die lifizierte Facharbeiterin, verloren. Zuvor war sie hr gut bezahlt. Um ihre Edelgard Bulmahn Heinz PaulaJohannes Pflug Dr. Barbara Höll Andrej Hunko Dr. Anton Hofreiter SPD Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heinz-Joachim Barchmann Dr. Hans-Peter Bartels Klaus Barthel Sören Bartol Bärbel Bas Sabine Bätzing-Lichtenthäler Lothar Binding Dr. Karl Lauterbach Steffen-Claudio Lemme Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Caren Marks Katja Mast Petra Merkel Ullrich Meßmer Dr. Matthias Miersch Dr. Rolf Mützenich Thomas Oppermann S E R S H W D K W D H teffen Bockhahn va Bulling-Schröter oland Claus evim Dağdelen eidrun Dittrich erner Dreibus r. Dagmar Enkelmann laus Ernst olfgang Gehrcke iana Golze eike Hänsel Volker Beck Cornelia Behm Birgitt Bender Agnes Brugger Viola von Cramon-Taubadel Katja Dörner Harald Ebner Hans-Josef Fell Dr. Thomas Gambke Kai Gehring Britta Haßelmann Jutta Krellmann )





(A) )

gute Qualifikation den neuen Entwicklungen anzupas-
sen, macht sie eine Anschlussqualifizierung über die
Agentur für Arbeit. Danach bewirbt sie sich und be-
kommt ein Jahr lang nur Angebote aus dem Bereich
Leiharbeit.

In Niedersachsen kommen über 30 Prozent der Ange-
bote für Erwerbslose aus dem Bereich Leiharbeit. Nach
einem Jahr Arbeitslosengeldbezug ist sie bereit, den Be-
ruf zu wechseln.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist jetzt aber nicht repräsentativ!)


Sie versucht sich jetzt als ungelernte und über 50-jährige
Arbeitnehmerin im Einzelhandel: Unterwäsche verkau-
fen in einem Hamelner Einkaufszentrum. Man hätte sie
gerne genommen – zu einem Stundenlohn von 7 Euro.
Das ist das Allerletzte, dass so etwas in Deutschland im
Jahre 2013 überhaupt möglich ist.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Laden gehört einem holländischen Unternehmen.
Wenn meine Freundin in Holland arbeiten würde, hätte
sie einen Anspruch auf einen Mindestlohn von
9,01 Euro.

1,5 Milliarden Euro, also 1 500 Millionen Euro, gibt
der deutsche Staat jährlich aus, um die niedrigen Löhne
im Einzelhandel mit Hartz IV aufzustocken. Ohne diese
Zuschüsse hätten die Beschäftigten nicht genug zum Le-
ben. Das hat eine Anfrage meiner Fraktion ergeben.
Wenn wir einen Mindestlohn in Deutschland hätten,
wäre es einfach nicht möglich, dass so etwas passiert.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Stimmt doch gar nicht!)


– Stimmt natürlich. Sie können gleich reden und mir das
Gegenteil erzählen.

Wenn der Tarifvertrag Einzelhandel allgemeinver-
bindlich wäre, wäre so etwas nicht möglich. Diesem un-
glaublichen Lohndumping muss ein Riegel vorgescho-
ben werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Mein zweites Beispiel: Ein Werkvertragsarbeitneh-
mer, der über einen Industriedienstleister bei VW im Lo-
gistikbereich im Dreischichtbetrieb mit Zulagen als Ga-
belstaplerfahrer arbeitet, erhält einen Bruttomonatslohn
in Höhe von 1 404 Euro. Netto sind das 1 072 Euro. Der
Grundlohn orientiert sich an dem Mindestlohn in der
Zeitarbeit in Höhe von 8,19 Euro. Der Mindestlohn gilt
für einen Werkvertragsarbeitnehmer aber nicht. Der Ar-
beitgeber wendet ihn nur an. Der Kollege von VW, der
die gleiche Arbeit verrichtet, bekommt im Vergleich
zum Werkvertragsnehmer im selben Betrieb mehr als
das Doppelte.

Das ist Deutschland zehn Jahre nach der Agenda
2010, zehn Jahre unter einem Kanzler Schröder und ei-
ner Kanzlerin Merkel. Wegen solcher und anderer Bei-
spiele brauchen wir einen flächendeckenden gesetzli-
chen Mindestlohn, und zwar schnell.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN – Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Reden Sie doch mal über den Mindestlohn in der DDR! 40 Jahre lang!)


lle, die das nicht sehen, nicht sehen wollen oder es be-
usst in Kauf nehmen, halten im Grunde Tausende Be-

chäftigte arm.


(Pascal Kober [FDP]: Sie machen Tausende Beschäftigte arbeitslos!)


Deutschland wird in Europa mehr und mehr zu einem
roblem für andere Länder. Belgien hat sich beschwert
nd wirft Deutschland offiziell Lohndumping vor. Die
O hat angemahnt, dass die große Anzahl an Niedrig-
hnjobs die soziale Ungleichheit vergrößert. Diese Bun-

esregierung sitzt auch dieses Problem kontinuierlich
us. Dabei ist der Mindestlohn nicht der einzig mögliche
eg, damit umzugehen: Man könnte die bestehenden

ohnbremsen der Agenda 2010 wieder aus dem Gesetz
treichen; das wäre eine andere Variante. Man könnte al-
rnativ auch die sachgrundlose Befristung von Arbeits-
erträgen abschaffen,


(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Gute Idee!)


ie Leiharbeit verbieten, die Werkverträge strikt regulie-
n oder die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von
arifverträgen erweitern.


(Beifall bei der LINKEN)


Bis dahin brauchen wir, damit nicht noch mehr Men-
chen in den Niedriglohnbereich gezwungen werden, ei-
en Mindestlohn von mindestens 10 Euro pro Stunde.
er behauptet, das vernichte Arbeitsplätze, hat keine
eweise dafür.


(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Sie müssen sich die Statistiken der Arbeitsagentur einmal anschauen!)


h behaupte: Das schafft Arbeitsplätze. Das schafft zu-
ätzliche Kaufkraft.


(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Alles Behauptungen!)


s verhindert Altersarmut, und es gibt Menschen, wenn
ie von ihrer Arbeit wieder leben können, die Würde zu-
ck.


(Beifall bei der LINKEN)


Verkaufen Sie die Menschen nicht länger für dumm.
andeln Sie endlich und hören Sie auf mit diesen takti-

chen Spielchen. Der Mindestlohn muss jetzt kommen,
icht erst in fünf Jahren!


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724424100

Für die CDU/CSU hat jetzt der Kollege Dr. Matthias

immer das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )


)(B)


Dr. Matthias Zimmer (CDU):
Rede ID: ID1724424200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir disku-

tieren über die Einführung eines Mindestlohns von
8,50 Euro oder von 10 Euro; das ist die Antragslage, über
die wir heute diskutieren. Wenn mich jemand fragen
würde, ob ich etwas dagegen hätte, einen Mindestlohn
von 8,50 Euro oder von 10 Euro einzuführen, würde ich
sagen: Nein, natürlich habe ich nichts dagegen. Wir haben
nämlich selbst festgestellt – das ist Beschlusslage –: Wir
wollen eine unabhängige Kommission einrichten. Wenn
diese unabhängige Kommission in der Frage des Min-
destlohns zu einem Ergebnis kommt, setzen wir es um.
Wenn das Ergebnis ein Mindestlohn von 10 Euro ist, set-
zen wir es auch um.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Legen Sie doch einmal einen Gesetzentwurf vor!)


Insofern kann ich nur sagen, wir streiten uns heute nicht
über die Frage: „Mindestlohn, ja oder nein?“, sondern
über die Frage: Wie kommen wir auf einem vernünfti-
gen, verantwortbaren Weg da hin, einen Mindestlohn
festsetzen zu können?


(Beifall des Abg. Axel Knoerig [CDU/CSU])


Unser Modell zeichnet sich dadurch aus, meine Da-
men und Herren, dass wir einen nachgeordneten, subsi-
diären Mindestlohn für solche Bereiche, in denen es
keine branchenspezifischen Mindestlöhne gibt, fordern.
Lassen Sie mich, um das ein bisschen zu verdeutlichen,
kurz die beiden Alternativen darstellen, die wir haben:

Die erste Alternative ist, einen Mindestlohn lediglich
durch den Markt darstellen zu lassen. Hans-Werner Sinn
hat einmal gesagt: Man muss den Lohn nur so weit fal-
len lassen, dass er niedrig genug ist, damit alle Men-
schen eine Arbeit finden.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Na toll!)


Nun kann ich sagen, Frau Krellmann: Wenn ein hochbe-
zahlter C-4-Professor einen solchen inhumanen Unsinn
schreibt,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


dann müsste man ihn eigentlich zwingen, hundertmal
auf die Tafel zu schreiben: Die Wirtschaft ist für den
Menschen da, und nicht der Mensch für die Wirtschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, meine Damen und Herren, dass Heiner
Geißler recht hat, der diese Form der Auslieferung des
Menschen an den Markt einmal als einen ökonomischen
Absolutismus bezeichnet hat.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Der hat eigentlich nie recht!)


Diese Form des ökonomischen Absolutismus lehnen wir
ab, weil wir schon der Meinung sind, dass das Marktge-
schehen etwas mit den Menschen zu tun hat und es eine
moralische Dimension hat.

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(C (D Mit unserer Meinung stehen wir übrigens nicht aline da. Schon Adam Smith, der Erfinder des Kapitalisus, hat gesagt: Wir brauchen einen gerechten Lohn. iesen gerechten Lohn hat er definiert als Lohn, der es inem Arbeitnehmer und seiner Familie gestattet, verünftig über die Runden zu kommen. Die katholische irche hat das dann später aufgenommen. Das sind Zein gewesen, in denen die Ökonomie noch etwas mit oral zu tun hatte. Im ökonomischen Absolutismus hat ie das nicht mehr. Wir möchten aber auch keinen politischen Absolutisus haben. Wie der aussieht, kann man sich anhand ei es Gesetzentwurfs verdeutlichen, den die SPD vor über inem Jahr eingebracht hat. Bezüglich der Frage: „Wie ommt so ein Mindestlohn überhaupt zustande?“, haben ie Kolleginnen und Kollegen von der SPD folgenden orschlag gemacht: Wir richten eine Kommission ein, nd wenn sich diese Kommission nicht einig ist, dann ntscheidet das Ministerium über den Mindestlohn. – as kann man machen. Außerdem haben die Kolleginen und Kollegen von den Sozialdemokraten gesagt: enn dieser Mindestlohn dem Ministerium nicht gefällt, ann wird der Vorschlag in die Tonne getreten und es etzt selber einen Mindestlohn fest. or meinem geistigen Auge sehe ich schon, wie das abuft: Im SPD-Parteivorstand wird darüber beraten, wie och der Mindestlohn sein soll. (Lachen der Abg. Gabriele Lösekrug-Möller [SPD])


(Zuruf von der FDP: Oje!)


as ist ein politischer Mindestlohn; das bezeichne ich
ls eine Art politischen Absolutismus in der Lohnfest-
tellung. Den will ich an dieser Stelle letztendlich auch
icht haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD)


Meine Damen und Herren, wir haben demgegenüber
inen subsidiären, einen nachgelagerten Mindestlohn
orgeschlagen, das heißt, eine Kommission bestimmt,
nd wir setzen das dann als eine Mindestlohnforderung
m. Ich glaube schon, dass das die Stärke des christlich-
ozialen und des christlich-demokratischen Denkens
ennzeichnet; denn Subsidiarität ist das Kennzeichen ei-
er freien Gesellschaft.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724424300

Herr Kollege Zimmer, erlauben Sie eine Zwischen-

age des Kollegen Ernst?


Dr. Matthias Zimmer (CDU):
Rede ID: ID1724424400

Aber natürlich.


(Pascal Kober [FDP]: Es ist doch Freitag!)



Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724424500

Herr Zimmer, mir haben Ihre Ausführungen zu Herrn

inn gut gefallen. Ich habe allerdings eine Frage zum
olitischen Absolutismus beim Mindestlohn. Sind Sie





Klaus Ernst


(A) )


)(B)

nicht mit mir der Auffassung, dass es bei der hier vorge-
tragenen Forderung nicht darum geht, die Löhne in der
Bundesrepublik Deutschland in Gänze staatlich festzu-
setzen, sondern eine Grenze nach unten festzulegen?
Was spricht eigentlich dagegen, mittels politischer Vor-
gaben festzulegen, wie gering ein Lohn sein darf?

Die Linke fordert einen Mindestlohn von 10 Euro;
denn sie geht davon aus: Wenn jemand sein ganzes Le-
ben zu diesem Mindestlohn arbeiten muss, dann be-
kommt er eine Rente, die gerade über dem Grundsiche-
rungsniveau liegt, sodass er seine Rente nicht staatlich
bezuschussen lassen muss. Es wäre doch sozusagen der
Auftrag des Gesetzgebers, zu sagen: Die Menschen müs-
sen einen Lohn beziehen, von dem sie leben können und
auf dessen Basis sie hinterher eine Rente bekommen, die
einigermaßen zum Leben reicht. Das ist das Ziel. Ist es
nicht geradezu geboten, diese Ziele auch politisch durch-
zusetzen, um genau das zu ermöglichen, und zwar, ohne
die Löhne in Gänze festzulegen? Dagegen wäre ich na-
türlich auch.


Dr. Matthias Zimmer (CDU):
Rede ID: ID1724424600

Lieber Herr Kollege Ernst, ich bewundere Ihren

Scharfsinn, mit dem Sie immer knallhart neben dem
Thema liegen. In diesem Fall haben Sie das auch wieder
geschafft.


(Beifall der Abg. Dr. Thomas Feist [CDU/ CSU] und Pascal Kober [FDP] – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Ich verstehe nicht, warum Sie klatschen! – Gegenruf des Abg. Pascal Kober [FDP]: Er hat recht!)


Ich will Ihnen erklären, warum. Ich selbst habe vor zwei
Jahren in diesem Haus auch einmal den Vorschlag ge-
macht, indem ich gesagt habe: Es könnte ein vernünfti-
ges Modell sein, dass wir eine Indexierung des Mindest-
lohns an der Rentenhöhe vornehmen, also schauen, wie
hoch der Mindestlohn sein müsste, damit jemand, der
45 Jahre gearbeitet hat, am Ende seines Arbeitslebens
eine Rente bezieht, die über der Grundsicherung liegt.
Das ist eine spannende Frage; denn aus unserer Sicht
muss sich Arbeit auch lohnen, gerade denjenigen gegen-
über, die nicht arbeiten.

Das darf allerdings nicht der einzige Gesichtspunkt
bei der Festlegung eines Mindestlohnes sein, sondern es
müssen auch andere Aspekte – Sie sind ja Gewerkschaf-
ter – in diese Frage hineinfakturiert werden. Ich nenne
beispielhaft die Fragen: Wie sieht es mit der Produktivi-
tät aus? Ab wann gehen Arbeitsplätze verloren? In wel-
chen Branchen haben wir welche Situation?

Nur einen Faktor herauszugreifen und zu sagen: „Das
ist der Faktor, der letztlich den Mindestlohn bestimmt“,


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Die Grundlage, dass man davon leben kann!)


das ist der falsche Weg. Ich glaube, dass wir an dieser
Stelle den Versuchungen des Politischen widerstehen
und es tatsächlich den Gewerkschaften und Arbeitgebern
überlassen müssen, den Mindestlohn festzulegen.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Ja, für die Gewerkschaften einmal eine tolle Aufgabe! – Zuruf von der FDP: Was machen denn die Gewerkschaften?)


Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir mit
nserer Vorstellung von einem subsidiären Mindestlohn,
en Gewerkschaften und Arbeitgeber im Konsens vorge-
en und der dann auch umgesetzt wird, einen Weg ge-
en, der in der Lohnfindung die Extreme zwischen ei-
em politischen Absolutismus und einem ökonomischen
bsolutismus vermeidet. Ich glaube, das ist insgesamt
er richtige Weg einer freiheitlichen Gesellschaft, um
oralische Anliegen auch in der Ökonomie durchzuset-

en.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724424700

Statt des angekündigten Redners Klaus Barthel erteile

h jetzt das Wort der Kollegin Gabriele Lösekrug-
öller, die ihre und die Redezeit von Herrn Barthel zu-

ammen nutzen kann.


(Beifall der Abg. Iris Gleicke [SPD] – Zuruf von der CDU/CSU: Das letzte Aufgebot!)



Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1724424800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

laube, vielen, die heute zuhören, geht es wie mir. Sie
agen sich: Wann kommt endlich das, was nicht nur Sie,
err Zimmer, sondern viele aus Ihrer Fraktion ankündi-
en? Wann kommt endlich ein Gesetzentwurf, der Ihren
ohen Maßstäben gerecht wird und über den wir dann
iskutieren und auch entscheiden können? – Wir warten
chon so lange, und mit uns Millionen Arbeitnehmerin-
en und Arbeitnehmer, die sich sagen: Es kann doch
icht sein, dass wir in diesem Land noch immer keine
bsolut verbindliche Lohnuntergrenze haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Selber nichts machen und nur meckern!)


as will ich gerne voranstellen. Denn über dieses Pro-
lem reden wir heute.

Ich habe nicht mitgezählt, wie oft wir an dieser Stelle
chon über die Frage eines Mindestlohns, der gesetzlich
eregelt ist, diskutiert haben. Ich glaube, die Zahl wäre
ald dreistellig. Ich fürchte – das muss ich annehmen –,
uch heute wird es nicht das letzte Mal sein. Wir alle
issen, Die unendliche Geschichte ist eigentlich ein
underhübscher Roman. Aber an dieser Stelle ist eine
nendliche Geschichte ein Faustschlag ins Gesicht von
illionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in
eutschland,


(Beifall bei der SPD – Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Ja! Weil die Gewerkschaften das nicht hinkriegen!)


ie ihre Hoffnung darauf gesetzt haben, dass das Parla-
ent eine Lösung bietet. Bis heute steht sie aus.





Gabriele Lösekrug-Möller


(A) )


)(B)

Dabei ist der Niedriglohnsektor in Deutschland groß
und damit die Zahl der abhängig Beschäftigten, die für
einen Niedriglohn arbeiten, konstant hoch. Aus Auswer-
tungen des Statistischen Bundesamtes wissen wir: Jeder
oder jede fünfte Beschäftigte erhält trotz Vollzeitarbeit
einen Niedriglohn. Wir haben ohne jeden Zweifel einen
sich verstetigenden Niedriglohnsektor. Das hat zur
Folge, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter
auseinandergeht, trotz Arbeit, Fleiß und Anstrengung.

Es gibt einen schleichenden Abgrenzungsprozess
zwischen denen, die gut verdienen – das ist ihr gutes
Recht –, und denen, die genauso gut arbeiten, aber nicht
über die Armutsschwelle kommen. Wir alle wissen:
Fängt das im Arbeitsleben an, setzen sich die Armuts-
bedrohung und die faktische Armut im Alter fort. Wer
daran Zweifel hat, dem empfehle ich die Lektüre des
Vierten Armuts- und Reichtumsberichtes. Er ist zwar
von der Regierung ein bisschen schönkorrigiert worden,


(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Die Zahlen sind eindeutig!)


aber dennoch sprechen die Fakten Bände, dass es drin-
gend Zeit ist, etwas vorzulegen, Herr Kollege Zimmer.
Das fehlt bisher.


(Beifall bei der SPD)


Ich habe ein paar Argumente genutzt. Sie finden sich
in der Problembeschreibung des Gesetzentwurfs des
Bundesrates, der dankenswerterweise den Deutschen
Bundestag erreicht hat. Wir haben am Mittwoch im Aus-
schuss eine Debatte dazu geführt, aber FDP, CDU und
CSU hat leider der Mut gefehlt, sich dazu zu positionie-
ren. Ich finde, das war ein Tiefpunkt parlamentarischer
Arbeit.


(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Was ich am Mittwoch erlebt habe, ging wirklich zu weit.
Da gibt es diesen Entwurf des Bundesrates. Ich glaube,
er datiert vom Februar oder März; es war also hinrei-
chend Zeit, sich damit zu befassen. Er ist klar. Er ist ein-
deutig. Er ist in seiner Begründung sozusagen absolut si-
cher. Was passiert aber? FDP, CDU und CSU haben
nicht einmal den Mut, zu sagen: Nein, das ist nicht unser
Weg. – Herr Zimmer, das ist die Wirklichkeit, über die
wir reden. Heute stellen alle, die in die Tagesordnung
schauen, fest: Die Beratung des Entwurfs ist für heute
abgesetzt. Sie haben dabei nicht einmal den Mut, zu sa-
gen: Nein, das wollen wir hier im Parlament nicht. Da
nutzen Parteitags- und sonstige Beschlüsse auch nichts.
Der Entwurf ist definitiv nicht zur Abstimmung gestellt
worden, obwohl Sie die Möglichkeit gehabt hätten, sich
dazu zu verhalten. Ich finde, das ist wirklich feige. Das
muss ich Ihnen sagen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSE 90/DIE GRÜNEN)


Was müssen wir eigentlich daraus schließen? Offenbar
gibt es – trotz aller philosophischen Erörterungen – nicht
hinreichend Bereitschaft, die Dimension des Problems zu
erkennen. Es gibt eben nicht den Mut, bestehendem

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(C (D ohndumping, und zwar in allen Branchen und für alle eschäftigten, wirklich etwas entgegenzusetzen. Es ist ja icht so, dass Sie gar nichts tun. Ich möchte nicht, dass päter gegen mich der Vorwurf erhoben wird, dass ich iese Sichtweise hätte. Nein, ich attestiere deutlich: Sie aben etwas getan. Das werden Sie ja bei den folgenden eden auch noch abfeiern. Nur zu reden, reicht eben nicht us; denn da, wo Sie mit den bestehenden Regelungen icht hinkommen, gibt es immer noch schlechte Arbeitsedingungen und viel zu niedrige Löhne. Deshalb – da in ich mir ziemlich sicher – brauchen wir einen gesetzchen Mindestlohn. Herr Kollege Zimmer, ich weiß nicht, ob Sie nur eiem potenziell SPD-geführten Ministerium so missauen. Ich höre daraus eher, dass Sie dem jetzigen inisterium mit der Frau Ministerin an der Spitze ei entlich auch nicht trauen. sofern finde ich, dass die Debatte, die Sie da aufgeacht haben, ein bisschen neben der Spur ist. Worauf kommt es der SPD in diesem Zusammenhang n? Uns kommt es auf ein ganzes Bündel von Maßnahen an, denn wir sagen: Für Recht und Ordnung auf em Arbeitsmarkt brauchen wir den gesetzlichen Minestlohn, zugleich brauchen wir aber noch mehr. Das haen wir in einer Fülle von Anträgen deutlich gemacht. ie können das auch in unserem Regierungsprogramm achlesen. Vielleicht besteht der Unterschied darin, dass an in Bezug auf die SPD sehr präzise sagen kann: Aha, as möchten die machen, damit Arbeitnehmerinnen und rbeitnehmer in einem solchen Wohlstandsland wie eutschland sicher sein können, dass der Wettbewerb icht über Lohndumping auf ihrem Rücken ausgetragen ird. Das ist der Punkt, um den es uns geht. Deshalb saen wir: Da muss etwas passieren. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Wie intensiv ihr das macht, zeigt sich daran, dass nur zwei Leute von euch da sind!)


(Beifall bei der SPD)


(Iris Gleicke [SPD]: Das sind Nebelkerzen!)


Wir sind der festen Überzeugung, dass man für glei-
he bzw. gleichwertige Arbeit auch gleichen Lohn be-
ommen muss. Das hat übrigens noch eine ganz andere
imension, nämlich die der Geschlechter. Wir wissen,
ass wir auch da noch jede Menge zu tun haben. Die
ohndifferenz beträgt 22 Prozent. Auch wissen wir, dass
as Verhältnis beim Lohngefüge zwischen Ost und West
och lange nicht in Ordnung ist; denn in dem Augen-
lick, wo wir über „Gefälle“ reden, reden wir über Un-
leichheit. Deshalb sagen wir zum Beispiel: Beim ge-
etzlichen Mindestlohn – da sind wir uns mit den
rünen und den Linken einig – gibt es logischerweise
berhaupt keinen Unterschied zwischen Ost und West.


(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)






Gabriele Lösekrug-Möller


(A) )


)(B)

Das ist auch ein Schritt, von dem ich denke, dass er un-
bedingt getan werden muss.

Ich will noch einen weiteren Punkt anführen, denn in
dieser Debatte – ich nehme an, das wird gleich kom-
men – wird sicher noch das Hohelied auf die Tarifver-
tragsparteien und die Tariffreiheit gesungen. Ich kann Ih-
nen nur sagen: Die SPD ist volle Lotte dafür. Genau das
sind wir!


(Heiterkeit des Abg. Max Straubinger [CDU/ CSU] – Michaela Noll [CDU/CSU]: „Volle Lotte“? Kommen Sie von der Küste?)


– Ja, Herr Straubinger, wir freuen uns, dass die Gewerk-
schaften alle unsere Forderungen nach einem gesetzli-
chen Mindestlohn ausnahmslos ausdrücklich unterstüt-
zen. Sie haben dann nämlich die Chance, „on top“ zu
verhandeln. Das ist es, was ich gerne haben möchte und
was sozusagen Konsens ist. Wenn die Idee aufkommt,
sich auf eine Gewerkschaft zu berufen, die diese Forde-
rung nicht unterstützt, dann schauen Sie erst einmal,
welche das ist. Dann wissen Sie auch, wo Sie die einzu-
ordnen haben.

Insofern steht, wie ich finde, die Stärkung der Tarif-
vertragsparteien auf der Tagesordnung. Das müssen wir
uns alle ins Stammbuch schreiben. Jeder in der Gesell-
schaft muss das machen. Ich hoffe, Arbeitgeber und
Arbeitnehmer sind gleichermaßen daran interessiert;
denn überall, wo es eine hohe Tarifbindung gibt, gibt es
auch solide Bedingungen für Arbeit. Das ist gut für die
Unternehmen, aber genauso gut für die Arbeitnehmerin-
nen und Arbeitnehmer.


(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn ich mir das Kapitel Lohndumping noch einmal
vor Augen führe, dann will ich Ihnen sagen: Wir haben
hier überhaupt kein Manko an Erkenntnis. Wir haben
eine Datenlage, die überhaupt keinen Zweifel daran
lässt, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Deshalb
will ich noch einmal sagen: Auch die SPD tritt für eine
Kommission ein. Herr Zimmer hat ja versucht, das, wie
ich finde, zu parodieren. Wir sagen: Wir wollen eine
Low Pay Commission, ähnlich wie Großbritannien sie
hat. Da sind wir im Übrigen ähnlich aufgestellt wie die
Linken und die Grünen, die das ebenfalls fordern. Ich
denke, über die Frage, wer am Ende bei Nichteinigung
entscheidet, kann man in diesem Haus sehr wohl noch
einmal debattieren. Da lasse ich mich nicht hinter eine
Fichte führen, die für mich sowieso viel zu schmal wäre.
Damit kommen wir nicht weiter.

Wir sagen eben: Ein gesetzlicher Mindestlohn muss
eingeführt werden. Wir wollen nicht noch jahrelang war-
ten, bis CDU, CSU und FDP vielleicht eine Idee haben,
mit welchem Gremium wie genau man herausfinden
könnte, wie man einsteigt. Nein, das dauert uns zu lange.


(Beifall bei der SPD)


Deshalb sagen wir: 8,50 Euro sind ein fairer Einstieg.
Auch wir wissen, dass ein Lohn von 8,50 Euro in der
Stunde auf Dauer nicht zu einer auskömmlichen Rente
führt. Wir gehen aber davon aus, dass es im Verlauf des

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(C (D erufslebens zu höheren Löhnen kommt. Wir können im brigen auch davon ausgehen – das zeigen die Verglei he mit anderen europäischen Ländern –, dass es in der egel nicht bei diesem Mindestlohnniveau bleibt. Auch as ist eine Erkenntnis. Deshalb will ich Ihnen sagen: Wir wollen diesen berbietungswettbewerb der Linken nicht mitmachen. ir sagen ganz deutlich: Wir wollen diesen Einstieg. ir sind sehr beim Antrag der Grünen, über den wir in nserem Fachausschuss beraten werden. Aber ich will uch sagen: Viele Menschen in diesem Land verstehen berhaupt nicht mehr, warum wir immer noch diskutien und immer noch reden und immer noch suchen, wo och die Lösung so offenkundig da ist. Ich glaube, es ird Zeit, dass das Ringen um den gesetzlichen Minestlohn ein Ende hat und seine Einführung kommt. Ofnkundig brauchen wir dafür einen Regierungswechsel. r wird kommen und mit ihm ein gesetzlicher Mindesthn. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Matthias Zimmer [CDU/ CSU]: Das ist der Sieg der Hoffnung über die Erfahrung!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724424900

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Heinrich Kolb für

ie FDP-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1724425000

Liebe Frau Kollegin Lösekrug-Möller, ich nehme Ih-

en ja ab, dass der Mindestlohn für Sie ein Herzensanlie-
en ist. Aber Sie scheinen die Einzige, jedenfalls eine
on wenigen in der SPD-Fraktion zu sein.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


achdem Sie Platz genommen haben, hat sich die Zahl
er Zuhörer bei der SPD immerhin verdoppelt. Das ist
rfreulich. Aber dafür, dass von Montag bis Freitagmor-
en die SPD und ihr Parteivorsitzender durch die Lande
iehen und den Eindruck erwecken, es gäbe kein wichti-
eres Thema für die SPD als einen gesetzlichen Min-
estlohn, ist es wirklich blamabel, wie die SPD-Fraktion
eute Nachmittag hier vertreten ist. Das muss man ein-
al sehr deutlich sagen.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der LINKEN)


Ich will genauso deutlich sagen, Frau Kollegin
ösekrug-Möller: Für unsere Fraktion ist klar: Wir brau-
hen und wir wollen keinen flächendeckenden gesetz-
chen Mindestlohn.


(Gabriele Lösekrug-Möller [SPD]: Das weiß ich!)


ir haben – und das ist auch gut so – eine ganze Reihe
on branchenbezogenen, tarifbasierten Mindestlöhnen.
ür fast 4 Millionen Menschen in Deutschland gelten
olche tarifbezogenen Lohnuntergrenzen. Diese Lohn-





Dr. Heinrich L. Kolb


(A) )


)(B)

untergrenzen wurden übrigens für fast 3,8 Millionen Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter einer schwarz-
gelben Bundesregierung eingeführt. Auch das muss man
hier einmal sehr deutlich sagen.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn es nach der FDP gegangen wäre, wären die nie gekommen! – Abg. Jutta Krellmann [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Die Kollegin Krellmann möchte etwas fragen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724425100

Ich sehe, Sie erlauben die Zwischenfrage der Kollegin

Krellmann.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1724425200

Ja. Bitte eine kurze Frage, damit ich lange antworten

kann.


(Heiterkeit)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724425300

Bitte schön, Frau Krellmann.


Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724425400

Die von Ihnen angesprochenen Löhne sind oftmals

grottenschlecht und unterschiedlich zwischen Ost und
West, zum Beispiel in der Leiharbeit.

