Protokoll:
17155

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 155

  • date_rangeDatum: 26. Januar 2012

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 22:26 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/155 republik Deutschland“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 18477 B Inhaltsverzeichnis Wahl der Abgeordneten Kerstin Tack als Schriftführerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 27 . . . Tagesordnungspunkt 3: Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Um- setzung eines Maßnahmenpakets zur Stabi- lisierung des Finanzmarktes (Zweites Fi- nanzmarktstabilisierungsgesetz – 2. FMStG) (Drucksachen 17/8343, 17/8487) . . . . . . . . . . Antje Tillmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Marianne Schieder (Schwandorf), Swen Schulz (Spandau), Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD: Koopera- tiven Bildungsföderalismus mit einem neuen Grundgesetzartikel stärken (Drucksache 17/8455) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Krista Sager (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . 18477 C 18477 C 18477 D 18478 A 18495 A 18496 D 18497 A 18499 B 18499 D Deutscher B Stenografisch 155. Sitz Berlin, Donnerstag, de I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Siegmund Ehrmann . . . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Birgit Homburger als ordentliches Mitglied und des Abgeordne- ten Joachim Spatz als Stellvertreter des Ge- meinsamen Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl des Abgeordneten Dr. Martin Schwanholz als Mitglied der Parlamentari- schen Versammlung des Europarates . . . . . Wahl des Abgeordneten Horst Meierhofer als ordentliches Mitglied und des Abgeordne- ten Michael Kauch als Stellvertreter in den Beirat bei der Bundesnetzagentur . . . . . . . Wahl des Abgeordneten Paul Schäfer als or- dentliches Mitglied in das Kuratorium der Stiftung „Haus der Geschichte der Bundes- F S J D D B D D 18477 A 18477 B 18477 B 18477 B Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . . . . 18478 B 18479 D undestag er Bericht ung n 26. Januar 2012 t : lorian Toncar (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) . . . . . . . ahra Wagenknecht (DIE LINKE) . . . . . . . . ürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . jörn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . 18482 A 18483 D 18484 C 18486 D 18487 C 18488 D 18490 A 18491 C 18492 B 18493 C Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . Heiner Kamp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18501 B 18503 D II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ludwig Spaenle, Staatsminister (Bayern) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Burchardt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heiner Kamp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . . Dr. Martin Neumann (Lausitz) (FDP) . . . . . . Monika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . Tankred Schipanski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 28 c und 28 f . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Fünf- ten Gesetzes zur Änderung des Allge- meinen Eisenbahngesetzes (Drucksache 17/8364) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Neuordnung des Energiever- brauchskennzeichnungsrechts (Drucksache 17/8427) . . . . . . . . . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Anette Kramme, Ottmar Schreiner, Josip Juratovic, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Erosion der Tarifvertragssysteme stoppen – Sicherung der Allgemeinver- bindlichkeitsregelung von Tarifverträ- gen (Drucksache 17/8459) . . . . . . . . . . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Ulla Lötzer, Dorothée Menzner, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Energiewende braucht Energieeffizienz (Drucksache 17/8457) . . . . . . . . . . . . . . . . g) Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung gemäß § 56 a GO-BT: Technikfolgenab- schätzung (TA) – Fortpflanzungsmedi- zin – Rahmenbedingungen, wissen- schaftlich-technische Entwicklungen und Folgen (Drucksache 17/3759) . . . . . . . . . . . . . . . . h) Bericht des Ausschusses für Bildung, For- schung und Technikfolgenabschätzung ge- T a b c d Z A D v d J D M D V D F H S A 18505 C 18507 B 18509 A 18510 A 18510 D 18512 D 18514 A 18515 A 18515 D 18517 A 18518 B 18518 C 18518 D 18519 A 18519 A 18519 A 18519 B 18519 B mäß § 56 a GO-BT: Technikfolgenab- schätzung (TA) – Pharmakologische In- terventionen zur Leistungssteigerung als gesellschaftliche Herausforderung (Drucksache 17/7915) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 29: ) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP einge- brachten Entwurfs eines Zwanzigsten Ge- setzes zur Änderung des Bundeswahlge- setzes (Drucksachen 17/8350, 17/8483) . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Geset- zes über die elektromagnetische Ver- träglichkeit von Betriebsmitteln, des Gesetzes über Funkanlagen und Tele- kommunikationsendeinrichtungen so- wie des Luftverkehrsgesetzes (Drucksachen 17/8234, 17/8468) . . . . . . . ) Antrag der Fraktion der SPD: Erfah- rungsbericht zum Erneuerbare-Ener- gien-Wärmegesetz unverzüglich vorle- gen (Drucksache 17/8458) . . . . . . . . . . . . . . . ) – j) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersich- ten 374, 375, 376, 377, 378, 379 und 380 zu Petitionen (Drucksachen 17/8365, 17/8366, 17/8367, 17/8368, 17/8369, 17/8370, 17/8371) . . . usatztagesordnungspunkt 1: ktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion IE LINKE: Zweifelhafte Überwachung on 27 MdB der Fraktion DIE LINKE urch den Verfassungsschutz . . . . . . . . . . . an Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Hartmann (Wackernheim) (SPD) . . . r. Stefan Ruppert (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . ritz Rudolf Körper (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . artfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . teffen Bockhahn (DIE LINKE) . . . . . . . . . . rmin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) 18519 C 18519 D 18520 A 18520 B 18520 B 18521 A 18521 A 18522 B 18524 B 18525 C 18526 C 18527 D 18529 B 18530 C 18531 C 18533 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 III Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) (Erklärung nach § 30 GO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Einsetzung eines Untersuchungsaus- schusses (Drucksache 17/8453) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Altmaier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Petra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sebastian Edathy (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Ahrendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Uhl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Jan Korte, Agnes Alpers, Steffen Bockhahn, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Erhalt der Gedenkstätten nationalsozialistischer Vernichtungslager sicherstellen (Drucksache 17/7028) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Grütters (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dietmar Nietan (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Pieper, Staatsministerin AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . Patrick Kurth (Kyffhäuser) (FDP) . . . . . . . . . T – – D S R P D E D O D H H F N E H M 18534 C 18535 D 18537 B 18538 C 18538 D 18539 C 18539 D 18539 D 18541 A 18542 B 18543 A 18544 A 18545 B 18546 A 18547 B 18548 C 18549 C 18550 B 18552 B 18552 B 18553 A 18554 B 18555 C 18556 C 18557 A 18558 B agesordnungspunkt 7: Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Inter- nationalen Sicherheitsunterstützungs- truppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 2011 (2011) vom 12. Oktober 2011 des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen (Drucksachen 17/8166, 17/8393) . . . . . . . Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/8394) . . . . . . . . . . . . . . . r. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . tefan Rebmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . uprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . aul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . r. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . r. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . mid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Hardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . r. Karl A. Lamers (Heidelberg) (CDU/CSU) eike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . ans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lorian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . amentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . . . rgebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eidrun Dittrich (DIE LINKE) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Schlecht (DIE LINKE) (Erklärung nach § 31 GO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18559 A 18559 A 18559 B 18560 B 18561 B 18562 D 18563 D 18564 B 18564 C 18565 B 18565 D 18566 C 18568 A 18568 C 18569 A 18569 D 18571 B 18572 B 18572 D 18574 B, C, D 18575 D, 18579 C 18581 B 18575 A 18575 C IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Daniela Wagner, Ingrid Hönlinger, Bettina Herlitzius, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Wohnraum in Deutschland zukunftsfähig machen – Für ein sozial gerechtes und klimafreundliches Mietrecht (Drucksache 17/7983) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volkmar Vogel (Kleinsaara) (CDU/CSU) . . . Ingo Egloff (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Thomae (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Mücke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Karl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Michael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 9: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Kultur und Medien – zu dem Antrag der Abgeordneten Ansgar Heveling, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Peter Altmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Reiner Deutschmann, Burkhardt Müller-Sönksen, Jimmy Schulz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Digitalisierungsof- fensive für unser kulturelles Erbe be- ginnen – zu dem Antrag der Abgeordneten Siegmund Ehrmann, Martin Dörmann, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: „Kulturelles Erbe 2.0“ – Digitalisierung von Kulturgütern beschleunigen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Petra Sitte, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Digitalisierung des kulturellen Erbes als gesamtstaatli- che Aufgabe umsetzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Agnes Krumwiede, Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rechtssi- cherheit für verwaiste Werke herstellen und den Ausbau der Deutschen Digita- len Bibliothek auf ein solides Funda- ment stellen (D 1 A S R D D D T a b c d 18578 A 18578 B 18584 A 18585 C 18586 C 18587 C 18588 A 18588 C 18589 C 18590 C rucksachen 17/6315, 17/6296, 17/6096, 7/8164, 17/8486) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nsgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . iegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . einer Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . r. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . r. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: ) Antrag der Abgeordneten Heinz Paula, Dr. Wilhelm Priesmeier, Willi Brase, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Ökologische Land- und Lebens- mittelwirtschaft stärken (Drucksache 17/7186) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wilhelm Priesmeier, Petra Crone, Petra Ernstberger, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion der SPD: Ge- meinsame europäische Agrarpolitik nach 2013 weiterentwickeln – zu dem Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Cornelia Behm, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gemeinsame europäische Agrarpolitik nach 2013 – Förderung auf nachhaltige, bäuerliche Land- wirtschaft ausrichten (Drucksachen 17/2479, 17/4542, 17/5299) . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wilhelm Priesmeier, Heinz-Joachim Barchmann, Doris Barnett, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Gemeinsame Europäische Agrarpolitik nach 2013 – Konzept zum „Greening“ der Direktzahlungen vorle- gen (Drucksachen 17/6299, 17/7413) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Heinz Paula, Dr. Wilhelm Priesmeier, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion 18591 C 18592 A 18593 A 18595 A 18596 B 18597 A 18598 A 18599 B 18599 C 18599 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 V der SPD: Klare Regelungen für Inten- sivtierhaltung (Drucksachen 17/6089, 17/7198) . . . . . . . e) Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Gemeinsame Eu- ropäische Agrarpolitik ab 2014 sozial und ökologisch ausrichten (Drucksache 17/8378) . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Cornelia Möhring, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Agrarförderung in Deutsch- land und Europa geschlechtergerecht gestalten (Drucksachen 17/5477, 17/6385) . . . . . . . Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . Hans-Georg von der Marwitz (CDU/CSU) . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carola Stauche (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Heinz Paula (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 14: Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Wolfgang Gehrcke, Paul Schäfer (Köln), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Abschiebestopp und Bleiberecht für Flüchtlinge aus Syrien (Drucksache 17/8456) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Josip Juratovic (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Serkan Tören (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 12: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Arbeit und Soziales – zu dem Antrag der Abgeordneten Anton Schaaf, Gabriele Hiller-Ohm, Josip Juratovic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion – (D P O D D D U T a b 18599 D 18600 A 18600 A 18600 B 18601 A 18602 D 18603 D 18605 C 18606 C 18608 B 18609 D 18610 A 18611 A 18612 A 18613 B 18614 C 18615 B der SPD: DDR-Altübersiedler und -Flüchtlinge vor Rentenminderungen schützen – Gesetzliche Regelung im SGB VI verankern zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Wolfgang Wieland, Fritz Kuhn, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: DDR-Altübersiedler und -Flüchtlinge vor Rentenminderungen schützen – Gesetzliche Regelung im SGB VI verankern rucksachen 17/5516, 17/6108, 17/6390) . . eter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . ttmar Schreiner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl Schiewerling (CDU/CSU) . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . r. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . lrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 13: ) Antrag der Abgeordneten Uwe Schummer, Albert Rupprecht (Weiden), Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Ab- geordneten Heiner Kamp, Dr. Martin Neumann (Lausitz), Dr. Peter Röhlinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Gleichwertigkeit von Berufs- bildung und Abitur gewährleisten (Drucksache 17/8450) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – zu dem Antrag der Abgeordneten Willi Brase, Klaus Barthel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Gleichwertig- keit von Berufsbildung und Abitur sichern – zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deutschen Qualifikationsrahmen zum Erfolg führen – Gleichwertigkeit 18616 C 18617 A 18618 A 18618 D 18619 C 18621 B 18622 B 18623 A 18624 C 18625 B 18626 B 18627 C 18628 D VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 von Abitur und Berufsabschlüssen sicherstellen (Drucksachen 17/7957, 17/8352, 17/8490) . Tagesordnungspunkt 11: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- lung: zu dem Vorschlag für eine Verord- nung des Europäischen Parlaments und des Rates über Leitlinien der Union für den Aufbau des transeuropäischen Verkehrs- netzes – KOM(2011) 650 endg.; Ratsdok. 15629/11 (Drucksachen 17/7918 Nr. A.18, 17/8484) . . Tagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- lung zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU und FDP: Neue Impulse für die Sport- bootschifffahrt (Drucksachen 17/7937, 17/8482) . . . . . . . . . . Hans-Werner Kammer (CDU/CSU) . . . . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Torsten Staffeldt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias Lietz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Martin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 16: Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Viola von Cramon-Taubadel, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für wirksamen Rechtsschutz im Asylverfah- ren – Konsequenzen aus den Entscheidun- gen des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ziehen (Drucksache 17/8460) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes (Drucksachen 17/8098, 17/8467) . . . . . . . . . . T B s to R u 1 h 4 (D C U T R D T E M B ti … g (D T A M A R R tr (D P A D U V T A S w B B (D A R K 18629 A 18629 C 18629 D 18630 A 18631 C 18633 A 18634 C 18635 C 18636 D 18637 D 18639 A 18639 B agesordnungspunkt 18: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Umwelt, Naturschutz und Reak- rsicherheit: zu dem Vorschlag für eine ichtlinie des Europäischen Parlaments nd des Rates zur Änderung der Richtlinie 999/32/EG hinsichtlich des Schwefelge- alts von Schiffskraftstoffen – KOM(2011) 39 endg.; Ratsdok. 12806/11 rucksachen 17/6985 Nr. A.63, 17/8211) . . hristian Hirte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . te Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orsten Staffeldt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . alph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: rste Beratung des von den Abgeordneten artin Dörmann, Gerold Reichenbach, Doris arnett, weiteren Abgeordneten und der Frak- on der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Telemedien- esetzes (TMG) rucksache 17/8454) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 20: ntrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, atthias W. Birkwald, Diana Golze, weiterer bgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: enten für Leistungsberechtigte des Ghetto- entengesetzes ab dem Jahr 1997 nach- äglich auszahlen rucksache 17/7985) . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . . nton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . lla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 21: ntrag der Abgeordneten Oliver Krischer, tephan Kühn, Undine Kurth (Quedlinburg), eiterer Abgeordneter und der Fraktion ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ein neues ergrecht für das 21. Jahrhundert rucksache 17/8133) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . olf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . laus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18639 C 18639 D 18641 C 18642 A 18642 C 18643 B 18644 B 18644 C 18644 C 18646 A 18647 B 18647 D 18648 C 18649 B 18649 C 18650 D 18651 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 VII Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Friedrich Ostendorff, Markus Tressel, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Regionale Produk- tions-, Verarbeitungs- und Vermarktungs- strukturen stärken (Drucksache 17/7249) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marlene Mortler (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Erdel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alexander Süßmair (DIE LINKE) . . . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht zu dem Antrag: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streit- kräfte an dem Einsatz der Internationalen Si- cherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grund- lage der Resolutionen 1386 (2001) und fol- gender Resolutionen, zuletzt Resolution 2011 (2011) vom 12. Oktober 2011 des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen (Tagesordnungs- punkt 7) Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Binder (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Christine Buchholz (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Frank Heinrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . In M S G K N J M C H S A K J A E D B c lu z S le n F G fo 2 c o A E U K z s A n d tr A N (2 R 2 n 18652 B 18653 A 18654 B 18654 C 18655 D 18656 C 18657 B 18658 A 18659 A 18661 A 18661 D 18662 A 18662 B 18662 C 18663 A 18663 B 18663 D 18664 A 18664 C ge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . emet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . abriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . irsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . iema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . echthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . laudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abine Stüber (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . lexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . athrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . ohanna Voß (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten r. Tobias Lindner und Tabea Rößner (beide ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentli- hen Abstimmung über die Beschlussempfeh- ng und den Bericht zu dem Antrag: Fortset- ung der Beteiligung bewaffneter deutscher treitkräfte an dem Einsatz der Internationa- n Sicherheitsunterstützungstruppe in Afgha- istan (International Security Assistance orce, ISAF) unter Führung der NATO auf rundlage der Resolutionen 1386 (2001) und lgender Resolutionen, zuletzt Resolution 011 (2011) vom 12. Oktober 2011 des Si- herheitsrates der Vereinten Nationen (Tages- rdnungspunkt 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 4 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten te Koczy und Dr. Wolfgang Strengmann- uhn (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ur namentlichen Abstimmung über die Be- chlussempfehlung und den Bericht zu dem ntrag: Fortsetzung der Beteiligung bewaff- eter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz er Internationalen Sicherheitsunterstützungs- uppe in Afghanistan (International Security ssistance Force, ISAF) unter Führung der ATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 001) und folgender Resolutionen, zuletzt esolution 2011 (2011) vom 12. Oktober 011 des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- en (Tagesordnungspunkt 7) . . . . . . . . . . . . . 18665 C 18666 A 18666 C 18666 D 18667 A 18667 B 18667 D 18668 A 18668 D 18669 B 18670 A 18670 B 18670 C 18671 A 18671 C 18672 B VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Tom Koenigs, Omid Nouripour, Manuel Sarrazin und Daniela Wagner (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung und den Be- richt zu dem Antrag: Fortsetzung der Beteili- gung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheits- unterstützungstruppe in Afghanistan (Interna- tional Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Reso- lutionen 1386 (2001) und folgender Resolu- tionen, zuletzt Resolution 2011 (2011) vom 12. Oktober 2011 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 7) . Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Agnes Brugger, Katja Dörner, Dr. Anton Hofreiter, Uwe Kekeritz, Sven-Christian Kindler, Sylvia Kotting-Uhl, Maria Klein- Schmeink, Agnes Krumwiede, Monika Lazar, Beate Müller-Gemmeke, Lisa Paus, Ulrich Schneider und Dorothea Steiner (alle BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab- stimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht zu dem Antrag: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicher- heitsunterstützungstruppe in Afghanistan (In- ternational Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Re- solutionen, zuletzt Resolution 2011 (2011) vom 12. Oktober 2011 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Tagesordnungspunkt 7) . . Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Angelika Graf (Rosenheim), Uwe Beckmeyer, Lothar Binding (Heidelberg), Martin Burkert, Elvira Drobinski-Weiß, Petra Ernstberger, Dr. Barbara Hendricks, Gustav Herzog, Christel Humme, Dr. Bärbel Kofler, Dr. Matthias Miersch, Aydan Özoğuz, Swen Schulz (Span- dau) und Stefan Schwartze (alle SPD) zur na- mentlichen Abstimmung über die Beschluss- empfehlung und den Bericht zu dem Antrag: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem Einsatz der Interna- tionalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assis- tance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolu- tion 2011 (2011) vom 12. Oktober 2011 des S g A E M B W G G L A ü ri S A Z d d p L tr n A U M W H D A Z A u B tr – – (T D W D H A 18673 A 18673 D icherheitsrates der Vereinten Nationen (Ta- esordnungspunkt 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 8 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten artin Gerster, Hans-Joachim Hacker, Uwe eckmeyer, Lothar Binding (Heidelberg), illi Brase, Martin Burkert, Siegmund Ehrmann, abriele Fograscher, Dagmar Freitag, Ulrike ottschalck, Gustav Herzog, Steffen-Claudio emme, Heinz Paula, Dr. Carsten Sieling und ndrea Wicklein (alle SPD) zur Abstimmung ber die Beschlussempfehlung und den Be- cht zu dem Antrag: Neue Impulse für die portbootschifffahrt (Tagesordnungspunkt 15) . nlage 9 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung er Beschlussempfehlung und des Berichts zu em Vorschlag für eine Verordnung des Euro- äischen Parlaments und des Rates über eitlinien der Union für den Aufbau des anseuropäischen Verkehrsnetzes (Tagesord- ungspunkt 11) rnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . lrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . artin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . erner Simmling (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . erbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 10 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung ntrag: Gleichwertigkeit von Berufsbildung nd Abitur gewährleisten eschlussempfehlung und Bericht zu den An- ägen: Gleichwertigkeit von Berufsbildung und Abitur sichern Deutschen Qualifikationsrahmen zum Er- folg führen – Gleichwertigkeit von Abitur und Berufsabschlüssen sicherstellen agesordnungspunkt 13) r. Thomas Feist (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . illi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . einer Kamp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gnes Alpers (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 18675 B 18676 B 18677 A 18678 A 18679 A 18680 A 18680 D 18681 C 18682 B 18683 D 18684 C 18686 A 18687 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 IX Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Für wirksamen Rechtsschutz im Asylverfahren – Konsequenzen aus den Entscheidungen des Gerichtshofs der Euro- päischen Union und des Europäischen Ge- richtshofs für Menschenrechte ziehen (Tages- ordnungspunkt 16) Helmut Brandt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines 14. Gesetzes zur Ände- rung des Luftverkehrsgesetzes (Tagesord- nungspunkt 17) Peter Wichtel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Daniela Ludwig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jan Mücke, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes (Tagesordnungs- punkt 19) Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Gerold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Claudia Bögel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18687 D 18688 C 18689 D 18690 D 18691 D 18692 B 18692 D 18693 C 18694 D 18695 D 18696 D 18697 C 18698 C 18699 A 18700 C 18701 A 18702 B 18703 B 18703 D 18704 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18477 (A) ) )(B) 155. Sitz Berlin, Donnerstag, de Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18661 (A) ) )(B) Claudia DIE GRÜNEN Anlagen zeitig der Ausstieg aus einer verantwortlichen multilate- vilgesellschaft aus Afghanistan deutlich, die eindringlich vor einem überstürzten Abzug der internationalen Trup- pen warnen. Ein einseitiger Abzug der Bundeswehr wäre gleich- Poß, Joachim SPD 26.01.2012 Roth (Augsburg), BÜNDNIS 90/ 26.01.2012 Anlage 1 Liste der entschuldigte * A G G d w m n c z s k s u Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bär, Dorothee CDU/CSU 26.01.2012 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.01.2012* Bellmann, Veronika CDU/CSU 26.01.2012 Birkwald, Matthias W. DIE LINKE 26.01.2012 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 26.01.2012 Dreibus, Werner DIE LINKE 26.01.2012 Fischer (Göttingen), Hartwig CDU/CSU 26.01.2012 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 26.01.2012* Friedhoff, Paul K. FDP 26.01.2012 Dr. Friedrich (Hof), Hans-Peter CDU/CSU 26.01.2012 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.01.2012 Hübinger, Anette CDU/CSU 26.01.2012* Kipping, Katja DIE LINKE 26.01.2012 Dr. Koschorrek, Rolf CDU/CSU 26.01.2012 Krumwiede, Agnes BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.01.2012 Künast, Renate BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 26.01.2012 Lanfermann, Heinz FDP 26.01.2012 Lühmann, Kirsten SPD 26.01.2012 Luksic, Oliver FDP 26.01.2012 Nešković, Wolfgang DIE LINKE 26.01.2012 Poland, Christoph CDU/CSU 26.01.2012 R R S W W A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht n Abgeordneten für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates nlage 2 Erklärungen nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über die Be- schlussempfehlung und den Bericht zu dem An- trag: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der In- ternationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assis- tance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 2011 (2011) vom 12. Oktober 2011 des Sicher- heitsrates der Vereinten Nationen (Tagesord- nungspunkt 7) Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN): Mit dem Engagement der internationalen emeinschaft haben wir eine Schutzverantwortung für ie Menschen in Afghanistan übernommen. Wir sind eiter verpflichtet, sie nicht alleine zu lassen. Zustim- ung bedeutet für uns auch, Mitverantwortung zu über- ehmen für den schwierigen, teilweise lebensgefährli- hen Einsatz der Soldatinnen und Soldaten sowie der ivilen Aufbauhelferinnen und Aufbauhelfer. Ein sofortiger militärischer Abzug würde die Men- chen in Afghanistan in einem zu befürchtenden Bürger- rieg alleine zurücklassen und die gesamte Region de- tabilisieren. Dies machen immer wieder Expertinnen nd Experten sowie Vertreterinnen und Vertreter der Zi- oth (Esslingen), Karin SPD 26.01.2012* upprecht (Tuchen- bach), Marlene SPD 26.01.2012* torjohann, Gero CDU/CSU 26.01.2012 einberg, Harald DIE LINKE 26.01.2012 erner, Katrin DIE LINKE 26.01.2012* bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 18662 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) ralen Politik. Das weitere Vorgehen in Afghanistan muss innerhalb der internationalen Gemeinschaft abgestimmt werden. Es darf keinen deutschen Sonderweg beim Ab- schluss des militärischen Engagements geben. Deshalb stimme ich dem Mandat zur Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr bis zum 31. Januar 2013 zu. Karin Binder (DIE LINKE): Ich lehne die Fortset- zung des ISAF-Mandats im Wesentlichen aus folgenden Gründen ab: Während in Afghanistan der Mohnanbau unter den Augen der internationalen Streitkräfte immer weiter aus- gebaut wird, wird der Getreideanbau zurückgedrängt. Die Getreideernte reicht bei weitem nicht aus, um die Bevölkerung mit dem Nötigsten zu versorgen. Von 2010 auf 2011 erhöhte sich deshalb der Bedarf an Getreideim- porten um 600 000 Tonnen, von 1,1 Millionen Tonnen auf ungefähr 1,7 Millionen Tonnen. Das Überleben von 3 Millionen Menschen hängt von ausländischen Hilfslie- ferungen ab. Laut Oxfam ist ein Drittel der afghanischen Kinder unterernährt. Die afghanische Gesellschaft verfällt zusehends. „Die Zahl der Drogensüchtigen in Afghanistan nimmt weiter zu, und mit ihr die Ausbreitung von HIV und anderer Krankheiten“, so die Bundesregierung in ihrem Fort- schrittsbericht. 2007 hatten lediglich 5 Prozent der Afghanen „Zu- gang zu gesundheitlich akzeptabler Sanitärversorgung“; innerhalb der letzten vier Jahre stieg der Anteil auf ganze 7,5 Prozent, Zahlen der Bundesregierung, 2011! Festzustellen ist: Nach zehn Jahren Krieg und Besat- zung in Afghanistan ist die soziale Situation der afghani- schen Bevölkerung katastrophal. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 43 Jahren. In Bezug auf die Gesundheitsversorgung liegt Afghanistan beim Human Development Index an letzter Stelle. Darüber hinaus sind noch immer die Hälfte der Männer und über 90 Pro- zent der Frauen Analphabeten. Kinder und Jugendliche besuchen durchschnittlich 3,3 Jahre lang die Schule. Eine Verbesserung der Situation für die afghanische Be- völkerung ist während einer andauernden Besatzung nicht zu erwarten. Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Vieles ist immer noch nicht gut in Afghanistan – trotz zehn Jahren ISAF- Mandat, trotz vieler Opfer, auch auf afghanischer Seite. Vor diesem Hintergrund fällt es schwer, einer weiteren Verlängerung des Mandates zuzustimmen. Es fällt auch deswegen schwer, weil Krieg – und wir haben in Afgha- nistan Krieg – niemals normales politisches Mittel sein darf. Die Bundesregierung hat zusammen mit den interna- tionalen Partnern Anfang 2010 eine neue Strategie be- schlossen. Ziel ist eine vollständige Übergabe der Si- cherheitsverantwortung an afghanische Kräfte im Jahr 2014. Parallel dazu soll die Zahl der ausländischen Trup- pen massiv abgebaut werden. Es ist gut, dass man sich nun einig ist, dass der Afghanistan-Konflikt letztlich zi- v m W u te tu M d d h b z te w m a S fo h IS z A d m d d m m R a d S ih c S k ru d ru F is le d s L h ru M (C (D il bzw. politisch gelöst werden muss. Diesen Paradig- enwechsel begrüße ich ausdrücklich. Er zeigt einen eg auf, wie man dieses Engagement geordnet beenden nd zumindest einiges von den Aufbauleistungen erhal- n kann. Unter diesen Voraussetzungen und in Erwar- ng signifikanter Fortschritte habe ich bisher einer andatsverlängerung zugestimmt. Vor einem Jahr habe ich die Erwartung geäußert, dass ie Erfolge der neuen Strategie deutlicher sichtbar wer- en müssen. Das ist nur bedingt geschehen. Die Sicher- eitslage hat sich im vergangenen Jahr zwar leicht ver- essert. Es gibt aber immer noch zu viele Gefechte mit u vielen Opfern. Es wurden mehr Polizisten und Solda- n ausgebildet, aber es muss sich noch herausstellen, ie nachhaltig deren Loyalität zu der afghanischen Ad- inistration sein wird. Die Übergabe der Sicherheitsver- ntwortung geht nur langsam voran und ist an vielen tellen problematisch. Ich denke trotzdem, dass es noch zu früh ist, den Er- lg der neuen Strategie abschließend zu bewerten. Da- er stimme ich trotz meiner kritischen Haltung zum AF-Einsatz für eine Verlängerung des Mandates. Mein Dank und mein Respekt gilt den Soldaten, Poli- isten und Aufbauhelfern für ihren schwierigen Einsatz. Christine Buchholz (DIE LINKE): Ich lehne den ntrag der Bundesregierung auf Verlängerung des Man- ates für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan ab. Seit meinem Besuch in Kunduz im Januar 2010 gehen ir die Gesichter der Männer und Frauen nicht mehr aus em Kopf, die ihre Ehemänner, Söhne und Neffen durch as von einem deutschen Oberst befehligte Bombarde- ent verloren haben, genauso ihre Trauer, ihre Ohn- acht und ihre Wut, Wut auch gegenüber der deutschen egierung, die sich gegenüber den Opfern aus der Ver- nstaltung stiehlt. Ich sehe die hektischen Blicke der Soldaten vor mir, ie angespannt und nervös, in Angst vor Anschlägen die trecke vom Feldlager in die Stadt Kunduz zurücklegen, ren Argwohn und ihr Misstrauen gegenüber den einfa- hen afghanischen Männern, Frauen und Kindern am traßenrand. Weil die überwältigende Mehrheit in Deutschland einen Sinn mehr in dem Krieg sieht, redet die Regie- ng von Abzug. Doch das heute abzustimmende Man- at sieht für 2012 praktisch überhaupt keine Verände- ng vor. Es ist ein Mandat zur ungehemmten ortsetzung des Krieges. Selbst der angeblich endgültige Abzug in drei Jahren t unsicher. Verteidigungsminister de Maiziére wird am tzten Montag in der Südwest-Presse auf die Frage nach em Abzugsdatum 2014 mit den Worten zitiert: „Wenn ich die Dinge grundlegend ändern, könnte eine neue age entstehen … Natürlich ist die Strategie immer ab- ängig von den obwaltenden Umständen.“ Der Regie- ngssprecher redet von Abzug, doch der zuständige inister hält sich alle Türen offen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18663 (A) ) )(B) Solange die Bundeswehr und die NATO in Afghanis- tan sind, wird es Widerstand und Anschläge geben. Die- ser Widerstand und diese Anschläge werden dann als neue Begründung für den Verbleib am Hindukusch he- rangezogen werden. Dieser Teufelskreis muss jetzt unterbrochen werden. Der Abzug der Bundeswehr aus diesem sinnlosen Krieg muss unverzüglich beginnen. Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Ich stimme ge- gen das Mandat, weil Krieg immer ein falscher Weg ist. Krieg tötet und verletzt. Er verletzt nicht nur körperlich, sondern auch psychisch. Studien haben festgestellt, dass der Jugoslawien- Krieg beinahe die gesamte Bevölkerung traumatisiert hat und dass auch viele Menschen in anderen ehemaligen Kriegsgebieten massiv an Traumata leiden. Dies wird noch Generationen nachwirken und wirkt sich auch auf die jeweiligen Gesellschaften aus – mit allen fatalen Fol- gen. Darüber wird nicht viel gesprochen, das Thema wird meist ausgeblendet. Aber diese Probleme müssen end- lich ins Licht gerückt werden. Aber vielleicht sehen Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, das ange- sprochene Thema auch als Teil der sogenannten Kollate- ralschäden? Ich stimme auch gegen den Einsatz, weil ich aus per- sönlicher Erfahrung weiß, dass etliche Soldatinnen und Soldaten hier in dieses Land mit psychischen Verletzun- gen und traumatisiert aus dem Auslandseinsatz zurück- kommen. Und offensichtlich wird für sie viel zu wenig getan. Nach einigen Behandlungen werden sie letztlich mit ihren Familien alleingelassen. Auch hier wird Ver- antwortung abgewälzt auf Menschen, die weder die Kriege verursacht haben noch davon profitieren. Effek- tive Hilfe fehlt, und das obwohl die Zahlen der Betroffe- nen von Jahr zu Jahr steigen. Zwischen Januar und Sep- tember 2011 wurden im Zusammenhang mit dem ISAF- Einsatz 587 Fälle Posttraumatischer Belastungsstörung bei Rückkehrerinnen und Rückkehrern bekannt. Und das ist nur die Spitze des Eisberges. Die Dunkelziffer dürfte noch um einiges höher liegen. Zahlen aus den USA be- sagen, dass bis zu 22 Prozent der Soldaten, die im Irak oder in Afghanistan eingesetzt waren, früher oder später an einer PTBS erkrankten. Der Kriegseinsatz brutalisiert die Menschen. Das zeigen die Gewaltexzesse des 2011 in den USA verurteilten Kill Teams, das aus Spaß Jagd auf afghanische Zivilistinnen und Zivilisten machte, um sie zu ermorden und zu verstümmeln. Die Brutalisierung macht auch vor den Bundeswehrsoldaten nicht Halt. Die ungewisse Verlängerung des Einsatzes und die Sinnlo- sigkeit des Krieges verschlimmern dies noch. Ich stimme dagegen, weil es für mich keine Alterna- tive gibt, als Nein zu sagen. Dr. Diether Dehm (DIE LINKE): Es ist nicht nur nichts gut in Afghanistan – dort ist noch nicht einmal etwas besser! je V ti li e fa d d m s ru e im te re n ic d S d a ta G d T g E m d d tr c s g J h s u W O te C K S a g d fü P B (C (D Es gibt genau zwei Möglichkeiten, mittels derer sich der der hier abstimmenden Abgeordneten seines otums vergewissern und dieses vor sich selbst rechtfer- gen kann: Da ist zum einen das Gewissen als mora- sche Instanz, von dem man nicht immer ganz klar und indeutig sagen kann, seine Forderung sei richtig oder lsch. Und zum anderen kann und muss sich jeder, der er heute zur Entscheidung anstehenden Verlängerung es Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan zustim- en will, die Frage beantworten: Hat sich etwas verbes- ert in diesem Land, wurde der afghanischen Bevölke- ng geholfen? Freiheit, Demokratie, Bildung, Gesundheit und Frau- nrechte waren die von den Befürwortern des Einsatzes mer wieder benannten Ziele, die es rechtfertigen soll- n, diesem Kriegseinsatz zuzustimmen. Nach zehn Jah- n Krieg und Milliarden von Hilfsgeldern ist aber kei- es, nicht ein einziges dieser Ziele erreicht worden! Und h bin davon überzeugt, dass auch das neue Minimalziel er NATO für Afghanistan, die Etablierung effektiver taatlichkeit, nicht realistisch ist. Realistisch ist allenfalls ein reaktionäres Bündnis aus em Clan um Hamid Karzai, den Taliban und der Nord- llianz. Dafür braucht man aber keinen Krieg. Deswegen ist jeder Tag, an dem Krieg ist in Afghanis- n, ein Tag zu viel, ist jedes Todesopfer ein sinnloses ewaltopfer – und damit meine ich ausdrücklich auch ie gefallenen deutschen Soldaten, die Verletzten, die raumatisierten. Ich kann nicht sehen, wie ich – weder aus Gewissens- ründen noch aus pragmatischen Erwägungen – dieser insatzverlängerung zustimmen können sollte. Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE): Ich möchte zu einem Abstimmungsverhalten zum Antrag der Bun- esregierung, das Mandat der Bundeswehr im Rahmen es ISAF-Einsatzes erneut zu verlängern, und zum An- ag der Fraktion Die Linke, der Bundesregierung jegli- he weitere Mitwirkung an gezielten Tötungen zu unter- agen, eine Erklärung abgeben. Ich habe zum Antrag der Bundesregierung mit Nein estimmt. Alle meine Erfahrungen nach mehr als zehn ahren Krieg in Afghanistan besagen, dass die Anwesen- eit ausländischer Truppen in Afghanistan den Wider- tand der Bevölkerung herausfordert. Es gibt eine nheilvolle Kette: mehr ausländische Truppen – mehr iderstand – mehr Truppen … Die Herabsenkung der bergrenze der Anzahl eingesetzter Bundeswehrsolda- n trägt in diesem Zusammenhang nur kosmetischen harakter. Nur ein Abzug der Bundeswehr kann diese ette aufsprengen. Der Abzug der Bundeswehr ist der chlüssel zu einer anderen Politik in Afghanistan. Zu einer anderen Politik in Afghanistan kommt man uch nur dann, wenn alle völkerrechtswidrigen Handlun- en eingestellt werden. Ich will nicht mitschuldig wer- en, dass auch deutsche Stellen afghanische Personen r Listen nominieren, die zur „Ausschaltung“ dieser ersonen führen können. Ich behaupte nicht, dass die undeswehr direkt an gezielten Tötungen beteiligt ist. 18664 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) Ich kann aber nicht ausschließen, dass Spezialkomman- dos anderer Länder, insbesondere der USA, Personen, die von deutschen Stellen benannt wurden, gezielt töten. Deshalb habe ich für den Antrag der Linken gestimmt, der Bundesregierung jegliche Mitwirkung an gezielten Tötungen zu untersagen. Annette Groth (DIE LINKE): Ich stimme dem An- trag auf Verlängerung des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan nicht zu, da ich den Krieg der NATO in Af- ghanistan ablehne. Dieser Krieg hat den meisten Afgha- ninnen und Afghanen nur Schrecken, Armut und Tod ge- bracht. Das Ergebnis nach über zehn Jahren Krieg in Afgha- nistan ist verheerend. Jeden Tag steigt die Zahl der Opfer an. Die Armut der Bevölkerung wächst. Nach Schätzun- gen von Hilfsorganisationen hat etwa ein Drittel der af- ghanischen Bevölkerung nicht genug zu essen. Der Be- darf an Getreideimporten erhöhte sich von 2010 auf 2011 von 1,1 Millionen Tonnen auf geschätzte 1,7 Mil- lionen Tonnen. Laut Oxfam sind in dem Land ein Drittel der Kinder unterernährt. Das Überleben von 3 Millionen Menschen hängt von ausländischen Hilfslieferungen ab. Laut einem Bericht des UN-Sicherheitsrats sterben in Afghanistan jedes Jahr 40 000 Personen an den Folgen unzureichender Ernährung. Es sind gerade Frauen und Kinder, die am stärksten unter diesem Krieg leiden. Deutschland steckt jedes Jahr mehr als 530 Millionen Euro in den Krieg in Afghanis- tan. Lediglich ein Viertel dieser Summe wird für zivile Hilfsprojekte zur Verfügung gestellt. Gemeinsam mit der Friedensbewegung, aber auch mit der Mehrheit der Be- völkerung in Deutschland fordere ich: Truppen raus aus Afghanistan – und zwar sofort. Die USA gibt jährlich mehr als 173 Milliarden Dollar für diesen Krieg aus. Mit einem Bruchteil dieses Geldes könnten die Armut in Afghanistan bekämpft und die so- ziale Situation der Bevölkerung nachhaltig verbessert werden. Nach zehn Jahren NATO-Krieg ist Afghanistan eines der ärmsten Länder der Welt. Die heutige NATO-Strate- gie treibt die verarmte und verbitterte Bevölkerung gera- dezu in die Arme der Talibankämpfer, die ihnen aus ihrer Sicht wenigstens ein geregeltes Einkommen bieten. Ich stimme auch gegen die Verlängerung des Mandats für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan, weil die Kriegsökonomie des NATO-Krieges dazu geführt hat, dass sich Afghanistan zum weltweit größten Produzen- ten von Opium entwickelt hat. 80 bis 90 Prozent des weltweit angebauten Opiums kommen aus Afghanistan. Im Jahr 2010 ist die Menge des angebauten Schlafmohns von 3 600 Tonnen um 61 Prozent auf 5 800 Tonnen ge- stiegen. Nach UN-Angaben liegt der Wert des in Afgha- nistan produzierten Opiums bei etwa 1,4 Milliarden US- Dollar. Allein im Jahr 2011 hat sich die Opiumanbauflä- che um 61 Prozent vergrößert. Das ist eine direkte Folge der NATO-Intervention. Viele Bauern haben nur durch den Opiumanbau und die Drogenökonomie eine reale Überlebenschance. All d S s S w g v v m E m m u n P V c e IS in s ic ic A K d c w s li g R z li R lo s ra p d g rü le tr v ti K a (C (D ie schönen Worte vom Aufbau Afghanistans sind chall und Rauch. Durch den zunehmenden Drogenkon- um verfällt die afghanische Gesellschaft immer mehr. elbst im „Fortschrittsbericht“ der Bundesregierung ird zugegeben: „Die Zahl der Drogensüchtigen in Af- hanistan nimmt weiter zu, und mit ihr die Ausbreitung on HIV und anderer Krankheiten.“ In Afghanistan ist die gesamte Politik und Wirtschaft on einer korrupten Drogenökonomie durchsetzt. Diese afiösen Zustände verhindern die politische und soziale ntwicklung des Landes. Brutale Warlords finanzieren it dem Drogengeld den Kauf von Waffen und Privatar- een, die ihre Vormachtstellung absichern. Die NATO nd ihre Verbündeten sind mit ihrer derzeitigen Politik icht in der Lage, den Menschen in Afghanistan eine erspektive jenseits dieser Drogenökonomie zu bieten. ielmehr werden durch die bisherige Politik die Drogen- lans gefördert, die sich verbal als Gegner der Taliban rklären. Die Afghanistan-Politik der Bundesregierung und der AF ist gescheitert. Kriege und Waffengewalt schaffen Afghanistan keine Demokratie; vom Schutz der Men- chenrechte möchte ich gar nicht reden. Deshalb werde h heute mit Nein stimmen. Mit diesem Nein möchte h dazu beitragen, die Möglichkeit für einen zivilen ufbau in Afghanistan zu eröffnen und die Logik des rieges, der Gewalt und des täglichen Sterbens zu been- en. Frank Heinrich (CDU/CSU): Die Umfragen spre- hen eine deutliche Sprache: Die Menschen sind müde, enn sie an Afghanistan denken. Die damalige Ratsvor- itzende der EKD, Bischöfin Margot Käßmann, formu- erte bereits vor zwei Jahren sehr deutlich: „Nichts ist ut in Afghanistan!“ Das Medienecho war groß, der ückhalt in der Bevölkerung für die Einsätze schwand usehends. Doch kann man das einfach so stehen lassen? Die Gründe gegen eine Verlängerung des Mandats egen auf der Hand: Generell dürfen Militäreinsätze immer nur die Ultima atio der Politik sein. Alle anderen Wege wie etwa dip- matische Verhandlungen, der Aufbau der Zivilgesell- chaft, die Stärkung regionaler Institutionen haben Vor- ng. Die Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert ver- flichtet uns, jeden Auslandseinsatz der Bundeswehr oppelt kritisch zu beleuchten. Deutsche Soldaten sind in Afghanistan ums Leben ekommen; viele kehren traumatisiert in die Heimat zu- ck. Leib und Leben dieser Menschen dürfen nicht ichtfertig gefährdet werden. Die Befriedung der Region und der Aufbau einer agfähigen Zivilgesellschaft sind bei weitem nicht so orangekommen, wie es erwartet wurde. Viele interna- onale Partner ziehen sich aus Afghanistan zurück. Die osten für den Einsatz sind immens. Ausdrücklich schließe ich mich dieser Argumentation n. Sie wird dazu getragen von meiner persönlichen Ge- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18665 (A) ) )(B) wissensüberzeugung als Christ, die geprägt ist von der Bergpredigt, in der Jesus Christus sagt: „Selig sind, die Frieden stiften.“ Dennoch werde ich heute der Verlängerung des Man- dates zustimmen. Wenn ich mich frage, wodurch in Af- ghanistan Frieden „gestiftet“ werden kann, dann bewe- gen mich in der derzeitigen Situation folgende Gedanken: Ein „Ad-hoc-Abzug“ hat nach Aussagen aller Exper- ten aus der Politik, dem Militär und den Nichtregie- rungsorganisationen für die menschenrechtliche und zi- vilgesellschaftliche Lage sowie den Aufbau der politischen und ökonomischen Infrastruktur in Afghanis- tan katastrophale Folgen. Noch sind die Strukturen nicht tragfähig. Die humanitäre Lage bleibt höchst unbefriedigend. Um nur zwei Zahlen zu nennen, die das Auswärtige Amt im Januar ermittelt hat: Circa 9 Millionen Menschen sind infolge einer Dürrekatastrophe auf Nahrungsmittel- hilfe angewiesen, 500 000 Menschen sind Binnenflücht- linge. Die Zahl wird voraussichtlich im Laufe des Jahres auf 700 000 steigen, Afghanistan kann diese Not alleine nicht bewältigen. Es gibt viele Berichte über signifikante Unterschiede der menschenrechtlichen Lage in den Gebieten, die von NATO-Truppen geschützt werden, und anderen. Einige extreme Beispiele schilderte die Mitarbeiterin einer NGO, die sich in Gesundheitsfragen engagiert, den Mit- gliedern der AG Menschenrechte in meiner Fraktion. Sie berichtete von Dörfern, in denen Mädchen, die einen Gynäkologen bzw. eine Gynäkologin besuchen wollen, von Heckenschützen hinterrücks vom Fahrrad geschos- sen werden, von Mädchen, die gesteinigt wurden, weil sie die Schule besuchten. Deutsche Soldaten stiften Frie- den, indem sie solche Geschehnisse verhindern. Es ist kein westlicher Krieg, auch wenn hier häufig der – fal- sche! – Eindruck erweckt wird, dass die westlichen Mächte den Krieg nach Afghanistan tragen würden. Bei einem Besuch in Afghanistan konnte ich mir ein eigenes Bild der Lage machen und viele Gespräche mit Soldaten führen. Die einhellige Meinung: Wir dürfen nicht überstürzt abbrechen, was wir begonnen haben – das würde im Nachhinein den Kameraden spotten, die für diesen Einsatz gestorben sind. Die Vertreter Afghanistans haben ausdrücklich um unsere Unterstützung nachgesucht. Die instabile politische Gesamtlage am Hindukusch mit der Nachbarschaft zu Pakistan ist eine Gefahr weit über die Region hinaus. Meine Zustimmung verbinde ich dabei mit folgenden Forderungen: Der geplante Abzug der NATO-Truppen im kommen- den Jahr muss sofort mit einer nachvollziehbaren Exit- Strategie verbunden werden; die bisherigen Aussagen dazu sind nicht befriedigend. Die Strategie muss mit internationalen NGOs abge- stimmt werden. w s v g le te e s m re n s F d ta s A n h u ti re m m h U d g d h z z k b s K w in v s p G d d w d V te (C (D Die internationale Staatengemeinschaft muss die not- endigen Ressourcen zu einem Aufbau der zivilgesell- chaftlichen Strukturen zur Verfügung stellen und ein erlässlicher Partner Afghanistans bleiben. Es muss eine politische Gesamtstrategie für die Re- ion Afghanistan/Pakistan geben. Verwundete und traumatisierte Soldaten müssen noch ichteren Zugang zu therapeutischen Angeboten erhal- n und darüber hinaus eine Würdigung ihres Einsatzes rfahren, die von einer breiten Mehrheit unserer Gesell- chaft getragen ist. Ich möchte daher zum Schluss noch einmal Bezug auf ein Eingangszitat nehmen und es etwas umformulie- n: Nicht alles ist schlecht in Afghanistan – aber es ist och nicht gut genug für einen sofortigen Abzug deut- cher Soldaten. Inge Höger (DIE LINKE): Ich stimme gegen die ortsetzung des Krieges in Afghanistan, weil die Bun- esregierung die Öffentlichkeit und auch uns Parlamen- rierinnen und Parlamentarier von Anfang an nicht voll- tändig informiert hat über den Charakter und das usmaß der deutschen Beteiligung am Krieg in Afgha- istan. Das erste Opfer des Krieges ist immer die Wahr- eit. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee, so sieht es nser Grundgesetz vor. Doch Kontrolle setzt Informa- on voraus. Wichtige Berichte haben wir aber in den letzten Jah- n häufig aus den Medien und nicht vom Verteidigungs- inisterium bekommen. Zwei Untersuchungsausschüsse ussten sich mit dem Verhalten von Bundeswehrange- örigen in Afghanistan beschäftigen. Dies illustriert die nkontrollierbarkeit einer „Armee im Einsatz“ über- eutlich. Bundeswehr und Bundesregierung betonen erne die Konzepte des „Staatsbürgers in Uniform“ und er „Inneren Führung“. Doch all das kann nicht darüber inwegtäuschen: Krieg und Demokratie passen schlecht usammen. Auch deshalb stimme ich gegen die Fortset- ung des Krieges in Afghanistan. Besonders deutlich wird der Widerspruch von demo- ratischer Kontrolle und militärischer Eigendynamik eim Kommando Spezialkräfte – dem KSK. Diese ver- chworene Eliteeinheit war seit Beginn des Afghanistan- rieges in offensive und aggressive Kampfführung ver- ickelt. Das KSK war damit Teil der Eskalationsspirale Afghanistan. Dennoch haben wir als Abgeordnete da- on jahrelang nichts erfahren. Ausnahme waren sporadi- che Medienberichte, deren Richtigkeit wir nicht über- rüfen können. In einer Demokratie darf es keine eheimarmeen geben! Im Magazin des Reservistenverbandes Loyal war in er Januarausgabe das Folgende zu lesen: „Das KSK ürfte noch geraume Zeit in Afghanistan bleiben, selbst enn die übrigen Truppen weg sind“. Als Aufgabe für as KSK wird genannt „Führer und Drahtzieher aus dem erkehr zu ziehen“. Das klingt wie eine Lizenz zum Tö- n. Ein Verdacht wird dabei schnell zum Todesurteil. 18666 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) Wie wollen Sie solche Barbarei mit den angeblich hohen Ansprüchen deutscher Außenpolitik in Einklang brin- gen? Ich stimme gegen das Mandat zur Fortsetzung des Af- ghanistan-Krieges, weil die bisherige verfehlte Politik und die bisherigen Kriegslügen fortgesetzt werden. Lange haben Sie sich geweigert, zuzugeben, dass in Afghanistan Krieg herrscht. Nun reden Sie vom Abzug 2014, und auch das ist ein Betrug. Was heute beschlos- sen wird, ist eine Intensivierung des Krieges in der va- gen Hoffnung, doch noch zu siegen. Zudem sollen deut- sche Soldatinnen und Soldaten noch lange nach 2014 vor Ort bleiben. Der Beschluss bedeutet die Fortsetzung von Leid und Blutvergießen. Dem kann und werde ich nicht zustimmen. Beenden Sie das Lügen, geben Sie zu, dass der Afghanistan-Krieg falsch war und ist. Beenden Sie den Einsatz. Holen Sie die Truppen zurück! Jetzt! Und nicht erst in drei, vier, fünf oder zehn Jahren. Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im Jahre 2001 habe ich in Rostock bei der Bundesdelegier- tenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen mit einer Rede den Einsatz in Afghanistan voller Überzeugung befürwortet. Das schien mir damals notwendig und ge- eignet, um den Terror der Taliban gegenüber der afgha- nischen Bevölkerung und dem Rest der Welt zu beenden. Leider wurde ich durch die Entwicklungen in den Jahren danach eines Besseren belehrt: Die US-Regierung for- derte von Deutschland immer mehr militärischen Ein- satz. Die Bundesrepublik Deutschland wurde langsam, aber sicher immer stärker in eine kriegerische Auseinan- dersetzung hineingezogen. Regelmäßig beteiligt sich die Bundeswehr seitdem mit schweren Waffen an den Kämpfen. Unser Land hat dadurch an diplomatischer Stärke und Glaubwürdigkeit in der zivilen Bevölkerung verloren. Angesichts der getöteten Soldaten und Zivilisten ist die Aussage, die Bundeswehr würde nur Sozialarbeit leisten, seit langem überholt. Die militärische Strategie geht viel eher in die Richtung, die Taliban militärisch noch so weit wie möglich zu schwächen, um die eigene Verhandlungsposition zu verbessern, bevor man ihnen wieder die Kontrolle über Afghanistan überlässt. Diese falsche Strategie hat unser Land in eine kriege- rische Auseinandersetzung hineingezogen, und diese Politik wird von der aktuellen Regierung fortgesetzt. Diese Fortsetzung der militärischen Eskalation ist aber keine Lösung für die afghanische Bevölkerung und trägt auch nicht zur Sicherheit Deutschlands und der Welt bei. Die Bundesrepublik wird nicht am Hindukusch vertei- digt, unsere Sicherheit geht dort verloren. Wir Grünen fordern seit langem einen erheblichen Strategiewechsel. Wir müssen raus aus der Spirale der Gewalt! Wir gehen mit Frieden, Sicherheit und Men- schenleben nicht leichtfertig und populistisch um. Die grüne Bundestagsfraktion hat einen Entschlie- ßungsantrag vorgelegt, mit dem sie einen konkreten Ab- zugsplan fordert. Dieser hat meine volle Unterstützung. Das vorgelegte Mandat der Bundesregierung hat keine P w A K tr s b L e L g z H n b z s U li P a A w g g d T d g re tu h m d g (C (D erspektive und erfüllt keinen sinnvollen Zweck, daher erde ich es ablehnen. Sabine Leidig (DIE LINKE): Ich habe – wie alle bgeordneten der Partei Die Linke – gegen diesen riegseinsatz und seine Verlängerung gestimmt, weil die aurige Wirklichkeit zeigt, dass der Krieg die zivile und oziale Entwicklung der Gesellschaft in Afghanistan lockiert und – wie alle Kriege – Grausamkeit, Tod und eid in den Alltag der Bevölkerung bringt. Mein zweiter wesentlicher Grund ist, dass unsere igene Gesellschaft verändert wird. Die historische ehre, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg aus- ehen darf, wird in die Vergessenheit gedrängt. Ich itiere den Präsidenten von Pax Christi Deutschland, einz Josef Algermissen, Bischof von Fulda, der in sei- er Erklärung zur heutigen Abstimmung schreibt: Die Bundeswehr wird zur Armee im Einsatz um- funktioniert. Die Verteidigungsrestriktion des Grundgesetzes verliert faktisch ihre Bedeutung. Der Afghanistankrieg als vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung hat die Änderung der Verteidigungs- hin zur Einsatzarmee gefördert. Die junge Genera- tion in Deutschland wächst in einer Gesellschaft auf, die zwar Krieg führt, es aber zugleich leugnet. Was für die Trümmerfrauen und für viele Kriegs- rückkehrer des Zweiten Weltkrieges undenkbar schien, ist heute wieder möglich. Gleichzeitig fehlt der politische Diskurs über diese Entwicklung. Die deutsche Gesellschaft akzeptiert seit Jahren eine be- schönigende Darstellung, die den Blick auf die Grausamkeit des Krieges vernebelt. Die Unmenschlichkeit und die Gewalt des Krieges etreffen vor allem diejenigen, in deren Land die Waffen um Einsatz kommen, und jene, die die Waffen zum Ein- atz bringen. Darüber hinaus entsteht eine Rohheit im mgang der Völker, und die deutsche Bevölkerung ver- ert zusehends an Integrität, an Glaubwürdigkeit, an otenzial für Frieden und Gerechtigkeit – sich selbst und nderen gegenüber. Gabriele Lösekrug-Möller (SPD): Ich stimme dem ntrag der Bundesregierung aus folgendem Grund zu: In ihrem Antrag zur Fortsetzung der Beteiligung be- affneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz in Af- hanistan hat die Bundesregierung zahlreiche Forderun- en der SPD übernommen. Das Mandat leitet den von er SPD seit langem geforderten Abzug der deutschen ruppen in Afghanistan ein. Die Reduzierung des Bun- eswehrkontingents auf 4 900 entspricht den Forderun- en der SPD, unsere Truppenstärke kontinuierlich zu duzieren mit dem Ziel der vollständigen Verantwor- ngsübergabe in die Hände der afghanischen Sicher- eitskräfte bis 2014. Ich habe allerdings folgende Bedenken: Der Antrag beschreibt die zivil-militärische Zusam- enarbeit als einen wichtigen Teil des Engagements der eutschen Seite. Gleichwohl hindert das Kooperations- ebot des Entwicklungsministeriums viele NGOs daran, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18667 (A) ) )(B) sich in Afghanistan zu engagieren, denn sie lehnen eine Zusammenarbeit mit der Bundeswehr ab. Da sie dadurch ohne deutsche Finanzmittel arbeiten müssen, geht den Afghanen schon seit zwei Jahren wichtige Unterstützung verloren. Leider geht der Antrag zu wenig auf die Menschen- rechtslage in Afghanistan ein, die sich in den letzten Jah- ren leider deutlich verschlechtert hat. Dies gilt auch für die Sicherheitslage. Unter diesen erschwerten Bedingun- gen soll ziviler Aufbau stattfinden und ziviles Engage- ment verstärkt werden. Dafür ist kein Konzept erkenn- bar, das jetzt umgesetzt wird und nach 2013/2014 tragen kann. Denn die bisherige militärische Strategie – eine of- fensive Aufstandsbekämpfung sowie das Partnering – erachte ich nicht für die richtige Vorgehensweise für die verbleibenden zwei Jahre. Ich erwarte von der derzeitigen und zukünftigen Bun- desregierung ein transparentes Konzept für den Abzug deutscher Soldaten und Soldatinnen aus Afghanistan, das den schnellstmöglichen Rückzug unter Wahrung un- serer internationalen Verpflichtungen und in Respekt vor den Menschen in Afghanistan ermöglicht und dessen Umsetzung sichergestellt wird. Kirsten Lühmann (SPD): Der Antrag „Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstützungs- truppe in Afghanistan, International Security Assistance Force, ISAF, unter Führung der NATO“ – Drucksache 17/8166 – der Bundesregierung hat meine Unterstüt- zung. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich schon länger für einen Strategiewechsel ausgesprochen, der auf eine politische Lösung der Konflikte in Afghanistan setzt. Voraussetzung für eine politische Lösung muss ein Ver- söhnungsprozess innerhalb des Landes sein. Hierfür ist es zwingend erforderlich, mit allen Beteiligten Gesprä- che zu führen. Dies schließt also auch die Taliban ein. Obgleich die Bundesregierung diesen Ansatz zunächst abgelehnt hat, entspricht der Antrag der Bundesregie- rung nun weitgehend den Vorstellungen der SPD-Bun- destagsfraktion. Ferner befürworte ich das Konzept der schrittweisen Übergabe der Sicherheitsverantwortung an Afghanistan. Anzumerken ist, dass dieses jedoch eine verstärkte Aus- bildung afghanischer Sicherheitskräfte erfordert. Niema Movassat (DIE LINKE): Seit einem Jahr- zehnt führt die NATO in Afghanistan unter dem Vor- wand der „humanitären Intervention“ und des „Krieges gegen den Terror“ einen Feldzug für wirtschaftliche und geostrategische Interessen. Was ist das Ergebnis dieses modernen Feldzuges? Jahr für Jahr steigen die Opferzah- len – 2011 war das blutigste Jahr seit Beginn des Krie- ges. Die Infrastruktur des Landes wurde zugrunde gerichtet; die Bevölkerung leidet an massiver Unterer- nährung und unbehandelten Krankheiten, sodass die Le- benserwartung rapide gesunken ist. Ein weiteres Mal hatten heute die Abgeordneten des Deutschen Bundestages die Möglichkeit, zu entscheiden, ob deutsche Soldaten in Afghanistan sich weiterhin an d D d s m L F la n ti d b w v b w s d s S d k S u P d v d s w d s d g g n b s ru L w M fe O n z ru A g p e ti z li (C (D em Morden beteiligen müssen oder abgezogen werden. ie weitere Kriegsführung entscheidet sich hier im Bun- estag. Die Frontlinie der modernen Kriege hat sich ver- choben: Die heutigen Feldherren entscheiden nicht ehr auf dem Schlachtfeld, sondern in Parlamenten über eben und Tod. Die Beschlussvorlage der Bundesregierung ist eine arce: Der Öffentlichkeit wird vorgegaukelt, Deutsch- nd würde Kampftruppen abziehen. Tatsächlich werden ur Reserveeinheiten zurückgeholt, die nicht mehr benö- gt werden. Die Bundesregierung will uns weißmachen, ie Bundeswehr leiste in Afghanistan humanitäre Auf- auarbeit. Das Gegenteil ist der Fall: Deutschland führt eiterhin im Rahmen der ISAF Krieg. Für ein friedliches und freies Afghanistan, das der Be- ölkerung eine Zukunft bietet, muss der Kriegseinsatz eendet und die rein zivile Entwicklungshilfe aufgebaut erden. Stattdessen baut die NATO die Zivil-Militäri- che-Zusammenarbeit, ZMZ, aus. Im Klartext bedeutet as eine enge Verzahnung politischer, militärischer, wirt- chaftlicher, humanitärer und polizeilicher Instrumente. o wird dann auch „Entwicklungshilfe“ zum Bestandteil er NATO-Kriegsstrategie. An ein und demselben Tag ann dieselbe Einheit im Rahmen der ZMZ eine neue traße befestigen, ein Dorf dem Erdboden gleichmachen nd danach den Ausbildungsdienst der afghanischen olizei übernehmen. So kann kein Frieden geschaffen werden. Der Bun- eshaushalt sieht rund 1,1 Milliarde Euro für den Krieg or. Diese müssen ab sofort für den Wiederaufbau und ie Verbesserung der Lebensbedingungen der afghani- chen Bevölkerung nach deren Bedürfnissen eingesetzt erden. Die ausländischen Truppen – allen voran die eutschen – müssen Afghanistan verlassen. Jens Petermann (DIE LINKE): Ich stimme der Be- chlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu em Antrag der Bundesregierung unter anderem deswe- en nicht zu, weil Krieg das falsche Mittel ist, um Hun- er und Elend von Millionen Afghaninnen und Afgha- en zu verhindern, sondern im Gegenteil diese weiter efördert. Das Überleben von über drei Millionen Men- chen hängt auch weiterhin von ausländischen Nah- ngsmittelhilfslieferungen ab. Die Getreideernte im and reicht nicht aus, die Bevölkerung zu ernähren. Es ird auf immer mehr landwirtschaftlichen Flächen ohnanbau betrieben, die somit für den Getreideanbau hlen. Ein Großteil der Bevölkerung hungert. Laut xfam sind in dem Land ein Drittel der Kinder unterer- ährt. Darüber hinaus ist nach zehn Jahren Krieg und Besat- ung in Afghanistan die soziale Situation der Bevölke- ng fatal: In Bezug auf die Gesundheitsversorgung liegt fghanistan beim Human Development Index weit ab- eschlagen an letzter Stelle. Seit 2005 konstatieren in re- räsentativen Umfragen die Afghaninnen und Afghanen ine kontinuierliche Degradierung ihrer sozialen Situa- on. 2007 hatten nur 5 Prozent der Afghanen „Zugang u gesundheitlich akzeptabler Sanitärversorgung“; 2011 egt diese Zahl bei ganzen 7,5 Prozent – Zahlen der 18668 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) Bundesregierung, 2011. Die durchschnittliche Lebens- erwartung stagniert seit Jahren bei 43 Jahren. Die Hälfte der Männer und über 90 Prozent der Frauen sind An- alphabeten. Kinder und Jugendliche besuchen durch- schnittlich 3,3 Jahre lang die Schule. Die afghanische Gesellschaft verfällt weiter: „Die Zahl der Drogensüchtigen in Afghanistan nimmt weiter zu, und mit ihr die Ausbreitung von HIV und anderer Krankheiten“, so die Bundesregierung in ihrem Fort- schrittsbericht. Der Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan trägt nach alledem nicht zu einer Verbesserung der Lage der afghanischen Bevölkerung bei und ist deshalb abzuleh- nen. Mechthild Rawert (SPD): Der Einsatz der Bundes- wehr in Afghanistan auf Grundlage der Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates dauert mittlerweile zehn Jahre an. Ich habe den Einsätzen der Bundeswehr in der Regel meine Zustimmung im Deutschen Bundestag gegeben. Bei der Entscheidung im Jahr 2011 waren allerdings meine Zweifel über die Ernsthaftigkeit der Beibehaltung des Strategiewechsels durch die Bundesregierung so groß, dass ich dem Antrag nicht zustimmen konnte. Doch im Unterschied zur Situation der Entscheidung über den Bundeswehreinsatz im letzten Jahr lässt sich im Januar 2012 konstatieren, dass der Abzug der Bundes- wehrtruppen bereits begonnen hat. Im Regierungsantrag ist der Truppenrückzug im Jahr 2012 von 5 350 Soldaten auf zunächst 4900 und im weiteren Jahresverlauf auf 4 400 festgelegt. Während Ende November noch 5 329 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan stationiert gewesen waren, betrug die Truppenstärke am 7. Dezember 2011 noch 4 991. Damit sind meine ernsthaften Zweifel, ob die Bundesregierung ihr Wort für eine Abzugsperspek- tive hält, vorerst ausgeräumt. Für problematisch halte ich, dass der Antrag der Bun- desregierung die Hintertür offen lässt, den Truppenab- zug aufzuweichen. Die Formulierung „soweit die Lage dies erlaubt und dadurch die eingesetzten Truppen oder die Nachhaltigkeit des Übergabeprozesses nicht gefähr- det werden“ lässt diese Interpretation zu. Insgesamt entspricht der vorliegende Mandatstext weitgehend der SPD-Position für einen Strategiewech- sel, der auf eine politische Lösung der Konflikte in Af- ghanistan setzt und als Voraussetzung einen Versöh- nungsprozess innerhalb des Landes auch mit den Taliban vorsieht. Der Transitionsprozess sieht vor, dass die Sicherheits- verantwortung Schritt für Schritt an Afghanistan überge- ben wird. Das erfordert eine verstärkte Ausbildung af- ghanischer Sicherheitskräfte. Seit Juli 2011 findet diese Transition in Gebieten mit eher ruhiger Lage statt. Mitt- lerweile sind 305 600 Soldaten und Polizisten in Afgha- nistan ausgebildet worden, und bis Oktober 2012 sollen es 352 000 sein. Der Härtetest für die Übertragung der Sicherheitsverantwortung steht erst noch bevor. h li e v e d is z ta s u S li V z s m U g d z z g J A n b d h g A te N d In W g ü u g re u S Z n s s g la fo s IS d (C (D Ich erwarte, dass ein tragfähiges Konzept zur nach- altigen Ausbildung, Ausstattung und vor allem bezüg- ch der Finanzierung der afghanischen Sicherheitskräfte ntwickelt wird, wie es im Antrag der Bundesregierung ersprochen wird. Denn ein Rückfall Afghanistans in ine erneute Bürgerkriegssituation, wie nach dem Abzug er sowjetischen Truppen, muss verhindert werden. Das t aus meiner Sicht eine Verantwortung, die sich aus den ehn Jahren des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanis- n ergibt. Die mehrdimensionalen Konflikte in Afghanistan und einen Anrainerstaaten lassen sich nur auf politischem nd nicht auf militärischem Wege lösen. Dem trägt der trategiewechsel insofern Rechnung, indem auch die Ta- ban als Verhandlungspartner akzeptiert und in einen ersöhnungsprozess eingebunden werden. Eine politische, nicht militärische Lösung bedeutet ugleich auch die Aufwertung ziviler Konfliktlösungen owie Aufbauhilfe im Rahmen der Entwicklungszusam- enarbeit. Insofern war die Aufstockung der jährlichen nterstützung für Wiederaufbau und Entwicklung in Af- hanistan auf bis zu 430 Millionen Euro notwendig. Um en Aufbau einer stabilen Wirtschaft und Gesellschaft u gewährleisten, müssen die Mittel für Entwicklungs- usammenarbeit über den von der Bundesregierung zu- esagten Zeitraum bis 2013 hinaus beibehalten werden. Die deutsche Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. ede Soldatin, jeder Soldat braucht insbesondere bei uslandseinsätzen politische, moralische und auch fi- anziell ausreichende Unterstützung zur Gewährung estmöglicher Sicherheit. Ich bin nach wie vor bereit, iese zu geben. Frieden ist aber mehr als die Abwesen- eit von Krieg. Eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bür- er ist nach wie vor für den Abzug der Bundeswehr aus fghanistan. Ich stimme dem Antrag zu, weil er eine fest rminierte Abzugsperspektive bietet. Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Vor knapp zehn Jahren hat Deutschland unter em Mandat der Vereinten Nationen, im Rahmen der ternational Security Assistance Force, ISAF, auf unsch der afghanischen Regierung und unter Beteili- ung zahlreicher Partner Verantwortung in Afghanistan bernommen. Trotz der erheblichen Schwierigkeiten nd Rückschläge, die man in Afghanistan in den vergan- enen zehn Jahren beobachten konnte, stehe ich zu unse- r Verantwortung gegenüber den afghanischen Frauen nd Männern, den zivilen Helferinnen und Helfern, den oldatinnen und Soldaten und den Vereinten Nationen. iel aller deutschen Beiträge muss die Stabilisierung ei- es afghanischen Staates sein, der nach gängigen rechts- taatlichen Normen operiert und die Menschenrechte einer Bürgerinnen und Bürger schützt, fördert und arantiert. Dabei muss sich die Unterstützung Deutsch- nds und der internationalen Gemeinschaft an der Kern- rderung der Vertreterinnen und Vertreter der afghani- chen Zivilgesellschaft orientieren. Parallel zum Stabilisierungseinsatz mit UN-Mandat, AF, wurde im Rahmen der „Operation Enduring Free- om“, OEF, der sogenannte Krieg gegen den Terror mit Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18669 (A) ) )(B) vielen zivilen Opfern betrieben. Diese Politik hat sich als Irrtum erwiesen. Die Dominanz des Militärischen wurde begleitet vom weitgehenden Fehlen einer am tatsächli- chen Bedarf orientierten zivilen und entwicklungspoliti- schen Aufbaustrategie und einer Unterordnung von zivi- len gegenüber militärischen Zielsetzungen. All dies bedarf einer fundierten, selbstkritischen Aufarbeitung, der sich die Bundesregierung bisher verweigert. Die Bundesregierung blockiert nicht nur eine solche Evaluie- rung, sondern sie legt Fortschrittsberichte vor, die nicht überzeugen. Die Behauptung, die offensive Aufstands- bekämpfung hätte die Aufständischen entscheidend und dauerhaft geschwächt, wird von vielen Expertinnen und Experten bezweifelt. Gleichzeitig schwindet das Ver- trauen in die ISAF-Truppen. Auch die Bundeswehr ist seit 2010 intensiver an solchen offensiven Operationen beteiligt. Die internationalen Kampftruppen sollen bis 2014 aus Afghanistan abgezogen werden. Das haben wir mit un- serem Entschließungsantrag (Drucksache 17/8466) im vollen Verantwortungsbewusstsein und ausführlich be- gründet. Nur so entsteht der notwendige politische Druck auf die afghanische Seite, eine politische Lösung entschieden anzugehen. Der begonnene Prozess der Übergabe in Verantwortung muss aber entschieden und mit konkreten Zwischenschritten weiter fortgeführt und auf die Dynamik der Situation in den jeweiligen Provin- zen sowie die zivile Aufbauarbeit angepasst werden. Hierfür ist allerdings ein klarer Zeitplan unerlässlich. Die Bundesregierung will mit dem vorliegenden Mandat real nur 200 Soldatinnen und Soldaten abziehen. Das ist viel zu wenig. Wenn ein Abzug 2014 erfolgen soll, dann müsste das Bundeswehrkontingent in 2012 und 2013 substanziell reduziert werden. Zudem beendet die Bun- deswehr auch nicht die offensive Aufstandsbekämpfung. Diese geht einher mit einer hohen Zahl an zivilen Op- fern, und sie blockiert die Versuche zu einer politischen Lösung. Da ich an den heutigen Sitzungen und Abstimmungen des Bundestages nicht teilnehmen kann, möchte ich mit dieser persönlichen Erklärung klarstellen, dass ich den vorliegenden Anträgen der Bundesregierung aus den oben genannten Gründen nicht zustimme. Ein überstürzter und ungeordneter Abzug der interna- tionalen Truppen, den manche bis Ende 2012 fordern, ist nicht verantwortbar. Das könnte das Land erneut in ei- nen Bürgerkrieg stürzen, die zivilen Helferinnen und Helfer gefährden und die in den letzten Jahren erzielten Erfolge infrage stellen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Den Antrag der Bundesregierung lehne ich ab. Ich bin dagegen, dass die Bundeswehr sich ein weiteres Jahr an diesem grausamen Krieg in Afghanistan betei- ligt. Das neue Mandat gilt formal nur für ein Jahr, enthält aber faktisch eine Verlängerung des Bundeswehreinsat- zes um mindestens drei Jahre. Bis Ende 2014 soll der Krieg so weitergeführt werden wie bisher, nur mit weni- ger Soldaten. Es werden Tausende weitere Menschen ge- tö u O ri h d F v v b w b z e H K d b s „ n u im w d V u v tö m M d u A s B ti u d J tr s ru k d w w A M s s s tu a g d fü m (C (D tet und noch viele mehr verwundet durch Anschläge nd Angriffe der Aufständischen und durch offensive perationen der Interventionsstreitkräfte. Das „Partne- ng“ der Bundeswehr wird fortgesetzt wie bisher. Das eißt, auch Spezialkommandos aus afghanischen und eutschen Streitkräften führen weiter unter deutscher ührung gezielte Operationen gegen tatsächliche oder ermeintliche Aufständische durch. Gezielte Tötungen on Taliban, die aufgrund oft dubioser und unüberprüf- arer Informationen auf Todeslisten gelistet wurden, erden unvermindert von Spezialeinheiten und mittels ewaffneter Drohnen fortgesetzt. Allein in drei Monaten u Beginn des letzten Jahres fanden über 1 400 solcher xtralegaler Hinrichtungen statt. Dabei wurden viele undert Menschen getötet, darunter auch viele an dem rieg Unbeteiligte und zu Unrecht Denunzierte. Wenn ie Bundesregierung auch behauptet, die Bundeswehr eteilige sich nicht an solchen Tötungen, dann konnte ie doch nicht ausschließen, dass Personen, die sie für capture or kilI“-Listen benennt, dann doch von Droh- en oder Spezialkommandos alliierter Streitkräfte gejagt nd getötet werden. Durch diese Kriegsführung wird mer neuer Hass und neue Gewalt geschürt. Es wird eiter vermehrt Sprengstoffanschläge und Angriffe auf ie Bundeswehr und die Verbündeten geben. Vor allem aber werden sämtliche Bemühungen um erhandlungen und Waffenstillstand erheblich erschwert nd gar unmöglich gemacht. Wenn man die, mit denen erhandelt werden soll, auf Todeslisten setzt, jagt und tet, werden ernsthafte Gespräche hintertrieben. Vier it Raketen bewaffnete Killerdrohnen werden in diesem onat neu in Masar-i-Scharif im Verantwortungsbereich er Bundeswehr stationiert. Es heißt, die Verlängerung des Krieges sei notwendig nd richtig, weil bis Ende 2014 so viel Sicherheit in fghanistan geschaffen werden könne, dass die afghani- chen Sicherheitskräfte ohne Hilfe die Bürgerinnen und ürger schützen und eine friedliche Entwicklung garan- eren können. Solche Hoffnungen und Erwartungen sind nbegründet. Die Entwicklung der Sicherheit im Land in en letzten fünf Jahren spricht eher dagegen. Jahr für ahr wurde die Sicherheitslage dramatisch schlechter otz des Einsatzes von immer mehr Soldaten und immer chwererer Waffen. Afghanistan war für die Bevölke- ng seit Beginn des Einsatzes internationaler Streit- räfte noch nie so unsicher wie heute. Alles spricht afür, dass die Lage sich in den nächsten Jahren eher eiter verschlechtert, als dass sie besser oder gar gut ird. Weiter Krieg zu führen, ist der falsche Weg. Es gibt lternativen. Auf meiner Afghanistan-Reise vor vier onaten habe ich erfahren, Verhandlungen und Waffen- tillstand mit den Aufständischen – auch den Taliban – ind möglich. Es gab schon Angebote für Waffenstill- tand in einzelnen Regionen, auch für den Verantwor- ngsbereich der Bundeswehr im Norden. Anstatt weiter uf Krieg zu setzen, muss jede Chance für Verhandlun- en genutzt werden. Solche Chancen werden aber durch as Weiter-so und die Verlängerung des Kriegsmandats r die Bundeswehr nicht genutzt, sondern zunichtege- acht. 18670 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) Sabine Stüber (DIE LINKE): Ich stimme gegen die Fortsetzung des Mandats, weil Krieg nicht Mittel der Politik sein darf. Deutsche Soldatinnen und Soldaten müssen sofort aus Afghanistan abgezogen werden. Der Bundeswehreinsatz schafft keinen Frieden und sorgt kei- neswegs für eine bessere Lebenssituation der Afghanin- nen und Afghanen. Ich stimme der Mandatsverlängerung nicht zu, weil laut UNAMA, United Nations Assistance Mission in Afghanistan, 87 Prozent der afghanischen Frauen schon einmal Opfer von Gewalt waren. Die Bundesregierung stellt Ende 2011 fest: „Eine strafrechtliche Verfolgung findet so gut wie nicht statt“ (aus dem Fortschrittsbericht der Bundesregierung zu Afghanistan). Des Weiteren hat- ten 2007 nur 5 Prozent der Afghaninnen und Afghanen „Zugang zu gesundheitlich akzeptabler Sanitärversor- gung“; 2011 liegt diese Zahl bei ganzen 7,5 Prozent – Zahlen der Bundesregierung, 2011. Ich stimme der Mandatsverlängerung nicht zu, weil auch nach zehn Jahren Krieg und Besatzung in Afgha- nistan die soziale Situation der afghanischen Bevölke- rung fatal ist: In Bezug auf die Gesundheitsversorgung liegt Afghanistan beim Human Development Index weit abgeschlagen an letzter Stelle. Seit 2005 zeigen re- präsentative Umfragen, dass die Afghaninnen und Afghanen einen kontinuierlichen Rückgang ihrer sozia- len Situation feststellen. Die durchschnittliche Lebens- erwartung stagniert seit Jahren bei 43 Jahren. Die Hälfte der Männer und über 90 Prozent der Frauen sind An- alphabeten. Kinder und Jugendliche besuchen durch- schnittlich nur 3,3 Jahre lang die Schule. Ich stimme der Mandatsverlängerung nicht zu, weil der Krieg in Afghanistan gescheitert ist und die Fortset- zung dieses Einsatzes mit deutscher Beteiligung keinen Sinn hat. Es müssen alle finanziellen Mittel in den zivi- len Aufbau des Landes fließen und die Bundeswehr un- verzüglich abgezogen werden. Nur dann ist eine Verbes- serung der Lage in Afghanistan möglich. Alexander Ulrich (DIE LINKE): Spätestens seit Kunduz wissen nicht nur wir, sondern auch die Kriegs- befürworter von CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen, dass die Bundeswehr nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems in Afghanistan ist. Dennoch äußerte ausgerechnet Verteidigungsminister de Maizière zuletzt am 23. Januar wiederholt seine Zweifel daran, dass bis 2014 tatsächlich alle Bundes- wehrsoldaten abgezogen werden. Auf die Frage, ob bis Ende 2014 tatsächlich mit dem kompletten Abzug von Soldaten aus Deutschland und den anderen Staaten zu rechnen ist, antwortete er: „Natürlich ist die Strategie immer abhängig von den obwaltenden Umständen. Wenn sich die Dinge grundlegend ändern, könnte eine neue Lage entstehen“. Faktisch sieht das neue Mandat für 2012 überhaupt keine wirkliche Reduzierung des Truppenkerns vor, die Zahl verringert sich lediglich um eine nicht genutzte Re- serve. Die Rede von dem vermeintlichen Abzug ver- sucht, vor allem die hiesige Bevölkerung zu täuschen, v A U z A p s im d ih k ru ra F s A in g A n d h H ta e h b h li 2 J A h ih v in 8 m h u d is g e s g W K d in (C (D on der die große Mehrheit einen wirklichen Abzug aus fghanistan befürwortet, wie Umfragen zeigen. Terrorismus lässt sich nicht mit Krieg bekämpfen. m Waffenruhe und einen anschließenden Friedenspro- ess zu erreichen, ist nicht die Aufstockung, sondern der bzug aller Truppen sowie eine zivile Aufbauhilfe eine olitische Notwendigkeit. Das Töten unschuldiger Men- chen muss beendet werden. Als einzige Antikriegspartei Deutschen Bundestag begrüßen wir die Entscheidung er niederländischen Sozialdemokraten. Diese haben re Forderung eines kompletten Abzugs der Truppen onsequent vertreten – bis zum Ausstieg aus der Regie- ng. Die SPD im Bundestag sollte sich ein Beispiel da- n nehmen. Kathrin Vogler (DIE LINKE): Ich stimme gegen die ortsetzung des Mandats, weil ich gerade auch als Ge- undheitspolitikerin den Einsatz der Bundeswehr in fghanistan für gescheitert halte. Ich habe an der Afghanistan-Konferenz im Dezember Bonn teilgenommen und dort die Berichte über die an- eblichen Erfolge auch im Gesundheitsbereich gehört. uch hier im Parlament hat uns Minister Westerwelle och am 15. Dezember 2011 erklärt: Über 80 Prozent er afghanischen Bevölkerung habe Zugang zu Gesund- eitsleistungen. Ganz anderes hingegen berichtet uns etwa die ilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, die in Afghanis- n tätig ist. In den dortigen Behandlungsstationen gibt s regelmäßig Schwerverletzte, die mehrere Tagesreisen inter sich haben, um behandelt werden zu können. Ins- esondere Frauen haben kaum Zugang zum Gesund- eitswesen; die Quote der Mütter- und Säuglingssterb- chkeit ist nach UN-Angaben heute nicht geringer als 001. Die ehemalige afghanische Parlamentarierin Malalai oya hat mir berichtet, dass die verbreitete Korruption in fghanistan auch vor dem Gesundheitssystem nicht altmacht. So verlangen viele Ärztinnen und Ärzte von ren Patientinnen und Patienten 80 bis 120 Dollar, be- or sie überhaupt mit ihnen sprechen. Das können sich einem der ärmsten Länder der Welt ganz sicher nicht 0 Prozent der Menschen leisten. Die Ärzte ohne Grenzen berichten ebenfalls, dass die ilitärische Intervention für ihre Arbeit überhaupt nicht ilfreich ist. Im Gegenteil fühlen sich ihre Mitarbeiter nd Mitarbeiterinnen, wie die vieler anderer NGOs auch, ort am sichersten, wo das Militär am weitesten entfernt t. Die unwürdigen Zustände in der Gesundheitsversor- ung sprechen allen Erfolgsberichten des Bundeswehr- insatzes Hohn. Gerade auch als Gesundheitspolitikerin age ich: Die Beendigung des Krieges wird eine bedarfs- erechte Gesundheitsversorgung erst möglich machen. enn nur ein Bruchteil des Geldes, das bisher für den rieg verpulvert wird, in die medizinische Versorgung er Bevölkerung fließen würde, würde es den Menschen Afghanistan besser gehen. Deshalb kann ich einer er- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18671 (A) ) )(B) neuten Verlängerung dieser falschen Politik nicht zu- stimmen. Johanna Voß (DIE LINKE): Ich stimme gegen die Fortsetzung des Mandats, weil sich bis heute an der Situation am Hindukusch nichts verändert hat. Die Region ist Opiumlieferant Nummer eins, der Bildungs- stand weiterhin katastrophal. Das Volk wendet sich sei- nen jeweiligen Stammesfürsten zu und die wiederum paktieren mit den Taliban. Der Einsatz ist gescheitert. Untermauert wird dies bedauerlicherweise durch die steigende Anzahl toter deutscher Soldaten. Der einzig richtige Befehl kann daher nur sein: Kehrt Marsch! Sol- daten sind keine Mörder, und das muss so bleiben! Die Bundesregierung selbst räumt in ihrem letzten Fortschrittsbericht zu Afghanistan ein: „Die Zahl der zivilen Opfer hat 2011 zugenommen.“ Dort heißt es weiter: Die Gesamtzahl der „Zwischen- fälle“ liegt immer noch weit über dem Wert von 2009, wo 16 500 dieser Vorfälle gezählt wurden. Zwischen Oktober 2010 und Oktober 2011 unterscheiden sich die Zahlen minimal: statt 3 200 nun 2 900 „Zwischenfälle“. Das heißt, dass im Oktober 2011 Tag für Tag nach of- fiziellen Angaben 100 Angriffe mit Hand- und Panzer- abwehrwaffen, Beschuss durch Mörser und Raketen, Beschuss von Flugzeugen, Einsatz von Sprengvorrich- tungen, Selbstmordanschläge und sonstige Überfälle auf die ISAF und ihre afghanischen Verbündeten stattfinden. Die Zahl gibt keine Auskunft darüber, wie viele Angriffe und Bombardements die NATO gestartet hat, wie viele Razzien die KSK durchgeführt haben. Auf der Suche nach Aufständischen terrorisiert die NATO jede Nacht afghanische Familien. 2011 wurden im Schnitt 19 Kommandoaktionen pro Tag durchgeführt, Soldaten treten Haustüren ein und überfallen Afghanen im Schlaf. Routinemäßig mordet die NATO Unschul- dige. Allein im letzten Sommer wurden im NATO-Krieg laut UN-Angaben über 3 000 Zivilisten getötet. Es sind die Armut, das Unrecht und der NATO-Ter- ror, der den Aufständischen wie in früheren Kolonial- kriegen immer neue Rekruten zuführt. Allein im vergan- genen Jahr sind 20 000 der insgesamt 126 000 afghanischen Polizisten desertiert – auch weil der Sold eines einfachen Polizisten unter dem Existenzminimum liegt. Der Versuch der NATO, das Karsai-Regime durch Bomben und Razzien zu stabilisieren, ist gescheitert. Der Afghanistan-Krieg ist ein sinnloser Krieg. Die angebotene Strategie, den Krieg durch schrittweise Übertragung der Verantwortlichkeiten zu „afghanisie- ren“, erscheint bei näherer Betrachtung aussichtslos. Im US-Haushalt sind für das kommende Jahr 12,8 Milliar- den US-Dollar für die Ausbildung und Ausrüstung loka- ler afghanischer „Sicherheitskräfte“ eingeplant. Zum Vergleich: Der gesamte Staatshaushalt Afghanistans beträgt lediglich 1,5 Milliarden US-Dollar. Mit militärischen Mitteln war und ist in Afghanistan nichts zu erreichen. Und deshalb stimme ich der Fortset- zung des Mandats nicht zu. A d g s s e ru s g e s s s F te u n N m w m a s w g n ru S A w K 4 k g b d e (C (D nlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Tobias Lindner und Tabea Rößner (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht zu dem Antrag: Fortsetzung der Beteiligung bewaffne- ter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungs- truppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Re- solution 2011 (2011) vom 12. Oktober 2011 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Tages- ordnungspunkt 7) Über zehn Jahre nach dem 11. September 2001 und en damit verbundenen Einsätzen in Afghanistan ist es eboten, das militärische Engagement in Afghanistan ukzessive und verantwortungsvoll zu reduzieren und chließlich in absehbarer Zeit zu beenden. Deutschland hat durch seinen Einsatz in Afghanistan ine Schutzverantwortung für die afghanische Bevölke- ng übernommen. Dieser Verantwortung müssen wir owohl mit unserem zivilen als auch militärischen Enga- ement gerecht werden. Ein sofortiger Abzug bringt das norme Risiko mit sich, dass das Land in einem noch chlimmeren und blutigeren Bürgerkrieg versinkt. Ein ofortiger Abzug gefährdet nicht nur bereits Erreichtes, ondern auch die Zukunft der afghanischen Kinder, rauen und Männer in existenzieller Art und Weise. Das Engagement in Afghanistan wurde durch die in- rnationale Gemeinschaft beschlossen. Ein notwendiger nd verantwortungsvoller Abzug erfordert ein koordi- iertes Vorgehen, abgestimmt mit den davon betroffenen ationen. Ein nicht abgesprochener, unilateraler Abzug üsste durch andere Beteiligte kompensiert werden und ürde deren Belastung entsprechend stark erhöhen. Der Abzug aus Afghanistan kann nicht von heute auf orgen geschehen. Die beteiligten Nationen haben sich uf das Jahr 2014 als Abzugsdatum geeinigt. Bis dahin ollen die afghanischen Sicherheitskräfte dazu befähigt erden, selbst für die Sicherheit in Afghanistan zu sor- en. Wir möchten, dass auch Deutschland weiterhin ei- en Beitrag zu dieser notwendigen Ausbildung leistet. Wir begrüßen grundsätzlich, dass die Bundesregie- ng die Mandatsobergrenze auf 4 900 Soldatinnen und oldaten absenkt, auch wenn die Reduktion in unseren ugen größer hätte ausfallen können. Skeptisch stehen ir jedoch der bloßen Ankündigung gegenüber, dass das ontingent bis zum Ende des Mandatszeitraumes auf 400 Soldatinnen und Soldaten verkleinert werde, ohne lare Kriterien oder einen konkreten Zeitplan vorzule- en. Diese Aussage ist in unseren Augen viel zu unver- indlich. Im Allgemeinen gilt dies auch für den Abzug eutscher Truppen bis 2014: Die Bundesregierung bleibt in konkretes Abzugskonzept schuldig. 18672 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) Es gibt zahlreiche Aspekte, die uns an einem fortdau- ernden militärischen Engagement zweifeln lassen. Der Militäreinsatz dominiert die Debatte über Afgha- nistan. Nur das zivile Engagement kann jedoch der afghanischen Bevölkerung eine wahrhaft nachhaltige Perspektive bieten. Nur zivile Aufbauhilfe kann zum Aufbau von Verwaltungsstrukturen, eines Justiz-, Bil- dungs- oder auch Gesundheitssystems beitragen. Nur durch die zivilen Anstrengungen kann sich eine nachhal- tige Wirtschaftsperspektive entwickeln. Die zivile Auf- baustrategie darf militärischen Zielsetzungen nicht un- tergeordnet werden. Die Bundesregierung verweigert eine selbstkritische Aufarbeitung dieses Problems. Trotz des Militäreinsatzes ist die Sicherheitslage be- sorgniserregend. UNAMA meldet einen Anstieg der zi- vilen Opfer im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent. Auch wenn die Verantwortung dafür überwiegend Auf- ständischen anzulasten ist, zeigt dies doch, dass ein so massives Militäraufgebot nicht dazu in der Lage ist, das Land zu befrieden. Ganz im Gegenteil führen kontraproduktive Night Raids oder Capture-or-kill-Operationen nur zu weiteren Opfern und zur Verunsicherung seitens der Bevölkerung. Sie führen zu weiterer Radikalisierung und treiben somit die Gewaltspirale weiter an. Obwohl es Argumente für den weiteren Verbleib der Bundeswehr in Afghanistan gibt, sehen wir ebenso ge- wichtige Entwicklungen, die uns an der Wirksamkeit des militärischen Engagements entscheidend zweifeln las- sen. Wir haben uns dazu entschieden, uns bei der Abstim- mung über die Fortsetzung des ISAF-Mandates der Bun- deswehr zu enthalten. Ein einfaches „Weiter so“ können wir ebenso wenig vertreten wie einen sofortigen Abzug. Dies ist eine Gewissensentscheidung. Der Entschließungsantrag unserer Fraktion findet un- sere Unterstützung und legt unsere Position im Hinblick auf den Afghanistan-Einsatz näher dar. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ute Koczy und Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (beide BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht zu dem Antrag: Fortsetzung der Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungs- truppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Re- solution 2011 (2011) vom 12. Oktober 2011 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Tages- ordnungspunkt 7) Erneut stimmen wir über das Mandat zur Entsendung von deutschen Soldatinnen und Soldaten nach Afghanis- ta P h s W u b g m s g n d A n w g w c d in s w b „ s fo e c S s Im fü s re Z s g h IS w o b u b A B G e b s is n (C (D n ab. Die komplexe Situation in diesem Land und die robleme bei der Einschätzung der Lage geben weiter- in Anlass zu vielen Fragen und erschweren die Ent- cheidung enorm. Wir schicken voraus, dass unser Dank und unsere ertschätzung denjenigen gelten, die als Soldatinnen nd Soldaten, als zivile Helferinnen und Helfer in Ver- indung mit ihren Familienangehörigen Aufgaben in Af- hanistan erfüllen. Dieses Mandat in Afghanistan fordert itunter den höchsten Einsatz, und das darf nie verges- en werden. Auch angesichts dieser Verantwortung rin- en wir um die richtige Entscheidung. In der Abwägung unserer Argumente sind wir zu ei- er Ablehnung des Mandats gekommen und möchten iese mit der vorliegenden Erklärung begründen. Unsere blehnung ist auf keinen Fall mit der Forderung nach ei- em Sofortabzug gleichzusetzen. Einen Sofortabzug eisen wir deutlich zurück, da dies die Situation in Af- hanistan in unverantwortbarer Weise destabilisieren ürde. Dieses Mandat für 2012 wird unter anderen Vorzei- hen als die bisherigen beschlossen. Denn erstmals soll as deutsche militärische Engagement – wenn auch nur geringem Maße – zurückgeführt werden. Die Zeichen tehen auf Abzug bis 2014, und bis dahin soll das Not- endige geleistet werden, um einen geordneten Überga- eprozess an die afghanische Regierung zu ermöglichen. Aber weiterhin folgt dieses Mandat nicht dem Primat Zivil vor Militär“. Die Strategie der offensiven Auf- tandsbekämpfung und der gezielten Tötungen wird rtgesetzt. Dies halten wir für falsch, weil es zur Gewalt- skalation beiträgt und kontraproduktiv für die Errei- hung des Ziels einer Stabilisierung von Afghanistan ist. o ist die Sicherheitslage in Afghanistan weiterhin be- orgniserregend und eine Trendwende nicht absehbar. Gegenteil, die Sicherheitslage hat sich insbesondere r die Bevölkerung in großen Teilen des Landes ver- chlechtert. Daher überzeugt die Bewertung der Bundes- gierung im aktuellen Fortschrittsbericht nicht. Die ahl der zivilen Opfer hat sich laut der Beobachtermis- ion der Vereinten Nationen in Afghanistan 2011 im Ver- leich zum Vorjahr noch einmal um fast 15 Prozent er- öht. Auch deshalb schwindet das Vertrauen in die AF-Truppen. Die Dominanz des Militärischen wird begleitet vom eitgehenden Fehlen einer am tatsächlichen Bedarf rientierten zivilen und entwicklungspolitischen Auf- austrategie, die in Abstimmung mit den afghanischen nd internationalen Partnerinnen und Partnern ausgear- eitet werden müsste. Einer fundierten, selbstkritischen ufarbeitung des bisher Geleisteten verweigert sich die undesregierung bis heute, sodass eine systematische rundlage für die Beurteilung von Erfolgen und Miss- rfolgen insbesondere im entwicklungspolitischen Auf- auprozess fehlt. Uns ist bewusst, dass Afghanistan noch lange auf olch eine Unterstützung angewiesen ist. Gerade deshalb t eine fundierte Diskussion der bestmöglichen Maß- ahmen unerlässlich und dringend geboten, genauso wie Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18673 (A) ) )(B) die Bereitschaft der Bundesregierung, sich dem öffentli- chen Diskurs über die Situation in Afghanistan zu stel- len. Diese vermissen wir. So wichtig die Ausrichtung und die konstruktive Begleitung der internationalen Konferenzen zu Afghanistan sind, so gilt: Wenn diese Debatten nicht in die deutsche Öffentlichkeit getragen werden, wird der Abkehr an Interesse und Bereitschaft, sich für dieses faszinierende Land einzusetzen, Vorschub geleistet. Wir kritisieren das Fehlen einer Agenda für den ent- wicklungspolitischen Aufbau bis 2014 und danach sowie das Fehlen eines Stufenplans, wie der militärische Ab- zug funktionieren kann, ohne dass in Afghanistan ein er- neuter Bürgerkrieg ausbricht. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Tom Koenigs, Omid Nouripour, Manuel Sarrazin und Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht zu dem Antrag: Fortsetzung der Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungs- truppe in Afghanistan (International Security Assistance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Re- solution 2011 (2011) vom 12. Oktober 2011 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Tages- ordnungspunkt 7) Nur eine politische Lösung kann verhindern, dass Af- ghanistan nach dem Abzug der internationalen Truppen in einen neuen, blutigen Bürgerkrieg fällt. Die Bundesre- gierung und die internationale Gemeinschaft müssen da- her ihre Anstrengungen erhöhen, um den Verhandlungs- und Reintegrationsprozess in Afghanistan zu unterstüt- zen und eine Friedenslösung unter Einbeziehung der be- teiligten Nachbarstaaten zu erzielen. Deutschland sollte seinen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nut- zen, um eine Initiative auf den Weg zu bringen, die alle afghanischen und internationalen Akteure unter dem Dach der Vereinten Nationen an den Verhandlungstisch bringt. Gleichzeitig muss sich Deutschland dafür einset- zen, dass die erreichten Fortschritte insbesondere bei Menschenrechten sowie für Frauen und Mädchen im Rahmen der Verhandlungen nicht ausgehöhlt werden. Der zivile Aufbau in Afghanistan erfordert ein lang- fristiges Engagement der internationalen Gemeinschaft und verlässliche Zusagen für Hilfen und Unterstützungs- leistungen auch über das Jahr 2014 hinaus. Die Bundes- regierung belässt es bislang bei vagen Zusagen und unkonkreten Versprechen. Um der Verantwortung Deutschlands für die Menschen in Afghanistan gerecht zu werden, muss die Bundesregierung bindende Ver- pflichtungen aussprechen. Hierzu gehört, schon heute eine Verstetigung der zivilen Zusammenarbeit in Höhe von mindestens 430 Millionen Euro auch über 2014 hi- n n s L v w B g s s ti w re d 3 d s s w s ü E A s g d s m E s li n z ra in w s A (C (D aus zuzusagen. Dies ist auch erforderlich, da in Afgha- istan die Befürchtung zunimmt, dass mit dem militäri- chen Abzug auch die Aufbauhelferinnen und -helfer das and verlassen werden. Ein solches Vorgehen wäre un- erantwortlich. Im militärischen Engagement setzen Partnernationen eiter auf kontraproduktive „gezielte Tötungen“. Die undesregierung muss sich im Rahmen von ISAF und egenüber den Partnern dafür einsetzen, dass dieses fal- che Vorgehen beendet wird. Sie muss außerdem sicher- tellen, dass sich die Bundeswehr nicht an solchen Ak- onen beteiligt. Trotz unserer Kritik an der unzureichenden und teil- eise fehlgeleiteten Afghanistan-Strategie der Bundes- gierung stimmen wir dem Mandat zur Verlängerung es Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr bis zum 1. Januar 2013 zu. Dies ist eine Gewissensentschei- ung. Mit dem Engagement der internationalen Gemein- chaft haben wir eine Schutzverantwortung für die Men- chen in Afghanistan übernommen. Wir fühlen uns eiterhin verpflichtet, sie nicht alleine zu lassen. Zu- timmung bedeutet auch, dass wir Mitverantwortung bernehmen für den schwierigen, oft lebensgefährlichen insatz der Soldatinnen und Soldaten und der zivilen ufbauhelferinnen und Aufbauhelfer. Ein sofortiger militärischer Abzug würde die Men- chen in Afghanistan in einem neu eskalierenden Bür- erkrieg alleine zurücklassen und die gesamte Region estabilisieren. Die Polizei und die Armee Afghanistans ind noch nicht in der Lage, verlässlich für ein Mindest- aß an Sicherheit im Land zu sorgen. Expertinnen und xperten sowie Vertreterinnen und Vertreter der Zivilge- ellschaft aus Afghanistan machen immer wieder deut- ch, dass deswegen eine militärische Präsenz internatio- aler Truppen notwendig ist. Ein einseitiger Abzug der Bundeswehr wäre gleich- eitig der Ausstieg aus einer verantwortlichen multilate- len Politik. Das weitere Vorgehen in Afghanistan muss nerhalb der internationalen Gemeinschaft abgestimmt erden. Es darf keinen deutschen Sonderweg beim Ab- chluss des militärischen Engagements geben. nlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Agnes Brugger, Katja Dörner, Dr. Anton Hofreiter, Uwe Kekeritz, Sven-Christian Kindler, Sylvia Kotting-Uhl, Maria Klein-Schmeink, Agnes Krumwiede, Monika Lazar, Beate Müller-Gemmeke, Lisa Paus, Ulrich Schneider und Dorothea Steiner (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur nament- lichen Abstimmung über die Beschlussempfeh- lung und den Bericht zu dem Antrag: Fortset- zung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanis- tan (International Security Assistance Force, 18674 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Re- solutionen, zuletzt Resolution 2011 (2011) vom 12. Oktober 2011 des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen (Tagesordnungspunkt 7) Die Entscheidung über Auslandseinsätze der Bundes- wehr gehört zu den schwierigsten Entscheidungen, die Abgeordnete des Deutschen Bundestages zu treffen ha- ben, und fordert wie kaum eine andere das Gewissen und Herz der Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Dem Engagement der in Afghanistan eingesetzten zivilen Helferinnen und Helfer, Soldatinnen und Soldaten sowie ihren Familienangehörigen gilt unser großer Dank und unsere Wertschätzung. Das vorliegende Mandat setzt die Strategie der offen- siven Aufstandsbekämpfung und gezielten Tötungen fort. Wir stimmen gegen einen solchen Militäreinsatz, der zur Gewalteskalation beiträgt und kontraproduktiv für die Erreichung des Ziels einer Stabilisierung Afgha- nistans ist. Unsere Ablehnung des Mandats ist nicht gleichzusetzen mit der Forderung nach einem Sofortab- zug, die wir ausdrücklich zurückweisen, da dies die Si- tuation in Afghanistan destabilisieren würde. Vor einem Jahrzehnt begannen die Operation Endu- ring Freedom, OEF, und der ISAF-Einsatz in Afghanis- tan, an dem sich die Bundeswehr beteiligt. Sicherheit und Stabilität sind jedoch in Afghanistan nicht einge- kehrt. Im Gegenteil, die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert. Auch das vergangene Jahr war geprägt von gewaltsa- men Auseinandersetzungen zwischen ISAF-Truppen und afghanischen Sicherheitskräften auf der einen Seite und Taliban und anderen Aufständischen auf der ande- ren. Zwar ist die Bedrohungslage im Süden am höchsten, jedoch auch im deutschen Einsatzgebiet im Norden Af- ghanistans hat sie sich weiter deutlich verschlechtert. Brutale Anschläge auf die Zivilbevölkerung gehören zum Alltag in Afghanistan. Dem letzten Bericht der Be- obachtermission der Vereinten Nationen in Afghanistan, UNAMA, zufolge hat sich die Zahl der zivilen Opfer 2011 in Afghanistan insgesamt nochmals um 15 Prozent erhöht. Für die meisten zivilen Opfer sind die Anschläge der Aufständischen verantwortlich. Doch auch die An- zahl der zivilen Opfer von ISAF-Luftschlägen hat sich erhöht. Die Strategie der offensiven Aufstandsbekämpfung und der gezielten Tötungen hat in den vergangenen bei- den Jahren die Sicherheit der afghanischen Zivilbevölke- rung nicht erhöht, sondern zur Eskalation der Gewalt bei- getragen. Die Ausweitung der gezielten Tötungen von vermeintlichen Talibankämpfern zerstört in der afghani- schen Bevölkerung den Rückhalt für den Einsatz und fördert die Radikalisierung und den Zulauf bei den Auf- ständischen. Da die Drohnenangriffe in Pakistan zahlrei- che Opfer unter der pakistanischen Bevölkerung fordern, stößt der Einsatz auch in Pakistan zunehmend auf Ableh- nung. Die notwendige Einbindung Pakistans in eine Lö- sung des Konfliktes wird vor diesem Hintergrund immer schwieriger. Die Bundeswehr beteiligt sich vor allem im Rahmen von gemeinsamen Ausbildungsoperationen mit afghanischen Sicherheitskräften, dem sogenannten Part- n B s C W v d e tu K d G d G k b b z w Ü a d s h G p li w H n te R K s n g A g p h ri re re h w te D e d fe g K U v U z s s z (C (D ering, an der offensiven Aufstandsbekämpfung. Die efürchtungen, dass die Strategie der offensiven Auf- tandsbekämpfung und der gezielten Tötungen die hancen auf Frieden schmälert, haben sich auf tragische eise bewahrheitet. Wir fordern die Einstellung offensi- er militärischer Kampfhandlungen und die Beendigung es Partnering. Deutschland muss sich außerdem dafür insetzen, dass die völkerrechtswidrigen gezielten Tö- ngen aufhören. Sie stehen einer zivilen Lösung des onfliktes durch Verhandlungen entgegen. Wir lehnen iese Schwerpunktlegung auf den Einsatz militärischer ewalt, die zahlreiche Menschenleben kostet, ab. Die erzeitige Kriegsführung in Afghanistan ist mit dem rundsatz des größtmöglichen Schutzes der Zivilbevöl- erung nicht vereinbar. Für einen nachhaltigen Frieden in Afghanistan ist ein reiter Versöhnungsprozess nötig, der alle Akteure, ins- esondere die afghanische Zivilgesellschaft, miteinbe- ieht. Menschenrechtsverletzungen – ungeachtet von elcher Seite – müssen mit geeigneten Instrumenten der bergangsjustiz, Transitional Justice, aufgedeckt und ufgearbeitet werden. Nur so gibt es eine Chance, dass er Versöhnungsprozess in der nach wie vor traumati- ierten und zerrissenen afghanischen Gesellschaft Erfolg at. Dies ist eine große Herausforderung, da Frieden und erechtigkeit im von Gewaltherrschaft und Krieg ge- rägten Afghanistan nur schwer miteinander verwirk- cht werden können. Es müssen Kompromisse gemacht erden, die in demokratischer und menschrechtlicher insicht problematisch sind. Eine dauerhafte Versöh- ung, die von der Gesamtgesellschaft Afghanistans un- rstützt wird, ist jedoch mit der aktuellen afghanischen egierung äußerst schwierig. Denn das Regime von arzai und das politische System insgesamt befinden ich wegen Wahlbetrugs und massiver Korruption in ei- er tiefen Legitimitätskrise. All diese Herausforderun- en werden von dem vorliegenden Mandat und der fghanistan-Politik der Bundesregierung nicht angegan- en. Wir halten den Abzug der internationalen Kampftrup- en bis 2014 für richtig. Das vorliegende Mandat lässt ierfür jedoch einen klaren Zeitplan vermissen. Die da- n vorgesehene Absenkung der Mandatsobergrenze icht nicht aus, um den Abzug schrittweise durchzufüh- n. Rechnet man die Streichung der flexiblen Reserve eraus, die de facto bisher ohnehin kaum eingesetzt urde, werden deutlich weniger Soldatinnen und Solda- n abgezogen, als von der Bundesregierung suggeriert. ie Übergabe der Provincial Reconstruction Teams an ine zivile Leitung verläuft mit großen Schwierigkeiten, a ein tragfähiges Konzept zur Stärkung der zivilen Seite hlt und nicht genügend ziviles Personal zur Verfügung estellt wird. Wir fordern einen konsequenten Abzug der ampftruppen aus Afghanistan und eine konsequente mwandlung in einen zivilen Einsatz. Trotz einiger Erfolge beim zivilen Aufbau ist das Zi- ile dem Militärischen noch immer untergeordnet. Die N-Mission UNAMA in Afghanistan ist im Vergleich ur NATO-Mission völlig unterfinanziert. Bei der Unter- tützung des Aufbaus eines funktionierenden afghani- chen Sicherheitsapparats kommt der Polizeiaufbau viel u kurz. Aber auch die verschlechterte Sicherheitslage, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18675 (A) ) )(B) die politische Instabilität des Karzai-Regimes und gras- sierende Korruption hemmen die Wirkung der Entwick- lungszusammenarbeit und des zivilen Aufbaus in Afgha- nistan. Mit großer Sorge erfüllt uns die Frage, wie gesichert werden kann, dass in der Zeit nach dem Abzug 2014 das internationale Engagement für den Aufbau in Afghanistan fortgesetzt werden kann. Die Finanzierung sollte zumindest auf dem bisher erreichten Niveau ge- währleistet bleiben. Die afghanische Bevölkerung muss dabei im Mittelpunkt der Zusammenarbeit stehen. Auch die Koordination des zivilen Aufbaus muss dringend verbessert werden. Es bedarf eines Gesamtkonzepts und einer sinnvollen Schwerpunktlegung für die Wirtschafts- entwicklung Afghanistans. Dabei müssen wir uns an die Bedürfnisse der afghanischen Bevölkerung und die Ge- gebenheiten vor Ort anpassen. Der für die afghanische Wirtschaft zentrale landwirtschaftliche Sektor muss be- sonders berücksichtigt werden. Auch die Modernisie- rung des afghanischen Bildungssystems und der Ausbau von Hoch- und Berufsschulen sollten künftig stärker im Vordergrund stehen. Der Erfolg der Entwicklungszusammenarbeit in Af- ghanistan setzt ebenso wie der Aufbau des Sicherheits- sektors funktionierende Regierungs- und Verwaltungs- strukturen voraus. Es gibt jedoch im vorliegenden Mandat keine Auskunft über den zur Verbesserung bzw. Schaffung solcher Strukturen benötigten deutschen Bei- trag. Statt diese Mängel zu beheben, wird sogar völlig auf eine nähere Beschreibung des zivilen Engagements Deutschlands in Afghanistan verzichtet. Unser Votum richtet sich nicht gegen die in Afghanis- tan eingesetzten Soldatinnen und Soldaten, sondern gegen die falsche Afghanistan-Politik der Bundesregierung. Als Mitglieder des Bundestages fühlen wir uns dazu ver- pflichtet, ein Mandat, das auf Eskalation statt Stabilisie- rung setzt und somit das Leben der Zivilbevölkerung und deutschen Einsatzkräfte gefährdet, abzulehnen. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Angelika Graf (Rosenheim), Uwe Beckmeyer, Lothar Binding (Heidelberg), Martin Burkert, Elvira Drobinski-Weiß, Petra Ernstberger, Dr. Barbara Hendricks, Gustav Herzog, Christel Humme, Dr. Bärbel Kofler, Dr. Matthias Miersch, Aydan Özoğuz, Swen Schulz (Spandau) und Stefan Schwartze (alle SPD) zur namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung und den Bericht zu dem Antrag: Fortsetzung der Beteiligung bewaffne- ter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan (International Security Assis- tance Force, ISAF) unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution 2011 (2011) vom 12. Oktober 2011 des Sicher- heitsrates der Vereinten Nationen (Tagesord- nungspunkt 7) g w g g d T d v J s p v a ta u n n T R e v F e v m d h D o d g te s S in u g ri v E n E a d fü tr s e ri d F n w A (C (D Ich stimme dem Antrag der Bundesregierung aus fol- enden zwei Gründen zu: In ihrem Antrag auf Fortsetzung der Beteiligung be- affneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz in Af- hanistan hat die Bundesregierung zahlreiche Forderun- en der SPD übernommen. Das Mandat leitet den von er SPD seit langem geforderten Abzug der deutschen ruppen in Afghanistan ein. Die Reduzierung des Bun- eswehrkontingents auf 4 900 und schließlich – als Ziel- orgabe in der Begründung des Antrags – im Verlauf des ahres 2012 auf 4 400 Soldatinnen und Soldaten ent- pricht einer der Kernforderungen der SPD, unsere Trup- enstärke kontinuierlich zu reduzieren mit dem Ziel der ollständigen Verantwortungsübergabe in die Hände der fghanischen Sicherheitskräfte bis 2014. Einige NGOs, die sich seit vielen Jahren in Afghanis- n engagieren und daher die Lage der Zivilgesellschaft nd im Besonderen die der Frauen und Mädchen ken- en, haben in einem Gespräch mit Abgeordneten vor ei- iger Zeit einen stufenweisen, geordneten Abzug der ruppen empfohlen. Sie befürchten bei einem sofortigen ückzug – dieser Einschätzung schließe ich mich an – ine Erhöhung der Gewalt, die besonders diejenigen Be- ölkerungsgruppen trifft, die am anfälligsten sind: rauen, Kinder und Minderheiten. Zudem sähen sie bei inem sofortigen Abzug keine Möglichkeit, sich auf die eränderte Lage einzurichten. Ich habe allerdings folgende Bedenken: Der Antrag beschreibt die zivil-militärische Zusam- enarbeit als einen wichtigen Teil des Engagements der eutschen Seite. Viele NGOs wollen – auch aus Sicher- eitsgründen – nicht mit der Bundeswehr kooperieren. urch das vom Entwicklungsministerium verfügte Ko- perationsgebot für in Afghanistan tätige NGOs, die urch deutsche Finanzmittel unterstützt werden wollen, eht den Afghanen schon seit zwei Jahren wichtige Un- rstützung verloren. Gleichzeitig wird auf die im „Fort- chrittsbericht Afghanistan“ vom Dezember 2011 auf eite 5 erwähnte Umstellung bei den PRTs, zum Beispiel Faizabad ab Dezember 2011, auf eine zivile Leitung nd die daraus erwachsenden Konsequenzen nicht ein- egangen. Zudem geht der Antrag im Begründungsteil nur sehr ge- ngfügig auf die sich aus meiner Sicht seit 2007 deutlich erschlechternde Sicherheits- und Menschenrechtslage ein. s fehlen Hinweise auf die notwendigen Bedingungen ei- es zivilen Wiederaufbaus und eines verstärkten zivilen ngagements in den kommenden Jahren. Er beschreibt lso keinen wirklichen und richtungsweisenden Wechsel er Strategie in Afghanistan und legt auch kein Konzept r das politische Handeln nach 2013/2014 vor. Der An- ag lässt offen, wie die Strategie im nächsten Jahr ge- taltet sein wird. Die bisherige militärische Strategie, ine offensive Aufstandsbekämpfung sowie das Partne- ng erachte ich nicht für die richtige Vorgehensweise für ie verbleibenden zwei Jahre. Dies betrifft auch den in achkreisen diskutierten eventuellen weiteren Verbleib ach 2014 von Truppen und Truppenteilen der Bundes- ehr in Afghanistan, die zum Beispiel im Bereich der usbildung und Beratung der ANA eingesetzt werden 18676 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) sollen. Obwohl der Antrag den Abzug der Truppen bis 2014 festschreibt, stellt Verteidigungsminister de Maizière in den letzten Tagen diesen Abzugstermin in- frage. Der Antrag fokussiert vor allem die aktuelle militäri- sche Truppenreduzierung, wobei die Stärkung der Zivil- gesellschaft, also der entwicklungspolitische und men- schenrechtliche Aufbau, essenziell für die kommenden Jahre sein wird. Besonders der Ausbau und die Festi- gung der Frauenrechte und des Gesundheitsbereichs so- wie die Rechtsstaatlichkeit bleiben völlig unerwähnt. Neben der Sicherheit für unsere Soldatinnen und Solda- ten muss die afghanische Bevölkerung im Mittelpunkt des deutschen Engagements stehen. Hinsichtlich der Unterstützung der afghanischen Si- cherheitskräfte vermisse ich im Antrag, die Bindung der afghanischen Polizei an das Recht im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit zu fokussieren. Auch fehlt mir ein Hinweis auf die Wichtigkeit der Qualität der Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte. Der Antrag lässt außerdem offen, ob am Ende des Einsatzes eine wissenschaftliche Evaluierung der Fort- schritte und Entwicklungen durchgeführt wird. Dies wäre dringend erforderlich, um die begangenen Fehler in der Zukunft zu vermeiden. Der Antrag verliert kein Wort über die Situation der- jenigen Afghaninnen und Afghanen, die mit der Bundes- wehr oder anderen deutschen Einrichtungen – auch NGOs – kooperiert haben. Im Falle einer steigenden Ge- fährdung dieses Personenkreises muss eine Aufnahme in Deutschland gewährleistet werden. Dies gilt auch für Afghaninnen und Afghanen, die nach Afghanistan zu- rückgegangen sind, um ihr Land aufzubauen, und die wegen der langen Abwesenheit aus Deutschland ihren Aufenthaltstitel verloren haben. Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Martin Gerster, Hans- Joachim Hacker, Uwe Beckmeyer, Lothar Binding (Heidelberg), Willi Brase, Martin Burkert, Siegmund Ehrmann, Gabriele Fograscher, Dagmar Freitag, Ulrike Gottschalck, Gustav Herzog, Steffen-Claudio Lemme, Heinz Paula, Dr. Carsten Sieling und Andrea Wicklein (alle SPD) zur Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung und den Bericht zu dem Antrag: Neue Impulse für die Sportbootschifffahrt (Tagesord- nungspunkt 15) Der zur Abstimmung vorliegende Antrag enthält eine Reihe von Vorschlägen zur Steigerung der Attraktivität des Wassertourismus in Deutschland, die mitgetragen werden können. Die Umsetzung dieser Maßnahmen werden bereits durch zwei Anträge – „Attraktivität des Wassertourismus und des Wassersports stärken“ vom 23. Mai 2007, Drucksache 16/5416; „Infrastruktur und Marketing für den Wassertourismus in Deutschland ver- b g g d d S d g e re s w s R K fr B o ru k g o u z fü (1 re n s b n fe n w u b v v w K M im s li re d th v R u d fl u a Z (C (D essern“ vom 15. Oktober 2008, Drucksache 16/10593 – efordert, die der Deutsche Bundestag in der letzten Le- islaturperiode angenommen hatte und die bislang von er Bundesregierung nur unzureichend umgesetzt wor- en sind. Der vorliegende Antrag „Neue Impulse für die portbootschifffahrt" bekennt sich zu den Zielen Erhalt er Sicherheit auf dem Wasser sowie erleichterter Zu- ang für Interessierte auf dem Wasser. Dem Sicherheits- rfordernis wird der Antrag jedoch tatsächlich in gravie- nder Weise nicht gerecht. Erstens. Mit der vorgesehenen Anhebung der Führer- cheinpflicht von 3,68 kW (5 PS) auf 11,4 kW (15 PS) erden entgegen den Hinweisen der meisten Sachver- tändigen in der Anhörung am 18. Januar 2012 bewusst isiken für die Schifffahrt auf deutschen Gewässern in auf genommen. Die völlige Freigabe der Führerschein- eiheit bis 11,4 kW (15 PS) selbst für stark befahrene undeswasserstraßen wie dem Rhein und der Mosel und hne begleitende Regelungen zur Haftpflichtversiche- ng und zum Mindestalter der Bootsführer birgt Risi- en, die in der Anhörung von den Sachverständigen vor- etragen wurden. Im Übrigen setzt sich der Antrag ffenkundig über die Interessen anderer Wassersportler nd Wassertouristen hinweg, die muskelbetriebene Fahr- euge nutzen. Fehlende Erfahrung von Motorsportboot- hrern, die nach dem Antrag ein Sportboot bis 11,4 kW 5 PS) ohne Prüfung führen könnten, schließt im Weite- n Risiken im Schleusenbetrieb nicht aus. Der Antrag egiert völlig den offensichtlichen Konflikt mit Umwelt- chutzbelangen, da eine Schulung für Sportbootführer eim Betrieb eines Sportbootes bis 11,4 kW (15 PS) icht mehr erfolgt und Beeinträchtigungen für Uferbe- stigungen und Röhrrichtgebiete durch Wellenschlag icht ausgeschlossen werden können. Es ist unverantwortlich, ohne Bestehen einer bundes- eiten Unfalldatei für den Bereich der Sportschifffahrt nd einer entsprechenden gesicherten Analyse der Sport- ootunfälle die Ausdehnung der Führerscheinfreiheit orzunehmen. Zweitens. Die bisherigen Regelungen zur Nutzung on Charterbooten haben sich aus touristischer Sicht be- ährt. Die Anhörung hat jedoch auch ergeben, dass bei ontrollen durch die Wasserschutzpolizei immer wieder ängel festgestellt werden. Insofern erwächst aus der Antrag geforderten „Freigabe von zusätzlichen Fahrt- trecken mit geringer Güterschifffahrt“ ein nicht kalku- erbares Risiko. Dieses würde sowohl bei Binnenrevie- n, jedoch mehr noch auf Ostseerevieren entstehen, da ie Einweisungen für Bootscharterer die notwendigen eoretischen und praktischen Kenntnisse hierfür nicht ermitteln können. Drittens. Auch wenn der Antrag die Überprüfung der egelungen zur Führerscheinfreiheit bis 11,4 kW (15 PS) nd zum Charterschein nach drei Jahren vorsieht, wür- en damit die aufgezeigten Sicherheitsrisiken und Kon- ikte mit anderen Wassersportlern und Wassertouristen nd die Auswirkungen auf den Umweltbereich nicht usgeschlossen. Diese Überprüfungsregelung wird dem iel „Sicherheit auf dem Wasser“ nicht gerecht. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18677 (A) ) )(B) Viertens. Wegen der damit verbundenen Kosten für Führerscheininhaber wird die Umstellung der Dokumen- tation auf „Scheckkartenformat“ – Plastikkarte – abge- lehnt. Anlage 9 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Leitlinien der Union für den Aufbau des transeuropäischen Verkehrsnetzes (Tagesord- nungspunkt 11) Arnold Vaatz (CDU/CSU): Die Europäische Kom- mission hat am 19. Oktober 2011 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Verkehrsnetzes, TEN-V, für Straßen, Schienenwege, Wasserstraßen und Flughäfen ihren Verordnungsvorschlag zu den TEN-Leitlinien vor- gestellt. Der Vorschlag sieht ein zweilagiges europäi- sches Verkehrsnetz vor. Es besteht aus einem Kernnetz und einem Gesamtnetz, die beide auf den derzeitigen na- tionalen Planungen basieren. Das Kernnetz soll nach den Vorstellungen der Kommission bis 2030 fertiggestellt werden, das Gesamtnetz bis zum Jahr 2050. Ziel des Vorschlags ist es, die noch wichtigen fehlen- den europäischen Verbindungen zwischen Verkehrskno- ten und Zentren herzustellen. Das neue TEN-V-Kernnetz soll durch das umfassende Gesamtnetz von Zubringern auf regionaler und nationaler Ebene unterstützt werden. Der von der Europäischen Kommission geschätzte In- vestitions- und Finanzierungsbedarf für die Realisierung des Kernnetzes beläuft sich auf 1 500 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2020 werden 500 Milliarden Euro benötigt. Zur Unterstützung der Mitgliedstaaten sollen von der Kommission im Rahmen der parallel aufgestellten Ver- ordnung Infrastrukturfazilität „Connecting Europe“, CEF, von 2014 bis 2020 insgesamt 31,7 Milliarden Euro für das transeuropäische Verkehrsnetz TEN-V bereitge- stellt werden. Der maßgebliche Finanzierungsaufwand verbleibt also bei den Mitgliedstaaten. Zur Realisierung des Kernnetzes hat die Kommission zehn länderübergreifende Entwicklungskorridore be- nannt. Durch Deutschland führen davon sechs Korridore. Mit den Kernnetzkorridoren möchte die EU-Kommission über ein effizientes Instrument verfügen, um die definier- ten Ziele durchzusetzen. Dazu hat sie Anforderungen vorgegeben, die objektiv in die Planungs- und Finanzie- rungshoheit der Mitgliedstaaten eingreifen. Wir begrüßen das Konzept der Europäischen Kom- mission eines Kernnetzes und eines Gesamtnetzes sowie die Festlegung europäischer Verkehrskorridore. Wir wollen ein lückenloses leistungsfähiges transeuropäi- sches Verkehrsnetz zusammen mit den anderen Mit- gliedstaaten verwirklichen. Allerdings haben wir Bedenken gegen den Verord- nungsentwurf im Hinblick auf die Wahrung der Subsidi- arität und Verhältnismäßigkeit. Die Kommission beab- s D s z u s D D d K E U d g w Z V k n V d s d c s a b fo R d a p – h g z la fe d u n Ig je re d n z G V G b D s (C (D ichtigt über das Instrumentarium der Kernnetzkorridore urchführungsmaßnahmen gegenüber staatlichen In- tanzen der Mitgliedstaaten und auch gegenüber Dritten, um Beispiel Infrastrukturunternehmen, zu ergreifen, m ihre Ziele umzusetzen. Mit der Umsetzung der Vor- chläge würde ein Präzedenzfall für zu weitreichende urchgriffsrechte der Kommission geschaffen werden. ies geht uns zu weit. Andererseits sehen wir bei gleichzeitiger Reduzierung er Kompetenzen der EU in dem Korridorkonzept der ommission die Chance für die gezielte Verknüpfung und ntwicklung von Wirtschaftszentren in der Europäischen nion. Beispielhaft sei der in Nord-Süd-Ausrichtung be- eutsame Entwicklungskorridor Hamburg–Rostock–Bur- as/Türkische Grenze–Piräus–Lefkosia genannt. Damit ird auch das in unserem Koalitionsvertrag formulierte iel erreicht, eine integrierte Raum-, Wirtschafts- und erkehrsentwicklung und insbesondere ein international onkurrenzfähiges Verkehrsinfrastrukturangebot in ei- em europäischen Nord-Süd-Korridor zu schaffen. In erknüpfung mit weiteren Korridoren wird die Verbin- ung zwischen der Nord- und Ostsee und dem Mittelmeer owie dem Schwarzen Meer hergestellt. Die neuen Korri- ore im TEN-V-Netz bieten gerade für strukturschwä- here europäische Regionen neue Chancen für ihre wirt- chaftliche Entwicklung. Wir – damit schließe ich an dieser Stelle unseren Ko- litionspartner FDP und die SPD-Fraktion mit ein – ha- en auch grundsätzliche Bedenken gegen die Rechts- rm der TEN-Leitlinien als Verordnung anstatt einer ichtlinie. Interessant sind in diesem Zusammenhang ie Parallelwelten der Grünen. So führen sie in ihrem Entschließungsantrag noch us, dass alle Möglichkeiten der Rechtsformwahl ge- rüft werden sollen. In ihrer mündlichen Stellungnahme namentlich Frau Dr. Valerie Wilms – im Ausschuss ingegen haben sie die Verordnung als Rechtsform für eeignet angesehen. Sie kritisieren in ihrem Antrag die mangelnde Umset- ung grenzüberschreitender Verkehrsprojekte in Deutsch- nd, verzögern und bekämpfen aber gleichzeitig mit Ei- r wichtige Verkehrsprojekte in Deutschland. Zeigt dies vielleicht die dissoziative Identitätsstruktur er grünen Verkehrspolitik – lebend zwischen Realität nd Ideologie? Oder ist es mangelndes Rechtsverständ- is? Sichtbar immer wieder in zahlreichen Formen der noranz von bestehendem Baurecht für Verkehrspro- kte in Deutschland. Die Grünen erheben auch den Vorwurf, dass die ande- n Fraktionen nur die nationale Sichtweise in den Vor- ergrund stellen, die europäischen Belange aber ver- achlässigen. Genau dies ist nicht der Fall. Im Gegensatz u der eingeschränkten europäischen Sichtweise der rünen haben wir den von der Kommission vorgelegten erordnungsentwurf nach den geltenden europäischen rundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit etrachtet – und vom Wissenschaftlichen Dienst des eutschen Bundestages prüfen lassen. Der Wissen- chaftliche Dienst – wie übrigens auch die Regierung – 18678 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) kommt in seiner Gesamtbewertung zu dem gleichen Schluss: Der Verordnungsvorschlag der Kommission steht nicht im Einklang mit den Vorgaben des Subsidiari- tätsprinzips und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nach Art. 5 Abs. 3 und 4 des EU-Vertrages. Bei einer abgeschwächten Übertragung der mitglied- staatlichen Kompetenzen auf die EU erscheint dem Wis- senschaftlichen Dienst die Einhaltung der Anforderun- gen des Subsidiaritätsprinzips und des Verhältnis- mäßigkeitsgrundsatzes jedoch wahrscheinlich. Dies wol- len wir mit unserer Stellungnahme gegenüber der Bun- desregierung gemäß Art. 23 Abs. 4 GG verdeutlichen. Gegenüber einer möglichen Subsidiaritätsrüge halten wir den Verhandlungsweg für zielführender. Wir möchten mit Beschluss des Bundestages dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwick- lung den Auftrag geben, bei den weiteren Verhandlun- gen auf europäischer Ebene darauf hinzuwirken, dass die Mängel des vorliegenden Verordnungsentwurfes besei- tigt werden. Ulrich Lange (CDU/CSU): Der Aufbau eines trans- europäischen Verkehrsnetzes ist für Europa von großer Bedeutung. Wir brauchen innerhalb von Europa mög- lichst gute Verknüpfungen zentraler Verkehrsknoten- punkte zu einem leistungsfähigen zusammenhängenden Verkehrsnetz. Der schnelle und ungehinderte Transport von Wirtschaftsgütern ist insbesondere für eine Export- nation wie Deutschland von großer Bedeutung. Wir begrüßen deshalb die Initiative, transeuropäische Infrastrukturprojekte zu fördern und damit Verkehrsin- frastrukturprojekte zu realisieren, die nicht nur dem je- weiligen Nationalstaat, sondern auch anderen europäi- schen Mitgliedstaaten nutzen und einen deutlichen Mehrwert für die EU haben. Dies haben wir in unserem Entschließungsantrag, den die Koalitionsfraktionen ge- meinsam mit der SPD-Fraktion erstellt haben, deutlich gemacht. An dieser Stelle wird deutlich, dass wir in der europäischen Politik eine große Mehrheit im Bundestag haben. Es muss an dieser Stelle jedoch auch gefragt werden, ob der von der EU eingeschlagene Weg der richtige ist oder ob es andere, praktikablere Lösungen gibt. Aus meiner Sicht verstößt die Verordnung des Euro- päischen Parlaments und des Rates über die Leitlinien gegen die Grundsätze der Subsidiarität und die Verhält- nismäßigkeit gemäß Art. 5 des Vertrages über die Euro- päische Union in Verbindung mit Art. 5 des Protokolls Nr. 2 zum Vertrag von Lissabon. Erstens Subsidiarität: Auch wenn europäische The- menbereiche tangiert werden, fällt die Infrastrukturpla- nung, einschließlich Bau und Finanzierung, grundsätz- lich in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, die auch bisher erfolgreich Planung, Finanzierung und Durchfüh- rung der einzelnen Projekte in eigener Regie durchge- führt haben. In der Verordnung wird unterstellt, dass ein den Zielen der EU entsprechendes transeuropäisches Verkehrsnetz ausschließlich durch Koordination auf EU- Ebene erreichbar sei. Es wird dabei verkannt, dass ein tr s s s n te ti E In A s e re u M z n a M p u K M e e ru e u u M tu c v V m u R b n ru K li li g D n d ri M n d u (C (D anseuropäisches Verkehrsnetz kein Selbstzweck ist, ondern dem Verkehrsbedarf in den jeweiligen Mitglied- taaten entsprechen muss und dass Investitionen den ge- amtwirtschaftlichen Anforderungen genügen müssen. Der Verkehrsbedarf ergibt sich dabei sowohl aus dem ationalen wie auch aus dem intereuropäischen und in- rnationalen Verkehr. Dieser Verkehr muss auf den na- onalen Teilnetzen bewältigt werden. Folglich ist das igeninteresse der Mitgliedstaaten an bedarfsgerechten frastrukturen groß. Deshalb ist auch in Art. 171 Abs. 2 EUV – Vertrag über die Arbeitsweise der Europäi- chen Union – vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten die inzelstaatlichen Politiken in diesem Bereich koordinie- n. Diese Bestimmung geht davon aus, dass die Planung nd Durchführung der innerstaatlich erforderlichen aßnahmen in Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten u erfolgen hat. Insbesondere können aufgrund ihrer Fi- anzierungsverantwortung, die neben der Herstellung uch die Erhaltung der Infrastrukturen umfasst, nur die itgliedstaaten selbst entscheiden, welche Infrastruktur- rojekte in welchem zeitlichen Rahmen vordringlich mgesetzt werden. Die Übertragung der Planungsentscheidung auf die ommission und die Reduzierung der Aufgaben der itgliedstaaten auf Finanzierung und Ausführung käme iner Kompetenzverlagerung gleich. Zweitens Verhältnismäßigkeit: Die im Verordnungs- ntwurf vorgeschlagenen Regelungen sind zur Realisie- ng eines transeuropäischen Verkehrsnetzes weder ge- ignet noch erforderlich oder angemessen. Regelungs- mfang und -dichte lassen bewährte nationale Strukturen nd Verfahren außer Acht. Darüber hinaus entstehen den itgliedstaaten finanzielle Belastungen durch Ausrüs- ngs- und Umsetzungsverpflichtungen sowie zusätzli- her Verwaltungsaufwand durch unnötige Berichte an on der Kommission eingesetzte Koordinatoren. Die Mitgliedstaaten sollen verpflichtet werden, ihre erkehrsinfrastruktur nach festgelegten technischen Para- etern innerhalb vorgegebener Fristen auszubauen, aus- nd aufzurüsten. Vor allem die willkürlich gewählten ealisierungszeiträume – Kernnetz bis 2030, Gesamtnetz is 2050 – und die den Mitgliedstaaten überlassene Fi- anzierung stellen unverhältnismäßige Belastungen dar. Der geschätzte Investitions- und somit auch Finanzie- ngsbedarf für die vorgeschriebene Realisierung des ernnetzes bis 2030 wird von der KOM mit 1 500 Mil- arden Euro angegeben; bis 2020 sollen circa 500 Mil- arden Euro benötigt werden. Das ist in der gegenwärti- en Finanzkrise von den Mitgliedstaaten nicht zu leisten. ies bedeutet, dass es Änderungen geben muss. Grundvoraussetzungen für zu beschließende Richtli- ien sind die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und er Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie die Ein- chtung eines Planungs- und Haushaltsvorbehalts der itgliedstaaten. Wir unterstützen die Einteilung in Gesamt- und Kern- etz und die Festlegung der europäischen Verkehrskorri- ore, von denen sechs von zehn Deutschland betreffen, m die europäischen Wirtschaftsräume besser miteinan- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18679 (A) ) )(B) der zu verknüpfen und damit unsere Wettbewerbsfähig- keiten zu steigern. Die Befugnisse der Europäischen Kommission, zum Beispiel rechtsverbindliche Durch- führungsbeschlüsse fassen zu können, greifen aber zu tief in Kernkompetenzen der Mietgliedstaaten ein. So wichtig und richtig die Grundidee ist, so ist die ge- plante Ausführung noch verbesserungswürdig. Martin Burkert (SPD): Alle Wege führen nach Rom. Und nach Amsterdam. Und nach Genua. Und nach Ber- lin. Und nach Nürnberg. Und und und. Dass alle Europä- erinnen und Europäer spätestens im Jahr 2050 nur 30 Mi- nuten von einem Zubringernetz nach Rom, Amsterdam oder sonstwo in Europa entfernt sein sollen, das ist das europäische Ziel. Denn mit den Vorschlägen zu den trans- europäischen Verkehrsnetzen soll aus dem Flickentep- pich aus Schienenwegen, Straßen, Schifffahrtskanälen und Flughäfen ein einheitliches europäisches Verkehrs- netz geschaffen werden. Zehn sogenannte Korridore sol- len bis 2030 quer durch Europa entstehen. Sie werden 15 000 Kilometer Eisenbahnstrecken zusammenführen, die für den Hochgeschwindigkeitsverkehr ausgelegt sind. Heute mangelt es aber beim grenzüberschreitenden Verkehr noch erheblich an Verbindungen und es beste- hen enorme technische Barrieren wie fehlende Elektrifi- zierungen, verschiedene Spurweiten und Stromsysteme oder Signaltechniken. Die europäischen Eisenbahnen ar- beiten beispielsweise mit sieben unterschiedlichen Spur- weiten sowie 18 unterschiedlichen Leit- und Sicherungs- systemen. Nur 20 der europäischen Großflughäfen und 35 der wichtigsten Häfen sind direkt an das europäische Schienennetz angeschlossen. Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass auch effiziente Verkehrsvernetzungssysteme wie das sogenannte ERTMS finanziert werden sollen. Beim ERTMS handelt es sich um ein System zur Steuerung des Eisenbahnverkehrs auf den Strecken der transeuropäischen Netze. Das wird den Reisenden und den Unternehmen in ganz Europa zugute- kommen. Denn weder der Individual- noch der Handels- verkehr endet an den nationalen Grenzen. Und da kommt in den nächsten Jahrzehnten auch noch einiges auf uns zu: Der Güterverkehr soll in Europa bis zum Jahr 2050 um schätzungsweise 80 Prozent zunehmen, der Personenverkehr um mehr als 50 Prozent. Aus meiner Sicht spielen – vor allem natürlich in Richtung Osteuropa – besonders die Korridore Nürn- berg–Prag sowie München–Prag beim grenzüberschrei- tenden Verkehr eine große Rolle. Bundesverkehrsminis- ter Ramsauer ist herzlich dazu aufgerufen, dieses Projekt voranzubringen. Abgesehen davon, dass es, wie ich finde, nicht die feine englische Art war, dass die bayeri- sche Landesgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion lei- der nicht vom Minister, sondern nur zufällig bei einem Besuch vergangenen September in Tschechien erfahren hat, dass die Strecke Prag–München in Brüssel angemel- det wurde. Für einen Alleingang ist das transeuropäische Netz zu bedeutend. So etwas darf nicht am Parlament vorbei pas- sieren. Denn bei den Leitlinien zu den transeuropäischen V a v fe D d in 2 h fü b z s z F 9 n s u a e p 2 w n e e d z L d tu k tr im d s tr o s s Z Z fü m d z s s (C (D erkehrsnetzen geht es nicht nur um Verkehr, sondern uch um Geld, um sehr viel Geld. Es geht um enorme In- estitionen in die Infrastruktur, die Arbeitsplätze schaf- n und die europäische Konjunktur anschieben können. ass die TEN-Mittel aus Brüssel aufgestockt wurden, ist eshalb zu begrüßen. Bis 2020 werden für die Verkehrs- frastruktur 31,7 Milliarden Euro bereitgestellt. Rund 0 Milliarden Euro gehen davon in die Schiene. Der normale Kofinanzierungsanteil für die TEN-Vor- aben im Kernnetz betragen – nur – bis zu 20 Prozent r Arbeiten wie zum Beispiel Erkundungsmaßnahmen ei Tunnelarbeiten. Das nennt sich dann Anschubfinan- ierung. Nach Adam Riese verbleiben für die Mitglied- taaten aber in einem solchen Fall mindestens 80 Pro- ent, die sie selbst finanzieren müssen. Im schlimmsten all müssen die betroffenen Mitgliedstaaten bis zu 0 Prozent des Projektes kofinanzieren. Aus der soge- annten Anschubfinanzierung der EU wird dann ganz chnell eine riesige Schuldenfalle. Welches Land soll nd kann das heute überhaupt leisten? Die europäischen Mitgliedstaaten werden letztlich lso zu Investitionen in den Auf- und Ausbau der trans- uropäischen Netze von rund 300 Milliarden Euro ver- flichtet. Par Ordre de Mufti. Und das bis zum Jahr 030. Aber: In Zeiten wie diesen ist der Haushalt mit das ichtigste Interesse der einzelnen Mitgliedstaaten. Fi- anzvernunft und Sparsamkeit sind oberstes Gebot. Denn s geht um zentrale nationale Fragen, nicht nur für die inzelnen Mitgliedstaaten, sondern vor allem auch für ie europäische Gemeinschaft. Und so schön es für Deutschland ist, dass sechs von ehn transeuropäischen Verkehrskorridoren durch unser and führen, zu so viel Investitionsverpflichtungen führt as auch. Deshalb müssen wir dringend auf die Einrich- ng eines Planungs- und Haushaltsvorbehalts hinwir- en, damit die finanzielle Belastung der Mitgliedstaaten agbar ist. Letztlich stehen noch drei wichtige juristische Fragen Raum, die zu überprüfen sind: Erstens. Inwieweit wird mit dem Verordnungsentwurf as Subsidiaritätsprinzip verletzt? Zweitens. Ist der Verordnungsvorschlag der Europäi- chen Kommission verhältnismäßig? Drittens. Wie ist der Erlass der Leitlinien zu den anseuropäischen Verkehrsnetzen in der Form als Ver- rdnung rechtlich zu beurteilen? Meine Einschätzung ist, dass der Verordnungsvor- chlag in wesentlichen Aspekten über das Ziel hinaus- chießt. Er sieht Regelungen vor, die grundsätzlich in die uständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Dazu zählt die uständigkeit für die Planung, den Bau und vor allem r die Finanzierung von Verkehrsinfrastrukturmaßnah- en. Der Verordnungsvorschlag nimmt aber enorm auf ie Verkehrshaushalte der Mitgliedstaaten Einfluss, und war in einem Maße, den sich die Mitgliedstaaten chlichtweg nicht leisten können. Juristisch problematisch ist auch, dass die Kommis- ion als Handlungsform für die transeuropäischen Ver- 18680 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) kehrsnetze eine Verordnung gewählt hat, die unmittelbar und allgemein gilt. Im Übrigen nicht nur für die Mit- gliedstaaten, sondern auch für Dritte wie zum Beispiel Terminal- oder andere Infrastrukturbetreiber. Deshalb müssen noch einmal alle Möglichkeiten der Rechtsform- wahl gründlich überprüft werden. Ich hoffe, dass Herr Ramsauer den starken Auftrag, den er aus dem Bundestag mitnimmt, ernst nimmt. Und ich hoffe, dass eine Lösung gefunden wird. Eine Lösung, die einvernehmlich ausgestaltet wird und nicht mittels eines Sanktionsdrucks aus Brüssel. Ich hoffe, dass es dann spätestens 2050 heißen kann: Alle Wege führen nach Rom. Und nach Amsterdam. Und nach Genua. Und nach Berlin. Und nach Nürnberg. Und und und. Werner Simmling (FDP): Wir widmen uns heute Abend doch einem der wichtigsten Bereiche des verein- ten Europas, nämlich der freien und auch grenzüber- schreitenden Mobilität. Ich halte es für besonders wich- tig, dass sich der Deutsche Bundestag ausführlich mit diesem Thema befasst. Denn Deutschland als Land im Herzen Europas und Transitland ist von Entscheidungen in der Verkehrspolitik besonders betroffen. Nachdem wir kürzlich das Weißbuch Verkehr verhan- delt haben, liegt uns nun die Verordnung zu den trans- europäischen Netzen vor. Die FDP begrüßt die vorlie- gende Revision der Leitlinien transeuropäischer Verkehrsnetze. Ausschlaggebend für unsere grundsätz- lich positive Haltung ist, dass der Verordnungsvorschlag ein erster wichtiger Schritt in Richtung Priorisierung ist. Die Einteilung in ein Kern- und ein Ergänzungsnetz auf Basis transparenter Kriterien sowie die Förderung von Komodalität, Schnittstellen und intelligenten Verkehrs- systemen sind ein richtiger Ansatz für das europäische Verkehrsnetz. Der Ausbau transeuropäischer Verkehrsnetze, im Be- sonderen das Kernnetz, bietet Investitionsanreize, um In- frastrukturprojekte realisieren zu können. Vor dem Hin- tergrund der jahrelangen allgemeinen Unterfinanzierung in der Verkehrsinfrastruktur, bekennen wir uns daher klar zu den transeuropäischen Netzen. Allerdings, und das ist Anlass für den Entschließungsantrag der Regie- rungsfraktionen gemeinsam mit der SPD gewesen, sehen wir in Teilen die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit berührt. Die Europäische Union soll und darf dann tätig wer- den, wenn gewünschte Maßnahmen auf Ebene der Mit- gliedstaaten, regionaler und lokaler Ebene nicht umge- setzt werden können. Das besagt das Subsidiaritäts- prinzip. Dessen Einhaltung und Wahrung ist für uns kein Selbstzweck, sondern garantiert die besten Lösungen für die Verkehrsprobleme auf der richtigen Ebene. Wir sa- gen: Brüssel soll grenzüberschreitenden Verkehr regeln und sich aber aus dem regionalen und lokalen Verkehr raushalten. Bedenklich im Sinne der Subsidiarität sind insbeson- dere diejenigen Vorschläge, die sich auf Planung, Durch- führung und Finanzierung beziehen. Der Infrastruktur- a e v s d D M e ra d s b g n w b tu F re E u h g m h n ru s K n n d D w n d d n R o d V G s s e u z E ti K (C (D ufbau sollte nach unserem Dafürhalten zwar auf uropäischer Ebene abgestimmt werden, dennoch weiter orrangig Aufgabe und Kompetenz der Mitgliedstaaten ein. Schon im Weißbuchantrag haben wir klargestellt, ass die nationale Planungshoheit erhalten bleiben soll. a die Finanzierung weiter in der Verantwortung der itgliedstaaten liegt, muss diesen vorbehalten sein, zu ntscheiden, welche Projekte prioritär in welchem Zeit- hmen durchgeführt werden. Was wir nicht wollen, ist, durch zu pauschale und un- ifferenzierte Kritik mit einem platten Verweis auf Sub- idiarität sinnvolle europäische Lösungen zu behindern zw. unmöglich machen. Die FDP begrüßt, wie bereits esagt, die sinnvolle Priorisierung und zweilagige Pla- ung in ein Kern- und ein Gesamtnetz. Ebenfalls stehen ir der Fazilität „Connecting Europe“ und den projekt- ezogenen Anleihen positiv gegenüber. Eine Umschich- ng der Mittel auf europäischer Ebene und zusätzliche inanzinstrumente können grundsätzlich positive An- ize auslösen. Trotzdem können wir einem massiven ingriff in die nationalen Haushalte nicht zustimmen, nd das nicht nur, weil wir aufgrund mangelnden Haus- altsvorbehaltes eine solide Finanzierung bislang nicht ewährleistet sehen, sondern auch, weil wir die parla- entarischen Haushaltsrechte gefährdet sehen. Immer- in sprechen wir hier von einer Summe von 1,5 Billio- en Euro. Wir wünschen daher eine deutliche Darstellung, wa- m eine Kompetenzverlagerung auf europäischer Ebene innvoll sein soll. Hinsichtlich der Planungsbefugnis und oordinierung auf europäischer Ebene sehen wir das icht erfüllt. Insbesondere die Vorschläge zu den Kern- etzkorridoren greifen maßgeblich in die Kompetenzen er Mitgliedstaaten ein. Die Vorgaben gehen in ihrem etaillierungsgrad bei den Durchführungsplänen viel zu eit, führen zu einer unverhältnismäßigen Einfluss- ahme auf die nationalen Verkehrshaushalte und würden iese überfordern. Erstens. Wir fordern also eine ausführliche Prüfung er Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit. Zweitens. Wir wünschen eine begründete Stellung- ahme. Drittens. Wir fordern die Prüfung einer anderen echtsform. Statt einer Verordnung sind eine Richtlinie der Leitlinie unseres Erachtens besser geeignet. Herbert Behrens (DIE LINKE): Wir alle sind froh arüber, dass in Europa die Grenzen gefallen sind. Im erkehr sieht es aber anders aus. Es gibt zwar keine renzkontrollen mehr, aber häufig trennen uns zum Bei- piel unterschiedliche nationale Vorschriften, Gebühren- ysteme und Signalregelungen. Wir brauchen dringend ine gemeinsam abgestimmte Verkehrspolitik der EU nd ein einheitliches europäisches Verkehrsnetz. Der Vorschlag eines transeuropäischen Verkehrsnet- es vonseiten der EU-Kommission liegt auf dem Tisch. s hätte ein Vorschlag werden können, der über die na- onalen Grenzen der Verkehrspolitik hinausgeht, der limaschutz und Mobilität gleichberechtigt bewertet, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18681 (A) ) )(B) Nadelöhre zielgenau beseitigt und Verkehrsströme sinn- voll lenkt. Aber gerade das steht in der Vorlage nicht drin. Sie wurde am grünen Tisch der Planer erarbeitet. Es wurde nicht beachtet, dass Europa mehr ist als ein Wirtschaftsstandort, der attraktiv und effizient gestaltet sein soll. Ein Verkehrsnetz soll aus unserer Sicht nicht nur Waren von A nach B transportieren, sondern sich nach den Bedürfnissen der Menschen richten. Die Menschen wollen sinnvolle Verkehrsverbindun- gen und sie wollen weniger Verkehrsbelastung; sie wol- len keine ratternden Güterzüge mit Lärm und Dreck vor ihrer Nase haben, und sie wollen beteiligt werden, wenn es um die Planung von Verkehrsprojekten vor ihrer Haustür geht. Wir lesen im Vorschlag der Kommission, dass künftig zentrale Verkehrskorridore gefördert werden sollen. Das wäre ja grundsätzlich sinnvoll, wenn keine Milliarden- zuschüsse mehr für isolierte Großprojekte fließen wür- den, die möglicherweise gar kein Verkehrsnetz ergeben. Stattdessen sollten die Zuschüsse zielgenau zur Beseiti- gung von Nadelöhren verwendet werden, und es sollte vergleichbare Zuschüsse für vergleichbare Strecken ge- ben. Das ist leider nicht der Fall. Dafür hat die Kommis- sion einen Preis von 1 500 Milliarden Euro ausgerech- net. Soviel würde es kosten, wenn das europäische Kernnetz bis zum Jahr 2030 verwirklicht werden sollte. 1 500 Milliarden Euro – das ist eine 15 mit 11 Nullen! Das ist zehnmal so viel wie der jährliche Gesamthaushalt der EU. Zum Vergleich: Damit könnte man etwa 6 Mil- lionen Einfamilienhäuser bauen. Und weil das aus Steu- ermitteln nicht aufgebracht werden könnte, wird das Tor weit aufgestoßen für private Investoren. An sie sollen Projektanleihen ausgegeben werden, und mit ihnen sol- len öffentlich-private Partnerschaften geschlossen wer- den. Es winken natürlich hohe Renditen für die Investo- ren, und die Bürgerinnen und Bürger werden dafür kräftig zur Kasse gebeten werden. So würden dann wohl viele neue Mautsysteme auf uns zukommen. Dass will die Linke nicht. Wenn die Interessen der Großen im Mittelpunkt ste- hen, geht es regelmäßig daneben. Denken wir nur an Stuttgart 21 oder die Beltquerung nach Dänemark. Bei- des wahnsinnig teure EU-Projekte, beides gegen den Wi- derstand der Bürgerinnen und Bürger. All dem setzt der neue Vorschlag die Krone auf. Er beseitigt selbst die Be- teiligungsrechte der Staaten. Mit dieser Neuregelung könnte die EU direkt durchregieren und Beschlüsse fas- sen, die unmittelbar Einfluss auf die Investitionsplanung und Durchführung von Verkehrsprojekten in den betrof- fenen Mitgliedstaaten nehmen könnten. Das machen wir nicht mit. Das Centrum für Europäische Politik kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: „Der Erlass der TEN- Leitlinien als Verordnung ist rechtswidrig.“ Deutlicher kann eine Klatsche doch wohl nicht ausfallen, oder? Die Linke fordert darum, dass ein Vorschlag vorge- legt wird, der erstens finanzierbar ist und zweitens auch unserem Rechtssystem entspricht. Deshalb unterstützen wir auch den Antrag von CDU/CSU, SPD und FDP. Beim Antrag von Bündnis 90/Die Grünen können wir uns nur enthalten. Die Grünen unterstreichen die aus ih- re n g n w L d v w w e B g D T im u w h tr L u D w e n v u V b p k ti V s J m S ru m k v M g n D D tu d V ra D (C (D r Sicht guten Ansätze für ein europäisches Verkehrs- etz, beklagen aber gleichzeitig, dass der Ausbau eines emeinsamen europäischen Verkehrsnetzes „stetig den ationalen Interessen der Mitgliedstaaten untergeordnet“ orden ist, und verteidigen damit den EU-Eingriff. Die inke lehnt es klar ab, per Verordnung Mitgliedstaaten er Europäischen Union zu disziplinieren und auf den ermeintlich rechten Weg zu bringen. Deshalb werden ir dem Antrag nicht zustimmen. Das Vertrauen der Menschen in die europäische Idee äre vollends dahin, wenn der Vorschlag der EU für ine Verordnung umgesetzt würde. Die Linke will mehr eteiligung der Bürgerinnen und Bürger und nicht weni- er. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): er Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, EN-V, ist für den freien Personen- und Güterverkehr europäischen Binnenmarkt, die Wettbewerbsfähigkeit nd die nachhaltige und klimafreundliche Verkehrsent- icklung in der EU von enormer Bedeutung. Deshalb at die Kommission bereits 1996 Leitlinien für einen anseuropäischen Verkehrsraum verabschiedet. Diese eitlinien wurden immer wieder überarbeitet, erweitert nd durch verschiedene Finanzinstrumente ergänzt. Dennoch fällt die Bilanz nach 15 Jahren schlecht aus. ie Koordinierungsbereitschaft und der Umsetzungs- ille der Mitgliedstaaten haben bisher nicht ausgereicht, in transeuropäisches Netz zu etablieren. Der Ausbau ei- es gemeinsamen europäischen Verkehrsnetzes wurde on den nationalen Interessen der Mitgliedstaaten stetig ntergraben. So führen fehlende grenzüberschreitende erbindungen noch immer zu erheblichen Engpässen eim Güter- und Personenverkehr auf wichtigen euro- äischen Verkehrsachsen. Auch hinsichtlich der Ver- ehrsträger ist das Infrastrukturnetz weiterhin fragmen- ert. Verschärft werden die Hindernisse und Engpässe im erkehrssystem durch unterschiedliche Betriebsvor- chriften, Normen und Sicherheitssysteme. Erst letztes ahr hat die Bundesregierung die europäische Zusam- enarbeit bei der Stärkung der umweltfreundlichen chiene aufgekündigt, indem sie bekannte, die Einfüh- ng von ETCS im Korridor A bis Ende 2015 nicht ter- ingerecht einzuhalten. Auch die DB AG bestätigte, ein eigenwirtschaftliches Interesse an der Installation on ERTMS zu haben. Was ist daraus zu lernen? Die bisher in Eigenregie der itgliedstaaten erfolgte Planung und Durchführung renzüberschreitender Verkehrsprojekte ist nicht geeig- et, ein transeuropäisches Verkehrsnetz zu etablieren. er freiwillige Ansatz reicht nicht aus, den notwendigen ruck beim Ausbau einer transeuropäischen Infrastruk- r zu erzeugen. Das wäre so, als ob man von den Län- ern und Kommunen verlangen würde, ein nationales erkehrsnetz zu errichten. Alle wissen, was dabei he- uskäme. Deshalb fordert die Bundestagsfraktion Bündnis 90/ ie Grünen, den Ausbau der TEN-V konsequent voran- 18682 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) zutreiben. Wir unterstützen den Vorschlag einer Verord- nung des Europäischen Parlaments und des Rates für den Auf- und Ausbau eines transeuropäischen Verkehrsnet- zes, TEN-V, mit dem die ressourceneffiziente Mobilität von Personen und Gütern unter möglichst sozialverträg- lichen, umweltfreundlichen sowie sicherheitsorientierten Bedingungen gesichert werden kann. Vor allem begrüßen wir, dass nach dem Vorschlag der Kommission nachhaltige Verkehrsträger das Rückgrat der TEN-V bilden sollen. Das Ziel der Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene und, wo sinn- voll, auf das Binnenschiff ist zu unterstützen. 90 Prozent der vorgeschlagenen Projekte betreffen den Schienen- verkehr. Das ist der richtige Schritt zu einem nachhalti- geren transeuropäischen Verkehrsnetz. Denn selbst Zweiflern dürfte inzwischen klar sein, dass ein weiteres Anheizen des Verkehrswachstums durch neue Straßen und Autobahnen nicht mehr akzeptiert werden kann. Die Schuldenbremse zwingt heute alle Länder, eine sehr gewissenhafte Kosten-Nutzen-Rechnung anzustel- len, wenn es um die Finanzierung neuer Infrastrukturen geht. Deshalb fordern wir, dass der verkehrliche Nutzen im Mittelpunkt der Projektauswahl stehen muss. Klei- nere, schnell umsetzbare Maßnahmen mit hohem Nutzen für die Integration der europäischen Verkehrsnetze müs- sen Vorrang vor Großprojekten mit hohem finanziellen Aufwand und sehr langen Realisierungszeiträumen ha- ben. Zudem muss ein Gleichgewicht zwischen finanziel- ler Realisierbarkeit und ausreichender Verbindlichkeit gefunden werden. In dem von der Europäischen Kom- mission vorgeschlagenen Prinzip der Umschichtung von EU-Mitteln bei ausbleibendem Projektfortschritt – „use it or lose it“-Prinzip – sehen wir hierzu ein geeignetes Mittel. Anlage 10 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung Antrag: Gleichwertigkeit von Berufsbildung und Abitur gewährleisten Beschlussempfehlung und Bericht zu den An- trägen: – Gleichwertigkeit von Berufsbildung und Abitur sichern – Deutschen Qualifikationsrahmen zum Er- folg führen – Gleichwertigkeit von Abitur und Berufsabschlüssen sicherstellen (Tagesordnungspunkt 13) Dr. Thomas Feist (CDU/CSU): Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes haben 2010 50,2 Prozent der deutschen Bevölkerung als höchsten Bildungsabschluss eine Lehre absolviert bzw. eine Berufsausbildung im du- alen System abgeschlossen. Dies entspricht circa 35,5 Millionen Deutschen. Ich bin mir sicher, dass viele dieser Menschen in einer selbstkritischen Reflektion zu dem Schluss kommen würden, dass ihre Berufsausbil- dung dem Abitur gleichwertig ist. Auch deshalb warten s n Q v d re z d ti U b s d s w re g s is ra s a d s 2 n e s g le H s Q s d w b p n Z u A g m v n a D D d A s te (C (D icherlich viele gespannt auf eine abschließende Einord- ung der Berufs- und Bildungsabschlüsse im Deutschen ualifikationsrahmen. Ich kann Ihnen zudem aus persönlicher Erfahrung ersichern, dass eine berufliche Ausbildung durchaus em Abitur gleichwertig ist. Ich habe schließlich ein eh- nwertes Handwerk erlernt, danach jahrelang als Hei- ungsinstallateur gearbeitet und auch ohne Abitur stu- iert, promoviert und stehe heute hier. Ich kann also aus efster Überzeugung das bestätigen, was mein Kollege we Schummer in seiner hochspannenden und gewinn- ringenden Rede zum Jahreswirtschaftsbericht 2012 ge- agt hat: Das Flaggschiff unserer Bildungslandschaft ist ie duale Berufsausbildung. Gutausgebildete Lehrlinge sind für die deutsche Wirt- chaft genauso wichtig wie Akademiker; sie sind not- endige Standortvoraussetzung für erfolgreich agie- nde Unternehmen, seien es nun kleine, mittlere oder roße. Ohne ihre Fachkräfte wäre die deutsche Wirt- chaft nicht so innovativ und erfolgreich, wie sie heute t. Dies müssen wir auch zukünftig sicherstellen. Ge- de vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels müs- en wir dabei auch die Attraktivität der dualen Berufs- usbildung weiter steigern. Mittelständische Unternehmen tragen – so besagt es er Innovationsreport des Büros für Technikfolgenab- chätzung beim Deutschen Bundestag aus dem Jahre 010 mit dem Titel „Zukunftspotenziale und Strategien ichtforschungsintensiver Industrien in Deutschland“ – rheblich zur deutschen Wertschöpfung bei. Für Mittel- tändler ohne eigene Forschungsabteilung sind gutaus- ebildete Lehrlinge dabei der wichtigste innovationsre- vante Faktor. Deshalb bin ich froh, dass wir heute hier in diesem ohen Hause darüber einig sind, dass wir eine Gleich- tellung von Abitur und dualer Ausbildung im Deutschen ualifikationsrahmen auf dem Weg zu einem Europäi- chen Qualifikationsrahmen wollen und brauchen. Auf iese Weise schaffen wir ein Instrument, das die Gleich- ertigkeit zwischen allgemeiner, hochschulischer und eruflicher Bildung abbildet. Dabei haben alle Akteure – Bund und Länder, Sozial- artner, Wirtschaftsorganisationen, die Wirtschaftsmi- isterkonferenz – in vertrauensvoller und konstruktiver usammenarbeit einen Vorschlag vorgelegt, der sinnvoll nd realistisch erscheint, nämlich die Zuordnung des biturs auf Niveau 4 und der beruflichen Erstausbildun- en auf den Niveaus 3 und 4. Es ist für mich unverständlich, warum die Kultus- inisterkonferenz, KMK, sich auf ihrer 335. Sitzung im ergangenen Oktober im Gegensatz dazu für die Einord- ung des Abiturs auf Stufe 5 und der beruflichen Erst- usbildungen auf den Niveaus 3 bis 5 ausgesprochen hat. ies ist ein Nicht-zur-Kenntnis-Nehmen der Realität in eutschland. Ein x-beliebiger Unternehmer würde – vor ie Wahl gestellt, ob er eher einen frischgebackenen biturienten oder einen ausgebildeten Facharbeiter ein- tellen würde – keinen Moment zögern, dem Facharbei- r den Vorzug zu geben. Das Abitur im Sinne der KMK Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18683 (A) ) )(B) derart überzubewerten, ist aus meiner Sicht eine Fehlein- schätzung der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Es gilt aber, diese beim DQR zur Kenntnis zu nehmen und auf die realistischen Einschätzungen der Sozialpartner und Wirtschaftsverbände zu hören. Sie sind es letztlich auch, die den DQR umsetzen und anwenden müssen. Die Einordnung der KMK wird unserem Ziel der an- zuerkennenden Gleichwertigkeit von Abitur und berufli- cher Erstausbildung nicht nur nicht gerecht; sie ist auch deshalb befremdlich, weil wir Bildungspolitiker immer noch darauf warten, dass die KMK ihre eigentlichen Hausaufgaben erledigt. Wenn sie schon für eine Höher- bewertung des Abiturs gegenüber den dualen Berufsab- schlüssen plädiert, sollte sie auch dafür sorgen, dass end- lich einheitliche Bildungsstandards für die gymnasiale Oberstufe zur Pflicht werden, die ihrerseits die Voraus- setzung für eine echte Vergleichbarkeit der Schulab- schlüsse in den 16 Bundesländern schaffen. Ich hoffe, dass die Kompromissbereitschaft aller Be- teiligten letzten Endes doch noch zu einer tragfähigen Lösung führen wird. Vielleicht kann mein Kollege Marcus Weinberg seinem Landsmann und neuen Präsi- denten der KMK, Herrn Rabe, noch einmal ins Gewissen reden. In den ersten Interviews von Herrn Rabe habe ich mit großem Interesse gelesen, dass er ebenfalls die hohe Qualifikation der dualen Ausbildung verdeutlichen will (Welt Online, 28. Dezember 2011). Das wäre eine gute Basis für eine Einigung im Sinne der Gleichwertigkeit. Mit unserer praxisorientierten dualen Berufsausbil- dung setzen wir – ich will das einmal ganz selbstbewusst klarstellen – Maßstäbe in Europa. Duale Ausbildung ist eben nicht nur Praxis, sondern bedeutet auch schulische Ausbildung in einer erstaunlichen Tiefe und Komplexi- tät. Damit stellt diese Form der beruflichen Qualifizie- rung eine Besonderheit dar, die ohne Weiteres der Quali- fikation des Abiturs entspricht. Dies gilt es, mit einer starken deutschen Stimme – und diese soll der DQR ha- ben – auch in Richtung Europa zu sagen. Pläne der Euro- päischen Kommission, dass zum Erlernen von Heil- und Pflegeberufen notwendigerweise das Abitur vorliegen müsse, würden so ad absurdum geführt. Ein Blick auf europäische Anstellungspraxis verdeutlicht dies; denn auch wenn in den nordischen Ländern das Abitur für Krankenschwestern, Pfleger und vergleichbare Berufs- gruppen obligatorisch ist, gibt es eine Vielzahl von Ini- tiativen, um das in Deutschland abiturfrei, aber dual aus- gebildete Personal für den Einsatz in diesen Ländern abzuwerben. Die grundsätzliche Übereinstimmung aller Beteilig- ten hier im Hause wird durch die in weiten Teilen in- haltsgleichen Anträge deutlich. Wir sind der Meinung, dass die Zuordnung der Qualifikation zum DQR im Konsens mit allen Beteiligten getroffen werden muss. Wir sind uns auch einig darüber, dass die Zuordnung von allgemeiner Hochschulreife gleichwertig mit den min- destens dreijährigen dualen Ausbildungen auf einem Ni- veau erfolgen soll. Allerdings – und das ist der wesentli- che Unterschied zu den Anträgen der SPD und der Grünen – sind wir der Meinung, dass der Bundestag nicht die richtige Institution ist, um konkrete Festlegun- g w p v K a d z P a d b d o z b a fa H d A g d d in e m z s ra a A le fe d h u le s te m h g S u d s g G d J is re h (C (D en zur Einordnung der Abschlüsse zu beschließen. So ie die Eingruppierung der Berufsbilder von den Sozial- artnern im Konsens und in allgemeiner Tarifautonomie ereinbart wird, so wie die Prüfungsordnungen von den ammern einvernehmlich geregelt werden, so sind es uch hier die Bildungsakteure und Sozialpartner vor Ort, ie konkrete Entscheidungen im Zuge der Festlegungen um DQR zu treffen haben. Dies ist nicht Aufgabe des arlaments. Wir fordern in unserem Antrag die Bundesregierung uf, gegenüber den Bundesländern darauf hinzuwirken, ass die Gleichwertigkeit von allgemeiner bzw. fachge- undener Hochschulreife und mindestens dreijähriger ualer Ausbildung durch deren übereinstimmende Ein- rdnung auf ein und derselben Niveaustufe des DQR um Ausdruck kommt. Zweijährige berufliche Erstaus- ildungen dürfen unserer Auffassung nach nicht mehr ls eine Niveaustufe unterhalb der allgemeinen bzw. chgebundenen Hochschulreife angesiedelt werden. Ich persönlich stehe der Zuordnung der allgemeinen ochschulreife auf Stufe 4 positiv gegenüber, weil ich iesen Vorschlag für realistisch halte. Falls sich aber alle kteure darauf einigen, dass das Abitur auf Stufe 5 ein- eordnet werden soll, dann sollten und müssen sich auch ie dreijährigen Berufsabschlüsse auf dieser Stufe wie- erfinden. Alles andere ist für mich und meine Fraktion akzeptabel. Für den Fall, dass eine entsprechende Einigung nicht rzielt werden kann, sollte auf die Einordnung allge- einbildender Schulabschlüsse im DQR zunächst ver- ichtet werden. Auch in Frankreich sind Schulab- chlüsse bisher kein Bestandteil von Qualifikations- hmen. Dies wäre zwar nicht die optimale Lösung, aber us meiner Sicht besser als die Nichtgleichstellung von bitur und dualer Berufsausbildung. Dies wäre ein fata- r Fehler, der unbedingt verhindert werden muss. Inso- rn bin ich gespannt auf die endgültigen Festlegungen, ie Ende des Monats erfolgen sollen. Willi Brase (SPD): Wir bieten unseren Jugendlichen eute zwei Wege für ein gutes Leben und für Leistung nd Aufstiegsbereitschaft an. Der erste Weg ist ein mitt- rer Abschluss, ein Hauptschulabschluss oder die Hoch- chulreife; es folgt die duale Ausbildung. Es besteht wei- rhin die Möglichkeit, einen Fachwirt und Meister zu achen, später zu studieren und über diesen Weg zu öchsten Ämtern und Positionen in der Gesellschaft zu elangen. Der zweite Weg erfolgt über den mittleren chulabschluss, das Abitur oder die Fachhochschulreife nd anschließend ein Studium. Auch mit diesem Bil- ungsweg ist man in der entsprechenden Liga aufge- tellt, um qualifizierte Tätigkeiten auszuüben. Beide Wege sind wichtig und haben etwas – wenn wir egenüber den Jugendlichen ehrlich sind – mit der leichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bil- ung zu tun. Mit diesen beiden Wegen zeigen wir den ugendlichen immer wieder Perspektiven auf. Deshalb t es nur konsequent, dass die Allgemeine Hochschul- ife, die fachgebundene Hochschulreife und die Fach- ochschulreife gemeinsam mit der drei- und dreieinhalb- 18684 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) jährigen beruflichen Ausbildung in die Stufe vier des Deutschen Qualifikationsrahmens eingeordnet werden. Unser duales Bildungs- und Weiterbildungssystem ist die Stärke der deutschen Wirtschaft. Sie sichert Innova- tionsfähigkeit und führt dazu, dass wir mit Spitzenbran- chen nicht nur in Europa, sondern weltweit vorhanden sind und unsere Produkte auch absetzen können. Mit den vielen Neuordnungen und Modernisierungen der Ausbil- dungsordnungen im dualen Bildungssystem sind wir den weiteren wissensbasierten Arbeits- und Produktionswei- sen gerecht geworden – Aufstiegsfortbildungen ergän- zen und erweitern diesen Prozess. Es gibt nicht nur Perspektiven, sondern auch notwendige betriebliche Er- fordernisse. Deshalb ist es richtig, dass wir diesen Pro- zess der Aufstiegsfortbildungen in die Stufe fünf des Deutschen Qualifikationsrahmens einordnen. Diese Stufe darf nicht verfallen, wie es die Kultusministerkon- ferenz gerne hätte. Mit dem Antrag auf Drucksache 16/13615 vom 1. Juli 2009 haben CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen unter anderem gefordert, den Deutschen Qualifi- kationsrahmen zur Verbesserung der Durchlässigkeit des Bildungssystems und der Gleichwertigkeit verschiede- ner Bildungswege zu entwickeln. Vor diesem Hinter- grund besteht ein zweiter Punkt darin, die Stufe vier so- wohl für die Allgemeine Hochschulreife als auch für die drei- und dreieinhalbjährigen dualen Ausbildungsord- nungen beizubehalten. In dem gleichen Antrag haben wir das Konsensprinzip bei der Erarbeitung gefordert. Beides kann nur gemeinsam auf den Weg gebracht wer- den. Gelingt dies nicht, sollten wir uns dem französi- schen Modell nähern. Die Auszubildenden haben nach Ende der Ausbil- dung nicht nur Berufsfähigkeit – das sogenannte Berufs- prinzip – erlangt, sondern auch arbeitsmarktrelevante Kompetenzen und Fertigkeiten erlernt, die ein Abiturient naturgemäß nicht hat. Schon allein deshalb wäre eine Höherstufung aus meiner und unserer Sicht nicht fach- und sachgerecht. Das Zusammenspiel zwischen Ingenieuren, Meis- tern, Technikern und Facharbeitern im konkreten Ar- beits- und Produktionsprozess ist das Geheimnis der in- dustriellen Stärke Deutschlands. Das liegt auch daran, dass die verschiedenen Bildungsmöglichkeiten und Bil- dungswege gleichwertig betrachtet und im Arbeitspro- zess die Fähigkeiten und Kompetenzen – unabhängig von der Herkunft – gefragt sind. Nicht umsonst wollen zunehmend Unternehmen über das Duale Studium – Hochschulstudium und Ausbildung – ihren zukünfti- gen Spitzenbedarf decken. Auch das spricht dafür, an der Gleichwertigkeit der allgemeinen und beruflichen Bil- dung nicht nur festzuhalten, sondern sie endlich umzu- setzen. Wir haben jetzt die Chance, dieses mit dem DQR auf den Weg zu bringen. Es verwundert doch immer wieder, warum viele Bil- dungsminister in dieser Beharrlichkeit darauf bestehen, die Allgemeine Hochschulreife auf eine höhere Stufe als das Gesamttableau der dualen Ausbildung zu setzen. Liegt es vielleicht daran, dass wir und vor allem die Bil- dungs- und Kultusminister jahrzehntelang dachten, das a u a te le s E d k n w b u B m s B s d a u g s ta e S h 2 u d te B B ti d s d a ru k c K w tu ti A d s V a m w ru fü v k (C (D llgemeine deutsche Schulsystem sei das Beste der Welt nd führend, und mit dem PISA-Schock, mit TIMSS und nderen Untersuchungen gezeigt wurde, dass unser Sys- m nicht mehr so gut ist? Und deshalb startet man einen tzten Versuch über die Einstufung in Stufe fünf, um ich doch noch gegenüber den anderen Ländern in der U abzuheben? Wie wir wissen, sind fast alle Länder in er EU bereit, die Allgemeine Hochschulreife mit Se- undärstufe-II-Abschluss auf Stufe vier einzuordnen und icht, wie die KMK fordert, auf Stufe fünf. Vor dem Hintergrund all dieser Argumente plädieren ir für die Annahme des Antrags unserer Fraktion und itten um entsprechende Unterstützung. Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Zu der Debatte m die Einordnung der Qualifikationen des deutschen ildungssystems in den Deutschen Qualifikationsrah- en und darüber hinausgehend damit in den Europäi- chen Qualifikationsrahmen, sind zwei abschließende emerkungen zu machen. Die eine Bemerkung bezieht ich auf das Verfahren und den politischen Umgang mit ieser Diskussion, die zweite Bemerkung bezieht sich uf die Sache und die zukünftige Perspektive von DQR nd EQR und dessen weitere Ausgestaltung. Zum Ersten. Gerade weil die inhaltlichen Auffassun- en der Bildungs-, der Arbeitsmarkt- und der Wirt- chaftspolitiker in den Fraktionen im Deutschen Bundes- g in der Sache nicht sehr weit auseinanderliegen, sollte s am Ende möglichst nicht kleinlichen Streit und das piel mit taktischen Finessen geben. Die SPD hat des- alb sehr frühzeitig, nämlich schon am 29. November 011, einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der nter dem Leitmotiv „Gleichwertigkeit von Berufsbil- ung und Abitur sichern“ zwei klare Botschaften enthal- n hat, nämlich erstens die Aufforderung des Deutschen undestages an die Bundesregierung, gegenüber den undesländern darauf hinzuwirken, dass die Gleichwer- gkeit von allgemeiner Hochschulreife und mindestens reijährigen dualen Ausbildungen durch deren überein- timmende Einordnung auf dem Niveau 4 des DQR Aus- ruck verliehen wird. Dies ist für uns damals wie heute us der Sache heraus begründet. Es nimmt die Anforde- ngen auf, die an das Niveau 4 des Deutschen Qualifi- ationsrahmens gestellt werden. Es hat eine Entspre- hung auch in den Sachbeurteilungen, die seitens olleginnen und Kollegen der CDU/CSU und der FDP ie auch der anderen Fraktionen in ehrlicher Betrach- ng der acht Niveaustufen des Deutschen Qualifika- onsrahmens bei verschiedenen Diskussionen bis in den usschuss deutlich angesprochen und unterstützt wor- en sind. Es deckt sich im Übrigen auch mit dem Vor- chlag, den seinerzeit eine CDU-Fachkommission zur orbereitung des CDU-Bildungsprogramms, das diese uf ihrem Parteitag im letzten Jahr verabschieden wollte, it vorgelegt hatte. Der sächsische Bildungsminister ie die Bundesbildungsministerin, beide CDU-Regie- ngsmitglieder, hatten in diesem Vorschlag glasklar da- r plädiert, eine entsprechende Einordnung auf der Ni- eaustufe 4 vorzunehmen. Soweit die CDU, als sie noch laren Verstandes in der Sache war. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18685 (A) ) )(B) Dann gab es allerdings eine besondere Schizophrenie beim sächsischen Bildungsminister, der mit einem Mal von der Zuordnung auf das Niveau 4 nichts mehr wissen wollte. Es gab die immer wieder bei der Bundesbil- dungsministerin zu beobachtende einmalige Mischung von Ankündigung, Rückzug, Verschleierung sachlicher Positionen, und entsprechend hat sich die CDU auf ih- rem Parteitag von ihrem sachgerechten Vorschlag verab- schiedet und stattdessen eine Leerstelle hinterlassen. Dies kann aber einen Bundestag, der auch eine sachliche Orientierung für das mitgeben soll, was eine Bundesre- gierung dann entsprechend umzusetzen hat, nicht daraus entlassen, klar Position zu beziehen. Diese klare Position ist allerdings in dem Antrag von CDU/CSU und FDP jetzt kastriert. Wohl wird noch die Gleichwertigkeit von Berufsbildung und Abitur ange- sprochen, aber die Niveaustufe selbst wird nicht mehr erwähnt. Dies ist für eine politische Mehrheit des Bun- destages, die ja nicht ins Unverbindliche ausweichen sollte, sondern von der auch klare Positionen erwartet werden dürfen, zu wenig. Die SPD bedauert deshalb die Kleinmütigkeit von CDU/CSU und FDP, zumal wir bei verschiedenen Gelegenheiten ja vollkommene Überein- stimmung, auch in der Sacheinschätzung, erleben konn- ten. Gleichzeitig ist einem klar, dass eine dauerhafte Selbstblockade zwischen den beteiligten Instanzen, nämlich den Ministerpräsidenten, hinter denen dann die Blockaden durch die Bildungsminister der Länder einer- seits und die Wirtschaftsminister der Länder andererseits stehen, in sich und auch gegenüber dem Bund in der Sa- che nicht weiterführen würde. Die SPD hat deshalb schon am 29. November 2011 in ihren Beschlussvor- schlag die Forderung aufgenommen, auf die Einordnung allgemeinbildender Schulabschlüsse im DQR, sollte es nicht umsetzbar sein, zu einer übereinstimmenden Ein- ordnung auf Niveau 4 des DQR zu kommen, grundsätz- lich zu verzichten. Gleiches haben auch die SPD-Bil- dungsminister schon frühzeitig in die Debatte gebracht, weil auch sie der Auffassung sind, dass es keine Blo- ckade in dem Prozess geben darf, der mit den nächsten Schritten auf der europäischen Ebene weitergeht und mit dem natürlich auch prozesshaft noch weitere Positions- klärungen im Zusammenwirken mit den übrigen Part- nern, den europäischen Nachbarländern, der Europäi- schen Kommission und an erster Stelle den Sozial- partnern, zu finden sein werden. Dass man dann jetzt, medial entsprechend vorbereitet, die voluminöse Ankündigung der Bundesbildungsminis- terin lesen darf, dass sie den großen Befreiungsschlag plant, mit dem sie genau diesen SPD-Vorschlag neu in die Diskussion einbringt, zeugt dann allerdings von einer ziemlichen Ignoranz und Überheblichkeit der Bundesbil- dungsministerin. Es ist wirklich bedauerlich, dass Frau Schavan, statt klar, eindeutig und rechtzeitig Orientie- rung zu geben, zu solchen Mitteln greifen muss, um sich – bildhaft gesprochen – hinter den Zug zu werfen, der schon lange vorbeigefahren ist. Von „Idee für einen Be- freiungsschlag“ kann hier jedenfalls keine Rede sein. In anderen Zusammenhängen würde man wohl eher von politischem Plagiat sprechen. w fi s D n n a w s d o z a te s s z e d d in fi w o fe s v k b k lu B K ra u w tr fi c w e fo A Q n p le d s D fo d m b k (C (D Zum Zweiten die Bemerkung in der Sache und zum eiteren Vorgehen. Gerade weil der Europäische Quali- kationsrahmen und in diesem der DQR ein hochan- pruchsvolles Konstrukt bilden, darf auch für uns in eutschland die Diskussion mit der vorläufigen Heraus- ahme der allgemeinbildenden schulischen Abschlüsse icht beendet sein. Gerade weil wir sehr sicher sind, dass uch im europäischen Kontext, in dem Vergleich dessen, as in anderen europäischen Ländern als Einordnung olcher Abschlüsse vorgenommen wird, am Ende doch ie sachliche Lösung, nämlich hier die gemeinsame Ein- rdnung auf Niveau 4, auf mittlere Sicht wieder auf uns ukommen wird, wollen wir gleichzeitig noch den Blick uf andere offene Fragestellungen richten. So hat unseres Erachtens die Aufgabe, das ganze Sys- m der beruflichen Aufstiegsfortbildung in den ver- chiedenen Niveaus in den Europäischen alias Deut- chen Qualifikationsrahmen mit einzuordnen, bisher viel u wenig Bedeutung gehabt. Genau hierfür ist aber auch ntscheidend, dass es noch eine eigene Kategorie 5 in en entsprechenden Anforderungen an die fachliche und ie personale Kompetenz gibt. Wenn Sie sich noch einmal in Erinnerung rufen, was der Matrix vom DQR hier mit angesprochen ist, so nden Sie als Anforderung im Bereich des Wissens so- ohl das integrierte Fachwissen in einem Lernbereich der integriertes berufliches Wissen in einem Tätigkeits- ld, das auch vertieftes fachtheoretisches Wissen ein- chließt. Bei den Fertigkeiten ist daran gedacht, das Ni- eau 5 an ein sehr weites Spektrum spezialisierter, ognitiver und praktischer Fertigkeiten zu binden. Ar- eitsprozesse sollen danach übergreifend geplant werden önnen und unter umfassender Einbeziehung von Hand- ngsalternative und Wechselwirkung mit benachbarten ereichen beurteilt werden können. In der personalen ompetenz wird erwartet, dass Arbeitsprozesse koope- tiv, auch in heterogenen Gruppen, geplant, gestaltet nd auch mit anderen Personen zusammen angeleitet erden können. Insgesamt muss hier schon eine be- ächtliche Führungsleistung erbracht werden können. Genau diese Kompetenzen gehen alle über die Quali- kation hinaus, die junge Menschen nach einer berufli- hen Erstausbildung oder nach dem Abitur schon auf- eisen können. Sie ziehen vielmehr nach sich, dass es inen systematischen Aufbau von Weiterbildung im in- rmellen Sinne geben sollte, deren Entwicklung und nerkennung ja nicht zuletzt durch den Anspruch des ualifikationsrahmens mit angestoßen werden soll. Ge- au hierauf werden wir aber zusammen mit den Sozial- artnern, mit den Bildungsinstitutionen, im System des benslangen Lernens und der systematischen Weiterbil- ung ein vermehrtes Gewicht zu legen haben, wenn die- es anspruchsvolle Instrument des Europäischen und des eutschen Qualifikationsrahmens wirklich zu einem Er- lg geführt werden soll. Wir werben deshalb noch einmal nachdrücklich dafür, ass nicht so sehr taktische Finessen von der Bildungs- inisterin Schavan bis hin zu den Koalitionsfraktionen ei der Abstimmung die Orientierung geben, sondern die lare, sachliche Begründung. Gerade wenn es um Quali- 18686 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) fikationen geht, sollte Sachlichkeit doch eigentlich kein Nachteil sein. Heiner Kamp (FDP): „Ist die Lehre so wertvoll wie das Abi?“ – So und so ähnlich haben die Zeitungen zum Europäischen Qualifikationsrahmen und seiner nationa- len Umsetzung im Deutschen Qualifikationsrahmen ge- titelt. Um es vorwegzunehmen: Die Antwort auf die da- mals im Handelsblatt aufgeworfene Frage lautet eindeutig und unmissverständlich: Ja. Selbstverständlich gibt es Unterschiede zwischen dem Abitur und einer ab- geschlossenen beruflichen Ausbildung. Die Abschlüsse sind verschiedenartig. Sie sind aber eindeutig gleichwer- tig. Bei der spröden Bezeichnung „Europäischer Qualifi- kationsrahmen“ könnte man annehmen, dass es sich um eine weitere technokratische Segnung der EU handelt, von der man nicht unbedingt eine positive Auswirkung erwarten sollte. In diesem Fall sind derlei Befürchtungen unbegründet. Der Europäische Qualifikationsrahmen und der Deutsche Qualifikationsrahmen als seine natio- nale Umsetzung bieten eine große Chance, gerade die Bedeutung und Qualität der beruflichen Ausbildung im europäischen Kontext angemessen deutlich zu machen. Und dies ist von nicht zu unterschätzender Relevanz. Erst kürzlich hat eine Studie des Instituts der deut- schen Wirtschaft Köln nachgewiesen, dass die duale Be- rufsausbildung die Triebfeder für Innovationskraft und Wirtschaftswachstum in unserem Land ist. Im Ausland werden wir um unsere hervorragend ausgebildeten Fach- kräfte beneidet. Ihnen haben wir es zu verdanken, dass unsere Betriebe und damit unsere Volkswirtschaft im Vergleich zu anderen Staaten so zügig aus der Krise ge- kommen ist. Der Europäische Qualifikationsrahmen bietet uns die Möglichkeit, diese große Stärke unseres deutschen Bil- dungssystems endlich nach Europa zu spiegeln. Die berufliche Dualausbildung zeichnet das deutsche Bil- dungssystem aus, unterscheidet uns von anderen Mit- gliedstaaten. Das ist ein Riesenvorteil. Und dennoch wurde unser Berufsausbildungswesen auf europäischer Ebene geringgeschätzt und belächelt. Man denke nur an die regelmäßigen Vorwürfe vonseiten der OECD, Deutschland habe eine zu geringe Akademikerquote. Mit dem Deut- schen Qualifikationsrahmen haben wir die Möglichkeit, die hohe fachliche Qualität unserer Berufs- und Weiter- bildungsabschlüsse in Europa in Relation zu den diver- sen College-Abschlüssen zu stellen und sie damit ver- gleichbar zu machen. Wir können zeigen, dass unsere Ausbildungsberufe keinesfalls zurückstehen müssen, sondern vielfach den vollschulischen oder quasiakade- mischen Lehrangeboten unserer Nachbarn überlegen sind. Der Deutsche Qualifikationsrahmen wird außerdem dazu beitragen, gerade die Weiterbildungsabschlüsse auch innerhalb unseres Landes verständlicher und ver- gleichbarer zu machen. Was meine ich damit? Ein Bei- spiel: Der Fortbildungsabschluss Fachwirt wird von vie- len als nicht gleichwertig mit einer akademischen Ausbildung wahrgenommen. Er ist es aber. Die Wege s d q N m is d te d g c e C n S c z te w W c A D d g A fa ö d ic B W W lu M o s re u a in e is m M – h k w s g n (C (D ind verschieden, das Ergebnis ist gleich viel wert. Wenn er Fachwirt künftig gemeinsam mit dem ersten berufs- ualifizierenden Hochschulabschluss, dem Bachelor, auf iveaustufe 6 des DQR steht, wird das die Wahrneh- ung der Fortbildungsabschlüsse positiv befördern. Das t gut für die Bildungsnation Deutschland. Weiterbil- ungsabschlüsse gewinnen an Anerkennung. Und Wei- rbildung gewinnt damit an Attraktivität. Aufstieg urch Bildung, das ist das Motto. Der DQR bietet also erade für das einzigartige deutsche Modell der berufli- hen Dualausbildung eine gute Gelegenheit, in Europa ndlich angemessen vergleichbar zu werden. Leider haben die Kultusminister der Länder diese hance nicht erkannt. Sie sehen den DQR eher als Teil ei- es Schönheitswettbewerbs und wollen ihr Abitur als chönheitskönigin möglichst weit oben auf dem Trepp- hen sehen. Dass sie sich damit außerhalb des Konsenses wischen allen übrigen an der Erarbeitung des DQR Be- iligten begeben, kümmert die Kultusminister bislang enig. Ärgerlich ist, dass die Kultusminister sich erst zu ort gemeldet haben, nachdem der DQR bereits entwi- kelt war. Mit dem Beschluss auf ihrer 335. Sitzung, das bitur auf Niveaustufe 5 statt, wie vom Arbeitskreis QR beabsichtigt, auf Niveaustufe 4 einzuordnen, torpe- ierten sie den DQR-Prozess und die Chance auf eine an- emessene Anerkennung unserer dualen beruflichen usbildung. Die Entscheidung der Kultusministerkonferenz war chlich und ordnungspolitisch falsch. Sie kommt einer ffentlichen Beschädigung der beruflichen Dualausbil- ung gleich – statt für sie zu werben. Die Gründe hatte h bereits genannt. Die Kultusministerkonferenz stellt sich mit ihrem eschluss nicht nur gegen die Bundesregierung, die irtschaftsminister der Länder, die Gewerkschaften, die irtschaftsverbände und alle übrigen an der Entwick- ng des DQR Beteiligten. Nein, auch gegen die übrigen itgliedstaaten der Europäischen Union. Niemand sonst rdnet die Hochschulzugangsberechtigung auf Niveau- tufe 5 ein. Die Position ist nur eins: isoliert. Die FDP-Fraktion fordert die Kultusministerkonfe- nz nachdrücklich auf, ihre Einzelmeinung aufzugeben nd zu einem Konsens zurückzukehren. Die Alternative, uf die Einordnung der allgemeinbildenden Abschlüsse den DQR zu verzichten, wäre für die KMK vielleicht ine gesichtswahrende Lösung. Wirklich erstrebenswert t sie nicht. Der dualen beruflichen Ausbildung hat die Kultus- inisterkonferenz bereits einen Bärendienst erwiesen. it der durch ihren Beschluss angestoßenen Debatte ich erinnere an das von mir eingangs genannte Zitat – at sie der dualen Ausbildung alles andere als die Aner- ennung zuteilwerden lassen, die sie verdient. Vom Spitzengespräch am 31. Januar 2012 erwarten ir von den Kultusministern ein Einlenken. Andernfalls ind die Ministerpräsidenten gefragt, ihre Kabinettsmit- lieder zum Wohle der beruflichen Ausbildung zur Ord- ung zu rufen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18687 (A) ) )(B) Agnes Alpers (DIE LINKE): Mit dem Europäischen Qualitätsrahmen und dem Deutschen Qualitätsrahmen haben wir uns auf den Weg gemacht, die Gleichwertig- keit und die Durchlässigkeit zwischen allgemeiner, be- ruflicher und hochschulischer Bildung herzustellen. Das neue Prinzip lautet: Wir vergleichen nicht mehr die Abschlüsse, sondern die Lernergebnisse in Form von Kompetenzen. Hierzu hat man zum Beispiel die Lern- ergebnisse aus Ausbildungsrahmenplänen und Abitur- verordnungen in einer Matrix von acht Niveaustufen ein- geordnet. Wir als Linke begrüßen dieses Umdenken: Es ist jetzt nicht mehr wichtig, wo ich meinen Abschluss gemacht habe, sondern was ich im Ergebnis an Kompe- tenzen erworben habe. Aber genau dieser Paradigmenwechsel ist der Grund, warum wir hier heute stehen, warum es einen Konflikt gibt: Alle am DQR Beteiligten waren sich zunächst ei- nig: Eine vollqualifizierende duale Ausbildung – also eine Ausbildung von 3 und 3,5 Jahren – und das Abitur sind gleichwertig. Deshalb sollen beide auf dem Niveau vier angeordnet werden. Doch die Kultusministerkonfe- renz der Länder hat sich dagegen ausgesprochen. Sie will das Abitur auf Stufe fünf installieren und die duale Ausbildung im Wesentlichen auf vier. Zur Begründung schrieb die KMK in einem Brief an die Ministerpräsi- denten der Länder im Dezember: Das deutsche Abitur ist im europäischen Kontext etwas Besonderes. Es ist nicht nur ein Schulabschluss, sondern ein Universitätsein- gangszeugnis, und dies ist in Europa nicht selbstver- ständlich. Diese Behauptung ist schlichtweg falsch. Das deut- sche Abitur hat in Europa kein Alleinstellungsmerkmal; denn auch in den anderen Staaten berechtigt dieser Schulabschluss zum uneingeschränkten Zugang zu den Universitäten. Zulassungsbeschränkungen und Aufnah- meprüfungen gibt es auch in Deutschland. Die Einord- nung auf Stufe fünf ist daher nicht nachvollziehbar und wird in Europa nicht geteilt. Die anderen Staaten haben sich dafür ausgesprochen, dass auch das Abitur auf dem Niveau vier anzusiedeln ist. Durch solche Behauptungen isoliert sich Deutschland in Europa und vermittelt das Bild, dass die Deutschen mit ihrem Abitur etwas Besse- res sein wollen. Als Europäerin sage ich Ihnen: Dies ist nicht der Weg in ein gemeinsames und solidarisches Europa. In Abgrenzung zu einer dualen Ausbildung hebt die KMK hervor, dass man durch ein Abitur über vertieftes fachtheoretisches Wissen verfüge und deshalb auf der Stufe fünf einzuordnen sei. Es stellt sich hier die Frage, warum die Kompetenzen einer Tischlerausbildung weni- ger wert sein sollen als die eines Abiturs. Ich komme aus einer Tischlerfamilie, und ich selbst habe jahrelang Tischler unterrichtet. In der Ausbildung erwerben sie nicht nur breite fachtheoretische Kenntnisse, sondern be- raten Kunden, kalkulieren Preise, planen selbsttätig Arbeitsabläufe, programmieren Werkstücke an CNC- Maschinen, sind in die Strukturen der Arbeitswelt einge- bunden und erwerben nach einer theoretischen Prüfung mit fünf Prüfungsfächern und einer praktischen Prüfung mit der Planung, Zeichnung und eigenständigen Herstel- lung eines Werkstückes die volle Berufsfähigkeit. Fazit: T A e K A p G v fu z R c d u Z fl c S A W D S o w p c s w In s k d z n n F u g s G d a G d Id ri li d Ü B A ri (C (D ischlerinnen und Tischler und Abiturientinnen und biturienten lernen ganz unterschiedliche Dinge. Aber s ist vermessen zu behaupten, dass die erworbenen ompetenzen eines Tischlers geringer sind als die eines biturienten. Die KMK pocht darauf, dass ein Abiturient alle Kom- etenzen der Stufe fünf durch das Abitur erreicht hat. eht die KMK wirklich davon aus, wie auf Stufe fünf orgesehen, dass ein Abiturient „andere anleiten und mit ndierter Lernberatung unterstützen“ kann? Aber es geht weniger um all diese Einzelfragen. Die entrale Frage ist: Ist die KMK bereit, von ihrem hohen oss abzusteigen und die Gleichwertigkeit von berufli- her und allgemeiner Bildung zu akzeptieren? Wir for- ern die KMK auf: Beenden Sie Ihr Denken von oben nd unten, von besser und schlechter! Denn der Zug der eit ist schon auf einem anderen Weg. Wie verhalten sich nun die Fraktionen zu dem Kon- ikt um die Stufen vier und fünf des DQR? Alle spre- hen sich für die Gleichwertigkeit und somit für die tufe vier für die allgemeine und berufliche Bildung aus. lle begrüßen den Wechsel von abschlussorientierter ertigkeit hin zu ergebnisorientierten Kompetenzen. och wenn die KMK nicht zustimmt, sprechen sich PD, CDU/CSU und FDP dafür aus, dass auf die Ein- rdnung der allgemeinen Schulabschlüsse verzichtet erden soll. Auch wenn der Bundestag keine Entscheidungskom- etenz beim DQR hat, so ist es doch bezeichnend, wel- hes Bild SPD, CDU/CSU und FDP hier abliefern: Sie ind nicht bereit, sich klar und deutlich hinter die Gleich- ertigkeit zu stellen. Sie nehmen davon Abstand, dass es halt und Ziel des DQR ist, alle – ich betone: alle – Ab- chlüsse und Qualifikationen mit einzubeziehen. Ich ann hier nur feststellen: Diese Fraktionen sind nicht in er Lage, Konflikte auszutragen, klare Entscheidungen u treffen. Die Annahme, dass die KMK schon noch achziehen wird, mag wünschenswert sein, hat aber ichts mit der zugespitzten Realität zu tun. Meine Damen und Herren von SPD, CDU/CSU und DP, Sie sind in dieser Frage weder Fisch noch Fleisch nd liefern ein fatales Signal an Europa: Deutschland eht wieder einen Sonderweg, und deutsche Abschlüsse ollen wieder über europäischen Abschlüssen stehen. Im egensatz zu dieser Konfliktvermeidungsstrategie setzt ie Linke klare Signale für eine gleichwertige Bildung uf europäischer Ebene und für ein solidarisches Europa: leichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bil- ung, jetzt und ohne Wenn und Aber. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die ee des Europäischen Qualifikationsrahmens ist gut und chtig. Er soll mehr Transparenz schaffen und die Mobi- tät auf dem europäischen Arbeitsmarkt, aber auch in er beruflichen Aus- und Weiterbildung fördern. Als bersetzungsinstrument kann er die Vergleichbarkeit der ildungsabschlüsse für Europas Arbeitgeberinnen und rbeitgeber, für die Auszubildenden und Arbeitnehme- nnen und Arbeitnehmer erheblich verbessern. 18688 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) In Buxtehude wissen wenige, was HBO in den Nie- derlanden bedeutet. Umgekehrt sollen Betriebe in Spa- nien mit dem Qualifikationsrahmen auf einen Blick er- kennen können, ob Michaela Müller aus Hamburg mit ihrer Qualifikation für die ausgeschriebene Stelle über- haupt in die nähere Auswahl kommt. Beim EQR und DQR zählen die Lernergebnisse und Handlungskompetenzen. Wo und wie die Kompetenz er- langt wurde, steht nicht mehr an erster Stelle. Einmal flä- chendeckend in allen Unterzeichnerstaaten umgesetzt, kann und soll der EQR eine grundsätzliche Orientierung gewährleisten, weshalb die einzelnen Stufen recht breit angelegt sind. Warum ist es hierzulande nicht gelungen, fristgemäß vor dem Jahreswechsel alle Bildungsabschlüsse den acht Qualifikationsstufen zuzuordnen? Warum tut sich Deutschland anders als andere Teilnehmerländer mit der Umsetzung so schwer? Mit ihrer Entscheidung, das Abitur höher einzustufen als die Berufsausbildungsabschlüsse, hat die KMK den Zuordnungsprozess im Herbst vorerst zum Stillstand ge- bracht. In der Konsequenz bedeutet der KMK-Be- schluss, dass Abiturienten nach einer abgeschlossenen Ausbildung von dem Qualifikationsniveau 5 auf 4 zu- rückgestuft werden. Sogar Vertreter der Koalition räumten gestern im Bil- dungsausschuss ein, „viel Sympathie für die gemein- same Einordnung auf Stufe 4“ zu haben, wie wir es in unserem grünen Antrag fordern. Offenbar leuchtet auch der Koalition ein, dass es nicht angehen kann, dass Abi- turientinnen und Abiturienten der Anreiz genommen wird, eine hochwertige duale Berufsausbildung zu absol- vieren. Unsere Wirtschaft braucht schließlich alle, auch die Leistungsstarken. Darüber hinaus werden die Berufs- bilder unter dem Modernisierungsdruck anspruchsvoller und komplexer, was die höhere Einordung des Abiturs nicht rechtfertigt. Gerade für Mittelständler sind gut aus- gebildete nichtakademische Fachkräfte ein wichtiger Faktor für die Entwicklung neuer Produkte und ihre Wettbewerbsfähigkeit. Es ist Aufgabe der Politik, inno- vationsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Und dazu gehört auch ein lebensnaher und realitätsge- rechter DQR. Immerhin setzten sich alle anderen in der Bildungs- und Berufsbildungslandschaft relevanten Akteure wie Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften sowie die Wirtschaftsministerkonferenz und auch das BMBF für die gleichwertige Zuordnung der mindestens dreijährigen Ausbildungen und des Abiturs auf Kompe- tenzniveaustufe 4 ein. Dies haben wir in unserem grünen Antrag deutlich gemacht. Der Antrag der SPD hingegen hat schon die Kompro- missformel vorweggenommen, die schulischen Bil- dungsabschlüsse aus dem DQR herauszunehmen, was die Verhandlungsposition der Bundesebene unnötig schwächte. Seit Dienstag macht sich nun auch öffentlich Ministerin Schavan für diese Variante stark, vor allem mit Blick auf das Treffen am 31. Januar, an dem sie übri- gens nicht teilnehmen wird. Ich entnehme dem, dass von d d Ü P k s d B K D u w m a je K d u d m z z la n s a s B d s z b h z ru T d d te p in s A D u B V W z d e (C (D em Treffen keine Lösungsimpulse mehr erwartet wer- en. Das sogenannte Französische Modell kann nur eine bergangslösung sein und ist nichts anderes als eine roblemvertagung, die jetzt eine aufgeheizte Debatte urzfristig beenden mag. Ich würde es bedauern, wenn ich ausgerechnet die „Grande Nation“ und das „Land er Dichter und Denker“ bei einem bedeutsamen DQR- estandteil ausklinkten. Ministerin Schavan möchte den onflikt lösen, indem sie ebendiesen ausklammert. och die lösungsorientierten Gespräche zwischen KMK nd den anderen bildungspolitischen Akteuren müssen eitergehen. Es ist besser, einen funktionierenden EQR in regel- äßigen Abständen zu überprüfen und nachzujustieren, ls das sinnvolle Instrument zur europäischen Mobilität tzt mutlos in die Ecke zu legen. Möge dem neuen MK-Präsidium die Konsensfindung gelingen. Dr. Helge Braun, Parl. Staatssekretär bei der Bun- esministerin für Bildung und Forschung: Wir wollen nsere Bildungsabschlüsse, von den einfachsten bis zu en höchsten, in einer achtstufigen Skala transparent achen, um zu zeigen, welche Kompetenzen der Ein- elne im Laufe seines Bildungsprozesses erwirbt. Es soll ukünftig nicht mehr darauf ankommen, wo oder wie nge jemand lernt, sondern darauf, was er am Ende ei- er Ausbildung kann. Und das nicht nur in Deutschland, ondern in ganz Europa: über 30 Staaten arbeiten derzeit n dem gleichen Ziel. Zum ersten Mal in der europäischen Geschichte chaffen wir ein übergreifendes Vergleichssystem für ildungsabschlüsse. Wir wagen damit einen entschei- enden Schritt hin zu einer europäischen Bildungsland- chaft und nähern uns dem Ziel, die Europäische Union um wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissens- asierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Zudem aben wir die Chance, unser nationales Bildungssystem u öffnen. Natürlich sind wir in Deutschland stolz auf viele Er- ngenschaften unseres Bildungssystems – die langen raditionen der Hochschulen in Forschung und Lehre, en hohen Qualitätsstand der dualen Ausbildung oder ie breite Allgemeinbildung, die unsere Schulen vermit- ln. Aber wenn wir ehrlich sind, errichten unsere kom- lexen Systeme mit ihren Traditionen und Eigenheiten mancher Hinsicht hohe Hürden zwischen den ver- chiedenen Bildungswegen. Manchmal hat unser System ufstiege erschwert, Talente ausgebremst und „gläserne ecken“ errichtet, wo es allein auf Können, Initiative nd den Willen zur Weiterbildung ankommen sollte. In den letzten vier Jahren hat eine breite Koalition aus eteiligten den Deutschen Qualifikationsrahmen erarbeitet. ertreter von Bund, Ländern, Sozialpartnern, Wirtschaft, issenschaft und Gesellschaft haben dabei vertrauensvoll usammengewirkt und weitestgehend Übereinstimmung arüber erzielt, wie die Stufen beschrieben und Abschlüsse ingeordnet werden sollen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18689 (A) ) )(B) Bund, Wirtschaftsministerkonferenz, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände genauso wie die Hochschul- vertretungen sind sich einig: Gemessen an den vermittel- ten Kompetenzen ist die Einordnung des Abiturs auf Stufe 4 des DQR richtig. Das gilt auch für die anspruchs- volleren dualen Ausbildungen, die ebenfalls auf Stufe 4 eingeordnet werden sollen. Die Stufe 5 bildet dagegen tertiäre Abschlüsse ab, wie die ersten hochschulischen Abschlüsse oder berufliche Aufstiegsfortbildungen. Da- mit entsteht ein stimmiges Gesamtbild, in Deutschland und in Europa. Wir setzen uns für die Gleichwertigkeit des Abiturs und der anspruchsvollen dualen Ausbildun- gen ein. Bei den dualen Erstausbildungen wollen wir über zwei Stufen differenzieren: Stufen 3 und 4. Die Hoch- schulzugangszeugnisse aller europäischen Länder sollen sich auf einer gemeinsamen Stufe wiederfinden. Das entspricht nicht nur unseren Verabredungen bei anderen internationalen Vergleichsinstrumenten, sondern auch der Vielzahl bilateraler Vereinbarungen. Jetzt ist der Erfolg dieser jahrelangen Arbeit gefähr- det. Es ist in den letzten Monaten trotz intensiver Bemü- hungen und zahlreicher Gespräche nicht gelungen, mit der Kultusministerkonferenz Einigkeit über die Zuord- nung des Abiturs zu erzielen. Die Kultusministerkonfe- renz beharrt darauf, dass das Abitur auf der Stufe 5 ein- geordnet wird. Gleichwertigkeit mit der dualen Berufsausbildung soll dadurch hergestellt werden, dass die Ausbildungsberufe über drei Stufen gestreckt wer- den. Gleichzeitig soll die Fachhochschulreife eine Stufe unterhalb des Abiturs angesiedelt werden. Das gefährdet die Kohärenz des DQR. Es wird der Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung nicht gerecht und setzt die duale Ausbildung gegenüber der Schulbil- dung herab. Es stellt uns außerhalb der europäischen Wahrneh- mung, die das deutsche Abitur nicht als höherwertiger ansieht als die Matura, das Baccalaureat oder die A-Le- vels. Und es wahrt nicht den erforderlichen Abstand zu den tertiären Abschlüssen der Stufe 5. Zudem unter- scheidet es zwischen dem Abitur und der Fachhoch- schulreife, obwohl beides zur Aufnahme eines Bachelor- studiengangs an einer Hochschule berechtigt und der Bachelor unabhängig von der Art der Hochschule auf Stufe 5 eingeordnet wird. Es gefährdet unsere Glaub- würdigkeit gegenüber unserer eigenen Bevölkerung und in Europa. Der DQR ist ein beschäftigungsbezogenes Bewertungsinstrument, in dem vor allem nach den auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Kompetenzen gefragt wird. Zu Recht wird daher in den Medien gefragt: Wa- rum soll der Geselle zwei Stufen unter dem Abiturienten stehen? Wenn wir den DQR ernst nehmen, wenn wir Transpa- renz und Mobilität fördern wollen und wenn wir danach fragen, welche Kompetenzen tatsächlich vermittelt wer- den, dann müssen wir wirkliche Gleichwertigkeit zwi- schen Abitur und anspruchsvollen beruflichen Erstaus- bildungen schaffen. Wir dürfen die zweijährigen Aus- bildungen nicht mehr unterhalb der Hochschulreife ein- ordnen. Auf der anderen Seite müssen wir den Abstand z s s g S e n T s d a Q im s G A d d b z s d ti w tr le ru z A s li D re A d re A R la u s E s G b (C (D u den ersten tertiären Abschlüssen wahren. Wie soll onst der Wissens- und Kompetenzzuwachs zum Bei- piel in Kurzstudiengängen oder Aufstiegsfortbildungen ezeigt werden? Aus diesem Grund sage ich es offen: Wenn an dieser telle keine Einigkeit mit der Kultusseite möglich ist, ist s besser, auf die Zuordnung der Schulabschlüsse zu- ächst zu verzichten. Als nationales und europäisches ransparenzinstrument macht der DQR nur Sinn, wenn eine Zuordnungen richtig und stimmig sind. Auch wenn er EQR im Grundsatz bildungsbereichsübergreifend ngelegt ist, hat er vor allem berufliche und akademische ualifikationen mit unmittelbarem Arbeitsmarktbezug Blick. Da die allgemeinbildenden Schulabschlüsse elbst nicht berufsqualifizierend sind, sondern die rundlage für die weitere akademische und berufliche usbildung bilden, stellen sie ohnehin eine Besonderheit ar. Die allgemeinbildenden Schulabschlüsse könnten aher als Notlösung, wenn die weiteren Entwicklungen ei uns und in der EU klarer absehbar sind, in einem weiten Schritt zugeordnet werden – wie es zum Bei- piel auch Frankreich plant. So könnte die Stimmigkeit es Rahmens gewahrt und die Zuordnung der Qualifika- onen sukzessive vorgenommen werden – und wir be- ahren uns die Chance, mit dem DQR einen echten Bei- ag für mehr Transparenz und Durchlässigkeit zu isten. Ich werbe noch einmal ausdrücklich um die Einfüh- ng des DQR: Qualifikationsrahmen sind Instrumente ur Erhöhung von Transparenz und Mobilität auf dem rbeitsmarkt. Sie machen Gleichwertigkeit und Unter- chiede zwischen Schulbildung und Studium und beruf- cher Bildung in Deutschland sichtbar und tragen zur urchlässigkeit und einer Erhöhung der Bildungsge- chtigkeit Deutschland und Europa bei. nlage 11 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Für wirksamen Rechtsschutz im Asylverfahren – Konsequen- zen aus den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ziehen (Ta- gesordnungspunkt 16) Helmut Brandt (CDU/CSU): In ihrem Antrag for- ert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Bundes- gierung auf, den in §§ 27 a, 34 a Abs. 2 und § 75 sylVfG vorgesehenen Ausschluss des vorläufigen echtsschutzes gegen Überstellungen nach Griechen- nd im Rahmen der Dublin-II-Verordnung aufzuheben nd stattdessen das Recht auf einen effektiven Rechts- chutz mit aufschiebender Wirkung festzuschreiben. Hintergrund des vorliegenden Antrags ist neben einer ntscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Men- chenrechte vom 21. Januar 2011 eine Entscheidung des erichtshofs der Europäischen Union vom 21. Dezem- er 2011. In dem Verfahren von Asylbewerbern aus Af- 18690 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) ghanistan, dem Iran und Algerien gegen das Vereinigte Königreich und die Republik Irland hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass ein Asylbe- werber nicht an einen Mitgliedstaat überstellt werden darf, in dem er Gefahr läuft, unmenschlich behandelt zu werden. Das Unionsrecht lasse keine unwiderlegbare Vermutung zu, dass die Mitgliedstaaten die Grundrechte der Asylbewerber beachten. Begründet wird der Antrag von Bündnis 90/Die Grü- nen damit, dass ein Schutzsuchender in jedem Falle vor einer Rückführung in einen anderen EU-Mitgliedstaat die Möglichkeit einer effektiven rechtlichen Überprü- fung mit aufschiebender Wirkung haben müsse. Diesen Antrag lehnen wir ab, da die Forderungen durch eine Entscheidung des Bundesinnenministers vom Dezember des letzten Jahres unbegründet sind. Bereits am 19. Januar 2011 hatte der damalige Bundesinnen- minister, Thomas de Maizière, erstmalig entschieden, dass mit sofortiger Wirkung für die Dauer eines Jahres keine Überstellungen von Drittstaatsangehörigen nach der sogenannten Dublin-Verordnung nach Griechenland durchgeführt werden sollen. Das Bundesamt für Migra- tion und Flüchtlinge wurde gebeten, entsprechend zu verfahren. Deutschland macht in diesen Fällen von sei- nem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 3 der Dublin- II-Verordnung Gebrauch und führt die Asylverfahren in Deutschland durch. Auch vorher schon, bereits in 2009 und 2010, hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der schwieri- gen Situation in Griechenland Rechnung getragen, in- dem es bei besonders schutzbedürftigen Personen, zum Beispiel für Minderjährige, für Flüchtlinge hohen Alters oder für Flüchtlinge, bei denen Schwangerschaft, ernst- hafte Erkrankungen, Pflegebedürftigkeit oder eine be- sondere Hilfebedürftigkeit vorlagen, von seinem Selbst- eintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-Verordnung sehr großzügig Gebrauch gemacht und von einer Über- stellung nach Griechenland abgesehen hat. Hintergrund der Entscheidung des Bundesinnenministers waren Be- richte von Delegationsteilnehmern sowie von NGOs und dem Hohen Flüchtlingskommissariat, die immer wieder auf die chaotischen Zustände in Griechenland hinwie- sen. Dieses und vor allem die tatsächliche Entwicklung in Griechenland haben das Bundesinnenministerium nun- mehr veranlasst, erneut für ein Jahr von seinem Selbst- eintrittsrecht gemäß der Dublin-II-Verordnung Gebrauch zu machen. Trotz der geleisteten oder angebotenen Hilfe herrschten und herrschen in den Flüchtlingslagern men- schenunwürdige Zustände. Die griechische Regierung ist nach wie vor nicht in der Lage und wohl auch nicht willens, sich für eine deutliche Verbesserung der Lage der Flüchtlinge einzusetzen. Zusätzlich soll mit dieser Entscheidung des Bundesinnenministers auch zum Pro- zess der Konsolidierung des griechischen Asylsystems beigetragen werden. Mit der Entscheidung des Bundesinnenministers, für die Dauer eines Jahres keine Überstellungen von Drittstaats- angehörigen nach der sogenannten Dublin-II-Verordnung nach Griechenland durchzuführen und stattdessen von d m s § g c d lu D e R d n M re li k b s w w d s o b d k g ih G m p E S B u n M v w u la a u v s s u n d J d E a (C (D er Möglichkeit des Selbsteintrittsrechts Gebrauch zu achen, haben sich Ihre Forderungen nach einer grund- ätzlichen Aufhebung des in den §§ 27 a, 34 a Abs. 2 und 75 AsylVfG vorgesehenen Ausschlusses des vorläufi- en Rechtsschutzes gegen Überstellungen nach Grie- henland im Rahmen der Dublin-II-Verordnung erübrigt. Eine grundsätzliche Einführung einer aufschieben- en Wirkung von Rechtsbehelfen gegen Rücküberstel- ngen brauchen wir nicht. Denn das in Art. 3 Abs. 3 der ublin-II-Verordnung vorgesehene Instrument des Selbst- intrittsrechts trägt der jetzigen Situation hinreichend echnung. Wie die jetzige und vergleichbare Entschei- ungen anderer Staaten zeigen, bietet die Dublin-Verord- ung bereits in ihrer geltenden Fassung hinreichende öglichkeiten, um auf außergewöhnliche Situationen zu agieren. Und wir wollen sie auch nicht. Denn das Dub- n-II-Abkommen war und ist der Garant dafür, dass wir einen unkontrollierten und auch von uns nicht mehr zu ewältigenden Asylbewerberstrom haben. Die grund- ätzliche Einführung einer aufschiebenden Wirkung ürde dieses System aushöhlen. Ich betone deshalb noch einmal ausdrücklich, dass ir mit der Entscheidung des Bundesinnenministers, für ie Dauer eines Jahres keine Überstellungen von Dritt- taatsangehörigen nach der sogenannten Dublin-II-Ver- rdnung nach Griechenland vorzunehmen, nicht das Du- lin-System als solches infrage stellen. Denn die auf em Verantwortungsgrundsatz basierenden Zuständig- eitsregelungen der Dublin-Verordnung und ihres Vor- ängerabkommens haben sich in den über zehn Jahren rer Anwendung bewährt. Das Dublin-System bietet die arantie dafür, dass jeder auf dem Gebiet der teilneh- enden Staaten gestellte Asylantrag auch tatsächlich ge- rüft wird. Hierzu muss das System weiterhin zügige ntscheidungen und Überstellungen in den zuständigen taat ermöglichen. Ich stimme mit den Kollegen und Kolleginnen von ündnis 90/Die Grünen überein, dass wir ein menschen- nwürdiges Dasein der Flüchtlinge, das gegen alle inter- ationalen Standards verstößt, nicht dulden können. eine Kollegen und ich haben deshalb im Dezember ergangenen Jahres Griechenland aufgefordert, alle not- endigen Maßnahmen zu ergreifen, um die menschen- nwürdigen Bedingungen in den griechischen Auffang- gern sofort zu beenden und die bereitstehenden Mittel us dem Europäischen Flüchtlingsfonds zu beantragen nd abzurufen, um die Situation schnellstmöglich zu erbessern. Griechenland erhält von uns jede erdenkliche Unter- tützung, um schnellstmöglich ein funktionierende Asyl- ystem aufzubauen. Eine grundlegende Veränderung in nserem Rechtsschutz lehnen wir daher ab. Reinhard Grindel (CDU/CSU): Der Antrag der Grü- en ist alter Wein in neuen Schläuchen. Wir haben über iesen Sachverhalt bereits im März des vergangenen ahres debattiert. Und überraschenderweise hat sich an en Argumenten auch nichts verändert. Das Urteil des uropäischen Gerichtshofes vom 21. Dezember 2011, uf das sich der Antrag der Grünen bezieht, hat wie Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18691 (A) ) )(B) schon ein früheres Urteil des Europäischen Gerichtsho- fes für Menschenrechte im Falle von Deutschland keine praktische Bedeutung. Wie unsere Fraktion bereits bei der Debatte im letzten Jahr deutlich gemacht hat, ist der Forderung der Grünen der Boden entzogen. Seit dem 19. Januar 2011 werden keine Drittstaatsan- gehörigen mehr gemäß der Dublin-II-Verordnung nach Griechenland überstellt. Deutschland macht in diesen Fällen von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch. Das be- deutet: Die Asylverfahren werden in Deutschland durch- geführt und nicht in Griechenland, weil dort nicht die Gewähr für ein Verfahren nach rechtsstaatlichen Grund- sätzen gegeben ist. Mit dieser Entscheidung sollte gleichzeitig den Grie- chen die Gelegenheit gegeben werden, ihr Asylsystem dem eigentlich in Europa üblichen Standard anzunähern. Wir als CDU/CSU haben gegenüber dem griechischen Botschafter erst vor kurzem deutlich gemacht, dass wir die Auffassung vertreten, dass Griechenland seine An- strengungen insoweit noch erheblich verstärken muss. Wir kritisieren nachhaltig, dass der von der griechischen Seite der EU vorgelegte Aktionsplan für eine bessere Bewältigung des Zustroms von Asylbewerbern und Flüchtlingen noch nicht einmal ansatzweise in die Tat umgesetzt wurde. Es ist unverantwortlich, dass Grie- chenland angesichts der großen Solidarität, die es gerade auch von Deutschland erfährt, seine gegenüber Brüssel gemachten Versprechungen nicht einhält. So kann Soli- darität in Europa nicht funktionieren! Es ist auch ein Trugschluss der Griechen, wenn sie glauben, durch die Dublin-Verordnung in besonderer Weise benachteiligt zu sein. Das Gegenteil ist der Fall. Obwohl der Dublin-Mechanismus in Bezug auf Grie- chenland außer Kraft ist, reißt der Zustrom von Asylbe- werbern, die über Griechenland in die EU kommen, nicht ab. Dafür gibt es eine einfache Erklärung: Die Asylbewerber wollen in Wahrheit ja gar nicht nach Grie- chenland, sondern sie wollen in die wirtschaftlich star- ken und sozial leistungsfähigen Länder wie Deutsch- land, die Niederlande oder Dänemark. Die Schlepper und Schleuser wissen allerdings sehr genau, dass ein Asylbewerber, der nachweisen kann, über Griechenland in die EU gekommen zu sein, eben gerade nicht in dieses Land zurückgeschoben wird, sondern in seinem eigentli- chen Zielland bleiben kann. Damit haben wir genau das „Asyl-Shopping“ erreicht, was wir mit der Dublin-Ver- ordnung gerade vermeiden wollten. Für die Personen, die ansonsten nach Griechenland zurückkehren müssten, ist also gesorgt. Eine grundsätzli- che Einführung einer aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen gegen Rücküberstellungen brauchen wir nicht. Denn das Instrument des Selbsteintrittsrechts trägt der jetzigen Situation ausreichend Rechnung. Eine sol- che Maßnahme wäre auch im höchsten Maße politisch gefährlich. Die Grünen legen mit dem Vehikel Griechen- land in Wahrheit die Axt an ein Kernstück des von ihnen immer abgelehnten Asylkompromisses aus dem Jahre 1993, der damals zu einer deutlichen Reduzierung des Missbrauchs des Asylrechts geführt hat. d w re s D N v s M e G g S d tr A u s m A c b A h a n F tr F b li d li d S tü g e Z u tu g G c s 2 u F P k li S E (C (D Durch den Grundsatz, dass ein Drittstaatsangehöriger, er bereits in einem anderen Land vor Verfolgung sicher ar, auch in diesem Staat sein Asylverfahren durchfüh- n muss, ist es uns in Deutschland gelungen, den unge- teuerten Zustrom von Zuwanderern zu begrenzen. urch das unmittelbare Recht auf Rückführung in den achbarstaat hat endlich das unsägliche „Durchwinken“ on Asylbewerbern aufgehört, das bei vielen Transit- taaten leider zu beobachten war. Nur durch den Dublin- echanismus hatten diese Länder in den letzten Jahren in Eigeninteresse an einer effizienten Kontrolle ihrer renzen und einer zügigen Bearbeitung von Asylanträ- en. Auch Griechenland ist grundsätzlich ein sicherer EU- taat für Flüchtlinge. Mit dem Selbsteintrittsrecht und er Aussetzung von Rücküberstellungen wird ein Bei- ag zur Konsolidierung und Entlastung der griechischen sylbehörden geleistet. Griechenland muss jetzt handeln nd nicht nur eine leistungsfähige Bürokratie für eine chnelle Bearbeitung der Asylanträge aufbauen, sondern uss auch für eine menschenwürdige Unterbringung der sylsuchenden in der Zeit ihres Aufenthalts in Grie- henland sorgen. Im Augenblick muss aber kein Drittstaatsangehöriger efürchten, den Unzulänglichkeiten des griechischen sylsystems ausgesetzt zu sein. Im Übrigen sind die Ver- ältnisse in allen anderen EU-Staaten und der Schweiz so ngemessen, dass die Gültigkeit der Dublin-II-Verord- ung in diesen Fällen vollständig erhalten bleiben kann. ür den Antrag der Grünen gibt es wegen des Selbstein- itts Deutschlands kein Bedürfnis, und er ist wegen der olgewirkung, einer faktischen Außerkraftsetzung des ewährten Asylkompromisses, sogar politisch gefähr- ch. Rüdiger Veit (SPD): Wenn ich jemals Zweifel an en Berichten über die katastrophale Lage der Flücht- nge in Griechenland hatte, so sind diese spätestens seit er Delegationsreise des Deutschen Bundestages im eptember letzten Jahres, deren Mitglied ich war, an die rkisch-griechische Grenze der endgültigen Gewissheit ewichen, dass die Lage der Flüchtlinge dort einfach ntsetzlich ist: Die Menschen hausen in winzig kleinen ellen, auf verschmutzten Matratzen ohne Warmwasser nd Heizung. Die sanitären Anlagen sind eine Zumu- ng: Abort und Dusche zugleich. Medizinische Versor- ung fand nur dort statt, wo Mitglieder von „Ärzte ohne renzen“ diese notdürftig leisteten. Es geht mir nicht darum, mit dem Finger auf Grie- henland zu zeigen. Dass Menschenrechte unteilbar ind, haben wir hier an dieser Stelle am 15. Dezember 011 unmissverständlich und deutlich ausgesprochen nd Griechenland dazu aufgefordert, die Situation der lüchtlinge im eigenen Land umgehend zu verbessern. Wir wissen, Griechenland hat schwerste wirtschaftliche robleme zu meistern. Es hat eine Landgrenze mit der Tür- ei und eine schwer kontrollierbare Seegrenze einschließ- ch Hunderter Inseln. Und es liegt an der EU-Außengrenze. o dient es jährlich 200 000 bis 300 000 Flüchtlingen als intrittstor nach Europa. Und dies mit der Maßgabe, dass 18692 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) es niemandem die Weitereise nach Europa erlauben darf: Griechenland ist ein sicherer Drittstaat im Sinne der Dub- lin-II-Verordnung. Statt Griechenland und die anderen Staaten an der EU-Außengrenze mit den Flüchtlingen allein zu lassen, müssen wir dringend für ein gerechtes Verteilungssys- tem sorgen, dass die Flüchtlinge nach Quoten auf die Mitgliedsländer verteilt. Es ist aber vor allem unsere Verantwortung, Überstel- lungen in ein Erstaufnahmeland gemäß Dublin II nicht vorzunehmen, wenn uns nicht verborgen geblieben sein konnte, dass systematische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in dem Erstaufnahme- land für den Asylbewerber tatsächlich mit hoher Wahr- scheinlichkeit zu einer unmenschlichen oder erniedri- genden Behandlung im Sinne der Charta der Grund- rechte der Europäischen Union führen könnten. Dies stellt der Europäische Gerichtshof, EuGH, in seinem Ur- teil vom 21. Dezember 2011 deutlich und unmissver- ständlich klar. Damit bestätigte der EuGH die Richtung, die schon der Europäische Gerichtshof für Menschen- rechte, EGMR, zuvor vorgegeben hatte: vor der Rück- führung muss es für einen Schutzsuchenden die Mög- lichkeit einer rechtlichen Überprüfung mit auf- schiebender Wirkung geben. Dies hat auch das Bundes- verfassungsgericht in mehreren Eilentscheidungen, in denen es die aufschiebende Wirkung eingelegter Rechts- mittel gegen Rückführungen nach Griechenland auf- grund einer „grundrechtskonformen Auslegung“ des § 34 a Abs. 2 Asylverfahrensgesetz bejaht hat, so gese- hen. Ebenso urteilten verschiedene Verwaltungsgerichte quer durch die gesamte Republik. Die Forderung der Kolleginnen und Kollegen der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen ist die logische Konsequenz aus der Entscheidung des Europäischen Ge- richtshofs, des Europäischen Gerichtshofs für Men- schenrechte, der deutschen Rechtsprechung, und es ist auch unsere Überzeugung. Ich empfehle, dem Antrag zuzustimmen. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): Nicht zuletzt aufgrund der Verhältnisse in Griechenland, des Urteils des EGMR und nun auch des EuGH sowie der Verfas- sungsgerichtsbeschlüsse zu Dublin II wegen muss über das europäische Asylsystem weiter beraten und nachge- dacht und das auch bei den anstehenden Verhandlungen zum Ausdruck gebracht werden. Eine Nachjustierung er- scheint erforderlich. In diesem Zusammenhang plakativ von „menschen- und europarechtswidrigen Bestimmungen des deutschen Rechts“ zu sprechen, wie die Antragsteller das zum wi- derholten Male tun, ist aber überzogen. Ob tatsächlich das von Regierungen vereinbarte Eu- roparecht, wie die Grünen das mutig behaupten, das Ver- fassungsrecht, etwa des Parlamentarischen Rates in Deutschland, bricht, darüber hat Karlsruhe sich bislang nicht so eindeutig geäußert. a d m k s m a G m fr s B s in D b d c e li M d II w ru m s g z re te d e fü li d is n A b g h A W A a w k D a re d Ü (C (D Als Parlamentarier finde ich, dass Recht, das direkt us einer demokratisch-parlamentarischen Willensbil- ung entsteht, grundsätzlich Vorrang vor intergouverne- entalen Vereinbarungen haben sollte. Da ist der demo- ratische Einfluss mir denn doch zu indirekt. Insofern ind Reformen zur Stärkung der parlamentarischen De- okratie auf europäischer Ebene geboten. Das Bundesministerium des Innern hat voriges Jahr lle Überstellungen nach der Dublin-II-Verordnung nach riechenland ausgesetzt. Hier hat der Bundesinnen- inister die volle Unterstützung der FDP-Bundestags- aktion. Damit wird die schwierige Situation berück- ichtigt, die in Griechenland für Asylbewerber besteht. ereits im Jahr 2010 war nur ein kleiner Anteil von Per- onen überhaupt nach Griechenland überstellt worden; den restlichen Fällen hatte die Bundesrepublik eutschland bereits von ihrem Selbsteintrittsrecht Ge- rauch gemacht. Das Bundesverfassungsgericht hat als Reaktion auf ie Aussetzung die Verfahren, die dort zur Geltendma- hung einstweiligen Rechtsschutzes anhängig waren, ingestellt. Es ist über die Notwendigkeit eines einstwei- gen Rechtsschutzes also nicht entschieden worden. an muss allerdings sagen, dass Deutschland angesichts er bisherigen Situation des Rechtsschutzes bei Dublin- -Verfahren noch Nachholbedarf hat. Hieran arbeiten ir. Die Singularstellung in Europa ist nicht wirklich hmreich. Die Bundesregierung geht sehr verantwortungsvoll it dem Rückführungsmechanismus um: Für ein Jahr ind nun Rückführungen ausgesetzt; bereits im vergan- enen Jahr wurden nur 50 Personen nach Griechenland urückgeschoben, beim Rest wurde vom Selbsteintritts- cht Gebrauch gemacht. Gleichzeitig können auch Staa- n wie Griechenland nicht bevorzugt werden, wenn sie ie Standards nicht einhalten: Der Druck muss aufrecht- rhalten bleiben. Konkrete Hilfe hat die Bundesregierung r die griechischen Behörden auch angeboten – hinsicht- ch der menschenwürdigen und schnelleren Gestaltung er Asylverfahren und der Rahmenbedingungen hierzu t dieses ebenso wie zur stärkeren Grenzsicherheit von- öten. Die FDP wird in der Koalition mit der CDU/CSU die sylpolitik weiterhin verantwortungsbewusst und sensi- el entwickeln und die EU-Planungen konstruktiv be- leiten. Der Schutz von Menschen in Not ist für uns ein ohes Gut. Ulla Jelpke (DIE LINKE): Wir beraten heute einen ntrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, in dem die iederherstellung des effektiven Rechtsschutzes in sylverfahren gegen eine Zurücküberstellung in einen nderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gefordert ird. 2007 wurde bekanntlich die aufschiebende Wir- ung solcher Rechtsmittel gesetzlich ausgeschlossen. ie Bundesregierung argumentiert, dass Gerichte unge- chtet dessen in vielen Fällen vorläufigen Schutz gewäh- n würden. In der Praxis erhalten Asylsuchende aller- ings häufig erst kurz vor oder sogar während ihrer berstellung in den zuständigen Mitgliedstaat die Mit- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18693 (A) ) )(B) teilung über die anstehende Überstellung. Faktisch ist ih- nen dann die Anrufung eines Gerichts gar nicht mehr möglich, wenn sie bereits auf der Gangway zum Flug- zeug stehen. Diese massive Einschränkung des Rechts- schutzes in Überstellungsverfahren wurde von der Frak- tion Die Linke im Bundestag schon immer scharf kritisiert. Die CDU/CSU verteidigt diese Regelung je- doch als Herzstück des Asylkompromisses von 1993. Von ihr wird immer wieder in schillernden Farben die drohende Flut von Asylsuchenden an die Wand gemalt. Das ist eine populistische Stimmungsmache, die wir klar zurückweisen. Die Bundesrepublik hat mit dem Dubliner Überein- kommen ihre sogenannte Drittstaatenregelung erfolg- reich exportiert. Asylsuchende müssen in der EU dort ihr Asylverfahren betreiben, wo sie zuerst die EU betreten haben. Die Harmonisierung des Asylrechts hat bislang jedoch noch nicht dazu geführt, dass in allen EU-Staaten auch nur annähernd gleiche Standards in den Asylver- fahren gelten und es eine menschenwürdige Unterbrin- gung und Versorgung der Schutzsuchenden gibt, im Ge- genteil. Beispiele gibt es zuhauf. In Griechenland und Italien herrschen zum Teil unmenschliche Zustände in den Aufnahmeeinrichtungen, viele Schutzsuchende und selbst anerkannte Flüchtlinge leben auf der Straße. Asyl- anträge werden pauschal abgelehnt oder gar nicht erst angenommen. Auch in Ungarn wächst die Kritik an den Zuständen im Asylsystem, so haben beispielsweise Asylsuchende aus Syrien keine Chance auf Anerken- nung – selbst wenn sie aus der Armee desertiert sind und ihnen bei der Rückkehr sogar die Todesstrafe droht. Vor diesem Hintergrund hat der Europäische Ge- richtshof im Dezember eine wichtige und bahnbre- chende Entscheidung getroffen. Die EU-Staaten dürfen nach dieser Entscheidung nicht mehr pauschal davon ausgehen, dass alle anderen Mitgliedstaaten die Grund- rechte von Asylsuchenden achten. Ein Asylbewerber dürfe nicht in einen anderen EU-Staat überstellt werden, wenn ihm dort unmenschliche Behandlung droht. Der Europäische Gerichtshof schließt sich damit einer Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an, der Belgien wegen der Überstel- lung eines irakischen Asylsuchenden nach Griechenland verurteilt hatte. Bereits der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte den ungenügenden Rechtsschutz in solchen Überstellungsverfahren kritisiert. Nach dieser Entscheidung des EuGH ist der viel beschworene Asyl- kompromiss bereits obsolet. Die unwiderlegliche An- nahme „sicherer Staaten“ und der Ausschluss effektiven Rechtsschutzes ist mit EU-Recht unvereinbar – Punk- tum. Eine Änderung des deutschen Asylverfahrensrechts ist nach der Entscheidung des EuGH mehr als überfällig. Die Bundesregierung hat aber bislang immer noch nicht erklärt, wie sie mit diesem Urteil umgehen will. Ich weise darauf hin, dass die Urteile des EuGH bindendes Recht in allen Staaten sind. Auch jetzt schon müssen also die Behörden prüfen, ob bei einem Dublin-Fall die Gefahr besteht, dass die Grundrechte eines Betroffenen bei einer Rücküberstellung verletzt werden. Diese Über- prüfung muss auch durch Gerichte durchgeführt werden k R v s a d a s e v s d e A g N e s k W w e b G k g u n le G h n le b d re o M 2 3 p d d fa d s A Ü g g le u v w (C (D önnen, und dafür muss der Ausschluss von vorläufigem echtsschutz in Dublin-Verfahren gesetzlich wieder in ollem Umfang hergestellt werden. Die Linke schließt ich in diesem Sinne der Forderung der Grünenfraktion n, die Bundesregierung zur Vorlage eines entsprechen- en Gesetzentwurfes aufzufordern. Die Bundesregierung muss aber auch darüber hinaus ktiv werden. In den Verhandlungen über die Neufas- ung der Asylverfahrensrichtlinie der EU muss ebenfalls in Rechtsschutz für Asylbewerber in Dublin-Verfahren erankert werden. Darüber hinaus muss das ganze Asyl- ystem der EU grundsätzlich neu geordnet werden, um as Hin- und Herschieben von Schutzsuchenden zu be- nden und allen Asylbewerbern in der EU ein faires sylverfahren und eine menschenwürdige Aufnahme zu arantieren. Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Im vorliegenden Antrag geht es zum einen um ine dringend notwendige Verbesserung des Rechts- chutzes für Flüchtlinge und zum anderen um eine zu- ünftig stärkere Verpflichtung der Bundesrepublik zur ürdigung des Einzelschicksals eines jeden Flüchtlings, oran die Bundesregierung peinlicherweise erst durch uropäische Gerichte erinnert werden musste. In einem Urteil vom 21. Dezember 2011 in den ver- undenen Rechtssachen C-411/10 und C-493/10 hat der erichtshof der Europäischen Union unmissverständlich largestellt, dass ein Asylbewerber nicht in einen Mit- liedstaat überstellt werden darf, in dem er Gefahr läuft, nmenschlich behandelt zu werden. Der EuGH hat fer- er entschieden: Das Unionsrecht lässt keine unwider- gbare Vermutung zu, dass die Mitgliedstaaten die rundrechte der Asylbewerber beachten. Der Gerichts- of stellte fest, eine Anwendung der Dublin-II-Verord- ung (EG 343/2003) auf der Grundlage einer unwider- gbaren Vermutung, dass die Grundrechte des Asyl- ewerbers im zuständigen Mitgliedstaat beachtet wer- en, ist mit der Pflicht der Mitgliedstaaten zur grund- chtskonformen Auslegung und Anwendung der Ver- rdnung unvereinbar. Zuvor hatte bereits der Europäische Gerichtshof für enschenrechte in einer Grundsatzentscheidung vom 1. Januar 2011 im Verfahren M.S.S. (Beschwerde-Nr. 096/09) aus Art. 3 in Verbindung mit Art. 13 der Euro- äischen Menschenrechtskonvention die Verpflichtung er Vertragsstaaten abgeleitet, vor einer Überstellung an en zuständigen Mitgliedstaat im Rahmen einer Einzel- llprüfung die Einhaltung der aus Art. 3 EMRK folgen- en Verpflichtungen durch den zuständigen Mitglied- taat zu prüfen. Art. 13 EMRK – in Verbindung mit rt. 3 EMRK – sei dann verletzt, wenn es vor einer berstellung für den Betroffenen keine Möglichkeit ibt, gegen die Entscheidung, ihn in einen anderen Mit- liedstaat zu überstellen, wirksame Rechtsmittel einzu- gen. Schon die Entscheidung des EGMR hat unmittelbare nd weitreichende Folgen für den Rechtsschutz im Asyl- erfahren in Deutschland. Denn die deutsche Regelung, onach die aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln 18694 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) gegen eine Dublin-Überstellung ausgeschlossen ist, ist mit der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht vereinbar. Das bedeutet im Klartext: Ein automatische Rücküberstellung eines Asylbewerbers, ohne dass sich ein Gericht mit den Verhältnissen in dem anderen Mit- gliedsland befasst, ist nicht im Einklang mit EU-Recht. Der deutsche Gesetzgeber muss nunmehr endlich den Weg frei machen und durch eine Gesetzesänderung ge- währleisten, dass Schutzsuchenden ein effektiver Rechtsschutz gegen eine Abschiebung in einen anderen EU-Mitgliedstaat gewährt wird. Um auch dies klarzustellen: die Entscheidung des EuGH bezieht sich auf alle Mitgliedstaaten der Europäi- schen Union – nicht nur auf Griechenland. Wenn nun also die Bundesregierung, wie gestern im Innenaus- schuss vorgetragen, sich in ihrer Haltung bestätigt fühlt, weil sie keine Asylbewerber mehr im Rahmen des Dub- lin-II-Verfahrens nach Griechenland zurücküberstellt, dann ist dies viel zu kurz gegriffen, was die Dimension der Entscheidung des EuGH angeht. Es geht also auch um systemische Missstände in den Asylverfahren und der Anerkennungspraxis anderer EU-Mitgliedstaaten wie zum Beispiel Ungarn, wo ein diktatorischer Folter- staat wie Syrien als „sicheres Herkunftsland“ eingestuft ist – unfassbar! –, oder Bulgarien, wo Asylsuchende un- ter unwürdigen Bedingungen inhaftiert werden, bloß weil sie einen Asylantrag stellen wollen. Für den deutschen Gesetzgeber ergibt sich aus den Urteilen des EuGH und des EGMR ein klarer Auftrag: § 34 a des Asylverfahrensgesetzes ist zu streichen. Nach diesem Paragrafen ist in Deutschland bis heute per Ge- setz der einstweilige Rechtsschutz bei sogenannten Dub- lin-Überstellungen untersagt. Dieser unionsrechtswid- rige Zustand muss mit dem EuGH-Urteil nun beendet werden. Seit den mit dem 1. EU-Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 eingeführten Änderungen wurde über § 34 a Abs. 2 Asylverfahrensgesetz der einstweilige Rechtsschutz ge- gen Entscheidungen im Verfahren nach der Dublin-II- Verordnung generell ausgeschlossen. Vom Ausland aus kann ein effektiver Rechtsschutz vor deutschen Verwal- tungsgerichten aber nicht greifen. Ein Rechtsbehelf ist nur dann wirksam, wenn irreparable Folgen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maß- nahme vor deren gerichtlicher Überprüfung eintreten können, so weit wie möglich ausgeschlossen werden können. Die große Mehrheit der Verwaltungsgerichte setzt sich zwar seit einiger Zeit in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen Abschiebungsanordnungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, BAMF, über den Wortlaut des § 34 a Abs. 2 Asylverfahrensge- setz hinweg. Zur Begründung wird von den Gerichten ausgeführt, die Bestimmung des § 34 a Abs. 2 Asylver- fahrensgesetz sei verfassungskonform dahingehend aus- zulegen, dass sie entgegen ihrem Wortlaut die Gewäh- rung einstweiligen Rechtsschutzes im Zusammenhang mit geplanten Abschiebungen auf der Grundlage der Dublin-II-Verordnung nicht generell verbiete. in c F g Ü E d G 1 re d ti w m E d d G M m V is b m Ü n G lu re b e V d le k n u R R k s A le li L s u (C (D Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat der Entscheidung M.S.S. gegen Belgien und Grie- henland festgestellt, dass ein Schutzsuchender in jedem all vor einer Rückführung in einen anderen EU-Mit- liedstaat die Möglichkeit einer effektiven rechtlichen berprüfung mit aufschiebender Wirkung haben muss. ine solche Möglichkeit gibt es aber nach geltendem eutschen Recht nicht. Die Fraktion Bündnis 90/Die rünen hatte daher am 23. Februar 2011 auf Drucksache 7/4886 einen Antrag eingebracht, mit dem die Bundes- gierung aufgefordert wurde, die deutsche Rechtslage en Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonven- on anzupassen. Dieser Antrag wurde bedauerlicher- eise von den Koalitionsfraktionen abgelehnt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat nun- ehr die vom EGMR vorgegebene Richtung bestätigt. r hat entschieden, Art. 4 der Charta der Grundrechte er Europäischen Union sei dahingehend auszulegen, ass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen erichte obliege, einen Asylbewerber nicht an einen itgliedstaat zu überstellen, in dem er Gefahr läuft, un- enschlich behandelt zu werden. Eine unwiderlegbare ermutung – wie sie auch im deutschen Recht enthalten t –, dass die Mitgliedstaaten die Grundrechte der Asyl- ewerber beachten, verwirft der EuGH ausdrücklich. So- it ist jeder vertretbaren Behauptung eines von der berstellung an den zuständigen Mitgliedstaat betroffe- en Asylsuchenden, dort bestehe für ihn eine konkrete efahr, einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behand- ng ausgesetzt zu werden, in einem summarischen Eil- chtsschutzverfahren nachzugehen. Das Unionsrecht enthält für alle Mitgliedstaaten ver- indliche Normen und Handlungsanweisungen, welche ntgegenstehendes nationales Recht – einschließlich des erfassungsrechts – verdrängt. Nach der Klarstellung urch den EuGH, dass das Unionsrecht keine unwider- gliche Vermutung der Sicherheit der Mitgliedstaaten ennt, dürfen § 27 a und § 34 a Asylverfahrensgesetz icht mehr angewandt werden. Es erscheint daher dringend geboten, die menschen- nd europarechtswidrigen Bestimmungen des deutschen echts aufzuheben und im deutschen Recht effektiven echtsschutz gemäß der Europäischen Menschenrechts- onvention und unionsrechtlichen Vorgaben festzu- chreiben. nlage 12 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgeset- zes (Tagesordnungspunkt 17) Peter Wichtel (CDU/CSU): Nachdem wir in der tzten Sitzungswoche vor dem Jahreswechsel den vor- egenden Gesetzentwurf der Bundesregierung in erster esung beraten haben, kommen wir heute nach der Aus- prache im federführenden Ausschuss für Verkehr, Bau nd Stadtentwicklung zur zweiten und dritten Lesung Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18695 (A) ) )(B) sowie zur Abstimmung über das Vierzehnte Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes wieder zusammen. Auch mehrere Wochen nach der ersten Debatte im Ple- num bin ich noch immer davon überzeugt, dass der Ent- wurf die nachhaltige und verantwortungsbewusste Luft- verkehrspolitik der Bundesregierung in besonderem Maße widerspiegelt, da die Interessen aller Akteure im Feld der Luftfahrt – seien es Passagiere, Beschäftigte, die Unternehmen der Luftverkehrswirtschaft oder auch Privatpersonen, die in der Sportluftfahrt engagiert sind – Berücksichtigung finden. Ich will zudem vorwegnehmen, dass die hauptsächli- che Zielsetzung des vorliegenden Entwurfes – die An- passung der bisher in der Bundesrepublik geltenden na- tionalen Regelung bezüglich der Flughafenentgelte und deren Festsetzung an die Vorgabe der EU-Richtlinie 2009/2012/EG aus dem März 2009 – vollends erfüllt wurde. Die Bundesregierung hat die überaus komplexe Aufgabe der seitens der EU geforderten Umsetzung der Flughafenentgeltrichtlinie in deutsches Recht überaus angemessen gelöst. Auch wenn sich mit den Flughafen- betreibern und den Luftverkehrsunternehmen als Flug- hafennutzer bezüglich der Berechnung der Flughafen- entgelte zwei starke unabhängige Parteien mit jeweils eigenen wirtschaftlichen Interessen gegenüberstehen, ist es gelungen, die Interessen beider Partner sorgfältig und ausbalanciert zu berücksichtigen. Dank der inhaltlich stimmigen Ausarbeitung des Ge- setzentwurfes waren auch in den weiteren parlamentari- schen Beratungen keine maßgeblichen Änderungen mehr notwendig. Das vorliegende Luftverkehrsände- rungsgesetz beinhaltet bereits eine angemessene und nachvollziehbare Regelung bezüglich der Entgelte und deren Festsetzung. Es verankert die allgemeinen Grund- sätze der Entgelterhebung wie Transparenz und Diskri- minierungsfreiheit und gewährt Flughäfen mit mehr als 5 Millionen jährlichen Fluggastbewegungen zudem ei- nige Sonderbestimmungen. So wird beispielsweise die Durchführung eines obligatorischen Konsultationsver- fahrens zwischen Flughafenunternehmern und -nutzern eingeführt. Zudem werden die für die bezüglich der Ge- nehmigung der Entgeltordnung zuständigen Landesbe- hörden verpflichtet, zu prüfen, ob eine Orientierung an einer effizienten Leistungserstellung erkennbar ist. Weiterhin gilt es auch heute erneut hervorzuheben, dass sich die Bundesregierung bei der Umsetzung der Richtlinie weitestgehend an den Vorgaben aus Brüssel orientiert hat und nicht über die Anforderungen der EU- Richtlinie hinausgegangen ist. So ist gewährleistet, dass kein unnötiger bürokratischer Aufwand etabliert wird. Ursprüngliche Überlegungen wie die Einführung einer zentralen Regulierungsbehörde, der Verzicht auf die Wahlfreiheit des Geschäftsmodells oder die Ausdehnung des Anwendungsbereichs auch auf kleinere Flughäfen und Flugplätze mit weniger als fünf Millionen Fluggast- bewegungen jährlich wären deutlich über die eigentli- chen Anforderungen der EU-Richtlinie hinausgegangen und einer angemessenen und ausbalancierten Umsetzung der Flughafenentgelte sicher nicht dienlich gewesen. ti h re d b v d Z ru m D te w te c w N s e A ti L s c u b B k d V s fü n ru N h w K W w 1 N b G re s ru g s d le n P (C (D Die wenigen Änderungen, welche die Koalitionsfrak- onen in der Aussprache noch angeregt haben, sind auptsächlich redaktionellen Charakters. Einzig die Kor- ktur bezüglich der Antragsfrist für die Genehmigung er Entgeltordnung will ich an dieser Stelle hervorhe- en. Das Vorziehen der ursprünglich geplanten Frist von ier auf bis spätestens fünf Monate vor dem Inkrafttreten er beabsichtigten Entgeltordnung soll den notwendigen eitraum der Genehmigungsbehörde für die Durchfüh- ng des erforderlichen Verfahrens erweitern. Darüber hinaus gilt es, auch die Thematik der unbe- annten Luftfahrtsysteme, UAS, gesondert zu erwähnen. a beim Betrieb von mit Kameras bestückten UAS da- nschutzrechtliche Aspekte berührt sein können, haben ir auf Empfehlung des Bundesbeauftragten für den Da- nschutz und die Informationssicherheit Peter Schaar si- hergestellt, dass eine Erlaubnis nur erteilt werden darf, enn im Fall des Aufstiegs von UAS nach § 16 Abs. 1 r. 7 LuftVO das Recht auf informationelle Selbstbe- timmung nicht verletzt wird. Auch wenn die Erlaubnis- rteilung bereits nach geltendem Recht gemäß § 16 bs. 4 Satz LuftVO nur möglich ist, wenn die beabsich- gte Nutzung nicht zu einer Gefahr für die Sicherheit des uftverkehrs oder die öffentliche Ordnung führen kann, orgt diese Ergänzung für eine Klarstellung und Rechtssi- herheit. Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass wir ns in der parlamentarischen Beratung verantwortungs- ewusst und ergebnisoffen mit dem Gesetzentwurf der undesregierung auseinandergesetzt und dabei einige leinere Korrekturen angeregt haben. So konnten wir en angemessenen und ausbalancierten Entwurf des ierzehnten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsge- etzes noch weiter verbessern, was auch im Ausschuss r Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mit geschlosse- er, fraktionsübergreifender Zustimmung zum Ände- ngsantrag von CDU/CSU und FDP gewürdigt wurde. icht nur vor diesem Hintergrund werden wir auch eute in der abschließenden Beratung dem Gesetzent- urf gemeinsam mit den eingebrachten Änderungen der oalitionsfraktionen ausdrücklich zustimmen. Daniela Ludwig (CDU/CSU): Nachdem kurz vor eihnachten das Gesetz in den Bundestag eingebracht urde, sind wir heute hier, um es zu verabschieden. Die 4. Änderung des Luftverkehrsgesetzes bringt einiges an euem mit. In den Fachausschüssen wurde daran gear- eitet, und wir sind froh und zufrieden, Ihnen heute ein esetz zur Abstimmung geben zu können, das aus unse- r Sicht abgerundet und ausgewogen ist, um jetzt umge- etzt werden zu können. Zusammen mit dem Ände- ngsantrag – da waren wir uns im Ausschuss weit- ehend einig – kann man diesem Gesetz guten Gewis- ens zustimmen. Viel mussten wir nicht mehr ändern, enn der Entwurf, den uns die Bundesregierung vorge- gt hatte, war schon sehr gut ausgearbeitet. Zudem kommen wir heute unserer Verpflichtung ach, die Richtlinie 2009/2012/EG des Europäischen arlaments und des Rates vom 11. März 2009 über Flug- 18696 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) hafenentgelte nun endlich umzusetzen. Das wurde auch Zeit, wir sind spät dran. Es herrscht Einhelligkeit, was die Lösung des Haupt- anliegens betrifft, nämlich die Einigung bei den Flugha- fenentgelten. Ein sehr positiver Dialog zwischen den Be- teiligten im Luftverkehr über die angemessene Aus- gestaltung nun auch in Deutschland wird jetzt beendet. Alle beteiligten Akteure, die Flughafengesellschaften, die deutsche Luftverkehrsindustrie und die Airlines se- hen ihre Interessen ausreichend berücksichtigt und sind mit der vorliegenden Lösung zufrieden. Dann können auch wir zufrieden sein. Für Flughäfen mit jährlich mehr als 5 Millionen Flug- gastbewegungen werden nun für die Nutzung der Ein- richtungen und Dienstleistungen, die ausschließlich von Flughafenbetreibern bereitgestellt werden und mit Lan- dung, Start, Beleuchtung und Abstellen von Flugfahr- zeugen sowie mit der Abfertigung von Fluggästen und Fracht in Zusammenhang stehen, Entgelte erhoben, die zudem eine Differenzierung nach Lärmschutzgesichts- punkten und nach Schadstoffemissionen vorsehen. So weit, so gut. Weil aber die Bundesregierung in diesem Gesetz auch noch einige andere Punkte regelt, hat es doch zu kleineren Diskussionen geführt, die sich auch in der Presse wiederfanden. Dabei geht es zum Beispiel um die von mir schon in der ersten Lesung erwähnten unbe- mannten zivilen Luftfahrzeugsysteme, die jetzt als eine neue Kategorie von Luftfahrzeugen eingeführt werden. Dabei darf man aber nicht denken, dass es diese vorher noch nicht gegeben hätte. Im Gegenteil. Es gibt auch schon jetzt unbemannte Luftfahrzeugsysteme, die nach einer entsprechenden Prüfung und Genehmigung starten dürfen und ihre Aufgaben erledigen. Mit der aktuellen Regelung werden sie nun als Fahrzeug eingeführt und erhalten somit eine viel besser zu kontrollierende Stel- lung in unserem Luftraum. Uns geht es da in erster Linie um die technischen Vo- raussetzungen und nicht um die Zwecke, zu denen sie eingesetzt werden. Daher sieht das Gesetz auch vor, dass die Zulassung dieser Geräte in einem gestuften Verfah- ren erfolgen soll. Die nähere Spezifikation und die Fest- legung der erforderlichen technischen Parameter sollen dann in einem zweiten Schritt der Verwaltung überlassen werden. Zudem wird die Bundesregierung auch zeitnah die Kleine Anfrage der Fraktion der Grünen beantworten und in einem Bericht darüber Auskunft geben, mit wel- chen Zahlen von Zulassungen wir wohl zu rechnen ha- ben. Man darf nicht vergessen, dass die Bundesländer ebenfalls eine nicht unerhebliche Rolle einnehmen. Dann wird das Argument der Datensicherheit und des Datenschutzes herangezogen. Der Datenschutzbeauf- tragte hat dazu Stellung genommen. Dies wurde zwar im ursprünglichen Gesetzentwurf schon thematisiert, aber mit dem nun vorliegenden Änderungsantrag wird es noch einmal konkretisiert. Die vorgenommene Ergän- zung von § 16 Abs. 4 Satz 1 LuftVO soll sicherstellen, dass eine Erlaubnis für diese Flugobjekte nur dann erteilt werden darf, wenn im Fall des Aufstiegs nach § 16 A n s te k e a fa n d d s F M s e D s s u E c z z re s u e k h te E R d a e b fa u M g n te k c z g fü n fa p (C (D bs. 1 Nr. 7 die Vorschriften betreffend den Datenschutz icht verletzt werden. Das klingt eigentlich nicht so kompliziert, und ich bin ehr zuversichtlich, dass in der Umsetzung auch die da- nschutztechnische Seite bei der Nutzung dieser Flug- örper und ihrer sicherlich auch sehr nützlichen Arbeit ingehalten werden können. Gleiches gilt ja bereits für ndere Luftfahrzeuge wie Hubschrauber, aus dem eben- lls Foto- oder Filmaufnahmen gemacht werden kön- en. Ich weiß auch gar nicht, warum Sie sich so gegen iese Einsätze wehren. Schon in meiner ersten Rede zu iesem Thema bin ich kurz darauf eingegangen: Es gibt o viele Tätigkeitsfelder, in denen solche unbemannten lugkörper wunderbar eingesetzt werden können, um enschen das Leben und Arbeiten zu erleichtern. Un- ere Forscher, Landvermesser, Geologen würden sicher iniges an Zeit und Aufwand einsparen, könnten sie ihre aten auf diese Weise erlangen. Doch die Einsatzfelder ind eigentlich nicht unser Thema. Auch der Daten- chutz ist Sache des Innenausschusses. Wir kümmern ns hier um die verkehrstechnische Seite. Ich sage an dieser Stelle: Ich persönlich habe keine inwände dagegen, wenn diese Objekte zur Überwa- hung von Gefahrensituationen verwandt werden. Dazu ählt für mich durchaus auch der Nutzen durch die Poli- ei in entsprechenden Situationen. Doch natürlich – ich chne hier mit Ihrem Einspruch – muss bei solchen Ein- ätzen der Datenschutz gewahrt werden. Das traue ich nseren Behörden durchaus zu. Kirsten Lühmann (SPD): Die Bundesregierung hat inen Gesetzentwurf zur 14. Änderung des Luftver- ehrsgesetzes vorgelegt. Diesen Entwurf behandeln wir eute abschließend in zweiter und dritter Lesung. Hin- rgrund dieses Gesetzentwurfs ist die Umsetzung der U-Richtlinie 2009/2012/EG in deutsches Recht. Die ichtlinie ist am 15. März 2009 in Kraft getreten. Mit ieser Richtlinie verpflichtet Europa die Mitgliedstaaten uf gemeinsame Regeln zur Festlegung von Flughafen- ntgelten. Flughafenentgelte sind Entgelte, die Flughafenbetrei- er für das Starten und Landen, das Abstellen von Luft- hrzeugen sowie für die Abfertigung von Fluggästen nd die Benutzung von Fluggasteinrichtungen erheben. it Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs werden Ent- elte nun auf Flughäfen mit jährlich mehr als 5 Millio- en Fluggastbewegungen nach klaren gemeinsame Kri- rien festgelegt, und kein Anbieter kann mehr dis- riminiert werden. Es wird EU-weit gemeinsame Standards zum zeitli- hen Ablauf, Inhalt und Umfang der Konsultationen wischen Flughäfen und Fluggesellschaften zu den Ent- elten geben sowie Regelungen zum weiteren Verfahren r den Fall, dass es in den Konsultationen zu keiner Ei- igung über die Höhe der Entgelte gekommen ist. Während des vorangegangenen parlamentarischen Ver- hrens haben wir den vorliegenden Gesetzentwurf ge- rüft und gemeinsam im federführenden Verkehrsaus- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18697 (A) ) )(B) schuss diskutiert. Die SPD-Bundestagsfraktion ist zu dem Ergebnis gekommen: Wir begrüßen die Umsetzung der Richtlinie bezüglich der Flughafenentgelte ausdrücklich. Sie ist sinnvoll und wird von uns mitgetragen. Wir wissen, dass die Verhandlungen im Vorfeld des Gesetzentwurfs sehr schwierig waren, da der Flughafen- markt hart umkämpft ist. Den mittelständischen Flugha- fenunternehmen auf der Angebotsseite stehen maßgeb- lich zwei große Luftverkehrsunternehmen in Deutsch- land auf der Nachfrageseite gegenüber. Mit dem Gesetz- entwurf ist es der Bundesregierung jedoch gelungen, die Interessen beider Seiten sorgfältig und ausgewogen im Rahmen der EU-Richtlinie aufeinander abzustimmen. Die Bundesregierung hat sich weitestgehend an den Vor- gaben aus Brüssel orientiert und ist nicht über die Anfor- derungen der EU-Richtlinie hinausgegangen. Die im Entwurf festgelegte Differenzierung der Ent- gelte nach Lärmschutz- und emissionsabhängigen Krite- rien begrüßen wir. Damit wird es in Zukunft einen finan- ziellen Anreiz geben, statt lauten, klimaschädlichen Flugzeugen leise, emissionsarme Flugzeuge einzusetzen. Bundeseinheitliche Kriterien für die Einführung lärm- abhängiger Start- und Landegebühren – wie es etwa die Fraktion der Grünen gefordert hat – finden wir nicht er- forderlich. Wir wollen keine weitere Regulierung. Es be- darf maßgeschneiderter Lösungen, die auf den jeweili- gen Flughafen zugeschnitten sind. Wir fordern jedoch, die Erfahrungen mit den vorgesehenen Regelungen zur Einbeziehung ökologischer Kriterien nach einem Jahr zu evaluieren. Außerdem sollen mit diesem Gesetzentwurf die Ver- braucherschutzbestimmungen aus der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Ra- tes vom 24. September 2008 über gemeinsame Vor- schriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten der Gemeinschaft umgesetzt werden. Mit dieser neuen Regel soll der Preisdschungel im Luftverkehr gelichtet werden: Das war notwendig und wird in Zukunft trans- parenter geregelt werden. Alle Kunden sollen wissen, wie sich ihr Preis zusammenstellt, kostenpflichtige Zu- satzleistungen müssen als solche kenntlich gemacht wer- den. Das Angebot muss für alle in gleicher Weise zu- gänglich und vergleichbar sein, sowohl für Online- kunden als auch für Kunden, die ihren Flug im Reise- büro buchen. Zudem sollen unbemenschte Luftfahrtsysteme als ei- gene Kategorie von Luftfahrzeugen und nicht mehr unter dem Sammelbegriff „andere Luftfahrzeuge“ berücksich- tigt werden. In dem vorliegenden Gesetzentwurf zum Luftverkehrsgesetz geht es damit lediglich um die Zulas- sung von unbemenschten Luftfahrtsystemen unter ver- kehrsrechtlichen Gesichtspunkten, nicht um die Frage der möglichen Einsatzzwecke. Mögliche Einsatzzwecke von Drohnen werfen zweifelsfrei erhebliche daten- schutzrechtliche Probleme auf. Diese sind allerdings in den einschlägigen Spezialgesetzen zu lösen. Wir sind der Ansicht, dass den Bedenken des Bundes- beauftragten für den Datenschutz und die Informations- freiheit hinsichtlich dieser Regelung mit dem Änderungs- antrags der Bundesregierung ausreichend Rechnung g L ru u z z A m B x z e D E h re L li e Ä z G U k g d D d b d ti z B m s d b D w s fe N a g d b li g E s a (C (D etragen werden. Den Änderungsantrag der Fraktion Die inke lehnen wir ab. Wir begrüßen außerdem die Zusage der Bundesregie- ng, bis Ostern einen Bericht zu den aktuellen Zahlen nd Verwendungszwecken unbemenschter Flugkörper ur Verfügung zu stellen. Mit diesen Angaben kann der uständige Innenausschuss über datenschutzrechtliche spekte beraten. Bei der Erteilung von Einzelfluggeneh- igungen müssen schon heute datenschutzrechtliche estimmungen eingehalten werden. In der jetzigen Pra- is werden Drohnen auch als kostengünstige Variante um Schutz von Menschen und wichtigen Sachgütern ingesetzt wie zum Beispiel in der Brandbekämpfung. en Änderungsantrag der Fraktion Die Linke, jeglichen insatz von Drohnen sofort zu verbieten, halten wir da- er für nicht sachgerecht. Wir unterstützen den geänderten Entwurf der Bundes- gierung zur 14. Änderung des Luftverkehrsgesetzes. Herbert Behrens (DIE LINKE): Die Änderung des uftverkehrsgesetzes ist notwendig, weil die EU-Richt- nie in nationales Recht umgesetzt werden muss. Das ist in ganz normaler Vorgang. Aber es soll eine weitere nderung ins Gesetz geschrieben werden, die nicht wingend heute beschlossen werden muss. Drohnen, im esetzestext beschönigend Unmanned Aircraft Systems, AS, genannt, sollen nun Teil des regulären Flugver- ehrs werden. Drohnen sind nicht Teil der Flughafenent- elte-Richtlinie, und die gesetzliche Regelung ist aus- rücklich gedacht als Erweiterung der Möglichkeit, rohnen zu testen und die (Markt-)Entwicklung zu för- ern. Die notwendige öffentliche Debatte zu Drohnen hat isher nicht stattgefunden. Wir haben große Sorge, dass ie Überwachung durch Behörden mit Drohnen zukünf- g noch leichter wird. Davor schützt auch die Änderung ur Frage Datenschutz nicht, die auf Intervention des undesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar aufgenom- en worden ist. Ist das Luftverkehrsgesetz geändert, ind weitere Regelungen per Verordnung oder in Lan- espolizeigesetzen möglich, ohne dass der Bundestag eteiligt wird. Wir wollen über die Einführung von rohnen ins Luftverkehrsgesetz erst dann entscheiden, enn die Bundesregierung dem Verkehrs- und Innenaus- chuss den angekündigten Bericht geliefert hat. Wir kau- n keine Katze im Sack. Mit diesem Gesetzentwurf sollen drei wesentliche euregelungen vorgenommen werden: Geregelt wird die Festlegung von Flughafenentgelten, lso den Gebühren vor allem für die Starts und Landun- en von Flugzeugen. Die Regelungen zur Umsetzung ieses Teils der Richtlinie scheinen recht klar und unpro- lematisch zu sein. Dann soll die Möglichkeit eingeführt werden, Air- nes aus bestimmten Drittstaaten die Einfluggenehmi- ung zu entziehen, wenn diese gegen die Vorgaben der U zur Terrorvorsorge verstoßen. Wir sind zwar gegen olche Listen, wollen das Fass aber an dieser Stelle nicht ufmachen. 18698 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) Stattdessen will ich auf den wichtigsten Punkt in die- sem Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes hin- weisen, der dort eigentlich gar nicht zwingend geregelt werden muss: Die Regelung zu Drohnen bis 150 Kilo- gramm. Derzeit gibt es keine klaren technischen Anfor- derungen an diese Systeme. Dafür soll nun die gesetzli- che Grundlage geschaffen werden. Einsätze von Drohnen bedürfen bislang und auch zukünftig einer Genehmigung. Das Problem ist, dass der Bundestag mit der Entschei- dung heute die Katze im Sack kaufen würde, alle weite- ren Regelungen per Verordnung auf dem Verordnungs- wege oder in Landespolizeigesetzen getroffen werden. Eingesetzt werden Drohnen bereits zur Überwachung bei Demonstrationen; auch bei den Olympischen Spielen in London ist das geplant. Wegen der Unklarheiten zur Frage der Drohnen gab es ein Gespräch mit Verkehrs- und Innenpolitikerinnen und -politikern in Anwesenheit von Vertretern des Bun- desministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Erreicht wurde dabei letztlich, dass das Ministerium den Änderungsvorschlag des Bundesdatenschutzbeauftrag- ten ins Gesetz aufgenommen hat. Damit wird deutlich gemacht, dass der Datenschutz explizit berücksichtigt werden muss. Dem stimmen wir zu. Das reicht uns den- noch nicht aus, weil wir große Sorgen haben, dass die Überwachung mit Drohnen, so wie es der Gesetzentwurf ja auch anspricht, zur Strafverfolgung und zu Kontroll- zwecken zukünftig noch leichter wird. Diesbezüglich wird auf die Landespolizeigesetze verwiesen. Das ist zu- treffend; aber wie man am Beispiel der Funkzellenüber- wachung in Dresden sieht, ist dem Vollzug Tür und Tor geöffnet. Deswegen wollen wir mit unserem Änderungs- antrag in diesem Gesetz zum jetzigen Zeitpunkt alle Be- stimmungen zum Thema Drohnen streichen. Die Regie- rung soll die Aufnahme von Drohnen zu einem späteren Zeitpunkt erneut vorlegen, wenn die vielen Unklarhei- ten, die vom Ministerium in der Gesetzesbegründung selber angeführt werden, beseitigt sind. Zwar werden schon heute Drohnen eingesetzt – und dies ohne klare technische Vorgaben. Dieser Missstand rechtfertigt angesichts der derzeit und noch auf Jahre hinaus absehbar geringen Anzahl eingesetzter Drohnen nicht die jetzige grundsätzliche Einführung ins Gesetz. Für das von der Bundesregierung vorgesehene Zweistu- fenmodell mit gesetzlicher Grundlage sofort und Detail- regelung in ein paar Jahren gibt es keine Notwendigkeit. Vielmehr ist die Bundesregierung aufgefordert, zunächst die offenen Fragen zu klären und die Einführung von Drohnen ins Luftverkehrsgesetz gesondert vorzulegen. Die Erforschung von Drohneneinsätzen ist aber seit langem insbesondere ein Bestandteil der deutschen Si- cherheitsforschungsprogramme. Dabei ist es unendlich schwierig, die realen Ausgaben und Projekte festzustel- len. Es handelt sich jedoch um zig Millionen für ver- schiedene Programme und Projekte. Der Markt der Si- cherheitstechnologien und der Sicherheitsforschung ist seit vielen Jahren für die Bundesregierungen der Wachs- tumsmarkt. Sein Umfang wird auf viele Milliarden Euro geschätzt, und die Bundesregierung arbeitet intensiv da- ran, eine führende Rolle in Europa zu erlangen bzw. zu erhalten. Dabei werden in den Programmen systematisch d k d s d W n m b B k a s n D e F fä g d a ru E a L re je ru u h G L d V K k d d k fa n lu s k e n u m E D lu n re D (C (D ie Grenzen zwischen polizeilichen, militärischen und atastrophenschützerischen Projekten verwischt, denn ie erforschten Techniken und Instrumente sind klas- isch mehrfachnutzbare Techniken. Wir haben große Sorge, dass die Überwachung durch ie Behörden mit Drohnen zukünftig noch leichter wird. ir fordern noch einmal dazu auf, unserer Forderung ach einer Änderung des Gesetzentwurfs nachzukom- en. Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir eraten heute abschließend über den Gesetzentwurf der undesregierung zur vierzehnten Änderung des Luftver- ehrsgesetzes, der sich auf Flughäfen mit jährlich mehr ls 5 Millionen Flugbewegungen bezieht. Damit kommen wir unserer schon seit längerem aus- tehenden Verpflichtung nach, die EU-Entgeltrichtlinie in ationales Recht umzusetzen. Die Fraktion Bündnis 90/ ie Grünen begrüßt, dass mit diesem Gesetzentwurf nach inem langwierigen Diskussionsprozess zwischen den lughafenbetreibern und den Fluggesellschaften ein trag- higer Kompromiss für die Erhebung von Flughafenent- elten gefunden wurde. Allerdings gibt es aus unserer Sicht insbesondere bei er lange angemahnten Einführung lärm- und emissions- bhängiger Start- und Landegebühren noch Nachbesse- ngsbedarf. Denn der Gesetzentwurf schreibt zwar die inführung differenzierter Entgelte zwingend vor, legt ber weder einen Maßstab dafür fest noch konkrete ärm- und Schadstoffminderungsziele, die damit er- icht werden sollen. Somit bleibt es dem Ermessen der weiligen Flughäfen überlassen, welche Differenzie- ng der Lärm- und Schadstoffkategorien sie vornehmen nd ob beispielsweise besonders laute Maschinen mit ohem Schadstoffausstoß wirklich empfindlich höhere ebühren entrichten müssen und somit die angestrebte enkungswirkung erreicht wird. Um zu überprüfen, ob ie mit dem aktuellen Gesetzentwurf verabschiedeten orgaben ausreichen, haben wir uns gemeinsam mit den olleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion im Ver- ehrsausschuss des Bundestages dafür eingesetzt, dass ie Bundesregierung in etwa einem Jahr eine Evaluation er Entgeltrichtlinie vornimmt. Damit soll die Wirksam- eit der jetzigen Gesetzesvorgaben überprüft werden. Neben der Umsetzung der EU-Entgeltrichtlinie um- sst der Gesetzentwurf der Koalition auch die Auf- ahme einer neuen Luftfahrzeugkategorie in den Rege- ngsrahmen des Luftverkehrsgesetzes. Diese betrifft die ogenannten unbemannten Flugsysteme, die besser be- annt sind als Drohnen. Drohnen stellen potenziell eine rhebliche Gefährdung des Datenschutzes der Bürgerin- en und Bürger dar. Denn sie sind in der Lage, zu filmen nd Daten zu erheben und dies zumeist völlig unbe- erkt, oft sogar aus nächster Nähe und mit völlig neuen inblicksmöglichkeiten. Deshalb haben wir uns mit aller eutlichkeit dafür eingesetzt, dass die Erlaubnisertei- ng nach der Luftverkehrs-Ordnung, LuftVO, bei Droh- en explizit auch die Prüfung der Wahrung des Grund- chts auf informationelle Selbstbestimmung beinhaltet. amit wurde der Forderung des Bundesdatenschutz- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18699 (A) ) )(B) beauftragten entsprochen. Dies bedeutet einen ersten wichtigen Schritt in Sachen präventiver Datenschutz. Die Aufnahme von Drohnen als Luftverkehrsfahr- zeuge in das Luftverkehrsgesetz bereits zum jetzigen Zeitpunkt erscheint uns angesichts der offenbar nach wie vor bestehenden technischen Herausforderungen bei der Gewährleistung vergleichbarer Sicherheit fragwürdig. Zudem bestehen zahlreiche noch offene tatsächliche Fra- gen hinsichtlich Technik, Verbreitung, Ausrüstung, Flughöhen und Einsatzgebieten, die für die Bewertung der Datenschutzrisiken maßgeblich sind. Deshalb kön- nen wir das Anliegen der Bundesregierung, die Entwick- lung der Drohnen „dynamisieren“ zu wollen, mangels Informationen nur begrenzt nachvollziehen. Ein beson- derer Eilbedarf ist aus unserer Sicht ebenfalls nicht zu erkennen. Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Bundesre- gierung die Chance versäumt hat, mit der aktuellen Luft- verkehrsnovelle endlich wirksame gesetzliche Regelun- gen zum besseren Schutz für die vom Fluglärm Betroffenen zu schaffen. Weder wird der rechtliche An- spruch auf aktiven Schallschutz im Luftverkehrsgesetz geregelt, noch wird die Deutsche Flugsicherung dazu ver- pflichtet, bei der Erarbeitung von An- und Abflugverfah- ren dem Lärmschutz der Bevölkerung Vorrang vor den betriebswirtschaftlichen Interessen der Luftfahrtbranche zu geben. Und auch verbindliche Lärmgrenzwerte wer- den wieder nicht festgelegt. Jan Mücke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminis- ter für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Auch, wenn man in den letzten Wochen den Eindruck bekommen konnte, es gehe hier um die Zulassung von unbemannten Luftfahrzeugen, sogenannten Drohnen, ist festzustellen: Ein zentraler Bestandteil des vorliegenden 14. Änd- LuftVG ist die Umsetzung der EU-Richtlinie zu den Flughafenentgelten vom März 2009. Kurzer Exkurs: Eine Zulassung sogenannter Drohnen findet hier nicht statt. Es wird vielmehr die Ermächti- gungsgrundlage geschaffen, damit die technischen, rechtlichen und sonstigen Rahmenbedingungen erarbei- tet und definiert werden können, um irgendwann in der Zukunft eventuell solche UAS zulassen zu können. Dazu sage ich später noch ein paar Sätze. Die EU-Entgeltrichtlinie verpflichtet die Mitglied- staaten auf gemeinsame Regeln zur Festlegung von Flughafenentgelten für Flughäfen mit jährlich mehr als 5 Millionen Fluggastbewegungen. Damit wird ein wich- tiger Schritt im Bereich Luftverkehr getan im Hinblick auf eine EU-weite Harmonisierung der Grundlagen für die Berechnung von Flughafenentgelten. Wie immer, wenn es ums Geld geht, prallen hier die unterschiedlichsten Interessen aufeinander, gestaltet sich die Abstimmung besonders schwierig. Hier sind insbe- sondere die divergierenden Interessen zwischen Flugha- fenbetreibern und Luftfahrtunternehmen einerseits sowie den Ländern als zuständige Genehmigungsbehörden an- dererseits zu nennen. E h u w li n F d w o p tu s m o R b b R b e R d d b s T fi fe ta e m le ru m „ fr k fe g R v E h u K (C (D Mit dem vorliegenden Entwurf ist es gelungen, diesen inzelinteressen weitestgehend gerecht zu werden. So werden die allgemeinen Grundsätze der Entgelter- ebung wie Transparenz und Diskriminierungsfreiheit nmittelbar im LuftVG verankert (§ 19 b neu). Für Flughäfen mit mehr als 5 Millionen Fluggastbe- egungen jährlich gelten dabei entsprechend der Richt- nie Sonderbestimmungen: So wird für derartige Flughäfen die Durchführung ei- es obligatorischen Konsultationsverfahrens zwischen lughafenunternehmen und -nutzern eingeführt. Dies ient einer verbesserten Transparenz des Verfahrens, as ein Leitgedanke der Richtlinie ist. Zudem werden die für die Genehmigung der Entgelt- rdnungen zuständigen Landesbehörden verpflichtet, zu rüfen, ob eine „Orientierung an einer effizienten Leis- ngserstellung erkennbar“ ist. Bei einvernehmlicher Regelung der Entgelte zwi- chen Flughafenbetreibern und -nutzern kann die Geneh- igungsbehörde jedoch von der Prüfung der Effizienz- rientierung absehen. Durch diese privilegierende egelung soll ein Anreiz für eine einvernehmliche Erar- eitung der Entgeltordnung zwischen Flughafenbetrei- ern und -nutzern geschaffen werden. Ziel der Bundesregierung bei der Umsetzung der ichtlinie war es, sich so nah wie möglich an den Vorga- en der Richtlinie zu orientieren (sogenannte Eins-zu- ins-Umsetzung); insbesondere sollte die nach geltender echtslage bestehende – und bewährte – Zuständigkeit er Landesluftfahrtbehörden als Genehmigungsbehör- en für Flughafenentgelte erhalten bleiben. Gleiches galt für die Bundesregierung auch im Hin- lick auf die Beibehaltung der Wahlfreiheit des Ge- chäftsmodells des Flughafenunternehmens („Single- ill“ oder „Dual-Till“) sowie der Möglichkeit einer Vor- nanzierung von Infrastrukturmaßnahmen am Flugha- n. Dass hierdurch keine „unkontrollierbaren Ausbaufan- sien“ der Flughafenbetreiber ausgelöst werden, ist zum inen durch das zitierte Konsultationsverfahren mit öglichst konsensualer Festlegung der Entgelte gewähr- istet und zum anderen dadurch, dass die Vorfinanzie- ng nur für Investitionsmaßnahmen in Betracht kom- en kann, die nach den gesetzlichen Regelungen als entgeltrelevant“ für die Berechnung der Entgelte in- age kommen. Wichtige Neuerung in Bezug auf die alte Regelung ist ünftig das sogenannte Konsensprinzip, das für Flughä- n mit jährlich mehr als 5 Millionen Fluggastbewegun- en gilt. Das Genehmigungsverfahren wird nunmehr um egelungen ergänzt, die auch die Genehmigung einer om Flughafen und seinen Nutzern abgeschlossenen ntgeltvereinbarung zulassen. Ein weiterer wichtiger Punkt, der im Gesetzentwurf ervorzuheben ist, sind die bereits eingangs erwähnten nbemannten Luftfahrtsysteme, UAS, die als eine neue ategorie von Luftfahrzeugen eingefügt werden. 18700 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) Wir kennen solche unbemannten Luftfahrtsysteme vor allem im militärischen Bereich unter dem Stichwort „Drohne“. Mittlerweile bieten sich aber auch verstärkt zivile Einsatzmöglichkeiten an, wie im Rahmen der Um- welt- und Verkehrsüberwachung, Geländeaufnahmen bei Bauvorhaben oder dem Schutz von Pipelines. Bislang kennt aber das Luftverkehrsgesetz diese Ge- räte nicht. Allenfalls für Flugmodelle und unbemannte Ballone finden sich im Luftrecht Regelungen für die un- bemannte Luftfahrt. Die unbemannte Luftfahrt hat aber gerade in den letz- ten Jahren eine dynamische technische Entwicklung er- fahren. Es erscheint in naher Zukunft nicht mehr ausge- schlossen, dass bemannte und unbemannte Luftfahrt- geräte gleichberechtigt am Luftverkehr teilnehmen. Die- ser Realität muss sich auch das Luftrecht stellen; es gilt, die technische und betriebliche Sicherheit dieser Geräte zu regeln. Dies bedeutet keineswegs eine pauschale Zulassung dieser Geräte. Das wäre zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht vertretbar. Weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene haben wir nämlich ausreichende Erkenntnisse, um solche Anforderungen an die Betriebssicherheit defi- nieren zu können. Insbesondere im Bereich der Notlan- deverfahren, der Anforderungen an die Sicherheit und Stabilität der Funkverbindungen und an die erforderliche Sensorik fehlen uns die notwendigen Erkenntnisse. Wir gehen aber davon aus, dass wir im Hinblick auf das rasche Voranschreiten der Technik in diesem Sektor und die Zunahme möglicher Einsatzbereiche für diese unbemannten Luftfahrzeugsysteme schon bald Genaue- res wissen werden. Wie bei allen anderen Luftfahrzeu- gen auch sollen daher dann diese Anforderungen vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwick- lung durch Verordnung festgelegt werden. Dieses Ver- fahren stellt eine relativ flexible und schnelle Möglich- keit dar, mit der Entwicklung Schritt halten zu können. Für die Praxis – das möchte ich an dieser Stelle be- sonders betonen – hat das vorliegende Gesetz keine un- mittelbaren Konsequenzen: Die derzeit geltenden, sehr restriktiven Regelungen der Luftverkehrs-Ordnung, die den Betrieb und den Einsatz dieser Geräte in nur einge- schränktem Umfang zulassen, werden in keiner Weise angetastet. Es muss sich keiner sorgen, dass mit diesem Gesetz der Betrieb von Drohnen über Deutschland generell frei- gegeben wird. Das Interesse der Bundesregierung geht auch keinesfalls dahin, Deutschland mittels Drohnen zu überwachen und Personen zu beobachten. Es ist viel- mehr Interesse der Bundesregierung, sicherzustellen, dass diese Geräte von ihrer technischen Ausstattung her sicher gestaltet und sicher betrieben werden. Es soll durch sie keiner zu Schaden kommen. Daher sollen künftig auch nur Leute diese Geräte steuern können, die bestimmten persönlichen Anforderungen entsprechen. Ich verstehe die Sorgen hinsichtlich eines möglichen und unkontrollierten Einsatzes dieser Systeme sehr gut. Deshalb habe ich den Vorschlag des Bundesbeauftragten für den Datenschutz sehr begrüßt, durch eine ausdrückli- c m d d te A u g a O 2 in d F w tr fe in D d s n „ e z C b R d In te R s v R g k fo fä g fr fi In h (C (D he Ergänzung in der Luftverkehrs-Ordnung deutlich zu achen, dass beim Einsatz dieser Geräte insbesondere ie Belange des Datenschutzes zu wahren sind. Ich enke, mit dieser Regelung wird den Belangen des Da- nschutzes in besonderer Weise Rechnung getragen. nlage 13 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes (Tages- ordnungspunkt 19) Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Die SPD erfreut ns heute mit einem Gesetzentwurf zur Änderung des eltenden Telemediengesetzes. Mir wurde dieses Gesetz m Mittwoch, dem 25. Januar 2011, zugeleitet, aber die nlineausgabe der Bild-Zeitung titelte bereits am 3. Januar „SPD will Cookies verbieten“. Sie behauptet ihrem Gesetzentwurf, Deutschland habe eine Norm er europäischen E-Privacy-Richtlinie nicht umgesetzt. raglich ist jedoch, ob die Problembeschreibung im Ent- urf und die darin abgeleitete Lösung überhaupt so zu- ifft? Ich glaube, hier muss etwas Klarheit in die gewor- nen Nebelkerzen gebracht werden. Erstens. Es gibt bereits eine Regelung zu den Cookies Deutschland. Der § 13 TMG regelt die Pflichten eines iensteanbieters gegenüber seinen Nutzern. Nun fordert ie SPD eine Einwilligung für sämtliche Cookies, ent- prechend der angeführten EU-Richtlinie. Aber ist das otwendig? Die Richtlinie fordert die Einwilligung für die Zwecke der Verarbeitung“. „Verarbeitung“ ist im uropäischen Recht ein Rechtsbegriff, der auf die Nut- ung personenbezogener Daten abstellt. Verarbeiten die ookies die erhobenen Daten nicht personenbezogen, edarf es keiner Einwilligung. Zweitens. Auch die von der SPD angeführte EU- ichtlinie lässt unter Erwägungsgrund 66 dem Nutzer ie Möglichkeit, die Handhabung von Cookies über den ternetbrowser zu steuern. Drittens. Die Bundesregierung hat übrigens die gel- nde Fassung des TMG als Umsetzung der E-Privacy- ichtlinie nach Brüssel gemeldet. Von der EU-Kommis- ion kam dazu bisher kein Widerspruch. Viertens. Die Rechtslage ist also nicht so klar, wie on der SPD behauptet. Fünftens. Wir müssen uns aber fragen, ob eine solche egelung auch wirtschaftlich sinnvoll ist? Ein Einwilli- ungsvorbehalt für sämtliche Cookies, auch solche die eine personenbezogenen Daten verarbeiten, würde er- lgreiche Geschäftsmodelle im Internet zumindest ge- hrden. Wir haben uns daran gewöhnt, dass die meisten An- ebote im Internet für uns als Verbraucher umsonst sind, ei von Kosten sind sie natürlich nicht. Viele Anbieter nanzieren sich über Werbung. Werbung funktioniert im ternet anders als in den Printmedien oder im Fernse- en. Im Internet lohnt sich Werbung nur nutzerbezogen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18701 (A) ) )(B) Und ein Cookie ist das Instrument für dieses Geschäfts- modell. Natürlich muss es Regeln für den Einsatz von Cookies geben. Sie dürfen keine personenbezogenen Daten sammeln und weitermelden. Es gibt bereits um- fassende Bemühungen in der Werbe- und Internetbran- che zur Selbstregulierung und der Herstellung von Transparenz. Die Branche ist in enger Abstimmung mit den Datenschutzbeauftragten und lässt ihre Werkzeuge dort regelmäßig zertifizieren. Das Risiko, wenn wir in Deutschland alle Cookies un- ter Einwilligungsvorbehalt stellen, sehe ich darin, dass wir mit unseren Ansprüchen die Branche strangulieren und die internetorientierte Werbewirtschaft abwandert. Dann findet die Entwicklung von Geschäftsmodellen im Internet außerhalb Deutschlands oder Europas statt. „In- ternet made in Germany“ zeichnet sich bereits durch hohe Standards bei Datenschutz und Sicherheit aus. Der Nutzer muss informiert sein, was auf seinem Rechner los ist. Er muss mit wenig Aufwand erfahren können, welche Cookies gespeichert sind und wie er sie wieder löschen kann. Das ist über die Browsereinstellun- gen möglich. Ich bin daher skeptisch, ob dieses Gesetz notwendig ist, aber wir haben sicher noch genug Gelegenheit zur Diskussion im Ausschuss. Ich freue mich darauf. Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Dass die SPD mit dem vorgelegten Gesetzentwurf die Europäische Kom- mission besänftigen will, weil angeblich die neueste No- vellierung der E-Privacy-Richtlinie noch nicht in natio- nales Recht umgesetzt sei, erstaunt mich schon. Vielmehr hätte die SPD Europa und Deutschland ge- dient, wenn sie zu Zeiten der rot-grünen Bundesregie- rung die EU-Stabilitätskriterien nicht aufgeweicht hätte – mit dem ganzen Schlamassel als Ergebnis, mit dem wir uns heute herumschlagen müssen. Bei der ach so bedeutenden E-Privacy-Richtlinie dagegen steht die SPD in vorauseilendem Gehorsam in Habtachtstellung. Da sieht man mal wieder, wie die Sozialdemokraten ihre Schwerpunkte setzen. Nun aber zur Sache: In ihrem Gesetzentwurf behaup- tet die SPD, dass die im Dezember 2009 in Kraft getre- tene Änderungsrichtlinie der Richtlinie über die Verar- beitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der elektronischen Kommuni- kation, der sogenannten E-Privacy-Richtlinie, im derzeit geltenden Telemediengesetz nicht angemessen umge- setzt sei. Das Setzen von sogenannten Cookies, also In- formationen, die bei der Nutzung von Telemedien auf dem Rechner des Nutzers gespeichert und von Dritten abgerufen werden, sei „in der Regel“ unter einen Einwil- ligungsvorbehalt des Nutzers zu stellen. Es trifft einfach nicht zu, dass dies im geltenden Tele- mediengesetz nicht geregelt ist. Auch wenn das deutsche Gesetz richtigerweise keine explizite Regelung im Wort- laut des in der Cookie-Frage entscheidenden Art. 5 Abs. 3 der novellierten E-Privacy-Richtlinie enthält, ist erstens die Unterrichtung und zweitens die Einwilligung des Nutzers über die Erhebung und Verwendung perso- n g A d n A in § Z o d g N E fü n s N G Ü N d G h (C (D enbezogener Daten im Telemediengesetz bereits gere- elt. Ich zitiere in der Frage der Unterrichtung § 13 bs. 1 TMG: Der Diensteanbieter hat den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten … in allgemein verständlicher Form zu un- terrichten, sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist. Bei einem automatisierten Ver- fahren, das eine spätere Identifizierung des Nutzers ermöglicht und eine Erhebung oder Verwendung personenbezogener Daten vorbereitet, ist der Nut- zer zu Beginn dieses Verfahrens zu unterrichten. Der Inhalt der Unterrichtung muss für den Nutzer jederzeit abrufbar sein. Darüber hinaus verlangt das TMG bei der Verwen- ung von Nutzungsdaten über die bloße Inanspruch- ahme hinaus immer die Einwilligung, wie sie in Art. 5 bs. 3 der E-Privacy-Richtlinie gefordert wird. Das ist den §§ 12 und 15 des TMG schon heute geregelt. In 12 Abs. 1 TMG heißt es: Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten zur Bereitstellung von Telemedien nur erheben und verwenden, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdrücklich auf Teleme- dien bezieht, es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat. Weiter heißt es in Absatz 2: Der Diensteanbieter darf für die Bereitstellung von Telemedien erhobene personenbezogene Daten für andere Zwecke nur verwenden, soweit dieses Ge- setz oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich aus- drücklich auf Telemedien bezieht, es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat. § 12 stellt also klar, dass personenbezogene Daten im usammenhang mit der Bereitstellung von Telemedien hne Einwilligung nur verarbeitet werden dürfen, wenn er Gesetzgeber das ausdrücklich erlaubt. Eine solche esetzliche Regelung enthält § 15 TMG, der regelt, dass utzerdaten bei Inanspruchnahme von Telemedien ohne inwilligung nur verarbeitet werden dürfen, wenn das r diesen Zweck erforderlich ist. Ich zitiere: Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten eines Nutzers nur erheben und verwenden, soweit dies erforderlich ist, um die Inanspruchnahme von Telemedien zu ermöglichen und abzurechnen (Nut- zungsdaten). Für die Speicherung und den Abruf von Informatio- en wie zum Beispiel durch Cookies bedeutet das, dass olche Verfahren in Deutschland ohne Einwilligung des utzers nur zulässig sind, wenn dies aus technischen ründen für die Inanspruchnahme erforderlich ist. Im brigen dürfen solche Verfahren ohne Einwilligung des utzers nicht verwendet werden. Wer dagegen im Sinne es § 16 TMG ordnungswidrig handelt, kann mit einer eldbuße von bis zu 50 000 Euro belegt werden. Im Übrigen darf ich die Genossen der SPD darauf inweisen, dass die Bundesregierung, konkret das zu- 18702 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) ständige Bundeswirtschaftsministerium, dieses Instru- mentarium der Europäischen Kommission als Umset- zung des Art. 5 Abs. 3 der E-Privacy-Richtlinie in aller Ausführlichkeit vorgestellt hat. Dabei hat die EU-Kom- mission unseren nationalen Regelungen inhaltlich und formell nicht widersprochen. Was die SPD in ihrem Gesetzentwurf nun fordert, ist eine Vorschrift, die jedwede Verwendung von Informa- tionen unabhängig von ihrer Personenbezogenheit – also von personenbezogenen Daten, die Rückschluss auf eine konkrete natürliche Person geben können – unter den Einwilligungsvorbehalt des Nutzers stellen würde. Da- mit wäre aber die Reichweite der Richtlinie viel zu weit interpretiert. Denn damit würden die Sozialdemokraten funktionierende Geschäftsmodelle der gesamten Inter- netwirtschaft ohne Not beeinträchtigen, schlimmsten- falls von vorneherein vereiteln. Besonders betroffen wä- ren die meist werbefinanzierten Onlineangebote der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage. Das sollten wir als Wirtschaftspolitiker hier schon mal ansprechen. Gerade die Verlage müssen heute bei der Pluralisierung der Me- dienangebote in nicht wenigen Fällen ums Überleben kämpfen. Wollen Sie denen denn endgültig den Todes- stoß versetzen, verehrte Kollegen der SPD? Gerade Sie sind doch mit Ihrer Medienholding in Form der Deut- schen Druck- und Verlagsgesellschaft an zig Verlagen und damit Regionalzeitungen beteiligt. Ich nenne hier nur mal die Westfälische Rundschau, den Nordbayeri- schen Kurier, die Hannoversche Allgemeine oder die Frankfurter Rundschau. Wollen Sie Ihren eigenen Leu- ten ihr Geschäftsmodell kaputtmachen? Ich glaube, wohl kaum. Die EU-Kommission plant, per Verordnung ein EU- weit geltendes Instrumentarium für den Datenschutz in der gesamten EU durchzusetzen. Die zuständige EU- Kommissarin Reding hat dazu jetzt einen über hundert Seiten starken Entwurf vorgelegt, der nach meiner Ein- schätzung viel Zündstoff in sich birgt. Da sollten wir ge- nau hinsehen. Denn was da aus Brüssel kommt, soll un- mittelbar geltendes Recht werden. Jetzt in einem Schnellschuss und in vorauseilendem Gehorsam eine EU-Richtlinie zu weit auszulegen, sich damit selbst Fes- seln anzulegen und unsere Wirtschaft unnötig zu gefähr- den, ist nicht nur überflüssig, sondern schlicht schädlich. Daher werden wir den Gesetzentwurf klar ablehnen. Gerold Reichenbach (SPD): Wir haben heute einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der E-Privacy-Richtlinie, der sogenannten Cookie-Richtlinie vorgelegt. Worum geht es in dieser Richtlinie? Es geht darum, dass Cookies zum Ausspähen von Surfverhalten nur dann auf der Fest- platte des Nutzers gespeichert werden dürfen, wenn die- ser aufgrund vorheriger, für den durchschnittlichen Nut- zer verständlicher Information bewusst eingewilligt hat. Cookies sind kleine Textdateien, die auf dem Endgerät des Nutzers gespeichert werden. Man unterscheidet da- bei Erstanbieter- und Drittanbieter-Cookies. Erstanbie- ter-Cookies werden von der besuchten Webseite gesetzt. Drittanbieter-Cookies werden von einer fremden Seite gesetzt. Während ein Teil dieser Cookies unproblema- tisch ist und teilweise sogar notwendig, um eine Web- s k fo m is is fe R v s d d g m im B C s s v d g s C d in ti s d z d w D e c d 2 m C d ti c n c R s tu s s v w w e d m li (C (D eite aufzubauen oder den Dienst vollständig nutzen zu önnen, werden mit sogenannten Tracking-Cookies In- rmationen über das Surfverhalten des Nutzers gesam- elt. Ich bin mir sicher, dass nicht vielen Nutzern bewusst t, dass es durch die Verwendung von Cookies möglich t, detaillierte Nutzerprofile über sie anzulegen oder stzustellen, welche weiteren Cookies bei ihm auf den echner geschrieben werden. Wer weiß denn schon, wie iele Cookies schon beim bloßen Aufrufen einer be- timmten Webseite auf seinem Rechner gespeichert wer- en? Geht man zum Beispiel auf die Seite der SPD-Bun- estagfraktion, werden genau null Cookies gesetzt. Das leiche bei der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Besucht an die Seite der Bundestagsfraktion Die Linke, werden merhin zwei Cookies gesetzt, und auf der Seite der undestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen drei ookies. Und geht man auf die Seite der so Pro-Daten- chutz eingestellten FDP-Bundestagsfraktion, werden ogar sieben Cookies gesetzt, drei von Erstanbietern und ier von Drittanbietern. Im kommerziellen Bereich wer- en beispielsweise auf der Seite von Zalando 53 Cookies esetzt, 9 von Erstanbietern und 44 von Drittanbietern, obald man nur die Seite besucht. Das müssen nicht alles ookies sein, die der Ausspähung und Protokollierung es Nutzerverhaltens dienen, aber niemand wird davon formiert oder gefragt, ob er eine solche Dokumenta- on und Weiternutzung der Daten zulassen will. Grund- ätzlich sind die meisten Browser so eingestellt, dass sie as Setzen dieser Cookies zulassen und eine differen- ierte Deaktivierung dieser Funktion, etwa nach Zweck er Cookies, nicht zulassen. Das ist der Grund, warum wir heute den Gesetzent- urf zur Änderung des Telemediengesetzes vorlegen. ie bisherigen Regelungen im Telemediengesetz sind ntgegen der Auffassung der Bundesregierung unzurei- hend. Nach der sogenannten E-Privacy-Richtlinie sind ie Mitgliedstaaten verpflichtet, bis spätestens 31. Mai 011 Regelungen zu erlassen, die Anbietern von Tele- ediendiensten das Speichern von Cookies auf den omputern der Nutzer in der Regel nur erlaubt, wenn er Nutzer aufgrund vorheriger umfassender Informa- on eingewilligt hat. 31. Mai 2011 – nicht 2012! Seit irca neun Monaten hält die Bundesregierung den Inter- etnutzern im Europäischen Recht vorgesehene Verbrau- her- und Datenschutzrechte vor. Einwilligung ist dabei das Stichwort. Die bisherigen egelungen im Telemediengesetz sehen eine daten- chutzrechtlich schwache Kombination aus Unterrich- ngspflichten des Diensteanbieters und einer Wider- pruchsmöglichkeit für den Nutzer vor. Der Nutzer muss o jedes Mal seine Browsereinstellungen ändern, um zu erhindern, dass er in seinem Surfverhalten ausgespäht ird. Dieses Prinzip nennt sich Opt-out und ist nicht das, as von der Richtlinie vorgesehen ist. Haben Sie schon inmal versucht, zu surfen, wenn Sie in ihrem Browser ie Einstellung „Cookies akzeptieren“ deaktivieren? Das acht nach zwei Minuten keinen Spaß mehr. Die Richt- nie sieht nun ausdrücklich eine Einwilligung vor – und Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18703 (A) ) )(B) keine nur für hoch informierte Menschen mit Computer- spezialwissen mögliche „Auswilligung“. Information, Aufklärung und Einwilligungsvorbehalt sind wichtige Voraussetzungen für selbstbestimmtes Surfen im Netz. Ich möchte noch einmal darauf hinwei- sen, dass es dabei nicht darum geht, für jeden einzelnen Cookie eine Einwilligung zu fordern. Die Einwilligung kann im Rahmen eines zusammenhängenden, abge- grenzten Datenverarbeitungsprozesses für mehrere Cookies eines Anbieters gemeinsam erteilt werden. Die Einwilligung muss aber auf einer informierten und frei- willigen Basis gegeben werden. Das Argument der man- gelnden Praktikabilität zieht dabei nicht. Die Europäi- schen Datenschutzbeauftragten haben eine Reihe von Vorschlägen gemacht, wie sich das Recht der Verbrau- cher auf bewusste Einwilligung praktikabel umsetzen lässt, ohne dass ständig irgendein Informations- und Ein- willigungsfenster aufpoppt. Man kann sich nicht ernsthaft auf den Standpunkt stellen, die Richtlinie sei nicht umzusetzen, weil entwe- der die bisherigen Regelungen im Telemediengesetz aus- reichend seien oder sich die Umsetzung angesichts der anstehenden Datenschutzreform auf EU-Ebene erledigt habe. Fakt ist, egal in welcher Rechtsform der Daten- schutz demnächst auf europäischer Ebene geregelt wer- den wird: Zurzeit gibt es erst einen Entwurf. Bis der Ent- wurf bindendes Recht wird, kann noch viel Zeit vergehen. Fakt ist: Der Umsetzungsbedarf besteht jetzt. Darum gab es einen entsprechenden Vorstoß des Bun- desrates, wie die E-Privacy-Richtlinie im Telemedienge- setz umgesetzt werden könnte. Die Bundesregierung hat aber sowohl in ihrer Stellungnahme auf den Entwurf des Bundesrates als auch in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion darauf bestanden, im Rahmen der Telekommunikationsnovelle eigene Vor- schläge zu unterbreiten, wie eine vernünftige Regelung im Telemediengesetz aussehen könnte. Passiert ist nichts. Die europäische Union hat deshalb bereits die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland angekündigt. Darum haben wir heute in Übereinstimmung mit der Formulierung des Bundesrates einen Gesetzentwurf vor- gelegt, der die weitgehend technikneutrale Regelung der Richtlinie aufgreift. Wir fordern Sie auf, die Richtlinie endlich umzusetzen und nicht weiter die völlig aberwit- zige Auffassung zu vertreten, dass der Nutzer dem Set- zen von Ausspäh-Cookies alleine dadurch zustimme, dass er seinen Browser nicht selbst umkonfiguriert habe, was ja auch gar nicht differenziert geht. Wir appellieren an die Koalitionsfraktionen: Enthal- ten Sie den deutschen Bürgern nicht weiter unter unhalt- baren Begründungen die Verbraucher und Datenschutz- rechte vor, die die europäische Richtlinie vorsieht. Claudia Bögel (FDP): Der vorliegende Entwurf soll nach dem Willen der SPD die Cookie-Regelung umset- zen. Mir drängt sich die Frage auf, warum sich die Kol- legen so viel Mühe und Arbeit machen; denn der Vor- wurf, das Telemediengesetz setze die europäischen Anforderungen zu Cookies nicht um, ist schlicht nicht z re m d d R tr v ru te fo s a A W v is b ri m s V Z n D c T b E R d V P s n d b re b M b A E g g lu m C le C z D (C (D utreffend. Im Gegenteil: Diese Anforderungen sind be- its zu 100 Prozent im Telemediengesetz enthalten und üssen nicht durch den uns vorliegenden Gesetzentwurf er SPD-Fraktion umgesetzt werden. Vielen Dank für as Angebot, aber es kommt zu spät. Bereits seit 2002 regelt Art. 5 Abs. 3 der europäischen ichtlinie 2002/58/EG über den Datenschutz in den elek- onischen Kommunikationsdiensten die Verwendung on Cookies und stellt diese unter besondere Anforde- ngen. Cookies, die über die Inanspruchnahme eines Diens- s hinausgehende Zwecke, zum Beispiel Werbung, ver- lgen, bedürfen aufgrund der Neuregelung der Vor- chrift 2009 nunmehr der Einwilligung. Das TMG erfüllt ufgrund der bestehenden Regelungen die europäischen nforderungen. Dabei enthält das TMG keine explizite Regelung im ortlaut von Art. 5 Abs. 3 E-Privacy-Richtlinie. Die on Art. 5 Abs. 3 geforderte Unterrichtung des Nutzers t in § 13 Abs. 1 TMG geregelt. Danach ist der Nutzer ei einem automatisierten Verfahren, das darauf ausge- chtet ist, eine spätere Identifizierung des Nutzers zu er- öglichen sowie eine Erhebung bzw. Verwendung per- onenbezogener Daten vorzubereiten, zu Beginn dieses erfahrens umfassend, das heißt über Art, Umfang und weck der Erhebung und Verwendung personenbezoge- er Daten sowie über die Verarbeitung seiner Daten in rittstaaten außerhalb der EU, in allgemein verständli- her Form zu unterrichten. Darüber hinaus verlangt das MG bei der Verwendung von Nutzungsdaten über die loße Inanspruchnahme hinaus immer die Einwilligung. Das vorhandene TMG-Instrumentarium wurde auf U-Ebene als Umsetzung von Art. 5 Abs. 3 E-Privacy- ichtlinie dargestellt. Die Europäische Kommission wi- ersprach dem nicht. Die Forderung nach einer Vorschrift, die jedwede erwendung von Informationen unabhängig von ihrer ersonenbezogenheit unter den Einwilligungsvorbehalt tellt, halte ich persönlich für überzogen, und sie würde ach meiner Auffassung funktionierende Geschäftsmo- elle der gesamten Internetwirtschaft ohne Not erheblich eeinträchtigen, wenn nicht sogar vereiteln. Im besonde- n Maße würde dies die werbefinanzierten Onlineange- ote der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage treffen. eine Fraktion unterstützt daher die Vorgehensweise, es ei den bestehenden Regelungen zur Umsetzung von rt. 5 Abs. 3 der Richtlinie zu belassen, und lehnt den ntwurf eines Gesetzes zur Änderung des Telemedien- esetzes der SPD-Fraktion ab. Halina Wawzyniak (DIE LINKE): Die Linke be- rüßt den Vorstoß der SPD-Fraktion, endlich eine Rege- ng zur Verwendung von sogenannten Cookies im Tele- ediengesetz aufzunehmen. Die Verwendung von ookies ist in vielen Fällen unbestritten sinnvoll. In den tzten Jahren hat aber vor allem die Nutzung von ookies zum Aufzeichnen von Nutzerverhalten massiv ugenommen. Dazu werden Cookies angelegt, die ihren ienst bis zu 30 oder mehr Jahre lang tun sollen und In- 18704 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) ) )(B) formationen über besuchte Webseiten speichern. Gerade die Werbewirtschaft versucht auf diesem Weg immer ausgefeiltere Profile von Nutzerinnen und Nutzern zu er- stellen, um zielgerichtet Werbung platzieren zu können. Dabei wird zwar betont, dass die Daten ausschließlich anonym erhoben und verarbeitet werden, in der Praxis lassen sich aber aus den Nutzungsprofilen durchaus In- formationen über Personen ableiten, die sich dahinter verbergen. Die Praxis im Umgang mit Cookies widerspricht dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Die- ses sieht vor, dass Personen jederzeit wissen können müssen, wer welche Daten und Informationen über sie zu welchem Zweck besitzt und/oder verarbeitet. Die Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten ist daher grundsätzlich an eine Einwilligung des Betrof- fenen gebunden. Bei Cookies ist dies regelmäßig nicht der Fall. Cookies werden von Webseitenbetreibern oft- mals ohne vorherige Einwilligung platziert und ausge- wertet. Hier besteht also Handlungsbedarf. Nicht um den Einsatz von Cookies zu verbieten, sondern um Nutzerin- nen und Nutzer über diesen zu informieren und ihnen eine tatsächliche Wahlmöglichkeit zu bieten. Bisherige Opt-out-Modelle im Umgang mit Cookies haben sich als nicht praxistauglich erwiesen. Informationen über den Einsatz von Cookies, deren Funktionsweise und die Art und Dauer der Datenspeicherung und Übermittlung fin- den sich heute oftmals nur auf Umwegen und versteckt in den AGB oder im Impressum. Der Vorschlag der SPD-Fraktion fußt auf einem Ge- setzentwurf, der Mitte 2011 durch den Bundesrat be- schlossen wurde. In der Begründung wird zu Recht da- rauf hingewiesen, dass eine solche Regelung schon durch EU-Vorgaben im letzten Jahr hätte umgesetzt wer- den müssen. Bisher ist aber nichts passiert, die Bundes- regierung hat nichts vorgelegt. Auf Kritik stößt die ge- plante Regelung vor allem bei der Werbewirtschaft – das wird niemanden verwundern. Hier wird eingewendet, dass es technische Probleme bei der Umsetzung eines Opt-in-Modells, also einer echten Einwilligung auf Ba- sis von ausreichend Informationen, gäbe. Diese Kritik hat vor kurzem die Artikel-29-Gruppe, also die Arbeits- gruppe der europäischen Datenschutzbeauftragten, auf- gegriffen und auch einige Vorschläge zur technischen Umsetzung gemacht. Der Vorwurf, dass für Onlinewerbung eine unange- messen hohe Zahl von Einwilligungen in die Verwen- dung der jeweiligen Cookies nötig wäre, läuft ins Leere. Tatsache ist doch, dass der Markt der Onlinewerbung von einer überschaubaren Zahl großer Werbenetzwerke beherrscht und betrieben wird. Dort wären Einwilligun- gen also nur ein paar Mal zu erteilen oder eben nicht und vor allem nicht auf jeder einzelnen Website, die Wer- bung enthält. Auch bei der grafischen Umsetzung gibt es Beispiele, die zeigen, wie es gehen kann. Der Daten- schutzbeauftragte Großbritanniens macht es auf seiner eigenen Website vor. Beim erstmaligen Besuch der Seite wird im Kopf der Seite darauf hingewiesen, dass Teile der angebotenen Dienste nur durch das Einwilligen in ei- nen Cookie-Einsatz nutzbar sind. Dort wird auf weitere In d fo b d ti G te N te S b s B g o D w z N e B w g ru c B te v s s z v g s w h m s d d n g m B d s C s s L z (C (D formationen zu Cookies hingewiesen und es kann in ie Nutzung mit einem Klick eingewilligt werden. An der technischen Umsetzung eines datenschutzkon- rmen Einsatzes von Cookies sollten also keine Zweifel estehen. Die Linke möchte die größtmögliche Freiheit er Nutzerinnen und Nutzer und den Schutz der informa- onellen Selbstbestimmung stärken und wird daher den esetzentwurf der SPD-Fraktion wohlwollend beglei- n. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- EN): Der mit nur einem Paragrafen etwas knapp gehal- ne Gesetzentwurf der Kolleginnen und Kollegen der PD-Fraktion führt mitten hinein in das Herz der De- atte um den Internetdatenschutz. Dabei geht es bei- pielsweise um die Probleme der Profilbildung und des ehavioral Targeting. Und um es gleich vorweg zu sa- en: Der Gesetzentwurf wirft die schwierige Frage auf, b für die Bürgerinnen und Bürger und den Schutz ihrer aten mit derlei chirurgischen Eingriffen tatsächlich et- as gewonnen werden kann. Bevor ich dazu einige Punkte erläutere, möchte ich unächst zum Handeln, oder sollte ich besser sagen, zum icht-Handeln der Bundesregierung in diesem Bereich twas erläutern: Die schwarz-gelbe Koalition muss im ereich des Datenschutzes endlich tätig werden. Inso- eit der Entwurf der SPD hier einen Anstoß geben will, eht er in die richtige Richtung. Denn die Bundesregie- ng verweigert seit über zwei Jahren hartnäckig jegli- he Verantwortung für einen zeitgemäßen Schutz der ürgerinnen und Bürger und dem Ausverkauf ihrer Da- n und Grundrechte. Sämtliche Versprechen, selbst die, die im Koalitions- ertrag vereinbart wurden, sind bis heute nicht eingelöst – ei es der Beschäftigtendatenschutz, die Stiftung Daten- chutz, die Überarbeitung des Bundesdatenschutzgeset- es, der Beschäftigtendatenschutz oder die zunächst vom ormaligen Innenminister angekündigte, aber vom jetzi- en Minister bereits wieder beerdigte Rote-Linie-Ge- etzgebung. Mussten wir uns noch bis vor kurzem anhören, man olle diese oder jene Maßnahme mit Blick auf die anste- ende Datenschutzreform in Brüssel nicht vorwegneh- en, heißt es nun, nachdem die Europäische Kommis- ion einen recht ambitionierten Entwurf vorgelegt hat, ie Reform aus Brüssel gebe Anlass zu allergrößten Be- enken und der bundesdeutsche Gesetzgeber dürfe sich icht ausbremsen lassen. Mit dieser anhaltenden Verwei- erungshaltung untermauert die Bundesregierung einmal ehr ihren Unwillen, hier endlich für die Rechte der ürgerinnen und Bürger einzustehen. Es bleibt offen, ob ies allein aus Überzeugung oder aus Unfähigkeit ge- chieht. Gerade der Fall der heute hier zu verhandelnden ookies hinterließ jedenfalls – im Rahmen der Diskus- ion um die Novellierung des Telekommunikationsge- etzes etwa – den Eindruck, man sei schlicht nicht in der age, eine tragfähige Antwort zu präsentieren. Die Bundesregierung war sich des Ablaufs der Frist ur Umsetzung der Vorgaben der E-Privacy-Richtlinie Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 18705 (A) ) )(B) bewusst. Und auch die schwierigen, mit der Cookie-Pro- blematik verbundenen Rechtsfragen waren hinlänglich bekannt. Gelöst hat die schwarz-gelbe Bundesregierung diese wichtigen Fragen bis heute nicht, weshalb für das Setzen von Cookies nach wie vor im Grundsatz die be- stehende Rechtslage im Telemediengesetz gilt, nämlich eine Opt-out-Regelung. Und das ganz im Widerspruch zu der von der E-Privacy-Richtlinie geforderten Opt-in- Lösung. Wie ich allerdings bereits eingangs betont habe, führt die Diskussion um eine Cookie-Regelung ins Herz der Fragen um den Internetdatenschutz. Und damit sind wir bei der tatsächlich nichttrivialen Frage angelangt, ob überhaupt und, wenn ja, auf welcher Weise es gelingen kann, effektive rechtliche Bindungen für Betreiber be- reits auf der Ebene des mittlerweile recht ausdifferen- zierten Tableaus von Wiedererkennungstechniken anzu- setzen. Hier gilt es zum Beispiel, die hochumstrittene Frage des Personenbezuges von IP-Adressen mit zu be- denken, denn gerade auch für Cookies spielt diese eine Rolle. Hier liegt nun eine Richtlinie, die E-Privacy-Richtli- nie, vor. Auf den ersten Blick scheint sie klare Vorgaben zu machen. Auch vor dem Hintergrund der aktuellen Re- formvorschläge der Europäischen Kommission für eine grundlegende Datenschutzreform dürfen wir eine kriti- sche Prüfung der EU-Vorlagen nicht vernachlässigen. Die Anforderungen an eine zeitgemäße gesetzliche Regelung sind vielfältig: Da wären die guten alten Ses- sion-Cookies und die dauerhaften Cookies. Zu ihnen ge- sellen sich heute sogenannte Web Bugs und Flash- Cookies. Zudem gibt es noch anderweitige Auswer- tungsmöglichkeiten – etwa durch Browser-Footprints. Ein präventiv ansetzender Datenschutz müsste bereits hier ansetzen – auch wenn die unterschiedlichen Zweck- setzungen von Cookies Fragen aufwerfen. Dementspre- chend nimmt etwa der SPD-Entwurf, der im Wortlaut eine ganz erstaunliche Ähnlichkeit mit dem Bundesrats- entwurf – BR-Drucksache 156/11 – aufweist, die Ses- sion-Cookies sowie diejenigen Cookies gänzlich vom Einwilligungserfordernis aus, die „unbedingt erforder- lich sind, um einen vom Nutzer ausdrücklich gewünsch- ten elektronischen Informations- oder Kommunikations- dienst zur Verfügung stellen zu können.“ Dieses Vorgehen erscheint zwar zunächst sinnvoll, aber schon hier stellt sich die Frage, ob etwa die von Facebook im Rahmen von Like-Buttons platzierten datr- Cookies unter eine solche Privilegierung fallen, die nach Einlassung des Konzerns allein zu Sicherheitszwecken unbedingt erforderlich sein sollen. Ferner unterwirft der Gesetzesvorschlag der SPD un- terschiedslos alle anderen Cookie-Verwendungen dem Einwilligungsvorbehalt, ganz gleich, ob diese für eine Webseite nur zu Sicherheitszwecken, für Werbezwecke, allein durch Drittanbieter oder webseitenübergreifend zur Profildatenerstellung gesetzt werden. Auch Lebens- dauer und Inhalt finden insoweit keine Berücksichti- gung. Zugleich bleibt der Einwilligungsbegriff unprä- zise, weil Bezug genommen wird auf die bestehenden TMG-Vorschriften und damit auf die zumindest in der L k g s m re a g g 2 h e g s N k E s d F w B e B w li m S d a lu ri w lu a s b w d „ g fo d a P s s V g Z le z (C (D iteratur vertretene Auslegung, wonach eben auch die onkludente Einwilligung per Browservoreinstellung enügen können soll. Auch der Begründung des Entwurfs der SPD ist zu die- er Frage leider keine Stellungnahme zu entnehmen. Da- it weicht der Gesetzentwurf einer der entscheidenden gulatorischen Fragen der Cookie-Problematik schlicht us und verfehlt damit das Ziel, Rechtssicherheit zu brin- en. Die entscheidende Frage also bleibt offen: Sollte an- esichts der in der Praxis auf Webseiten oftmals bis zu 0 oder 30 gleichzeitig platzierten Cookies auf die na- ezu unmöglichen Einzeleinwilligungen verzichtet und ine pauschale, letztlich von den Datenschutzeinstellun- en des Users selbst vorzunehmende Absicherung umge- tellt werden? Von einer solchen alleinigen Selbstverantwortung der utzerinnen und Nutzer halten wir, genau wie die Arti- el-29-Datenschutzgruppe der Datenschutzbehörden der U-Mitgliedstaaten, nur wenig. Sie wird von der Wirt- chaft gefordert, die, insoweit durchaus nachvollziehbar, ie Praktikabilität nicht durch eine Vielzahl von Pop-up- enstern mit Einwilligungserfordernissen unterbrechen ill. Hier gilt es zu bedenken, dass noch längst nicht alle rowser über einfache und verständliche Datenschutz- instellungen verfügen: So umgehen Flash-Cookies den rowser vollständig. Die Medienkompetenz der Bürgerinnen und Bürger ürde zum gegenwärtigen Zeitpunkt überschätzt, über- eße man ihnen allein die Last der zu treffenden Schutz- aßnahmen. Neuere Studien zu den bestehenden technischen elbstschutzmöglichkeiten kommen zu dem Schluss, ass diese nach wie vor lückenhaft sind. Es stellt sich lso die Frage, wie eine differenzierte gesetzliche Rege- ng ausgestaltet werden müsste. Womöglich müsste sie sikoabgestufte Lösungen anbieten und den Fall der ebseitenübergreifenden Anwendungen zur Profilerstel- ng im Schwerpunkt aufgreifen. Zusätzlich wären für lle Techniken der Wiedererkennung Privacy-by-De- ign-Vorgaben verpflichtend zu machen. Eine weitere, gegenüber den EU-rechtlichen Vorga- en sogar missliche Verkürzung enthält der SPD-Ent- urf schließlich bei den Informationspflichten: Während ie Richtlinie Einwilligungen nur auf der Grundlage klarer und umfassender Informationen“ zulassen will, ibt sich der Entwurf mit den weitaus spärlicheren An- rderungen von § 13 Abs. 1 des bestehenden Teleme- iengesetzes zufrieden. Das kann gerade deshalb nicht kzeptiert werden, weil zum einen die Komplexität der roblematik selbst, aber auch die Vielfalt und Undurch- ichtigkeit möglicher Selbstschutzmaßnahmen eher zu- ätzliche Informationen für die Verbraucherinnen und erbraucher erforderlich machen. Insgesamt sind diese vagen und unpräzisen Regelun- en des SPD-Gesetzentwurfs nicht geeignet, die sich im usammenhang mit der Verwendung von Cookies stel- nden Fragen zu beantworten. Facebook und Google veröffentlichten nicht zufällig eitgleich mit der Vorstellung der EU-Verordnung für 18706 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 26. Januar 2012 (A) (C) (D)(B) eine Reform des Datenschutzes ihre weitreichenden Um- stellungen in der Datenverarbeitungspraxis. Diese Un- ternehmen, deren Geschäftsmodell maßgeblich vom ma- ximal perfekten Targeting der Nutzerinnen und Nutzer lebt, wollen vor Umsetzung der regulatorischen Anstren- gungen der EU offenbar vollendete Tatsachen schaffen. Wir sollten ihnen mit umfassenden und differenzierten Regelungsansätzen zeigen, dass wir willens und in der Lage sind, verfassungsrechtlich gebotene Vorgaben zu formulieren und auch durchzusetzen. 155. Sitzung Inhaltsverzeichnis TOP 3Finanzmarktstabilisierungsgesetz TOP 4Kooperativer Bildungsföderalismus TOP 28Überweisungen im vereinfachtenVerfahren TOP 29Abschließende Beratungen ohne Aussprache ZP 1Aktuelle Stunde zur Überwachung von MdB der LINKEN durch den Verfassungsschutz TOP 5Einsetzung eines Untersuchungsausschusses TOP 6Erhalt von Holocaust-Gedenkstätten in Polen TOP 7Afghanistan-Einsatz (ISAF) TOP 8Sozial gerechtes und klimafreundliches Mietrecht TOP 9Digitalisierung des kulturellen Erbes TOP 10Agrarpolitik TOP 14Bleiberecht für Flüchtlinge aus Syrien TOP 12Rentenrecht für DDR-Altübersiedler und –Flüchtlinge TOP 13Gleichwertigkeit von Berufsbildung und Abitur TOP 11Transeuropäisches Verkehrsnetz TOP 15Sportbootschifffahrt TOP 16Rechtsschutz im Asylverfahren TOP 17Luftverkehrsgesetz TOP 18Schwefelgehalt von Schiffskraftstoffen TOP 19Telemediengesetz TOP 20Rentenauszahlung nach dem Ghetto-Rentengesetz TOP 21Reform des Bergrechts TOP 22Regionale Verarbeitung und Vermarktung Anlagen
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715500000

Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor
Eintritt in unsere Tagesordnung möchte ich dem Kolle-
gen Siegmund Ehrmann zum 60. Geburtstag gratulie-
ren, den er am Dienstag dieser Woche gefeiert hat, und
im Namen des Hauses alle guten Wünsche übermitteln.


(Beifall)


Wir haben einige Wahlen durchzuführen.

Der Kollege Michael Link scheidet als ordentliches
Mitglied aus dem Gemeinsamen Ausschuss gemäß
Art. 53 a des Grundgesetzes aus. Die FDP-Fraktion
schlägt als Nachfolgerin die Kollegin Birgit
Homburger vor, die bisher stellvertretendes Mitglied
dieses Gremiums war. Als neuer Stellvertreter soll für
sie der Kollege Joachim Spatz berufen werden. Sind
Sie mit diesen Vorschlägen einverstanden? – Das ist of-
fensichtlich der Fall. Dann sind die beiden Kollegen
hiermit als Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses
gewählt.

Der Kollege Holger Ortel hat auf seinen Sitz in der
Parlamentarischen Versammlung des Europarates
verzichtet. Die SPD-Fraktion schlägt deshalb vor, den
Kollegen Dr. Martin Schwanholz als Nachfolger zu be-

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rufen. Ich vermute, dass es auch dazu Einvernehmen
gibt. – Das ist offensichtlich der Fall. Dann ist der Kol-
lege Schwanholz damit als Mitglied der Parlamentari-
schen Versammlung des Europarates gewählt.

Aus dem Beirat bei der Bundesnetzagentur schei-
det der Kollege Patrick Döring als ordentliches Mitglied
aus. Die Fraktion der FDP schlägt den Kollegen Horst
Meierhofer als Nachfolger vor, der bisher stellvertreten-
des Mitglied des Beirates war. Als neuer Stellvertreter
soll der Kollege Michael Kauch berufen werden. –
Auch dazu gibt es keinen Widerspruch. Dann sind die
beiden Kollegen hiermit gewählt.

In das Kuratorium der Stiftung Haus der Ge-
schichte der Bundesrepublik Deutschland soll auf
Vorschlag der Fraktion Die Linke der Kollege Paul
Schäfer als ordentliches Mitglied für den Kollegen Jan
Korte berufen werden. Darf ich auch dazu Ihr Einver-

(C (D ung n 26. Januar 2012 0 Uhr ehmen feststellen? – Das ist der Fall. Dann ist der Kolge Schäfer hiermit gewählt. Schließlich schlägt die SPD-Fraktion vor, für die Kolgin Sonja Steffen die Kollegin Kerstin Tack als chriftführerin zu wählen. – Auch das ist einvernehmch. Damit ist die Kollegin Tack als Schriftführerin betellt. Es gibt eine interfraktionelle Vereinbarung, die verundene Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste ufgeführten Punkte zu erweitern: P 2 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der SPD gemäß Anlage 5 Nr. 1 Buchstabe b GO-BT zu den Antworten der Bundesregierung auf die Fragen 45 und 46 auf Drucksache 17/8404 P 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE: Zweifelhafte Überwachung von 27 MdB der Fraktion DIE LINKE durch den Verfassungsschutz P 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Lisa Paus, Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dienstwagenprivileg abbauen und Besteuerung CO2-effizient ausrichten – Drucksache 17/8462 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Haushaltsausschuss Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, soweit erforderlich, abgewichen werden. Der Tagesordnungspunkt 27 wird abgesetzt und durch den Zusatzpunkt 3 ersetzt. – Auch damit sind offensichtlich alle einverstanden. Dann ist das so beschlossen. Präsident Dr. Norbert Lammert )


(siehe 154. Sitzung)





(A) )

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent-
wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung
eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung

(Zweites Finanzmarktstabilisierungsgesetz – 2. FMStG)


– Drucksache 17/8343 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts-
ausschusses (8. Ausschuss)


– Drucksache 17/8487 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Norbert Barthle
Carsten Schneider (Erfurt)

Florian Toncar
Roland Claus
Priska Hinz (Herborn)


Hierzu liegt je ein Entschließungsantrag der SPD-
Fraktion sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre keine
Einwände. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst dem Kollegen Norbert Barthle für die CDU/CSU-
Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1715500100

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Wir beraten heute abschließend das
Zweite Finanzmarktstabilisierungsgesetz. Mit diesem
Gesetz stellen wir vorsorglich Notfallinstrumente bereit,
um ein Übergreifen der Staatsschuldenkrise auf unser
Finanzsystem, auf unsere Realwirtschaft zu verhindern.
Wir schützen damit nicht nur das Finanzsystem; wir
schützen damit unsere Wirtschaft, wir schützen damit
die Beschäftigten, wir schützen damit letztlich auch die
Steuerzahler vor Belastungen.

Kern dieser Regelung ist es, den ursprünglich bis
Ende 2010 befristeten Bankenrettungsfonds Soffin bis
zum Ende dieses Jahres erneut für Anträge zu öffnen.
Wir hatten den Bankenrettungsfonds, Soffin genannt, da-
mals im Herbst 2008 unter der Führung von Bundes-
kanzlerin Angela Merkel als Antwort auf die Finanz-
und Wirtschaftskrise eingerichtet. In der Folgezeit wurde
sein Instrumentarium etwas ausgeweitet. Ich möchte die
Möglichkeit der Einrichtung von Bad Banks nennen.

Heute können wir sagen: Die Errichtung des Banken-
rettungsfonds Soffin hat ganz wesentlich zur Stabilisie-
rung der Finanzmärkte beigetragen und war insofern
eine Erfolgsgeschichte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir mussten damals sehr schnell handeln, wir mussten
sehr schnell intervenieren, wir mussten sozusagen am

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(C (D ffenen Herzen operieren. Heute haben wir dagegen eine twas andere Situation. Heute wollen wir mit der befristen Wiedereröffnung des Soffin insbesondere prävenv wirken. Das heißt, heute geht es darum, durch voreugende Bereitstellung adäquater Hilfsinstrumente eine kut krisenhafte Situation erst gar nicht entstehen zu lasen. Mit dem Gesetz leisten wir, leistet die Koalition einen eitrag dazu, dass in Deutschland die europäischen iele zur Eigenkapitalausstattung von Banken im Ernstll auch mit staatlicher Hilfe erfüllt werden können. Wir atten dazu am vergangenen Montag eine Anhörung im aushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. In die er Anhörung haben alle Experten – ich betone: alle xperten – hervorgehoben, dass das der richtige Weg ist nd dass das Gesetz notwendig ist. Mit dem neuen Gesetz bleibt die bisher bestehende eihenfolge erhalten. Das heißt, wenn eine Gefährdung ntsteht, sind zunächst die Eigentümer der Banken, also ie Aktionäre, gefordert. Erst anschließend wird überrüft, ob staatliche Unterstützungsleistung notwendig t. Um keine Missverständnisse entstehen zu lassen, öchte ich vorab darauf hinweisen, dass die Nutzung er Notfallinstrumente wirklich nur für den Notfall voresehen ist. Im Regelfall zieht zunächst einmal das sogeannte Restrukturierungsgesetz, das wir zwischenzeitch geschaffen haben. Wir müssen künftig bei allen Entscheidungen sehr geau prüfen, ob eine Maßnahme des Finanzmarktstabiliierungsfonds erforderlich ist, und zwar immer unter em Gesichtspunkt, ob eine drohende Gefährdung der inanzmarktstabilität vorliegt; denn wir sind uns sehr ewusst: Es geht hier um die Übernahme von Risiken im amen des Steuerzahlers. Wenn ein einzelnes Finanzstitut in eine Notlage gerät, dann sind die Instrumente es Restrukturierungsfonds anzuwenden. Das heißt, der ankensektor muss mit den über die Bankenabgabe einesammelten Mitteln reagieren und die Situation selbst ereinigen. Mit der Wiedereröffnung des Soffin schaffen wir neen den Gewährleistungen, die es schon im Soffin I gab, eitere Kreditermächtigungen. Wie schon bei der rstauflage verfügen wir über einen Garantierahmen von nd 400 Milliarden Euro; zusätzlich gibt es Kredit rmächtigungen von 70 Milliarden Euro zuzüglich 0 Milliarden Euro mit besonderer Zustimmung des aushaltsausschusses. Auch die Instrumentarien bleiben im Kern erhalten. er Fonds kann Garantien ausgeben, kann Banken durch eu ausgegebene Aktien rekapitalisieren oder stille Eingen erwerben. Darüber hinaus können sogenannte xische Wertpapiere in Bad Banks ausgelagert werden. ir haben den Begriff der toxischen Wertpapiere erweirt auf alle Wertpapiere, die eventuell bilanzbelastend ein könnten. Darüber hinaus haben wir für die BaFin, für die Banenaufsichtsbehörde, neue Möglichkeiten geschaffen. ie Aufsichtsbehörde kann, wenn auf dem Finanzmarkt ine besondere Risikolage vorliegt, zur Abwehr drohen Norbert Barthle )





(A) )

der Gefahren anordnen, dass die Eigenkapitalausstattung
der Banken erhöht werden muss. Sie kann das durch ei-
nen Erfüllungsplan, der vorgelegt werden muss, überwa-
chen, und sie kann im Notfall sogar einen Sonderbeauf-
tragten gemäß Kreditwesengesetz einsetzen.