Sie erzählen uns: Wir müssen ganz vorsichtig sein;
vielleicht vernichtet das Arbeitsplätze. – Wir haben jetzt
schon Erfahrung mit Mindestlöhnen. Ich möchte gerne
von Ihnen wissen: Wurden irgendwo Arbeitsplätze ver-
nichtet? Wir haben positive Erfahrungen in bestimmten
Bereichen gemacht. Wieso dauert das bei Ihnen so
lange? Wieso muss man stundenlang, tagelang, jahre-
lang Untersuchungen machen, bis man politisch endlich
einen Schritt in die Richtung macht, dass wir Mindest-
löhne bekommen, und zwar überall?


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1724425500

Frau Kollegin Krellmann, diese Koalition hat in ih-

rem Koalitionsvertrag zweierlei vereinbart, was hier ein-
schlägig ist. Wir haben erstens klipp und klar gesagt: Ei-
nen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn lehnen
wir ab. Zweitens haben wir gesagt: Wir wollen eine
Evaluation bestehender Mindestlöhne. – Dies ist auch
geschehen. Jetzt muss man aufpassen, dass man nicht
Äpfel mit Birnen vergleicht.

Sie wollen auf den gesetzlichen Mindestlohn hinaus,
und Sie wollen jetzt eine Unschädlichkeit des gesetzli-
chen Mindestlohns mit Verweis auf Erfahrungen bei ta-
rifbasierten Mindestlöhnen suggerieren. Sie haben es in
Ihrer Frage auch selbst angesprochen. Die Bandbreite
der tarifbezogenen Mindestlöhne geht von 7 Euro bei
den Wäschereidienstleistungen in den neuen Bundeslän-
dern bis hin zu fast 14 Euro am Bau im Westen, in den
alten Bundesländern. Der obere Wert ist das Doppelte
des unteren. Das zeigt, dass von den Tarifpartnern sehr

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(C (D ohl Differenzierungen vorgenommen wurden. Die sind uch notwendig, um auf die Produktivität und die Mögchkeiten der jeweiligen Branche angemessen reagieren u können. Um Ihre Frage kurz zu beantworten – ich könnte das uch länger tun, aber die Kollegen wollen heute Nachittag auch noch nach Hause –: Ich halte es nicht für ulässig, dass man die Evaluation von Branchenmindesthnen heranzieht, um die Wirkungen eines gesetzlichen ächendeckenden Mindestlohns, der undifferenziert in llen Teilen unseres Landes gelten würde, zu beschreien. Oft wird hier angeführt, Mindestlöhne stünden nur uf dem Papier, es werde nicht kontrolliert. Man muss ja uch einmal einen neuen Aspekt in die Debatte einbrinen: Ich habe mir angeguckt, wie die Finanzkontrolle chwarzarbeit in einzelnen Branchen tätig wird. Ich ann nur sagen: Es findet ein dichtes Prüfungsgeschehen tatt, mit dem nachgehalten wird, dass das, was der erordnungsgeber bei der Allgemeinverbindlichkeitsrklärung zum Ausdruck gebracht hat, auch tatsächlich ingehalten wird. Es gibt Abweichungen, Verstöße in inzelnen Branchen, aber das liegt im niedrigen einstellien Prozentbereich. Es gibt immer schwarze Schafe das ist vollkommen klar –, aber die Mehrzahl der Unrnehmen in den Branchen mit tarifbasierten Mindesthnen hält sich genau an das, was der Verordnungsge er wollte; das will ich an dieser Stelle und in dieser ebatte festhalten. Heute steht nicht der Vorschlag des Bundesrates auf er Tagesordnung. Damit muss man sich noch sehr innsiv befassen; denn der wirft mehr Fragen auf, als er ntworten gibt. Ich will nur so viel sagen: Ich finde, es t schon ein dreistes Stück der SPD-Mehrheit im Bunesrat, auf der einen Seite zu sagen: „Wir wollen keine olitische Lohnfindung“ und auf der anderen Seite in iesem Entwurf eines Mindestlohngesetzes sozusagen inen Mindestmindestlohn vorzugeben. Die Mindesthnkommission darf tagen, sie darf auch zu einem Er ebnis kommen, aber wenn das Ergebnis unter dem Wert on 8,50 Euro ist, wird das nicht akzeptiert. – Das ist olitische Lohnsetzung; das ist ein vollkommen klarer all. (Widerspruch der Abg. Gabriele LösekrugMöller [SPD])


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


o, Frau Kollegin Lösekrug-Möller, geht es auf keinen
all.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Gabriele Lösekrug-Möller [SPD]: Deshalb können Sie nicht zustimmen oder ablehnen?)


Jetzt gucken wir einmal weiter. Nach dem Gesetzent-
urf ergibt sich auch Folgendes: Wenn das Verfahren
estartet wurde und die Kommission in den nächsten
ahren irgendwann Mindestlohnvorschläge macht, die
em BMAS nicht gefallen, dann soll das Votum der
ommission belanglos sein und – so steht es in diesem
ntwurf – soll das Ministerium allein einen Mindest-





Dr. Heinrich L. Kolb


(A) )


)(B)

lohn, der flächendeckend in ganz Deutschland gelten
soll, festsetzen. Auch das ist für mich nichts anderes als
eine politische Lohnfindung. Ich weiß nicht, wie Sie das
nennen. Für mich ist das eine politische Lohnfindung. So
geht es nicht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Auch dann, wenn die Kommission bis zu dem vorge-
sehenen Datum im Jahr – ich glaube, das ist der 31. Au-
gust – noch nicht so weit ist, würde das BMAS in die
Bresche springen. Das kann man von der einen und der
anderen Seite natürlich auch taktisch handhaben. Ein gu-
tes, ein geordnetes Verfahren sieht anders aus.

Unser Vorschlag ist ein anderer. Wir wollen – ich will
das am Schluss noch kurz sagen – auf dem Weg, der sich
in den letzten Jahren ganz offensichtlich, auch nach den
Evaluationen, bewährt hat, vorangehen. Wir glauben,
dass die tarifbasierten Branchenmindestlöhne ein Weg
sind. In Übereinstimmung von Arbeitgebern und Arbeit-
nehmern wird ein Antrag gestellt, der Tarifausschuss vo-
tiert, und der Mindestlohn wird dann in Kraft gesetzt.
Das hat sich bewährt.

Wir wollen den Katalog im Arbeitnehmer-Entsende-
gesetz, der heute abschließend ist, öffnen, erweitern. Das
ist der eine Weg.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben es schon mal beantragt! Sie haben es abgelehnt!)


Da, wo die Tarifbindung in der Branche unterdurch-
schnittlich oder kritisch ist, glauben wir, wird es darauf
ankommen, das Mindestarbeitsbedingungengesetz zu
überprüfen und mit seiner Hilfe einen Weg gangbar zu
machen. Da, wo heute soziale Verwerfungen sind, die
operativ schwer handhabbar sind, muss man gucken,
was man an die Stelle dessen setzen kann. Vielleicht
werden wir schon bald die Möglichkeit haben, etwa im
Bereich Schlachthöfe zu zeigen, dass man, wenn auf al-
len Seiten ein guter Wille vorhanden ist, den Weg über
das Mindestarbeitsbedingungengesetz nutzen kann, um
in einzelnen Wirtschaftsbereichen zu geltenden Lohn-
untergrenzen zu kommen. Das ist ein guter, gangbarer
Weg.

Das, was die Linke vorschlägt, geht unseres Erach-
tens gar nicht. Dazu habe ich jetzt nichts gesagt, Frau
Kollegin Krellmann. Das tut mir leid.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Das überrascht uns nicht!)


Das, was der Bundesrat will, geht meines Erachtens
auch nicht. Ich glaube, unsere Fraktion hat einen guten
und gangbaren Weg vorgeschlagen. Die Praxis hat ge-
zeigt, dass dieser Weg erfolgreich sein kann. Diesen Weg
wollen wir mit Ihnen gemeinsam gehen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Für Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Kollegin rigitte Pothmer das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr immer und Herr Kolb, Sie wissen, dass ich Ihr Minestlohnkonzept für falsch halte. Ich fände es aber redch – das wäre ein angemessenes Verhalten einer Regiengsfraktion –, wenn Sie Ihr Konzept hier einmal zur iskussion stellen und einen entsprechenden Gesetzenturf vorlegen würden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724425600
Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724425700

ann würde nämlich einiges deutlich werden. Aber die
trategie dieser Koalition lautet: verhindern, verschlep-
en, verschleiern.


(Widerspruch bei der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie bei der Rente!)


iese Strategie haben Sie gewählt, weil Sie verschleiern
ollen, dass das, was Sie hier Mindestlohn und Lohnun-
rgrenze nennen, eine Mogelpackung ist und kein Min-
estlohn.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Nehmen wir einmal das Beispiel FDP. Sie haben sich
it der Frage ja tatsächlich beschäftigt. Kurz vor Ende

ieser Wahlperiode fällt Guido Westerwelle ein, dass ein
tundenlohn von 3 Euro möglicherweise doch nicht
anz fair ist. Ich frage Sie: Was heißt das eigentlich?
ind 4 Euro gerecht? Sind 5 Euro gerecht? Oder verste-
en Sie das als gerecht, was Ihr Fraktionsvize Martin
indner nach Ihrem Lohnuntergrenzenbeschluss in ei-
em Radiointerview gesagt hat? Er hat gesagt, dass er es
anz und gar nicht für unwürdig hält, wenn zum Beispiel
in Rentner für 4,50 Euro und ein Bierchen obendrauf in
er Pförtnerloge sitzt oder ein Rentner für Bier und Bu-
tten abends in der Kneipe Gläser spült.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Was zahlt denn Frau Höhn? 4 Euro! Bei Frau Höhn gibt es 4 Euro!)


edeutet das Mindestlohnkonzept der FDP Naturalien
r Rentner und ein paar Euro zusätzlich für die übrigen
eschäftigten?

Nehmen wir das Beispiel CDU.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nehmen wir das Beispiel Bärbel Höhn!)


h frage Sie: Was bedeutet es eigentlich konkret, wenn
re Kanzlerin bei der CDA sagt – ich zitiere –:

Wir sehen auch, dass die Beschäftigungsvielfalt so
groß ist, dass es nicht … ausreicht, branchenspezi-
fisch zu arbeiten.


(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Was ist dagegen zu sagen?)






Brigitte Pothmer


(A) )


)
Dieser Satz ist ein echter Merkel.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Nein, das ist ein Merksatz! Das ist etwas anderes!)


Es gibt viel Interpretationsspielraum. Ich frage Sie:
Heißt das, dass Sie verbindliche Lohnuntergrenzen nur
für die Branchen wollen, in denen es keine Tarifverträge
gibt? Dann frage ich Sie: Was bedeutet das für die mehr
als 1 Million Beschäftigten, die in Branchen arbeiten,
die zwar Tarifverträge haben, nach denen aber die Lohn-
untergrenze bei unter 8,50 Euro liegt?


(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Das bedeutet, dass die Gewerkschaften dort versagt haben! Ganz einfach!)


Heißt das für diese Menschen: einmal Hungerlohn – im-
mer Hungerlohn?


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Das heißt es!)


Oder ist vielleicht die Interpretation von Herrn Laumann
aus NRW richtig? Er war neulich gemeinsam mit mir auf
einer Tagung des DGB zum Thema „Neue Ordnung der
Arbeit“. Vor über 200 Millionen Teilnehmerinnen und
Teilnehmern,


(Lachen bei der CDU/CSU – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: „200 Millionen“! Bravo!)


vor über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern hat er
gesagt: Ich trete für einen flächendeckenden gesetzli-
chen Mindestlohn ein. – Bei dieser Aussage hat er sich
ausdrücklich auf das Konzept und den Beschluss der
CDU bezogen. Was ist eigentlich richtig? Wie ist das
Vorgehen von Frau Kramp-Karrenbauer, Ministerpräsi-
dentin des Saarlands, zu verstehen? Sie hat die Bundes-
ratsinitiative, die Sie hier heute so kritisieren und in der
8,50 Euro festgeschrieben sind, mitunterzeichnet,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Recht hat sie!)


also genau das Konzept, das Sie hier seit Jahren mit
Schaum vor dem Mund bekämpfen.


(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Wer hat denn hier Schaum vor dem Mund?)


Die Wahrheit ist: Sie lassen diese Kakofonie in dieser
Frage sehr bewusst zu, weil Sie den Menschen Sand in
die Augen streuen wollen. Sie haben in Ihrer Fraktion
keine Mehrheit für den Kampf gegen Lohndumping. Das
wollen Sie den Wählerinnen und Wählern nicht sagen;
das wollen Sie verschleiern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


In anderen Lebensbereichen würde das, was Sie hier
als Regierungsfraktionen machen, als Arbeitsverweige-
rung gewertet werden,


(Zuruf von der LINKEN: Genau!)


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(C (D nd zwar mit entsprechenden Konsequenzen. Ich bin iemlich zuversichtlich, dass die Wählerinnen und Währ am 22. September genau diese Konsequenzen ziehen erden. Sie werden Ihnen die fristlose Kündigung auf en Tisch legen. Ich bin ja sonst sehr für Kündigungschutz, Sie aber haben ihn nicht verdient. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Guter Schlusssatz!)


Nach dem 22. September ist der Kampf um den Min-
estlohn erledigt. Dann wird es nicht nur eine gesell-
chaftliche Mehrheit für den Mindestlohn geben, son-
ern endlich auch eine parlamentarische Mehrheit. Der
indestlohn wird kommen. Sie stehen in dieser Debatte

uf der falschen Seite der Geschichte. Nichts ist so
ächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Das
erken Sie doch auch selber. Bei Ihrem Mitmachpro-

ramm, bei dem Mitmachprogramm der CDU, haben
re Mitglieder die Durchsetzung des Mindestlohns an

ie erste Stelle als ihre Herzensangelegenheit gewählt.
ei der Delegiertenkonferenz der CDA haben Ihre Mit-
lieder der Kanzlerin „Mindestlohn jetzt“-Schilder ent-
egengestreckt. Das ist doch für einen Laden wie Ihren
chon so was wie eine Kulturrevolution.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


h frage mich: Was denken Sie sich? Wenn 80 Prozent
er Bevölkerung für einen Mindestlohn sind, dann
üssen darunter doch auch einige CDU-Wählerinnen

nd -Wähler sein.

Die Menschen sind längst weiter als diese Bundes-
gierung. Für die Menschen ist der Mindestlohn das

entrale Gerechtigkeitskonzept. Es steht nicht nur sym-
olisch für Wert und Würde der Arbeit.


(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Genau! Dafür steht Steinbrück! Der ist der richtige Vertreter dafür!)


ber Gerechtigkeit hatte in den letzten vier Jahren und
Ihrer Regierungszeit insgesamt keine Konjunktur. Ich

erspreche Ihnen: Das werden wir ändern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So viel Pathos war nie!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724425800

Für die CDU/CSU hat jetzt das Wort der Kollege

r. Johann Wadephul.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Johann Wadephul (CDU):
Rede ID: ID1724425900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Frau Pothmer, wir sind ja engagierte Reden von
nen hier gewohnt, aber angesichts dieser Thematik

nd der Vergleiche, die Sie gezogen haben, kann ich nur

(B)






Dr. Johann Wadephul


(A) )


)(B)

fragen: Geht es vielleicht auch eine Nummer kleiner?
Das wäre angesichts der Thematik etwas treffender ge-
wesen.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Wir reden über die Einkommen von Menschen!)


Wir diskutieren hier in diesem Hohen Hause zum
wiederholten Male über diese Frage, Frau Krellmann,
und das vor dem Hintergrund, dass wir in Deutschland
die höchste Beschäftigungsquote seit der Wiedervereini-
gung unseres Vaterlandes haben.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Davon kann man nicht leben!)


– Entschuldigung, es ist immer noch besser, Arbeit zu
haben, als arbeitslos zu sein. Sozial ist, was Arbeit
schafft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sozial ist, was gute Arbeit schafft!)


Frau Krellmann, das ist der ganz entscheidende Punkt.

Auch die Zahlen im Bereich der Jugendarbeitslosig-
keit sind gut.

Ich darf gleich vorweg sagen, dass ich meine Gedan-
ken ganz kurz vortragen möchte, um es allen Kollegen
zu ermöglichen, relativ bald nach Hause zu ihren Fami-
lien und in die Wahlkreise zu fahren.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724426000

Also keine Zwischenfragen.


Dr. Johann Wadephul (CDU):
Rede ID: ID1724426100

Wir haben Arbeitslosenzahlen, die ermutigend und

rückläufig sind, insbesondere bei jungen Menschen; das
ist eine der wichtigsten Fragen für die Zukunft. Wenn
Sie sich angucken, warum wir, etwa im mediterranen
Raum, das Problem haben, dass gerade junge Menschen
nicht in den Arbeitsmarkt hineinkommen, stellen Sie
fest: Das liegt daran, dass es dort an Flexibilität fehlt.
Man hilft natürlich der Bevölkerung insgesamt und ge-
rade jungen Menschen nicht, wenn man sich sozusagen
nur um die Bestandsarbeitskräfte kümmert. Wenn man
für die alles abriegelt, dann kann die Wirtschaft nicht at-
men, und dann werden Sie nicht die Voraussetzungen
dafür schaffen können, dass auch junge Menschen eine
Chance bekommen. Deswegen sage ich Rot-Grün, auch
wenn die Zuhörerschaft bei den Sozialdemokraten klein
ist: Es war richtig, dass die Hartz-IV-Reformen durchge-
führt und dieser gesamte Bereich angepackt wurde. Das
ist Ihr Verdienst. Sie haben den Niedriglohnsektor geöff-
net.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Sie haben dafür gesorgt, dass Menschen in diesem Be-
reich Arbeit bekommen haben. Es ist im Grunde ver-
kehrte Welt: Sie wollen das alles nicht mehr wahrhaben,

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(C (D (Gabriele Lösekrug-Möller [SPD]: Das ist doch Quatsch!)


nd wir haben Anlass, Ihnen dafür wirklich Dank auszu-
prechen. Stellen Sie Ihre eigene Arbeit von vor zehn
ahren hier doch nicht infrage! Herr Schröder würde sich
ahnsinnig ärgern, wenn er Ihre Rede gehört hätte, Frau
ösekrug-Möller.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gabriele Lösekrug-Möller [SPD]: Das habe ich mit keiner Silbe getan, Herr Wadephul! Bleiben Sie auf dem Teppich!)


s ist nämlich so, dass auch gering bezahlte Arbeit für
anz viele Menschen eine Option schafft, zu einem bes-
er bezahlten Job zu kommen und mehr zu verdienen.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Ach, das ist ja gar nicht wahr!)


as wünschen wir jedem. Dafür muss man die entspre-
henden Voraussetzungen schaffen.

Nun stellt sich in der Tat die Frage – ich bin sicher,
rau Pothmer, der nächste Deutsche Bundestag wird sich
it dieser Frage auseinandersetzen, und wir werden

uch zu einer Regelung kommen –, wie ein tariflicher
indestlohn nach unseren Vorstellungen aussehen

ollte. Das wollen wir gemeinsam, lieber Heinrich Kolb,
it den Freien Demokraten vereinbaren; die Chancen

tehen übrigens ganz gut, dass wir diese Koalition fort-
etzen können.


(Lachen des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])


ir werden das in angemessener Weise machen; denn
an bewegt sich in diesem Bereich zwischen verschie-

enen Polen. Auf der einen Seite geht es um die Gerech-
gkeitsfrage. Natürlich müssen wir uns um die betroffe-
en Menschen kümmern, und natürlich wissen wir, dass
s etliche Menschen gibt, die zu wenig verdienen; das ist
lar.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber dann machen Sie doch vielleicht einfach mal was!)


uf der anderen Seite wissen wir aber auch, dass ein zu
och angesetzter Mindestlohn die Gefahr birgt, dass es
chwarzarbeit gibt, dass Arbeitsplätze ins Ausland ver-
gert werden und dass Scheinselbstständigkeit entsteht
der Werkverträge abgeschlossen werden;


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber tun Sie doch einfach mal was! – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Ach, jetzt kommt er auch noch damit! So ein Quatsch!)


ll das beklagen ja auch Sie. Deswegen kommt es gerade
arauf an, dass man die Höhe des Mindestlohns klug be-
timmt.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Aber von irgendwas müssen die Menschen doch leben!)


s spricht vieles dafür – darauf hat der Kollege Kolb
ingewiesen –, dass man in einzelnen Branchen diffe-
nzierte Regelungen treffen sollte.


(Beifall des Abg. Pascal Kober [FDP])






Dr. Johann Wadephul


(A) )


)(B)

Die Lohnfindung liegt in Deutschland in den erfolgrei-
chen Händen der Sozialpartner.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sind 3,50 Euro ein erfolgreicher Lohn?)


– Ja, wenn Sie sich mittlerweile für Ihre eigene Gewerk-
schaftsarbeit schämen, dann tun Sie mir leid. Die
Gewerkschaften haben erfolgreich Arbeitnehmerrechte
verteidigt und dafür gesorgt, dass Arbeitnehmer Arbeits-
plätze bekommen haben und regelmäßig gut beschäftigt
worden sind, meine sehr verehrten Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dass man das jetzt gegen Sie hier verteidigen muss, Herr
Ernst, das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein!


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])


Das ist ja unglaublich! Das empört mich geradezu.


(Zuruf des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE])


– Ja, es gab doch gerade neue Abschlüsse. Schauen Sie
sich an, was die IG Metall in Bayern ausgehandelt hat.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja, bei den Friseuren! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Unglaublich, was hier abgeht! Reden Sie davon, wovon Sie was verstehen!)


Es wurden Lohnzuwächse für die Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer vereinbart. Das ist doch eine gute Sa-
che. Wir wollen starke Gewerkschaften. Es muss sich
lohnen, in eine Gewerkschaft einzutreten.


(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Das lohnt sich nur für die Gewerkschaftsfunktionäre!)


Mensch, dass ich die Gewerkschaften und deren Rechte
hier gegen Sie verteidigen muss, das ist heute Nachmit-
tag ja wirklich verkehrte Welt!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sie verteidigen das Mindestlohnkonzept!)


Aber das machen wir. Wir stehen zu unseren Gewerk-
schaften.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Die Gewerkschaften wollen den Mindestlohn, Herr Kollege!)


Sie sollen die maßgebliche Rolle spielen, wenn es darum
geht, die richtige Lohnhöhe zu finden. Gerade deswegen
sieht unser Modell vor, dass diese Entscheidung dann
bindend sein soll.

Eines will ich den Grünen an dieser Stelle in aller
Ernsthaftigkeit sagen: Für Sie hat das, was die Kommis-
sion vorschlägt, nur Empfehlungscharakter, die Ent-
scheidung wollen Sie hinterher aber doch politisch tref-
fen.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, nein, nein! – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! N s d b d b is d n a m b u m A d m D G m fo c s z s K te lö h d e m le a S w K v (C (D Sie müssten nur mal unseren Antrag lesen! Mein Gott, immer nur falsche Dinge behaupten!)


ein, das, was von einer solchen Kommission vorge-
chlagen wird, muss dann bindend sein. Das müssen wir
urchsetzen. Deswegen ist diese Entscheidung gerade
ei den Sozialpartnern in guten Händen.

Abschließend möchte ich Ihnen sagen: Es wird auch
anach noch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ge-
en, die den Mindestlohn, der dann tariflich festgelegt
t, erhalten und trotzdem, Herr Ernst, keinen eigenstän-
igen Rentenanspruch, der über dem Grundsicherungs-
iveau liegt, haben. Das liegt daran – das können Sie nie
usschließen –, dass eine ganze Reihe von Arbeitneh-
ern nur Teilzeit arbeitet – einige wollen nur Teilzeit ar-

eiten, andere können nur Teilzeit arbeiten – und dass es
nterbrochene Erwerbsbiografien gibt. Das wird es im-
er geben. Deswegen werden Sie das Problem auf diese
rt und Weise nicht lösen können. Wir werden uns in
er Rentengesetzgebung auch um diese Fälle noch küm-
ern müssen.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weder Mindestlohn noch Garantierente!)


iese Menschen werden staatliche Leistungen wie die
rundsicherung in Anspruch nehmen müssen.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Ich
öchte die linke Seite dieses Hauses abschließend auf-
rdern: Diskreditieren Sie nicht den Empfang staatli-

her Sozialleistungen als Empfang von Almosen! Das
ind gesetzliche Ansprüche; die stehen den Menschen
u, und die Menschen sollen diese Leistungen in An-
pruch nehmen; denn dafür sind sie da.


(Karin Binder [DIE LINKE]: Dafür muss man sich aber ausziehen bis aufs Hemd!)


Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724426200

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem

ollegen Klaus Ernst.


Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724426300

Lieber Herr Wadephul, Sie haben sich hier als Vorrei-

r der Gewerkschaften präsentiert. Sie wollen Mindest-
hne verhindern. Ihr Argument in diesem Zusammen-

ang ist die Stärkung der Tarifautonomie. Zur Stärkung
er Tarifautonomie gehört doch aber, dass man es ver-
infacht, dass Tarifverträge in diesem Land für allge-
einverbindlich erklärt werden können. Das wiederum
hnen Sie – übrigens in trauter Einigkeit mit der FDP –

b. Gleichzeitig verwenden Sie das Argument von der
tärkung der Tarifautonomie.

Zweitens. Zu einer Stärkung der Tarifautonomie
ürde auch gehören, dass Gewerkschaften ein eigenes
lagerecht bekämen, wenn es darum geht, die Geltung
on Tarifverträgen durchzusetzen. Genau das lehnt Ihre





Klaus Ernst


(A) )


)(B)

Fraktion zusammen mit der FDP ab. Sie werden mir ver-
zeihen, dass ich Ihnen kein Wort glaube, wenn Sie be-
haupten, Sie wollten die Tarifautonomie verteidigen.
Wenn Sie sich um die Qualität von Tarifverträgen sor-
gen, dann ist das so, als ob sich ein Vegetarier um die
Qualität von Schweinefleisch sorgt, Herr Wadephul.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zu dem Argument: Weil die Gewerkschaften Löhne
von 3,50 Euro vereinbart haben – und das haben sie –, ist
der Tarifvertrag schon gut. – Ich weiß, wie man Tarifver-
träge schließt; ich habe selber welche geschlossen, übri-
gens mit höheren Löhnen. Wenn ich Tarifverträge mit
höheren Löhnen durchsetzen konnte, dann hatte ich ent-
sprechend viele kampfbereite Mitglieder. In vielen Be-
reichen – das wissen Sie alle, die Sie da sitzen – ist diese
Voraussetzung nicht gegeben. Wie soll man Friseure or-
ganisieren?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Friseure haben doch gerade einen Tarifvertrag abgeschlossen!)


Wie soll man Steuerberatergehilfen organisieren? Wie
soll man Leute organisieren, die im Blumenbereich ar-
beiten,


(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: „Blumenbereich“?)


Floristinnen und Floristen? Dass dort laut Tarifvertrag so
niedrige Löhne gezahlt werden, liegt schlichtweg daran,
dass die Arbeitgeber die Tarife diktieren können. Weil
das so ist, reicht es nicht aus, zu sagen: Das sollen mal
die Gewerkschaften regeln!


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU – Lachen des Abg. Dr. Thomas Feist [CDU/CSU])


Union und FDP wollen erstens schwache Gewerk-
schaften und zweitens keine Mindestlöhne, um für die
Arbeitgeber möglichst niedrige Löhne durchsetzen zu
können. Was Ihre eigene Klientel angeht, haben Sie
nichts gegen staatlich aufgestockte Löhne. Das haben
die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land inzwischen
erkannt. Die Menschen in diesem Land – quer durch alle
Wählerschichten, auch Ihre eigenen Wähler – sind längst
für einen Mindestlohn. Ich hoffe – das würde ich mir
sehr wünschen –, dass sie endlich merken, dass Sie hier
im Bundestag gegen die Interessen Ihrer eigenen Wähler
handeln.


(Beifall bei der LINKEN – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Wünschen kann man sich viel! – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Der ist immer noch bei Robotron!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724426400

Zur Erwiderung Kollege Wadephul.


Dr. Johann Wadephul (CDU):
Rede ID: ID1724426500

Herr Kollege Ernst, das Gegenteil von dem, was Sie

gerade behauptet haben, ist wahr. Ich will Sie einmal da-

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(C (D uf hinweisen, dass mittlerweile in 15 Branchen tariflihe Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegeetz oder nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz elten. Die Anzahl der für allgemeinverbindlich erklärten Tafverträge ist gewachsen: Nach einem Tiefstand von 46 Tarifverträgen im Jahre 2006 sind es 2012 bereits ieder 502 Tarifverträge gewesen. Das heißt, die Allgeeinverbindlichkeitserklärung – das ist unter dieser undesregierung, unter dieser Koalition geschehen – hat onjunktur. Wir praktizieren branchenangemessene Lö ungen, und – das muss man eindeutig sagen – diese Löungen funktionieren, Herr Kollege Ernst. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sie produzieren Armut trotz Arbeit!)


Zweitens. Herr Kollege Ernst, Sie sind schon etwas
nger aus der gewerkschaftlichen Arbeit heraus. In der
riseurbranche ist jetzt eine Einigung gelungen. Die Ver-
ältnisse in dieser Branche sind immer wieder beklagt
orden. Gerade in dieser Branche hat man sich jetzt auf

ine stufenweise Erhöhung der Löhne geeinigt: In der
rsten Stufe sind es 6,50 Euro in Ostdeutschland und
,50 Euro in Westdeutschland;


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Arbeiten Sie mal für 6,50 Euro!)


der dritten Stufe – im August 2015 – werden es
,50 Euro in ganz Deutschland sein. Das haben Gewerk-
chaften erstritten.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Das ist nicht deren Aufgabe!)


enn Sie davon nichts wissen, dann ist das in der Tat
aurig.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sie sind für niedrige Löhne verantwortlich! Sie auch! Unglaublich!)


ber ich sage Ihnen: Diejenigen, die sich in Gewerk-
chaften engagieren, wissen, warum sie das machen,
issen, welchen Nutzen sie haben. Reden Sie die Tarif-

utonomie, die wir in unserem Land haben, nicht
chlecht! Sie funktioniert, und sie ist ein Teil des Er-
lgsmodells Bundesrepublik Deutschland.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Das ist nicht die Aufgabe von Gewerkschaften! Es ist Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Menschen nicht arm werden!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1724426600

Für die FDP-Fraktion spricht jetzt der Kollege

ohannes Vogel.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1724426700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

habe dem flammenden Plädoyer des Kollegen Wadephul
für die Tarifautonomie nichts hinzuzufügen. Ich schließe
mich dem vollinhaltlich an.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sie haben ja noch weniger Ahnung!)


– Lieber Herr Ernst, wer hier Ahnung davon hat, das,
glaube ich, haben Sie eben mit entlarvender Klarheit
deutlich gemacht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wer hier im Deutschen Bundestag als Ex-Gewerkschaf-
ter sagt: „Wie soll man Friseurinnen organisieren?“,
wenn für die Friseurbranche gerade ein tariflicher Min-
destlohn beschlossen wurde, der entlarvt sich und seine
Glaubwürdigkeit bei diesem Thema selber, Herr Ernst.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Thomas Feist [CDU/ CSU]: Keine Ahnung!)