Ein Punkt ist mir sehr wichtig, der im Vorfeld der De-
batte in der öffentlichen Diskussion eine Rolle gespielt
hat, und zwar das Thema Schuldenbremse. Es wurde
spekuliert, ob mit diesem Gesetz die Schuldenbremse
eventuell umgangen werden kann. Das Gegenteil ist der
Fall. Wir schaffen mit den im Gesetz enthaltenen Formu-
lierungen erst die Voraussetzung dafür, dass die Schul-
denbremse in jedem Fall eingehalten wird.

Da es sich bei Finanzmarktstabilisierungsaktivitäten
um mehrjährige Kreditermächtigungen handelt, musste
dieser Problemfall gelöst werden, weil die Schulden-
bremse genauso wie der Haushalt jährlich „denkt“. Wir
haben das deshalb so geregelt, dass dann, wenn eine
strukturelle Verschuldung eintreten sollte, die schulden-
bremsenrelevant ist, sofort ein Plan dazu vorgelegt wer-
den muss, wie diese wieder getilgt werden kann, also ein
Tilgungsplan. Insofern greift die Schuldenbremse in je-
dem Falle.

Ich will noch einen zweiten Aspekt hervorheben, der
mir wichtig ist. Das ist die sogenannte Parlamentsbeteili-
gung. Bei der Parlamentsbeteiligung haben wir uns in-
tensiv Gedanken darüber gemacht, wie diese auszuge-
stalten ist. Wir haben die Situation, dass uns das
Bundesverfassungsgericht auferlegt hat, dass immer
dann, wenn größere Risiken für den Steuerzahler entste-
hen, eine weiter gehende Parlamentsbeteiligung vorzu-
sehen ist.

Wir treffen deshalb in dem Gesetz die Regelung, dass
bei den Kreditermächtigungen zunächst nur ein Volumen
von rund 20 Milliarden Euro für frei verfügbar erklärt
wird und weitere 30 Milliarden Euro gesperrt sind. Diese
Sperrung kann, vor allem aus Gründen der Geheimhal-
tung, nur in dem sogenannten §-10-a-Gremium aufgeho-
ben werden, wenn dort die entsprechenden Gründe dar-
gelegt werden. Über diesen Vorgang ist dann umgehend
der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zu
unterrichten.

Wir sind davon überzeugt, dass wir auf diese Art und
Weise einen wirklich angemessenen Ausgleich schaffen
zwischen den notwendigen Spielräumen der Exekutive
einerseits und der Kontrollverantwortung des Deutschen
Bundestages, des Haushaltsgesetzgebers, andererseits.
Wir denken, mit dieser Vorgehensweise ist dieser Aus-
gleich so geschaffen, dass er auch verfassungsfest ist
und dass das Bundesverfassungsgericht mit diesem Vor-
gehen einverstanden sein kann.

Erlauben Sie mir abschließend noch eine Bemerkung
zum Thema Wettbewerbsverzerrungen. Wir sind uns da-
rüber im Klaren, dass jede Inanspruchnahme dieses Sta-
bilisierungsfonds potenziell zu Verzerrungen des Wett-
bewerbs führen kann. Das stellt immer einen Eingriff in
das Bankensystem dar. Das ist logisch. Aber wir haben
die Formulierungen im Gesetz so gewählt, dass das Ziel
erreicht werden soll, Wettbewerbsverzerrungen so weit

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(C (D ls irgend möglich auszuschließen bzw. durch entsprehende Kompensationsmöglichkeiten zu beseitigen. Ich fasse zusammen: Mit diesem Gesetz stellen wir orsorglich Notfallinstrumente bereit, um ein Übergrein der Staatsschuldenkrise auf das deutsche Finanzsysm, auf die Realwirtschaft zu verhindern. Wir wollen ie Steuerzahler vor größeren Belastungen im Falle einer risenhaften Zuspitzung schützen. Wir wollen dafür geappnet sein. Sollte dieses Gesetz nie zur Anwendung ommen, was für den Gesetzgeber ein Ausnahmefall äre, dann wären wir auch nicht traurig. Das beziehen ir in unsere Überlegungen ganz bewusst mit ein. Dennoch bin ich davon überzeugt: Mit diesem Gesetz enden wir ähnlich wie 2008 ein starkes Signal in die Fianz-, in die Wirtschaftswelt hinein – insofern als wir ereit sind, dann, wenn es notwendig sein sollte, unser inanzsystem zu stabilisieren, zu sichern. Das, meine amen und Herren, erzeugt Vertrauen, das erzeugt Stailität. Vertrauen und Stabilität sind bei allen – auch eupäischen – Fragen immer Voraussetzung für Solidarit. In diesem Sinne fügt sich auch dieses Gesetz in alle ie Maßnahmen ein, die wir bisher getroffen haben. Ich itte Sie deshalb um Ihre Zustimmung. Ich kann mir nur enige Gründe ausdenken, weshalb man diesem Gesetz icht zustimmen sollte. (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie im Haushaltsausschuss gestern nicht zugehört!)


h bin davon überzeugt, im Kern ihres Herzens ist auch
ie Opposition davon überzeugt. Ich bin gespannt da-
uf, was Sie an Argumenten vorzutragen haben.

Danke.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715500200

Das Wort hat nun der Kollege Carsten Schneider für

ie SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Carsten Schneider (SPD):
Rede ID: ID1715500300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ieses Gesetz ist ein weiterer Beleg für die Gültigkeit
es Merkel’schen Gesetzes: Was vorher heftig demen-
ert und ausgeschlossen wird, wird später umso deutli-
her und schneller Realität.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Das ist Unsinn!)


enau das ist hier der Fall.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Das wird leider durch Wiederholungen nicht richtiger!)


Sie haben zu Beginn dieser Koalition – ich habe mir
en Koalitionsvertrag noch einmal angesehen –, nach-
em Sie das Restrukturierungsgesetz, auf das Kollege
arthle hingewiesen hat, durch den Bundestag gebracht





Carsten Schneider (Erfurt)



(A) )


)(B)

haben, ausgeschlossen, dass jemals wieder die Notwen-
digkeit bestünde, dass ein Gesetz wie das Soffin-Gesetz,
das der Bankenrettung dienen soll, das Licht der Welt er-
blickt. Aber jetzt legen Sie ein Gesetz vor, das Sie selbst
„Soffin-II-Gesetz“ nennen.

Herr Minister Schäuble, ich habe Sie im Haushalts-
ausschuss des Bundestages im November/Dezember
2010 mehrfach gefragt, ob es sinnvoll und klug ist, das
Soffin-Gesetz auslaufen zu lassen, sich die Möglichkeit
zu nehmen, mit Kapital, aber auch mit Garantien zur Sta-
bilisierung des Finanzmarkts beizutragen. Sie haben
stets geantwortet: Das brauchen wir nicht mehr. Wir ha-
ben das Restrukturierungsgesetz. Wir haben das gere-
gelt. – Jetzt sehen wir: Genau dieses Gesetz – es gibt nur
ein paar Änderungen; Kollege Barthle hat das erläutert –
wird dem Deutschen Bundestag wieder vorgelegt. Das
ist wieder eine 180-Grad-Wende in Ihrer Politik. Erst ha-
ben Sie die ökonomische Einschätzung des IWF, von
Teilen der SPD und anderen, dass dieses Gesetz notwen-
dig ist, für absurd erklärt. Sie haben gesagt, dass Sie das
nicht brauchen. Heute brauchen Sie es aber doch.


(Beifall bei der SPD)


Worum geht es? Wieder werden 400 Milliarden Euro
an Garantien zur Verfügung stehen, für die der Bund und
damit der deutsche Steuerzahler geradesteht. Das ist
nicht ohne Risiko. Banken können Garantien bekom-
men, um Anleihen zu platzieren. Wir als SPD sehen die
grundsätzliche Notwendigkeit für ein solches Gesetz.
Allerdings sind wir bei einzelnen Maßnahmen anderer
Meinung. Das betrifft zum Beispiel die Frage: Wer zahlt
eigentlich die Zeche, wenn es zu einem Ausfall kommt?
Sie sagen – das werden Sie heute beschließen –: Die
Zeche zahlt die Allgemeinheit, die zahlt der Steuerzah-
ler. – Das halten wir für nicht vertretbar.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Hier sehe ich eine große Einigkeit mit der Bundes-
kanzlerin. Sie ist heute nicht anwesend. Abstimmen wird
sie wahrscheinlich auch nicht. Am Mittwoch, dem
15. September 2010, hat sie im Rahmen ihrer Rede zum
Haushalt 2011 gesagt – es ging da um den Bankenre-
strukturierungsfonds; ich zitiere –:

Es ist vollkommen klar: Je risikobehafteter das Ka-
pital ist und die Geschäfte sind, umso mehr Abgabe

– Bankenabgabe –

muss gezahlt werden, damit in Zukunft nicht mehr
der Steuerzahler für solche Krisen eintreten muss,
sondern die Banken das selber tun müssen.

Das hat die Bundeskanzlerin vor anderthalb Jahren ge-
sagt.

Was ist heute? Was wird mit diesem Gesetzentwurf
vorgeschlagen? Kommt es durch Ausfälle – ich halte das
für nicht ganz so unwahrscheinlich wie Kollege Barthle –
zu einer Inanspruchnahme des Bundes, dann zahlt der
deutsche Steuerzahler, die Allgemeinheit, und es zahlen
eben nicht die Banken und der Finanzsektor. Das ist der

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(C (D ntscheidende Grund, warum wir als SPD diesem Enturf so nicht zustimmen werden. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das heißt nicht: Wir entziehen uns der Verantwor-
ng. Wir sagen: Wir brauchen das. Wir werden auch

icht populistisch sagen: Jetzt gibt es wieder Geld für die
anken und für die anderen nicht.


(Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Das ist verantwortungslos, was Sie da machen, Schneider!)


h sage nur: Der Sektor muss diese Kosten im Zweifel
elbst tragen – durch eine Besteuerung oder eine Verän-
erung der Bankenabgabe –; denn diese Kosten entste-
en. Wir sehen das bereits bei dem bestehenden Soffin-I-
esetz. Durch die damals notwendig gewordene Enteig-
ung und Abwicklung eines Teils der Hypo Real Estate
ird es zu hohen Verlusten kommen. Schätzungen lie-
en vor; das genaue Ergebnis werden wir kennen, wenn
as Portfolio nicht mehr besteht.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Warten wir einmal ab, Herr Kollege!)


Herr Minister Schäuble, man hat den Eindruck, dass
ei Ihnen außer Europa nichts mehr stattfindet. Sie sind

mer noch Finanzminister der Bundesrepublik
eutschland. Es geht um die Zukunft des Finanzmarktes
Deutschland. Was Sie diesbezüglich in den vergange-

en zwei Jahren auf den Weg gebracht haben, ist fast
ichts. Dabei geht es um die Struktur des Bankensys-
ms in Deutschland. Nehmen Sie das Beispiel Landes-
anken: Im September 2010 haben Sie zu einem Gipfel
ingeladen. Ziel war es, das Problem zu lösen. Was war
as Ergebnis? Es gab keins. Die Bundesregierung hat die
egel gestrichen. Der Bund hat 2 Milliarden Euro zu-
ätzlich bei der WestLB investiert und höchstwahr-
cheinlich verloren. Das war Ihre Entscheidung. An der
truktur des Landesbankensystems – hier brauchten wir
irklich Reformen, sowohl hinsichtlich der Anzahl als

uch hinsichtlich des Bilanzvolumens – gibt es aber
eine Veränderungen.

Nehmen Sie als zweites Beispiel die Einlagensiche-
ng. Es gibt ein Einlagensicherungssystem der privaten
anken, eines der Genossenschaftsbanken und eines der
parkassen. Ich persönlich habe ernsthafte Zweifel an
er Notwendigkeit von drei verschiedenen Systemen
nd an der Leistungsfähigkeit der Systeme. Was haben
ie diesbezüglich in den letzten anderthalb, zwei Jahren
uf den Weg gebracht? Nichts, gar nichts! Auch an die-
er Stelle: Versagen.

Jetzt komme ich zu den Eigentumsverhältnissen.
ehmen wir die Hypo Real Estate als Beispiel. Ich will
ar nicht auf den Buchungsfehler von 55 Milliarden
uro eingehen – das war ja nur eine „Kleinigkeit“, die da
urchgegangen ist –, sondern auf die Frage: Was passiert
igentlich mit dem Rest der Hypo Real Estate? Ist es
irklich notwendig, dass Sie als bürgerliche, marktwirt-

chaftlich – das gilt vor allem für die FDP – orientierte
oalition versuchen, die Deutsche Pfandbriefbank, die
ie nebenbei abgespalten haben – sie ist zu 100 Prozent





Carsten Schneider (Erfurt)



(A) )


)(B)

staatliches Eigentum –, zu finanzieren, obwohl es für de-
ren Geschäftsmodell nur einen sehr schwierigen Markt
gibt? Die Expertenkommission von Professor Zimmer,
die Sie per Koalitionsvertrag und Bundesregierungsbe-
schluss einberufen haben, hat Ihnen empfohlen, diese
Bank abzuwickeln, sie vom Markt zu nehmen. Das wäre
für den Finanzplatz Deutschland eine wichtige struktu-
relle Entscheidung gewesen. Was machen Sie? Mit
Staatsgeld, mit Staatsgarantien halten Sie diese Bank am
Leben; dies birgt ein hohes Risiko, dass zukünftig wie-
der Verluste entstehen. Da kann ich keine Ordnungspoli-
tik erkennen, im Gegenteil. Deswegen meine ich, dass
Sie auch an dieser Stelle im Finanzsektor in Deutschland
versagt haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich könnte diese Liste noch weiterführen. Ich will
jetzt aber erläutern, was wir als SPD-Fraktion an diesem
Gesetzentwurf kritisieren; wir haben – in Teilen gemein-
sam mit Bündnis 90/Die Grünen – entsprechende Ände-
rungsanträge im Ausschuss eingebracht.

Die erste Frage, die Frage der Kosten, habe ich schon
genannt.

Die zweite Frage ist: freiwillige Eigenkapitalzufüh-
rung oder notfalls durch Zwang? Die Amerikaner und
die Briten haben gute Erfahrungen damit gemacht, dass
sie im Rahmen der Finanzkrise gesagt haben – es war
vor allem der damalige Finanzminister Paulson –: Wenn
ihr in Schwierigkeiten seid und zusätzliches Eigenkapi-
tal braucht, um Verluste auszugleichen und Vertrauen
wiederzugewinnen, dann ist es notwendig, das schnell
und zügig zu erledigen.

Sie legen jetzt eine rein freiwillige Lösung vor. Es gab
ja den Referentenentwurf. In der Phase konnten die Ban-
ken bzw. die Vorstände sozusagen überlegen, ob man
staatliche Hilfe haben möchte oder nicht. Ich zitiere nur
Herrn Blessing, den Chef der Commerzbank, der sagte:
Da gehe ich nie wieder hin. – Die wollen das also nicht.
Diese Einzelinteressen mögen nachvollziehbar sein; im
Interesse des öffentlichen Gutes Finanzmarktstabilität
und öffentliche Finanzen ist das aber nicht. Deswegen ist
ein staatliches Eingriffsrecht an dieser Stelle unumgäng-
lich. Sie selbst hatten im Referentenentwurf eine bessere
Möglichkeit vorgesehen. Herr Minister Schäuble, ich
kann die Veränderung des Entwurfs nur so interpretie-
ren, dass Sie sich gegenüber der FDP nicht durchsetzen
konnten; aber es ist ein großer Fehler, sich auf die Frei-
willigkeit und die Einsicht der Bankvorstände zu verlas-
sen. Das haben die vergangenen drei Jahre gezeigt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die dritte Frage lautet: Wie beteiligen wir uns an Ban-
ken? Niemand hier will Staatsbank spielen, im Gegen-
teil: Wir haben immer deutlich gemacht, dass man sich
so schnell wie möglich lösen sollte, zum Beispiel von
der Deutschen Pfandbriefbank, und dort als Staat dauer-
haft kein Kapital halten sollte. Wenn es aber notwendig
ist, dass wir uns beteiligen, dann, so meine ich, muss es
zwingend so sein, dass wir auch das Sagen haben. Das

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(C (D t ebenfalls eine Lehre aus den vergangenen drei Jahren. as Sagen zu haben, bedeutet, sich tatsächlich Aktienapital und Mitspracherechte zu sichern und in Teilen uf die Geschäftspolitik Einfluss zu nehmen; denn es ist nser Geld, das Geld des Steuerzahlers, das hier invesert wird. In diesem Sinne muss klar sein, dass wir als undestag dann auch die Rechte haben, zu kontrollieren nd Einfluss zu nehmen. Das steht für uns an erster telle. Sie sehen das nur als Möglichkeit im Gesetzenturf vor. Diese Möglichkeit kann so oder so genutzt erden. Das ist uns eindeutig zu wenig. Ganz klar: enn man sich beteiligt, dann muss man auch Aktien apital halten! Der vierte Punkt findet sich auch in einem unserer nderungsanträge wieder. Wir sind der Auffassung: enn eine Bank Stabilisierungsmaßnahmen erhält, darf s keine Boni und keine Dividendenausschüttung geben. olange die Bank vom Staat gestützt wird, muss klar ein, dass Gewinne nicht an Mitarbeiter und Aktionäre usgezahlt, sondern dazu verwendet werden, das Eigenapital zu stärken, sodass wir als Staat nicht mehr das isiko tragen. Es kann nicht sein, dass der Staat für die isiken geradesteht und das private Kapital die Gewinne itnimmt. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


as ist nicht soziale Marktwirtschaft, wie wir sie uns
orstellen.

Der fünfte Punkt: die Befristung des Gesetzes. Sie be-
isten das Gesetz bis zum 31. Dezember 2012; es wird
lso letztendlich in der praktischen Anwendung etwa ein
reivierteljahr gelten. Sie haben – das ist ein gutes Bei-

piel, wie man Europapolitik nicht machen sollte – durch
ie Stresstests der europäischen Bankenaufsicht mehr
erunsicherung geschaffen als Sicherheit.

Herr Minister Schäuble, Sie gehören der EBA ja nicht
n. Aber Sie haben als Finanzminister mit den Beschluss
efasst, dass ein Stresstest durchgeführt werden soll, und
ach dem Beschluss, dass er durchgeführt werden soll,
ugelassen, dass sechs bis acht Wochen lang hin und her
berlegt und hoch und runter über die Frage diskutiert
urde: Was ist hartes Eigenkapital und was nicht? Die
nforderungen wurden permanent verändert. Staatsan-
ihen wurden „gestresst“ – das heißt, sie müssen näher

m Marktwert bilanziert werden –, was dazu führt, dass
tzt keiner mehr Staatsanleihen kauft. Deswegen: Ein
rund dafür, dass sich Europa jetzt in einer Krise befin-
et, besteht darin, dass Sie diesen verkorksten Stresstest
ugelassen haben. Sie hätten ihn verhindern müssen.


(Beifall bei der SPD)


Der Stresstest hatte zur Folge, dass Staatsanleihen als
nsicher gelten. Sie befördern das sogar durch die Auf-
icht, indem festgelegt wurde, dass sie derzeit zum

arktpreis zu bilanzieren sind. Das führt dazu, dass jetzt
eine Staatsanleihen mehr gekauft werden. Die Nullge-
ichtung, die wir bisher hatten, wurde ad absurdum ge-
hrt. Sie selbst haben einen Katalysator geschaffen, der

ewirkt, dass die Verunsicherung an den Märkten größer
ird.





Carsten Schneider (Erfurt)



(A) )


)(B)

Deswegen, meine Damen und Herren: Wir stimmen
diesem Gesetzentwurf so nicht zu, weil er unvollkom-
men ist, weil er die Rechte des Parlaments und des deut-
schen Steuerzahlers nicht ausreichend würdigt und weil
Sie der FDP an dieser Stelle viel zu weit entgegen-
gekommen sind.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD – Norbert Barthle [CDU/ CSU]: Aha! Aber zu einem eigenen Gesetzentwurf kein einziges vernünftiges Argument! Das ist interessant!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715500400

Florian Toncar ist der nächste Redner für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1715500500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

aktuelle Schuldenkrise in Europa zwingt uns, in
Deutschland und europaweit zu handeln, und zwar auch
mit Blick auf die Stabilität des Finanzsektors. Wir haben
in der Krise vor drei Jahren gelernt: Wenn in einer an-
gespannten Lage ein problematisches, ein auslösendes
Ereignis hinzukommt – damals war es die Pleite von
Lehman Brothers –, kann Panik ausbrechen und kann
sich Verunsicherung breitmachen, und dann ist der Scha-
den allein deshalb weit größer, als er sein müsste. Genau
deshalb sorgen wir jetzt dafür – europaweit, aber eben
auch in Deutschland –, dass dieses Mal bessere Vorbe-
reitungen getroffen werden und man sich absichert, auch
gegen unerwünschte oder unerwartete Ereignisse.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Banken sollen einen Sicherheitspuffer anlegen, der sie in
die Lage versetzt, kritische Situationen zu überstehen.
Das nutzt unserer gesamten Wirtschaft, unserer Wirt-
schaftsleistung, den Sparern und damit auch der Allge-
meinheit.

Dieses Gesetz ist, anders als der Kollege Schneider
gesagt hat, kein Gesetz zur Bankenrettung. Es ist kein
Gesetz, das Banken, die eigentlich insolvent werden wür-
den oder kein Geschäftsmodell mehr haben, am Leben
und am Markt hält. Für Situationen, in denen eine Bank
faktisch pleite ist oder kurz vor der Pleite steht – solche
Fälle gab es in den letzten drei Jahren auch in Deutsch-
land –, haben wir ein eigenes Gesetz geschaffen, das
weiterhin gültig bleibt: das Restrukturierungsgesetz.
Eine Bank, die kein Geschäftsmodell hat bzw. pleite
oder fast pleite ist, wird geordnet und gesteuert vom
Markt genommen. Das ist der richtige Weg, weil wir
nicht lebensfähige Banken nicht mit Steuergeldern am
Markt und am Leben halten können.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Worum es hier geht, ist etwas anderes. Wir reden über
Banken, die eigentlich alle rechtlichen Vorgaben erfüllen
und bisher genug Kapital hatten. Diesen Banken sagen
wir: Ihr müsst für schwierige Situationen, die in den
nächsten Monaten vielleicht auf euch zukommen, einen

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(C (D usätzlichen Sicherheitspuffer, den wir bisher nicht von uch verlangt haben, vorhalten. – Im Grunde werden die anken also mit einem Airbag nachgerüstet, wenn sie icht schon einen haben. Darum geht es. Das bedeutet ber nicht, dass das Auto nicht mehr fahren kann bzw. ass ein Schaden vorliegt. Deshalb ist dies auch keine ehrtwende, Kollege Schneider, sondern ein neuer An atz und ein neues Instrument, das sicherlich nicht im iderspruch zum Restrukturierungsgesetz steht. Es läuft so, dass die Bankenaufsicht bis zum 30. Juni ieses Jahres jeder einzelnen Bank Vorgaben macht und rklärt, ob sie nachsteuern muss. In Deutschland gibt es echs Banken, die nachsteuern und weiteres Kapital moilisieren müssen, um für schwierige Situationen, die wir offentlich nicht erleben werden, die wir aber auch nicht usschließen können, gewappnet zu sein. Dabei ist klar: ede der sechs betroffenen deutschen Banken hat bis um 30. Juni dieses Jahres Zeit. Sie muss zunächst einal alles dafür tun, das, was sie nachholen muss, selber nd mit eigenen Mitteln hinzubekommen. Es geht nicht arum, dass man ihr Steuergelder aufdrängt. Es geht uch nicht darum, gedankenlos Steuergelder zur Verfüung zu stellen. Vielmehr sind erst einmal die Unternehen selber gefragt, wie es in der sozialen Marktwirt chaft selbstverständlich sein sollte, liebe Kolleginnen nd Kollegen. Alle Banken in Deutschland, die nachsteuern müssen, aben übrigens erklärt, dass sie das auch tun wollen. eine von ihnen möchte Steuergeld haben, (Lachen der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE])


ondern die Banken, die betroffen sind, möchten erst
inmal selber ihre Pflicht erfüllen.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Ja, ja! Das sagen sie zum Schein!)


h kann nur sagen: Ich begrüße das, weil ich es für
elbstverständlich halte, dass ein Unternehmen, das pri-
at Gewinne erwirtschaften will, mit eigenen Mitteln
lles, was möglich ist, tut, um die rechtlichen Vorgaben
u erfüllen. Das, was angekündigt worden ist, ist sehr in
nserem Sinne.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dass die deutschen Banken alles dafür tun, dass sie
ein Steuergeld brauchen, beweist doch eines: Dieser
ilfsfonds ist keine Hängematte und kein bequemer
eg. Die Banken können sich also nicht einfach Geld

om Steuerzahler holen und weitermachen wie bisher,
ondern das ist schmerzhaft, weil es mit Gegenleistun-
en und Kosten, die die Banken dafür zahlen müssen,
erbunden ist. Deshalb wollen sie es auch nicht. Auch
as muss hier gesagt werden: Wir sind sehr streng, wenn
s doch einmal jemanden gibt, der Steuergeld will, so
treng, dass das niemand von sich aus einfach so bean-
agen würde. Auch das ist politisch gewünscht, weil wir
ollen, dass die Banken ihre Hausaufgaben selber ma-

hen und nicht zum Staat rennen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)






Florian Toncar


(A) )


)(B)

Deswegen verlangen wir von denen, denen mit die-
sem Fonds geholfen werden soll, einiges. Sie müssen zu-
nächst einmal ein stabiles Geschäftsmodell entwickeln,
und sie müssen die Dinge, die nicht mehr tragfähig und
auch unverantwortlich gewesen sind, abbauen und ein-
stellen. Sonst können sie keine Hilfe von uns bekom-
men. Darüber hinaus müssen sie angemessene Vergü-
tungsregeln vereinbaren und sich vor allem – das ist die
wichtigste Aufgabe des Finanzsektors – der Versorgung
der Realwirtschaft, der produzierenden Unternehmen
und auch der privaten Kunden verpflichten. Dafür sind
Banken da, und das verlangen wir, bevor wir überhaupt
darüber nachdenken, ob es auch nur 1 Euro Steuergeld
für eine deutsche Bank gibt.

Der Kollege Schneider hat die Themen Aktien und
Mitspracherechte angesprochen. Kollege Schneider, ei-
nerseits sagen Sie, wir dürften die Kosten für solche
Aktionen nicht dem Steuerzahler aufbürden, und im
gleichen Atemzug fordern Sie, dass wir mehr Aktien er-
werben und Mitspracherechte erhalten müssen. Sie müs-
sen sich einmal überlegen, was Sie wollen. Wenn Sie
mehr Aktien und mehr Mitspracherechte wollen, dann
müssen Sie dafür Steuergeld in die Hand nehmen. Wenn
Sie das nicht wollen, dann bekommen Sie auch nicht
mehr Mitsprache. Beides zusammen funktioniert nicht;
das ist ein Widerspruch in sich. Innerhalb von acht Mi-
nuten Redezeit haben Sie hier ganz bemerkenswerte Wi-
dersprüchlichkeiten von sich gegeben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Zu den Kosten der Rettungsaktionen in der Vergan-
genheit will ich nur eines sagen: Die Commerzbank hat
in zwei Schritten insgesamt 18 Milliarden Euro aus
Steuermitteln bekommen. Den Großteil davon, nämlich
90 Prozent, erhielt sie als stille Einlage, und nur für ein
Zehntel davon haben wir Aktien erhalten. Dass ausge-
rechnet die Sozialdemokraten, die damals den Finanz-
minister gestellt haben, uns jetzt sagen, wir müssten
mehr Aktien verlangen, ist wirklich ein Treppenwitz.
Als Sie es hätten tun können und als es auch geboten ge-
wesen wäre,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: So ist es!)


haben Sie darauf verzichtet, viele Aktien zu erwerben,
und genau das Gegenteil gemacht. Jetzt fordern Sie das
plötzlich. Sie müssen uns das gar nicht sagen; denn wir
würden es ohnehin anders machen, als Sie es getan ha-
ben, als Sie die Möglichkeit dazu hatten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Mir hat übrigens in den letzten drei Jahren noch nie-
mand von den Sozialdemokraten erklären können, wa-
rum man die Aktien der Commerzbank, die man erwor-
ben hat, so teuer gekauft hat. Der Börsenkurs der
Commerzbank lag zu dem Zeitpunkt, als Sie eingestie-
gen sind, bei 3,80 Euro, und Minister Steinbrück, der da-
mals verantwortlich war, hat die Aktien für 6 Euro ge-
kauft.


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das ist nicht richtig!)


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(C (D ielleicht können Sie sich einmal dazu äußern, warum ie dem Steuerzahler 700 Millionen Euro ungerechtfergte Extrakosten zugemutet haben, die in die Commerzank geflossen sind, wodurch die Alteigentümer ungechtfertigterweise bereichert wurden. Ich habe bisher einen sachlichen Grund dafür gehört, warum Sie das emacht haben. Sie haben damals unnötigerweise Geld usgegeben. (Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Nein, nein, das weißt du besser!)


ir achten auf Kostenkontrolle und würden das sicher-
ch zu Börsenkursen abwickeln und nicht, wie Sie, ein-
ch noch einmal 50 Prozent zulasten der Steuerzahlerin-

en und Steuerzahler in Deutschland draufschlagen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Amnesie!)


Ich stelle übrigens fest: Sie hätten in dieser Debatte
elegenheit, uns einmal zu erklären, warum die 6 Euro
chtig waren, aber Sie tun es nicht. Das schlechte Ge-
issen ist Ihnen anzusehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Gesetzentwurf
elber.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715500600

Herr Kollege Toncar, darf der Kollege Schneider Ih-

en eine Zwischenfrage stellen?


Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1715500700

Ja, dazu habe ich ihn ja fast aufgefordert.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


sofern muss ich sie nun auch zulassen. Bitte schön.


Carsten Schneider (SPD):
Rede ID: ID1715500800

Herr Kollege Toncar, Sie haben das ja gestern im

aushaltsausschuss und auch im Zusammenhang mit der
ypo Real Estate schon gesagt. Ich gehe davon aus, dass
nen bekannt ist, dass es sowohl zum Zeitpunkt der
aßnahmen zur Enteignung der Hypo Real Estate als

uch im Fall der Commerzbank kein Restrukturierungs-
esetz gab. Das war ein Problem. Mir liegt allerdings
uch kein Entwurf der FDP-Fraktion aus dieser Zeit vor.
as ist geändert worden; das ist in Ordnung. Weil da-
als aber kein entsprechendes Gesetz vorlag, mussten
ir mit einem eigenen Enteignungsgesetz – nach Vor-
ge und auf Empfehlung des BaFin-Chefs und des da-
aligen Bundesbankchefs Weber, die gesagt haben, wir

ollen das so machen – handeln.

Sie haben zwei Punkte genannt. Ich möchte Sie fra-
en, ob Ihnen bekannt ist, dass Sie, wenn Sie eine Aktie
rwerben, ein Angebot machen müssen und dass es zwi-
chen dem vorherigen Angebot, das Sie nach dem Ak-
engesetz veröffentlichen müssen – Sie sind ja Jurist
nd wissen das –, und dem, was Sie dann tatsächlich
ahlen müssen, einen Unterschied gibt. Es gilt natürlich
er vorherige Zeitpunkt, und da lag der Kurs bei 6 Euro.
urch den Staatseinstieg war der Kurs zum Zeitpunkt





Carsten Schneider (Erfurt)



(A) )


)(B)

des Kaufes niedriger; deswegen hat der Kauf real zu die-
sem niedrigeren Kurs stattgefunden. Wenn Sie anderer
Auffassung wären, wenn Sie meinen, der damalige
Finanzminister Steinbrück hätte das unkorrekt gemacht,
müssten Sie ihn verklagen. Warum tun Sie das nicht?


Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1715500900

Kollege Schneider, wir werden den Vorschlag und die

Option, jemanden zu verklagen, prüfen. Aber darauf
wollte ich nicht hinaus. Ich glaube, dass es politisch
nicht vertretbar ist, wenn der Börsenkurs einer Aktie bei
3,80 Euro liegt und dann auf Kosten des Steuerzahlers
für 6 Euro gekauft wird. Sie haben dieser Deutung nicht
widersprochen; das muss man noch einmal sagen.


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Doch! Das ist falsch! – Rolf Schwanitz [SPD]: Sie haben nichts verstanden!)


Es sind 6 Euro pro Aktie gezahlt worden. Es gibt keine
rechtliche Verpflichtung, das zu machen.

Übrigens hätten Sie damals für den gleichen Preis ein
Drittel der Aktien erwerben können; das wäre gesetzlich
möglich gewesen. Sagen Sie also nicht, dass es dafür
keine gesetzlichen Grundlagen gab. Es war eine rein
politische Entscheidung, dass Sie ein Viertel aller Aktien
wollten, dass Sie dafür 1,8 Milliarden Euro gezahlt ha-
ben, was einem Preis von 6 Euro pro Aktie entspricht.
All das ist politisch entschieden worden. Das war eine
falsche Entscheidung, weil diese Lösung für die Steuer-
zahler in Deutschland ungerechtfertigt teuer war.


(Beifall bei der FDP)


Ich will zu dem Entwurf noch einiges sagen. Wir ha-
ben in dem Entwurf das Thema parlamentarische Betei-
ligung geklärt. Bisher hatte der Deutsche Bundestag bei
der Verwaltung des Fonds nur reine Informationsrechte.
Wir haben jetzt dafür gesorgt, dass die Regierung auf der
einen Seite da schnell handeln kann, wo es nötig ist. Auf
der anderen Seite haben wir einen Teil der Kredit-
ermächtigung, also einen Teil des Geldes, das dem
Fonds zur Verfügung steht, gesperrt. Denn wenn wirk-
lich größere Summen ausgegeben werden sollen, dann
wollen wir das vorher kontrollieren. Dann ist es unsere
Pflicht als Deutscher Bundestag, zu kontrollieren, ob die
Gelder sinnvoll eingesetzt werden und damit wirtschaft-
lich umgegangen wird.

Deswegen müssen größere Summen von uns freige-
geben werden. Das haben wir neu eingeführt. Das heißt,
das Parlament ist in einer stärkeren Rolle als bisher. Na-
türlich haben Sie recht, Kollege Schneider, dass das zu
einem guten Teil die Handschrift meiner Fraktion ist.
Für dieses Lob darf ich Ihnen abschließend besonders
danken.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Michael Meister [CDU/CSU] – Lachen bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715501000

Herr Kollege, das war doch eigentlich ein guter

Schlusssatz.

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(C (D Jetzt kommt der Schlusssatz des Tages, jedenfalls was ich angeht. – Wir haben notwendige, aber nicht hinreihende Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der inanzmarkt stabilisiert werden kann. Dazu müssen uropäische Maßnahmen kommen, die in Arbeit sind nd um die es auch in der nächsten Woche geht. Ich beanke mich für die guten Beratungen. Natürlich wird die DP-Fraktion dem Gesetzentwurf zustimmen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Florian Toncar (FDP):
Rede ID: ID1715501100


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715501200

Die Kollegin Sahra Wagenknecht ist die nächste Red-

erin für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Jetzt wird die Rede beobachtet!)



Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715501300

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Vom organisierten Geld regiert zu werden, ist ge-
nauso schlimm, wie vom organisierten Verbrechen
regiert zu werden.


(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der FDP – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Da haben Sie ja Erfahrung!)


ein, liebe Damen und Herren vom Verfassungsschutz,
ie müssen diesen Satz nicht mitschreiben. Er stammt
icht von einem Kommunisten.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Blödsinn!)


Sie sagen „Blödsinn“. Wissen Sie, von wem der Satz
tammt? Dieser Satz stammt von dem amerikanischen
räsidenten Franklin D. Roosevelt.


(Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Er kann sich nicht mehr wehren gegen das Zitat!)


ranklin D. Roosevelt hat diesen Satz nicht einfach nur
ahergeredet, sondern er hat die Konsequenzen daraus
ezogen. Er hat nämlich in seiner Regierungszeit den
inanzsektor massiv reguliert. Das war die Konsequenz
us diesem Satz. Von solcher Konsequenz ist die Bun-
esregierung leider Lichtjahre entfernt.

Der Ausbruch der letzten großen Finanzkrise liegt in-
wischen gut drei Jahre zurück. Damals haben die Staa-
n die Banken zum ersten Mal mit Billionen an Steuer-
eld aus dem selbstverschuldeten Schlamassel gerettet.
iele Staaten haben sich dadurch so viele Schulden auf-
ehalst, dass sie jetzt selbst zunehmend in die Pleite
chlittern. Angeblich ging es nur um die Konten der
leinsparer. Angeblich sollte dieser großen Rettungs-
elle damals eine mindestens so große Regulierungs-
elle folgen. So sollte verhindert werden, dass es jemals
ieder Cash for Trash, also Steuergeld für Finanzmüll
eben muss.





Sahra Wagenknecht


(A) )


)(B)

Das ist fast drei Jahre her. Drei lange Jahre wurde die
Öffentlichkeit mit Scheinaktivitäten hingehalten und ge-
täuscht. Drei lange Jahre ist faktisch nichts passiert. Das
Kasino wurde nicht geschlossen.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist heute größer als je zuvor. Es wird aktuell sogar ge-
rade von der Europäischen Zentralbank noch einmal mit
zusätzlichen Hunderten Milliarden an Spielgeld ausge-
stattet.

Nahezu alle Geschäfte, die 2008 den Finanzcrash aus-
gelöst haben, sind unverändert legal und werden unver-
ändert gemacht. All die undurchsichtigen und dubiosen
Derivate, vor denen Warren Buffett schon 2002 gewarnt
hat, indem er gesagt hat, das seien finanzielle Massen-
vernichtungswaffen, sind nach wie vor auf dem Markt.
Banken wie die Deutsche Bank verdienen sich dumm
und dämlich damit. All die zweifelhaften Verbriefungen,
die sich damals als Giftpapiere, als toxische Papiere ent-
puppt haben, werden nach wie vor fleißig von den Ban-
ken zusammengebastelt und neuerdings zum großen Teil
bei der EZB abgeladen.

„Keine Bank darf so groß sein, dass sie wieder Staa-
ten erpressen kann.“ Das hatte Frau Merkel im Krisen-
jahr 2008 öffentlich verkündet. Und? Haben Sie ir-
gendeine private Bank in Deutschland verkleinert? Sie
haben das Gegenteil gemacht. Sie haben gefördert und
unterstützt, dass die zwei größten privaten Banken noch
größer geworden sind, indem sie weitere Banken, näm-
lich die Commerzbank die Dresdner Bank und die Deut-
sche Bank sogar zwei Banken, übernommen haben. Das
haben Sie auch noch politisch unterstützt. Das lässt nur
einen Schluss zu: Sie fühlen sich offenbar ganz wohl in
der Abhängigkeit von den Banken. Das mag vielleicht
auch damit zu tun haben, dass von Allianz und Co. re-
gelmäßig Millionen an Spenden fließen, sowohl an die
Regierungsparteien als auch an SPD und Grüne.


(Beifall bei der LINKEN)


Bei einer solchen Bankenhörigkeit kommen immer
wieder Gesetzentwürfe wie der heraus, den wir heute be-
raten. Ihre letzte Bankenrettungsrunde, damals noch in
der Großen Koalition, hat die deutsche Staatsverschul-
dung um 265 Milliarden Euro nach oben getrieben. Jetzt
sollen den Banken erneut 480 Milliarden Euro zur Verfü-
gung gestellt werden, zu ähnlich unsäglichen Konditio-
nen wie 2008. Ich finde es, ehrlich gesagt, unglaublich,
was Sie sich trauen.

Auch die tolle Bankenabgabe hat sich als völliger
Flop erwiesen. Es gab große Ankündigungen: Die Ban-
ken sollten einen Fonds speisen, aus dem künftige Ret-
tungsmaßnahmen finanziert werden. 70 Milliarden Euro
sollten dadurch zusammenkommen.

Die Linke hatte schon damals gewisse Zweifel, dass
sich die nächste Finanzkrise an Herrn Schäubles Planung
halten und erst in 35 Jahren eintreten wird. Denn Sie
sind damals davon ausgegangen, dass die Bankenabgabe
jährlich 2 Milliarden Euro einbringt. Das hieße, nach
35 Jahren hätte man die 70 Milliarden Euro zusammen-
gehabt. Aber das war alles viel zu optimistisch. Von

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(C (D Milliarden Euro Einnahmen kann keine Rede sein. Die ankenabgabe hat im letzten Jahr gut 500 Millionen uro eingespielt. 500 Millionen Euro wurden bei den anken einkassiert. Das ist nichts. Allein der Betrag, den die Deutsche Bank den Steuerahlern verdankt, beläuft sich auf 30 Milliarden Euro. 0 Milliarden Euro an Forderungen hat die Deutsche ank nicht abschreiben müssen, weil die Staaten andere anken gerettet haben, nämlich die Hypo Real Estate, ie IKB, in den USA die AIG usw. 30 Milliarden Euro: as entspricht dem gesamten harten Kernkapital der eutschen Bank. Das heißt, auch dieses Institut wäre omplett pleite gewesen, wenn die Staaten nicht mit Retngsmilliarden eingegriffen hätten. Aber die Idee, sich ie 30 Milliarden Euro von einem Finanzinstitut zurückuholen, das Boni und Dividenden ausschüttet, liegt ofnbar völlig außerhalb der Vorstellungskraft dieser undesregierung. Fordern und Fördern: Das gilt offenbar nur für Areitslose, wobei es hier in der Regel auf Fordern und rangsalieren hinausläuft. Bei den Banken dagegen gilt ffensichtlich: Fördern und Vergessen, und auf Zuruf ieder Fördern, wenn die Banken wieder etwas brau hen. Ich finde, diese Politik ist ein einziger Skandal. Die Schätzung, dass die Deutsche Bank dem Steuerahler 30 Milliarden Euro verdankt, hat Herr Steinbrück die Öffentlichkeit gebracht. Er kann das vermutlich ut einschätzen. Denn er war damals deutscher Finanzinister, als die erste große Bankenrettungsrunde lief. as heißt, er hat sie wesentlich mit verbrochen. Desween muss ich noch einmal auf die Rettung der Commerzank zurückkommen, und zwar nicht deshalb, weil daals alles so schlimm war – das war es allerdings –, ondern weil genau das Gleiche wieder droht. Erinnern wir uns daran, was damals passiert ist: Die ettung der Commerzbank ist in einer Art und Weise erlaufen, die nicht nachteiliger für den Steuerzahler und icht vorteilhafter für die Aktionäre hätte sein können. 8 Milliarden Euro – das ist schon mehrfach erwähnt orden – wurden in diese Bank gepumpt, die am Markt Milliarden Euro wert war. Mit diesen 18 Milliarden uro hätten Sie natürlich alle Aktien der Commerzbank aufen können. Sie hätten sogar alle Aktien der Deutchen Bank mitkaufen können. Aber stattdessen haben ie sich auf einen Anteil von 25 Prozent beschränkt. Der est wurde dieser Bank als stille Einlage faktisch zum ulltarif zur Verfügung gestellt. Nicht einmal 2010, als ie Commerzbank wieder Milliardengewinne gemacht at, hat diese Bank einen müden Euro an Zinsen gezahlt. h kann mir wirklich keinen privaten Investor vorsteln, der zu solchen Harakiri-Konditionen Geld zur Vergung stellen würde. Mindestens 2 Milliarden Euro sind dem deutschen iskus durch diese aberwitzige Konstruktion an Einnahen verloren gegangen. Mit diesen 2 Milliarden Euro Sahra Wagenknecht )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

hätten Sie übrigens 20 Jahre lang ohne Probleme für alle
Wohngeldempfänger in Deutschland den Heizkostenzu-
schuss zahlen können. Aber Sie brauchen ja keinen
Heizkostenzuschuss zu zahlen, weil er von dieser neoli-
beralen Koalition 2010 wegen unerbittlicher Spar-
zwänge eben einmal gestrichen wurde; diesen Zuschuss
konnte man sich nicht leisten.


(Beifall bei der LINKEN)


Das zeigt doch offensichtlich: Wir müssen scheinbar im-
mer nur deshalb sparen, um uns immer wieder solche
Rundum-sorglos-Pakete für die Banken leisten zu kön-
nen. Das ist eine unerträgliche Politik.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist kein Wunder, dass die einzige begeisterte Rück-
meldung auf den vorliegenden Gesetzentwurf vom Ban-
kenverband kam. Selbst Herr Hüther vom arbeitgeberna-
hen Institut der deutschen Wirtschaft fordert inzwischen
eine zwangsweise Teilverstaatlichung der Banken. Er
hat natürlich recht; denn viele kleine und mittlere Unter-
nehmen haben schon seit Jahren Schwierigkeiten, Kre-
dite zu günstigen Konditionen zu bekommen. Natürlich
besteht die Gefahr, dass diese Schwierigkeiten jetzt noch
akuter werden, weil die Banken wegen ihrer eigenen
Probleme noch schlechtere Kreditkonditionen anbieten.
Eine Bank wie die Deutsche Bank verwendet übrigens
gerade einmal 4 Prozent ihrer Bilanzsumme für gewerb-
liche Kredite. Mit dem Rest wird gezockt und spekuliert,
bis der Staat wieder retten muss. Auch das zeigt einmal
mehr: Finanzstabilität ist ein öffentliches Gut. Deswegen
gehört der Finanzsektor nicht in die Hände unverant-
wortlicher Zocker und Renditejäger, sondern in die öf-
fentliche Hand,


(Beifall bei der LINKEN)


weil das die einzige Chance ist, die Banken endlich
kleinzuregulieren und sie dazu zu verpflichten, ihre Auf-
gabe zu erfüllen. Ihre Aufgabe ist verdammt noch mal
nicht, zu spekulieren, sondern die Aufgabe ist, Diener
der Realwirtschaft zu sein und den Unternehmen güns-
tige Kredite zur Verfügung zu stellen.


(Beifall bei der LINKEN)


Unregulierte Wettbuden dagegen mit immer neuen Steu-
ergeldern zu stützen, ist unerträglich und verantwor-
tungslos.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die DDR lässt grüßen!)


Es geht aktuell nicht nur um die Kosten des neuen Ban-
kenrettungsfonds. Auch der neue Euro-Rettungsschirm
ESM muss noch einmal mit 22 Milliarden Euro ausgestat-
tet werden. Hinzu kommen 168 Milliarden Euro für Bürg-
schaften, und das in einer Situation, in der hier im Land
unzählige wichtige Dinge nicht finanziert werden, weil
wir angeblich kein Geld haben. Viele Schulen befinden
sich in einem beklagenswerten Zustand. Kommunen kön-
nen ihre Krankenhäuser nicht mehr ordentlich ausstatten,
weil sie kein Geld haben. Der Hartz-IV-Regelsatz für
Kinder ist nach wie vor verfassungswidrig niedrig.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D ür all das fehlt angeblich das Geld. Das ist doch eine esige Heuchelei, die Sie hier betreiben. Sie diktieren anz Europa Schuldenbremsen, und im selben Atemzug rlassen Sie Gesetze, von denen Sie ganz genau wissen, ass sie die Staatsverschuldung weiter in die Höhe treien werden. Das ist Ihre Politik. Nehmen Sie sich eientlich selbst noch ernst? Jetzt zeigt sich natürlich auch: Eine Behörde, die sich m den Schutz unserer Verfassung tatsächlich kümmern ürde, hätte heute in Deutschland einiges zu tun. Sie önnte sich beispielsweise um diejenigen kümmern, die er Ansicht sind, dass man zum Zweck der Bankenretng auch mal das Budgetrecht des Parlaments ein chränken oder umgehen kann, oder um diejenigen, die er Meinung sind, dass parlamentarische Prozesse eientlich nur stören, wenn sie denn die Märkte beunruhien, oder um diejenigen, die ins Gespräch bringen, dass ir plötzlich eine marktkonforme Demokratie brauchen. eine dieser Absurditäten ist im Grundgesetz vorgeseen. Sie widersprechen ihm sogar ausdrücklich. Es bleibt dabei: Vom organisierten Geld regiert zu erden, ist genauso schlimm, wie vom organisierten erbrechen regiert zu werden. Heute werden Deutschnd und Europa vom organisierten Geld regiert, und iese Bundesregierung ist eine besonders emsige und deote Vollstreckerin seiner Wünsche. Frau Kollegin! Die Linke wird sich im Unterschied auch zur SPD nd zu den Grünen an diesem schmutzigen Geschäft nieals beteiligen. Deswegen werden wir heute gegen die en Gesetzentwurf stimmen. Ich danke Ihnen. Das Wort erhält der Kollege Jürgen Trittin für die raktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt in er aktuellen Euro-Finanzkrise mindestens drei große ebenslügen von Schwarz-Gelb. Die erste lautet, wir eien keine Transferunion. Dieses Europa war schon imer eine Transferunion. Die zweite Lebenslüge lautet, ir würden Schulden nicht vergemeinschaften. Die ahrheit ist: In diesen Tagen liegen in der Europäischen entralbank in einer Größenordnung von rund 200 Milarden Euro Staatsanleihen aus Italien, Spanien und aneren Ländern. Damit wir diese Staatsanleihen bekomen und Schulden vergemeinschaften, geben wir rivaten Banken in diesen Ländern billiges Geld zu eiem Zinssatz von 1 Prozent. Die dritte Lebenslüge hat Jürgen Trittin )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715501400
Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715501500

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715501600
Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715501700




(A) )

die Bundeskanzlerin gestern in Davos hinzugefügt. Sie
hat gesagt: Man muss aufpassen, dass Deutschland in
dieser Situation nicht überstrapaziert wird.

Am nächsten Morgen wird hier im Deutschen Bun-
destag beschlossen, 400 Milliarden Euro an Bürgschaf-
ten und am Ende 80 Milliarden Euro zur Rettung von
Banken auszugeben. Ich sage an dieser Stelle: Ich kriti-
siere nicht den Anlass des Gesetzes. Nicht, dass wir uns
da missverstehen; es ist nötig. Aber so zu tun, als gäbe es
eine erbitterte Debatte innerhalb der Koalition darüber,
ob man das Notwendige für den Euro, für unsere ge-
meinsame Währung, tun könne, und gleichzeitig kondi-
tions- und bedingungslos Geld in der Größenordnung
des gesamten ESM – das ist nämlich die gleiche Größen-
ordnung – für ein solches Projekt auszugeben, das lassen
wir Ihnen nicht als eine konsistente Politik durchgehen.
Das ist schlicht und ergreifend eine Veräppelung der Öf-
fentlichkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie setzen damit etwas fort, was vom Internationalen
Währungsfonds und von vielen anderen kritisiert wurde.
Deutschland ist gut durch die Krise gekommen. Aber
Deutschland ist nicht deswegen gut durch die Krise ge-
kommen, weil es gut gemanagt worden wäre. Deutsch-
land ist vor allen Dingen sehr teuer durch die Krise ge-
kommen. Die Bankenrettung in Deutschland war die
teuerste weltweit. Kein Land hat seine Mittel so ineffi-
zient wie die Bundesrepublik Deutschland eingesetzt,
um durch die Finanzkrise zu kommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das Beispiel der Commerzbank ist schon sehr strapa-
ziert worden: 18 Milliarden Euro für eine Bank, die, je
nach Schätzung, 3 Milliarden bis 5 Milliarden Euro wert
war. Diese Bank zahlt bis heute keine Zinsen für diese
stille Einlage. Jetzt kommen Sie mit genau dem gleichen
Modell erneut auf die Bevölkerung und den Deutschen
Bundestag zu. Sie schlagen vor, faktisch diesen Weg
wieder zu beschreiten. Dazu sage ich: Der Verzicht da-
rauf, Banken, die in Schieflage geraten, nicht nur zu ver-
staatlichen, sondern sie zu zwingen, sich zu rekapitali-
sieren, also der Verzicht auf wirkliche Maßnahmen, ist
der Beleg dafür, dass es falsch ist, wie Sie agieren. Wenn
Sie die Banken selber darüber entscheiden lassen, ob sie
sich rekapitalisieren, wenn Sie nicht die Bereitstellung
von Bürgschaften oder von Geld zum Beispiel damit
verbinden, dass die Banken gezwungen werden, ihr Ei-
genkapital aufzustocken, wenn Sie nicht als Bedingung
für Geld und Bürgschaften von Steuerzahlern dafür sor-
gen, dass auch für Banken eine Schuldenbremse gilt,
dann wird im Ergebnis auch die Schuldenbremse für
Deutschland überstrapaziert. Sie müssen an dieser Stelle
endlich zu einer konsistenten Politik kommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Von hinten durchs Knie ins Auge!)


In der Tat brauchen wir einen solchen Fonds. Wir
brauchen ihn auf europäischer Ebene. Aber wir müssen

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(C (D ls Gegenleistung verlangen, dass es innerhalb der Banen zu einer massiven Rekapitalisierung kommt – da, o Geld gegeben wird, muss der Staat mitreden –, und ir müssen gleichzeitig dafür sorgen, dass Spekulation egrenzt und vermindert wird. Ich würde mir wünschen, dass die CDU/CSU die Tatraft, die sie gelegentlich an den Tag legt, wenn es zum eispiel darum geht, Kolleginnen und Kollegen wie rau Wagenknecht durch den Verfassungsschutz bebachten zu lassen, auch einmal aufbrächte, wenn es um ie Umsetzung und Durchsetzung der Finanztransakonsteuer geht. (Beifall des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])


a lassen Sie sich ja von der FDP schlicht und ergrei-
nd am Nasenring durch die Manege führen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715501800

Das Wort hat nun der Bundesminister der Finanzen,

r. Wolfgang Schäuble.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-
en:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen
nd Kollegen! Die Debatte hat einen weiten Bogen ge-
chlagen. Es war nicht wirklich überraschend, aber be-
erkenswert, dass sich Frau Wagenknecht gar nicht da-

egen ausgesprochen hat, dass Abgeordnete – notfalls
uch vom Verfassungsschutz – beobachtet werden, son-
ern dass sie nur gesagt hat, sie hätte gern andere Abge-
rdnete unter Beobachtung gestellt.


(Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Das habe ich so nicht gesagt!)


Aber ich möchte mich zu dem Gesetz äußern. Auf
em Weg, die durch die Staatsschuldenkrise einiger Mit-
liedsländer der gemeinsamen europäischen Währung
usgelöste Verunsicherung in der Euro-Zone als Ganzes
u bekämpfen, stellt es einen wichtigen Beitrag dar. Sinn
nd Anlass des Gesetzes sind nämlich, für Banken nun
twas zu haben, was wir damals, im Jahr 2008, nicht hat-
n. Es ist, glaube ich, nicht vorzuwerfen, dass wir es da-
als nicht hatten; aber deswegen mussten wir die Pro-

leme seinerzeit anders lösen. Inzwischen haben wir mit
em Bankenrestrukturierungsgesetz das richtige Instru-
entarium geschaffen, um in einem solchen Fall eine
ank ordnungspolitisch sauber vom Markt nehmen zu
önnen. Dafür brauchen wir dieses Gesetz nicht. Wir
rauchen es aber – für eine begrenzte Zeit; deswegen ist
s auch bis Ende des Jahres befristet – im Rahmen der
tabilisierungsbemühungen in Bezug auf die gemein-
ame europäische Währung. Ich will, weil das so wichtig
t, noch einmal daran erinnern: Die Bekämpfung dieser
rise muss bei der Bekämpfung der Ursachen der Krise

nsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble


(A) )


)(B)

Das ist und bleibt der erste notwendige Schritt, an dem
kein Weg vorbeiführen darf, und alles, was wir sonst ma-
chen, darf nicht dazu führen, dass bei der Bekämpfung
der Ursachen der Krise nicht bei den Mitgliedsländern
der Europäischen Union angesetzt wird. Sonst würden
wir falsche Anreize setzen.

Außerdem brauchen wir eine Stabilitätsunion. Das ist
das, was wir in diesen Tagen und Wochen mit dem Euro-
päischen Stabilisierungsmechanismus und dem Fiscal
Compact zustande bringen. Das ist bei der Konstruktion
der europäischen Verträge nicht ganz einfach. Es wäre
einfacher gewesen, wenn eine Vertragsänderung gelun-
gen wäre; aber Vertragsänderungen sind in Europa nur
einstimmig möglich. Diese Einstimmigkeit war im Eu-
ropa der 27 nicht zu erreichen. Deswegen müssen wir
den Weg über den Fiscal Compact gehen, um das zu
schaffen, was wir für die vergemeinschaftete Geldpolitik
brauchen, damit die Währung stabil bleibt und das Ver-
trauen in die Währung zurückkehrt. Notwendig sind
nämlich eine Stabilitätsunion, Grenzen für die Finanz-
politik zu schaffen und darüber hinaus die Wettbewerbs-
fähigkeit aller Mitgliedsländer der gemeinsamen Wäh-
rung zu stärken. Das ist das Ziel des Europäischen Rats
am kommenden Montag. Ich sage das nur, um den Zu-
sammenhang herzustellen.

Dann gehört dazu, Ansteckungsgefahren, die durch
die Verflechtungen in den Finanzmärkten der Welt ent-
standen sind – die haben wir 2008 in einem Ausmaß
kennengelernt, wie wir es vorher nicht für möglich ge-
halten haben –, zu bekämpfen. Dazu brauchen wir einen
Rettungsschirm, und dazu brauchen wir eine hinrei-
chende Kapitalausstattung der systemrelevanten Banken
in Europa. Das war der Beschluss, den wir, ausgehend
von der Frühjahrstagung des Internationalen Währungs-
fonds, im vergangenen Jahr gefasst haben. Die Europäi-
sche Bankenaufsichtsbehörde muss in der Zusammen-
arbeit mit den nationalen Bankenaufsehern ihren Weg
finden. Das hat ein bisschen gebraucht; sie ist ja erst seit
Anfang letzten Jahres tätig. Das ist nicht ganz einfach.
Das geht auch nicht ganz konfliktfrei. Das ist bei solchen
europäischen Institutionen so.

Diese Behörde hat definiert, welche systemrelevanten
Banken in Europa – in Deutschland sind es sechs – bis
zum 30. Juni auf der Basis der Bewertung der Bestände
vom 30. September vergangenen Jahres hinreichend Ka-
pital nachweisen müssen, damit sie im Falle eines Falles
gegen eine Ansteckungsgefahr gewappnet sind.

Jetzt kommen wir zum Gesetz. Wir alle in Europa ha-
ben uns verpflichtet, dass wir den Beschluss der Euro-
päischen Bankenaufsichtsbehörde durch die nationale
Bankenaufsicht umsetzen. Die Regel ist auch ganz klar:
Die Banken müssen zunächst versuchen, sich das not-
wendige Kapital zu beschaffen. Es sieht danach aus, dass
die deutschen Banken das auch schaffen; aber das ist bis
zum 30. Juni offen. Die Banken haben jetzt ihre Pläne
vorgelegt; die BaFin überprüft das in diesen Tagen und
Wochen.

Für den Fall, dass sie dazu nicht in der Lage sind,
müssen die Mitgliedstaaten dies sicherstellen. Es gibt
nicht den direkten Weg über Europa – das möchten man-

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(C (D he –, nein, es geht nur über die Staaten. Aber dazu brauhen wir das Instrumentarium. Deswegen haben wir – es t auch kein Widerspruch, Herr Kollege Schneider, zu em, was ich vor einem Jahr gesagt habe; da hatten wir as Restrukturierungsgesetz – den Beschluss, in dem wir ns verpflichtet haben, dies notfalls umzusetzen. Desween muss dieses Gesetz auch in den Instrumenten ein tück weitergehen als das erste Soffin-Gesetz. Ohne dieses Gesetz hätte die nationale Bankenauficht nicht die Möglichkeit, ein Institut zu zwingen, das otwendige Kapital vorzusehen. Denn bisher, nach gelndem Recht, kann nur bei einer konkreten Bestandsgehrdung durch die nationale Bankenaufsicht eingegrifn werden. Jetzt führen wir die Möglichkeit ein, dass ei einer besonderen Risikolage auf dem Finanzmarkt nd insbesondere im Rahmen eines abgestimmten Vorehens auf europäischer Ebene oder aufgrund entsprehender Empfehlungen des Europäischen Ausschusses r Systemrisiken und der Europäischen Bankenauf ichtsbehörde gehandelt werden kann. Das ist der Sinn es Ganzen. Dafür rufen wir das alte Gesetz noch einmal uf. Wir geben auch nicht, Herr Kollege Trittin, wie Sie esagt haben, 400 Milliarden Euro aus. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Bürgschaften“ habe ich gesagt!)


Sie haben den Begriff „ausgeben“ gebraucht, und das
ar nun leider irreführend.

Lassen Sie mich es doch ganz einfach darstellen: Wir
tellen in der Tat den vorhandenen Bürgschaftsrahmen
is zum Ende dieses Jahres und die entsprechenden Ka-
italmöglichkeiten zur Verfügung, in der Erwartung,
ass sie nicht in Anspruch genommen werden müssen,
ber für den Fall, dass sie notwendig sind. Das ist eine
räventive Maßnahme, um unsere gemeinsame europäi-
che Währung gegen Ansteckungsgefahren stabiler zu
achen. Um nicht mehr und um nicht weniger geht es.
eine Damen und Herren, dazu müssen wir dieses Ge-

etz – ich bitte darum; wir brauchen es dringend; sonst
ürden wir unseren europäischen Verpflichtungen nicht
erecht werden – heute verabschieden.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715501900

Herr Minister, darf der Kollege Schick eine Zwi-

chenfrage stellen oder eine Bemerkung machen?

Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-
en:

Bitte, gerne.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Minister, Sie haben gerade zwischen dem diffe-

nziert – das ist völlig richtig –, was an Rahmen zur
erfügung gestellt worden ist, und dem, was konkret
usgezahlt worden ist. Wenn wir dieses Gesetz jetzt noch
inmal in Kraft setzen, haben die Bürgerinnen und Bür-
er, finde ich, einen Anspruch, zu wissen, was bisher
irklich ausgegeben worden ist, wie viele Verluste sich
dem Finanzmarktfonds bisher tatsächlich angesam-





Dr. Gerhard Schick


(A) )


)(B)

melt haben. Ich darf diese Zahl nicht nennen; Sie dürfen
es.

Deswegen möchte ich Sie bitten: Nennen Sie den
Bürgerinnen und Bürgern die Milliardensumme, die bis-
her an Verlusten aufgelaufen ist. Können Sie uns auch
sagen, wer diese Verluste tragen soll? Werden sie durch
das allgemeine Steueraufkommen, also von allen Bürge-
rinnen und Bürgern, oder durch den Finanzsektor getra-
gen? Oder werden sie, wie wir Grünen uns das vorstel-
len, mit einer Abgabe auf sehr große Vermögen
abgetragen? Die Frage ist also: Wie viel ist konkret aus-
gezahlt worden, und wer soll das bezahlen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-
zen:

Herr Kollege Schick, ich werde Ihnen die Zahlen
heute nicht nennen, sondern wir machen das in den zu-
ständigen Gremien, wie das Gesetz es vorsieht. Dabei
bleibt es auch.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unter Geheimhaltung! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


– Die Zahlen stehen auch noch gar nicht abschließend
fest. Deswegen dient diese Frage nur dazu, Verunsiche-
rungen zu schaffen, die so gar nicht begründet sind, und
deswegen lasse ich mich darauf gar nicht ein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Im Übrigen hilft es nichts: Wenn es am Ende haus-
haltswirksam ist, trägt es der allgemeine Haushalt. Dazu,
wie die erforderlichen Mittel aufgebracht werden sollen,
gibt es in unserem Parlament unterschiedliche Vorstel-
lungen; das ist auch wahr. Wir haben in der Steuer-
politik, wie in anderen Fragen auch, unterschiedliche
Vorstellungen. Es ist der Vorzug der pluralistischen De-
mokratie, dass es unterschiedliche Meinungen gibt, über
die am Ende mit Mehrheit entschieden wird.

Wir sind in diesen Jahren eine ziemlich solide Haus-
haltspolitik gefahren; denn wir haben die staatliche Neu-
verschuldung immerhin von der ursprünglich in Kauf
genommenen Rekordsumme auf weniger als 20 Milliar-
den Euro im vergangenen Jahr zurückgeführt. Wir wer-
den diesen Weg konsequenter Rückführung, aber maß-
voller Defizitreduzierung entschieden weitergehen.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das ist doch keine Antwort gewesen!)


– Ich habe erklärt, warum ich keine Antwort gebe, näm-
lich aus den genannten Gründen. Dabei bleibt es auch.

Im Übrigen – ich sage es noch einmal –: Dieses Ge-
setz wird vermutlich gar nicht in Anspruch genommen
werden müssen; es ist auf eine kurze Zeit befristet. Es
gibt uns aber das rechtliche und tatsächliche Instrument,
die Anforderungen, die wir in Europa beschlossen ha-
ben, um unsere gemeinsame Währung stabil zu halten

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(C (D nd zu verteidigen, zu erfüllen – nicht mehr und nicht eniger. Wenn Sie wollen, versuche ich noch einmal, es Ihnen u erklären: Es ist ein Element bei der Stabilisierung der emeinsamen Währung – das war die weltweite gemeiname Beurteilung, und zwar im Internationalen Wähngsfonds, in der G 20 und auch in Europa –, dass wir icherstellen müssen, dass die systemrelevanten Banken Europa in dieser schwierigen Zeit genügend Eigenka ital haben, und zwar mehr, als von Basel III zu diesem eitpunkt vorgesehen ist. Herr Kollege Schneider, Sie haben die Mark-to-Maret-Bewertung angesprochen. Von vielen Seiten – auch der Finanzwelt – wird dies als Argument benutzt. Dort eißt es jetzt, dies sei die Ursache der Probleme. Ich enne diese Debatte sehr genau, und Sie kennen sie uch. Jede europäische Entscheidung, die systemreleanten Banken mit hinreichend Eigenkapital zu verseen, ohne dies auf der Grundlage einer Mark-to-Marketewertung zu tun, wäre von allen finanzmarktrelevanten stitutionen als irrelevant angesehen worden. Deswe en haben wir für diesen speziellen Test, für die EBAntscheidung, gesagt, dass die Grundlage eine Mark-toarket-Bewertung ist. Das ändert aber nichts daran, dass wir die Fristen für ie Nullunterlegung von Staatsanleihen, die in Basel III orgesehen sind, weiterhin voll ausschöpfen werden. uch dies sage ich bei dieser Gelegenheit. Diejenigen, ie daraus Argumente als Ausreden dafür ableiten, dass an spekulativ darauf setzt, die Finanzmarktkrise nicht u lösen, sondern zu verschärfen, haben kein Argument us dieser Entscheidung. Das ist eine besondere Situaon. Sie zeigt, dass unsere gemeinsame europäische ährung auf dem Weg ist, das Vertrauen der Finanzärkte zurückzugewinnen. Meine Damen und Herren, wir sind nicht über den erg. Ich warne vor zu schnellen, vor voreiligen Erfolgseldungen. Ich habe in Zeitungskommentaren vor ein aar Tagen auch schon gelesen, das Schlimmste liege inter uns. Das weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass die inanzmärkte beginnen, zunehmend Vertrauen zu fasen. Ich weiß, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die robleme in einer Reihe von Mitgliedsländern werden irklich energisch angegangen. Was beispielsweise Itaen unter der Regierung von Mario Monti beschlossen nd auf den Weg gebracht hat, verdient unsere Unterstütung und unseren Respekt und hat Vertrauen auf den inanzmärkten gefunden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen hat Frau Merkel das Treffen abgesagt!)


Die Schaffung einer Stabilitätsunion mit dem Fiscal
ompact und dem Europäischen Stabilisierungsmecha-
ismus findet zunehmend Vertrauen. Wir sind auf dem
chtigen Weg, aber wir müssen ihn konsequent fortset-
en. Ein notwendiges Element ist dieses Gesetz, das wir
tzt beraten. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715502000

Carsten Sieling ist der nächste Redner für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1715502100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Bundesfinanzminister, Sie haben die Notwendig-
keit dieses Gesetzes eingangs Ihrer Ausführungen damit
begründet, dass aufgrund der europäischen Staatsschul-
denkrise eine Situation entstanden ist, die zu einer Un-
terkapitalisierung von Banken geführt hat. Zu diesen Er-
gebnissen kam auch der EBA-Stresstest. Das ist richtig.

Es muss aber doch erlaubt sein, darauf hinzuweisen,
warum es zu dieser Situation in diesem Maße gekommen
ist. Hierzu will ich deutlich sagen: Die Situation, die wir
in Europa haben, ist maßgeblich dadurch ausgelöst wor-
den, dass Sie und die Kanzlerin in den europäischen Ver-
handlungen, in den europäischen Beratungen blockiert
haben, dass Sie nicht den Mut hatten, den Schritt einer
Gemeinschaftshaftung auf europäischer Ebene zu gehen,
um damit sicherzustellen, dass die Entwicklung nicht
immer weiter nach unten geht.

Das Ergebnis sehen wir heute hier. Wir debattieren
ständig – das ist schon gesagt worden – über die Milliar-
densummen auf europäischer Ebene. Heute sollen mal
eben 480 Milliarden Euro beschlossen werden. Auch der
deutsche Steuerzahler wird für die Fehler der Bundes-
regierung auf europäischer Ebene herangezogen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der zweite Grundfehler, der überhaupt dazu geführt
hat, dass wir heute wieder über ein solches Volumen re-
den müssen, ist die Tatsache, dass Sie die Jahre seit der
Finanzkrise nicht genutzt haben, um konsequente Regu-
lierungen des Finanzsektors durchzusetzen und möglich
zu machen. Es gibt keine ordentliche Beschränkung des
Derivatehandels. Der Anteil des High Frequency Trade
ist sogar noch gestiegen. Schattenbanken sind nach wie
vor ohne Grenzen unterwegs. Beim Anlegerschutz sind
Sie als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet.
Auch viele andere Dinge fehlen. Jetzt kommen Sie sogar
daher und revidieren den von Ihnen vertretenen Ansatz
zu dem wichtigen Thema Finanztransaktionsteuer und
wollen sich einer Minimallösung anschließen – so kann
man lesen –, die sich auf das britische Modell bezieht.
Damit vermeiden Sie es, den Finanzsektor entsprechend
heranzuziehen. Das ist der zweite Kardinalfehler, der ein
solches Gesetz nötig macht und der dazu führt, dass die
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler am Ende zahlen
müssen.


(Beifall bei der SPD)


Wir beraten heute über das Zweite Finanzmarktstabi-
lisierungsgesetz. Wir Sozialdemokraten werden diesem
Gesetz nicht zustimmen, weil Sie


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Weil Sie inkompetent sind!)


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(C (D Ihrer Vorlage aus der Konstruktion des Finanzmarkttabilisierungsgesetzes I, das eine Notreaktion gewesen t und aus dem gewisse Konsequenzen gezogen werden üssten, keine hinreichenden Konsequenzen gezogen aben. Hätten Sie dies getan, dann wäre die notwendige eparatur im Finanzsektor vollzogen worden und würde erhindert, dass, noch einmal gesagt, die Steuerzahlerinen und Steuerzahler dies im Wesentlichen zahlen müsen. Sie wollen das Gesetz dann noch in Eile durchsetzen. h will das Verfahren hier einmal ansprechen. Vor einer oche hatten wir die erste Lesung des Gesetzentwurfs. s gab eine Beratung in den Ausschüssen, die holprig ar. Der Finanzausschuss hat in den letzten 20 Minuten einer Sitzung darüber gesprochen. Im Haushaltsauschuss gab es gestern noch Unklarheiten über die Frage, ie viele Fonds eigentlich errichtet werden. Es gab Unlarheiten bei der Frage, wie viel Geld wirklich zur Vergung steht. Das ist eine Folge dessen, dass Sie Zeit erplempert haben. Diese Beratungen hätte man bereits Oktober letzten Jahres, nach dem EU-Gipfel, begin en können. Jetzt aber treiben Sie zur Eile, weil Sie ächste Woche beim europäischen Gipfel als deutscher usterschüler dastehen wollen. Das hat nichts mit den haltlichen Zielen zu tun. Das ist nur Show und ist dem hema nicht angemessen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir uns das Gesetz anschauen, erkennen wir ei-
en riesigen Konstruktionsfehler dahin gehend, dass Sie
us der Frage, wie man künftig solche hohen Lasten ver-
eiden kann, keine Lehre gezogen haben.

Mir geht es wie dem Kollegen Schick; auch ich darf
ie Zahlen nicht nennen. Das werde ich auch nicht tun.
ie von ihm aufgeworfene Frage, Herr Bundesfinanz-
inister, hätten Sie jedoch vor dem Hintergrund des Än-

erungsantrages der Koalition wenigstens ansatzweise
eantworten können. In diesem Änderungsantrag ist
ämlich dargelegt, dass aus dem Soffin-Vermögen bzw.
en Kreditermächtigungen schon 19 Milliarden Euro
erausgabt worden sind. Klar, es gibt die Hoffnung, dass
an dieses Geld wieder zurückholen kann. Wenn man

ber auf Unternehmen wie die HRE schaut, weiß man,
ass dieses Geld wahrscheinlich nicht wieder einzufan-
en ist.

Zumindest mit dieser einen Zahl bekommt man eine
ee, in welche Richtung die Lasten gehen, was schließ-

ch auch zu einer Reduzierung unserer Möglichkeiten
ier führt. Das hätten Sie hier ruhig sagen können. Es
te gut, wenn der Bundesfinanzminister an dieser Stelle

in bisschen Klarheit und Transparenz in die Debatte
ringen würde.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der eigentliche Konstruktionsfehler liegt darin, dass
s vermieden wird, zum einen die direkten Eingriffs-
öglichkeiten zu nutzen, die mit einer Beteiligung ver-

unden wären, und zum anderen im Falle einer Notsitua-
on die Banken dazu zu zwingen, entsprechend zu





Dr. Carsten Sieling


(A) )


)(B)

agieren. Diese beiden Vorschläge machen wir ja nicht,
weil wir Lust haben, die staatliche Hoheit und den staat-
lichen Zugriff zu organisieren


(Zuruf von der LINKEN: Warum eigentlich nicht?)


und hineinzuregieren, sondern weil ein solches Vorgehen
zu einer Einsparung führen würde.

Ein Vergleich mit den Rettungsmaßnahmen in den
USA zeigt dies. In den USA wurde beispielsweise die
damalige Citigroup gerettet. Allein bei diesem Geschäft,
das man nur über direkte Aktienbeteiligung getätigt hat,
ist es zu einem Überschuss von 12 Milliarden Dollar
gekommen. Das zeigt deutlich: Wenn man nicht nur mit
stillen Einlagen hineingeht, kann man auch Steuerzahler-
geld schonen.

In erster Linie aber führt ein solches Vorgehen dazu,
dass man den Pfad der Stabilisierung eines Unterneh-
mens beschreiten kann. Ich darf an dieser Stelle aber
auch sagen: Es gibt Korrekturbedarf. Viele dieser Ban-
ken sind „too big to fail“. Es wäre nicht schlecht, wenn
man an dieser Stelle die Möglichkeit nutzen würde, ein-
zugreifen und steuernd dafür zu sorgen, dass die Banken
dort, wo es sein muss, aufgeteilt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Nicht nur der politische Raum spricht sich für diese
Position aus, sondern auch in der Anhörung am vergan-
genen Montag wurden genau diese Themen angespro-
chen. Der Sachverständige Professor Siekmann hat die-
sen Punkt sehr deutlich als die entscheidende Schwäche
des deutschen Rechts auch im Vergleich zum Ausland
bezeichnet. Frau Professorin Buch hat ebenfalls sehr
deutlich gesagt – ich zitiere –:

Der Staat muss dafür Sorge tragen, dass er eine sei-
nen Finanzbeiträgen angemessene Mitwirkungs-
kompetenz bekommt.

Darum geht es uns. Dafür setzen wir uns ein, und
darum sagen wir: Ihr Gesetz ist nicht hinreichend. Das
ist eine zu kleine Münze für die große Notsituation und
den Handlungsbedarf, vor dem wir stehen.


(Beifall bei der SPD)


Um noch einmal klarzumachen, dass nicht nur die
Wissenschaft in diese Richtung tendiert, will ich an die-
ser Stelle auch auf Herrn Hüther vom Institut der deut-
schen Wirtschaft verweisen. Er ist arbeitgebernah und
hat wirklich nichts mit Sozialdemokratie zu tun oder
jedenfalls nur wenig. Es ist ganz selten, dass wir hier
einmal Berührungspunkte haben. Aber er hat recht,
wenn er sagt: Für den Fall, dass die private Rekapitali-
sierung – die primäre Vorgehensweise ist natürlich, dass
die Banken zusehen müssen, wie sie das Geld zusam-
menbekommen – nicht gelingt und die Banken nicht mit-
ziehen, entsteht eine Situation, in der man „den schmerz-
haften Pfad der obligatorischen Kapitalisierung“ gehen
und auch Staatsgelder einsetzen muss. – Ich glaube, das
darf man nicht nur auf freiwilliger Basis anbieten; das
muss man auch wirklich machen, wenn man den deut-
schen Finanzsektor stabilisieren und damit in der Tat ein

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(C (D ffentliches Gut sichern will, ohne Steuerzahlergeld ausugeben. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Das Wort erhält nun der Kollege Björn Sänger für die DP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715502200


Björn Sänger (FDP):
Rede ID: ID1715502300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Der eine oder andere mag sich möglicherweise ver-
undert die Augen reiben und fragen: Geht es denn

chon wieder um die Bankenrettung? Müssen wir schon
ieder Geld in die Hand nehmen, um die Branche zu

tützen? Was ist denn eigentlich aus dem Banken-
estrukturierungsgesetz geworden, über das die Politik
esagt hat, man könne damit systemisch relevante Ban-
en vom Markt nehmen?

Dazu ist natürlich eines festzustellen – es ist hier
chon mehrfach gesagt worden –: Dieses Gesetz gilt
atürlich. Vor der Gewährung von Hilfen nach dem
inanzmarktstabilisierungsgesetz ist zu prüfen, ob nicht
as Banken-Restrukturierungsgesetz Anwendung fin-
et, nämlich dann, wenn ein Institut kein angemessenes
eschäftsmodell hat, wenn man also durch unternehme-
sche Fehlentscheidungen in eine Schieflage geraten ist.
einem solchen Fall würde das Institut mithilfe des

peziellen Insolvenzrechts für Banken nach dem
estrukturierungsgesetz abgewickelt, das diese Bundes-
gierung geschaffen hat. Das folgt einem sehr guten
rinzip der sozialen Marktwirtschaft, das nach wie vor
ilt.

Mit dem Soffin 2.0 reagieren wir auf die anhaltenden
robleme der Krise. Wir haben im Rahmen des EBA-
tresstests festgestellt: Es gibt bei dem einen oder ande-
n Institut Defizite. Wir ergreifen eine präventive Maß-

ahme, damit wir nicht möglicherweise in ein größeres
roblem hineingeraten. Die meisten Unternehmen – da-
on bin ich fest überzeugt – werden die Probleme selbst
sen können. Gerade deshalb ist das Gesetz nur bis Ende

es Jahres befristet. Aber der vorsichtige Kaufmann baut
ben vor.

Wir müssen zudem feststellen, dass eine Vielzahl der
robleme darauf zurückgeht, dass die EBA die Rahmen-
edingungen schnell verändert. Ich will gerne gewisse
nfangsschwierigkeiten zugestehen und durchaus mit

iner gewissen Milde darüber hinwegsehen. Wir müssen
ber sehen: Es ist schlussendlich die staatliche Seite, die
urch richtigerweise erhöhte Anforderungen an die
inanzbranche dafür sorgt, dass das eine oder andere
nternehmen möglicherweise nicht in der Kürze der
eit angemessen reagieren und sich am Markt rekapitali-
ieren kann. Für diesen Fall haben wir die entsprechen-
en Maßnahmen vorgesehen.





Björn Sänger


(A) )


)(B)

Bei aller Notwendigkeit eines staatlichen Eingriffs
muss man natürlich feststellen, dass ein staatlicher Ein-
griff immer den Wettbewerb verzerrt. Darauf muss man
sorgfältig achten. Hier ist richtigerweise eine Prüfung
vorgesehen. Ich habe Verständnis für die anderen Markt-
teilnehmer, die sagen: Da kommen jetzt Institute, die
vom Staat gestützt werden, mit Zinssätzen an den Markt;
wir könnten das gar nicht so machen. – Ich kenne diese
Klagen und höre sie häufig. Finanzmarktstabilisierung
hat aber auch etwas mit dem Vertrauen der Kunden in
den Finanzmarkt insgesamt zu tun. Insofern helfen diese
Maßnahmen auch den Wettbewerbern, die sich mög-
licherweise über die eine oder andere Maßnahme be-
klagen. Völlig klar ist auch – darauf möchte ich hinwei-
sen –: Wem vom Staat geholfen wird, der kann das
entsprechende Geld nicht einsetzen, um es für Boni zu
verausgaben. Das ist im Gesetz so geregelt; das ist im
Übrigen bereits im sogenannten Vergütungsgesetz gere-
gelt.

Die Bundesregierung steht hier in der Finanzmarktre-
gulierung blendend da. Hätten alle anderen europäischen
Staaten bereits so reagiert, wie diese Bundesregierung
reagiert hat, wären wir in einer vollkommen anderen
Situation. Das beste Beispiel ist hier das Banken-Re-
strukturierungsgesetz. Es zeigt sich: Der kluge Mann
baut vor. Die Bundesregierung baut mit dieser Maß-
nahme vor: Wir sind für alle Eventualitäten gerüstet und
sichern damit die Stabilität des Standortes. Das zeigt
erneut, dass unser Land bei dieser Bundesregierung in
den allerbesten Händen ist.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Richard Pitterle [DIE LINKE]: Karneval!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715502400

Der Kollege Schick hat jetzt das Wort für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.


(Richard Pitterle [DIE LINKE]: Jetzt nennen Sie mal die Zahlen!)



Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715502500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

kann Ihnen von der Koalition einen Rückblick auf die
verschiedenen Finanzmarktdiskussionen, die wir hier ge-
führt haben, nicht ersparen. Es war das Ceterum Censeo
jeder meiner Reden zur Finanzmarktstabilität, dass die
deutschen Banken mit zu wenig Kapital ausgestattet sind
und es deswegen Aufgabe der Bundesregierung ist, ihre
Kapitalbasis zu stärken.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist doch nichts Neues!)


– Ich kann mich noch gut an Ihr Kopfschütteln und an
Ihre Zwischenrufe erinnern, Herr Michelbach.

Wir fragen uns: Warum muss man jetzt kurzfristig
sechs deutsche Banken schnell mit Kapital versorgen?
Das schafft Unsicherheit an den Märkten. Die Antwort:
Weil diese Bundesregierung, dieser Bundesfinanzminis-

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(C (D r, nicht für die Kapitalausstattung deutscher Banken orgesorgt hat. Vielmehr wurde auf Ihren Auftrag hin in rüssel und in Basel so verhandelt, dass härtere Kapilanforderungen verhindert worden sind. Das muss am eutigen Tag klar gesagt werden. Sie haben nicht vorgeorgt. Deswegen muss jetzt bei der Kapitalausstattung eutscher Banken kurzfristig nachgesteuert werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Sie scheinen der Rede von Herrn Schäuble nicht zugehört zu haben!)


Ich habe auch in den vergangenen Debatten sehr gut
ugehört. Herr Schäuble hat gesagt: Wir reden über die
enauen Zahlen in den Gremien. Was meint denn der
undesfinanzminister damit? Er meint damit, dass das
lles nur in Gremien, die der Geheimhaltung unterliegen,
iskutiert werden soll, damit den Bürgerinnen und Bür-
ern und auch diesem Parlament in seiner Gesamtheit
ie relevanten Informationen vorenthalten werden. Das
eht so nicht!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Warum diskutieren wir innerhalb einer Frist von einer
oche über einen Gesetzentwurf, dessen Notwendigkeit

eit Ende September bekannt ist? Weil man so wenig wie
öglich darüber reden will! Warum wird über die Fehl-

uchung von 55 Milliarden Euro bei der Hypo Real
state, die den Schuldenstand der Bundesrepublik
eutschland erheblich verändert – das ist eine öffent-
che Zahl –, im Finanzmarktgremium, das geheim tagt,
rst Wochen später gesprochen, anstatt der Öffentlich-
eit und dem Haushaltsausschuss sofort Bericht zu er-
tatten? Warum wird nicht hier und jetzt über die Ver-
ste des Finanzmarktfonds gesprochen und Bilanz

ezogen? Warum wird den Bürgerinnen und Bürgern
icht gesagt, was die erste Bankenrettung bisher gekos-
t hat?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eil der Bundesfinanzminister Angst vor der Wahrheit
at! Herr Minister, ich finde das alles sehr intransparent.
an fragt sich: Warum beklagen Sie ständig das entstan-

ene mangelnde Vertrauen, wenn Sie selber eine solche
eheimniskrämerei betreiben? Das passt nicht zusam-
en.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Richard Pitterle [DIE LINKE]: Dann sagen Sie sie uns!)


Ich würde diese Zahlen sehr gerne nennen, aber Sie
issen genau, Herr Kollege, dass es strafrechtlich sank-
oniert würde, wenn ich das tun würde, und ich werde
ich nicht strafbar machen. Aber Herr Minister
chäuble hätte die Antwort geben können.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)






Dr. Gerhard Schick


(A) )


)(B)

Man muss sich auch fragen, wie das haushaltstech-
nisch verbucht wird. Sie sind der Antwort auf die Frage,
wer das zahlen soll, ausgewichen. Wenn am Ende in vie-
len Jahren abgerechnet wird, dann werden Kinder, die
2007, als die Finanzkrise ausgebrochen ist, geboren wur-
den, dann, wenn sie ins Berufsleben einsteigen, als Ers-
tes die Kosten dieser Krise mit ihrer Steuerzahlung
abzahlen müssen. Ist es generationengerecht, dass wir
das alles nach hinten schieben? Nein, natürlich ist es das
nicht. Natürlich muss der jetzige Bundestag bestimmen,
wer für die Kosten für die Finanzkrise von 2007 und fol-
gende aufkommt. Um diese Debatte drücken Sie sich,
anstatt klar zu sagen, was passiert. Wir finden es unan-
ständig, das unseren Kindern und Kindeskindern zu
überlassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Da es wieder darum geht, 400 Milliarden Euro an
Garantievolumen und 80 Milliarden Euro an Kapitalhil-
fen bereitzustellen, also quasi wieder einen Blanko-
scheck für die Regierung auszustellen, muss man sich
schon fragen: Warum gibt das Parlament seine Kontroll-
rechte aus der Hand?


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Was heißt denn „aus der Hand geben“? – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das ist doch nicht wahr!)


Warum kann das nicht der Haushaltsausschuss im Ein-
zelnen entscheiden?


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Sie bauen doch hier einen Popanz auf!)


– Sie können gerne eine Zwischenfrage stellen. Dann
habe ich noch mehr Zeit, die Geheimhaltungspraxis auf-
zuzeigen.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: So dumm müsste ich sein!)


Wenn es um so viel Geld geht, muss es unserer Mei-
nung nach auch ein ordentliches Kontrollverfahren ge-
ben; denn wir haben doch 2008 gesehen, wie groß die
Gefahr ist, dass man sich selbst bedient. Wir erinnern
uns doch noch an die Luxusrenten bei der Hypo Real
Estate. Wir wissen genau, wie wichtig es ist: Wo es um
so viel Geld geht, haben wir als Parlamentarier die
Pflicht, ganz genau hinzuschauen, damit niemand sich
auf Kosten der Steuerzahler bedienen kann. Sie nutzen
die Kontrollmöglichkeiten als Parlamentarier nicht. Des-
wegen können wir dem Gesetz, das Sie hier vorlegen,
nicht zustimmen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715502600

Nächster Redner ist der Kollege Hans Michelbach für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir rleben zweifellos stürmische Zeiten an den Finanzärkten, in der Weltwirtschaft, in der europäischen Polik. Ich meine, in solchen Zeiten bedarf es eines festen nkers, (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Transparenz zum Beispiel!)

Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1715502700

amit das Schiff nicht abtreibt. Unserem Land kommt in
er gegenwärtigen Krise eine besondere Verantwortung
u – für die Arbeitsplätze, für die europäische Idee, für
ie gemeinsame Währung, der auch Deutschland, unser
and, viel verdankt. Deutschland sollte und muss als
tabilitätsanker in der Europäischen Währungsunion
nd im internationalen Finanzmarkt dienen, für eine Sta-
ilitätsunion, für die Sicherung der Finanzwirtschaft.
arum geht es letzten Endes.

Wir müssen uns immer wieder fragen, wie diese
taatsschuldenkrise wirksam und ordnungspolitisch sau-
er eingedämmt werden kann, und zwar so, dass die Ret-
ng nicht das zerstört, was es letzten Endes zu retten

ilt.

Wir haben, liebe Kolleginnen und Kollegen, 2010 und
011 zwölf kapitalrelevante Gesetzgebungsverfahren auf
en Weg gebracht. Das ist die Regulierungsleistung die-
es Finanzministers und dieser christlich-liberalen
oalition. Da lassen wir uns von niemandem übertref-
n, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Carsten Sieling [SPD]: Wieder ein Karnevalsbeitrag!)


Jetzt gilt es, weiteren Ansteckungsgefahren im Ban-
ensektor vorzubeugen, damit die Institute die Realwirt-
chaft verstärkt finanzieren, anstatt bei der EZB immer
ehr Kapital zu parken. Wir handeln vorbeugend für

en Fall, dass die EBA eine höhere Kapitaldeckung for-
ert. Das ist ein Beitrag gegen die verbreitete Verunsi-
herung. Das Kernproblem ist doch heute die wachsende
nsicherheit. Sie entsteht, wenn Vertrauen verloren
eht. Vertrauen aber ist die Grundlage von Stabilität.
as, was die Opposition hier vorträgt, ist ein Beitrag zur
erunsicherung, aber kein Beitrag, um die wachsende
nsicherheit einzudämmen. Es bedarf des Vertrauens in
en Ordnungsrahmen, in die Finanzwirtschaft und in die
egulierungsgesetze, des Vertrauens in die Institutionen,
die handelnden Personen. Schuldenstaaten und Fi-

anzmarktteilnehmer müssen wieder Vertrauen zurück-
ewinnen. Das ist ohne Zweifel so. Nur dann, wenn die
anken wieder dauerhaft einander vertrauen, können
uch die Bürger in der Zukunft wieder uneingeschränkt
ertrauen in ihre Institute haben.

Wir alle sind gefordert, dem allgemeinen Vertrauens-
erlust entgegenzuwirken. Daher dürfen wir unseren
lick nicht nur auf kurzfristige Entscheidungen und Kri-

enbekämpfungen verengen; vielmehr müssen wir kon-
eptionell handeln und vorgehen. Da gehen wir mit dem
eutigen Gesetz einen weiteren wichtigen Schritt, um
iese Konzeption weiter voranzubringen.





Dr. h. c. Hans Michelbach


(A) )


)(B)

Die SPD stiehlt sich wieder einmal aus der Verant-
wortung. Ich verstehe das nicht. Die SPD schürt hier ge-
radezu – wie auch Herr Dr. Schick – das Misstrauen und
trägt widersprüchliche Argumente vor. Herr Schneider
hat gesagt, wir sollten die Garantieleistungen nicht von
den Steuerzahlern abhängig machen. Gleichzeitig fordert
er aber mehr Staat. Was denn nun, Herr Schneider? Ihre
Aussagen sind widersprüchlich.


(Beifall des Abg. Dr. Michael Meister [CDU/ CSU])


Wir müssen hier Verantwortung übernehmen, weil in
letzter Konsequenz nur der Staat regulieren und damit
Sicherheit geben kann.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann soll man auch Einfluss auf die Banken nehmen!)


Völlig falsch wäre eine Vergemeinschaftung, für die
Sie jetzt wieder sind. Das zeigt Ihre ökonomische In-
kompetenz. Wir wollen keine Vergemeinschaftungen.
Wir wollen Eigenverantwortung.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Eigenverantwortung! Was ist denn das für ein Unsinn?)


Wir wollen eigene Anstrengungen seitens der Banken.
Deswegen hat die Rekapitalisierung der Banken absolu-
ten Vorrang vor diesen Vorbeugungsinstrumenten. Des-
wegen müssen auch die Schuldenstaaten zunächst ein-
mal ihre Eigenverantwortung wahrnehmen und eigene
Anstrengungen erbringen, bevor sie durch Ihre Euro-
Bonds glattgestellt werden. Das, was Sie vorschlagen, ist
der falsche Weg. Die Vergemeinschaftung von Schulden
und Zinsen, jede Form von Vergemeinschaftung ist völ-
lig falsch. Der Staat muss dort eintreten, wo er letzten
Endes eintreten muss, weil es keine weiteren Sicherhei-
ten mehr gibt.

Wir stellen uns diesen Herausforderungen und über-
nehmen Verantwortung nach ordnungspolitischen
Grundsätzen. Deshalb wollen wir heute erneut eine ge-
nerelle Handlungsoption nach dem Soffin, um präventiv
wirken zu können und die rechtzeitige Einflussnahme
der Aufsicht zu ermöglichen. Es ist nicht sinnvoll, dass
die Aufsicht immer nur nachbessert. Sie sollte im Vor-
feld sagen, wie es ordnungspolitisch gehen sollte. Des-
wegen war der Soffin für die Sicherung unseres Finanz-
marktes ein Glücksfall. Herr Trittin hat heute gesagt,
dass das der teuerste Weg war. Nein, das war der effi-
zienteste und letzten Endes erfolgreichste Weg zur Ret-
tung unseres Finanzmarktes.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Dr. Schick hat sich hier hingestellt und gesagt,
dass er über die Zahlen informieren möchte. Das ist letz-
ten Endes nur das Schüren von Unsicherheit in einem
laufenden Prozess. Endgültige Zahlen können noch gar
nicht genannt werden. Sie müssten sich eigentlich diese
Frage stellen: Was wäre denn gewesen, wenn wir den
Soffin nicht gehabt hätten?

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(C (D (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch überhaupt nichts damit zu tun!)


ann hätten die Bürgerinnen und Bürger Angst um ihre
onten, um ihr Erspartes und um die Geldwertstabilität
aben müssen. Das ist der Kern, um den es hier letzten
ndes geht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie schüren die Angst!)


Der Schutz dieses Systems wird mit diesem Zweiten
inanzmarktstabilisierungsgesetz weiter vorangebracht.
ie Bürger und die Unternehmen unseres Landes sollen

ich weiterhin auf ein intaktes Finanzsystem verlassen
önnen, das den Zugang zu Krediten gewährleistet und
s den Bürgern ermöglicht, sicher und mit Gewinn zu
paren. Das sind die Ziele, die wir im Kopf haben. Bei
llen Maßnahmen geht es letzten Endes darum, diese
iele zu erreichen.

Es geht auch um die richtige Balance. Herr Dr. Schick
at gesagt, wir hätten keine vorbeugenden Maßnahmen
etroffen für den Fall höherer Kapitalanforderungen an
ie deutschen Banken. Auch Banken können ihr Geld
ur einmal ausgeben. Bei den Banken geht es in erster
inie darum, das vorhandene Eigenkapital für die Ver-
abe von Krediten an die Realwirtschaft zu nutzen.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch vorhin die Bilanzzahlen der Deutschen Bank gehört! Was erzählen Sie denn da?)


arum geht es doch in erster Linie. Es geht um die Ba-
nce: Auf der einen Seite sind die Banken durch eine
öhere Eigenkapitalanforderung sicherer zu machen.
ie Schrauben dürfen auf der anderen Seite aber nicht so

tark angedreht werden, dass die Banken letzten Endes
ein Geschäft mit der Realwirtschaft mehr machen kön-
en; denn dann würden Menschen ihre Arbeitsplätze
erlieren. Es geht um die richtige Balance, um die rich-
ge Ordnungspolitik, um ökonomische Vernunft. Das ist
s, was wir hier voranbringen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich glaube – das möchte ich abschließend sagen –,
ass das Zweite Finanzmarktstabilisierungsgesetz ein
eiterer wichtiger Baustein für die europaweite Be-
ämpfung der Staatsschuldenkrise ist. Ich bin dankbar,
ass wir es heute auf den Weg bringen. Das zeigt: Es ist
ut, dass diese christlich-liberale Koalition in dieser Zeit
erantwortung trägt, weil wir diese Probleme mit Ver-
unft, mit Augenmaß und mit Kompetenz lösen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715502800

Letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist

ie Kollegin Antje Tillmann für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )


)(B)


Antje Tillmann (CDU):
Rede ID: ID1715502900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Der Gesetzentwurf,
den wir gleich verabschieden, ist ein Teil eines Straußes
von Möglichkeiten, das Vertrauen in die Finanzmärkte
und in deren Stabilität wiederherzustellen. Anders als ei-
nige Redner der Opposition versuchen uns glauben zu
machen, haben wir seit dem ersten Finanzmarktstabili-
sierungsgesetz 19 Gesetze zur Kontrolle des Finanz-
markts, zur Stabilisierung und zur Stärkung der Finanz-
kraft, aber auch zur Regulierung der Vergütungen und
zur Sicherheit des Anlegerschutzes verabschiedet. Frau
Wagenknecht muss dies nicht wissen – sie begibt sich
selten in die Niederungen von Ausschüssen und Anhö-
rungen –, aber Herr Schneider, Sie könnten es durchaus
wissen. Mein Kollege Brinkhaus hält hervorragende
Vorträge zu diesem Thema – diese kann ich Ihnen nur
empfehlen – und erklärt, was alles seit 2008 in diesem
Bereich reguliert worden ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ein großer Vorteil gegenüber dem Soffin-I-Gesetz ist,
dass wir aus mehreren Gesetzen auswählen können, dass
wir je nach Situation ein eigenes Gesetz haben, sodass wir
sehr gezielt überprüfen können, ob sich ein Institut selber
helfen bzw. retten kann oder ob Gelder des Steuerzahlers
erforderlich sind. Wir garantieren, dass das Soffin-II-Ge-
setz, das Finanzmarktstabilisierungsgesetz, letztes Mittel
in einer solchen Prüfungskette ist.

Herr Kollege Schick, Sie haben recht, es geht um
große Summen: 400 Milliarden Euro Garantien, 70 Mil-
liarden Euro Kreditermächtigungen plus 10 Milliarden
Euro, die der Haushaltsausschuss zur Verfügung stellen
kann. Deshalb ist die Frage, ob wir uns parlamentarische
Rechte aus der Hand nehmen lassen, richtig. Wir müssen
diese Frage beantworten. Ich kann sie für uns beantwor-
ten: Wir werden und wollen die Verantwortung für die
Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen.
Wir beweisen das mit diesem Gesetz.

Wir haben Teile der Kreditermächtigungen gesperrt.
Teilweise kann sie der Haushaltsausschuss entsperren,
teilweise das Finanzmarktgremium mit Bericht an den
Haushaltsausschuss, sodass aus den Kreditermächtigun-
gen, die wir heute freigeben, nur Mittel in einem Um-
fang von 22 Milliarden Euro zur freien Verfügung ste-
hen. Alles darüber hinaus muss durch das Parlament
oder unter Kontrolle des Parlamentes freigegeben wer-
den.

Wir haben weiterhin dieses Gesetz bis zum 31. De-
zember 2012 befristet. Liebe Kolleginnen und Kollegen
der Opposition, ich kann Ihre Kritik hier nicht verstehen.
Was kann denn besser die Transparenz und die Diskus-
sion in diesem Parlament sicherstellen als die Verpflich-
tung, vor dem 31. Dezember 2012 hier in diesem Haus
erneut zu beraten, ob die Instrumente funktioniert haben,
ob nachgebessert werden muss und ob das Gesetz ver-
längert werden muss? Das ist eine ganz klare parlamen-
tarische Kontrolle, nicht nur durch den Haushaltsaus-
schuss, sondern durch uns alle und in der Öffentlichkeit,

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(C (D odass die Bürgerinnen und Bürger uns wiederum konollieren können. Eine weitere Variante der Kontrolle ist durch die chuldenbremse gegeben. Der Finanzminister hat über ie Regeln der Schuldenbremse hinaus für den Fall einer urzfristigen Überschreitung einen Tilgungsplan vorgeehen, der durch Bundestagsbeschluss gefasst werden uss. Das heißt, wieder sind wir in der Öffentlichkeit nd wieder müssen wir den Bürgerinnen und Bürgern enau erklären, was wir mit ihren Geldern machen, soass aus meiner Sicht die parlamentarische Kontrolle urchaus gegeben ist. Es liegt an uns, sie wahrzunehen. Sie können sich darauf verlassen, dass wir das tun erden. Wir haben die Möglichkeiten des Finanzministeriums ur Kontrolle der Finanzmarktstabilisierungsanstalt getärkt. Das Finanzministerium kann diese Anstalt sehr iel deutlicher als bisher kontrollieren und Auskünfte inholen. Sie muss Rede und Antwort stehen. Das Fianzministerium wird diese Kontrollrechte wahrnehen. Es ist unsere Aufgabe, zum Beispiel die Aufgabe er Mitglieder des Finanzausschusses, das Finanzminisrium dazu zu befragen; dadurch üben wir unsere Konolle über das Finanzministerium aus. Weiter werden wir durch dieses Gesetz die Befugnisse er BaFin stärken. Die BaFin soll sicherstellen, dass die igenkapitalvorgaben des Europäischen Rates – sie dieen dem Schutze der Gläubiger, der Erhöhung der Solidit und der Stärkung der Vertrauenswürdigkeit auf dem apitalmarkt –, die im Oktober 2011 beschlossen wuren, umgesetzt werden. Zur Abwehr drohender Gefahren r die Finanzstabilität und drohender Störungen der unktionsfähigkeit des Finanzmarktes kann die BaFin ogar darüber hinausgehende Eigenkapitalanforderungen tellen. Die etwaigen Auswirkungen müssen erhebliche usmaße haben. Aber der Bund muss die Möglichkeit aben, gesetzlich einzugreifen, um drohende große Gehren für den Finanzmarkt abzuwehren. Das unterscheidet sich von den Vorstellungen der Oposition, Stichwort Zwangskapitalisierung. Ich habe soieso nicht verstanden, Frau Wagenknecht, wie man uerst die Heizkostenzuschüsse zahlt und danach die inanzinstitute zwangskapitalisiert. (Zuruf der Abg. Sahra Wagenknecht [DIE LINKE])


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


uch bei Herrn Schneider habe ich den Spagat nicht
achvollziehen können. Wir sollen kein Geld der Steuer-
ahler ausgeben, aber gleichzeitig fordern Sie Zwangs-
apitalisierung. Der erste Satz der Rede passt mit dem
weiten nicht zusammen. Wir hingegen verfolgen ein
chlüssiges Konzept.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ie BaFin hat die Möglichkeit, diese Anforderungen zu
tellen. Selbstverständlich wird sie das, weil es Auswir-
ungen auf das Geld der Steuerzahler haben könnte, nur
ann tun, wenn es ansonsten zu erheblichen Verwerfun-
en auf dem Kapitalmarkt kommen würde.





Antje Tillmann


(A) )


)(B)

Die BaFin hat weiterhin die Möglichkeit, anzuordnen,
dass Entnahmen durch die Inhaber oder Gesellschafter,
die Ausschüttung von Gewinnen und die Auszahlung
variabler Vergütungsbestandteile nicht zulässig sind, so-
lange die angeordnete Eigenmittelausstattung nicht er-
reicht ist. Boni und Dividenden sind in diesem Fall also
zur Eigenkapitalaufrüstung heranzuziehen. Die Bürge-
rinnen und Bürger fragen zu Recht, ob es sinnvoll sein
kann, dass sich auf der einen Seite Vorstände hohe Ge-
hälter zahlen und Anteilseigner hohe Ausschüttungen
bekommen, während wir auf der anderen Seite die Insti-
tute mit Steuergeldern finanzieren. Das kann nicht sein.
Die Kompetenz, dafür zu sorgen, werden wir der BaFin
mit diesem Gesetz geben. Ich bin sicher, die BaFin wird
mit dem Geld der Steuerzahler verantwortungsbewusst
umgehen. Wir werden das auch entsprechend kontrollie-
ren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dieses Gesetz soll unter Beachtung der von uns im
Grundgesetz verankerten Schuldenbremse vollzogen
werden. Das heißt: Wir werden sicherstellen, Herr
Schick, dass künftige Generationen nicht alle Lasten zu
tragen haben. Wir werden sicherstellen, dass diejenigen,
die jetzt über diesen Fonds entscheiden, auch diejenigen
sein werden, die den Tilgungsplan verabschieden. Wir
werden mit dieser Regelung auch sicherstellen, dass der
Tilgungsplan in einer angemessenen Zeit verabschiedet
wird.

Ich bin ganz optimistisch, dass wir es in dieser Legis-
laturperiode schaffen werden, die Haushaltskonsolidie-
rung über die Grenzen der Schuldenbremse hinaus
weiter voranzutreiben. Wir müssen deutlich machen,
dass der bisher geplante Umfang nicht ausreicht. Wir als
Parlamentarier müssen uns daher bei den nächsten Haus-
haltsberatungen mit der Frage auseinandersetzen, wie
eine Tilgung bei eventuellen Überschreitungen der
Schuldenbremse zu gewährleisten ist. Das heißt: Wir, die
wir diese Mittel heute freigeben, sind diejenigen, die
verantworten müssen, dass nicht künftige Generationen
für uns bezahlen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, aus
meiner Sicht beinhaltet dieses Gesetz gegenüber dem
Soffin-I-Gesetz, das Sie damals in der Großen Koalition
mitgetragen haben, sechs entscheidende Verbesserun-
gen. Wir haben die damaligen Regelungen weiter ver-
bessert. Ihre Ausführungen dazu, warum Sie sich heute
trotzdem aus der Verantwortung schleichen, haben mich
nicht überzeugt. Ihre Hinweise auf eigene Anträge kann
ich nur schmunzelnd zur Kenntnis nehmen. All diese
Anträge sind nämlich schon von den Grünen vorgelegt
worden. Sie haben sich lediglich die Mühe gemacht,
„SPD“ draufzuschreiben.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU], an den Abg. Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/ V m k li w F w n H fe d A d w W te S u G W n g O s ti E e h G E m s (C (D DIE GRÜNEN] gewandt: Warum lassen Sie die denn bei Ihnen abkupfern?)


on Ihnen ist darin kein eigener Gedanke enthalten.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Tja! Wenn man keinen hat!)


Ich weiß nicht, welche Maßnahmen ergriffen werden
üssten, damit Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen

önnten. Das ist aber Gott sei Dank auch nicht erforder-
ch. Die Koalition wird dieses Gesetz tragen und verant-
orten. Dafür stehen wir.

Danke.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Hochmut kommt vor dem Fall!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1715503000

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von den
raktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent-
urf eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung eines Maß-
ahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes. Der
aushaltsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp-
hlung auf der Drucksache 17/8487, den Gesetzentwurf

er beiden Fraktionen auf der Drucksache 17/8343 in der
usschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
ollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
er enthält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf in zwei-
r Beratung mit den Stimmen der Koalition gegen die
timmen der Oppositionsfraktionen angenommen.

Wir kommen zur

dritten Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist

icht der Fall. Dann ist dieser Gesetzentwurf mit der
leichen Mehrheit der Koalition gegen die Stimmen der
pposition angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Ent-
chließungsanträge.

Zunächst zum Entschließungsantrag der SPD-Frak-
on auf der Drucksache 17/8488. Wer stimmt für diesen
ntschließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer
nthält sich? – Damit ist der Entschließungsantrag mehr-
eitlich abgelehnt.

Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die
rünen auf Drucksache 17/8489: Wer stimmt diesem
ntschließungsantrag zu? – Wer stimmt dagegen? – Wer
öchte sich der Stimme enthalten? – Damit ist auch die-

er Entschließungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen damit zum Tagesordnungspunkt 4:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Marianne Schieder (Schwandorf), Swen Schulz





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)


(Spandau), Dr. Ernst Dieter Rossmann, weiterer

Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Kooperativen Bildungsföderalismus mit einem
neuen Grundgesetzartikel stärken

– Drucksache 17/8455 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind auch
hierfür 90 Minuten vorgesehen. – Das ist offenkundig
nicht streitig, sodass wir so verfahren können.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Frank-Walter Steinmeier für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1715503100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bil-

dungspolitische Debatten führen wir in diesem Hause ja
häufiger,


(Monika Grütters [CDU/CSU]: Stimmt!)


meistens mit Routine und dem Austausch bewährter Ar-
gumente.


(Monika Grütters [CDU/CSU]: Und das ist auch gut so!)


Das stellt das eigene Parteipublikum möglicherweise zu-
frieden, aber die Bürger in diesem Lande häufig genug
nicht. Ich habe mich in dieser Debatte deshalb zu Wort
gemeldet, weil ich der Meinung bin, dass wir in einem
entscheidenden Punkt in der bildungspolitischen Debatte
ganz dringend die Routine durchbrechen müssen, wenn
wir von den Bürgern weiterhin ernst genommen werden
wollen.


(Beifall bei der SPD)


Nun hören Sie, wie ich, dass sich die Menschen in
diesem Lande gelegentlich über die Politik ärgern,
manchmal sogar nicht nur über die Politik dieser Bun-
desregierung, sondern über die Politik insgesamt. Wa-
rum ärgern sie sich? Sie tun das, weil sie natürlich erken-
nen, dass wir zwar lange Zeit über Missstände reden, sie
analysieren, sie bewerten, sie nach einigen Jahren neu
bewerten und sie dann mit Experten der Wissenschaft
und in der Debatte hier im Hause miteinander bespre-
chen, sich aber nichts ändert. Missstände werden bespro-
chen, aber sie werden nicht beseitigt.

Ich bin mir sicher, dass an den Abendbrottischen der
meisten Familien hier in Deutschland zurzeit vielleicht
über den Bundespräsidenten gestritten wird und mit Si-
cherheit Sorgen über die Zukunft Europas ausgetauscht
werden. Ich sage Ihnen aber: Es gibt einen Dauerbren-
ner, der die Menschen – und vor allem die Eltern – über-
all schier aus der Haut fahren lässt, nämlich die Tatsa-

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(C (D hen, dass noch immer Unterricht ausfällt, dass Plätze in anztagsschulen fehlen, dass die sanitären Anlagen in chulen zum Grausen sind und vieles andere mehr. Meine Damen und Herren, das verursacht nicht einch nur Ärger. Die Menschen verstehen nicht, dass das on uns allen zwar beklagt wird, sich aber nichts ändert, nd am wenigsten verstehen sie, dass sich Bund und änder auch noch gegenseitig verbieten, gemeinsam an er Beseitigung der Missstände zu arbeiten. Das darf icht so bleiben. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie alle kennen wahrscheinlich diesen schönen – ich
nde ihn ganz wunderbar – Merksatz von Bertolt
recht:

Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch
erkennen, dass A falsch war.

as Kooperationsverbot, das wir im Paket der Föderalis-
usreform beschlossen haben, war ein Fehler. Wir ha-

en es mitgetragen, weil wir die Föderalismusreform
sgesamt nicht gefährden wollten, aber ich sage Ihnen

nd auch für mich persönlich: Es war falsch, und das
uss bereinigt werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Einen Irrtum zuzugeben, fällt in der Politik schwer.
llen Seiten hier im Hause fällt das gelegentlich schwer,

umal ja bekanntlich immer die jeweils andere Seite
chuld ist. Deshalb will ich in meiner Rede auch auf
chuldzuweisungen, wer für welche Regelung im Rah-
en der Föderalismusreform verantwortlich war, ver-

ichten, und zwar erstens, weil die meisten Menschen in
eutschland das heute nicht mehr interessiert, und zwei-
ns, weil ich wirklich glaube, dass wir alle in diesem
ause etwas davon haben könnten und die Politik insge-

amt sogar an Glaubwürdigkeit zurückgewinnen könnte,
enn wir einmal die Kraft hätten, gemeinsam zu sagen:
ir haben uns geirrt, das Kooperationsverbot ist Blöd-

inn, es muss weg.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Wir werden gleich die Beiträge in der Debatte hören.
a ich die gewollten Missverständnisse, die es in der
ebatte immer gibt, auch aus der Diskussion in den ei-
enen Reihen kenne, eines zur Klarstellung vorneweg:
h war selbst acht Jahre auf Länderseite tätig, bevor ich
den Bund kam.


(Alois Karl [CDU/CSU]: Vom Saulus zum Paulus!)


h weiß, was in vielen Ländern geleistet wird, um dort
en Kindern bestmögliche Bildung zu ermöglichen.


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Trotz SPD!)






Dr. Frank-Walter Steinmeier


(A) )


)(B)

– Sie können darüber spotten. Machen Sie das doch
gleich vom Mikrofon aus, wenn Sie Rederecht bekom-
men. – Erst recht bin ich nicht der Meinung, dass Bun-
despolitik in Bildungsfragen klüger ist als Landespolitik.
Die Länder sind zuständig für Bildungspolitik, und wir
wollen das nicht infrage stellen und ihnen nicht ständig
hineinreden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Um all das geht es aber nicht beim Kooperationsver-
bot. Beim Kooperationsverbot geht es um den geradezu
skurrilen Fall, dass wir per Gesetz, sogar per Verfassung
verbieten, dass Bund und Länder ihre Kräfte bündeln,
um objektiv erkannte Probleme in der Bildungsland-
schaft endlich wirksam anzugehen. Das kann beim bes-
ten Willen nicht der richtige Weg sein. Das wird keiner
verstehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich nehme einmal die Klage auf, die in diesem Land
geführt wird, dass wir zu wenige Plätze an Ganztags-
schulen haben. Wir vom Bund haben vor Jahren ein
Ganztagsschulprogramm auf den Weg gebracht. Viel-
leicht beurteilt die rechte Seite des Deutschen Bundesta-
ges das mit einigem zeitlichen Abstand heute etwas ge-
lassener als früher. Ich jedenfalls finde, im Rückblick
war das ein durchaus erfolgreiches Programm. Das war
wegen der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern
erfolgreich. Niemand wird gezwungen, aber wir schaf-
fen Möglichkeiten für solche Kinder, die auf Ganztags-
schulen besser lernen. Wir schaffen Möglichkeiten für
Eltern, die wegen eigener Berufstätigkeit gerade auf sol-
che Schulangebote dringend angewiesen sind.

Heute – das muss jedem bewusst sein –, nach der Ein-
richtung des Kooperationsverbotes, wären solche An-
stöße in der Bildungslandschaft nicht mehr möglich.
Nun mag es sein, dass das der eine oder andere hier in
diesem Hohen Hause noch richtig findet. Nur sollte nie-
mand damit rechnen, dass Kinder, Eltern oder Lehrer da-
für Verständnis aufbringen. Das versteht keiner. Deshalb
muss das Kooperationsverbot weg!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Genauso versteht nach meiner Überzeugung keiner,
dass wir trotz PISA und trotz OECD-Studien in den letz-
ten Jahren in Deutschland vor allen Dingen über eines
reden: über Zuständigkeiten, und zwar bei ganz vielen
bildungspolitischen Themen und zuletzt und neuerdings
auch bei dem aus meiner Sicht so wichtigen Thema der
Inklusion. Wir wollen mehr Schüler mit Behinderungen
auf Regelschulen bringen. Wenn Sie von der Seite der
Union und der FDP das sagen, glaube ich Ihnen das.
Aber ich füge hinzu: Das kann doch nicht im Ernst daran
scheitern, dass die Länder für das Fachpersonal an den
Schulen zuständig sind, der Bund aber für Eingliede-
rungshilfen und individuelle Betreuung zuständig ist.
Lassen Sie uns doch endlich anfangen, über die jeweils

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(C (D esten Lösungen zu reden – statt nur über Zuständigkein; das wird nicht reichen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen eben keine Fortsetzung des Zuständig-
eitsstreits. Wir brauchen keine Fortsetzung dieses ewi-
en Kompetenzgerangels. Wir brauchen mehr Zusam-
enarbeit. Wir brauchen mehr Bildungsinvestitionen.
as sind wir nicht nur unseren Kindern schuldig. Das
ird zu einer Überlebensfrage dieser Gesellschaft;
avon bin ich fest überzeugt. In einem Hochtechnologie-
nd mit starker Exportwirtschaft, wie wir es sind, des-

en Bevölkerungszahl zugleich schrumpft, hängt die ei-
ene Zukunft daran, dass die weniger werdenden Kinder
estmöglich ausgebildet werden und möglichst keiner
urückbleibt. Bei einem solchen Land hängt alle Zukunft
aran, dass Bildung oberste Priorität auf der politischen
kala hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Glaubt jemand in dieser Runde ernsthaft daran, dass
ir schon an diesem Punkt sind? Ich denke, das Gegen-
il ist der Fall. Auf der einen Seite binden wir uns durch
as Kooperationsverbot gegenseitig die Hände. Auf der
nderen Seite verschwenden wir auch auf Bundesseite
illionen, die auf der Länderseite dringend für eine bes-

ere Bildung gebraucht werden. Wenn Sie mir dann die-
en Vorwurf erlauben: Ich finde diese Weichenstellung
ogar gleich dreifach falsch.

Das gilt erstens für das Lieblingsprojekt von Frau von
er Leyen: Die Bildungsgutscheine ziehen nicht, selbst
enn Sie noch ein paar Millionen Euro in die Werbung

tecken würden.


(Zuruf von der CDU/CSU: Doch!)


Zweitens wird das familien-, frauen- und bildungs-
olitisch völlig verkehrte Betreuungsgeld


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


azu führen, dass gerade die Kinder nicht in öffentliche
etreuung kommen, die es am nötigsten hätten.

Drittens schlagen Sie sich mit Steuersenkungen, auf
ie in diesem Lande niemand wartet, die Instrumente
elbst aus der Hand, die wir dringend für eine bessere
ildung brauchten.

Das sind gleich drei falsche Weichenstellungen. Das
t verhängnisvoll für ein Land, dessen Zukunft so sehr
on guter Bildungspolitik und guten Schulen abhängt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich komme zum Schluss. Bildung ist der Schlüssel.
ehr Kooperation und Investitionen sind die Instru-
ente. Dem kann und darf sich niemand in diesem
ause verweigern. Dass ausgerechnet die FDP auf ihrem
undesparteitag noch einmal die Beibehaltung des
ooperationsverbotes bekräftigt hat, wundert mich
icht.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Ist das so?)






Dr. Frank-Walter Steinmeier


(A) )


)(B)

Das bestätigt, dass Sie von der Realität in diesem Lande
ein Stück weit entfernt sind.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das ist ja lächerlich! Sie haben das herbeigeführt! Da wäre ich ein bisschen vorsichtiger mit Schuldzuweisungen ausgerechnet an uns!)


– Vorsicht würde ich auf Ihrer Seite walten lassen. Aber
ich habe Ihnen dazu keine Ratschläge zu geben.


(Heiner Kamp [FDP]: Sie haben es doch verschuldet! – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Sie haben das eingeführt! Da wäre ich jetzt ein bisschen vorsichtiger!)


– Das hat die Föderalismuskommission, eine Bund-Län-
der-Kommission, vorgeschlagen.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht! Das war die Große Koalition, Herr Steinmeier!)


Ich hatte Ihnen vorgeschlagen: Wenn wir Auswege
suchen, dann sollten wir nicht wieder die Debatte führen,
wer in der Föderalismusreform für welche Vorschläge
Verantwortung getragen hat.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715503200

Herr Kollege Steinmeier, erlauben Sie eine Zwischen-

frage?


Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1715503300

Selbstverständlich.


Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715503400

Sehr geehrter Herr Kollege Steinmeier, wären Sie be-

reit, sich mit mir gemeinsam daran zu erinnern, dass die
Föderalismuskommission gescheitert ist – sie ist unter
anderem an dem Streit über die Frage gescheitert, wie es
in der Bildung weitergehen soll und ob es ein Koopera-
tionsverbot geben soll – und dass es dann nach Verhand-
lungen zwischen Herrn Müntefering und Herrn Stoiber,
die hinter verschlossenen Türen geführt wurden, die
Große Koalition war, die diese Regelung durchgesetzt
hat,


(Heiner Kamp [FDP]: So ist es!)


die mit der Föderalismuskommission eben nicht zu ver-
einbaren war?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1715503500

Meine Damen und Herren, liebe Kollegin, machen

Sie sich gerne alle weiße Füße in dieser Debatte. Ich
habe nichts dagegen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wer sich aber einer Änderung der jetzigen Situation ver-
weigert, die aufgrund eines Fehlers entstanden ist, an

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(C (D em wir mitgewirkt haben – das habe ich im ersten Satz einer Rede gesagt –, (Ulla Burchardt [SPD]: Jeder darf seine Lernfähigkeit demonstrieren!)


utzt weder den Bürgern noch den Schülerinnen und
chülern, sondern macht das den Eltern in diesem Lande
ur vor.

Setzen Sie ruhig Ihre Rechthaberei fort. Ich will Bil-
ungspolitik machen.


(Beifall bei der SPD – Uwe Schummer [CDU/ CSU]: Das war Rechthaberei!)


Was die Union angeht, hat sich zwar die offizielle Be-
chlusslage noch nicht geändert; aber ich sehe, dass
icht nur die Wissenschaftsministerin – sie ist, wie ich
ehe, anwesend – erfreulicherweise Handlungsbedarf er-
ennt, sondern auch die schleswig-holsteinische Landes-
gierung. Sie hat gestern einen Antrag zur Beseitigung

es Kooperationsverbotes vorgelegt, mit dem sich der
undesrat befassen wird. Man kann sich zwar darüber

treiten, ob es die Glaubwürdigkeit erhöht, wenn man
ine Legislaturperiode lang etwas anderes vertreten hat
nd dann kurz vor den Wahlen das Gegenteil vertritt;
otzdem ist der Weg der Beseitigung des Kooperations-
erbotes richtig. Deswegen nehmen wir das gerne auf.

Mehr Bildung ist nicht mit weniger Zusammenarbeit
wischen Bund und Ländern zu erreichen. Deshalb muss
as Kooperationsverbot weg. Wir legen einen Vorschlag
or, den wir mit unseren Ländern beraten haben und den
iese mittragen werden. Ich bitte Sie herzlich um Unter-
tützung dieses Vorschlags.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715503600

Das Wort hat jetzt der Kollege Michael Kretschmer

on der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1715503700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Dass Bildung die Grundlage unseres Wohl-
tands ist und dass deswegen Investitionen in nennens-
erten Größenordnungen notwendig sind, haben wir
icht nur gesagt, sondern seit unserem Regierungsantritt
005 mit jedem Haushalt aufs Neue bewiesen. Keine
egierung in der Geschichte hat so viel in Bildung und
issenschaft investiert wie die unter Angela Merkel.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ir haben das nicht mit Ad-hoc-Programmen gemacht
heute so und übermorgen so –, sondern wir haben et-
as geschaffen, das von größter Wichtigkeit ist, wenn
an es mit der Bildungsrepublik ernst meint. Wir haben
achhaltigkeit durch kontinuierlichen Aufwuchs – in
en ersten Jahren 3 Prozent pro Jahr und nun 5 Prozent
ro Jahr – organisiert; das gab es so in der Geschichte





Michael Kretschmer


(A) )


)(B)

ebenfalls noch nicht. Das führt dazu, dass mittlerweile
Wissenschaftler selbst in Amerika daran denken, nach
Deutschland zu kommen, weil die Arbeitsbedingungen
hier besser sind. Wir haben wirklich etwas für den Wis-
senschafts- und Bildungsstandort Deutschland geleistet.
Das gilt es anzuerkennen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir haben mit dem Hochschulpakt und dem Bologna-
Qualitätspakt auf die aktuellen Entwicklungen reagiert.
Wir haben nicht nur Geld bereitgestellt, sondern sind die
großen Themen der Bildung in diesem Land aktiv ange-
gangen, sei es die Alphabetisierung, sei es die frühkind-
liche Bildung, sei es die kulturelle Bildung usw. Wir ha-
ben überall Akzente gesetzt, und zwar auf eine Art und
Weise, dass das Ganze nicht ein Strohfeuer ist, sondern
nachhaltig ist. Eines haben wir gelernt: So etwas wie zu
Zeiten von Rot-Grün, als die Haushalte regelrecht über-
rollt wurden und die Wissenschaftsorganisationen nicht
wussten, wie es weitergehen soll, soll nicht noch einmal
passieren. So etwas ist auch nicht mehr passiert. Wir ha-
ben das Versprechen, eine Bildungsrepublik zu schaffen,
wahrgemacht, und zwar mit jedem Haushalt aufs Neue.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Deswegen hat diese Koalition beim Thema Bildung eine
so große Glaubwürdigkeit.

Herr Steinmeier, Ihr Ausflug in die Bildungspolitik
war nicht sehr überzeugend. Sie haben vor allen Dingen
über Geld gesprochen, darüber, wie möglichst viel Geld
des Bundes zu den Ländern kommt. Aber darum darf es
nicht in erster Linie gehen. Es muss doch zuerst um die
Strukturen und die Qualität der Bildung gehen und erst
in zweiter Linie um Geld.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die CDU/CSU hat bewiesen, dass sie nicht nur in finan-
zieller, sondern auch in gesetzgeberischer Hinsicht tätig
werden kann, wenn es sein muss. Das gilt auch im Hin-
blick auf eine Grundgesetzänderung; das ist überhaupt
keine Frage. Aber wir wollen das nicht so machen, wie
Sie uns das vorschlagen. Eine Grundgesetzänderung ist
Ihnen gerade einmal einen Antrag mit anderthalb Seiten
wert. Was davon zu halten ist, zeigt ein Blick auf die
Bundesratsbank: Nicht ein einziger SPD-Minister ist
hier, um diesem Antrag zu folgen und Sie dabei zu unter-
stützen. Ich sehe das ganz genauso.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir müssen einige Leitplanken und Grundsätze be-
achten, wenn wir in der Diskussion über Föderalismus-
reform und Kooperationsverbot die richtige Lösung fin-
den wollen. Zuerst muss es darum gehen, was der
Bildung nutzt, was strukturell notwendig ist. Es darf
keine reine Geldverschiebeaktion werden. Keiner der
unterschiedlichen Akteure, die im Bildungsbereich tätig
sind und dafür sorgen, dass Deutschland ein Bildungs-
land ist und als solches weiterhin existiert, darf aus der
Verantwortung entlassen werden. Das ist das große Pro-

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(C (D lem des vorliegenden Antrags. Er stellt nichts anderes ls die Einladung an die Länder dar, sich einen schlanen Fuß zu machen und sich zurückzuziehen. Nein, so önnen wir es nicht machen. Es ist auch nicht richtig, nicht über Verantwortlichkein und Zuständigkeiten zu sprechen. Das genaue Geenteil ist richtig. Wenn alle zuständig sind, ist niemand irklich zuständig. Das erleben wir oft, und das darf icht sein. Von dem Geld, das wir zur Verfügung gestellt aben und über das wir keine Kontrolle haben, ist viel in en Landeshaushalten versickert. Der Kollege Gehring hochgeschätzt von uns – hat Anfang dieser Woche krisiert, dass Hamburg 600 000 Euro – ein eher kleiner etrag; aber es geht um das Prinzip – aus dem Hoch chulpakt zweckentfremdet und nicht für den Aufbau on Studienplätzen, sondern für andere Aufgaben verendet hat. Der Kollege Matschie, früher Staatssekretär Bundesforschungsministerium, enthält seinen Hoch chulen Landesgeld vor mit dem Argument, die Hochchulen bekämen das Geld vom Bund. So war das nicht edacht. s geht letztlich um mehr Geld, nicht um weniger. Es ann doch nicht das Ziel der Übung sein, dass der Bund eld gibt und die Länder ihre Mittel kürzen. Nein, am nde muss mehr und nicht gleich viel oder sogar wenier da sein. Wir brauchen mehr Geld für die Bildung. as ist die Aufgabe. Das gilt auch für viele andere Bundesländer, für Branenburg und für Mecklenburg-Vorpommern. Überall ist ie SPD ordentlich mit dabei. Das ist nicht unsere Vortellung von Kooperation. Kooperation muss auf Augenöhe erfolgen, sie muss am Ende einen Mehrwert erzien, aber sie darf nicht weniger Mittel zum Resultat aben. (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Wollt ihr das Grundgesetz ändern, oder nicht?)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir müssen uns auch alle miteinander ehrlich ma-
hen. Das gilt insbesondere für die SPD. Wenn Sie sich
nschauen, wie viel Geld Länder und Kommunen für die
ildung ausgeben, dann stellen Sie fest, dass das im Jahr
00 Milliarden Euro sind. Wir im Deutschen Bundestag
aben trotz der Kürzung der Etats in anderen Politikbe-
ichen, in der größten Wirtschaftskrise dieser Zeit, eine

ewaltige Bildungsexpansion von 61 Prozent erzeugt
nd kommen auf 6,9 Milliarden Euro. 6,9 Milliarden
uro wurden im vergangenen Jahr für die Bildung von-
eiten des Bundes zur Verfügung gestellt. Das ist im Ver-
leich zu 2005 ein Aufwuchs von 61 Prozent. Das ist
ine gewaltige Leistung.

Trotzdem stehen diese 6,9 Milliarden Euro im Ver-
ältnis zu den 100 Milliarden Euro der Länder und Kom-
unen. Man kann doch nicht den Eindruck erwecken,

ass wir mit diesem Geld oder einem weiteren Auf-
uchs, möglicherweise noch einmal um 60 Prozent, die
robleme der Länder im Bildungssektor lösen können.





Michael Kretschmer


(A) )


)(B)

Nein, wir müssen an die Verantwortung der Länder ap-
pellieren, wir müssen ihnen klarmachen, dass Bildung
das Wichtigste für ein deutsches Bundesland ist und dass
jeder Euro für Bildung ein richtig eingesetzter Euro ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich bin der Meinung, dass wir das Gespräch mit den
Bundesländern auf Augenhöhe führen müssen – da
reicht kein anderthalbseitiger Antrag im Deutschen Bun-
destag – und dass wir in einem stärkeren Maße eine Lö-
sung für das Problem der Kooperation finden sollten.
Aber das setzt auch voraus, dass wir miteinander defi-
nieren, wo die Verantwortung und der Platz des Bundes
im Bereich der Wissenschaft und der Bildung sind und
wo die Länder zuständig sind. Ich halte von der Verant-
wortungsteilung sehr viel, weil das auch die Frage der
Abrechenbarkeit betrifft und weil man später dem Wäh-
ler sagen kann, wer wofür verantwortlich ist, wer seine
Arbeit geleistet hat und wer nicht.

Es spricht sehr viel dafür, dass der Bund in stärkerem
Maße als bisher im Bereich der Wissenschaft tätig wer-
den sollte. Das sagen uns der Wissenschaftsrat und die
Experten, mit denen wir gesprochen haben. In diese
Richtung sollten auch die Gespräche mit den Ländern
geführt werden. Herr Steinmeier, der Zustand der Toilet-
ten und der Stundenausfall sind keine Probleme, die der
Bund lösen kann. An der Aufgabe kann er nur scheitern.
Das weiß auch jeder von Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das sind Dinge, die in den Ländern geklärt werden müs-
sen. Dafür gibt es Instrumente, über die man reden muss,
zum Beispiel den Länderfinanzausgleich und die hori-
zontale und vertikale Finanzverteilung. Das sind wich-
tige Dinge. Aber wir sollten nicht den Eindruck erwe-
cken, als könnten wir hier alles leisten. Nein, dann
werden wir uns überheben, und es wird nichts besser,
sondern vieles schlechter werden. Ich bin für ein Ge-
spräch auf Augenhöhe. Wir werden sehen, wer am Ende
erfolgreicher ist. Ich habe nicht den Eindruck, dass der
Vorschlag der SPD, der jetzt vorliegt, in irgendeiner Art
und Weise geeignet ist, die Probleme im Bereich der Bil-
dung zu lösen. Ich denke, wir müssen selber handeln und
die Vorschläge austauschen. Ich freue mich auf den Re-
debeitrag des Staatsministers aus Bayern und auf die
weitere Beratung.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715503800

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Rosemarie Hein

von der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715503900

Danke schön, Herr Präsident. – Meine Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde,
Selbstgerechtigkeit ist bei diesem Thema in diesem
Hause völlig unangebracht.

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(C (D benso unangebracht ist das Hinund Herschieben und as Verweisen auf die Schuld des jeweils anderen. ürde man heute auf der Straße eine Umfrage starten, er denn künftig in Bildungsfragen zuständig sein soll, o gäbe es womöglich eine übergroße Mehrheit für eine lleinige Bundeszuständigkeit. Den Grund dafür kann man in einem Forum bezügch einer Petition lesen, die die Zuständigkeit des Bunes in Bildungsfragen fordert. Ich will aus einem Eintrag dieses Forum zitieren, das seit dem Jahr 2009 auf den ternetseiten des Bundestages zu finden ist. Dort heißt s: Ich halte dies für eine sehr sinnvolle Forderung. Einerseits wird von den Arbeitnehmern gefordert, dass sie maximal ortsflexibel sein sollen, andererseits scheitert dies aber schon an den unterschiedlichen Bildungssystemen der Länder, in denen sich oft eher ungeeignete Bildungspolitiker selbstverwirklichen können. Ich finde, das ist ein vernichtendes Urteil. Da ich iele Jahre selbst Bildungspolitik in einem Bundesland emacht habe, möchte ich meine Kolleginnen und Kolgen eigentlich lieber in Schutz nehmen; aber wir alle üssen uns fragen, was wir an dieser Stelle falsch geacht haben. Seit März 2010 haben die Oppositionsfraktionen alin sieben eigenständige Anträge gestellt, in denen ehr oder minder klar gefordert wird, in der Bildung tärker zusammenzuarbeiten und diese unsinnige Grundesetzänderung aus dem Jahr 2006 zurückzunehmen. ie ersten Landesparlamente, darunter Sachsen-Anhalt, aben das auch begriffen und dies auch so beschlossen. ber bei den Koalitionsfraktionen – wir konnten es eben ören – wird nach wie vor der Kopf in den Sand geteckt, (Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


on der Bundesministerin hört man auch nichts mehr in
ieser Richtung, und auf Herrn Spaenle bin ich nachher
ehr gespannt.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Das sind wir alle!)


Tatsache ist: Das Verbot der Zusammenarbeit in Bil-
ungsfragen hat der Bildung in Deutschland nicht ge-
utzt, sondern geschadet.


(Beifall bei der LINKEN)


s können weniger Schulen saniert werden, und zur Um-
etzung der UN-Konvention über die Rechte von Men-
chen mit Behinderung, also zu einer inklusiven Schule,
ie darin ja gefordert wird, gibt es trotz der Ratifizierung
ieser Konvention durch die Bundesregierung nur halb-
eidene Absichtserklärungen.


(Beifall bei der LINKEN)






Dr. Rosemarie Hein


(A) )


)(B)

Weil es die vorher möglichen gemeinsamen Finanzie-
rungen von Bildungsprojekten, wie zum Beispiel das
Ganztagsschulprogramm, nicht mehr gibt, werden nun
Umwege gesucht, die kuriose Blüten treiben. Dazu nur
ein Beispiel aus der jüngsten Zeit:

In meiner Rede vom Dezember zum Bildungs- und
Teilhabepaket der Bundesregierung habe ich Ihnen et-
was über den Lerntreff in Olvenstedt, einem Stadtteil
von Magdeburg, erzählt, der nun von der Arbeitsagentur
nicht mehr gefördert wird und darum geschlossen ist.
Nun hat der Oberbürgermeister den Betroffenen mitge-
teilt, warum das so ist: Die Weiterführung dieses Pro-
jekts führe zu einer Wettbewerbsverzerrung, meint die
Agentur, weil doch mit dem Bildungspaket nun Lernför-
derung durch private Anbieter gefördert würde. – Hallo,
geht’s noch? War das Bildungspaket also nur eine Fi-
nanzspritze für den ohnehin boomenden privaten Nach-
hilfemarkt, oder was sollte es am Ende sein?


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Staat gegen privat! Das ist die alte Leier!)


Ein zweites Beispiel aus Sachsen-Anhalt: Im Land-
kreis Stendal hat eine Schülerin Lernförderung bean-
tragt, weil sie Gefahr lief, den von ihr angestrebten Real-
schulabschluss nicht zu schaffen. Das Jobcenter lehnte
zunächst ab, weil sie ja noch den Hauptschulabschluss
erreichen könne. Was, bitte, ist denn das für eine Bil-
dungspolitik?


(Beifall bei der LINKEN)


Jobcenter können eben nicht die Verantwortung für Bil-
dungsaufgaben übernehmen. Sie sind dazu nicht befä-
higt. Das ist einfach nicht ihr Job, sondern das ist der Job
von Schulen.

Aber vielleicht hat man auch die Antwort der Bundes-
regierung auf die Kleine Anfrage der Linken besonders
genau gelesen. Dort steht nämlich, dass das Erreichen ei-
nes höheren Schulabschlusses regelmäßig kein Grund
für Lernförderung sei. – Meine Damen und Herren, wer
dieses Bildungspaket geschnürt hat, sollte sich sein
Lehrgeld zurückgeben lassen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Zeche der verfehlten Bildungspolitik von Bund
und Ländern, der eigensüchtigen Kleinstaaterei und der
Wagenburgmentalität, die in vielen Ländern immer noch
herrscht, zahlen die Kinder und Jugendlichen in unseren
Ländern und deren Familien.

Die Autorinnen und Autoren des wissenschaftlichen
Gutachtens für Forschung und Innovation in Deutsch-
land, also des EFI-Gutachtens, wie es heißt, haben uns
im Sommer des vergangenen Jahres auch ins Stamm-
buch geschrieben – ich zitiere –:

Die Expertenkommission spricht sich für eine aus-
gewogene Zusammenarbeit zwischen Bund und
Ländern aus, die zur Lösung zentraler Probleme im
Bildungsbereich beiträgt. Konkret empfiehlt sie die
Rücknahme des Kooperationsverbots zwischen
Bund und Ländern.

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(C (D (Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: „Ausgewogen“ heißt doch nicht Zentralismus!)


Sie fordern damit die Rücknahme des seit dem Jahr
006 entstandenen Wettbewerbsföderalismus, den es
orher so nicht gegeben hatte. Das ist das Problem: In-
wischen können stärkere Länder mehr leisten und
chwächere eben nicht. Deshalb steht in dem EFI-Gut-
chten auch:

Die Bildungschancen von Kindern dürfen nicht von
der Finanzsituation eines Bundeslandes abhängen.

urzeit ist das aber so.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie kritisieren außerdem die fehlende Transparenz
nd Durchlässigkeit zwischen den Bildungssystemen
nd Schulformen der Länder. Dort steht: Die Schulfor-
en, die gleiche Abschlüsse bieten, heißen in den Län-

ern verschieden. Und Schulformen, die den gleichen
amen tragen, sind in ihrer inneren Struktur zumeist
öchst unterschiedlich. – Wonach aber soll man sich
chten, wenn man aus beruflichen Gründen mit der Fa-
ilie von einem Bundesland in das andere ziehen muss?
iese Probleme beseitigt man aber nicht, wenn man nur
ei der Finanzierung ansetzt. Hier bedarf es anderer,
eitreichenderer Lösungen.


(Beifall bei der LINKEN)


Es gibt weitere Stolpersteine. In den Ländern gibt es
nterschiedliche Fächer, Fächergruppen und Schulbü-
her. Die Anerkennung von Abschlüssen und erreichten
ildungsergebnissen in anderen Ländern ist nicht ge-
ährleistet. Allerdings muss man auch sagen: Schon der
echsel von einer Schule zur anderen im gleichen Bun-

esland kann zu extremen Hürden führen. Auch darüber
üssen wir reden.

Zwar gibt es nun gemeinsame Bildungsstandards in
inigen wichtigen Fächern, aber sie bestimmen noch
nge nicht das, was in den Schulen gelernt wird. Darum
fen heute immer mehr Menschen nach einer Bundes-

erantwortung und einem Zentralabitur. Das ist so, weil
ir unsere Aufgaben in der Bildungspolitik nicht bewäl-
gen, und schon gar nicht gemeinsam.

Um es deutlich zu sagen: Ich halte eine solche Zentra-
sierung und auch ein Zentralabitur für falsch, weil ich
avon überzeugt bin, dass damit keine bessere Schule
nd keine bessere Bildung zustande kommen. Wer Bil-
ungsföderalismus will, muss ihn modernisieren. Viel-
lt und Qualität, Kreativität und hohes Anspruchsni-

eau gedeihen nicht in einem Korsett starrer Regeln, und
uch Demokratie braucht Vielfalt. Aber wenn sich die
änder, die Kultusminister eingeschlossen, nicht endlich
ewegen und Vielfalt ermöglichen, wenn sie Vielfalt
ollen, dann wird der Bildungsföderalismus immer
ehr zur Bildungsbremse, und sein Ansehen in der Be-

ölkerung nimmt weiter Schaden. Aus der angestrebten
ielfalt wird dann nur noch Einfalt.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wer das riskieren will, kann weitermachen wie bisher.
er das nicht riskieren will, muss endlich die Föderalis-





Dr. Rosemarie Hein


(A) )


)(B)

musreform von 2006 zurücknehmen, und zwar komplett.
Der Bund muss diesen Prozess moderieren. Da können
wir uns nicht aus der Verantwortung stehlen, wenn es die
Länder allein nicht tun. Es gibt eine gemeinsame Verant-
wortung für Bildung in diesem Land.

Der Bund muss allerdings verstärkt auch die eigenen
Aufgaben wahrnehmen. Manches ginge schon heute,
auch mit Bundesgeld, nur wird es nicht getan. So hat die
Bundesregierung den Rechtsanspruch auf einen Krip-
penplatz ab dem Jahr 2013 beschlossen und dafür Geld
für den Bau von Einrichtungen und für die Ausrüstung
zur Verfügung gestellt.

Dass aber eine gute Kinderbetreuung auch gut ausge-
bildetes Personal erfordert, wurde absichtsvoll ausge-
blendet bzw. heimlich, still und leise den Ländern über-
lassen. Darum beschränkt sich die Bundesregierung auf
ein groß gefeiertes Weiterbildungsprogramm. Mit einem
Weiterbildungsprogramm für Quereinsteiger kann man
aber keine solide Ausbildung der notwendigen Zahl von
Erzieherinnen und Erziehern leisten. Dabei könnte der
Bund nach dem Kinder- und Jugendhilferecht – § 83
SGB VIII; vielleicht wollen Sie nachlesen – ein Pro-
gramm zur Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern
mitfinanzieren; denn die Länder sind dazu derzeit allein
nicht in der Lage, und das berechtigt uns, ein solches
Angebot zu machen. Die Linke hat dazu einen Antrag
gestellt. Sie haben ihn abgelehnt.

Mit dem Hochschulpakt finanziert die Bundesregie-
rung bereits zusätzliche Studienplätze. Aber einen sol-
chen Pakt ausdrücklich für eine zusätzliche Ausbildung
von Lehrerinnen und Lehrern einzurichten, weigert sie
sich beharrlich. Dabei wird mehr als die Hälfte der Leh-
rerinnen und Lehrer in den nächsten 15 Jahren aus dem
Schuldienst ausscheiden; denn sie sind über 50 Jahre alt.
Ich glaube, dass wir, um diese Bildungsziele in der
Schule umsetzen zu können, mehr Lehrerinnen und Leh-
rer brauchen, mehr gut ausgebildete, zum Beispiel in
bestimmten Fächern, wo es schon seit langem einen
Mangel gibt; wir brauchen mehr Pädagoginnen und Pä-
dagogen mit sonderpädagogischer Ausbildung. Das alles
brauchen wir. Die Linke hat einen solchen Hochschul-
pakt gefordert. Er wurde von Ihnen abgelehnt.

Möglicherweise haben die Länder daran ja auch gar
kein Interesse. Der Haushaltsposten für Lehrpersonal ist
in allen Bundesländern nun einmal der, der die meisten
Mittel bindet. Da der Bund die Schuldenbremse be-
schlossen hat, kann ich mir vorstellen, dass die Haushäl-
ter sagen: Bei diesem großen Posten kann man gut kür-
zen. Also sparen wir doch einmal bei den Lehrerinnen
und Lehrern. Die Kinderzahlen gehen sowieso zurück.
Also, was soll’s? Hier ist unsere Sparbüchse. – Ich halte
das für falsch.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn wir das aber nicht wollen, dann brauchen wir
eine andere Politik in Bund und Ländern, eine andere
Politik bei der Herbeischaffung von Finanzmitteln. Dazu
ist vorhin in einer langen Debatte geredet worden, wie
auch schon in anderen Sitzungen. Wir brauchen eine
bessere Finanzierung für eine gute Bildungslandschaft.

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(C (D ie Qualität der Bildung in Deutschland geht sonst weir zurück. Das wäre ganz einfach zu machen: Wir brauchen eine emeinsame Finanzierung von Bildung. Wir brauchen emeinsame Bildungsziele und -standards, damit Mobität zwischen den Ländern möglich wird. Wir brauchen ie gegenseitige Anerkennung – beinahe hätte ich geagt: ausländischer Abschlüsse – inländischer Abchlüsse, die in den einzelnen Bundesländern vergeben erden, und die Akzeptanz für unterschiedliche Bilungswege. Wir brauchen ein anderes Herangehen an as Lehren und Lernen, sodass die Kinder dort abgeholt erden, wo sie sind, und nicht dort, wo man sie sich hin ünscht. as bedeutet aber auch, dass man den Lehrerinnen und ehrern die Zeit geben muss, sich entsprechend mit den indern zu beschäftigen. Außerdem brauchen wir kostenfreie Lernmittel, damit chülerinnen und Schüler, die die Schule wechseln müsen, ihre Eltern nicht mit dem Kauf neuer Schulbücher elasten müssen; oder man braucht einheitliche Schulbüher, aber das fordert hier, glaube ich, keiner ernsthaft. Nach unserem Dafürhalten ginge das alles am besten Gemeinschaftsschulen. Aber auch das müssen die änder beschließen. Ich bin gespannt, was Herr Spaenle nachher sagt. ber wenn wir uns nicht bewegen, dann werden uns die enschen zum Teufel jagen, und sie haben recht damit. Danke schön. Das Wort hat jetzt der Kollege Heiner Kamp von der DP-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege teinmeier, dass Sie das Kooperationsverbot schlecht nden: schön und gut. Dass Sie die Aufhebung des Koperationsverbotes fordern: schön und gut. Dass Sie Ihre erantwortung für das Kooperationsverbot – ich will es inmal vorsichtig ausdrücken – hier nicht erwähnen: war u erwarten. (Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Wir haben es mitgetragen, und es war falsch! Was wollen Sie denn noch?)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715504000

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Heiner Kamp (FDP):
Rede ID: ID1715504100

ass Sie dann aber über Bildungsgutscheine, Betreu-
ngsgeld und Steuersenkungen sprechen und kein Wort
ur Strategie Ihrer Minister im Bundesrat sagen, das
nde ich – gelinde gesagt – etwas traurig. Da hätte ich
ehr von Ihnen erwartet.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Hört! Hört! – Heiner Kamp )





(A) )

Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Re-
den Sie mal über Ihre Strategie!)

Als ich 2009 in den Bildungsausschuss kam, ist mir
eines sofort aufgefallen: Die bildungspolitische Arbeit
geht zu einem Großteil an der Lebenswirklichkeit der
Menschen vorbei. Wenn ich in meiner Heimat im Kreis
Gütersloh mit Bürgern ins Gespräch komme und er-
zähle, dass ich in Berlin im Bildungsausschuss sitze,
kommen immer wieder die gleichen Fragen: Was unter-
nehmt ihr denn gegen das Chaos im Bildungssystem?
Warum tut ihr nichts gegen marode Schulen, gegen Leh-
rermangel und gegen Unterrichtsausfall? – Und so geht
es weiter. Bei solchen Fragen kann ich nur auf die föde-
ralen Zuständigkeiten verweisen, darauf, dass der Bund
im allgemeinschulischen Bereich nicht dort helfen kann,
wo es zwickt.

Das ist ein Unding. Das müssen wir ändern. Daher
brauchen wir ein zielgerichtetes Zusammenwirken aller
staatlichen Ebenen in einer gelebten Bildungspartner-
schaft auf Augenhöhe. Die Kommunen, die Länder und
der Bund müssen gemeinsam für die besten Bildungsbe-
dingungen vor Ort arbeiten. Es kann doch nicht sein,
dass einer außen vor bleibt.

Das von der letzten Bundesregierung eingeführte Ko-
operationsverbot war ein Fehler.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Grund war ein Kuhhandel – gibst Du mir, geb ich Dir –
im Kontext der Föderalismusreform, der die Stärkung
der Bildung zu keinem Zeitpunkt im Blick hatte. Es sind
große Fehler gemacht worden. Deswegen habe ich die-
ses Thema in meiner Fraktion auf die Tagesordnung ge-
setzt. Wir sind geschlossen der Auffassung, dass die
Aufhebung des Kooperationsverbotes unbedingt not-
wendig ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Uwe Schummer [CDU/CSU])


Nur durch eine gemeinsame Anstrengung können wir
die bildungspolitischen Herausforderungen der Zukunft
meistern.


(Ulla Burchardt [SPD]: Wie war denn Ihr Parteitagsbeschluss dazu?)


Bildung ist die soziale Frage unserer Zeit. Um sie zu be-
antworten und den Weg in die Wissensgesellschaft
weiterzugehen, muss der Bund wieder im Allgemein-
schulbereich mithelfen dürfen. Gesamtstaatliche Heraus-
forderungen verlangen gesamtstaatliches Handeln. Dem
Bund in einem so zentralen Politikfeld die Tür zu wei-
sen, war ein riesengroßer Fehler. Das haben mittlerweile
auch einstige Väter des Kooperationsverbotes eingese-
hen.

Hier in diesem Hause sind wir uns über die Fraktions-
grenzen hinweg weitgehend darüber einig, dass das von
SPD und Union eingeführte Kooperationsverbot vor

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(C (D llem eines war: ein bildungspolitischer Murks. Das ooperationsverbot hat unserem Bildungssystem und em Bildungsstandort Deutschland stark geschadet. (Beifall der Abg. Ulla Burchardt [SPD] und Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE])


ie Belege dafür sind zahlreich. Wenn wir uns ansehen,
er dafür ist, das Kooperationsverbot aufzuheben, und
ie klein im Vergleich dazu das Häufchen derer ist, die

s beibehalten wollen, spricht doch alles dafür, diesen
chwarz-roten Fehler zügig zu korrigieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Hier im Deutschen Bundestag herrscht grundsätzlich
inigkeit darüber, dass wir das Kooperationsverbot auf-
eben müssen. Wir müssen uns dieser Einigkeit nicht
ndauernd versichern, ganz besonders nicht auf dem
ege uninspirierter Anträge wie dem Antrag der SPD-

raktion. Von Ihnen kam wirklich schon Kreativeres,
ebe Kolleginnen und Kollegen.


(Dagmar Ziegler [SPD]: Was kommt von Ihnen?)


etzt sollten wir uns darum kümmern, die gemeinsame
osition auch in Handeln umzusetzen: Ich nenne hier
en Bundesrat.


(Zurufe von der SPD: Ja! Genau!)


Als Erstes gilt es, die kurzsichtige und ängstliche Blo-
kadehaltung aufseiten der Länder aufzulösen. In man-
hem Kopf spukt noch das Gespenst herum, mit einer
ufhebung des Kooperationsverbotes würde man die
änder ihrer letzten Zuständigkeitsfelder Schule und
olizei berauben. Doch: Wir hatten vor dem Koopera-
onsverbot keinen Bildungszentralismus in Deutsch-
nd, wir hatten während des Kooperationsverbotes kei-
en Bildungszentralismus in Deutschland, und wir
erden auch nach einer Aufhebung des Kooperations-
erbotes keinen Zentralismus bekommen.


(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was wir aber hinbekommen müssen, ist, dass eine
esamtstaatliche Herausforderung in eine gesamtstaat-
che Verantwortung kommt. Denn wir müssen feststel-
n, dass die Bundesländer ihrer Aufgabe, sich auf die
icherung der Bildungsinvestitionen zu konzentrieren,
ach 2006 nur unzureichend nachgekommen sind. Wer
r sich alleinige Zuständigkeit für ein besonderes, zen-
ales Politikfeld reklamiert, der muss es auch bestellen.
enn es Tante Ernas größte Sorge ist, den Garten einzu-

äunen und Onkel Alfred aus ihrem Hoheitsfeld zu ver-
annen, dann müssen am Ende zumindest ihre Kartof-
ln dick sein. Betrüblicherweise fiel die Erntebilanz der
änder bislang mager aus – wie die Ernte von Tante
rna.

Wenn wir auf den Hochschulbereich blicken, können
ir sehen, wie es funktionieren kann. Dort dürfen der
und und die Länder zusammenwirken. Dort haben wir
roße Fortschritte. Sie speisen sich unter anderem aus
en großen Programmen wie der Exzellenzinitiative,
em Hochschulpakt und dem Qualitätspakt Lehre.





Heiner Kamp


(A) )


)(B)


(Ulla Burchardt [SPD]: Ja! Weil wir das Grundgesetz geändert hatten!)


Bund und Länder müssen gemeinsam und harmonisch
den bildungspolitischen Garten bestellen. Und wenn
beim Ernteeinsatz auch noch die Kommunen ihren Bei-
trag leisten – umso besser für den Bildungsstandort
Deutschland. Ich freue mich deswegen sehr, dass die
christlich-liberale Landesregierung von Schleswig-Hol-
stein, insbesondere der FDP-Kultusminister Ekkehard
Klug, am Dienstag eine Bundesratsinitiative zur Auf-
hebung des Kooperationsverbotes auf den Weg gebracht
hat. Handeln, liebe Kollegen von der SPD, und nicht nur
Reden, das ist christlich-liberale Regierungsarbeit.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Aber das machen wir doch! Deswegen gibt es einen entsprechenden Antrag!)


Das Land Schleswig-Holstein wird eine Grundgesetz-
initiative zur Aufhebung des Kooperationsverbotes in
den Bundesrat einbringen. Dort kommt es dann zum
Schwur. Dort können Sie unter Beweis stellen, liebe
Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wie ernst es
Ihnen wirklich mit Ihren Reformbemühungen ist. Wir
werden sehr genau darauf achten und auch verfolgen, ob
die SPD-geführten Länder den Vorstoß aus Schleswig-
Holstein konstruktiv begleiten oder ob sie ihn sabotie-
ren. Im Bundesrat wird sich zeigen, ob die hier von
Ihnen so sehr propagierte Vernunft obsiegt.


(Ulla Burchardt [SPD]: Der Bundestag muss sich entscheiden!)


Im Bundesrat wird sich auch zeigen, liebe Kollegin Frau
Burchardt, ob Sie tatsächlich Ihre Ministerpräsidenten
und Kultusminister überzeugt haben, wie Sie zuletzt in
der EFI-Debatte getönt haben, oder ob die rot-grüne par-
teitaktische Kungelei mit Ihrem engstirnigen Klein-
Klein die Oberhand behält.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Worüber reden Sie denn jetzt?)


Die FDP-Bundestagsfraktion wird die Initiative des
Landes Schleswig-Holstein positiv und konstruktiv
begleiten und sich weiter für eine Aufhebung des Koope-
rationsverbotes einsetzen. Uninspirierte Schaufensteran-
träge wie der von Ihnen vorgelegte sind für die Errei-
chung dieses Ziels weder dienlich noch erforderlich. Wir
werden ihn daher ablehnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP – Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Wo ist denn Ihr Vorschlag? – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Wo ist denn Ihr inspirierter wegweisender Antrag? Wann kommt der denn?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715504200

Das Wort hat jetzt der Kollege Kai Gehring von

Bündnis 90/Die Grünen.

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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die roße Koalition aus CDU/CSU und SPD hat mit der öderalismusreform 2006 den Bund aus jeder Mitverantortung für den Schulund Bildungsbereich herausedrängt. Dieses völlige Fehlen von Kofinanzierungsnd Mitgestaltungsmöglichkeiten hat sich in der Praxis ls Kooperationsverbot negativ ausgewirkt. Es hat den ildungsföderalismus geschwächt und der Ausfinanzieng unseres Bildungssystems geschadet. Obwohl unser Bildungssystem weiterhin unterfinaniert ist, darf der Bund bei der Bildung nicht mitfinanzien. Obwohl es Kindern nützt und Eltern unterstützt, darf er Bund kein Ganztagsschulprogramm auflegen. Obohl es immer noch Schulen gibt, die verfallen und in ie es hineinregnet, geht eine Schulbaumodernisierung ur mit einer abenteuerlichen Umgehung unseres Grundesetzes, wie dem Rückgriff auf eine „außergewöhnliche otlage“ bei den Konjunkturpaketen. Bildung ist aber ichts Außergewöhnliches und auch keine Naturkatatrophe, sondern eine zentrale gesamtstaatliche Dauerufgabe. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715504300

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das Kooperationsverbot hat uns zudem die bürokra-
schste Sozialleistung aller Zeiten beschert: das soge-
annte Bildungs- und Teilhabepaket. Kinder und Jugend-
che aus ALG-II-Familien brauchen die besten Kitas,
ie besten Schulen, die besten Lehrkräfte. Was sie und
re Eltern nicht brauchen, ist eine Bildungsgutschein-
ürokratie mit Antragswirrwarr zwischen Jobcentern,
ommunen und Trägern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wer gute Ganztagsschulen mit individueller Förde-
ng ausfinanziert, braucht keine Gutscheine für private

ommerzielle Nachhilfeinstitute auszugeben. Ohne
ooperationsverbot ließe sich gezielt in bessere Bil-
ungseinrichtungen und in ein qualitativ gestärktes
ffentliches Bildungswesen investieren. Dies käme allen
indern und Jugendlichen, aber vor allem bildungs-

rmen direkt zugute. Dies wäre auch ein sachgerechter
nd effektiver Einsatz von Steuermitteln. Aus all diesen
ründen muss das Kooperationsverbot wieder fallen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Den Wissenschaftsbereich hat die Föderalismusre-
rm weniger hart getroffen, da in letzter Sekunde
ooperationen wie der Hochschulpakt von Bund und
ändern möglich blieben. Probleme gibt es künftig
leichwohl bei den Hochschulbaumitteln, wenn die
weckbindung fällt.

Intransparente, willkürlich erscheinende Förderun-
en wie zum Beispiel zuletzt bei GEOMAR, der Berli-
er Charité oder den Gesundheitszentren zeigen aber,
ass zunehmend auch hier die Umgehung unserer





Kai Gehring


(A) )


)(B)

Grundgesetzregeln droht. Förderungen über Umwege
und nach Gutsfrauenart sind definitiv kein sinnvoller
Weg. Daher braucht es auch im Wissenschaftsbereich
bessere Kooperationsregeln.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD])


Das Kooperationsverbot hat sich nicht bewährt. Es
hat eine kluge und transparente Zusammenarbeit von
Bund und Ländern im Bildungsbereich verunmöglicht.
Deshalb haben wir Grüne damals, 2006, und auch davor
immer vor den Auswirkungen eines solchen Koopera-
tionsverbotes gewarnt. Wir haben 2006 hier im Bundes-
tag gemeinsam mit der Linksfraktion klar dagegen ge-
stimmt und wussten dabei viele Bildungsexperten und
Verbände auf unserer Seite. Wir kämpfen seitdem für die
Überwindung des Kooperationsverbots.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Wenn die SPD-Fraktion ebenso wie Bundesbildungs-
ministerin Schavan ihren Fehler aus der Großen Koali-
tion korrigieren möchte, diesen Lernprozess erkennen
wir ausdrücklich an.


(Beifall bei der SPD – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Danke!)


Auch der Beschluss der FDP-Bundestagsfraktion war
ein wichtiger Schritt nach vorn.


(Beifall der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] und Heiner Kamp [FDP])


Wir brauchen jetzt einen gemeinsamen Kraftakt, um im
Bundestag und im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit
zu gewinnen. Wir fordern Ministerin Schavan auf, einen
Vorschlag für eine Grundgesetzänderung vorzulegen.
Außerdem bieten wir allen Bundestagsfraktionen sehr
ernsthaft Gespräche mit dem Ziel einer Grundgesetz-
änderung an, die eine neue Kooperationskultur zwischen
Bund und Ländern ermöglicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Lassen Sie uns gemeinsam das Zeitfenster nutzen, das
sich 2012 auftut.

Für niemanden in unserem Land ist nachvollziehbar,
warum Bund und Länder in zentralen Bildungsfragen
nicht kooperieren dürfen. Unsere Gesellschaft ist längst
weiter: Die Menschen möchten eine Modernisierung des
Bildungsföderalismus. Sie fordern bessere Kitas, Schu-
len und Universitäten ein und honorieren auch, wenn es
zu Verbesserungen im Bildungssystem kommt.

Ans Wolkenkuckucksheim „Wettbewerbsföderalis-
mus“ glauben sie dagegen schon lange nicht mehr, weil
sie erleben, dass arme Kommunen und finanzschwä-
chere Länder dabei eben nicht chancengerecht mithalten
können. Sie wollen einen kooperativen statt eines kon-
frontativen Bildungsföderalismus; denn sie wollen
Chancengleichheit für ihre Kinder, Jugendlichen und
Enkel, unabhängig von der Herkunft und vom Wohnort.

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(C (D as hat nichts mit Gleichmacherei zu tun, sondern mit tartchancen und Leistungsgerechtigkeit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Agnes Alpers [DIE LINKE])


Wer gute Bildung wirklich als zentrale soziale und
konomische Frage betrachtet, muss eine gesamtstaat-
che Strategie verfolgen – statt bildungspolitischer
leinstaaterei. Wer sonntags eine Bildungsrepublik aus-
ft, der darf werktags die Zusammenarbeit von Bund

nd Ländern eben nicht blockieren, weil Kindeswohl vor
ooperationsverbot gehen muss.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Heiner Kamp [FDP])


Bildung entscheidet wie kein anderes Thema über
ozialen Aufstieg sowie Wettbewerbsfähigkeit, Wachs-
m und Wohlstand. Die Folgen mangelnder Bildung
ie Fachkräftemangel, Arbeitslosigkeit und steigende

oziale Transfers betreffen übrigens alle staatlichen Ebe-
en und die gesamte Gesellschaft. Gerechtigkeits- und
novationsfragen von solch gesamtstaatlicher Trag-
eite erfordern die Kooperation aller politischen Ebenen

tatt Selbstblockade. In diesem Sinne ist Bildung eine
emeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommu-
en.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Heiner Kamp [FDP])


Das heißt nicht, dass wir eine Bundesbildungskompe-
nz wollen; Bildungszentralismus würde die Probleme
or Ort keinesfalls besser lösen können. Mit der
ewünschten Grundgesetzänderung wollen wir Grüne
ielmehr zweierlei erreichen: erstens eine solidarische
odernisierung unserer föderalen Ordnung im Bil-

ungs- und Wissenschaftsbereich und zweitens, unserer
erfassung wieder den hohen Stellenwert einzuräumen,
er ihr gebührt, den sie aber aufgrund von immer mehr
mgehungen einzubüßen droht.