Apropos „entlarven“. Wir reden heute auch über ei-
nen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen. Frau Kollegin
Pothmer, auch Sie haben ein großes Rad gedreht und uns
zum Beispiel eine Mogelpackung vorgeworfen.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Wer das tut, der muss natürlich selber bei den Fakten si-
cher sein. Ich habe mir Ihren Antrag durchgelesen. Auch
wenn wir die Diskussion über den Mindestlohn hier
nicht zum ersten Mal führen, lesen wir jedes Mal wieder,
was Sie uns als Antrag vorlegen. Als Verweis auf einen
angeblich katastrophal hohen Niedriglohnsektor in
Deutschland führen Sie das Jahr 2010 an. Ich habe mich
gefragt, warum.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil das die neuesten Zahlen sind!)


Vielleicht deshalb, weil seit 2010 der Anteil des Niedrig-
lohnsektors in Deutschland zurückgegangen ist, viel-
leicht also, weil unter dieser Koalition der Niedriglohn-
sektor geschrumpft ist. Wollten Sie das außen vor lassen,
oder warum stellen Sie hier falsche Fakten dar?


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind die neuesten Zahlen!)


Aktuelle Fakten sind es jedenfalls nicht.

Festzuhalten bleibt: Seitdem diese Koalition regiert,
ist nicht nur die Arbeitslosigkeit auf Rekordniveau ge-
sunken. Auch der Niedriglohnsektor ist geschrumpft,
und das ist gut. Deshalb waren das vier gute Jahre für
Deutschland. Das wollen wir fortsetzen, liebe Kollegin-
nen und Kollegen von den Grünen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ein zweiter Punkt, der in meinen Augen belegt, dass
Sie bei den Fakten bestimmte Dinge außen vor lassen:
Sie schreiben in Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und
Kollegen von den Grünen, die Bundeskanzlerin habe zu

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(C (D nrecht gesagt, es gebe einen Zusammenhang zwischen indestlöhnen und Arbeitslosigkeit. Man muss einfach inmal den Bericht der OECD lesen, die uns noch Anng 2012 wieder bescheinigt hat, dass es gerade bei der ohen Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern Europas inen Zusammenhang mit den bestehenden zu hohen inheitsmindestlöhnen gibt. Liebe Frau Kollegin othmer, wollen Sie das auch für Deutschland? Wir woln den französischen Weg mit extremer Jugendarbeitssigkeit nicht gehen, liebe Kolleginnen und Kollegen on den Grünen. Ist deshalb nichts zu tun? Doch, es ist etwas zu tun. atürlich gibt es Branchen, bei denen wir für eine faire ntlohnung sorgen müssen, weil dort Löhne gezahlt erden, die niemand akzeptieren will. Deshalb ist es uch richtig, wie der Kollege Wadephul und der Kollege olb schon ausgeführt haben, dass diese Koalition in un ähligen neuen Branchen tarifliche Lohnuntergrenzen ingeführt hat. Das ist in den letzten Jahren dieser Regiengskoalition aktuell allein für mehr als 2 Millionen enschen geschehen. (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gedrängt wurden Sie! – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit vorgehaltener Pistole mussten wir Sie dazu zwingen!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


eil diese Löhne von konkret betroffenen Tarifpartnern,
on Arbeitgebern und Gewerkschaften, branchendiffe-
nziert festgelegt werden, wird auf der einen Seite für
ire Entlohnung gesorgt; die Löhne sind aber auf der

nderen Seite nicht so hoch angesetzt, dass sie Einstiegs-
hancen verhindern und zur Arbeitslosigkeit beitragen.
as ist genau die Balance, die wir in Deutschland am
rbeitsmarkt brauchen. Deswegen ist es richtig, dass wir
iesen Weg gegangen sind, liebe Kolleginnen und Kolle-
en.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724426800

Kollege Vogel, gestatten Sie eine Frage oder Bemer-

ung der Kollegin Krellmann?


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Merkt ihr eigentlich nichts mehr? – Zuruf von der FDP: Nein, keine Fragen mehr!)



Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1724426900

Eine Frage der Kollegin Krellmann lasse ich zu.


Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724427000

Das ist sehr nett von Ihnen. – Wir sind alle noch bei

er Arbeit. Auch ich möchte gerne nach Hause. Aber ich
öchte, dass wir diesen Punkt der Tagesordnung so
nge diskutieren, wie dies notwendig ist.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Am Mittwoch hat mein Kollege Klaus Ernst sehr ge-
au erklärt, wie das in Österreich und Frankreich mit der





Jutta Krellmann


(A) )


)(B)

Jugendarbeitslosigkeit ist. Er hat deutlich gemacht, dass
das eine mit dem anderen überhaupt nichts zu tun hat.
Wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie das mitbekommen.

Welche Aufgaben billigen Sie denn den Gewerk-
schaften in dieser Gesellschaft zu? Sie setzen doch poli-
tisch die Rahmenbedingungen für Gewerkschaften. Das
bedeutet auch, dass Sie für Gewerkschaften einen Min-
destlohn setzen. Gewerkschaften müssen darauf aufset-
zen und nicht schaffen, was Sie bisher nicht geschafft
haben. Sie müssen auch nicht den Trümmerhaufen von
Niedriglöhnen wegräumen, den es in diesem Land gibt.


(Beifall bei der LINKEN)



Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1724427100

Liebe Frau Kollegin Krellmann, ich finde es interes-

sant, dass Sie sich hier als Vertreterin der Linken für aus-
führliche Beratungen und langes Tagen des Deutschen
Bundestages aussprechen. Gestern Abend haben wir das
Gegenteil erlebt, beantragt durch Sie.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie haben die Feststellung der Beschlussfähigkeit bean-
tragt und waren selber nur mit 11 von 75 Abgeordneten
anwesend. Gestern hätten wir noch lange tagen können.


(Patrick Döring [FDP]: Sie sind durch die Dorotheenstraße spazieren gegangen, Frau Kollegin! Ich habe Sie gesehen! – Gegenruf der Abg. Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Unglaublich!)


– Frau Kollegin Krellmann, haben Sie Interesse an der
Antwort? Dann würde ich sie gerne geben.

Österreich ist ein gutes Beispiel. Sie gehen übrigens,
wie auch unsere skandinavischen Nachbarn, nicht den
Weg eines Einheitsmindestlohnes, sondern haben bran-
chendifferenzierte Lohnuntergrenzen eingeführt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja, genau! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Was ist der niedrigste Lohn?)


– Lieber Herr Ernst, Sie greifen sich Österreich heraus
und sagen: Wir setzen diesen Lohn in Deutschland ge-
setzgeberisch fest. Das ist keine gute Politik. Erstens
würden Sie mit Ihrer Forderung von 10 Euro bei vielen
Branchen, die Löhne auf einem Niveau von knapp unter
10 Euro vereinbart haben, als Zensor der Tarifpartner
auftreten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jawohl!)


Die Tarifpartner werden Gründe für ihren Abschluss ge-
habt haben, zum Beispiel, weil sonst die Arbeitslosigkeit
steigen würde.

Zweitens zeigt doch Ihre Bemerkung am Mittwoch
im Ausschuss, die ich genau verfolgt habe, Herr Ernst,
dass Sie den Kern der Sache nicht verstanden haben. Der
Unterschied ist: Die Tarifpartner legen Branche für
Branche die konkrete Lohnhöhe fest. Wenn Sie daraus
ableiten, das gesetzlich festzulegen, ist das das genaue
Gegenteil. Wenn Politiker die Löhne bestellen, dann

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(C (D ahlen die Menschen die Rechnung dafür, Herr Ernst, inem sie keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt haen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das wollen wir nicht. Wir gehen den Weg tariflicher
ohnuntergrenzen Branche für Branche schon in dieser
egislaturperiode. Wir wollen das in der kommenden
egislaturperiode fortsetzen. Wir wollen die Gesetze so
formieren, dass überall dort, wo es ein Problem gibt,

ine Lohnuntergrenze möglich ist, aber eben im Ein-
lang mit der Tarifautonomie und der sozialen Markt-
irtschaft. Dann haben wir auf der einen Seite faire
öhne für alle Menschen und auf der anderen Seite wei-
rhin gute Einstiegschancen und eine niedrige Arbeits-
sigkeit. Das ist der bessere Weg für Deutschland.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724427200

Der Kollege Max Straubinger hat nun für die Unions-

aktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1724427300

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

ie Anträge sind nicht neu; wir diskutieren das Thema
um x-ten Male. Es geht um die Frage: Soll es einen ge-
etzlichen Mindestlohn geben oder nicht? Ich glaube, die
ntworten sind sowohl jetzt als auch in den vergangenen
ebatten deutlich geworden. Dass es letztendlich um ei-
en politischen Lohn geht, belegen ja die beiden An-
äge. Die Linken fordern einen gesetzlichen Mindest-
hn von 10 Euro, und die Grünen verlangen 8,50 Euro,
ie die SPD in der Regel auch. Das zeigt sehr deutlich,
ass hier eine politische Lohnfestsetzung stattfinden
oll.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


as ist mit unserem System der Tarifautonomie meines
rachtens in keiner Weise zu verbinden und wäre auch
chädlich für den Wirtschaftsstandort Deutschland und
ie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Wir sehen, dass in anderen europäischen Ländern, in
enen es zu hohe Mindestlöhne gibt, die Jugendarbeits-
sigkeit enorm gestiegen und darüber hinaus grundsätz-
ch eine weit höhere Arbeitslosigkeit als bei uns zu ver-
eichnen ist.


(Gabriele Lösekrug-Möller [SPD]: Der Zusammenhang ist ja wohl weit hergeholt! – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie sieht es denn in den Niederlanden aus?)


Frankreich zum Beispiel, Frau Kollegin Pothmer, ei-
em der größten Länder in Europa, ist die Jugendarbeits-
sigkeit wesentlich höher als bei uns. Das ist traurig für

ie Jugendlichen dort. Der Mindestlohn nützt dort nie-





Max Straubinger


(A) )


)(B)

mandem; denn wenn jemand auf Mindestlohnbasis ein-
gestellt wird, zahlt der französische Staat 26 Prozent des
Sozialversicherungsbeitrages und zusätzlich noch Unter-
stützungsleistungen. Das bedeutet nach Berechnungen
von wissenschaftlichen Instituten, dass jeder dieser Ar-
beitsplätze mit 70 000 Euro subventioniert wird. Das
kann letztendlich keine zielführende Politik sein und
zeigt sehr deutlich, dass wir gut daran tun, weiterhin an
der bewährten Tarifautonomie, nämlich der Festsetzung
der Löhne durch die Tarifpartner, festzuhalten. Sie sind
letztendlich die Grundlage für ein gutes und wettbewerb-
liches System.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen wir auch!)


– Das wollen Sie nicht.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)


– Nein.

Sie widersprechen sich ja auch in Ihrem Antrag. Sie
fordern zum Beispiel, „eine Mindestlohnkommission
nach britischem Vorbild aus Vertretern der Gewerkschaf-
ten, der Arbeitgeber und der Wissenschaft“ einzurichten.
So weit, so gut. Aber mir ist nicht bekannt, dass in Groß-
britannien von politischer Seite eine Vorgabe gemacht
wird und dass diese Kommission nur einen Mindestlohn
vereinbaren darf, der oberhalb einer von der Politik ge-
zogenen Grenze liegt. Dann könnten Sie sich diese
Kommission sparen, liebe Frau Kollegin Pothmer. Ich
möchte das lieber den Tarifpartnern überlassen.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind doch die Tarifpartner!)


Sie zitieren immer die Umfrage – das hat auch der
Kollege Klaus Ernst getan –, wonach 80 Prozent der
Menschen in unserem Land für Mindestlöhne seien. Ich
bin dafür, dass die Menschen höhere Löhne bekommen.
Nach meinen Umfrageergebnissen sind die Menschen
auch für höhere Löhne, aber nicht für Mindestlöhne,
Herr Kollege Ernst.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das ist doch das Entscheidende: Es geht nicht um den
Kampf für einen Mindestlohn, sondern um eine bessere
Bezahlung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Dafür stehen die Union, die FDP und diese Regierungs-
koalition.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir stehen auch dafür, dass es Arbeit gibt in unserem
Land. Das sind die Erfolge dieser Bundesregierung und
der sie tragenden Fraktionen.

Seit dem Ende der rot-grünen Regierungszeit haben
wir 2 Millionen mehr sozialversicherungspflichtige Be-
schäftigungsverhältnisse geschaffen, weil wir wettbe-
werbsfähiger geworden sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D ir wären nicht wettbewerbsfähig geworden, wenn wir en Arbeitsmarkt stranguliert hätten. Wir sind nur wettewerbsfähig geworden, weil wir manche Regelung geckert und flexiblere Beschäftigungsformen ermöglicht aben. Das war in der Vergangenheit ein Erfolg; aber das ird auch in der Zukunft ein Erfolg sein. Das wissen die rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland. eshalb werden sie am 22. September wieder großes ertrauen in die CDU und in die CSU setzen. In diesem Sinne: Herzlichen Dank für die Aufmerkamkeit. Der Kollege Karl Schiewerling hat ebenfalls für die nionsfraktion das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724427400


Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1724427500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ur-

prünglich sollte die Kollegin Connemann sprechen. Sie
t heiser geworden; aber als sie dann noch die Rede der
rau Pothmer gehört hat, hat es ihr die Stimme verschla-
en.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war mein größter Erfolg heute!)


eswegen stehe ich hier.

Bei all dem, was wir hier diskutiert haben, will ich Ih-
en sagen, dass Frau Pothmer in einem Punkt völlig
cht hat: Der Mindestlohn wird kommen, aber nicht der

esetzliche, sondern der tarifliche,


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


icht der Mindestlohn, den der Deutsche Bundestag fest-
esetzt hat, sondern der, den die Tarifpartner festgesetzt
aben, nicht ein Mindestlohn, der in Verhandlungen in
iesem Hause entstanden ist, sondern ein Mindestlohn,
er von einer Kommission entwickelt wurde, paritätisch
esetzt mit Vertretern von Arbeitgebern und Gewerk-
chaftern.

Damit das gar nicht erst missverstanden wird: Wir
ehmen die Rolle der Tarifpartner so ernst, dass wir
eine Zahl vorgeben. Wir sagen lediglich: Ihr habt eine
ösung zu finden, und zwar überall da, wo Tarifverträge
icht greifen oder nicht vorhanden sind.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben Sie das noch nicht gemacht, Herr Schiewerling?)


ir schreiben den Tarifpartnern nicht vor, möglichst
iele Mindestlöhne für viele kleine Branchen in vielen
leinen Regionen zu schaffen. Wir sind für einen mög-
chst einheitlichen Mindestlohn. Aber letztendlich
ntscheiden sie, ob das sinnvoll ist oder ob man einen





Karl Schiewerling


(A) )


)(B)

anderen Weg gehen sollte. Diese Freiheit hat die Kom-
mission; das ist unser erklärtes Ziel. Das hat etwas mit
Tarifautonomie zu tun und übrigens auch mit wirtschaft-
lichem Sachverstand, der sich in der Bundesrepublik
Deutschland in dieser Konstellation über 65 Jahre be-
währt hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Herr Kollege Ernst, ich will Ihnen deutlich sagen: Es
ist nicht so, dass wir hier ständig über den Mindestlohn
reden, aber nichts passiere. Wir werden wahrscheinlich,
so vermute ich, in den nächsten verbleibenden zwei Sit-
zungswochen noch heftig darüber diskutieren. In der
Zeit, in der wir hier diskutieren, passiert aber eine ganze
Menge. Die von Ihnen oft zitierte Friseurin mit einem
Stundenlohn von 3,52 Euro hat mittlerweile einen Tarif-
vertrag. Wir haben für Branchen Lösungen gefunden.
Wenn Sie behaupten, diese Koalition handle nicht, will
ich Ihnen deutlich sagen: Diese Koalition hat in einer
zentralen Branche, nämlich im Bereich der Zeitarbeit,
für Regulierungen und Strukturen gesorgt; Sie hingegen
hatten hier dereguliert. Wir haben über diesen Weg wie-
der für mehr Gerechtigkeit gesorgt. Das lassen wir uns
weder von Ihnen noch von jemand anderem kaputtreden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben vielfältige Instrumente, um zu Lohnunter-
grenzen oder zu tariflichen Mindestlöhnen zu kommen.
Da gibt es das Mindestarbeitsbedingungengesetz und die
Allgemeinverbindlicherklärung. So hat zum Beispiel der
ehemalige nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-
Josef Laumann Allgemeinverbindlicherklärungen für
verschiedene Branchen erreicht. Zudem gilt das Arbeit-
nehmer-Entsendegesetz mit all seinen Gestaltungsmög-
lichkeiten.

Wer so tut, als würde das Heil der Welt ausschließlich
von einem Mindestlohn von 8,50 oder 10 Euro abhän-
gen, weil dann alle Fragen geklärt wären, der erzählt den
Menschen dummes Zeug.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Probleme der Alterssicherung werden wir mit einem
Mindestlohn nicht lösen können. Zudem richtet sich ein
tariflicher Mindestlohn – genauso wie ein Tarifvertrag –
in der Regel nicht danach, wie groß die Familie ist, die
zu ernähren ist. Wir werden immer wieder – auch in Zu-
kunft – Familien unterstützen müssen, damit sie aus-
kömmlich leben und ihren Aufgaben nachgehen können.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist auch nicht Thema heute!)


Hier ist ein Mindestlohn keine Lösung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die Unionsfraktion hat ein Konzept entwickelt. Wir
werden dieses nach dem 22. September im Koalitions-
vertrag festschreiben. Wir werden für mehr Gerechtig-
keit in diesem Land sorgen. Ich bin sicher, dass den
Menschen mehr gedient ist, wenn diejenigen, die den nö-
tigen Sachverstand haben, einen tariflichen Mindestlohn
festlegen, als wenn andere Vorgaben machen.

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(C (D Alles andere haben die Vorredner aus meiner Fraktion räzise, gut und ordentlich dargelegt. Das brauche ich icht mehr zu ergänzen. Ich danke Ihnen herzlich. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zu dem Antrag der Fraktion Die Linke uf Drucksache 17/13551 sowie zu dem Antrag der Frakon Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/13719. ie Fraktion Die Linke sowie die Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen wünschen jeweils Abstimmung in der Sa he. Die Fraktion der CDU/CSU und die Fraktion der DP wünschen jeweils Überweisung federführend an en Ausschuss für Arbeit und Soziales und mitberatend n den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie. Wir stimmen nach ständiger Übung zuerst über die nträge auf Ausschussüberweisung ab. Ich frage desalb: Wer stimmt für die beantragten Überweisungen? – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann sind ie Überweisungen so beschlossen. Wir stimmen heute icht in der Sache ab. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 51 auf: Beratung des Antrags der Bundesregierung Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz in Kosovo auf der Grundlage der Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-Technischen Abkommens zwischen der internationalen Sicherheitspräsenz gierungen der Bundesrepublik Jugoslawien Serbien vom 9. Juni 1999 – Drucksache 17/13661 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Rechtsausschuss Verteidigungsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Bundesinister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724427600

(jetzt: Republik Serbien) und der Republik


Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
ärtigen:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Vor gut einem Monat, am 19. April, unterzeich-
eten der serbische Premierminister und sein kosovari-





Bundesminister Dr. Guido Westerwelle


(A) )


)(B)

scher Amtskollege eine Erste Vereinbarung von Prinzi-
pien zur Regelung der Normalisierung der Beziehungen.
Hinter diesem sperrigen Titel verbirgt sich eine ganz be-
deutende politische Entwicklung, die wir würdigen wol-
len; denn die Normalisierung der Beziehungen ist die
Voraussetzung dafür, dass das, was vor anderthalb Jahr-
zehnten als Krieg und Unglück über die gesamte Region
und Europa gekommen ist, durch Stabilität und Aus-
gleich überwunden werden kann.

Natürlich ist eine solche Vereinbarung nur ein erster
Schritt. Der Implementierungsplan, der vor wenigen Ta-
gen in Brüssel unterzeichnet worden ist – übrigens unter
sehr konstruktiver Beteiligung von Cathy Ashton und des
Europäischen Auswärtigen Dienstes –, ist der zweite.
Jetzt geht es darum, dass mit konkreten, nachprüfbaren
Umsetzungsschritten der Implementierung dieser Nor-
malisierung nachgegangen wird.

Der Plan ist ambitioniert, aber er hat eine positive Dy-
namik erzeugt. Beide Seiten zeigen den politischen Wil-
len zur Normalisierung und zur Umsetzung der einge-
gangenen Verpflichtungen. Wenn ich die Beschlüsse des
Deutschen Bundestages, dieses Hohen Hauses, der letz-
ten Jahre richtig bewerte, werden wir über die Fraktions-
und Parteigrenzen hinweg diese Entwicklung der Nor-
malisierung gemeinsam begrüßen.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe auch persönlich den Eindruck gewonnen,
dass Belgrad und Pristina die Einigung wollen. Trotz al-
ler gebotenen Vorsicht kann man sagen, dass die politi-
sche Führung in Belgrad eine strategische Entscheidung
getroffen hat: Sie will die Beziehungen zu Kosovo nor-
malisieren. In dieser entscheidenden Weichenstellung
wollen wir sie bestärken. Deshalb war und ist es richtig,
die Frage der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen
zwischen der Europäischen Union und Serbien mit der
Frage der Normalisierung des serbisch-kosovarischen
Verhältnisses zu verknüpfen. Unsere Botschaft ist ganz
klar: Die territoriale Integrität von Staaten auf dem west-
lichen Balkan darf nicht infrage gestellt werden.

Wir konnten erste Etappenerfolge erzielen. Das liegt
nicht zuletzt auch an dem Stabilisierungseinsatz, an dem
sich Deutschland seit nunmehr 14 Jahren beteiligt. Die
NATO-geführte Operation KFOR hat Entscheidendes
geleistet. Das militärische Engagement der Bundeswehr
hat sich bewährt und eine politische Lösung des Aus-
gleichs und der Annäherung ermöglicht. Letzten Endes
wird es eine langfristige Perspektive für Frieden und Sta-
bilität auf dem westlichen Balkan nur durch eine ent-
sprechende politische Entwicklung geben; aber unsere
Frauen und Männer der Bundeswehr, das internationale
Engagement im Rahmen der Operation KFOR, haben
Entscheidendes geleistet. Dies ist ein Beispiel dafür,
dass wir mit der richtigen Balance von politischen An-
sätzen und militärischer Unterstützung gemeinsam Gro-
ßes bewirken können.

Über viele und oft sehr unruhige Jahre hinweg war
KFOR das Rückgrat der Sicherheitspräsenz in Kosovo.

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(C (D zwischen ist die Lage in Kosovo insgesamt grundsätzch ruhig und stabil. Im Norden musste KFOR allerings auch im vergangenen Jahr mehrfach aktiv werden. h will ausdrücklich sagen: Zwischenfälle bleiben weir möglich; denn wir wissen, dass es sich dort zum Teil uch um organisierte Kriminalität handelt. Es gibt eine orm von Radikalität, der wir gewahr sein müssen. Desegen ist es wichtig, dass wir weiter wachsam bleiben. Ermutigend ist neben den politischen Vereinbarungen wischen Belgrad und Pristina auch der Aufbau einer osovarischen Polizei und von kosovarischen Sichereitskräften, die rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen. em Ziel multiethnisch organisierter und professionell eführter Einheiten ist Kosovo schon viel näher gekomen. Viele Kolleginnen und Kollegen in diesem Saal kenen die Entwicklungen in diesem Bereich seit 15 Jahren nd erinnern sich sicher auch noch an die Debatten, die ir im alten Plenarsaal des Deutschen Bundestages in onn geführt haben. Viele sind selbst in der Region geesen und werden auch die Truppen besucht haben. Ich nde, es ist Anlass, gerade dann, wenn sich ein Erfolg bzeichnet, in Dankbarkeit auf diejenigen zu schauen, ie diesen Erfolg in eineinhalb Jahrzehnten ermöglicht aben, indem sie dort ganz persönlich mit ihrer Gesundeit, mit Leib und Leben, geradegestanden haben. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir wollen diesen erfolgreichen Stabilisierungsein-
atz fortführen. Der Bundesverteidigungsminister und
h empfehlen Ihnen – das beantragen wir auch –, dass
ersonalobergrenze, Auftrag und Einsatzgebiet unverän-
ert bleiben. Unverändert bleiben auch unsere Ziele,
ämlich Kosovo stabil zu halten und den Frieden in der
egion zu sichern. Dafür arbeitet KFOR. Im Namen der
undesregierung bitten wir deshalb um die Zustimmung
u diesem Mandat.

Danke schön.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724427700

Der Kollege Gernot Erler hat nun für die SPD-Frak-

on das Wort.


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1724427800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

eil KFOR zur Absicherung von Frieden und Stabilität
Kosovo immer noch gebraucht wird, wird die SPD-

undestagsfraktion der Verlängerung des Einsatzes
eutscher Soldaten im Rahmen der Kosovo Force zu-
timmen.

Wir sind uns als eine von 30 Nationen, die sich an
FOR beteiligt, unserer Verantwortung bewusst. Mit
30 tatsächlich eingesetzten Soldaten stellen wir das
rößte Kontingent, gemessen am Gesamtumfang von
500 Soldatinnen und Soldaten. Seit fast vier Jahren tra-
en wir vor Ort die Führungsverantwortung. Wir halten
s auch für richtig, bei der bisherigen Obergrenze von





Dr. h. c. Gernot Erler


(A) )


)(B)

850 Kräften zu bleiben. Schließlich haben wir im letzten
Jahr erlebt, dass die operative Reserve eingesetzt werden
musste und dabei der deutsche Anteil vorübergehend so-
gar auf 1 250 eingesetzte Kräfte anstieg. Solche Fälle
kann man leider für die Zukunft nicht völlig ausschlie-
ßen.

KFOR wird aber auch gebraucht, um die größte zivile
Mission der EU, die Rechtsstaatsmission EULEX, in die
Lage zu versetzen, ihren unverzichtbaren Beitrag zum
Aufbau von Polizei, Gerichtswesen und Zoll im Kosovo
zu erbringen. Schließlich hilft die Anwesenheit von
KFOR-Kräften auch beim Aufbau der KSF, der kosova-
rischen Sicherheitskräfte, die gute Fortschritte machen,
die immer mehr Aufgaben übernehmen und zukünftig
die Verantwortung für die Sicherheit im Kosovo tragen
werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere heutige Ent-
scheidung erinnert uns daran, wie oft wir das KFOR-
Mandat schon verlängert haben – seit 1999 immerhin
13-mal. Über 100 000 deutsche Soldaten sind schon im
Kosovo eingesetzt worden. Man kann sagen: Heute steht
es zum ersten Mal gut für die Perspektive, dass wir viel-
leicht bald auf diese Mission verzichten können. Sie,
Herr Minister, haben das eben angesprochen. Der Grund
liegt darin, dass zuletzt die Weichen in Richtung einer
Normalisierung des Verhältnisses von Serbien und Ko-
sovo gestellt werden konnten.

Die SPD-Bundestagsfraktion schließt sich ausdrück-
lich der Bewertung an, dass dieses Erste Abkommen
über die Prinzipien über die Normalisierung der Bezie-
hungen – so heißt es wörtlich – zwischen Belgrad und
Pristina als politischer Durchbruch zu werten ist. Wir
gratulieren Baroness Ashton zu ihrem Erfolg vom
19. April dieses Jahres, zu dem zehn schwierige Ver-
handlungsrunden geführt haben. Wir wissen natürlich,
dass es die europäische Perspektive war, die bei beiden
Partnern, bei Serbien wie beim Kosovo, zu der nötigen
Kompromissbereitschaft geführt hat.

Wir sind fest davon überzeugt, dass diesmal kein
Spiel betrieben wird, was wir leider in der Vergangenheit
gelegentlich erlebt haben. Dafür spricht, dass von beiden
Seiten schon am 22. Mai ein verbindlicher Implementie-
rungsplan vorgelegt und bis zum 26. Mai angenommen
wurde. Dieser Implementierungsplan scheint sehr ambi-
tioniert zu sein. Bis Mitte Juni – das ist nicht lange hin –
sollen wichtige Fragen behandelt sein, nämlich die
Beendigung der Parallelstrukturen im Norden, die Been-
digung der Paralleljustiz, die Transparenz serbischer
Geldzahlungen, die Vorbereitung der Gründung des Ge-
meindeverbandes, die Vorbereitung der Kommunalwah-
len, bestimmte Gesetzesänderungen – ich nenne das
kosovarische Amnestiegesetz – sowie Vereinbarungen
zu den bisher offengebliebenen Themen Energie und Te-
lekommunikation. Auch die weitere Roadmap für diese
Implementierung ist mit konkreten Zieldaten verknüpft.
Ich sage noch einmal: Nicht das erste Abkommen zur
Normalisierung, aber seine offensichtlich engagiert an-
gegangene Implementierung kann sehr bald dazu führen,
dass wir hier im Deutschen Bundestag über eine Verklei-
nerung oder gar ein Auslaufen von KFOR sprechen.

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(C (D Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist im deutschen teresse, die Motivation zur Umsetzung des ersten Ab ommens aufrechtzuerhalten. Die Frage ist: Tut dies die undesregierung im Moment? Diese Frage ist verbunen mit Serbiens Interesse an einer raschen Aufnahme on Beitrittsverhandlungen mit der EU. Die EU-Kommission hat sich in ihrem letzten Fortchrittsbericht zu Serbien vom 22. April dieses Jahres indeutig für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen usgesprochen und dies aus unserer Sicht überzeugend egründet. Das Auswärtige Amt teilt ganz offensichtlich iese Position. Jedenfalls war das noch am 27. Mai der all, als Staatsminister Link im Rahmen der sogenannn Einvernehmensherstellung zwischen Bundesregieng und Bundestag an den Bundesratspräsidenten chrieb und dabei engagiert für die Verhandlungsaufahme warb. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: Eine Aufnahme von Beitrittsverhandlungen unter den genannten Maßgaben würde nach Auffassung der Bundesregierung auch dazu beitragen, die Fortsetzung des Normalisierungsprozesses zwischen Serbien und Kosovo sicherzustellen und einen wichtigen Beitrag zur weiteren Stabilisierung der Region leisten. Da können wir nur zustimmen. Aber leider sehen das icht alle so. Inzwischen hat offensichtlich das Kanzlermt interveniert und Sie, Herr Westerwelle, auf Linie geracht. Das ist auch der Grund, warum Sie jetzt zu einem unkt nicht Stellung bezogen haben: ob Sie dafür sind, ass der Europäische Rat am Ende dieses Monats den eg für die Verhandlungen frei macht oder nicht. Die Koalition wird ganz offensichtlich ihre Mehrheit azu nutzen, ein Einvernehmen zwischen der Bundesgsmehrheit und der Bundesregierung dergestalt herzu tellen, dass es beim Europäischen Rat am 27./28. Juni 013 entweder gar keinen oder einen abschlägigen Bechluss in Sachen Verhandlungsaufnahme mit Serbien eben wird. Ausdrücklich wird gesagt, das soll dann icht vor 2014 erfolgen. Die Bundeskanzlerin, in der Durchdrückung ihrer einung gegen andere europäische Staaten geübt, wird ein Problem haben, diese Blockadehaltung durchzuetzen, weil eine Verhandlungsaufnahme in der EU instimmig beschlossen werden muss. Den positiven eitrag zur Fortsetzung des Normalisierungsprozesses wischen Serbien und Kosovo, wie es das Auswärtige mt angekündigt hat, wird es also nicht geben. Für alle ichtbar wird es stattdessen Deutschland sein, das die ür aus wahlpopulistischen Gründen jetzt zuknallt, und as mitten in einer entscheidenden Phase der Lösung der ns schon so lange beschäftigenden Kosovo-Probleme. chade, Herr Minister Westerwelle, dass Sie hier nach em Motto „Hier stehe ich, ich kann auch anders“ chlicht umgefallen sind. (Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister: Warten Sie es doch einmal ab!)