Bildung bleibt dabei Kern der Landespolitik; aber der
und muss in Mitverantwortung mitwirken können, um
ergleichbarkeit und Mobilität im Inland zu gewährleis-
n und zu erleichtern. Wir schlagen daher vor, die gro-
en Herausforderungen auf den bildungspolitischen
andlungsfeldern unter Wahrung der Kulturhoheit der
änder gemeinschaftlich anzupacken und mit Bund und
ändern Lösungen nachhaltig zu erarbeiten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn wir die verfassungsrechtlichen Grundlagen neu
stiert haben, lassen sich zwischen Bund und Ländern

emeinsam vereinbarte Projekte endlich wieder ange-
en. Für uns Grüne wäre eine neue bundesweite Ganz-
gsschuloffensive vordringlich. Der Ausbau von Ganz-
gsschulen darf nicht ins Stocken geraten, da die
anztagsschulen im Hinblick auf Chancengerechtigkeit
r unsere Kinder, Wahlfreiheit sowie Vereinbarkeit von

amilie und Beruf für die Eltern unbestreitbare Erfolge
ebracht haben. Des Weiteren zählen dazu Programme
um Beispiel zur Umsetzung der UN-Konvention zur





Kai Gehring


(A) )


)(B)

Inklusion oder zur Sprachbildung von Kindern und
Jugendlichen mit und ohne Einwanderungsgeschichte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das sind die zentralen Herausforderungen, die wir an-
packen müssen.

Herr Steinmeier, es geht uns nicht darum, dass der
Bund zukünftig wieder nur in Beton mit investieren darf.
Wir brauchen auch gemeinsame Investitionen in eine
qualitative Verbesserung, die mit Personal- und Sachaus-
gaben verbunden sind. Der Vorschlag der SPD ist daher
für uns nicht die erste Wahl. Auch wenn in Ihrem Antrag
zutreffend davon die Rede ist, „dauerhafte Finanzhilfen
des Bundes für Bildung“ zu ermöglichen, so ist klar,
dass ein neuer Art. 104 c GG keine Investitionen in Per-
sonal- und Sachmittel ermöglichen würde.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Nein, das ist ein Missverständnis!)


Das hielten wir für zu kurz gesprungen. Es könnte näm-
lich bedeuten, dass neue Umgehungsstatbestände produ-
ziert werden. Denken Sie nur einmal an den Bereich der
Inklusion und daran, was sich in den Schulen neben den
baulichen Voraussetzungen alles verändern muss. An der
Stelle geht es eben nicht ohne Personal- und Sachmittel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Unserer Auffassung nach ist es zielführender, den
Art. 91 b des Grundgesetzes zu öffnen, sodass Bund und
Länder zur Förderung und Sicherstellung der Leistungs-
fähigkeit des Bildungswesens und der Wissenschaft auf
der Basis von Vereinbarungen zusammenarbeiten kön-
nen. Für diesen Reformweg möchten wir hier werben.

Die Gesellschaft würde es uns sicherlich hoch anrech-
nen, wenn uns hier im Bundestag ein Konsens gelänge.
Würden wir ein fraktionsübergreifendes Vorgehen, wie
zum Beispiel zuvor im Landtag von Schleswig-Holstein,
als Allparteien- und -fraktionenkompromiss hinbekom-
men, dann würde eine neue Kooperationskultur entste-
hen und ein gesamtstaatlicher Bildungsaufbruch funktio-
nieren, zumindest aber eine Chance bekommen.
Generationen von Schülern, Studierenden, Eltern und
Lehrern würden es uns danken. Auch deshalb ist es aller
Mühe wert. Lassen Sie uns 2012 dazu nutzen.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715504400

Das Wort hat der Staatsminister für Unterricht und

Kultus des Freistaats Bayern, Dr. Ludwig Spaenle.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1715504500

Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Das Er-

gebnis der Föderalismuskommission I war kein Fehler.

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(C (D (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war kein Ergebnis! Erzählen Sie doch keinen Unsinn! Die Kommission ist gescheitert!)


s war kein Fehler, die Kompetenzen zwischen Bund
nd Ländern aufgabengerecht, klar und deutlich heraus-
uarbeiten und mit unterschiedlichen Profilen Verant-
ortlichkeiten deutlich zu machen.

Die Kraft unseres Landes liegt in seiner Vielfalt nach
er Einheit. Deshalb haben die Väter der Föderalismus-
form in Bezug auf Kompetenz und Zuständigkeitsbe-
iche richtig gehandelt. Warum? Die Menschen in unse-
m Land haben zu dem Thema Bildung eine enge und
tensive Beziehung. Wenn Sie die Ergebnisse der Land-
gswahlen im vergangenen Jahrzehnt vertieft analysie-
n, dann wird klar, dass für die Menschen in allen Län-

ern der Bundesrepublik Deutschland die Beurteilung
er Bildungspolitik in ihrer Umgebung, in ihrer Nähe, in
er Lebenswirklichkeit ihrer Familie eines der zentralen
ntscheidungskriterien für die politische Willensbekun-
ung in den Ländern ist.


(Ulla Burchardt [SPD]: Deswegen ist Rüttgers ja auch abgewählt worden!)


ildung ist in den Familien das zentrale Thema, wenn es
m die Zukunftschancen der jungen Menschen geht.
ufgrund dieser besonderen Zuwendung müssen diese
ntscheidungen nahe bei den Menschen demokratisch
ontrolliert, verantwortet und entschieden werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Daran hat sich doch gar nichts geändert!)


Deshalb hat man richtig gehandelt, als man die Ver-
ntwortung für die schulische Bildung den Ländern
bertragen hat. Man hat ferner den klugen Schritt getan,
ie Verantwortung im Bereich der Hochschulpolitik und
er universitären Bildung auf einem gemeinsamen Weg
öglich und organisatorisch durchsetzbar zu machen.
eshalb ist die Frage, ob und wie Bildung gestaltet wird,
den Händen der Länder gut aufgehoben.


(Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Wir wollen den Ländern doch nichts wegnehmen!)


Wir haben den kooperativen Föderalismus als Realität
der Bundesrepublik Deutschland.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, haben wir nicht!)


Mai des Jahres 2010 hat die Kultusministerkonferenz
München unter meiner Präsidentschaft gemeinsam
it dem Bundesministerium für Bildung und Forschung

in umfangreiches Maßnahmenpaket inhaltlich abge-
timmt und auf den Weg gebracht. Die getroffene Ver-
inbarung sieht in gemeinsamer Verantwortung Maßnah-
en des Bundes und der Länder vor, die abgearbeitet
erden können. Sie sieht zusätzliche Maßnahmen der
änder und Maßnahmen in Bereichen vor, in denen der
und die alleinige Kompetenz auf dem Feld der Bildung
at. Das heißt, wir haben eine Verfassungsrealität, die
em Ziel, Bildung zu gestalten, Rechnung trägt. In Ko-





Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle (Bayern)



(A) )


)(B)

operation zwischen Kommunen, den Ländern und dem
Bund – das ist die richtige Reihenfolge – wird auf die
Verwirklichung des Auftrags und Anspruchs auf die
beste Ausbildung ihrer Kinder, den jede Familie in unse-
rem Land hat, geachtet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Länder tragen gesamtstaatliche Verantwortung. In-
sofern ist der Vorwurf der „Wagenburgmentalität“ und
die Geschichte von Tante Ernas und Onkel Alfreds Gar-
ten völlig falsch.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das war von Ihrem Koalitionspartner! – Ulla Burchardt [SPD]: Der gehört zur FDP! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der letzte bildungspolitische Dinosaurier spricht zu uns!)


Die Lebenswirklichkeit erfordert die Wahrnehmung
der Letztverantwortung in gesamtstaatlicher Dimension.
Deshalb sorgen die Länder für die Entwicklung gemein-
samer Standards beim Abitur und dem mittleren Schul-
abschluss. Deshalb stellen sich die Länder gemeinsam
den zentralen Herausforderungen, zum Beispiel dem
Thema Inklusion. Deshalb ist eine Reihe von Ländern
dabei, gemeinsame Prüfungsstandards weiterzuentwi-
ckeln. Wir wollen, dass die Frage von Vergleichbarkeit
und Verlässlichkeit der Bildungsabschlüsse von den
Ländern in ihrer gesamtstaatlichen Verantwortung gelöst
wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deshalb legen sieben Länder eine Strategie vor, die da-
für sorgen soll, dass Teile von Abituraufgaben in den
Kernfächern Deutsch, Mathematik und einer Fremdspra-
che


(Ulla Burchardt [SPD]: Das ist die „Hauptaufgabe“ der Politik!)


ab dem Jahr 2014 gemeinsam geschrieben werden kön-
nen.


(Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Was soll denn dann besser werden?)


Deshalb legen die Länder eine Strategie vor, die dafür
sorgen soll, die Vergleichbarkeit der Abschlussprüfun-
gen – das ist das zentrale Handlungsinstrument – mit-
hilfe entsprechender Aufgabenpools gemeinsam voran-
zutreiben.


(Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Das ist 19. Jahrhundert!)


Die entsprechenden Initiativen sind genau der Aus-
druck eines leistungsstarken Wettbewerbsföderalismus
in gesamtstaatlicher Verantwortung, der dem Anspruch
der Menschen, dem Anspruch der Familien Rechnung
trägt, nachvollziehbar in ihrer Lebensumgebung eine
Bildungslandschaft vorzufinden, die entsprechende leis-
tungsstarke Abschlüsse für Kinder, gleich welcher Her-
kunft, gewährleistet.

Wir brauchen zusätzliches Geld für Bildung. Wenn
wir es ernst damit meinen, dass die Zuständigkeit der

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(C (D änder für Bildung abschließend geregelt ist – und zwar chtig geregelt ist – und dass es gemeinsame Gespräche Bildungsverantwortung zwischen Bund und Ländern eben soll, dann ist dieser Tatsache aus der einstimmien Sicht der Länder dadurch Rechnung zu tragen, dass ber die Finanzverfassung zu sprechen ist und dass über ie Übertragung zusätzlicher Umsatzsteuerpunkte auf ie Länder zu reden ist, damit den Ländern, die hier Unrstützung brauchen, geholfen wird. Ich habe Verständis für die Kollegen in den Ländern, die zur Unterstütung der Erledigung dieser Kernaufgabe nach stärkeren nanziellen Möglichkeiten suchen und sich entsprehend politisch einlassen. Herr Kollege Spaenle, gestatten Sie eine Zwischen age? Vielen Dank, ich möchte die Redezeit gern ausschöp n. (Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können damit doch nur die Redezeit verlängern! Aber das würde der Sache nicht dienen!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715504600
Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1715504700


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715504800

Keine Zwischenfrage.


Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1715504900

Erst dann, wenn die Möglichkeiten, die Bund und

änder gemeinsam haben, zum Beispiel auf dem zentra-
n Feld der Übergänge von der allgemeinen Bildung in
ie berufliche Bildung, in den Beruf, bei der Frage der
prachförderung, bei der Frage, wie wir in der berufli-
hen Bildung gemeinsam vorwärtskommen – wir haben
ine Diversifizierung bei den Berufsbildern; das sind
ber 400 Berufe, was in der Beschulung in den Flächen-
taaten große Probleme macht –, genutzt worden sind,
rst dann, wenn die Zuständigkeiten in einem komple-
entären kooperativen Föderalismus ausgeschöpft sind

nd wir mit diesen Themen nicht vorankommen, ist der
edanke, die Spielregeln zu verändern, überhaupt legi-
m. Wir müssen die Aufgaben so, wie sie verteilt sind,
um Wohle der Menschen in unserem Land und der Fa-
ilien so erfüllen, dass die Bedingungen für gute Bil-

ung gegeben sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn Sie beim Ländervergleich Ihren Blick auf die
rgebnisse lenken, die Wettbewerbsföderalismus ermög-
cht, dann werden Sie feststellen, dass überall dort, wo
ie Union regiert, die Lebenschancen für die Menschen,
leich welcher sozialen Herkunft, besser sind als in an-
eren Ländern.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hatten mal die absolute Mehrheit!)


Wir wollen die Lebenschancen nachhaltig verbessern.
ir wollen dies in gemeinsamer Zuständigkeit tun. Wir
ollen es in klar definierter politischer Verantwortung





Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle (Bayern)



(A) )


)(B)

tun, um der Bildungsrepublik Deutschland den Platz ein-
zuräumen, den sie im internationalen Vergleich verdient.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Baden-Württemberg regieren Sie doch gar nicht mehr! Lächerlich ist das! Sie sind ein bildungspolitischer Dinosaurier!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715505000

Das Wort hat die Kollegin Ulla Burchardt von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1715505100

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kol-

leginnen und Kollegen! Eigentlich hatte ich mir vorge-
nommen, heute ganz konsensual zu sein, wie Sie es von
mir kennen.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich muss allerdings sagen, Herr Spaenle: Alle, die
Ihre Rede gehört haben, werden sich vermutlich gefragt
haben, ob Ihre Problemsicht adäquat ist und ob Sie eine
Vorstellung davon haben, vor welchen Herausforderun-
gen dieses Land insgesamt steht.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zu Herrn Kretschmer ein Wort, bei aller persönlichen
Wertschätzung – vermutlich hätten Sie auch lieber etwas
ganz anderes gesagt –: Was wir hier erlebt haben, war
nur: Auf das, was ansteht, wozu es einen großen gesell-
schaftlichen Konsens gibt – Herr Steinmeier hat das an-
gesprochen –, nämlich bei den Menschen, den Wissen-
schaftlern und den Fachjournalisten, haben Sie leider
keine Antwort geboten. Sie haben das Thema überhaupt
nicht angepackt: Wie steht die Union zum Kooperations-
verbot? Sie haben sich auf die Abteilung „Attacke“ ver-
legt. Das sind alles beliebte Ablenkungsmanöver; wir
kennen sie ja alle. Nur, wir stellen fest: Sie haben zum
Thema nichts gesagt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Doch!)


Wenn man die Meldung des Tages schreiben würde,
dann wäre das: Die Union lässt ihre Ministerin mit ihrer
Forderung zur Aufhebung des Kooperationsverbots im
Stich und degradiert sie zur Zuschauerin. – Denn ich
habe sie hier bislang nicht auf der Rednerliste gesehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Was die Zuschauerrolle angeht, Herr Kamp, so weiß
ich ja, welche Nöte die Bundesbildungspolitiker in der
FDP haben. Ich bin da richtig mitfühlend.


(Zuruf von der FDP: Wie gut von Ihnen!)


Aber Sie haben sich jetzt auf eine Zuschauerrolle festge-
legt, wenn der Bundestag über die Zukunft des Koopera-

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(C (D onsverbots bzw. darüber redet, wie wir seine Abschafng gestalten. Eine kleine polemische Anmerkung kann ich mir icht verkneifen: (Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Ihre Rede besteht nur aus Polemik!)


ar das etwa eine Vorübung für Ihre Rolle nach der
undestagswahl 2013?


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Sie haben gesagt, Sie halten eine sachliche Rede, und polemisieren hier nur herum!)


Herr Lindner, ich glaube, in dieser Frage kennen Sie
ie Verhältnisse in Ihrer eigenen Partei nicht. Deswegen
te ich Ihnen: Halten Sie sich jetzt einmal ein bisschen

urück.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Halten Sie sich einmal zurück! Sie haben die Sache eingerührt!)


Wenn Sie nichts zur Sache zu sagen haben, dann gehen
ie doch.


(Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Reden Sie doch einmal zur Sache!)


Herr Kamp, Herr Professor Neumann, Sie werden
och gebraucht, wenn sich der Bundestag dazu positio-
ieren muss. Dann geht es nicht nur um die Frage, ob
ir das Kooperationsverbot aufheben wollen, sondern

uch um die Frage, an welchen Stellen das Grundgesetz
eändert werden muss. Mit unserem Antrag geben wir
eute den Startschuss für eine Debatte, in der wir hier im
undestag nach einer mehrheitsfähigen und konsensfä-
igen Lösung suchen.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Sie blamieren sich mit Ihrem Vorschlag!)


iese Lösungssuche muss auch im Bundesrat erfolgen.
eswegen sind Ihre Beiträge tatsächlich gefragt.

Ich weiß, dass Konsensfindung nicht einfach ist; ei-
ige haben das mitfühlend angesprochen. Das setzt vo-
us, dass man zunächst einmal innerhalb der eigenen
artei einen Konsens findet. Wir haben das geschafft.
ir haben Ihnen im Herbst im Ausschuss angekündigt,

ass wir in der SPD eine gemeinsame Position dazu fin-
en werden, dass wir das Kooperationsverbot aufheben
nd an welcher Stelle wir das Grundgesetz ändern wol-
n.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715505200

Frau Kollegin Burchardt, erlauben Sie eine Zwischen-

age des Kollegen Kamp?


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1715505300

Ich möchte diesen Gedanken zu Ende führen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715505400

Bitte schön.






(A) )



(B)


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1715505500

An diesem Prozess waren die Ministerpräsidenten

und alle Fachminister beteiligt. Dieser Konsens wird von
der ganzen Partei getragen. Liebe Kolleginnen und Kol-
legen von Union und FDP, kriegen Sie das in Ihrem eige-
nen Laden erst einmal hin! Das wäre eine entscheidende
Voraussetzung dafür, dass wir insgesamt zu einer mehr-
heitsfähigen Lösung kommen.


(Beifall bei der SPD)


Bitte, Herr Kamp.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715505600

Bitte schön, Herr Kollege Kamp.


Heiner Kamp (FDP):
Rede ID: ID1715505700

Vielen Dank, Frau Kollegin Burchardt. – Sind Sie be-

reit, zuzugestehen, dass der Startschuss zur Initiative zur
Aufhebung des Kooperationsverbotes eben nicht von der
SPD gekommen ist, sondern von der FDP-Bundestags-
fraktion, von meiner Person? Sind Sie bereit, zuzugeste-
hen, dass wir mehrere gemeinsame Positionspapiere er-
arbeitet haben? Damals wurde mir, als die ersten
entsprechenden Meldungen über den Ticker kamen, von
Herrn Schulz wohlwollend auf die Schulter geklopft,
und ich wurde gefragt: Was ist denn bei euch passiert? –
Das war sehr anerkennend. Ich bedanke mich dafür.
Also: Der Startschuss kam von uns und nicht von Ihnen.

Unser Parteitag wurde mehrere Male angesprochen.
Wir haben dort sehr wohl über das Kooperationsverbot
gesprochen. Wir haben uns auf einen Grundkonsens zur
Bildungsfinanzierung geeinigt. Wir haben uns darauf ge-
einigt, dass die Beteiligung des Bundes dabei nicht aus-
geschlossen werden soll.

Insofern geht Ihr Diskussionsbeitrag an der Sache
vorbei. Sind Sie bereit, zuzugestehen, dass der Start-
schuss von uns kam?

Vielen Dank.


Ulla Burchardt (SPD):
Rede ID: ID1715505800

Herr Kamp, ich habe doch gar kein Problem damit,

festzustellen, auch für das Protokoll des Bundestages,
dass Sie das Thema als Erster angesprochen haben. Ich
sage nur: Die große Volkspartei SPD hat es geschafft, in
ihren eigenen Reihen einen Konsens über die Aufhebung
des Kooperationsverbotes hinzubekommen. Über De-
tailfragen wie zum Beispiel darüber, welche Grundge-
setzartikel geändert werden sollen, lieber Kollege
Gehring, kann man diskutieren. Darüber wird es noch
Debatten geben. Dies ist erst die Eröffnung der Debatte.
Ohne dass es innerhalb der Parteien einen Konsens und
den Willen zur Veränderung gibt, wird in dieser Repu-
blik nichts laufen. Ich bitte die anderen Parteien, jetzt
nachzuziehen.


(Beifall bei der SPD)


Ich gehe gerne darauf ein, dass wir Fehler gemacht
haben. Asche auf unser Haupt! Das hat Frank-Walter
Steinmeier in seltener Offenheit in diesem Haus gesagt.
Aber wir haben daraus gelernt. Ich will nicht verhehlen:

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(C (D ir Bundesbildungspolitiker hätten gerne einen weiter efassten Antrag gehabt. Nur, dies ist der Kompromiss, en wir innerhalb der Partei gefunden haben, und den arf man nicht geringschätzen. Da müssen andere erst inmal hinkommen. Ich muss niemandem hier erzählen, ie es sich mit der Konsensfindung innerhalb von Parien verhält. Wie gesagt: Die Debatte darüber ist eröffet. Auf jeden Fall reicht es nicht – darüber wird jetzt im issenschaftsrat diskutiert; Herr Rupprecht, Sie haben tztes Mal danach gefragt –, nur eine Grundgesetzändeng für den Bereich der Wissenschaft vorzunehmen. Ich arf in diesem Zusammenhang den DFG-Präsidenten leiner zitieren, der in seiner letzten Ansprache gesagt at: Es kommt darauf an, dass alle auch für eine Verbeserung des Bildungssystems zusammenarbeiten. – Es eht genau darum, die großen Herausforderungen anzuehen, nämlich Bildungsarmut zu beseitigen und die eistungsfähigkeit des Bildungssystems als Basis für die teigerung der Innovationsfähigkeit des gesamten Lanes zu verbessern. Das müssen wir „auf die Kette krieen“. Das ist eine große Aufgabe. Angesichts dessen arf man sich nicht im Klein-Klein, im Gestrigen und in chuldzuweisungen verstricken. Wir sind offen. Wir hängen nicht an einzelnen Buchtaben oder Sätzen. In die Debatte im Bundesrat ist Beegung gekommen. Es wäre ganz hervorragend, wenn ie jetzt mit dazu beitragen würden, dass wir auch hier Bundestag in eine Beratung über konstruktive Lösunen eintreten. Dafür werbe ich. Eine ganz entscheidende Voraussetzung wäre – ich chte meinen Blick auf die Koalitionsfraktionen und uch auf die Ministerin –, nicht nur Themen in den Meien zu besetzen, sondern auch einen konkreten Beitrag u leisten. Legen Sie einen Gesetzentwurf oder zuminest einen Antrag vor, damit wir etwas haben, mit dem ir uns konstruktiv auseinandersetzen können. Ich laube, die Bürgerinnen und Bürger haben verdient, dass ir uns in dieser Sache ernsthaft um Konsens bemühen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715505900

Das Wort hat der Kollege Marcus Weinberg von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Marcus Weinberg (CDU):
Rede ID: ID1715506000

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

n! Ich hoffe, Herr Steinmeier, dass Sie die Debatte bis
u diesem Punkt interessant fanden. Ich hoffe auch, dass
ie nach den nächsten sechs Minuten erkenntnistheore-
sch etwas weiter gediehen sein wird. Ich finde es gut,
ass man sich in dieser Diskussion, die wir seit vielen
ahren in diesem Hause wie überall im Bildungsbereich
hren, sowohl die Pro- als auch die Kontra-Argumente

nhört.
)





Marcus Weinberg (Hamburg)



(A) )


)(B)

Sie haben gesagt – ich werde dies gleich aufgreifen
und ausführlich darauf eingehen –, dass es Ihnen nicht
um Zuständigkeiten, sondern um Lösungen geht. Das
muss überprüft werden. Diese Debatte müssen wir füh-
ren. Wir müssen sehr genau schauen, was wir als Bund
zurzeit machen und welche Lösungen wir als Bundestag
anbieten.

Zuvor noch eine Bemerkung zur Verantwortlichkeit.
Ich hatte vor wenigen Tagen mit großer Freude gehört,
dass der neue KMK-Präsident heute reden wird. Er
kommt ja aus Hamburg, und wir Hamburger lieben es
– fast immer –, Hamburger zu hören. Nun redet er leider
doch nicht. Das finde ich insoweit verständlich, als ein
KMK-Präsident eine gewisse Unabhängigkeit wahren
muss, weil er für 16 Länder spricht. Mich ärgert aller-
dings, dass der neue KMK-Präsident am Montag und am
Dienstag dieser Woche über die Zeitungen groß verkün-
det hat, er werde dafür sorgen, dass das Kooperations-
verbot aufgehoben wird. Ich glaube, der KMK-Präsident
hat in den nächsten Monaten einiges zu tun, um die Ko-
ordination zu verbessern; denn noch läuft die Koordina-
tion im Bereich der KMK nicht so, wie wir uns das vor-
stellen. Darauf sollte er seinen Schwerpunkt setzen, statt
Ankündigungen zu machen, die er nicht einhalten kann,


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


und das sage ich als Hamburger. Ich finde es ja richtig,
dass man über die Kooperation diskutiert. Aber ich erin-
nere mich: 1996, als die KMK die Abiturprüfungen neu
definierte, hatte das sozialdemokratisch geführte Ham-
burg noch nicht einmal die 87er-Regelung umgesetzt.
Ich weiß, das ist ein bisschen Historie, Ulla Burchardt.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Richtig!)


Man muss sagen: Es ist gut, dass einige gelernt haben,
wie wichtig Kooperation auf der Ebene der Länder ist,
und diese Kooperation endlich entwickeln wollen.

Häufig taucht in dieser Debatte die Frage auf: Was sa-
gen Sie zu dem Antrag? Wir in der Union führen, wie in
allen Parteien, intensive Diskussionen über die Frage,
welche Hemmnisse im Bildungsbereich wirken. Wir, die
CDU, haben als Partei nach einer sehr dezidierten, fein-
teiligen Diskussion beschlossen – Kollege Kamp, bei uns
sind Parteitagsbeschlüsse von hoher Bedeutung –, dass
die Regelungen überprüft werden sollen und Hemmnisse
abzubauen sind.

Jetzt komme ich zum Kern des Antrags. Ich sage Ih-
nen ganz deutlich: Ich finde es nach all den Monaten der
Diskussion enttäuschend, wenn die SPD in einem ganz
normalen Antrag, der zwei Seiten umfasst – Kollege
Kretschmer hat darauf hingewiesen –, eine Grundge-
setzänderung vorschlägt. So fordern Sie unter Punkt
eins, der Bund möge dauerhaft Finanzhilfen für die Bil-
dung ermöglichen. Unter Punkt zwei fordern Sie, die
Bildungshoheit der Länder nicht einzuschränken. Das
bedeutet nichts anderes als eine Neuregelung der Um-
satzsteuerverteilung.


(Ulla Burchardt [SPD]: Nein!)


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(C (D as bedeutet nichts anderes als eine Verschiebung eineitiger Finanzhilfen in Richtung der Länder. Das kann an ja fordern, aber das muss man dann auch deutlich rmulieren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich sage Ihnen ganz offen: Kollege Gehring hat für
ie Grünen sehr dezidiert eingefordert, diese Diskussion
u führen; das ist auch richtig so. Man muss und wird bei
er Frage der Kooperation möglicherweise einen Schritt
eiter gehen; hier muss man auch Grundgesetzänderun-
en in Betracht ziehen. Man muss sich zumindest Ge-
anken machen, wie man möglicherweise bestehende
emmnisse abbauen kann. Ich glaube aber, dass man
ach einer langen und intensiven Diskussion mit einem
o einseitig formulierten Antrag nicht weiterkommt.


(Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Dann machen Sie einen besseren Vorschlag!)


Im Übrigen – das sage ich als ehemaliger Landtagsab-
eordneter – halte ich sehr viel davon, die Verantwor-
ng der Länder und der Landtagsabgeordneten in dieser
rage – Stichworte „Kultur“ und „Bildung“ – zu stärken.
as war in der Debatte des Jahres 2006 und im Rahmen
er Föderalismusreform insgesamt die Ausgangssitua-
on. Es ging darum, eine klarere Zuständigkeit zu defi-
ieren: Was macht der Bund, was machen die Länder?
ies geschah nicht nur, weil Mischfinanzierungen pro-
lematisch sind, sondern auch deshalb, weil man klar zu-
rdnen können muss, wer im Bereich von Bildung und
chule die Verantwortung hat.

Jetzt komme ich zum Kern der Frage: Wo stehen wir
igentlich in Sachen Kooperation? Der Begriff „Koope-
tionsverbot“ sollte etwas durchleuchtet werden. Das

lingt für den Außenstehenden so, als ob es beim Thema
ildung keine Kooperation gibt und der Bund in diesem
ereich nichts tut. Herr Steinmeier verfolgt den Ansatz,
u sagen: Ich definiere die Probleme und möchte Lösun-
en finden. – Vor welchen Herausforderungen stehen wir
enn, Ulla Burchardt?

Eine Herausforderung ist die frühkindliche Bildung;
a sind wir uns alle einig. Was unternimmt der Bund in
iesem Bereich? Der Bund gibt für den Krippenausbau
Milliarden Euro aus und stellt ab dem Jahr 2013

00 Millionen Euro für die Betriebskosten bereit. Der
und beteiligt sich also, wenn es darum geht, die He-
usforderung der frühkindlichen Bildung zu bewälti-

en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Eine weitere Herausforderung sind Berufsorientie-
ng und Kompetenzfeststellung; Kollege Schummer

nd Kollege Feist, dies ist in der Tat ein wichtiges
hema. Wir haben das Problem, das besteht, diagnosti-
iert. Es gibt momentan zu viele Ausbildungsabbrecher.
u viele junge Menschen wissen noch nicht, was sie in
ukunft in welchem Beruf erreichen wollen. Vor diesem
intergrund stellt der Bund für das Programm „Bil-





Marcus Weinberg (Hamburg)



(A) )


)(B)

dungsketten“ 362 Millionen Euro bereit. Der Bund ko-
operiert also und beteiligt sich auch hier.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulla Burchardt [SPD]: Da wird ein neuer Dschungel gefördert!)


Jetzt, liebe Ulla Burchardt, komme ich auf eine wei-
tere Herausforderung zu sprechen, auf die des Lesens.
Beim Lesen ist vielfach ein Kompetenzdefizit festzustel-
len. Aus diesem Grunde hat die Bundesregierung das
Programm „Lesestart – Drei Meilensteine für das Lesen“
gestartet. Dafür werden 26 Millionen Euro zur Verfü-
gung gestellt.


(Ulla Burchardt [SPD]: Alles Modellprojekte!)


Ich könnte diese Liste fortführen: von der konkreten
Ausgestaltung des BAföG über die verschiedensten
Pakte und Pakete bis hin zum Thema Stipendien. Daran
wird deutlich: Der Bund beteiligt sich, sowohl was For-
schung als auch was Bildung und Bildungsintegration
betrifft, in einem Maße wie nie zuvor.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es sollte allerdings geklärt werden, wo es noch Hemm-
nisse gibt. Dann könnte nämlich noch klarer definiert
werden, an welchen Stellen eventuell Änderungen im
Grundgesetz vorgenommen werden sollten. Diesem An-
liegen stehen wir offen gegenüber.

Wir sollten diese Debatte etwas dezidierter führen
und nicht nur sagen: Wir stellen Geld zur Verfügung,
und die Bildungshoheit der Länder wird nicht einge-
schränkt. – Außerdem möchte ich den Kollegen Schulz
bitten, seine Ausführungen zu den Bundesländern ein-
mal zu erläutern. In Ihrem Antrag schreiben Sie:

Um die Gleichbehandlung der Länder sicherzustel-
len, ist dabei vorzusehen, dass diese Vereinbarun-
gen von den Ländern nur einstimmig beschlossen
werden können.

Für mich ist es eine Herausforderung, das zu verstehen.
Soll das heißen, man könne die Gleichbehandlung der
Länder sicherstellen, wenn es einstimmige Beschlüsse
gibt? Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich habe nicht
verstanden, was das eigentlich soll.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Schade! – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Das zu verstehen, ist auch unmöglich!)


Wir wollen auf diesem Gebiet zusammenarbeiten. Wir
wollen die Gleichbehandlung aber nicht durch das Prin-
zip der Einstimmigkeit erzeugen. Dieser Aspekt sollte
etwas differenzierter betrachtet werden.

Was bedeutet all dies im Hinblick auf die Ergebnisse
im Bildungs- und Forschungsbereich? Michael Kretschmer
hat es angesprochen: In der Langzeitbetrachtung seit dem
Jahr 2001 ist festzustellen, dass wir im Bildungsbereich
deutliche Erfolge erzielt haben. Dazu haben auch die
Länder bzw. die Verantwortlichen in den Ländern einen
Beitrag geleistet, insbesondere diejenigen, die im Bil-
dungsbereich aktiv Verantwortung übernommen haben.
Aber – das muss man ganz deutlich sagen –: Das ist auch

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(C (D as Ergebnis der neuen Politik, die seit 2005 gemacht ird. Seitdem ist Bildung endlich ein Schwerpunktthema. as Volumen dieses Haushalts ist seit 2005 um 54 Pro ent gestiegen. Möglicherweise hat gerade die Motivaon, die die Bundesregierung und die sie tragenden Frakonen in diesem Bereich an den Tag gelegt haben, dazu eführt, dass man nun feststellen kann, dass hier noch eiteres Geld zur Verfügung steht. Aus Zeitgründen erde ich darauf verzichten, die einzelnen Erfolge, die er ielt wurden, aufzulisten. Was bleibt unter dem Strich? Wir werden diese Disussion in den nächsten Monaten weiterführen. Ich laube, man sollte in dieser Diskussion ehrlich miteinaner umgehen. Herr Steinmeier – heute hat er übrigens um ersten Mal eine Routine durchbrochen und an einer ildungsdebatte teilgenommen – sollte sich genau übergen, wie diese Diskussion konkret geführt werden ollte. Dabei muss nämlich mehr herauskommen als dieer sehr vereinfachte Antrag, in dem lediglich gefordert ird, den Ländern Geld zur Verfügung zu stellen. (Ulla Burchardt [SPD]: Machen Sie einen besseren!)


ir müssen dezidiert darüber diskutieren, auf welcher
bene wir was genau unternehmen. Ich glaube, Ihr Vor-
chlag ist zu wenig.


(Ulla Burchardt [SPD]: Ablehnen ist auch zu wenig!)


eswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Ulla Burchardt [SPD]: Damit war ja gar nicht zu rechnen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715506100

Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Swen

chulz das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1715506200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr verehrten Damen und Herren! In allen Par-
ien gibt es eine Reihe von Landespolitikern, die sehr

keptisch betrachten, worüber wir hier diskutieren. Sie
ollen nicht, dass der Bund in unzulässiger Weise in die
ildungspolitik der Länder eingreift. Aus Erfahrung mit
einer eigenen Partei muss ich sagen: Ich habe wirklich
erständnis dafür, dass diese Debatte in den Parteien
eit braucht.

Es ist schon ein Stück weit auffällig, dass die Bundes-
ildungsministerin Schavan inzwischen seit Jahren durch
ie Lande zieht und in Interviews und bei Sonntagsreden
eutlich macht, wie wichtig es doch wäre, das Koopera-
onsverbot im Grundgesetz zu überwinden. Entschei-
end ist aber, was auf dem Platz bzw. hier im Deutschen
undestag geschieht. Wir warten bis heute vergeblich auf
inen konkreten Vorschlag, auf eine konkrete Initiative.
ieses merkwürdige Verhalten zeigt sich letztendlich

uch in dieser Debatte. Die Bundesbildungsministerin
chavan ergreift überhaupt nicht das Wort – ich will nicht





Swen Schulz (Spandau)



(A) )



(B)

darüber spekulieren, warum nicht, ob sie nicht will oder
nicht darf –, und die Rednerinnen und Redner von der Ko-
alition, insbesondere von der CDU/CSU, reden wortreich
um den heißen Brei herum.


(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Klar und verständlich!)


Am Ende stellt sich doch die Frage: Wofür sind Sie nun
eigentlich? Was ist Ihr Vorschlag?

Die SPD bringt heute einen konkreten Antrag ein.
Wir wollen mit einem neuen Grundgesetzartikel, mit
Art. 104 c, Finanzhilfen des Bundes für Bildung ermög-
lichen, und zwar in Vereinbarung mit den Ländern. Da
geht es nicht einfach nur um eine Neuregelung der
Mehrwertsteueranteile. Wir wollen mit den Ländern Fi-
nanzhilfen zielgenau für die Bildung vereinbaren. Wenn
Sie das missverstehen, Herr Kollege Weinberg, dann
werden wir Ihnen das im Ausschuss gerne noch einmal
erklären.

Wir haben mit diesem Antrag eine Debatte ausgelöst,
in der sich auch die CDU/CSU einmal bekennen muss.
Sie muss hier Farbe bekennen. Wir wollen auch wissen,
wo Bildungsministerin Schavan steht.


(Beifall bei der SPD)


Die zentrale Begründung für das Kooperationsverbot
ist, es gebe bessere Ergebnisse durch Wettbewerb. Nun
sind wir in Deutschland beim Wettbewerbsföderalismus
sicherlich weltweit führend, liegen also wahrscheinlich
noch vor so föderalen Staaten wie Kanada und der
Schweiz. Wenn es tatsächlich stimmte, dass der Wettbe-
werb bessere Ergebnisse zeitigt, dann müssten wir auch
im Bildungsbereich weltweit Spitze sein. Das sind wir
aber nicht;


(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Bayern schon!)


denn in dem Wettbewerb, so wie wir ihn organisieren,
haben Kommunen und ganze Bundesländer keine
Chance. Sie werden abgehängt. So wie wir den Wettbe-
werb organisieren, ist er kontraproduktiv.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Darum brauchen wir einen Mentalitätswechsel weg vom
Wettbewerbs- und hin zum Kooperationsföderalismus.
Wir brauchen weniger Ellenbogen und mehr Zusammen-
arbeit. Das ist das Gebot der Stunde.


(Beifall bei der SPD)


Das ist nicht etwa eine neue Idee oder einfach nur
Theorie. Es gibt dafür gute Beispiele, etwa in der Wis-
senschaft. Stellen wir uns einmal vor, was geschähe,
wenn jemand sagte, die bestehenden Kooperationsmög-
lichkeiten von Bund und Ländern im Bereich der Wis-
senschaft sollten gestrichen werden. Diese Person würde
doch ausgelacht und nicht ernst genommen werden.
Kein Hochschulpakt mehr, keine Exzellenzinitiative,
keine Initiativen für eine verbesserte Lehre – das können
und wollen wir uns nicht vorstellen; aber genau das war
der ursprüngliche Plan im Rahmen der Föderalismusre-

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(C (D rm. Es war die SPD-Bundestagsfraktion, die dies in tzter Sekunde verhindert hat. Das war richtig, und ich in heute noch stolz darauf, dass wir das hinbekommen aben. Kooperation ist aber nicht nur in der Wissenschaft nög, sondern auch und vor allem im Bereich der vorschuschen Bildung und im Bereich der Schule. Hier gibt es ine ganze Menge ungelöster Probleme. Ich will nur einen Bereich ansprechen. Wir haben unr Rot-Grün ein Ganztagsschulprogramm durchgesetzt. as war übrigens ein richtiges Projekt und kein Modellrojekt wie die, die Herr Weinberg gerade angesprochen at. Das hat wirklich etwas gebracht und einiges angechoben; aber da müssen wir jetzt weitermachen. Wir üssen mehr Angebote schaffen, wir müssen eine bes ere Unterstützung für die Schülerinnen und Schüler oranisieren, und wir müssen auch mehr in Personal inveseren. Viele Bundesländer können das aber schlicht und infach nicht bezahlen. Jetzt kommt noch die Schuldenremse hinzu. Das macht das Ganze nicht besser. Die undesländer müssen einsparen, und gleichzeitig sollen ie mehr für Bildung ausgeben. Das geht nicht zusamen. Die Schuldenbremse darf nicht zur Bildungs remse werden. Darum muss der Bund in die Verantworng. Weil mir leider nicht mehr viel Redezeit bleibt, will h zum Abschluss insbesondere an die Adresse der DU/CSU ein Zitat richten, um deutlich zu machen, ass die Bundesregierung hier schon einmal weiter war: Das Bund-Länder-Verhältnis wird zu einer Lebensfrage, wenn es sich um Zuständigkeit und Verantwortung für das Schulund Bildungswesen oder um das weite Gebiet der Forschung handelt. So gewiß die Bundesregierung bereit ist, die Zuständigkeit der Länder in der Kulturpolitik zu respektieren, so gewiß hat doch die Bundesregierung die Pflicht, vorausblickend die Lebensbedingungen eines modernen Staates zu garantieren … Bund und Länder müssen zusammenwirken, um eine große, gemeinsame Aufgabe mit Tatkraft anzupacken. Es muß dem deutschen Volk bewußt sein, daß die Aufgaben der Bildung und Forschung für unser Geschlecht den gleichen Rang besitzen wie die soziale Frage für das 19. Jahrhundert. as war Ludwig Erhard: Wohlstand für alle. – Nehmen ie sich daran ein Beispiel. Herzlichen Dank. Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Dr. Martin eumann das Wort. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715506300
)






(A) )


)(B)


Dr. Martin Neumann (FDP):
Rede ID: ID1715506400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ge-

nau am 10. Juni 2011 – ich habe im Kalender nachge-
schaut – haben wir uns in diesem Hohen Hause bereits
mit dem Thema „Bildungsföderalismus und Abschaf-
fung des Kooperationsverbotes“ befasst. Wir hatten kurz
zuvor – das hat Kollege Kamp bereits gesagt – ein Posi-
tionspapier zu diesem Thema beschlossen, in dem wir
den Willen bekunden, die Zusammenarbeit von Bund
und Ländern zu stärken. Darin sind wir uns mit den
Fraktionen in diesem Hohen Haus einig.

Ich habe aber bereits im letzten Sommer darauf auf-
merksam gemacht, dass für das Gelingen dieses Projek-
tes die Länder mit ins Boot geholt werden müssen. Ohne
die entsprechende Mehrheit im Bundesrat brauchen wir
hier im Parlament nichts zu beschließen; denn das würde
aus meiner Sicht die öffentliche Debatte nur verschärfen.
In diesem Kontext habe ich Ihnen empfohlen, den Weg
über die Ministerpräsidenten zu beschreiten und eine Ini-
tiative im Bundesrat einzubringen. Der FDP-Kultus-
minister Dr. Klug aus dem Land Schleswig Holstein
– das will ich an dieser Stelle hervorheben; das ist von
meinem Kollegen auch schon dargestellt worden – ist
hier vorangeschritten.


(Beifall des Abg. Heiner Kamp [FDP])


Ich muss an dieser Stelle die Kollegen von der SPD kon-
kret fragen: Wo bleiben die Initiativen von SPD und
Grünen in der Länderkammer?


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die kommen! Keine Sorge!)


Stattdessen bekommen wir von Wowereit, Platzeck und
Co. nur warme Worte serviert. Jetzt wärmen Sie Ihren
wenig kreativen Antrag erneut auf.

Es ist heute deutlich gesagt worden: Die Sozialdemo-
kraten haben uns dies im Jahr 2006 unter Mitwirkung
von Kurt Beck, der an dieser Stelle eine große Rolle ge-
spielt hat, eingebrockt. Jetzt wollen sich die Genossen
– so ist der Eindruck – durch eine sogenannte Recycling-
schleife in Form dieses Antrages die Hände wieder rein-
waschen.


(Ulla Burchardt [SPD]: Das ist unter Ihren Möglichkeiten, Herr Neumann!)


Ich glaube Ihnen durchaus, Frau Burchardt, dass Sie die-
sen Fehler bereuen und sich dafür möglicherweise sogar
schämen. Doch was hilft diese Litanei? An seinem Han-
deln wird man gemessen. Sorgen Sie doch jetzt lieber
dafür – das ist meine Aufforderung –, dass sich Ihre Län-
derchefs der FDP-Initiative aus Schleswig-Holstein an-
schließen.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vorausgegangen war ein Fraktionskompromiss im Landtag! Das heißt, das Parlament muss vorausgehen! Der Bundestag ist der Ort!)


Opfern Sie nicht wie damals, also 2006, die Bildung in
diesem Land dem billigen politischen Klein-Klein.

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(C (D Als Wissenschaftspolitiker schmerzen mich die verssungsmäßig verankerten Einschränkungen ungemein, erade weil ich sehe, wie erfolgreich wir da sind, wo und und Länder zusammenwirken. Viele Beispiele, twa die Exzellenzinitiative, sind dafür genannt worden, ass Bund-Länder-Kooperationen tatsächlich funktioieren und im internationalen Wettbewerb – das scheint ir das Gebot der Stunde zu sein – dringend benötigt erden. Ich glaube, das zweifelt niemand an. Ein striktes Kooperationsverbot zwischen Bund und ändern für den Hochschulbereich wäre ein Desaster geesen. Ich frage mich: Was hätten wir erreichen können, enn wir diese Lockerung des Kooperationsverbotes uch im Bereich der Schule hätten ermöglichen können? einer Kenntnis nach ist seit 2006 keine Großinvesti on im Schulbereich erfolgreich gewesen. Ich kann Ihen sagen: Als Hochschullehrer bin ich froh, dass wir im issenschaftsbereich nicht komplett vom Kooperations erbot betroffen sind. Ich sage an dieser Stelle ganz eutlich, dass der Bund die Möglichkeit braucht, bei der stitutionellen Finanzierung mitwirken zu dürfen. Nun zu Ihrem Antrag. Wie schon gesagt: Die Grundchtung Ihres Antrags stimmt. och ich möchte an dieser Stelle zwei wesentliche Einände vorbringen. Erstens bleibt Ihr Antrag in der Frage, wie eine finanielle Unterstützung des Bundes im Bildungsbereich ussehen könnte, extrem unkonkret. Sie stellen – das ache ich Ihnen zum Vorwurf – den Ländern einen lankoscheck aus. Das ist uns viel zu wenig. Das reicht icht. In diesem Bereich muss eine gemeinsame Finanierung von Bund und Ländern gesichert werden. Das ird in Ihrem Antrag nicht deutlich. Ihr Vorschlag birgt die Gefahr, dass sich die Länder in leichem Maße aus der Finanzierung der Bildungseinchtungen zurückziehen. Die Beispiele Hamburg, Thüngen und Brandenburg sind genannt worden. (Ulla Burchardt [SPD]: Wer regiert eigentlich in Thüringen?)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ür die Bildung ist nichts gewonnen, wenn der Bund
luten muss und die Länder sich zurückziehen. Als Bran-
enburger kenne ich den Reflex: Die Bundesmittel für
ie Hochschulen werden gerne eingestrichen, dann wird
etrickst, geschüttelt und schöngefärbt, bis der jeweilige
igenanteil entsprechend heruntergeschraubt ist. Am
nde ist die Grundfinanzierung der Hochschulen total
usgehöhlt.

Mein zweiter Einwand bewegt mich deutlich mehr.
h frage mich, warum Sie Ihren Antrag nur im Deut-

chen Bundestag vorlegen, in dem Sie keine Mehrheit
aben.


(Ulla Burchardt [SPD]: Er kommt auch noch im Bundesrat!)


arum gibt es keine gleichgeartete SPD-Initiative zu der
rundgesetzänderung im Bundesrat?





Dr. Martin Neumann (Lausitz)



(A) )


)(B)


(Beifall des Abg. Heiner Kamp [FDP] – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Das ist eine gute Frage!)


Ich bin gespannt, wie die A-Länder in der Bundesratssit-
zung am 10. Februar mit der Initiative aus Schleswig-
Holstein umgehen werden.


(Dagmar Ziegler [SPD]: Wir sind gespannt, wie Sie mit unserem Antrag umgehen werden! – Ulla Burchardt [SPD]: Wie geht Herr Spaenle denn damit um?)


An diesem Tag kommt es zum Schwur. An diesem Tag
werden wir sehen, wie ernst es die SPD meint.

Ich komme zum Schluss. Ich bin skeptisch, aber ich
lasse mich an dieser Stelle gerne eines Besseren beleh-
ren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulla Burchardt [SPD]: Sie sitzen alle im Glashaus!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715506500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Monika Grütters für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1715506600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber

Herr Kollege Steinmeier, ja, es stimmt: Wir führen häu-
fig Bildungsdebatten; denn wir sind uns in der Tat einig,
dass Bildung das entscheidende Thema unserer gesell-
schaftlichen Entwicklung ist. Die letzte Debatte – das
hat Herr Neumann richtig gesagt – war am 10. Juni. Üb-
rigens tobte damals gleichzeitig, Frau Hein, eine Straße
weiter eine große Demo gegen die rot-rote Bildungspoli-
tik des Landes Berlin.

Herr Steinmeier, Sie haben aber auch damit recht: Die
Menschen sind nach wie vor unglücklich mit der Situa-
tion. Das ist kein Wunder. Richtig ist auch: Aus indivi-
dueller Sicht ist Bildung die unverzichtbare Vorausset-
zung für gesellschaftliche Teilhabe und ein selbstbestim-
mtes Leben. Aus gesellschaftlicher Perspektive ist Bil-
dung der Schlüssel, um den Wohlstand eines Landes zu
erhalten. Gut ausgebildete und kreative Köpfe sind ge-
rade für uns der Rohstoff in einer global immer weiter
zusammenwachsenden Welt. Ich finde auch – Herr
Steinmeier, Sie haben recht –: Die Länder haben nicht
immer noch die gleichen Probleme wie früher; ihre Pro-
bleme, die Bildungsaufgaben zuverlässig zu erfüllen,
nehmen vielmehr zu.

Wenn wir also heute aufgrund Ihres Antrags über ko-
operativen Bildungsföderalismus reden – vielleicht
sollte ich lieber gleich sagen, dass ich den Titel Ihres An-
trags anders formuliert hätte, nämlich „Bund-Länder-Fi-
nanzierungsfragen“ –, dann sollten wir, finde ich, nicht
nur beiläufig anerkennen, dass viele diese Kooperatio-
nen im Bildungs- und Wissenschaftsbereich wunderbar
funktionieren.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ie Erfolgsmeldungen der letzten Jahre mit neuen Re-
orden bei den Studienanfängerzahlen und der Gesamt-
tudierendenzahl wären ohne die Kooperationen, die der
und mit den Ländern ausdrücklich vereinbart hat –
ochschulpakt, Exzellenzinitiative, Spitzencluster und
ualitätspakt Lehre –, so nicht denkbar gewesen. Ich
nde, das sollten wir nicht nur beiläufig erwähnen. Herr
ehring, Sie haben recht: Das sind Umgehungsstraßen,
it denen die Enge mancher föderalen Zuständigkeit

legant umschifft wird. Aber sie funktionieren.


(Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Nein! Sie funktionieren nicht!)


Doch, sie funktionieren ja wohl; sonst hätten wir die
rfolge nicht.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Bildungspaket ist ein Bürokratiemonster! – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Bildungsgutscheine funktionieren doch nicht!)


Ich bin mir übrigens auch sicher – darin sind wir uns
inig; insofern müssen wir keineswegs um den heißen
rei herumreden, Frau Burchardt –: Wenn mehr Bil-
ungspolitiker an diesen Verfassungsformulierungen
itgewirkt hätten, dann wäre meines Erachtens ein et-
as anderer Text herausgekommen als der, den die Mi-
isterpräsidenten verfasst haben.


(Ulla Burchardt [SPD]: Legen Sie doch mal einen Gegenvorschlag vor! Dann reden wir weiter!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715506700

Frau Kollegin Grütters, entschuldigen Sie die Unter-

rechung. Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kolle-
en Rossmann?


Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1715506800

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715506900

Bitte schön, Herr Rossmann.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1715507000

Frau Kollegin Grütters, da wir in vielen Punkten über-

instimmen und es positiv ist, dass Sie den Prozessge-
anken befürworten, sei daran erinnert, dass wir nach
em Unglück der Föderalismusreform I das Grundgesetz
ereits ändern mussten, um die große gemeinsame Ini-
ative im Rahmen des Konjunkturpakets für die Bildung
berhaupt erst tragfähig zu machen, wohl wissend, dass
s sich hierbei um eine Krückenkonstruktion handelt.
h frage Sie daher: Können wir nicht zusammenkom-
en, indem wir alles, was gut ist, anerkennen, aber auch

ie Tatsache, dass ein Grundgesetz auf Krücken nicht
ut funktioniert und dass stattdessen klare Spielräume
r Vereinbarungen zwischen dem Bund und den souve-
nen Ländern ausgestaltet werden sollten? Können Sie





Dr. Ernst Dieter Rossmann


(A) )


)(B)

uns einen Weg zeigen, wie wir zur Verankerung eines
entsprechenden Grundsatzes im Grundgesetz kommen
können?


Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1715507100

Ich stimme Ihnen, Herr Kollege Rossmann, in der Be-

wertung durchaus zu, obwohl ich wahrscheinlich die
Formulierung „Krücke“ nicht verwendet hätte. Ich ge-
höre zu denjenigen, die immer offen zugegeben haben,
dass wir allesamt – Länder und Bund – mit der derzeiti-
gen Situation unzufrieden sind. Ich glaube aber, dass ein
Antrag von einer Fraktion im Bundestag, ohne dass sie
vorher versucht, Gemeinsamkeit mit den Ländern herzu-
stellen – Sie regieren in vielen Ländern mit –, natürlich
scheitern muss. Wenn, dann funktioniert es nur – gerade
wenn es um eine Verfassungsänderung geht – zusammen
mit Bund und Ländern. Wir arbeiten daran, aber es ist
schwierig. Ich glaube nur, dass es, wenn nur eine Frak-
tion – zumal aus der Opposition – einen Antrag ein-
bringt, obwohl wir zuvor so lange auch über das takti-
sche Vorgehen geredet haben, lieber Swen Schulz, nicht
funktionieren kann.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Ihr kommt doch nicht aus dem Knick!)


– Doch! Darf ich weitermachen?

Jedenfalls ist in vielen Bundesländern – momentan ist
Schleswig-Holstein in der Diskussion; über die Motive
möchte ich gar nicht spekulieren – die Bereitschaft zu
mehr föderaler Kooperation gegeben. Angesichts des
Stresses, den Familien – Eltern und Kinder – und Lehrer
mit einer Bildungslandschaft aus 80 Schultypen in 16
Ländern mit 22 Ministern haben, ist es hohe Zeit für eine
neue Kooperationskultur.

Herr Steinmeier, es bleibt die Frage, wie wir das Ziel
erreichen. Mit gemeinsamem Willen und gesundem
Pragmatismus – den legen wir im Wissenschaftsbereich
auch an den Tag – lassen sich die ersten Schritte des We-
ges gehen. Es soll nicht bei einer Krücke bleiben. Ich bin
aber reichlich verwundert, dass es in Ihrem Antrag heißt,
ein neuer Artikel solle in das Grundgesetz eingefügt
werden, „der auf Grundlage von Vereinbarungen zwi-
schen Bund und Ländern dauerhafte Finanzhilfen des
Bundes für Bildung ermöglicht, ohne die Bildungshoheit
der Länder einzuschränken“. Um eine Ungleichbehand-
lung der Länder zu vermeiden, sollen derartige Verein-
barungen von den Ländern auch noch einstimmig be-
schlossen werden. Das finde ich geradezu verwegen. Als
selbstbewusste Abgeordnete des Deutschen Bundestages
fällt es mir schwer, anzunehmen, dass Sie ernsthaft mei-
nen, der Bundestag solle Gelder geben, ohne über ihre
Verwendung irgendetwas zu sagen.


(Zuruf von der SPD)


– Das steht nicht in Ihrem Antrag. Sie können hier hun-
dertmal Nein sagen. Aber warum haben Sie es nicht in
den Antrag geschrieben?

Ich wundere mich darüber, wo die Verantwortung ge-
genüber dem Steuerzahler bleibt. Wie gut oder – besser
gesagt – wie schlecht das Prinzip der Einstimmigkeit

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(C (D nktioniert, beobachten wir seit Jahren mit fröhlicher assungslosigkeit bei der KMK. h kann nicht nachvollziehen, wie Sie den Gestaltungsnspruch des Bundestages komplett außer Acht lassen önnen. Beispielsweise wäre es möglich, dass die Läner sagen: „Das Geld nehmen wir gern“, und es dann in ie Pensionskassen tun. – Wir wollen das ausdrücklich icht. ir möchten auch nicht, dass es letztlich nur um eine Eröhung des Länderfinanzausgleichs geht. Dafür brauchten ir, ehrlich gesagt, keine Verfassungsänderung; denn as ist auch so möglich. Das sage ich Ihnen, obwohl ich us dem armen Land Berlin komme. Es wäre schön, enn es in Ihrem Antrag auch um inhaltliche Bildungsagen gegangen wäre. Aber eine Vernebelung der alten änderforderung nach einer stärkeren Beteiligung an en Umsatzsteuereinnahmen brauchen wir nicht. u solchen Unterstellungen komme ich, wenn ich Ihren ntrag lese. Uns geht es um gemeinsame Standards, eine exzelnte Ausund Weiterbildung sowie die Schaffung von erlässlichkeit und Vergleichbarkeit. Wie wir alle wisen, ist es schwierig genug, ein Zentralabitur durchzuseten, das dazu führen soll, dass Prüfungen in einem Fach n allen Schulen Deutschlands zur selben Uhrzeit stattnden. (Ulla Burchardt [SPD]: Das macht doch auch keinen Sinn!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ja, aber deshalb funktioniert so etwas auch nicht. –
ass die eingesetzten Mittel – auch die des Bundes –
esser und effizienter eingesetzt werden müssen, haben
ir am Bildungspaket gesehen. Wenn das über die Schu-
n gegangen wäre – dafür hätten wir die Verfassung än-
ern müssen; damit haben Sie recht –, wäre es viel bes-
er gelaufen.

Ich komme zum Schluss. Darüber, ob es letztlich ei-
er Grundgesetzänderung bedarf oder nicht – ich hätte
ich um eine entsprechende Aussage nicht gedrückt,
err Rossmann –, müssen wir mit den Ländern beraten.
egen diese geht es nicht, mit knappen Mehrheiten geht

s auch nicht. Vor allen Dingen muss es aber – das finde
h in Ihrem Antrag falsch – nach bildungs- und nicht
ach finanzpolitischen Erwägungen gehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Im Wissenschaftsbereich gibt es eine viel größere Of-
nheit, weil wir schon so gut kooperieren. Deshalb

laube ich: Über systematische Hilfen des Bundes für die
issenschaft – Sie haben gesagt, die Politik hinsichtlich

er Charité sei willkürlich; ich glaube, es ist ein Anfang,
m zu einer systematischen Förderung zu kommen –
önnte man den Ländern finanzielle Freiräume schaffen,
amit sie ihre eigene Schulpolitik besser finanzieren kön-





Monika Grütters


(A) )


)(B)

nen. Über solche strukturellen Änderungen gerade in der
Wissenschaft berät der Wissenschaftsrat zurzeit. Warten
wir doch auf seine Empfehlungen. Das jedenfalls wäre
meine Empfehlung.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Warten! Warten! Warten!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715507200

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

nun der Kollege Tankred Schipanski von der CDU/CSU-
Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Tankred Schipanski (CDU):
Rede ID: ID1715507300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen

Sie mich als letzter Redner in dieser Debatte die Ge-
fechtslage ordnen und einige Dinge richtigstellen. Insbe-
sondere müssen die pauschalen Behauptungen von der
Opposition einer differenzierten inhaltlichen Betrach-
tung zugeführt werden; denn Inklusion und Gemein-
schaftsschulen, die hier von der Opposition angespro-
chen wurden, haben mit dem heutigen Thema nichts zu
tun.


(Zuruf des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Es geht um Kooperation. Die Meinungsführerschaft
in der Debatte über einen modernen und kooperativen
Föderalismus in der Bildungsrepublik Deutschland hat
die Union. Wir haben auch keinen gesellschaftlichen
Konsens, liebe Frau Burchardt. Sie sollten die Zuhörer
hier nicht blenden. Unsere Ministerin Annette Schavan
hat erstmals im März 2010 einen konkreten Vorschlag
unterbreitet, wie sie sich einen neuen, kooperativen Fö-
deralismus vorstellen könnte. Diesen Impuls haben wir
in Debatten in diesem Hohen Hause im März 2010, im
Dezember 2010 und im Juni 2011 aufgegriffen. Die
Unionsfraktion hat sich in den Jahren 2010 und 2011 in-
tensiv mit der Weiterentwicklung unseres Bildungsföde-
ralismus beschäftigt. Meine Fraktionskollegin Monika
Grütters und die Ministerin haben in jeder Rede und in
jedem Interview von Kooperation gesprochen und das
Wort „Kooperationskultur“ geprägt. Wir haben entspre-
chende Beschlüsse auf unserem Leipziger Parteitag im
letzten Herbst gefasst.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dagmar Ziegler [SPD]: Und hier?)


Was hat die Opposition gemacht? Die Opposition hat
mit fleißigen Anträgen diese Debatte mit Sicherheit be-
flügelt, doch haben die Oppositionsparteien ihre Forde-
rungen nie zu Ende gedacht. Herr Schulz, Ihr heutiger
Beitrag, in dem Sie Kooperation gegen Wettbewerb aus-
spielen und am Ende noch Ludwig Erhard zitieren, zeigt
das ganz besonders. Er zeigt, dass Sie den kooperativen
Föderalismus nicht verstanden haben.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Was haben Sie gegen Ludwig Erhard?)


Die SPD wählte noch im Juni letzten Jahres den Weg
ber eine Änderung des Art. 91 b Grundgesetz, heute
robiert sie es mit einem Antrag, mit dem Art. 104 b
rundgesetz ergänzt werden soll. Wir müssen deutlich

wischen dem Bildungs- und dem Forschungsbereich
nterscheiden. Unsere Vorschläge für den Bildungsbe-
ich haben Kollege Marcus Weinberg und für den Wis-

enschaftsbereich Kollegin Monika Grütters sehr gut
argestellt. Wir werden diese Parteitagsbeschlüsse kon-
equent umsetzen. Darüber gibt es einen innerpartei-
chen Konsens, der zwischen Bildung und Wissenschaft
ifferenziert. Liebe Frau Burchardt, das hat auch der
FG-Präsident, Herr Kleiner, in seiner Neujahrsanspra-

he nicht kritisiert.

Die Redner der Koalition, insbesondere Michael
retschmer, haben aber auch deutlich gemacht, dass wir
en kooperativen Föderalismus gerade nicht auf Finanz-
tröme oder Mehrwertsteuerpunkte reduzieren können.
as sind primär Fragen des Länderfinanzausgleichs. Das
erden auch die Kollegen aus Schleswig-Holstein aus
ieser Debatte mitnehmen können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ooperation heißt nicht, dass sich die Länder aus der Fi-
anzverantwortung zurückziehen und der Bund ein-
pringt. Kooperation heißt auch nicht, dass schlecht wirt-
chaftende Bundesländer in frischem Geld des Bundes
aden können.


(Beifall des Abg. Heiner Kamp [FDP])


Der Forschungsbereich steht in der Wahrnehmung der
evölkerung aber nicht im Mittelpunkt. Es ist die zuneh-
ende Zersplitterung der Schulbildung, die in der Bevöl-

erung und auch bei uns auf Unverständnis stößt. In die-
er Frage führt uns der hier vorliegende SPD-Antrag
icht weiter. Im Bildungsbereich wollen wir fraktions-
bergreifend Transparenz, Vergleichbarkeit der Ab-
chlüsse und Bildungsmindeststandards – Minister
paenle hat es angesprochen –, und das erwarten die
eute auch von uns. Daher brauchen wir eine Koordinie-
ng der Bildungszusammenarbeit der Länder. Diese Ko-

rdinierung ist der KMK mit ihren gegenwärtigen Instru-
enten leider nicht gelungen.

Daher greifen jetzt verschiedene Länderminister –
err Minister Spaenle hat es in verschiedenen Medien-
erichten dargestellt – einen alten Vorschlag auf, näm-
ch über einen Staatsvertrag Aufgabentools und Min-
eststandards verbindlich zu regeln. Das Mittel des
taatsvertrags hat bereits im Rundfunkbereich und im
lücksspielrecht durchaus Erfolg gehabt. Nun kommt es

uf die SPD-Länder an, dass sie diesen Vorschlag unter-
tützen und mitmachen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dagmar Ziegler [SPD]: Was ist denn Ihr Vorschlag?)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ministerpräsi-
entin des Saarlandes, Frau Annegret Kramp-
arrenbauer, hat richtig festgestellt: Verantwortung





Tankred Schipanski


(A) )


)(B)

heißt Kooperation der Länder untereinander und mit
dem Bund. – Das ist zugleich dem Bundesstaatsprinzip
unserer Verfassung zu entnehmen. Das Grundgesetz
selbst mahnt uns zur Kooperation und schließt diese
nicht aus. Gelingt den Ländern die Koordination über ei-
nen Staatsvertrag nicht, ist der Bund als Koordinator ge-
fordert, und wir werden dann über weitere Instrumente
zu entscheiden haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind im Ziel
nahe beieinander, aber wir sind über den richtigen Weg
uneins. Der Weg, den uns die SPD heute aufzeigt, ist der
falsche.


(Marianne Schieder [Schwandorf] [SPD]: Welcher ist denn Ihrer?)


Denken Sie an das Bildungspaket für bedürftige Kinder,
bei dem die Genossen der SPD im Vermittlungsaus-
schuss verhindert haben, dass das Geld direkt an die
Schulen fließen kann.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Denken Sie an die Weigerung der SPD, das Deutsch-
landstipendium einzuführen, weil sie sich weigert, Leis-
tung zu fördern. Denken Sie auch an die irrwitzige Idee
der SPD, eine Bildungsabgabe einzuführen, um falsche
SPD-Schulpolitik zu verstetigen und die Bürger noch
stärker zu belasten.

Meine Damen und Herren, die christlich-liberale Ko-
alition steht für einen modernen Föderalismus, für eine
Kooperationskultur. Wir stehen zum Prinzip von Verant-
wortung und Bundestreue. Kooperation bedeutet inhalt-
liche Verbesserung und darf nicht auf Finanzströme oder
Finanzierungsfragen reduziert werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dagmar Ziegler [SPD]: Das war ganz schlecht!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715507400

Nun folgt noch eine Kurzintervention des Kollegen

Rossmann von der SPD-Fraktion. – Bitte sehr, Herr
Rossmann.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1715507500

Herr Schipanski, Sie haben von einer Sensation ge-

sprochen. Das muss jetzt aufgeklärt werden.

Von Ihnen war eben in Bezug auf das Teilhabepaket
zu hören, dass es seitens des Bundes die Möglichkeit ge-
geben hätte, Gelder vom Bund direkt an die Schulen zu
leiten, um sie stark zu machen und dort Infrastruktur auf-
zubauen, und dass die SPD dies angeblich verhindert
hätte.

An der Stelle möchte ich nachfragen: Was meinen Sie
eigentlich, wenn Sie sagen, dass zur Stärkung der schuli-
schen Leistungsfähigkeit im Rahmen des Teilhabepakets
Geld direkt von Bund und Ländern gemeinsam an die
Schulen hätte gegeben werden können und dass wir dies
verhindert hätten? Tatsache ist vielmehr: Dass es uns in
einer Schlussrunde gemeinsam gelungen ist, für Schul-
sozialarbeit zusätzliches Geld zu mobilisieren, freut uns

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(C (D lle. Das ist auch nicht verhindert worden, weil es uns ja, ie gerade gesagt, gemeinsam gelungen ist. Umso verwirrter sind wir über Ihre Einlassungen. as meinten Sie eigentlich, und wie erklären Sie Ihre ussage, dass es angeblich die SPD verhindert hätte, ass der Bund jenseits des Grundgesetzes direkt Untertützung an die Schulen gegeben hätte? Das hätten wir ns sicherlich alle gewünscht. Frau von der Leyen hat es ich gewünscht, Frau Schavan hat es sich gewünscht, lle Wohlmeinenden, die starke Schulen in Deutschland ollten, haben es sich gewünscht. Nur, es ging leider icht, weil es eben das Kooperationsverbot gab und weil ir mit einer Grundgesetzänderung, die diesen Spielum für alle Vernünftigen hätte eröffnen können, noch icht so weit waren. – Deshalb: Erklären Sie es uns noch inmal. Herr Kollege Schipanski zur Erwiderung. Herr Kollege Rossmann, nun sind Sie heute auch och zu einem Debattenbeitrag gekommen. Aber ich ill Ihnen das gerne beantworten. In der Tat war es unser Plan, die Gelder über die Jobenter zu verteilen und sie dann gegebenenfalls an die chulen zu geben. Das hat die SPD im Vermittlungsauschuss nicht mitgetragen. (Dagmar Ziegler [SPD]: Sie sind ein Unwissender!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715507600
Tankred Schipanski (CDU):
Rede ID: ID1715507700

eute können Sie sich anschauen, wie die Kommunen
arauf reagieren. Wir mussten den Umweg über die
ommunen nehmen, die das Geld auskehren. Für die
ommunen ist es nicht einfach, dies alles zu organisie-
n.


(Ulla Burchardt [SPD]: Können Sie den Kollegen einmal aufklären, wie das wirklich gewesen ist? Das ist doch peinlich für Sie!)


Der ursprüngliche Vorschlag unserer Koalition, um
ieses Bildungs- und Teilhabepaket auszukehren, wäre
esentlich effektiver gewesen als das, was am Ende im
ermittlungsausschuss wegen Blockade der SPD heraus-
ekommen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715507800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/8455 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es andere Vor-

chläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überwei-
ung so beschlossen.

Die Fraktionen haben sich über Änderungen im Ab-
uf der heutigen Tagesordnung verständigt. Der Tages-
rdnungspunkt 28 c und f soll von der heutigen Tages-
rdnung abgesetzt werden. Außerdem sollen die
agesordnungspunkte 11 und 14 getauscht werden. Gibt





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

es Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Das ist dann so
beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 a, b, d, e, g so-
wie h auf:

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur
Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes

– Drucksache 17/8364 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neu-
ordnung des Energieverbrauchskennzeich-
nungsrechts

– Drucksache 17/8427 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Anette
Kramme, Ottmar Schreiner, Josip Juratovic, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Erosion der Tarifvertragssysteme stoppen –
Sicherung der Allgemeinverbindlichkeitsrege-
lung von Tarifverträgen

– Drucksache 17/8459 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla
Lötzer, Dorothée Menzner, Eva Bulling-Schröter,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Die Energiewende braucht Energieeffizienz

– Drucksache 17/8457 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

g) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-
dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

(18. Ausschuss) gem. § 56 a GO-BT


Technikfolgenabschätzung (TA)


Fortpflanzungsmedizin – Rahmenbedingun-
gen, wissenschaftlich-technische Entwicklun-
gen und Folgen

– Drucksache 17/3759 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

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dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

(18. Ausschuss) gem. § 56 a GO-BT


Technikfolgenabschätzung (TA)


Pharmakologische Interventionen zur Leis-
tungssteigerung als gesellschaftliche Heraus-
forderung

– Drucksache 17/7915 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Sportausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach-
n Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu
berweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der
all. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 a bis j auf. Es
andelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu
enen keine Aussprache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 29 a:

Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent-
wurfs eines Zwanzigsten Gesetzes zur Ände-
rung des Bundeswahlgesetzes

– Drucksache 17/8350 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 17/8483 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Gabriele Fograscher
Dr. Stefan Ruppert
Halina Wawzyniak
Wolfgang Wieland

Der Innenausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
mpfehlung auf Drucksache 17/8483, den Gesetzent-
urf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Druck-

ache 17/8350 in der Ausschussfassung anzunehmen.
h bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus-

chussfassung zustimmen wollen, um ihr Hand-
eichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei Ent-
altung der Fraktion Die Linke ist der Gesetzentwurf in
weiter Beratung ansonsten einstimmig angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu-
timmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? –





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit gleichem
Stimmenverhältnis angenommen.

Tagesordnungspunkt 29 b:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Gesetzes über die elektro-
magnetische Verträglichkeit von Betriebsmit-
teln, des Gesetzes über Funkanlagen und Tele-
kommunikationsendeinrichtungen sowie des
Luftverkehrsgesetzes

– Drucksache 17/8234 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-

(9. Ausschuss)


– Drucksache 17/8468 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Claudia Bögel

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie empfiehlt
in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/8468, den
Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 17/8234
anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-
wurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegen-
stimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD-
Fraktion bei Gegenstimmen der Grünen und Enthaltung
der Linken angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist mit gleichem Stimmenverhältnis wie zuvor angenom-
men.

Tagesordnungspunkt 29 c:

Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

Erfahrungsbericht zum Erneuerbare-Ener-
gien-Wärmegesetz unverzüglich vorlegen

– Drucksache 17/8458 –

Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage-
gen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
tionsfraktionen abgelehnt.

Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Pe-
titionsausschusses, Tagesordnungspunkt 29 d bis j.

Tagesordnungspunkt 29 d:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 374 zu Petitionen

– Drucksache 17/8365 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Sammelübersicht 374 ist einstimmig ange-
nommen.

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(C (D Tagesordnungspunkt 29 e: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 375 zu Petitionen – Drucksache 17/8366 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Sammelübersicht 375 ist mit den Stimmen er Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion gegen ie Stimmen der Linken bei Enthaltung der Grünen anenommen. Tagesordnungspunkt 29 f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 376 zu Petitionen – Drucksache 17/8367 – Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltunen? – Sammelübersicht 376 ist einstimmig angenomen. Tagesordnungspunkt 29 g: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 377 zu Petitionen – Drucksache 17/8368 – Wer stimmt dafür? – Dagegen? – Enthaltungen? – ammelübersicht 377 ist bei Gegenstimmen der Fraktion ie Linke mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen anenommen. Tagesordnungspunkt 29 h: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 378 zu Petitionen – Drucksache 17/8369 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Sammelübersicht 378 ist bei Gegenstimmen er SPD-Fraktion mit den Stimmen aller übrigen Frakonen angenommen. Tagesordnungspunkt 29 i: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 379 zu Petitionen – Drucksache 17/8370 – Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalngen? – Sammelübersicht 379 ist angenommen mit en Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPDraktion bei Gegenstimmen der Linken und der Grünen. Tagesordnungspunkt 29 j: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 380 zu Petitionen – Drucksache 17/8371 – Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms )





(A) )

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Sammelübersicht 380 ist angenommen mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stim-
men der Oppositionsfraktionen.

Jetzt rufe ich Zusatzpunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde

auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE

Zweifelhafte Überwachung von 27 MdB der
Fraktion DIE LINKE durch den Verfassungs-
schutz

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Jan Korte für die antragstellende Frak-
tion Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715507900

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich bin 1977 in Osnabrück, Niedersachsen,
geboren worden, und beim Fall der Mauer war ich zwölf
Jahre alt. Niemals hätte ich mir erträumt, vom Inlandsge-
heimdienst der Bundesrepublik Deutschland beobachtet
und überwacht zu werden.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Es gibt Schlimmeres!)


Dass Akten über mich und meine Freunde einmal ge-
sammelt werden würden, das wäre für mich schier un-
glaublich gewesen, und ist es heute erst recht.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


2009 wurden ich und viele andere der Linken in Sach-
sen-Anhalt – das liegt bekanntermaßen in Ostdeutsch-
land – direkt in den Deutschen Bundestag gewählt. Jetzt
fragen sich die Wählerinnen und Wähler zu Recht, ob sie
eigentlich noch unbefangen und vertraulich mit ihren
Abgeordneten reden können. Damit zerstören Sie Ver-
trauen in die Politik vor Ort. Das ist wirklich bodenlos.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Das Kernproblem, um das es aber eigentlich geht, ist
die Tatsache – denken Sie doch einmal darüber nach –,
dass ein Geheimdienst parteipolitisch benutzt wird, um
eine Oppositionsfraktion zu beobachten. Das ist schlicht
antidemokratisch.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das ist Unsinn!)


Die Linke setzt auf die Kraft der Argumente gegen
Krieg, Sozialabbau und einen völlig enthemmten Fi-
nanzkapitalismus. Das ist durch und durch demokratisch
und angemessen in diesen Zeiten.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Ich will zwei Anmerkungen machen. Die erste richtet ich an den Vorsitzenden der SPD, Sigmar Gabriel; vielicht schaut er gerade zu. Wenn Sie ausgerechnet in die er Woche und angesichts dieser Situation Rot-Rot mit roßem Tamtam ausschließen, dann bedeutet das nicht ur, dass Sie auf einen Politikwechsel verzichten, weil ie weiter bis in alle Ewigkeit als Juniorpartner mit der DU koalieren. (Zuruf des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


s bedeutet auch, dass Sie sich damit leider zum Werk-
eug des Verfassungsschutzes und der CSU machen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die zweite Anmerkung richtet sich an die CSU, weil
ie bei dieser Debatte besonders engagiert und geifernd
uftreten. Ausgerechnet von der CSU, die in der Vergan-
enheit durch ihre Kumpanei mit dem Pinochet-Regime
Chile und dem südafrikanischen Apartheidregime auf-

efallen ist, brauchen wir keine Nachhilfe!


(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Lächerlich!)


ie sollten bei diesem Thema in Demut schweigen.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Das hat ja einen Ulbricht-Bart! – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Ihr sitzt ja bei dem Castro immer noch auf dem Schoß!)


Ich fasse zusammen: Erstens. Die Überwachung der
pposition – gleich welcher Opposition – durch einen
eheimdienst verstößt gegen die Grundidee des demo-
ratischen Rechtsstaates und verhindert Chancengleich-
eit im politischen Wettbewerb.


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens. Nicht Gesetze der Linken, sondern vor al-
m Ihre Gesetze wurden in den letzten Jahren mehrfach
om Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig
eanstandet. Die Linke hat keinem einzigen dieser Ge-
etze zugestimmt.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich weiß nicht, inwieweit es bei Ihnen angekommen
t: Seit 1990 gibt es die DDR nicht mehr. Das ist für Ihr
eltbild, das nur aus Schwarz-Weiß besteht, offenbar

in Problem. Der Kalte Krieg ist dementsprechend seit
ber 20 Jahren vorbei. Ihre Kalte-Krieg-Rhetorik, die
ie an den Tag legen, ist ohne eine historische Grund-
ge, und sie ist intellektuell erbärmlich. Auch das muss
ier gesagt werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Antikommunismus war in der Tat schon immer
ie Grundtorheit unserer Epoche, wie es Thomas Mann
u Recht gesagt hat. Aber unter Adenauer war es zu-
indest noch rhetorisch unterhaltsam. Auch davon ist

ei Ihnen nichts übrig geblieben. Es ist intellektuell
chlecht, und es ist rhetorisch schlecht.


(Beifall bei der LINKEN)






Jan Korte


(A) )


)(B)

Zum Schluss. Die Linke, ihre Wählerinnen und Wäh-
ler, ihre Sympathisantinnen und Sympathisanten werden
sich nicht einschüchtern lassen durch Ihre politische Ge-
heimdienstbehörde, die Sie gegen uns in Stellung ge-
bracht haben. Wir werden uns – um das klar zu sagen –
auch nicht auseinanderdividieren lassen. Keiner der 27
gehört auf eine solche Liste – kein Einziger.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir werden die Demokratie und den Sozialstaat wei-
ter verteidigen,


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Das ist ja lächerlich!)


den Sie – das sage ich Ihnen auch – abreißen und be-
schädigen. Das werden wir weiterhin tun. Wir werden
im Übrigen weiter unbeirrbar für eine Gesellschaft der
Freien und Gleichen, für die Idee des demokratischen
Sozialismus eintreten. Da können Sie ganz sicher sein.


(Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Vorwärts Genossen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715508000

In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen mitteilen,

dass Frau Bundesministerin Leutheusser-Schnarrenberger,
die zu diesem Thema sprechen wollte, zu ihrem eigenen
Bedauern wegen Verzögerungen im Flugverkehr nicht
rechtzeitig hier sein kann. Dies wurde mir eben mitgeteilt.

Das Wort hat jetzt der Bundesinnenminister Dr. Hans-
Peter Friedrich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister des In-
nern:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Die Debatte, die in den letzten Tagen geführt
wurde, überrascht. Sie überrascht deswegen, weil der
Sachverhalt, der dieser Debatte zugrunde liegt, bereits
seit vielen Jahren existiert. Seit 1995 wird die PDS und
ihre Nachfolgepartei Die Linke vom Bundesverfas-
sungsschutz beobachtet. Seit vielen Jahren ist auch be-
kannt, dass unter den Beobachteten Abgeordnete sind.
Einige Abgeordnete haben versucht, gerichtlich dagegen
vorzugehen. Sie haben aber vor Gericht Niederlagen er-
litten. Zuletzt gab es eine sehr breit diskutierte Entschei-
dung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juli 2010.

Die Rechtsgrundlage für die Arbeit des Bundesver-
fassungsschutzes hat dieses Hohe Haus in Form eines
Gesetzes verabschiedet. Dieses Gesetz gibt dem Verfas-
sungsschutz den Auftrag,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht diesen Auftrag!)


Informationen über Bestrebungen gegen die freiheitlich-
demokratische Grundordnung in diesem Lande zu sam-
meln und auszuwerten. Das tut der Verfassungsschutz.


(Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Was ist mit der Deutschen Bank?)


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(C (D Auftrag dieses Nachrichtendienstes ist es auch, die evölkerung und die Wählerinnen und Wähler darüber u informieren, was sich in extremistischen Parteien und rganisationen tut. Er soll das transparent machen, was egen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gechtet ist. Ich mache, ebenso wie meine Vorgänger, von em Recht und der Möglichkeit Gebrauch, den Verfasungsschutzbericht der Öffentlichkeit vorzustellen, in em alles genau nachgelesen werden kann. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Abgeordneten stehen da nicht drin!)


s ist auch dringend notwendig, dass man diese Transpa-
nz in einer Demokratie herstellt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Was ist die Voraussetzung für die Beobachtung durch
en Verfassungsschutz? Voraussetzung ist, dass es An-
altspunkte gibt, dass eine Organisation gegen die frei-
eitlich-demokratische Grundordnung vorgeht.

Ich darf Ihnen – Herr Präsident, wenn Sie gestatten –
us dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster
om 13. Februar 2009, 16. Senat, zitieren:

Es liegen tatsächliche Anhaltspunkte vor, dass DIE
LINKE jedenfalls in Bezug auf bedeutende Kräfte
in der Partei darauf gerichtet ist, zentrale Verfas-
sungswerte wie die im Grundgesetz konkretisierten
Menschenrechte, das Recht auf Bildung und Aus-
übung einer parlamentarischen Opposition, die Ab-
lösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlich-
keit gegenüber der Volksvertretung sowie das Recht
auf allgemeine und gleiche Wahlen zu beseitigen
oder außer Kraft zu setzen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Unglaublich! – Zuruf von der FDP: Hört! Hört! So ist es! – Widerspruch bei der LINKEN)


eiterhin kommt das OVG Münster bei seiner Entschei-
ung zu dem Schluss, dass deshalb eine weitere Aufklä-
ng durch das Bundesamt für Verfassungsschutz erfor-

erlich erscheine.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich will das ein bisschen näher erläutern. Erstens: Es
ibt Anhaltspunkte – in vielen Broschüren, programma-
schen Aussagen der Linken lässt sich das nachlesen –,
ass es der Linken, jedenfalls Teilen davon, um die Er-
chtung der Diktatur des Proletariats marxistisch-leni-
istischer Prägung


(Lachen bei der LINKEN)


nd um die Errichtung eines kommunistischen Systems
eht, das sichtbar und erkennbar mit unserer freiheitlich-
emokratischen Grundordnung nicht in Einklang zu
ringen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zweitens: Weiten Teilen dieser Partei fehlt eine klare
bgrenzung zur Gewalt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Bundesminister Dr. Hans-Peter Friedrich


(A) )


)(B)

Ich darf Frau Sahra Wagenknecht – zu entnehmen den
Verfassungsschutzinformationen Bayern, erstes Halbjahr
2009 – zitieren:

Eine vielfältige Protestkultur gegen Neoliberalis-
mus und Kapitalismus finde ich sehr unterstützens-
wert.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Dazu gehören für mich natürlich auch linke auto-
nome Gruppen.

Meine Damen und Herren, ich werde als Innenminis-
ter sehr emotional, wenn ich höre, dass Frau
Wagenknecht linke autonome Gruppen unterstützens-
wert findet, und wenn ich zugleich die Bilder vor Augen
habe, die zeigen, wie diese Chaoten auf Polizisten ein-
prügeln, bei friedlichen Demonstrationen die Leute auf-
hetzen und aggressiv Stimmung machen.


(Zurufe von der LINKEN)


Das ist unerträglich und zeigt, dass sich die Linke in Tei-
len nicht von der Gewalt als Mittel der politischen Aus-
einandersetzung verabschiedet hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Drittens: Das ist leider ein Punkt von außenpolitischer
Tragweite. Es gibt starke Verbindungen zwischen Teilen
der Linken und verbotenen ausländischen Guerilla-Or-
ganisationen und der PKK.


(Zuruf von der LINKEN: Ja, ja, ja!)


Die PKK ist in Deutschland seit längerer Zeit verboten.
Auf europäischer Ebene bezeichnen es die Funktionäre
der PKK als ein wichtiges Ziel, dass Abgeordnete der
Linken in Deutschland in die Parlamente gewählt wer-
den. Ich fordere Sie auf, diese Verbindungen zur PKK
endlich zu beenden, auch im Interesse einer guten Zu-
sammenarbeit mit der Türkei.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der LINKEN)


Viertens: Unzureichend ist die Distanzierung von Un-
rechtsstaaten: die nach wie vor mangelhafte Distanzie-
rung vom Unrechtsstaat DDR


(Zurufe von der LINKEN: Oh! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist richtig!)


oder die mangelhafte Distanzierung vom Unrechtsstaat
Kuba.


(Zuruf von der LINKEN: Wer liefert Waffen nach Saudi-Arabien?)


Da werden Jubelbriefe und Liebesbriefe geschrieben an
Diktatoren und Personen, die Menschenrechte verletzen.
Auch das ist unerträglich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Fünftens – das ist für mich der zentrale Punkt –: Es
gibt offen linksextremistische Zusammenschlüsse inner-
halb der Partei der Linken. Ich will hier vor allen Dingen
das Marxistische Forum und die Kommunistische Platt-

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(C (D rm nennen. Die entscheidende Frage ist: Welches Geicht haben diese linksextremistischen Organisationen nerhalb der Partei? Zur Beantwortung dieser Frage ist s notwendig, dass man sich die Funktionsträger der Pari an höchster Stelle genau anschaut und vor allem dauf achtet, wie sie sich gegenüber diesen linksextremisschen Organisationen verhalten und einlassen. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns auch die Aussaen der hohen Funktionsträger der Linken genau anchauen. In dem Zusammenhang darf ich den Kollegen amelow zitieren, der zu den Themen Kommunistische lattform und Marxistisches Forum: am 23. Juli 2010 in er Jungen Welt gesagt hat: Die Kommunistische Plattform ist Teil unserer Partei, ebenso das Marxistische Forum; und ich werde mich nicht zu einer öffentlichen Distanzierung nötigen lassen. as ist ein klares Bekenntnis eines hohen, damals wichgen Funktionsträgers der Linken. (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Der ist immer noch wichtig! Bitte ins Protokoll: Herr Ramelow ist immer noch wichtig!)


(Zurufe von der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Ich zitiere weiter. Der damalige Bundesgeschäftsfüh-
r der Linken, Dietmar Bartsch, hat am 20. Juni 2009

esagt:

Es ist sogar wichtig, dass wir die Kommunistische
Plattform und die Antikapitalistische Linke in der
Partei haben.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Solche Zitate sind deswegen wichtig, weil wir durch
ie erkennen können – auch am Beifall der Abgeordne-
n, die jetzt hier sitzen –, welches Gewicht diese links-

xtremistischen Chaoten in der Partei haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN – Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Hallo! Hallo! Aufwachen! – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Peinlich, peinlich!)


us diesem Grund ist es dringend notwendig, dass man
ich die Reaktionen der Parteispitze anschaut.


(Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Völlig überfordert, der Minister! – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Was war das mal für eine stolze Partei, die CSU!)


Nun ist es natürlich so, dass sich bei Abgeordneten
ie Frage nach dem Abgeordnetenstatus in besonderer
eise stellt. Das freie Mandat, meine Damen und Her-
n, wird durch den Bundesverfassungsschutz in keiner
eise tangiert. Der Kernbereich der Abgeordnetentätig-

eit wird selbstverständlich geschützt.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also das Abstimmungsverhalten! Bundesminister Dr. Hans-Peter Friedrich )





(A) )

Das kann man bei abgeordnetenwatch nach-
schauen!)

Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit – das
ist eine beachtliche Grenze – darf der Verfassungsschutz,
aufgrund der Anweisung von einem meiner Vorgänger,
die ich ausdrücklich bekräftigt habe, nur Material aus of-
fen zugänglichen Quellen sammeln


(Diana Golze [DIE LINKE]: Das können wir Ihnen auch geben!)


und entsprechend auswerten.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was bringt das denn?)


Die Beschränkung der Beobachtung auf Führungsper-
sonen der Partei, aus den zuvor genannten Gründen, und
auf diejenigen, die Mitglieder von extremistischen Teil-
organisationen der Partei sind, halte ich für notwendig.
Ich habe bereits gestern vor einer Woche angeordnet
– gestern habe ich es mitgeteilt –, dass die Liste der Ab-
geordneten, die beobachtet werden – der Verfassungs-
schutz hat sie jetzt zusammengestellt –, unter diesen As-
pekten genau überprüft wird.

Fest steht in jedem Fall, dass sich diese Demokratie,
dieser Staat gegen seine Feinde wehren muss und ein
Frühwarnsystem in Form des Verfassungsschutzes drin-
gend notwendig ist.


(Zuruf von der LINKEN: „Frühwarnsystem“? Das hat man ja gesehen bei den Nazis!)


Dass dieses Frühwarnsystem in der Zukunft richtig funk-
tioniert, dass es stark ist und dem demokratischen Staat
dienen kann, dafür werde ich sorgen.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: „Frühwarnsystem“? Quatsch! Zehn Jahre gemordet, und ihr habt es nicht gemerkt!)


Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715508100

Das Wort hat nun Michael Hartmann für die SPD-

Fraktion.


Michael Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1715508200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Soweit das möglich ist, würde ich uns allen gemein-
sam raten, mit etwas weniger Aufgeregtheit und Echauf-
fiertheit an dieses Thema heranzugehen und mit der
ganzen Sache etwas deeskalierend umzugehen. Denn
ohne Frage: Die Verfolgten und Verfemten sitzen hier ei-
gentlich putzmunter; ihnen geht es gut, sie sind selbstbe-
wusst, und ich habe nicht den Eindruck, dass sie durch
geheimdienstliche Maßnahmen in ihrem freien Wort
oder bei ihren lauten Zwischenrufen behindert werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


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(C (D Zum anderen sage ich aber – ich weiß, dass es schwer t, eine mittlere Tonlage zu finden –: Das wichtigste ut, das wir hier gemeinsam zu wahren haben, ist die reiheit des Mandates, wie es in Art. 38 GG konstituiert t, ganz egal, welche Ansichten jemand vertritt. Deshalb uss es möglich sein, dass Abgeordnete frei sind in ihn Äußerungen, in ihrem Agieren gegenüber Interes engruppen, gegenüber Bürgerinnen und Bürgern, die chutz suchen und zu ihnen kommen, auch bei Kontakn zu Organisationen und Personen, die man vielleicht icht besonders mag. Wenn dieser Spannungsbogen icht ganz falsch beschrieben ist, dann gilt ganz klar das sollte dieses Haus einen, wie es alle Parlamente ei en sollte –: Wir kontrollieren die Exekutive und nicht iese uns. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eshalb sage ich:

Erstens. Es ist gut, sehr geehrter Herr Bundesinnen-
inister, dass jene Liste, die jetzt bekannt geworden ist,

ie, um es offen zu sagen, nicht frei von Peinlichkeiten
t, noch einmal genau angeschaut und hoffentlich auch
rheblich verändert wird.

Zweitens. Es kann nicht angehen, dass Abgeordnete,
ie frei gewählt sind, mithilfe verdeckter Maßnahmen
eobachtet werden. Ich bin froh, dass unser Bundesamt
r Verfassungsschutz das nicht getan hat.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Was treiben denn die Bayern?)


h fordere die Vertreterinnen und Vertreter der Landes-
erfassungsschutzämter ebenfalls dazu auf, eine solche
raxis zu unterlassen. Sie ist nach meiner festen Über-
eugung grundgesetzwidrig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Drittens. Es geht gar nicht, dass aus der Mitte des Par-
ments – nicht von den Fraktionen – entsandte Abge-
rdnete, die im Vertrauensgremium, das über die Haus-
alte der geheimen Nachrichtendienste berät, oder im
arlamentarischen Kontrollgremium sitzen, vom Verfas-
ungsschutz oder einer anderen nachrichtendienstlichen
ehörde auch nur beobachtet werden; die sind sakro-

ankt.


(Beifall bei der SPD – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So weit kommt es noch!)


Mein nächster Punkt. Bei der Liste ist mit Sicherheit
icht überall die Verhältnismäßigkeit gewahrt worden.
eshalb muss man sich das noch einmal ganz genau an-

chauen. Man darf eine alte Praxis nicht einfach fortset-
en. Ich sage aber auch: Es ist nicht so, dass der Verfas-
ungsschutz, weil das Mandat frei ist und auch frei sein
oll, gar nichts mehr tun darf. Das will ich nicht. Wenn ich
eispielsweise in verschiedene Bundesländer des Ostens
ucke und mir anhöre, was ein Herr Apfel sagt, und fest-





Michael Hartmann (Wackernheim)



(A) )


)(B)

stelle, welche Verbindungen es zu Kameradschaften und
sonst wohin gibt,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau!)


dann will ich, dass der Staat wehrhaft ist und denen auf
die Finger guckt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage: Was bei den einen recht ist, muss auch bei den
anderen billig sein,


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ohne – um nicht missverstanden zu werden – eine Linie
zu ziehen.

Bei aller verständlichen Aufgeregtheit, die teilweise
auch eine Pseudoaufgeregtheit ist, liebe Freundinnen
und Freunde von den Linken: Klar ist: Man kann auch
daran arbeiten, dass die Neugier und das unberechtigte
Beobachten vielleicht etwas reduziert werden.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Genau, wir treten alle in die CSU ein!)


Es regt einen schon auf – das sage ich als Sozialde-
mokrat –, wenn ein Abgeordneter der Linken, der leider
auch einmal unserer Partei angehört hat, bei der Wahl
zum Bundespräsidenten in die Kameras sagt, für ihn sei
das eine Entscheidung wie zwischen Hitler und Stalin.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Pfui!)


Das ist empörend und unanständig, es ist aber nicht
grundgesetzwidrig.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte uns allen raten, Herr Minister, dass wir
noch einmal genau festlegen, welche Kriterien angemes-
sen sind und welche nicht, dass wir Menschen, die nichts
anderes sein wollen als freigewählte, gute und enga-
gierte Abgeordnete, nicht einfach unter Beobachtung
stellen, sondern politisch mit ihnen streiten. Ich rate uns
allen aber auch, unser Bundesamt für Verfassungsschutz
nicht pauschal und per se zu verunglimpfen.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Beste Lösung ist: Auflösen!)


Die Mitarbeiter setzen einen gesetzlichen Auftrag um.
Jede Gleichsetzung ist mindestens unangemessen und
auch geschmacklos.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich kenne dort viele Mitarbeiter, die engagiert, überzeugt
und empört gegen Nazis kämpfen. Sagen Sie bitte nicht,
dass die blöd oder unfähig seien.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


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(C (D Das Wort hat nun Stefan Ruppert für die FDP-Frak on. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715508300


Dr. Stefan Ruppert (FDP):
Rede ID: ID1715508400

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Art. 38 Grundgesetz schützt den freien Abgeordne-
n. Wir, die wir hier als Abgeordnete reden, sollten die-

en Schutz sehr ernst nehmen. Der Schutz eines jeden
eien Abgeordneten bei seiner Mandatsausübung ist ein

ehr hohes und in unserer Geschichte leider oft genug
issachtetes Gut.

Meine Damen und Herren von der Linken, ich habe
ber nicht den Eindruck, dass Sie, so selbstbewusst und
o zahlreich, wie Sie hier sitzen, in irgendeiner Form da-
nter leiden, dass Ihr freies Mandat eingeschränkt wird.
h glaube, Sie üben es sehr aktiv aus. Die Einschrän-

ungen, bei denen wir in der Tat sehr wachsam sein
üssen, betreffen Sie nicht wirklich.


(Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Und ihr seid eine Bürgerrechtspartei?)


Man kann nun die Frage stellen, ob es überhaupt
öglich sein soll, Abgeordnete zu beobachten. Diese
rage haben mehrere Gerichte klar beantwortet. Sie ha-
en gesagt: Ja, wenn Anhaltspunkte bestehen, dann ist es
ulässig, auch frei gewählte Abgeordnete zu beobachten.
h sage ausdrücklich: Ich halte diese Rechtsauffassung

erfassungsrechtlich für richtig. Insofern tun wir hier et-
as, was mit unserer Rechtsordnung und mit Art. 38
rundgesetz im Einklang steht. Es ist nicht, wie Sie hier
sinuieren wollen, etwas in irgendeiner Form Verfas-

ungswidriges.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Mir scheint fast, Sie sind froh, dass Sie ein Thema ge-
nden haben, hinter dem Sie sich einig versammeln

önnen. Ihre Empörung lenkt ab von allen Differenzen,
ie sich in Flügelkämpfen zwischen Realos Ost und
est zeigen; denn da gilt die Empörung bei allen gleich-

am. Insofern scheint mir das von Ihnen hochgezogene
hema etwas künstlich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hätte Frau Leutheusser das auch erzählt?)


Herr Friedrich hat ausdrücklich recht, wenn er sagt:
ie haben es selbst in der Hand. – Ich komme aus der
ommunalpolitik. Ich habe 20 Jahre kommunalpoliti-

che Erfahrung. Als die Linken dort aufgetreten sind,
ar ich nicht erfreut. Aber ich war auch nicht so ge-

chockt.

Als ich in den Bundestag eingezogen bin, habe ich
mer wieder Erfahrungen gemacht, bei denen mir der
und offen stehen geblieben ist. Ich konnte einfach

icht glauben, dass am Tag der Befreiung von Ausch-
itz einige Abgeordnete bei Ihnen nicht aufstehen, dass





Dr. Stefan Ruppert


(A) )


)(B)

Sie Gewalt in Berlin hier in dem einen oder anderen Fall
durchaus unterstützen. Insofern haben Sie es selbst in
der Hand. Wenn Sie Ihr Verhältnis zu Gewalt und Demo-
kratie glasklar klären, beobachtet Sie nie mehr jemand.
Aber da Sie es nicht geklärt haben, muss diese Beobach-
tung in Teilen fortgesetzt werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD])


Übrigens haben diese Auffassung auch alle Regierun-
gen unter Rot-Grün, unter Schwarz-Rot und jetzt unter
Schwarz-Gelb geteilt. Ich kenne auch keine Initiative der
Grünen, die beispielsweise an der entsprechenden Ge-
setzgebung auch nur irgendeinen Deut hat ändern wol-
len.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einstellen! Das sagen wir jedes Mal!)


Insofern scheint es einen doch breiten demokrati-
schen Konsens zwischen den Fraktionen dieses Hauses
zu geben, dass eher Sie da Ihre Positionen überdenken,
als dass wir Gesetze überdenken müssen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich habe große Achtung vor Menschen, die eine Ver-
gangenheit in der DDR haben und die diese Vergangen-
heit aktiv aufarbeiten wollen, die sich ihrer Vergangen-
heit stellen. Insofern habe ich auch große Achtung vor
einzelnen Ihrer Abgeordneten, die diesen Prozess aus
meiner Sicht sehr verantwortungsbewusst und durchaus
mit einem kritischen Blick auf die Vergangenheit ange-
hen.

Leider scheint es aber so zu sein, dass diese Abgeord-
neten bei Ihnen zunehmend ins Hintertreffen und in die
Minderheit geraten. Leider ist bei dem Prozess zwischen
etwas merkwürdigen Westdeutschen und teilweise ver-
nünftigen Ostdeutschen zu erkennen, dass dabei eher die
radikaleren Kräfte die Oberhand gewinnen. Auch das
spricht für eine weitere Beobachtung durch den Verfas-
sungsschutz.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Anstatt sich über andere zu beschweren, haben Sie es
also selbst in der Hand, mit klaren Bekenntnissen gegen
Antisemitismus, mit unterlassenen Solidaritätserklärun-
gen zu Fragen der iranischen oder syrischen Politik, bei
Themen, die ein glasklares Verhältnis zur Gewalt zum
Ausdruck bringen, sich dieser Beobachtung dauerhaft zu
entziehen. Ich fordere Sie auf: Nutzen Sie diese Chance!


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch alles nicht verfassungswidrig!)


Ein letzter Punkt, der mir wichtig ist: Ich glaube, die
Liste muss in der Tat überarbeitet werden.


(Zurufe von der LINKEN: Oh!)


Mir scheint es, dass nicht jeder, der dort draufsteht, zu
Recht dort draufsteht. Gerade die Abgeordneten, mit de-

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(C (D en ich zusammenarbeite – Frau Pau, Frau Wawzyniak der andere –, finde ich, gehören auf diese Liste nicht rauf. Die FDP fordert eine Einzelfallprüfung. Die zutändigen Gremien sollten sich eine Meinung darüber ilden. Dann sollten nur noch die beobachtet werden, die uch tatsächlich zu beobachten sind. (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Namen!)


Über allem steht die Freiheit des Mandats. Dafür wer-
en wir immer kämpfen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja, hört sich nicht so an!)


afür werden Sie uns immer an Ihrer Seite haben. Bei
er Mandatsausübung muss jeder frei sein. Aber er darf
iese Freiheit nicht dazu nutzen, die freiheitlich-demo-
ratische Grundordnung subkutan zu bekämpfen. Da
erden wir Sie immer stellen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715508500

Das Wort hat nun Volker Beck für die Fraktion Bünd-

is 90/Die Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715508600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Parla-

ent muss die Geheimdienste überwachen, nicht umge-
ehrt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


So dilettantisch, wie der Verfassungsschutz nach rechts
earbeitet hat – das werden wir nachher diskutieren –, so
rational verhält er sich bei der Bekämpfung eines angeb-
chen linken Extremismus bei der Linkspartei. Das ein-
ige Argument, das Sie in dieser gesellschaftlichen De-
atte geäußert haben, Herr Friedrich, was für die
eobachtung spricht, ist: Was wir rechts gegen die NPD
n – das haben Sie hier gerade gesagt –, das müssen wir

ei der Linken auch tun. Ja, glauben Sie denn im Ernst,
iese Fraktion, diese Partei sei eine Gefahr für die Demo-
ratie und darauf ausgerichtet, die parlamentarische De-
okratie abzuschaffen? Das ist doch Stuss.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)


Ich bin wirklich keiner, der eine Auseinandersetzung
it bestimmten Positionen in der Linksfraktion scheut.
iese Auseinandersetzung müssen Sie führen; die müs-

en wir auch intern führen. Da werden zum Teil absurde
ositionen vertreten, antisemitische Positionen, zum Teil
uch ein kruder Retroantiimperialismus. Darüber muss
an reden, aber das ist keine Gefahr für die freiheitlich-

emokratische Grundordnung im Sinne des Gesetzes,
nd das ist kein Fall für den Verfassungsschutz.





Volker Beck (Köln)



(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Wenn man sich diese Berichte anschaut, denkt man:
Da sitzen sieben hochbezahlte Leute im Bundesamt für
Verfassungsschutz und erstellen jedes Jahr per „Copy
and paste“ ein Update des Kapitels über die Linkspartei.
Informativ ist das, was ich da gefunden habe, nicht. Ich
weiß viel mehr über die. Dazu brauche ich keine Zettel-
sammelstelle im Bundesamt für Verfassungsschutz.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Herr Friedrich, Sie haben vorhin schlichtweg die Un-
wahrheit gesagt, als Sie gesagt haben, Sie müssten die
Personen, die besonders gefährliche, besonders extreme
und besonders krude Positionen vertreten, beobachten.
Wenn man sich die Liste ansieht, stellt man fest, dass das
mit zwei Ausnahmen das Who’s who des Reformerflü-
gels ist. Auf der Liste steht ein Bartsch, von dem die
Kollegin Hänsel sagt, er solle lieber zur FDP gehen, weil
er so zentristisch argumentiert. Auf der Liste steht auch
eine Petra Pau, unsere Vizepräsidentin, die wir mit der
Mehrheit dieses Hauses gewählt haben, die an staatstra-
gendem Charakter von kaum einem hier im Haus über-
troffen wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Was macht die auf der Beobachtungsliste des Verfas-
sungsschutzes? Das ist doch wirklich absurd.

Dass der Verfassungsschutz sich erdreistet – ich habe
gehört, dass in dieser Akte gar nichts wirklich Wichtiges
steht –, ein Mitglied des Vertrauensgremiums zu be-
obachten, das die Aufgabe hat, die Geheimdienste in
haushalterischer Hinsicht zu beobachten, das verkehrt
die Dinge wirklich ins Gegenteil. Da versucht der Ge-
heimdienst, seine eigenen Kontrolleure zu beobachten.
Das tangiert die Integrität der parlamentarischen Demo-
kratie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Diese Maßnahmen sind willkürlich und ungerechtfer-
tigt. Mit der Linkspartei muss man sich politisch aus-
einandersetzen. Die Beobachtung und Überwachung
durch den Geheimdienst können Sie getrost einstellen.
Das sollten Sie unverzüglich tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diese Diskussion hat aber auch einen wichtigen par-
lamentsrechtlichen Kern, und der geht nicht nur die Mit-
glieder der Linkspartei und der Linksfraktion an. Man
kann nicht ausschließen – da bin ich ganz bei Ihnen,
Herr Hartmann –, dass es Situationen gibt, in denen ein
einzelner Abgeordneter vom Geheimdienst überwacht
wird, zum Beispiel dann, wenn er für einen feindlichen
Geheimdienst arbeitet.

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(C (D (Fritz Rudolf Körper [SPD]: Das steht im Verfassungsschutzgesetz!)


as hatten wir schon in der Geschichte der Bundesrepu-
lik Deutschland. Da müssen wir uns natürlich wehren,
m gegebenenfalls eingreifen zu können. Das ist richtig.

Bei jedem Immunitätsfall, wenn Kollegen mit ihrem
uto mal einen Spiegel eines anderen Autos abfahren
nd vergessen, ihre Karte zu hinterlassen und die Polizei
nzurufen, muss der Staatsanwalt zum Präsidenten kom-
en und sagen: „Ich beantrage die Aufhebung der
munität“, um überhaupt mit strafrechtlichen Ermitt-

ngsmaßnahmen beginnen zu dürfen. Aber wenn Abge-
rdnete überwacht und beobachtet werden, erfahren wir
as akzessorisch, vielleicht im PKGr. Dann darf es aber
einer sagen, und das Hohe Haus erfährt davon nichts.

Ich meine: Wir brauchen analog zum Immunitätsrecht
in Verfahren, in dem Maßnahmen der Geheimdienste
egen frei gewählte Abgeordnete des deutschen Volkes
enehmigt werden müssen, vom Präsidium oder vom

munitätsausschuss – das ist mir gleich; da kann man
ich verschiedene Konstruktionen vorstellen. Aber:
hne Genehmigung des Deutschen Bundestages darf
ein frei gewählter Abgeordneter, aus welcher Partei
der welcher Fraktion auch immer, vom Geheimdienst
eobachtet werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


as werden wir vorschlagen. Das ist eine Frage der Frei-
eit des Mandats. Es darf nicht sein, dass die Exekutive
as Parlament kontrolliert, dass sich die Exekutive ein
arlament hält und die Opposition beobachten kann. Da-
it muss endgültig Schluss sein. Dafür werden wir

ämpfen. Dabei geht es nicht um die Linke, sondern es
eht um die Freiheit des Deutschen Bundestages.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Nie wieder „Bündnis 90“! Streicht den Namen „Bündnis 90“!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715508700

Das Wort hat nun Hans-Peter Uhl für die CDU/CSU-

raktion.


Dr. Hans-Peter Uhl (CSU):
Rede ID: ID1715508800

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und

ollegen! Herr Beck, das war ein ganz merkwürdiger
uftritt:


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)


er Kämpfer für die Freiheit des Abgeordneten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich bin seit 1998 im Deutschen Bundestag und dort
Innenausschuss. Seit 1995 findet jedes Jahr im Innen-

usschuss der Bericht des Präsidenten des Bundesamts
r Verfassungsschutz statt. Manche hören nicht zu. Es





Dr. Hans-Peter Uhl


(A) )


)(B)

ist auch manchmal langweilig; das gebe ich zu. Jedes
Jahr wird dort vom Präsidenten des Verfassungsschutzes
über die Beobachtung der Linken und über das, was da-
bei festgestellt wurde, berichtet.


(Zurufe von der LINKEN)


Wie Sie hier Beobachten und Überwachen in einen Topf
werfen und umrühren und mal gegen die Beobachtung,
mal gegen die Überwachung kämpfen und dabei immer
insinuieren, als wären Abhören und ähnliche nachrich-
tendienstliche Mittel im Spiel, das ist nicht korrekt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind doch Überwachungsprotokolle mit drin! Warum sind da Akten geschwärzt? – Zurufe von der LINKEN)


Ich nehme Ihnen das nicht übel; denn man muss wohl
Jura studiert haben, um bestimmte Dinge bewerten zu
können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das Bundesverwaltungsgericht hat all diese Maßnah-
men – Herr Wieland, Sie kennen das Urteil –


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Und sage jedes Mal: Die Beobachtung soll aufhören!)


überprüft. Das Gericht hat gesagt: Das Beobachten der
Partei Die Linke ist rechtmäßig. Das Gericht hat weiter
geurteilt und gesagt: Das Beobachten eines Abgeordne-
ten Ramelow der Partei Die Linke ist rechtmäßig.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen kann es trotzdem Quatsch sein!)


Das Gericht hat aber auch das Verhältnis zwischen Exe-
kutive und Legislative – dieses Thema wurde hier gerade
behandelt – sehr sensibel herausgearbeitet. Es hat gesagt,
dass das natürlich ein delikater Vorgang ist, weil die Le-
gislative die Exekutive überwacht und nicht umgekehrt.
Deswegen müssen wir das Prinzip der Verhältnismäßig-
keit bei diesem Beobachtungsvorgang sehr präzise zur
Anwendung bringen. Genau dies wird gemacht.

Wenn die Fraktion Die Linke, die heute in voller
Kampfstärke angetreten ist,


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Nicht alle! – Zurufe von der LINKEN)


glaubt, ihr würde schreckliches Unrecht in diesem
Rechtsstaat widerfahren, dann rate ich Ihnen: Gehen Sie
doch vor Gericht und versuchen Sie zu erreichen, dass
die höchstrichterliche Rechtsprechung korrigiert wird.


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Wir sind beim Bundesverfassungsgericht!)


Sie wird nicht korrigiert, Herr Gysi.


(Zuruf des Abg. Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE])


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(C (D h meine, dies ist richtig. Sie sind führender Vertreter er zu beobachtenden Partei, in der es eine große Anzahl on Verfassungsfeinden gibt. (Zuruf des Abg. Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE])


it denen sind Sie nicht im Reinen, Sie haben sie aber
icht aus der Partei geworfen. Sie trauen sich nicht, den
treit mit denen aufzunehmen und zu sagen, dass Sie mit
enen nichts zu tun haben wollen. Die Vorstellung, wir
ätten in der CDU oder in der CSU Rechtsradikale und
ätten nicht den Mut, sie rauszuschmeißen, würde Sie
lle mit Recht empören. Aber Sie haben nicht den Mut,
ie Linksextremen, die Verfassungsfeinde rauszu-
chmeißen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Die machen Gesetze, die verfassungswidrig sind! Alle miteinander macht ihr das!)


Herr Gysi, ich halte es für richtig, dass Ihr Wirken in
er Partei Die Linke daraufhin beobachtet wird, ob Sie
bsiegen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach dem Motto können wir Sie auch überwachen!)


it großer Aufmerksamkeit haben wir Ihre Rede im Jahr
008 vor der Rosa-Luxemburg-Stiftung nachgelesen. Sie
aben da sehr kluge Sätze gesagt. Sie haben gesagt, Herr
ysi: Wenn es der Partei Die Linke nicht gelingt, mit Is-
el und den Juden in Deutschland ins Reine zu kom-
en, wenn es ihr nicht gelingt, den Antisemitismus in

er Partei Die Linke zu bekämpfen, wird sie niemals in
eutschland eine Chance bekommen, die Regierung zu
bernehmen. – Das haben Sie gesagt.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Was hat das mit Überwachung zu tun?)


Jetzt geht es um Folgendes: Der Verfassungsschutz
at den Auftrag, dafür zu sorgen, dass Antisemitismus in
levanten Kräften in der deutschen Parteienlandschaft

ie mehr zum Tragen kommt.


(Zurufe von der LINKEN)


as ist die Aufgabe des Verfassungsschutzes. Jetzt geht
s darum, ob Sie in Ihrer Partei im Kampf gegen Anti-
emitismus siegen oder verlieren, Herr Gysi.


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Dafür brauchen wir den Verfassungsschutz nicht und Sie auch nicht! Sie sind noch im Kalten Krieg!)


Wir sollten das Prinzip unserer wehrhaften Demokra-
e ernst nehmen. Ich finde es töricht, die gesetzlich da-
r zuständige Behörde, den Verfassungsschutz, in Miss-

redit zu bringen.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das machen die schon selber!)


ir brauchen eine solche Behörde möglicherweise mehr
enn je. Wenn die Verfassungsfeinde von rechts, was





Dr. Hans-Peter Uhl


(A) )


)(B)

Gott verhüten möge, eines Tages in dieses Hohe Hause
einziehen, dann erwarte ich vom Verfassungsschutz,
dass er diese Partei und auch die Bundestagsabgeordne-
ten dieser Partei nach allen Regeln der Rechtskunst, wie
es in dem Urteil im Einzelnen abgehandelt wurde, be-
obachtet.


(Zuruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Es gibt dem Grunde nach keinen Unterschied zwi-
schen Rechtsextremismus und Linksextremismus.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Die Franzosen sagen mit Recht: Les extrêmes se
touchent. – Es gibt genügend Beispiele für Rechts-
extreme und Linksextreme, die von „ganz rechtsextrem“
nach „ganz linksextrem“ oder in die andere Richtung ge-
wandert sind.


(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Allerdings!)


Sie kennen einen, Herr Ströbele.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie auch!)


Mahler heißt er.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kennen den auch! Der hat ja sogar einen ganzen Kreis gemacht!)


Ich wiederhole: Les extrêmes se touchent. Wir müssen
sie alle bekämpfen. Das nennt man wehrhafte Demokra-
tie.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715508900

Das Wort hat nun Fritz Rudolf Körper für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1715509000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich

möchte einen Begriff, der in dieser Debatte gefallen ist,
aufgreifen. Ich glaube, es waren die Kollegen Korte und
Beck, die von „Inlandsgeheimdienst“ geredet haben.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Das ist ja auch richtig!)


Ich bin froh, dass wir keinen Inlandsgeheimdienst haben,
sondern ein Bundesamt für Verfassungsschutz.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das denn kein Geheimdienst? Wo ist der Unterschied? – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erklären Sie mir mal in drei Worten den Unterschied!)


Ich sage sehr deutlich: Das Bundesamt für Verfas-
sungsschutz ist vom Gesetzgeber legitimiert. Das Bundes-
verfassungsschutzgesetz ist im Jahre 1990 mit großer,
breiter Mehrheit im Deutschen Bundestag verabschiedet

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(C (D orden. Auch die Novellierung, die im Jahre 2007 stattnd, ist mit großer, breiter Mehrheit vereinbart worden. as ist die Legitimation des Bundesamtes für Verfas ungsschutz. Das ist eine demokratisch zustande gekomene Legitimation. Ich denke, das sollte man festhalten. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


An einer Stelle unterscheidet sich die Situation in
eutschland von der in anderen Ländern dieser Welt. In
eutschland gibt es eine parlamentarische Kontrolle der
achrichtendienste. Diese findet in einer Art und Weise

tatt, die kein anderes Land dieser Welt vorweisen kann.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)


h denke, darauf können wir stolz sein. Wenn in der
arlamentarischen Kontrolle etwas verbesserungswürdig
t, dann sollten wir es verbessern. Aber die Tatsache,
ass es in Deutschland eine parlamentarische Kontrolle
er Nachrichtendienste gibt, ist, glaube ich, erwähnens-
ert.

Ich kann die Aufregung über diesen Vorgang nicht
anz verstehen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, na, na! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wirklich nicht?)


enn die Beobachtung der Linkspartei ist in den Berich-
n des Bundesverfassungsschutzes seit dem Jahre 1995

usgewiesen;


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Schlimm genug!)


as spricht für uns. Es spricht auch für uns, Frau Lötzsch,
ass das, was beobachtet worden ist, nicht im Geheimen
erschwunden ist, sondern öffentlich bzw. in öffentlich
ugänglichen Publikationen präsentiert wird. Es wird
ehr deutlich gemacht, wo die Kritik ist und wo Bestre-
ungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundord-
ung festzustellen sind. Ich denke, dies ist die Aufgabe
es Bundesamtes für Verfassungsschutz.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)


Ich will zugeben: Ich hätte mir gewünscht, dass der
ine oder andere Redner in dieser Debatte in die Leit-
ätze, die das Bundesverwaltungsgericht Leipzig im
ahre 2010 formuliert hat, hineingeschaut hätte. Ich kann
iese Leitsätze, die aus zwei ganz wesentlichen Punkten
estehen, nur kurz wiedergeben. Sie betreffen das Prin-
ip der Verhältnismäßigkeit und den Schutz des Kern-
ereiches parlamentarischer Arbeit. Was die Verhältnis-
äßigkeit betrifft, kommt es entscheidend darauf an,
stzulegen, welche Mittel und Methoden beispielsweise

as Bundesamt anwenden darf, und zwar dann, wenn es
m Mandatsträger wie Bundestagsabgeordnete geht.
ier sind die Grenzen sehr eng gesetzt. Es darf nur zu

iner offenen Beobachtung kommen. Nachrichtendienst-
che Mittel sind ausdrücklich ausgeschlossen und ver-





Fritz Rudolf Körper


(A) )


)(B)

boten. Daran hat sich das Bundesamt für Verfassungs-
schutz gehalten.

Gleiches gilt für den Schutz des Kernbereichs parla-
mentarischer Arbeit. Da mich Herr Kollege Gysi – viel-
leicht hört er mir jetzt noch einmal zu – gefragt hat:
„Wie ist das, wenn ich ein Gespräch in meinem Wahl-
kreisbüro führe?“, sage ich: Das ist nicht Gegenstand ei-
ner offenen Beobachtung. Dafür wären nachrichten-
dienstliche Mittel notwendig. Diese sind an dieser Stelle
aber ausdrücklich untersagt. Ich denke, es ist wichtig,
darüber sachlich miteinander zu reden und deutlich zu
machen, was gegeben und was nicht gegeben ist.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ach! Das ist doch absurd!)


Diese Liste von 27 Abgeordneten der Linken ist im
Übrigen nicht neu. Auf eine Anfrage der Linken hin
wurde sie bereits im Jahre 2009 bekannt gegeben.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Auch Quatsch! Das stimmt überhaupt nicht!)


Dass diese Liste diskussionswürdig ist, ist überhaupt gar
keine Frage; aber es wäre falsch, auf der Grundlage der
Liste die Frage zu konstruieren, ob eine offene Beobach-
tung zulässig ist oder nicht. Ich bin der Auffassung, dass
aufgrund der Entwicklungen in der Partei der Linken
eine offene Beobachtung gerechtfertigt ist.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das ist ja peinlich für einen Sozialdemokraten!)


Ob die Zusammensetzung der Liste richtig ist, will ich
hier einmal ganz ausdrücklich offen halten.

Es ist im Übrigen schwierig, wenn bestimmte Zahlen
darüber in die Welt gesetzt werden, wie viele Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfas-
sungsschutz für die Beobachtung der Linken zuständig
sind und wie viele beispielsweise für die Beobachtung
der NPD. Hier sind nämlich Zahlen in der Welt, die im
Grunde genommen nicht korrekt sind. Das muss man
wissen. Sie taugen nicht dafür, einen Vergleich darüber
anzustellen, wie wer wo auf welchem Auge besonders
gut sieht oder blind ist. Ich denke, hier brauchen wir eine
sachliche Debatte.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Die Mitarbeiterzahlen kommen doch vom Verfassungsschutz selber!)


Ich bin der Meinung, wir müssen hier aufmerksam
sein; denn die freiheitlich-demokratische Grundordnung
ist ein Wert, der immer verteidigt werden muss. Das
müssen alle Demokratinnen und Demokraten gemein-
sam tun.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715509100

Das Wort hat nun Hartfrid Wolff für die FDP-Frak-

tion.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Hartfrid Wolff Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine De okratie lebt von Demokraten und davon, dass sie sich uch gegen Extremisten jeglicher Couleur mit rechtstaatlichen Mitteln zur Wehr setzen kann. Eine wehrafte Demokratie lebt davon, dass sie diese rechtsstaatchen Mittel auch einsetzt. (Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Das haben wir gesehen!)


Dazu gibt es den Verfassungsschutz. Er muss die ex-
emistischen Umtriebe im Auge haben. Genau dafür ist
r auch gegründet worden. Dass das den Betroffenen
icht gefällt, verwundert nicht wirklich.

Die letzten Monate haben uns gezeigt, dass die Ge-
ellschaft insgesamt wieder wachsamer gegenüber extre-
istischer Gesinnung sein und dieser entschlossen ent-

egentreten muss.


(Zuruf von der LINKEN: Deswegen liegen Sie auch bei 3 Prozent!)


erade als Demokraten müssen wir aber auch aufpassen,
ass wir nicht über das Ziel hinausschießen. Das gilt für
lle Aktivitäten. Die Beobachtung von Abgeordneten ist
uch in der Vergangenheit immer ein umstrittener Punkt
ewesen. Aber Abgeordnete sind nicht sakrosankt; sie
tehen eben nicht über Recht und Gesetz. Sie können da-
it folgerichtig auch vom Verfassungsschutz beobachtet
erden;


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


enn das Mandat alleine schützt bekanntlich nicht vor
xtremistischer Gesinnung.

Wenn eine Bundestagsabgeordnete der Linken die
taatssicherheit der DDR für ihren Kampf für den Frie-
en lobt und die Handlanger dieses Unrechtsregimes
ach wie vor glorifiziert, dann ist die Verfassungstreue
ehr als fraglich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Aber deswegen geht doch keine Gefahr davon aus!)


ie regelmäßigen Aussagen einiger linker Politiker, die
ie DDR verharmlosen, die das sozialistische Unterdrü-
kungssystem schönreden


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch alles nicht verfassungswidrig!)


nd bei denen sich die Parteiführung weigert, solche
lemente konsequent auszuschließen, zeigen, wie wich-
g eine aufmerksame Beobachtung solcher Umtriebe
ach wie vor ist.

Die unveräußerliche Menschenwürde eines jeden
DR-Opfers und eines jeden Bürgers gebietet es, hier
achsam zu sein. Herr Beck, ich war schon etwas über-
scht, wie wenig Sie sich an das „Bündnis 90“ in Ihrem
amen erinnert haben; denn gerade wenn es darum geht,
ie Vergangenheit nicht zu verharmlosen, sollten wir an
ieser Stelle sehr vorsichtig sein.





Hartfrid Wolff (Rems-Murr)



(A) )


)(B)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gerade Bündnis 90 war gegen Geheimdienste! Sie haben das nicht verstanden!)


Meine Damen und Herren, die merkwürdigen Veran-
staltungen der heutigen Bundesvorsitzenden der Linken,
Frau Lötzsch, mit Stasimitarbeitern haben ihr sogar aus
den Reihen der Grünen den Vorwurf eingetragen, die
Vergangenheit unter den Tisch kehren zu wollen und
sich als „heilige Johanna der Alt-Tschekisten“ zu präsen-
tieren. Lieber Herr Wieland, Sie erinnern sich bestimmt
an diese Äußerung.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Heilige bespitzelt man doch nicht, Herr Kollege!)


Vor einem Jahr hat Frau Lötzsch sogar öffentlich über
Wege zum Kommunismus schwadroniert, und zwar aus-
gerechnet in der jungen Welt, die sich im vergangenen
Sommer auf der Titelseite für den Bau der Berliner
Mauer bedankt hat.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber doch bizarr und nicht gefährlich!)


Frau Lötzsch, da wundern Sie sich noch, dass Sie hier
unter Beobachtung stehen?


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ich wundere mich gar nicht!)


Genau diese Frau Lötzsch ist noch immer Bundesvor-
sitzende. Genau diese Frau Lötzsch wurde in Kenntnis
dieser Aussagen von der Parteibasis gewählt. Das lässt
den Schluss zu, dass in der Partei Die Linke solche ver-
fassungsfeindlichen Haltungen nicht nur punktuell
mehrheitsfähig sind, sondern leider offensichtlich von
einer breiten Basis unterstützt werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Beobachtung der Linken durch den Verfassungs-
schutz ist aus meiner Sicht deshalb deutlich berechtigt.
Es ist zudem kein Urteil über die Verfassungswidrigkeit
der Linken, sondern notwendiges Instrument, um da-
rüber Erkenntnisse zu erlangen. Beobachten heißt auch
– das hat der Bundesinnenminister zu Recht gesagt –,
dass damit nicht automatisch technische Überwachung
und geheime Maßnahmen verbunden sind.

Eine Beobachtung von Abgeordneten durch den Ver-
fassungsschutz bedarf besonderer Voraussetzungen;
denn sie sind als gewählte Vertreter des Volkes auch zur
Kontrolle der Exekutive berufen.


(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Bewerbungsrede als V-Mann?)


Klar ist auch, dass die führenden Vertreter der Partei Die
Linke, die dem Deutschen Bundestag angehören, bei ei-
ner rechtmäßigen Überwachung nicht automatisch aus-
genommen werden dürfen und können.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht automatisch, aber trotzdem!)


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(C (D as hat das Bundesverwaltungsgericht auch so festgealten. Eine besondere Sensibilität braucht es aber schon. er Kern der Abgeordnetentätigkeit und die Unabhänigkeit dürfen nicht beeinträchtigt werden. Unsere Deokratie muss und wird eine wehrhafte bleiben. Alle xtremisten, ob links oder rechts, alle diejenigen, die die eiheitlich-demokratische Grundordnung angreifen ollen, werden den massiven Widerstand der Demokran erfahren. (Diana Golze [DIE LINKE]: Was Sie reden, ist nicht freiheitlich und nicht demokratisch! Darüber sollten Sie einmal nachdenken!)


azu steht die FDP. Das sind wir den Menschen in
eutschland schuldig.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715509200

Das Wort hat nun Steffen Bockhahn für die Fraktion

ie Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Steffen Bockhahn (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715509300

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

en und Kollegen! Kollege Wolff, was Sie gerade gesagt
aben, war ja ganz interessant. Aber liberal, freiheitlich
nd bürgerlich fand ich das nicht.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Wenn Sie das definieren, wundert mich das nicht!)


Ihre Bundesminister Niebel und Leutheusser-
chnarrenberger scheinen das auch anders zu sehen, wie
h den Verlautbarungen der letzten Tage entnehme. Was
ir über Frau Leutheusser-Schnarrenberger gehört ha-
en, kann ich nur schwer glauben; denn der Kollege
rnst saß mit ihr im gleichen Flieger. Der Flieger ist um
alb elf gelandet, und der Kollege sitzt hier. An der Ver-
pätung des Flugzeugs kann es also nicht gelegen haben,
ass Frau Leutheusser-Schnarrenberger nicht hier ist.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)


Auch Herr Wolff hat zum Schluss wieder einmal eine
tale Gleichsetzung von vermeintlichen Linksextremis-
n und Rechtsextremisten vorgenommen. Meine Damen
nd Herren, ist Ihnen nicht aufgefallen, dass in den letz-
n Jahren eine Neonazibande mordend durch Deutsch-
nd gezogen ist und zehn Leute auf dem Gewissen hat?


(Beifall bei der LINKEN)


as ist doch wohl ein Unterschied. Das gleichzusetzen,
t absolut undemokratisch und nicht gerechtfertigt.


(Beifall bei der LINKEN)


berlegen Sie bitte einmal, was Sie Leuten unterstellen,
ie sich in einer Partei engagieren, die sich demokratisch
ngagieren, die für diesen Rechtsstaat kämpfen! Nur
eil Sie der Meinung sind, dass sie die falschen Ziele
ertreten, stellen Sie sie unter Generalverdacht. Das ist
och absurd.





Steffen Bockhahn


(A) )


)(B)


(Beifall bei der LINKEN)


Wissen Sie, Herr Bundesminister Friedrich, Sie haben
hier viele komische Sachen gesagt. Auf ein paar will ich
eingehen.

Es gibt nur ein einziges Urteil, nämlich das des Bun-
desverwaltungsgerichts, in dem die Beobachtung nicht
untersagt wird. In den anderen beiden Urteilen wird sie
untersagt. Das sollten Sie noch einmal nachschauen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])


Sie haben sich auf die Diktatur des Proletariats bezo-
gen. Ich darf Ihnen kurz etwas erzählen: Im 19. Jahrhun-
dert, als Marx das Kommunistische Manifest und ge-
meinsam mit Engels Das Kapital schrieb, war es so, dass
eine Minderheit die Mehrheit regierte. Die Minderheit
war nach Marx die Bourgeoisie, die Mehrheit war das
Proletariat. Ziel der Diktatur des Proletariats ist, dass
endlich eine Mehrheit die Minderheit regiert, nicht die
Minderheit die Mehrheit.


(Beifall bei der LINKEN – Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)


Wenn Sie das undemokratisch finden, dann ist die Frage,
wer hier die Verfassungsfeinde sind.


(Beifall bei der LINKEN – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Das darf ja wohl nicht wahr sein! So etwas hier in diesem Hause zu sagen!)


Ich darf Ihnen sagen: Ihre Aufregung über die PKK
finde ich hochgradig spannend. Es war der Westberliner
CDU-Mann Lummer, der zu Öcalan gefahren ist, das
waren nicht wir. Ihr CDU-Mann Lummer ist zu Öcalan
gefahren.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie haben die FARC angesprochen. Es waren Mitglie-
der der Partei Die Linke, die in Kolumbien vermittelt
und Geiseln aus der Hand der FARC befreit haben.
Wenn das nicht im Interesse der Bundesrepublik
Deutschland ist, dann weiß ich auch nicht weiter. Über-
legen Sie sich einfach genau, was Sie hier erzählen. Vie-
les davon war nur sehr begrenzt sinnvoll.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich will Sie noch auf etwas anderes hinweisen. Sie ha-
ben bisher immer gesagt, es würden nur Parteifunktio-
näre beobachtet oder überwacht. Schauen wir uns die
Liste der 27 einmal an: Gregor Gysi – kein Parteifunk-
tionär; Dietmar Bartsch – kein Parteifunktionär; Jan
Korte – kein Parteifunktionär; Kersten Steinke – keine
Parteifunktionärin; Roland Claus – kein Parteifunktio-
när;


(Zuruf von der SPD: Aber schon Mitglied!)


Paul Schäfer – kein Parteifunktionär.

Was ist denn jetzt wahr? Sie belügen das Parlament;
nichts anderes tun Sie.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Sie haben angeboten, die Liste der 27 noch einmal zu berprüfen. Das war ein schlauer Vorschlag, aber ich age es Ihnen in aller Deutlichkeit: Es ist kein glaubwüriges Angebot, wenn Sie willkürlich festlegen, wer sich enehm verhält und wer nicht. Wir werden uns nicht useinanderdividieren lassen. Kommen wir zu den verdeckten Maßnahmen. Ich tue tzt einmal so, als ob ich Ihnen glaube, dass das Bunesamt für Verfassungsschutz selbst keine nachrichtenienstlichen Mittel einsetzt; ich kann nämlich nichts Geenteiliges beweisen. Da aber die Länder inzwischen ogar offen erklären, dass sie das tun, frage ich mich, arum für sie das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nd die Auffassung der Bundesregierung offenbar nicht elten. Die Frage ist auch, welche Informationen, die aus achrichtendienstlichen Maßnahmen der Länder gewonen wurden, vom Bundesamt für Verfassungsschutz geutzt werden. Auch damit wird Ihre Aussage Lügen getraft, dass Sie sich nicht nachrichtendienstlicher Mittel edienen würden. Es sei mir erlaubt, kurz darauf zu verweisen, dass es Gegensatz zur Union bei uns niemanden gibt, der och bis vor wenigen Wochen und Monaten die Odereiße-Friedensgrenze infrage gestellt hat. Das finde ich eutlich verfassungsfeindlich. Herr Kollege Uhl, wer wie Sie auf Podien auftritt und eint, die Ursache des Naziterrors in Deutschland sei ohl vor allen Dingen die Masse an Ausländern, die in ie Bundesrepublik gekommen sei, er sollte sich schwer zurückhalten. Lassen Sie mich abschließend aus der Schweriner olkszeitung von heute zitieren. Darin schreibt Matthias ufmann, der des Linksextremismus oder der Nähe zu inken unverdächtig ist, in einem Kommentar: Die Politiker zu beobachten ist falsch, weil Proporz kein Grund für Überwachung sein darf. Wer die NPD prüft, braucht keinen RechtsLinks-Ausgleich. weil der Blick ins Programm der Partei nicht ausreicht, um Argumente zu finden. Überwindung des Kapitalismus? Dann müsste sich der Verfassungsschutz auch um Heiner Geißler kümmern. … weil der Innenminister drei Motive verheimlicht, die nichts mit der Linken zu tun haben: Er muss sich profilieren, er muss der CSU gerecht werden, er muss die FDP gängeln. weil Hans-Peter Friedrich den Linken alles zutraut, der Demokratie aber nichts. Im Zweifel nicht einmal, sich zu wehren. … Vor allem jedoch ist das Beobachten für den Verfassungsschutz fatal, Steffen Bockhahn )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Zurufe von der LINKEN: Pfui!)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

weil er beim Rechtsextremismus versagt hat – und
bei den Linken ganz genau hinschaut. Dieser Ein-
druck bleibt.


(Beifall bei der LINKEN – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Eine Diktatur ist gut, haben wir jetzt gelernt! Es kommt nur darauf an, von wem aus! Proletariat ist gut!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715509400

Das Wort hat nun Armin Schuster für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Armin Schuster (CDU):
Rede ID: ID1715509500

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Her-
ren! Herr Bockhahn, Sie sind Mitglied des Vertrauens-
gremiums. Die Vorstellung gerade hat mein Vertrauen
nicht gestärkt. Ich weiß nicht, wie es den anderen geht.
Es war allenfalls eine gute Schauspielausbildung, die Sie
hatten.

Die Partei Die Linke wird seit 1995 vom Bundesamt
für Verfassungsschutz beobachtet.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Da gab es die Partei noch gar nicht!)


Insgesamt vier Bundesregierungen sahen in diesen
16 Jahren die Partei in einem zweifelhaften Verhältnis zu
unserer Verfassung. Das ist in den unzähligen Verfas-
sungsschutzberichten nachzulesen. Seit 2009 gibt es zu
diesem Sachverhalt auch eine detaillierte Antwort der
Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken.

Der die aufgeregte Situation in dieser Woche auslö-
sende Spiegel-Artikel beinhaltet über diese Antwort hi-
naus keine wesentlichen Neuigkeiten. Schon 2009
konnte man erfahren, dass 27 Abgeordnete der Linken
beobachtet werden.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stand in unserer Kleinen Anfrage!)


Die von den Linken beantragte Debatte soll wohl er-
neut eine Antwort auf die Frage liefern, ob es nach
16 Jahren neue Erkenntnisse gibt, die eine weitere Be-
obachtung nicht mehr rechtfertigen würden. Auskunft
gibt das Verfassungsschutzgesetz. Der Minister hat es
schon gesagt: Voraussetzung ist, dass linksextremisti-
sche Bestrebungen nicht mehr erkennbar sind. Dafür
gibt es vier Anhaltspunkte:

Erstens. Die Linke hätte dann keine auf Überwindung
der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gerich-
tete Programmatik. Was ist die Realität? Im Parteipro-
gramm vom Oktober 2011 findet sich mit keinem einzi-
gen Wort die freiheitlich-demokratische Grundordnung
erwähnt oder gar ein Bekenntnis zur selbigen.


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Das steht auch nicht im Parteiprogramm der Union!)


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(C (D tattdessen sehen Sie Ihre strategische Kernaufgabe in iner Veränderung der gesellschaftlichen Kräfteverhältisse. ier wird offen bekannt, dass Sie eine Veränderung der achtund Eigentumsverhältnisse in diesem Land an treben. Zweitens. Die Linke dürfte nicht offen extremistische usammenschlüsse innerhalb der Partei fördern; davon ar heute schon ein paar Mal die Rede. Ob Kommunisti che Plattform, Cuba Sí oder Marxistisches Forum, Sie rdern unverblümt die Stärkung aller Tendenzen in der artei, die einen Systemwechsel zum Ziel haben. (Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Ist das verfassungsfeindlich?)


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Jawohl! Bravo!)


wieweit das übrigens den Deutschen Bundestag be-
äfe, können wir nur erahnen. Dafür, Herr Korte, sollen
ie Menschen mit neuen Wortschöpfungen in die Irre ge-
itet werden. Demokratischer Sozialismus ist für mich
ngefähr genauso plausibel wie die Gründung einer
euen Innung für vegetarische Metzger.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Das steht im SPDProgramm! – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Das ist aber ein bisschen schwierig!)


Drittens. Bei den Linken müsste es eine klare Abgren-
ung gegenüber linksextremistischer Gewalt geben. Wie
t die Realität? – Ich zitiere aus dem Parteiprogramm:

Für die Entstehung und Durchsetzung von Klassen-
macht sind gewerkschaftliche und politische Orga-
nisationen erforderlich, in denen gemeinsame Inte-
ressen formuliert und Kämpfe zu ihrer Durchsetzung
geführt werden. Es ist Aufgabe der Partei DIE
LINKE, diesen Prozess bewusst und aktiv zu för-
dern.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Genau! Jawohl!)


ufrufe zu Straftaten wie „Schottern“ und Publikationen
hrender Parteimitglieder bei der Antifa


(Zurufe von der LINKEN: Oh! Oh! – Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Gut, dass wir die in den letzten Jahren hatten! Gut, dass es die gibt!)


tellen keine Abgrenzung dar, sondern sind nichts ande-
s als das Hofieren linksextremistischer Gewalt. Frau
agenknecht hält diese linksautonomen Gruppen im-
erhin für unterstützenswert.

Viertens. Das Thema „ausländische Guerillaorganisa-
on“ haben wir bereits hinreichend beurteilt. Die PKK
rhält von Ihnen Solidaritätsbesuche. Castro wird gelobt.
u den Regimen in Syrien und im Iran gibt es Ihrerseits
ffentliche Sympathiekundgebungen.


(Zuruf von der LINKEN: Das ist eine Lüge!)


Sie liefern heute wie gestern tatsächliche Anhalts-
unkte dafür, dass Sie die freiheitlich-demokratische





Armin Schuster (Weil am Rhein)



(A) )


)(B)

Grundordnung dieses Staates auf vielfältige Weise an-
greifen. Ich bin daher dem BfV sehr dankbar, derlei Ten-
denzen ständig zu beobachten und in Berichten zu doku-
mentieren. Dieses Amt ist dafür sachlich zuständig und
verfügt mit § 8 des Verfassungsschutzgesetzes über eine
zulässige Befugnisnorm. Genau das haben wir so ge-
wollt, und genau das ist auch gut so. Das einzig Uner-
trägliche – wenn ich dieses häufig in dieser Woche be-
mühte Wort wiederholen darf – ist nicht die Arbeit des
BfV, sondern es sind die teils wüsten Kommentare eini-
ger Betroffener oder juristisch suboptimal informierter
Kolleginnen und Kollegen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meinen Sie die Justizministerin oder wen?)


Die rhetorische Verquickung der Zwickauer Taten mit
dem, worüber wir heute diskutieren, ist nichts anderes
als absurdes Theater. Die Union wird nicht wie Grünen-
Chef Özdemir oder Herr Beck gerade eben in diese
plumpe Falle tappen. Den Versuch, diese Taten dazu zu
benutzen, linksextreme Taten weichzuzeichnen und den
von Ihnen ungeliebten Verfassungsschutz öffentlich zu
diskreditieren, meine Damen und Herren von der Lin-
ken, haben wir erkannt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ein Versagen der von Ihnen so hochgelobten Dienste!)


Da machen wir nicht mit. Wir werden rechts wie links
auf gar keinen Fall kürzer treten. Ob Mordserien, An-
schläge auf Bahnanlagen, brennende Autos, Podiumsdis-
kussionen mit RAF-Terroristen oder fehlendes Bekennt-
nis zur Verfassung,


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: So ein Quatsch! – Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Das ist eine Lüge!)


wir wissen damit verhältnismäßig umzugehen. Das BfV
weiß das ebenfalls.

Ich halte übrigens den Vorschlag, der schon gemacht
wurde, sich damit im Parlamentarischen Kontrollgre-
mium zu befassen, für angemessen. Sie werden dann
feststellen: Die Verhältnismäßigkeit der Mittel wurde ge-
wahrt. Dieses Kontrollgremium ist der richtige Ort, um
sich damit parlamentarisch auseinanderzusetzen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hätte ich gern Akteneinsicht!)


Letzter Punkt. Warum gerade diese 27 Abgeordneten
der Linken? Lesen Sie den gestern in der FAZ erschiene-
nen Artikel mit Ihrem ostalgisch verklärten Blick!


(Katrin Kunert [DIE LINKE]: Sie sind ja ein ganz Schlauer, was? Ein ganz schlauer Spießer!)


Dann kennen Sie genügend Gründe, –


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715509600

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

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(C (D – warum diese Prominenten überwacht werden, Herr ockhahn. Es handelt sich um Parteiführer, Parteifunkonäre oder Meinungsführer. Von diesen erwarten wir orbildliches Verhalten im Sinne des Grundgesetzes in rer Partei. Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen! Einen entsprechenden Beweis bleiben Sie uns aber eit 16 Jahren schuldig. Danke schön. Das Wort hat nun Dieter Wiefelspütz für die SPD raktion. (Beifall bei der SPD – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt der Demokrat!)

Armin Schuster (CDU):
Rede ID: ID1715509700
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715509800
Armin Schuster (CDU):
Rede ID: ID1715509900

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715510000


Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD):
Rede ID: ID1715510100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Ich bin hoffentlich völlig unverdächtig, irgend-
elche Sympathien für die Linkspartei zu haben.


(Zurufe von der LINKEN: Das stimmt!)


Ich bedanke mich für die Zustimmung.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ich sehe das anders!)


ber was uns der Verfassungsstaat Deutschland und das
rundgesetz wert sind, merkt man, glaube ich, dann,
enn man dieses Grundgesetz ernst nimmt und die
echte von Menschen verteidigt, die vielleicht nicht die
igene politische Meinung vertreten. Da müssen doch ei-
ige Dinge klargestellt werden.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist Teil des
erfassungsstaats Deutschland. Ich finde es richtig, dass
ir einen Inlandsnachrichtendienst, einen Inlandsge-
eimdienst haben. Er ist ein Teil unseres Verfassungs-
taates. Aber das Bundesamt für Verfassungsschutz ist
n Recht und Gesetz gebunden, insbesondere an das
rundgesetz. Das kann nicht streitig sein. Ich bin der
sten Überzeugung – Herr Kollege Hartmann, darüber

arf man sich auch aufregen, finde ich –, dass das Bun-
esamt für Verfassungsschutz Recht und Gesetz verletzt
at. Ich halte es für eine massive Verletzung des Verhält-
ismäßigkeitsprinzips, wenn 27 Abgeordnete der Links-
aktion beobachtet werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Beobachtung in dieser Totalität ist nach meiner
uffassung unzulässig und rechtswidrig. An dieser
telle sollten wir uns nicht von Sympathie oder Antipa-





Dr. Dieter Wiefelspütz


(A) )


)(B)

thie, von politischer Nähe oder Ferne leiten lassen. Es
geht um zentrale Fragen des Verständnisses vom freien
Mandat in Deutschland. Darüber ist hier schon einiges
gesagt worden.

Ich will noch einmal darauf hinweisen: In Deutsch-
land gibt es – meine Gedanken kommen da denen des
Kollegen Beck sehr nahe, was relativ selten ist; aber
wenn es nun einmal so ist, dann ist es so – kein Strafver-
fahren gegen einen Abgeordneten ohne Genehmigung
des Parlaments. Dem ist nicht so, weil wir etwas Beson-
deres wären. Natürlich sind Abgeordnete an Recht und
Gesetz gebunden, und wenn wir uns strafbar machen,
werden wir verurteilt. So ist das in einem Rechtsstaat.
Aber es geht um die Funktionsfähigkeit des Parlaments.
Dass man dafür besondere Schutzvorkehrungen in unse-
rem Grundgesetz schafft, in Art. 38, in Art. 46 und in
Art. 47, sollte uns einen, ohne Ansehen der Person. Das
verteidige ich selbstverständlich auch dann mit Leiden-
schaft, wenn es um einen Kollegen der Linkspartei geht.
Das sollte uns über alle Grenzen der Fraktionen einen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn es bei Strafverfahren so ist, dass das Parlament
mindestens unterrichtet werden muss – warum muss es
dann nicht bei der Beobachtung durch einen Nachrich-
tendienst informiert werden? Das Grundgesetz schweigt
an dieser Stelle,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben das gar nicht für möglich gehalten!)


aber nicht schweigt der Geist des Grundgesetzes.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Deswegen wäre es an sich konsequent, dass man an die-
ser Stelle das Grundgesetz demnächst ergänzt. Ob wir
dafür eine Zweidrittelmehrheit erhalten, weiß ich nicht.
Das wäre eigentlich wunderbar. Der Geist des Grundge-
setzes – Art. 38, Art. 46 und Art. 47 – sagt doch: Das
Parlament muss mindestens informiert werden, wenn
Abgeordnete überwacht werden.

Liebe Kollegen von der Linkspartei, es kann über-
haupt nicht streitig sein, dass es im Einzelfall sehr wohl
möglich sein muss, auch einen Abgeordneten zu be-
obachten und möglicherweise sogar zu überwachen,
wenn es ganz gravierend ist. Dazu sind einige Beispiele
genannt worden. Es kommt letztlich auf den Einzelfall
an. Aber es muss geregelt werden, dass das Parlament
über solche Dinge informiert wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das kann doch gar nicht anders sein.

Ich rate sehr dazu, dass wir darüber nicht parteipoli-
tisch diskutieren. Es geht vielmehr um die Qualität unse-
res Verfassungsstaats. Dieser ist nicht parteipolitisch
orientiert. Der Verfassungsstaat ist eine Sache, die uns
alle gemeinsam eint. Herr Ruppert, ich meine, wir tun
gut daran, wenn wir uns zusammenrotten und, was uns

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(C (D ielleicht gar nicht so naheliegt, die Rechte der Kollegen er Linkspartei verteidigen. Nur dann merkt man doch, as uns der Verfassungsstaat Deutschland wirklich wert t, wenn wir uns für diese Leute einsetzen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Darüber darf man sich aufregen, und darüber rege ich
ich auf. Wenn diese Liste von Ihnen, Herr Minister
riedrich, jetzt überprüft wird, dann ist das das Mini-
um dessen, was geschehen muss. Ich halte es auch für

ngebracht, sich zu entschuldigen, weil ich es für völlig
berzogen halte, was da geschehen ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Serkan Tören [FDP]: Die in Ihren Reihen klatschen gar nicht mehr!)


Ja und? Was wollen Sie damit sagen? Was wollen Sie
amit behaupten?


(Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Machen Sie mal ein Kolloquium mit Ihrer Partei!)


Ich vertrete hier meine persönliche Auffassung.

Ich begrüße es sehr, dass das Bundesverfassungsge-
cht angerufen wird, weil endlich höchstrichterlich und
icht nur von dem von mir sehr respektierten Bundesver-
altungsgericht geklärt werden muss, was an dieser
telle möglich ist und was nicht, und ich rate sehr, die
esondere parlamentsrechtliche und die herausgehobene
erfassungsrechtliche Stellung des Abgeordneten in den
ittelpunkt der Überlegungen zu stellen. Jedenfalls er-

offe ich mir an dieser Stelle Klarheit und Wahrheit, und
h bitte sehr darum, dass wir alle gemeinsam die Rechte
er Parlamentarier verteidigen.

Schönen Dank fürs Zuhören.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715510200

Das Wort hat nun Stephan Mayer für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1715510300

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen! Sehr

eehrte Kollegen! Zunächst möchte ich auf den Kolle-
en Korte eingehen. Herr Kollege Korte, wenn die
inkspartei die letzte Partei in Deutschland ist, die die
eiheitlich-demokratische Grundordnung verteidigt, dann
öchte ich – das sage ich Ihnen ganz offen – in diesem
and nicht mehr leben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Auf Wiedersehen!)


Nun zu Ihnen, Herr Kollege Dr. Wiefelspütz. Ich habe
re triefenden Bedenken mit Interesse zur Kenntnis ge-

ommen. Ich kann mich allerdings nicht erinnern, dass





Stephan Mayer (Altötting)



(A) )


)(B)

Sie in den sieben Jahren, als Rot-Grün am Ruder war, je-
mals diese Bedenken und diese Aufregung artikuliert
haben, dass Sie jemals dem damaligen SPD-Bundesin-
nenminister Schily widersprochen haben. Aber selbst-
verständlich wurden auch in seiner Amtszeit ein paar
Abgeordnete der Linkspartei beobachtet. Wo war denn
Ihre Aufregung, Ihr Echauffieren damals?


(Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Wir haben dazugelernt!)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich gebe
dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungs-
schutz, Herrn Fromm, vollkommen recht, wenn er von
künstlicher Aufregung spricht, die angesichts dieser
Thematik in dieser Woche Deutschland ereilt.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Ganz so banal ist es auch wieder nicht!)


Ich sage ganz offen: Ich habe Verständnis für die Aufre-
gung eines Kollegen der Linkspartei, nämlich des Noch-
Parteivorsitzenden Ernst. Herr Ernst, Ihre Nichterwäh-
nung auf der Liste besorgt Sie natürlich zu Recht. Diese
Nichterwähnung zeigt aus meiner Sicht auch sehr deut-
lich, welche Bedeutung Sie in der Linkspartei überhaupt
noch haben.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der LINKEN: Das ist ja schon unverschämt!)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, in dieser
Woche ist nichts Neues zutage gefördert worden. Seit
1995 werden Abgeordnete der Linkspartei durch die
Verfassungsschutzämter beobachtet. Auf diese Feststel-
lung lege ich Wert. Der Umstand, dass in dieser Woche
so eine große Aufregung ist, dass so ein großes Echauf-
fieren stattfindet, lässt für mich nur zwei mögliche
Rückschlüsse zu. Die eine Möglichkeit ist, dass die Vor-
würfe vollkommen unberechtigt sind, dass die Linkspar-
tei keinerlei verfassungsfeindliche Tendenzen aufweist,
dass Sie alle eine weiße Weste haben, dass Sie alle Un-
schuldslämmer sind, dass es keinerlei verfassungsfeind-
liche Strömungen in Ihrer Partei oder Ihrer Fraktion gibt.
Wenn ich mir aber die letzten Monate vor Augen führe,
kann ich diese Möglichkeit nicht für realistisch halten.
Es gab deutliche relativierende Äußerungen zur DDR-
Vergangenheit, insbesondere zum Mauerbau. Es gab of-
fenkundige relativierende Äußerungen von Mitgliedern
der Linkspartei zum Existenzrecht Israels.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt hier „offenkundig“?)


Es gab eine hemmungslose Ergebenheitsadresse anläss-
lich des Geburtstags des ehemaligen kubanischen Dikta-
tors Fidel Castro, und Teile Ihrer Fraktion äußerten of-
fene und ungeschminkte Sympathie mit den Diktaturen
und Diktatoren in Syrien und im Iran.


(Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Lüge! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat aber die CDU eine bessere Vergangenheit! Wesentlich reichhaltiger!)


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(C (D Folglich bleibt für mich nur die Alternative übrig: eile der Linkspartei, einzelne Gruppierungen der Linen, werden völlig zu Recht und gesetzeskonform von en Verfassungsschutzämtern beobachtet. Dies wurde uch durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts om 21. Juli 2010 eindeutig bestätigt, in dem festgestellt urde, dass die Beobachtung des Abgeordneten Bartsch urch das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht nur chtmäßig, sondern auch erforderlich ist. Ich erlaube mir, aus dem Urteil zu zitieren: Anhaltspunkte für Bestrebungen einer Partei, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, sind nicht nur dann gegeben, wenn die Partei in ihrer Gesamtheit solche Bestrebungen entfaltet; … auch dann …, wenn solche Bestrebungen nur von einzelnen Gruppierungen innerhalb der Partei ausgehen. Ferner ist festzuhalten, dass der Umstand, dass einelne Abgeordnete beobachtet werden, nicht automasch bedeutet, dass sich die betreffenden Abgeordneten erfassungsfeindlich verhalten oder Staatsfeinde sind. as Bundesverfassungsgericht hat vielmehr sehr eindeug herausgearbeitet, dass es im Einzelfall sogar notwenig und erforderlich ist, die Parteifunktionäre, die Frakonsfunktionäre, also diejenigen, die Spitzenpositionen innehmen, zu beobachten, um festzustellen, inwiefern dikale, verfassungsfeindliche Strömungen innerhalb er Partei oder der Fraktion bedeutender werden und ielleicht sogar die Oberhand gewinnen. Ich darf beispielsweise Frau Sahra Wagenknecht zitien, die zwar ihre Mitgliedschaft in der Kommunistischen lattform, die immerhin 1 200 Mitglieder hat, ruhen lässt, ber deutlich darauf hingewiesen hat, dass sie die Ziele er Kommunistischen Plattform nach wie vor uneingechränkt unterstützt, nämlich notfalls auch auf radikalem eg einen Systemwechsel in unserem Land zu bewirken. ie wirbt offen dafür, linksextremistische, autonome ruppen in ihre eigene Partei zu integrieren, um – ich ziere – „eine vielfältige Protestkultur gegen Neoliberalisus und Kapitalismus“ zu schaffen. (Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Das ist doch nicht verfassungsfeindlich! – Weitere Zurufe von der LINKEN)


(Fritz Rudolf Körper [SPD]: Ramelow!)


In einem Text der Jugendorganisation der Linken
ird zwischen Reform und Revolution kein Wider-

pruch gesehen und skrupellos schwadroniert, dass im
ampf für einen Systemwechsel alle Mittel recht seien.

Die Parteivorsitzende Lötzsch führte im Januar letz-
n Jahres in einem vorab veröffentlichten Beitrag zu ei-
er Podiumsdiskussion zur Rosa-Luxemburg-Konferenz


(Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Das hatten wir doch alles schon! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wissen wir doch aus der Zeitung!)






Stephan Mayer (Altötting)



(A) )


)(B)

unter anderem aus – ich zitiere –:

Die Wege zum Kommunismus können wir nur fin-
den, wenn wir … sie ausprobieren, ob in der Oppo-
sition oder in der Regierung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es zeigt
sich eindeutig: Es gibt nach wie vor verfassungsfeindli-
che Tendenzen, Strömungen innerhalb der Partei Die
Linke, und es ist infolgedessen nach wie vor sachgerecht
und, wie gesagt, sogar erforderlich, die Linkspartei
durch die Verfassungsschutzämter zu beobachten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Beifall des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])


Abschließend möchte ich mir schon noch erlauben, zu
sagen: Herr Kollege Gysi, wie Sie in dieser Woche das
Bundesamt für Verfassungsschutz und vor allem seine
Mitarbeiter diskreditiert haben, das ist wirklich unan-
ständig und ungehörig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Begriffe wie „schwere Meise“, „ballaballa“ und „Pfei-
fenverein“


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


werden als unangemessen empfunden. Sie haben damit
den Verfassungsschutz und seine Mitarbeiter in höchs-
tem Maße diskreditiert.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich kann Sie an dieser Stelle wirklich nur auffordern:
Klären Sie endlich Ihr Verhältnis zur freiheitlich-demo-
kratischen Grundordnung und zur sozialen Marktwirt-
schaft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Peinliche Rede! – Weitere Zurufe von der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715510400

Das Wort hat nun Arnold Vaatz für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Schlechter als die vorhergehende Rede kann es eigentlich nicht mehr werden!)



Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1715510500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Als Erstes möchte ich mich bei dem Kollegen
Körper dafür bedanken, dass er vorhin den Unterschied
zwischen dem Verfassungsschutz und einem x-beliebi-
gen Geheimdienst herausgearbeitet hat.

Die heutige Debatte hat wohl ein Stück weit das Ziel,
an der Gleichsetzung von Verfassungsschutz und Staats-
sicherheit zu werkeln.


(Lachen bei der LINKEN)


Ich kann Ihnen nur sagen: Ich habe der Robert-
Havemann-Gesellschaft in Berlin meine Akten ge-

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(C (D chenkt. Wenn Sie sie sich ausleihen, können Sie sehen: h bin 16 Jahre lang persönlich vom Ministerium für taatssicherheit beobachtet worden. as Ministerium für Staatssicherheit hat sich damals icht darauf beschränkt, Zeitungsausschnitte aus dem euen Deutschland auszuschneiden, sondern es hat reundeskreise, Liebschaften, Familien und überhaupt lles ruiniert, was man an zwischenmenschlichen Bezieungen in Ostdeutschland aufgebaut hat. Deshalb ist dieer Vergleich, wie gesagt, fehl am Platz. Es ist aber richtig, dass wir uns nach 1990 ernsthaft edanken gemacht haben, ob man nicht auf einen Verssungsschutz verzichten kann. Das zu fordern, daran at uns allerdings die Überlegung gehindert, dass wir im tzten Jahrhundert in Deutschland insgesamt nur 6 Jahre lang Demokratie und 56 Jahre lang Diktatur atten. Von diesen 56 Jahren herrschte 12 Jahre eine chreckliche faschistische Diktatur und 44 Jahre eine etas anders geartete linke Diktatur. or diesem Hintergrund erwarte ich von meinem Staat, ass er sich die Frage stellt: Auf welche Weise können ir Demokraten verhindern, dass sich die Demokratie mals wieder selber abschafft? afür ist ein Verfassungsschutz notwendig, und dafür t, glaube ich, auch die heutige Diskussion notwendig. Lieber Herr Kollege Beck, Sie haben vorhin eine intessante Rede gehalten. Ich kenne Sie als einen Redner, er sehr scharfsinnig argumentiert. Aber ich habe von nen noch nie eine so schwache Argumentation von iesem Pult aus gehört wie die vorhin. Sie haben es uns uasi verboten, die Beobachtung der NPD und die Bebachtung der Linksabgeordneten in irgendeiner Weise u vergleichen; denn von den Linken gehe keine Gefahr r die Demokratie aus. Sie haben gesagt, es sei Stuss, so twas zu behaupten. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von diesen hier nicht!)


(Zuruf von der LINKEN: Wir auch!)


(Zuruf von der LINKEN: Etwas!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ja, genau, von diesen Linken. Das haben Sie gesagt.

Was Sie sonst immer tun, haben Sie dieses Mal nicht
etan: Sie haben Ihre Behauptung nicht begründet. Jetzt
öchte ich Ihnen einmal sagen, warum ich in dieser ei-

en Frage völlig anderer Auffassung bin als Sie.

Sie wissen, dass die Bundesrepublik in den 70er-Jah-
n von einer Welle des Linksterrorismus erschüttert
orden ist.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das sind doch nicht die da drüben!)


ie wissen, dass wir im Jahre 1990 plötzlich feststellen
ussten, dass ein Teil der untergetauchten Linksterroris-
n damals in der DDR lebte.


(Zurufe von der LINKEN)






Arnold Vaatz


(A) )


)(B)

Da haben wir gedacht, das ist eine bedauerliche Sache
und wird den Linken sehr peinlich sein.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe nicht gesagt, dass es von links keine Gefahr gibt! Aber nicht von dieser Partei, die so heißt!)


Was haben wir dann als Nächstes festgestellt? Am 8. Ja-
nuar vorigen Jahres tauchte Frau Inge Viett auf der Rosa-
Luxemburg-Konferenz auf und sagte, das Abfackeln von
Militärfahrzeugen sei durchaus legitim.

Auch die Linksterroristen im Westen haben eine Spur
von Toten hinter sich hergezogen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das waren doch nicht die hier!)


Ich erwarte von meinem Verfassungsschutz, dass er
klärt, ob eine Partei, die im Deutschen Bundestag vertre-
ten ist, oder auch Mandatsträger, die im Deutschen Bun-
destag vertreten sind, Beziehungen zu solchen Organisa-
tionen unterhalten oder ihnen logistische Unterstützung
liefern, zumal wenn es begründete Verdachtsmomente
wie den Auftritt von Frau Viett gibt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich habe gestern in Dresden in der Zeitung gelesen,
dass ein Aufruf der Antifaschistischen Aktion durch die
Medien läuft, und zwar unter dem Titel: Dresden zu Sta-
lingrad machen. Widerstand mit allen Mitteln am 13.
und 18. Februar.

Dazu folgender Aufruf von No Pasaran


(Zuruf des Abg. Alexander Süßmair [DIE LINKE])


– hören Sie zu! –:

Auch am 18. Februar 2012 werden wir wieder bun-
desweit nach Dresden fahren, obwohl es den Nazis
in diesem Jahr, dank unserer Erfolge, nicht gelingen
wird, einen Großaufmarsch zu organisieren.
Schließlich gilt es, sächsische Verhältnisse zu kip-
pen …

Mit anderen Worten: Die Tatsache, dass dort Nazis
auftauchen, ist plötzlich gar nicht mehr maßgebend. Es
geht gegen den Staat an sich, gegen die Demokratie. Das
ist die Zielsetzung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich wünsche, dass diesen Verbindungen auf den
Grund gegangen wird. Ich möchte wissen, ob die Antifa-
schistische Aktion etwas mit Ihrer Partei zu tun hat,


(Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Dann fragen Sie uns, anstatt uns zu bespitzeln!)


zumal deren Aufruf noch heute hier im Bundestag neben
der Bürotür Ihres stellvertretenden Fraktionsvorsitzen-
den Maurer hängt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Zu persönlichen Erklärungen gebe ich dem Kollegen iether Dehm und dann Gregor Gysi das Wort. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Gysi? Der ist doch gar nicht angesprochen worden! Warum kriegt er das Wort? – Gegenruf der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Haben Sie Uhl nicht zugehört?)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715510600


Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715510700

Kollege Hartmann hat eine Äußerung von mir zitiert,

r die ich mich danach sofort entschuldigt habe, weil es
in verunglückter Satireversuch war. Ich glaube, eine
olche Äußerung hat, zumal dann, wenn eine Entschuldi-
ung ausgesprochen wurde, in einer Debatte über Be-
pitzelungen nichts zu suchen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich habe Weihnachten vorletzten Jahres die nicht ge-
chwärzten Teile meiner Verfassungsschutzakte einse-
en können. Ich werde seit dem 18. Lebensjahr bespit-
elt; damals war ich – Kollege Hartmann hat das auch
ngesprochen – noch Mitglied der SPD. Ein Motiv zieht
ich durch alle fünf Aktenordner: dass ich für die Verge-
ellschaftung der Deutschen Bank eintrete. Das habe ich
eit dem 17. Lebensjahr getan.

Ich möchte darauf hinweisen, dass durch Art. 15 des
rundgesetzes – und ohne diesen Artikel hätte die SPD
iemals dem Grundgesetz zugestimmt – die Vergesell-
chaftung von Konzernen wie der Deutschen Bank aus-
rücklich möglich wird. Das Bundesverfassungsgericht
tellte im Jahr 1954 fest, dass mit Art. 15 des Grundge-
etzes eine grundsätzlich andere Wirtschafts- und Sozial-
rdnung in Deutschland möglich ist als der Kapitalis-
us.

Ich halte also fest, dass man gelegentlich die Demo-
ratie, die Verfassung, den demokratischen Rechtsstaat
nd den Sozialstaat vor der Deutschen Bank schützen
uss und nicht umgekehrt. Ich halte dies für verfas-

ungskonform.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715510800

Das Wort hat nun Gregor Gysi.


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715510900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Uhl

at gesagt, dass ich in einer Rede erklärt hätte, dass es in
er Linken Antisemitismus gebe. Das habe ich zu kei-
em Zeitpunkt erklärt, und das widerspricht auch meiner
uffassung. Allerdings gibt es in unserer Gesellschaft,
ie eine Studie jetzt nachweist, in wirklich beachtlichem
mfang Antisemitismus. Deshalb steht in unserem Par-
iprogramm das Ziel der Bekämpfung des Antisemitis-
us. Das ist auch dringend erforderlich.