Sie von der Regierungskoalition – um das einmal
anz deutlich klarzustellen – tragen hierfür die volle Ver-
ntwortung, auch für alle politischen Folgen, die das hat,





Dr. h. c. Gernot Erler


(A) )


)(B)

bis hin zur weiteren Verlängerung des Einsatzes der
Bundeswehr im Namen von KFOR.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724427900

Das Wort hat der Bundesminister der Verteidigung,

Dr. Thomas de Maizière.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister der Ver-
teidigung:

Frau Präsidentin, gestatten Sie mir eine ganz kurze
Vorbemerkung. Ich war eben in Sachsen-Anhalt und
habe die Soldaten besucht, die gegen die Fluten kämp-
fen. Das sind im Moment 11 500. Das sind mehr als im
Jahre 2002. Die Hilfeleistung funktioniert also auch
ohne Wehrpflicht. Die Stimmung ist sehr gut, und es gibt
ein unglaubliches Miteinander von Bevölkerung und
Bundeswehr. Das wollte ich Ihnen mitteilen, verbunden
mit einem lauten Dankeschön.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das ist unmöglich!)


Herr Kollege Westerwelle hat darauf hingewiesen,
dass die politischen Bemühungen um eine Befriedung
des Balkans Früchte zeigen. Dieser Erfolg zeigt: Unser
Engagement lohnt sich. Er zeigt auch, dass unser Vorge-
hen richtig war und ist. Wir stimmen uns eng mit unse-
ren internationalen Partnern ab. Wir verfolgen hier ins-
besondere mit dem Konzept der vernetzten Sicherheit
den richtigen Ansatz zur dauerhaften Stabilisierung der
Region. Wir zeigen politische Ausdauer und stehen zu
unseren Zusagen.

Zum Konzept der vernetzten Sicherheit gehört viel, in
diesem Fall auch die Präsenz und der Einsatz von Sol-
daten. Der Kosovo braucht, wie der Balkan insgesamt,
eine politische Lösung. Darin sind sich Regierung und
Opposition einig. Die NATO-Mission spielt eine eigene,
wichtige Rolle in diesem Friedensprozess; ich begrüße,
dass hier Übereinstimmung besteht.

Die Lage in der Republik Kosovo ist zwar grundsätz-
lich ruhig und stabil; allerdings ist das Eskalationspoten-
zial nach wie vor erheblich, besonders im Norden. Die
jüngsten Meldungen zeigen – Sie haben es gehört –:
Längst nicht alle Kosovo-Serben im Norden sind davon
überzeugt, dass die von Belgrad und Pristina beabsich-
tigte Normalisierung auch ihnen neue Perspektiven bie-
tet. Wir müssen daher weiterhin auf Unruhen vorbereitet
sein. Wir haben zwar die operative Reserve, wie Sie wis-
sen, im Dezember 2012 zurückziehen können; aber wäh-
rend die Bewegungsfreiheit der KFOR wiederhergestellt
ist, gilt dies für die Polizei- und Rechtsstaatsmission
EULEX nicht uneingeschränkt.

Deshalb ist die Beteiligung bewaffneter deutscher
Streitkräfte im Rahmen der NATO an dieser internatio-
nalen Sicherheitspräsenz im Kosovo unverändert not-

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(C (D endig. Die deutschen Kräfte werden gebraucht. Die ternationale Truppenpräsenz KFOR ist so lange erfor erlich, bis die Sicherheitsorgane Kosovos, unterstützt urch EULEX, die Sicherheit aller Bevölkerungsgrupen in ganz Kosovo gewährleisten können. Die Entwickng dieser Sicherheitskräfte hat Fortschritte gemacht. as gilt für die Polizei ebenso wie für die Kosovo Security orce. Ein Beispiel für die Polizei – das hat hier in frühen Jahren eine große Rolle gespielt –: Sieben der neun esonders schützenswerten serbischen Denkmäler und erbisch-orthodoxen Klöster im Kosovo werden inzwichen durch die kosovarische Polizei gut geschützt. Bei inem achten Kulturgut, einem Kloster, steht die Überabe der Sicherheitsverantwortung an die Polizei unmitlbar bevor. Die Kosovo Security Force ist ein wichtiges, stabiliierendes Element in diesem Land, weil sie multiethisch zusammengesetzt ist, sich auch so versteht und eswegen eine Klammer in diesem komplizierten Geilde des Kosovo bildet. Die Einsatzbereitschaft ist in inzelnen Aufgabengebieten bereits gegeben. Wir weren ihre weitere Ausbildung und Entwicklung in Form on Verbindungsund Beratungsteams begleiten. Es ist schon gesagt worden: Die Personalobergrenze on 1 850 Soldatinnen und Soldaten bleibt erhalten. Dan ist gedanklich eine Reserve enthalten; im Moment ind im Durchschnitt 750 Soldatinnen und Soldaten dort. ir wollen dort nicht mehr Personal als nötig haben, ber der Puffer nach oben ist nötig. Wir haben in der ergangenheit gezeigt, dass wir damit verantwortungsoll umgehen. So können wir auf Lageänderungen entprechend reagieren. Die Obergrenze hat, selbst wenn ie nicht ausgeschöpft ist, eine stabilisierende Wirkung. Die Zusagen der NATO und der EU gelten. Kosovo nd Serben sind angehalten, weiter aufeinander zuzugeen und ihre Vereinbarungen rasch, sicher und nachhalg in die Tat umzusetzen. Wir bitten um eine Verlängeng des Mandats, diesmal in unveränderter Weise. Wir offen, dass wir beim Personal, was den Sicherheitsbeich angeht, über kurz oder lang zu Verringerungen ommen, aber erst und immer im Einklang mit der polischen Lage. Herzlichen Dank. Das Wort hat die Kollegin Inge Höger für die Fraktion ie Linke. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Teile nd herrsche“ war stets die Maxime deutscher Politik uf dem Balkan; das zieht sich wie ein roter Faden durch ie letzten 100 Jahre. Das wurde beim Zerfall Jugoslaiens und der frühen Anerkennung Kroatiens durch die RD 1991 deutlich. Mit der Bombardierung Belgrads nd anderer Orte hat diese Geschichte 1999 einen traurien Höhepunkt erreicht. Diese gescheiterte Politik füh Inge Höger )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
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(Beifall bei der LINKEN)

Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724428100




(A) )

ren Sie nun Jahr für Jahr mit der Verlängerung des
KFOR-Mandats fort. Die Linke akzeptiert das nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich war im April erneut in der Region und habe mit
Friedensgruppen, Frauengruppen, Gewerkschaftern,
Wissenschaftlern, Regierungs- und Oppositionsvertre-
tern gesprochen. Viele kritisieren den Ausverkauf der
Region. Sie kritisieren die EU-Politik der Privatisierung.
Von 2 Millionen Einwohnern des Kosovo sind 1 Million
erwerbslos. Viele haben gesagt, dass die Einmischung
der EU und der USA einen nachhaltigen Frieden zwi-
schen den verfeindeten ethnischen Gruppen im Kosovo
eher behindert.

Aktuell ist zu hoffen, dass das unter dem Druck der
EU zustande gekommene Abkommen zwischen Alba-
nern und Serben für Entspannung sorgen wird. Aller-
dings habe ich da meine Zweifel. Nach meinem Ein-
druck werden die Menschen im Nordkosovo auf
absehbare Zeit nicht mit der Idee einverstanden sein, zu
Pristina statt zu Belgrad zu gehören; Herr de Maizière
wies eben auch darauf hin.

Die für diese Woche geplante Gründung eines autono-
men Parlaments Nordkosovo bezeugt das. Aber auch na-
tionalistische Kräfte unter den Kosovo-Albanern lehnen
das Abkommen ab, weil es ihnen gegenüber den Serben
zu mild ist. Nach den Erfahrungen, die ethnische Min-
derheiten im Kosovo seit 1999 machen mussten, sind die
Ängste der Kosovo-Serben vor der Vertreibung nicht
ganz unbegründet.

Der ethnische Nationalismus ist eines der Grundübel
auf dem Balkan. Die Mehrheit im Bundestag hat dieses
durch ihre Politik befördert. Rot-Grün hat 1999 die alba-
nisch-nationalistische UCK mit NATO-Bombern unter-
stützt. Die Geister, die Sie damals riefen, sollen nun
jedes Jahr aufs Neue durch die neokolonialen Überwa-
chungsmissionen KFOR und EULEX unter Kontrolle
gehalten werden.


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU, der SPD und der FDP)


Allerdings ist bislang nicht ersichtlich, dass diese Mis-
sionen die Konflikte entschärft hätten.


(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Das hätte Karl-Eduard von Schnitzler nicht besser sagen können!)


Ein anderes Thema ist mir besonders wichtig: die
schlimmen Folgen des Einsatzes von Uranmunition im
Kosovo. Die Linke hat dazu einen Antrag vorgelegt, der
die umfassende Ächtung dieser Waffe fordert. Die USA
und Großbritannien haben beim NATO-Krieg 1999 auf
dem Gebiet von Serbien und Kosovo massiv Munition
mit abgereichertem Uran eingesetzt. Vor allem im Ko-
sovo ist die Munition bis heute nicht geräumt worden.
Die Krebsraten steigen. Vor Ort wurde mir gesagt, dass
KFOR den Behörden im Pristina davon abgeraten hat,
sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Die KFOR-Sol-
daten trinken das lokale, wahrscheinlich uranverseuchte
Wasser nicht. Sie importieren ihr Wasser.

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(C (D Kollegin Höger, gestatten Sie eine Frage oder Bemer ung des Kollegen Otte? Es wurde eben schon gewünscht, dass wir die heutige ebatte zügig führen, von daher möchte ich fortfahren. Gleichzeitig bestreitet die Bundesregierung den Zuammenhang zwischen dem Einsatz von Uranmunition nd Krebserkrankungen. Dabei liegen beängstigende tudien über steigende Krebsraten in den betroffenen ebieten vor. Über 100 italienische KFOR-Soldaten ind bereits an Krebs gestorben. Italienische Behörden rkennen als Grund dafür die Uranverseuchung im Koovo an. Die Bundeswehr hält sich in dieser Frage sehr edeckt, aber es gibt Hinweise darauf, dass auch deutche Soldaten betroffen sind. Die Linke fordert Sie auf, ie Umstände zu klären und Maßnahmen zum Schutz er Soldaten und der Zivilbevölkerung einzuleiten. Am Beispiel Uranmunition wird besonders deutlich, ass Krieg auch eine krasse Form der Umweltzerstörung t. Die Linke lehnt Krieg und Umweltzerstörung ab. ir fordern den Abzug aller Soldatinnen und Soldaten nd eine friedliche Politik auf dem gesamten Balkan. ie Linke wird niemals ihre Zustimmung zu Auslands insätzen der Bundeswehr geben. (Beifall bei der LINKEN – Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Mourir pour Dantzig? Non“, hieß das mal!)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724428200
Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724428300

(Henning Otte [CDU/CSU]: Oh!)


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724428400

Das Wort hat der Kollege Omid Nouripour für die

raktion Bündnis 90/Die Grünen.


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1724428500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich zi-

ere:

Die EU trägt seit Jahren die Hauptlast für die Be-
friedung der Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Weil
die Militärinterventionen, die seinerzeit unter der
Führung der USA erfolgten, Hard Power mit mas-
sivem Engagement für den zivilen Wiederaufbau
verknüpften und die Attraktivität der EU als Soft
Power nutzten, ist der Balkan nicht mehr das
sprichwörtliche Pulverfass Europas – insofern kann
man von Interventionen mit glücklichem Ausgang
sprechen. Dieser Erfolg hat mit spezifischen Bedin-
gungen dieser Region zu tun und lässt sich kaum
verallgemeinern. Gleichwohl widerlegte er die ver-
breitete Behauptung, humanitäre Interventionen
seien per se zum Scheitern verurteilt.

rau Kollegin Höger, das ist aus der Stellungnahme des
iesjährigen Friedensgutachten. Wenn Sie das nicht ge-
sen haben und hier am Ende sagen, es gehe um eine
eokoloniale Überwachungsmission, dann ist das ein
chlichtes Ignorieren der Realität.





Omid Nouripour


(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Die Soft Power, die hier beschrieben wird, sind die
politischen Spielräume, die durch die militärische Prä-
senz geschaffen werden konnten. Es ging und geht im
Kosovo auf und ab, aber es ist auch einiges gelungen.
Ich kann denjenigen, die im militärischen und zivilen
Bereich dafür gearbeitet haben, und ihren Familien nur
danken.

Man darf aber an dieser Stelle eines nicht vergessen,
Herr Kollege: Über 20 Jahre nachdem der Krieg in Jugo-
slawien begonnen hat


(Zuruf von der LINKEN: Mit Zustimmung der Grünen!)


und 14 Jahre nachdem der Krieg im Kosovo begonnen
hat, ist es nicht selbstverständlich, dass heute nicht ge-
schossen wird. Es ist nicht selbstverständlich, dass der
Kosovo befriedet ist. Es ist nicht selbstverständlich, dass
Kroatien demnächst Mitglied der Europäischen Union
wird. Es ist nicht selbstverständlich, dass mit Serbien
Aufnahmegespräche geführt werden. Es ist auch nicht
selbstverständlich, dass, kaum ein Jahr nachdem es an
der Grenze zwischen Kosovo und Serbien noch Schieße-
reien gegeben hat, diese beiden Länder dieses histori-
sche Abkommen miteinander geschlossen haben. Das
sollten Sie zumindest zur Kenntnis nehmen und viel-
leicht auch einmal hier erwähnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Diese Errungenschaften sind in erster Linie natürlich
ein Erfolg und ein Verdienst derjenigen, die das vor Ort
miteinander ausgehandelt haben. Aber es ist auch ein
Beitrag der Europäischen Union. Warum, habe ich Ihnen
gerade aus dem Friedensgutachten vorgelesen.

Aber es gab auch Versäumnisse.


(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann man wohl sagen!)


Natürlich muss man endlich dazu kommen, dass die Eu-
ropäische Union auch in zentralen Fragen wie der An-
erkennung geschlossen reagiert. Natürlich müssen wir
dahin kommen, dass die Rechtsstaatsmission EULEX
auch handlungsfähig wird. Natürlich müssen wir dahin
kommen, dass nach dem Abkommen, das jetzt abge-
schlossen worden ist, auch im Norden des Landes ein
anderer Fokus gelegt wird – auch von der Pristina-Re-
gierung –, dass die ökonomische Entwicklung dort bes-
ser vorankommt.