(Beifall bei der LINKEN)






Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

Ich möchte ferner darauf hinweisen, dass ich die Aus-
sage, dass ich nur beobachtet werde, falsch finde. Herr
Bundesinnenminister, Sie können mir nicht erklären,
weshalb auf zig Blättern in meiner Akte steht: „Sperrver-
merk“, „Musste entnommen werden“ oder weshalb die
Blätter vollständig geschwärzt sind. Warum darf ich die
Unterlagen, wenn sie öffentlich zugänglich sind, nicht
lesen? Das ist doch nicht hinnehmbar. Hier ist doch nicht
die Wahrheit gesagt worden.

Ich möchte noch etwas sagen. Ja, Sie haben recht: Ich
habe abfällig über das Bundesamt für Verfassungs-
schutz, das heißt den Inlandsgeheimdienst, gesprochen.
Ich nenne Ihnen auch die Gründe: Seit Jahren passieren
zehn Morde, organisiert vom Rechtsterrorismus, und
dieses komische Bundesamt ist nicht in der Lage, einen
einzigen Beitrag zu leisten, um sie zu verhindern oder
wenigstens darauf hinzuweisen, dass der Rechtsterroris-
mus dahintersteckt. Dazu ist es nicht in der Lage. Aber
27 Abgeordnete meiner Fraktion kann es die ganze Zeit
beobachten. Deshalb sage ich: Die sind ballaballa und
ein Pfeifenverein, und ich bleibe auch dabei.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715511000

Herr Kollege Gysi, Sie haben das Wort zu einer per-

sönlichen Erklärung. Ich habe Ihnen nicht das Wort zu
einer Kurzintervention erteilt.


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715511100

Das stimmt ja auch.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715511200

Deswegen bitte ich Sie, Schluss zu machen.


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715511300

Das ist ja auch eine persönliche Erklärung. Mir ist das

ja vorgeworfen worden.

Ich will nur noch sagen, dass wir eine Gesetzesände-
rung brauchen. Ich bin auch dafür, dass man einen Herrn
Apfel beobachtet. Aber das darf doch nicht so willkür-
lich geschehen. Wo ist der Vorbehalt? Wo wird das Par-
lament gefragt? Wo wird es informiert? Es ist alles in-
diskutabel. Deshalb werden wir sehen, wie das
Bundesverfassungsgericht über unsere schon längst ein-
gereichte Klage und die Verfassungsbeschwerde des
Herrn Ramelow entscheiden wird.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715511400

Da Gregor Gysi das Instrument der persönlichen Er-

klärung zu einer Kurzintervention verwandelt hat, muss
ich nun Kollegen Uhl Gelegenheit geben, auf diese
Kurzintervention zu antworten.


(Beifall des Abg. Peter Altmaier [CDU/CSU])


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(C (D Herr Kollege Gysi, Sie haben nicht recht mit Ihrer Be auptung, Sie hätten nicht zum Antisemitismus in der artei Die Linke gesprochen. Ich habe hier eine Rede in er Hand, gehalten am 14. April 2008, Überschrift: „Die altung der deutschen Linken zum Staat Israel“. Dort aben Sie, angesichts 60 Jahre Israel, umfangreich über 3 Seiten dargestellt, worin die Probleme der antisemitichen Kräfte in der Partei Die Linke (Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: In der deutschen Linken!)

Dr. Hans-Peter Uhl (CSU):
Rede ID: ID1715511500

Umgang mit dem Staat Israel bestehen. Sie haben
ehr sensibel und sehr klug herausgearbeitet, dass Anti-
emitismus heute immer wieder als antiisraelische Poli-
k verkleidet in Erscheinung tritt, auch in Ihrer Partei.

Sie haben dann herausgearbeitet – auch mit Recht –,
ass es zur Staatsräson dieser Bundesrepublik Deutsch-
nd gehört, das Existenzrecht Israels nicht zu verneinen,

ondern zu bejahen, dass es zur Staatsräson dieser Repu-
lik gehört, Solidarität mit den Juden im Staate Israel zu
ben. Sie haben gesagt, wenn die Partei Die Linke mit
ieser Staatsräson nicht im Reinen sei – und sie ist nicht

Reinen, sonst hätten Sie die Rede nicht halten
üssen –, dann werde sie niemals in Deutschland eine
egierungsbeteiligung organisieren können.


(Beifall bei der CDU/CSU – Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Das ist eine Unterstellung!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715511600

Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:

Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

– Drucksache 17/8453 –

Hierzu liegt je ein Änderungsantrag der Fraktion Die
inke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre dazu kei-
en Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegen Peter
ltmaier für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1715511700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Die abscheuliche Mordserie der rechtsextremis-
schen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund
at uns alle in diesem Haus so schockiert wie kaum ein
nderes Ereignis der letzten Jahre. Es hat uns schockiert,
eil wir Verbrechen in dieser Art, in diesem Umfang, in
ieser Größenordnung in unserem Land nicht für mög-
ch gehalten hätten. Es hat uns schockiert wegen des un-
äglichen Leides, das damit viele Jahre lang über sehr





Peter Altmaier


(A) )


)(B)

viele Menschen, die friedlich bei uns leben, gekommen
ist. Es hat uns schockiert, dass es den Betreffenden so
lange möglich war, unerkannt und unbehelligt ihr Unwe-
sen zu treiben. Dies können und dies werden wir für die
Zukunft nicht hinnehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Das war der Grund, warum wir in einer eindrucksvol-
len Debatte und einer ebenso eindrucksvollen Entschlie-
ßung vom 22. November letzten Jahres einstimmig diese
Gefühle und unsere Entschlossenheit zur Aufklärung
und zur Ziehung der notwendigen Konsequenzen zum
Ausdruck gebracht haben.

In diese Erklärung des Deutschen Bundestags, die
zeigt, wie breit und wie stark der demokratische Nach-
kriegskonsens in unserem Land ist, haben wir nach reif-
licher Überlegung alle Fraktionen in diesem Haus ein-
bezogen. Ich glaube, es war richtig, dass wir alle
Fraktionen in diesem Haus einbezogen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Da klatschen nur wir!)


Meine sehr verehrten Damen und Herren von der
Fraktion Die Linke, erlauben Sie mir aber auch folgen-
den Hinweis: Ich gehöre diesem Bundestag seit 17 Jah-
ren an. Ich war dafür, dass Sie in das Rubrum des An-
trags aufgenommen wurden. Gleichzeitig bin ich aber
deprimiert darüber, wie wenig Sie Ihre 20-jährige Zuge-
hörigkeit zum Deutschen Bundestag genutzt haben, um
sich in Ihrer eigenen Arbeit von antisemitischen, anti-
europäischen, antidemokratischen und antiamerikani-
schen Tendenzen zu distanzieren und einen klaren
Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen. Solange
Sie das nicht schaffen, dürfen Sie sich nicht wundern,
wenn Sie in anderen Fragen der Politik nicht so behan-
delt werden, wie dies für die SPD, die Grünen, die FDP
und die CDU selbstverständlich ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir halten es für richtig, dass wir den Konsens vom
22. November letzten Jahres hinsichtlich der Verurtei-
lung der Tat auch hinsichtlich der Aufarbeitung für die
Zukunft beibehalten. Wir glauben, dass es für die Ak-
zeptanz in unserem Land und für den Erfolg unserer
Aufklärungsarbeit wichtig ist, dass wir uns nicht über
einzelne prozedurale Fragen zerstreiten.

Deshalb sage ich: Wir von unserer Fraktion waren
und sind nicht zu 100 Prozent überzeugt, dass die Einset-
zung eines Untersuchungsausschusses das naheliegende
und am besten geeignete Instrument ist, um diese Arbeit
zu leisten. Wir hätten einer Expertenkommission von
Bund und Ländern den Vorzug gegeben, weil wir glau-
ben, dass vieles von dem, was aufzuklären ist, die Zu-
ständigkeit der Länder sowie die Schnittstellen zwischen
einzelnen Ländern und auch die Schnittstellen zum Bund
berührt. Deshalb haben wir uns sehr früh für eine Exper-
tenkommission von Bund und Ländern ausgesprochen,

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(C (D ie der Bundesinnenminister dankenswerterweise vorgechlagen hat. Wir haben aber festgestellt, dass es auch zwei Frakonen in diesem Haus gibt, die aus ihrer Sicht zu dem rgebnis gekommen sind, dass die Einsetzung eines Unrsuchungsausschusses angezeigt ist. Auch wenn die raktion Bündnis 90/Die Grünen und die Linksfraktion icht ganz über das notwendige Einsetzungsquorum vergt haben, waren wir der Auffassung, dass es nicht wert t, sich an dieser Stelle zu zerstreiten. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)


Ich meine, es ist ein Beweis für die Tragfähigkeit un-
eres Grundkonsenses, dass wir uns auf eine Gesamtlö-
ung geeinigt haben, die den Anliegen aller Seiten in
iesem Haus gerecht wird. Es wird eine Expertenkom-
ission von Bund und Ländern geben, die in ihrem Um-
ng überschaubar ist und die imstande sein wird,

chnell und effizient zu arbeiten. Zudem wird es einen
ntersuchungsausschuss geben, der vermeiden soll, dass
ir im Deutschen Bundestag an vier oder fünf Stellen
arallele Arbeiten durchführen. Dieser Untersuchungs-
usschuss wird die Arbeiten bündeln. Außerdem wird er
inen Sonderermittler haben, der ebenfalls imstande sein
ird, die Aufarbeitung voranzutreiben. Ich bin über-

eugt, dass diese Lösung auch in der Öffentlichkeit An-
rkennung finden wird.

Es ist jetzt unsere Aufgabe, dass wir alles tun, damit
der Praxis tatsächlich eine Aufklärung der Vorgänge

rfolgt, damit es möglich wird, aufzuklären, welche Feh-
r, Pannen und Versäumnisse vorgekommen sind,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


amit es möglich wird, die richtigen Konsequenzen für
ie Zukunft zu ziehen.

Nachdem wir es geschafft haben, bereits vor Weih-
achten in der Innenministerkonferenz einen Konsens
ber die Expertenkommission herzustellen, nachdem wir
s geschafft haben, uns auf einen gemeinsamen Antrag
u einigen, wäre es, glaube ich, nicht gut, wenn wir uns
den nächsten Wochen und Monaten darüber streiten
ürden, wer welche Akten bekommt und wie die Zu-

ammenarbeit zwischen Bund, Ländern und den jeweili-
en Gremien auszusehen hat. Deshalb will ich auch im
amen meiner Geschäftsführerkollegen der anderen
raktionen sagen: Wir sehen uns in der Verantwortung,
ass wir, der Deutsche Bundestag, gemeinsam mit dem
undesinnenminister und den Bundesländern dafür sor-
en, dass wir eine vernünftige Arbeitsteilung herstellen
nd die Arbeit in einem Geiste der vertrauensvollen Zu-
ammenarbeit so organisieren, dass sie in absehbarer
eit zu Ergebnissen führt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will für
eine Fraktion sagen, dass wir mit der Einsetzung die-

es Untersuchungsausschusses selbstverständlich nicht





Peter Altmaier


(A) )


)(B)

aufhören werden, schon jetzt die Konsequenzen zu zie-
hen, die auf der Hand liegen. Wir erkennen an, dass die
Bundesregierung imstande war, sehr schnell erste Maß-
nahmen zu ergreifen. Ich gehe davon aus, dass dies auch
in Zukunft der Fall sein wird.

Der Umstand, dass wir einen Untersuchungsaus-
schuss haben, in dem sich Experten – der Kollege
Binninger aus unserer Fraktion und andere – mit dieser
sicherlich nicht ganz einfachen Materie beschäftigen,
entbindet uns, den Bundestag insgesamt, nicht von unse-
rer politischen Verantwortung. Wir werden dafür sorgen,
dass dieses Thema nicht in Vergessenheit gerät und wir
die notwendigen Konsequenzen ziehen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715511800

Das Wort hat nun Thomas Oppermann für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Thomas Oppermann (SPD):
Rede ID: ID1715511900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die

Morde, Bombenanschläge und Banküberfälle des Natio-
nalsozialistischen Untergrunds gehören zweifellos zu
den schwersten Verbrechen in der Geschichte der Bun-
desrepublik Deutschland. Wir haben gesehen, wie sich
aus einer nationalistischen Ideologie über die Zwischen-
stufe einer aggressiven rechtsextremen Kameradschaft
ein rechter Terror entwickelt hat. Ich muss Ihnen ganz
ehrlich sagen: Es ist für mich immer noch ein unheim-
lich schwer zu ertragender Gedanke, dass sich nach dem
Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im
demokratischen Deutschland über zehn Jahre hinweg ein
vom rassistischen Vernichtungswillen geprägter natio-
nalsozialistischer Terror ausbreiten konnte.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist ein deprimierender Befund, dass unsere Sicher-
heitsbehörden diese Verbrechen nicht verhindern konn-
ten, obwohl es möglich gewesen wäre. Es war eine
ganze Kette von Fehlern, Fehleinschätzungen und Nach-
lässigkeiten, die es am Ende den Terroristen leicht ge-
macht haben, diese Verbrechen zu begehen.

Dabei geht es im Kern um die Schutzpflichten des
Staates, um die elementaren Schutzpflichten, die der
Staat gegenüber seinen Bürgern hat, nämlich die Sicher-
heit der Bürger vor solchen Verbrechen zu gewährleis-
ten. Diese Schutzpflichten hat der Staat verletzt. Insofern
ist es auch ein ganz schlimmer Fall von Staatsversagen,
den wir hier erlebt haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deshalb sind wir es den Opfern und ihren Angehöri-
gen schuldig, dass diese Vorgänge umfassend und ohne
jede Rücksichtnahme aufgeklärt werden und wir alle

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(C (D otwendigen Maßnahmen ergreifen, damit sich solche chlimmen Verbrechen in Deutschland nicht noch einal ereignen können. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Voraussetzungen dafür sind gut. Peter Altmaier
at darauf hingewiesen, dass der vorliegende Antrag von
llen Fraktionen des Deutschen Bundestages getragen
ird. Dass wir einen Konsens der demokratischen Par-
ien haben, das ist eine wichtige Voraussetzung. Wir

ind nicht dem schnellen Reflex gefolgt, einen Untersu-
hungsausschuss als Kampfinstrument der Opposition
egen die Regierung einzusetzen. Das wäre falsch und
urzsichtig gewesen. Stattdessen haben wir bei genauer
rüfung festgestellt, dass ein Bundestagsuntersuchungs-
usschuss nur begrenzte Möglichkeiten hat,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, na, na! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sehen wir anders!)


achverhalte zu überprüfen, die im Bereich der parla-
entarischen Verantwortlichkeit von Landesregierungen
egen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind ja dieses Mal nicht dabei, Herr Kollege Oppermann!)


Wir wollen eine umfassende Aufklärung. Uns genügt
s nicht, festzustellen, dass die eine oder andere Landes-
gierung nicht kooperiert,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die muss!)


m sie dann dafür zu kritisieren. Das bringt uns in der
ache nicht weiter. Deshalb ist die Idee, eine Bund-Län-
er-Ermittlungsgruppe aufzustellen, mit den Ländern ge-
einsam die Vorgänge in den einzelnen Bundesländern

u untersuchen, insbesondere die Schnittstellen von
und und Ländern, richtig. Hier hat sich die Idee einer
telligenten Verknüpfung von Untersuchungsausschuss

nd Bund-Länder-Kommission durchgesetzt.


(Beifall bei der SPD)


Ich bin davon überzeugt, dass es gelingt, ein Gesamt-
ild der Vorgänge zu bekommen. Wir müssen den Sach-
erhalt feststellen, der sich zugetragen hat. Auf der Basis
ieses Sachverhaltes muss eine Schwachstellenanalyse
urchgeführt werden. Dann brauchen wir Vorschläge,
ie unsere Sicherheitsarchitektur so verändert werden
ann, dass sich ein solcher Vorgang nicht wiederholen
ann.

Weil das Ganze so konzipiert ist, bin ich froh darüber,
ass dieser Untersuchungsausschuss kein Skandalisie-
ngsinstrument ist, sondern ein Aufklärungsinstrument
it zusätzlichen Möglichkeiten im Sinne einer Gesetz-

ebungs- und Empfehlungsenquete, Vorschläge zu erar-
eiten, wie wir unser Sicherheitssystem in diesem Be-
ich verbessern können.





Thomas Oppermann


(A) )


)(B)

Der Untersuchungsausschuss hat drei Ziele:

Erstens die Aufklärung des Sachverhaltes und die
Ausarbeitung von Empfehlungen, von denen ich eben
gesprochen habe.

Zweitens erhoffe ich mir von diesem Ausschuss, dass
wir Belege und Beweise für die Zusammenarbeit zwi-
schen NPD bzw. NPD-Mitgliedern und dem braunen
Unterstützernetzwerk der Terroristen finden. Wir stellen
schon jetzt fest: Ohne die mitwirkenden NPD-Mitglieder
wäre das braune Unterstützungs- und Sympathisanten-
netzwerk für die Rechtsterroristen nicht möglich gewe-
sen. Der Untersuchungsausschuss muss die Möglichkeit
nutzen, Belege und Beweise für die Verfassungswidrig-
keit der NPD zu sammeln, damit wir sie in einem zwei-
ten Verbotsverfahren verwerten können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nicht zuletzt erhoffe ich mir von diesem Ausschuss,
dass er dazu beiträgt, das gesellschaftliche Bewusstsein
zu verändern. Die vielen Fehler, die die Sicherheitsbe-
hörden gemacht haben, sind für mich kein Zufall. So
viele Fehler macht man nur in einem Umfeld, das von ei-
ner nachhaltigen Verharmlosung rechtsextremer Ideolo-
gie und neonazistischer Gewalt geprägt ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Rechtsextremismus ist in Deutschland über Jahre
hinweg systematisch unterschätzt werden. Deshalb müs-
sen wir dazu beitragen, dass sich die Haltung der Men-
schen in diesem Land verändert. Die rechtsextreme
Ideologie will die demokratische und pluralistische Ge-
sellschaft bekämpfen. Sie stellt einen Grundgedanken
unserer Verfassungsordnung infrage, nämlich die Gleich-
wertigkeit aller Menschen. Die Rechtsextremen wollen
die Menschen einteilen in höherwertige und in minder-
wertige. Wir alle müssen dieser Ideologie entgegentre-
ten,


(Beifall der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])


egal wo sie auftritt: ob am rechten Rand der Gesellschaft
oder in der Mitte der Gesellschaft. Auch dazu muss der
Ausschuss einen Beitrag leisten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715512000

Das Wort hat nun Hartfrid Wolff für die FDP-Frak-

tion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ent-

hüllungen der letzten Wochen haben das Vertrauen der

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(C (D evölkerung in die Arbeit der Sicherheitsbehörden achhaltig beeinträchtigt. Bei den Morden der Zwickuer Zelle handelt es sich um die bislang schwerwieendsten neonazistisch motivierten Gewalttaten, die die undesrepublik Deutschland erlebt hat. Es gab schon tzt erkennbare erhebliche und kaum fassbare Fehler nd Versäumnisse auch der Sicherheitsbehörden. Die ürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch darauf, ine lückenlose und einheitliche politische Aufklärung ieser Fehler zu erhalten. Deshalb muss neben einer juristischen Aufarbeitung urch den Generalbundesanwalt nun auch eine politische ufklärung erfolgen. Es muss geklärt werden: Wer usste was? Wer trägt für diesen Dilettantismus der Si herheitsbehörden die Verantwortung? Wie können wir en braunen Sumpf trockenlegen? Die Fragen nach den onsequenzen sind wir den Opfern, der schockierten eutschen Öffentlichkeit und unserer Demokratie schulig. Die FDP-Fraktion hat von Anfang an die Möglichkeit ines Untersuchungsausschusses erwogen. Insofern timmt es nicht ganz, dass die Größe des Ausschusses erändert werden müsste, damit die Fraktionen, die von nfang an einen solchen Ausschuss erwogen hätten, die iertelminorität erreichen. Die wird jetzt erreicht. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber so richtig Opposition sind Sie doch auch noch nicht, Herr Kollege!)


Die SPD hat in den letzten Wochen mehrmals ihre
einung gewechselt und trägt aus meiner Sicht die Ver-

ntwortung dafür, dass wir erst in diesem Jahr die Ver-
hrensfragen abschließend besprechen konnten. Über

ie Gründe kann man nur spekulieren. Umso mehr freut
s mich aber, dass nun alle Fraktionen sich auf die Ein-
etzung dieses Ausschusses geeinigt haben. Der Kollege
ltmaier hat die Eckpunkte entsprechend skizziert.

Die FDP hat von Anfang an auf eine lückenlose Auf-
lärung gedrängt. Zu viel ist augenscheinlich vor allem
uch in der Koordination der Behörden schiefgelaufen.
u sehr belasten diese Morde das Ansehen unserer Si-
herheitsorgane im In- und Ausland. Insbesondere steht
er Eindruck im Raum, die Länder hätten nebeneinan-
erher gearbeitet. Es wäre deshalb unverantwortlich,
enn sich die Innenminister der Länder weigern wür-
en, ihren Beitrag zur politischen Aufarbeitung auch an
er Stelle zu leisten.

Der Bund hat nach dem Grundgesetz die Alleinzustän-
igkeit zur Regelung der Zusammenarbeit der Verfas-
ungsschutzbehörden. Offenbar sind sich manche Län-
erdienststellen nicht der Verantwortung bewusst, die
nen der Bund durch das derzeitige sehr länderfreundli-

he Verfassungsschutzgesetz einräumt. Das Bundesamt
r Verfassungsschutz hat allerdings schon jetzt sehr
eitreichende Kompetenzen, auch Informationen aus den
undesländern einzuziehen. Hier erwarte ich im Aus-

chuss erheblich mehr Informationen.

Das Nebeneinander der Sicherheitsbehörden, die un-
erhohlene Verteidigung von Ressortegoismen und auch
on Kompetenzen im Bund-Länder-Verhältnis muss auf





Hartfrid Wolff (Rems-Murr)



(A) )


)(B)

den Prüfstand. Wer nicht kooperiert, schafft Sicherheits-
lücken. Das war bei der Beobachtung der Sauerland-
Gruppe so, und das ist in diesem Fall leider auch so. Wir
brauchen eine neue Sicherheitsarchitektur unter Einbe-
ziehung der Länder.

Meine Damen und Herren, die bisherigen Initiativen
des Bundesinnenministers für ein gemeinsames Abwehr-
zentrum und die Zusammenführung von Daten weisen in
die richtige Richtung. Weitere, vor allem auch organisa-
torische Maßnahmen, insbesondere in Zusammenarbeit
mit den Ländern, sind nötig.

Der Untersuchungsausschuss hat die Aufgabe, zu er-
mitteln, welche Fehler gemacht wurden. Nur so können
wir verhindern, dass sich Derartiges wiederholt. Die
FDP wird auf der lückenlosen Aufklärung bestehen und
konsequent und konstruktiv im Ausschuss mitarbeiten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715512100

Das Wort hat nun Petra Pau für die Fraktion Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715512200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

Innenausschuss des Bundestages hat sich mehrfach mit
der Nazimordserie der sogenannten Zwickauer Zelle be-
fasst. Stets waren Vertreter des Innenministeriums, des
Bundeskriminalamtes, des Verfassungsschutzes, der Bun-
desanwaltschaft und weiterer Behörden dabei. Es ging um
Aufklärung. Das hofften wir.

Den mageren Ertrag fasste der Kollege Wolfgang
Bosbach, CDU, so zusammen: Die was wissen, die kom-
men nicht. Die, die kommen, wissen nichts. Und die, die
was wissen und dennoch kommen, die sagen nichts. –
Prägnanter kann man kaum bündeln, warum wir nun die-
sen Untersuchungsausschuss brauchen.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es sei an zwei Zitate erinnert, beide vom Präsidenten
des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Heinz Fromm
meinte, die Nazimordserie sei eine „Niederlage für die
Sicherheitsbehörden“, und er räumte ein:

Wir haben die jetzt bekannt gewordenen Täter nicht
wirklich verstanden. … Dabei hätte man es besser
wissen können.

Folglich muss der Untersuchungsausschuss auch der
Frage nachgehen, warum der Rechtsextremismus so be-
harrlich unterschätzt wird. Zehn Menschen mussten dies
mit ihrem Leben bezahlen. Ich korrigiere mich: seit 1990
mehr als 150 Menschen. Ich denke: Der Bundestag
schuldet ihnen und all ihren Angehörigen eine vorbehalt-
lose Aufklärung.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Rechtsextremismus ist eine Gefahr für Leib und Leen. Fragen Sie Initiativen, die sich täglich gegen echtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus enagieren. Sie haben längst das Wissen und die Kompenz, die die Familienministerin, Kristina Schröder, nun lötzlich mit einer staatlichen Extrabehörde schaffen öchte. Viel besser wäre es, diese Initiativen nicht stän ig infrage zu stellen, nicht politisch und auch nicht fianziell. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


er Bundesinnenminister, Hans-Peter Friedrich, hat
cht, wenn er ermahnt: Der Kampf gegen Rechts ist

ine „Daueraufgabe der gesamten Gesellschaft“. Ich
age mich allerdings, warum die Regierung dagegen

eit Jahren Knüppel streut.

Es ist gut, dass sich nun alle Fraktionen weitgehend
invernehmlich auf einen Untersuchungsausschuss geei-
igt haben. Allerdings – das spielte eben schon eine
olle – ist die Gefahr noch nicht gebannt, dass sich maß-
ebliche Behörden auf ein angebliches Aussageverwei-
erungsrecht zurückziehen. Wir kennen das auch aus an-
eren Untersuchungen. Ich hoffe also, dass die Appelle
er Kollegen Altmaier, Wolff und anderer auf fruchtba-
n Boden fallen. Sollte dies aber nicht der Fall sein: Die
inke hat alle einschlägigen Urteile des Bundesverfas-
ungsgerichts parat. Deutlicher gesagt: Wir sind vorbe-
itet, das Kontrollrecht des Parlamentes gegenüber den
undesbehörden notfalls auch in Karlsruhe durchzuset-
en.


(Beifall bei der LINKEN – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Gesetz ist auf unserer Seite!)


Nun gibt es noch einen weiteren Streit, nämlich den
ber die zahlmäßige Stärke des Untersuchungsausschus-
es. Im Angebot sind 8, 11 oder 15 Mitglieder. CDU/
SU, FDP und SPD neigen zu 11 Abgeordneten. Das
lingt wie der goldene Mittelweg, ist es aber nicht. Des-
alb sage ich allen interessierten Zuhörern: Bei 8 oder
5 Mitgliedern hätten Grüne und Linke zusammen ein
igenes Beweisantragsrecht. Bei 11 Ausschussmitglie-
ern wären beide Fraktionen drittrangig. Ich finde, liebe
olleginnen und Kollegen, ein Elferrat ist kein Beleg für
ouveränität.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Abschließend noch zwei persönliche Bemerkungen:
ie, Herr Bundesinnenminister Friedrich, sind aktuell
ehrfach zur Überwachung der Linken durch den Ver-
ssungsschutz befragt worden, ganz allgemein, aber

uch konkret nach der Vizepräsidentin des Bundestages
etra Pau, also mich. Sie haben darauf mit einem Ver-
eis auf die NPD reagiert. Ich finde es unverschämt,
ich mit diesem braunen Gesindel auch nur ansatzweise

usammen zu denken.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)






Petra Pau


(A) )


)(B)

Es mag sein, dass Sie schlecht beraten waren. Es mag
sein, dass Sie in Erklärungsnot waren. Aber eine solche
infame Unterstellung weise ich persönlich enttäuscht
und strikt zurück.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb will ich auch daran erinnern: Die Nazis ka-
men 1933 nicht an die Macht, weil die NSDAP so stark
war, sie wurden mächtig, weil Demokratinnen und De-
mokraten zu schwach und zerstritten waren. Diese Lehre
aus der Geschichte sollte endlich auch bei Behörden und
Ministern ankommen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Demokratieunterricht von den Linken ist das Letzte, was wir brauchen!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715512300

Das Wort hat nun Volker Beck für die Fraktion Bünd-

nis 90/Die Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715512400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die

Morde der rechtsterroristischen Mundlos-Zschäpe-
Bande haben Deutschland erschüttert. Das Erschütternde
ist, dass Menschen sterben mussten, weil die Sicher-
heitsbehörden in unserem Land versagt haben. Die
Morde hätte man verhindern können, wenn man die Tä-
ter verfolgt, verhaftet und vor Gericht gestellt hätte. Das
ist eine Tragödie, die nicht wiedergutzumachen ist. Das
Vertrauen in unseren Rechtsstaat ist bei Teilen unserer
Bevölkerung dadurch nachhaltig erschüttert worden.

Das Institut für Migrations- und Politikforschung der
Universität Ankara hat festgestellt: Viele türkische Mi-
granten haben durch diese Vorgänge das Vertrauen in
den deutschen Rechtsstaat verloren. 55 Prozent glauben,
dass die Rechtsterroristen vom deutschen Staat beschützt
oder gar gefördert wurden. Wenn man sich die Informa-
tionen der letzten Wochen anschaut, kann man sagen:
Diese Annahme ist nicht gänzlich falsch. Natürlich war
es nicht der Staat selbst, aber einige seiner Beamten ha-
ben versagt, haben diese Bande indirekt geschützt und
ihr sogar Geld zukommen lassen.

Deshalb ist es wichtig, dass der Deutsche Bundestag
heute mit allen fünf demokratischen Fraktionen – ich be-
tone das – diesen Untersuchungsausschuss gemeinsam
einsetzt. Nur ein Untersuchungsausschuss kann Zeugen
unter Wahrheitspflicht vorladen und sie zwingen, zu sa-
gen, was sie wissen, damit alles auf den Tisch kommt.
Ich war nie gegen eine Bund-Länder-Kommission, in der
die Exekutive sie selbst betreffende Vorgänge selbst auf-
klärt und schaut, welche ihrer Fehler sie sich zurechnet
und welche davon sie der Öffentlichkeit präsentieren
will. Solch eine Kommission kann aber eine parlamenta-
rische Untersuchung nicht ersetzen. Sie kann allenfalls
Unterstützung bei der Aufklärungsarbeit leisten. Wenn

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(C (D ie konstruktiv arbeitet, nehmen wir die Informationen erne entgegen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich bin froh, dass es jetzt diese Gemeinsamkeit be-
üglich des Untersuchungsausschusses gibt; denn das
ar im Dezember 2011 noch nicht so. Wir mussten hef-
g kämpfen und Überzeugungsarbeit leisten, dass dies
er richtige Weg ist. Wir hatten auch Diskussionen über
en Auftrag; einige Formulierungen hätten uns viele
teine in den Weg gelegt. Es ist gut, dass wir heute Kon-
ens feststellen und das Anliegen gemeinsam tragen.

Aber wenn tatsächlich Konsens herrscht, dann frage
h Sie: Warum fürchtet jemand das gemeinsame Beweis-

ntragsrecht von zwei kleinen Fraktionen, damit sie voll-
tändig und gleichberechtigt, also auf Augenhöhe, im
ntersuchungsausschuss mitwirken können? Wir stel-
n dazu Änderungsanträge. Ich finde, Sie sollten Ihrem
erzen einen Ruck geben. Sie haben zwei Möglichkei-
n: Sie können den Untersuchungsausschuss größer
der kleiner machen. Auf beiden Wegen kommen Sie zu
em Ergebnis, dass diese beiden Fraktionen das Beweis-
ntragsrecht erhalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Es gibt drei Oppositionsfraktionen!)


Wenn Sie das nicht tun, sollten Sie sich aber ver-
flichten, diesen Anträgen jeweils stattzugeben; ansons-
n versuchen Sie, durch einen Trick bei der Zusammen-

etzung die vorbehaltlose Aufklärung zu verhindern.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Herr Beck, was für ein Trick?)


ir müssen vorbehaltlos aufklären, wir müssen Fragen
tellen. Wir müssen zum Beispiel fragen, wie es sein
onnte, dass man 14 Jahre lang eine Mörder- und Bank-
uberbande aus dem Nationalsozialistischen Unter-

rund nicht gefunden und ergriffen hat, ihnen nicht
achgesetzt hat. Wie konnte es sein, dass der Vater einer
ieser Terroristen vom Verfassungsschutz angerufen
urde und ihm gesagt wurde, er solle nur von einer Tele-
nzelle aus anrufen, wenn er Kenntnis von Aufenthalts-

rten seines Sohnes hat, ansonsten höre auch die Polizei
u? Wie kann es in einem Rechtsstaat sein, dass der Ver-
ssungsschutz Mörder und Terroristen vor polizeilicher
erfolgung schützen will? Das ist doch unmöglich!

Unmöglich ist auch, dass man lange Zeit die Opfer zu
ätern gemacht hat, indem man das irre Wort „Döner-
orde“, das Unwort des Jahres 2011, verwendet hat. Es

aben nicht Döner gemordet, und es sind auch nicht Dö-
er ermordet worden, sondern es sind Menschen mit
igrationshintergrund von deutschen Rassisten und
echtsextremisten angegriffen worden. In dieser Rich-
ng hat man aber nicht gesucht, weil man in den zustän-

igen Behörden offensichtlich bestimmte Vorurteile
atte, was dazu geführt hat, dass man in die falsche
ichtung ermittelt hat.





Volker Beck (Köln)



(A) )


)(B)

Auch kriminalistisch ist vieles falsch gelaufen. Man
hat Beweise, die bei Anschlägen sichergestellt worden
sind, vernichtet. Hätte man sie zusammengefügt und
zum Beispiel das Material der Rohrbomben, die in den
Jahren 2003 und 2004 explodiert sind, verglichen, hätte
man gemerkt, dass es hier einen Tatzusammenhang ge-
geben hat. All das hat man aber nicht getan.

Notwendig ist eine tiefgreifende Analyse. Wir müs-
sen überprüfen: Was läuft beim Informationsaustausch
falsch: zwischen Polizei und Geheimdienst,


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ja!)


zwischen Bund und Ländern


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ja!)


und zwischen den Ländern?


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ja! Aber da sind Sie der Bremser!)


Wir müssen uns aber auch fragen: Was für eine Mentali-
tät herrscht in manch einer Behörde, wenn es dazu kom-
men kann, dass man so grundsätzlich falsch ermittelt
und falsch vorgeht? Das sind wir den Menschen im
Lande schuldig.

Ich denke, durch eine vorbehaltslose Aufklärung kön-
nen wir viel Vertrauen in den Rechtsstaat zurückgewin-
nen, wenn wir im Anschluss die Pannen und Struktur-
probleme unserer Sicherheitsbehörden entsprechend den
Empfehlungen der Kommission beheben. Wir wollen
daran gerne mitwirken. Ich hoffe in der Tat, dass es in
diesem Ausschuss nicht zu Streit zwischen den Fraktio-
nen bzw. zwischen Opposition und Koalition kommt,
sondern dass alle vorbehaltlos an der Aufklärung mitwir-
ken. Das sind wir den Opfern und deren Angehörigen
schuldig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Das liegt ganz an Ihnen!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715512500

Das Wort hat nun Clemens Binninger für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1715512600

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Diese Mordserie hat uns alle erschüttert. Am 22. No-
vember letzten Jahres hat der Deutsche Bundestag ge-
meinsam ein Zeichen gegen diese schrecklichen Verbre-
chen gesetzt. Heute setzt der Deutsche Bundestag wieder
ein Zeichen, indem er gemeinsam, getragen von allen
Fraktionen, einen Untersuchungsausschuss einsetzt. Von
Untersuchungsausschüssen sind wir aus der Vergangen-
heit gewohnt, dass sich sehr schnell ein klassisches Rol-
lenverständnis entwickelt: die Opposition auf der einen
Seite, die Regierung auf der anderen Seite. Die Fraktio-
nen spielen also auch dort eine Rolle.

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(C (D Dieser Ausschuss wird nicht so sein; (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hoffentlich!)


afür kann man, wie ich glaube, schon heute garantieren.
r wird gemeinsam versuchen, diese schreckliche Mord-
erie aufzuklären und herauszufinden, wo es Versäum-
isse gab. Eines muss uns klar sein: Wir müssen alles
ögliche tun, damit sich solch eine Verbrechensserie in

nserem Land nicht wiederholen kann. Das ist unsere
emeinsame Aufgabe.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


enn der Untersuchungsausschuss mit seiner Arbeit und
en Erkenntnissen, die er gewinnt, dazu einen Beitrag
istet, dann hat er seinen Auftrag erfüllt, nicht mehr und
icht weniger.

Von einigen Rednern haben wir schon gehört: Neben
em von uns einzusetzenden Untersuchungsausschuss
ibt es eine Bund-Länder-Kommission, die die Innen-
inister der Länder und der Bundesinnenminister einge-

etzt haben; das ist völlig in Ordnung. Auch in Thürin-
en gibt es einen Untersuchungsausschuss. Ebenfalls in
hüringen wurden schon eine Kommission und ein Son-
erermittler eingesetzt. Das ist kein Widerspruch. Es ist
as legitime Recht der Länder – vielleicht sogar ihre
flicht –, auch in ihrem Verantwortungsbereich Aufklä-
ng zu betreiben.

Wir alle, die wir in diesem Gremium mitarbeiten,
ind, glaube ich, gut beraten, nicht gegeneinander, son-
ern miteinander zu arbeiten. Wir müssen einen Weg
nden, zu ermöglichen, dass die verschiedenen Gremien
r Wissen austauschen. Außerdem müssen wir vermei-

en, dass wir uns gegenseitig ins Gehege kommen.

Vereinzelt wurde gefragt, ob Vertreter der Länder
berhaupt kommen müssen und ob vonseiten der Länder
berhaupt Akten bereitgestellt werden müssen, wenn wir
ie darum bitten.

Frau Kollegin Pau, ich will hier gar nicht so sehr auf
chtliche Fragen und darauf eingehen, ob man darauf

lagen müsste.


(Petra Pau [DIE LINKE]: Ich hoffe ja, nicht!)


as wäre mir schon fast ein Schritt zu weit. Ich will ei-
es deutlich machen: Es mag vielleicht keine Verpflich-
ng geben, zu kommen,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Steht im Gesetz!)


ber es ist auch nicht verboten, dass man uns zur Aufklä-
ng in der Sache zur Verfügung steht, wenn wir darum

itten.


(Fritz Rudolf Körper [SPD]: Sehen das alle so?)


h will dieses Angebot ausdrücklich machen, und ich
in sehr zuversichtlich, dass wir, wenn wir als Aus-
chuss gemeinsam agieren, hier im Interesse der gemein-





Clemens Binninger


(A) )


)(B)

samen Aufklärung zu einem guten Weg kommen wer-
den.

Alles andere wäre den Bürgern dieses Landes auch
nicht zu vermitteln. Es wäre den Bürgern nicht zu ver-
mitteln, wenn wir uns bei der Aufklärung auf Formalien
wie Zuständigkeiten zurückziehen würden, während alle
hier diese schreckliche Mordserie zu Recht beklagen und
sagen, das dürfe sich nicht wiederholen. Ich glaube, des-
halb wird es dazu auch nicht kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Abg. HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Ich würde sie zulassen, aber ich warte auf das Signal
des Präsidenten.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715512700

Bitte schön, Herr Ströbele.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich danke sowohl dem Präsidenten als auch dem Red-
ner, Herrn Binninger.

Es wird ja hier den ganzen Tag darüber diskutiert
– auch in den Medien –, welche Möglichkeiten und
Rechte der Untersuchungsausschuss eigentlich hat und
ob der Untersuchungsausschuss außer Bundesbehörden
und der Bundesregierung auch aus den Ländern Zeugen
laden und Beweismittel und Akten beiziehen kann.

Hier erlaube ich mir den Hinweis auf das Untersu-
chungsausschussgesetz, das dieser Deutsche Bundestag
ja verabschiedet hat. Darin steht das ausdrücklich. Wir
haben uns damals, als wir den entsprechenden Gesetz-
entwurf formuliert haben, ja auch über solche Fälle wie
den jetzigen Fall Gedanken gemacht. Bundesbehörden
werden dort ausdrücklich genannt, aber darin steht auch
ganz allgemein, dass der Parlamentarische Untersu-
chungsausschuss Gerichte und Behörden, und zwar nicht
nur Gerichte und Behörden auf Bundesebene, zur Amts-
hilfe verpflichten kann. Das gilt gerade auch für die Bei-
ziehung von Beweismitteln und Akten. Das steht also im
Gesetz. Das heißt, wir haben eine gute und verlässliche
gesetzliche Grundlage, auf der wir arbeiten können.


(Gisela Piltz [FDP]: Was ist die Frage?)


Ich frage Sie, ob Sie das beruhigt und ob Sie mir recht
geben können, dass wir auf dieser Grundlage sehr opti-
mistisch sein können, dass die Aufklärung klappen wird.


Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1715512800

Herr Kollege Ströbele, es kommt sicher selten vor, dass

mich eine Frage von Ihnen beruhigt, aber in diesem Fall
Ihres Verweises auf die Rechtslage, die mir bekannt ist,
kann ich das bejahen. Ich wollte bewusst nicht diese recht-

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(C (D che Debatte führen, weil ich denke: Noch schöner, als ich über rechtliche Fragen zu streiten – eine ähnliche Betimmung gibt es ja im Gesetz über die parlamentarische ontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes; ier gibt es teilweise unterschiedliche Auffassungen, wie as unter Juristen nun einmal häufig üblich ist –, wäre es, uf den Konsens zu setzen. Das tun wir, und das sollte uch das Signal sein, das von den heutigen Debattenbeiägen ausgeht. Ich glaube auch, dass das gelingt. Wir werden in diesem Untersuchungsausschuss verchiedene Fragen stellen müssen. Auch das ist hier heute achmittag schon angeklungen. War der Informations ustausch zwischen Bundesund Landesbehörden richg organisiert? Das gilt übrigens auch für den Informaonsaustausch zwischen dem Verfassungsschutz und der olizei. Verbunden damit stellt sich die Frage, ob das, as wir heute einfordern, damals überhaupt schon rechtch zulässig gewesen wäre. Wir müssen auch die Frage tellen: Wie konnte es passieren, dass dieses Trio, das it Haftbefehl gesucht wurde, 1998 abtauchen konnte? arum ist es über drei Jahre hinweg nicht gelungen, den tandort zu entdecken und dieses Trio festzunehmen? arum ist es 2000, als die Mordserie begann – 2001 wan schon vier Morde passiert –, nicht gelungen, auch ur einen Hinweis zu finden, mit dem eine Verknüpfung wischen dieser Mordserie und diesem Trio hätte ermögcht werden können? Oder gab es sie und wurden sie lsch bewertet? Diesen Fragen müssen und werden wir uns stellen. ir werden dabei sicher auch an den Punkt kommen, ass wir die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden ewerten müssen. Ich sage hier ganz deutlich: Wenn wir Ausschuss feststellen, dass die Sicherheitsarchitektur nseres föderalen Systems bei solch komplexen Verbrehen mit terroristischem Hintergrund, die mehrere Bunesländer betreffen, an die Grenzen des Möglichen ommt, dann müssen wir das auch benennen und auch ufzeigen, wo vielleicht Veränderungen notwendig sind. lles andere wäre der falsche Weg. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir werden uns auch damit zu befassen haben, wel-
he Rolle V-Leute gespielt haben. Das haben wir aus-
rücklich in den Untersuchungsauftrag aufgenommen,
m zu erfahren: Hätte es hier einen Weg gegeben, oder
t dieses Instrument in jeder Hinsicht nur sehr begrenzt
eeignet? So werden wir die Arbeit der Behörden insge-
amt zu bewerten haben. Wir haben auch die Möglich-
eit, wenn wir es für notwendig erachten sollten, Ermitt-
ngsbeauftragte einzusetzen. Ob wir das brauchen,
erden wir sicher gemeinsam festlegen können. Zum
tzigen Zeitpunkt sehe ich das noch nicht, aber es mag

uf der Strecke durchaus notwendig sein.

Jetzt etwas zur Zusammenarbeit, die hier ein paar Mal
ngesprochen wurde, und zu Ihren beiden Anträgen zur
röße des Gremiums. Die Begründung ist richtig: Wenn
ie Größenverhältnisse anders wären, dann hätten zwar
icht Sie allein, aber gemeinsam mit der anderen kleine-
n Oppositionsfraktion ein Antragsrecht. Seien wir





Clemens Binninger


(A) )


)(B)

ganz offen: Wenn wir, die wir hier heute Nachmittag an-
wesend sind, sagen: „Das machen wir gemeinsam“, ist
es genauso gut denkbar, dass wir sagen: Wir unterstützen
auch Beweisanträge der Grünen und, wenn sie vernünf-
tig sind, auch die der Linken. Das ist nicht ausgeschlos-
sen.

Ihre Vorstellung, Sie könnten nur agieren, wenn Sie
eine entsprechende Größe hätten, weil Sie der SPD, der
CDU/CSU oder der FDP nicht trauen, ist genau das Den-
ken, das wir in diesem Ausschuss nicht wollen.


(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Erfahrung!)


Wir agieren gemeinsam. Wenn Ihre Anträge sinnvoll
und berechtigt sind, werden sie an uns nicht scheitern.
Dazu brauchen wir aber keine anderen Größenverhält-
nisse.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir nehmen Sie beim Wort!)


– Ja, Sie dürfen mich beim Wort nehmen. Ich will ganz
persönlich sagen: Die Zusammensetzung dieses Unter-
suchungsausschusses mit den Kollegen, die ich nament-
lich kenne, stimmt mich da sehr zuversichtlich. Wir ken-
nen und schätzen uns größtenteils seit vielen Jahren aus
den Ausschüssen. Manche kennen sich noch nicht so
lange, aber die meisten kennen sich seit vielen Jahren.
Bei aller Unterschiedlichkeit vertrauen wir uns auch.
Das sollte es noch mehr als sonst möglich machen, dass
wir hier zusammenarbeiten, und zwar im Interesse der
Sache der Aufklärung, im Interesse des gemeinsamen
Kampfes gegen den Rechtsextremismus, im Interesse,
dass wir hier einen kleinen Beitrag zur Sicherheit aller
Bürgerinnen und Bürger hier in unserem Land leisten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715512900

Das Wort hat nun Sebastian Edathy für die SPD-Frak-

tion.


Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1715513000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ja, Rechtsextremismus ist Realität in unserem
Land. Nein, das ist eine Realität, die wir als Demokratin-
nen und Demokraten niemals, weder heute noch in Zu-
kunft, als Normalität akzeptieren dürfen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In den letzten zehn Jahren hat es im Grunde zwei Ten-
denzen in der Entwicklung des Rechtsextremismus in
Deutschland gegeben: zum einen eine deutliche Verjün-
gung der Akteure. Wir haben es fast gar nicht mehr mit
Ewiggestrigen zu tun, sondern mit erschreckend jungen
Neugestrigen. Zum anderen ist eine wachsende Gewalt-

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(C (D ereitschaft zu beobachten. Das spiegelt sich in der deutch gestiegenen Zahl von Neonazi-Kameradschaften, ber auch in dem Aufkommen einer Bewegung wider, ie sich selber als „Autonome Nationalisten“ bezeichnet. Nach Auskunft des Bundeskriminalamtes werden auenblicklich 159 deutsche Rechtsextremisten mit Haftefehl gesucht. Das sind erschreckende Befunde. Man ird auch im Untersuchungsausschuss die Frage stellen üssen: Gab es denn wirklich vor der viel zu spät erlgten Identifizierung der sogenannten Zwickauer Terrzelle keine Hinweise auf rechtsterroristische Bestre ungen? Ich erinnere an 2003. Da hat eine süddeutsche Neoazi-Kameradschaft Anschläge in München geplant. Sie onnten Gott sei Dank verhindert werden. Die Beteilign sind wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung erurteilt worden. Es ist also nicht so, dass es keine Vorufer, wenn auch in anderer Qualität, gegeben hat. Wie also war es möglich, dass die Zwickauer Zelle hrelang mordend und raubend durchs Land ziehen onnte, ohne dass ein Zusammenhang zwischen den Tan erkannt wurde und ein Zugriff erfolgte? Hätte man eitens der Sicherheitsbehörden mehr wissen können, it vorhandenem Wissen anders umgehen müssen oder nders handeln können? Wie war es eigentlich in den zutändigen Behörden um Expertise, aber auch um Sensiilität für das Thema Rechtsextremismus bestellt? Eine weitere Frage ist – darin gebe ich Herrn inninger recht –: Ist die Sicherheitsarchitektur in eutschland so ausgestaltet, dass sie den Herausfordengen durch einen sich verändernden Rechtsextremisus noch wirksam begegnen kann? Nicht zuletzt wird ns im Ausschuss auch die Frage beschäftigen, welche chlussfolgerungen sich aus möglichen Defiziten im andeln und in der Kooperation unserer Behörden ergeen. Diesen Fragen nachzugehen sind wir nicht nur dem ndenken der Opfer und auch nicht allein den Hinterliebenen schuldig. Diesen Fragen nachzugehen sind wir er ganzen Gesellschaft gegenüber schuldig und, ja, gede auch unserer eigenen Selbstachtung als Demokrannen und Demokraten in der Bundesrepublik. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wer aus rassistischen Motiven willkürlich Mitbürger
diesem Land angreift, der greift immer zugleich auch

nser aller demokratisches Selbstverständnis an. Deshalb
eht es bei der Arbeit in diesem Untersuchungsausschuss

Kern um die Funktionsfähigkeit des demokratischen
echtsstaats. Nur ein funktionierender demokratischer
echtsstaat wird das Vertrauen seiner Bürgerinnen und
ürger finden.

Es geht nicht um Schuldzuweisungen, sondern um
ine Fehleranalyse. Es geht nicht um Konfrontation; es
uss uns um Kooperation gehen. Es geht nicht um ein
treiten zwischen den Parteien, sondern um das gemein-





Sebastian Edathy


(A) )


)(B)

same Streiten aller Fraktionen in dem Ausschuss für un-
sere Demokratie.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe den Wissenschaftlichen Dienst des Deut-
schen Bundestages in Anspruch genommen: Der Aus-
schuss, dessen Einsetzung wir heute beschließen wollen,
ist der 39. Untersuchungsausschuss seit Bestehen des
Bundestages. Es ist der erste und bisher einzige Aus-
schuss, der auf einem gemeinsamen Antragstext aller im
Bundestag vertretenen Fraktionen beruht. Ich finde, das
ist ein gutes Zeichen, auf das wir gemeinsam stolz sein
können.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben – das ist angesprochen worden – bereits im
November hier im Hause gemeinsam eine Resolution
verabschiedet, in der wir nicht nur unser aller Betroffen-
heit zum Ausdruck gebracht haben, sondern auch unsere
Verpflichtung zur Aufarbeitung des Geschehenen und
zum Ziehen von Konsequenzen aus Fehlern, die ge-
macht worden sind. Ich glaube, genau dieser Geist muss
die Arbeit des Untersuchungsausschusses prägen. Des-
wegen gehe ich übrigens auch davon aus – das richte ich
an die Adresse von Grünen und Linken –, dass wir im
Untersuchungsausschuss Beweisanträge in großem Kon-
sens beschließen und wechselseitig Verständigung su-
chen werden.

Ich hoffe, wir können am Ende, wenn wir unseren Be-
richt vorlegen, gemeinsame Handlungsempfehlungen
vorlegen, übrigens nicht nur zur Bekämpfung des
Rechtsextremismus, sondern auch zur Prävention. Ich
bin zum Beispiel ein großer Freund von Programmen,
die den Ausstieg aus der rechtsextremen Szene unterstüt-
zen. Aber noch viel besser finde ich Programme, die den
Einstieg verhindern helfen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Bei all dem Entsetzen über das, was passiert ist, muss
man vielleicht auch eines sagen: Böhnhardt, Mundlos
und Zschäpe haben unermesslich viel Schuld auf sich
geladen, aber sie sind gewiss nicht als Rechtsextremisten
geboren worden. Wir müssen dafür sorgen, dass wir ein
Aufwachsen von jungen Menschen in unserem Land er-
möglichen, in dem nicht diejenigen, die Freizeitangebote
machen, Rechte sind und die demokratische Kultur ver-
nachlässigt wird. Das halte ich für einen sehr wichtigen
Punkt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Demokratie ist verletzlich. Sie kann nicht vererbt,
sondern muss von jeder Generation aufs Neue erlernt
werden. Auch das sollten wir neben den repressiven
Maßnahmen im Ausschuss miteinander besprechen.

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(C (D Ich möchte mit den Worten von Heinz Galinski chließen, die uns bei unserer anstehenden wichtigen Areit vielleicht ein Stück Wegbegleitung sein können. einz Galinski hat als Vorsitzender des Zentralrates der uden in Deutschland einmal gesagt: Demokratie ist kein eschenk. Sie muss täglich erkämpft und verteidigt weren. – Das ist eine Aufgabe, die heute genauso aktuell ist ie damals, als uns Heinz Galinski aufgefordert hat, uns rer anzunehmen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715513100

Das Wort hat der Kollege Christian Ahrendt für die

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Christian Ahrendt (FDP):
Rede ID: ID1715513200

Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und

ollegen! Viele Redner haben es schon angesprochen:
ir blicken auf eine Pannenserie zurück, die uns alle
ssungslos macht. Wir antworten hier mit der Einset-

ung eines Untersuchungsausschusses, um aufzuklären,
ie es zu dieser Pannenserie, in deren Folge zehn Men-

chen ihr Leben verloren haben, gekommen ist. Wir wer-
n die Frage auf, ob dadurch das Vertrauen in unseren
echtsstaat – so hat es in diesem Jahr der Präsident des
undeskriminalamtes im Spiegel formuliert – funda-
ental erschüttert ist. Dem will ich ausdrücklich wider-

prechen. Der Rechtsstaat ist mehr als die Summe seiner
icherheitsbehörden. Die Krise, über die wir diskutieren
üssen, ist sicherlich eine Krise der Sicherheitsbehör-

en, weil diese in einer Zeit intensiver Beobachtung des
errortrios aus dem rechten Spektrum von 1998 bis 2001
erschiedene Gelegenheiten haben verstreichen lassen,
m Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe festzunehmen und
o die entstandene Mordserie zu verhindern.

Zwei Fragen werden den Untersuchungsausschuss
entral beschäftigen: Die eine Frage hat der Kollege
dathy schon angesprochen. Ich möchte noch einmal da-
uf eingehen. Die Frage lautet: Warum ist es den Si-

herheitsbehörden nicht gelungen, das alle Taten verbin-
ende Motiv des Rechtsextremismus zu erkennen,
ittels dieses gemeinsamen Motivs Aufklärung zu be-
eiben und die Täter dingfest zu machen? Ich glaube
icht, dass wir es uns mit der Beantwortung dieser Frage
infach machen können. Wenn wir den Zeitraum von
998 bis 2001 betrachten, stellen wir als Erstes fest, dass
owohl Landeskriminalämter als auch die Bundesan-
altschaft ermittelt und gefragt haben, ob es sich bei
iesem Trio um eine terroristische Vereinigung handelt.
ies wurde verneint.

Wir können auch nicht sagen, dass wir uns in dieser
eit nicht für Rechtsextremismus interessiert hätten;
enn 2003 lief das NPD-Verbotsverfahren, bei dem der
xtremismus große Aufmerksamkeit bekam. Das ist also
eine Entschuldigung. Wenn man sich den besagten





Christian Ahrendt


(A) )


)(B)

Zeitraum genau anschaut, dann stellt man des Weiteren
fest, dass das, was uns heute begegnet und fassungslos
macht, nichts Neues ist. 2001 titelte die Bild-Zeitung: Das
geheime Leben der Terroristen in Hamburg – Terrorbes-
tie lebt acht Jahre in Deutschland. – Es geht hier um die-
jenigen, die von Hamburg aus die Anschläge in New
York vorbereitet haben. Obwohl wir damals wussten,
dass es islamistischen Terrorismus gibt, war es für un-
sere Dienste unfassbar und unvorstellbar, dass Deutsch-
land Rückzugsraum und Vorbereitungsraum für solche
Täter ist. Da wir damals die potenziellen Täter nicht er-
kannt haben, weil es uns an Vorstellungskraft fehlte,
müssen wir uns heute fragen: Konnten wir uns nicht vor-
stellen, dass es rechtsextremistischen Terror in Deutsch-
land gibt, und ist das ein Grund dafür, dass wir das
Motiv, das alle Taten miteinander verbindet, nicht recht-
zeitig erkennen konnten? Das ist die eine Frage, mit der
sich der Untersuchungsausschuss zentral zu befassen
hat.

Bei der anderen Frage – das ist schon angeklungen –
geht es um die Sicherheitsarchitektur. Wie gehen wir mit
dem beobachteten Organisationsverschulden um? Infor-
mationen wurden nicht weitergegeben. Da beobachten
zwei verschiedene Polizeieinrichtungen dieselbe konspi-
rative Wohnung. Die Täter erscheinen, werden aber
nicht festgenommen. Jeder hat seine Quellen gehütet
und Informationen nicht weitergegeben. Als die Quelle
2001 den entscheidenden Hinweis gibt, dass dieses Ter-
rortrio genügend Geld hat, dass es keine Geldsorgen
mehr hat – in den Jahren zuvor wurde das genaue Ge-
genteil berichtet –, werden die Ermittlungen eingestellt,
und es passiert gar nichts mehr, und das, obwohl zu die-
sem Zeitpunkt in Chemnitz bereits zwei Banküberfälle
begangen wurden, durch die Herr Mundlos, Frau
Zschäpe und Herr Böhnhardt mit ausreichend Geld ver-
sorgt wurden. Ermittlungen fanden aber nicht mehr statt.
Vor diesem Hintergrund stellen sich die Fragen, wie die-
ses Organisationsverschulden aufzulösen ist und warum
sich die Behörden nicht in ausreichendem Maße gegen-
seitig informiert haben. Auch das sind zentrale Fragen,
die wir im Rahmen des Untersuchungsausschusses klä-
ren müssen.

Der Untersuchungsausschuss wird eingesetzt, weil
wir eine Verpflichtung gegenüber den Opfern haben. Wir
können uns bei ihren Angehörigen nur dafür entschuldi-
gen, dass das, was in den vergangenen zehn Jahren pas-
siert ist – das betrifft auch die Verdächtigungen der An-
gehörigen –, schlecht war. Wir müssen aber auch sagen:
Wir können jetzt nur das tun, was wichtig ist. Das heißt,
wir müssen aufklären. Wir müssen diejenigen, die gehol-
fen haben, zur Rechenschaft ziehen und dafür sorgen,
dass sie verurteilt werden. Wir müssen aus den Ergebnis-
sen des Untersuchungsausschusses Konsequenzen zie-
hen. Es kann nicht sein, dass es in Deutschland immer
wieder verschiedene Organisationen, Behörden und
Stäbe gibt, die sich überlegen, wie man die Sicherheits-
architektur neu organisieren kann – zuletzt war das die
Werthebach-Kommission –, aber alle diese Vorschläge
in den Schubladen verschwinden, weil die Behörden
selbst entscheiden und sie eigentlich keine Änderung
wünschen. Das kann nicht die richtige Antwort sein.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Insofern wünsche ich uns, dass der Untersuchungs-
usschuss gute Vorschläge macht, die nicht in den
chubladen, sondern im Gesetzblatt landen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715513300

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kol-

ge Wolfgang Wieland das Wort.


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715513400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Stünde

h hier als Anwalt, würde ich sagen: „Ich schließe mich
en richtigen Ausführungen des Kollegen Binninger
ollinhaltlich an“, und mich wieder hinsetzen. Aber da-
r habe ich nicht drei Minuten Redezeit erstritten. Aus

er Verlegenheit hilft mir, wie so oft, der Kollege Uhl.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Der hat noch gar nicht geredet!)


Ja, er kommt nach mir, aber ich ziehe ihn vor.


(Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Er weiß schon, was ich sage!)


Ich weiß immer, was er sagen wird, weil er so bere-
henbar ist. – Aber an einem Freitag, dem 13. – das Da-
m entschuldigt nicht alles –, erklärte er im Deutsch-
ndradio wörtlich:

Ich halte bei allem Aufklärungsverlangen das In-
strument des Untersuchungsausschusses in diesem
Fall für falsch. Es ist nämlich auch ein Kampfin-
strument der Opposition gegen die Regierenden.
Ich selbst war ja Vorsitzender des Visa-Untersu-
chungsausschusses …

nvergessen, Herr Kollege Uhl.


(Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Joschka Fischer kann sich auch erinnern!)


Aber hier weiß ja die SPD gar nicht, ob sie auf der
Ankläger- oder auf der Verteidigerseite steht …

So weit der Kämpfer Uhl, der aus diesem alten
chema, Herr Kollege Binninger, gedanklich noch nicht
erausgetreten ist. Wir werden gleich sehen, ob er seit-
em Fortschritte gemacht hat, Fortschritte im Lernpro-
ess;


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enn wenn es auch richtig ist – das geben wir zu –, dass
ie Rollenfindung der SPD einige Zeit gedauert hat und
ie Erleuchtung wohl erst unter dem Weihnachtsbaum
ekommen ist,


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Mit Gottes Hilfe!)






Wolfgang Wieland


(A) )


)
so zählt doch das Ergebnis. Das Ergebnis ist: Wir wer-
den einen vollwertigen Untersuchungsausschuss bekom-
men, der auf nichts und niemanden mit seinen Untersu-
chungen zu warten hat und der im Untersuchungszweck
und seinen Möglichkeiten einzig der Verfassung ver-
pflichtet ist. Das wollten wir so, und deswegen sind wir
heute sehr zufrieden, dass dieser Ausschuss eingesetzt
wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Natürlich hat ein Untersuchungsausschuss immer ei-
nen Doppelcharakter. Da sind wir nicht blauäugig. Aber
ich sehe genauso wie Ihr Kollege, dass hier eine Chance
besteht; denn es interessiert wirklich nicht ernsthaft, ob
ein Landesinnenminister wo auch immer vor 15 Jahren
versagt hat. Vielmehr interessieren diesmal die struktu-
rellen Fragen. Diesmal interessiert die Frage, die der
Kollege Ahrendt zu Recht aufgeworfen hat, nämlich wa-
rum man bei dieser Mordserie nicht den gedanklichen
Sprung gemacht hat; denn das BKA hatte auch die Hy-
pothese, dass Fremdenhass als Motiv infrage komme.
Warum hat man dann nicht den Sprung gemacht und
nach bekannten und untergetauchten Rechtsextremisten
gesucht? Warum hat das alles nicht funktioniert?

Das ist das, was der türkische Bevölkerungsteil wis-
sen muss. Er ist sehr misstrauisch und sehr beunruhigt.
Deshalb müssen wir gute Ergebnisse bringen.

Abschließend sage ich in Richtung der Länder: Wir
leben hier nicht mehr im Deutschen Bund; wir leben in
einem Bundesstaat mit klar festgelegten Rollen. Jeder
Bürger der Bundesrepublik hat vor einem Untersu-
chungsausschuss zu erscheinen und auszusagen, und
wenn er in seiner Aussage beschränkt wird, ist das ge-
richtlich überprüfbar. Ich will hier nicht drohen; ich bin
auch sehr optimistisch, dass wir gut arbeiten können;
aber im Ergebnis wird das Recht auf unserer Seite sein.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715513500

Vom Kollegen Wieland freundlicherweise schon an-

gekündigt, hat nun der Kollege Dr. Hans-Peter Uhl für
die Unionsfraktion das Wort.


(Zuruf von der SPD: Das ist wahre Kollegialität!)



Dr. Hans-Peter Uhl (CSU):
Rede ID: ID1715513600

Geschätzter Kollege Wieland,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Sie werden sich noch wundern, wie ich auf meine alten
Tage noch aus meinem alten Kampfschema herauskom-
men kann.

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(C (D (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass ich das noch erleben darf! – HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine falschen Ankündigungen!)


h werde stellvertretendes Mitglied in diesem einzuset-
enden Untersuchungsausschuss sein und werde immer
ieder einmal vorbeischauen, um zu sehen, ob das, was
ie prognostiziert haben, zutrifft, dass nämlich dieser
ntersuchungsausschuss kein Kampfinstrument der Op-
osition sein wird. Man würde sich ja auch sofort fragen:
elcher Opposition eigentlich – der in Thüringen, der
Sachsen, der in Brandenburg, oder wo auch immer

iese Dinge eine Rolle spielen?


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Bund! – Fritz Rudolf Körper [SPD]: Auch in Bayern!)


Auch in Bayern. Ja, eben.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das darf nun gar nicht sein!)


Wir werden auch klären und, wie ich hoffe, Antwort
uf die Frage finden, wo durch wen und vor allem wann
elche Fehler gemacht wurden, die dazu geführt haben,
ass auch in Bayern fünf Morde nicht aufgeklärt werden
onnten und dass dieses für diesen Rechtsstaat durchaus
chlimme Ergebnis herauskam, das zu dem unsäglichen
orwurf führte, die Sicherheitsbehörden seien auf dem
chten Auge blind. Das dürfen wir nicht stehen lassen.
s gibt keinen schlimmeren Vorwurf für Deutschland als
iesen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


uf dem rechten Auge haben wir nicht blind zu sein. Es
uss geklärt werden, wie es zu diesem Ergebnis kom-
en konnte.

Herr Wieland, ich gebe Ihnen und auch anderen
echt, dass wir es hier vor allem mit einem Problem zu
n haben, das in der Natur unserer Bundesrepublik
eutschland zu suchen ist, nämlich in der föderalen
rundstruktur. Eine Zeitung hat dazu sogar kürzlich eine
eichnung gemacht und sie mit „Der Irrgarten“ über-
chrieben. Da sind die Sicherheitsbehörden in Deutsch-
nd und ihre Aufsichten zu sehen: 16 Landeskriminal-

mter, 16 Landesämter für Verfassungsschutz, darüber
ie entsprechenden Bundesämter, Kontrollgremien usw.
sf. Ich gebe zu, dass in einem zentralistisch aufgebau-
n Staat vom Typ Frankreichs, wo alles in Paris zusam-
enläuft, solche Dinge nicht passieren können.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)


In der Bibel heißt es: „Am Anfang war das Wort, und
as Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ Am An-
ng dieser Republik standen die Besatzungsmächte.
iese haben gesagt: So etwas wie die Organisations-

(B)






Dr. Hans-Peter Uhl


(A) )


)(B)

struktur des Dritten Reichs nie mehr! – Oder: Jetzt nicht
mehr.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nie mehr!)


Das Ergebnis waren die Trennung von Verfassungs-
schutz und Polizei und der föderale Aufbau mit mittler-
weile 16 Bundesländern. Die Folgeprobleme haben wir
in diesem Fall natürlich zu lösen.

Ich denke, dass Innenminister Hans-Peter Friedrich
recht hatte, als er gleich zu Anfang, im letzten Jahr noch,
in der Innenministerkonferenz den Landesinnenminis-
tern gegenüber sehr deutlich geworden ist und gesagt
hat: So kann das nicht weitergehen; diese Strukturdefi-
zite, die in der Natur der Sache liegen, müssen wir über-
winden, und wir müssen für mehr Zusammenarbeit sor-
gen. Das wird bei diesem Untersuchungsausschuss
immer wieder im Mittelpunkt stehen.

Wir werden, so hoffe ich, auch aufklären können – ich
glaube, das Ergebnis schon in etwa skizzieren zu kön-
nen –, dass man nicht sagen kann, dass das Nazidenken
wieder in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei
und dass diese zehn Morde dafür ein Beleg seien. Das ist
wirklich eine völlig falsche Schlussfolgerung.

Was wir natürlich wissen wollen, ist: Wie groß ist der
braune Sumpf? Mit wem haben die drei kommuniziert?
Von wem haben sie Hilfe erlangt? Wen haben sie um
Hilfe gebeten? Dazu wäre es natürlich hilfreich, die vie-
len festgestellten Kommunikationsmittel auswerten zu
können und zu sehen, mit wem per E-Mail, per Compu-
ter, per Handy oder wie auch immer kommuniziert
wurde. Dann wüssten wir sehr viel mehr. Jetzt muss der
herkömmliche Weg beschritten werden, der natürlich
schwierig ist.

Ich fürchte, jeder muss an sich arbeiten, damit wir aus
dem Untersuchungsausschuss keinen Bund-Länder-
Konflikt machen. Die Länder sind natürlich eifersüchtig
darauf bedacht – das weiß jeder, der sie und ihre Innen-
minister kennt; ich kenne sie seit vielen Jahren –, ihre
Kompetenzen um nichts, aber auch gar nichts zu schmä-
lern.


(Fritz Rudolf Körper [SPD]: Haben Sie die Rede mit dem bayerischen Innenminister Herrmann abgestimmt?)


– Ich sehe ihn förmlich vor mir.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen brauche ich überhaupt nichts abzustimmen.
Aber ich sehe auch Innenminister anderer Länder, egal
welcher Couleur, vor mir, die ziemlich ähnlich denken.

Ich glaube, wir werden dieses Geschäft mühsam be-
treiben müssen. Ich hoffe, dass es nicht dazu kommt,
dass wir am Schluss sagen: Der Ausschuss wurde doch
wieder zum Kampfinstrument. Da bin ich mir noch nicht
so ganz sicher; denn wir haben ja auch ein Nebeneinan-
der von Ermittlern und Aufklärern, die sich bei diesem
Geschäft auch gegenseitig auf die Füße treten und sagen

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(C (D önnen: Diese Akten und diesen Zeugen brauchen wir tzt; den können wir nicht an euch abgeben. Dann komen aus dem einen Gremium und aus dem anderen remium vielleicht Zeugenaussagen heraus, die nicht usammenpassen und dann zu irgendwelchen Schlusslgerungen einladen. Meine Damen und Herren, das ist alles sehr kompliiert. Aber wir werden das tun müssen, weil – noch einal – nicht stehen bleiben darf, dass wir auf dem rechten uge blind sind. Da sind wir uns alle einig. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Ich meine, dass wir uns bei dem Thema „Neonazis in
eutschland“ immer wieder eines vor Augen führen
üssen: dass nationalsozialistisches Gedankengut letzt-
ch nicht vom Staat allein bekämpft werden kann, son-
ern von der gesamten Gesellschaft bekämpft werden
uss.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Genau so ist es! Deshalb fahren wir nach Dresden!)


as heißt, wir müssen Antisemitismus durch die ge-
amte Gesellschaft bekämpfen. Wir müssen Ausländer-
indlichkeit durch die gesamte Gesellschaft bekämpfen.
ir müssen jedes antidemokratische Führerdenken

urch die gesamte Gesellschaft bekämpfen.

Übrigens, dass uns das in den letzten Jahren und Jahr-
ehnten gelungen ist, sieht man auch daran, dass eine
PD mit ihren eins Komma soundso viel Prozent in der
arlamentarischen Bedeutungslosigkeit verharrt – und
as ist gut so.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war schon mal anders!)


Das war schon mal anders.

Ich meine, es ist eine gesamtgesellschaftliche Auf-
abe, und es ist eine Aufgabe, die uns nie verlassen wird.
eswegen ist jedes Argumentieren „Damit muss ein für

lle Mal Schluss sein“ ein zutiefst unpolitischer Ge-
anke.


(Beifall des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


it dem nationalsozialistischen Denken kann nicht ein
r alle Mal Schluss ein. Rassistisches Denken, antisemi-

sches Denken, ausländerfeindliches Denken, Führerge-
anken wird es immer wieder in kranken Gehirnen ge-
en; diese Gedanken muss man dann bekämpfen. Das
ann man nicht allein durch Verbote erledigen; da muss
an die Gedanken bekämpfen. Genauso verhält es sich
it anderen extremistischen Gedanken, die wir in der
tzten Debatte behandelt haben, nämlich mit kommu-
istischen Fehlideen; diese müssen wir genauso be-
ämpfen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715513700

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, Die Linke und Bünd-
nis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/8453 zur Einset-
zung eines Untersuchungsausschusses. Die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen hat getrennte Abstimmungen
über Abschnitt A einerseits und Abschnitt B andererseits
verlangt.

Abstimmung über Abschnitt A des Antrags auf
Drucksache 17/8453. Wer stimmt für den Abschnitt A? –
Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Abschnitt A
ist damit bei Enthaltung der Fraktion Die Linke einstim-
mig angenommen.

Abstimmung über Abschnitt B. Hierzu liegen zwei
Änderungsanträge vor, über die wir zuerst abstimmen.

Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion
Die Linke auf Drucksache 17/8463. Wer stimmt für die-
sen Änderungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Der Änderungsantrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/8464. Wer
stimmt für diesen Änderungsantrag? – Wer stimmt dage-
gen? – Wer enthält sich? – Auch dieser Änderungsantrag
ist abgelehnt.

Wer stimmt für Abschnitt B des Antrags? – Wer
stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist
damit insgesamt einstimmig angenommen und der
2. Untersuchungsausschuss der 17. Wahlperiode ist ein-
gesetzt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Jan
Korte, Agnes Alpers, Steffen Bockhahn, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Erhalt der Gedenkstätten nationalsozialisti-
scher Vernichtungslager sicherstellen

– Drucksache 17/7028 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Kultur und Medien (f)

Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Jan Korte für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715513800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Im Sommer 2011 erreichte uns die Nachricht aus Polen,
dass die Gedenkstätte Sobibor wegen fehlender Fi-
nanzierung schließen musste. Sobibor gehörte zu den
Vernichtungslagern, die nicht so bekannt sind wie
Auschwitz oder Treblinka, aber auch dort wurden in nur
anderthalb Jahren über 250 000 Menschen ermordet.

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(C (D Ich weiß, dass sich der Bund und auch die Länder am rhalt beispielsweise der Gedenkstätte Auschwitz beteigen und entsprechende Vereinbarungen bis 2015 getrofn wurden, was auch wir als Linksfraktion ausdrücklich egrüßen. Aber auch die Gedenkstätte Sobibor, eine relav kleine Gedenkstätte, steht für den Zivilisationsbruch er industriellen Vernichtung von Millionen Frauen, ännern und Kindern. Sobibor steht übrigens auch für den Widerstand der äftlinge. Am 14. Oktober 1943 erhoben sich die Häftnge dieses Vernichtungslagers, und vielen gelang unter roßen Opfern die Flucht. Es besteht, denke ich, Einigkeit hier im Hause, dass ir nicht nur für die großen bekannten Gedenkstätten ine Verantwortung haben, sondern auch für die nicht so roßen Gedenkstätten. Meine Fraktion hat an die Bundesregierung die Frage erichtet, was Bundestag oder Bundesregierung tun könen, um diesbezüglich Abhilfe zu leisten, um dafür zu orgen, dass die Gedenkstätte wieder ihrer Arbeit nachommen kann. Wir haben von der Staatsministerin ornelia Pieper eine Auskunft bekommen, die gezeigt at, was in anderen Bereichen möglich ist. Einen Kritikunkt will ich in diesem Zusammenhang aber anmelden. ie antworteten auf unsere Frage, was wir tun können, m die Gedenkstätte Sobibor zu erhalten, etwas lax: Die olnische Seite hat sich bisher nicht an die Bundesregieng mit der Bitte um Unterstützung zum Erhalt der Ge enkstätte Sobibor gewandt. Wir müssten damit anders umgehen. Wir sollten von ns aus fragen, ob wir dort helfen können. as wäre die richtige Antwort. Ich habe erfreut zur Kenntnis genommen, dass sich m den Kollegen Montag eine interfraktionelle Arbeitsruppe von Abgeordneten zu diesem Thema treffen will. h hoffe, dass Sie sich daran beteiligen und diese Hineise aufnehmen werden. Frau Pieper, wir möchten, ass Sie vonseiten der Bundesregierung aktiv bei unsen polnischen Freundinnen und Freunden nachfragen, ie wir dort helfen können; denn das – auch da herrscht ohl Einigkeit in diesem Hause – ist aufgrund unserer eschichte eine Verpflichtung. Wir haben morgen, am 27. Januar, die Gedenkverantaltung für die Opfer des Nationalsozialismus. Gerade der jetzigen Zeit, da die letzten Zeitzeugen sterben, ollte die pädagogische Arbeit insbesondere an den soenannten authentischen Orten in Polen, wo die Vernichngslager standen, fortgesetzt werden. Ich wünsche mir, ass die Bundesregierung da aktiv wird. Angesichts des morgigen Tages sollten wir uns alle an heodor Adorno erinnern, der zu Recht gesagt hat, Ziel ller Pädagogik müsse es sein, dass Auschwitz sich nicht iederholt. Ich hoffe, dass wir als Bundestag insgesamt diesem Sinne bei der Unterstützung der Gedenkstätten Polen aktiv werden können. Schönen Dank. Jan Korte )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715513900

Das Wort hat die Kollegin Professor Monika Grütters

für die Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Monika Grütters (CDU):
Rede ID: ID1715514000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! An einem

historisch bedeutsamen Datum führen wir heute diese De-
batte. Wir haben vor wenigen Tagen des 70. Jahrestages
der Wannseekonferenz gedacht, und morgen, am
27. Januar, wird weltweit der Holocaustopfer gedacht. Im
Bundestag – das wissen Sie, und wir sehen dem gespannt
entgegen – wird Marcel Reich-Ranicki als einer der weni-
gen noch lebenden Überlebenden des Warschauer Ghettos
zu uns sprechen. Konrad Adenauer hat in einer bewegen-
den Rede schon 1952 daran erinnert, dass es – ich
zitiere –:

weder nur ein Heute oder Morgen gibt, sondern
eben auch ein Gestern, das das Heute und das Mor-
gen stark, ja manchmal entscheidend beeinflusst.
Man muss das Gestern kennen, man muss auch an
das Gestern denken, wenn man das Morgen wirk-
lich gut und dauerhaft gestalten will. Die Vergan-
genheit ist eine Realität. Sie lässt sich nicht aus der
Welt schaffen, und sie wirkt fort, auch wenn man
die Augen schließt, um sie zu vergessen.


(Beifall des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


So Konrad Adenauer in einer Zeit, 1952, als die Erinne-
rung noch viel lebendiger war, als sie jetzt für uns,
60 Jahre später, ist. Wenn wir der Opfer gedenken, tun
wir das im vollen Bewusstsein der außerordentlichen
Verantwortung Deutschlands.

Herr Kollege Korte, Ihr Antrag betrifft das ehemalige
KZ Sobibor in Polen. Es ist heute – Sie haben gesagt,
das sei klein – eine wichtige Stätte des Gedenkens an die
nationalsozialistische Vernichtungsmaschinerie. Diese
Gedenkstätte muss erhalten, gepflegt und finanziert wer-
den. Daran besteht kein Zweifel. Dass der Gedenkstätte
Sobibor von kommunaler Seite die Zuschüsse erheblich
gestrichen wurden, führte dazu, dass im Sommer 2011
das Museum – nicht die Gedenkstätte – vorübergehend
geschlossen werden musste. Das war in der Tat beden-
kenswert und schlimm. Trotzdem hat die polnische Seite
zu keinem Zeitpunkt um Hilfe ersucht. Ich finde es frag-
würdig, gerade in unserer Rolle, sich in einer Weise ein-
zulassen, die möglicherweise – Frau Pieper wird das
gleich ausführen – gar nicht erwünscht ist. Das kann ich
nicht wissen. Aber ich finde, so selbstverständlich, wie
Sie das darstellen, ist dieser Akt nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jan Korte [DIE LINKE]: Man hätte ja fragen können!)


Mittlerweile, Herr Korte – das wissen auch Sie; theo-
retisch könnten wir sagen: Der Antrag ist erledigt –, ist


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(C (D r die Gedenkstätte Sobibor zum Glück eine Lösung genden worden. Sobibor wurde mit Beginn des Jahres eil der KZ-Gedenkstätte Majdanek bei Lublin und ist un nicht mehr in kommunaler Verantwortung, sondern ine Institution des polnischen Kultusministeriums und amit direkt diesem Ministerium unterstellt. Künftig ind so eine Absicherung der Finanzierung und auch die dministrative Förderung auf einer höheren Ebene, urch die polnische Zentralregierung, sichergestellt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Aber jenseits dieses Falles ist es uns wichtig, einmal
ehr zu betonen, gerade heute: Dem Erinnern an die
erbrechen des Nationalsozialismus und dem Gedenken
n seine Opfer kommt in der deutschen Erinnerungskul-
r eine ungemein hohe Bedeutung zu. Dazu haben wir

ns nicht zuletzt mit der Fortschreibung des Gedenkstät-
nkonzepts von 2008 klar bekannt. Es bleibt unsere

tändige Aufgabe, die Erinnerung an die Terrorherr-
chaft des Nationalsozialismus wachzuhalten, der Opfer
er Schoah zu gedenken und – ich finde auch – Schuld
inzugestehen.

Für die Aufarbeitung der NS-Diktatur ist dabei die be-
ondere Aussagekraft der authentischen Orte – das haben
ie zu Recht erwähnt; die der Opfer übrigens wie die der
äter; von den letzteren gibt es gerade in Berlin sehr viele –
nverzichtbar. 2009 wurden die westdeutschen KZ-Ge-
enkstätten Bergen-Belsen, Neuengamme, Dachau und
lossenbürg in die institutionelle Förderung des BKM
ufgenommen, zusätzlich zu den vier großen KZ-Ge-
enkstätten in Thüringen und Brandenburg. Das war bis
ahin auch nicht selbstverständlich.

Das ist die innerstaatliche Verantwortung. Daneben
nterstützt das Auswärtige Amt internationale Projekte
ur Erinnerung und zum Gedenken an die Schoah. Da ist
um Beispiel die Task Force für Internationale Zusam-
enarbeit bei der Holocausterziehung, Erinnerung und
orschung, wo Deutschland eines von 27 Mitgliedstaa-
n ist. Die internationale Verantwortung, nicht nur die
ilaterale, ist ein besonderer Zug dieser Gedenkpolitik.
s gibt die Stiftung Auschwitz-Birkenau, die die Restau-
erung des ehemaligen KZ und der heutigen Gedenk-
tätte finanzieren soll. Sie wurde auf Initiative des polni-
chen Staatssekretärs und Auschwitz-Überlebenden
rofessor Wladyslaw Bartoszewski in Warschau mit
em Ziel gegründet, einen Kapitalstock von 120 Millio-
en Euro einzuwerben, aus dessen Erträgen die Restau-
erungsarbeiten in der Gedenkstätte langfristig finan-
iert werden. An dem Projekt beteiligen sich auch
ndere europäische Staaten und die USA.

Im Dezember 2010 haben der Bundesaußenminister
nd Vertreter der Bundesländer – wir haben heute schon
inmal an dieser Stelle über die Zusammenarbeit von
und und Ländern gesprochen – eine Vereinbarung mit
er Stiftung Auschwitz-Birkenau über einen deutschen
eitrag von insgesamt 60 Millionen Euro unterzeichnet.
ieser Beitrag wird jeweils zur Hälfte vom Bund und
en Ländern finanziert und kommt der Stiftung seit 2011
fünf gleichen Jahresraten zu.





Monika Grütters


(A) )


)(B)

Diese besondere Initiative gibt es deshalb, weil es
sich eben um Auschwitz handelt, das geradezu symbol-
haft für die Verbrechen der Nationalsozialisten steht. Ge-
rade diese wichtige Gedenkstätte erinnert in besonderer
Weise an die Verbrechen. Sie ist ein unverzichtbarer Ort
der Erinnerung, der Aufklärung und des Lernens.

Die internationale Konferenz zu Holocaustfragen in
Prag 2009, die wir besser als Nachfolgekonferenz der
Washingtoner Konferenz kennen, mahnte, die Erinne-
rung an den Holocaust wachzuhalten. Wichtig seien hier
vor allem Information, Aufklärung, Berücksichtigung in
Schule, Hochschule und Forschung. Im Laufe dieser
Konferenz wurde von den 46 Teilnehmerstaaten die so-
genannte Theresienstädter Erklärung unterzeichnet, die
auch Sie in Ihrem Antrag zitieren und aus der ich zum
Schluss etwas vortragen will. Dort heißt es:

In Anerkennung der Bedeutung von Bildung und
Gedenken hinsichtlich des Holocaust … und ande-
rer Naziverbrechen als fortwährende Lehre für die
gesamte Menschheit … rufen wir alle Staaten nach-
drücklich auf, regelmäßige jährliche Gedenk- und
Gedächtnisfeiern zu unterstützen beziehungsweise
einzuführen

– deshalb haben wir durch Proklamation von Roman
Herzog bei uns den 27. Januar als Erinnerungstag einge-
führt –

sowie Mahnmale und andere Gedenkstätten und
Orte zur Erinnerung an das unermessliche Leiden
zu erhalten.

So weit die Theresienstädter Erklärung.

Dieser Selbstverpflichtung von 46 Ländern zum Er-
halt der authentischen Orte und Gedenkstätten folgend,
ist gerade die Erinnerungskultur eine der großen morali-
schen, politischen und gesellschaftlichen Aufgaben, aber
auch Leistungen der Bundesrepublik Deutschland.
Deutschland bekennt sich zu seiner Verantwortung für
die Schoah. Sie ist unverrückbarer Teil der kollektiven
Erinnerung in Deutschland, und zwar für alle Zeiten.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715514100

Das Wort hat der Kollege Dietmar Nietan für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dietmar Nietan (SPD):
Rede ID: ID1715514200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Elie Wiesel hat einmal gesagt: Wer die Opfer
der Schoah vergisst, tötet sie ein zweites Mal. – Ich
glaube, auch aus diesem Grund sind wir uns in diesem
Hause alle einig, dass wir die dauerhafte Aufgabe haben,
aller Opfer des NS-Terrors zu gedenken und alle Opfer
des NS-Unrechts zu ehren. Diese Aufgabe hat – das ist
bereits gesagt worden – auch sehr viel mit Orten der Er-

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(C (D nerung zu tun. Deshalb, finde ich, ist es eine lobenserte Initiative der Fraktion Die Linke gewesen, im verangenen Jahr diesen Antrag auf den Weg zu bringen, m darüber nachzudenken, was wir tun können, um icht nur Sobibor zu erhalten, sondern auch andere Orte es NS-Unrechts, auch außerhalb der heutigen Bundespublik Deutschland. Das Ganze ist so wichtig, weil ein lement des Erinnerns, des Lernens aus der Geschichte, sbesondere den jungen Menschen nicht mehr lange zur erfügung stehen wird: die Überlebenden, die Zeitzeuen. Ich hatte die große Ehre, den Herrn Bundespräsidenn vor fast genau einem Jahr, am 27. Januar 2011, zu egleiten, als er gemeinsam mit seinem Kollegen omorowski an der Gedenkfeier in Auschwitz teilnahm nd vor dem offiziellen Teil die internationale Jugendbeegnungsstätte in Auschwitz besuchte, um ein Gespräch it jungen Menschen und Überlebenden zu führen. Wer as erlebt hat, der weiß, wie wichtig Erinnern und Geenken gerade für junge Menschen und für die nächsten enerationen junger Menschen ist. Auch aus diesem rund – weil uns eben die Zeitzeugen, die Überlebenen, leider nicht mehr lange zur Verfügung stehen weren – sind die Orte des Unrechts von besonders großer edeutung. Das gilt ausdrücklich auch für die von Deut chen in Polen errichteten Konzentrationsund Vernichngslager. Ich verstehe die Debatte heute so – da sich ja auch im inblick auf Sobibor einiges getan hat –, dass wir uns icht über die Frage streiten müssen, ob wir warten soln, bis es etwa eine offizielle Anfrage der Republik Pon gibt. Vielmehr müssen wir prüfen, ob es möglich ist, ass wir – mit größter Sensibilität; das ist auch von meier Vorrednerin gesagt worden – ein Signal setzen, das eigt, dass wir selbstverständlich unserer Verantwortung erecht werden und da Hilfe anbieten, wo es notwendig t. Mit „helfen“ meine ich: nicht nur mit Geld. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe betont: Das muss mit aller Sensibilität ge-
chehen; denn es darf in den Ländern, die besonders un-
r dem NS-Unrecht gelitten haben, niemals der Ein-
ruck entstehen, dass sozusagen aus dem Land der Täter
ute Ratschläge oder gar Bevormundungen und Einmi-
chungen kommen. Aber nichtsdestotrotz weiß ich, dass
s – gerade bei der Republik Polen und der Bundesrepu-
lik, die ein so gutes Verhältnis zueinander haben wie
och nie in der Geschichte – möglich ist, den richtigen
eg zu finden und zu signalisieren: Da, wo wir ge-

raucht werden, helfen wir gerne, weil das eine selbst-
erständliche Verantwortung ist.

Ausgangspunkt eines solchen Helfens und entspre-
hender Überlegungen, was man tun kann, müssen im-
er – auch das will ich deutlich sagen – die Perspektive

nd die Interessen der Opfer und Überlebenden sein.
usgehend von dem Gedanken, die Opfer und Überle-
enden zu ehren, müssen wir überlegen, wie wir die Orte
es NS-Unrechts dauerhaft erhalten können. Da sollten
ir uns einen Punkt genauer anschauen: Was können wir





Dietmar Nietan


(A) )


)(B)

in einem zusammenwachsenden Europa tun, um den
Umgang mit der gemeinsamen europäischen Geschichte
mitzugestalten? Dabei ist immer zu beachten, dass wir
unterschiedliche Erinnerungskulturen haben; denn
selbstverständlich sind die Erinnerungskulturen der Na-
tionen, die unter dem NS-Unrecht unendlich gelitten ha-
ben, anders als beispielsweise die Erinnerungskultur in
Deutschland, sozusagen dem Nachfolgeland der Täter.
Aber ich glaube, dass ein solches Vorgehen möglich ist.

Ich will dabei auf einen weiteren Aspekt hinweisen,
der mir wichtig ist: Es geht nicht nur um das Erinnern,
um das Gedenken und Ehren der Opfer, sondern aus
meiner Sicht auch um die Frage: Was können wir tun,
damit alle in unserem Land und alle Menschen in
Europa, insbesondere die nächsten, jungen Generatio-
nen, einen Weg finden, etwas aus der Geschichte, von
den authentischen Orten und aus dem, was dort gesche-
hen ist, zu lernen? Deshalb fände ich es gut, wenn wir
über Fraktionsgrenzen hinweg überlegen würden: Wel-
chen Beitrag können wir zu einer europäischen Erinne-
rungskultur leisten, zu einem Gesamtkonzept, das vor-
sieht, alle wichtigen und relevanten Gedenkstätten und
Orte des NS-Terrors als Orte des Erinnerns und des Ler-
nens zu erhalten und sie, wo es notwendig ist, auszu-
bauen? Was können wir tun, damit an diesen authenti-
schen Orten auch dann, wenn es keine Zeitzeugen mehr
gibt, die authentisch berichten können, jedem, der guten
Willens ist, unverrückbar und unzweifelhaft deutlich
wird, welch eine präzedenzlose Barbarei in der NS-Zeit,
im Holocaust stattgefunden hat?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich hoffe sehr, dass wir den Antrag der Fraktion Die
Linke zum Anlass nehmen, einen Weg zu finden, das in
größter Gemeinsamkeit, mit allen Fraktionen dieses
Hauses, zu tun;


(Beifall des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


denn ich glaube nicht, dass sich dieses Thema zur partei-
politischen Profilierung eignet.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Das gilt auch für den Antrag! – Gegenruf des Abg. Jan Korte [DIE LINKE]: Das scheinen Sie ja hier zu unterstellen!)


– Das gilt selbstverständlich auch für Anträge. Aber
manchmal braucht es – lassen Sie es mich so sagen – ei-
nen Stein des Anstoßes, um gemeinsam den richtigen
Weg zu gehen. – Deshalb würde ich mich sehr freuen,
wenn die Initiative der Kollegin Krumwiede und des
Kollegen Jerzy Montag von allen Fraktionen unterstützt
wird, damit es in der weiteren Beratung dieses Antrags
gelingt, einen Weg zu finden, dass der Deutsche Bundes-
tag – ich hoffe, mit ihm auch die Bundesregierung – ein
deutliches Signal sendet: Wir wollen ein Konzept für
alle Gedenkstätten, egal wo sie sich befinden; wir wollen
gemeinsam einen Beitrag leisten, mit aller Sensibilität
und in der Verantwortung, die wir gemeinsam aus unse-
rer Geschichte heraus tragen wollen. Wenn dieser Antrag

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(C (D ewirkt, dass wir jetzt miteinander eine solche Debatte hren, dann sind wir auf einem guten Weg. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715514300

Das Wort hat die Staatsministerin Dr. Cornelia Pieper.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU])


C
Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1715514400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist si-

her wichtig und auch richtig, dass wir gerade heute, am
orabend des 27. Januar, im Gedenken an die Opfer des
olocaust hier im Parlament in der Sache diskutieren.
as steht dem Parlament auch gut an. Ich will für die
undesregierung erklären, dass wir ohne Wenn und
ber zur historischen Verantwortung Deutschlands für
en Holocaust stehen.

Die Bundesregierung setzt sich intensiv für die Pflege
nd den Unterhalt von Gedenkstätten ehemaliger natio-
alsozialistischer Vernichtungslager im In- und Ausland
in. Das wird auch von unseren Partnern, allen voran
on den Polen, ausdrücklich anerkannt. Einige Beispiele
urden genannt. Die Kollegin Grütters hat insbesondere

uf die Stiftung Auschwitz hingewiesen. Ich will noch
inmal daran erinnern, dass sich Bund und Länder Ende
009 gemeinsam zu einer Aufstockung des Kapitals der
euen Stiftung auf insgesamt 60 Millionen Euro bis
015 verpflichtet haben. Die erste Rate in Höhe von
2 Millionen Euro wurde bereits 2011 ausgezahlt. Die
weite wird in Kürze folgen. Somit sind wir mit Abstand
er größte Förderer der Stiftung Gedenkstätte
uschwitz, und das ist auch gut so. Darüber hinaus wer-
en wir die staatliche israelische Gedenkstätte Yad
ashem in den kommenden Jahren mit insgesamt
0 Millionen Euro unterstützen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


undesminister Westerwelle wird nächste Woche ein
egierungsabkommen dazu unterzeichnen.

Ich will daran erinnern, dass wir uns gemeinsam mit
en Partnern einig sind. Ebenso wie für andere Staaten
t die Theresienstädter Erklärung von 2009 Richtschnur
r unser Handeln. Sie besagt, dass der Erhalt von Ge-

enkstätten und jüdischen Friedhöfen grundsätzlich die
ufgabe des Landes ist, in dem sie liegen. Das ist im
brigen auch Polen ganz wichtig. Ich stehe sehr intensiv
wie Herr Nietan weiß, weil auch er es tut – mit der pol-
ischen Regierung in Kontakt; das hat sicher auch mit
einer Aufgabe als Koordinatorin für die deutsch-polni-

che Zusammenarbeit zu tun. In dieser Woche habe ich
ochmals Kontakt zum polnischen Kulturministerium
ufgenommen und habe mit Herrn Zuchowski, dem
taatssekretär im polnischen Kulturministerium, gespro-





Staatsministerin Cornelia Pieper


(A) )


)(B)

chen. Ich möchte Sie darüber informieren, dass die Ge-
denkstätte Sobibor dem polnischen Kulturministerium
direkt unterstellt und dem Museum Majdanek zugeord-
net ist, sodass der langfristige Erhalt gesichert ist.

In der Tat kam es zu Missverständnissen und Irritatio-
nen, die uns beunruhigt haben. 2011 kam es aufgrund
von administrativen Regelungen, die sich scheinbar ne-
gativ auf die Finanzierung ausgewirkt haben, zu der vo-
rübergehenden Schließung des Museums. Das hat man
in Polen inzwischen geklärt. Am 17. Januar dieses Jahres
wurde eine Vereinbarung mit dem Landrat, in dessen Be-
zirk sich Sobibor befindet, unterschrieben. Die Finanzie-
rung von Sobibor ist von polnischer Seite gesichert.

Die Kollegen von der Linken sollten wissen, dass
Deutschland bereits angeboten hat, sich an dem gemein-
samen Projekt für Sobibor zu beteiligen. Es gibt ein Me-
morandum of Understanding mit Israel, der Slowakei
und den Niederlanden. Polen hat uns ausdrücklich da-
rauf hingewiesen, dass es nicht will, dass Deutschland in
diesem Fall an diesem Projekt beteiligt ist. Das hat etwas
mit der Geschichte und den Opfern von Sobibor zu tun.
Wir haben das als deutsche Regierung respektiert.

Summa summarum: Ich kann nur betonen, dass uns
der Erhalt von Gedenkstätten in jeglicher Form, ob in
Deutschland oder in Europa, wichtig ist. Wir werden alles
daransetzen, dass wir als Deutsche der Opfer gedenken
und die Verantwortung für die schrecklichen Gräueltaten
übernehmen. Aber ich glaube, man muss respektieren,
wenn die polnische Regierung sagt, dass sie uns in dem
Fall bei diesem Projekt nicht dabeihaben will.

In dem vorliegenden Antrag steht, dass die Bundesre-
gierung Kontakt aufnehmen soll, um ein Angebot zu un-
terbreiten.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715514500

Frau Staatsministerin, Sie können selbstverständlich

weiterreden, aber das hat dann Konsequenzen für nach-
folgende Redner Ihrer Fraktion.

C
Cornelia Pieper (FDP):
Rede ID: ID1715514600


Frau Präsidentin, ich möchte gern, dass der Kollege
von der FDP, Patrick Kurth, noch redet.


(Beifall des Abg. Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP] – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Ich hoffe, als anständige Regierung wollen Sie auch die Opposition hören!)


Ich wollte nur sagen: Eigentlich hat sich der Antrag erle-
digt. Aber wir unterstützen natürlich weiterhin das Vor-
haben, die Gedenkstätten zu erhalten; das dient auch
dem Gedenken an die Opfer. Wir werden unseren finan-
ziellen Beitrag dazu leisten.

Danke.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kol ge Wolfgang Wieland das Wort. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wa n 250 000 Menschen, die im Vernichtungslager Sobior zwischen Mai 1942 und Oktober 1943 vergast wuren. „Sie wurden“, um eine Formulierung von Heinz alinski zu gebrauchen, des langjährigen Vorsitzenden er Jüdischen Gemeinde hier in dieser Stadt, „ermordet, ur weil sie Juden waren.“ 250 000 Menschen – das entpricht der gesamten Einwohnerzahl von Städten wie iel, Braunschweig oder Krefeld. Ermordet wurden iese Menschen im Rahmen der deutschen „Endlösung er Judenfrage“ – Stichwort Wannsee-Konferenz, an die ir alle zu Recht, wie ich finde, erinnert haben –, im uge der deutschen „Aktion Reinhardt“ unter dem Komando des deutschen SS-Obersturmführers Franz tangl. Die deutsche Verantwortung hierfür, und zwar ie alleinige Schuld, steht außer Frage und wurde hier ja uch von niemandem infrage gestellt. Nun ist die Frage: Wie stellen wir uns dazu – das ist tsächlich eine nicht einfach zu beantwortende Frage; a gebe ich Ihnen völlig recht, Frau Pieper –, wenn die olnische Seite Finanzierungsschwierigkeiten hat? Wir aben dazu schriftliche Anfragen an Ihr Haus gestellt. ir haben im Rahmen der Haushaltsberatungen durch eine Kollegen Jerzy Montag, der zurzeit auf der Parlaentarischen Versammlung des Europarates ist, Volker eck und andere einen Antrag gestellt, weil es uns zuefst beunruhigt hat, dass hier möglicherweise eine Geenkstätte nicht weiter finanziert werden kann. Es ist uch tatsächlich zu hinterfragen, dass die Länder der Opr – Sie haben sie aufgezählt: Niederlande, Israel und ndere – hier einen finanziellen Beitrag leisten, das Land er Täter aber nicht. Man muss sich fragen, ob das so chtig ist. Natürlich können und wollen wir nichts aufdrängen, ber der Hinweis auf die Theresienstädter Erklärung ist noch nicht die ganze Antwort. Sie beinhaltet nur die erpflichtung der Länder zum Erhalt der Gedenkstätten, ie sich auf ihrem Territorium befinden. Das heißt noch icht – Sie selber haben ja die Ausnahme Auschwitz in iesem Zusammenhang erwähnt –, dass es nicht auch ine Mitbeteiligung von deutscher Seite geben kann und ass diese auch sinnvoll ist. Da es sich um eine hochsensible Frage handelt – das urde hier nicht bestritten –, haben wir den Vorschlag emacht, eine Runde der Berichterstatterinnen und Bechterstatter anzusetzen. Wir hoffen, dass auch bei der DU/CSU-Fraktion Bereitschaft da ist, wirklich herausufinden, ob auf polnischer Seite gar nicht der Wunsch azu besteht oder ob man dort denkt, dass auf deutscher eite die Bereitschaft fehlt, dass man also ins Gespräch ommt und diese Frage unter Freunden – wir sind ja hier nter Freunden – klärt und so in der Zukunft Irritationen ermeidet. Eines dürfte doch völlig klar sein: Der Schrecken, der ort geschehen ist, das Unfassbare können wir niemals Wolfgang Wieland )

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715514700
Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715514800




(A) )

unter Hinweis auf Verpflichtungen anderer Länder in ir-
gendeiner Weise verkleinern. In keiner Weise werden
wir das los. Wir werden für immer die Bereitschaft zei-
gen müssen, da auch finanziell zu helfen und einzuste-
hen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715514900

Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Thomas

Strobl das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1715515000

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! In dem Antrag „Erhalt der Gedenkstätten national-
sozialistischer Vernichtungslager sicherstellen“ fordert
die Fraktion Die Linke die Bundesregierung auf, mit Fi-
nanzmitteln dazu beizutragen, dass die in Polen gelege-
nen Erinnerungsorte der Schoah erhalten werden kön-
nen. Hierauf möchte ich antworten: Sie rennen offene
Türen ein. Diese Bundesregierung tut das doch längst,
und sie tut das in beträchtlichem Umfang, sowohl in
Polen als auch bei uns in Deutschland. Die vier großen
KZ-Gedenkstätten in Thüringen und Brandenburg und
seit 2009 zusätzlich die westdeutschen KZ-Gedenkstät-
ten Bergen-Belsen, Neuengamme, Dachau und Flossen-
bürg sind in die institutionelle Förderung des Staatsmi-
nisters für Kultur und Medien aufgenommen worden.
Der Staatsminister für Kultur und Medien fördert auch
die Stiftung „Denkmal für die ermordeten Juden Euro-
pas“ sowie das Haus der Wannsee-Konferenz, die ja, wie
Kollege Wieland schon gesagt hat, fast exakt in diesen
Tagen vor 70 Jahren stattgefunden hat und an die wir uns
zu Recht erinnern.

Auch außerhalb Deutschlands übernimmt die Bun-
desrepublik Deutschland Verantwortung dafür, dass an
die Verbrechen der Nationalsozialisten erinnert wird. Al-
lein zum Erhalt der als Erinnerungsort bedeutsamen Ge-
denkstätte Auschwitz-Birkenau hat der Bund seit 2009
in enger Kooperation mit den Ländern 60 Millionen
Euro zur Verfügung gestellt und sich dabei eng mit der
polnischen Seite und weiteren internationalen Partnern
abgestimmt.

Das heißt, der im Antrag der Linken implizit enthal-
tene Vorwurf, diese Koalition unterstütze die Erinnerung
an die NS-Verbrechen nicht oder nicht im nötigen finan-
ziellen Umfang, entbehrt jeglicher Grundlage. Das Ge-
genteil ist wahr.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jan Korte [DIE LINKE]: Wo steht das im Antrag? Das ist nicht angemessen bei dem Thema!)


Tatsache ist: Die Erinnerung an die NS-Zeit und ihre
Verbrechen gehört zu den Kernanliegen dieser Bundes-
regierung und dieser Koalition. Daraus folgende finan-
zielle Verpflichtungen nimmt sie peinlich genau und in
vollem Umfang wahr. Wahr ist aber auch: Diese Bundes-

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(C (D gierung und diese Koalition widerstehen der Versuhung eines allzu wohlfeilen, geradezu gönnerhaften ngebots von Finanzhilfen an europäische Nachbarstaan wie Polen, dessen Regierung um solche Hilfen überaupt nicht gebeten hat. (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Richtig!)


in Finanzierungsangebot unsererseits könnte den Ein-
ruck erwecken, unsere europäischen Freunde seien zum
rhalt von Gedenkstätten nicht selbst imstande, obwohl
ie sich in den Verhandlungen zur Theresienstädter Er-
lärung vom 30. Juni 2009 faktisch genau dazu bekannt
nd verpflichtet haben.

Vom polnischen Botschafter, mit dem ich letzte Woche
in langes und konstruktives Gespräch geführt habe, weiß
h, wie entschlossen das polnische Volk ist, aus eigener
raft seinen internationalen Verpflichtungen vollum-
nglich nachzukommen, und wie ungern es allgemein

esehen wird, durch ungebetene deutsche Finanzhilfen
uasi indirekt abgesprochen zu bekommen, dazu in der
age zu sein. Meine verehrten Damen und Herren Kolle-
innen und Kollegen, gut gemeint ist nicht immer gut ge-
acht. Polen ist ein starker Partner Deutschlands, kein

ilfsbedürftiger Kostgänger. Wir sollten jeden Eindruck,
er in diese Richtung geht, vermeiden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Auf die Gedenkstätte Sobibor, die im Antrag der Lin-
en namentlich erwähnt ist, übertragen, heißt das: Nur
eil im Sommer 2011 aufgrund administrativer Rege-
ngen vor Ort ein Finanzierungsengpass entstand, be-

teht noch lange kein Grund, bei uns die Alarmglocken
u läuten und mit ungebetenen finanziellen Zuwendun-
en in Warschau voreilig vorstellig zu werden. Tatsäch-
ch hat die polnische Regierung selbst schon hinrei-
hende Korrekturen vorgenommen. Warschau hat die
erwaltung Sobibors Anfang 2012 dem Kultusministe-
um unterstellt und damit zur Chefsache erklärt, was als
inreichende Garantie für die Zukunft der Gedenkstätten
Polen anzusehen ist. Damit erübrigt sich jede ungebe-
ne Finanzhilfe unsererseits. Sie würde, wie gezeigt,
öglicherweise beleidigend wirken, falls wir sie Polen

ennoch anböten, ja, geradezu aufdrängten. Dazu wollen
ir es nicht kommen lassen. Deswegen lehnen wir den
ntrag der Linken ab.

Erlauben Sie mir zum Schluss noch einen Gedanken,
erade angesichts des morgigen internationalen Holo-
austgedenktages: Wir sind uns alle einig, dass sich die
enschenverachtenden Völkermordaktionen Nazideutsch-
nds niemals wiederholen dürfen. Wir sind sicher alle
leichermaßen aufgeschreckt angesichts der Zeitungsbe-
chte in dieser Woche, denen zufolge antisemitische Ein-
tellungen bei uns wieder auf dem Vormarsch sind, zu-
indest in latenter Form. Wenn das zutrifft – davon ist

ngesichts der Seriosität der Erhebungsmethoden auszu-
ehen –, muss man sich die Frage stellen: Welchen zu-
ätzlichen Weg können wir gehen, um das Wiederaufle-
en judenfeindlicher Gesinnung zu verhindern, wenn die
ädagogische Kultur des routinierten Gedenkens es of-





Thomas Strobl (Heilbronn)



(A) )


)(B)

fenkundig allein nicht schafft, wie es eine deprimierte
Charlotte Knobloch am Montag fast schon verzweifelt
ausdrückte? Was können wir ergänzend tun, um das viru-
lente Gift des Rassismus wirksam zu neutralisieren, das
offensichtlich noch immer in den Menschen steckt? Dies
hat übrigens – das sage ich ohne Häme und ohne partei-
politische Kampfeslust – längst auch die Linkspartei be-
fallen, wie die Vorgänge in ihrem Duisburger Kreisver-
band im Jahr 2011 belegen.

Das größte Denkmal, das wir den Opfern des Holo-
caust errichten können, liegt nicht in Polen, liegt nicht in
Deutschland oder sonst wo, sondern in uns selber.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Richtig!)


Es ist kein in Stein gehauenes Mahnmal. Es kostet auch
kein Geld. Vielmehr ist es der täglich aufs Neue gefasste
Entschluss unseres Herzens, Menschlichkeit zu üben,
immer und überall und gegenüber jedermann. Eine sol-
che Praxis ist alles in allem die bestmögliche Antwort.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715515100

Kollege Strobl, angesichts des Themas bin ich ausge-

sprochen großzügig; aber ich bitte Sie, jetzt das Signal
zu beachten.


Thomas Strobl (CDU):
Rede ID: ID1715515200

Sie kostet nichts außer einer Willensanstrengung und

ist dennoch unendlich viel wertvoller als jede Geldinves-
tition.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das ist der Grund, warum wir den Antrag der Linken ab-
lehnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715515300

Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Patrick

Kurth das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Patrick Kurth (FDP):
Rede ID: ID1715515400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! An den Holocaust, das schwerste Verbrechen in
der Menschheitsgeschichte, müssen und werden wir im-
mer erinnern. Das ist absolute Staatsräson; das darf nie-
mals in Vergessenheit geraten. Dazu gehört selbstver-
ständlich, dass die Gedenkinfrastruktur des unsäglichen
Verbrechens für alle nachfolgenden Generationen erhal-
ten bleibt. Das ist selbstverständlich. Konzentrationslager
müssen als Gedenkstätten erhalten werden. Dies ist un-
verhandelbar und Konsens hier in diesem Hause.

Die Theresienstädter Erklärung wurde von 46 Staaten
unterzeichnet. Sie enthält die Leitlinien für das künftige
Erinnern an den Holocaust in Europa und weltweit und

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(C (D t erst recht für Deutschland Maßstab. Sie bringt – das erschweigen Sie in Ihrem Antrag – den Konsens aller eteiligten zum Ausdruck, dass das Erinnern an den Hocaust eine Aufgabe aller Völker ist. Genau das ist das egweisende der Theresienstädter Erklärung. Es wird stgelegt, dass das Erinnern an den Völkermord und an ie Schreckensherrschaft Aufgabe der gesamten enschheit ist. Frau Grütters hat es schon zitiert; ich iederhole es: … rufen wir alle Staaten nachdrücklich auf, regelmäßige jährliche Gedenkund Gedächtnisfeiern zu unterstützen beziehungsweise einzuführen sowie Mahnmale und andere Gedenkstätten und Orte zur Erinnerung an das unermessliche Leiden zu erhalten. ies ist gleichsam eine Selbstverpflichtung aller beteigten Staaten, das Gedenken an die NS-Gräuel aufrechtuerhalten. Ganz entscheidend und wichtig ist: Von polnischer eite – Sie haben dies ganz deutlich gesagt – kam aus estimmten Gründen keine Anfrage für Sobibor. Desalb dürfen gerade wir jetzt nicht gönnerhaft an die Pon herantreten und so tun, als müssten wir ihnen zeigen, ie man Gedenkstättenarbeit macht oder machen sollte. as gehört sich für uns als Deutsche nicht. Polen hat unser Vertrauen. Das Land betreibt herorragende Gedenkstättenarbeit. Das gilt auch für Soibor. Deutschland beteiligt sich massiv, beispielsweise it 60 Millionen Euro am Erhalt der Gedenkstätte uschwitz-Birkenau. Der Unterschied zwischen uschwitz und Sobibor ist, dass die Förderung in enger bsprache mit der polnischen Seite erfolgt und eben icht ungefragt. Viele weitere internationale Partner sind eteiligt. Unser Nachbarland Polen leistet eine hervorragende rbeit. Es gibt keinen Grund, dass wir, der Deutsche undestag, das bezweifeln. on daher, Herr Korte: Vielleicht ist Ihr Antrag gut geeint, vielleicht ist er aber auch ein Schaufensterantrag. r ist auf jeden Fall eines: überflüssig. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715515500

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/7028 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-

erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) )


)(B)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

– Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)


Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut-
scher Streitkräfte an dem Einsatz der Interna-
tionalen Sicherheitsunterstützungstruppe in

(International Security Assistance Force, ISAF)

auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001)

und folgender Resolutionen, zuletzt Resolution
2011 (2011) vom 12. Oktober 2011 des Sicher-
heitsrates der Vereinten Nationen

– Drucksachen 17/8166, 17/8393 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Philipp Mißfelder
Johannes Pflug
Dr. Rainer Stinner
Wolfgang Gehrcke
Dr. Frithjof Schmidt

– Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 17/8394 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Herbert Frankenhauser
Klaus Brandner
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Michael Leutert
Sven-Christian Kindler

Hierzu liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktion
Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor.

Über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der
Bundesregierung sowie über die beiden Entschließungs-
anträge werden wir später namentlich abstimmen.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Dr. Rainer Stinner für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1715515600

Frau Präsidentin! Verehrte, liebe Kolleginnen und

Kollegen! Gestern ist in der Provinz Balkh der Start-
schuss zur Übergabe der Sicherheitsverantwortung an
die afghanischen Sicherheitsbehörden gegeben worden.
Vorgestern fiel auch der Startschuss für Faizabad und die
Region Badakhshan, um diesen wichtigen Schritt zu un-
ternehmen. Schätzungen besagen, dass sich durch die
Schritte, die vorgestern und gestern gemacht worden
sind, schon jetzt circa 25 Prozent der afghanischen Be-
völkerung unter dem Sicherheitsschirm der afghanischen
Sicherheitsbehörden befinden. Bis zum Frühjahr dieses
Jahres wird eine Quote von 50 Prozent angestrebt. Wir
alle wissen: Wir gehen davon aus, dass bis zum Jahre

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(C (D 014 eine Abdeckung von 100 Prozent erreicht sein ird. Wir befinden uns in Afghanistan auf einem sehr ositiven Entwicklungspfad. Seit 2010 verbessert sich die Sicherheitslage; das ist uch messbar. Die Zahl der Anschläge und Gefechte ist eutlich zurückgegangen. Auch im zivilen Bereich haen wir wesentliche Fortschritte zu verzeichnen. In allen imensionen des zivilen Aufbaus – ob bei der Kinder terblichkeit oder beim Zugang zu Wasser, Bildung, rankenhäusern bzw. Gesundheitsleistungen – gibt es ine eindeutig positive Entwicklung. Diese Erfolge veranken wir ganz wesentlich unseren Soldaten, unseren olizisten und den vielen zivilen Helfern in Afghanistan. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


h rufe diesen Helfern, Polizisten und Soldaten zu: Sie
önnen auf das, was Sie tun, stolz sein! Wir als Abge-
rdnete können auf unser Personal stolz sein. Wir sollten
en Helfern, Polizisten und Soldaten und ihren Familien
eutlich sagen, dass wir auf das, was sie für uns in Af-
hanistan leisten, stolz sind.

Ganz wesentlich beigetragen zu diesem positiven
ntwicklungspfad hat das strategische Konzept der Bun-
esregierung für diesen wichtigen und wertvollen Ein-
atz. Deutlich sichtbar ist: Beginnend mit der Konferenz
London im Januar 2010, der vor einigen Wochen die
onferenz in Bonn folgte, ist erstmals erreicht worden,
ass die NATO ein gemeinsames Verständnis, ein ge-
einsames Konzept und einen gemeinsamen Entwick-
ngspfad hat. Daran hat diese Bundesregierung, die seit

009 im Amt ist, mit diesem Außenminister einen ganz
esentlichen Anteil.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der vernetzte Ansatz, über den wir lange diskutiert
aben, ist in einer Weise realisiert worden, wie wir es
ns noch vor einigen Jahren gewünscht hätten. Ich sage
ehr deutlich: Ich bedanke mich ganz ausdrücklich bei
llen Ministerien, die in diesen Prozess eingebunden
ind – insbesondere beim Auswärtigen Amt, beim Ver-
idigungsministerium, beim BMZ und beim Innenmi-
isterium, aber auch bei allen anderen Ministerien –, da-
r, dass das Konzept des vernetzten Ansatzes

unehmend Realität wird. Wir können überall noch bes-
er werden. Wir sind aber schon wesentlich besser ge-
orden. Herzlichen Dank dafür!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Entwicklungspfad spiegelt sich auch in dem
andat, das uns die Bundesregierung heute vorlegt, wi-

er. Erstmals kommt es zu einer Reduzierung der Trup-
enstärke auf 4 900 Soldaten. Im Mandat steht, dass, so-
rn es die Sicherheitslage erlaubt, angestrebt ist, die
ruppenstärke innerhalb von zwölf Monaten auf 4 400
oldaten zu senken. Das ist der richtige Weg, und wir
egrüßen dies außerordentlich.

Damit kein falscher Eindruck entsteht: Natürlich ist in
fghanistan nicht alles gut; das wissen wir.





Dr. Rainer Stinner


(A) )


)(B)


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Da haben Sie gerade noch die Kurve gekriegt!)


– Lieber Herr Gehrcke, das wissen wir doch. – Natürlich
ist die Sicherheitslage prekär. Wir haben heute wieder
drei Tote in Helmand zu beklagen, und es wird weitere
Anschläge und Gefechte geben. Da macht sich bei uns
doch keiner Illusionen. Natürlich wird das der Fall sein.
Auch die Gewaltkriminalität nimmt zu. Es gibt Korrup-
tion und kein geordnetes Staatswesen. Das ist uns durch-
aus bewusst. Dennoch müssen wir auch die Perspektiven
sehen, die wir hier haben.

Wir wissen noch nicht, wie das politische Szenario
nach 2014 aussehen wird, aber wir arbeiten daran. Wich-
tig ist, dass wir den Entwicklungspfad hinsichtlich der
Aufgabe, die diese Bundesregierung von der Vorgänger-
regierung übernommen hat, systematisch weitergehen.
Deshalb sage ich: Die Bundesregierung wird mit viel
Einsatz weiter daran arbeiten, und wir unterstützen sie
darin.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließend sage
ich speziell zu den Grünen: Ich habe nicht das geringste
Verständnis dafür, dass Sie sich angesichts der Aufgabe,
die wir von Ihnen übernommen haben, und angesichts
des deutlich sichtbaren Entwicklungspfades heute nicht
dazu durchringen können, diesem Mandat zuzustimmen.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Das versteht keiner!)


Dafür kann ich nur parteiinterne Diskussionen verant-
wortlich machen. Inhaltlich ist das nicht geboten.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir führen Diskussionen, im Gegensatz zu Ihnen!)


Wir werden die Bundesregierung aus voller Überzeu-
gung unterstützen und diesem Mandat zustimmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715515700

Das Wort hat der Kollege Stefan Rebmann für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Stefan Rebmann (SPD):
Rede ID: ID1715515800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir entscheiden heute über die Fortsetzung
der Beteiligung deutscher Streitkräfte am Einsatz der
ISAF-Truppen in Afghanistan. Wir haben in der SPD-
Fraktion und in unserer Task Force Afghanistan mehr-
fach sehr offen, ausführlich und kritisch über die Lage
und über die Situation der Menschen in Afghanistan ge-
sprochen.

Wir haben vor allen, die sich in Afghanistan engagie-
ren, die wertvolle Aufbau-, Ausbildungs- und Entwick-
lungsarbeit leisten und die für Sicherheit sorgen, ob als
Mitarbeiter bei NGOs, als Polizeiausbilder oder als Bun-

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(C (D eswehrangehörige, hohen Respekt. Ihnen allen gehört nsere Anerkennung. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP])


Wir halten es als SPD-Fraktion für richtig, uns auch
eiterhin im Rahmen der internationalen Gemeinschaft
Afghanistan zu engagieren; denn wir dürfen die af-

hanische Bevölkerung nicht im Stich lassen, auch nicht
ach 2014. Das war die wichtigste Botschaft der Afgha-
istan-Konferenz in Bonn; denn unser Ziel, den Aufbau
nd die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte
owie den Schutz der afghanischen Bevölkerung so weit
oranzutreiben, dass Afghanistan mittel- und langfristig
lleine und eigenverantwortlich in der Lage ist, für Sta-
ilität und Frieden zu sorgen, haben wir noch nicht er-
icht. Bis wir dieses Ziel erreicht haben – das wissen
ir alle –, ist es noch ein weiter und steiniger Weg. Des-
alb sage ich auch: Es hilft nichts, die Lage schönzure-
en. Ja, es ist unendlich schwierig, es ist kompliziert,
nd es gibt auch Misserfolge und Rückschläge; aber es
ibt auch Erfolge, im militärischen wie auch im zivilen
nd im entwicklungspolitischen Bereich.

Afghanistan ist gegenwärtig kein Rückzugsraum
ehr für international agierende Terroristen. Dieser Er-
lg – das muss uns allen klar sein – steht auf wackeli-

en Beinen. Ein sofortiger und vollständiger Rückzug
uch der ISAF-Truppen würde das Land sehr wahr-
cheinlich wieder im Bürgerkriegssumpf versinken las-
en. Die afghanischen Sicherheitskräfte sind gerade im
usbildungsbereich nach wie vor auf unsere Unterstüt-

ung angewiesen; aber – und das empfinde ich schon als
rfolg – sie übernehmen nach und nach immer mehr Be-
iche in ihre eigene Verantwortung, und das ist auch gut

o.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Im zivilen und entwicklungspolitischen Bereich sieht
s ähnlich aus. Gemeinsam mit den beteiligten Partner-
taaten haben wir dringend notwendige Projekte in den
ereichen Infrastruktur, Bildung – Aufbau von Schulen,
sbesondere von Mädchenschulen – und medizinische
ersorgung sowie beim Zugang zu Elektrizität und
rinkwasser angestoßen und gemeinsam umgesetzt. Um
iese Fortschritte dauerhaft zu sichern, müssen sie kon-
eptionell und finanziell abgesichert werden. Dazu brau-
hen wir eine unabhängige Evaluierung aller bisherigen
aßnahmen. Wir müssen wissen, inwieweit die selbst-

esteckten Ziele tatsächlich erreicht wurden und wo
och deutlich nachjustiert werden muss. Der Fort-
chrittsbericht Afghanistan der Bundesregierung ist um-
ngreich und liefert durchaus eine ganze Menge an In-
rmationen und Hinweisen. Eine unabhängige Evalu-
rung ersetzt er allerdings nicht.

Ich will an dieser Stelle noch einmal auf die großar-
ge Arbeit und das Engagement der vielen zivilen Ent-
icklungshelfer und der NGOs hinweisen, die oft unter

chwierigsten Bedingungen eine hervorragende Arbeit
isten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)






Stefan Rebmann


(A) )


)(B)

Ich muss hier aber auch sagen: Bei den NGOs und bei
der afghanischen Bevölkerung hat Minister Niebel mit
seinem Konzept der vernetzten Sicherheit und der zivil-
militärischen Zusammenarbeit für erhebliche Irritationen
und Verärgerung gesorgt.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Afghanistan wird weiterhin auf unsere Unterstützung
angewiesen sein. Man muss der Regierung in Kabul
auch sehr deutlich machen, dass wir Fortschritte erwar-
ten, besonders im Bereich Good Governance, bei der
Einhaltung demokratischer Grundrechte und Menschen-
rechte, bei Pressefreiheit und Frauenrechten, bei freien
demokratischen Wahlen und bei der Bekämpfung von
Armut, Drogenhandel und Korruption. Auch der inner-
afghanische Versöhnungsprozess muss ernsthaft voran-
getrieben werden; denn nur so – nicht nur militärisch –
ist der Konflikt dauerhaft zu lösen. Wir brauchen in Af-
ghanistan eine politische Lösung.


(Beifall bei der SPD)


In Bonn ist darauf verzichtet worden, von der Regie-
rung Karzai ernsthafte Reformen als Vorbedingung für
weitere finanzielle Unterstützung einzufordern. Über-
haupt ist neben dem Versöhnungsprozess die internatio-
nale Finanzierung Afghanistans ein zentrales Thema.
Klar ist: Der Finanzierungsbedarf für Afghanistan, auch
für die afghanischen Sicherheitskräfte, wird trotz Redu-
zierung der Zahl der internationalen Streitkräfte anstei-
gen. Auch die zivilen Hilfsprojekte werden noch auf län-
gere Zeit von der internationalen Gemeinschaft unter-
stützt werden müssen.

Meine Fraktion steht zu ihrer Verantwortung. Deshalb
stimmen wir mit großer Mehrheit für die Fortsetzung des
deutschen Engagements – aber auch, weil die Regierung
viele unserer zentralen Forderungen übernommen hat.

Aber zum Abzug der Truppen gehört auch eine kriti-
sche Bewertung der bisherigen Maßnahmen und ein kla-
rer Truppenabzugsplan, ein klares Konzept. Wenn der
Grundstein schief liegt, kann die Mauer nicht gerade
sein, besagt ein afghanisches Sprichwort. Das heißt, eine
gute Sicherheitslage und ein erfolgreicher Versöhnungs-
prozess sind Grundsteine für den Frieden und für eine
gute Entwicklungszusammenarbeit.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715515900

Das Wort hat der Kollege Ruprecht Polenz für die

Unionsfraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Ruprecht Polenz (CDU):
Rede ID: ID1715516000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir entscheiden über den Antrag der Bundesregierung,
4 900 Soldaten, das heißt: 450 weniger als bisher, für ein

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(C (D eiteres Jahr zur Teilnahme an der ISAF-Mission nach fghanistan zu entsenden. In dem Mandat heißt es auch, ass eine weitere Reduzierung auf 4 400 Soldaten mögch ist, sofern es die Lage erlaubt. In vielen Diskussionen in der Vergangenheit über diees Mandat haben wir immer wieder gesagt: Es gibt eine militärische Lösung. Aber es gibt eben auch keine ösung ohne Militär. Deshalb möchte ich mich genauso ie meine Vorredner bei den Soldatinnen und Soldaten edanken. Denn ohne ihren Dienst wären die Aufbaurfolge in Afghanistan im Gesundheitswesen, im Bilungs-wesen und bei der Infrastruktur nicht möglich geesen. Ohne ihren fortgesetzten Einsatz in Afghanistan äre auch eine politische Lösung nicht möglich. Die politische Lösung muss alle Ebenen des Konflikts dressieren: die internationale Ebene – al-Qaida darf icht wieder zurückkehren –, die nationale Ebene – es eht um den Ausgleich der Interessen der Stämme und m den Versöhnungsprozess in Afghanistan – und die reionale Ebene, nämlich die Einbeziehung der Nachbarn. ie politische Lösung muss nach dem Motto „Zusamen rein, zusammen raus“ auch alle Beteiligten, nicht uletzt alle 40 ISAF-Truppensteller, mit einbeziehen. Ich enke, auch Frankreich wird sich diesem Grundsatz der ündnissolidarität entsprechend verhalten. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist aus meiner Sicht ein Erfolg der Bundesregie-
ng, dass wir über eine realistische Strategie für eine

olche politische Lösung verfügen, die diesen komple-
en Anforderungen entspricht. Ich möchte mich bei un-
erem Außenminister, Herrn Westerwelle, bei Verteidi-
ungsminister de Maizière, aber auch bei dem Afgha-
istan-Beauftragten der Bundesregierung, Herrn Steiner,
anz herzlich für diese konzeptionelle Vorarbeit und den
influss, den sie international dafür genommen haben,
edanken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Peinlich!)


Was wollen wir erreichen? „Wir“ heißt nicht wir
eutschen, sondern wir als internationale Gemeinschaft.
ir wollen einen politischen Prozess in Afghanistan.
ir wollen hinreichende Stabilität, und wir wollen das

ahr 2014 als Zeithorizont für den Abzug der Kampf-
uppen. Dafür hat die internationale Afghanistan-Kon-
renz in Bonn sieben Prinzipien formuliert, nämlich

wei für den Friedensprozess und fünf für das Ergebnis,
as erreicht werden soll.

Der Friedensprozess muss unter afghanischer Führung
tehen. Wir können das afghanische Engagement nicht
rsetzen. Der Friedensprozess muss auch die legitimen
teressen aller Afghanen berücksichtigen, unabhängig

on Geschlecht oder Status.

Die Friedenslösung muss Folgendes beinhalten, und
war nicht als Vorbedingung, sondern als zu erzielendes
rgebnis – dafür wurden fünf Prinzipien formuliert –:
rstens die Bestätigung eines souveränen und stabilen
eeinten Afghanistans. Ich weiß, dass verschiedentlich





Ruprecht Polenz


(A) )


)(B)

darüber spekuliert wird, ob es nicht vielleicht besser
wäre, das Land würde sich irgendwie teilen. Aber ich
warne vor solchen Gedanken. Das ist ein tödliches Re-
zept für einen erneuten Bürgerkrieg. Erstes Ziel ist also
ein geeintes, souveränes und stabiles Afghanistan. Zwei-
tes Ziel ist der Gewaltverzicht. Drittens ist der Bruch mit
dem internationalen Terrorismus notwendig und viertens
Respekt gegenüber der afghanischen Verfassung ein-
schließlich der darin verankerten Menschen- und Frau-
enrechte. Fünftens muss die Region den Friedensprozess
und sein Ergebnis respektieren und unterstützen.

Wir stellen uns natürlich die Frage, warum das jetzt
realistisch ist. Warum sollten sich die Aufständischen
und die Taliban darauf einlassen? Entscheidend ist dafür
aus meiner Sicht die Zusage der internationalen Gemein-
schaft auf der Konferenz in Bonn, Afghanistan nach dem
Jahr 2014 noch ein Jahrzehnt, bis zum Jahr 2024, Hilfe
zu gewähren und Mittel für zivile Aufgaben und Ent-
wicklungsprioritäten bereitzustellen, wie sie der afghani-
sche Staat dann für sich setzen wird.

Die Taliban wissen, dass sie in der Zeit ihrer Herr-
schaft Fehler gemacht haben. Sie kennen die Umfragen
und wissen, dass sie nur etwa 4 bis 7 Prozent der Afgha-
nen zurück an der Macht sehen wollen. Sie wissen auch,
dass die Erwartungen der Bevölkerung ohne Hilfe aus
dem Ausland nicht erfüllt werden können. Sie wissen
ebenfalls, dass diese Hilfe von Bedingungen abhängt.

Damit Hilfe auch nach 2014 geleistet werden kann,
brauchen wir allerdings weiterhin Unterstützung bei der
Sicherheitsvorsorge für die afghanischen Streitkräfte
– diese werden finanziert werden müssen – und beim
weiteren Aufbau der afghanischen Polizei. Deshalb war
ich etwas irritiert, als ich in dieser Woche im Spiegel ge-
lesen habe:

Weil ohne Soldaten die Sicherheit nicht gewährleis-
tet sei, werde Deutschland dann keine Anwärter
mehr für den afghanischen Polizeidienst ausbilden.

Das stammt angeblich aus irgendwelchen Regierungs-
kreisen.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sind schon namentlich genannt!)


Ich denke, diese Irritationen sollten schleunigst ausge-
räumt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Denn es ist völlig klar, dass bei einer solchen Aussage
keine Entwicklungshilfe geleistet werden könnte. Selbst-
verständlich gehören zur Übergabe in Verantwortung
hinreichende Sicherheit, eine weitere Verbesserung der
Sicherheitsvorsorge und damit auch weitere Hilfe beim
Polizeiaufbau.

„Zusammen rein, zusammen raus“, das ist nicht nur
ein Prinzip für das Bündnis und das Militär. Es handelt
sich auch um einen politischen Grundsatz. Der Afgha-
nistan-Einsatz ist von der rot-grünen Bundesregierung
beschlossen worden. Die damaligen Oppositionsfraktio-

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(C (D en von Union und FDP haben ihn die ganze Zeit untertützt. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Wir nicht! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die CDU ja, die FDP nicht!)


Stimmt, nicht immer. Aber ich rede jetzt nur für meine
raktion. – Wir haben das unterstützt. Es war ganz wich-
g, Herr Trittin, dass wir über die Jahre eine breite parla-
entarische Mehrheit hatten.

Jetzt liegt eine realistische Strategie für eine politi-
che Lösung vor. Es gibt das klare Signal: Wir lassen die
fghanen nicht im Stich. – Das Ganze ist international

bgestimmt. Bei dieser Sachlage wollen Sie sich, meine
amen und Herren von den Grünen, der Stimme enthal-
n? Sie machen – ich formuliere es freundlich – einen
unstgriff, legen einen eigenen Entschließungsantrag
or und tun so, als könnten Sie nur dann zustimmen,
enn sich die Welt nach den Grünen richtet. Sie wollen

o Ihre Enthaltung und das Stehlen aus der Verantwor-
ng begründen. Wenn sich jeder so verhalten würde,
ürde man nicht nur dem Kant’schen Imperativ, wonach
an sich so verhalten soll, als ob man … – Sie kennen

as sicherlich –, nicht mehr entsprechen können. Ihr Ver-
alten ist – knapp zusammengefasst – weder besonders
oralisch noch besonders vernünftig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich möchte Sie vor diesem Hintergrund auffordern,
iese Haltung noch einmal zu überprüfen, und zwar im
teresse unserer Soldaten und einer politischen Lösung,

ie umso besser zu erreichen ist, je klarer und breiter die
ignale sind, die aus diesem Parlament gesendet werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715516100

Das Wort hat der Kollege Paul Schäfer für die Frak-

on Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Paul Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715516200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Beim

eute zu verabschiedenden Afghanistan-Mandat soll es
m den Einstieg in den Ausstieg gehen; zumindest wird
ieser Eindruck erweckt. Die Wirklichkeit ist: Es geht
m einen Teilabzug – möglichst gesichtswahrend – und
arum, dass die NATO nach 2014 mindestens eine wei-
re Dekade am Hindukusch militärisch präsent bleiben
ill. Was uns hier und heute serviert wird, ist ein Abzug
on Personal in homöopathischer Dosis, während gleich-
eitig alles, was für harte Kriegführung benötigt wird, im
and bleibt. Mehr noch: Die Verlegung weiterer Kampf-
ubschrauber ist geplant. Ein substanzieller Abzug sieht
nders aus.


(Beifall bei der LINKEN)


Klar ist auch, dass die offensive Aufstandsbekämp-
ng – mit entsprechenden Opfern unter den Zivilisten

nd den bewaffneten Akteuren – weitergehen soll. Ge-





Paul Schäfer (Köln)



(A) )


)(B)

nau das aber blockiert den Beginn eines Friedensprozes-
ses, den die Afghanen herbeisehnen, den sie endlich
brauchen. Seien Sie doch einmal ehrlich:


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das kannst du von denen nicht erwarten!)


Die Vorstellung, dass es 2024 noch NATO-Soldaten am
Hindukusch geben könnte, ist schlicht irreal. Das wird
von der afghanischen Bevölkerung nicht akzeptiert wer-
den, die endlich Selbstbestimmung will, statt weiterhin
Spielball geostrategischer Ambitionen anderer zu sein.


(Beifall bei der LINKEN)


Selbst die Bundesregierung sagt: Der Afghanistan-
Krieg ist militärisch nicht zu gewinnen. – Wenn das rich-
tig ist, kann es nicht darum gehen, jetzt Zeit zu gewin-
nen, sondern es muss darum gehen, die Zeit endlich zu
nutzen, um eine diplomatische Lösung des Konflikts zu
erreichen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich erkläre Ihnen gerne noch einmal den Standpunkt
der Linken. Erstens. Nur ein vollständiger Truppenabzug
schafft die Voraussetzung für eine politische Friedenslö-
sung.


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens. Um dahin zu kommen, muss der zügige
Abzug in diesem Jahr mit vertrauensbildenden Maßnah-
men verbunden sein, das heißt mit einem Ende der An-
griffshandlungen. Waffenstillstandsvereinbarungen und
die Schaffung von entmilitarisierten Zonen – das wäre in
diesem Jahr angesagt.


(Beifall bei der LINKEN)


Drittens. Es muss eine umfassende afghanische Ver-
handlungslösung mit Nachdruck gefördert werden. Da-
bei darf die afghanische Zivilgesellschaft nicht zum An-
hängsel der Kriegsparteien gemacht werden.

Viertens. Die politische Lösung muss von Bemühun-
gen um regionale Stabilität begleitet werden. Dazu ge-
hört auch, dass die Bundesregierung auf die US-Regie-
rung einwirkt, die kriegerischen Akte in Pakistan
einzustellen und die Hände vom Iran zu lassen.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist natürlich gut, wenn jetzt vor allem über den
Truppenabzug gesprochen wird. Nur leider dreht sich
vor Ort die Spirale der Gewalt immer weiter. Deshalb
gilt: Nichts ändert sich in Afghanistan, zumindest nicht
2012. Die nächtlichen Hausdurchsuchungen gehen wei-
ter, die Jagd auf mutmaßliche Aufständische, die ohne
Gerichtsverfahren ausgeschaltet werden sollen, geht
weiter.

In einem Beitrag der Stiftung Wissenschaft und Poli-
tik heißt es dazu kurz und bündig – ich zitiere –:

Das „gezielte Töten“ in großem Stil ist, so scheint
es, zur letzten Hoffnung in Afghanistan geworden.

Das ist schlimm. Wenn jetzt im deutschen Verantwor-
tungsbereich noch US-Drohnen stationiert werden, die

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(C (D enau für diese Kriegsführung geeignet sind, dann muss inem angst und bange werden; denn an diesen gezielten ötungen – sie sind oft nicht sehr gezielt; es kam zu chlimmen Verwechslungen, was die Vereinten Nationen, as Internationale Rote Kreuz und viele andere kritisiert aben – ist die Bundeswehr leider zumindest mittelbar eteiligt. Genaues wissen wir nicht. Wer garantiert, dass us der Namensliste, die mit deutscher Beteiligung zutande kommt, keine Todesliste wird? Niemand. Deshalb wollen wir, dass sich Deutschland nicht läner an dieser völkerrechtswidrigen, unmoralischen Kriegsraxis beteiligt, weder unmittelbar noch indirekt. ie haben in der namentlichen Abstimmung über unsen Entschließungsantrag heute Gelegenheit, das glas lar auszudrücken. Wenigstens dazu sollten Sie von der DP, von der CDU/CSU, von den Grünen und von der PD bereit sein. Sie mögen ja die Fortsetzung von ISAF erantworten, aber lehnen Sie wenigstens die deutsche eteiligung an diesen ungesetzlichen, ethisch nicht zu erantwortenden Tötungen ab. Darum bitte ich Sie ganz ringend. Vielen Dank. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kol ge Dr. Frithjof Schmidt das Wort. Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715516300
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

er Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan dauert nun
chon über zehn Jahre. Diese zehn Jahre sind auch eine
eschichte westlicher Fehleinschätzungen und geschei-
rter Hoffnungen. Deswegen war die Wende von Präsi-
ent Obama hin zu einer neuen Strategie für eine politi-
che Lösung Anfang 2010 so wichtig, und es gilt, diese
trategie international politisch zu verteidigen, wenn sie
un im Rahmen des Wahlkampfes in den USA in die
ritik der republikanischen Opposition gerät.

Dazu gehört auch der Abzug der internationalen
ampftruppen bis 2014. Wir unterstützen, dass die Bun-
eswehr das im Geleitzug mit unseren Partnern macht.
azu gehört auch die Verpflichtung zum zivilen Engage-
ent bis 2024 und darüber hinaus.

Jetzt kommt die entscheidende Phase der Umsetzung.
er Beschluss zur Eröffnung eines Verbindungsbüros
er Taliban in Katar war sicherlich ein zentraler Schritt
r den Start von Verhandlungen. Dieser Weg ist richtig

nd muss weiter fortgesetzt werden. Dafür werden wir
rüne werben, und dafür hat die Bundesregierung auch
nsere Unterstützung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aber mit dem Mandat, das Sie uns hier vorlegen, sind
ir so nicht einverstanden. Die erste Abzugsetappe, die
ie für dieses Mandat angekündigt haben, ist im Wesent-





Dr. Frithjof Schmidt


(A) )


)(B)

lichen eine Luftbuchung. Fast 1 000 Soldaten würden
jetzt nach Hause kommen – das haben Ihre Pressespre-
cher im November verbreitet. Wenn man sich die Zahlen
ansieht, stellt man fest: Real ziehen Sie rund 200 Solda-
ten ab, mehr nicht. Sie lösen die flexible Reserve auf, die
zum größten Teil nicht eingesetzt wurde, und Sie stellen
in Aussicht, dass Sie vielleicht, wenn die Umstände es
zulassen, weitere 500 Soldaten 2012 abziehen könnten.
Planungen darüber hinaus: komplette Fehlanzeige. Es
bleibt schleierhaft, wie Ihr Konzept für die NATO-Ab-
zugskonferenz im Mai in Chicago aussieht. Ich sage:
Klarheit sieht wirklich anders aus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie beenden auch nicht die Verstrickung der Bundes-
wehr in die offensive Aufstandsbekämpfung im Rahmen
des sogenannten Partnerings. Insbesondere die Capture-
or-kill-Operationen blockieren die Versuche einer politi-
schen Lösung viel mehr, als dass sie sie ermöglichen. Es
ergibt keinen Sinn, die Verhandlungspartner von morgen
heute einfach wegzubomben. Die zivilen Opfer sind
enorm. Das ist kontraproduktiv und muss beendet wer-
den.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Warum stimmen Sie dann unserem Antrag nicht zu?)


Dieses Mandat sollte den Abzug unserer Kampftrup-
pen einleiten. Wenn wir im Jahr 2014 die Kampftruppen
ganz heraus haben wollen, dann müssen wir ihre Stärke
2012 und 2013 substanziell reduzieren. Wenn Herr de
Maizière im Dezember sagt, dass er meint, dass deutsche
Kampftruppen auch nach 2014 in Afghanistan sind,
dann stellt er die zentrale Botschaft der internationalen
Gemeinschaft zum Abzug infrage. Das ist ein Wirrwarr
und kein klares Konzept.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Darum ist die Kritik an der konkreten Planungsver-
weigerung der Bundesregierung für uns eine zentrale
Frage. Deswegen wird die große Mehrheit meiner Frak-
tion diesem Mandat heute nicht zustimmen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Hahn [CDU/CSU]: Traurig!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715516400

Für die FDP-Fraktion hat die Kollegin Elke Hoff das

Wort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1715516500

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Ich bin über die Positionierung meiner Vorred-
ner etwas überrascht. Lieber Paul Schäfer, Sie stellen
hier Behauptungen in den Raum und unterstellen unse-
ren Soldatinnen und Soldaten Dinge, deren Beweis Sie
am Ende schuldig bleiben.

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(C (D nsere Soldatinnen und Soldaten in der Öffentlichkeit nd vor versammeltem Publikum in eine solche Gemenelage hineinzuziehen, finde ich ungehörig und absolut nanständig. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715516600

Kollegin Hoff, gestatten Sie eine Frage des Kollegen

ehrcke?


Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1715516700

Ja, bitte schön.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715516800

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Hoff. – Sie wie wir,

err Schäfer und ich, sitzen hin und wieder im Verteidi-
ungsministerium im sogenannten U-Boot. Ihnen wie
ns werden Dias von Personen gezeigt, die angeblich in
nschläge verwickelt waren. Weder Sie noch wir wis-

en, ob das stimmt. Wir wissen: Wenn diese Personen
uf der Liste benannt werden, sollen sie ausgeschaltet
erden. Das heißt, sie können verhaftet werden, das
eißt aber auch – Herr Schäfer hat das nicht der Bundes-
ehr unterstellt –, sie können von Einsatzkräften anderer
ationen erschossen oder mit Drohnen liquidiert wer-
en.

Ich finde, damit muss Schluss sein. Sie wissen, dass
in solches Vorgehen der Ministergenehmigung bedarf.
as heißt, die Verteidigungsminister haben in dieser Art
nd Weise an einer völkerrechtswidrigen Aktion mitge-
irkt.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Das ist unglaublich!)



Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1715516900

Verehrter Herr Kollege Gehrcke, dies ist wiederum

ine Behauptung Ihrerseits, für deren Beweis Sie hier
ichts liefern.


(Zuruf von der LINKEN: Beweisen Sie das Gegenteil! Das ist doch geheim!)


ie zitieren hier aus einem Gremium und ziehen dies
tzt in der Öffentlichkeit sozusagen zur Legitimation Ih-
r Position bei. Dazu kann ich Ihnen sagen: Dies ist ein

nfaires, um nicht zu sagen, ein unanständiges Mittel
olitischer Rhetorik. Wenn wir uns über diese Dinge in
er Öffentlichkeit unterhalten, würde ich Sie bitten, der
ffentlichkeit auch einen Beweis dafür zu liefern. Dann
önnen wir an dieser Stelle über alles reden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der nächste Punkt: Verehrter Herr Kollege Schmidt,
ie haben dankenswerterweise die Linie der Bundesre-
ierung durchaus unterstützt. Ich kann mich auch noch
ehr gut daran erinnern, wie Kollege Trittin in anderem





Elke Hoff


(A) )


)(B)

Zusammenhang mit großer Vehemenz die Bündnisfähig-
keit und die Bündnisverpflichtungen hervorgehoben hat.
Nur dann muss, bitte schön, auch eine gemeinsame Ab-
zugsplanung auf den Weg gebracht werden.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Daran scheitern Sie ja, Frau Hoff!)


Sie wissen genauso gut wie wir, dass die Entscheidung
vieler kleiner Partnernationen im Bereich des Regional-
kommandos Nord auch davon abhängig sein wird, wie
wir uns gemeinsam mit dem amerikanischen Bündnis-
partner abstimmen. Es ist doch Humbug, hier zu behaup-
ten, wir legten jetzt für die nächsten drei Jahre eine de-
taillierte Abzugsplanung vor.

Die weitere Entwicklung wird von vielen Parametern
abhängig sein. Sowohl der Verteidigungsminister als
auch der Außenminister haben sehr deutlich gemacht,
dass ein wesentlicher Parameter dafür die Lage vor Ort
ist. Wir haben nämlich nach wie vor die Verantwortung
für die Frauen und Männer, die wir im zivilen und im
militärischen Bereich in diesen Einsatz hineinschicken
werden. Aufgrund der heutigen Situation halte ich es für
vernünftig, mit einem behutsamen Abzug zu beginnen,
zu sehen, wie er sich im Einzelnen auswirkt, und vor al-
len Dingen nach und nach die afghanischen Sicherheits-
kräfte in die Lage zu versetzen, parallel zu diesem Ab-
zug ihre Fähigkeiten einzubringen und letztendlich unter
Beweis stellen zu können.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715517000

Kollegin Hoff, gestatten Sie eine weitere Frage oder

Bemerkung des Kollegen Hans-Christian Ströbele?


Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1715517100

Eine Frage, aber keine Bemerkung.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715517200

Das liegt nicht in unserem Ermessen, wenn er nach

unserer Geschäftsordnung einmal das Wort erteilt be-
kommen hat.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Selbstverständlich stelle ich eine Frage. – Frau Kolle-
gin, Sie haben gerade in der Diskussion mit dem Kolle-
gen Gehrcke gesagt, Sie vermissten Beweise für das,
wonach er Sie gefragt hat.


Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1715517300

Ja.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will Ihnen die Quelle für Beweise nennen: Sie
sitzt da; das ist nämlich die Bundesregierung. Ich habe
die Bundesregierung gefragt, ob auch die Bundeswehr
Namen für die Listen „capture or kill“ liefert. Die Bun-
desregierung hat diese Frage mit Ja beantwortet.

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(C (D Dann habe ich eine weitere Frage gestellt: Kann die undesregierung ausschließen, dass die Listen von naentlich genannten Personen auch für reine Kill-Aktio en benutzt werden? Da hat mir die Bundesregierung gentwortet: Nein, sie könne das nicht ausschließen. eshalb gehe ich davon aus, dass sowohl die USA als uch andere diese Kill-Aktionen auch gegen Personen, ie von der Bundeswehr namentlich gelistet worden ind, durchführen. Das heißt, es sterben Menschen durch olche Aktionen uf der Grundlage der Listung durch die Bundeswehr. Lieber Herr Kollege Ströbele, was ich viel lieber aus chließen würde, ist, dass Personen, die hier sozusagen ls die Good Guys in Afghanistan dargestellt werden, eiterhin dafür verantwortlich sind, ohne Rücksicht auf erluste den überwiegenden Teil der zivilen Opfer in Afhanistan zu verursachen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Zuruf von der FDP: Können!)

Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1715517400

iese Personen sind dafür verantwortlich, dass Angehö-
ge der NATO-Truppen, die den politischen Auftrag er-
llen, mit dem wir sie dorthin schicken, umgebracht, in

ie Luft gesprengt, verwundet oder getötet werden. Es
t mir leid: Hier gerät die Diskussion in eine Schieflage.

Lieber Herr Ströbele, ich würde mir wünschen, dass
ie sich mit der gleichen Vehemenz, mit der Sie sich für
ieses politische Anliegen einsetzen, auch dafür einset-
en, dass die Öffentlichkeit erfährt, welche Opferzahlen
welcher Art und Weise die Herrschaften, die Sie eben

ier als auf der Liste befindlich angesprochen haben,
hne Rücksicht auf Verluste verursacht haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ann können wir über alles andere gerne weiter disku-
eren. Ich finde es wirklich unglaublich, dass ich von Ih-
en in der politischen Diskussion noch nie auch nur ein
inziges Wort an dieser Stelle gehört habe.

Meine Damen und Herren, zurück zum Thema.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715517500

Kollegin Hoff, es gibt eine weitere Wortmeldung. Ge-

tatten Sie eine Frage der Kollegin Hänsel?


Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1715517600

Ja.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715517700

Kollegin Hänsel, bitte.


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715517800

Danke, Frau Präsidentin. – Liebe Frau Hoff, Ihre Ant-

ort hat mich zu einer weiteren Frage provoziert. Sie ha-
en davon gesprochen, dass bestimmte Personen in der
ffentlichkeit als Good Guys dargestellt werden. Damit





Heike Hänsel


(A) )


)(B)

unterstellen Sie doch, dass wir, wenn wir uns für die Ein-
haltung von Völkerrecht und gegen das Verüben von
Kriegsverbrechen einsetzen, automatisch Aufständische,
Verbrecher oder wen auch immer als Good Guys anse-
hen. Das muss ich hier einmal für alle aus meiner Frak-
tion zurückweisen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nun meine Frage an Sie: Heißt das, dass für mutmaß-
liche Täter und Verbrecher – „mutmaßliche“; es hat ja
keinen Prozess und keine strafrechtliche Verfolgung ge-
geben – Völkerrecht, Menschenrechte und die Genfer
Konvention nicht gelten?


Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1715517900

Nein, das heißt es ganz gewiss nicht. Ich möchte an

dieser Stelle aber ausdrücklich betonen, dass ich das,
was von dem Kollegen Schäfer eben vorgetragen wurde,
sehr wohl als auf das Handeln der Bundeswehr und der
Bundesregierung bezogen angesehen habe; denn wir re-
den heute über das Mandat, über das wir hier entschei-
den.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das ist Mittäterschaft!)


Wenn Sie bei den Unterrichtungen sehr aufmerksam
zugehört haben – diese sind kein Geheimnis, weil sie öf-
fentlich waren –, werden Sie feststellen, dass deutsche
Soldaten, die an Zugriffsoperationen beteiligt waren, die
betreffenden Personen den afghanischen Sicherheits-
kräften übergeben haben. Aber in dem Moment, in dem
infrage gestellt wurde, ob die afghanischen Gefängnisse
oder Polizeistationen, die diese Personen aufnehmen
sollten, den völkerrechtlichen und humanitären Stan-
dards entsprachen, wurden diese Aktionen unverzüglich
eingestellt. Das heißt, dass wir uns mit dem, wofür wir
politisch verantwortlich zeichnen, durchaus auf absolut
einwandfreiem legitimem Boden bewegen. Darauf bin
ich auch im Namen unserer Soldatinnen und Soldaten
sehr stolz.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Aber jetzt wieder zurück zum Thema.


(Zuruf des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


– Wir mandatieren heute, sehr geehrter Herr Kollege.
Deswegen ist das jetzt das Thema, und auf das möchte
ich gerne eingehen.

Zehn Jahre Afghanistan-Einsatz haben erhebliche Spu-
ren in der politischen Diskussion in unserem Land, aber
auch erhebliche Spuren bei der Umstellung und Anpas-
sung unserer Streitkräfte hinterlassen. Ich glaube, dass in
der Geschichte der Bundeswehr selten zuvor eine solche
Anpassungsleistung im Hinblick auf eine völlig neue He-
rausforderung und eine völlig neue Form von Konfliktbe-
wältigung, von Kriegsführung stattgefunden hat. Ich
möchte an dieser Stelle ausdrücklich unseren Streitkräften
und allen dafür Verantwortlichen ein Dankeschön aus-
sprechen. Sie haben für Vertrauen in der Region gesorgt.

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(C (D Eines ist aber wichtig – auch für unsere Soldatinnen nd Soldaten –, nämlich dass über das weitere Vorgehen tzt Klarheit herrscht und dass wir den Abzug unserer ruppen konstruktiv begleiten, um das Risiko für die Beoffenen weitestgehend zu minimieren. An dieser Stelle ein Appell an die Bundesregierung: ir mandatieren heute auch die Fähigkeit der Bundesehr mit Blick auf Eigensicherung und Evakuierung. Es t kein Geheimnis, dass dies bisher nur mit Unterstütung unserer amerikanischen Verbündeten geschehen onnte. Wir haben dankenswerterweise – auch durch den insatz des Ministers und des Generalinspekteurs – eine eitere Zusage für den neuen Mandatszeitraum bekomen. Dennoch bin ich der Meinung, dass wir uns bereits eute Gedanken darüber machen müssen, wie diese Fäigkeit, die wir heute mandatieren und auch weiterhin andatieren wollen, für die schwierige Zeit des weiteren bzugs sichergestellt werden kann. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Der Kollege Dr. Rolf Mützenich hat nun für die SPD raktion das Wort. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! m Anfang will ich Herrn Link – ich sehe ihn im Moent nicht, aber er wird sicher gleich wieder anwesend ein – ganz herzlich zu seiner Ernennung zum Staatsmiister gratulieren und ihm die gute Zusammenarbeit unerer Fraktion anbieten. Die Entsendung von Soldaten ist niemals reine Roune hier im Deutschen Bundestag gewesen. Aber der eutige Beschluss über das Mandat, das die Bundesreierung vorgelegt hat, ist schon ein bedeutender Einchnitt. Wir haben erstmals eine Reduzierung der Zahl on Soldaten in dem Mandat für Afghanistan, und eine eitere Absenkung im Laufe des Jahres ist in dem Manat zumindest angedeutet. Außerdem erfolgt diese Manatierung, was uns als Sozialdemokraten ganz besonders ichtig ist, im Rahmen internationaler Verabredungen. enn man für eine multilaterale Politik eintritt, für eine olitik, die sich an Regeln und Normen orientiert, dann uss man sagen: Dieses Mandat ist richtig, insbesondere eil es zum Teil auch auf einer internationalen Konfenz entstanden ist. Die Außergewöhnlichkeit dieses Mandates besteht uch darin, dass der Deutsche Bundestag zumindest in ieser Form wahrscheinlich noch zweimal wird entcheiden müssen. Auch dies ist ein fundamentaler Wanel, der Aussagen über die Bedeutung des heutigen Bechlusses zulässt. Gleichzeitig darf – diese Auffassung ile ich – die Aufmerksamkeit für Afghanistan und für ie Region auch nach 2014 nicht nachlassen. Das liegt icht nur im Sicherheitsinteresse Europas, sondern auch Interesse der gesamten internationalen Politik. Ich Dr. Rolf Mützenich )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715518000

(Beifall bei der SPD)

Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1715518100




(A) )

glaube, dass das auch über die Fraktionen hinweg Kon-
sens findet.

Wenn wir heute in dieser Form über die Entsendung
entscheiden, ist das in der Tat ein fundamentaler Wandel.
Aber wir sollten heute insbesondere über die außenpoli-
tischen Implikationen dieses Mandates reden, weil sich
dahinter ebenfalls ein fundamentaler Wandel verbirgt,
der nur dann klar wird, wenn man sich noch einmal da-
ran erinnert, was es in den letzten Jahren bedeutet hat,
für die internationale Afghanistan-Politik einzutreten.

Manches wurde falsch angelegt, und manches wurde
unterschätzt. Das haben wir von Anfang an gesagt.
Heute besteht in der internationalen Gemeinschaft Kon-
sens darüber, dass es keine militärische Lösung für Af-
ghanistan gibt, sondern nur eine politische Lösung. Wir
als sozialdemokratische Bundestagsfraktion haben dies
von Anfang an gesagt, und mittlerweile ist dies auch
Konsens. Das ist nicht selbstverständlich. Wenn wir uns
noch einmal die Jahre der Bush-Administration an-
schauen, dann können wir sagen, dass militärische Lö-
sungen im Vordergrund standen. Eine kleine militärische
Intervention in Afghanistan sollte das Problem des inter-
nationalen Terrorismus lösen. Das war zu kurz gedacht.
Das ist auch der fundamentale Wandel, der sich hinter
dieser außenpolitischen Wende verbirgt.

Es gab zur Frage des Staatsaufbaus keinen Beitrag im
Zettelkasten der damaligen amerikanischen Regierung.
Auch das hat sich in der Vergangenheit gewandelt. Es
war wichtig, dass dies auf der Londoner Konferenz auch
so gesagt wurde. Heute ist daran erinnert worden, dass
mit allen Bürgerkriegsparteien zu sprechen ist. Auch
dies war unser Ansatz. Jetzt ist in Katar ein sogenanntes
Verbindungsbüro der Taliban eröffnet worden. Was ist
das für ein Kontrast zu den Jahren 2006 und 2007, als
die britische Regierung erstmals mit den Taliban kon-
krete Verabredungen in der Region Helmand getroffen
hatte und dies militärisch von den US-Streitkräften hin-
tergangen wurde.

Der fundamentale Wandel in der Außenpolitik besteht
unter anderem auch darin, dass diese Region jetzt die
volle Konzentration der internationalen Gemeinschaft
bekommt. Afghanistan und Pakistan wurden in den Jah-
ren 2002 und 2003 schlagartig nicht mehr beachtet, weil
der Irak plötzlich in den Fokus genommen wurde. Der
eine oder andere weiß noch, von wem die Regierung
Bush damals ermutigt wurde, den Irak in den Fokus zu
nehmen und sich vom Engagement in Afghanistan abzu-
setzen. Ich glaube, darüber müssen wir auch im Bereich
der Innenpolitik reden.

Es gibt also einen fundamentaler Wandel, der mit ei-
nem Namen verbunden ist: mit dem Namen von Präsi-
dent Obama. Er hat es ermöglicht, dass auf der Londoner
Konferenz die verbindlichen Verabredungen getroffen
worden sind. Es ist insbesondere in den letzten Tagen
deutlich geworden, was es bedeuten könnte, wenn die
amerikanische Administration nach dem November die-
ses Jahres nicht mehr gemeinsam mit uns darüber be-
stimmen würde, was Aufgabe der internationale Afgha-

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(C (D istan-Politik ist. Deswegen, glaube ich, ist es heute so ichtig, dass dieser Beschluss außenpolitisch gewürdigt ird. Ich sage allen: Der außenpolitisch fundamentale Wanel macht sich in diesem Mandat nach meinem Dafüralten heute sehr deutlich bemerkbar. Wenn wir diesem andat als Sozialdemokraten mehrheitlich zustimmen, ann hat es etwas damit zu tun, dass wir uns weiterhin aran beteiligen wollen, wie dieses Mandat ausgestaltet ird. Wir gehen davon aus, dass es eine weitere Absenung der Truppenstärke geben wird. Wir haben dieses andat sehr aufmerksam gelesen und dem zugehört, as in den beratenden Ausschüssen gesagt worden ist. Wir wollen uns daran beteiligen, festzulegen, wie die icherheit und wie die Zukunft des Landes Afghanistan, sbesondere im Hinblick auf die Korruptionsbekämpng, aussieht. Wir wollen auch mit darüber bestimmen ich glaube, dies ist auch für die Fraktion der Grünen anz wichtig –, wie in Zukunft mit den Taliban Verabreungen getroffen werden. Wir wollen doch nicht Afghaistan sozusagen in dem Zustand verlassen, der mögliherweise in den vergangenen Jahren vorgeherrscht hat. an wird es nur schaffen können, zukünftige Bedingun en für dieses Mandat festzulegen, wenn man ihm heute ustimmt, auch was die Frage der Sicherheitskräfte und ieles andere bedeutet. Ich nenne noch einen entsprechenden Punkt, der mir anz wichtig ist. Es ist die Frage, wie die Nachbarn mit iesem regionalen Konflikt umgehen. Ich weiß, dass von eutschland keine unmittelbaren Einflüsse auf Indien nd Pakistan ausgeübt werden können. Wir haben aber um Beispiel Einfluss auf die USA, die wiederum Einuss auf Indien nehmen können, um Verabredungen dain gehend zu treffen, dass Afghanistan nicht länger der rt ist, wo sich die Gegensätze zwischen Indien und Paistan so deutlich bemerkbar machen. Auch solche berlegungen stecken nach meinem Dafürhalten ganz ndamental hinter diesem Mandat. Die Fraktion Die Linke hat in ihrem Antrag auf die ezielten Tötungen hingewiesen. Wenn ich das einmal o sagen darf: Das ist nicht Ihr Alleinstellungsmerkmal. s gab heute bereits eine diesbezügliche Wortmeldung. iele andere Kolleginnen und Kollegen im Deutschen undestag versuchen seit mehreren Jahren, durch Anfraen an die Bundesregierung mehr über dieses Thema zu rfahren und darüber zu reden. Ich stelle mich dieser iskussion; das wissen Sie ganz genau. Dahinter verberen sich auch moralische und ethische Fragen sowie insesondere Fragen des Völkerrechts. Kollege Mützenich, wollen Sie die Gelegenheit wahr ehmen, eine Frage zu beantworten? Ja, aber vielleicht kann der Kollege Gehrcke dann fra en, wenn ich meine Ausführungen dazu gemacht habe. )

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715518200
Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1715518300




(A) )


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715518400

Nein, das kann er nicht, weil dann Ihre Redezeit abge-

laufen ist.


Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1715518500

Dann nutze ich diese Zwischenfrage, um meine Rede-

zeit zu verlängern, Frau Präsidentin.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715518600

Das dachte ich mir.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: Das war doch abgesprochen!)



Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715518700

Die Behauptung, dass das zwischen uns beiden abge-

sprochen wäre, weise ich natürlich entschieden zurück.
Ich wusste ja gar nicht, was Sie sagen werden.

Nur einmal zur Klarstellung: Ich möchte wissen, ob
Sie folgende deutliche Aussage meinerseits akzeptieren:
Ich lege überhaupt keinen Wert darauf, dass dieser An-
trag und diese Überlegung, sich nicht weiter an gezielten
Tötungen zu beteiligen, ein Alleinstellungsmerkmal der
Linken sind. Ich wäre über jede Kollegin bzw. über je-
den Kollegen, die bzw. der ähnlich abstimmt und ähnlich
in der Öffentlichkeit argumentiert, außerordentlich dank-
bar. Können Sie diese Aussage akzeptieren?


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1715518800

Lieber Kollege Gehrcke, das kann ich akzeptieren.

Ich wollte Ihnen nur deutlich machen, wo aus meiner
Sicht der Unterschied zu Ihrer Argumentation liegt.

Der Kollege Schäfer hat eine Studie der Stiftung Wis-
senschaft und Politik erwähnt, die die Frage des Kriegs-
völkerrechts sehr ausführlich behandelt hat. Ich wundere
mich sehr, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Frak-
tion Die Linke, dass Sie diese Frage in Ihrem Antrag an
keiner einzigen Stelle erwähnt haben. Das Internationale
Komitee vom Roten Kreuz macht es sich nicht so ein-
fach, wie Sie es sich in Ihrem Antrag gemacht haben,
sondern es nimmt eine viel differenziertere Position ein.

Wenn ich die Gelegenheit nutzen darf, will ich Ihnen
zugleich sagen: Ich glaube, dass Sie letztlich zu kurz ge-
sprungen sind. Es handelt sich eben nicht nur um ein
Problem gegenüber Afghanistan. Was die US-Politik an-
geht, ist es auch ein Problem gegenüber dem Jemen. Zu-
gleich ist es ein Problem anderer Länder: Es ist ein Pro-
blem Russlands, Israels, Kolumbiens und vieler anderer
Länder mehr.

Deswegen möchte ich Sie gerne einladen: Lassen Sie
uns versuchen, im Auswärtigen Ausschuss ein noch viel
stärkeres Momentum zu schaffen. Dies könnte mögli-
cherweise mithilfe einer Diskussion geschehen, die die
Bundesregierung anstoßen könnte. In der Tat unterstütze
ich Ihren Gedanken, Herr Kollege Gehrcke. Ich finde
auch, dass eine mutige und prinzipienfeste Bundesregie-
rung das Ganze gegenüber ihren Partnern thematisieren

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(C (D üsste. Es reicht nicht, nur zu sagen: Wir machen das icht mit. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


h glaube – darüber sind wir uns einig –, das gehört zu
ieser Politik dazu.