Es wäre auch von großer Bedeutung, genauer hinzu-
schauen, wie es den Minderheiten in dem Land geht. Es
ist wirklich nicht hilfreich – im Gegenteil, es ist gerade
für die Leute vor Ort, die Roma und andere Minderhei-
ten, eine ziemliche Katastrophe –, wenn unser Bundes-
innenminister permanent davon spricht, dass sie nur des-
halb das Land verlassen, weil sie Armutsflüchtlinge,
Armutsmigranten sind. Die Leute haben dort massive
Diskriminierungen zu ertragen, und das einfach nur auf
ihre ökonomische Situation zu schieben, wird ihrem Lei-
den nicht gerecht. Im Gegenteil, das gibt denjenigen, die

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(C (D ie diskriminieren, sogar noch mehr Ausreden, dies weir zu tun. Es wäre hilfreich, Herr Außenminister, wenn Sie mit rem Innenminister ein Gespräch darüber führen wür en, was er im Kosovo mit den unsäglichen Einlassunen, die er von sich gibt, eigentlich anstellt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das wichtigste Ziel von KFOR ist wie bei allen Mili-
rmissionen, dass sie am Ende überflüssig ist. Wir sind

uf einem guten Wege. Es ist aber nicht in erster Linie
ufgabe des Militärs, diese Mission zu beenden und die
ahmenbedingungen zu schaffen, sondern der Politik.
eshalb sollten wir an dieser Stelle nicht nachlassen.

Das, was jetzt geleistet worden ist, sollten wir zur
enntnis nehmen und begrüßen. Aber es ist Aufgabe der
olitik, am Ende dazu beizutragen und zu helfen, dass
iese beiden Länder sich hoffentlich eines Tages nicht
ur gegenseitig anerkennen, sondern auch in dauerhaf-
m Frieden und guter Koexistenz miteinander leben
önnen.


(Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: In der EU, bitte!)


In der Europäischen Union.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724428600

Das Wort hat der Kollege Philipp Mißfelder für die

nionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1724428700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Zunächst einmal möchte ich zum Verhal-
n der Linksfraktion etwas anmerken. Nachdem der
inister richtigerweise auf die übermenschlichen An-

trengungen der Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten
den Gebieten der Flutkatastrophe hingewiesen hat und
ie nicht applaudiert haben, sondern demonstrativ durch
erweigerung des Applauses und damit der Anerken-
ung der großartigen Leistung unserer Soldatinnen und
oldaten im Katastrophengebiet deutlich gemacht ha-
en, dass Sie nicht nur das Militär grundsätzlich ableh-
en, sondern auch die deutsche Bundeswehr, ziehe ich
araus den einzig möglichen Schluss, dass Sie den Ein-
atz der Bundeswehr in den Flutgebieten ablehnen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Falsch!)


h kann Ihnen als regionale Ostpartei nur sagen: Schrei-
en Sie das auf die Plakate im Bundestagswahlkampf!
ann werden Sie in Ostdeutschland in den nächsten Wo-

hen aber ziemlich viel Ärger bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )


)(B)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724428800

Kollege Mißfelder, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Schäfer?


Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1724428900

Selbstverständlich. Dann kann er das gleich richtig-

stellen und sich entschuldigen.


(Lachen bei der LINKEN)



Paul Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724429000

Lieber Kollege Mißfelder, gut, dass ich die Gelegen-

heit habe, dazu Stellung zu nehmen. Ich mache das auch
gerne öffentlich. Ich habe mich gestern als verteidi-
gungspolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke bei
Radio Andernach – der Name dürfte Ihnen bekannt
sein –, dem Sender für die Bundeswehr, ausdrücklich für
die Leistungen der Soldaten bei der Bekämpfung des
Hochwassers bedankt und habe meinen Respekt für
diese Leistung bekundet.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das wissen die anderen aber nicht!)


– Ich bitte, das doch einfach einmal zur Kenntnis zu neh-
men. – Deshalb ist all das, was hier gesagt wurde, falsch.

Wir diskutieren über KFOR. Der Minister hat das ge-
nutzt, an dieser Stelle sehr plakativ etwas zu sagen. Das
hat uns wahrscheinlich gestört, und es hatte für uns einen
schalen Beigeschmack. Deshalb haben wir nicht applau-
diert.


(Zurufe von der CDU/CSU: Bringen Sie einmal Ihre Fraktion auf Spur!)


– Bitte, Sie können da krakeelen, wie Sie wollen. – Mit
der Sache hatte es nichts zu tun. Wir haben an dieser
Stelle eine eindeutige Position. Das habe ich für die
Fraktion Die Linke erklärt. Die Öffentlichkeit wird das
auch entsprechend zur Kenntnis nehmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Abg. Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1724429100

Dem Kollegen Wellmann antworte ich auch gerne.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724429200

Moment, der Kollege Wellmann will eine Frage stel-

len oder eine Bemerkung machen? Darf ich das jetzt erst
einmal erfahren?


(Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Ich möchte dem Kollegen Mißfelder eine Frage stellen!)


– Aha! Und der Kollege Mißfelder lässt eine Frage des
Kollegen Wellmann zu. Damit hat der Kollege
Wellmann das Wort.

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(C (D Der Kollege Wellmann ist mein Stellvertreter, der ann mich jederzeit alles fragen. Ich mache vorsorglich darauf aufmerksam, dass wir ine Verabredung haben, es bei so kurzen Redezeiten mit wei Fragen oder Bemerkungen bewenden zu lassen. (Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Das ist ja erst die zweite Frage!)

Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1724429300
Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724429400

Ich habe ja „vorsorglich“ gesagt. Bitte.


Karl-Georg Wellmann (CDU):
Rede ID: ID1724429500

Ich möchte den Kollegen Mißfelder fragen, ob er die

emerkung des Kollegen Gehrcke mitbekommen hat,
er, als der Minister den Einsatz der Bundeswehr lobte,
esagt hat, der Minister solle sich schämen.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja!)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1724429600

Nein, das habe ich nicht mitbekommen. Ich werde es
Protokoll nachher noch einmal nachlesen. Herr

ehrcke, dazu muss ich Ihnen sagen: Stellen Sie sich
inmal vor, der Verteidigungsminister hätte dazu nichts
esagt. Was wäre dann los gewesen? Dann hätten Ihre
eute direkt gefragt: Warum sagt er denn den Soldaten
einen Dank? Und so weiter und so fort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


h finde es richtig, dass der Minister bei jeder sich bie-
nden Gelegenheit den Soldatinnen und Soldaten – ob
Inland oder im Ausland – dankt. – Vielen Dank, Herr

ollege Wellmann, für den Hinweis.

Zum Mandat selber. Ich möchte an das anschließen,
as der Kollege Nouripour richtigerweise sagte, als

eine Redezeit schon vorbei war und Frau Kollegin Beck
n dann noch einmal durch einen Zwischenruf ani-
ierte, dazu etwas zu sagen. Wenn wir einen Beitrag zur

auerhaften politischen Stabilisierung des Balkans leis-
n wollen, muss die Perspektive im Hinblick auf einen
U-Beitritt für alle Länder offenbleiben, gar keine
rage.


(Beifall der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ir wissen, dass das – gerade auch aufgrund der schwie-
gen Entscheidungen der beiden letzten Mitglieder, die
er Europäischen Union beigetreten sind, nämlich Ru-
änien und Bulgarien – im Einzelnen nicht einfacher,

ondern schwieriger geworden ist. Wir sehen die He-
usforderungen in Bezug auf den Integrationsprozess
nerhalb der Europäischen Union. Gerade im Hinblick

arauf, was Menschenhandel, Prostitution und organi-
ierte Kriminalität angeht, bringt der Balkan sehr große
nenpolitische Herausforderungen mit sich.

Ich bin der Bundesregierung außerordentlich dankbar,
ass sie die Integration des Westbalkans in die Europäi-
che Union betreibt. Den entsprechenden politischen
rozess betreiben die Außen- bzw. Europapolitiker bei





Philipp Mißfelder


(A) )


)(B)

uns ja mit großer Intensität. Das wird vom Innenministe-
rium mit sehr viel Aufwand betrieben. Es wird versucht,
dem organisierten Verbrechen Herr zu werden.

Es wurde vorhin schon gefragt: Was macht unser In-
nenminister? Er leistet dort dahin gehend sehr gute Ar-
beit. Wir können diesen Ländern keine ernsthafte Per-
spektive auf einen Beitritt zur Europäischen Union
bieten, wenn wir die Probleme der organisierten Krimi-
nalität in dieser Region nicht massiv bekämpfen. Das
machen, wie ich finde, das Bundesinnenministerium und
die Sicherheitsbehörden in vorzüglicher Weise.

Zur außenpolitischen Situation gehört: Wenn wir den
politischen Prozess der Integration des Westbalkans ver-
folgen wollen, müssen wir auch zur Kenntnis nehmen,
dass das leider ohne diese militärische Komponente
nicht möglich ist. Wir würden uns natürlich wünschen,
das Mandat auslaufen zu lassen, so wie wir uns bei je-
dem Mandat wünschen würden, dass es nicht notwendig
wäre. Es ist aber in diesem Rahmen notwendig, egal
welche Verschwörungstheorien vonseiten der Linksfrak-
tion hier vorhin aufgestellt worden sind. Frau Höger, ich
möchte darauf gar nicht mehr im Einzelnen eingehen.
Die Rückkoppelung zur Zivilbevölkerung im Kosovo


(Inge Höger [DIE LINKE]: Habe ich doch gesagt!)


zeigt doch schon, wie notwendig dieses Mandat ist. Das
hat nichts mit Neokolonialismus oder mit der Aufteilung
des Balkans in irgendeiner Form zu tun. Wie kann man
die Geschichte dieses Mandats so verfälschen?

Im Gegenteil ist es gerade so: Wenn wir zu Beginn
des Jugoslawien-Krieges genauso entschlossen gewesen
wären, wie wir es heute in der politischen Begleitung ei-
nes Aussöhnungsprozesses im Balkan sind, und wenn
wir nicht so lange auf die Amerikaner gewartet hätten,
dann wären nicht so viele Menschen gestorben. Das ge-
hört mehr zur historischen Wahrheit dazu als das, was
Sie gesagt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Insofern ist es richtig, dass wir dieses Mandat heute hier
verlängern, selbst wenn wir uns, wie bei den meisten
Mandatsverlängerungen, wie gesagt, wünschen, dass
dies eigentlich nicht nötig wäre.

Ich finde richtig, was Herr Minister Westerwelle zur
politischen Situation gesagt hat. Wir haben in den Ge-
sprächen mit Serbien ganz klare Bedingungen gestellt,
was wir von Serbien erwarten. Es gibt immer wieder
Ausreißer, mit denen klargemacht wird, welche An-
schlussbestrebungen vom Nordkosovo ausgehen könn-
ten. Das ist etwas, was wir politisch so nicht akzeptieren
und dem wir massiv widersprechen. Jedem Gesprächs-
partner in Belgrad und jedem serbischen Besucher hier
bei uns machen wir ganz klar, auf welcher Seite wir ste-
hen, dass wir die Unabhängigkeit des Kosovo vorantrei-
ben wollen und dass wir die Implementierung vernünf-
tiger Regierungsstrukturen und einer nachhaltigen

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(C (D egierungsführung dort überhaupt möglich machen woln. Das geht natürlich nicht, wenn Hass gesät wird. Das eht nicht, wenn Konflikte wieder aufgerissen werden. sofern verurteile ich für meine Fraktion Äußerungen inzelner, die von autonomen Provinzen sprechen oder en Anschluss an Serbien fordern. Das ist etwas, was wir blehnen. Wir müssen uns politisch immer gewiss sein, dass der onflikt leider immer noch nicht beigelegt ist, sondern ass er nach wie vor vorhanden ist, dass nach wie vor roße Probleme in der Durchsetzung von Rechtsstaatchkeit vorhanden sind, dass nach wie vor militärische useinandersetzungen, gewaltsame Auseinandersetzunen drohen könnten. Deshalb ist eine militärische Präenz unsererseits notwendig. Wir unterstützen dieses Mandat. Wir unterstützen die undesregierung bei ihren politischen Bemühungen, die eit umfangreicher sind als dieses Mandat allein. Herzchen Dank an die Fraktionen, die dieses Mandat zum rößten Teil unterstützen! Danke schön. Zu einer Kurzintervention hat der Kollege Wolfgang ehrcke das Wort. (Dr. Rainer Stinner [FDP]: Na, na! Das ist ja schäbig, das Ganze!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724429700


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724429800

Ich will nur deswegen etwas sagen, weil Kollege

ellmann und Kollege Mißfelder mich persönlich ange-
prochen haben.

Ich finde, der Bundestag hat jegliche Veranlassung,
ich bei allen Menschen in der Katastrophenregion, die
elfen – Feuerwehrleuten, Nachbarn, die ihren Nachbarn
elfen, Schülern, die im Einsatz sind –, zu bedanken


(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Und Soldaten!)


hören Sie doch einmal zu! –, einschließlich der ein-
esetzten Bundeswehrsoldaten. Ich sage noch einmal:
euerwehrleuten, Nachbarn, Schülern, Helfern, Techni-
chem Hilfswerk und Bundeswehrsoldaten; damit das
lar ist.

Ich finde allerdings – das können Sie geschmäckle-
sch finden oder nicht –, oftmals machen die allzu pla-
ativen Danksagungen den Eindruck, dass man nicht
en eingesetzten Menschen, sondern sich selber Dank
agt. Ich will das dem Minister nicht unterstellen. Ich
offe, dass mein Eindruck mich täuscht, aber das war
ein Eindruck.

Herr Minister der Verteidigung, Herr de Maizière, ge-
de nach dieser Woche hätten Sie etwas einfühlsamer
ehr Menschen gedankt, wenn Sie Ihrer Rede diesen
ank vorangestellt hätten. Das wäre für Sie gut, und das
äre für die Gesellschaft gut.





Wolfgang Gehrcke


(A) (C)


)(B)


Das war Gegenstand meiner Empörung. Der habe ich
Ausdruck gegeben. Damit müssen Sie leben. Man ist
auch manchmal emotional.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN – Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Wir nehmen die Entschuldigung an!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1724429900

Kollege Wellmann, mögen Sie antworten? – Das ist

nicht der Fall.

Dann schließe ich die Aussprache.

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Die Reden sollen zu Protokoll gegeben werden.1) –
Ich sehe, Sie sind damit einverstanden.

Interfraktionell wird Überweisung der Gesetzent-
würfe auf den Drucksachen 17/13238 und 17/13257 an
die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das
ist nicht der Fall. Dann sind die Überweisungen so be-
schlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 20 auf:

ZP 20 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Christian Ruck, Sibylle Pfeiffer, Hartwig
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/13661 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 52 a und 52 b auf:

a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Ingrid
Hönlinger, Ulrich Schneider, Volker Beck (Köln),
weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung des Grundgeset-
zes (Artikel 38)


– Drucksache 17/13238 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

b) Erste Beratung des von den Abgeordneten Ingrid
Hönlinger, Ulrich Schneider, Volker Beck (Köln),
weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Einführung des aktiven
Wahlrechts ab 16 Jahren im Bundeswahlge-
setz und im Europawahlgesetz

– Drucksache 17/13257 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Rechtsausschuss

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1)

2)

(D Fischer der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Christiane Ratjen-Damerau, Helga Daub, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Zerstörung des kongolesischen Naturerbes verhindern – Drucksache 17/13711 – Auch hier sollen die Reden zu Protokoll gegeben erden.2)


Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
raktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksa-
he 17/13711. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer
timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist
it den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Frak-
on Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der
raktion Die Linke bei Enthaltung der SPD-Fraktion an-
enommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am
chluss der heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf Mittwoch, den 12. Juni 2013, 13 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen. Ich danke Ihnen für die
usammenarbeit auf diesem letzten Stück und wünsche
nen gute Erholung am Wochenende.