Für die Sozialdemokraten sage ich daher: Für uns war
s nie einfach gewesen, ein Mandat für Afghanistan zu
eschließen. Am Anfang stand bei uns eine Vertrauens-
bstimmung; das wissen Sie. Viele Kolleginnen und
ollegen haben in Form von persönlichen Erklärungen
edenken geäußert. Ich glaube aber, die Mehrheit mei-
er Fraktion wird heute dennoch diesem Mandat zustim-
en. Das geschieht aber eben nicht, weil unser Abstim-
ungsverhalten ein Vertrauensvotum für diese Bundes-
gierung sein soll. Vielmehr ist es ein Votum für die
offnung, dass die Weichen für Afghanistan in die rich-
ge Richtung gestellt werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715518900

Das Wort hat der Kollege Omid Nouripour für die

raktion Bündnis 90/Die Grünen.


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715519000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir ha-

en heute wieder einige Worte gehört über das deutsche
ngagement in Afghanistan nach 2014. Es ist richtig,
ass wir uns weiterhin auch zivil in Afghanistan enga-
ieren müssen. Dafür brauchen wir aber eine vertrauens-
olle Grundlage auch mit den afghanischen Partnern.
iese Vertrauensgrundlage wird von dieser Bundesre-
ierung kontinuierlich untergraben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein Beispiel: finanzielle Hilfe. Ja, wir werden uns
uch nach 2014 finanziell in Afghanistan engagieren
üssen. Wir versuchen seit zwei Jahren, herauszufinden,
elche verbindlichen Zusagen an die afghanischen Part-
er diese Bundesregierung zu geben bereit ist. Seit zwei
ahren hören wir, die übernächste internationale Konfe-
nz sei die Geberkonferenz, also nicht London, nicht
tanbul, nicht Bonn und auch nicht Tokio; es wird im-
er weiter nach hinten geschoben. Wie sollen denn die
fghanen, die eminent auf uns angewiesen sind, jetzt ei-
entlich planen? Wie sollen sie tatsächlich Vertrauen in
nser Commitment und unsere Zusammenarbeit in Af-
hanistan aufbauen, wenn sie nicht wissen, inwieweit
ir bereit sind, uns dort zu engagieren?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein gravierenderes Beispiel: die Polizeiausbildung;
ie ist gerade völlig zu Recht vom Kollegen Polenz an-
esprochen worden. Man kann Rot-Grün vielleicht so
anchen Fehler in der Politik der letzten zehn Jahre vor-
erfen; gerade zu Beginn haben wir einige Fehleinschät-

ungen in Bezug auf Afghanistan gemacht. Rot-Grün hat
ber damals, am Anfang des Engagements, eines ge-





Omid Nouripour


(A) )


)(B)

wusst – es ist eine Weisheit, die heute Common Sense
ist, die alle nachsprechen –: Die Polizeiausbildung ist für
die Schaffung dauerhafter Stabilität in Afghanistan emi-
nent wichtig.

Es gibt jetzt die einmalige Gelegenheit einer Gemein-
samkeit von Außen- und Verteidigungsminister. Beide
sagen: Auch nach 2014 wird es in Afghanistan Polizei-
ausbildung geben. – Schön, dass sie sich einmal einig
sind; Herr Botschafter Steiner hat das auf unserer Afgha-
nistan-Konferenz im November unterstrichen. – Herr
Kollege Polenz, so anonym, wie Sie tun, ist es nicht.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715519100

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus

den Reihen der CDU/CSU-Fraktion?


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715519200

Sehr gerne. Bitte schön.


Jürgen Hardt (CDU):
Rede ID: ID1715519300

Herr Kollege Nouripour, wie stehen Sie zu dem Vor-

wurf, dass der eine oder andere auf die Idee kommen
könnte, dass sich die Grünen, deren Minister seinerzeit
diesen Einsatz begonnen hat, nun dadurch in die Büsche
schlagen, dass sie der Verlängerung des Mandats nicht
zustimmen? Oder umgekehrt: Sollen wir es so interpre-
tieren, dass dieses Mandat deshalb nicht die Zustim-
mung der Grünen findet, weil es erstmals eine Reduzie-
rung der Zahl der Soldaten vorsieht und eine klare
Abzugsperspektive enthält?


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine echte Fangfrage!)



Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715519400

Kollege Hardt, ich bin ziemlich stolz darauf, dass sich

meine Fraktion jedes Mal eine sehr intensive Debatte um
jedes einzelne Mandat leistet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube: Wenn Sie sich eine ähnlich intensive Debatte
leisten würden, dann würden die Abstimmungsverhält-
nisse bei Ihnen auch ein bisschen anders aussehen.


(Robert Hochbaum [CDU/CSU]: Das ist nicht zum Thema!)


Wir waren gerade beim Thema Polizeiausbildung. Es
gibt drei Antworten auf die Vorwürfe, dass wir hier zu
wenig gemacht hätten – sie kommen immer wieder –:
Zum einen sind wir im Gegensatz zu anderen Fraktio-
nen, die heute Verantwortung tragen, zur Selbstkritik fä-
hig.


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Oh! Das war schon einmal der Beweis des Gegenteils!)


– Nein, nein, wir wissen, dass wir Dinge falsch gemacht
haben. – Wir sagen: Die Polizeiausbildung muss weiter-
gehen. Sie beenden sie – ich wollte das gerade ausfüh-
ren –, und das ist absurd. Es tut mir leid. Wir werden
weiterhin sehr genau schauen, was passiert. Sie wissen

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(C (D enau: Die Wahrheit ist immer konkret. Das, was die undesregierung hier liefert, ist überhaupt nicht konkret. eshalb gibt es keinerlei Grundlage für Vertrauensbilung in Afghanistan. Das ist das Hauptproblem, das wir erzeit haben. och einmal: Das Abstimmungsverhalten ist eine Geissensentscheidung; vielleicht sollten auch Sie es freieben. Jetzt zu Herrn Friedrich. Noch einmal: Es ist nicht so nonym, wie der Kollege Polenz tut. Herr Kollege riedrich wird damit zitiert, dass die Polizeiausbildung Afghanistan nach 2014 nicht mehr weitergehe, weil ie Bundeswehr dann nicht mehr da sei. Das ist eine unlaublich spannende Argumentation, die ganz bestimmt ein Vertrauen ausstrahlt: kein Vertrauen in die Arbeit er Polizistinnen und Polizisten sowie der Bundeswehrngehörigen, die die afghanischen Sicherheitsleute ausebildet haben, vor allem kein Vertrauen in das eigene ersprechen, dass man alles tun werde, damit die afghaischen Sicherheitskräfte im Jahr 2015 selbst die Sichereit gewährleisten können. Sie können doch nicht auf er einen Seite sagen, dass die afghanischen Sicherheitsräfte selbst die Sicherheit gewährleisten können, und uf der anderen Seite sagen: Wir werden dann keine olizisten mehr nach Afghanistan schicken, weil die Siherheit nicht mehr gewährleistet ist. Insofern wäre es richtig, dass diese Bundesregierung onkrete Versprechen abgibt, dass sie mit einer Stimme pricht und Verantwortung trägt, wenn es darum geht, in fghanistan Vertrauen aufzubauen. Wir brauchen dieses ertrauen für die Zusammenarbeit. Was Sie tun, führt zu iner Verunsicherung genau der Kräfte in Afghanistan, ie unsere Partner für eine friedliche Zukunft dieses gechundenen Landes sind. Das Wort hat nun Karl Lamers für die CDU/CSU raktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir ntscheiden heute über die Verlängerung des ISAF-Manats. Mit diesem Mandat werden wir unserer Verantworng für Afghanistan auch in Zukunft gerecht. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das glauben Sie doch selber nicht!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715519500

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Karl A. Lamers (CDU):
Rede ID: ID1715519600

err Gehrcke, die ständige, immer wieder erhobene For-
erung der Fraktion Die Linke nach einem sofortigen
ückzug aus Afghanistan, weise ich aufs Schärfste zu-
ck;


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)






Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg)



(A) )


)(B)

denn das hieße, den Erfolg der gesamten ISAF-Mission
zu gefährden, alles bisher Erreichte aufs Spiel zu setzen,
Afghanistan und die gesamte Regierung zu destabilisie-
ren und unseren Ruf – auch das ist sehr wichtig – als ver-
lässlicher Bündnispartner zu gefährden. Verantwor-
tungsvolle Sicherheitspolitik sieht anders aus.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Der Abzug aus Afghanistan beginnt. Mit diesem
Mandat nimmt er konkrete Formen an. Erstmals nach
zehn Jahren wird die Zahl unserer Soldaten verringert.
Die Richtung stimmt also. Die Obergrenze wird fortan
4 900 Soldaten betragen. Sofern es die Sicherheitslage
erlaubt, streben wir zum Ende des Mandatszeitraums die
Zahl 4 400 an. Diese Reduzierung ist das Ergebnis des-
sen, was wir bisher erreicht haben. Im Sommer letzten
Jahres hat die afghanische Regierung begonnen, die Si-
cherheitsverantwortung für ihr Land selbst zu überneh-
men, und zwar in Regionen, in denen die Voraussetzun-
gen dafür geschaffen wurden. Bis Ende 2014 soll dieser
Übergangsprozess abgeschlossen sein.

Die Sicherheitslage im Land ist besser geworden. Das
ist unbestreitbar. Schritt für Schritt kommen wir dem
großen Ziel näher, Afghanistan so zu unterstützen, dass
künftig von dort kein Terror mehr exportiert wird, dass
die Menschen dort sicherer leben können und dass die
afghanischen Staatsorgane, die Vereinten Nationen und
die vielen zivilen Helfer der in- und ausländischen Orga-
nisationen in einem sicheren Umfeld arbeiten können.

Die Taliban sind durch die Strategie und den uner-
müdlichen Einsatz der ISAF-Kräfte, der ohne Frage mit
vielen Opfern und schmerzlichen Verlusten verbunden
ist, offensichtlich nicht mehr zu großen, zusammenhän-
genden Operationen fähig.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Vorsichtig!)


Wir müssen aber mit Bestürzung zur Kenntnis nehmen,
dass und wie sie ihre Taktik geändert haben. Ich denke
an den perfiden Mordanschlag eines afghanischen Sol-
daten auf französische Soldaten in der letzten Woche.
Auch wir waren im vergangenen Jahr Zielscheibe eines
solch hinterhältigen Anschlags. Aber solche Ereignisse
dürfen nicht dazu führen, dass sich Misstrauen und
Angst wie ein lähmendes Netz über uns legen und uns
vom eingeschlagenen Weg des Abzugs in Verantwortung
abbringen.

Die afghanischen Sicherheitskräfte haben jetzt eine
ungefähre Stärke von 300 000 Mann. Gewiss, das reicht
noch nicht, aber wir nähern uns mit großen Schritten
dem Aufstellungsziel von 352 000 Mann. Der massive
Ausbildungseinsatz der ISAF macht sich bezahlt. Immer
mehr Regionen in Afghanistan können der Sicherheits-
verantwortung der afghanischen nationalen Sicherheits-
kräfte übergeben werden. In der Nordregion – Herr
Stinner hat darauf hingewiesen –, in der wir Deutsche
die Verantwortung tragen, werden in diesem Jahr 50 Pro-
zent der Bevölkerung in solchen Gebieten leben.

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(C (D Es ist mir ein Herzensanliegen, unseren Soldatinnen nd Soldaten der Bundeswehr, den deutschen Polizisten nd den zivilen Aufbauhelfern für ihren großartigen Einatz zu danken. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie alle leisten einen unverzichtbaren Beitrag zum Wie-
eraufbau Afghanistans, für Frieden und Stabilität in
ieser Region und zur Bekämpfung weltweiter terroristi-
cher Bedrohung. Dafür müssen wir sie bestmöglich
orbereiten und ausrüsten. Das ist unsere Pflicht und un-
ere Verantwortung. Das haben wir stets im Blick, und
ir kommen dem nach.

Den Soldaten, die bei den Einsätzen gefallen sind, gilt
nsere bleibende Erinnerung, ihren Angehörigen unser
itgefühl und unsere andauernde Verpflichtung zur
ilfe. Denjenigen, die verletzt oder als Folge des Einsat-

es an Leib und Seele krank geworden sind, gelten un-
ere Unterstützung und Fürsorge.

Mit der Zustimmung zum heutigen Mandat machen
ir eines deutlich: Unsere Unterstützung für Afghanis-
n wird auch nach der vollständigen Übergabe der Si-

herheitsverantwortung an die Afghanen nicht aufhören.

Die Bundesregierung hat mit ihrem Fortschrittsbericht
Dezember eine umfassende Bewertung des bisherigen

ngagements in Afghanistan vorgelegt. Das sage ich ins-
esondere mit Blick auf Bündnis 90/Die Grünen. Unsere
otschaft ist klar: Wir lassen Afghanistan nicht im Stich.
ir geben den Menschen eine Perspektive für die Zu-

unft, auch über 2014 hinaus.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was ist mit der Polizeiausbildung?)


as betonen Sie, Frau Bundeskanzlerin, Herr Außen-
inister und Herr Bundesverteidigungsminister, stets

ehr klar. Dafür danke ich Ihnen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das musste mal gesagt werden!)


Was sich nach 2014 ändert, ist der Schwerpunkt unse-
s Handelns: „Weniger Militär, mehr Entwicklung“ lau-
t die Maxime. Der Schwerpunkt liegt künftig auf noch
ehr Unterstützung für bessere Bildung, für Gesundheit,
r wirtschaftliche Entwicklung. Da liegen unsere Stär-

en. Diese müssen und werden wir nutzen. Das alles ge-
chieht aber auch in Zukunft nur in einem sicheren Um-
ld.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das alles ist ein Märchen!)


Hören Sie zu, Herr Gehrcke!


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ich höre ja zu!)






Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg)



(A) )


)(B)

Dann können Sie vielleicht noch einiges lernen. – Der
Schwerpunkt wird daher auch und gerade auf der weite-
ren Qualifizierung von Armee und Polizei liegen.

Wir haben mit unserem Konzept des Abzugs bis 2014
doppelte Verantwortung übernommen: einerseits für die
Menschen in Afghanistan und für mehr Stabilität in der
Region, andererseits aber auch für die Soldatinnen und
Soldaten. Jede personelle Reduzierung muss in jedem
Augenblick von den verbleibenden Soldaten verkraftet
werden können. Der geplante Abzug bis 2014 ist eine
riesige Herausforderung, die es zu meistern gilt, und
zwar ohne Risiko und Gefahr für unsere Soldaten. Das
möchte ich besonders hervorheben.

Verantwortliches Handeln ist das Gebot der Stunde.
Deswegen gilt der alte Grundsatz: Quidquid agis, pru-
denter agas et respice finem. – Was du auch tust, handle
klug und achte auf das Ende. – Sie, Herr Minister, drü-
cken es sehr klar aus, wenn Sie sagen: gesichert, geord-
net und nachhaltig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Bei allem, was wir tun, meine Damen und Herren,
nehmen wir auch Afghanistan in die Pflicht. Wir drän-
gen darauf, dass die Reformbemühungen der afghani-
schen Regierung auch tatsächlich umgesetzt werden.

Wir legen Wert auf eine regionale Einbindung Afgha-
nistans. Für eine friedliche Lösung brauchen wir Pakis-
tan. Pakistan muss in eine Friedenslösung eingebunden
werden. Für mehr Stabilität in der Region sind aber auch
Russland, die zentralasiatischen Nachbarn sowie der
Iran, China und Indien von entscheidender Bedeutung.

Meine Damen und Herren, wir brauchen weiterhin
den Einsatz unserer Bundeswehr im Rahmen der ISAF.
Nur so können wir den Übergangsprozess gemeinsam
erfolgreich gestalten. Die von der Bundesregierung be-
antragte Mandatsverlängerung ist richtig; sie ist notwen-
dig. Wir dürfen nie vergessen, warum wir eigentlich in
Afghanistan sind: auch und gerade für unsere eigene Si-
cherheit. Wir stehen zu unserer Verantwortung – den
Menschen in Afghanistan und unseren Soldaten gegen-
über. Sie können auf uns zählen; sie haben es verdient,
dass dieses Mandat eine breite Mehrheit im Deutschen
Bundestag findet. Darum bitte ich Sie alle, meine Damen
und Herren.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Bitte abgelehnt!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715519700

Das Wort hat nun Heike Hänsel für die Fraktion der

Linken.


(Beifall bei der LINKEN)



Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715519800

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der

in der Öffentlichkeit groß angekündigte Abzug findet

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(C (D icht statt. Es handelt sich höchstens um eine Minimalduzierung der Truppen. Es ändert sich Ihre Sprachre elung, aber nicht die Politik. Deswegen lehnen wir iese Mandatsverlängerung ab. Fest steht zudem, dass die Bundeswehr über 2014 hiaus in Afghanistan präsent sein wird. Schauen wir uns uch einmal an, was die anderen NATO-Staaten machen! ie USA zum Beispiel planen bis zu fünf permanente ilitärstützpunkte mit bis zu 50 000 Soldaten, die auf nge Sicht in Afghanistan stationiert bleiben sollen. Das t nichts anderes als eine dauerhafte Besetzung Afghaistans. Das lehnen wir mit der afghanischen Bevölkeng ab. Über die humanitäre und soziale Lage in Afghanistan urde heute überhaupt noch nicht gesprochen. Die Zahn dazu sind wirklich erschreckend; ich werde Ihnen leich einige vorlesen. Sie zeigen, dass der Militäreinatz nicht die Verbesserung der Lebenssituation der afhanischen Bevölkerung zum Ziel hat. Aktuelle Daten om Auswärtigen Amt: Ein Drittel der Bevölkerung ist uf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, 68 Prozent der enschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwas er, 95 Prozent haben keinen Zugang zu verbesserten Saitäreinrichtungen, und 42 Prozent der Menschen – das t fast die Hälfte der Bevölkerung – lebt von weniger als Dollar pro Tag. Das ist absolute Armut nach zehn Jahn sogenanntem Aufbau in Afghanistan. Deswegen ist iese Politik eine Katastrophe. Ein Satz zur innerafghanischen Versöhnung, von der esprochen wurde: So lange die ISAF Warlords und riegsverbrecher stützt, die in der Regierung und in den rovinzen herrschen, wird es keine innerafghanische ersöhnung in diesem Land geben. Mit dem Mandat, das jetzt verlängert wird, wird weirhin die zivil-militärische Zusammenarbeit unter tützt. Die Kooperation von Entwicklungsorganisationen it der Bundeswehr ist höchst umstritten. Auch das krisieren wir seit langem. Herr Rebmann, das ist übrigens nter Rot-Grün eingeführt worden, und zwar sowohl im hemaligen Jugoslawien als auch in Afghanistan. Aber jetzt kommt ein brisanter Fall hinzu: In den letzn Tagen haben wir die Meldung erhalten, dass drei ND-Agenten in Pakistan, in der Grenzregion zu Afghaistan, festgesetzt wurden. Sie sollen Ausweise der staatchen Entwicklungsorganisation GIZ gehabt haben und it einem Auto der GIZ ausgestattet gewesen sein. Die er Vorgang ist bisher nicht aufgeklärt. Ich hätte gerne ewusst, welche Position Minister Niebel dazu hat. enn das der Fall ist, dann ist das wirklich ein Skandal it weitreichenden Folgen für die internationale Enticklungszusammenarbeit. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Stefan Rebmann [SPD])


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)






Heike Hänsel


(A) )


)(B)

Viele Kolleginnen und Kollegen aus diesem Haus wa-
ren ebenso wie ich in Afghanistan und haben sich dort
mit GIZ-Mitarbeitern getroffen. Ich möchte wissen: Ha-
ben wir uns mit BND-Agenten oder mit GIZ-Mitarbei-
tern getroffen? Das ist ein unglaublicher Zustand. Die
Entwicklungszusammenarbeit wird systematisch instru-
mentalisiert für Sicherheitspolitik und militärische Inte-
ressen. Dagegen müssen wir alle hier aufstehen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715519900

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kom-

men.


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715520000

Ich komme zum Ende.

Meine letzte Bemerkung in der heutigen Debatte: Wir
von der Linken lehnen Kriegspolitik und Angriffskriege
ab. Damit stehen wir im Einklang mit der Verfassung.
Wer Angriffskriege unterstützt, gefährdet unsere Verfas-
sung.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715520100

Ich erteile nun das Wort Kollegen Hans-Christian

Ströbele, der von seinem verfassungsrechtlich gesicher-
ten Recht Gebrauch macht, auch unabhängig und abwei-
chend von seiner Fraktion zu sprechen.


(Elke Hoff [FDP]: Herr Ströbele stimmt zu!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Ich danke dem Bundestagspräsiden-
ten Lammert und dem Präsidium für diese Redemöglich-
keit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um Krieg.
Es geht darum, dass Sie heute beschließen sollen, dass
Sie mit der Parlamentsarmee, mit der Bundeswehr ein
weiteres Jahr Krieg führen, und zwar entgegen der Auf-
fassung der großen Mehrheit der deutschen Bevölke-
rung.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Es geht um ein Jahr mehr Krieg, und zwar Krieg wie bis-
her: Krieg mit Offensiven, mit Partnering, mit Special
Commands, mit Killerdrohnen, mit mehr Killerdrohnen
als bisher. Sie führen diesen Krieg, weil Sie hoffen, weil
Sie die Erwartung haben, dass die Sicherheitssituation in
zwei Jahren, Ende 2014, so ist, dass den Afghanen die
Sicherheitsverantwortung übergeben werden kann. Die-
se Hoffnung, diese Erwartung oder gar diese Sicherheit
ist durch nichts gerechtfertigt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Die Entwicklung der letzten fünf Jahre zeigt das Ge-
genteil. Jedes Jahr ist die Sicherheitssituation schlechter

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(C (D eworden. Die Zahlen über den Aufwuchs der afghanichen Sicherheitskräfte täuschen, weil diese Sicherheitsräfte – auch nach dem Bericht der Bundesregierung – u einem großen Teil monatlich Schwund haben, das eißt, Sicherheitskräfte desertieren, wechseln die Fronn oder gehen einfach weg. Einige machen, wie wir issen, sogar Schlimmeres: Sie bekämpfen und erschieen NATO-Soldaten. Auf diese Hoffnung allein begründen Sie ein weiteres ahr Krieg mit der Option auf zwei zusätzliche Jahre bis indestens Ende 2014. Das ist unverantwortlich. Sie ehmen damit Tausende zusätzliche Opfer in Kauf. Sie aben dann zu verantworten, dass Menschen getötet der verwundet werden, dass weitere Schäden angericht werden. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt bekommen Sie von der falschen Seite Beifall! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Oder von der richtigen!)


Es gibt eine andere Möglichkeit, aber diese konterka-
eren Sie. Sie machen sie zunichte, weil Sie durch die-
en Krieg Hass und Gewalt schüren. Die Folgen dieser
rt von Kriegführung werden zusätzliche gezielte Tö-
ngen vonseiten der Aufständischen, Attentate, blutige
nschläge und grausamste kriegerische Maßnahmen

ein. Noch schlimmer ist: Sie verhindern damit Waffen-
tillstand. Sie verhindern damit die jetzt möglicherweise
Gang kommenden Verhandlungen, weil Sie mit diesen

ezielten Tötungen diejenigen umbringen, mit denen
erhandelt werden soll.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715520200

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Danke, Herr Präsident. – Das heißt, Sie machen damit

in baldiges Ende des Krieges, auch für Ende 2014, im-
er unwahrscheinlicher. Sie konterkarieren eine Politik

es Waffenstillstandes und der Verhandlungen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715520300

Das Wort hat nun Florian Hahn für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Florian Hahn (CSU):
Rede ID: ID1715520400

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Ich finde es schon bemerkenswert, dass der Kollege
tröbele zusätzliche Redezeit für sich und die Grünen
eansprucht hat mit der Begründung, er teile das Ab-
timmungsverhalten seiner Fraktion nicht. Ich bin ge-
pannt, ob Herr Ströbele dem Mandat nun zustimmen
ird.





Florian Hahn


(A) )


)(B)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Agnes Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn damit angefangen, welche Fraktion?)


Außerdem finde ich es bemerkenswert, dass die Linke
hier in der Diskussion behauptet, sie spreche für das af-
ghanische Volk. Mich würde interessieren, wie sie legiti-
miert ist.

Vor ziemlich genau zehn Jahren hat die rot-grüne
Bundesregierung den Einsatz am Hindukusch begonnen.
Wir alle haben bei den jährlichen Verlängerungen des
Mandats immer wieder die Frage gestellt, nach welchen
Maßstäben der Einsatz durchzuführen ist, wo wir das
Mandat anpassen müssen und wie die Perspektiven aus-
sehen. Dabei gab es oft unterschiedliche Meinungen,
aber es ist immer gelungen, einen breiten Konsens unter
den Demokraten zu finden. Dass sich ausgerechnet
heute, wenn wir den Abzug einleiten, Bündnis 90/Die
Grünen ausklinken, finde ich, ehrlich gesagt, traurig. Zu-
sammen rein, zusammen raus – ich dachte, das wäre
auch hier die richtige Losung. Dies findet so nicht statt.
Gestern im Ausschuss haben Sie kein Wort zu den Argu-
menten, die heute vorgetragen wurden, gesagt. Sie woll-
ten das Mandat offensichtlich nicht anders gestalten.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Über das Mandat haben wir die Woche vorher diskutiert! Es stand gestern nicht auf der Tagesordnung!)


Ich muss schon sagen: Da hätte ich mehr erwartet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Unser Konsens lautete bisher – er bleibt richtig –:
Dieser Einsatz ist notwendig. Er diente und dient dem
Frieden, und er ist gleichzeitig ein starkes Signal gegen
Unterdrückung und Terror. Gemeinsam mit unseren
Bündnispartnern haben wir ein klares Ziel definiert und
unser Handeln danach ausgerichtet. Wir wollen, dass aus
einem geschundenen Land ein souveränes Mitglied der
internationalen Staatengemeinschaft wird. Wir wollen
ein Bekenntnis gegen den Terror, gegen die Missachtung
von Menschenrechten und zu Frieden und Gleichberech-
tigung. Wir wollen mit unserem Einsatz zur Stabilisie-
rung der gesamten Region beitragen.

Meine Damen, meine Herren, zur Erreichung dieses
Ziels waren die vergangenen zwölf Monate von beson-
derer Bedeutung. Unsere Strategie hat Wirkung gezeigt,
und unsere Maßnahmen greifen. So war die Anzahl der
Anschläge im letzten Jahr erstmals seit 2006 rückläufig.
Vor allem im Norden hat sich die Sicherheitslage verbes-
sert. Mehr als 300 000 afghanische Sicherheitskräfte
wurden seit Beginn der Mission ausgebildet, die große
Mehrheit davon erst in den letzten Jahren. Die Sollstärke
von 352 000 Sicherheitskräften soll noch in diesem Jahr
erzielt werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir
das auch erreichen.

Gleichzeitig wurden im letzten Jahr die ersten Provin-
zen an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben.
Die Übergabe ist für die Afghanen ein wichtiger Schritt

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(C (D ihre Selbstständigkeit. In wenigen Wochen wird mehr ls die Hälfte der Bevölkerung unter dem Schutz afghaischer Kräfte stehen. Die Übergabe in Verantwortung n die Afghanen ist ein Prozess, der immer weiter fortchreitet. Die Ergebnisse geben unserem Kurs recht. Unere Truppen und Verbündeten können darauf stolz sein. n dieser Stelle möchte ich all denjenigen danken, die ierzu beigetragen haben: Soldaten, Polizisten, zivilen elfern und Diplomaten. Ich wünsche Ihnen allen weirhin Gottes Segen bei Ihrem Tun. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Auf Basis des Erreichten nimmt der Abzug erstmals
onkrete Formen an. Im nächsten Schritt werden wir das
andat von 5 350 auf 4 900 Soldaten reduzieren. Je

ach Sicherheitslage werden wir versuchen, diese Zahl
eiter zu verringern. Hierbei dürfen wir uns jedoch nicht
on einem starren Zeitplan treiben lassen. Wir müssen
exibel bleiben.

Entscheidend für einen Abzug muss immer die Lage
or Ort sein. Wir müssen beachten, dass der Abzug
räfte und Köpfe bindet, beispielsweise im Bereich Lo-
istik, aber auch zum Schutz des Abzugs selbst. Zudem
uss er in enger Absprache mit unseren Partnern und
erbündeten erfolgen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass
uch unser Verteidigungsminister de Maizière solche
espräche aktiv und selbst führt, um so beispielsweise
eim Thema Air MedEvac im Norden die optimale Un-
rstützung für unsere Soldaten zu sichern.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ür uns gilt: Das, was wir durch die internationale Ge-
einschaft für die Menschen in Afghanistan bisher er-
icht haben, muss verteidigt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur die
nzahl der Soldaten hat sich über die Zeit geändert, son-
ern auch der Charakter des Einsatzes hat sich gewan-
elt. Der Schwerpunkt liegt zunehmend auf der Ausbil-
ung der Afghanen und auf dem zivilen Wiederaufbau.
ir werden zwar die Anzahl der Soldaten in Afghanis-
n reduzieren; jedoch werden wir das Engagement für
ie Ausbildung der Afghanen weiter erhöhen.

Die zivile Seite des Wiederaufbaus wurde auch finan-
iell bereits deutlich gestärkt. Dies werden wir weiterhin
ufrechterhalten. Denn so schön, wie sich „Abzug“ an-
ört, so sehr hat er auch ökonomisch negative Folgen für
as Land. Es entfällt nämlich ein ganzer Wirtschafts-
weig. Das dürfen wir an dieser Stelle nicht vergessen.

Auf der Bonner Konferenz wurde deutlich, dass ein
bzug bis 2014 nicht das Ende des internationalen
ngagements für Afghanistan bedeutet. Auch wenn der
insatz in seiner jetzigen Form nach 2014 nicht mehr
tattfinden wird, so lassen wir das Land Afghanistan und
eine Menschen nicht im Stich. Auch Außenminister
esterwelle hat in der ersten Lesung betont: Wir bleiben
r Afghanistan ein verlässlicher Partner und werden

uch über das Jahr 2014 hinaus unserer internationalen
erantwortung gerecht.





Florian Hahn


(A) )


)(B)

In diesem Sinne danke ich Ihnen für die Aufmerk-
samkeit und bitte Sie um Zustimmung zum vorliegenden
Mandat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715520500

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf Druck-
sache 17/8393 zu dem Antrag der Bundesregierung zur
Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher
Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicher-
heitsunterstützungstruppe in Afghanistan unter Führung
der NATO. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung, den Antrag auf Drucksache 17/8166
anzunehmen.

Bevor wir über die Beschlussempfehlung namentlich
abstimmen, möchte ich darauf hinweisen, dass wir
gleich im Anschluss zwei weitere namentliche Abstim-
mungen über zwei Entschließungsanträge durchführen
werden.

Zu dieser namentlichen Abstimmung liegen mir
schriftlich zahlreiche persönliche Erklärungen vor, und
zwei Kollegen äußerten den Wunsch nach mündlichen
Erklärungen zur Abstimmung; diese werden im An-
schluss an die drei Abstimmungen vorgetragen.1)

Ich bitte nun die Schriftführerinnen und Schriftführer,
die vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Können wir mit
der Abstimmung beginnen? – Es sieht so aus. Dann er-
öffne ich die erste namentliche Abstimmung. – Dort
rechts fehlt noch ein Schriftführer. Ich bitte einen
Schriftführer der Opposition, zur Abstimmungsurne auf
der rechten Seite zu kommen.


(Zuruf: Er kommt!)


Die obligate Frage: Haben alle anwesenden Mitglie-
der ihre Stimme abgegeben? – Das ist offensichtlich der
Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh-
lung zu beginnen.2)

Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen zum
Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen auf Drucksache 17/8466. Die Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen hat namentliche Abstimmung verlangt. Sind
die Plätze besetzt, sodass wir mit der Abstimmung be-
ginnen können? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich die
zweite – –


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Präsident, Sie müssen klären, über welchen Antrag abgestimmt wird!)


– Entschuldigung, ich habe einen Punkt übersehen.

Wir kommen jetzt zur zweiten namentlichen Abstim-
mung. Es geht um den Entschließungsantrag der Frak-
tion Die Linke auf Drucksache 17/8465, die ebenso na-

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1) Anlagen 2 bis 7
2) Ergebnis Seite 18575 D

3)

4)

(C (D entliche Abstimmung verlangt hat. Wir können jetzt it dieser zweiten namentlichen Abstimmung – über en Entschließungsantrag der Linken – beginnen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist eine Verwirng eingetreten. Dort hinten hat man bereits zu früh mit er Abstimmung begonnen und über den falschen Anag abgestimmt, sodass ich darum bitte, dass wir jetzt och einmal den zweiten Abstimmungsgang eröffnen. s gibt eine kleine Pause, um neue Karten zu holen. Da, o irrtümlich mit der Abstimmung über den Antrag von ündnis 90/Die Grünen begonnen worden ist, wird die bstimmung wiederholt. Hier vorne war es eindeutig. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, hier haben auch einige falsch abgestimmt! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Komplett neu!)


(Zurufe)


Da mir gesagt wird, dass es auch hier vorne Verwir-
ng gegeben hat, wird der zweite Abstimmungsgang
sgesamt wiederholt. Es gibt also eine kleine Pause, so-

ass alle Kolleginnen und Kollegen noch einmal Ab-
timmungskarten holen und die Urnen ausgewechselt
erden können. Dann beginnen wir neu mit dem zwei-
n Abstimmungsgang zum Antrag der Linken.

Ich hoffe, dass wir jetzt mit dem zweiten Abstim-
ungsgang beginnen können. Es geht um den Antrag

er Linken. Die zweite namentliche Abstimmung über
en Antrag der Linken ist hiermit eröffnet. – Es fehlen
och Schriftführer an den Urnen. – Liebe Kolleginnen
nd Kollegen von den Oppositionsfraktionen, hier vorne
hlt noch ein Schriftführer oder eine Schriftführerin der
pposition.


(Viola von Cramon-Taubadel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, stimmt doch gar nicht!)


Ich wiederhole noch einmal: Es ist die zweite nament-
che Abstimmung zum Antrag der Fraktion Die Linke.

Ich frage: Haben alle anwesenden Mitglieder ihre
timme abgegeben? – Das ist offensichtlich der Fall.
ann schließe ich diese Abstimmung und bitte die
chriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh-
ng zu beginnen.3)

Wir setzen die Abstimmungen fort und kommen zum
ntschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
en auf Drucksache 17/8466. Die Fraktion Bündnis 90/
ie Grünen verlangt namentliche Abstimmung. Sind die
lätze an den Abstimmungsurnen besetzt? – Das ist der
all. Dann eröffne ich die dritte namentliche Abstim-
ung. Das ist die Abstimmung über den Antrag der
raktion Bündnis 90/Die Grünen.

Ich frage: Haben alle anwesenden Mitglieder ihre
timme zur dritten Abstimmung abgegeben? – Ich höre
einen Widerspruch. Dann schließe ich die Abstimmung
nd bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit
er Auszählung zu beginnen. Die Ergebnisse der Ab-
timmungen werden Ihnen später bekannt gegeben.4)

Ergebnis Seite 18579 C
Ergebnis Seite 18581 B/D





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)


schäftsordnung zur Abstimmung über die Verlängerung
und als Rechtfertigung die Verbesserung der Lage der af-
ghanischen Frauen anführt. Dabei wissen Sie ganz ge-
nau, dass die Lage der Frauen weiterhin schlecht ist. Sie
wissen ganz genau, dass im Krieg ein demokratischer
Aufbau nicht möglich ist. In Kriegsgebieten nimmt die
Gewalt zu. In Kriegsgebieten ist es für Kinder, insbeson-
dere für Mädchen, schwierig, zur Schule zu gehen. Im
Kriegszustand kann eine Versorgung mit Wasser und
medizinischer Hilfe nicht aufgebaut werden. Gerade
eine solche Versorgung benötigen Frauen, Verletzte und
Neugeborene mehr denn je. Diese Zustände werden von
Ihnen geschaffen. Ich fordere die tatsächliche Beteili-
gung der Frauen am Friedensprozess ein, damit sie ihre
Interessen am Aufbau eines demokratischen Afghanistan
verwirklichen können.

Zum Abschluss möchte ich eine Politikerin aus
Afghanistan würdigen. Malalai Joya hat die Bundesre-
publik vor der Afghanistan-Konferenz besucht und hat
am 24. November 2011 in Hannover gesagt: Es gibt de-
mokratische Bewegungen in Afghanistan. Sie existieren.
Aber leider müssen sie jetzt gegen drei Mächte kämpfen.
Früher waren es nur die Taliban. Jetzt kommen noch die
vom Westen unterstützten Warlords, die Drogenbarone
und die Besatzungsmächte hinzu. Die Bevölkerung ist
gegen die ausländischen Besatzungsmächte; denn sie un-
terstützen das korrupte Regime.

Malalai Joya konnte nicht im afghanischen Parlament
bleiben. Sie wurde hinausgeworfen. Sie konnte auch
nicht noch einmal kandidieren.

Ich sage: Sie stützen damit das korrupte Regime
Karzai. Es wäre besser, sich an Bertha von Suttner zu er-
innern, an die österreichische Pazifistin, die durch ihren
Kriegsroman Die Waffen nieder! bekannt wurde. 1905
erhielt sie den Friedensnobelpreis dafür. Wir fordern ge-

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Endgültiges Ergebnis

Abgegebene Stimmen: 569;

davon

ja: 424

nein: 107

enthalten: 38

Ja

CDU/CSU

Ilse Aigner
Peter Aumer
Thomas Bareiß
Norbert Barthle

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(D eutschen wie der internationalen Arbeiterbewegung ar immer, sich gegen Krieg zu stellen. Gegen kriegfühnde Regierungen hat man opponiert; gegen sie ist man ufgetreten. Aus diesem guten Grund gibt es schon seit ahren die klare Positionierung von Einzelgewerkschafn in Deutschland, aber auch vom Deutschen Gewerk chaftsbund, dass dieser Krieg in Afghanistan endlich eendet werden muss. it dem heutigen Beschluss tritt man dieser Intention ntgegen. Für mich als Gewerkschafter ist schon aus dieem Grunde vollkommen klar gewesen, heute mit Nein u stimmen. Umso mehr bin ich – das sage ich sehr deutch – empört und ein Stück weit beschämt, dass hauptmtliche Kollegen aus deutschen Gewerkschaften, die itglied dieses Parlaments sind, anders gestimmt haben, ls es die klare Beschlusslage in den Gewerkschaften orsieht. Danke schön. Wir kommen zu dem von den Schriftführerinnen und chriftführern ermittelten Ergebnis der ersten namentchen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des uswärtigen Ausschusses zum Antrag der Bundesregieng „Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher treitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sichereitsunterstützungstruppe in Afghanistan ind die Drucksachen 17/8166 und 17/8393 –: abgegeene Stimmen 569. Mit Ja haben gestimmt 424, mit Nein aben gestimmt 107, Enthaltungen 38. Die Beschlussmpfehlung ist damit angenommen. ünter Baumann rnst-Reinhard Beck anfred Behrens r. Christoph Bergner eter Beyer teffen Bilger lemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Ich habe gegen die Fortset stimmt, weil die Bundesregieru zung des Mandates geng weiterhin Krieg führt m Sehr geehrte Damen und He einer persönlichen Erklärung rren! Herr Präsident! Zu : Ein Grundprinzip der Jetzt kommen wir zu den b rungen zur Abstimmung. Zunä Kollegin Heidrun Dittrich. (Beifall bei der L Heidrun Dittrich (DIE LINK Herr Präsident! Sehr geehrte gebe eine persönliche Erkläru eiden mündlichen Erklächst erteile ich das Wort INKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715520600

(Reutlingen)

Michael Schlecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715520700

E):
Damen und Herren! Ich
ng nach § 31 der Ge-

n
s
ta

c
auso wie sie: Krieg darf kein
ein. Deshalb muss die Bundes
n.


(Beifall bei der L Vizepräsident Dr. h. c. Wo Nun hat Michael Schlecht da hen Erklärung zur Abstimmun (C Mittel der Politik mehr wehr raus aus Afghanis INKEN)


lfgang Thierse:
s Wort zu einer persönli-
g.





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

Dr. Ralf Brauksiepe
Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Olav Gutting
Florian Hahn
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

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(VillingenSchwenningen)


olker Kauder
r. Stefan Kaufmann
oderich Kiesewetter
ckart von Klaeden
wa Klamt
olkmar Klein
rgen Klimke
xel Knoerig
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artmut Koschyk
ichael Kretschmer
unther Krichbaum
r. Günter Krings
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ettina Kudla
r. Hermann Kues
ünter Lach
r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

ndreas G. Lämmel
r. Norbert Lammert
atharina Landgraf
lrich Lange
r. Max Lehmer
aul Lehrieder
r. Ursula von der Leyen
gbert Liebing
atthias Lietz
r. Carsten Linnemann
atricia Lips
r. Jan-Marco Luczak
aniela Ludwig
r. Michael Luther
arin Maag
r. Thomas de Maizière
ans-Georg von der Marwitz
ndreas Mattfeldt
tephan Mayer (Altötting)

r. Michael Meister
r. Angela Merkel
aria Michalk
r. Mathias Middelberg
ietrich Monstadt
arlene Mortler
r. Gerd Müller
tefan Müller (Erlangen)

r. Philipp Murmann
ernd Neumann (Bremen)

ichaela Noll
r. Georg Nüßlein
ranz Obermeier
duard Oswald
enning Otte
r. Michael Paul
ita Pawelski
lrich Petzold
r. Joachim Pfeiffer
ibylle Pfeiffer
eatrix Philipp
onald Pofalla
uprecht Polenz
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homas Rachel
r. Peter Ramsauer
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atherina Reiche (Potsdam)


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othar Riebsamen
sef Rief
laus Riegert
r. Heinz Riesenhuber
hannes Röring
r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
rwin Rüddel
lbert Rupprecht (Weiden)

nita Schäfer (Saalstadt)

r. Wolfgang Schäuble
r. Annette Schavan
r. Andreas Scheuer
arl Schiewerling
ankred Schipanski
eorg Schirmbeck
hristian Schmidt (Fürth)

atrick Schnieder
r. Andreas Schockenhoff
adine Schön (St. Wendel)

r. Kristina Schröder
ernhard Schulte-Drüggelte
we Schummer

(Weil am Rhein)

etlef Seif
hannes Selle
einhold Sendker
r. Patrick Sensburg
ernd Siebert
homas Silberhorn
hannes Singhammer
ns Spahn
arola Stauche
r. Frank Steffel
rika Steinbach
hristian Freiherr von Stetten
ieter Stier
tephan Stracke
ax Straubinger
arin Strenz
homas Strobl (Heilbronn)

ena Strothmann
ichael Stübgen
r. Peter Tauber
ntje Tillmann
r. Hans-Peter Uhl
rnold Vaatz
olkmar Vogel (Kleinsaara)

tefanie Vogelsang
ndrea Astrid Voßhoff
arco Wanderwitz
ai Wegner
arcus Weinberg (Hamburg)


eter Weiß (Emmendingen)

abine Weiss (Wesel I)

go Wellenreuther
arl-Georg Wellmann
eter Wichtel
nnette Widmann-Mauz
laus-Peter Willsch
lisabeth Winkelmeier-
Becker
agmar G. Wöhrl
r. Matthias Zimmer
olfgang Zöller
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(C (D PD ainer Arnold einz-Joachim Barchmann r. Hans-Peter Bartels ören Bartol abine Bätzing-Lichtenthäler irk Becker we Beckmeyer othar Binding erd Bollmann laus Brandner ernhard Brinkmann delgard Bulmahn lla Burchardt artin Burkert etra Crone artin Dörmann lvira Drobinski-Weiß arrelt Duin ebastian Edathy go Egloff iegmund Ehrmann r. h. c. Gernot Erler etra Ernstberger arin Evers-Meyer lke Ferner abriele Fograscher r. Edgar Franke agmar Freitag igmar Gabriel ichael Gerdes artin Gerster is Gleicke ünter Gloser lrike Gottschalck ngelika Graf erstin Griese ichael Groschek ans-Joachim Hacker ettina Hagedorn laus Hagemann ichael Hartmann ubertus Heil olf Hempelmann r. Barbara Hendricks ustav Herzog rank Hofmann r. Eva Högl hristel Humme sip Juratovic liver Kaczmarek hannes Kahrs r. h. c. Susanne Kastner lrich Kelber ars Klingbeil ans-Ulrich Klose r. Bärbel Kofler ritz Rudolf Körper nette Kramme icolette Kressl ngelika Krüger-Leißner te Kumpf hristine Lambrecht hristian Lange r. Karl Lauterbach teffen-Claudio Lemme Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse )


(Hildesheim)


(Wackernheim)





(A) )

Gabriele Lösekrug-Möller
Caren Marks
Katja Mast
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Dr. Carola Reimann
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Marianne Schieder


(Schwandorf)

Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Carsten Schneider (Erfurt)

Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Dr. Carsten Sieling
Peer Steinbrück
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Wolfgang Tiefensee
Ute Vogt
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Dagmar Ziegler
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

FDP

Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Helga Daub
Reiner Deutschmann

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r. Bijan Djir-Sarai
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lrike Flach
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r. Edmund Peter Geisen
r. Wolfgang Gerhardt
ans-Michael Goldmann
einz Golombeck
iriam Gruß
einz-Peter Haustein
anuel Höferlin

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irgit Homburger
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ichael Kauch
r. Lutz Knopek
ascal Kober
r. Heinrich L. Kolb
udrun Kopp
ebastian Körber
olger Krestel
atrick Kurth (Kyffhäuser)

ibylle Laurischk
arald Leibrecht
ars Lindemann
hristian Lindner
r. Martin Lindner (Berlin)

ichael Link (Heilbronn)

r. Erwin Lotter
orst Meierhofer
atrick Meinhardt
abriele Molitor
n Mücke

etra Müller (Aachen)

urkhardt Müller-Sönksen
r. Martin Neumann

(Lausitz)

irk Niebel
ans-Joachim Otto

(Frankfurt)


ornelia Pieper
isela Piltz
r. Christiane Ratjen-
Damerau
rg von Polheim
r. Birgit Reinemund
r. Peter Röhlinger
r. Stefan Ruppert
jörn Sänger
rank Schäffler
hristoph Schnurr
mmy Schulz
r. Erik Schweickert
erner Simmling
dith Skudelny
r. Hermann Otto Solms
achim Spatz
r. Max Stadler
orsten Staffeldt
r. Rainer Stinner
tephan Thomae
lorian Toncar
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hannes Vogel

(Lüdenscheid)


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r. Daniel Volk
r. Guido Westerwelle
r. Claudia Winterstein
r. Volker Wissing
artfrid Wolff (Rems-Murr)


ÜNDNIS 90/
IE GRÜNEN

ornelia Behm
kin Deligöz
ans-Josef Fell
riska Hinz (Herborn)

om Koenigs
icole Maisch
mid Nouripour
rista Sager
anuel Sarrazin
aniela Wagner

ein

DU/CSU

olfgang Börnsen

(Bönstrup)

r. Peter Gauweiler
orbert Schindler

PD

grid Arndt-Brauer
laus Barthel
ärbel Bas
arco Bülow
r. Peter Danckert
ichael Groß
olfgang Gunkel
abriele Hiller-Ohm
etra Hinz (Essen)

ilde Mattheis
r. Wilhelm Priesmeier
erold Reichenbach
önke Rix
erner Schieder (Weiden)


onja Steffen
erstin Tack
r. Marlies Volkmer
altraud Wolff

(Wolmirstedt)


DP

r. h. c. Jürgen Koppelin

IE LINKE

n van Aken
gnes Alpers
r. Dietmar Bartsch
erbert Behrens
arin Binder
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teffen Bockhahn
hristine Buchholz
va Bulling-Schröter
r. Martina Bunge
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r. Diether Dehm
eidrun Dittrich
r. Dagmar Enkelmann

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(A) )


Mietrechtsnovelle an, ist aber bis jetzt noch nicht über Maßnahmenpaket vorgelegt.

einen Referentenentwurf hinau
legen wir heute ein umfassend
die Bewältigung der zukünftige
serer Wohnungsmärkte vor.

Die besondere Schwierigkeit
rin, dass es Sachverhalte regeln
gungen angewendet werden mu
kaum sein könnten. Im Wohn
des Jahres 2010 ist eindeutig b
senden Regionen eine Verkna
Wohnraum für einkommenssch
In schrumpfenden Gebieten da
stand und der Wertverlust von
zu. Es kommt bis zum Verlus
ganze Ortschaften entvölkern.
sgekommen. Deswegen
es Maßnahmenpaket für
n Herausforderungen un-

beim Mietrecht liegt da-
und unter Rahmenbedin-
ss, die unterschiedlicher

geld- und Mietenbericht
elegt, dass wir in wach-
ppung von bezahlbarem
wache Haushalte haben.
gegen nehmen der Leer-
Wohnimmobilien weiter
t von Heimat, weil sich

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(Beifall beim BÜNDNIS Damit – das ist wichtig – w uf den Staat, die Eigentümerin ie auf die Mieterinnen und M erlässliche und planbare Effiz entümerinnen und Eigentüme ssliche Förderkulisse in Höh uro jährlich, und wir wollen ungssicherheit statt des alljähr fW-Förderprogrammen. (Beifall beim BÜNDNIS Das derzeitige Mietrecht ent ie neuen Anforderungen. Desw 90/DIE GRÜNEN)


erden die Lasten gerecht
nen und Eigentümer so-
ieter verteilt. Wir wollen
ienzstandards für die Ei-
r. Wir wollen eine ver-
e von rund 5 Milliarden
vor allen Dingen Pla-
lichen Wirrwarrs bei den

90/DIE GRÜNEN)

hält keine Antworten auf
egen ist eine Anpassung
Lisa Paus
Ulrich Schneider
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe

Enthalten

CDU/CSU

Manfred Kolbe

SPD

Willi Brase

Daniela Kolbe (Leipzig)

Burkhard Lischka
René Röspel
Ewald Schurer
Frank Schwabe

FDP

Joachim Günther (Plauen)


BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Volker Beck (Köln)

Viola von Cramon-Taubadel
Harald Ebner

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Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Daniela
Wagner, Ingrid Hönlinger, Bettina Herlitzius,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Wohnraum in Deutschland zukunftsfähig ma-
chen – Für ein sozial gerechtes und klima-
freundliches Mietrecht

– Drucksache 17/7983 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin
Daniela Wagner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
das Wort.


Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715520800

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Die Bundesregierung kündigt seit über zwei Jahren eine

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(C (D r. Thomas Gambke ai Gehring ritta Haßelmann ärbel Höhn grid Hönlinger hilo Hoppe atja Keul liver Krischer ritz Kuhn tephan Kühn ndine Kurth r. Tobias Lindner erstin Müller r. Konstantin von Notz riedrich Ostendorff rigitte Pothmer Tabea Rößner Elisabeth Scharfenberg Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Markus Tressel Jürgen Trittin Beate Walter-Rosenheimer Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Josef Philip Winkler Klimawandel und Energiewende erfordern ihrerseits ine umfassende energetische Modernisierung unseres ebäudebestands in den kommenden 30 Jahren. Zusätzch haben wir durch den demografischen Wandel einen ohen Bedarf an altersgerechtem Wohnraum. Es fehlen is zum Jahr 2030 ungefähr 3 Millionen Wohnungen. nter dem Vorwand der notwendigen umfassenden Saierung dürfen Menschen nicht aus ihrem Stadtteil verrängt, mithin heraussaniert werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Ingo Egloff [SPD])


as Ziel muss sein, die soziale Mischung in unseren
tädten und Gemeinden zu erhalten oder wiederherzu-
tellen, also beginnende Segregationsprozesse umzukeh-
n.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Wohnort eines Menschen hat Auswirkungen auf
eine soziale Stellung in der Gesellschaft und auf seinen
ugang zu Arbeitsplätzen und Bildung. Wir wollen Ver-
rängung verhindern und gleichzeitig einen Beitrag zur
ösung der drängenden Probleme der Wohnungsmärkte
isten. Aber auch Nichthandeln, speziell bei der energe-
schen Gebäudesanierung, würde das Problem der stetig
achsenden Wohnkosten nicht lösen. Die Energiekos-
n, insbesondere bei fossilen Energieträgern, steigen
rtwährend an. Deswegen haben wir ein umfassendes





Daniela Wagner


(A) )


)(B)


die Möglichkeit geben, Mietobergrenzen in Wohnungs- mung über den Entschließungsantrag der Fraktion Die
spiegel, festzulegen. Das bedeutet, dass man die
Kostendämpfung einleiten kann, wenn einzelne Woh-
nungsteilmärkte explodieren.

S
h
h

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 567;
davon

ja: 66
nein: 485
enthalten: 16

Ja

DIE LINKE

Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Heidrun Bluhm
Steffen Bockhahn
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Dr. Diether Dehm
Heidrun Dittrich
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke

Diana Golze
Annette Groth
Dr. Gregor Gysi
Heike Hänsel
Inge Höger
Dr. Barbara Höll
Andrej Hunko
Ulla Jelpke
Dr. Lukrezia Jochimsen
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Cornelia Möhring
Kornelia Möller
Niema Movassat
Thomas Nord
Petra Pau

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(D treitkräfte“ – ISAF –: abgegebene Stimmen 568. Mit Ja aben gestimmt 66, mit Nein haben gestimmt 485, Entaltungen 17. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. ns Petermann ichard Pitterle vonne Ploetz grid Remmers aul Schäfer ichael Schlecht r. Ilja Seifert athrin Senger-Schäfer aju Sharma r. Petra Sitte ersten Steinke abine Stüber lexander Süßmair r. Kirsten Tackmann rank Tempel r. Axel Troost lexander Ulrich athrin Vogler hanna Voß ahra Wagenknecht alina Wawzyniak rn Wunderlich abine Zimmermann ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN ans-Christian Ströbele Nein CDU/CSU Ilse Aigner Peter Aumer Thomas Bareiß Norbert Barthle Günter Baumann Ernst-Reinhard Beck Manfred Behrens Dr. Christoph Bergner Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun nem Wohnraummangel, orient iert am regionalen Miet„ Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher märkten oder Teilwohnungsmärkten mit nachgewieseLinke zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung des Mietrechts notwendig. Wir rungsrecht bei Nichteinhaltung Regelungen, zum Beispiel b EnEV. Wir wollen die Aufnahm die Interessenabwägung bei d gen nach § 554 BGB. Wir wo Primärund Endenergie bei en damit wenigstens mittelfristig durch eine Heizkosteneinspar können. Wir wollen die Moder zentralen und wichtigen Berei altersgerechten Umbau und die Wir wollen sie um 2 Prozentpu ken. (Beifall beim BÜNDNIS sowie des Abg. Ingo Die Aufnahme der energetisc heit in die ortsübliche Verglei scher Mietspiegel genannt, soll ten werden. Wir wollen die Ka 15 Prozent senken. Wir wollen vertragsmieten der letzten sechs letzten vier Jahre – einbeziehen mik der Mietpreissteigerung dä wollen wir den Kommunen du wollen ein Mietminde rechtlich vorgegebener ei Nichteinhaltung der e des Klimaschutzes in en Duldungsbestimmunllen die Einsparung von ergetischen Sanierungen, die erhöhten Kaltmieten ung refinanziert werden nisierungsumlage auf die che lenken, nämlich den energetische Sanierung. nkte auf 9 Prozent absen 90/DIE GRÜNEN Egloff [SPD])


(Reutlingen)


(Bönstrup)


hen Gebäudebeschaffen-
chsmiete, auch ökologi-
te Standard in allen Städ-
ppungsgrenze von 20 auf
vor allen Dingen die Alt-
Jahre – nicht nur die der
, weil das auf die Dyna-

mpfend wirkt. Außerdem
rch Landesermächtigung

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(Beifall beim BÜNDNIS Sie sehen: Unsere Vorschläg ehmen – das ist wirklich neu uch die ökologischen Belange hen, über den sozialen Ausglei zw. Mietern und Vermieterinn as Problem des Klimawandels en und nicht aus den Auge 3 Millionen Wohngebäuden m o es möglich ist, den emittiert indern und so auch in der Ge en Beitrag dazu zu leisten, da ehalten und der Klimawand ann. Ich danke Ihnen für Ihre Auf (Beifall beim BÜNDNIS sowie bei Abgeordn Vizepräsident Dr. h. c. Wo Bevor ich dem nächsten R öchte ich die Ergebnisse der b hen Abstimmungen mitteilen. Zunächst das von den Schrif hrern ermittelte Ergebnis der e für ein neues Mietrecht – sowohl die sozialen als in den Blick und versuch zwischen Mieterinnen en bzw. Vermietern auch mit in den Blick zu nehn zu verlieren, um bei it Mietwohnungen dort, en CO2-Anteil endlich zu bäudebewirtschaftung eiss das 2-Grad-Ziel noch el aufgehalten werden merksamkeit. 90/DIE GRÜNEN eten der SPD)


(C90/DIE GRÜNEN)


lfgang Thierse:
edner das Wort erteile,
eiden weiteren namentli-

tführerinnen und Schrift-
namentlichen Abstim-





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dirk Fischer (Hamburg)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Olav Gutting
Florian Hahn
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Hans-Werner Kammer
Steffen Kampeter
Alois Karl
Bernhard Kaster

(Villingen Schwenningen)


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r. Stefan Kaufmann
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xel Knoerig
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artmut Koschyk
ichael Kretschmer
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ndreas Mattfeldt
tephan Mayer (Altötting)

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ietrich Monstadt
arlene Mortler
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tefan Müller (Erlangen)

r. Philipp Murmann
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ichaela Noll
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lrich Petzold
r. Joachim Pfeiffer
ibylle Pfeiffer
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ckhardt Rehberg
atherina Reiche (Potsdam)

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homas Silberhorn
hannes Singhammer
ns Spahn
arola Stauche
r. Frank Steffel
rika Steinbach
hristian Freiherr von Stetten
ieter Stier
tephan Stracke
ax Straubinger
arin Strenz
homas Strobl (Heilbronn)

ena Strothmann
ichael Stübgen
r. Peter Tauber
ntje Tillmann
r. Hans-Peter Uhl
rnold Vaatz
olkmar Vogel (Kleinsaara)

tefanie Vogelsang
ndrea Astrid Voßhoff
arco Wanderwitz
ai Wegner
arcus Weinberg (Hamburg)


eter Weiß (Emmendingen)

abine Weiss (Wesel I)

go Wellenreuther
arl-Georg Wellmann
eter Wichtel
nnette Widmann-Mauz
laus-Peter Willsch
lisabeth Winkelmeier-
Becker
agmar G. Wöhrl
r. Matthias Zimmer
olfgang Zöller
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(Hildesheim)


(Wackernheim)





(A) )


Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Waltraud Wolff

Dr. Erwin Lotter
Horst Meierhofer
Patrick Meinhardt

Ingrid Hönlinger
Ute Koczy
Tom Koenigs
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Michael Roth (Heringen)

Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Marianne Schieder


(Schwandorf)

Werner Schieder (Weiden)

Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Carsten Schneider (Erfurt)

Ottmar Schreiner
Swen Schulz (Spandau)

Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Dr. Carsten Sieling
Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Kerstin Tack

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Nun das von den Schriftfüh
rern ermittelte Ergebnis der
mung über den Entschließu
Bündnis 90/Die Grünen zum g

(Wolmirstedt)

agmar Ziegler
anfred Zöllmer
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DP

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hristian Ahrendt
hristine Aschenberg-
Dugnus
aniel Bahr (Münster)

lorian Bernschneider
ebastian Blumenthal
laudia Bögel
icole Bracht-Bendt
laus Breil
ainer Brüderle
ngelika Brunkhorst
rnst Burgbacher
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ylvia Canel
elga Daub
einer Deutschmann
r. Bijan Djir-Sarai
atrick Döring
echthild Dyckmans
ainer Erdel
rg van Essen
lrike Flach
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r. Edmund Peter Geisen
r. Wolfgang Gerhardt
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einz Golombeck
iriam Gruß
achim Günther (Plauen)

einz-Peter Haustein
anuel Höferlin

lke Hoff
irgit Homburger
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ichael Kauch
r. Lutz Knopek
ascal Kober
r. Heinrich L. Kolb
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r. h. c. Jürgen Koppelin
ebastian Körber
olger Krestel
atrick Kurth (Kyffhäuser)


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namentlichen Abstim-

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leichen Gegenstand: ab-

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r. Martin Neumann

(Lausitz)

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(Frankfurt)


ornelia Pieper
isela Piltz
r. Christiane Ratjen-
Damerau
rg von Polheim
r. Birgit Reinemund
r. Peter Röhlinger
r. Stefan Ruppert
jörn Sänger
rank Schäffler
hristoph Schnurr
mmy Schulz
r. Erik Schweickert
erner Simmling
dith Skudelny
r. Hermann Otto Solms
achim Spatz
r. Max Stadler
orsten Staffeldt
r. Rainer Stinner
tephan Thomae
lorian Toncar
erkan Tören
hannes Vogel

(Lüdenscheid)

r. Daniel Volk
r. Guido Westerwelle
r. Claudia Winterstein
r. Volker Wissing
artfrid Wolff (Rems-Murr)


ÜNDNIS 90/
IE GRÜNEN

erstin Andreae
olker Beck (Köln)

ornelia Behm
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kin Deligöz
arald Ebner
ans-Josef Fell
r. Thomas Gambke

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egebene Stimmen 567. Mit Ja
ein haben gestimmt 378, Ent

chließungsantrag ist damit abg

(D liver Krischer ritz Kuhn tephan Kühn ndine Kurth r. Tobias Lindner icole Maisch erstin Müller r. Konstantin von Notz mid Nouripour riedrich Ostendorff rigitte Pothmer abea Rößner rista Sager anuel Sarrazin lisabeth Scharfenberg r. Gerhard Schick r. Frithjof Schmidt r. Harald Terpe arkus Tressel rgen Trittin aniela Wagner eate Walter-Rosenheimer olfgang Wieland r. Valerie Wilms sef Philip Winkler nthalten PD etra Hinz ÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN gnes Brugger atja Dörner hilo Hoppe we Kekeritz emet Kilic ven-Christian Kindler aria Klein-Schmeink ylvia Kotting-Uhl onika Lazar eate Müller-Gemmeke r. Hermann Ott isa Paus lrich Schneider orothea Steiner r. Wolfgang StrengmannKuhn haben gestimmt 60, mit haltungen 129. Der Entelehnt. Daniela Kolbe Fritz Rudolf Körper Anette Kramme Nicolette Kressl Angelika Krüger-Leißner Ute Kumpf Christine Lambrecht Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Ute Vogt Dr. Marlies Volkmer Andrea Wicklein S H L C D M (Cibylle Laurischk arald Leibrecht ars Lindemann hristian Lindner r. Martin Lindner ichael Link Kai Gehring Britta Haßelmann Bettina Herlitzius Priska Hinz Dr. Anton Hofreiter Bärbel Höhn Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse )





(A) )

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 567;
davon

ja: 60
nein: 377
enthalten: 130

Ja

SPD

Willi Brase
René Röspel
Frank Schwabe

BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kerstin Andreae
Volker Beck (Köln)

Cornelia Behm
Agnes Brugger
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Katja Dörner
Harald Ebner
Hans-Josef Fell
Dr. Thomas Gambke
Kai Gehring
Britta Haßelmann
Bettina Herlitzius
Priska Hinz (Herborn)

Dr. Anton Hofreiter
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Thilo Hoppe
Uwe Kekeritz
Memet Kilic
Sven-Christian Kindler
Maria Klein-Schmeink
Ute Koczy
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Oliver Krischer
Fritz Kuhn
Stephan Kühn
Undine Kurth (Quedlinburg)

Monika Lazar
Dr. Tobias Lindner
Nicole Maisch
Kerstin Müller (Köln)

Beate Müller-Gemmeke
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Friedrich Ostendorff
Dr. Hermann E. Ott
Lisa Paus
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Krista Sager
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Dr. Gerhard Schick
Dr. Frithjof Schmidt
Ulrich Schneider
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-

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r. Harald Terpe
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olfgang Wieland
r. Valerie Wilms
sef Philip Winkler

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DU/CSU

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eter Aumer
homas Bareiß
orbert Barthle
ünter Baumann
rnst-Reinhard Beck

(Reutlingen)

anfred Behrens (Börde)

r. Christoph Bergner
eter Beyer
teffen Bilger
lemens Binninger
eter Bleser
r. Maria Böhmer
olfgang Börnsen

(Bönstrup)

olfgang Bosbach
orbert Brackmann
laus Brähmig
ichael Brand
r. Reinhard Brandl
elmut Brandt
r. Ralf Brauksiepe
r. Helge Braun
eike Brehmer
alph Brinkhaus
ajus Caesar
itta Connemann
lexander Dobrindt
homas Dörflinger
arie-Luise Dött
r. Thomas Feist
nak Ferlemann
grid Fischbach
irk Fischer (Hamburg)

r. Maria Flachsbarth
laus-Peter Flosbach
erbert Frankenhauser
r. Hans-Peter Friedrich

(Hof)

ichael Frieser
r. Michael Fuchs
ans-Joachim Fuchtel
lexander Funk
go Gädechens
r. Peter Gauweiler
r. Thomas Gebhart
orbert Geis
lois Gerig
berhard Gienger
ichael Glos
sef Göppel

eter Götz
r. Wolfgang Götzer
te Granold
einhard Grindel

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ermann Gröhe
ichael Grosse-Brömer
arkus Grübel
anfred Grund
onika Grütters
lav Gutting
lorian Hahn
rgen Hardt
erda Hasselfeldt
r. Matthias Heider
elmut Heiderich
echthild Heil
rsula Heinen-Esser
rank Heinrich
udolf Henke
ichael Hennrich
rgen Herrmann
nsgar Heveling
rnst Hinsken
eter Hintze
hristian Hirte
obert Hochbaum
arl Holmeier
ranz-Josef Holzenkamp
homas Jarzombek
ieter Jasper
r. Franz Josef Jung
ndreas Jung (Konstanz)

r. Egon Jüttner
artholomäus Kalb
ans-Werner Kammer
teffen Kampeter
lois Karl
ernhard Kaster

(VillingenSchwenningen)


olker Kauder
r. Stefan Kaufmann
oderich Kiesewetter
ckart von Klaeden
wa Klamt
olkmar Klein
rgen Klimke
xel Knoerig
ns Koeppen
anfred Kolbe
artmut Koschyk
ichael Kretschmer
unther Krichbaum
r. Günter Krings
üdiger Kruse
ettina Kudla
r. Hermann Kues
ünter Lach
r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

ndreas G. Lämmel
r. Norbert Lammert
atharina Landgraf
lrich Lange
r. Max Lehmer
aul Lehrieder
r. Ursula von der Leyen
gbert Liebing
atthias Lietz
r. Carsten Linnemann
atricia Lips
r. Jan-Marco Luczak

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(C (D aniela Ludwig r. Michael Luther arin Maag r. Thomas de Maizière ans-Georg von der Marwitz ndreas Mattfeldt tephan Mayer r. Michael Meister r. Angela Merkel aria Michalk r. Mathias Middelberg ietrich Monstadt arlene Mortler r. Gerd Müller tefan Müller r. Philipp Murmann ernd Neumann ichaela Noll r. Georg Nüßlein ranz Obermeier duard Oswald enning Otte r. Michael Paul ita Pawelski lrich Petzold r. Joachim Pfeiffer ibylle Pfeiffer eatrix Philipp onald Pofalla uprecht Polenz ckhard Pols homas Rachel r. Peter Ramsauer ckhardt Rehberg atherina Reiche othar Riebsamen sef Rief laus Riegert r. Heinz Riesenhuber hannes Röring r. Norbert Röttgen r. Christian Ruck rwin Rüddel lbert Rupprecht nita Schäfer r. Wolfgang Schäuble r. Annette Schavan r. Andreas Scheuer arl Schiewerling orbert Schindler ankred Schipanski eorg Schirmbeck hristian Schmidt atrick Schnieder r. Andreas Schockenhoff adine Schön r. Kristina Schröder ernhard Schulte-Drüggelte we Schummer rmin Schuster (Weil am Rhein)

etlef Seif
hannes Selle
einhold Sendker
r. Patrick Sensburg
ernd Siebert
homas Silberhorn
hannes Singhammer





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

Jens Spahn
Carola Stauche
Dr. Frank Steffel
Erika Steinbach
Christian Freiherr von Stetten
Dieter Stier
Stephan Stracke
Max Straubinger
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Dr. Peter Tauber
Antje Tillmann
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Vogel (Kleinsaara)

Stefanie Vogelsang
Andrea Astrid Voßhoff
Marco Wanderwitz
Kai Wegner
Marcus Weinberg (Hamburg)

Peter Weiß (Emmendingen)

Sabine Weiss (Wesel I)

Ingo Wellenreuther
Karl-Georg Wellmann
Peter Wichtel
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Elisabeth Winkelmeier-

Becker
Dagmar G. Wöhrl
Dr. Matthias Zimmer
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew

SPD

Marco Bülow
Johannes Kahrs
Hans-Ulrich Klose
Sonja Steffen
Dr. Marlies Volkmer

FDP

Jens Ackermann
Christian Ahrendt
Christine Aschenberg-

Dugnus
Daniel Bahr (Münster)

Florian Bernschneider
Sebastian Blumenthal
Claudia Bögel
Nicole Bracht-Bendt
Klaus Breil
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Marco Buschmann
Sylvia Canel
Helga Daub
Reiner Deutschmann
Dr. Bijan Djir-Sarai
Patrick Döring
Mechthild Dyckmans
Rainer Erdel
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke

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r. Edmund Peter Geisen
r. Wolfgang Gerhardt
ans-Michael Goldmann
einz Golombeck
iriam Gruß
achim Günther (Plauen)

einz-Peter Haustein
anuel Höferlin

lke Hoff
irgit Homburger
einer Kamp
ichael Kauch
r. Lutz Knopek
ascal Kober
r. Heinrich L. Kolb
udrun Kopp
r. h. c. Jürgen Koppelin
ebastian Körber
olger Krestel
atrick Kurth (Kyffhäuser)

ibylle Laurischk
arald Leibrecht
ars Lindemann
hristian Lindner
r. Martin Lindner (Berlin)

ichael Link (Heilbronn)

r. Erwin Lotter
orst Meierhofer
atrick Meinhardt
abriele Molitor
n Mücke

etra Müller (Aachen)

urkhardt Müller-Sönksen
r. Martin Neumann

(Lausitz)

irk Niebel
ans-Joachim Otto

(Frankfurt)


ornelia Pieper
isela Piltz
r. Christiane Ratjen-
Damerau
rg von Polheim
r. Birgit Reinemund
r. Peter Röhlinger
r. Stefan Ruppert
jörn Sänger
rank Schäffler
hristoph Schnurr
mmy Schulz
r. Erik Schweickert
erner Simmling
dith Skudelny
r. Hermann Otto Solms
achim Spatz
r. Max Stadler
orsten Staffeldt
r. Rainer Stinner
tephan Thomae
lorian Toncar
erkan Tören
hannes Vogel

(Lüdenscheid)

r. Daniel Volk
r. Guido Westerwelle
r. Claudia Winterstein
r. Volker Wissing
artfrid Wolff (Rems-Murr)


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r. Dietmar Bartsch
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r. Martina Bunge
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r. Dagmar Enkelmann
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nnette Groth
r. Gregor Gysi
eike Hänsel
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r. Barbara Höll
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n Korte
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alph Lenkert
ichael Leutert

tefan Liebich
lla Lötzer
r. Gesine Lötzsch
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orothée Menzner
ornelia Möhring
ornelia Möller
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homas Nord
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ns Petermann
ichard Pitterle
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aul Schäfer (Köln)

ichael Schlecht
r. Ilja Seifert
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r. Petra Sitte
ersten Steinke
abine Stüber
lexander Süßmair
r. Kirsten Tackmann
rank Tempel
r. Axel Troost
lexander Ulrich
athrin Vogler
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alina Wawzyniak
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abine Zimmermann

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(Hildesheim)


(Wackernheim)





(A) )


chen Rahmen vor. Die wichtigste Komponente der Ener-
doch mal den Antrag!)

Ich kann an dieser Stelle nur
Land, wacht auf! Schaut euch
denn er bedeutet nichts anderes
die Hintertür.


(Daniela Wagner [BÜND NEN]: O So ist von den Grünen beabsi gangszeit von zehn Jahren all bindlich mit neuen Energiesta frage ich mich: Was machen jen ler Förderung nicht schultern kö gentum aufgeben? Müssen sie sich erst hoch verschulden, um werden? – Das ist nicht unsere sagen: Leute draußen im diesen Antrag genau an; als die Enteignung durch NIS 90/DIE GRÜh!)


chtigt, nach einer Über-
e Bestandsgebäude ver-
ndards zu belegen. Da
e, die das trotz finanziel-
nnen? Müssen sie ihr Ei-
verkaufen? Müssen sie
dann ihr Eigentum loszu-
Politik.

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ieeinsparverordnung ist aus
chaftlichkeitsgebot. Der Nach
eit in vertretbaren Zeiträumen
ohnungsunternehmen, kleine

nd nicht zuletzt die vielen Mi
hrgeizigen Ziele bis 2050 zu
etzung möglichst einfach und
ein. Die neueste Technologie
es ist genauso wichtig wie ho
ahmen, die in der Masse wirke
ienz in der Breite wirkt, brau
or allem Planungssicherheit
ie EnEV 2009 ist schon sehr a

agen wir: Eine weitere Versc
ontraproduktiv. Aber dazu geh
u tun als gefordert. Das CO
unserer Sicht das Wirt-
weis der Wirtschaftlich-
hält die Belastungen für
Vermieter, Selbstnutzer
eter in Grenzen. Um die
erreichen, muss die Um-
in der Breite machbar

des Niedrigstenergiehau-
cheffiziente Einzelmaß-

n. Damit die Energieeffi-
chen die Leute im Land
und einfache Lösungen.
nspruchsvoll. Deswegen
härfung wäre hier eher
ören auch Anreize, mehr

2-Gebäudesanierungspro-
Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Steffen-Claudio Lemme
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering

Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
Dr. Ernst Dieter Rossmann

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Wir setzen nun die Debatte zum Tagesordnungspunkt
Wohnraum fort. Das Wort hat nun Volkmar Vogel für die
Fraktion der CDU/CSU.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Volkmar Uwe Vogel (CDU):
Rede ID: ID1715520900

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir stehen in den nächsten Jahrzehnten tat-
sächlich vor großen Herausforderungen. Das gilt gerade
für die Wohnungswirtschaft. Die Aufbaujahre nach dem
Krieg und nach der Wiedervereinigung sind zu Ende.
Die nächsten Jahre bedeuten im Wohnungsbau vor allen
Dingen, die Klimaziele und die Energieeinsparung zu
verwirklichen und den demografischen Wandel zu meis-
tern. Aber dazu brauchen wir Augenmaß, wirtschaftli-
chen Sachverstand und die Mithilfe aller Beteiligten.

Der Antrag der Grünen ist aus unserer Sicht eigent-
lich nichts anderes als ein ideologisches Wunschkonzert.
Die Grünen wollen damit Gesetze und Vorschriften auf
dem Rücken der Wohnungsunternehmen, der Haus-
eigentümer und auch der Mieter durchsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie n b s ü fr A ti G w le in w s c ti V m s z n a (C (D ichael Roth nton Schaaf xel Schäfer ernd Scheelen arianne Schieder erner Schieder lla Schmidt ilvia Schmidt arsten Schneider ttmar Schreiner wen Schulz wald Schurer r. Martin Schwanholz olf Schwanitz tefan Schwartze r. Carsten Sieling eer Steinbrück Dr. Frank-Walter Steinmeier Kerstin Tack Dr. h. c. Wolfgang Thierse Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Ute Vogt Andrea Wicklein Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Dieter Wiefelspütz Waltraud Wolff Dagmar Ziegler Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Hans-Christian Ströbele Der Antrag der Grünen fordert Mindestanteile für ereuerbare Energien. Da frage ich: Was macht der Hausesitzer, der diese Energien aus örtlichen oder technichen Gründen gar nicht anwenden oder, wenn berhaupt, nur sehr teuer nutzbar machen kann? Ich age mich bei diesen Überlegungen: Wo bleibt hier der nsatz der Wirtschaftlichkeit, und was wird aus der Kreavität von Unternehmen und von Tüftlern, wenn die rünen bestimmen wollen, welche Energiequellen, elche erneuerbaren Energien zum Einsatz kommen soln? Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Grünen haben ihrem Antrag eine Herausforderung vergessen: dass ir die Veränderungen sozialverträglich, dem Wirt chaftlichkeitsgebot folgend und technologieoffen absihern müssen. Wir werden als christlich-liberale Koalion unser Energiekonzept vom Oktober 2010 mit ernunft und Schritt für Schritt umsetzen. Wir werden aßvoll fordern und zielgerichtet fördern. Die Zwangs anierung im Wohnungsbestand lehnen wir ab. 20 Proent weniger Primärenergie bis 2020 und 80 Prozent weiger bis 2050 sind aus unserer Sicht wahrlich nspruchsvolle Ziele. Die Energieeinsparverordnung gibt uns den rechtli Volkmar Vogel )


(Schwandorf)


(Wolmirstedt)





(A) )

gramm hat sich bewährt. Es ist 2011 nicht ausgelaufen.
Wir werden es fortsetzen, mindestens bis 2014.

Wir müssen mehr als in den letzten Jahren privates
Kapital heben. Deswegen wollen wir auch steuerliche
Abschreibungen und steuerliche Anreize für die energe-
tische Sanierung. Die Grünen übrigens fordern das in ih-
rem Antrag ebenfalls. Darum bitte ich die Kollegen der
Grünen: Werben Sie bitte dort, wo Sie die Regierung
führen oder an ihr beteiligt sind, also in den jeweiligen
Bundesländern, damit hier eine Einigung herbeigeführt
wird. Eines ist nämlich klar: Wir könnten damit die von
Ihnen geforderten 2 Milliarden Euro pro Jahr für die
energetische Sanierung locker abbilden.

Finanzielle Ausstattung ist das eine, inhaltliche Aus-
richtung das andere. Zielgruppenorientierung und Förde-
rung von Einzelmaßnahmen, die in der Breite für mehr
Klimaschutz sorgen, sind durch die KfW umgesetzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier komme
ich zu einem wesentlichen Punkt, nämlich zur Verknüp-
fung der KfW-Programme mit der Städtebauförderung,
zur Verzahnung von energetischer Sanierung, Stadtsa-
nierung und altersgerechtem Umbau. Die christlich-libe-
rale Koalition hat allen Unkenrufen zum Trotz für 2012
die Städtebauförderung mit insgesamt 547 Millionen
Euro ausgestattet; 93 Millionen Euro davon fließen in
die energetische Städtesanierung.


(Florian Pronold [SPD]: Und die Städtebauförderung um 30 Prozent gekürzt!)


Das Programm „Altersgerecht Umbauen“ wurde durch
Finanzminister Steinbrück bis 2011 befristet – schade!
Es ist ein sehr gutes Programm. Deshalb führt es die
KfW weiter.

Die Förderprogramme der KfW sind ein gutes, nach-
ahmenswertes Beispiel, wenn es darum geht, die Kopp-
lungsfunktion zwischen Demografiewandel, sprich: bar-
rierearmes Leben, und Energieeffizienz, sprich: CO2-
Gebäudesanierungsprogramm, intelligent herzustellen.
Diese Sanierungsmaßnahmen, auch gekoppelt mit Stadt-
umbauprojekten, sind sehr komplex. Barrierefreiheit
verlangt hohe Standards. Deswegen ist sie teuer und
nicht überall machbar. Wir müssen die Erfahrungen
beim altersgerechten Umbau mehr nutzen.


(Florian Pronold [SPD]: Warum kürzen Sie dann das KfW-Programm?)


Altersgerechtes Umbauen heißt aus unserer Sicht: geeig-
net für Kinderwagen und Rollator.

Auch der Stadtumbau wird beim Demografiewandel
eine große Rolle spielen.


(Florian Pronold [SPD]: Warum machen Sie dann das KfW-Programm kaputt?)


Wir erwarten den Zwischenbericht in diesem Jahr. Er
wird uns helfen, den demografischen Wandel in der
Wohnungspolitik vernünftig abzubilden.


(Florian Pronold [SPD]: Keine Antwort ist auch eine Antwort! Ein Schuldeingeständnis in diesem Fall!)


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(C (D Ich appelliere hier nochmals an die Kollegen von den rünen und von der SPD: Wenn Sie es mit den notwenigen Baumaßnahmen für die Energiewende, für den emografiewandel und für das altersgerechte Umbauen hrlich meinen, (Florian Pronold [SPD]: Dass Sie von Ehrlichkeit sprechen, ist jetzt ein Hohn!)


ann helfen Sie uns mit, die Novelle des Mietrechts, die
ir auf den Weg gebracht haben, umzusetzen. Wir brau-

hen dazu auch Ihre Unterstützung und die Unterstüt-
ung der Bundesländer.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715521000

Das Wort hat nun Ingo Egloff für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Ingo Egloff (SPD):
Rede ID: ID1715521100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Wir diskutieren hier bereits das dritte Mal über
ie Frage der energetischen Gebäudesanierung und die
otwendigen Mietrechtsänderungen, ohne dass wir uns
isher in einem Ausschuss mit diesem Thema befasst ha-
en. Ich finde, es wird jetzt langsam Zeit, dass wir mit
en Ausschussberatungen anfangen, dass wir entspre-
hende Anhörungen veranstalten. Der Antrag der Grü-
en zeigt ja, welches Potenzial, insbesondere welches
onfliktpotenzial dahintersteht. Wenn wir die energeti-

che Gebäudesanierung und die Energiewende ernst
ehmen, dann sollten wir damit anfangen, das umzuset-
en.

Lassen Sie es mich deutlich sagen: Der von Bünd-
is 90/Die Grünen vorgelegte Antrag ist meines Erach-
ns ein guter Antrag, weil er die klimapolitische Dimen-

ion des Themas aufzeigt, dabei aber die soziale Dimen-
ion nicht vernachlässigt. Es wird unsere Aufgabe in
iesem Prozess sein, eine Balance herzustellen. Auf der
inen Seite geht es um das, was unter klimapolitischen
esichtspunkten notwendig und erforderlich ist. Auf der

nderen Seite müssen wir dafür sorgen, dass Wohnraum
eiterhin bezahlbar ist, dürfen also die soziale Dimen-

ion dieser Frage nicht aus den Augen verlieren.


(Beifall bei der SPD)


Deshalb ist es gut, dass in dem Antrag der Grünen ge-
rdert steht, dass die Modernisierungsumlage auf 9 Pro-

ent der Modernisierungskosten gesenkt werden soll.
iese Forderung haben wir Sozialdemokraten in den
tzten beiden Debatten zu diesem Thema hier auch

chon eingebracht. Wir werden diesen Punkt im Rahmen
es Gesetzgebungsverfahrens weiter diskutieren müs-
en.

Die Umlage der Kosten ist auf Dauer angelegt. Selbst
enn die Investition längst getilgt ist, wird die Miete
icht wieder reduziert. Vor diesem Hintergrund sollten
ir uns im Rahmen der Beratungen damit beschäftigen,
wieweit eine temporäre Umlage angemessener wäre.





Ingo Egloff


(A) )


)(B)

Das ist ein Punkt, über den man genauer nachdenken
sollte. Man muss an dieser Stelle deutlich machen, wel-
che soziale Verantwortung wir angesichts dessen haben,
dass in Deutschland im Schnitt 30 Prozent des Einkom-
mens für Miete ausgegeben werden.


(Beifall bei der SPD)


Über die Härtefallklausel werden wir uns noch einmal
unterhalten müssen. Ob es so geht, wie Sie es in Ihrem
Antrag dargestellt haben – dahinter würde ich zumindest
ein Fragezeichen setzen. Das ist ein Punkt, bei dem wir
nicht ganz mit Ihrem Antrag einverstanden sind.

Wir halten es aber für richtig, dass Sie auch das
Thema der Mietobergrenzen angesprochen haben, Frau
Wagner. Die Linken haben hier einen Antrag einge-
bracht, den das Land Berlin schon im Bundesrat einge-
bracht hatte; dort liegt er jetzt beim Rechtsausschuss.
Schon damals haben wir darüber diskutiert, ob wir eine
Begrenzung auf bestimmte Stadtgebiete vornehmen kön-
nen. In Ballungszentren – dazu gehören Berlin, Ham-
burg, Köln und München – werden in bestimmten Stadt-
gebieten die angestammten Mieter verdrängt, weil die
Mieten aufgrund der zunehmenden Attraktivität dieser
Stadtteile erhöht werden. Die jeweilige Stadt kann nicht
handeln, weil die Mietobergrenzen auf das gesamte
Stadtgebiet bezogen sind. Deswegen ist es wichtig, die
Möglichkeit zu eröffnen, die auch das Land Berlin in
seinem im Bundesrat eingebrachten Antrag fordert. Das
ist ein weiterer Punkt, über den wir uns im Rahmen des
Gesetzgebungsverfahrens unterhalten müssen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dazu gehört auch, die Frage sozialer Erhaltensverord-
nungen wieder aufzugreifen; denn es gibt die genannten
Verdrängungsprozesse in den Städten. Das Ergebnis ist,
dass wir bestimmte Stadtteile haben, in denen sich die
Probleme ballen, und andere Stadtteile, die von diesen
Problemen nichts mitbekommen. Eine soziale Spaltung
unserer Städte können wir aber nicht hinnehmen. Sie
schadet unserer Gesellschaft, und deswegen sind wir
auch an dieser Stelle gefordert.


(Beifall bei der SPD)


Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zum Con-
tracting sagen; das dürfen wir nicht vernachlässigen.
Contracting heißt erst einmal nur, dass es einen anderen
Energieanbieter gibt. Wenn wir so etwas einführen, müs-
sen wir auch darauf achten, dass es mit Energieeinspa-
rungen verbunden ist. Wenn dies nur dazu führt, dass
Energie am Ende teurer wird, dann sollten wir es nicht
einführen, dann lehnen wir als Sozialdemokraten es ab.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715521200

Das Wort hat nun Stephan Thomae für die FDP-Frak-

tion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! rau Wagner, Sie haben gesagt, Ihr Vorschlag sei insorn neu, als er soziale und Klimaaspekte gleichermaßen erücksichtige. Es gibt aber auch einen Entwurf vonsein des Ministeriums, der ebenfalls beide Aspekte becksichtigt. Wir werden auch diesen, sobald die Berangen in den Ausschüssen beginnen, zu diskutieren aben. Im Energiekonzept der Bundesregierung von Septemer 2010 heißt es: Die energetische Sanierung des Gebäudebestands ist die wichtigste Maßnahme, um den Verbrauch an fossilen Energieträgern nachhaltig zu mindern … Um diese Sanierung zu fördern, um Anreize zu seten, brauchen wir flankierende Maßnahmen im Mietcht des BGB. Seit November vergangenen Jahres liegt in Referentenentwurf zur Novellierung vor, der in ürze debattiert werden wird. Es gibt einige Überein timmungen zwischen Ihrem Antrag und dem Entwurf er Bundesregierung, (Daniela Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat die Bundesregierung bei uns abgeschrieben?)

Stephan Thomae (FDP):
Rede ID: ID1715521300

odass ich glaube, dass wir bei den Beratungen in vielen
unkten zu Übereinstimmungen kommen werden.


(Florian Pronold [SPD]: Ich dachte, das ist Enteignung! – Daniela Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also doch keine Enteignung!)


Ein Punkt ist, dass energetische Sanierungsmaßnah-
en grundsätzlich von den Mietern geduldet werden sol-
n.


(Florian Pronold [SPD]: Die Koalition widerspricht sich!)


ir wollen das erreichen, damit der Klimaschutz bei der
teressenabwägung zwischen Vermieter und Mieter

ine Rolle spielen kann. Dadurch können gewünschte
nergetische Sanierungsmaßnahmen, die der Energieein-
parung dienen, von Mietern nicht ohne Weiteres aufge-
alten werden.

Der zweite Punkt ist, dass wir darauf hinwirken wol-
n, dass Modernisierungsmaßnahmen zwar nicht mehr
it dem Einwand einer finanziellen Härte aufgehalten
erden können, dass aber in einer zweiten Stufe bei der
ostenumlage dieses Argument eventuell zum Tragen
ommen kann. Eine Mieterhöhung im Zuge von Moder-
isierungsmaßnahmen ist nur dann ausgeschlossen,
enn sie für den Mieter oder seine Familie eine außerge-
öhnliche Härte bedeuten würde. Das heißt also, wir
ollen, dass der Klimaschutz bei dieser Interessenabwä-
ung eine stärkere Rolle spielt, als das bislang der Fall
t. Ich glaube, dass wir hier durchaus zu einem Konsens
nden können.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)






Stephan Thomae


(A) )


)(B)

Einen Punkt, den Sie in Ihrem Antrag fordern, werden
Sie in unserer Vorlage nicht finden, nämlich die Absen-
kung der Modernisierungsumlage von 11 auf 9 Prozent.
Wir sind der Meinung, dass sich die 11-Prozent-Rege-
lung bewährt hat, dass sie nicht angetastet werden sollte.
Wir glauben, dass diese Regelung einen ausgewogenen
Ausgleich zwischen Mieter- und Vermieterinteressen
darstellt; denn auch der Mieter wird von solchen Sanie-
rungsmaßnahmen dadurch profitieren, dass seine Heiz-
kosten, also die Nebenkosten, sinken. Dies ist aus unse-
rer Sicht ein gerechter Ausgleich. Wir denken vor allem,
dass eine Absenkung auf 9 Prozent ein falsches Signal
wäre, weil es den Anreiz zur Durchführung von Sanie-
rungsmaßnahmen nicht erhöht, sondern senkt, weil sich
die Zeit der Refinanzierung der Investitionsmaßnahme
verlängern würde. Wir glauben, dass es im Sinne des
Klimaschutzes sinnvoll ist, die 11-Prozent-Regel beizu-
behalten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


In Ihrem Antrag steht, dass der Mieter auch dann ein
Minderungsrecht haben sollte, wenn Vermieter gesetz-
lich vorgeschriebene Energieeffizienzstandards für den
Gebäudebereich nicht umsetzen. Als Zivilrechtler sollte
man den Blick auf Sinn und Zweck der Mietminderungs-
möglichkeit lenken. Mietminderungen sind laut BGB
immer dann möglich, wenn die Mietsache einen Mangel
aufweist, der die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Ge-
brauch der Mietsache aufhebt oder mindert. Das ist aber
nicht der Fall, wenn nur Energieeffizienzstandards nicht
eingehalten werden, die sich auch ändern können. Eine
Mietminderung wäre nur dann möglich, wenn Vermieter
und Mieter im Mietvertrag vereinbart haben, dass der
Vermieter die Mietsache an sich ändernde Energieeffizi-
enzstandards anpassen muss. Nur, dann wird der Ver-
mieter sagen: Dann will ich aber auch die Miethöhe an-
passen. Das kann für den sozial schwachen Mieter eine
Härte darstellen, die ihn treffen würde. Deswegen bin
ich der Meinung: Sie sollten unter sozialen Gesichts-
punkten noch einmal überdenken, ob dieser Vorschlag
die richtige Gewichtung zwischen Klimaschutz und so-
zialer Ausgewogenheit darstellt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


So weit sich Ihr Antrag mit Themen des Städtebaus
befasst, halten wir an unserer Strategie „Fordern, För-
dern, Informieren – Marktkräfte stärken“ fest. Wir haben
als Ziel formuliert, dass wir ab 2020 eine klimaneutrale
Bauweise erreichen wollen. Dabei setzen wir nicht auf
Zwang, sondern auf Anreize, während Sie in Ihrem An-
trag die Energiewende durch Zwangsmaßnahmen errei-
chen wollen. Das ist nicht unsere Herangehensweise. Sie
haben in Ihrem Antrag zum Beispiel gefordert, die
zwangsweise Einführung von Energieeinsparstandards
im Gebäudebereich oder verpflichtende bedarfsorien-
tierte Energieausweise einzuführen. Wir glauben, dass
das nicht zum Ziel führt.

Interessant ist, dass Sie in Ihrem Antrag – damit
komme ich zum Schluss – sehr vorsichtig mit dem be-
reits von der Bundesregierung beschlossenen Gesetz zur
steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanie-
rung umgehen. Warum sind Sie hier so vorsichtig? Das

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(C (D t auffällig. Sie wissen, dass es dabei auch auf den Bunesrat ankommt. In diesem Zusammenhang ein mahnendes Wort: Die t-grün geführten Länder sind hier die Blockierer. Wir ind sehr gespannt, wie sich die Bundesländer bei der ächsten Runde des Vermittlungsausschusses Anfang ebruar verhalten werden. Darauf kommt es an. Dann ird die Stunde der Wahrheit schlagen, ob Rot-Grün es irklich ernst meint mit der Energiewende im Gebäude anierungsbereich. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Beck? Sehr gerne, Herr Kollege Beck. Da ich im Gegensatz zu Ihnen das große Vergnügen abe, diesem Ausschuss anzugehören, möchte ich gerne issen, was es für eine merkwürdige Strategie der Bunesregierung ist, den Vermittlungsausschuss anzurufen nd dann der Länderseite keinerlei Angebote zu unterreiten. Sie wissen genau, dass die Länder den Vermittlungsusschuss angerufen haben, weil sie sagen: In bestimmn Kommunen und in manchen Ländern werden wir, enn wir die Schuldenbremse einhalten oder haushaltesch noch in der kommunalen Selbstverwaltung bleiben ollen, einen Ausgleich für die Steuerausfälle benötien. Bislang haben Sie aber noch keinen einzigen Cent ls Angebot auf den Tisch gelegt. Wenn man ein Vermittlungsausschussverfahren einitet, muss man der anderen Seite doch ein Angebot ma hen, zumal das Gesetz bereits einmal im Bundesrat urchgefallen ist. Wir wollen ja ein Ergebnis, aber Sie üssen den Kommunen helfen, die in der Zwangsveraltung sind, und den Ländern, die die Schuldenbremse nders nicht einhalten können. Herr Kollege Beck, ich denke, dass Sie gerade ver chiedene Punkte zusammenwerfen. Es ist doch so, dass eide Seiten dem Vermittlungsausschuss Angebote unrbreiten müssen. Warten Sie gespannt ab, was Anfang ebruar von unserer Seite vorgelegt werden wird. Aber uch Rot-Grün muss zeigen, dass es in dem hier angeprochenen Punkt bei den Ländern – auch bei denen, an eren Regierung Sie beteiligt sind – Bewegung gibt. ier kann Rot-Grün zeigen, ob es bereit ist, sich zu beegen. Es kommt auf beide Seiten an. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben Bewegung angeboten!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715521400
Stephan Thomae (FDP):
Rede ID: ID1715521500
Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715521600
Stephan Thomae (FDP):
Rede ID: ID1715521700

arten wir einfach ab, was sich Anfang Februar ergibt.
ir sind gespannt, was von Ihrer Seite kommt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)







(A) )


)(B)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715521800

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist schon abgelaufen,

aber der Kollege Mücke möchte auch noch eine kurze
Erläuterung dazwischenschieben. Er kann eine Zwi-
schenbemerkung machen.


(Florian Pronold [SPD]: Zur Erweiterung der Redezeit! Wie durchsichtig! Schämen Sie sich! – Daniela Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr kreativ! – Gegenruf des Abg. Patrick Döring [FDP]: Es gibt parlamentarische Gepflogenheiten, und da muss man sich nicht schämen, wenn man die in Anspruch nimmt!)


Kollege Mücke, bitte.


Jan Mücke (FDP):
Rede ID: ID1715521900

Herr Kollege Thomae, stimmen Sie mir zu, dass der

Klimaschutz, der gerade für die Grünen-Fraktion sehr
wichtig ist, eine gesamtstaatliche Aufgabe ist und dass
es deshalb nicht nur die Aufgabe der Bundesregierung
sein kann, für die steuerliche Förderung der energeti-
schen Gebäudesanierung zu sorgen, sondern dass es
vielmehr auch eine Aufgabe der Länder und der Kom-
munen ist?


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715522000

Herr Kollege Thomae, Sie könnten doch jetzt mit ei-

nem kräftigen Ja zu dieser Zwischenfrage Ihre Rede be-
enden; denn Ihre Redezeit ist ja abgelaufen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Stephan Thomae (FDP):
Rede ID: ID1715522100

Ich sehe schon das Minuszeichen bei mir am Pult. Ich

kann das nur unterstreichen, was Kollege Mücke gesagt
hat. Es handelt sich um eine gemeinsame Aufgabe von
uns allen, von Bund und Ländern.


(Abg. Jan Mücke [FDP] begibt sich wieder zur Regierungsbank – Zurufe von der SPD: He! Hallo! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So viel zu den parlamentarischen Gepflogenheiten!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715522200

Herr Kollege, Sie müssen schon noch dableiben.


Stephan Thomae (FDP):
Rede ID: ID1715522300

Alle Seiten haben daran mitzuwirken, Bund und Län-

der. Ich hoffe, dass Anfang Februar im Vermittlungsaus-
schuss ein Ergebnis erzielt werden kann, an dem auch
Rot-Grün mitwirkt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Florian Pronold [SPD]: Ist euch das Manöver nicht selber peinlich?)




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(C (D Herzlichen Dank. – Nun hat Kollegin Heidrun Bluhm r die Fraktion Die Linke das Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! iebe Frau Wagner, herzlichen Dank, dass Sie diesen ntrag heute so zeitnah unserem Antrag hinterherschieen, über den wir am 16. Dezember letzten Jahres hier ebattiert haben. Ich kann Ihnen sagen: Unsere Untertützung für Ihren Antrag werden Sie bekommen; denn wesentlichen Teilen haben wir in unseren Anträgen ieselben Ansätze. Vor allem was die Verbindung der hemen Klimaschutz, Demografie und sozialer Mieterchutz betrifft, sind wir sehr nah beieinander. Deshalb önnen Sie mit unserer Unterstützung rechnen. Herr Thomae, Sie haben vorhin zwar sehr eindrucksoll deutlich gemacht, dass Sie im Laufe der Diskussion es Referentenentwurfs vermutlich zu gemeinsamen ositionen mit den Grünen und dann gegebenenfalls uch mit uns kommen werden. Ich traue Ihnen jedoch icht über den Weg; das will ich hier ganz deutlich saen. Die Rede, die Sie am 16. Dezember letzten Jahres ehalten haben, als ich unseren Antrag hier verteidigt abe, war eine völlig andere, obwohl der Inhalt der beien Anträge sehr nah beieinanderliegt. Deswegen traue h Ihnen nicht. Wir sind sehr gespannt, wie sich das anze nun in den Ausschüssen gestalten wird. Es gibt allerdings – das will ich ebenfalls hier deutlich achen – ein paar kleine Unterschiede zwischen unseren nträgen: Unser Antrag ist nicht nur kürzer – das sagt ichts über die Qualität aus –, sondern unterscheidet sich uch im Hinblick auf bestimmte wesentliche Positionen. h will hier auf das Thema Modernisierungsumlage ein ehen. Wir fordern in unserem Antrag eine Absenkung der odernisierungsumlage auf maximal 5 Prozent der iete und sind der Auffassung, dass die Möglichkeit ihr Erhebung jeweils an die Dauer der Abschreibung der ei der Klimaschutzmaßnahme oder beim altersgerechn Umbau verwendeten Bauteile gebunden werden ollte. Wir sind nämlich der Auffassung, dass eine Verindung zur Abschreibung viel fairer und gerechter ist. h habe gerade im Beitrag von Herrn Egloff gehört, ass man darüber nachdenken sollte, die Zahlung der mlage zeitlich zu begrenzen; das begrüßen wir ausrücklich. Denn es ist in der Tat so: Nach der neunjährien Abschreibung von jährlich 11 Prozent hat bisher ein Vermieter seine Miete angepasst. Wie wir der Presse entnehmen können, hat die Frakon Bündnis 90/Die Grünen, wie auch wir, ihren Antrag it dem Deutschen Mieterbund abgestimmt. Der Mierbund sagt zu dieser Frage, dass die Modernisierungsmlage eigentlich systemfremd ist und überhaupt nicht u diesem Thema passt; er möchte, dass sie ganz gestrihen wird. An dieser Stelle sind wir ein bisschen näher Heidrun Bluhm )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715522400

(Beifall bei der LINKEN)

Heidrun Bluhm (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715522500

(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

am Mieterbund; aber ich denke, da kann man sich annä-
hern.

Wir gehen allerdings davon aus, dass eine gesetzliche
Deckelung der Modernisierungsumlage ohnehin nur dort
praktikabel ist, wo der Markt Mietsteigerungen in der
entsprechenden Größenordnung zulässt. Aber gerade
dort ist es notwendig, Mieterinnen und Mieter vor Miet-
wucher und vor allem vor einer Verdrängung aus nach-
gefragten Wohnlagen zu schützen.

Wir wählen in unserem Antrag eine andere Rangfolge
als die Grünen, aber letztendlich sind unsere Grundaus-
sagen mit denen der Grünen identisch: Weder der alters-
gerechte Umbau noch die energetische Sanierung des
Wohnungsbestandes in Deutschland können ohne das
Engagement aller am Prozess beteiligten Akteure gelin-
gen: der Staat, die Vermieter, die Mieter und Mieterin-
nen. Ich nenne den Staat zuerst, weil die älter werdende
Bevölkerung und der Klimawandel Herausforderungen
sind, vor denen die Gesellschaft als Ganzes steht, wes-
halb zuerst politische Konzepte und politisches Handeln
gefordert sind. Weil in Deutschland weit mehr als
50 Millionen Menschen in Mietwohnungen leben, also
mehr als die Hälfte unserer Bevölkerung davon betroffen
ist, müssen wir das als eine gesamtstaatliche Aufgabe
annehmen,


(Beifall bei der LINKEN)


übrigens auch im Interesse Tausender Vermieter, die als
Eigentümer auf verlässliche, langfristige ordnungspoliti-
sche und haushalterische Rahmenbedingungen, aber
auch auf sozialen Frieden und eine stabile Mieterschaft
angewiesen sind, wenn wir von ihnen verlangen, in ihre
Wohnungsbestände kräftig zu investieren.

Wohnungen sind aber keine gewöhnliche Ware, die
man dem sogenannten freien Spiel der Kräfte des Mark-
tes überlassen darf. Wohnen ist ein elementares Grund-
bedürfnis aller Menschen; es gesetzlich zu schützen und
zu sichern, ist also eine vordringliche Aufgabe der öf-
fentlichen Daseinsvorsorge bzw. des Staates.


(Beifall bei der LINKEN)


Märkte, auch der Wohnungsmarkt in Deutschland,
werden sich nicht ohne gesellschaftlichen Druck verän-
dern und die Herausforderungen der Zukunft annehmen.
Deshalb führt kein Weg daran vorbei: Der Staat muss die
rechtlichen Rahmenbedingungen für einen beständigen
Interessenausgleich zwischen Mietern und Vermietern
schaffen.

Ein letztes Wort an die FDP. Der Referentenentwurf
ist immer noch ein Referentenentwurf. Wir warten seit
vielen Monaten und sind sehr gespannt, wann daraus
endlich eine Gesetzesgrundlage wird. Aber vielleicht ist
das auch gar nicht notwendig: Nachdem unsere Anträge
vorliegen, reicht es vielleicht aus, sich daran abzuarbei-
ten.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Das Wort hat nun Karl Holmeier für die CDU/CSU raktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715522600


Karl Holmeier (CSU):
Rede ID: ID1715522700

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen

nd Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Wohnraum in Deutschland zukunftsfähig machen“: Ich
laube, das ist das Ziel von uns allen. Unsere Wege zur
rreichung dieses Ziels unterscheiden sich jedoch ge-
altig. Der Weg der christlich-liberalen Koalition ist
alistisch und wird daher auch zum Ziel führen. Der
eg, den die Grünen mit dem vorliegenden Antrag be-

chreiten wollen, führt dagegen in die Irre.

Die zahlreichen von Ihnen vorgeschlagenen Maßnah-
en sind vielleicht wünschenswert, aber in keiner Weise
alistisch. Zwar sind all Ihre Feststellungen zur demo-

rafischen Entwicklung, zur dringenden Notwendigkeit
er energetischen Sanierung des Wohnungsbestandes
nd zur Vermeidung sozialer Konflikte richtig; aber die
chlussfolgerungen daraus sind nicht konsequent und
lenden die Wirklichkeit aus. Sie werden soziale Kon-
ikte nicht vermeiden, wenn Sie die Bürgerinnen und
ürger bei den Sanierungsmaßnahmen nicht mitnehmen.
ußerdem ist mir schleierhaft, wie Sie mit Ihren Vor-

chlägen jemals einen ausgeglichenen Staatshaushalt er-
ichen wollen.

Die Maßnahmen zur Steigerung der Gebäudeeffizienz
üssen sich an drei wesentlichen Kriterien orientieren:
ie müssen vom Bundeshaushalt finanzierbar sein, ohne
ie nachfolgenden Generationen zu belasten. Sie dürfen
ie Menschen nicht überfordern, das heißt, die Standards
ürfen nicht zu hoch sein, und es darf keinen Sanie-
ngszwang geben. Die Maßnahmen müssen so angelegt

ein, dass die Häuslebauer, Hauseigentümer und Mieter
der Lage sind, sich die Modernisierung zu leisten.

Das Energiekonzept der Bundesregierung und die da-
uf aufbauenden Maßnahmen folgen diesem Dreiklang.
ie christlich-liberale Koalition handelt mit Augenmaß,

ie handelt bürgerfreundlich, und sie handelt vor allem
erantwortungsbewusst mit Blick auf die nachfolgenden
enerationen. Dies ist aus meiner Sicht das beste Re-

ept, um sozialen Konflikten im Mietwohnungsbereich
orzubeugen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP])


Was machen wir konkret? Erstens. Wir haben be-
chlossen, das erfolgreiche CO2-Gebäudesanierungspro-
ramm von 2012 bis 2014 trotz schwieriger Haushalts-
eiten jeweils mit einem Volumen von circa 1,5 Mil-
arden Euro fortzuführen. Ich gehe davon aus, dass das
eld im Klima- und Energiefonds zusammenkommt.


(Florian Pronold [SPD]: Ja?)


it diesem Geld werden wir zinsverbilligte Kredite so-
ie Zuschüsse für die energetische Gebäudesanierung
urch die bundeseigene KfW bereitstellen. Die Höhe der





Karl Holmeier


(A) )


)(B)

Investitionszuschüsse der KfW wurde mit Wirkung zum
1. Januar 2012 auf bis zu 20 Prozent der Investitions-
summe erhöht. Auch der Zuschuss für Einzelmaßnah-
men steigt von 5 Prozent auf 7,5 Prozent.

Zweitens. Seit Januar gibt es das neue KfW-Pro-
gramm „Energetische Stadtsanierung“, für das der Bund
einen Betrag von 92 Millionen Euro zur Verfügung
stellt.


(Florian Pronold [SPD]: Ich dachte Städtebauförderung? Sie sollten sich einmal entscheiden!)


Damit sollen integrierte Quartierskonzepte zur Steige-
rung der Energieeffizienz des Gebäudebestands und der
Infrastruktur im Bereich der Wärmeversorgung entwi-
ckelt und umgesetzt werden.

Drittens. Das erfolgreiche Förderprogramm „Alters-
gerecht Umbauen“ wird fortgesetzt. Die KfW setzt hier-
für eigene Mittel ein und unterstützt damit die Initiative
der christlich-liberalen Koalition,


(Florian Pronold [SPD]: Die die Mittel aus dem Haushalt gestrichen hat! Das ist der Hammer!)


Modernisierungsmaßnahmen zum Abbau von Barrieren
in Häusern und Wohnungen voranzutreiben. Damit wird
man der demografischen Entwicklung gerecht und si-
chert außerdem wichtige Arbeitsplätze in der mittelstän-
dischen Bauwirtschaft und im Handwerk. Insgesamt
schafft es die KfW mit dem Geld, das ihr der Bund zur
Verfügung stellt, die Förderung für Sanierungen von
Wohngebäuden auszuweiten und das Engagement bei
der Bewältigung des Klimawandels und der demografi-
schen Herausforderungen zu intensivieren.

Viertens. Wir setzen uns massiv dafür ein, dass es
steuerliche Anreize für energetische Sanierungs- bzw.
Einzelsanierungsmaßnahmen gibt. Hier sind wir jedoch
auf die Kooperation der SPD-geführten Bundesländer
angewiesen. Die Verhandlungen laufen derzeit noch. Sie
müssen sobald wie möglich zum Abschluss kommen.

Fünftens. Auch im Bereich des Mietrechts tut sich et-
was. Die christlich-liberale Koalition hat in ihrem Koali-
tionsvertrag vereinbart, die energetische Sanierung bei
bestehenden Wohnraummietverträgen zu erleichtern.
Mit dem Mietrechtsänderungsgesetz, das sich derzeit
noch in der Ressortabstimmung befindet, setzen wir
diese Vorgabe des Koalitionsvertrages um. So werden
beispielsweise Mieter künftig für eine Zeit von drei Mo-
naten energetische Sanierungs- und Modernisierungs-
maßnahmen dulden müssen, ohne die Miete mindern zu
können. Sie werden die Sanierung auch nicht mehr mit
dem Einwand der wirtschaftlichen Härte verzögern kön-
nen. Außerdem werden wir mit dem Gesetz Contracting-
Modelle im Mietwohnungsbereich ermöglichen. Insge-
samt sind wir mit unseren Maßnahmen auf einem guten
Weg zur Schaffung eines klimaneutralen Gebäudebe-
stands, und zwar ohne Zwang, ohne starre und unrealisti-
sche Zielsetzungen und mit Augenmaß im Hinblick auf
die Finanzierbarkeit.

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(C (D Der Antrag der Grünen erfüllt diese Kriterien leider icht. Er ist ein Sammelsurium von Wunschmaßnahmen hne Bezug zur Realität. Damit werden Sie es sicher icht schaffen, den Wohnraum in Deutschland zukunftshig zu machen. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Daniela Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schade! Herr Kollege, jetzt bin ich total enttäuscht!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715522800

Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt

rteile ich Kollegen Michael Groß für die SPD-Fraktion
as Wort.


(Beifall bei der SPD)



Michael Groß (SPD):
Rede ID: ID1715522900

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe
ei Herrn Holmeier dreimal das Wort „Zukunftsfähig-
eit“ gehört. Ich glaube, darüber haben wir heute alle ge-
prochen. Aber Ihr Weg ist ein völlig anderer. Sie zeich-
en sich beim CO2-Gebäudesanierungsprogramm wie
uch bei dem Programm „Soziale Stadt“ durch Unzuver-
ssigkeit und Unkalkulierbarkeit aus. Sie fahren die
rogramme finanziell zurück, stocken sie dann wieder
uf. Gerade das ist Gift für diejenigen vor Ort, die inves-
eren und etwas für ihre Wohnung tun wollen.

Wir haben einen völlig anderen Weg gewählt als den,
en Sie beschritten haben und beschreiten. Es ist klar:
ir müssen die Umwelt schützen. Wir müssen den
ohnraum bezahlbar halten. Wir müssen ihn vor allen
ingen barrierefrei bzw. -arm gestalten. Wir müssen den
ebäudebestand sanieren, um die Klimaschutzziele zu

rreichen.

Wir wissen heute: Wer saniert, saniert nicht nur ener-
etisch. Die Lebensdauer von Heizungsanlagen, Fassa-
en, Dächern und Fenstern sowie die Verbesserung der
ohnqualität spielen ebenso eine Rolle. Wir begrüßen,

ass von vielen Eigentümern auch altersgerecht und bar-
erearm umgebaut wird. Wir haben vorhin gehört, dass
ie Kreditanstalt für Wiederaufbau das Programm „Al-
rsgerecht Umbauen“ weiterführt. Sie hätten die Haus-
altsmittel aufstocken müssen, um hier den Anforderun-
en gerecht zu werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die simple Rechnung, dass Mieter und Eigentümer
on einer energetischen Sanierung profitieren, geht nicht

mer auf. Ebenso erhält der Vermieter nicht in jeder
egion durch die Sanierung einen entsprechenden Mehr-
ert für seine Immobilie.

Wir beobachten in Wachstumsregionen, dass die
ieten nach vorgenommenen Sanierungen explodieren

önnen. Die heute kalkulierten Einsparungen für den
ieter bei den Heizkosten sind so geringfügig, dass sie

ei 70-prozentigen Mietsteigerungen kaum mehr ins Ge-
icht fallen. Es handelt sich nicht mehr nur um Einzel-





Michael Groß


(A) )


)(B)

fälle. Auch wenn man massive Steigerungen der Ener-
giepreise berücksichtigt, können diese Mehrbelastungen
langfristig nicht kompensiert werden. In anderen Regio-
nen sind noch nicht einmal Mieterhöhungen von weniger
als 1 Euro am Markt durchsetzbar.


(Beifall bei der SPD)


In diesem Zusammenhang ist es wichtig, auf die Ein-
kommenssituation in Deutschland zu achten. 1,4 Millio-
nen Menschen müssen ihre Einkommen aufstocken. Die
OECD hat gerade festgestellt, dass besonders die unte-
ren Einkommen in Deutschland gesunken sind. Deshalb
fordern wir die Wiedereinführung der Heizkostenpau-
schale beim Wohngeld, die die Koalition abgeschafft
hat.

Aber wer Energie spart, muss dafür auch belohnt wer-
den. Wenn sich Mieter ihre energetisch sanierten Woh-
nungen nicht mehr leisten können, wenn Mieter durch
ihre geringeren Einkommen in energetisch schlechtere
Wohnungen gedrängt werden, so ist das ein Zustand, den
wir nicht akzeptieren können und wollen.


(Beifall bei der SPD – Iris Gleicke [SPD]: Das ist wohl wahr!)


Die sozialen Auswirkungen der Energiepolitik müs-
sen mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. Wir wollen
keine Stadtteile, in denen ausschließlich Menschen le-
ben, die sich bezahlbare gute Wohnungen nicht mehr
leisten können. Wir brauchen realisierbare Zielsetzun-
gen, und eine komplexe Aufgabe muss in Gesamtzusam-
menhängen betrachtet und gelöst werden.

Für eine schnelle und wirksame energetische Verbes-
serung des Gebäudebestandes ist es wichtig, erstens we-
sentlich stärkere Anreize für kleinteilige Maßnahmen
mit geringem finanziellen Aufwand zu setzen, zweitens
Kontinuität und Planbarkeit bei den Zielsetzungen her-
zustellen und mindestens 2 Milliarden Euro für die KfW-
Förderung im Haushalt mittelfristig bereitzustellen. Wir
fordern drittens, den Quartiersbezug in den Städten zu
beschleunigen, um abgestimmt die notwendigen Sanie-
rungen und eine zukunftsfähige Energieversorgung im
Zusammenhang umzusetzen.

Die Vergangenheit hat gezeigt, das Mietrecht hat eine
soziale Funktion. Ob das Mietrecht aber auch eine ener-
getische Funktion haben kann, muss geprüft werden. Der
Antrag der Grünen enthält 40 Forderungen, elf zum
Mietrecht. Die Summe der Forderungen ist hinsichtlich
der Folgen erst abzuschätzen. Wir haben Sympathie da-
für. Aber wir werden es prüfen.

Wir wollen Mieter schützen, Eigentümer motivieren
und die Klimaschutzziele erreichen. Das Mietrecht ist si-
cher nur ein Baustein auf dem großen Baufeld und nicht
die tragende Mauer.

Vielen Dank und Glück auf!


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715523000

Ich schließe die Aussprache.

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(C (D Interfraktionell wir die Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/7983 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Kultur und Medien – zu dem Antrag der Abgeordneten Ansgar Heveling, Wolfgang Börnsen Altmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Reiner Deutschmann, Burkhardt Müller-Sönksen, Jimmy Schulz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Digitalisierungsoffensive für unser kulturelles Erbe beginnen – zu dem Antrag der Abgeordneten Siegmund Ehrmann, Martin Dörmann, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD „Kulturelles Erbe 2.0“ – Digitalisierung von Kulturgütern beschleunigen – zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Petra Sitte, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Die Digitalisierung des kulturellen Erbes als gesamtstaatliche Aufgabe umsetzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Agnes Krumwiede, Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Rechtssicherheit für verwaiste Werke herstellen und den Ausbau der Deutschen Digitalen Bibliothek auf ein solides Fundament stellen – Drucksachen 17/6315, 17/6296, 17/6096, 17/8164, 17/8486 – Berichterstattung: Abgeordnete Ansgar Heveling Siegmund Ehrmann Reiner Deutschmann Dr. Lukrezia Jochimsen Agnes Krumwiede Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile Ansgar eveling für die CDU/CSU-Fraktion das Wort. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(22. Ausschuss)







(A) )


)(B)


Ansgar Heveling (CDU):
Rede ID: ID1715523100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das

Thema, über das wir heute diskutieren, hat in der Tages-
ordnung den eindrucksvollen Titel „Digitalisierungsof-
fensive für unser kulturelles Erbe beginnen“. Wir bera-
ten über eine Reihe von Anträgen aller Fraktionen, was
zeigt, dass das Thema zwar im Detail unterschiedlich ge-
sehen und bewertet wird, dass wir im Grunde aber auf
einen gemeinsamen Nenner kommen: Wir alle sind uns
darüber einig – lassen Sie mich meine Rede darum mit
diesem betont positiven und diplomatischen Einstieg be-
ginnen –, dass die Digitalisierung unseres kulturellen Er-
bes – dabei handelt es sich unter anderem um Filme,
Buchbestände, Kunstwerke und weitere kostbare Expo-
nate – in den kommenden Jahren weiter ausgebaut und
vorangetrieben werden muss.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es besteht kein Zweifel daran – ich denke, dass ich hier
für alle sprechen kann –, dass es in unser aller Sinne ist,
dass die Menschen in unserer Gesellschaft, dass die
Wirtschaft, die Wissenschaft, die Forschung und die Bil-
dungseinrichtungen online auf unser Kulturgut zugreifen
können.

Den Weg der Digitalisierung haben wir erfolgreich
eingeschlagen, und zwar mit dem nationalen Digitalisie-
rungsprojekt „Deutsche Digitale Bibliothek“, kurz DDB,
das noch in diesem Jahr online gehen soll. Mit diesem
faszinierenden Großprojekt wollen wir unser über die
Jahrhunderte angesammeltes kulturelles Erbe mit unse-
rer digitalen Zukunft verbinden. Was die DDB bisher ge-
leistet hat, haben uns die daran beteiligten Experten ges-
tern in einem öffentlichen Fachgespräch im Kulturaus-
schuss ausführlich dargelegt. Sie haben uns aber auch
auf Desiderate hingewiesen, mit denen wir uns zeitnah
auseinandersetzen wollen und müssen.

Bei dem Fachgespräch gestern hat sich auch gezeigt,
dass das Thema Digitalisierung nicht allein unter dem
technischen Gesichtspunkt betrachtet werden darf. Wir
brauchen auch eine inhaltliche Strategie für den Umgang
mit den zu digitalisierenden Werken. Dabei ist klar: Mit
der DDB, die durch das zuständige Kompetenznetzwerk,
bestehend aus Bund, Ländern und Kommunen, koordi-
niert wird, liegt schon ein umfassendes und klar definier-
tes Digitalisierungskonzept vor, das nun weiter ausge-
baut und mit weiterem digitalen Content bestückt
werden muss, damit diese Objekte auch in die „Euro-
peana“ einfließen können.

Schon heute sind 6 Millionen Objekte in die DDB
eingepflegt. Der Beitrag, den Deutschland bisher für die
digitale Bibliothek erbracht hat, ist beachtlich. So wur-
den bereits 22 000 Buchtitel aus dem 16. Jahrhundert,
30 000 aus dem 17. Jahrhundert und 40 000 aus dem
18. Jahrhundert erfolgreich digitalisiert. Das vermeldete
der Deutsche Bibliotheksverband in einer 2011 heraus-
gegebenen Fachzeitschrift.

Eine große Aufgabe, die in den nächsten Jahren an-
steht, ist die Digitalisierung von Beständen aus dem
19. und dem 20. Jahrhundert, darunter kostbare Zeit-
schriften und Zeitungen. Diese und andere Exponate

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(C (D üssen möglichst zeitnah bearbeitet werden, da sie sich ilweise schon in einem schlechten Zustand befinden der sogar vom Zerfall bedroht sind. Hinsichtlich der och zu realisierenden Projekte kommen wir nicht umin – ich habe eingangs schon darauf hingewiesen, dass ir nicht nur die technische, sondern auch die inhaltliche eite betrachten müssen –, eine sachund fachgerechte uswahl vorzunehmen. Exponate, die sich in einem be onders schlechten Zustand befinden oder von hohem teresse für Wissenschaft und Forschung sind, müssen rioritär behandelt werden. Gleichzeitig stehen wir aber uch vor der Frage, welche Speichermedien genutzt weren müssen, um eine Langzeitarchivierung sicherzusteln. Um das umfassende Digitalisierungsprojekt auf natioaler Ebene zu gewährleisten, muss aber nicht nur eine erlässliche finanzielle Basis geschaffen werden, die das esamtstaatliche Vorhaben auf einen festen Sockel stellt, ondern es muss auch darum gehen, das Urheberrecht im uge der Massendigitalisierung zu wahren. Seit 1997 wurden bereits über 100 Millionen Euro in ie Digitalisierung von Kulturgut investiert. Vor allem ie Deutsche Forschungsgemeinschaft stellte einen groen Anteil finanzieller Mittel zur Verfügung. Um die Diitalisierung weiter auszubauen, brauchen die an der DB beteiligten Institutionen Planungssicherheit; denn ur dann können sie die weiteren Projekte schnellstmögch angehen und umsetzen. Angesichts der noch anstehenden Aufgaben stehen ir als CDU/CSU und FDP einer Kooperation mit priatwirtschaftlichen Einrichtungen grundsätzlich positiv egenüber. Die öffentliche Hand allein wird ohne die nterstützung von außen im Sinne einer Public-Privateartnership dieser kulturpolitischen Herausforderung siherlich gar nicht gerecht werden können. Die Kooperaon zwischen Google und der Bayerischen Staatsbiblioek sei an dieser Stelle als Beispiel erwähnt. ier müssen natürlich staatliche gegen kommerzielle Inressen abgewogen werden. Aber, ich denke, dieses rojekt in Bayern ist ein sehr gelungenes Beispiel. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Bei einem Teil der zu digitalisierenden Werke handelt
s sich um urheberrechtlich geschützte Exponate, deren
echteinhaber nicht mehr auffindbar sind oder die als
ergriffen gelten, die sogenannten verwaisten oder ver-
riffenen Werke. Es ist richtig – das haben wir in allen
iskussionen hierzu festgestellt –, dass es sich hierbei
m ein Thema handelt, das wir nicht leicht in den Griff
ekommen werden. Das ist kein leichtes Unterfangen.
ie erforderliche Rechteklärung ist faktisch schwierig
der gar unmöglich. Dennoch sehen wir als CDU/CSU-
raktion die Notwendigkeit, einen gerechten Ausgleich
wischen Rechteinhabern und Nutzern zu finden, zum





Ansgar Heveling


(A) )


)(B)

Beispiel anlehnend an das bewährte System der Verwer-
tungsgesellschaften.

Ich hoffe, dass das Onlineportal der Deutschen Digi-
talen Bibliothek eine große Bereicherung für uns alle
sein wird und viele Menschen in Zukunft auf dieses An-
gebot zugreifen können und werden, nicht zuletzt des-
wegen, um anschließend den Weg in eine Kultureinrich-
tung zu finden.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Das gehört dazu!)


Denn trotz unseres digitalen Fortschritts vermag der
Bildschirm nicht alles. Er vermag vor allem nicht die un-
mittelbare ästhetische Wirkung unserer vielfältigen Kunst-
und Kulturschätze zu ersetzen.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Ulrich Kelber [SPD])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715523200

Das Wort hat nun Siegmund Ehrmann für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Siegmund Ehrmann (SPD):
Rede ID: ID1715523300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Heveling, die
vorliegenden Anträge belegen in der Tat, dass sich alle
Fraktionen sehr intensiv mit dem Thema auseinanderge-
setzt haben. Ich gebe Ihnen recht, dass zumindest die be-
schreibenden Teile der Anträge starke Übereinstimmun-
gen aufweisen. Bei den vorgeschlagenen Konsequenzen
gibt es gleichwohl Differenzen. Darauf möchte ich gerne
eingehen; denn zu viel Harmonie würde die sachlich not-
wendige Reibung behindern.


(Beifall der Abg. Ulrich Kelber [SPD], Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE] und Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Für mich persönlich gab es trotz der intensiven Be-
schäftigung mit diesem Thema in der letzten Woche
noch zwei Erfahrungen, die mich besonders beeindruckt
haben; diese haben wir gemeinsam erlebt. Das war zum
einen der Besuch im Digitalisierungszentrum der Staats-
bibliothek zu Berlin. Dort konnten wir hochkomfortable
technische Arbeitsplätze mit Innovationscharakter erle-
ben. Das war beeindruckend. Die Menschen, die dort ar-
beiten, sind engagiert und gehen einer sehr verantwor-
tungsvollen Tätigkeit nach. Wir bekamen ein Gespür
dafür, was nicht nur technologisch, sondern auch an
klassischem Handling notwendig ist.

Das andere, das mich bzw. uns beeindruckt hat, war
gestern die Präsentation der Vertreter der Fraunhofer-
Gesellschaft, die das Portal der Deutschen Digitalen Bi-
bliothek vorgestellt haben. Das Portal hat ein ausgespro-
chen ansprechendes Design und ist überdies von der
Funktionalität her überzeugend. Das ist sehr beeindru-
ckend. Die Expertenanhörung gestern hat unsere Ein-

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(C (D chätzung hinsichtlich der Entscheidung über die Anäge abgerundet. Die Anstrengungen im Bereich der Digitalisierung ind nichts Neues. Erwähnt wurde, dass von der Deutchen Forschungsgemeinschaft seit vielen Jahren Antrengungen unternommen worden sind, um insbesonere Bestände zu erhalten. Eine neue Qualität ist ntstanden, als „Europeana“ gegründet wurde und auch ir in unserem Land im Eckpunktepapier zur Vereinbang zwischen dem Bund und den Ländern Verabredun en getroffen haben, die Digitalisierung der kulturellen üter vorzunehmen, sie in das Web einzustellen und so en Zugang zu ermöglichen. Die Digitalisierung der kulturellen Güter ist klassicherweise eigentlich Aufgabe der Kulturpolitik. Es geht arum, sich mit dem kulturellen Erbe auseinanderzuseten, die Dinge zu archivieren, zu sichern, zu bewahren, ereitzustellen und zu vermitteln. Das ist Ausdruck der ffentlichen Verantwortung gegenüber öffentlichen Gürn und der Öffentlichkeit. Wir stellen die öffentliche frastruktur zur Verfügung. Das ist Aufgabe des Staates uf allen Ebenen, nicht nur in der analogen, sondern uch in der digitalen Welt. Hierfür sind jetzt die Vorausetzungen geschaffen. Wo stehen wir? Ich möchte auf drei Punkte eingehen: rstens auf das Portal, zweitens auf die Strategie und rittens auf die Frage, die Herr Heveling angesprochen at: Wie gehen wir eigentlich mit den verwaisten Weren um? Zunächst zur Deutschen Digitalen Bibliothek. Ich childere Ihnen, was wir gestern bei unserem Treffen mit en hochkompetenten Leuten von der Fraunhofer-Geellschaft erlebt haben. 30 Ingenieure haben über andertalb Jahre etwas unglaublich Komplexes, was gleichohl benutzerfreundlich ist, zusammengebracht. Das ist ine Einladung an 30 000 kulturelle Institutionen in unerem Land, sich in dieses Portal zu begeben und dort erknüpfungen unter sehr vielen fachlichen Gesichtsunkten herzustellen. Das ist spannend und innovativ. Meine Überzeugung ist: Dahinter steckt letztendlich twas, das die Kulturpolitik plastisch erlebbar macht. ahinter stecken nämlich technologische Innovationen nd ökonomische Wertschöpfung. Das ist hochkomplex. ie Forscher und die Entwickler haben uns deutlich geacht: Das Ding ist anwendungsreif. Mit dem, was dort ntwickelt wurde, haben wir weltweit einen technologichen Vorsprung von etwa anderthalb Jahren. Mein drinender Appell lautet: Lasst es jetzt tatsächlich in die Flähe! Ich werde nachher kritisch nachfragen, wie es damit eitergeht. Wir können hier nämlich tatsächlich etwas alisieren. Wir haben gesehen, welche Scanner in der Staatsbiliothek eingesetzt werden. Wenn Sie sich mit der Frage, er die Hersteller sind, auseinandersetzen, kommen Sie u dem Ergebnis: Das sind große und mittelständische nternehmen aus Österreich und Deutschland, die wenn Sie sich genauer damit beschäftigen, werden Sie as feststellen – Kooperationspartner aus ganz Europa Siegmund Ehrmann )


(Beifall bei der SPD)





(A) )

haben. Das ist ein klassisches Projekt europäischer wirt-
schaftlicher Kooperation. Ich glaube, es ist wichtig, Ent-
wicklungen, die wir in unserem Land in Kooperation mit
anderen zustande bekommen, tatsächlich zum Einsatz zu
bringen. Dieses Portal ist, wie gesagt, anwendungsreif,
und die Menge der integrierten Digitalisate über der kri-
tischen Grenze von 6 Millionen ließe dies zu. Wir könn-
ten damit in die Anwendung gehen, wenn wir es wollten.
Ich frage mich: Wann wird es freigegeben?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft
die Strategie bzw. die Partizipation. Es ist vorgesehen,
dass sich in der ersten Phase 30 große kulturelle und
Wissenschaftsinstitutionen in dieses Portal begeben. Das
ist ein breit angelegtes Angebot. Das kann man nicht
top-down, also von oben herab organisieren, sondern da
muss motiviert, begleitet und unterstützt werden. Das
schreit danach, dass man Schwerpunkte bildet und Ko-
operationspartner einlädt. Das schreit auch nach der ord-
nenden Hand, erst recht dann, wenn wir uns die wahn-
sinnigen finanziellen Investitionen, die dahinterstecken,
vor Augen führen. Hier muss man also Schwerpunkte
bilden und gewichten.

Das kann der Staat bzw. das können Bund und Länder
nicht alleine. Das muss man gemeinsam mit den zustän-
digen Akteuren in den Institutionen organisieren. Dafür
brauchen wir Kommunikationsplattformen. Das Netz-
werk wurde ja schon gebildet. Aber es ist schwach aus-
gestattet. Wir brauchen dort mehr Drive und Unterstüt-
zung. Herr Heveling, all Ihre Einlassungen würde ich
unterstreichen. Aber wer die Lippen spitzt, muss pfeifen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Hier sind Sie von der Regierung gefordert.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Beim dritten Punkt wird es besonders spannend. Ich
finde es wirklich abenteuerlich, was Sie in Ihrem Antrag
schreiben, Herr Heveling; er ist ja vom Juni letzten Jah-
res, und das ist schon ein paar Tage her. Die Kernbot-
schaft lautet: Die rechtlichen Voraussetzungen werden
nun geschaffen. – Toll!


(Ansgar Heveling [CDU/CSU]: Das haben Sie schön herausgearbeitet!)


Das war allerdings im letzten Jahr. Ihre Justizministe-
rin hat aber schon ein Jahr zuvor eine Rede gehalten, in
der sie einen Gesetzentwurf zum Dritten Korb für den
Herbst 2010 angekündigt hat.

Der Staatsminister hat im Herbst 2010 ein Zwölf-
Punkte-Programm zu den Kernfragen im Urheberrecht
vorgelegt. Unsere Fraktion hat im Oktober 2010 einen
Gesetzentwurf genau dazu eingebracht. Der Deutsche
Kulturrat hat heute den dringenden Appell veröffentlicht
– auch mit Blick auf die Anhörung von gestern –:

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(C (D ensch Leute, das Problem ist drängend. Es kann doch icht so sein, dass dort nur die Produkte und Kunstwerke es Mittelalters und des Spätmittelalters präsentiert weren. Das wird erst interessant, wenn auch aktuellere inge – hier reden wir über die gemeinfreien Werke und ber problematische, nicht geklärte Rechtsverhältnisse – ingestellt werden. – Ich frage Sie: Wie gehen Sie mit iesem Thema um? Sie warten ab! Sie sagen, dass es hier Konflikte in der Sache gibt. azu sage ich nur: Das parlamentarische Handwerks eug, mit dem Konflikte gelöst werden, ist ein Gesetzntwurf, an dem man sich reiben kann. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Konflikte müssen gelöst werden!)


uf den warten wir. Wo ist er? Das kann ich bei aller
eigung, zu kooperieren und gut zusammenzuarbeiten
dies ist im kulturellen Bereich ausgeprägt –, an dieser
telle nicht verstehen. Ich finde, das ist eine absolute
chlechtleistung der Regierung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE])


Ich fasse zusammen: Bei diesem Projekt erleben wir
in starkes Engagement vieler, die mit unglaublicher
raft, mit Fleiß und mit Ideenreichtum an die Sache he-
ngehen. Es gibt dort auch ökonomische Potenziale. In

iesem Zusammenhang verweise ich auf Österreich. Der
arktführer für Scanner in Österreich ist ein Spin-off,

ine Ausgründung aus der Technischen Universität
ien. Es gibt also durchaus eine Plattform dafür, das in

nserem Land ökonomisch noch weiter zu stärken. Wir
aben also alle Voraussetzungen dafür, hier sehr erfolg-
ich zu agieren.

In der Anhörung ist eines eindeutig geworden: Man
rwartet von uns politische Unterstützung. Es geht hier
icht nur um eine verbale Bekundung, sondern ein biss-
hen mehr Leidenschaft in der Sache ist notwendig. Im
nalyseteil des Koalitionsantrages sprechen Sie auch
och davon. Danach schreiben Sie: „Der Deutsche Bun-
estag begrüßt“, und Ihr Forderungskatalog enthält fünf
chlappe Punkte. Selbst die Dinge, die jetzt weiterentwi-
kelt werden müssen und die Sie hier eingeräumt haben,
ätten zum Zeitpunkt, als Sie den Antrag redigiert ha-
en, schon angegangen werden können.

Kurzum: Packen Sie die Dinge an, die ich angespro-
hen habe! Dann haben wir wirklich ein gutes gemeinsa-
es Thema.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715523400

Das Wort hat nun Reiner Deutschmann für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Reiner Deutschmann (FDP):
Rede ID: ID1715523500

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Kolleginnen und Kollegen! Unser kulturelles Erbe ist
durchaus fragil. Wird ein Kunstwerk oder ein Schrift-
stück durch Wassereinbruch oder Feuer zerstört, ist es
für die Nachwelt unwiederbringlich verloren.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, speziell in Dresden!)


Auch der Zahn der Zeit nagt an unseren Kulturgütern,
verhindert die Nutzung der oftmals jahrhunderte-, wenn
nicht gar jahrtausendealten Kulturgüter und macht die
Arbeit am Original nur unter größtem Aufwand möglich.

Deshalb liegt in der Digitalisierung eine zweifache
Chance. Die Politik ist fest entschlossen, das kulturelle
Erbe Deutschlands zu sichern und gleichzeitig für alle in
digitaler Form zugänglich zu machen – natürlich unter
Wahrung des Urheberrechts. Meine beiden Vorredner
haben es ja bereits gesagt: Darin sind sich erst einmal
alle Fraktionen einig.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann wird es schwer!)


– Ich glaube nicht.

Erst gestern präsentierte das Fraunhofer-Institut
– auch das wurde schon gesagt – die Ausgestaltung der
zukünftigen Deutschen Digitalen Bibliothek. Die circa
6 Millionen digitalisierten Werke, die bereits vorhanden
sind, garantieren natürlich, dass es in der zweiten Jahres-
hälfte einen guten Start geben kann. Das im Prinzip fer-
tiggestellte Portal überzeugte durch eine sehr hohe Funk-
tionalität. Es war wirklich beeindruckend, was uns dort
vorgeführt wurde.

Wir haben damit international tatsächlich einen Vor-
sprung von ein bis zwei Jahren. Diesen Vorsprung soll-
ten wir natürlich halten, wenn nicht gar ausbauen. Das
heißt, wir müssen weiter in entsprechender Größenord-
nung digitalisieren und natürlich insbesondere auch im
Land dafür werben, dass sich weitere Institutionen daran
beteiligen. Diese Institutionen können dabei nur gewin-
nen; denn wer heutzutage im Netz nicht gefunden wird,
der wird im nächsten oder übernächsten Jahr unter Um-
ständen gänzlich von der wissenschaftlichen Landkarte
verschwunden sein.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sollten wir die FDP schnell digitalisieren! Vorsorglich! – Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– Mein lieber Herr Wieland!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag
der SPD-Fraktion konzentriert sich auf die Festlegung
einer nationalen Digitalisierungsstrategie. Eine solche
Strategie ist aus Sicht der FDP-Bundestagsfraktion nicht
notwendig. Dies haben gestern die Experten auch bestä-
tigt. Anlässlich des öffentlichen Fachgespräches zur Di-
gitalisierung von Kulturgut, das gestern im Ausschuss
für Kultur und Medien stattfand, wurde diese Auffas-
sung bestätigt. Claudia Dillmann vom Deutschen
Filminstitut hält eine nationale Digitalisierungsstrategie


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(C (D r nicht zielführend. Stattdessen muss die Innovationsraft aus den Sparten des Kompetenznetzwerkes, dem igentlichen Träger der Deutschen Digitalen Bibliothek, ommen. Meine Fraktion und ich jedenfalls haben groes Vertrauen in die 13 im Netzwerk zusammengechlossenen namhaften Kulturund Wissenschaftseinchtungen. Von oben sollte daher keine Strategie ktroyiert werden. Daher rührt auch unsere Forderung nach einer Digitasierungsoffensive für unser kulturelles Erbe. Die für ie Umsetzung erforderlichen Organisationsstrukturen ind bereits vorhanden. Neben dem eben erwähnten ompetenznetzwerk bildet hier das gemeinsame Eckunktepapier von Bund, Ländern und Gemeinden zur eutschen Digitalen Bibliothek ein wichtiges Gerüst. Die im SPD-Antrag enthaltenen Forderungen nach onkreten Mindestbedingungen für private Kooperatioen sowie nach urheberrechtlichen Lösungen für das opieren von Langzeitarchivierungen lehnen wir ab. as Urheberrecht ermöglicht bereits heute die Langzeitigitalisierung, zum Beispiel durch Archive und Mueen. Hier müssen wir nicht gegen irgendwelche Defiite ankämpfen. Gerade die Aktivitäten im Bereich der rivaten Kooperation haben sich bislang als großer Erlg herausgestellt, sodass wir auch dort keinen gesetz eberischen Regelungsbedarf sehen. Die genannten indestbedingungen für private Kooperationen sind in rem Antrag jedenfalls zu detailliert. Wir wollen nicht die Einrichtungen hineinregieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Voraussetzung ist ber, dass die jeweiligen Kulturund Wissenschaftseinchtungen ein Digitalisat zur freien und unentgeltlichen erfügung erhalten. Schließlich müssen die digitalisiern Werke im Laufe der Zeit immer wieder in neue Sysmumgebungen und auf neue Speichermedien kopiert erden, um für die Nachwelt tatsächlich erhalten zu erden. In Ihrem Antrag ist ein starker Ruf danach enthalten, ass Weiterbildungen für die Mitarbeiter in den Kulturnd Wissenschaftseinrichtungen des Bundes organisiert erden müssen, damit sie fit sind. Wir denken, dass die inrichtungen das schon in Eigenregie tun werden und ie Eigenverantwortung kennen, die sie gerade gegenber den Mitarbeitern haben. Ich habe schon darauf veriesen: Man sollte nicht zu sehr in Kulturund Wissen chaftseinrichtungen hineinregieren, sondern sie tatsächch autark arbeiten lassen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Auch aus diesem Grund lehnen wir das umfangreiche
erichtswesen, das in Ihrem Antrag gefordert wird, ab.
ir finden, dies ist nicht notwendig. Es bleibt auch bei

nserer Ablehnung zum Vorschlag der Linken, das
anze in ein Gesetz zu gießen. Außerdem ist von den
xperten klar zum Ausdruck gebracht worden, dass die
ffentliche Hand diese Mammutaufgabe nicht allein
temmen kann, sondern private Partner braucht. Da hilft
s nicht, Haushaltsmittel von 30 Millionen Euro pro Jahr
u fordern. Vielmehr brauchen wir neben der Förderung





Reiner Deutschmann


(A) )


)(B)

durch Bund, Länder und Kommunen gerade die öffent-
lich-privaten Partnerschaften, die diese Aufgabe mit lan-
gem Atem und ordentlichem Know-how angehen kön-
nen. Wir als öffentliche Hand müssen das Rad
schließlich nicht immer wieder neu erfinden.

Aus ähnlichen Gründen wie bei dem SPD-Antrag
können wir auch dem Antrag von Bündnis 90/Die Grü-
nen nicht folgen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


Eine Regelung im Urheberrechtsgesetz zum Umgang
mit vergriffenen Werken halten wir für nicht notwendig,
da bei vergriffenen Werken die Rechteinhaber bekannt
sind und um eine entsprechende Lizenz zur Onlinenut-
zung gebeten werden können. Anders hingegen liegt der
Fall bei verwaisten Werken; auch das wurde heute schon
angesprochen. Hier sind die Rechteinhaber nicht auf-
findbar. Hier besteht tatsächlich Handlungsbedarf. Daher
verstehe ich die gewisse Ungeduld von Siegfried
Ehrmann. Es ist ein kompliziertes Gebilde; das hat sich
gestern in der Diskussion mit den Experten gezeigt.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man braucht Mut und Initiativen!)


Manchmal bringt es nichts, vorschnell nach vorn zu
schießen, sondern man soll die Dinge ordentlich regeln.
Ich gehe einmal davon aus – da lehne ich mich nicht zu
weit aus dem Fenster –, dass in diesem Frühjahr ein ent-
sprechender Gesetzentwurf auf dem Tisch liegen wird.
In unserem Antrag steht, dass im Dritten Korb zur Re-
form des Urheberrechts eine Regelung zum Umgang mit
verwaisten Werken vorzusehen ist.

Ich danke Ihnen ganz herzlich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1715523600

Das Wort hat nun Kollegin Luc Jochimsen für die

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715523700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ideen müssen sich frei ausbreiten vom einen zum
anderen über die Welt, zur gegenseitigen Belehrung
der Menschen. Frei wie die Luft, in der wir atmen,
uns bewegen, ja unsere ganze physische Existenz
haben, ganz und gar ungeeignet für ein Eingesperrt-
sein oder exklusive Aneignung.

Diese Sätze sind fast 200 Jahre alt. Sie stammen von
Thomas Jefferson, der weder Computer noch das Inter-
net kannte, aber davon überzeugt war, dass Wissen mög-
lichst allen Menschen zugänglich sein muss, um größt-
mögliche Wirkung zu entfalten,


(Beifall bei der LINKEN)


sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesamtheit.

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(C (D Bibliotheken, Museen und Archive sind die Schatzammern einer Wissensund Kulturgesellschaft. Sie ammeln über Jahrhunderte Gedanken und Ideen in andschriften und Büchern, auf Fotos und Gemälden, uf Filmen und Tonaufnahmen. Heute, im 21. Jahrhunert, das die Digitalisierung entwickelt hat, lassen sich nsere Wissensund Kulturschätze viel besser nutzen nd die Türen dieser Schatzkammern weiter öffnen als je uvor. (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ist es!)


Als „Traum von der Demokratisierung des Wissens“
mschreibt der Präsident der Stiftung Preußischer Kul-
rbesitz, Hermann Parzinger, die Chancen, die sich

urch die Digitalisierung unseres kulturellen Erbes bie-
n. Unser Kulturerbe als Gemeingut, das auch längst
ersunkenes für die Internetgeneration sichtbar und er-
bbar macht: Diese Vision teilen viele hier im Hause.

Doch trotz der Kooperation großer Bibliotheken mit
oogle und trotz des Engagements vieler Enthusiasten
eht der Prozess der Digitalisierung bei uns zu langsam
oran, und das vor allem im politischen Raum. Der Kol-
ge Ehrmann hat schon einige Phasen und Stufen dieses
rozesses im politischen Raum beschrieben.

Mit der Deutschen Digitalen Bibliothek ist demnächst
in Portal geschaffen. Es fehlt aber der Raum dahinter,
nd vor allem fehlen die Inhalte. Der Grund dafür ist
eldmangel. Eine solch große Zukunftsaufgabe wie die
igitalisierung des Kulturerbes ist aus den ohnehin viel

u knappen Bibliothekshaushalten nicht ohne zusätzli-
he Bundesmittel zu schaffen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Selbst wenn man wie die Münchner Staatsbibliothek
it Google kooperiert, wird Geld für eigene öffentliche
igitalisierungsinitiativen und für die Datenpflege benö-
gt. Auf 30 Millionen Euro schätzte das Fraunhofer-
stitut den Finanzbedarf. Leider haben Sie unseren
aushaltsanträgen seit 2010, die eine solche Förderung

tets gefordert haben, ebenso wie alle anderen Fraktio-
en nie zugestimmt. Dabei könnten Sie etwa mit einem
ruchteil der Kosten für das Berliner Stadtschloss ein
ahrhaft modernes, lebendiges und demokratisches Kul-
rdenkmal errichten.


(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagt denn Herr Parzinger zu dem Vorschlag?)


Der zweite Grund für die Verzögerung liegt im Urhe-
errecht. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu
0 Prozent der Werke in unseren Archiven und Biblio-
eken als verwaist gelten können. Die Rechtesituation

ei diesen Werken ist unklar. Rechteinhaber sind nicht
ufzufinden und können auch vor einer digitalen Zu-
änglichmachung nicht um Erlaubnis gefragt werden.
hne eine praktikable und effektive Lösung dieses Pro-
lems wird es keine Massendigitalisierung der Werke
us dem 19. und 20. Jahrhundert geben.





Dr. Lukrezia Jochimsen


(A) )


)(B)

Die Fraktion Die Linke hat deshalb eine Beschrän-
kung des Urheberrechts in diesem einen Punkt vorge-
schlagen. Natürlich soll die Nutzung vergütet werden,
aber erst dann, wenn es glaubhafte Adressaten für diese
Vergütung gibt, die ihre Ansprüche bei einer Verwer-
tungsgesellschaft geltend gemacht haben. Der Wechsel
des Weltwissens in die digitale Sphäre wird kommen.
Was unsere vielen Schatzkammern bergen, sollte unbe-
dingt dabei sein.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Siegmund Ehrmann [SPD])



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715523800

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächster Redner in un-

serer Debatte ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
unser Kollege Dr. Konstantin von Notz. Bitte schön,
Herr Kollege.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es
wurde schon mehrfach gesagt: Die Digitalisierung von
Kulturgütern ist eine enorme Herausforderung für uns.
Diese neue Form der Zugänglichmachung und Archivie-
rung von Kulturgütern ist aber auch eine wichtige staatli-
che Aufgabe, und es ist gut, dass wir uns wie gestern im
Ausschuss heute im Plenum erneut mit diesem bedeuten-
den Thema auseinandersetzen.

Aber Ihr Antrag, liebe Fraktionen von CDU/CSU und
FDP, bringt trotz der wohlgesetzten Worte schon sprach-
lich im Antragstext selbst – der Kollege Ehrmann hat es
gesagt – Ihre große Distanz zu dem Projekt Deutsche Di-
gitale Bibliothek zum Ausdruck.


(Zuruf von der CDU/CSU: Oh je!)


Ihr Antrag ist eben keine Offensive, wie Sie ihn betiteln.
Vielmehr stehen Sie mit dem Antrag auf der Bremse,
meine Damen und Herren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Siegmund Ehrmann [SPD])


Warum aber handelt es sich bei dem Projekt um eine
so wichtige und vorrangige Aufgabe, dass es tatsächlich
eine zupackende Offensive bräuchte? Hier zeigt sich, ob
eine Regierung visionär zu denken vermag und sich zur
rechten Zeit mit Kraft und Entschiedenheit an die Spitze
eines historischen Umbruches setzt oder aber nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ansgar Heveling [CDU/CSU]: Das sind aber wohlgesetzte Worte!)


Sie entscheiden sich letztlich leider für die zweite Alter-
native.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Kontext, in dem wir über die DDB verhandeln,
ist durch die Frage des Umgangs unseres Gemeinwesens
mit Informationen und Wissen gekennzeichnet. Genau

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(C (D iese Frage ist eine Schlüsselfrage unserer modernen, st schon postindustriellen Gesellschaft. Die DDB steht abei in einem Kontext mit den Diskussionen über Open ata, Open Access und Public Sector Information. Für eine Fraktion und mich ist entscheidend: Mit der Digilisierung wird die Idee einer digitalen Wissensallende endlich realisierbar. Deren Kern ist die Teilhabe ller durch digitale Zugänglichmachung von Inhalten nd Wissen. Das aber ist kein Selbstzweck, sondern vor llem – Luc Jochimsen hat es ähnlich gesagt – ein Beiag zur demokratischen Kultur und zur Demokratisieng von Kultur in unserem Land sowie ein Versprechen n die Bürgerinnen und Bürger, egal ob sie auf der Mueumsinsel oder auf dem flachen Land wohnen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


eshalb muss der Bund in Sachen DDB viel aktiver und
iel offensiver werden, viel aktiver als bisher und viel
ffensiver als in Ihrem Antrag. Aufgrund der gesamt-
taatlichen Bedeutung des Projekts ist es Aufgabe der
undesregierung, jetzt eine umfassende Digitalisie-
ngsstrategie zu entwickeln, die über die bislang be-

chlossenen Eckpunkte – auch über diejenigen, die heute
orliegen – deutlich hinausgeht. Hierzu fordern wir sie
unserem Antrag ausdrücklich auf.

Natürlich muss für ein solches Jahrhundertprojekt
uch eine langfristige Finanzierungsstrategie entwickelt
erden. Die Bundesregierung aber versäumt es, über-
aupt eine Bedarfsanalyse vorzulegen. Dabei gibt es An-
altspunkte; das ist in der Debatte schon angeklungen.
er Rat der Weisen zum Beispiel rechnet mit 100 Mil-
onen Euro für vier Jahre für die EU. In der gestrigen
nhörung war von 35 Millionen Euro die Rede. Wer
ier aber mit kleiner Münze dabei sein will, dem sei ge-
agt: Die finanziellen Risiken des Verschlafens der Digi-
lisierung sind deutlich höher. Ein solches Projekt zahlt

ich auf jeden Fall im wahrsten Sinne des Wortes aus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


elbstverständlich müssen für ein solch ambitioniertes
orhaben Kooperationen gesucht werden, auch mit Pri-
aten. Doch die Bedingungen dafür müssen gesetzlich
lar formuliert werden. Dabei ist sicherzustellen, dass
ie Inhalte gemeinfrei und die Persönlichkeitsrechte der
utzenden gewahrt bleiben.

Last, but not least das Urheberrecht und die verwais-
n Werke. Ohne Rechtssicherheit wird sich die erforder-
che Dynamik beim Ausbau der DDB nicht entwickeln.
uch hier liefern Sie leider nichts. Der Glaube daran,
ass der dritte Korb noch kommt, der vielleicht irgendet-
as enthält, das helfen könnte, bröckelt selbst bei Ihren
pfersten Anhängern. Für die Beseitigung der Rechts-
nsicherheit der öffentlichen Einrichtungen im Umgang
it verwaisten Werken braucht es wohlabgewogene Re-

elungen, die die Rechte der Urheberinnen und Urheber
Blick haben, aber auch das besondere öffentliche In-

resse an der Zugänglichmachung berücksichtigen.





Dr. Konstantin von Notz


(A) )


)(B)

Lassen Sie mich damit abschließen: Bei der Digitali-
sierung läuft uns die Zeit davon. Wichtige Kulturgüter
verschimmeln in den Kellern von Bibliotheken. Wir for-
dern Sie deshalb auf: Setzen Sie unsere Vorschläge zum
weiteren Verfahren um, damit die DDB endlich richtig
an den Start gehen kann!

Ganz herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715523900

Vielen Dank, Kollege Dr. von Notz. – Letzter Redner

in unserer Debatte ist für die Fraktion der CDU/CSU un-
ser Kollege Dr. Reinhard Brandl. Bitte schön, Kollege
Dr. Brandl.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Reinhard Brandl (CSU):
Rede ID: ID1715524000

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Herr Kollege von Notz, es war doch wohl diese
Bundesregierung, die im Dezember 2009 mit der Deut-
schen Digitalen Bibliothek ein Jahrhundertprojekt ange-
stoßen hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu halbherzig!)


– Ich spreche von dieser Bundesregierung. Ich weiß
nicht, wovon Sie sprechen.

Bücher, Noten, Skulpturen in 3-D, Bilder, Filme und
vieles mehr, alles, was heute in über 30 000 deutschen
Kultureinrichtungen und Museen irgendwo im Keller, in
Regalen und Ausstellungen schlummert, soll digital er-
fasst werden und im Internet über ein einziges Portal
kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Damit sind un-
glaubliche Chancen für die Wissenschaft, die Bildung
und die Kultur verbunden,


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Richtig!)


aber auch für jeden einzelnen privaten Nutzer, der sich
darüber Zugänge zu Wissen erschließen kann, die vor ei-
ner Generation noch undenkbar gewesen wären. Die Di-
gitalisierung ist ein wichtiger Baustein für den Erhalt un-
seres reichhaltigen deutschen kulturellen Erbes.

So schön das alles klingt – der Aufwand dafür ist
enorm. Ich hoffe nicht, dass der Prozess ein Jahrhundert
dauert, aber es werden sicher aus heutiger Sicht einige
Jahrzehnte werden. Aber was dann nicht im Internet zu
finden ist, wird es für die breite Masse der kommenden
Generationen nicht mehr geben. Wir müssen deswegen
Hürden für eine verstärkte Digitalisierung, wie zum Bei-
spiel beim Urheberrecht für verwaiste Werke, aus dem
Weg räumen und zusätzliche Finanzierungsquellen er-
schließen.

Durch öffentlich-private Partnerschaften zum Bei-
spiel haben wir schon viel erreicht. 87 Prozent der deut-
schen Beiträge zur Europäischen Digitalen Bibliothek


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(C (D Europeana“ stammen von der Bayerischen Staatsbiblioek. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


as ist nur möglich, weil die Bayerische Staatsbiblio-
ek bereits 2007 mit großer Unterstützung des dortigen
issenschaftsministeriums einen Vertrag mit Google

eschlossen hat, der die Digitalisierung des gesamten ur-
eberrechtsfreien Bestands der Bibliothek vom 17. bis
um 19. Jahrhundert zum Gegenstand hat. Dabei handelt
s sich um über 1 Million Werke. Von diesen über 1 Mil-
on Werken wurden bisher schon 680 000 Werke digita-
siert und frei ins Netz gestellt. Google bekommt als
egenleistung für diese Digitalisierung eine Kopie des
uches für sein Angebot. Es verbleibt aber auch eine
hysische Kopie bei der Bayerischen Staatsbibliothek
ur uneingeschränkten Nutzung. Die Nutzung erstreckt
ich auch auf Portale wie zum Beispiel die Deutsche Di-
itale Bibliothek oder die „Europeana“ und auf die
angzeitarchivierung. Der Wert dieser Dienstleistung
on Google wird auf ungefähr 50 Millionen Euro ge-
chätzt. Die Bayerische Staatsbibliothek kann dadurch
re eigenen Mittel für die Digitalisierung, die zum gro-

en Teil von der DFG kommen, auf besonders wertvolle
nd ältere Werke konzentrieren, zum Beispiel auf Dru-
ke aus dem 16. Jahrhundert oder auf Handschriften.
uch davon wurden bereits 85 000 Werke ins Netz ge-

tellt.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Imponierend!)


So ein Modell hat natürlich auch seine Grenzen, aber
s zeigt, wie durch geschickte Kooperation zwischen
rivaten und öffentlichen Auftraggebern ein echter
ehrwert für den Erhalt unseres kulturellen Erbes ge-

chaffen werden kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


an darf aber bei den Kosten nicht nur die Kosten für
ie einmalige digitale Erfassung betrachten. Zur Lang-
eitarchivierung gehört auch das sichere Speichern, die
tändige Überprüfung der Daten und die Aktualisierung
er Dateiformate. Um Ihnen eine Vorstellung zu geben:
lleine das, was Google momentan in München scannt,
ird geschätzte Kosten von mindestens einer halben
illion Euro jährlich für die Langzeitarchivierung ver-

rsachen. Das heißt, wir brauchen für diese Projekte
uch eine Langzeitfinanzierung. Aber das Ergebnis – wir
lle haben eben über die Chancen gesprochen – ist in je-
em Fall das Geld wert. Wir müssen auf allen Ebenen
ersuchen, die Vorhaben der Digitalisierung auf allen
benen unseres Landes voranzutreiben.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715524100

Vielen Dank, Kollege Dr. Reinhard Brandl.

Ich schließe die Aussprache.





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Bevor wir zur Abstimmung kommen, darf ich herz-
lich Staatsminister Michael Link begrüßen, der auf der
Regierungsbank Platz genommen hat. Bisher saß er in
unseren Reihen. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer
neuen Aufgabe!


(Beifall)


Sie werden sehen: Man geht nicht immer so freundlich
mit Ihnen um. Genießen Sie also den Augenblick.


(Heiterkeit)


Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien auf
Drucksache 17/8486. Der Ausschuss empfiehlt unter
Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Annahme
des Antrags der Fraktionen von CDU/CSU und FDP auf
Drucksache 17/6315 mit dem Titel „Digitalisierungsof-
fensive für unser kulturelles Erbe beginnen“. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? – Das sind die Koali-
tionsfraktionen. Gegenprobe! – Das sind die Opposi-
tionsfraktionen. Enthaltungen? – Keine. Die Beschluss-
empfehlung ist angenommen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
lehnung des Antrags der Fraktion der SPD auf Drucksa-
che 17/6296 mit dem Titel „Kulturelles Erbe 2.0 – Digi-
talisierung von Kulturgütern beschleunigen“. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Das sind die
Koalitionsfraktionen. Gegenprobe! – Das sind die Frak-
tion der Sozialdemokraten und Teile der Fraktion Die
Linke. Enthaltungen? – Die Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen und Teile der Fraktion Die Linke. Die Be-
schlussempfehlung ist angenommen.

Weiterhin empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe c
seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags
der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/6096 mit dem
Titel „Die Digitalisierung des kulturellen Erbes als ge-
samtstaatliche Aufgabe umsetzen“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Das sind die Koalitionsfraktio-
nen. Gegenprobe! – Das ist die Fraktion Die Linke. Ent-
haltungen? – Sozialdemokraten und Bündnis 90/Die
Grünen. Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buch-
stabe d seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des
Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck-
sache 17/8164 mit dem Titel „Rechtssicherheit für ver-
waiste Werke herstellen und den Ausbau der Deutschen
Digitalen Bibliothek auf ein solides Fundament stellen“.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Das sind
die Koalitionsfraktionen. Gegenprobe! – Das ist die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Enthaltungen? – Das
sind die Fraktion der Sozialdemokraten und die Links-
fraktion. Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

Jetzt rufe ich den Tagesordnungspunkt 10 a bis f auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Heinz
Paula, Dr. Wilhelm Priesmeier, Willi Brase, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Ökologische Land- und Lebensmittelwirt-
schaft stärken

– Drucksache 17/7186 –

(C (D Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Haushaltsausschuss b)

richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wilhelm
Priesmeier, Petra Crone, Petra Ernstberger,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD

Gemeinsame europäische Agrarpolitik nach
2013 weiterentwickeln

– zu dem Antrag der Abgeordneten Friedrich
Ostendorff, Cornelia Behm, Ulrike Höfken,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gemeinsame europäische Agrarpolitik nach
2013 – Förderung auf nachhaltige, bäuerli-
che Landwirtschaft ausrichten

– Drucksachen 17/2479, 17/4542, 17/5299 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Christel Happach-Kasan
Dr. Kirsten Tackmann
Friedrich Ostendorff

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wilhelm
Priesmeier, Heinz-Joachim Barchmann, Doris
Barnett, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Gemeinsame Europäische Agrarpolitik nach
2013 – Konzept zum „Greening“ der Direkt-
zahlungen vorlegen
– Drucksachen 17/6299, 17/7413 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Franz-Josef Holzenkamp
Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Christel Happach-Kasan
Dr. Kirsten Tackmann
Friedrich Ostendorff

d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Heinz Paula, Dr.
Wilhelm Priesmeier, Sören Bartol, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion der SPD

Klare Regelungen für Intensivtierhaltung

– Drucksachen 17/6089, 17/7198 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dieter Stier
Heinz Paula





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Hans-Michael Goldmann
Alexander Süßmair
Friedrich Ostendorff

e) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch,
Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE

Gemeinsame Europäische Agrarpolitik ab
2014 sozial und ökologisch ausrichten

– Drucksache 17/8378 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

f) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten
Tackmann, Cornelia Möhring, Dr. Dietmar
Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Agrarförderung in Deutschland und Europa
geschlechtergerecht gestalten

– Drucksachen 17/5477, 17/6385 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Christoph Poland
Dr. Wilhelm Priesmeier
Dr. Christel Happach-Kasan
Dr. Kirsten Tackmann

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Erster Redner in unserer Debatte ist für die Fraktion
der Sozialdemokraten unser Kollege Dr. Wilhelm
Priesmeier. – Bitte sehr, Herr Kollege Dr. Priesmeier.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1715524200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich
nach rechts blicke, bin ich ein wenig traurig; denn die
Regierung ist, aus welchen Gründen auch immer, heute
Abend nicht mehr vertreten.


(Zuruf von der FDP: Die Regierung ist doch vorhanden!)


An sich wollte ich die Gelegenheit nutzen, die Ministe-
rin für den von ihr initiierten Charta-Prozess zu loben.
Damit hat sie wahrlich einen wichtigen Anstoß in der
Debatte geliefert. Nur, wenn ich mir das Ergebnis an-
schaue, kann ich nur sagen: mangelhaft, unzureichend,
nicht zu Ende gedacht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das, was angekündigt worden ist, bedarf zweifellos noch
der Umsetzung. Ich hoffe, dass das, was verkündet wor-

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(C (D en ist – Änderung der Düngeverordnung, Verbesserunen im Tierschutz –, endlich real wird. Angesichts der ebatte innerhalb der CDU/CSU-Fraktion habe ich alrdings erhebliche Zweifel. Die Landesgruppe Nieder achsen hat ja gerade beschlossen, sich einem Verbot des chenkelbrands nachhaltig zu widersetzen, und Herr ollege Stier verweigert als tierschutzpolitischer Spre her der Unionsfraktion der Ministerin seine Unterstütung. Die Frage ist: Hat die Ministerin für diese Politik berhaupt noch eine klare und deutliche Mehrheit? Ich laube nicht. In anderen Bereichen mangelt es ebenfalls. Wir Soialdemokraten haben schon vor einigen Jahren geforert, den Tierschutz-TÜV umzusetzen. Das wird auch on Niedersachsen befürwortet, dem Land, in dem es reional verdichtete, intensive Tierhaltung gibt. Zum geenwärtigen Zeitpunkt nimmt die Regierung diese Umetzung nicht in Angriff. Ich habe Defizite genannt, die ufgearbeitet werden müssen. Ich glaube, angesichts des tzigen Zustands dieser Koalition wird das wohl kaum elingen, zumindest nicht im Bereich der Agrarpolitik. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir müssen endlich beginnen, die Agrarpolitik im
inblick auf das, was wir nach 2013 neu zu gestalten ha-
en, auszurichten. Wir brauchen eine moderne Agrarpo-
tik und nichts, was im Sinne dessen ist, was uns hier
on der Koalition bislang geboten worden ist. Dabei be-
iehe ich mich auch auf das, was in den Brüsseler Ge-
prächen bislang verhandelt worden ist. Wir sollten die-
en Wandel als Einstieg in den Ausstieg aus den
ahlungssystemen begreifen. Insofern, glauben wir So-
ialdemokraten, ist das bisherige System der ersten
äule nur noch ein Übergangssystem. Wir hoffen, dass
ieses System, das an sich als Übergangssystem geplant
ar, 2020, wenn es fast 30 Jahre alt ist, endlich ausläuft;
enn wir brauchen die Ressourcen in diesem Bereich
uch für eine zielgerichtetere Politik, die mit weniger fi-
anziellen Ressourcen – sie sind ja allenthalben knapp –
ersucht, ein Maximum an Wirkung, ein Maximum an
eränderung und ein Maximum an Stabilität im ländli-
hen Raum zu erreichen.


(Beifall bei der SPD – Ulrich Kelber [SPD]: Die Regierung hat den Weg in unserem Raum auch schon gefunden!)


Schauen Sie sich doch einmal interessehalber den
orschlag zur Durchführung der Zahlungen an. Ich kann
ur anregen, über Art. 14 dieser Verordnung nachzuden-
en und ihn nicht einfach pauschal abzulehnen. Dieser
rtikel eröffnet die Möglichkeit, aufgrund des Plafonds,
en wir in Deutschland haben, aus der ersten Säule
10 Millionen Euro in die zweite Säule zu verlagern. Ich
ann nur dazu ermuntern, sich Art. 34 dieser Verordnung
u Gemüte zu führen. Dieser Artikel eröffnet die Mög-
chkeit, in der ersten Säule unmittelbar das zu tun, was
an sonst in der zweiten Säule tut, nämlich benachtei-
gte Gebiete zu fördern. Das macht Ressourcen in der
weiten Säule frei, die von den Ländern eh kaum noch
ozufinanzieren ist. Diese Ressourcen können wir nut-
en, um die zusätzlichen 510 Millionen Euro zu kofinan-





Dr. Wilhelm Priesmeier


(A) )


)(B)

zieren und um anzufangen, damit eine wirklich effektive
Politik für den ländlichen Raum zu gestalten.

Die Ministerin hat eingeräumt, dass es Defizite gibt,
vor allen Dingen im Hinblick auf die Bewältigung des
demografischen Wandels. Das ist richtig. Wir dürfen
über dieses Problem aber nicht nur reden, sondern wir
müssen es endlich anpacken und müssen handeln.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In diesem Sinne kann ich nur an alle appellieren: Fangen
Sie endlich an, eine vernünftige, zukunftsfähige Agrar-
politik zu machen! Zögern Sie nicht! Setzen Sie um, was
an sich richtig ist! Wir Sozialdemokraten können Ihnen
da Nachhilfe geben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715524300

Vielen Dank, Kollege Dr. Priesmeier. – Nächster Red-

ner in unserer Debatte ist für die Fraktion der CDU/CSU
unser Kollege Hans-Georg von der Marwitz. Bitte
schön, Kollege von der Marwitz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Hans-Georg von der Marwitz (CDU):
Rede ID: ID1715524400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Her-
ren! Die Bundesregierung hat im Agrarpolitischen Be-
richt 2011 ein klares Leitbild für die deutsche Landwirt-
schaft formuliert. Sie soll leistungsfähig sein und nach
dem Grundprinzip der Nachhaltigkeit wirtschaften. Ich
meine, dieser Vorstellung wird am ehesten der bäuerli-
che Familienbetrieb gerecht, der in seiner Heimatregion
verwurzelt ist und dörfliches Leben intensiv mitgestaltet.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


„Bäuerlicher Familienbetrieb“, manch einem scheint
dieser Begriff überholt zu sein. Nennen Sie es von mir
aus: inhabergeführtes Agrarunternehmen. Entscheidend
ist die den bäuerlichen Berufsstand prägende Kombina-
tion aus Eigentum und Arbeit,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


aus unternehmerischer Initiative und Verantwortung für
die nächste Generation.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Zahl landwirtschaftlicher Betriebe nimmt ständig
ab. Das muss uns zu denken geben. Natürlich gibt es im-
mer einen Strukturwandel, der unter anderem mit dem
Generationswechsel, auch mit der Technisierung zusam-
menhängt. Aber eines steht fest: Je weniger Betriebe,
desto weniger Selbstständige, desto weniger Vielfalt,
desto weniger Engagement im ländlichen Raum.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Sie reden wie die Opposition!)


In Brandenburg erlebe ich Betriebskonzentrationen in
isher nicht vorstellbaren Ausmaßen. Außerlandwirt-
chaftliche Investoren kaufen einen Landwirtschaftsbe-
ieb nach dem anderen, meist die wirtschaftlich schwa-
hen Nachfolger ehemaliger LPG. Die Firmensitze
ieser Investoren befinden sich oft weit entfernt von den
etrieben. Die Gewinne werden zumeist nicht in der Re-
ion investiert, sondern fließen ab an Eigentümer, Ge-
ellschafter oder Aktionäre, die persönlich oft keinen
ezug zur Landwirtschaft und zu den Dörfern haben.

Die systematische Konzentration der Landwirtschaft
den Händen weniger Holdings bzw. Konzerne kann

icht Ziel unserer Agrarpolitik sein.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)


Jetzt warten Sie mal ab, meine Herren. Ich freue mich
, dass die Opposition so viel Spaß an mir hat.

Wir stehen für eine vielfältige Landwirtschaft, für ak-
ve, heimatverbundene Landwirte und deren Familien.
eshalb ist es so wichtig, dass wir die Reform der Ge-
einsamen Agrarpolitik mitgestalten und die Förderme-

hanismen grundlegend überarbeiten. Die Agrarsubven-
onen sind der zentrale Hebel, um Entwicklungen zu
eeinflussen.

Die wichtigste Frage zur GAP-Reform lautet: Wohin
oll sich die Landwirtschaft in Deutschland und der EU
is 2020 entwickeln?


(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie ja gerade schon gesagt!)


as wollen Verbraucher und Erholungssuchende? – Na-
rschutz, Erholungsraum, lebendige Dörfer, vielfältige
andschaften und nicht zuletzt günstige Nahrungsmittel,
ie zugleich gesund sind und umweltgerecht erzeugt
erden. Das klingt ein bisschen wie die Quadratur des
reises.


(Ulrich Kelber [SPD]: Nein!)


Wollen wir uns diesen Zielen zumindest annähern,
rauchen wir Strukturen, die Privatinitiative und verant-
ortliches Handeln miteinander verbinden. Die meisten
orschläge der Europäischen Kommission vom 12. Ok-
ber 2011 gehen in die richtige Richtung. Ob allerdings

as Vorhaben, 7 Prozent der landwirtschaftlichen Nutz-
äche eines Betriebes als sogenannte ökologische Vor-
ngflächen bereitzustellen, zielführend ist, muss gut

berlegt werden. Es gehört zur Gemeinsamen Agrarpoli-
k, für mehr Umweltschutz innerhalb der Landwirt-
chaft einzutreten. Der Weg, dies über ökologische Vor-
ngflächen zu erreichen, erschließt sich aber jedenfalls
ir nur unzureichend.

Wie halten wir es außerdem mit der von der EU vor-
eschlagenen Kappung oder Degression der Direktzah-





Hans-Georg von der Marwitz


(A) )


)(B)

lungen? Sie wissen, dass ich ein Befürworter dieses Vor-
schlags bin.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich auch!)


Ich weiß, dass ich damit verhältnismäßig einsam in mei-
ner Fraktion bin.


(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei uns nicht! – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei uns wärst du nicht einsam!)


Dennoch: Zurzeit laufen wir Gefahr, mit EU-Mitteln ei-
nen negativen, durch Konzentration gekennzeichneten
Strukturwandel zu fördern.

Ich glaube, dass die rund 11 Milliarden Euro, die
Deutschland jährlich zum EU-Agrarhaushalt beisteuert
und für die jeder deutsche Steuerzahler jährlich im
Durchschnitt 140 Euro zahlt, besser für leistungsstarke
Familienbetriebe, für eine breite Streuung des Eigen-
tums, für eine gesunde Diversifizierung der Landwirt-
schaft sowie für lebendige ländliche Räume eingesetzt
werden sollten.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Kein Steuerzahler möchte mit seinem Geld Agrarstruk-
turen unterstützen, die diesen Zielen zuwiderlaufen.

Auch die ökologische Landwirtschaft hat in Deutsch-
land einen hohen Stellenwert. Deshalb verankerte die
Bundesregierung auf Empfehlung des Rates für Nach-
haltige Entwicklung in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie das
Ziel, die ökologische Anbaufläche auf 20 Prozent der
deutschen Agrarfläche auszuweiten. Zugegeben, eine
zeitliche Vorgabe für die Umsetzung dieser Maßnahme
gibt es noch nicht. Aber der Kurs ist klar.

Ich bin froh über den Bedeutungszuwachs der ökolo-
gischen Landwirtschaft. Leider wächst vor dem Hinter-
grund von Lebensmittelskandalen und Etikettenschwin-
del das Misstrauen auch gegenüber dem ökologischen
Landbau. Der Verbraucher in Deutschland ist gut bera-
ten, wenn er sich an den Siegeln der Ökoverbände, zum
Beispiel Demeter, Bioland oder Naturland, orientiert.
Ihre Kontrollen sind wesentlich weitreichender und
strenger als die unter dem deutschen Bio-Siegel.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von
der Opposition, natürlich unterstützen wir auch die öko-
logische Landwirtschaft. Jeder verantwortlich denkende
Landwirt – egal ob er biologisch oder konventionell ar-
beitet – fühlt sich dem Grund und Boden verpflichtet
und hat ein ureigenes Interesse daran, natürliche Res-
sourcen und Tiere pfleglich zu behandeln. Er wird stets
alles daransetzen, dem Boden das zurückzugeben, was
ihm genommen wurde, um ihn für künftige Generatio-
nen zu erhalten.

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(C (D Darum geht es – nicht, wie Sie es zum Teil verengt arstellen, um Arbeitsmarktpolitik, Weltanschauung der etwa Geschlechterfragen. All dies greift zu kurz. ie positiven Aspekte, die wir fördern wollen, sind viel eitreichender. Dazu gehören vor allem die Schaffung ines Bewusstseins für den Umgang mit Lebensmitteln, ieren und natürlichen Ressourcen, die Stärkung regioaler Lebens-, Arbeitsund Vermarktungskreisläufe soie der Erhalt der Naturund Kulturlandschaft. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


er Ökolandbau ist Bestandteil einer zukunftsweisen-
en, multifunktionalen Agrarwirtschaft, für die auch ich
ich einsetze.

Zum Schluss möchte ich sagen: Nutzen wir die nächs-
n Monate, um unsere Überzeugungen in die Reform
er GAP einfließen zu lassen. Bemühen wir uns, strate-
isch in die Zukunft zu planen, zum Wohle von und im
inklang mit möglichst vielen Akteuren, Landwirten
nd Verbrauchern, Kulturfreunden und Naturliebhabern,
nd nicht zuletzt für uns alle, die wir von einer lebendi-
en, vielfältig verwurzelten Landwirtschaft profitieren.

merhin gestalten wir Agrarpolitik für die nächsten sie-
en Jahre.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715524500

Vielen Dank, Kollege von der Marwitz. – Jetzt für die

raktion Die Linke unsere Kollegin Frau Dr. Kirsten
ackmann. Bitte schön, Frau Dr. Tackmann.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715524600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Politik sollte eigentlich immer vom Ende ge-
acht werden. Deswegen hat die Linke bei der Agrar-
olitik ein klares Ziel: Wir wollen Agrarbetriebe, die vor
rt verankert sind, die fair bezahlte Arbeitsplätze in den
örfern schaffen oder erhalten und die mit Natur und
mwelt verantwortungsvoll umgehen. Was wir nicht
ollen, ist auch klar: den Griff von Industriellen, Ban-
en oder Energiekonzernen nach unseren Äckern. Ihre
benso kurzfristigen wie hohen Renditeerwartungen ge-
en nämlich auf Kosten der Beschäftigten, der Umwelt
nd auch der Dörfer.


(Beifall bei der LINKEN)


ie treiben die Pacht- und Bodenpreise in eine Höhe, die
urch landwirtschaftliche Arbeit nicht refinanziert wer-
en kann. Das ist eine bedrohliche und aus unserer Sicht
öllig inakzeptable Entwicklung. Wenn wir das aber
icht wollen, dann müssen wir die landwirtschaftlichen
etriebe stärken. Dazu gehört eine kluge und gesell-

chaftlich akzeptierte Förderpolitik. Deshalb brauchen
ir ein klares Prinzip: öffentliches Geld für öffentliche
eistungen. Die Fördergelder müssen bei den aktiven





Dr. Kirsten Tackmann


(A) )


)(B)

Landwirten ankommen und nicht als Extrabonus für
Spekulanten dienen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Erwartungen an die Landwirtschaft sind sehr
hoch. Sie soll die Versorgung mit bezahlbaren Lebens-
mitteln und Energie sichern, sie soll Arbeitsplätze in den
Dörfern bieten und gut bezahlen, sie soll den Klimawan-
del verlangsamen und ihm trotzen, und sie soll die biolo-
gische Vielfalt erhalten oder wieder verbessern. Zumin-
dest die letzten drei Punkte verursachen höhere Kosten.
Die deshalb erforderlichen höheren Preise können die
Agrarbetriebe auf den Märkten nicht durchsetzen, sie be-
kommen keine höheren Erzeugerpreise. Die Lebensmit-
tel sollen ja auch bezahlbar bleiben. Deswegen müssen
die Fördermittel bei den Betrieben ankommen, die diese
zusätzlichen öffentlichen Leistungen im Interesse der
Gesellschaft erbringen.

Damit das klappt, hat die Linke in ihrem heute vorlie-
genden Antrag der Bundesregierung für die Verhandlun-
gen in Brüssel ein paar Hausaufgaben aufgeschrieben.
Davon möchte ich einige vortragen.

Dort steht zum Beispiel, dass die Förderung unabhän-
gig von der Größe des Betriebes erfolgen soll. Ich nenne
zwei Beispiele: Die Ökohöfe Brodowin in Brandenburg
bewirtschaften 1 250 Hektar nach Demeter-Richtlinien.
Ist das ein böser, großer Fachbetrieb? Die Agrargenos-
senschaft Neuzelle bewirtschaftet 5 700 Hektar Acker-
und Grünland, sie hält Schweine und Rinder und gibt da-
mit 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Arbeit, davon
zehn Auszubildenden. Warum sollen sie weniger Förde-
rung pro Hektar bekommen? Lassen wir also das Aus-
spielen Groß gegen Klein, und reden wir über die öffent-
liche Leistung pro Hektar.


(Beifall bei der LINKEN)


Dazu gehören unserer Meinung nach auch Arbeits-
plätze. Deshalb ist es aus unserer Sicht wichtig, auch die
Lohnkosten bei der Förderpolitik zu berücksichtigen.
Auch der Vorschlag zu ökologischen Vorrangflächen
geht für uns in die richtige Richtung. Sie als Flächenstill-
legung zu diffamieren, ist aus meiner Sicht unredlich.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Was spricht denn gegen Ackerrandstreifen, Blühstreifen,
Feldgehölze, Überflutungsflächen, Wasserrand- oder
Waldrandstreifen, Lerchenfenster oder gegebenenfalls
auch Eiweißfutterpflanzenanbau? Eigentlich sind all das
Zukunftsinvestitionen, nämlich in gute Böden, mehr bio-
logische Vielfalt und Klimaschutz. Deshalb sollten die
vorhandenen Hecken und Sölle auch auf die 7 Prozent
angerechnet werden. Das fordern wir ganz klar.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir teilen auch die Forderung des EU-Kommissars
nach mehr Ackerpflanzenvielfalt. Aber eine Frucht auf
bis zu 70 Prozent der Ackerfläche ist nun wirklich ein
Witz. Deswegen muss das auf maximal 33 Prozent ver-
nünftig begrenzt werden; denn dann bekommen wir eine
wirkliche Fruchtfolge und nicht nur einen gelegentlichen
Fruchtwechsel.

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(C (D Auch der Erhalt des Dauergrünlandes wird von uns anz klar unterstützt; denn wir brauchen es für die bioloische Vielfalt und für den Klimaschutz, da CO2 im Boen gebunden wird. Zwischen 2003 und 2008 haben wir in Deutschland Prozent des Dauergrünlandes verloren. Die Festset ung eines Referenzjahres 2014 ist doch geradezu eine ufforderung, bis zu diesem Zeitpunkt Dauergrünland mzubrechen. Deswegen muss es unbedingt ein früheres eferenzdatum geben. Das ist ganz klar unsere Fordeng. Zum Schluss. Die Agrarförderung muss auch gechlechtergerecht sein. Nur 8 Prozent der landwirtschaftchen Betriebe in Deutschland werden von Frauen geleit, und das zumeist in Teilzeit. Der Lohnunterschied zu ännern ist in den ländlichen Räumen mit über 30 Pro ent sogar noch höher als in den Städten. Die Landauen nehmen das nicht mehr hin. Ich finde, wir müssen ie da unterstützen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


In unserem Antrag „Agrarförderung in Deutschland
nd Europa geschlechtergerecht gestalten“ steht, was
an alles tun muss, um Frauen in den ländlichen Räu-
en zu stärken. Deswegen bitte ich um unbedingte Zu-

timmung zu diesem Antrag. Im Übrigen freue ich mich
uf die Diskussion unseres Antrags zur Gemeinsamen
grarpolitik im Ausschuss.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715524700

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Tackmann. – Nächste

ednerin in unserer Debatte ist für die Fraktion der FDP
nsere Kollegin Frau Dr. Christel Happach-Kasan. Bitte
chön, Frau Kollegin.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1715524800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

eutige Agrardebatte findet am Rande der Grünen Wo-
he statt. Wir alle haben uns in der vergangenen Woche
u einem Rundgang getroffen. Dabei war deutlich zu
püren, dass es zwar in einigen Bereichen Gegensätze
ibt, dass es aber auch eine Gemeinsamkeit der Mitglie-
er des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und
erbraucherschutz gibt, nämlich dass wir ländliche
äume stärken wollen.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Methoden sind teilweise unterschiedlich, aber wir
lle sind uns einig, dass wir die ländlichen Räume in
eutschland stärken wollen. Über 50 Prozent der Men-

chen leben in den ländlichen Räumen. Sie sind Heimat
r sehr viele Menschen. Diese Räume sind kulturell

ehr unterschiedlich; sie sind Erholungsraum, sie sind





Dr. Christel Happach-Kasan


(A) )


)(B)

Erlebnisraum. Wir wollen diese Räume stärken. Deswe-
gen müssen bei der Gemeinsamen Agrarpolitik darauf
achten, dass das europäische Agrarmodell, das uns diese
starken ländlichen Räume beschert hat, tatsächlich erhal-
ten bleibt. Das ist die große Aufgabe.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Grüne Woche ist wohl die einzige Ausstellung,
die zeigt, wie ein Produkt entsteht – in diesem Jahr ist es
die Zuckerrübe –, wie es also verarbeitet und hinterher
zu einem Lebensmittel wird, das fertig zum Verkauf ist.
Ich glaube, die Grüne Woche ist – entgegen allen frühe-
ren Überlegungen – enorm erfolgreich und hat sich be-
hauptet, obwohl wir 1990 dachten, dass es mit der Grü-
nen Woche irgendwann einmal vorbei sein würde. Die
Grüne Woche vollbringt eine gute Leistung.

In der Diskussion um die Gemeinsame Agrarpolitik
sind wir uns der Tatsache bewusst, dass wir im Augen-
blick noch nicht wissen, wie viel Finanzmittel uns zur
Verfügung stehen werden. Das heißt: Alle unsere Über-
legungen kranken daran, dass wir gar nicht genau wis-
sen, wie viel Geld da sein wird.

Wir sind uns darüber einig, dass wir die Belastungen
der Landwirte durch Bürokratie mindern wollen; denn
sie haben enorm hohe Lasten. In anderen Fragen sind
wir uns nicht ganz einig. Beispielsweise wird das Gree-
ning unterschiedlich bewertet. Gleichzeitig ist uns aber
allen klar, dass es uns gelingen muss, die Belastung der
Natur durch Landbewirtschaftung zu mindern. In diesem
Zusammenhang spreche ich ehrlicherweise als Erstes
das Problem Stickstoff an;


(Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Sehr richtig, Frau Kollegin, sehr richtig!)


denn dieses Problem wurde bereits vom Nachhaltigkeits-
beirat thematisiert und im Übrigen auch im Nachhaltig-
keitsbericht der Bundesregierung angesprochen. Da
müssen wir ran.


(Beifall bei der FDP)


Ich teile die Einschätzung meines Kollegen von der
Marwitz, dass die Kappung eine gute Maßnahme wäre,
nicht. Ich lebe relativ nah an der Grenze zu Mecklen-
burg-Vorpommern. Dort gibt es gewachsene Betriebs-
strukturen, die ihre Chance haben müssen. Diese Be-
triebe sollten sich nicht an Rechtsanwälte wenden
müssen, damit sie diese Betriebsstrukturen aufteilen, so-
dass sie weiter Förderung erhalten können. Das halte ich
nicht für gut.


(Beifall bei der FDP – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Trickserei ist eh nicht gut!)


In dem Zusammenhang will ich daran erinnern, dass
wir nach Göttingen eingeladen wurden und uns dort mit
Studenten unterhalten haben. Die Studenten haben uns
ebenfalls aufgefordert, ein solches Vorgehen auf jeden
Fall abzuwenden; sie berichteten, dass es auch dort
Landwirte gibt, die sich zu GmbHs zusammenschließen,
um gemeinsam eine größere Fläche zu bewirtschaften.

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(C (D Wir sollten solchen Dingen nicht entgegenstehen. Wir ollten uns vielmehr bewusst sein, dass gerade in den ndlichen Räumen der Tourismus blüht. Bayern, ein and mit starken ländlichen Räumen, ist gleichzeitig Feenland Nummer eins. Ferienland Nummer zwei ist ecklenburg-Vorpommern; hier gibt es ebenfalls große etriebe. Ferienland Nummer drei ist Schleswig-Hol tein, wo es auch große Betriebe gibt. Insofern stimme h dem SPD-Antrag natürlich in diesem Punkt zu: Dabei spielt die absolute Betriebsgröße keine Rolle. Wesentlich ist vielmehr die Art und Weise, wie die Betriebe bewirtschaftet werden – nämlich durch verantwortungsbewusstes Handeln der Landwirte. as ist vollkommen richtig; da sind wir völlig einer einung. Wir wissen, dass die Herausforderungen, die an die andwirtschaft gestellt werden, immens sind. Wir wisen: 7 Milliarden Menschen leben auf der Erde; es weren noch mehr werden. Wir wissen, dass wir deswegen ine nachhaltige Intensivierung der Landwirtschaft beötigen, um zu einer Effizienzsteigerung zu gelangen. nders wird es nicht gelingen, dass wir alle Menschen att bekommen. Wir wissen auch, dass die Produktion von Biomasse r die energetische Verwertung eine weitere Herausfor erung darstellt. Wir wollen unsere Wirtschaft auf Nachaltigkeit umstellen. Das heißt, nachwachsende Rohtoffe gewinnen an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund in ich der Meinung, dass wir eine Effizienzsteigerung rauchen. Deswegen finde ich es gut, dass die SPD in ihm Antrag zum Ökolandbau darauf hinweist, dass wir rstens Forschung benötigen – da sind wir völlig einer einung – und zweitens auch im Ökolandbau eine Effi ienzsteigerung brauchen. Wir können nicht damit zuieden sein, dass die Erträge im Vergleich zur konvenonellen Landwirtschaft teilweise nur bei 50 Prozent egen. Wenn wir uns schon in diesem Punkt einig sind, dann ollten wir uns auch gemeinsam fragen: Wollen wir eientlich solche tiefen Gräben zwischen moderner Landirtschaft und Ökolandwirtschaft? Wäre es nicht an der eit, sie ein bisschen zuzuschütten? äre es nicht an der Zeit, dass wir gegenseitig voneiander lernen, dass die konventionellen, die modernen andwirte von den Ökos lernen und, umgekehrt, die kos von den konventionellen Landwirten? Ich glaube, s ist an der Zeit, dass wir in diese Richtung denken. Insofern stimme ich dir, Kollege Priesmeier, nicht zu: er Charta-Prozess war sehr wohl wichtig, um eine Disussion zwischen Landwirtschaft und Zivilgesellschaft u eröffnen, um sich mit der Landwirtschaft auseinanerzusetzen und um voneinander zu lernen; ich halte ies für ausgesprochen richtig. Ich bedauere, dass in den Anträgen noch einige Laenhüter enthalten sind. Der sogenannte Weltagrarbecht ist nun vier Jahre alt; er ist absolut überholt. Ich laube, wir sollten nicht mehr darüber reden. Dr. Christel Happach-Kasan (Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Inhalte stimmen immer noch! – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Der muss fortgeschrieben werden!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )


(B)


Es gibt andere Berichte, die ein deutlich realistischeres
Bild von der Zukunft zeigen, beispielsweise der Bericht
der britischen Regierung The Future of Food and Far-
ming, den ich für deutlich sinnvoller halte.

Liebe Grüne, wenn ihr von der Landwirtschaft als
„Träger biologischer Vielfalt“ schreibt, dann möchte ich
doch einmal darauf hinweisen, dass auf einem Weizen-
acker immer Weizen steht, egal ob ihn ein Ökobauer
oder ein moderner Landwirt bewirtschaftet. Nix da mit
biologischer Vielfalt!


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Völliger Quatsch! Da könnte man ein bisschen in die Biologie einsteigen! Dann könnte man etwas lernen! Das wäre vielleicht hilfreich! Was für ein dummes Zeug!)


– Wir sollten schlicht und ergreifend einmal zur Kennt-
nis nehmen, dass das so ist. – Ich bin der Auffassung, die
FDP ist der Auffassung, dass die Herausforderungen der
Zukunft – –


(Unruhe bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


– Vielleicht sollten Sie erst einmal zuhören, bevor Sie
hier dazwischenrufen. Es bleibt dabei: Auf einem Weizen-
acker steht Weizen, sonst möglichst nichts. Deshalb gibt
es dort keine biologische Vielfalt; wir wollen sie dort
nämlich gerade nicht haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Auf dem Erdbeerfeld stehen Erdbeeren, auf dem Spar-
gelfeld steht Spargel. Deswegen haben wir dort keine
biologische Vielfalt.


Eduard Oswald (CSU):
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Wenn Sie bitte Ihren Schlusssatz machen.


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1715525000

Ich möchte gern meinen Schlusssatz sagen: Wir, die

FDP, sind der Auffassung, dass nur eine unternehmeri-
sche Landwirtschaft, die Gestaltungsspielräume hat, von
Bürokratie befreit ist und der von einer Wissenschaft zu-
gearbeitet wird, die sie für die Zukunft fit macht, die He-
rausforderungen meistern kann.

Ich danke für eure Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715525100

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Happach-Kasan. –

Jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unser Kol-
lege Friedrich Ostendorff. Bitte schön, Kollege Friedrich
Ostendorff.

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(C (D Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Präsident! Liebe Damen und Herren! Meine lie-

en Kollegen und Kolleginnen! Ich will versuchen, an
ie sehr perspektivische Rede des Kollegen Hans-Georg
on der Marwitz anzuschließen; aber das fällt nach der
och wieder sehr schwierigen Rede der Kollegin
appach-Kasan nicht leicht.


(Widerspruch bei der FDP)


ie versucht, den Graben tiefer zu machen, nach dem
otto: Die konventionelle Landwirtschaft ist modern,

lles andere ist irgendetwas Altertümliches.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Haben Sie überhaupt zugehört? Waren Sie in der falschen Debatte?)


h glaube, Sie müssen schleunigst darüber nachdenken,
b Sie daran festhalten wollen.

Das Greening ist der Kern der Reform der EU-Agrar-
olitik. Es kann dazu führen, dass wir die Probleme von
limawandel und Artenschutz endlich flächendeckend

ngehen können. Greening kann dazu führen, dass es
sbesondere dort, wo heute eine monotone Agrarwüste
t, bunter wird und Bienen und Vögel wieder Lebens-
ume finden. Greening kann dazu führen, beim Ziel ei-

er multifunktionalen Landwirtschaft in Europa endlich
oranzukommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


usätzlich – darauf sei hingewiesen – bieten uns allein
ie Art. 14, 23, 34 und 38 des Kommissionsentwurfes,
ie Kollege Priesmeier schon sagte, durch ihre Umset-

ung die Möglichkeit, 23 Prozent der nationalen Ober-
renze von 5,1 Milliarden Euro für sinnvolle Förderung,
r ländliche Entwicklung und für ökologische Leistung

mzuwidmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie Frage ist nur: Was macht Ministerin Aigner daraus?
ie Antwort kennen wir. Sie lautet wie immer: Nichts
achen wir daraus!


(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beschämend!)


ie EU-Agrarkommissar Ciolos diese Woche in Berlin
ieder betont hat, bewegt sich der Elefant namens Ge-
einsame Agrarpolitik vorwärts. Aber anstatt diesen
lefanten zu reiten, springt die Ministerin aus Angst und
erzweiflung vor Veränderungen in die Büsche.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die Bundesregierung hat in der Reformdebatte ge-
eigt: Sie hat keine Strategie, sie hat keine Haltung, sie
at keine Idee! Das einzige Ziel von Frau Aigner ist: Das
reening muss verhindert werden. Anstatt für Greening

u werben, verbreiten Frau Ministerin und ihr Staatsse-
retär Peter Bleser die Mär des Deutschen Bauernver-
andes von der 7-prozentigen Flächenstilllegung. Dabei
t selbst in Frau Aigners schriftlicher Antwort auf un-

ere Kleine Anfrage keine Rede von Stilllegung mehr,
)





Friedrich Ostendorff


(A) )


)(B)

sondern es werden bereits sehr detaillierte konkrete Vor-
schläge zur umweltgerechten Ausgestaltung gemacht.
Das verstehe, wer will. Ich nenne es doppelzüngig.

Anstatt das Greening wasserfest zu machen, arbeitet
die Ministerin an windelweichen Ausnahmeregeln. So
sollen alle als irgendwie nachhaltig bezeichneten Be-
triebe vom Greening ausgenommen werden.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)


Was das in der Diktion der Ministerin heißt, ist uns be-
kannt; das haben Sie bei der faktischen Abschaffung des
Bundesprogramms Ökologischer Landbau bewiesen.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Das stimmt auch nicht! – Patrick Meinhardt [FDP]: In welchem Ausschuss sitzen Sie denn?)


– Frau Happach-Kasan, lesen Sie es nach. – Nachhaltig
ist man in der Diktion der Ministerin schon, wenn man
Mitglied im Deutschen Bauernverband ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Das stimmt auch nicht! Hören Sie auf mit den Verleumdungen! – Patrick Meinhardt [FDP]: Populistische Propaganda!)


Nicht einmal beim scharfen Grünlandumbruchverbot
steht die Ministerin zu ihrem Wort, sondern sie redet in
der „Charta für Landwirtschaft und Verbraucher“ plötz-
lich von einem vollkommen unscharfen Grünlanderhal-
tungsgebot. Meine Damen und Herren von der Koali-
tion, Sie wollen das Greening verhindern. Wir Grüne
wollen aus dem Vorschlag der Kommission aber eine zu-
kunftsfähige Reform machen. Das ist der Unterschied
zwischen Ihnen und uns.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Patrick Meinhardt [FDP]: Da fallen mir einige Unterschiede ein!)


Sie laufen auf der Grünen Woche herum und erzählen
sich gegenseitig, dass Sie die Größten, die Besten und
überhaupt das Wichtigste sind.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Sie halten sich für das Wichtigste!)


Nur leider versteht Sie draußen im Land keiner mehr. Sie
igeln sich ein in Ihrer Wagenburg und beschimpfen
23 000 Menschen, die für eine andere Agrarpolitik auf
die Straße gehen.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Jetzt wird es unverschämt! Arrogant und unverschämt!)


Sie betrachten die Agrarpolitik weiter als Ihre Beute und
wollen Sie im Hinterzimmer unter sich aufteilen.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Ach du lieber Gott! Gehen Sie ins Märchenland!)


Wir hingegen sagen: Wir müssen vorangehen und dürfen
nicht auf der Bremse stehen. Wir müssen die Fenster
aufreißen und frische Luft in die verstaubten Stuben der
Agrarpolitik lassen.

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(C (D (Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)


Wir brauchen eine offene, demokratische und transpa-
nte Agrarpolitik, gemeinsam mit unserer Gesellschaft

nd nicht gegen sie. Deshalb: Heraus aus dem gesell-
chaftlichen Abseits! Auf der DLG-Tagung wurde dies
ls These formuliert, von daher habe ich es zitiert.

Die nächste Bundestagswahl spätestens 2013 wird
uch eine Abstimmung über Ihre falsche Politik in
uropa werden. Wir freuen uns darauf; denn wir Grüne
aben es schon lange satt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Patrick Meinhardt [FDP]: Unterirdische Rede vom Niveau her!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715525200

Vielen Dank, Kollege Friedrich Ostendorff. – Jetzt für

ie Fraktion der CDU/CSU unsere Kollegin Carola
tauche. Bitte schön, Frau Kollegin Carola Stauche.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Patrick Meinhardt [FDP]: Aber jetzt! Und los! Zeigen Sie es denen!)



Carola Stauche (CDU):
Rede ID: ID1715525300

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

en und Kollegen! Wir beraten heute eine ganze Reihe
ppositionsanträge,


(Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Ihr habt ja keine! Ihr schreibt ja auch keine! – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Sie haben ja keinen dazu hingelegt!)


ie wir von der christlich-liberalen Koalition natürlich
lle ablehnen. Das brauche ich Ihnen sicher nicht zu sa-
en. Ich bin der Meinung, dass in den Anträgen einige
kologisch-romantische Ideologien vorkommen,


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


ie nicht immer mit einer effizienten Land- und Lebens-
ittelwirtschaft zu tun haben.

Ich habe etwas mit dem Kopf geschüttelt, als ich zur
orbereitung dieser Sitzung die Anträge gelesen habe,
it denen Sie an das Hohe Haus herantreten. Lassen Sie
ich einige Themen Ihrer Anträge erörtern. Im Antrag

7/7186 der SPD-Fraktion heißt es unter anderem:

Die Rahmenbedingungen sind auf internationaler,
europäischer und nationaler Ebene so zu verbes-
sern, dass die Potenziale des Ökolandbaus und der
ökologischen Lebensmittelwirtschaft weiter ausge-
baut und die gesellschaftlichen Leistungen der Bio-
landwirte verlässlich honoriert werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Heinz Paula [SPD]: Das ist richtig! Alles richtig!)


Dazu möchte ich Ihnen als jemand, der aus der Land-
irtschaft kommt, sagen, dass wir generell die Leistung

ller Landwirte und deren Produkte besser honorieren
üssen. Wir sind für alle da.





Carola Stauche


(A) )


)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ihre einseitige ideologische Betrachtung wird unserer
konventionellen Landwirtschaft und ihren Leistungen
sowohl für die Lebensmittelversorgung als auch für den
Landschaftsschutz in keinster Weise gerecht. Das ist ein-
seitig.

Im gleichen Antrag fordern Sie zur einseitigen Förde-
rung der Forschung in Richtung ökologische Anbausys-
teme auf. Wir brauchen die Förderung dort. Aber Einsei-
tigkeit widerstrebt mir; denn wir brauchen das gute
Nebeneinander von konventioneller Landwirtschaft und
Ökolandbau.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Aufgrund des 300-jährigen Geburtstags von Fritz
dem Großen, der in den letzten Tagen gefeiert wurde,


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Friedrich heißt der! Das war der alte Fritz! Der heißt aber Friedrich der Große!)


möchte ich eines seiner bekanntesten Zitate auf die
Landwirtschaft umdeuten: Jeder Landwirt muss nach
seiner Fasson selig werden, egal ob als konventioneller
Landwirt oder als Ökobauer.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das ist der entscheidende Unterschied zwischen der
Opposition und der Regierungskoalition.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Er hat aber auch gesagt: Kommt zur Vernunft!)


– Der sagte noch mehr.

Wir stellen es den Landwirten frei, wie sie produzie-
ren wollen. Eine einseitige Förderung, wie von der Op-
position gefordert, steht diesem Ansinnen entgegen.

Aber lassen Sie mich zu den weiteren Anträgen kom-
men. In dem Antrag auf Drucksache 17/2479, ebenfalls
von der SPD, heißt es:

Die Zahlungen an die europäische Landwirtschaft
können dauerhaft nur dann gesellschaftlich legiti-
miert werden, wenn sie auch qualifiziert werden.
Zukünftig werden daher alle Zahlungen nur noch
für konkret benannte und gesellschaftlich ge-
wünschte Leistungen gewährt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die SPD weiß natürlich ganz genau, was die Gesell-
schaft wünscht.


(Heinz Paula [SPD]: Genau! Im Gegensatz zu Ihnen!)


Ihr Forderungskatalog scheint mir aber nicht so ganz
durchdacht zu sein.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie leider nicht ganz verstanden!)


„Integrierte Entwicklung der ländlichen Räume“
klingt spannend. Aber dabei fehlen mir etwas die Be-
dürfnisse der Landwirte. Ich zitiere weiter:

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(C (D Agrarinvestitionsprogramme werden nicht mehr angeboten. (Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch richtig!)


h muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Was macht ein Land-
irt, der sich für die Biolandwirtschaft entscheidet und
mbauen will? Ich kann mir schwer vorstellen, dass das
hne Investitionsprogramme so einfach zu bewerkstelli-
en ist. Das gilt auch für die tiergerechte Haltung.

Auch die weiteren Anträge enthalten Aussagen oder
orderungen, die ich nicht nachvollziehen kann. So heißt
s in einem SPD-Antrag zur Intensivtierhaltung, dass die
tensive landwirtschaftliche Produktion von der breiten
ehrheit in der deutschen Gesellschaft abgelehnt wird.

rste Frage: Was ist intensive Tierhaltung? Ist das ein
kobauer mit 200 Fleischrindern, der nur auf Weiden
roduziert und auch einen großen Stall hat? Ist auch das
tensive Landwirtschaft?


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 24 Hühner auf dem Quadratmeter sind intensive Landwirtschaft!)


ie zweite Frage, die sich mir stellt, ist: Warum werden
ie ökologischen Produkte trotzdem nicht von der Mehr-
eit gekauft? Ist es der zwei- bis dreimal so hohe Preis,
der ist es die nicht wirklich bessere Qualität?


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fünfmal so hoch! – Ulrich Kelber [SPD]: Zehnmal so hoch!)


Interessanter ist für mich: Was machen wir mit unse-
r heimischen Landwirtschaft, wenn wir den Anträgen

er Opposition folgen? Denn wenn wir komplett auf
kologische Fleischherstellung umstellen, wird das kon-
entionell produzierte Fleisch eben aus dem Ausland im-
ortiert, und die heimische Landwirtschaft hat das Nach-
ehen. Das wollen wir nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich will aber nicht weiter auf die Unzulänglichkeiten
er Anträge eingehen, sondern Ihnen noch einmal die
laren Forderungen darstellen, die wir in der christlich-
beralen Koalition haben. Wir haben eigene Antworten
nd eigene Forderungen, und die sind: Erhaltung der
wei-Säulen-Struktur in der GAP; eine starke erste
äule, finanziell gut ausgestattet; klare Trennung der
aßnahmen von erster und zweiter Säule. Agrarumwelt-
aßnahmen sollen wie bisher aus der zweiten Säule der
AP finanziert werden. Die Landwirte müssen Anreize
aben, eine größere Wertschöpfung am Markt und in der
mwelt zu erzielen. Die Entkoppelung der Direktzah-
ngen von der Produktionsart, die wir in Deutschland

chon haben, müsste in allen europäischen Mitgliedstaa-
n umgesetzt werden. Ferner soll sich die Bundesregie-
ng dafür starkmachen, dass die Einführung einer

egressiven Ausgestaltung und eine Deckelung der
irektzahlungen verhindert werden. Das ist für uns
ermischung von Agrar- und Sozialpolitik und wider-
pricht dem Gedanken, der den Zahlungen im Rahmen
er Agrarpolitik zugrunde liegt. Es sollte keine nach
rößen und Betriebsarten unterscheidende Regelung





Carola Stauche


(A) )


)(B)

geben; denn alle haben ihre Berechtigung, die großen
Betriebe – das wurde vorhin schon gesagt – ebenso wie
die kleinen und die ökologischen Betriebe.

Meine Damen und Herren – –


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715525400

Das macht nichts. Es ist ohnehin Schluss.


(Heiterkeit)



Carola Stauche (CDU):
Rede ID: ID1715525500

Ja, jetzt ist Schluss.

Wir als christlich-liberale Koalition sind bereit, ab-
seits von Ideologie und einseitiger Neuausrichtung die
heimische Landwirtschaft zu unterstützen. Deshalb zi-
tiere ich zum Abschluss Friedrich den Großen:

Unseren Dünkel müssen wir verlieren; wir sollen
handeln, nicht philosophieren.


(Heinz Paula [SPD]: Das müssen Sie sich merken! Das ist gut!)


In diesem Sinne: Danke!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715525600

Vielen Dank, Frau Kollegin Carola Stauche. – Letzter

Redner in unserer Debatte ist für die Fraktion der Sozial-
demokraten unser Kollege Heinz Paula. Bitte schön,
Kollege Heinz Paula.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Heinz Paula (SPD):
Rede ID: ID1715525700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Dioxin, Ehec, Antibiotikamissbrauch – ein Skandal folgt
dem nächsten. Eine ganze Branche gerät in Misskredit.
Die Verbraucher sind verunsichert.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Durch Ihre Reden, ja!)


Wir sind uns hoffentlich darüber einig, dass wir eine
ernsthafte Grundsatzdebatte führen können. Herr von
der Marwitz, ich bedanke mich ausdrücklich bei Ihnen,
weil ich während Ihrer Rede den Eindruck hatte, dass
das möglich ist; anders als bei meiner Vorrednerin. In
einer solchen Debatte müssen wir uns diese Fragen stel-
len: Wie wollen wir die Nahrungsmittelproduktion ge-
stalten? Welche Qualität verlangen wir? Wie gehen wir
mit unseren Nahrungsmitteln um? Man stelle sich vor:
20 Millionen Tonnen werden pro Jahr in den Abfall ge-
worfen. Wir müssen uns auch fragen, welche Art der
Tierhaltung wir zukünftig wollen und welche wir verant-
worten können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die bisherige Form der Intensivtierhaltung ist mit einer
enormen Belastung für die Umwelt und einem hohen
Antibiotikaeinsatz verbunden. Man stelle sich vor: Zwei
Drittel der verordneten Antibiotika gehen in die Tier-

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(C (D ast. Diese Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere führt unehmend zu Akzeptanzproblemen in der Bevölkeng. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Recht hat er!)


Alarmierende Ergebnisse wurden gestern im ZDF-
eitrag „Tödliche Keime aus der Massentierhaltung“
orgestellt. Es geht nicht an, dass wir irgendwo verharm-
sen. Wir Sozialdemokraten nehmen diese Fragen ernst.
ir fordern in unserem Antrag klare Regelungen für die
tensivtierhaltung. Wir fordern zum Beispiel eine
nderung des Baugesetzbuches. Sie hatten ja einen Vor-

chlag vorgelegt. Leider wurde er am nächsten Tag wie-
er zurückgezogen. Damit hätten wir einen konkreten
nsatzpunkt gehabt, über den wir uns hätten unterhalten
önnen.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


ber Frau Aigner ist halt wieder einmal vor der Agrar-
bby eingeknickt. Sehr bedauerlich!


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir brauchen weitere Änderungen, zum Beispiel im
ereich der Umweltgesetzgebung. Frau Happach-Kasan,
ei der Stickstofffrage bin ich absolut an Ihrer Seite.
assen Sie uns hier konsequent nach Lösungen suchen.
eim Tierschutz brauchen wir Verbesserungen. Sämt-
che Verstümmelungen von Tieren sind umgehend ein-
ustellen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ie Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung muss drin-
end überarbeitet werden.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Puten haben wir gar keine!)


ir müssen endlich Tiere wie Puten oder Kaninchen
inbeziehen und vor allen Dingen die Haltungsbedin-
ungen verbessern.

Frau Aigner redet in letzter Zeit sehr viel über das
ierwohl. Ich habe häufig den Eindruck, dass mit ihren
orschlägen eher eine Verlängerung des Tierelends ver-
unden ist. Nehmen wir allein ihre Überlegungen zum
ierschutzgesetz: Die betäubungslose Ferkelkastration
oll erst ab 2017 verboten sein. Was soll das bitte? Wir
aben bewährte Alternativen. Lasst uns diese endlich
inführen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch bei den Äußerungen zur Charta habe ich den
indruck, dass etwas auf den Sankt-Nimmerleins-Tag
erschoben wird. Aus dem sehr guten Diskussionspro-
ess müssen endlich konkrete Ergebnisse hervorgehen.
ir brauchen Ergebnisse und nicht nur Diskussionen.





Heinz Paula


(A) )


)(B)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Liebe Regierungskoalitionäre, die Umfrage, die Ihr
Ministerium, Herr Staatssekretär, im Dezember 2011
vorgestellt hat, hat ergeben, dass über 90 Prozent der Be-
völkerung Tierschutz als wichtiges Kriterium ansehen.
Deshalb kann ich Ihnen nur raten: Folgen Sie diesen
Wählern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Folgen Sie Ihrem Parteifreund Minister Lindemann, der
klipp und klar sagt: Wir müssen die Haltungsbedingun-
gen den Tieren anpassen und nicht umgekehrt.

Ganz kurz zum ökologischen Landbau. Man kann
feststellen: Qualität setzt sich durch. Wir sind mit
5,9 Prozent meilenweit von den ursprünglich angedach-
ten 20 Prozent entfernt; das wissen Sie. Geben Sie die-
sem Landbau eine faire Chance, indem Sie die Mittel für
den ökologischen Landbau nicht auch der konventionel-
len Landwirtschaft zur Verfügung stellen.

Insgesamt möchte ich sagen: Lassen Sie uns die Si-
gnale, die heute aus Ihrer Richtung gekommen sind, auf-
greifen und gemeinsam versuchen, eine positive Ent-
wicklung zum Vorteil der Verbraucher, der Tiere und
auch der Produzenten zu erreichen. Ich schlage Ihnen
vor, das Motto, das dieses Bundesministerium auf der
Grüne Woche ausgegeben hat, ernst zu nehmen: „Ver-
braucher und Landwirtschaft – Gemeinsame Verantwor-
tung für Mensch, Tier und Umwelt“. Gut so.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Handeln Sie entsprechend, und stimmen Sie unseren An-
trägen zu. Dann sind wir auf einem guten Weg.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715525800

Vielen Dank, Kollege Heinz Paula. – Ich schließe die

Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 17/7186 und 17/8378 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz auf Drucksache 17/5299.
Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be-
schlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Frak-
tion der Sozialdemokraten auf Drucksache 17/2479 mit
dem Titel „Gemeinsame europäische Agrarpolitik nach
2013 weiterentwickeln“. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Das sind die Koalitionsfraktio-
nen. Gegenprobe! – Das ist die Fraktion der Sozialdemo-
kraten. Enthaltungen? – Das sind die Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen und die Linksfraktion. Die Beschlussemp-
fehlung ist angenommen.

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(C (D Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Abhnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grüen auf Drucksache 17/4542 mit dem Titel „Gemeiname Europäische Agrarpolitik nach 2013 – Förderung uf nachhaltige, bäuerliche Landwirtschaft ausrichten“. er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Das sind ie Koalitionsfraktionen. Gegenprobe! – Fraktion Bündis 90/Die Grünen. Enthaltungen? – Sozialdemokraten nd Linksfraktion. Die Beschlussempfehlung ist angeommen. Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrauherschutz zu dem Antrag der Fraktion der SPD mit dem itel „Gemeinsame Europäische Agrarpolitik nach 2013 – onzept zum ‚Greening‘ der Direktzahlungen vorleen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemphlung auf Drucksache 17/7413, den Antrag der Frakon der SPD auf Drucksache 17/6299 abzulehnen. Wer timmt für diese Beschlussempfehlung? – Das sind die oalitionsfraktionen. Gegenprobe! – Sozialdemokraten nd Bündnis 90/Die Grünen. Enthaltungen? – Linksfrakon. Die Beschlussempfehlung ist angenommen. Tagesordnungspunkt 10 d. Abstimmung über die Bechlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, andwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag er Fraktion der SPD mit dem Titel „Klare Regelungen r Intensivtierhaltung“. Der Ausschuss empfiehlt in sei er Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/7198, den ntrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/6089 bzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehng? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenprobe! – as sind alle drei Oppositionsfraktionen. Enthaltungen? – eine. Die Beschlussempfehlung ist angenommen. Tagesordnungspunkt 10 f. Abstimmung über die Bechlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, andwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag er Fraktion Die Linke mit dem Titel „Agrarförderung in eutschland und Europa geschlechtergerecht gestalten“. er Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung uf Drucksache 17/6385, den Antrag der Fraktion Die inke auf Drucksache 17/5477 abzulehnen. Wer stimmt r diese Beschlussempfehlung? – Das sind die Koali onsfraktionen und Teile der Fraktion Bündnis 90/Die rünen. Gegenprobe! – Fraktion Die Linke. Enthaltunen? – Fraktion der Sozialdemokraten. Die Beschlussmpfehlung ist angenommen. Jetzt sind wir schon am Ende dieses Tagesordnungsunktes. Aber alle sind herzlich eingeladen, die weiteren eratungen des heutigen Abends hier zu verfolgen und en Rednern zu lauschen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla Jelpke, Wolfgang Gehrcke, Paul Schäfer weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Abschiebestopp und Bleiberecht für Flüchtlinge aus Syrien – Drucksache 17/8456 – Vizepräsident Eduard Oswald )





(A) )

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Erste Rednerin ist für die
Fraktion Die Linke unsere Kollegin Frau Ulla Jelpke.
Bitte schön, Frau Kollegin Jelpke.


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715525900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Linke

hat schon im Jahr 2009 einen Abschiebestopp bzw. ein
Bleiberecht für Flüchtlinge aus Syrien in Deutschland
gefordert, übrigens im Unterschied zur Bundesregie-
rung, die die Behörden bis 2011 damit beschäftigt hat
und in 180 Fällen die Abschiebung von Syrern und vor
allen Dingen Staatenlosen aus Syrien vorbereiten wollte.
Wir halten es für einen Skandal, dass wir schon im Jahr
2009 die Menschenrechtsverletzungen in Syrien kriti-
siert haben und uns im Nachhinein unterstellt wird, wir
seien solidarisch mit Assad. Das ist zu keiner Zeit der
Fall gewesen. Ganz im Gegenteil: Die Linke hat, wie ge-
sagt, einen Abschiebestopp gefordert. Die Linke hat be-
tont, dass in ein Land, in dem Misshandlungen und Fol-
ter stattfinden, auf gar keinen Fall abgeschoben werden
darf. Aber hier im Haus wurden unsere Anträge mehr-
heitlich abgelehnt. Auch das halten wir für einen Skan-
dal.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich kann Ihnen einige Beispiele nennen. Am 1. Sep-
tember 2009 wurde Khaled Kanjo nach Syrien abge-
schoben. Er wurde dort drei Monate in Dunkelhaft ge-
halten und gefoltert. Er konnte fliehen, weil er auf
Kaution freigestellt war. In der Türkei hat er über den
UNHCR erneut den Flüchtlingsstatus bekommen. Nur
aufgrund der Proteste, die es in Deutschland gab, und
wegen der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit hat sich
Deutschland verpflichtet gesehen, ihn wieder aufzuneh-
men.

Zehn solcher Fälle, die bis zum vergangenen Jahr, bis
zum Jahr 2011, zu verzeichnen waren, könnte ich auf-
zählen. Es wurden sogar ganze Familien nach Syrien ab-
geschoben, und das zu einem Zeitpunkt, als es unter den
dortigen Oppositionellen schon Hunderte von Toten gab
und klar war, dass man niemanden in dieses Land zu-
rückführen darf. Das ist wirklich ein Skandal. Leider
kann ich nicht alle Fälle vortragen; Sie können sie aber
jederzeit einsehen. Besonders interessant und wichtig ist,
dass wir bis heute nicht wissen, wo all diese Menschen
verblieben sind, und das, obwohl Flüchtlingsorganisatio-
nen versucht haben, dies herauszubekommen.

Die Situation in Syrien eskaliert immer weiter. Von
Tausenden Toten ist die Rede. Es gibt Meldungen, dass
sich unter den Aufständischen bewaffnete Gruppen be-
finden. Immer mehr Soldaten desertieren. Die Reaktion
des Assad-Regimes wird immer brutaler – das ist über-
haupt keine Frage –, und es ist schlicht nicht absehbar,
wann die Menschen wieder sicher in Syrien leben kön-
nen.

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(C (D Natürlich wissen wir, dass zurzeit nicht nach Syrien bgeschoben wird. Dennoch will ich ganz deutlich saen: In Deutschland leben 7 000 Flüchtlinge aus Syrien, ie nur einen Duldungsstatus haben. Das heißt, sie dürn hier nicht arbeiten, sie haben Residenzpflicht, und ie haben vor allen Dingen Angst, abgeschoben zu weren. Diese Menschen brauchen endlich eine Perspektive. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eswegen haben wir schon 2009 gefordert, dass es für
iese Menschen ein Bleiberecht gibt und man sie nicht
ach Syrien abschiebt.

Außerdem hat die Bundesregierung, die plötzlich so
t, als habe sie nie etwas mit dem syrischen Regime zu
n gehabt, im Jahre 2009 ein sogenanntes Rücküber-

ahmeabkommen mit Syrien abgeschlossen; man kann
azu auch „Abschiebeabkommen“ sagen. Dieses Ab-
ommen ist bis heute nicht gekündigt worden. Ich for-
ere Sie auf: Kündigen Sie dieses Abkommen mit der
yrischen Regierung! Ein Abkommen mit einem solchen
taat darf für Deutschland nicht weiter eine Verpflich-
ng sein.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Josip Juratovic [SPD])


In den vergangenen Wochen haben vier Syrer beim
etitionsausschuss des Bundestages darum gebeten, in
eutschland Asyl zu bekommen. Sie sind aus Ungarn
ach Deutschland eingereist, und die deutschen Behör-
en wollen sie wieder nach Ungarn abschieben, obwohl
ekannt ist, dass Ungarn wiederum an Syrien abschiebt.
arunter befinden sich zwei Deserteure. Ich will mir
ier nicht ausmalen, was es möglicherweise bedeuten
ürde, wenn diese Menschen abgeschoben würden. Ich
itte Sie hier noch einmal: Stimmen Sie der Petition zu,
ass es keine Abschiebung nach Ungarn gibt, weil wir
issen, dass Ungarn kein Asylsystem hat und die Men-

chen dort nicht wirklich schützen wird.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zum Schluss: Ein verbindlicher Abschiebestopp, ein
leiberecht für Menschen aus Syrien und die Kündigung
es Rückübernahmeabkommens sind das Mindeste, wo-
r die Bundesregierung nun sorgen muss. Das wäre üb-
gens echte Solidarität mit den Opfern, die Sie hier in
er letzten Woche eingefordert haben, und hilfreicher als
as Säbelrasseln der NATO und eine Embargopolitik ge-
en die syrische Bevölkerung.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715526000

Vielen Dank, Frau Kollegin Jelpke. – Jetzt spricht für

ie Bundesregierung der Parlamentarische Staatssekretär
r. Christoph Bergner. Bitte schön, Herr Staatssekretär.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )


)(B)

D
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1715526100


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kol-
legin Jelpke, es herrscht ja Übereinstimmung, dass die
Menschenrechtslage in Syrien „desaströs“ ist, wie es in
Ihrem Antrag heißt, und es besteht kein Zweifel, dass sie
sich im Verlaufe des letzten Jahres erheblich zugespitzt
hat.

Die Bundesregierung hat die schweren Menschen-
rechtsverletzungen in Syrien, insbesondere die anhal-
tende Gewalt syrischer Sicherheitskräfte gegen Demon-
stranten und andere Zivilpersonen, mehrfach scharf
kritisiert. Zudem hat sich Deutschland nachdrücklich für
die Verschärfung von EU-Sanktionen gegen Syrien und
für die Verurteilung des Regimes von Präsident Baschar
al-Assad durch den Sicherheitsrat der Vereinten Natio-
nen eingesetzt.

Es ist klar, dass eine solche Menschenrechtslage auch
Konsequenzen für den Umgang mit schutzsuchenden
Flüchtlingen und Asylbewerbern dieser Herkunft hat.
Das Bundesministerium des Innern hat den Innenminis-
terien und Innensenatoren der Länder vor dem Hinter-
grund der zunehmenden staatlichen Repressionen gegen
Demonstranten in Syrien bereits am 28. April 2011 emp-
fohlen, vorläufig keine Abschiebungen nach Syrien vor-
zunehmen.


(Niema Movassat [DIE LINKE]: Empfohlen!)


– Sie kennen doch die Zuständigkeiten. – Nach Angaben
der Bundesländer haben Rückführungen nach Syrien seit
Ende April 2011 nicht mehr stattgefunden. Das Bundes-
amt für Migration und Flüchtlinge sieht vor dem Hinter-
grund der aktuellen Lage bis auf Weiteres davon ab, ab-
lehnende Asylentscheidungen zum Herkunftsland Syrien
zu treffen. – So weit zu der Forderung, entsprechende
Konsequenzen für die Abschiebepraxis zu ziehen.

Nun zu der Forderung, das Rückübernahmeabkom-
men aufzukündigen. Ich glaube, bei dieser Forderung
gehen Sie von einer unzutreffenden Beurteilung der
Funktion und Tragweite dieses Abkommens aus. Die
Einleitung und Durchführung der Rückübernahmever-
fahren liegt in der Zuständigkeit der Ausländerbehörden
der Länder. Das Abkommen zwischen der Regierung der
Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der
Arabischen Republik Syrien über die Rückführung von
illegal aufhältigen Personen aus dem Jahre 2008 be-
schränkt sich auf prozedurale Regelungen.


(Niema Movassat [DIE LINKE]: Bürokratisch! Wie können Sie mit einer Diktatur so etwas abschließen? – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und das ist jetzt ein Problem? Das darf doch nicht wahr sein!)


Es bedeutet für die zuständigen Bundesländer keine
Verpflichtung zur Durchführung von Abschiebungen
und auch keinen Hinderungsgrund, Abschiebungen in
Gefährdungssituationen auszusetzen. So werden zum
Beispiel die Möglichkeiten zur Aussetzung einer Ab-
schiebung bei humanitären und menschenrechtlichen
Aspekten im Ausländer- bzw. Asylrecht berücksichtigt;

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(C (D ie werden durch das Abkommen nicht berührt. Eine ündigung des Abkommens hätte nur zur Folge, dass ie Vereinbarungen zu Nachweisund Glaubhaftmahungsmitteln, Fristen und Rückübernahmeverfahren icht mehr gelten würden, was für die Lösung des von nen angesprochenen Problems in der Sache eigentlich relevant ist. Eine weitere Forderung ist, die Überstellungen im ahmen der Dublin-II-Verordnung auszusetzen. Deutschnd überstellt Asylbewerber, für die gemäß Dublin-Verrdnung ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen nion bzw. ein anderer am Dublin-Verfahren teilnehender europäischer Staat zuständig ist, wenn dort keine onkrete Gefahr der Verletzung der Genfer Flüchtlingsonvention und der Europäischen Menschenrechtskonention droht und nicht im Einzelfall außergewöhnliche umanitäre Umstände einer Überstellung entgegensteen. Dieser Grundsatz gilt auch hier. Die Bundesregieng sieht derzeit keine Veranlassung, generell von der berstellung syrischer Staatsangehöriger in andere EUitgliedstaaten abzusehen (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Auch nach Ungarn?)


nd das Asylverfahren – ich komme gleich zu Ungarn –
Deutschland durchzuführen.

Sie hatten Ungarn angesprochen. Im Hinblick auf Un-
arn haben das dortige Innenministerium sowie das un-
arische Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft
egenüber den Vertretern deutscher Behörden in Buda-
est erklärt, dass Ungarn derzeit keine Personen mehr
ach Syrien zurückschicke. Syrien werde von ungari-
cher Seite nicht mehr als sicherer Herkunftsstaat bewer-
t. Ich finde, innerhalb der Mitgliedstaaten der EU sollte
an solche Worte ernst nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Bundesregierung geht jedenfalls davon aus, dass
uch Ungarn die Gewährleistungen des europäischen
nd internationalen Flüchtlingsrechts sowie die einschlä-
igen Menschenrechtskodifikationen einhält. Verletzun-
en dieser Standards in einzelnen Fällen, die naturgemäß
ielleicht nicht völlig ausgeschlossen werden können,
nd Erkenntnisse zu systemischen Rechtsverletzungen
es ungarischen Asylsystems liegen nicht vor.

Ich fasse also dahin gehend zusammen: Die Bundes-
gierung nimmt die Menschenrechtslage in Syrien sehr

rnst.


(Niema Movassat [DIE LINKE]: Sicher!)


ie stellt sich den Verpflichtungen, die sich flüchtlings-
olitisch aus dieser Menschenrechtslage ergeben. Was
ie Regelungen im Umgang mit der Dublin-Verordnung
nd die angesprochene Situation in Ungarn betrifft, so
aben wir dies nach Rückfrage mit den zuständigen Stel-
n in Ungarn geklärt. Wir haben innerhalb der EU kei-
en Anlass, an den Aussagen Ungarns zu zweifeln.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715526200

Vielen Dank, Herr Parlamentarischer Staatssekretär

Dr. Bergner. – Jetzt für die Fraktion der Sozialdemokra-
ten unser Kollege Josip Juratovic. Bitte schön, Herr Kol-
lege.


(Beifall bei der SPD)



Josip Juratovic (SPD):
Rede ID: ID1715526300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir haben in der vergangenen Woche in gro-
ßer Einigkeit über die unhaltbaren und menschenverach-
tenden Zustände in Syrien gesprochen. Es ist ein wichti-
ges Zeichen, dass wir die unsagbare Gewalt durch das
Assad-Regime einmütig verurteilen.

Es wurde auch über die internationale Schutzverant-
wortung gesprochen, ob wir nicht verpflichtet sind, die
Zivilbevölkerung vor der Massakrierung durch das syri-
sche Regime zu schützen. Hier möchte ich die Bundesre-
gierung loben, dass sie sich an der Finanzierung der
Flüchtlingsaufnahme durch das internationale Rote
Kreuz und den Roten Halbmond in der Türkei beteiligt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das zeigt: Die Problematik in Syrien und auch die
Flüchtlingsproblematik sind bei allen hier im Haus und
in der Regierung angekommen.

Diese außenpolitische Einigkeit muss jedoch auch
Konsequenzen in unserer eigenen Flüchtlingspolitik ha-
ben. Davon sehe ich bisher leider viel zu wenig. Bereits
seit längerem fordern wir Sozialdemokraten, dass das
Rückübernahmeabkommen mit Syrien gekündigt oder
zumindest ausgesetzt wird. Das haben wir auch schon
vor dem aktuellen Gewaltausbruch der syrischen Regie-
rung gesagt. Ich weiß, dass dieses Abkommen während
der Großen Koalition geschlossen wurde. Natürlich war
uns klar, dass Syrien auch damals kein gefestigter
Rechtsstaat war. Dennoch war dies eine ausländerrecht-
liche Entscheidung. Die Situation hat sich aber drama-
tisch verschlechtert; das ist uns allen bekannt.

Herr Wolff von der FDP sagte Anfang 2010, dass die
Notwendigkeit eines Abschiebestopps genau geprüft
werden muss, wenn die im Rückübernahmeabkommen
enthaltenen Vereinbarungen zu den Menschenrechten
nicht eingehalten werden.


(Zuruf von der FDP: Das machen wir ja!)


Ich frage mich, welche Beweise wir noch aus Syrien
brauchen, damit uns eindeutig klar wird, dass das Men-
schenrechtskapitel in diesem Abkommen in Syrien mit
Füßen getreten und mit Gewehrkolben geschlagen wird
und dass wir endlich konsequent handeln müssen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dazu reicht der Schritt nicht aus, dass das Innenmi-
nisterium den Ländern empfiehlt, weitere Abschiebun-
gen nach Syrien auszusetzen. Wir dürfen uns nicht ein-
zig und allein auf die Lage im Ausländerrecht

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(C (D urückziehen und behaupten, rechtlich sei doch alles lar. Gerade bei einem außenpolitischen Brennpunkt wie yrien müssen wir politische und nicht rein rechtliche ntscheidungen treffen. Gerade hier müssen wir mehr enn je unser humanitäres Gewissen einschalten. Wir alle wissen, dass es bei Flüchtlingspolitik immer m Einzelschicksale geht. Dem müssen wir gerecht weren, und zwar nicht nur mit Paragrafen, sondern auch it eindeutigen Aussagen, dass wir uns um die Men chen kümmern, die in unserem Land sind, die meisten brigens seit mehreren Jahren. Herr Grindel hat im Januar 2010 betont, dass unter enen, die wir bisher nach Syrien abgeschoben haben, uch sehr viele Kriminelle gewesen seien. Verzeihen Sie ir, aber ich finde diese Verknüpfung absolut unerträgch, abgesehen davon, dass Sie dies überhaupt nicht beeisen können. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enn Sie der Meinung sind, dass vermeintlich krimi-
elle syrische Flüchtlinge in unserem Land ohne Gewis-
ensbisse den Gewehrkolben von Assads Schergen aus-
esetzt werden dürfen,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Damals war die Situation eine andere!)


ann frage ich Sie: Was ist Ihr Verständnis vom Rechts-
taat? Denn auch Flüchtlinge und vermeintlich Krimi-
elle besitzen Menschenrechte.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


s ist keine Frage, dass kriminelle Taten strafrechtlich
erfolgt werden müssen, aber immer im Rahmen eines
echtsstaates und nicht mit den Mitteln der Abschie-
ung.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In Zeiten von rechtsradikalem Terror in unserem
and, dem zahlreiche Mitbürger mit Migrationshinter-
rund zum Opfer gefallen sind, die auch zuerst als krimi-
elle Ausländer angesehen wurden, sollten wir mit sol-
hen Vorurteilen deutlich vorsichtiger sein. Wir müssen
ns zudem bewusst sein, dass viele Flüchtlinge, die zu
ns kommen, traumatisiert sind. Viele Menschen können
re schrecklichen Erlebnisse nicht einfach wegstecken

nd sind nicht so sicher im Umgang mit unserer Gesell-
chaft. Wir müssen Respekt haben vor den traumati-
chen Erlebnissen dieser Flüchtlinge.

Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass aus
eutschland direkt derzeit niemand mehr nach Syrien

bgeschoben wird. Gott sei Dank, könnte man sagen.
ber wir wissen, dass es indirekte Abschiebungen gibt,
nd zwar über Ungarn. In diesen Tagen haben wir so-
ieso schon Probleme mit Ungarn und dem Verhältnis
er nationalkonservativen rechten Regierung von Viktor
rban zum Rechtsstaat. Gerade in einer solchen Situa-
on müssen wir sagen: Es kann nicht sein, dass Men-
chen, die in Deutschland Schutz suchen, über Ungarn,





Josip Juratovic


(A) )


)(B)

das Syrien unverständlicherweise nach wie vor als siche-
ren Drittstaat bezeichnet, nach Syrien abgeschoben wer-
den. Wir haben nach der Dublin-II-Verordnung das
Recht, das Asylverfahren an uns zu ziehen und nicht in
Ungarn zu belassen. Das sollte dringend geschehen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Erlauben Sie mir zum Schluss, Ihnen meine persönli-
chen Erfahrungen in der Flüchtlingspolitik mit auf den
Weg zu geben: Während der Kriege im ehemaligen
Jugoslawien in den 90er-Jahren war ich in der Friedens-
politik aktiv. Ich war im Kreis Heilbronn eine Anlauf-
stelle für Flüchtlinge aus den Kriegsländern des ehemali-
gen Jugoslawien. In meinem Haus lebten teilweise bis zu
18 Flüchtlinge, übrigens aus verschiedenen Ethnien aus
dem ganzen ehemaligen Jugoslawien. Ich kann nur sa-
gen: Gott sei Dank gab es damals eine andere Flücht-
lingspolitik und noch keine Dublin-II-Verordnung. Zum
Glück konnten diese Menschen hier in Sicherheit leben.

Im Übrigen ist keine dieser Familien noch in unserem
Land. Das mag die Union freuen, die oft Angst hat, dass
Flüchtlinge unser Land überrennen und dann hier weiter-
hin vermeintlich auf Kosten des Staates leben wollen.
Mich stimmt es aber auch traurig; denn offensichtlich
haben diese Menschen in den USA, in Australien oder
anderswo bessere Chancen gesehen. Wir sollten drin-
gend überlegen, wie wir Flüchtlingen und Geduldeten,
die oft von uns ausgebildete Fachkräfte sind, eine
Chance auf unserem Arbeitsmarkt und in unserer Gesell-
schaft geben können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715526400

Vielen Dank, Kollege Juratovic. – Nächster Redner

für die Fraktion der FDP ist unser Kollege Serkan Tören.
Bitte schön, Herr Kollege.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Serkan Tören (FDP):
Rede ID: ID1715526500

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ich finde es schon empörend und ein bisschen zynisch,
Frau Jelpke, dass auf der einen Seite die Linke den vor-
liegenden Antrag stellt


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Was erlauben Sie sich denn?)


und auf der anderen Seite sich Mitglieder Ihrer Fraktion
mit der Regierung in Syrien und dem Machthaber
Baschar al-Assad solidarisieren. Das passt nicht. Das ist
nichts anderes als Scheinheiligkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Situation in Syrien ist schlicht unerträglich; das ist
von den Vorrednern schon mehrmals gesagt worden. Es
finden Militäreinsätze gegen das eigene Volk statt. Die

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(C (D rotestbewegung wird mit exzessiver Gewalt niedergechmettert. Das alles ist in keiner Weise zu akzeptieren. Mit der Beurteilung politischer Verhältnisse in Staan wie Syrien geht die Bundesregierung sehr verantworngsvoll um, insbesondere was mögliche Folgerungen insichtlich der asylrechtlichen Relevanz aktueller Enticklungen angeht. (Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Deswegen habt ihr auch noch bis September abgeschoben!)


eben den regelmäßig vom Auswärtigen Amt verfassten
ageberichten werden anlassbezogene aktuelle Berichte
ngefertigt. Diese dienen dann den inländischen Behör-
en als Grundlage für die Entscheidung über die Aner-
ennung als Flüchtlinge. Darüber hinaus gibt es eine un-
ittelbare Kooperation der Innenminister der Länder mit

em Bundesinnenministerium, um bei aktuellen Krisen-
ituationen sofort reagieren zu können. So hat der Bun-
esinnenminister auf die im Frühjahr in Syrien erfolgten
ilitärischen Einsätze gegen die Protestbewegung rea-

iert und mit den Bundesländern vereinbart: Die Ab-
chiebung von ausreisepflichtigen syrischen Staatsange-
örigen wird bis auf Weiteres ausgesetzt. – Seitdem
nden bundesweit keine Rückführungen mehr statt.


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Ich habe ein paar Daten hier! Die kann ich Ihnen gleich mal geben!)


as ist eine Selbstverständlichkeit. Da allerdings nicht
bsehbar ist, wie sich die politische Situation in Syrien
ntwickelt – wir sehen, dass sich Staaten in Nordafrika
ereits stabilisieren –, können wir eine dauerhafte Ent-
cheidung nicht treffen. Die sofortige Aussetzung der
bschiebung war geboten. Die Vorläufigkeit dieser An-
rdnung ist allerdings auch richtig.

Die FDP-Bundestagsfraktion sieht keinen Grund, das
eutsch-syrische Rückübernahmeabkommen zu kündi-
en.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Klar! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist bürgerrechtlich sicherlich bemerkenswert!)


eder Staat ist zur Rückübernahme seiner Staatsangehö-
gen verpflichtet, wenn diese aus anderen Staaten aus-
isen müssen. Hierbei handelt es sich um eine allge-
eine völkerrechtliche Verpflichtung.


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Was ist denn mit der Genfer Flüchtlingskonvention?)


as haben Sie bis heute nicht verstanden. Sie tun so, als
b die Rückübernahmeabkommen geradezu die rechtli-
he Grundlage dafür wären. Das stimmt nicht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ückübernahmeabkommen begründen nicht die Ver-
flichtung, sondern regeln das administrative Verfahren,
sbesondere bei der Identitätsfeststellung. Da die Durch-
hrung von Abschiebungen nach Syrien bis auf Weiteres

usgesetzt ist, besteht kein Anlass für eine Kündigung des
ückübernahmeabkommens.





Serkan Tören


(A) )


)(B)


(Niema Movassat [DIE LINKE]: Die FDP war mal eine bürgerrechtliche Partei!)


Im Rahmen der sogenannten Dublin-II-Verordnung
ist die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, Asylan-
tragsteller an andere Mitgliedstaaten der Europäischen
Union zu überstellen, wenn diese für die Durchführung
des Asylverfahrens zuständig sind. In der Regel ist dies
dann der Fall, wenn die Ersteinreise in das Gebiet der
Europäischen Union in einem anderen Staat erfolgte.
Ausnahmen von der Überstellung gelten dann, wenn in
dem anderen Mitgliedstaat beispielsweise die konkrete
Gefahr der Verletzung der Genfer Flüchtlingskonvention
besteht.


(Zuruf von der LINKEN: Die besteht aber!)


Wir gehen davon aus: Ungarn hält in vollem Umfang
die Gewährleistungen des europäischen und internatio-
nalen Flüchtlingsrechts sowie der einschlägigen Men-
schenrechtskodifikationen ein.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch blauäugig!)


Dies gilt insbesondere für das Refoulement-Verbot. Die
ungarische Regierung hat zudem erklärt – das hat der
Staatssekretär schon aufgezeigt –, dass sie seit Mai 2011
keine Personen mehr nach Syrien zurückschickt, da es
derzeit auch aus ungarischer Sicht kein sicheres Her-
kunftsland ist.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit wann bitte?)


Sie müssen Beispielfälle nennen. Sie tun das aber nicht,
sondern stellen Mutmaßungen an. Aber mit Mutmaßun-
gen kommen wir einfach nicht weiter.


(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Kommen Sie zu mir! Dann kriegen Sie die Unterlagen!)


Abschließend sei festgestellt: Ein Drittstaatsangehöri-
ger erhält immer gerichtlichen Rechtsschutz in dem je-
weiligen Mitgliedstaat, aber auch vor den europäischen
Gerichten, falls er sich durch eine Überstellung in sein
Herkunftsland in seinen Rechten verletzt sieht.

Aus diesen Gründen lehnen wir den Antrag der Lin-
ken ab.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715526600

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner in un-

serer Debatte ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
unser Kollege Josef Winkler. Bitte schön, Kollege Josef
Winkler.


(Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] begibt sich zum Platz des Abg. Serkan Tören [FDP])


– Tauschen Sie noch das Manuskript aus?

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(C (D (Heiterkeit – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe etwas nicht verstanden und habe nachgefragt!)


Bitte schön, Kollege Josef Winkler.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Bezieh dich doch auf die Rede von Serkan! Dann ist alles in Ordnung!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich hatte Herrn Tören

ur etwas gefragt, weil ich etwas akustisch nicht verstan-
en hatte. Intellektuell war mir aber das Argument zu-
änglich.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Ich finde, es ist ein Trauerspiel, dass wir hier
st wöchentlich über die Situation in Syrien im Rahmen

er Außenpolitik debattieren, sich aber innenpolitisch im
mgang mit den syrischen Flüchtlingen nur wenig ver-

ndert. Ich denke – das muss ich nach der Rede von
errn Staatssekretär Dr. Bergner sagen –, es schlägt dem
ass den Boden aus,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


ass Sie sich jetzt hinter der formalen Zuständigkeit der
undesländer, der Kommunen und der Ausländerbehör-
en verstecken und sich auf reine Verwaltungsargumente
urückziehen.


(Michael Frieser [CDU/CSU]: Das Ziel ist doch erreicht!)


ie haben eben hier gesagt, das Rücknahmeabkommen
eschränke sich auf rein prozessuale Regelungen. Wenn
s wirklich nur um Formalia geht, dann besteht erst recht
ein Grund, an dem Abkommen, das man mit dem
ssad-Regime geschlossen hat, festzuhalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Frieser [CDU/CSU]: Falsch! Verkehrt!)


err Tören, es ist wirklich kein Argument, zu sagen, wir
eien zu doof, um zu verstehen, wofür Rücknahmeab-
ommen gedacht seien. Es gibt Regime in der Welt, mit
enen man schlicht und ergreifend keine Verträge
chließt, auch wenn man es darf und wenn man es kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir sagen: Die Bundesregierung hat es in der Hand.
ie können unverzüglich einen Abschiebestopp für syri-
che Flüchtlinge aus der Bundesrepublik Deutschland
erhängen. Sie können auch endlich gegenüber den Bun-
esländern sicherstellen, dass kein Syrer mehr bei der
yrischen Botschaft in Berlin vorgeführt wird. Eine Vor-
hrung ist nicht nur für die syrischen Staatsangehörigen

efährlich, sondern auch für ihre Familienangehörigen,
ie noch in Syrien sind und dort mit Repressionen zu





Josef Philip Winkler


(A) )


)(B)

rechnen haben, wenn die Personalien festgestellt wer-
den.

Das ist keine rein theoretische Debatte; denn die Aus-
länderbehörde in Magdeburg hat am 23. November 2011
mehrere syrische Staatsangehörige zur Vorsprache in der
Botschaft in Berlin aufgefordert. Daraufhin ist der Kla-
geweg beschritten worden, und das Verwaltungsgericht
Magdeburg hat dann festgestellt, dass so etwas in diesen
Zeiten rechtlich nicht zulässig ist. Ich darf hinzufügen:
Diese Praxis ist auch unmenschlich und sollte nicht fort-
gesetzt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deswegen unterstreiche ich für meine Fraktion aus-
drücklich die Worte, die Frau Jelpke hier gefunden hat.
Die einzigen Maßnahmen, mit denen wir uns ehrlich ge-
gen die syrische Regierung und an die Seite der syri-
schen Opposition stellen können, wären die Kündigung
dieses Abkommens, der Erlass eines Abschiebestopps
und die Beendigung der Botschaftsvorführungen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Es geht auch nicht, die Flüchtlinge nach Ungarn abzu-
schieben. So blauäugig wie Herr Tören bin ich nicht.
Nur weil die ungarische Regierung eine Rechtsauskunft
erteilt, muss diese nicht unbedingt stimmen. Ich nehme
es aber dem Herrn Staatssekretär ab, dass Ungarn neuer-
dings – das war für mich neu – nicht mehr als sicherer
Drittstaat gilt. Bis vor kurzem wurden nach meiner
Kenntnis Flüchtlinge, die aus Deutschland nach Ungarn
im Dublin-II-Verfahren abgeschoben wurden, von Un-
garn nach Damaskus weiter abgeschoben und waren
dann perdu. Man weiß nicht, was aus ihnen geworden
ist. In einen Traumurlaub wird sie das Regime allerdings
nicht geschickt haben.

Menschenrechtspolitik, die glaubwürdig ist, fängt im
eigenen Land an. Sie kann nicht nur gegenüber diktatori-
schen Regimen im Ausland praktiziert werden.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715526700

Vielen Dank, Kollege Josef Winkler.

Nächster Redner für die CDU/CSU-Fraktion ist Kol-
lege Michael Frieser. Bitte schön, Kollege Michael
Frieser.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Michael Frieser (CSU):
Rede ID: ID1715526800

Vielen Dank, Herr Präsident! Werte Kolleginnen und

Kollegen! Auch das ständige Wiederholen von Anträgen
kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bundes-
republik Deutschland einiges auf diesem Gebiet tut.
Vielleicht handelt es sich bei Ihnen um das pädagogische
Prinzip der permanenten Wiederholung in der Hoffnung,

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(C (D ass irgendwann die entscheidenden Argumente verfanen. Ich will noch einmal darauf hinweisen: Was uns in ieser Debatte eint, ist die Verurteilung der derzeitigen ustände, die durch das Regime verursacht werden, und er derzeitigen Verfolgung derer, die nichts anderes tun ls das, was auch wir tun, nämlich die Einhaltung von enschenrechten in Syrien zu fordern, und die deshalb egen das Assad-Regime auf die Straße gehen. Ich offe, dass wir zumindest insoweit in dieselbe Richtung ehen. Wir brauchen in dieser Frage keine Nachhilfe, schon ar nicht von der linken Seite des Hauses. Kollege Tören at es mit dem notwendigen Ernst vorgetragen. Ich will och einmal daran erinnern: Im Jahr 2008 hat es unter em damaligen Innenminister Schäuble tatsächlich eine itiative Deutschlands gegeben, bis zu 10 000 syrische lüchtlinge in die EU zu bringen und das Kontingent eutschlands mit 2 500 voll auszuschöpfen. Also auch dieser Frage brauchen die Regierung und wir mit icherheit keinerlei Nachhilfe. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war dann aber auch der einzige Punkt!)


Ich glaube, dass das der entscheidende Punkt ist. Des-
alb sollte man nicht versuchen, in der Diskussion die
eiden Argumente – auf der einen Seite Abschiebung
nd auf der anderen Seite Rückführung –, die gar nichts
iteinander zu tun haben, zu verbinden. Wir sind nach
ie vor der Auffassung, dass wir in der derzeitigen
ituation, die wir erkennen und die dazu führt, dass aus
iesem Land niemand nach Syrien abgeschoben wird,
ie menschenrechtliche Dimension sehen und dass wir
dieser Frage mit Sicherheit keine Nachhilfe brauchen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt doch einen Runderlass! Es heißt nur, es sei nicht ratsam, abzuschieben!)


Aber worum geht es? Es geht darum, dass wir ge-
einsam dafür kämpfen – dazu lade ich durchaus auch

in –, dass den derzeitigen Zuständen gerade auch auf
U-Ebene rasche Erweiterungen der Sanktionen gegen-
bergestellt werden. Wir müssen über die Frage von EU-
inreisesperren reden, wir müssen über Finanzsanktio-
en reden, und wir müssen schauen, dass man auch beim
hema Ölimportembargo auf Ebene der EU ein Verbot
er Investitionen in den Öl- und Gassektor in Syrien er-
icht.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit den Botschaftsvorführungen? Sagen Sie dazu nichts?)


as ist etwas, was wirklich funktioniert. Was nicht funk-
oniert, ist, den Menschen Sand in die Augen zu streuen.
as tun wir leider Gottes hier auch wieder.

Ich wiederhole es: Die Kündigung des Rückführungs-
bkommens hat mit der Aufhebung der Abschiebung,
lso damit, dass in dieses Land wegen der Zustände dort
icht abgeschoben wird, überhaupt nichts zu tun. Im Ge-





Michael Frieser


(A) )


)(B)

genteil: Im Grunde verpflichten wir das Assad-Regime
nach wie vor, an einem völkerrechtlichen Vertrag festzu-
halten. Denn wenn wir Staaten, die sich in dieser Art und
Weise verhalten, auch noch aus ihren völkerrechtlichen
Verpflichtungen entlassen, dann entbinden wir sie ja jeg-
licher Verpflichtung. Damit erreichen wir genau das Ge-
genteil von dem, was wir eigentlich wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daher geht es meines Erachtens darum, dass wir auch
die Tatsache zur Kenntnis nehmen müssen, dass die
Bundesregierung das Notwendige getan hat. Staatssekre-
tär Bergner hat die – ich will es einmal so sagen – Wei-
sung erwähnt. Wir kennen doch alle die Schreiben aus
dem Jahr 2011, in denen es darum geht, dass die zustän-
digen Länder aufgefordert werden, tatsächlich nicht ab-
zuschieben. Insofern muss man deutlich sagen: Auch das
BAMF trägt durch ständig aktualisierte Situations-
berichte dazu bei, dass niemand so tun kann, als könne
er die Situation nicht beurteilen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie reden ständig am Thema vorbei!)


Wir müssen deutlich sagen: In diesem Land muss und
darf keiner Angst davor haben, dass er in ein Land abge-
schoben wird, in dem es konkrete Gefahren für Leib und
Leben gibt oder in dem ihm die Folter droht. Genau das
tun wir nicht.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie aber! Wenn die Betroffenen in die Botschaft einbestellt werden!)


Versuchen Sie also bitte nicht, den Eindruck zu erwe-
cken, als handele es sich hier um einen herzlosen, gewis-
senlosen und imperialistischen Folterstaat. Das ist defi-
nitiv nicht der Fall.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch am Thema vorbei!)


Ich hoffe nicht, dass Sie auf der Ebene der Diskussion
über die derzeitigen Zustände in Syrien versuchen, etwas
anderes zu transportieren. Es ist eine Art von Migra-
tionspolitik für jene, die am Ende des Tages hier bleiben
sollen und Ihrer Auffassung nach auch hier bleiben
müssten. Ihre Kritik kommt zum falschen Zeitpunkt.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist völliger Quatsch!)


Insofern kann ich nur sagen: Ich glaube, dass es wich-
tig ist, dass wir im Interesse derjenigen, die in diesem
Land berechtigterweise leben, die Position vertreten
müssen, dass wir die Ausreise jener, die zur Ausreise
verpflichtet sind, auch durchsetzen können.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das denn mit dem Thema zu tun?)


Diesen Zusammenhang dürfen wir nicht mit der Kündi-
gung eines Rückführungsabkommens, das nicht notwen-
dig ist, verwechseln.

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(C (D (Zuruf von der LINKEN: Ich hätte gerne eine klare Auskunft!)


h bitte dringend, diese beiden Punkte auseinanderzu-
alten.

Es bleibt dabei: Die bürgerkriegsähnlichen Zustände
Syrien setzen eine Abschiebung tatsächlich aus. Ge-

auso verhält sich dieses Land. Wir gehen davon aus,
ass das unsere Partner in der EU auch tun. Deshalb
önnen wir nur eines machen: diesen Antrag erneut
blehnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715526900

Vielen Dank, Kollege Michael Frieser. – Ich schließe

ie Aussprache.

Ich komme nun zur Abstimmung über den Antrag der
raktion Die Linke auf Drucksache 17/8456 mit dem
itel „Abschiebestopp und Bleiberecht für Flüchtlinge
us Syrien“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Das sind
ie Fraktion Die Linke und die Fraktion Bündnis 90/Die
rünen. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Koalitions-
aktionen. Enthaltungen? – Das ist die Fraktion der So-
ialdemokraten. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Arbeit und Soziales

(11. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Anton
Schaaf, Gabriele Hiller-Ohm, Josip Juratovic,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD

DDR-Altübersiedler und -Flüchtlinge vor
Rentenminderungen schützen – Gesetzliche
Regelung im SGB VI verankern

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, Wolfgang Wieland, Fritz
Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

DDR-Altübersiedler und -Flüchtlinge vor
Rentenminderungen schützen – Gesetzliche
Regelung im SGB VI verankern

– Drucksachen 17/5516, 17/6108, 17/6390 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Peter Weiß (Emmendingen)


Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Sie sind da-
it einverstanden. Dann ist dies so beschlossen.

Erster Redner in unserer Aussprache ist für die Frak-
on der CDU/CSU unser Kollege Peter Weiß. Bitte
chön, Kollege Peter Weiß.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1715527000

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ich will ganz ehrlich sagen: Es ist nicht leicht, die beson-
dere Situation der Menschen, die vor der Verwirklichung
der deutschen Einheit aus der DDR geflohen und in die
damalige Bundesrepublik gekommen sind, wirklich ge-
recht zu bewerten. Es ist in der Tat auch nicht leicht, eine
gerechte Lösung für das Problem ihrer Rentenansprüche
zu finden.

Wir alle wissen, dass sich mit denjenigen, die es ge-
wagt haben, aus der DDR zu fliehen, in der Regel
schwere Schicksale verbinden. Wir alle wissen, dass zu
einem solchen Entschluss viel Mut und Durchhaltekraft
gehörten, und wir wissen, dass diese Flüchtlinge viel ge-
wagt und auch viel aufgegeben haben. Deswegen haben
wir uns in den vergangenen Monaten noch einmal inten-
siv mit den Argumenten und den Anliegen der Betroffe-
nen hinsichtlich ihrer Rentenansprüche und namentlich
mit der Interessengemeinschaft ehemaliger DDR-Flücht-
linge auseinandergesetzt und zahlreiche Fachleute kon-
sultiert.

Die SPD hat im letzten Jahr einen Antrag vorgelegt
– die Grünen haben sich ihm angeschlossen –, in dem
gefordert wird, dass für die Frage, ob nach dem soge-
nannten Fremdrentengesetz oder nach dem gesamtdeut-
schen Renten-Überleitungsgesetz die Rentenberech-
nung erfolgen soll, ein neuer Stichtag eingeführt wird.
Dieser Stichtag soll der Tag des Mauerfalls, der 9. No-
vember 1989, sein.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn man sich
diese Forderung genauer anschaut, stellt man fest: Das
ist kaum ein rechtlich gangbarer Weg, also kein Weg, der
auch verfassungsrechtlichen Prüfungen standhält. Es ist
erstaunlich: Elf Jahre lang – in der Zeit nach der deut-
schen Einheit – hat eine Sozialdemokratin oder ein So-
zialdemokrat das für Rentenfragen zuständige Bundes-
ministerium geführt. Alle Versuche, die Berechnung der
Rente ehemaliger DDR-Übersiedler und -Flüchtlinge
neu zu gestalten, wurden abgewiesen, und man hat da-
rauf bestanden, dass das Renten-Überleitungsgesetz zur
Anwendung kommt.


(Anton Schaaf [SPD]: Unter Blüm ist das so gelaufen, Peter Weiß! Das weißt du genau!)


– Ich komme darauf noch zu sprechen. – Kaum sind die
Sozialdemokraten und die Grünen in der Opposition, ist
offensichtlich all das, was man in der Zeit, in der man
selber regiert hat, wusste, anders zu sehen, und man for-
dert einen neuen Stichtag. Es ist zumindest verwunder-
lich, was hier vorgeschlagen wird, und es bedarf schon
einer genauen Prüfung: Woher kommt eigentlich diese
Idee? Würde ihre Umsetzung irgendeines unserer Pro-
bleme lösen?


(Anton Schaaf [SPD]: Die Probleme der Betroffenen!)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn es so sein
soll, dass für nach 1937 geborene, aber vor dem 9. No-
vember 1989 in die Bundesrepublik gekommene ehe-
malige DDR-Bürgerinnen und DDR-Bürger die Mög-
lichkeit besteht, die Rente entweder nach dem

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(C (D remdrentenrecht oder, falls man sich damit günstigertellt, nach dem Renten-Überleitungsgesetz berechnen u lassen, dann stellt sich doch die Frage: Warum soll as eigentlich für vor 1937 Geborene nicht auch gelten? ie Frage ist unbeantwortet. (Anton Schaaf [SPD]: Wir haben es doch in unserem Gesetz drin!)


Entschuldigung, uns liegt eine Petition an den Bundes-
g vor, in der ein vor 1937 Geborener fordert, nach dem
enten-Überleitungsgesetz und nicht nach dem Fremd-
ntengesetz behandelt zu werden.

Was ist eigentlich mit den Menschen, die zwischen
em 9. November 1989 und dem 18. Mai 1990, dem Tag
es Staatsvertrages über die Schaffung der Währungs-,
irtschafts- und Sozialunion, in die Bundesrepublik ge-

ommen sind? Konnte jemand, der am 10. November
989 in den Westen kam, wirklich damit rechnen, dass
ie deutsche Einheit wiederhergestellt werden würde?
uch diese Frage bleibt unbeantwortet.


(Anton Schaaf [SPD]: Natürlich! Die Mauer war gefallen!)


as ist mit den Menschen, die nach dem Mauerfall und
or der Schaffung der Wirtschafts-, Währungs- und So-
ialunion nach Deutschland West gekommen sind?


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn Ihre Alternative?)


Eine weitere Frage ist: Welche Fassung des Fremd-
ntengesetzes sollen wir eigentlich anwenden? Nach

990 ist das Fremdrentengesetz ja mehrmals geändert
orden. Das betrifft vor allen Dingen die Spätaussiedle-
nnen und Spätaussiedler, die nach dem heutigen
remdrentengesetz nur noch 60 Prozent der Leistungen
ekommen. Nun frage ich Sie: Ist es wirklich im Sinne
er Gerechtigkeit, dass in Deutschland Deutsche Tür an
ür leben, von denen nach dem Willen der SPD und der
rünen die einen nur 60 Prozent der Leistungen und die

nderen 100 Prozent der Leistungen nach Fremdrenten-
cht ausgezahlt bekommen sollen? Das hat mit Gerech-
gkeit nichts zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich wette, dass, wenn wir eine solche Regelung be-
chließen würden, diejenigen, die zurzeit nur 60 Prozent
er Leistungen bekommen, Klage – wahrscheinlich auch
or dem Bundesverfassungsgericht – erheben und sich
egen diese Ungleichbehandlung wehren würden.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715527100

Kollege Weiß, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Schaaf, der sich auch vorher schon bemerkbar
emacht hat?


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1715527200

Bitte schön.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715527300

Bitte schön, Herr Kollege Schaaf.






(A) )


)(B)


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1715527400

Entschuldigen Sie bitte, dass ich da ein wenig impul-

siv bin, Herr Präsident. Aber an dieser Stelle wird zu-
mindest nicht ganz Korrektes verbreitet.

Wenn wir über DDR-Übersiedler und über DDR-
Flüchtlinge reden, dann gibt es im Prinzip nur einen ein-
zigen Status: Diese Menschen sind nämlich Deutsche.
Wenn wir über Spätaussiedler reden, meinen wir eine
viel größere Gruppe, zum Beispiel auch Russlanddeut-
sche und andere. Das Rentenrecht für diese Menschen
hat sich natürlich verändert; das stimmt.

Eine Günstigkeitsprüfung für Deutsche, die aus der
DDR geflohen sind, ausgebürgert worden sind oder aus
welchen Gründen auch immer in die Bundesrepublik ge-
kommen sind, hat mit der Kürzung von Leistungen nach
dem Fremdrentengesetz aber überhaupt nichts zu tun.
Deswegen haben wir Sozialdemokraten ja vorgeschla-
gen, den Deutschen, die aus der DDR geflohen sind, aus-
gebürgert worden sind oder Ähnliches, die Möglichkeit
einer Günstigkeitsrechnung zu geben. Das miteinander
zu vermischen, Peter Weiß, ist unredlich.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715527500

Vielen Dank, Kollege Anton Schaaf. – Jetzt, bitte

schön, Peter Weiß.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1715527600

Herr Kollege Schaaf, wenn ich Ihrer Fragestellung

entnehmen darf, dass Sie der Auffassung sind, dass das
Fremdrentengesetz in der aktuellen Fassung, also mit
den auf 60 Prozent abgesenkten Leistungen, angewandt
werden soll, dann halte ich Ihnen entgegen, dass die
DDR-Übersiedler und DDR-Flüchtlinge sagen werden:
Genau das wollen wir nicht; wir wollen 100 Prozent
nach dem Fremdrentenrecht bekommen. – Denn wenn
sie nur 60 Prozent bekämen, würden sich die Betroffe-
nen, bis auf vielleicht ganz wenige Ausnahmen, allesamt
nach dem Renten-Überleitungsgesetz besser stehen, und
dann gäbe es überhaupt keinen Anlass für die SPD-Frak-
tion, einen solchen Antrag zu stellen. Er wäre nämlich
schlichtweg unnötig.


(Beifall bei der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was schlagen Sie denn vor? Nicht nur Fragen stellen!)


Es wird immer wieder behauptet, dass das, was mit
dem Renten-Überleitungsgesetz gemacht wurde, nicht
rechtens sei. Angesichts dessen ist es bemerkenswert,
dass der 5. Senat des Bundessozialgerichts am 14. De-
zember 2011 ein Urteil gefällt hat, in dem er klarstellt,
dass der Gesetzgeber das Recht und auch Anlass hatte,
DDR-Flüchtlinge und DDR-Übersiedler in das Renten-
Überleitungsgesetz aufzunehmen, zumal über das
Fremdrentenrecht keine Rentenansprüche erworben wer-
den, denen eigene Einzahlungen zugrunde liegen.

Das oberste Sozialgericht in Deutschland hat also
festgestellt, dass das, was der gesamtdeutsche Gesetzge-

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(C (D er mit dem Renten-Überleitungsgesetz getan hat, voll nd ganz rechtens ist. Deswegen, verehrte Kolleginnen nd Kollegen, sage ich Folgendes: Bei allem Verständnis r die DDR-Übersiedler und DDR-Flüchtlinge und ihm Wunsch, eine bessere Lösung zu finden, die vielicht auch außerhalb des Rentenrechts liegen könnte, önnen wir nicht einfach ein Gesetz beschließen, das das roblem nicht löst und das auch nur zu neuen Ungerechgkeiten und zu neuen Problemen führen würde, die uns lle auf die Füße fallen werden. Daher kann man eine olche Regelung, wie sie vorgeschlagen wird, schlichteg nicht beschließen. Es ist den ehemaligen DDRlüchtlingen damit nicht geholfen. Sie wollten zum Schluss kommen. Ja. – Es ist damit dem gesamtdeutschen Rentenrecht icht geholfen. Außerdem ist es verfassungsrechtlich roblematisch, ein Gesetz zu machen, von dem man von ornherein weiß, dass man garantiert zig Prozesse, auch or dem Bundesverfassungsgericht, führen muss. Das ollte man tunlichst unterlassen. Vielen Dank. Vielen Dank, Kollege Peter Weiß. – Nächster Redner unserer Aussprache ist für die Fraktion der SPD unser ollege Ottmar Schreiner. Bitte schön, Kollege Ottmar chreiner. Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Zunächst einmal öchte ich an die letzte Bemerkung des Kollegen Weiß nknüpfen. Herr Kollege Weiß, Sie sagen, Sie wollen essere Lösungen. Für bessere Lösungen haben Sie inwischen Jahr um Jahr Zeit gehabt. Geschehen ist nichts. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715527700
Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1715527800

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715527900

(Beifall bei der SPD)

Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1715528000

ie Interessenverbände der ehemaligen DDR-Flücht-
nge – hier sitzen Kolleginnen und Kollegen der Interes-
engemeinschaft ehemaliger DDR-Flüchtlinge – haben
ich seit Jahren bei allen Parteien, die im Deutschen
undestag vertreten sind, um Korrekturen bemüht. Sie
mpfinden das, was geschehen ist, als tiefes Unrecht und
ls Gegensatz zu rechtsstaatlichem Vorgehen.

Ich will Ihnen den Sachverhalt aus einer etwas ande-
n Sicht vortragen, Herr Kollege Weiß und liebe Kolle-

innen und Kollegen der Union und auch der FDP: Wo-
m geht es? Es geht um ehemalige DDR-Bürger, die

amals entweder über den Weg als politische Flüchtlinge
zw. als freigekaufte politische Häftlinge oder über ein
ft zermürbendes Ausbürgerungsverfahren in den Wes-
n, in die Bundesrepublik, gekommen sind. Um diese
enschen geht es.





Ottmar Schreiner


(A) )


)(B)

Nun hat es bis 1989 einen sogenannten Wegweiser
der Bundesregierung für ebendiesen Personenkreis gege-
ben. Das sind die Übersiedler aus der ehemaligen DDR,
Flüchtlinge, freigekaufte Häftlinge usw. In diesem
„Wegweiser für Flüchtlinge und Übersiedler aus der
DDR“ von 1989, 10. Auflage, steht ein schönes Vorwort
des Bundesinnenministeriums. Herausgeber war der
damalige Bundesinnenminister, nämlich Herr
Dr. Schäuble. In diesem Dokument der Bundesregierung
heißt es unter Punkt 17:

… Übersiedler aus der DDR … werden in der ge-
setzlichen Rentenversicherung grundsätzlich so be-
handelt, als ob sie ihr gesamtes Arbeitsleben in der
Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt hätten.

Das ist das zentrale Versprechen der Bundesrepublik
Deutschland an die DDR-Flüchtlinge gewesen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Von diesem zentralen Versprechen sind Sie abgerückt.
Zu diesem zentralen Versprechen wollen Sie nicht wie-
der zurückkehren. Das ist der entscheidende Vorwurf.
Herr Kollege Weiß, Sie haben recht, wenn Sie darauf
hinweisen, dass die Führung des Bundesarbeitsministeri-
ums, wer auch immer diese Führung innehatte, in dieser
Frage keine wirklich offensive Rolle gespielt hat. Das
will ich überhaupt nicht bestreiten. Aber lieber spät als
gar nicht.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Betroffenen – es sind immer noch Hunderttau-
sende – empfinden diesen Vorgang, dieses gebrochene
Versprechen der bundesdeutschen Politik, als zutiefst de-
primierend und zutiefst erniedrigend. Es ist aber immer
noch Zeit, dies zu ändern.

Es ist dann geändert worden, aber nicht über das Ren-
ten-Überleitungsgesetz von 1991, mit dem versucht
wurde, die beiden Rentensysteme überwiegend auf der
Grundlage des westdeutschen Systems zu vereinheitli-
chen. Die Rechtsgrundlage, Herr Kollege Weiß, ist im
Jahre 1993 geändert worden, und zwar in Form einer
sehr stark verklausulierten, kleinen Formulierung in ei-
nem angeschlossenen Gesetz. Die Interessenverbände
haben Frau Babel angeschrieben – damals die sozialpoli-
tische Sprecherin der FDP –, sie haben den Kollegen
Cronenberg von der FDP – damals Vizepräsident des
Deutschen Bundestages – angeschrieben. Aber niemand
war sich der Tragweite der damaligen Regelungen, die in
verklausulierter, versteckter Form irgendwo unterge-
bracht worden sind, in Wirklichkeit bewusst.

Wenn man nach den Gründen fragt, lieber Kollege
Weiß, wird es wirklich spannend. Sie haben als Bericht-
erstatter des Ausschusses in der Bundestagsdrucksache
17/6390 – das ist das aktuelle Dokument – Folgendes
formuliert:

Die Fraktion der CDU/CSU verwies darauf,

– in den Beratungen –

dass mit der deutschen Einheit

– jetzt kommt es –

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(C (D alle Bürger der ehemaligen DDR Bundesbürger geworden seien. Daher sei es systematisch richtig, dass sie alle nach dem Renten-Überleitungsgesetz behandelt würden. Hier wird mit einem ganz faulen sprachlichen Trick in Pseudoargument aufgebaut. Es handelt sich bei den hemaligen DDR-Flüchtlingen nicht um Bürger der ehealigen DDR, es handelt sich bei diesen Flüchtlingen m Menschen, die jahreund teilweise jahrzehntelang ürger der Bundesrepublik Deutschland waren und die nter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes stanen. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1715528100

Kollege Ottmar Schreiner, gestatten Sie eine Zwi-

chenfrage unseres Kollegen Karl Schiewerling?


Karl Schiewerling (CDU):
Rede ID: ID1715528200

Herr Kollege Schreiner, Sie sind ja Jurist. Sie haben

einerzeit im Deutschen Bundestag der Änderung zuge-
timmt.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Darauf kommt es doch gar nicht an!)


Können Sie bestätigen, dass es in der Rentenge-
chichte der Bundesrepublik Deutschland immer wieder
ichtige Eckpunkte gegeben hat und dass Feststellungs-
escheide nicht identisch mit den zukünftigen Rentenbe-
cheiden sind, weil in ihnen zunächst nur Feststellungen
etroffen werden?

Können Sie zudem zustimmen, dass es zum Beispiel
Jahre 2005 Rentenänderungen gegeben hat, obwohl

eststellungsbescheide und Feststellungen vorher anders
elautet haben? Das galt zum Beispiel für den Bereich
er Anerkennung von Schul- und Hochschulzeiten. Es
ab somit Änderungen im Rentenrecht auch für die Bür-
erinnen und Bürger, die nicht aus der DDR geflohen
ind und die schon immer hier gelebt haben. Obwohl der
eststellungsbescheid vorher etwas anderes ausgesagt
at, wurden hinterher noch einzelne Punkte geändert.
timmen Sie mir zu, dass das im deutschen Rentenrecht
ichts Ungewöhnliches ist und dass auch Menschen, die
ier wohnen, von solchen Änderungen betroffen sind?


Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1715528300

Lieber Kollege Schiewerling, Sie versuchen jetzt, das

roblem mit juristischen Spitzfindigkeiten kleinzureden.


(Anton Schaaf [SPD]: So ist es!)


s handelt sich aber um ein eminent politisches Problem
nd nicht um ein Problem, das man mit juristischen
pitzfindigkeiten lösen kann. Es geht um die Frage, ob
ie Bundesrepublik Deutschland in Gestalt ihrer verant-
ortlichen Politiker Hunderttausende von Menschen be-
ogen hat. Es geht darum, ob sie ihr Wort gegenüber
enjenigen gebrochen hat, die, wie der Kollege Weiß zu
echt ausgeführt hat, ein zum großen Teil schweres
chicksal zu ertragen hatten, die viel gewagt und viel auf





Ottmar Schreiner


(A) )


)(B)

sich genommen haben und die teilweise unter Gefahr für
Leib und Leben ihr Land verlassen haben. Es geht da-
rum, ob es angemessen ist, dieser Gruppe von Menschen
gegenüber das Versprechen, das man gegeben hat, zu
brechen. Es geht nicht um juristische Spitzfindigkeiten
über irgendwelche kleinen Details, sondern es geht um
diese Kernfrage.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich will es noch zuspitzen, Herr Kollege
Schiewerling, weil aus meiner Sicht die Situation aus
dem Blickwinkel der Betroffenen noch viel dramatischer
ist. Bei dem Renten-Überleitungsgesetz haben wir sei-
tens der SPD – das können Sie in den Dokumenten des
Bundestages nachlesen – immer wieder Bestrebungen
der Union zurückgewiesen, strafrechtliche Elemente in
die Sozialgesetzgebung einzuführen. Dieser Versuch ist
seitens der Union mehrfach unternommen worden – ge-
legentlich erfolgreich. Beispielsweise sind für die soge-
nannten systemnahen Berufsgruppen – ein typisches
Beispiel ist die Mitarbeit bei der Staatssicherheit – die
Renten gedeckelt worden mit dem überhaupt nicht nach-
vollziehbaren Argument, dass Menschen aus diesen so-
genannten staatsnahen Systemen rentenmäßig besserge-
stellt werden als die meisten anderen.

Aus diesen Gründen ist gedeckelt worden. Wir haben
Sie davor gewarnt. Wir haben gesagt, dass die deutsche
Sozialgeschichte frei ist von solchen strafenden Elemen-
ten. Man muss strikt trennen zwischen der Sozialgesetz-
gebung auf der einen Seite und der Strafgesetzgebung
auf der anderen Seite. In dieser langen Tradition hat es
lediglich eine einzige Ausnahme gegeben, und zwar
nach 1933.

Die Renten der sogenannten staatsnahen Berufsgrup-
pen sind fast alle auf dem Wege gerichtlicher Korrektu-
ren geändert worden. Im Ergebnis hat das zu der Situa-
tion geführt, dass Renten, die aus Stasitätigkeiten
bezogen werden, aufgrund der damaligen Gesetzgebung
und der gerichtlichen Korrekturen zu erheblichen Teilen
höher sind als die nach unten abgestuften Renten von
DDR-Flüchtlingen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das heißt, die Renten der Täter sind höher als die Renten
der Opfer. Das muss doch von den Opfern, die damals
aus welchen Gründen auch immer herüberkamen – es
war die Zeit des Kalten Krieges – und als die großen
Freiheitshelden gefeiert worden sind, als eine tiefe De-
mütigung empfunden werden. Sie müssen das tiefe Ge-
fühl haben, dass der deutsche Rechtsstaat sie vergessen
hat, dass er sie im Stich lässt und seine Versprechen
nicht einlöst. Darum geht es. Deshalb glaube ich, dass
wir gut beraten wären, das zu ändern.

Herr Dr. Kolb, weil Sie hier anschließend sprechen,
möchte ich darauf hinweisen: Es gibt eine Reihe von Do-
kumenten zur Position der FDP; ich kann hier Frau
Dr. Babel, Herrn Cronenberg, die amtierende Justiz-
ministerin und viele andere mehr zitieren.

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(C (D (Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Sie haben meine Frage nicht beantwortet, Herr Kollege!)


Herr Kollege Schiewerling, ich glaube, es ist nicht zu
pät; wir können das immer noch korrigieren. Es muss
icht Punkt für Punkt und Komma für Komma der Weg
ingeschlagen werden, den wir Ihnen vorgeschlagen ha-
en. Bei all der Kritik, die ich vom Kollegen Weiß ge-
ört habe, ging es eigentlich – Herr Kollege Weiß, neh-
en Sie es mir nicht übel! – um Kinkerlitzchen. Es ist
irklich keine bewegende Frage, ob man einen Stichtag
November 1989 oder im Mai 1990 wählt. Man kann

arüber seriös reden, wenn man die Korrekturen im
runde will.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enn Sie wirklich die Korrekturen wollen, dann kriegen
ir das korrigiert. Sie müssen das nur wollen. Mein Ein-
ruck ist eher, dass Sie Vorwände suchen, um das Thema
öglichst aus dem Feuer zu holen.

Es war schwierig genug – ich kann das hier einmal sa-
en –, überhaupt eine Plenardebatte zu dem Thema hin-
ubekommen. Sie hatten ein fundamentales Interesse da-
n, dass das Thema irgendwann in die Abendstunden

erschoben wird, dass möglichst alles zu Protokoll gege-
en wird und eben keine Debatte bei Tageslicht stattfin-
et. Das entspricht nicht der Bedeutung dieses Themas
nd den Erwartungen der Betroffenen.

Herr Kollege Weiß, ich will noch eine Anmerkung
achen. Sie haben in Ihrem Bericht einen zweiten
rund angegeben: Wenn wir hier eine Regelung träfen,
önne dies ein Präzedenzfall sein; andere Gruppen könn-
n dann ihre Rentenansprüche korrigiert wissen wollen. –
on einem Präzedenzfall kann überhaupt keine Rede
ein, weil es sich um eine völlig andere Rechtsstruktur
andelt. Es geht hier um Deutsche im Sinne des Grund-
esetzes, denen ein Versprechen gemacht wurde. Bei al-
n anderen Gruppen ist das nicht so.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eshalb ist der Hinweis, dass da eventuell millionen-
der milliardenschwere Zusatzkosten entstehen, regel-
cht an den Haaren herbeigezogen, lieber Kollege Weiß.
uch darüber kann man in Ruhe reden.

Insofern meine ich: Wenn auf Ihrer Seite der politi-
che Wille vorhanden wäre, hier wirklich zu einer ver-
ünftigen Korrektur zu kommen, zugunsten von Men-
chen, die es wirklich verdient hätten, dann könnten
nderungen erfolgen; ich brauche nicht zu wiederholen,
as ich gesagt habe. Aber es ist nichts anderes als Heu-

helei, wenn Ihren Worten keine Taten folgen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


eshalb fordern wir Sie auf: Bekennen Sie sich dazu!
agen Sie zu, dass wir das in absehbarer Zeit korrigie-
n!





Ottmar Schreiner


(A) )


)(B)

Im Übrigen liegen dem Petitionsausschuss des Deut-
schen Bundestages entsprechende Petitionen vor.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715528400

Herr – –


Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1715528500

Wir können das Thema also, wenn die Debatte heute

Abend beendet ist, im Rahmen der Behandlung der Peti-
tionsbegehren weiter verfolgen und es, wenn Sie denn
wollen, möglichst zeitnah zu einem vernünftigen Ab-
schluss bringen. – Herr Präsident, es haben sich mehrere
Kollegen zu einer Zwischenfrage gemeldet; sie sind jetzt
ganz munter geworden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715528600

Ja. Ich wollte zwischen Ihre Sätze kommen.


Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1715528700

Ach so! Ich versuche, das in der knappen Zeit mög-

lichst angemessen auszuführen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715528800

Das war aber schwierig, weil Sie beim Reden aufs

Atemholen verzichtet haben. – Jetzt möchte Ihnen der
Kollege Weiß eine Frage stellen.


Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1715528900

Herr Kollege Weiß, bitte.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715529000

Bitte.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1715529100

Herr Kollege Schreiner, da Sie dem Parlament we-

sentlich länger angehören als ich, kennen Sie die Usan-
cen des Parlaments. Die Behauptung, wir hätten diese
Debatte in den Abend verschoben, fällt doch auf Sie sel-
ber zurück. Denn die Oppositionsfraktionen können
selbstverständlich auch für die Kernzeiten, etwa für den
Donnerstagmorgen, die von ihnen gewünschten Punkte
anmelden. Die Frage ist: Warum hat die sozialdemokra-
tische Fraktion dieses Thema nicht für einen früheren
Tagesordnungspunkt angemeldet? Dann wäre das Thema
ohne Widerspruch von uns zu einer früheren Uhrzeit dis-
kutiert worden.

Zweitens. Sie haben im Gegensatz zu mir, der ich erst
1998 ins Parlament gewählt wurde, an der entsprechen-
den Gesetzgebung mitgewirkt und sagen jetzt, dass hier
ein Versprechen gebrochen worden sei. Dann frage ich
Sie, Herr Kollege Schreiner: Warum haben Sie, um es
mit Ihren Worten zu sagen, ein Versprechen gebrochen?


Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1715529200

Das habe ich erklärt.


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1715529300

Sie haben an dieser Gesetzgebung mitgewirkt. Kön-

nen Sie uns erklären, warum in den Zeiten, in denen So-

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(C (D ialdemokraten das zuständige Bundesministerium für rbeit und Soziales geführt haben, keine Gesetzesinitiave seitens der Regierung mit dem Ziel einer Korrektur rgriffen wurde? (Anton Schaaf [SPD]: Dazu hat er doch auch etwas gesagt! Was soll der Quatsch?)


as würde uns wirklich interessieren.


Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1715529400

Ich glaube, ich habe eben sehr ausdrücklich gesagt,

ass bei diesen Fragen unabhängig von der jeweiligen
olitischen Führung des Ministeriums geblockt worden
t.


(Beifall bei der SPD)


leichzeitig habe ich aber gesagt: Es ist nicht zu spät.
ie Betroffenen und ihre Verbände sind nach wie vor

ehr rührig. Ich weiß, dass sie auch bei Ihnen häufig prä-
ent sind, dass sie bei Ihrem Fraktionsvorsitzenden und
rem Arbeitsgruppensprecher präsent sind. Sie sind

ach wie vor richtig dabei. Ich kann nachvollziehen,
ass die Empörung aufgrund des dargestellten Sachver-
alts riesengroß ist. Es geht ihnen in erster Linie wohl
ar nicht um das Geld. Es geht ihnen um die Wiederher-
tellung von Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat.
as ist ihr Kernmotiv. Das können wir wieder heilen,
as können wir reparieren, wenn wir denn wollen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich war damals übrigens bei der Verhandlungsgruppe
um Renten-Überleitungsgesetz dabei. Ich habe damals
lle Höhen und Tiefen mit dem Kollegen Dreßler und
er Kollegin Regine Hildebrandt miterlebt. Als Minder-
eit hatten wir häufig versucht, manches zu korrigieren.
as ist nur in sehr geringen Teilen gelungen; denn es
ieß: Mehrheit ist Mehrheit. Zu der hier in Rede stehen-
en Frage gab es keine Plenardebatte; es gibt überhaupt
eine Hinweise, in welcher Form diese Veränderung
993 durch das Parlament gebracht worden ist.

Ich habe eben darauf hingewiesen, dass die Interes-
enverbände unter anderem meine damalige Kollegin,
rau Dr. Gisela Babel – ich war Anfang der 90er-Jahre
ozialpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion –,
ngeschrieben haben. Man konnte von ihr halten, was
an wollte, aber sie war eine sehr standfeste, prinzipien-
eue Frau,


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Das stimmt!)


llerdings leider Gottes bei der falschen Firma, nämlich
ei der FDP. Aber es war eine Frau, auf die man sich
erlassen konnte.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Pascal Kober [FDP]: Da war sie auch richtig!)


Sie hat den Interessenverbänden in einem Schreiben
n einen Bürger vom 18. April 2004 dargelegt:





Ottmar Schreiner


(A) )


)(B)

Es kommt also viel zusammen und ich kann gut
verstehen, dass Sie auf Grund all dieser Vorkomm-
nisse Zweifel an der Demokratie und am Rechts-
staat hegen.

So Frau Dr. Babel. – Ich würde von den Kollegen der
FDP heute solch ein Bekenntnis zur soliden Rechtsstaat-
lichkeit auch gerne hören.

Sie schreibt auch:

Das Renten-Überleitungsgesetz sollte Rechtseinheit
… bringen. … Das Fremdrentengesetz beruhte auf
dem politisch gewollten Grundsatz, dass den über
den Eisernen Vorhang Geflohenen eine Alterssiche-
rung gewährt werden sollte. Diese beiden Tatbe-
stände hätten weiter nebeneinander bestehen blei-
ben können und müssen.

Es hat nicht den geringsten Zwang gegeben, das zu
vereinheitlichen. Was Sie in Ihrem Bericht geschrieben
haben – ich habe es eben formuliert –, entspricht nicht
im Geringsten dem Sachverhalt. Es geht nicht um Bür-
ger der ehemaligen DDR, sondern es geht um Bürger,
die jahrzehntelang in der Bundesrepublik Deutschland
leben. Da kann man doch nicht einfach Äpfel mit Birnen
vergleichen. Genau das machen Sie.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Kernzeit!)


– Was?


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Die Kernzeit war gefragt!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715529500

Herr Kollege Schreiner, der Kollege Vaatz würde Ih-

nen gern auch noch eine Zwischenfrage stellen. Lassen
Sie sie zu? Das ist die letzte, die ich jetzt zulasse, weil
Sie am Ende Ihrer Redezeit sind.


(Iris Gleicke [SPD]: Ich wollte gerade sagen! Sind Sie sich sicher, dass die Herren das heute noch verstehen? Macht nicht den Eindruck, und zwar egal, ob das Kernzeit ist oder Abenddebatte!)



Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1715529600

Ich hoffe, Sie machen jetzt keinen Volkshochschul-

kurs.


Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1715529700

Herr Kollege Schreiner, ich habe eine Frage zum

staatsrechtlichen Status, den Sie herausgearbeitet haben.
Sie haben gesagt, dass die Flüchtlinge aus der DDR als
Bürger der Bundesrepublik Deutschland einen anderen
staatsrechtlichen Status gehabt hätten als die in der DDR
verbliebenen Menschen, die 1990 im Zusammenhang
mit der Wiedervereinigung in die Bundesrepublik ge-
kommen sind.


(Anton Schaaf [SPD]: Rentenrechtlich ja! Rentenrechtlich war das so!)


Sie sagen, die im Westen hätten unter der Fürsorge des
Grundgesetzes gestanden.

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(C (D Ich frage Sie: Ist es nicht der Tatsache zu verdanken, ass der Begriff „alle Deutsche“ sich in etwa fünf oder echs Artikeln der ersten 20 Artikel des Grundgesetzes ndet, dass die damaligen DDR-Bürger genauso in die ürsorgepflicht des Grundgesetzes gestellt worden sind, llerdings mit dem Unterschied, dass das Grundgesetz ehindert war, für diese DDR-Bürger zu wirken, solange ie in der DDR davon abgeschottet waren? (Iris Gleicke [SPD]: Warum haben wir ein Renten-Überleitungsgesetz 1992 gemacht? Das ist doch bescheuert hier! Meine Güte! Also echt! Wem der Herr ein Amt gegeben, dem gebe er auch Hirn! – Weiterer Zuruf von der SPD: Ich beiße gleich in die Tischkante! Das ist unsäglich!)



Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1715529800

Herr Kollege Vaatz, ich will hier nicht den Eindruck

ntstehen lassen, als ob mit dieser Argumentation ehe-
alige DDR-Bürger diskriminiert werden würden. Das
t mitnichten der Fall. Der Unterschied ist ein ganz ein-
cher: In dem Augenblick, in dem die politischen
lüchtlinge den bundesdeutschen Boden betreten hatten,
urden sie eingegliedert; sie galten also ab sofort als
taatsbürger der Bundesrepublik Deutschland. Mit die-
er neu erworbenen Staatsbürgerschaft


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Sie wurde nicht erworben! Das ist Quatsch!)


urde das eben zitierte Versprechen der deutschen Poli-
k verbunden, Anwartschaften nach dem Fremdrenten-
esetz für Berechnungen zugrunde zu legen, das heißt,
re Arbeitsbiografie in der DDR wird so gewertet, als

b sie in der Bundesrepublik Deutschland abgeleistet
orden wäre. Über die Gründe für diese Regelung mag
an sich streiten. Es ist jedenfalls die Regelung, auf die

ich Hunderttausende von Betroffenen verlassen konn-
n und verlassen mussten.

Das war bei der Einheit eine rechtlich völlig andere
ituation. Der ehemaligen DDR-Bevölkerung ist über-
aupt nichts versprochen worden, was Rentenanwart-
chaften anbelangt,


(Iris Gleicke [SPD]: So ist es!)


ondern es ging darum, ein Rentensystem aus dem Bo-
en zu stampfen, das auch den Bürgerinnen und Bürgern
er DDR gerecht werden konnte. Ich glaube, dass das
ach monatelangen Gesprächen und Verhandlungen zwi-
chen der Unionsfraktion, der FDP-Fraktion und der so-
ialdemokratischen Fraktion im Großen und Ganzen
uch gelungen ist. Es ist eine Lösung gefunden worden,
ie in der Anfangsphase der deutschen Einheit befrie-
end wirken konnte.

Aber die Rechtsgrundlagen waren völlig andere. Des-
alb vergleicht der Kollege Weiß, der am Anfang seiner
ristischen Bemühungen ist, hier leider Äpfel mit Bir-

en und kommt dann zu diesen Fehlorientierungen.
enn Sie, Herr Kollege Vaatz, bereit wären, in der

ächsten Zukunft den Gedanken des Kollegen Weiß und
offentlich mehrerer anderer Ihrer Fraktion, hier alsbald





Ottmar Schreiner


(A) )


)(B)

zu einer vernünftigen Lösung zu kommen, mitzutragen,
wäre viel gewonnen. Deshalb im Vorhinein: Herzlichen
Dank und viel Glück bei der Mitarbeit bei diesem außer-
ordentlich schwierigen und sensiblen Thema!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715529900

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Heinrich Kolb von

der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1715530000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Schreiner, auch wenn meine Redezeit begrenzt ist,
kann ich das, was Sie heute hier an Schauspiel geboten
haben, nicht unkommentiert lassen.


(Anton Schaaf [SPD]: Ach, Herr Kolb! – Weitere Zurufe von der SPD)


Herr Kollege Schaaf, wir sind nicht nur beim Thema
Rente, sondern auch bei anderen sozialpolitischen The-
men einiges von Ihnen gewohnt, was die Flexibilität und
Wendigkeit anbelangt.


(Ottmar Schreiner [SPD]: So ein Stuss!)


Aber ich finde, jemand, der neun Sterne im Handbuch
des Deutschen Bundestages hat, also diesem Haus neun
Legislaturperioden angehört,


(Iris Gleicke [SPD]: Als wir das Renten-Überleitungsgesetz gemacht haben, waren wir alle Mitglieder! Nebelkerzen!)


und auch an entscheidender Stelle gewirkt hat in Phasen,
in denen die Möglichkeit bestanden hätte, etwas zu tun,
kann sich heute nicht hier hinstellen und so eine Rede
halten, wie Sie es getan haben, Herr Kollege Schreiner.
Das geht nicht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das ist aus meiner Sicht ein neues, für mich jetzt das er-
schütterndste Beispiel von Geschichtsvergessenheit, was
Sie hier abgeliefert haben. Das kann ich nicht anders
sagen.


(Ottmar Schreiner [SPD]: Zur Sache! Die Redezeit aufs Thema verwenden, Herr Kolb! Sie wären selbst für eine Volksschauspielbühne nicht geeignet! Sie versuchen gerade, das Thema nicht zu berühren!)


Alle Fakten, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
SPD, die Sie hier vorgetragen haben, lagen in der Zeit
von 1998 bis 2009 schon genauso vor. Sie müssen sich
persönlich fragen – das müssen sich natürlich auch dieje-
nigen, die in der Zeit Verantwortung hatten, fragen las-
sen –, warum Sie nicht gehandelt haben.


(Ottmar Schreiner [SPD]: Sagen Sie mal etwas zum Thema! – Dagmar Ziegler [SPD]: Sie sollen zum Thema reden! – Dr. Martina Bunge – h – d in e s V is M d u u S – G v – h k re h u s u je v d u fü d w F (C (D [DIE LINKE]: Treten Sie mal in die Fußstapfen von Frau Babel!)


Dazu komme ich ja noch. – Das müssen Sie sich vor-
alten lassen.


(Zuruf von der SPD: Thema verfehlt!)


Wie Sie sich hier aufregen, zeigt ja nur, dass das genau
er Stich ins Wespennest ist, Herr Schreiner.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Sie wollen hier jetzt opportunistisch vorgehen. Aber
Zeiten, in denen Sie hätten handeln können, haben Sie

s nicht getan. Das werfe ich Ihnen vor.

Es ist auch so, dass das nicht nur unter einem Minister
o war. Manchmal kann es ja sein, dass da jemand in der
erantwortung ist, der sagt, er mache das nicht mit. Es
t in den elf Jahren Ihrer Regierungszeit nicht nur ein
inister am Wirken gewesen ist, sondern es hat fünfmal

ie Möglichkeit gegeben, einen Anlauf in dem Sinne zu
nternehmen, wie es heute von Ihnen hier vorliegt,


(Ottmar Schreiner [SPD]: Es ist nicht zu spät! Sie haben jetzt die Möglichkeit zur Korrektur!)


nd zwar bei Clement, bei Müntefering, bei Riester, bei
cholz.


(Ottmar Schreiner [SPD]: Gelaber, Gelaber, Gelaber! Unglaublich!)


Nein! – Bei allen hätte das geschehen können. Für die
rünen gilt das genauso. Die sind da ja nicht besser; Sie
ielleicht schon.


(Ottmar Schreiner [SPD]: Sie haben mit 3 Prozent noch 3 zu viel! – Beifall bei der SPD)


Nein, nein. – Also, die Grünen hätten in ihrer immer-
in siebenjährigen gemeinsamen Regierungszeit – da
önnen Sie sich nicht mit dem Koalitionspartner heraus-
den – auch Gelegenheit gehabt, hier etwas zu tun.

Das wollte ich vorab einmal deutlich feststellen.

Dann will ich Folgendes sagen: Das Thema, das wir
eute diskutieren, ist sicherlich eines der schwierigsten
nd auch unbefriedigendsten. Das räume ich ein. Ich be-
chäftige mich seit etwa zehn Jahren mit dem Thema
nd muss sagen: Es gibt aus meiner Sicht keine Lösung,
denfalls keine Lösung im Sinne dessen, was heute hier
orgeschlagen worden ist, um das Problem zu lösen;
enn – das hat der Kollege Weiß, denke ich, zu Recht
nd auch klar herausgearbeitet – eine Stichtagsregelung
hrt am Ende zu neuen Ungerechtigkeiten.


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Ohne Stichtage kommt das Sozialrecht nie aus!)


Sie können möglicherweise denen helfen, die uns in
en letzten Jahren sehr intensiv auf dieses Thema hinge-
iesen haben. Aber es ist unvermeidlich, dass Sie neue
ragen aufwerfen.


(Anton Schaaf [SPD]: Welche denn genau?)






Dr. Heinrich L. Kolb


(A) )


)(B)

Das würde dazu führen, dass der nach höchstrichterli-
chen Entscheidungen jetzt eingekehrte Rechtsfrieden, je-
denfalls vor den Gerichten, wieder aufgebrochen würde
und dass wir eine neue Klagewelle in diesem Bereich er-
leben würden. Das halte ich nicht für zielführend.


(Anton Schaaf [SPD]: Was denn genau? – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von wem denn? Warum denn?)


Deswegen haben wir einen anderen Lösungsansatz
verfolgt – Sie kennen ihn; wir haben ihn mit Anträgen
hier im Deutschen Bundestag eingebracht –, nämlich
den Lösungsansatz eines Nachversicherungsangebots,
der unverändert im Raum steht und der die Nachteile Ih-
rer Lösung vermeidet.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Er ist unsolide!)


– Nein, er ist nicht unsolide. Es ist ein Angebot an alle
Versicherten. Es ist eine individuelle Entscheidung, ob
man dieses Angebot annehmen will. Ich habe immer
deutlich gemacht, dass sich dieses Angebot nicht nur an
eine Gruppe der Betroffenen richtet, sondern auch an an-
dere Gruppen, deren Situation natürlich nicht vergleich-
bar ist mit der Situation der DDR-Flüchtlinge und der
Frühübersiedler. Dieses Angebot wollten wir allen unter-
breiten. Wir haben in diesem Haus aber keine Mehrheit
dafür gefunden.


(Ottmar Schreiner [SPD]: Möglichst bei Herrn Maschmeyer in Hannover! – Anton Schaaf [SPD]: Mit Sicherheit nicht!)


Wenn Sie sagen, dass es nicht zu spät ist, dann gebe
ich Ihnen recht. Sie sind aufgefordert, auf den von uns
vorgeschlagenen Weg einzuschwenken. Dieser Weg ist
der einzige, der in rechtlicher Hinsicht befriedigend ist,
weil er keine neue Prozesslawine in diesem schwierigen,
verminten Gelände hervorrufen würde.


(Ottmar Schreiner [SPD]: Vielleicht sollten Sie mal einen leichten Minenräumer einsetzen!)


– Bitte?


(Ottmar Schreiner [SPD]: Statt nach Hannover zu Herrn Maschmeyer zu gehen, sollten Sie einen Minenräumer einsetzen!)


– Herr Kollege Schreiner, diese Art von Zwischenrufen
zeigt nur, wie ernst Sie dieses Thema nehmen. Ich finde
das, was Sie dazwischengerufen haben, peinlich.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Iris Gleicke [SPD]: Jedenfalls deutlich intelligenter als die Zwischenfragen, die Sie gestellt haben!)


Das wird der Sache wirklich nicht gerecht.

Der Herr Kollege Schaaf möchte, glaube ich, eine
Zwischenfrage stellen. Will er, oder will er nicht?

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(C (D Der Herr Kollege Schaaf würde gerne eine Zwischen age stellen, Herr Kolb. Ja. Bitte schön. Ich danke Ihnen, Herr Kolb, und ich danke Ihnen, err Präsident, dass Sie diese Zwischenfrage noch zussen. – Herr Kolb, ich würde Sie gerne fragen: Wann agen Sie endlich etwas zum Thema? Langsam finde ich as, was Sie da gerade betreiben, wirklich nur noch peinch. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715530100
Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1715530200
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715530300
Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1715530400

Sie umschiffen das Thema. Wir haben hier eine Fall-
ruppe, die mit anderen sicherlich nicht vergleichbar ist.
iese Gruppe ist in sich aufgespalten, und zwar auf-
rund eines nachträglich in das Rentenrecht eingefügten
tichtages. Den Betroffenen ist noch nicht einmal be-
annt gegeben worden, dass aufgespalten wurde.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Genau so! Richtig!)


o läuft das Spiel. Diese Gruppe ist nicht vergleichbar
it irgendeiner anderen Gruppe. Nun sagen Sie, dass die
DP den klugen Vorschlag gemacht hat, dass sich die
etroffenen nachversichern können. Was Sie da machen,
t Folgendes: Ein kollektives Versprechen der Bundes-
publik Deutschland an die Betroffenen wollen Sie in-

ividualisieren und privatisieren. Genau das wollen Sie
achen.

Wir Sozialdemokraten haben eine Idee entwickelt.
iesen Vorschlag – Einführung eines neuen Stichtages –
uss man ja nicht unterstützen. Es hat auch ein wenig

edauert, bis wir diese Idee hatten.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1715530500

Das kann man wohl sagen.


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1715530600

Das können Sie Ottmar Schreiner, mir und der Sozial-

emokratie in Gänze vorwerfen. Sie aber haben außer
er Individualisierung überhaupt keine Idee zur Lösung
ieses Problem.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1715530700

Herr Kollege Schaaf, ich habe unsere Position hier

ehr wohl deutlich gemacht. Der Vorteil unserer Position
t: Es ist die gleiche, die wir hier schon seit Jahren vor-
agen. Wir sagen: Bei einem solchen Problem, bei dem
an durch rückwirkende Rechtsänderung keine befriedi-





Dr. Heinrich L. Kolb


(A) )


)(B)

gende Lösung herbeiführen kann – das gilt insbesondere
angesichts verschiedener Rechtsstände im Bereich des
Rentenrechtes –, ist es die beste Lösung, den Menschen
dadurch gerecht zu werden, dass man ihnen Leistungen
zukommen lässt. Wir schlagen vor, dass dies auf dem
Wege der Nachversicherung geschieht. Ich habe schon in
vergangenen Debatten die Nachversicherung als Lösung
vorgeschlagen. Es ist ja nicht so, dass ich heute im Deut-
schen Bundestag zum ersten Mal die Nachversicherung
vorschlage. Deshalb wundert es mich etwas, wenn Sie
sagen, wir hätten damit hinterm Berg gehalten. Nein, wir
haben immer gesagt: Wir wollen dieses Nachversiche-
rungsangebot zu günstigen Bedingungen. Dabei muss
auch ermittelt werden, zu welchen Bedingungen die Ver-
sicherung in der DDR damals möglich gewesen wäre.
Das wäre – wir haben das berechnet – ein durchaus inte-
ressantes Angebot für die Versicherten gewesen.

Man kann es nicht so machen, wie Sie es vorschlagen.
Sehen Sie uns diese Feststellung nach. Man kann nicht
rückwirkend teilweise Fremdrentenrecht zur Anwen-
dung bringen. Das ist keine wirklich zielführende Lö-
sung.

Wir haben das immer gesagt, und wir sagen das auch
weiterhin. Das ist der Unterschied zwischen SPD und
FDP. Sie haben in diesem Hohen Haus in der Vergangen-
heit mit keinem Wort das vorgeschlagen, was Sie heute
als das Nonplusultra präsentieren. Deswegen sind Sie
unglaubwürdig. Das, was Sie hier tun, ist opportunis-
tisch. Sie können nicht davon ausgehen, dass wir zu die-
sem opportunistischen Handeln die Hand reichen.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715530800

Das Wort hat für die Fraktion Die Linke die Kollegin

Martina Bunge.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Martina Bunge (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715530900

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Wir müssen uns heute mit der Rente für die Menschen,
die aus der DDR geflüchtet oder ausgereist waren oder
von den Behörden abgeschoben worden waren, beschäf-
tigen, weil sie zu einem komplizierten Problem gewor-
den ist.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nach Ihrer Auffassung hätten die in der DDR bleiben sollen!)


Eigentlich war die Situation ziemlich übersichtlich.
All diejenigen, die vor 1989 nach persönlichem Bruch
mit dem System, nach Diskriminierungen, Schikanen
und teilweise Gefängnisaufenthalten aus der DDR in die
Bundesrepublik kamen, wurden mit offenen Armen
empfangen. Weil diese Vorgänge hier anscheinend nicht
in allen Reihen bekannt sind, möchte ich sie im Detail
erläutern.

Da die Verantwortlichen der Bundesrepublik nie die
DDR-Staatsbürgerschaft anerkannt hatten, war die sofor-
tige Ausstellung eines bundesdeutschen Personalauswei-

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(C (D es kein Problem. Auch das gelebte Leben wurde für die ente so bewertet, als wäre die berufliche Tätigkeit in er Bundesrepublik absolviert worden. Die Anwartchaften wurden also nach dem sogenannten Fremdrennrecht gespeichert. Diejenigen, die bis Mitte der 90er ahre in Rente gingen, erhielten ihre Rente auf dieser asis. Von vielen Betroffenen und auch Abgeordneten unbeerkt – ich kann dies bestätigen; ich war damals Mitar eiterin der PDS im Deutschen Bundestag – kam es 993 zu einer klitzekleinen Gesetzesänderung – ein albsatz –, die dazu führte, dass das Renten-Überleingsgesetz von 1991, das bekanntlich die DDR-An prüche der Alterssicherung überleitet, auch auf diejenien übertragen wurde, die lange vor 1989 aus der DDR die Bundesrepublik übergesiedelt waren. De facto eißt das, dass die Geflüchteten, Ausgereisten und Abeschobenen wieder zu DDR-Bürgern gemacht wurden, (Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Nein!)


umindest rentenrechtlich.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Auch nicht!)


Natürlich! – Das ist ein fragwürdiges Konstrukt.


(Beifall bei der LINKEN – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Das ist ja schrecklich, was Sie hier erzählen!)


Unsere Auffassung ist: Rechtssituationen kann man
icht nach Zweck und nicht nach Anlass wechseln. Das
t Willkür.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Peinlich!)


iese Personen waren zum Zeitpunkt ihres Übertritts
indeutig Bundesbürgerinnen und Bundesbürger mit al-
n Konsequenzen; dies kann nicht nachträglich umge-
andelt werden.

Kollege Schiewerling, damals, nachdem diese Geset-
esänderung gemacht worden war, hat keiner der Betrof-
nen eine Information mit einem anderen Feststellungs-

escheid erhalten. Das erleben sie heute peu à peu, wenn
ie in Rente gehen. Aus Gesprächen weiß ich, dass sie
ich wiederum verletzt fühlen. Sie fühlen sich ein weite-
s Mal enttäuscht, und zwar von einem Staat, von dem

ie das nicht erwartet hätten, dem sie vertraut hatten.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Von der DDR haben sie nichts Besseres erwartet! – Gegenruf des Abg. Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Das hat doch mit der Sache nichts zu tun! Immer das Gleiche! Das ist peinlich!)


eshalb unterstützen wir die Anträge der SPD und der
ündnisgrünen.

Damit lösen wir auch ein Versprechen ein, das wir der
teressengemeinschaft ehemaliger DDR-Flüchtlinge

. V. bei einem Kontakt gegeben haben. Wir haben ver-





Dr. Martina Bunge


(A) )


)(B)

sprochen, nicht allein vorzupreschen. Das ist der Grund,
weshalb die Linke in der Sache nichts gemacht hat.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben ein gemeinsames Agieren bevorzugt. Leider
haben Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD
und Bündnis 90/Die Grünen, uns bei der Antragstellung
nicht gefragt, obwohl wir Ihnen dieses Begehr übermit-
telt hatten. Wir werden diesen Anträgen aber zustimmen.
Es geht uns hier um die Betroffenen.

Deshalb appelliere ich auch an die Damen und Herren
der Regierungsfraktionen: Überdenken Sie Ihre ableh-
nende Haltung. Stehen Sie zu dem, was Sie immer wie-
der bekunden: Solidarität mit den Flüchtlingen aus der
DDR. Das tun Sie bisher nur mit Worten und nicht mit
Taten.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn Sie das jetzt nicht tun, laufen Sie Gefahr, zum
Heuchler zu werden. Ich denke, das sollte sich das Parla-
ment nicht antun.

Ich danke.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Ottmar Schreiner [SPD]: Heuchler sind die leider schon!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715531000

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Wolfgang

Strengmann-Kuhn von Bündnis 90/Die Grünen.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Normalerweise guter Mann!)



(BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
wollte eigentlich eine sehr sachliche Rede halten, die an-
gemessen ist. Aber ich muss sagen: Das, was die Union
hier abliefert, ist ein absolutes Trauerspiel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Ich fasse es kaum. Es geht nach dem Motto: Wer will,
findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe. – Sie zau-
bern permanent irgendwelche Gründe aus dem Hut, wa-
rum alle vorgeschlagenen Lösungen nicht gehen. Ma-
chen Sie endlich einmal etwas!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Wenn Sie unsere Vorschläge kritisieren: Legen Sie doch
selbst etwas vor! Die Menschen warten auf Lösungen
und nicht auf irgendwelche Hirngespinste und wahnsin-
nigen Gründe.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Sieben Jahre hätte Rot-Grün Lösungen vorlegen können! Sie haben es aber nicht gemacht!)



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(C (D Ich kann das wiederholen: SPD und Grüne haben in er damaligen Situation parallel gedacht. Das ist auch ieses Mal so. Eigentlich wollte auch ich meine Rede mit einem inweis auf den schönen Wegweiser, von dem schon die ede war, beginnen. Auch ich lese Ihnen vor, was darin eschrieben steht – der Kollege Schreiner hat das schon etan –: Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR oder Berlin cherung grundsätzlich so behandelt, als ob sie ihr gesamtes Arbeitsleben in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt hätten. Das war ein politisches Versprechen, das wir den enschen, die in den Westen gekommen sind, damals egeben haben. Dieses Versprechen ist später gebrochen orden, und es wird immer noch gebrochen. Es ist an er Zeit, das endlich zu ändern. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


s ist eine Ungeheuerlichkeit, dass ausgerechnet die
enschen, die vor der DDR geflohen und in den Westen

ekommen sind, durch die Wiedervereinigung benach-
iligt werden. Das ist eine solche Ungeheuerlichkeit,
ass mich wirklich erschreckt, dass die Union hier nichts
nternehmen will.

Weil die ganze Geschichte so unsäglich ist, haben wir
in ungewöhnliches Verfahren gewählt. Wir wollten ur-
prünglich zusammen mit der SPD einen Antrag einbrin-
en. Die SPD war dann schneller. Wir standen vor der
ntscheidung: Unterstützen wir diesen Antrag einfach
ur, oder stellen wir einen wortgleichen Antrag, um zu
nterstreichen, welche Bedeutung dieses Thema für die
etroffenen hat?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Hoffentlich haben Sie auch eine Quelle angegeben!)


iesen Weg sind wir gegangen.

Ich fand die Idee des Kollegen Schaaf, die Stichtags-
gelung anzuwenden, sofort sehr gut und sehr nachvoll-

iehbar. Wir haben das dann mit unseren Juristen abge-
lärt; das hat ein bisschen gedauert. Auch sie haben
esagt: Das ist juristisch haltbar. – Wenn Sie anderer
einung sind: Machen Sie es besser! Aber machen Sie

gendetwas!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Der Musterbrief von Herrn Schiewerling und Peter
eiß strotzt nur so vor juristischen Feinheiten, die für

ie Betroffenen völlig irrrelevant sind.


(Otto Fricke [FDP]: Was? Der Rechtsstaat ist irrelevant? Interessant!)


arin stehen sehr schöne Sätze. Es heißt, dass man den
etroffenen irgendwie helfen will und dass man Ver-

tändnis für sie hat. Aber heute hat man gemerkt: Sie
ollen den Menschen überhaupt nicht helfen. Sie haben
icht einmal ansatzweise dargestellt, was getan werden





Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn


(A) )


)(B)

könnte. Ich muss sagen: Ich bin wirklich fassungslos und
weiß kaum, was ich sagen soll.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Ich bin fassungslos über das Verhalten von SPD und Grünen!)


Schließen möchte ich, indem ich aus dem Schluss des
Vorworts des erwähnten Wegweisers zitiere. Da heißt es:

Verlieren Sie bitte nicht die Geduld, wenn hier und
da einmal etwas nicht so reibungslos läuft, wie Sie
erhofft hatten.


(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)


Manches Warten und manche Schwierigkeiten wer-
den sich nicht vermeiden lassen. Aber machen Sie
dennoch von Ihren Rechten Gebrauch.

Das haben die Menschen getan.

Sie können dabei stets auf die verständnisvolle und
sachverständige Unterstützung der für Ihre Belange
zuständigen Stellen rechnen.

Für viele DDR-Flüchtlinge klingt das mittlerweile
wie ein Hohn, genau wie das, was Sie auch heute wieder
von sich gegeben haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Betroffenen warten schon viel zu lange.

Der Vorschlag von SPD und Grünen liegt auf dem
Tisch. Wenn Sie ihn nicht gut bzw. problematisch fin-
den: Machen Sie es besser! Finden Sie nicht wieder ir-
gendwelche Gründe, die gegen unseren Vorschlag spre-
chen! Ich bin davon überzeugt, dass auch der Kollege
Lange gleich nur sagen wird, was an unserem Vorschlag
nicht geht. Sagen Sie, was geht! Geben Sie den Leuten
wenigstens ein Stück weit Hoffnung.

Wir sind gerne bereit, konstruktive Verhandlungen zu
führen. Wir haben unsere Anträge vor fast einem Jahr,
im Frühjahr/Frühsommer 2011, eingebracht und Ihnen
viel Zeit gegeben, in einen konstruktiven Dialog mit uns
zu treten. Es ist nichts, aber auch gar nichts passiert.
Auch in Ihrem Musterbrief wird nur argumentiert, wa-
rum unser Vorschlag nicht geht. Legen Sie endlich ei-
gene Vorschläge vor! Tun Sie etwas! Sie sind an der Re-
gierung. Wir machen im Sinne der Betroffenen gerne
mit. Die haben es nämlich wirklich nötig.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715531100

Das Wort hat der Kollege Ulrich Lange von der CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! err Schreiner, zum Thema Sachlichkeit brauche ich bei rem Vortrag heute nichts mehr zu sagen. Opportunisti cher und heuchlerischer geht es nicht. Dazu kann man irklich nichts mehr sagen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist heuchlerisch von Ihnen!)

Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1715531200

Ich habe in Kürschners Volkshandbuch erst einen
tern für die Dauer meiner Zugehörigkeit zum Deut-
chen Bundestag, Sie haben, wie wir gehört haben, neun
terne, aber Sie haben die lange Zeit, für die Sie diese
eun Sterne bekommen haben, nicht positiv nutzen kön-
en, um das umzusetzen, von dem Sie jetzt plötzlich
lauben, dass es richtig ist.


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie setzen überhaupt nichts um! Sie machen überhaupt nichts! Sie lassen die Leute im Regen stehen!)


Wenn es nach Ihnen, dem treuen Vasallen von
afontaine, gegangen wäre, dann hätten wir das Problem
atürlich nicht; denn dann hätten wir nicht einmal die
iedervereinigung. Hier müssen Sie die Kirche doch

itte einmal im Dorf lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Völlig irrelevant!)


err Schreiner, fangen Sie selber mit der Sachlichkeit
n, bevor Sie darüber reden.


(Iris Gleicke [SPD]: Sie waren mit Ihren Zwischenrufen und sind mit Ihrer Rede ein Fall für Fremdschämen! – Weiterer Zuruf von der SPD: Peinlich, was Sie sagen!)


Liebe Frau Kollegin Bunge, Sie haben in der DDR
arxismus-Leninismus studiert.


(Anton Schaaf [SPD]: Zur Sache, Herr Lange!)


or diesem Staat sind die Menschen in die faire Bundes-
publik Deutschland geflohen, und sie haben dort von

er Gesellschaft, die sie aufgenommen hat, auch ein fai-
s Rentenangebot bekommen. Nach Ihrem Willen wäre

s so natürlich nicht gekommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Peinlich!)


Herr Strengmann-Kuhn, wo waren denn Ihre Gesetz-
ntwürfe in den sieben Jahren Rot-Grün? Herr Schreiner,
ei Ihnen waren es elf Jahre.


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie regieren jetzt doch!)


s ist völlig egal, zu welcher Tageszeit sie geführt wird:
iese Debatte ist opportunistisch.





Ulrich Lange


(A) )


)(B)


(Ottmar Schreiner [SPD]: Wo geht es denn jetzt lang? – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was soll denn der Unsinn? Sagen Sie doch mal, was Sie jetzt wollen!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Übersiedler und
Flüchtlinge aus der DDR wurden in der Bundesrepublik
bis zur Maueröffnung nach dem Fremdrentengesetz be-
wertet und originären Bundesbürgern gleichgestellt.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wissen wir schon, Herr Lange!)


Im Rahmen des Renten-Überleitungsgesetzes kam es
dann zu Neubewertungen.


(Ottmar Schreiner [SPD]: Hallo! Zur Sache, Schätzchen! – Anton Schaaf [SPD]: Nein, das war erst 92, nicht 91! Da ist doch nur Ahnungslosigkeit unterwegs!)


Diese Rentenminderungen werden ja zum Teil auch
nicht bestritten. Ihr Argument des Vertrauensschutzes,
den Wegweiser von 1989, den Sie vorlegen, gab es zum
Antritt Ihrer Regierung im Jahre 1998 aber auch schon.


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein politisches Versprechen!)


Warum haben Sie das damals nicht gelesen und entspre-
chend gehandelt? Der Einstieg, den Sie hier gewählt ha-
ben, ist nicht überzeugend, sondern er ist unglaubwürdig
und unfair.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch peinlich, was Sie hier machen! – Gegenruf des Abg. Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Das ist unehrlich, was Sie hier machen! Das ist so was von unehrlich!)


Wir alle wissen: Die Schaffung eines Vertrauens-
schutzes im Rentenrecht ist ein äußerst schwieriges Pro-
blem. Jeder weiß, dass auf jedem Rentenbescheid, den
man während der Beschäftigungsphase bekommt – so ist
das auch bei meinem –, „Unter Vorbehalt“ steht. Keine
Rentenauskunft ist endgültig und bestandskräftig.


(Zuruf von der SPD: Langweilig!)


– Ja, natürlich, „langweilig“. – Wir alle haben das bei der
Umstellung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre
erlebt.


(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Blabla! Nur Luftblasen! Das ist doch völlig irrelevant! Was wollen Sie denn machen?)


Auch dadurch gab es natürlich Änderungen hinsichtlich
des Vertrauensschutzes.

Die wesentlichen Punkte hat Ihnen der Kollege Weiß
schon genannt.


(Ottmar Schreiner [SPD]: Dann setzen wir uns jetzt mal!)


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(C (D eder Herr Schreiner noch Herr Strengmann-Kuhn uss hier jetzt den Empörten spielen. Wo waren Ihre orschläge? (Ottmar Schreiner [SPD]: Alles ist schon gesagt, nur nicht von Herrn Lange!)


Ja, wir hätten gerne eine optimale Regelung gefun-
en. Der Kollege Weiß hat das auch schon deutlich ange-
prochen. Wir haben mit vielen Interessenverbänden und
achbehörden gesprochen. Die beste Lösung, eine echte,
dividuelle Rentengerechtigkeit, die wir alle gerne hät-
n, wird es – das werden wir uns eingestehen müssen –

m Ende des Tages nirgends geben.

Ich fasse zusammen: Insgesamt haben wir eine gute
nd faire Lösung gefunden.


(Ottmar Schreiner [SPD]: Ich dachte, ihr seid am Suchen!)


Lieber Kollege Schreiner, das sage ich Ihnen hier noch
inmal ganz deutlich: Die Bundesrepublik Deutschland
at eine faire und ausgewogene Sozialgeschichte.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ottmar Schreiner [SPD]: Der Ball war sehr flach gespielt! Das war ein richtiger Flachmann! – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Peinlich, absolut peinlich!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715531300

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
mpfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales auf
rucksache 17/6390.

Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner
eschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der
raktion der SPD auf Drucksache 17/5516 mit dem Titel
DDR-Altübersiedler und -Flüchtlinge vor Rentenmin-
erungen schützen – Gesetzliche Regelung im SGB VI
erankern“. Wer stimmt für diese Beschluss-
mpfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die
eschlussempfehlung ist angenommen mit den Stimmen
er Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi-
onsfraktionen.

Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-
hnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
en auf der Drucksache 17/6108 mit dem Titel „DDR-
ltübersiedler und – Flüchtlinge vor Rentenminderun-
en schützen – Gesetzliche Regelung im SGB VI veran-
ern“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
egenstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-
hlung ist mit gleichem Stimmenverhältnis angenom-
en.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 a und b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Uwe
Schummer, Albert Rupprecht (Weiden), Michael
Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Heiner Kamp, Dr. Martin Neumann (Lausitz),
Dr. Peter Röhlinger, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion der FDP

Gleichwertigkeit von Berufsbildung und Abi-
tur gewährleisten

– Drucksache 17/8450 –

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Willi Brase,
Klaus Barthel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Gleichwertigkeit von Berufsbildung und
Abitur sichern

– zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring,
Ekin Deligöz, Katja Dörner, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Deutschen Qualifikationsrahmen zum Er-
folg führen – Gleichwertigkeit von Abitur
und Berufsabschlüssen sicherstellen

– Drucksachen 17/7957, 17/8352, 17/8490 –

Berichterstattung:
Abgeorndete Uwe Schummer
Ulla Burchardt
Willi Brase
Heiner Kamp
Agnes Alpers
Kai Gehring

Die Reden sollen zu Protokoll genommen werden. Es
handelt sich um die Beiträge von Dr. Thomas Feist,
CDU/CSU, Willi Brase, Dr. Ernst Dieter Rossmann,
SPD, Heiner Kamp, FDP, Agnes Alpers, Die Linke, Kai
Gehring, Bündnis 90/Die Grünen, und dem Parlamenta-
rischen Staatssekretär Dr. Helge Braun für die Bundesre-
gierung.1)

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/8450 mit
dem Titel „Gleichwertigkeit von Berufsbildung und Abi-
tur gewährleisten“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Da-
gegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist angenommen
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen der Fraktionen der SPD und der Grünen bei
Enthaltung der Linken.

Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung auf Drucksache 17/8490. Der Ausschuss emp-
fiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die
Ablehnung des Antrags der Fraktion der SPD auf Druck-
sache 17/7957 mit dem Titel „Gleichwertigkeit von Be-
rufsbildung und Abitur sichern“. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenom-
men mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen

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1) Anlage 10 2)

(C (D ie Stimmen der SPD bei Enthaltung der Linken und der rünen. Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Abhnung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grüen auf Drucksache 17/8352 mit dem Titel „Deutschen ualifikationsrahmen zum Erfolg führen – Gleichwergkeit von Abitur und Berufsabschlüssen sicherstellen“. er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer timmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemphlung ist angenommen mit den Stimmen der Koalionsfraktionen und der SPD-Fraktion gegen die Stimen der Linken und der Grünen. Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 11 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Leitlinien der Union für den Aufbau des transeuropäischen Verkehrsnetzes 2011)


– Drucksachen 17/7918 Nr. A.18, 17/8484 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Arnold Vaatz

Auch die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt sol-
n zu Protokoll genommen werden. Es handelt sich um
ie Reden der Kollegen Vaatz, CDU/CSU, Lange, eben-
lls CDU/CSU, Burkert, SPD, Simmling, FDP,
ehrens, Linke, und Hofreiter, Bündnis 90/Die Grünen.2)

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung auf
rucksache 17/8484 zu dem Vorschlag für eine Verord-
ung des Europäischen Parlaments und des Rates über
eitlinien der Union für den Ausbau des transeuropäi-
chen Verkehrsnetzes. Der Ausschuss empfiehlt, in
enntnis der Unterrichtung eine Entschließung gemäß
rt. 23 Abs. 3 des Grundgesetzes anzunehmen. Wer

timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
agegen? – Wer enthält sich? – Dann ist die Beschluss-
mpfehlung angenommen mit den Stimmen aller Frak-
onen gegen die Stimmen der Grünen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (15. Ausschuss) zu dem Antrag
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP

Neue Impulse für die Sportbootschifffahrt

– Drucksachen 17/7937, 17/8482 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Hans-Joachim Hacker

Dieser Punkt soll debattiert werden. Nach einer inter-
aktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine

Anlage 9





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Widerspruch? – Das
ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Hans-Werner Kammer von der CDU/
CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Hans-Werner Kammer (CDU):
Rede ID: ID1715531400

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Förderung des
Wassertourismus in Deutschland ist eine Herzensangele-
genheit der Union, die wir schon in der letzten Legisla-
turperiode in einem Antrag aufgegriffen haben. Mit dem
vorliegenden Antrag werden wir neue Impulse für die
Sportbootschifffahrt setzen und so dieses Vorhaben kon-
sequent weiterentwickeln. Die Union hält hier den
Kurs – mit Zustimmung vieler Menschen in Deutsch-
land.

In unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung
dazu auf, zur Erreichung dieses Ziels einen ganzen
Strauß von Maßnahmen umzusetzen. Aus der Fülle der
Maßnahmen möchte ich nur die wichtigsten Punkte an-
sprechen.

Zunächst möchten wir die Führerscheinprüfung nicht
etwa vereinfachen, sondern systematisieren, entschla-
cken und entbürokratisieren. Ich weiß, dass die Opposi-
tion mit diesen Begriffen wenig anfangen kann. Deshalb
werde ich sie genau erläutern.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das ist schon Inhalt der Anträge, die vorliegen aus der letzten Legislaturperiode! Nichts Neues!)


– Vielleicht höre ich dann von Ihnen etwas Neues, Herr
Hacker. Darauf bin ich gespannt. Bisher haben wir von
Ihnen in der Vergangenheit sehr wenig an konstruktiver
Zusammenarbeit erlebt.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das habe ich anders wahrgenommen, Herr Kollege!)


– Ja gut, darin sind wir unterschiedlicher Auffassung.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Wir waren uns doch einig!)


Wir wollen die unterschiedlichen Verordnungen zum
Führerscheinwesen so weit wie möglich zusammenfas-
sen. Die Wassersportführerscheine werden in Zukunft
modular aufgebaut. Dies soll auch für die Sonderprüfung
gelten. Wir wollen, dass die Wassersportler nur lernen
müssen, was sie tatsächlich brauchen.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das wollen wir auch! – Willi Brase [SPD]: 10 PS oder bis zu 15 PS soll man ohne Führerschein fahren können? Das kann doch nicht wahr sein! – HansJoachim Hacker [SPD]: Sicherheitsrisiko!)


Wir wollen aber auch, dass die Wassersportler das, was
sie brauchen, tatsächlich lernen.


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(C (D (Hans-Joachim Hacker [SPD]: Längst beschlossen, lieber Herr Kammer! Alles beschlossen!)


Sparen Sie sich doch die Kraft für Ihre Rede! – Des-
alb muss in der Ausbildung stärker als bisher auch auf
levante praktische Grundfähigkeiten abgestellt wer-

en. Die beste Theorie nützt nichts, wenn es in der Pra-
is nicht klappt.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Richtig!)


as ist ein Musterbeispiel für Ihre sozialdemokratische
irtschaftspolitik, die nie geklappt hat, die nur theore-

sch war.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Es geht um Freizeitpolitik! Es geht nicht um Wirtschaftspolitik!)


Die Sicherheit auf dem Wasser ist ein zentrales Anlie-
en dieser Koalition. Diesem großen Ziel muss die Qua-
tät der Ausbildung in der Wirklichkeit gerecht werden.
eshalb wollen wir die Verbände und Vereine dabei un-
rstützen,


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Die lehnen das ab!)


is Ende 2016 ein einheitliches Qualitätssiegel zu schaf-
n, das Mindeststandards in der Ausbildung garantiert.
ollten die Verbände und Vereine dieses Ziel wider Er-
arten nicht erreichen, wird die Bundesregierung die
itiative ergreifen und allgemeine Mindeststandards für

ie Ausbildung sicherstellen.


(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Ohne Führerschein! – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Sie können für die Bundesregierung hier gar nicht sprechen!)


Ich habe diese beiden Punkte ausführlich dargestellt,
amit auch den größten Bedenkenträgern und den hart-
äckigsten Liberalisierungsfeinden klar wird, dass diese
oalition weder sich noch andere gefährden wird.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Wir sind gegen wilden Liberalismus!)


ir gewährleisten nicht nur die innere und äußere Si-
herheit, sondern auch die auf dem Wasser.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In welcher Welt leben Sie? – HansJoachim Hacker [SPD]: Was sagt die Wasserschutzpolizei Brandenburg?)


Ihre Zwischenrufe werden länger als Ihre Rede nach-
er.

Wir wollen die Attraktivität der Sportbootschifffahrt
rhöhen und den hart arbeitenden Menschen in diesem
and den Zugang zu dieser besonders schönen Art, seine
reizeit zu genießen, erleichtern. Deshalb fordern wir
ie Bundesregierung dazu auf, die Führerscheinpflicht
rst ab 15 PS beginnen zu lassen. Wir wollen Hausboote
it Charterscheinen auf mehr, aber nur auf dazu geeig-





Hans-Werner Kammer


(A) )


)(B)

neten Gewässern erlauben. Wir gängeln nicht; wir be-
freien und geben der Tourismuspolitik eine Chance.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben die Entscheidung zum Führerschein mit
großer Sorgfalt getroffen.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Sorgfalt“?)


In der Vorbereitungsphase haben wir geprüft, ob nicht
eine Kombination von maximaler Bootslänge und maxi-
maler Geschwindigkeit zweckmäßiger wäre. Diese Lö-
sung hätte man aber nur mit einem sehr komplexen und
damit sehr bürokratischen Verfahren umsetzen können.
So, wie es jetzt geregelt ist, ist es einfach und klar. Das
ist Koalitionspolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist doch gar nicht Rosenmontag!)


In der Diskussion über den Antrag wurde von interes-
sierten Kreisen ein Weltuntergangsszenario entwickelt.
Das zeigt nur: Die Koalition hat in dem Dschungel der
Bevormundung und der Regulierung wieder einmal eine
Bresche für die Freiheit geschlagen,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Martin Burkert [SPD]: Ach du lieber Gott!)


eine Freiheit, die für viele Menschen in der Europäi-
schen Union schon längst eine Selbstverständlichkeit ist.
Genauso wie in den anderen europäischen Ländern wird
der Verkehr auf Deutschlands Gewässern weiterhin in
geordneten Bahnen verlaufen. Ich vergleiche das einmal
mit dem Straßenverkehr: Wer als Fußgänger oder Fahr-
radfahrer – das heißt ohne Führerscheinprüfung – am
Straßenverkehr teilnehmen will, muss selbstverständlich
die Verkehrsregeln kennen.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Unpassender Vergleich!)


Fahrradfahrer und Fußgänger machen sich daher selbst-
verständlich mit ihnen vertraut. Dies wird auch bei den
Sportbootfahrern der Fall sein. Die Menschen, meine
Damen und Herren von der Opposition, haben mehr Ver-
antwortungsgefühl, als Sie ihnen zutrauen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es besteht auch kein Anlass, wegen einer möglichen
Gefährdung der Umwelt Krokodilstränen zu vergießen.
Bei den Fragen für die bisherige Führerscheinprüfung
gibt es in der Tat auch solche, die den Umweltschutz und
die Befahrensregelungen für Naturschutzgebiete und
Nationalparks betreffen. Wer allerdings nun annimmt,
dass diese Kapitäne dann auch Umweltexperten sind, ist
gewaltig auf dem Holzweg. Es handelt sich dabei um
insgesamt acht Fragen von beeindruckender Schlicht-
heit. Wer weiß, dass man Altöl nicht in Gewässer kippt,
beherrscht bereits ein Achtel des Stoffes. Das ist keine
gewaltige Leistung. Gesunder Menschenverstand hilft
hier weiter.

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(C (D Aus der Anhörung habe ich mitgenommen, dass in ukunft durchaus erwogen werden könnte, die techniche Sicherheit von motorgetriebenen Wasserfahrzeugen urch Sachverständige regelmäßig bescheinigen zu lasen. Wir werden über diesen Punkt im Rahmen der ächsten Weiterentwicklungsoffensive zugunsten des assersports ausführlich diskutieren. Dies wird im Rahen der in drei Jahren anstehenden Evaluierung der von er Bundesregierung getroffenen Regelungen gescheen. Damit Sie von der Opposition beruhigt sind: Das ird dann von dieser Koalition evaluiert werden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – HansJoachim Hacker [SPD]: Hellseherei!)


Sie sehen, diese Koalition ist nicht nur auf dem richti-
en Dampfer, sondern auch schnell wie ein Sportboot.
eshalb bitte ich um Annahme unseres Antrags.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715531500

Das Wort hat jetzt der Kollege Hans-Joachim Hacker

on der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1715531600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Kammer, ich hatte eben den Eindruck, dass wir hier
eim Karneval in Köln am Rosenmontag sind.


(Beifall der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Zuruf von der FDP: Dass Sie nicht aus Köln kommen, merkt man!)


Worum geht es hier eigentlich? Das von Ihnen aufge-
eigte Szenario sieht in Wirklichkeit völlig anders aus.
as, was in Ihrem Antrag steht, ist zum Teil Gegenstand

weier Anträge aus der letzten Legislaturperiode. Da
ind wir in den Punkten völlig einig.


(Patrick Döring [FDP]: Dann stimmen Sie doch zu!)


as, was in Ihrem aktuellen Antrag steht, ist zum Teil
berholt, weil die Neuregelung der Führerscheinprüfung

Mai dieses Jahres in Kraft tritt.


(Sören Bartol [SPD]: Ganz genau!)


ann wird auch Ihre Forderung nach mehr Praxis – die
h unterstütze – umgesetzt.


(Patrick Döring [FDP]: Umso besser, dass wir das hier verstärken!)


Es geht nicht um die Frage, ob wir den Wassertouris-
us befördern sollen. Wir alle wissen, dass Wassertou-
smus ein ganz tolles Potenzial hat.


(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Stimmen Sie zu! – Patrick Döring [FDP]: Die Sozialdemokraten verweigern sich nicht dem Fortschritt! Sehr gut!)






Hans-Joachim Hacker


(A) )


)(B)

Ich komme aus Mecklenburg-Vorpommern, einem Bun-
desland, das ebenso wie Brandenburg – zumindest tou-
ristisch gesehen – zu den großen Gewinnern der letzten
Eiszeit zählt: Es gibt dort tolle Seen und Kanäle. Das gilt
mittlerweile auch für die Lausitz.

Wir haben in den letzten Monaten im Verkehrsaus-
schuss und insbesondere im Tourismusausschuss verein-
bart, die Punkte, die auf der Tagesordnung stehen,
gemeinsam abzuarbeiten. Wir haben gesagt: Die Bun-
desregierung muss endlich Vorlagen liefern. Dann wer-
den wir das auf der Grundlage der beiden Anträge aus
der letzten Legislaturperiode bewerten. Dann kommen
Sie kurz vor Weihnachten und bringen in einer Nacht-
und-Nebel-Aktion Vorschläge ein, die wir in der letzten
Legislaturperiode nicht aufgegriffen haben.


(Ingbert Liebing [CDU/CSU]: Sie waren schon immer dagegen!)


Damit bin ich beim Punkt. Es geht um die Führerschein-
freiheit und die Erhöhung der Grenze von 5 auf 15 PS.


(Patrick Döring [FDP]: Dass Sie die Partei der Langsamkeit sind, wissen wir schon lange!)


Sie erwecken den Eindruck, als ob eine solche Erhöhung
einen Schub für den Wassersport und den Wassertouris-
mus bringen würde. Das ist eine Annahme, die über-
haupt nicht belegt ist.

Ich verweise auf die Anhörung, die wir am 18. Januar
im Deutschen Bundestag durchgeführt haben. Diese An-
hörung hat eindeutig belegt, dass die Mehrheit der Sach-
verständigen der Ansicht war, dass die Punkte, die wir
von Anfang an benannt haben – die Führerscheinpflicht
erst für Boote mit einer Mindeststärke von 15 PS vorzu-
sehen und die Ausdehnung der Charterscheinregelung,
die nach unserer Meinung zu weit geht –, kritisch zu se-
hen sind. Im Übrigen hat die Bundesregierung selber be-
stimmte Vorschläge aus Ihrem Antrag gar nicht unter-
stützt. Ich denke in diesem Zusammenhang an die
Plastikkarte, die als Führerschein dienen sollte. Das ist
von der Bundesregierung verworfen worden.


(Hans-Werner Kammer [CDU/CSU]: Das ist eine untergeordnete Frage!)


– Ja, das ist eine untergeordnete Frage. – Die Anhörung
war für 10 Uhr am 18. Januar angesetzt. Wir haben mit
etwas Verzug begonnen. Bereits um 10.07 Uhr haben
Sie, Herr Staffeldt, das Ergebnis der Anhörung auf Ihrer
Homepage verkündet.


(Torsten Staffeldt [FDP]: Das ist ein Zeichen von Fortschritt in der Politik!)


Sie haben der staunenden Öffentlichkeit mitgeteilt, dass
die Mehrheit der Sachverständigen Ihren Vorschlägen
zugestimmt hat.


(Patrick Döring [FDP]: Er hat vorher alle schriftlichen Stellungnahmen gelesen!)


Das ist eine Frechheit und eine Negierung unseres parla-
mentarischen Verfahrens.


(Beifall bei der SPD – Patrick Döring [FDP]: Lächerlich!)


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(C (D h frage mich: Wozu führen wir hier im Deutschen undestag Anhörungen durch, (Patrick Döring [FDP]: Das frage ich mich auch manchmal!)


enn die FDP zu Beginn der Anhörung bereits das Er-
ebnis vorwegnimmt?


(Patrick Döring [FDP]: Er hat die schriftlichen Stellungnahmen gehabt!)


Gerade die schriftlichen Stellungnahmen belegen, dass
re Vorschläge zu diesen beiden Punkten nicht unter-

tützt werden.


(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! – Patrick Döring [FDP]: Das ist eine gewagte Interpretation!)


Herr Staffeldt, Sie sagen, die Mehrheit der Sachver-
tändigen habe Sie unterstützt. Dazu sage ich: Sie von
er FDP glauben an Hellseherei.


(Patrick Döring [FDP]: Das ist blanker Lobbyismus, den Sie betreiben!)


as sind die beiden Gründe, warum wir diesen Antrag
icht mittragen können.

Wir haben in der vorigen Woche hier in diesem Haus
ine Diskussion über Verkehrssicherheit geführt. Für
ich erstreckt sich Verkehrssicherheit auch auf das

ichere Befahren von Gewässern; sie umfasst den Rhein
nd die Mosel, die Müritz und andere Gewässer. Sie
eben freie Fahrt auch für den Rhein und für die Mosel,
hne eine Altersbegrenzung einzuführen, ohne eine
aftpflichtversicherung vorzuschreiben, und Sie wollen
ie Führerscheinpflicht erst ab 15 PS.


(Hans-Werner Kammer [CDU/CSU]: Da unterscheiden wir uns von Ihnen! Wir trauen den Menschen!)


Ich rate Ihnen: Lesen Sie noch einmal die Stellung-
ahme der Wasserschutzpolizei Brandenburg durch. Die
asserschutzpolizei Brandenburg hat sich mit anderen
asserschutzpolizeien abgestimmt. Die Kritik trifft

och ins Mark, Herr Staffeldt.


(Hans-Werner Kammer [CDU/CSU]: Die ist für die Erhöhung! Waren Sie nicht dabei?)


Aber doch nicht auf 15 PS! Das hat die Wasserschutz-
olizei nicht unterstützt. Die Wasserschutzpolizei hat
esagt: Wenn erhöht wird, dann nur unter veränderten
ahmenbedingungen.


(Hans-Werner Kammer [CDU/CSU]: Wir sind doch keine Teppichhändler!)


as bedeutet: Versicherungspflicht und Altersbegren-
ung. Alles das machen Sie nicht.


(Patrick Döring [FDP]: Diese Debatten sind vor 200 Jahren bei der Einführung des Automobils auch geführt worden!)


h sage Ihnen: Sie sind, was die Verkehrs- und Touris-
uspolitik betrifft, ein Risikofaktor für die Gesellschaft.

Vielen Dank.





Hans-Joachim Hacker


(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715531700

Das Wort hat der Kollege Torsten Staffeldt von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Torsten Staffeldt (FDP):
Rede ID: ID1715531800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war

wieder einmal ganz großes Kino vom Kollege Hacker.


(Zuruf von der FDP: Das war ein Drama! – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Auf zur Verdrängungsphase!)


Man kann sich fragen, ob er unter Bewusstseinstrübung
leidet oder nicht. Wir alle waren in dieser Anhörung.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Sie wussten um 10.07 Uhr schon das Ergebnis!)


Wenn Sie wie auch der Kollege Behrens behaupten, dass
die Mehrheit der Experten dafür gewesen sei, dass alles
so bleibt, wie es ist, dann unterliegen Sie einem riesen-
großen Irrtum. Derjenige, den Sie, Herr Hacker, immer
wieder als Kronzeugen benennen, Herr Werner von der
Wasserschutzpolizei in Brandenburg, hat ganz klipp und
klar gesagt, dass auch die Wasserschutzpolizei dafür sei,
dass die PS-Grenze für die Führerscheinpflicht hoch-
gesetzt werde.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Unter Rahmenbedingungen! Sie lesen die Vorlagen nicht!)


So ist das. War ich in derselben Veranstaltung wie Sie?
Ich habe mir die Stellungnahmen durchgelesen.

Wir können das Thema noch einmal behandeln: Von
den sechs anwesenden Experten waren drei ganz klar
verortet: der Experte vom BUND – von dem war nichts
anderes zu erwarten; Entschuldigung, Frau Dr. Wilms,
aber es war nicht unbedingt zu erwarten, dass der BUND
für Motorbootschifffahrt ist –, Herr Roeder vom Deut-
schen Olympischen Sportbund und Herr Süß vom Deut-
schen Segler-Verband.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die waren auch eindeutig gegen Ihr Vorhaben!)


Die letzten beiden sind anerkannte Verbandsfunktionäre,
die ein sehr großes Interesse daran haben, dass ihre bis-
herige Beleihung in der Form erhalten bleibt.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das ist ein billiger Vorwurf! Es geht um die Frage der Sicherheit!)


Alle anderen waren dafür, dass wir die Änderungen in
der Form durchführen, wie wir das jetzt auch tun wer-
den.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das können Sie doch gar nicht! Das macht doch die Regierung!)


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(C (D us diesem Grund, Herr Hacker, ist es völlig klar, dass ie diesbezüglichen Pressemitteilungen zeitnah zur Anörung herausgingen. Insofern habe ich überhaupt kein roblem damit. (Hans-Joachim Hacker [SPD]: Zu Beginn der Anhörung haben Sie es vorweggenommen!)


ber dies nur als kleine Replik auf das, was wir im
aufe des Abends schon hören durften.

Generell kann man feststellen, dass in diesem Fall die
ereinigte Opposition alle Mittel und Wege versucht, um
ns anzugreifen. Darüber kann ich mich, wie gesagt, nur
undern. Das habe ich schon mehrfach geäußert.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Es geht um Sicherheit!)


Grunde genommen wissen Sie ganz genau, dass das,
as wir machen und was eben schon der Kollege
ammer, der große Freiheitskämpfer von der CDU, dar-
estellt hat, der richtige Weg ist, dass wir die Ziele ver-
lgen wollen, die Sie in den früheren Legislaturperio-

en, in denen Sie den Verkehrsminister gestellt haben,
ie erreicht haben. Was nützen uns die wunderschönen
nträge, die Sie damals gestellt haben? Nichts davon
aben Sie erreicht.


(Patrick Döring [FDP]: So ist es! Nichts habt ihr auf die Reihe gebracht! Ihr rudert noch in der Pfütze rum!)


Wir werden das jetzt umsetzen, Herr Hacker, wozu
ie nur Lippenbekenntnisse abgegeben haben. In einem
rsten Schritt werden wir dafür sorgen, dass mehr Men-
chen aufs Wasser kommen, und zwar ohne Regulierun-
en, die überflüssig oder übertrieben sind.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


as ist genau der Punkt: Überflüssige Regulierungen,
ie ausschließlich dazu dienen, beliehenen Verbänden
rüfungsgebühren zukommen zu lassen, sind nicht un-
ere Art von Politik, sondern das ist offensichtlich eine
orm von Klientelpolitik, die Sie hier gerne betreiben
ollen.


(Patrick Döring [FDP], an die SPD gewandt: Sie betreiben Lobbyismus! – Gegenruf des Abg. Hans-Joachim Hacker [SPD]: Es geht um Sicherheit, Herr Döring!)


ie betreiben den Lobbyismus und die Klientelpolitik,
ie Sie uns an der einen oder anderen Stelle immer wie-
er gern vorwerfen.

Es ist ja ganz nett, sich am späten Abend ein wenig zu
eharken.


(Patrick Döring [FDP]: Am frühen Abend! – Zuruf von der SPD: So spät ist es noch nicht!)


Oder am frühen Abend; je nachdem. – Aber ich
öchte jetzt zum Fachlichen kommen.

Wir haben die Anhörung durchgeführt, bei der auch
err Werner von der Wasserschutzpolizei Brandenburg

nwesend war. Dieser hat gesagt, es sei keine signifi-
ante Zunahme der Zahl der Unfälle zu verzeichnen.





Torsten Staffeldt


(A) )


)(B)

Das heißt, auch im Charterscheingebiet, in dem Leute
mit einer kurzen Einweisung große Boote fahren dürfen,
hat es keine signifikante Zunahme der Zahl der Unfälle
gegeben. Das heißt, alle Schreckens- und Horrorszena-
rien, die Sie hier an die Wand malen, sind wirklich für
die Katz.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Noch einmal – ich habe es letzten Mittwoch schon ge-
sagt –: Die Unfälle, die geschehen, werden nicht nur von
Menschen verursacht, die keinen Führerschein haben,
sondern auch von Menschen, die einen Führerschein
haben. Insofern wird eine Erhöhung von 5 auf 15 PS,
wie wir sie vorhaben, die Zahl der Unfälle auch nicht er-
höhen.


(Beifall bei der FDP: So ist es!)


Wir wollen mehr Verkehr auf dem Wasser, wir wollen,
dass die demografische Entwicklung, die gerade in die-
sem Sport- und Tourismussegment erkennbar ist – das
Durchschnittsalter der Wassersporttreibenden liegt im
Moment bei 56 Jahren –, dadurch zumindest teilweise
aufgehalten wird, dass die Menschen ohne große Regu-
lierung aufs Wasser gehen können. Sie sollten nicht erst
einen Kurs machen müssen, Geld bezahlen müssen und
während des Kurses so wichtige Dinge lernen müssen
wie die Beantwortung der Frage, wer für die Ausstellung
von Funkzeugnissen in Deutschland zuständig ist. – Das
sind nämlich die Regulierungsbehörden.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die können das Ruderboot nehmen! – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das ist doch alles erledigt! Alte Hüte! Alte Kamellen!)


Letztes Jahr habe ich den Sportbootführerschein „bin-
nen“ gemacht; das nur nebenbei.

Wir begrüßen es, dass das Bundesverkehrsministe-
rium das Prüfungsverfahren im Mai dieses Jahres auf
Multiple Choice umstellen wird, dass dieses Prüfungs-
verfahren entschlackt wird. Das ist sehr gut. Aber wir
haben eben darüber hinausgehende Vorstellungen, was
die Führerscheine angeht, was beispielsweise auch die
Anerkennung anderer bereits erworbener Qualifikatio-
nen angeht – wie gesagt, alles mit der Zielsetzung, dass
mehr Menschen aufs Wasser kommen. Denn es ist ein-
fach toll auf dem Wasser. Herr Hacker, ich weiß nicht,
ob Sie schon einmal dort waren. Außer auf der Toilette
waren Sie vielleicht noch nicht auf dem Wasser.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Ich war immer auf dem Klarwasser und nicht auf dem Brackwasser!)


Wir sind fest davon überzeugt, dass das der richtige
Weg ist. Weil wir aber auch die Bedenken der Verbände
ernst nehmen, ist in unserem Antrag eine Prüfklausel
enthalten. Wir werden also nach drei Jahren schauen,
wie sich das Ganze entwickelt hat. Ich gehe fest davon
aus, dass es sich positiv entwickeln wird. Aus diesem
Grunde denke ich, dies ist nur der Einstieg in eine Ver-
einfachung. Herr Kollege Kammer hat das eben schon
sehr schön – vielleicht ein wenig polemischer, als ich es
kann – auf den Punkt gebracht. Aber zum Schluss – meine

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(C (D edezeit ist gleich abgelaufen – auch ein Spruch von ir: Wer glaubt, dass er mehr Menschen für den Was ersport begeistern kann, indem er viele Prüfungen vorieht und Hürden aufbaut, (Hans-Joachim Hacker [SPD]: Es geht ja gar nicht um die Prüfung!)


er glaubt auch, dass das Verhalten der Opposition, das
ir hier im Laufe der letzten Wochen und Monate erle-
en konnten, ernst gemeint ist.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715531900

Für die Linke hat jetzt das Wort der Kollege Herbert

ehrens.


(Beifall bei der LINKEN)



Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715532000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

uch wenn es zu dieser Zeit schwer ist: Stellen Sie sich
itte vor, dass auf Sie im Sommer beim Schwimmen in
inem See ein Motorboot zugefahren kommt. Man muss
och annehmen können, dass derjenige, der mit einem
olchen Boot unterwegs ist, in der Lage ist, zu begreifen,
ie er sich verhalten muss. Der Normalfall ist, dass je-
and, der einen Führerschein besitzt, zumindest in der
ührerscheinprüfung mit einer entsprechenden Frage
onfrontiert worden ist, dass er also weiß, wie er sich in
iner kritischen Situation verhalten muss. Das kann man
rwarten. Einen Führerschein braucht man allein schon
eswegen, weil man sich zumindest einmal mit Fragen
ieser Art auseinandergesetzt haben muss.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Die Menschen schützen sich doch selbst! Die Menschen wollen doch gar nicht, dass sie einen Unfall haben!)


CDU/CSU und FDP wollen nun erlauben, dass Men-
chen ab 16 Jahre Motorboote mit bis zu 15 PS ohne
ührerschein fahren dürfen. Bisher liegt die Grenze bei
PS. Kommt der Vorschlag der Regierungskoalition

urch, könnte sich der überwiegende Teil der Wasser-
portfreunde ins Boot setzen und einfach losfahren. Sie
aben möglicherweise nie etwas von Vorfahrtsregeln
der von Verkehrszeichen gehört und brausen dann mög-
cherweise mit bis zu 40 Stundenkilometern über einen
ee oder einen Fluss. Auf dem Wasser ist das gefährlich
chnell; das wissen Sie selber. Die Wasserschutzpolizei,
ie in der zitierten Anhörung ebenfalls anwesend war, ist
us personellen Gründen nicht in der Lage – auch das
urde erwähnt –, zu kontrollieren, ob Geschwindigkeits-
egrenzungen eingehalten werden. Wir wissen: Blitzer
uf dem Wasser gibt es nicht. So können die Motorboot-
hrer zu einer Gefahr werden, und zwar nicht nur für

ndere, sondern auch für sich, zum Beispiel wenn sie mit
uderern und Kanuten zusammentreffen


(Patrick Döring [FDP]: Die haben doch auch keine Ausbildung!)






Herbert Behrens


(A) )


)(B)

oder wenn sie darauf achten müssen, wie sie mit im
Uferbereich schwimmenden Kindern umgehen. Das ist
nicht zu verantworten. Darum geht das, was Sie hier vor-
haben, überhaupt nicht.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir den Naturschutz ernst nehmen, Flora und
Fauna schützen wollen – viele Wassersportler möchten
das –, dann müssen wir verlangen, dass jede Fahrerin
und jeder Fahrer eines Sportboots den Umgang mit dem
Fahrzeug gelernt hat und ihn beherrscht. Genau das ha-
ben wir uns letzte Woche in der Anhörung, die hier
schon erwähnt worden ist, von vielen Experten erklären
lassen.


(Patrick Döring [FDP]: Nicht in der Anhörung, in der wir waren!)


– Wir waren in der gleichen Anhörung. Wenn Sie die
Ausführungen dort genau verfolgt haben, dann haben
Sie festgestellt, dass insbesondere die geplante Führer-
scheinfreiheit bei Booten bis 15 PS kritisiert worden ist.


(Torsten Staffeldt [FDP]: Das nennt man selektive Wahrnehmung! – Patrick Döring [FDP]: Was hat denn der Führerschein mit ökologischer Sensibilität zu tun?)


Es wurde gesagt: Es wird brandgefährlich, wenn sich
künftig so viele Menschen mehr, ohne dass sie vorher
geprüft worden sind, ins Boot setzen können und mit bis
zu 40 Stundenkilometern über die Gewässer brettern
können.

Wir haben sogar vom Motoryachtverband gehört: Das
schadet dem Ansehen des motorisierten Wassersports.


(Patrick Döring [FDP]: Da sind Sie auch Lobbyist!)


Das ist heute noch auf der Homepage dieses Verbandes
zu lesen. Wir nehmen diesen Rat ernst.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie, meine Damen und Herren von der Koalition,
wollen Ihren Vorschlag damit rechtfertigen, dass die Re-
gelungen in Deutschland im Vergleich zu denen in ande-
ren europäischen Staaten besonders restriktiv sind; aber
das stimmt nicht. Etwa in Holland


(Patrick Döring [FDP]: Niederlande!)


besteht Führerscheinpflicht, wenn man ein Boot steuert,
das schneller als 20 Stundenkilometer fahren kann. Im
Vergleich dazu liegen wir im Mittelfeld. In Spanien müs-
sen alle, die ein Motorboot fahren wollen, den Führer-
schein besitzen.


(Patrick Döring [FDP]: Sie haben auf Mallorca auch noch nie ein Boot gemietet, oder?)


Ich bin überzeugt davon: Es ist ein Trugschluss, wenn
Sie glauben, dass Regionen für Touristen attraktiver
werden, wenn Bootsverleiher an jede und jeden ihre

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(C (D achten verleihen können, ohne dass sie eine entsprehende Ausbildung vorweisen können. Über einige Ihrer Vorschläge im Antrag können wir den; das haben wir schon angedeutet. Es ist sinnvoll, ie Zahl der Fragen im Prüfungsbogen zu reduzieren und erufsabschlüsse aus der gewerblichen Binnenund eeschifffahrt anzuerkennen. Aber an dem Kern, nämch Motorbootfahrer nur mit einer guten Ausbildung ufs Wasser zu lassen, müssen wir festhalten. Bevor Sie it dieser Regelung Schiffbruch erleiden, sollten Sie, enn schon nicht auf uns, auf die Expertenmeinungen ören und diesen abenteuerlichen und waghalsigen Vorchlag versenken. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans-Werner Kammer [CDU/ CSU]: Gott sei Dank, dass wir nicht auf Sie hören mussten!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715532100

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Valerie Wilms für

ündnis 90/Die Grünen.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715532200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

enn ich Revue passieren lasse, was wir in der Anhö-
ng erlebt haben, und das damit vergleiche, wie wir in

iese Debatte eingestiegen sind und was wir hier behan-
eln, dann finde ich das erstaunlich. Ich bekomme das
icht zusammen. Das gilt auch für Ihren Antrag.

Ich vermute, dass Sie heute nur einen Testballon star-
n. Der Koalition sind dabei die Testergebnisse gar
icht so wichtig – Hauptsache, Sie bekommen ihn erst
inmal in die Luft.


(Otto Fricke [FDP]: Auf das Wasser!)


onst bekommen Sie von der FDP nicht mehr viel in die
uft. Ich bin gespannt, was daraus wird. Vor allem warte
h mit Spannung darauf, was Ihr Verkehrsministerium
araus machen wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Das ist das Verkehrsministerium des deutschen Volkes!)


Wir haben schon lange Beschlüsse des Deutschen
undestages, die den Wassertourismus für alle – nicht
ur für Motorbootfahrer – attraktiver machen sollen. Die
tammen noch aus der letzten Wahlperiode. Herr Hacker,
ie haben das persönlich miterlebt. Herr Liebing, Sie
issen auch, dass es entsprechende Beschlüsse aus der
6. Wahlperiode gibt, die dann schön weggelegt wurden.
h bin immer wieder erstaunt, was alles noch nicht um-

esetzt worden ist.

Es hat Ewigkeiten gedauert, bis es jetzt endlich zu ei-
er Reform des Führerscheinrechts gekommen ist. Jetzt,
a es die neuen Regeln gibt, kommen Sie auf einmal wie
ai aus der Kiste mit neuen Ideen, die sich im Wesentli-





Dr. Valerie Wilms


(A) )


)(B)

chen auf eine Befreiung von der Führerscheinpflicht be-
schränken. Dazu kann ich nur sagen: Tolle Zusammenar-
beit mit Ihrem Ministerium! Erstaunlich!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Noch erstaunter war ich über Ihr Vorgehen in der Sa-
che selbst. Kurz vor Weihnachten brachten Sie ohne jeg-
liche Debatte einen solchen Antrag hier im Plenum ein.


(Patrick Döring [FDP]: Advent, Advent, ein Lichtlein brennt!)


– Aber bei Ihnen brennen nicht mehr viele Lichter, Herr
Döring. Das ist das Problem.

Sie wollten das Ganze dann im Eilverfahren durch die
Ausschüsse jagen. Da haben wir aber nicht mitgemacht.


(Patrick Döring [FDP]: Überhaupt kein Eilverfahren! Wir haben eine Anhörung gemacht!)


– Sie hatten ja etwas ganz anderes vor. Sie wollten das ja
schon in der letzten Woche vor Weihnachten hier im Ple-
num durchziehen. Die Anhörung, die wir dann im Januar
gemacht haben,


(Patrick Döring [FDP]: Nur für Sie! – Torsten Staffeldt [FDP]: Wir haben im Sommer des letzten Jahres die erste Anhörung gehabt!)


weil wir uns massiv dafür eingesetzt haben, hat deutlich
gemacht – auch wenn gerade Sie, Herr Staffeldt, bera-
tungsresistent sind –, dass Sie die Bedenken einfach bei-
seiteschieben wollen.


(Torsten Staffeldt [FDP]: Von Ihnen lasse ich mich auch nicht beraten!)


– Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist spät am Abend,
und vielleicht waren einige vorher bei dem Empfang. Da
habe ich zumindest einige von uns gesehen.


(Heiterkeit)


– Ich weiß nicht, was da alles abgelaufen ist, weil ich
rechtzeitig wieder weg war.

Lassen Sie es mich klar und deutlich sagen: Die Be-
freiung von der Führerscheinpflicht freut vor allem die
Bootsverleiher und die Freunde des Motorbootsports.
Aber das ist bei der FDP mit ihren Speedbootfans gerade
aus dem Norden kein Wunder. Alle anderen müssen se-
hen, wo sie bleiben. Die Ruderer, die Kanufahrer usw.,
alle bleiben außen vor bei Ihnen.

Vor allem scheinen Ihnen die Folgen für die Natur
und die Sicherheit nicht so wichtig zu sein.


(Torsten Staffeldt [FDP]: Sie wissen doch ganz genau, dass es überall Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt!)


Der Naturschutz wird völlig ausgeblendet. Das finden
wir vollkommen unangemessen. Ich verstehe Ihre Igno-
ranz nicht, Herr Staffeldt. Jetzt müssen wir sehen, wie
wir aus dieser Falle wieder herauskommen.

Auch Fragen der Sicherheit scheinen Sie wenig zu in-
teressieren. Klar ist: Die Sicherheit und Leichtigkeit des

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(C (D chiffsverkehrs werden durch die Änderung der Führercheingrenze nicht verbessert. Eher geschieht das glatte egenteil. Der bereits angesprochene Herr Werner von der Waserschutzpolizei hat in der Anhörung deutlich darauf ingewiesen, dass die Wasserschutzpolizei ihre wachenden Aufgaben bereits heute bei immer weniger Peronal nicht erfüllen kann. Die Polizei und sogar der DAC verlangen zumindest eine fundierte Einweisung. err Werner von der Wasserschutzpolizei verlangt daber hinaus für die Freigabe eine Altersgrenze von 8 Jahren, eine Probezeit und eine Haftpflichtversicheng. Hierauf sind Sie überhaupt nicht eingegangen. Das aben Sie einfach ausgeblendet. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Die Versicherungspflicht bleibt doch!)


Auch Sie, liebe Koalitionäre, wissen, dass auf dem
asser alles anders ist: Die Schilder sind mit denen im

traßenverkehr nicht vergleichbar, die Vorfahrtsregeln
ind etwas komplizierter, und eine Bremse hat ein Boot
uch nicht.

Ein paar Grundregeln muss jeder kennen – für die ei-
ene Sicherheit und für die Sicherheit der anderen, die
ich auf dem Wasser aufhalten, auch die der nichtmotori-
ierten Wassersportler. Dazu enthält Ihr Antrag aber
eine Vorschläge, sondern ignoriert die Bedenken. Die
orteile Einzelner aus der Verleiherbranche stehen bei
nen höher im Kurs. Das ist Politik im Mövenpick-Stil.


(Torsten Staffeldt [FDP]: Das müssen Sie gerade sagen!)


Sie machen da weiter, wo Sie schon vorher ein paar-
al gescheitert sind. Anderthalb Jahre müssen wir das

och ertragen.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715532300

Das Wort hat der Kollege Matthias Lietz von der

DU/CSU.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Patrick Döring [FDP]: Jetzt kommt Sachverstand ins Spiel! Wie gut!)



Matthias Lietz (CDU):
Rede ID: ID1715532400

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Meine Damen und Herren! Wie bekannt komme ich
us dem wunderschönen Mecklenburg-Vorpommern, ei-
em Land, das vor allem aus touristischer Sicht ein herr-
ches Fleckchen Erde ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ir haben nicht nur das Meer vor der Tür, malerische
andschaften, so weit das Auge reicht, sondern natürlich
uch eine große Anzahl Binnengewässer, Flüsse und





Matthias Lietz


(A) )


)(B)

Seen. Daher dürfte es auch nicht allzu sehr verwunder-
lich sein, dass eine große Anzahl von Menschen in unse-
rem Land vom Tourismus lebt, Herr Kollege Hacker.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das soll auch so bleiben!)


Für sie ist es in jedem Jahr entscheidend, wie viele Tou-
risten unser Land besuchen.

Tourismus stellt in vielen Bundesländern einen signi-
fikanten Wirtschaftsfaktor dar. Ebendiesen wollen wir
zukünftig attraktiver und interessanter gestalten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir wollen den Bereich des Wassersports entbürokrati-
sieren und zu neuen und positiven Entwicklungen in der
Sportbootschifffahrt verhelfen.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Nichts dagegen!)


Für diese Vorhaben bedarf es logischerweise einiger Än-
derungen hinsichtlich der aktuellen Gegebenheiten. Da-
rauf zielt unser Antrag ab; die bisherige Diskussion hat
dies eindeutig gezeigt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Vor allem die Führerscheinpflicht spielt eine zentrale
Rolle. Wir wollen die Grenze, bis zu der Führerschein-
freiheit besteht, von bisher maximal 5 PS auf eine Moto-
risierung von 15 PS anheben. Dieser wesentliche Punkt
liegt darin begründet, dass die Begrenzung der Führer-
scheinfreiheit Einsteiger in den betreffenden Wasser-
sportarten erheblich abschreckt. Vor allem bei Anfän-
gern in der Sportbootschifffahrt spielt die Sensibili-
sierung für den neuen Bereich eine bedeutende Rolle.
Bereits seit dem Jahr 2000 wird die Einführung einer
Touristencharterbescheinigung gerade auch in unserem
Land erprobt. Demnach dürfen Touristen nach Einwei-
sung vorübergehend auf ausgewählten Binnengewässern
ein Boot führen. Diese Bescheinigung hat sich in den be-
troffenen Regionen als voller Erfolg für die Sportboot-
schifffahrt herausgestellt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich bin der festen Überzeugung, dass dies weiter ausge-
baut und vor allen Dingen vernetzt werden muss. Diese
Regelung führte zu einem nachweislich höheren Inte-
resse am Bootssport und außerdem zu keiner Einschrän-
kung in der Verkehrssicherheit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir müssen vieles tun, um gerade diesen Bereich des
Wassersports attraktiver zu gestalten.

Ich will noch einige Worte zur PS-Regelung sagen:
Wir teilen die diesbezüglich bestehenden Befürchtungen
ebenso wenig wie zahlreiche Verbände und Akteure, im
Übrigen – es ist heute schon gesagt worden – auch nicht
die Wasserschutzpolizei. Ich möchte noch einmal deut-
lich machen: Schwächere Motoren bedeuten nicht mehr
Sicherheit. Dies ist auf Bundesstraßen ebenso ein Gesetz
wie auf dem Wasser.

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(C (D Aus meiner Erfahrung als ehemaliger ehrenamtlicher ürgermeister eines Seebads sage ich Ihnen: Ich erwarte on einem mündigen Bürger, der sich dem Verkehr in nserer Region stellt, dass er dabei die gleiche Verantortung an den Tag legt wie bei Sachentscheidungen auf nderen Gebieten. s sind die gleichen Bürger unseres Landes. Ich möchte noch einmal kurz zusammenfassen: Wir rdern in unserem Antrag eine Entbürokratisierung der portbootschifffahrt, die Erleichterung des Einstiegs in en Wassersport bei – das mache ich noch einmal deutch – Erhalt der Wassersicherheit, die Stärkung des Praisanteils in den harmonisierten Prüfungen, die Untertützung der Verbände bei der Einführung eines eineitlichen Qualitätssiegels für Ausbilder, das Einführen iner Unfallstatistik, Mindestausrüstungsstandards für harterjachten (Hans-Joachim Hacker [SPD]: Alles schon vor drei Jahren gefordert! Alles alte Hüte!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


owie eine einheitliche Rechtsanwendung bei der Ertei-
ng von Bootszeugnissen durch die Wasser- und Schiff-
hrtsämter und die Anerkennung der Funkzeugnisse aus

nderen Ländern der Europäischen Union. Damit trägt
nser Antrag dazu bei, neue Impulse für die Sportboot-
chifffahrt zu setzen, und verdient die Unterstützung von
ns allen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715532500

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

un das Wort der Kollege Martin Gerster von der SPD-
raktion.


(Beifall bei der SPD)



Martin Gerster (SPD):
Rede ID: ID1715532600

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Neue Impulse für die Sportbootschifffahrt“ – ehrlich
esagt, es ist in der Debatte deutlich geworden, dass es
um Teil ganz schön kalter Kaffee ist, was uns hier prä-
entiert wird.


(Zuruf von der SPD: Natürlich!)


Außerdem lautet die entscheidende Frage: Ist es ver-
ünftig, ist es verantwortbar, was Sie beantragen? Hier
uss ich als Vertreter des Sportausschusses ganz klar sa-

en: Es ist eben nicht verantwortbar.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as haben auch alle, die im Sport unterwegs sind, in ih-
n Stellungnahmen deutlich gemacht.


(Hans-Werner Kammer [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)


Dies hat ganz klar der Deutsche Olympische Sport-
und gesagt, ebenso der Deutsche Segler-Verband und





Martin Gerster


(A) )


)(B)

der Deutsche Motoryachtverband. Auch der Deutsche
Kanu-Verband hat Ihrem Antrag in dem Statement, das
dem Ausschuss vorliegt, eine klare Absage erteilt.


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: So ist es!)


Das, was Sie hier treiben, ist unverantwortlich, weil
es die Attraktivität mancher Sportart in Deutschland aufs
Spiel setzt, ebenso wie die Unversehrtheit und die Ge-
sundheit der Sportlerinnen und Sportler auf dem Wasser.
Deswegen muss man ganz klar sagen: Das, was Sie hier
auf den Tisch gelegt haben, muss abgelehnt werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Blanker Lobbyismus!)


Denn schon heute ist die Situation an neuralgischen Stel-
len gefährlich für all diejenigen, die muskelkraftbetrie-
bene Boote fahren.


(Zuruf von der FDP: Das möchte ich auch mal machen!)


Durch Ihre Initiative wird das Ganze letztendlich noch
gefährlicher.

Hinzu kommt: Lange Wartezeiten an den Schleusen
sind heute schon Usus.


(Patrick Döring [FDP]: Für die Kanuten!)


In der Reihenfolge, in der Priorisierung des Durchlasses
sind die Kanuten die Letzten, die passieren können.


(Patrick Döring [FDP]: Alles klar!)


Durch Ihre Initiative wird es für die Kanuten noch unat-
traktiver, ihren Sport auszuüben.


(Patrick Döring [FDP]: Das Kanu kann man auch auf die Schulter nehmen!)


Deswegen ist ganz klar: Sie sollten diesen Antrag zu-
rückziehen. Sie sollten vielleicht auch einmal diejenigen
fragen, die im Sport unterwegs sind. Leider sind Ihre
Mitglieder aus dem Sportausschuss heute nicht anwe-
send. Bei unserer Debatte im Sportausschuss am Mitt-
woch war von der FDP noch nicht einmal eine Wortmel-
dung zu verzeichnen.


(Heiterkeit der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Man muss einfach feststellen: Hier scheint jemand ge-
pennt zu haben. Ihr Kollege Günther, medienscheu wie
er ist, hätte sich wenigstens einmal im Sportausschuss zu
dieser Frage, die wesentliche Bereiche des Sports be-
rührt, zu Wort melden können.


(Patrick Döring [FDP]: Keinerlei Dissens!)


Darüber sollten Sie mit Ihrem Kollegen einmal reden.


(Patrick Döring [FDP]: Frei von Sachkunde!)


Sie sollten auch einmal mit dem Staatssekretär, Herrn
Dr. Bergner, reden. Wir zumindest dachten immer, das
Bundesministerium des Innern sei auch Anwalt des deut-
schen Sports.

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(C (D (Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das erwarten wir auch!)


o zumindest stellen sich der Minister und auch der
taatssekretär bei Versammlungen und Veranstaltungen

mer dar.


(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Haben Sie auch ein Argument?)


Hier jedoch, auf unsere Nachfrage im Sportausschuss:
ehlanzeige. Es gab überhaupt kein Parteiergreifen für
ie Interessen des Sports.


(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Wozu reden Sie eigentlich?)


ie Antwort lautete: Die Bundesregierung ist zuständig
r Spitzensportförderung, aber eben nicht für die Anlie-

en der Wassersportverbände. Hierfür fehlt uns das Ver-
tändnis. Ihr Antrag ist völlig fehl am Platze.


(Patrick Döring [FDP]: Sie sind Lobbyist! Blanker Lobbyist!)


eshalb werden wir ihn ablehnen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715532700

Herr Kollege Gerster, wollen Sie noch eine Zwi-

chenfrage oder eine Endfrage des Abgeordneten Fricke
eantworten?


Martin Gerster (SPD):
Rede ID: ID1715532800

Ich würde sagen, wir belassen es dabei. Die Argu-

ente sind meines Wissens ausgetauscht.


(Patrick Döring [FDP]: Sie haben keines dazu beigetragen! – Weiterer Zuruf von der FDP: Man trifft sich immer zweimal!)


er Kollege Fricke kann gerne mit seinen Kollegen aus
em Sportausschuss sprechen.

Ich fordere Sie auf, den Antrag zurückzuziehen. Wir
denfalls werden nicht zustimmen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Da hat aber einer ganz schön gerudert! Mannomannomann!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715532900

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Es liegt eine größere
nzahl von Erklärungen nach § 31 der Geschäftsord-
ung vor. Diese nehmen wir zu Protokoll.1)

Jetzt stimmen wir ab über die Beschlussempfehlung
es Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
u dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
it dem Titel „Neue Impulse für die Sportbootschiff-
hrt“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp-
hlung auf Drucksache 17/8482, den Antrag der Fraktio-

en der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/7937
nzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-

Anlage 8





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfrak-
tionen angenommen.

Jetzt haben wir noch eine Reihe von Tagesordnungs-
punkten, zu denen nicht gesprochen wird. Wir müssen
aber die Formalitäten noch erfüllen. Ich bitte um Ihre
Anwesenheit.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Josef
Philip Winkler, Viola von Cramon-Taubadel,
Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für wirksamen Rechtsschutz im Asylverfah-
ren – Konsequenzen aus den Entscheidungen
des Gerichtshofs der Europäischen Union und
des Europäischen Gerichtshofs für Menschen-
rechte ziehen

– Drucksache 17/8460 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Wir nehmen die Reden folgender Kolleginnen und
Kollegen zu Protokoll: Helmut Brandt und Reinhard
Grindel, CDU/CSU, Rüdiger Veit, SPD, Hartfrid Wolff,
FDP, Ulla Jelpke, Die Linke, Josef Philip Winkler,
Bündnis 90/Die Grünen.1)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/8460 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie einverstan-
den? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
schlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Vierzehn-
ten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrs-
gesetzes

– Drucksache 17/8098 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

(15. Ausschuss)


– Drucksache 17/8467 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Kirsten Lühmann

Die Reden, die wir zu Protokoll nehmen, stammen
von Peter Wichtel und Daniela Ludwig, CDU/CSU,
Kirsten Lühmann, SPD, Herbert Behrens, Die Linke,
Stephan Kühn, Bündnis 90/Die Grünen, und vom Parla-
mentarischen Staatssekretär Jan Mücke.2)

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1) Anlage 11
2) Anlage 12

(C (D Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für erkehr, Bau und Stadtentwicklung empfiehlt in seiner eschlussempfehlung auf Drucksache 17/8467, den Getzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 17/8098 der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejeni en, die zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Geenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsaktionen und der SPD-Fraktion bei Gegenstimmen der inken und Enthaltung der Grünen angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – egenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf t mit gleichem Stimmenverhältnis angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 1999/32/EG hinsichtlich des Schwefelgehalts von Schiffskraftstoffen 2011)


– Drucksachen 17/6985 Nr. A.63, 17/8211 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Christian Hirte
Ute Vogt
Torsten Staffeldt
Ralph Lenkert
Dr. Valerie Wilms

Die zu Protokoll genommenen Reden stammen von
hristian Hirte, CDU/CSU, Ute Vogt, SPD, Torsten
taffeldt, FDP, Ralph Lenkert, Die Linke, und
r. Valerie Wilms, Bündnis 90/Die Grünen.


Christian Hirte (CDU):
Rede ID: ID1715533000

Antoine de Saint-Exupéry sagte einmal: „Wenn Du

in Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusam-
en, um Holz zu beschaffen und Aufgaben zu verteilen,

ondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem end-
sen weiten Meer.“ – Ich finde, die Menschheit hat sich

ie Worte des Dichters wirklich zu Herzen genommen.
ie von Saint-Exupéry so pathetisch formulierte Sehn-

ucht nach dem Meer und vor allem nach den in seinen
iefen schlummernden Ressourcen erweist sich nicht
ur heute schon, sondern vor allem für die Zukunft als

mer größerer Spagat zwischen Meeresschutz und ma-
itimer Nutzung.

Bis vor kurzem schienen die Meere zu groß zu sein,
m verschmutzt oder leer gefischt zu werden, und es gab
enig Verständnis für ihre nachhaltige Nutzung. Aber
tzt gibt es immer mehr Sorgen wegen der Meeresver-

chmutzung, der Abnahme des Fischbestandes oder dem
bschmelzen der Polkappen.

Die tragischen Ereignisse um die Havarie der „Costa
oncordia“ und die Befürchtung einer Umweltkatastro-


(A) )


)(B)

phe durch das noch im Schiff befindliche Schweröl zei-
gen das Spannungsverhältnis zwischen Meeresschutz
und der wirtschaftlichen Nutzung unserer Meere nur
allzu deutlich.

Unsere Ozeane sind eben nicht nur Heimat für einen
großen Teil der biologischen Vielfalt. Sie besitzen auch
einen immensen wirtschaftlichen Wert. Nach Angaben
der EU-Kommission lebt jeder zweite Bürger Europas in
einem Küstengebiet. Zwei Fünftel der Wirtschaftsleis-
tung kommen aus diesen Regionen. Die Aktivitäten rei-
chen von der Fischerei über die Schifffahrt und den Tou-
rismus bis zur Energiegewinnung. Ein Großteil der
europäischen Wirtschaftsleistung wird etwa an den Küs-
ten von Nord- und Ostsee erwirtschaftet. Tausende
Schiffe passieren täglich diese Seegebiete und machen
sie zu zentralen europäischen Verkehrsdrehscheiben.

Angesichts der wachsenden Inanspruchnahme der
Ozeane gilt es, die zukünftige Meerespolitik so zu entwi-
ckeln, dass die Funktionen und die Leistungsfähigkeit
des Ökosystems Meer nicht gefährdet werden. Wir brau-
chen ein viel besseres Verständnis dafür, welche Maß-
nahmen erforderlich sind, um Meere als globalen Ge-
meinbesitz zu schützen und nachhaltige Praktiken
weiterzuentwickeln.

Ich denke, dass das Positionspapier der CDU anläss-
lich des maritimen Fraktionskongresses meiner Partei
aus gutem Grund den programmatischen Titel „Nach-
haltigkeit – damit die Meere nicht untergehen!“ getra-
gen hat. Ich bin meinen Kollegen Ingbert Liebing und
Eckhardt Rehberg äußerst dankbar, dass sie das Thema
maritime Nachhaltigkeit, stärker als das bislang der
Fall war, in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt haben.

Die Schifffahrt ist einer der wesentlichen Nutzer der
Meere, wobei der Verkehrsträger Seeschiff gemessen an
seiner Transportleistung ein sehr ökologisches Trans-
portmittel mit dem geringsten Energieverbrauch und
den niedrigsten CO2-Emissionen ist. Zu den gesamten
globalen CO2-Emissionen trägt die Schifffahrt lediglich
2,7 Prozent bei, obwohl Seeschiffe über 90 Prozent des
interkontinentalen Güterverkehrs leisten. Die verblei-
bende Schadstoffbelastung, für die die Schiffe verant-
wortlich sind, ergibt sich insbesondere auch durch die
Nutzung von Schiffskraftstoffen mit hohem Schwefelge-
halt, Ölunfälle oder Plastikvermüllung. Insbesondere an
den Küsten und in den Häfen leiden die Anwohner, aber
auch die Umwelt unter dem hohen Schwefeldioxid- so-
wie Rußpartikelausstoß. Die meisten Schiffsabgase wer-
den in unmittelbarer Küstennähe und in den Häfen emit-
tiert, in der Nordsee sind es beispielsweise bis zu
90 Prozent innerhalb von 90 Kilometern Entfernung zur
Küste.

Unser Ziel muss es sein, die durch die Schifffahrt ver-
ursachten Emissionen weiter zu reduzieren. Dabei ste-
hen innovative Umwelttechnologien im Zentrum einer
Balance zwischen Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz.
In Häfen kann dies beispielsweise in Form von Abwas-
ser- und Müllauffanganlagen sowie landseitige Strom-
versorgung erfolgen, auf See durch den Einsatz neuer
Treibstoffe oder Abgasreinigungssysteme. Diese neuen
Techniken verbessern nicht nur die Ökobilanz, sondern

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Zu Protokoll ge

(C (D ind auch für den Industriestandort Deutschland ein hnender Zukunftsmarkt. So wie Deutschland in anderen Bereichen sich einen echnologievorsprung erarbeiten konnte, kann auch die utzung neuer Umwelttechnologien auf See zum Maß tab für den Rest der Welt werden. Dann bestünde auch ie Möglichkeit, verlorene Anteile am weltweiten Schiffau zurückzuerobern. Insoweit schließen sich ambitioierte Ökologie und wirtschaftliche Interessen nicht aus. Gegenteil: Sie könnten sogar deren Treiber sein. Das heißt aber nicht, dass wir nur niedrigere Grenzerte bräuchten, um die Innovationskraft unserer marimen Industrie anzukurbeln. Wenn dem so wäre, dann äre Wirtschaftsförderung wohl eine leichte Aufgabe. er Schlüssel zum Erfolg ergibt sich vielmehr aus der alance zwischen hohen Umweltstandards und deren achbarkeit zu vernünftigen Preisen. Die Verschärfung der Grenzwerte für den Schwefelehalt in Schiffstreibstoffen in Nordund Ostsee in den ulphur Emission Control Areas, SECAs, durch die Inrnationale Seeschifffahrt-Organisation, IMO, redu iert ab 2015 die Emissionswerte von derzeit 1 Prozent uf 0,1 Prozent in Nordund Ostsee. Einerseits dient dies der Verbesserung der Meereskologie, andererseits ergeben sich daraus auch ökonoische Herausforderungen für die Schifffahrt. Um den orgaben der IMO gerecht zu werden, müssen die Reeer in den SECAs auf deutlich kostenintensivere Destilte umsteigen oder alternativ Systeme zur Abgasent chwefelung nutzen. Dies hat eine Erhöhung der etriebskosten bzw. neue Investitionskosten zur Folge. Hier muss die eben erwähnte Balance zwischen niedigen Grenzwerten und wirtschaftlicher Machbarkeit ewahrt werden. Das heißt, dass die Branche die notendige Zeit erhalten muss, um sich auf die neuen renzwerte einstellen zu können. Das betrifft nicht die euen oder neuesten Schiffe. Bei deren Bau könnten teileise die bereits vorhandenen Umwelttechnologien zum insatz kommen. Aber viele der Technologien, und ich enke hier vor allem an Abgasreinigungssysteme, sogeannte Scrubber, stehen zwar schon zur Verfügung, ihre olle Marktreife haben sie indes noch nicht erlangt. Zuem gestaltet sich die Nachrüstung bereits fahrender chiffe als äußerst schwierig und vor allem kostspielig. ber selbst wenn eine Nachrüstung mit Scrubbern nicht öglich oder nicht mehr lohnend ist, sollte doch der insatz zumindest von Rußpartikelfiltern erwogen weren. Diese stehen bereits zur Verfügung und könnten so inen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Luftqualit vor allem in Häfen oder Küstennähe leisten. Klar ist aber, dass an probaten Filtersystemen künftig ein Weg vorbei führt. Deshalb ist die maritime Zulieferdustrie schon jetzt aufgefordert, die Zeichen der Zeit u erkennen und die Weiterentwicklung solcher Abgasinigungssysteme zu forcieren. Dass hier auch der Staat ehalten ist, einen Beitrag zu leisten, erachte ich als unerzichtbar. Dieses muss aber nicht unbedingt in einem roß angelegten finanziellen Engagement seinen Nieerschlag finden. Auch durch ordnungsrechtliche In Christian Hirte gebene Reden )





(A) )

strumente kann der Staat durchaus helfen. Ich denke da
vor allem an die Ausweitung der SECAs, die sich bislang
nur auf die Nord- und Ostsee beschränkten. Es ist nicht
einzusehen, warum die in den SECA-Gebieten fahrenden
Reeder mit höheren Umweltstandards und den damit
verbundenen Kosten belastet werden sollen, während
sich der Verkehr übers Mittelmeer keine Sorgen über hö-
here Kosten für schwefelarmen Treibstoff oder Abgasfil-
ter machen muss.

Eine derart einseitige Belastung ist nicht nur unge-
recht, sondern konterkariert den eigentlichen Zweck der
SECAs, nämlich die Schwefeldioxidbelastung zu verrin-
gern. Was nützt es dem Umweltschutz, wenn die Reeder
in der SECA-Zone durch weniger Verkehr Emissionen
einsparen, weil die Kunden ihre Fracht wegen der höhe-
ren Umweltkosten in Nord- und Ostsee lieber außerhalb
der Kontrollzonen anlanden und sie dann per Lkw über
unsere Autobahnen und Fernstraßen versenden? Nach
einer Studie des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und
Logistik könnten so insgesamt 823 000 Standardcontai-
ner zusätzlich vom Schiff auf die Straße kommen. Das
entspricht einem zusätzlichen Aufkommen von 604 000 Lkw.
Angesichts der ohnehin schon verstopften Autobahnen
kein verlockender und wenig ökologischer Gedanke.

Daher ist es aus Sicht meiner Fraktion unumgäng-
lich, dass sich die Bundesregierung bei der IMO und in-
nerhalb der EU dafür einsetzt, dass die SECAs auf alle
europäischen Seegebiete ausgeweitet werden, um Wett-
bewerbsnachteile in der Nord- und Ostsee zu vermeiden
und um den positiven ökologischen Effekt auch für die
anderen Meere zu nutzen. In diesem Zusammenhang be-
grüße ich ausdrücklich, dass die IMO im März 2010
eine ECA – Emission Control Area – für große Teile der
US-amerikanischen und kanadischen Küsten beschlos-
sen hat. Ab August 2012 wird sie für den dortigen
Schiffsverkehr verpflichtend sein. Dies kann aber nur
ein weiterer Schritt sein, um strengere Grenzwerte welt-
weit zu etablieren.

Es wird nicht leicht sein, den globalen Umbau der
Schifffahrt hin zu einem „Green Shipping“ zu vollzie-
hen. Angesichts des Klimawandels und der vermeidba-
ren Umweltbelastung ist dies aber möglich und nötig.
Wir sollten diesen Strukturwandel mithin nicht nur als
Bürde begreifen, sondern vor allem als Chance, um
nachhaltige Nutzung unserer Meere und wirtschaftliche
Prosperität in Balance zu bringen. Aus diesem Grund
sollte die Bundesregierung Initiativen ergreifen und un-
terstützen, die eine Verkehrsverlagerung vom Wasser auf
die Straße verhindern. Dies kann beispielsweise durch
flexiblere Grenzwerte, die der besonderen Situation älte-
rer Schiffe Rechnung tragen, oder durch Anreize zur
Umrüstung geschehen. Besonderes Augenmerk muss
aber darauf liegen, den Grenzwert für den Schwefelge-
halt von Schiffskraftstoff in den SECAs auch auf die Ho-
heitsgewässer der Mitgliedstaaten der Europäischen
Union und dann darüber hinaus zu erstrecken.

Daher stimme ich dem Entschließungsantrag der
Koalition auf Drucksache 17/8211 zu.

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Zu Protokoll ge

(C (D Der von der EU vorgelegte Vorschlag für eine Richt nie zur Änderung der Richtlinie hinsichtlich des chwefelgehalts von Schiffskraftstoffen ist als solcher zu egrüßen. Bedauerlich ist, dass es keine einheitlichen chwefelgrenzwerte für alle Staaten geben soll. Darin ind wir uns zum Glück alle einig. Den Geltungsbereich dieser Hinsicht zu vereinheitlichen, wie es die Koalionsfraktionen in ihrem Entschließungsantrag fordern, t vernünftig. Unvernünftig ist es jedoch, dass sie ihre igene Forderung gleich wieder konterkarieren, indem ie weitreichende Ausnahmeregelungen für ältere Schiffe nstreben. Die Befürchtung, es könne eine massive Verlagerung es Transports vom Wasser auf den Landweg geben, ile ich nicht. Eher scheint mir, dass hier die Koalionsfraktionen wieder einmal einem Lobby-Bären aufesessen sind: Diese Verlagerung wird nicht hoch ausllen. Hintergrund sind die ebenfalls steigenden Abgas tandards für Lkw. Das bestätigt auch eine Studie der uropean Maritime Safety Agency, EMSA. Außerdem ann die Politik entsprechende Anreize schaffen, wenn ie eine Verlagerung des Transports auf die Straße berchtet. Wenn hier die Auffassung formuliert wird, dass ies nicht möglich ist, ist das eine Bankrotterklärung der igenen Politik. Der Vorschlag für diese Richtlinie ist bereits seit Jahn bekannt. Und die Klimaschutzziele der EU noch viel nger. Und selbst nach dem Inkrafttreten dieser Richtli ie können Schiffe immer noch 500-mal mehr Schwefel die Luft blasen als Fahrzeuge im Straßenverkehr in er EU. Die Richtlinie ist daher überfällig und notwenig, aber noch lange nicht ausreichend. Von der Richtlinie betroffene Unternehmen hatten jeenfalls mittlerweile lange genug Zeit, sich auf die sich ndernden Rahmenbedingungen einzustellen. Dass dies um Teil noch nicht passiert ist, zeigt nur, wie wichtig es t, dass der Staat hohe Messlatten legt. Zudem gibt es ehr wohl Unternehmen, die bereits jetzt umweltfreundchen Standards entsprechen. Indem wir Ausnahmegelungen zulassen, bestrafen wir innovative, umwelteundliche Unternehmen, die den Zukunftsmarkt dartellen. Dies ist in höchstem Maße ungerecht und unsodarisch. Es kann nicht die Aufgabe dieser Bundesregierung ein, zur Gewinnmaximierung von Unternehmen beizuagen, die gerade nicht zukunftsfähige, innovative een umsetzen und damit zum Schaden aller handeln. iel einer vernünftigen Politik muss es sein, den größtöglichen Nutzen für die Menschen in der EU zu errei hen. Und dies ist dann der Fall, wenn möglichst wenige chadstoffe in die Umgebung gelangen. Am vorliegenden Änderungsantrag zeigen sich wieer die zwei Gesichter der Röttgen’schen Umweltpolitik: uf der einen Seite die Bestrebungen, die Schifffahrt in en Emissionshandel mit einzubeziehen – das ist der rüne Mantel –, und auf der anderen Seite die Initiative, Einzelfall umweltschädliche Lobbyinteressen zu beienen. Dies ist leider inzwischen ein Markenzeichen al Christian Hirte gebene Reden ler Ressorts dieser schwarz-gelben Regierung. So kommen wir in der Energiewende nicht entscheidend weiter. Ich möchte zuallererst einmal feststellen, dass es kei nen effizienteren Gütertransport als den mit Schiffen gibt, insbesondere hinsichtlich des Energiebedarfs. Das wird, mit Ausnahme der Grünen, auch von niemandem ernsthaft bestritten. Der Wirkungsgrad der modernen Großmotoren konnte in den letzten Jahren um 50 Prozent verbessert werden und damit der CO2-Ausstoß trotz zunehmendem Verkehr deutlich verringert werden; doch die Emissionen von Stickoxiden und Schwefeloxiden aus der Schifffahrt sind angestiegen. Aus diesem Grund hat die International Maritime Organisation vor einigen Jahren MARPOL Annex 6 eingeführt und zwischenzeitlich die Grenzwerte für die SECA-Zonen sogar verschärft, zu denen auch die Nordsee und die Ostsee gehören. Ab 2015 darf hier nur noch mit 0,1 Prozent Schwefelgehalt im Treibstoff gefahren werden. Grundsätzlich ist die Zielsetzung richtig, die durch den Schiffsverkehr in die Atmosphäre eingebrachten Emissionen zu reduzieren. Wir müssen aber vermeiden, dass durch überzogene Emissionsschutzziele der positive Effekt, den wir erzielen wollen, konterkariert wird. Eine ganze Reihe von Gutachten aus unterschiedlichen europäischen Ländern kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die Schwefelemissionsziele mit 0,1 Prozent, insbesondere in den Randmeeren der Ostund Nordsee, durch deutlich höhere Treibstoffkosten voraussichtlich zu Verkehrsverlagerungen führen werden. Insbesondere betrifft das die Ostsee. Denn dort kann nahezu jede Strecke auch durch Lkw-Verkehre landseitig ersetzt werden. Im schlimmsten Fall können sogar, wie das Gutachten des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, ISL, darstellt, bis zu 800 000 Container vom Schiff auf den Lkw zurückverlagert werden. Das sind 300 000 bis 400 000 Lkw mehr auf den Straßen, auch und vor allem im Transitland Deutschland. Damit erweisen wir dem Umweltund Klimaschutz einen Bärendienst. Statt Schwefelemissionen im Schiffsverkehr erhalten wir dann höhere Feinstaubbelastung und CO2Emissionen im Landverkehr. Daneben muss aber auch festgestellt werden, dass ab 2015 die schärferen Bestimmungen im europäischen Kontext nur für Nordund Ostsee gelten, nicht aber für die anderen Küstenregionen Europas. So dürfen im Mittelmeer, an der Atlantikküste und in der Irischen See zur gleichen Zeit noch Treibstoffe mit einem Schwefelgehalt von 3,5 Prozent verwendet werden. Das ist eine einseitige Wettbewerbsverzerrung zulasten unserer norddeutschen Seehäfen und zeigt gleichzeitig den Irrsinn der bisherigen Regelungen. Eine Fähre von Southampton nach Dover muss mit 0,1-prozentigen Schwefelgehalt fahren, zwischen Liverpool und Dublin darf sie es mit 3,5-prozentigem, also dem 35-fachen. Hier muss gegengesteuert werden. Die Schwefeloxidemissionen des Schiffsverkehrs sind neben dem Absenken des Schwefelgehalts im Treibstoff selbst effektiv nur durch den Einbau von entsprechenden Filtersystemen zu b k s Z z g M V m a z S s s d k w M M B s a n A n s s in O w k n fe h E E z u 3 v r ß R le S e h P e U Zu Protokoll ge (C (D ekämpfen. Diese Filtertechnologien für den Schiffsverehr sind derzeit aber noch nicht marktreif und ihr Einatz erscheint bei einem Teil der Bestandsschiffe auch in ukunft fraglich. Deshalb ist es richtig, Anreizsysteme zur Unterstütung von Umrüstungsmaßnahmen zu entwickeln. Auch äbe es die Möglichkeit, ältere Schiffe im Rahmen eines oratoriums für einen bestimmten Zeitraum von der erschärfung des Grenzwertes in den SECAs auszunehen, um Verkehrsverlagerungen zu vermeiden. Daneben wird es aber auch höchste Zeit, dass endlich lle Hoheitsgewässer und ausschließlichen Wirtschaftsonen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu chwefelemissions-Überwachungsgebieten werden. Nur o erreichen wir gleiche Wettbewerbsbedingungen zwichen unseren Nordund Ostseehäfen auf der einen und en Mittelmeerhäfen auf der anderen Seite. Schließlich ann es nicht im Sinne des Meeresumweltschutzes sein, enn die emissionsstarken Schiffe zukünftig einfach aufs ittelmeer ausweichen. Zu diesen Punkten haben wir im Übrigen bereits im ai des letzten Jahres einen Beschluss im Deutschen undestag zur Zukunftsfähigkeit der maritimen Wirtchaft herbeigeführt. Daher fordere ich SPD und Grüne uf, aktiv etwas für den Umweltschutz zu tun und nicht ur darüber zu reden. Ich bitte um Zustimmung zu dem ntrag. Meinen letzten Sommerurlaub verbrachte ich in Dä emark. Auf der Fahrt auf dem Deck der Fähre genosen Passagiere Sonne, Wind und frische Luft. „Luft!“, chrie dann meine Lunge, als eine Wechselböe uns alle die Abgasschwaden des Schiffsmotors hüllte. 1 Prozent Schwefelgehalt darf Schiffstreibstoff in der stsee haben. Zum Vergleich: Für Lkw gilt ein Grenzert von 0,001 Prozent. Ich denke, ich werde vorläufig eine Schiffsfahrten im Ausland buchen und schon gar icht als Passagier auf Handelsschiffen, denn dort dürn sogar 4,5 Prozent Schwefel im Treibstoff sein – das ält meine Lunge nicht aus. Meine Fraktion begrüßt, dass die Richtlinie 1999/32/ G die Grenzwerte deutlich absenkt. Leider folgt in der U einem guten Vorschlag nicht immer eine gute Umsetung. So sollte die neue Norm für Schiffskraftstoffe 2006 mgesetzt sein, das schafften zum Termin immerhin Mitgliedstaaten, gegen 16 Staaten wurde ein Vertrags erletzungsverfahren eröffnet. Aus Sicht von Bewohneinnen und Bewohnern der Küste, insbesondere von groen Hafenstädten, von Touristinnen und Touristen und eisenden ist dies absolut inakzeptabel. Diese Woche stellte der Naturschutzbund fest, das alin die 15 größten Schiffe der Welt mehr schädliches chwefeldioxid und Rußpartikel aus dem Schornstein ntlassen als alle Fahrzeuge weltweit zusammen. Desalb sind beispielsweise Fahrverbotszonen für ältere kw ein Witz, solange Schiffe als Feinstaubschleudern in Vielfaches an Belastung verursachen. Aber selbst die msetzung der Norm hilft nur, wenn auch kontrolliert gebene Reden )

Ute Vogt (SPD):
Rede ID: ID1715533100




(A) )


(B)

Torsten Staffeldt (FDP):
Rede ID: ID1715533200
Ralph Lenkert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715533300




Ute Vogt


(A) )


)(B)

wird. Schwefel- und schadstoffarmer Treibstoff ist teurer,
also wird dieser nur genutzt, wenn es nicht anders geht –
schließlich herrscht Wettbewerb und die Profite müssen
wachsen. Im Schnitt wird ein Schiff von 1 000 Schiffen
kontrolliert. Da ist die Angst vor Entdeckung klein. Also
dürfen Anwohnerinnen und Anwohner, Urlauberinnen
und Urlauber weiter mit Feinstaub und Schwefeldioxid
ihre Gesundheit belasten. Die Linke fordert deshalb,
dass die Erhöhung der Kontrollfrequenz nicht nur disku-
tiert, sondern auch umgesetzt wird.

Selbst bei 100 Prozent Umsetzung der Richtlinie sind
Schiffsabgase noch immer stark gesundheitsgefährdend.
Liegen Schiffe im Hafen, dann laufen schiffseigene Mo-
toren zur Stromversorgung des Schiffes, auch wenn da
strengere Grenzwerte gelten, ohne Kontrollen stinkt’s.
Mit einer Pflicht zur externen Stromversorgung könnten
zumindest diese Schadstoffe vermieden werden. Wir for-
dern dies als zusätzlichen nationalen Schritt zur Redu-
zierung der Schadstoffe in Hafenstädten.

Die Koalitionsfraktionen haben überraschend zwei
vernünftige Vorschläge zur Änderung der Richtlinie ein-
gebracht. Dass die strengeren Schwefelgrenzwerte für
Schiffstreibstoffe in allen Gewässern der EU gelten sol-
len, hat die volle Unterstützung unserer Fraktion. Alle
EU-Bürgerinnen und -Bürger haben den gleichen An-
spruch auf gesunde Luft.

Wir stimmen auch zu, dass die Bundesregierung Ini-
tiativen ergreifen soll, die eine Verkehrsverlagerung
vom Schiff auf die Straße verhindern. Doch dass der
Seeverkehr über großzügige Ausnahmen bei den Schwe-
felgrenzwerten vor Verkehrsverlagerungen geschützt
werden wird, wie das die Koalitionsfraktionen fordern,
lehnt die Linke ab. Wir registrieren, dass die Grenzwert-
diskussion nur als Beispiel in der Beschlussempfehlung
steht. Die Linke würde einer Verlagerung der Transporte
vom Schiff auf die Straße mit einer höheren Lkw-Maut
begegnen. Das wäre ein wirksames Mittel.

Die Linke fordert die Bundesregierung auf, sich aktiv
für weltweit gültige, strenge Schwefelgrenzwerte einzu-
setzen. Es wird Zeit, dass die Schiffe nicht als preiswerte
Müllverbrenner für Raffinerien arbeiten und die Abfälle
der Erdölverarbeitung zulasten der Luftqualität entsor-
gen. Alle Frauen, Kinder und Männer unserer Welt ha-
ben das gleiche Recht auf Gesundheit.

Da in der Entschließung zur Richtlinie zum Schwefel-
gehalt richtige Verbesserungen empfohlen werden, lei-
der mit einer falschen Idee gekoppelt, können wir der
Entschließung nicht zustimmen. Richtige Richtung, fal-
scher Weg, deshalb enthält sich unsere Fraktion. Wenn
die Regierungskoalition mögliche Verlagerungen vom
Schiff auf die Straße zum Beispiel mit einer höheren Be-
lastung des Lkw-Verkehrs verhindert, erhält sie unsere
Unterstützung. Auch die Anwohnerinnen und Anwohner
der überlasteten Straßen würden es ihr danken.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715533400

Erlauben Sie mir, bevor ich auf die EU-Vorlage und

den Entschließungsantrag eingehe, ein paar Worte zum
Schiffsunglück vor der italienischen Küste. Wir kennen

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Zu Protokoll ge

(C (D erzeit noch nicht alle Details. Wir wissen noch nicht enau, wie es zu dem Unglück kommen konnte und wie roß hier der Anteil des menschlichen Versagens war. Es t jedoch absehbar, dass die Kreuzschifffahrt in der olge nicht mehr dieselbe bleiben wird. Viele Menschen erden zukünftig genauer hinsehen. Sie werden wissen ollen, ob ihr Urlaub nicht nur sicher und gut geplant t. Es wird auch darum gehen, ob diese Form der reuzschifffahrt noch eine Zukunft hat oder ob es nicht och Alternativen zum Preisdumping gibt. Denn der unlaubliche Boom der Kreuzschifffahrt in den letzten Jahn ging mit stetig fallenden Preisen einher – auch auf osten der Umwelt. Heute diskutieren wir hier auch über Kostenfragen. chiffsemissionen reizen Atemwege und erhöhen das Riiko von Herzund Lungenerkrankungen. In Europa ird die Zahl der Todesfälle auf etwa 50 000 geschätzt. inzu kommen die Wirkungen auf die Umwelt: Meere, ewässer und Böden in Küstennähe werden versauert, ebäude beschädigt. Auch Kreuzfahrtschiffe fahren be onders gern und dicht an der Küste. In der Nordsee erden bis zu 90 Prozent der Schiffsemissionen mit chwefel, Stickoxiden und Ruß innerhalb von 90 Kiloetern Entfernung zur Küste rausgeblasen. Die EU schätzt, dass sich durch verbesserte Gesundeit und niedrigere Sterblichkeit 15 bis 34 Milliarden uro sparen lassen. Die Einführung niedrigerer Schwelgrenzwerte in Schiffstreibstoffen würde dagegen zwi chen 2,6 und 11 Milliarden Euro kosten. Schon rein olkswirtschaftlich gesehen liegt die Umsetzung der ichtlinie damit auf der Hand. Aber das ist längst nicht alles: Die Schiffbauindustrie ieht auch sehr gute Möglichkeiten für den innovativen chiffbau. Hier ist Deutschland besonders stark, hier egt die Zukunft des deutschen Schiffbaus, und wir solln diese Möglichkeit offensiv nutzen. Von den Fachleun wissen wir, dass die Technologien vorhanden sind nd sich die Kosten der Umstellung für die Reedereien ach etwa eineinhalb Jahren rentieren. Hinzu kommt, dass die Richtlinie nur die Übertraung eines internationalen Abkommens in EU-Recht ist. iesem Abkommen der Internationalen Seeschifffahrtsrganisation hat Deutschland zugestimmt. Demzufolge äre es mehr als logisch, das Ganze in europäisches echt zu übertragen. Aber so einfach ist das bei dieser egierung nicht. Wir können uns hier alle nur fragen, as der wirkliche Grund für diese Geisterfahrerei der oalition ist. Sie lässt gesundheits-, umweltund wirt chaftspolitische Aspekte völlig außen vor und ignoriert in internationales Abkommen. Die Antwort ist offenichtlich: Hierbei geht es nicht um das Gemeinwohl, ondern um die Interessen einiger weniger – dieses Mal ind es Reedereien, die bevorzugt auf Nordund Ostsee nterwegs sind. Es bleibt das Geheimnis der Koalition, wieso sie wieer einmal so eine Politik macht. Etwas kurios war hier as Abstimmungsverhalten der Linken in den Ausschüsen, mit dem dieser politische Unsinn auch noch untertützt wurde. Zum Glück haben die Linken das eingeseen und ihre Meinung geändert. Ralph Lenkert gebene Reden Dr. Valerie Wilms )








(A) )

Selbstverständlich ist richtig, dass die Umstellung
nicht kostenlos zu haben ist. Es ist doch völlig klar, dass
schwefelarmer Treibstoff mehr kostet als der Sonder-
müll, der heute auf den Weltmeeren verfeuert wird. Aber
das wissen die betroffenen Reeder seit Jahren. Seit Jah-
ren ist klar, dass die Grenzwerte sinken. Hierauf hätte
schon lange reagiert werden können. Stattdessen wird
das Geld lieber in Lobbyarbeit gesteckt. Da werden Stu-
dien verfasst, die entscheidende Aspekte einfach nicht
berücksichtigen. Selbst die Bundesregierung gibt das zu.
Aber diese Koalition lässt sich davon nicht beeindru-
cken, sondern macht einfach weiter ihre Lobbypolitik.

Fassen wir also zusammen: Was hier und heute
beschlossen werden soll, ist gesundheitspolitischer
Unsinn, steht gegen den Umweltschutz und zeugt von
wirtschaftspolitischer Inkompetenz. Dazu wird ein inter-
nationales Abkommen untergraben. Dem muss nichts
mehr hinzugefügt werden. Die Fakten sprechen für sich.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715533500

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für

Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/8211, in
Kenntnis der Unterrichtung eine Entschließung anzuneh-
men. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
genstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
lung ist angenommen mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen der SPD und
des Bündnisses 90/Die Grünen und Enthaltung der Lin-
ken.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten Martin
Dörmann, Gerold Reichenbach, Doris Barnett,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD
eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur
Änderung des Telemediengesetzes (TMG)


– Drucksache 17/8454 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien

Die zu Protokoll gegebenen Reden stammen von den
Kollegen Andreas Lämmel und Dr. Georg Nüßlein,
CDU/CSU, Gerold Reichenbach, SPD, Claudia Bögel,
FDP, Halina Wawzyniak, Die Linke, Dr. Konstantin von
Notz, Bündnis 90/Die Grünen.1)

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 17/8454 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
ist das so beschlossen.

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d1) Anlage 13

(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla Jelpke, Matthias W. Birkwald, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Renten für Leistungsberechtigte des GhettoRentengesetzes ab dem Jahr 1997 nachträglich auszahlen – Drucksache 17/7985 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Innenausschuss Haushaltsausschuss Federführung strittig Die zu Protokoll gegebenen Reden stammen von eter Weiß, CDU/CSU, Anton Schaaf, SPD, r. Heinrich Kolb, FDP, Ulla Jelpke, Die Linke, Volker eck, Bündnis 90/Die Grünen. Die Aufarbeitung von NS-Unrecht ist nicht nur eine chtlich sehr komplexe Aufgabe, sondern auch ein sehr ensibles Thema. Mit dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus eschäftigungen in einem Ghetto, ZRBG, aus dem Jahre 002 hat der Deutsche Bundestag fraktionsübergreifend ie gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass die in inem Ghetto ausgeübte Tätigkeit rentenrechtlich als eitragszeit berücksichtigt werden kann. Dieses Gesetz ar und ist ein wichtiger Beitrag, um den Menschen gecht werden zu können, die die Nazimachthaber in hettos zwangen, und die dort einen harten Kampf ums berleben führen mussten. Mit ihren grundlegenden Urteilen vom 2. und 3. Juni 009 haben die Rentensenate des Bundessozialgerichts eitlinien zur Handhabung des Gesetzes zur Zahlbarmahung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto, RBG, aufgestellt, durch die die frühere teilweise eher striktive Rechtsprechung aufgegeben wurde. Damit ollten die extrem hohen Ablehnungsquoten für Anträge ach dem ZRBG, die in den ersten Jahren die Umsetzung es ZRGB geprägt haben in Zukunft vermieden werden. ie Kriterien „aus eigener Willensentscheidung“ und Entgeltlichkeit“ müssen im Lichte der besonderen Zieletzung des ZRBG gesehen werden, damit die eigentlich eabsichtigte Regelung nicht ins Leere läuft. Selbstkritisch betrachtet müssen wir sagen, diese achträgliche Auslegung der Voraussetzungen für einen entenanspruch und die Erkenntnis, dass die Ghettobechäftigung nicht mit den Maßstäben eines allgemeinen ersicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses u messen ist, haben zu lange gedauert. Die Rentenversicherungsträger haben dennoch verucht, diese neue Rechtsprechung nicht nur umgehend nd zügig umzusetzen, um den teilweise sehr betagten enschen eine möglichst rasche Auszahlung zu ermög chen. Alle zuvor von der Deutschen Rentenversicheung abgelehnten Anträge wurden von Amts wegen das heißt ohne erneuten Antrag oder Meldung durch en oder die Betroffenen – erneut aufgegriffen und über )

Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1715533600

(A) )

prüft. Die Betroffenen wurden direkt von den zuständi-
gen Trägern der Deutschen Rentenversicherung kontak-
tiert, wobei sich die Bearbeitungsreihenfolge nach den
Geburtsjahrgängen der Betroffenen richtete.

Insgesamt wurden 56 753 Fälle überprüft, wobei bei
knapp 7 200 Fällen festgestellt werden musste, dass der
Bezug zum ZRBG fehlt. Von den verbleibenden 49 600 Fäl-
len wurden rund 25 000 mit positivem Bewilligungsbe-
scheid abgeschlossen. 3 000 Anträge wurden abgelehnt.
Etwa 22 000 Anträge konnten leider nicht mit einem Be-
scheid abgeschlossen werden, weil die Betroffenen zum
Beispiel verstorben und die Rechtsnachfolger – das be-
traf rund 7 000 Fälle – nicht ermittelt werden konnten,
weil es aufgrund der Prüfung zu keinem anderen Ergeb-
nis kam und der ursprüngliche Ablehnungsbescheid
weiter Geltung behielt – 4 200 Fälle – oder weil die
Überprüfung bereits an der Kontaktaufnahme mit den
Betroffenen scheiterte – 10 000 Fälle.

In dem abschließenden Bericht der Deutschen Ren-
tenversicherung zu den Überprüfungen der abgelehnten
Anträge, der Ende November 2011 vorgelegt worden ist,
heißt es:

Setzt man die Zahl der Bewilligungen (25.000) ins
Verhältnis zur maßgeblichen Gesamtzahl zu über-
prüfender Vorgänge (49.600), ergibt sich eine Be-
willigungsquote von über 50 Prozent.

Insgesamt wurde ein Rentenvolumen von über
441 Millionen Euro nachgezahlt, davon 54 Millio-
nen Euro an Zinsen. Die laufenden monatlichen
Rentenzahlungen belaufen sich auf rund 5 Millio-
nen Euro.

Am 7. und 8. Februar 2012, also in nur neun Tagen,
werden die Rentensenate des Bundessozialgerichts über
die Rückwirkung des erleichterten Zugangs zu den Ghet-
torenten entscheiden.

In den rund 5 000 Fällen, in denen eine ablehnende
Entscheidung wegen eingelegter Rechtsmittel nicht be-
standskräftig geworden war, konnten, für bis zum
30. Juni 2003 gestellte Anträge, gemäß § 3 Abs. 1 ZRBG
die bewilligten Leistungen regelmäßig rückwirkend ab
dem 1. Juli 1997 erbracht werden.

Etwas anderes gilt rentenrechtlich jedoch, wenn die
Anträge schon einmal bindend abgelehnt worden waren.
Hier wurde von den Rentenversicherungsträgern § 44
SGB X angewandt, der eine materiell-rechtliche Ein-
schränkung für nachträglich zu erbringende Sozialleis-
tungen vorsieht.

Im Gegensatz zu § 100 Abs. 4 SGB VI, der als Sonder-
regelung zu § 44 SGB X die Rücknahme rechtswidriger
nicht begünstigender Verwaltungsakte im Bereich des
SGB VI regelt, haben die Rentenversicherungsträger da-
mit die günstigere Regelung angewandt. So wird nach
§ 44 SGB X eine rückwirkende Leistungserbringung
nicht wie bei § 100 Abs. 4 SGB VI quasi ausgeschlossen,
sondern auf einen maximalen Zeitraum von vier Jahren
begrenzt.

In der Praxis haben die Rentenversicherungsträger
die Renten, wenn aufgrund der neuen Rechtsprechung

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Zu Protokoll ge

(C (D Jahr 2009 Überprüfungsanträge gestellt wurden, bei orhergehender bindender Ablehnung erst ab dem 1. Jauar 2005 gezahlt. Hintergrund dieser Regelung ist der usgleich zwischen den Interessen des Einzelnen an eier möglichst vollständigen Erbringung der ihm zu Uncht vorenthaltenen Sozialleistungen und dem Interesse er Solidargemeinschaft aller Versicherten an einer öglichst geringen finanziellen Belastung für Leistunen für zurückliegende Zeiträume. Trotz der hohen Sensibilität für die Materie darf auch icht außer Acht blieben, dass das Sozialsystem bei eier Nachzahlung für vier Jahre bereits eine außerorentliche Belastung von etwa 500 Millionen Euro aufringen musste. Bei einer rückwirkenden Nachzahlung enerell bis 1997 würden schätzungsweise noch einmal ehrkosten in einer Größenordnung knapp unterhalb Milliarde Euro dazukommen. Die Vierjahresfrist ist eine im Sozialgesetzbuch urchaus übliche Frist, um Rechte und Pflichten aus eiem Sozialleistungsverhältnis auszugleichen. Bereits or dem Inkrafttreten des SGB I am 1. Januar 1976 galt Rentenversicherungsrecht gemäß § 29 Abs. 3 RVO ie vierjährige Verjährungsfrist. Außerdem wird bei § 44 SGB X nicht darauf abgetellt, ob und wann ein Überprüfungsantrag gestellt orden ist, und auch nicht darauf, auf welchem konkren Rechtsgrund die spätere Entscheidung des Leisngsträgers beruht oder ob sie aufgrund eines geändern Sachverhalts oder der geänderten Rechtsauslegung eändert wird. Die jetzt bevorstehende Entscheidung des Bundessoialgerichts resultiert aus verschiedenen im Rahmen der prungrevision zugelassenen erstinstanzlichen Verfahn, die eine Anwendbarkeit der § 44 Abs. 4 SGB X inage stellen. Vorgetragen wurde in den Verfahren, dass es oftmals on Zufällen abhänge, ob über einen Rentenantrag nach em ZRBG im Juni 2009 schon bindend entschieden ar. Vielfach seien gerade auch die Verfahren der ältesn Antragsteller vorgezogen worden, was sich nun als achteilig erweise. Würde man den Ghettoarbeitern die nen nach Gesetz und Rechtsprechung zustehenden eistungen vorenthalten, widerspreche dies dem Grundedanken des Wiedergutmachungsrechts. Von den erstinstanzlich zuständigen Sozialgerichten ibt es unterschiedliche Urteile: Teilweise wurden den lägern rückwirkende Leistungen bereits ab 1. Juli 997 zugesprochen, teilweise wurden die Klagen abgeiesen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt, dass ich das Bundessozialgericht dieser Frage annehmen ird und wird im Falle einer positiven Entscheidung dar Sorge tragen, dass die Rentenversicherungsträger ie neue Regelung umgehend und umfassend umsetzen erden. Sollten die Richterinnen und Richter zu einer nwendbarkeit des § 44 Abs. 4 SGB X kommen, werden ir die Urteilsgründe sehr genau überprüfen. Peter Weiß gebene Reden )





(A) )

Der richterlichen Entscheidung, die ja nun kurz be-
vorsteht, durch einen Gesetzentwurf des Deutschen Bun-
destages zuvorzukommen, ist nicht nur der systematisch
falsche Weg, sondern läuft auch Gefahr einer zweigleisi-
gen Debatte, die den Leistungsberechtigten unbedingt
erspart werden sollte. Es ist daher unverständlich und
zeugt von mangelndem Respekt vor der dritten Gewalt
– der Rechtsprechung – wenn die Linken jetzt kurz vor
einem höchstrichterlichen Urteil einen Antrag im Deut-
schen Bundestag einbringen. Der gesetzgeberische
Handlungsbedarf wird durch die höchstrichterliche
Rechtsprechung schon sehr bald konkretisiert werden,
und damit werden die Voraussetzungen und die Vorga-
ben für eine Befassung des Deutschen Bundestages ge-
setzt.


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1715533700

Die Linke greift in ihrem Antrag ein Problem auf, des-

sen Lösung uns allen am Herzen liegen muss: Wer bis
zum 30. Juni 2003 einen Antrag auf eine sogenannte
Ghettorente gestellt hat, soll, wie es dem Gesetz ent-
spricht – unabhängig vom Zeitpunkt der tatsächlichen
Bewilligung –, ab 1997 auch Leistungen erhalten. In den
meisten Fällen allerdings bekommen die Betroffenen
ihre Renten erst ab dem Jahr 2005.

Um diese unterschiedliche Behandlung der ehemali-
gen Ghettoarbeiter nachvollziehen zu können, müssen
wir kurz rekapitulieren: Die Gewährung der sogenann-
ten Ghettorenten ergänzt das bestehende Entschädi-
gungsrecht nach Zwangsarbeit und ist damit Teil deut-
scher Wiedergutmachung nach dem Terror der
Nationalsozialisten. Das im Jahr 2002 verkündete
ZRBG – Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Be-
schäftigungen in einem Ghetto – regelt die Vorausset-
zungen. Leistungen werden bei rechtzeitiger Antragstel-
lung ab 1997 gewährt.

Das Jahr 1997, auf das sich das ZRBG bezieht, mar-
kiert den Beginn der sogenannten „Ghettorechtspre-
chung“ und damit einen Wendepunkt deutscher Wieder-
gutmachungspolitik. Es war die Erkenntnis gereift, dass
Arbeitsleistungen von Verfolgten in den vom Dritten
Reich eingerichteten Ghettos nicht unbedingt mit
Zwangsarbeit gleichzusetzen sind, sondern auch in ei-
nem Beschäftigungsverhältnis erbracht werden konnten,
für die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung
zu zahlen sind. Das Gesetz gilt für Zeiten der Beschäfti-
gung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort
zwangsweise aufgehalten haben, wenn die Beschäfti-
gung aus eigenem Willensentschluss zustande gekom-
men ist, gegen Entgelt ausgeübt wurde und das Ghetto
sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich
besetzt oder diesem eingegliedert war.

Leider führten die folgenden Anträge der ehemals
Verfolgten auf eine Rente nach dem Gesetz zur Zahlbar-
machung von Renten aus Beschäftigungen in einem
Ghetto in den allermeisten Fällen nicht zur Gewährung
einer Rente. Die Erfordernis, eine versicherungspflich-
tige Beschäftigung nach den Vorschriften der Reichsver-
sicherungsordnung nachzuweisen, bedeutete eine zu
große Hürde.

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Zu Protokoll ge

(C (D Rund 90 Prozent der Anträge wurden daher in den ahren nach Inkrafttreten des ZRBG abgelehnt. Dies hat ich erst mit mehreren Entscheidungen des Bundessozialerichts im Jahr 2009 geändert. Mit den neu gefassten eitlinien zur Handhabung des ZRBG wurde in Teilen die ühere, restriktivere Rechtsprechung aufgegeben. Dies ilt beispielsweise in Bezug auf die Natur des Entgelts; sofern werden nun auch Nahrungsmittel oder Kleidung ls solches gewertet. Denn im Kontext der Ghettos hatte ntlohnung in Form von Naturalien einen höheren Wert ls Geld. Damit trägt das Gericht den außerordentlichen erhältnissen, unter denen die Verfolgten leben mussten, echnung; mit rentenversicherungsrechtlichen Entgeltegriffen sind diese kaum zu fassen. Auch auf ein Minestalter, das bis dahin Voraussetzung für die Gewähung einer Rente war, wurde verzichtet. Zugleich wurde uch der Begriff der Willensentscheidung, der das Zutandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses und ie Grenze zur Zwangsarbeit markieren sollte, vereincht. Im Nachgang zu den Urteilen hat die deutsche Rennversicherung eine Überprüfung der abgelehnten Anäge vorgenommen, die weitgehend abgeschlossen ist. ehrere Tausende an Berechtigten erhalten nun Renten ach dem ZRBG. Darunter befinden sich viele, deren nträge vor der Änderung der Rechtsprechung bereits inmal bindend abgelehnt worden waren. Genau hier liegt der wunde Punkt: Für diese Antragteller begannen die Rentenzahlungen nicht rückwirend zum 1. Juli 1997, wie dies § 3 Abs. 1 ZRBG für bis um 30. Juni 2003 gestellte Anträge vorsieht. Vielmehr aben die Rentenversicherungsträger die Renten erst ab . Januar 2005 gezahlt, wenn aufgrund der neuen echtsprechung im Jahr 2009 überprüft wurde. Insofern am § 44 SGB X zur Anwendung. Nach dessen Abs. 1 hat der einen Anspruch auf erneute Überprüfung, wenn ich ein früherer Bescheid zu seinen Ungunsten als chtswidrig erweist. In Abs. 4 der Vorschrift ist darüber inaus festgelegt, dass dann Leistungen für vier Jahre ückwirkend zu erbringen sind. Besonders tragisch an der geltenden Rechtsanwenung ist, dass besonders ältere Betroffene, deren Anäge wegen ihres Alters vorgezogen beurteilt wurden nd daher zum Zeitpunkt der Urteile des Bundessozialerichts im Jahr 2009 schon bindend entschieden wan, nun im Nachteil sind. Es ist mehr als fraglich, ob ies der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers entprechen kann. Eine Vielzahl von Antragstellern will die getroffene ntscheidung nicht akzeptieren und pocht auf einen eistungsanspruch ab 1997. Einige Betroffene haben eklagt. Im Ergebnis liegen nun gegensätzliche erstintanzliche Urteile der Sozialgerichte vor: Einige wiesen lagen ab, andere beschieden im Sinne der Kläger. Die Folge der gefällten Urteile: Die zuständigen Seate des Bundessozialgerichts werden abschließend am . und am 8. Februar 2012 über die Rückwirkung des erichterten Zugangs zu den Ghettorenten entscheiden. as Resultat sollten wir abwarten, bevor wir über den orliegenden Antrag abstimmen oder weitere Initiativen Peter Weiß gebene Reden )





(A) )

anschieben. Allerdings ist eine politische Lösung ge-
fragt, sollte das Bundessozialgericht nicht im Sinne der
Ziele des ZRBG entscheiden können.

Auch in der Vergangenheit war in Reaktion auf die
– so vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte – enge Ausle-
gung des ZRBG ein stetiges Ineinandergreifen von
Rechtsprechung und Politik zu beobachten.

So war am 1. Oktober 2007 vor dem Hintergrund der
sehr hohen Ablehnungsquote der Anträge nach dem
ZRBG eine Richtlinie der Bundesregierung erlassen
worden. Seitdem können Verfolgte im Sinne des § 1 des
Bundesentschädigungsgesetzes, die sich zwangsweise in
einem Ghetto im nationalsozialistischen Einflussgebiet
aufhielten, eine einmalige Leistung in Höhe von
2 000 Euro erhalten, wenn für diese Arbeit keine Leis-
tung im Rahmen der Entschädigung nach Zwangsarbeit
gezahlt wurde.

Dies verdeutlicht auch: Das ZRBG gehört zwar zum
Rentenrecht, stellt aber eine Sonderregelung dar. Dies
liegt begründet in der besonderen historischen Konstel-
lation und den extremen Bedingungen, unter denen die
Verfolgten in den Ghettos der Nationalsozialisten zu lei-
den hatten. Daher dürfen wir auch jetzt nicht in letzter
Konsequenz davor zurückscheuen, der ursprünglichen
Intention des ZRBG, eine Lücke im Recht der Wiedergut-
machung für alle Ghettoüberlebenden zu schließen, zum
Durchbruch zu verhelfen. Denn wie sich der Sachverhalt
jetzt darstellt, werden, verursacht durch den langen Klä-
rungsprozess, nicht alle Betroffenen tatsächlich gleich
behandelt.

Mittlerweile sind circa 7 000 Antragsteller verstor-
ben und zu vielen Tausenden konnte – trotz erheblicher
Bemühungen – kein Kontakt mehr hergestellt werden.
Diese Zahlen unterstreichen die besondere Dringlich-
keit für eine abschließende und zufriedenstellende Lö-
sung.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1715533800

Das Thema der heutigen Debatte taugt nicht für eine

parteipolitische Auseinandersetzung.

Der Deutsche Bundestag hat im Jahr 2002 das Gesetz
zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in
einem Ghetto, ZRBG, einstimmig beschlossen. Vorgese-
hen war die Rückwirkung ab 1. Juli 1997. Leider hat
dieses Gesetz nicht so gewirkt, wie wir alle es uns da-
mals erhofft und gewünscht hatten. Das ZRBG war ein
Versuch, die Problematik der ehemals in einem Ghetto
Beschäftigten rentenrechtlich zu lösen. Diese Überle-
gung stützte sich auf die vorangegangene Rechtspre-
chung des Bundessozialgerichts, BSG, die ihrerseits seit
1997 erstmals eine rentenrechtliche Lösung für ehemals
in einem Ghetto Beschäftigte vorgab.

Bis zum Urteil des BSG zum Ghetto Łódź vom
18. Juni 1997 wurde davon ausgegangen, dass Arbeit in
Ghettos, die von der deutschen Besatzung oder auf ihre
Veranlassung hin eingerichtet wurden, als Zwangsarbeit
auf Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Gewaltver-
hältnisses geleistet wurde. Da damit keine rentenversi-
cherungspflichtige Beschäftigung vorlag, kamen Zah-

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Zu Protokoll ge

(C (D ngen aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch icht in Betracht. Mit dem Urteil des BSG wurde dann ie Arbeit im Ghetto Łódź als ein sozialversicherungsflichtiges Arbeitsverhältnis angesehen, das auf freiem illensentschluss beruhte und gegen Entgelt ausgeübt urde. Das ist Voraussetzung für jede Rentenzahlung. Dieser rentenrechtliche Lösungsansatz hat Schwieigkeiten mit sich gebracht. Die für die Verhältnisse des hettos in Łódź passende Regelung war nicht ohne Weires auf andere Ghettos übertragbar. Insbesondere der ern der rentenrechtlichen Lösung, also die Geltendachung einer „aus eigenem Willensentschluss zu tande gekommenen“ und „gegen Entgelt ausgeübten“ ätigkeit, war in der Antragspraxis oft nicht nachweisar. Die FDP hat sich nicht nur deswegen in der Verganenheit eher für Entschädigungslösungen als für die ntenrechtliche Bewertung ausgesprochen. Die aufgeetenen Schwierigkeiten bestätigen unsere Haltung. In seiner praktischen Anwendung hat das ZRBG nicht u befriedigenden Ergebnissen geführt, sondern zu hoen Ablehnungsraten und Klagen. Den Rentenversicheungsträgern, also den zuständigen LVAs, kann das cheitern der Umsetzung des ZRBG aber nicht vorgeorfen werden. Sie haben nur nach den im Gesetz gereelten rentenrechtlichen Grundsätzen gehandelt. Im Jahr 2009 hat das BSG praktikablere Leitlinien esetzt und die Entgeltlichkeit der Tätigkeiten erleichrt. Danach waren bis Ende Juni 2011 mehr als 0 000 Anträge bearbeitet und beschieden worden, daon mehr als 90 Prozent positiv. Gut 2 000 Anträge wan zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht abgeschlossen. Nach wie vor laufen Prüfungen, insbesondere auch erichtsverfahren. Anfang Februar ist erneut mit Urtein des BSG zur Anwendung des § 44 Abs. 4 SGB X zu chnen. Wie schon in der Vergangenheit wird das Richrrecht uns Hinweise geben, ob gesetzgeberische Kon equenzen notwendig und sinnvoll sind. Ich bin überzeugt, dass der Bundestag bei diesem hema wie in der Vergangenheit auf einer sehr breiten ich hoffe einstimmigen – Basis agieren wird. Einer Iniative der Linken hätte es dazu nicht bedurft. Unser Antrag zielt darauf ab, eine Ungerechtigkeit ei der Auszahlung der sogenannten Ghettorenten ausugleichen. Im Jahr 2002 hat der Bundestag einen Beschluss des undessozialgerichts umgesetzt und einstimmig beschlosen, dass NS-Opfer, die unter den Nazis in Ghettos gewungen wurden und dort einer Arbeit nachgegangen aren, für diese Arbeit eine Rente erhalten sollen. Wir üssen leider feststellen, dass dieses Gesetz nicht so mgesetzt worden ist, wie es von uns allen hier im Haus eabsichtigt war. Durch Fehler und Mängel haben ehntausende von überlebenden Ghettoarbeitern kein eld erhalten oder weniger als geplant. Anton Schaaf gebene Reden )

Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715533900




(A) )

Ich will hier nicht anfangen, Schuldzuweisungen an
Parlament, Bundesregierung und Deutsche Rentenversi-
cherung zu verteilen. Die Linke will, dass der Mangel
behoben wird. Denn eine Seite kann definitiv nichts da-
für: Die NS-Opfer, die im Ghetto geschuftet haben. Es
darf nicht sein, dass sie für Fehler bezahlen sollen, die
bei der Anwendung des Gesetzes zutage traten. Deshalb
stellt die Linke diesen Antrag.

Das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Be-
schäftigungen in einem Ghetto, ZRBG, musste praktisch
als gescheitert angesehen werden, als in den ersten Jah-
ren von über 60 000 Anträgen nur 5 100 bewilligt wur-
den. Das lag zu einem großen Teil an den fragwürdigen
Begrifflichkeiten im Gesetz selbst bzw. ihrer Auslegung,
so etwa der erforderten Freiwilligkeit der Arbeitsauf-
nahme und dem Erhalt von Entgelt dafür. Etliche Betrof-
fene haben das als Verharmlosung der mörderischen Zu-
stände im Ghetto empfunden. Die Deutsche Renten-
versicherung hat fast alle Anträge abgelehnt, weil sie
ebenfalls keine Freiwilligkeit gesehen hat.

Erst spät, 2009, hat das Bundessozialgericht ent-
schieden, dass die Begriffe großzügig interpretiert wer-
den müssen und man die Spielräume berücksichtigen
muss, die es auch im Ghetto gab, so gering sie auch ge-
wesen sind. Auch eine Handvoll Kartoffeln extra stellt
ein Entgelt dar, das damals überlebenswichtig sein
konnte. Dieses Urteil war extrem wichtig. Das zeigt das
Ergebnis der Überprüfungen, die danach von der Ren-
tenversicherung vorgenommen wurden. Ich habe mir
dieser Tage die aktuellen Zahlen geben lassen: Von
knapp 28 000 neu erteilten Bescheiden fielen rund
25 000 positiv aus.

Diese Menschen erhalten jetzt also Rente, nachdem
sie ihnen erst verweigert worden war. Das ist eine er-
freuliche Nachricht, die aber dadurch getrübt wird, dass
mindestens 17 000 Betroffene keinen neuen Bescheid
mehr erhalten konnten: 7 000 sind zwischenzeitlich ver-
storben, weitere 10 000 nicht mehr auffindbar, weil sie
unbekannt verzogen oder ebenfalls verstorben sind.

Und einen weiteren Wermutstropfen gibt es: Noch im-
mer wird das Gesetz nicht so durchgeführt, wie es vom
Bundestag einst beschlossen worden ist. Damals haben
wir den Betroffenen gesagt: Wenn ihr bis Mitte 2003
euren Antrag einreicht, dann zahlen wir euch die Rente
ab dem Jahr 1997 rückwirkend aus. 1997 wurde deswe-
gen als Stichdatum gewählt, weil damals der erste ein-
schlägige Beschluss des Bundessozialgerichts ergangen
war, dass Ghettoarbeit prinzipiell einen Rentenanspruch
begründet. Auszahlung ab 1997 – darin waren wir uns
damals alle einig; auch die Gesetzesbegründung machte
das klar.

Doch das hat nicht geklappt. Bei den 25 000 Anträ-
gen, die nach dem Urteil des Bundessozialgerichts neu
geprüft und anerkannt worden sind, wird die Rückwir-
kung erst ab 2005 angewandt. Das hat die Bundesregie-
rung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage mit der im
allgemeinen Sozialrecht geltenden maximalen Rückwir-
kung von vier Jahren begründet; und diese vier Jahre
werden von der BGS-Entscheidung an gerechnet.

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Zu Protokoll ge

(C (D Im Klartext heißt das also: Die allermeisten Berechgten erhalten die Rente nicht, wie ursprünglich verprochen, rückwirkend ab 1997, sondern erst ab 2005. as hält die Linke für einen Fehler, den wir gutmachen üssen, auch wenn wir dafür rechtliches Neuland betren müssen. Das haben wir beim ersten Gesetz ja auch etan. Deswegen beantragen wir, dass die Renten ab 1997 ückwirkend ausgezahlt werden. Darin waren wir uns in iesem Parlament ja alle einig, und ich hoffe sehr, dass ir uns auch heute noch darin einig sind. Wir können icht die NS-Opfer verhöhnen, indem wir sie für unsere ehler bezahlen lassen. Mit dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus eschäftigungen in einem Ghetto, kurz ZRBG, von 2002 ollte Rot-Grün eine Lücke im Entschädigungsrecht chließen. Hier geht es um Menschen, die unter dem S-Regime in ein Ghetto gezwungen wurden und dort, ft um dem Hungertod zu entgehen, eine Beschäftigung nnahmen. Dieser Personenkreis sollte nach der Intenon des Gesetzgebers für die Arbeitszeit im Ghetto Rennzahlungen erhalten, ohne dafür nachträglich Beiäge zur Rentenversicherung entrichten zu müssen. Das esetz fußt auf einer Entscheidung des Bundessozialge ichts vom 18. Juni 1997. Nach dem ZRBG haben Überbende des NS-Terrors auch rückwirkend ab Juli 1997 eutsche Rentenansprüche erworben, wenn sie in einem hetto gearbeitet haben. 2009 entschied das Bundesso ialgericht zudem, dass dies auch gilt, wenn sie im hetto zur Arbeit verpflichtet waren und als Lohn ledigch Nahrung oder Lebensmittelkarten erhalten haben. is dahin wurde davon ausgegangen, dass die Arbeit in hettos, die von der deutschen Besatzung oder auf ihre eranlassung hin eingerichtet wurden, als Zwangsarbeit uf Grundlage eines Gewaltverhältnisses geleistet urde und Zahlungen aus der gesetzlichen Rentenversiherung deshalb nicht in Betracht kommen. Das ZRBG wurde 2002 einstimmig vom Deutschen undestag beschlossen. In seiner praktischen Anwenung hat das Gesetz aber lange nicht zu den vom Gesetzeber gewünschten Ergebnissen geführt. Von den etwa 0 000 Anträgen wurden anfangs nur wenige positiv eschieden. Die zuständigen Landesversicherungsantalten haben viel zu hohe Hürden aufgebaut. Das wierspricht der Intention des Deutschen Bundestages. er Gesetzgeber hatte 2002 zugunsten der betroffenen S-Verfolgten entschieden, wohl wissend, dass damit ntenrechtliches Neuland betreten wurde. Dennoch mussten die Überlebenden der Nazischindei mit den deutschen Rentenversicherungen kämpfen: it deren fehlender Sensibilität für persönliche Schick ale und historische Zusammenhänge. Dadurch wurden nträge verzögert, blockiert und oft auch pauschal abelehnt. Diese langwierige deutsche Bewilligungspraxis ar zuletzt im Vorfeld der deutsch-israelischen Regie ungskonsultationen 2011 von der israelischen Regieung kritisiert worden. Aber nicht nur die israelische, Ulla Jelpke gebene Reden Volker Beck )

Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715534000







(A) )

auch die deutsche Öffentlichkeit erwartet von Schwarz-
Gelb eine klare Ansage.

Heute warten über 20 000 Holocaustüberlebende da-
rauf, dass ihnen ein Rentenanspruch rückwirkend zum
Jahr 1997 gewährt wird. Bislang beruft sich die Bundes-
regierung auf das Sozialrecht und gewährt diesen Ren-
tenanspruch nur rückwirkend für vier Jahre, von 2009
gerechnet also ab dem Jahr 2005. Als wir im Bundestag
dieses Gesetz verabschiedeten, war das nicht unsere Ab-
sicht als gesetzgebendes Organ. Es ist unhaltbar, dass
nun den letzten überlebenden NS-Opfern durch diese
Verschleppungstaktik Rentenansprüche vorenthalten
werden. Es drängt sich der Verdacht auf, dass man hier
auf eine „demografische Lösung“ des Problems hofft.
Das ist zynisch, unanständig und zutiefst beschämend.

Der Antrag der Linksfraktion, die Rentenzahlungen
rückwirkend ab dem 1. Juni 1997 zu zahlen, findet des-
halb die uneingeschränkte Zustimmung meiner Frak-
tion.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715534100

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/7985 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Die Federführung ist
jedoch strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und FDP
wünschen die Federführung beim Ausschuss für Arbeit
und Soziales, die Fraktion Die Linke wünscht Federfüh-
rung beim Innenausschuss.

Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der
Fraktion Die Linke abstimmen: Federführung beim In-
nenausschuss. Wer stimmt für diesen Überweisungsvor-
schlag? – Dagegen? – Enthaltungen? – Der Überwei-
sungsvorschlag ist abgelehnt mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion bei Zustim-
mung der Linken und der Grünen.

Ich lasse nun abstimmen über den Überweisungsvor-
schlag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP: Fe-
derführung beim Ausschuss für Arbeit und Soziales. Wer
stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Dagegen? –
Enthaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist ange-
nommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und
der SPD gegen die Stimmen der Linken und der Grünen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Oliver

(Quedlinburg)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ein neues Bergrecht für das 21. Jahrhundert

– Drucksache 17/8133 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Die zu Protokoll gegebenen Reden stammen von
Andreas Lämmel, CDU/CSU, Rolf Hempelmann, SPD,
Klaus Breil, FDP, Eva Bulling-Schröter, Die Linke,
Oliver Krischer, Bündnis 90/Die Grünen.

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(C (D Fragen der Rohstoffund Energiepolitik bleiben auch Jahr 2012 von hoher Aktualität und politischer Bri anz. Gleich zum Jahresauftakt erfreuen uns die Grünen uf ihre Art mit einem Antrag zur angeblichen Moderniierung des Bergrechts. Sie hätten ihren Antrag auch hrlicherweise „Bergbau in Deutschland abschaffen!“ der „Bergbau in Deutschland – im 21. Jahrhundert ist chluss!“ nennen sollen. Diesen Antrag gilt es in einem größeren Kontext zu ehen, um ihn auch angemessen beurteilen zu können. Erstens. Deutschland ist umfassend von Rohstoffimorten abhängig. Die christlich-liberale Koalition hat aher in dieser Legislaturperiode eine umfassende Rohtoffstrategie vorgelegt. Ein wesentlicher Bestandteil ieser Rohstoffstrategie ist die Diversifizierung der ohstoffbezugsquellen. So werden Abhängigkeiten verieden oder reduziert, und die Versorgungssicherheit ann erhöht werden. Zweitens. Zur Diversifizierung zählt auch die Nutung heimischer Rohstoffe. Damit kann Deutschland ohstoffimporte vermeiden, Vermögensund Kaufkraftansfers ins Ausland verhindern und Wertschöpfungsetten im Land halten. Drittens. Neben diesem ökonomischen Aspekt sind uch ökologische und soziale Aspekte zu beachten. Wir aben in Deutschland bereits hohe Standards an Umeltauflagen für den Bergbau. Dies gilt auch für den Areitsschutz. Findet Bergbau nicht mehr in Deutschland tatt, wird der Bedarf durch den Abbau in anderen Weltgionen gedeckt. Wir alle wissen, dass die ökologischen nd sozialen Standards in den meisten Ländern viel iedriger sind als bei uns. Eine Verlagerung des Bergaus aus Deutschland steigert die Nachfrage nach imortierten Rohstoffen, die unter niedrigeren bis nicht orhandenen ökologischen und sozialen Standards abebaut wurden. Viertens. Das Motto der Grünen „Kein Bergbau bei ns – kein Problem“ ist kurzsichtig und verantwortungss. Das sollten sie auch gegenüber ihren Anhängern er lären. Fünftens. Ein weiterer grundlegender Punkt ist die nergiepolitik. Fast alle Mitglieder des Deutschen Bunestages, auch die Fraktion der Grünen, haben im ommer des vergangenen Jahres die „Energiewende“ eschlossen. Wir haben also gemeinsam acht grundlasthige Kernkraftwerke vom Netz genommen und wollen chrittweise bis zum Jahr 2022 komplett auf die Kernnergie verzichten. Bis der erforderliche Ausbau der rneuerbaren Energien erfolgt und insbesondere die beleitende Infrastruktur errichtet ist – ich nenne nur etze und Speicher als Stichworte –, werden wir in eutschland verstärkt fossile Energieträger nutzen müs en. Dazu gehören neben überwiegend importiertem rdgas und Erdöl auch die heimischen Energieträger teinund Braunkohle. Folglich müssen wir in der Lage ein, die erforderlichen Rohstoffe auch in Deutschland bzubauen. Diesen Zusammenhang sollten die Grünen uch ihren Anhängern erläutern. Mit dem Abschalten )

Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1715534200

(A) )

von Kernkraftwerken ist es nicht getan. Wer aussteigt,
muss auch einsteigen.

Nun aber zum Antrag. Die Grünen wollen ein Berg-
recht für das 21. Jahrhundert, ein neues Bergrecht, um
genau zu sein. Sie übersehen, dass ein in Deutschland
einheitliches Bergrecht in dieser Form seit den frühen
80er-Jahren besteht. Das Bergrecht wurde seit seinem
Inkrafttreten 1982 ständig an umweltrechtliche Vorga-
ben, insbesondere denen des EU-Rechts, angepasst.
Auch in der ständigen Rechtsprechung der Gerichte
wurden keine Differenzen zwischen dem Bergrecht und
bestehenden umwelt- oder verfahrensrechtlichen Rege-
lungen angemahnt.

Das Bergrecht hat selbstverständlich den Zweck, die
Rohstoffgewinnung zu ermöglichen. Aber dies geschieht
natürlich in einer Abwägung mit den Interessen Dritter,
primär der ansässigen Bevölkerung und der Natur. So ist
seit 1990 für größere Vorhaben die Durchführung eines
Planfeststellungsverfahrens inklusive Umweltverträg-
lichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung obliga-
torisch. Speziell für den Braunkohlebergbau ist noch das
raumordnerische Braunkohlenplanverfahren vorgese-
hen, welches mehrere Jahre in Anspruch nimmt und
unter Durchführung von Umweltprüfungen, Öffentlich-
keitsbeteiligung und auf Basis von zahlreichen Gutach-
ten die gesamtheitliche Abwägung der Braunkohlege-
winnung im Tagebau mit allen anderen berührten
Belangen vollzieht. Die Wiedernutzbarmachung der Erd-
oberfläche nach erfolgtem Abbau ist – das ist weltweit
einmalig – Bestandteil unseres Bergrechts.

Gerade in diesem Punkt zeigt sich eine unsachliche Zu-
spitzung im Antrag der Grünen. Sie schreiben auf den Sei-
ten 1 und 2 von „300 Ortschaften mit 110 000 Menschen“,
die seit 1945 in Ost- und Westdeutschland aufgrund des
Braunkohlebergbaus ihre Heimat verloren hätten. Sie
übersehen aber dabei, dass das Bergrecht, über das wir
hier sprechen, in der ehemaligen DDR gar nicht galt. Es
ist unseriös, die Ursachen für die Naturschäden in den
mitteldeutschen und Lausitzer Braunkohlerevieren beim
geltenden Bergrecht zu suchen. Dafür sind ein men-
schen- und naturfeindliches Wirtschafts- und Gesell-
schaftsmodell verantwortlich, welches die Kollegen der
Linken sicher gern umfangreich erläutern können. Die
ehemaligen Tagebaue werden seit 1990 unter der Gel-
tung des Bergrechtes, mit großem finanziellen Aufwand
des Bundes, saniert und rekultiviert. Das hätte man im
Antrag auch erwähnen können.

Übrigens werden 98 Prozent aller Umsiedlungsfälle
gütlich geregelt und Grundabtretungsverfahren werden
vermieden.

Das geltende Bergrecht erfüllt also seinen Zweck: Es
schafft Ausgleich zwischen den Interessen der Men-
schen, der Natur und der Rohstoffgewinnung.

Besonders fragwürdig und wirklichkeitsfremd sind
die Forderungen unter Punkt 8 und 14. Bergbauprojekte
sind kapitalintensive Unternehmungen, die sich oft über
Jahrzehnte erstrecken und daher umfassende Rechtssi-
cherheit benötigen. Eine ständige Überprüfung erteilter
Genehmigungen, wie hier gefordert, steht dem aber ent-

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Zu Protokoll ge

(C (D egen. Sie würden jede Investitionsentscheidung im ergbau de facto verhindern. Auch verhindert man dait Rechtssicherheit und Klarheit für die Betroffenen, m die es den Grünen doch vordergründig geht. Auch der Punkt 18 ist bemerkenswert. Die Grünen rdern ein umfassenderes Klagerecht für Bergbaubeoffene und auch für Umweltverbände. Dies ist einereits nicht nötig, da jeder Bürger die Möglichkeit der lage hat, falls er seine Grundrechte eingeschränkt ieht. Dies betrifft selbstverständlich auch bergrechtlihe Entscheidungen. Anderseits habe ich Verständnis, ass diese Forderung gestellt wird. Wahrscheinlich müsen die Grünen die Wutbürger und die Wir-sind-gegenlles-Fraktion in ihren Reihen zufriedenstellen. Jetzt, da ie Bürger den Grünen in Stuttgart per Referendum miteteilt haben, dass sie ihre Infrastrukturphobie nicht tein und ein grüner Ministerpräsident und ein grüner erkehrsminister Stuttgart 21 wohl umsetzen müssen, ind die Grünen natürlich in der Pflicht, ihre Klientel zu efriedigen, indem sie neue oder erweiterte Klageund erzögerungsbefugnisse fordern. Wir brauchen Bergbau zur Gewährleistung der Rohtoffversorgung und zur Sicherung des Know-hows in eutschland. Das geltende Bergrecht berücksichtigt daei auch die Interessen anderer Beteiligter. Schließlich kann ich Urlaub in Sachsen empfehlen. ort kann man in der Lausitz beobachten, wie aus alten raunkohletagebauen touristische Destinationen entsteen und sich die Natur erholt. Oder man fährt ins Erzgeirge und lässt sich zeigen, wie die Menschen vor Ort it Stolz die Tradition des Bergbaus pflegen und die olgen der Devastierung einer Landschaft wegen eines hlenden Bergrechts fast nicht mehr zu finden sind. Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen beschäftigt ich zusammengefasst mit einer Revision des Bergchts. Auch die SPD-Bundestagsfraktion beschäftigt ich mit diesem Thema und denkt über eine Weiterenticklung nach. Hintergrund unserer Diskussion war und t unter anderem die aktuelle Situation beim unkonvenonellen Erdgas. Wir haben festgestellt, dass das gelnde Bergrecht über Unzulänglichkeiten bei den Regengen zur Aufsuchung und Förderung verfügt. In den eutschen Bundestag haben wir dazu einen Antrag einebracht, der sich mit der Transparenz und der Umwelterträglichkeit von Fördermethoden beim Fracking bechäftigt. Nun zum aktuellen Antrag von Bündnis 90/Die Grüen: Ich kann vorausschicken: Über viele Dinge im Forerungsteil des Antrages können wir reden. Jedoch finen wir einige Mängel im Antrag, insbesondere im eststellungsund Begründungsteil. So sind sehr aushrlich die Risiken und Konfliktpotenziale beim Abbau on Bodenschätzen aufgeführt, aber es gibt keine Würdiung der heimischen Bergbauindustrie und der mit ihr erbundenen Wertschöpfungskette unter anderem auch ei der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen und er Entwicklung von Bergbauregionen. Ohne die heimi Andreas G. Lämmel gebene Reden )

Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1715534300




(A) )

schen Bergbauunternehmen wäre der Erfolg der deut-
schen Industrie nicht möglich gewesen.

Die einheimische Rohstoffgewinnung macht Deutsch-
land unabhängiger von Rohstoffimporten. Sie ist not-
wendig und verfügt über vielfältige positive Effekte. Die
Versorgungssicherheit bei energetischen und nichtener-
getischen Rohstoffen erhöht sich durch den heimischen
Abbau deutlich. Durch heimische Rohstoffe wird die
deutsche Bauindustrie ortsnah mit Baumaterialien für
den öffentlichen und privaten Bau versorgt. Energeti-
sche Rohstoffe im eigenen Land sichern eine stabile Ver-
sorgung insbesondere der energieintensiven Industrien.
Und nicht zu vergessen ist das deutlich höhere Umwelt-
schutzniveau bei der heimischen Gewinnung im Ver-
gleich zur Gewinnung importierter Rohstoffe. Wenn Sie
im Antrag die negativen Nebenwirkungen der inländi-
schen Bergbauaktivitäten beschreiben, gleichzeitig aber
die positiven Hauptwirkungen außen vor lassen, wird
eine echte Güterabwägung im Sinne eines fairen Chan-
cen-Risiken-Vergleichs kaum gelingen.

Planfeststellungsverfahren laufen heute nicht selten
über 10 bis 15 Jahre. Dies erzeugt weder Rechtssicher-
heit bei den betroffenen Menschen noch bei den jeweili-
gen Unternehmen. Die Herausforderung in einer aufge-
klärten Zivilgesellschaft besteht heute darin, eine
Beschleunigung der ohne Zweifel zu langen Verfahren
mit einer Verbesserung von Transparenz und Bürgerbe-
teiligung zu verbinden.

Das deutsche Bergrecht ist eine unvergleichliche Er-
folgsgeschichte. Die enorme Beschäftigungsentwick-
lung, der Aufschwung der Bergbauregionen oder der
schnelle Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg wä-
ren ohne die Nutzung der energetischen und nichtener-
getischen Rohstoffe aus heimischen Lagerstätten nicht
möglich gewesen. In manchen Teilen scheint das histo-
risch gewachsene geltende Bergrecht trotz mancher
Weiterentwicklung nicht mehr zu einer modernen aufge-
klärten und an Teilhabe interessierten Gesellschaft zu
passen. Eine Überarbeitung muss deshalb angemessene
Regelungen zu Transparenz und frühzeitig beginnender
Bürgerbeteiligung enthalten. Auch stehen heute andere
Fragen im Vordergrund als zur Entstehungszeit des
deutschen Bergrechts. Heute spielen zum Beispiel um-
welt- und wasserrechtliche Aspekte eine ganz andere
Rolle. Das muss eine Revision des deutschen Bergrechts
überzeugend aufnehmen. Dabei muss Spielraum bleiben
für eine sachgerechte Abwägung ökologischer, sozialer
und ökonomischer Belange.

Bündnis 90/Die Grünen schlagen in ihrem Antrag un-
ter anderem die Einführung einer „generellen Bergscha-
denvermutung mit Beweislastumkehr“ vor. In der Tat ist
schwer begründbar, warum gerade der Betroffene als
schwächstes Glied die komplette Beweislast, dass die
Schäden aufgrund der Bergbautätigkeit aufgetreten
sind, tragen soll. Ob eine Beweislastumkehr das richtige
Heilmittel ist oder ob weitere Wege möglich sind, sollten
wir versuchen in einer Anhörung zu klären.

Es gibt viel zu besprechen. Dafür haben wir unsere
Ausschüsse. Im Rahmen der Ausschussberatungen ha-
ben wir auch, wie gesagt, die Möglichkeit zur Durchfüh-

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Zu Protokoll ge

(C (D ung einer Anhörung. Da können wir noch manche rage klären. Der vorliegende Antrag der Grünen betont, dass ergbau in Deutschland auch in Zukunft grundsätzlich öglich sein soll. Schaut man sich die darin aufgestelln Forderungen jedoch im Detail an, dann lässt das zuindest Zweifel an diesem Grundsatz aufkommen. Vielehr zeugt der Antrag inhaltlich in schon gewohnter Art nd Weise von der ökologischen Dialektik der Grünen. Es ist ein Januskopf: Janus der römische Gott des Anngs und des Endes. Im Antrag ist der Anfang das vereintliche Bekenntnis zum Fortschritt. Das Ende folgt Form der Forderungen, die jeden Fortschritt in der ealität unmöglich machen. Doch wie sieht die Realität aus? Seit 1980 gibt das undesberggesetz – zuletzt mit Änderungen im Jahr 009 – einen verbindlichen ordnungspolitischen Rahen für die Aufsuchung und Gewinnung von Rohstoffen owie die damit verbundenen finanziellen Anforderunen und sicherheitstechnischen Bedingungen vor. Der esamte Prozess, von der Erkundung über den Betrieb is zum Rückbau, wird dabei mit hoher fachlicher Kometenz von den jeweiligen zuständigen Landesbehörden berwacht und geleitet. Selbstverständlich umfassen die efugnisse der Behörden auch das Versagen bergbauliher Tätigkeiten für den Fall, dass umweltrechtliche der sicherheitstechnische Probleme aufgetreten sind der diesbezüglich Bedenken bestehen. Dass die zugrundeliegenden Regeln zielführend und uverlässig greifen, zeigt nicht zuletzt die Verhängung ines sofortigen Förderstopps infolge der 2008 durch rbeiten im Bergwerk Saar ausgelösten Erdbeben in der egion. Selbst die Möglichkeit der dauerhaften Stillleung des Bergwerks, welche in diesem Jahr abgeschlosen sein wird, war auf Basis des geltenden Gesetzes chtlich gegeben. Zur gemäß Bundesberggesetz geforderten Regulieung der aufgetretenen Bergschäden wendete die RAG eutsche Steinkohle AG einen dreistelligen Millionenbeag auf. Derartigen Ansprüchen kann sich das Unterehmen, trotz der Einstellung des Betriebes, auch in den ächsten Jahrzehnten bei eventuell auftretenden Schäen oder Beeinträchtigungen nicht entziehen. Der ntrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kritisiert ortgewaltig die verheerenden Auswirkungen von Bergauvorhaben auf die betroffenen Bürger. Sogar ein Beug zu Menschenrechtsverletzungen wird hierbei gewagt. icherlich sind die im Bundesberggesetz festgelegten ntschädigungsregelungen nicht immer einfach umzuetzen und bedingen eine spezifische Form des Dialogs. Als Beispiel für deren konstruktive Anwendung sei an ieser Stelle aber das in der brandenburgischen Lausitz elegene Haidemühl genannt. Als dieses Dorf dem ahenden Braunkohletagebau Welzow-Süd weichen usste, wurde den Bewohnern nicht nur in kurzer Entrnung ein neuer Ort mit modernster Infrastruktur und nergieeffizienten Häusern errichtet; vielmehr steht nun Rolf Hempelmann gebene Reden )

Klaus Breil (FDP):
Rede ID: ID1715534400




(A) )

auch den Vereinen ein Gemeindezentrum mit Kegelbahn
und Schießstand zur Verfügung.

Zudem entspannen sich die Angelfreunde am eigens
für sie angelegten Biotop, und es rückt die örtliche Feu-
erwehr mit leistungsfähiger Technik aus einem großzü-
gig ausgestatteten Gerätehaus aus. Um den demografi-
schen Effekten in der Region entgegenzuwirken, erhalten
Jugendliche des Ortes zudem bevorzugt einen Ausbil-
dungsplatz bei Vattenfall, dem Betreiber des Tagebaus
und wichtigsten Energieversorger in den neuen Bundes-
ländern.

Vor diesem Hintergrund ist es wohl kaum verwunder-
lich, dass nahezu alle Einwohner dem Umzug bereitwil-
lig zustimmten. Das Investitionsvolumen, welches in die-
sem Fall Vattenfall bereitstellte, belief sich auf rund
150 Millionen Euro. Hier gesetzgeberischen Hand-
lungsbedarf auszumachen, stößt allgemein auf wenig
Verständnis.

Würde man die gestellten Forderungen der Grünen
im Rahmen einer Gesetzesänderung aufgreifen, dann
stünde dem Bergbau in Deutschland die gleiche Ent-
wicklung bevor, wie sie leider immer häufiger bei Pro-
jekten zum Ausbau des Stromnetzes oder der Errichtung
von Speicherseen zu verzeichnen ist. Hierin liegt die
Stoßrichtung des Antrags: die Implementierung von
Blockademechanismen, und dies in Form einer angeord-
neten Berücksichtigung ausgesuchter Partikularinteres-
sen.

Dies ist weder im Sinne einer zukunftsfähigen und
fortschrittlichen Entwicklung unserer Volkswirtschaft,
noch spiegelt dies das überwiegende öffentliche Inte-
resse im Land wieder. Daher lehnen wir den Antrag ab.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715534500

Das deutsche Bergrecht ist überholt. Es stammt aus

einer Zeit, in der Begriffe wie Klimaschutz, Energieein-
sparung oder Materialeffizienz noch kaum Bedeutung
hatten. Aus dem Berg geholt und verwertet wurde, was
der Berg hergab. Und dieser Abbau hatte Vorrang vor
allen anderen Interessen, seien es Dörfer oder ganze
Städte, die, insbesondere im Braunkohletagebau, riesi-
gen Baggern weichen mussten.

Heute, in einer Zeit, in der die Erderwärmung voran-
schreitet und zugleich das grenzenlose Wachstum in-
frage gestellt wird, ist ein Umsteuern angezeigt. Erleich-
tert wird dieses Umsteuern zu mehr Maß und Umsicht
beim Umgang mit unseren Ressourcen, weil es inzwi-
schen Alternativen gibt. Somit ist etwa die Frage:
„Brauchen wir eigentlich den neuen Tagebau und die
Kohle daraus?“, keine ethisch-moralische mehr, son-
dern eine ganz praktische.

Beispielsweise gestattet es das rasante Wachstum der
erneuerbaren Energien, die Braunkohleverstromung in
absehbarer Zeit auslaufen zu lassen. Wind und Sonne
ernten, anstatt immer neue Dörfer abzubaggern, das ist
die Zukunft, natürlich auch aus Sicht des Klimaschutzes.
Studien haben ergeben, dass sich die Region Berlin-
Brandenburg bereits 2030 vollständig mit regenerativen
Energien versorgen wird. Warum dann also neue Tage-

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Zu Protokoll ge

(C (D aue aufschließen, die noch bis nach 2050 klimaschädche Braunkohle liefern könnten? Ähnliche Rechnungen könnte man für Nordrheinestfalen oder andere Bundesländer aufmachen. Kurzm, ein Bergrecht, dass so gestrickt ist, dass es dem ergbau automatisch Vorrechte einräumt, weil der Rohtoffabbau alternativlos wäre, fällt vollkommen aus der eit. Es fällt auch aus der Zeit, weil es keine tatsächliche eteiligung von Bürgerinnen und Bürgern oder Verbänen kennt, weil in ihm der Umweltund Landschaftschutz kaum eine Rolle spielt, ja weil nicht einmal Varinten des Abbaus geprüft werden müssen. Das Bergrecht kennt nur das Vorrecht der Konzerne, it den Rohstoffen unseres Landes Profit zu machen, gal wie hoch die langfristigen Kosten des Abbaus sind. nd deshalb ist eine Reform des Bergrechtes überfällig. uch die Linke wird hierzu in Kürze einen Antrag einringen. Unsere Kernforderungen sind folgende: Das neue Bergrecht muss den Erfordernissen der ohstoffversorgung Rechnung tragen – logisch. Dabei uss es aber die Interessen der Umwelt und der von Abau betroffenen Menschen und Unternehmen angemesen berücksichtigen. So sollten Bergbauvorhaben in besiedelten Gebieten ur noch dann genehmigt werden, wenn ein volkswirtchaftlich unabweisbares Erfordernis für den Rohstoffbbau an dieser Stelle besteht. Es muss vom Vorhabenäger nachgewiesen werden, dass dieser Abbau wingend und alternativlos ist. Die Beweislast dafür egt dann also beim Unternehmen. Diese und weitere Aspekte, insbesondere die Umweltuswirkungen des Abbaus und mögliche Varianten, müsen künftig in einem Planfeststellungsverfahren für das esamte Vorhaben geprüft werden. Damit wäre Schluss it dem scheibchenweisen Zulassen und Abarbeiten von nterschiedlichen Betriebsplänen, Schluss mit dem Verirrspiel für Kommunen und Anwohner. Vor allem aber ätten die Bürgerinnen und Bürger erstmals realistische hancen, Abbauvorhaben gerichtlich überprüfen zu las en. Wir setzen uns auch dafür ein, dass Gemeinden, Inressenvertretungen von betroffenen Anwohnern und mweltverbände der Klageweg offensteht. Und zwar uch dann, wenn es um die Fragen der Bedarfsfeststelng oder der Umweltauswirkungen insgesamt geht. An rkannte Umweltorganisationen beispielsweise sollten ich also im Verfahren nicht nur um den reinen Naturchutz streiten können, sondern auch um den Wasseraushalt oder den Klimaschutz. Wir wollen ferner Schluss machen mit dem überkomenen Konstrukt des Bergwerkseigentums, das Abbauchte handelbar macht. Rohstoffe sind Eigentum des olkes, und das Land darüber gehört auch nicht den Enrgiekonzernen. Darum sollten Abbaurechte erst dann n Unternehmen verliehen werden, wenn ein Abbau in inem demokratischen Verfahren beschlossen wurde. nd zwar unter Abwägung aller Interessen und nach eier sogfältigen Umweltverträglichkeitsprüfung – und einen Tag vorher. Klaus Breil gebene Reden )





(A) )

Die Linke spricht sich zudem für mehr Transparenz in
den bergrechtlichen Verfahren aus. Die Vorhabenpla-
nung muss nicht nur öffentlich bekannt gemacht werden,
sondern auch individuell durch Benachrichtigungen an
Grundstückseigentümer, Träger öffentlicher Belange so-
wie anerkannte Umweltverbände. Die Bürgerinnen und
Bürger wollen rechtzeitig wissen, was los ist. Denn nur
wer informiert ist, kann seine Rechte wahrnehmen. Das
gilt natürlich auch für den Abbau selbst und die Zeit da-
nach. Darum sollen künftig auch alle Monitoringdaten
ins Internet gestellt werden.

Nicht zuletzt ist das Haftungsrecht bei Bergschäden
zu ändern. Ähnlich wie beim Steinkohlebergbau unter
Tage bereits heute geregelt, muss künftig auch in Tage-
bauen die Beweislast bei den Vorhabenträgern liegen
und nicht bei den Geschädigten.


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715534600

Ich bin froh, dass wir uns heute mit dem Thema Berg-

recht beschäftigen, das nicht nur die Menschen in den
traditionellen Kohleabbaugebieten Nordrhein-Westfa-
lens, des Saarlandes und der Lausitz bewegt, sondern
auch die Menschen an vielen anderen Orten in Deutsch-
land, an denen Bodenschätze abgebaut werden. Dies ge-
schieht nämlich an mehr Orten, als man gemeinhin
denkt, und das Bundesberggesetz, kurz das Bergrecht, ist
dort immer wieder der Ausgangspunkt für politische und
gesellschaftliche Debatten. Das Bergrecht ist in Deutsch-
land die Rechtsgrundlage für vielerlei Vorhaben: Sei es
der Abbau von Kohle, Salz, Gestein und Kies, die Förde-
rung, aber auch Speicherung von Gas und Öl, die Ab-
falldeponierung bis hin zur Genehmigung von untertägi-
gen Industriebetrieben und sogar die Erkundung von
Gorleben.

Kaum ein Projekt ohne tiefgreifende Konflikte, für de-
ren Lösung das seit über 30 Jahren nicht mehr entschei-
dend geänderte Bergrecht mit in großen Teilen noch äl-
teren Rechtsgrundsätzen, die ausschließlich auf die Roh-
stoffgewinnung ausgerichtet sind, eher Hindernis als
eine Hilfe ist. In unserem heute in der ersten Lesung zur
Debatte stehenden Antrag schlagen wir vor, das Berg-
recht grundlegend zu reformieren und an die Anforde-
rungen des 21. Jahrhunderts anzupassen. Unser Antrag
benennt die Probleme des Bergrechts konkret und macht
Lösungsvorschläge.

In Deutschland gibt es eine lange Bergbautradition.
Ohne den Bergbau wäre in den vergangenen Jahrhun-
derten und Jahrzehnten die wirtschaftliche Entwicklung
Deutschlands so nicht möglich gewesen. Auch wenn der
Bergbau heute nicht mehr die wirtschaftliche Rolle
spielt, wird der Abbau von Bodenschätzen auch in Zu-
kunft in Deutschland ein wesentlicher Bestandteil der
Ökonomie sein und sein müssen. Doch die dafür gel-
tende Rechtsgrundlage ist nicht mehr zeitgemäß. Sie ist
in Teilen regelrecht aus der Zeit gefallen. Moderne Bür-
gerbeteiligung, Transparenz, Interessenabwägung sind
beinahe Fremdworte bei der Genehmigung von Berg-
bauvorhaben und der deren Umsetzung. Es bedarf einer
Anpassung dieses Rechts an die Gesellschaft des 21. Jahr-
hunderts. Nicht zuletzt aufgrund neuer Interessen bei

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Zu Protokoll ge

(C (D er Bodenschatzgewinnung und auch durch neue Förermethoden. Das heutige deutsche Bergrecht ist stark geprägt urch das Allgemeine Preußische Berggesetz von 1865. ur Zeit der NS-Herrschaft kamen weitere Regelungen inzu, welche der deutschen Kriegswirtschaft ungehinerten Zugang zu Ressourcen ermöglichen sollten, sich ber zum Teil noch im heutigen Bergrecht wiederfinden ssen. Ein einheitliches Bundesberggesetz wurde 1980 eschaffen. Die letzten wesentlichen Änderungen gab es Jahr 1990 im Zusammenhang mit der deutschen Ein eit und der Einführung von Regelungen zur Durchfühung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, UVP. Um es auf den Punkt zu bringen: Das deutsche Bergcht ist geprägt von einem starren Überund Unterord ungssystem. Das heißt, dem öffentlichen Interesse des ergbaus wird weitgehend Vorrang vor anderen Belanen, Interessen und Rechten, insbesondere denen Privar, eingeräumt. Eine gleichwertige Interessenabwägung der Planungsund Genehmigungsphase findet faksch nicht statt. Gerade die Menschen in den deutschen raunkohlerevieren können ein Lied davon singen. 10 000 Menschen wurden allein für den Braunkohleergbau zwangsumgesiedelt. Viele von Ihnen versuchten ich juristisch dagegen zur Wehr zu setzen, dass man re Heimat wegbaggern wollte – vergeblich, weil das eutsche Bergrecht die Interessen des Einzelnen kaum erücksichtigt. Die Vertreibung aus und die Zerstörung er Heimat, einer der schwersten denkbaren Eingriffe in ie Menschenwürde, ohne wirksamen Rechtsschutz – as muss ein Ende haben. Die Anforderungen an das deutsche Bergrecht weren weiter zunehmen, je stärker auch heimische Bodenchätze durch steigende Weltmarktpreise wieder in den okus der bergbautreibenden Unternehmen rücken. Daüber hinaus werden immer mehr Anforderungen durch eue Technologien wie die Nutzung der Geothermie, die örderung von unkonventionellem Erdgas oder die Erichtung großer Erdgasspeicher an den Untergrund getellt werden. Dafür ist das Gesetz in seiner derzeit gülgen Fassung jedoch überhaupt nicht ausgelegt. Nach nserer Auffassung steht das deutsche Bergrecht daher urzeit von mehreren Seiten unter Druck, und eine Anassung an die Anforderungen des 21. Jahrhunderts ercheint dringend erforderlich. Ich möchte im Folgenden drei Sachverhalte nennen, tellvertretend für weitere wichtige Punkte, die wir in nserem Antrag formuliert haben, bei denen wir im Bunesberggesetz dringenden Handlungsbedarf sehen: Erstens fordern wir, dass die durch das Bergrecht geeckte und leider nach wie vor häufig übliche Hinterimmerpolitik durch ein öffentliches „Transparenzgeot“ ersetzt wird. Die verfahrensführenden Behörden üssen dazu verpflichtet werden, die Öffentlichkeit früh, ürgernah und umfassend zu informieren. Zweitens muss die Durchführung einer UVP als weentlicher Bestandteil des Planfeststellungsverfahrens ls ökologisches Bewertungsinstrument mit Frühwarnnktion gestärkt werden. Gegenwärtig wird eine UVP Eva Bulling-Schröter gebene Reden Oliver Krischer )








(A) )

nur in Ausnahmefällen bei bergrechtlichen Vorhaben
durchgeführt; dabei handelt es sich bei nahezu allen
Bergbauprojekten um ganz massive Eingriffe in Umwelt
und Natur, bei denen ökologische Folgeschäden nahezu
unvermeidlich sind. So muss nach aktuell geltendem
Recht zum Beispiel bei der Förderung von unkonventio-
nellem Erdgas keine UVP durchgeführt werden, obwohl
dabei erhebliche Umweltschäden auftreten können, wie
man vor allem in den USA beobachten kann. Die Verord-
nung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbau-
licher Vorhaben muss daher dringend geändert werden.

Drittens möchte ich auf die nach unserer Auffassung
dringend gebotene Beweislastumkehr hinweisen. Aktuell
stehen Betroffene von Bergschäden vor der häufig
schwierigen und für Privatpersonen sehr kostspieligen
Aufgabe, nachweisen zu müssen, dass es sich bei Schä-
den an ihren Immobilien um Bergschäden handelt. Ent-
scheiden sich Bergbaubetroffene, zu klagen, droht Ihnen
vor Gericht eine ungleiche Auseinandersetzung mit ei-
nem Großkonzern. Wir Grünen fordern, dass im gesam-
ten potenziellen Einwirkungsbereich bergbaulicher Tä-
tigkeiten bei typischen Schadensmerkmalen von Berg-
schäden auszugehen ist. Im Zweifel muss der Bergbau-
treibende nachweisen, dass es sich nicht um einen Berg-
schaden handelt.

Die sind nur drei exemplarische Punkte, bei denen
wir dringenden Handlungsbedarf im deutschen Berg-
recht sehen. Wir möchten mit unserem Antrag eine De-
batte über eine Reform des deutschen Bergrechts ansto-
ßen, da wir der festen Überzeugung sind, dass es gerade
auch angesichts der Herausforderungen der kommen-
den Jahre dringend einer Anpassung an die Verhältnisse
des 21. Jahrhunderts bedarf. Wir freuen uns daher auf
die Beratungen in den Ausschüssen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715534700

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/8133 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie einverstan-
den? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
schlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Behm, Friedrich Ostendorff, Markus Tressel,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Regionale Produktions-, Verarbeitungs- und
Vermarktungsstrukturen stärken

– Drucksache 17/7249 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

Die zu diesem Punkt zu Protokoll gegebenen Reden
stammen von Marlene Mortler, CDU/CSU, Willi Brase,
SPD, Rainer Erdel, FDP, Alexander Süßmair, Die Linke,
Cornelia Behm, Bündnis 90/Die Grünen.

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(C (D Regionale Produktions-, Verarbeitungsund Ver arktungsstrukturen im Agrarund Ernährungssektor ind wichtig und richtig für die wirtschaftliche Entwickng des ländlichen Raums. Die Stärkung des ländlichen aums ist ein zentrales Anliegen christsozialer Politik. as haben wir in Bayern erfolgreich über viele Jahr ehnte unter Beweis gestellt. Die Grünen mit ihrer landirtschaftsfeindlichen Politik tragen zum Aufschwung es ländlichen Raums nichts bei. Diskutieren wir über ländliche Räume als Heimat mit ukunft: Auf dem Land sind Leistungsbereitschaft und igenverantwortung besonders gefragt. Die Menschen ind dazu bereit. Ländliche Räume dürfen aber nicht nur chöne Lebensräume sein, nicht nur bloße Schlafstätten. ein, die Menschen auf dem Land müssen konkrete wirt chaftliche Perspektiven haben. Viele junge Menschen agen sich, was ihnen die hohe Lebensqualität im ländchen Raum nützt, wenn es keine Ausbildungsund Areitsplätze gibt. Ich sage darauf: Nur mit einem hohen aß an regionaler Wertschöpfung sind wir in der Lage, as Leben im ländlichen Raum attraktiv zu gestalten – ie bei uns in Bayern. In Bayern spiegelt sich die Schönheit und Vielfalt der ebensräume in einer Vielzahl regionaler Spezialitäten nd Vermarktungsinitiativen wider, die die Wertschöpng innerhalb einer Region vergrößern und damit die irtschaftliche Entwicklung stärken. Beispiele sind das on der Natur begünstigte Weinland Unterfranken, Mitlund Oberfranken mit ihren berühmten Bratwürsten nd Bieren, oder der Alpenraum mit typischen Produkn wie Käse, Milch und Rindfleisch. Regionale Initiativen und Projekte haben sich zum iel gesetzt, die Wertschätzung des Verbrauchers für reionale Produkte und Dienstleistungen zu verbessern. egionale Wertschöpfung heißt für mich: Die Wachsmspotenziale der heimischen Region entdecken. Die gionalen Ressourcen nachhaltig nutzen. Die eigene egion als Marke verkaufen. Auf regionale Produkte nd Leistungen setzen. Landwirtschaftliche und nicht ndwirtschaftliche Beschäftigung im ländlichen Raum tärken. Wertschöpfung hat auch immer etwas mit Besinnung uf die eigenen Stärken zu tun. Die Stärken können daei sowohl im eigenen Betrieb als auch in der Heimatreion liegen. Es gilt, so viel Wertschöpfung wie möglich der Region zu halten. Hier spielen natürlich die arktentwicklung und Nachfragetrends eine entschei ende Rolle. Ebenso wichtig sind die Fähigkeiten der rzeuger, sich auf diese Entwicklungen einzustellen. Artgerechte Tierhaltung und Direktvermarktung der igenen Produkte sind heute spürbare Wettbewerbsvorile. Zusammen können Landwirte ihre Marktmacht ündeln und so den Absatz ihrer Qualitätsprodukte förern. Besonders für kleine Betriebe sind innovative etzwerke wichtig. Auch die Verbraucher entdecken verstärkt den Wert gionaler Erzeugnisse. Sie sind bereit, für regionale ualitätsprodukte einen höheren Preis zu zahlen. Zwei )

Marlene Mortler (CSU):
Rede ID: ID1715534800

(A) )

Drittel der Verbraucher achten heute schon auf die re-
gionale Herkunft ihrer Lebensmittel; das hat eine Um-
frage im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministe-
riums ergeben.

Wichtig ist dabei: Wo regional draufsteht, muss auch
regional drin sein. Hier muss die Politik klare Spielre-
geln vorgeben. Aus Brüssel kommen positive Signale.
Die Regelungen zum Geoschutz und zu traditionellen
Spezialitäten werden in einem einzigen Rechtsakt ge-
bündelt. Das heißt: Klare Erkennbarkeit für den Ver-
braucher. Das heißt: Klarheit für Produzenten und Ver-
markter. Und das ist ein großer Fortschritt. Denn gerade
der Geoschutz ist als Instrument für die Vermarktung re-
gionaler Produkte sehr interessant.

Auch in Deutschland können wir für die Vermarktung
regionaler Produkte neue Impulse setzen. In diesem Zu-
sammenhang fallen oft Begriffe wie „Regionalmarke“
oder „Regionalsiegel“. Wie diese auszugestalten sind,
wird kontrovers diskutiert.

Zum einen kann ein Regionalsiegel als Dachsiegel für
bereits bestehende oder geplante Siegel entwickelt wer-
den. Neben allen Vorzügen eines solchen Siegels besteht
jedoch immer die Gefahr, dass bestehende Regionalsie-
gel ihre Bezugskraft verlieren können. Denn Regionali-
tät ist stark mit Emotionen verbunden, und weniger ra-
tional überprüfbar. Das Regionsverständnis ist auch
abhängig von der Region: So identifiziert sich ein Bayer
zum Beispiel sehr mit Bayern, ein Nordrhein-Westfale
aber eher mit dem Rheinland, mit Westfalen oder aber
mit seiner Stadt, zum Beispiel mit Köln oder Düsseldorf.

Zum anderen könnte versucht werden, ein Konformi-
tätszeichen für Regionalität zu entwickeln. Das heißt,
ein Instrument zu entwickeln, um bestehende oder ge-
plante Regionalitätsprojekte zu zertifizieren, ähnlich ei-
ner ISO-Norm.

Zusätzlich muss geklärt werden, wo welche Verarbei-
tungsschritte stattfinden. Die Leute wollen nicht wissen,
wo ein Stück Fleisch verpackt wurde, sondern wo das
Tier aufgewachsen ist. Und vielleicht auch, wie es gefüt-
tert wurde.

Ein solches Regionalsiegel kann einen wesentlichen
Beitrag zu regionaler Wertschöpfung leisten.

Ich sage aber auch ganz deutlich: Neben regionalen
Vermarktungsstrukturen sind nationale und internatio-
nale Produktions- und Vermarktungsstrukturen uner-
lässlich für eine ressourcenschonende, nachhaltige und
produktive Landwirtschaft. Wir brauchen sie mit Blick
auf die wachsende Weltbevölkerung. Die Welternäh-
rungsorganisation FAO in Rom hat den Begriff „Nach-
haltige Intensivierung“ geprägt und versteht hierunter
Wege der landwirtschaftlichen Produktion, Verarbeitung
und Vermarktung, die den Herausforderungen des neuen
Jahrhunderts gerecht werden. Die Welternährungsorga-
nisation sieht beide Wege, Globalisierung und Regiona-
lisierung, als notwendig an, die bestehenden Probleme
im Zusammenhang mit Ernährungsfragen auf unserem
Globus zu lösen.

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(C (D Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusamenarbeit und Entwicklung, OECD, in Paris betont die otwendigkeit, Globalisierung und Regionalisierung icht gegeneinander auszuspielen. In ihrem Ausblick für ie Jahre 2011 bis 2020 sieht die OECD die Produkonskosten der Landwirtschaft steigen und das Produkvitätswachstum sich verlangsamen. Dies ist fatal für ie Welternährungssituation vor dem Hintergrund einer achsenden Menschheit und eines steigenden Energieedarfs. Die Herausforderungen für die Politik sieht die ECD in folgenden Punkten: in der Unterstützung von roduktivitätswachstum, in der Verringerung von Verchwendung, in der Unterstützung lokaler Märkte und uletzt in der Öffnung der Märkte für Agrargüter, also in er weiteren Liberalisierung des internationalen Agrarandelssystems. Ich komme nun zum Schluss meiner Ausführungen. ein Fazit: Es lohnt sich, sich neben klassischen Pro uktions-, Verarbeitungsund Vermarktungswegen über egionalität und regionale Herkunftszeichen Gedanken u machen. Regionale Initiativen und Projekte arbeiten rfolgreich daran, die Wertschätzung des Verbrauchers r regionale Produkte und Dienstleistungen zu erhöhen. ie europäischen Regelungen zum Geoschutz und zu aditionellen Spezialitäten wirken regional identitäts tiftend. Die Einrichtung eines Regionalsiegels ist genell wünschenswert, da damit eine erhöhte Wertschöpng für die Landwirtschaft wie auch für eine ganze egion generiert werden kann. Ich bin überzeugt: Mit mehr Regionalität können wir ie ländlichen Räume zukunftsfähig machen, wenn wir ie Leistungsbereitschaft der dort lebenden Menschen nd das Wertschöpfungspotenzial vor Ort sinnvoll mitinander verbinden. Die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist as sozialdemokratische Leitbild zur Entwicklung ländcher Räume. Dazu gehört eine gesicherte Daseinsvororge unter anderem in den Bereichen Bildung und soiale Infrastruktur sowie Gesundheit. Dazu gehört der rhalt der Mobilität der Menschen vor Ort und die Siherung von Arbeitsplätzen genauso wie der Zugang zu ffentlichen und privaten Dienstleistungen. Und selbsterständlich muss die Grundversorgung der Menschen it den Dingen des täglichen Bedarfs gewährleistet ein. Es wird deutlich: Zur zukunftssichernden Entwickng ländlicher Räume ist ein Gesamtansatz unabding ar, und das besonders mit Blick auf die demografische ntwicklung. Wir wissen, dass es bis 2020 in einigen andkreisen einen Bevölkerungsrückgang von über 0 Prozent geben wird. Besonders die ostdeutschen undesländer sind bereits massiv davon betroffen, dass nge Menschen aus ihren Regionen abwandern, die Be ölkerung immer älter wird – obwohl wir selbstvertändlich jedem Menschen ein langes und gesundes Leen wünschen – und die Kinderzahl pro Frau sinkt. Marlene Mortler gebene Reden )

Willi Brase (SPD):
Rede ID: ID1715534900




(A) (C)



Rainer Erdel (FDP):
Rede ID: ID1715535000


der Kommunen. Für die vielfältigen Herausforderungen
im ländlichen Raum gibt es keine Patentlösung. Im Ge-
genteil: Ideen und Potenziale müssen sich vor Ort ent-
falten können. Starke Kommunen sind der Schlüssel für
eigenständiges und ortsspezifisches Handeln. Ihren Auf-
gaben entsprechend benötigen sie eine ausreichende fi-
nanzielle Ausstattung.

Für die wirtschaftliche Stabilisierung der Kommunen
ist die Vermarktung regionaler Produkte ein richtiger
Schritt. Allerdings müssen Lebensmittel mit Regional-
siegel auch tatsächlich aus regionalen Rohstoffen beste-
hen. Die Zeitschrift Ökotest hat jüngst eine Palette von
Lebensmitteln dahin gehend untersucht und Folgendes
festgestellt: Von 53 Lebensmitteln stammten tatsächlich
nur 14 aus der jeweiligen Region. So werden die Ver-
braucherinnen und Verbraucher aufs Glatteis geführt
und der Region wird geschadet.

Offensichtlich müssen Mindeststandards entwickelt
werden, nach denen Lebensmittel als regional bezeich-
net werden können. Die Länder Baden-Württemberg und
Rheinland-Pfalz haben dazu in einem Diskussionspapier
erste Leitlinien entworfen. Danach müssten Lebensmit-
tel wie Obst oder Fleisch hundertprozentig aus der Re-
gion kommen, wenn sie ein Siegel für ein regionales Pro-
dukt tragen. In einem nächsten logischen Schritt müssen
dann natürlich die regionalen Verarbeitungs- und Ver-
marktungsstrukturen gefördert werden – hier liegt der
Antrag völlig richtig. Das hatten wir bereits unter der
rot-grünen Regierung auf den Weg gebracht. Hier sollte
die Bundesregierung tätig werden.

Die ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft
erbringt nicht nur gesellschaftlich gewünschte Leistun-
gen wie Klima-, Arten- und Bodenschutz, sondern sie
leistet einen hohen Beitrag zur regionalen Wertschöp-
fung. Mittlerweile sind in der deutschen Biobranche
knapp 180 000 Menschen vor allem in ländlichen Regio-
nen beschäftigt. Die Nachfrage ist größer als das deut-
sche Angebot an Waren. Deshalb ist die Förderung der
Umstellung auf ökologische Landwirtschaft von beson-
derer Bedeutung. Die Konkurrenz um die Flächen zur
Erzeugung erneuerbarer Energien macht es den Ökobe-
trieben nicht leichter, zu wachsen. Die Anbauflächen
dürfen nicht zum Spekulationsobjekt von Investoren
werden, die lediglich die eigene Rendite vor Augen ha-
ben. Zum Beispiel ist in Brandenburg ein Anstieg der
Bodenpreise zu verzeichnen. Das hat zur Folge, dass
Bauern mit kleineren Höfen, die gerne ihre Ertragsflä-
chen vergrößern wollen, in Bieterverfahren nicht zum
Zuge kommen.

Die Umstellungsphase, bis ökologische Produkte
auch als solche vermarktet werden können, ist für manch
einen Umstellungsinteressierten eine zusätzliche Hürde.
Deshalb ist es so wichtig, dass eine verlässliche Finan-
zierung von Extensivierungs-, Umstellungs- und Beibe-
haltungsprämien über Agrarumweltprogramme sicher-
gestellt wird.

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(D Ich freue mich, dass das wichtige Thema Regionalrodukte heute auf der Tagesordnung steht. Hier gibt es der Tat Handlungsbedarf. Das sehen wir auch als oalition so. Regionale Produkte schonen die Umwelt, weil beipielsweise die Transportwege kürzer sind, und schaffen ine Verbindung zwischen den Konsumenten und den erstellern von Produkten. Laut einer aktuellen Studie aufen 81 Prozent der Menschen regelmäßig oder zuindest gelegentlich Regionalprodukte. Zum Vergleich: ei Bioprodukten sind es nur 45 Prozent. Immerhin für 8 Prozent der Verbraucher ist die Frage nach der Reionalität beim Einkauf von erheblicher Bedeutung. enn sich aber gleichzeitig nur knapp ein Fünftel über en Regionalbezug ausreichend informiert fühlen, dann ibt es Handlungsbedarf. Die Koalition wird daher für ehr Transparenz sorgen. Ziel muss es sein, dass der ündige Verbraucher zuverlässig und schnell erkennen ann, ob ein Produkt regional ist oder nicht. Leider machen sich die Grünen ausgerechnet beim niffligen Thema: „Wie definieren wir eigentlich genau in Regionalprodukt, und wie genau kennzeichnen wir s?“, einen ziemlich schlanken Fuß. Dabei muss genau iese Frage am Anfang jeder Strategie zu Regionalproukten stehen. Wann genau ist ein Produkt regional? In meiner Heiat Franken gab es vor kurzem eine Kontroverse, ob ürnberger Bratwürste, in denen norddeutsches Fleisch teckt, eigentlich noch ein echtes Regionalprodukt sind. h denke, ja, das sind sie. Der spezielle Geschmack der ürnberger Rostbratwürste kommt durch die besondere ezeptur und Produktionsweise. Geschmacklich macht s keinen Unterschied, ob „Nürnberger“ nun Fleisch us Franken oder aus Niedersachsen enthalten. Aber atürlich spielt es für die Verbraucher schon auch eine olle, wo das Fleisch herkommt. Idealerweise kann der erbraucher also leicht unterscheiden, welche Nürnberer nicht nur nach traditioneller Rezeptur hergestellt urden, sondern zudem auch noch überwiegend oder ar ausschließlich Zutaten aus der Region enthalten. ieses Beispiel macht auch klar, dass der Verbraucher issen muss, ob nun die Rohstoffe, die Verarbeitung der beides einen regionalen Bezug aufweist. Wie immer ei der Auszeichnung von Lebensmitteln geht es darum, en richtigen Mittelweg zwischen hohem Informationsehalt bei guter Verständlichkeit zu finden. Zu viel Inforation, die niemand mehr liest, hilft auch nichts. Selbstverständlich muss dabei auch klar sein, um elche Region es geht. Ein Siegel à la „Gutes aus der egion“, welches dann deutschlandweit vertrieben ird, ist meines Erachtens nicht sinnvoll. Ich begrüße aher das Konzept von Ministerin Aigner, das sie gesrn auf der Grünen Woche erläutert hat, sehr. Wir als oalition wollen ein abgestuftes Siegel mit einem bunesweit einheitlichen Rahmen. Dabei muss auf den ersn Blick erkennbar sein, ob die Zutaten zu einem Proukt aus der Region kommen, ob die Verarbeitung gional war oder ob es zumindest nach regionaler Re eptur hergestellt wurde. Innerhalb dieses einheitlichen Willi Brase gebene Reden )





(A) )

Rahmens könnten meiner Meinung nach dann auch be-
stehende Regionalsiegel in ein einheitliches Rahmende-
sign eingebettet werden.

Die genaue Ausgestaltung wird durch das For-
schungsinstitut für biologischen Landbau unter Einbin-
dung der Vertreter des Ökosiegels und des bereits beste-
henden Regionalsiegels erarbeitet werden. Der
erhebliche Sachverstand der bestehenden Regionalbe-
wegungen ist dabei unbedingt einzubeziehen. Zu klären
sind dabei allerlei Detailfragen. Dass beispielsweise ein
Orangensaft aus Konzentrat, der im Wesentlichen aus
fränkischem Wasser besteht, deswegen noch lange kein
fränkisches Regionalprodukt ist, dürfte zwar intuitiv ein-
sichtig sein – aber hier allgemein gültige, praktikable
und für den Verbraucher nachvollziehbare Abgrenzun-
gen zu finden, dürfte nicht immer einfach werden.

Der Antrag der Grünen macht leider den zweiten
Schritt vor dem ersten. Statt klar zu definieren was „re-
gional“ eigentlich ist, soll an allen möglichen Stellen
Geld ausgeschüttet werden, um Produktion und Ver-
marktung der Regionalprodukte staatlich zu subventio-
nieren. Auch die Art und Weise, wie hier Gelder mit der
Gießkanne über das Land verteilt werden sollen, ist
schon mehr als eigenwillig. So sollen laut dem Antrag
nicht nur Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe zur Ver-
besserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes
umgewidmet werden, sondern es soll zusätzlich ein Bun-
desprogramm „Regionalvermarktung“ geschaffen wer-
den, und neben dem Aufbau von Vermarktungssystemen
sollen auch noch Dorfläden gefördert werden. Mehrere
Förderprogramme parallel aufzulegen, hat nichts mit
transparenter und effizienter Haushaltspolitik zu tun.

Schließlich werden in dem Antrag die Förderung von
Ökobetrieben und Regionalprodukten vermischt. Warum
in einem Antrag, der Regionalprodukte fördern will,
eine Mindestförderquote für Ökobetriebe bei den GAK-
Mitteln festgeschrieben werden soll, erschließt sich mir
nicht. Die GAK-Mittel sind kein Förderinstrument für
die ökologische Landwirtschaft – und das ist auch gut
so.

Wir als Liberale werden gemeinsam mit unserem Ko-
alitionspartner die Rahmenbedingungen für Regional-
produkte verbessern. Wir setzen dabei dort an, wo es nö-
tig ist: bei der Kennzeichnung.


Alexander Süßmair (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1715535100

Das Thema regionale Wertschöpfung, das Bünd-

nis 90/Die Grünen mit dem Antrag aufrufen, ist wichtig,
und viele Aspekte, die im Antrag enthalten sind, haben
eine breite politische Mehrheit. Natürlich fordert auch
die Linke eine Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe
als Beitrag gegen die Landflucht, das soziale Ausbluten
ländlicher Regionen, für Klimaschutz und Ressourcen-
schonung.

Schade nur, dass der erste Satz im Antrag gleich mit
dem Begriff „Green New Deal“ anfängt und damit so
getan wird, als ob die Stärkung regionaler Wertschöp-
fung allein eine Sache der Grünen wäre. Zudem klingt
der Begriff für mich nach neoliberaler Ideologie im grü-

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(C (D en Gewand. Dieser Eindruck wird noch verstärkt, wenn an weiterliest, dass der Aufbau regionaler Wirtschaftskreisläufe Menschen die Chance gibt, mit ihrem Engagement und Konsumverhalten Verantwortung für ihre Gemeinde und ihre Region zu übernehmen. Das schafft neues Selbstbewusstsein vor Ort und ist fruchtbarer Boden für unternehmerische Tätigkeit und ein verstärktes Bürgerengagement. Ihr Motto lautet also: Läuft die „regionale“ Wirtchaft, sind alle Probleme gelöst, weil das neue Selbstewusstsein Unternehmertum und verstärktes Bürgerngagement auslöst. Das ist im Kern neoliberales edankengut, und auch in den Forderungen kommt ann ein Programm der direkten und indirekten Wirtchaftsförderung heraus. Aber genau diese Ideologie ist eltweit grandios gescheitert und hat zum Niedergang er ländlichen Räume maßgeblich beigetragen. Breiten Raum nimmt die Vorbildfunktion des öffentlihen Beschaffungswesens ein und der Ausbau von Förerprogrammen zum Bundesprogramm „Regionalverarktung“ oder im Rahmen der Programmgestaltung er Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrartruktur und des Küstenschutzes“. Das sind alles, auch aus Sicht der Linken, richtige orderungen, die wir auch unterstützen können. Aber otzdem bleibt der Antrag unter den Möglichkeiten, die Zusammenhang mit einer Politik zur Stärkung ländli her Räume notwendig sind. Dazu an dieser Stelle vier spekte: Erstens. Es fehlt eine gezielte frauenbzw. geschlechrspezifische Förderung. Eines der Hauptprobleme ge ade in strukturschwachen ländlichen Regionen ist bwanderung von Frauen. Eine Politik, die gegenzuteuern versucht, muss daher eine verstärkte Förderung on Frauen gerade im Bereich regionaler Wertschöpng und Vermarktung vorsehen. Es mag zwar sein, dass ich in gewissem Maß von selber positive Effekte für rauen ergeben, aber das ist nicht zwangsläufig. Zweitens. Nur an der direkten und indirekten Wirtchaftsförderung anzusetzen, reicht nicht aus. Wenn wie isher die Infrastruktur im Verkehr, bei Bildung, Geundheit und im Sozialbereich in vielen ländlichen ommunen zusammenbricht, sind die Standorte für roduktion, Verarbeitung und Vermarktung schon von orneherein chancenlos. Eine direkte und indirekte Wirtchaftsförderung allein hilft nicht. Es ist aus unserer icht erforderlich, die regionale Wirtschaftsförderung in in umfassendes Programm für ländliche Räume einzuetten. Aber auch eine generelle Verbesserung der fianziellen Situation der Kommunen ist erforderlich, dait diese wieder selbst handlungsfähig werden. Ein olches Programm muss zwingend die Entwicklung von frastruktur und der öffentlichen Daseinsvorsorge mit erücksichtigen. Drittens. Über die Wirtschaftsförderung hinaus muss us Sicht der Linken darüber nachgedacht werden, wie kologisches und soziales Verhalten in der Wirtschaft elohnt wird. So gehört unsere Forderung nach einem Rainer Erdel gebene Reden )





(A) )

flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn mit dazu.
Nur so kann das Einkommensgefälle zwischen Städten
und ländlichen Regionen wirksam verringert werden.
Und die Frage der Einkommensmöglichkeiten ist für die
meisten Menschen bei der Wahl ihres Wohn- und Le-
bensortes eine entscheidende.

Viertens. Die Einkommen aus regionaler Wertschöp-
fung müssen gerecht verteilt werden. So zeigt zum Bei-
spiel die Entwicklung der regenerativen Energien, vor
allem Windkraft und Photovoltaik, dass zwar regional
produziert wird, die Wertschöpfung aber aus den Kom-
munen bzw. Dörfern abfließt. Hier ist einiges an Fehl-
entwicklungen zu korrigieren. Und im Agrarbereich
dürfen sich diese Fehler nicht wiederholen, sonst ist
nichts gewonnen. Was bringt denn ein Regionalsiegel,
wenn es zuletzt nur noch über die üblichen Discounter
vermarktet wird? Und es gibt bereits eine Entwicklung
in diese Richtung.

Abschließend möchte ich feststellen: der Antrag der
Grünen hat zwar ein richtiges und wichtiges Thema auf-
genommen und spricht auch vieles an. Er bleibt aber in
vielen Aspekten hinter dem zurück, was dringend zur
Stärkung der ländlichen Räume notwendig wäre. Die
Linke wird in den nun folgenden Beratungen diese
Punkte deutlich machen und mit allen Kolleginnen und
Kollegen diskutieren.


Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1715535200

Landauf, landab wird beklagt, dass sich die ländli-

chen Räume entleeren. Mangels wirksamer Gegenstra-
tegien werden Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und
Mobilitätsangebote an die abnehmende Bevölkerung
angepasst und damit Arbeitsplätze und Lebensqualität
weiter abgebaut und die Landflucht beschleunigt. Wäh-
rend Teile der Politik angesichts dessen in scheinbare
Schockstarre verfallen sind, andere Analysen und Stu-
dien beauftragen und wieder andere Heimatpakete an
die Wegzügler senden, haben sich einige Heimattreue
längst auf den Weg gemacht. Sie haben überlegt, wie sie
ihre Heimat besser in Wert setzen können, damit Arbeits-
plätze erhalten oder geschaffen werden und die Men-
schen in der Region bleiben.

Zwar hat die Landwirtschaft in ihrer Bedeutung als
Rückgrat ländlicher Räume abgenommen, doch kommt
ihr nach wie vor eine große Verantwortung bei der Nut-
zung der Agrarflächen zu. Dieser Verantwortung haben
sich Bauern in verschiedenen Regionen gestellt. Sie ha-
ben gemeinsam mit anderen Wirtschaftsbeteiligten wie
Verarbeitern, Vermarktern, Touristikern, Gastronomie
und Hotellerie und mit gesellschaftlichen Gruppen, zum
Beispiel Naturschützern, in einer regionalen Initiative
einen Kodex erstellt, nach dem sie produzieren und ihre
Produkte an die Kundschaft bringen wollen. Ein Kern-
stück dieses Kodex ist, dass in der Region für die Region
produziert wird, wobei als Absatzmarkt natürlich immer
auch die nächstgelegene Metropole zu sehen ist. So sind
dann die verschiedenen Regionalmarken entstanden wie
EIFEL, SooNahe oder Rhön, um nur einige zu nennen.

Obst und Gemüse, Fleisch und Gewürze aus bäuerli-
chen Agrarbetrieben, als Frischware angeboten oder

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Zu Protokoll ge
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erarbeitet in handwerklichen Betrieben, sind begehrt
eim Verbraucher und haben es dennoch schwer im
ettbewerb mit Produkten aus der industriellen Land-
nd Ernährungswirtschaft. Das liegt vor allem am Preis.
iele Städter sind aber sogar bereit, etwas mehr für ihre
rnährung zu zahlen, wenn sie wissen, woher die Er-
eugnisse kommen, und wenn sie die Möglichkeit haben,
em Bauern, Bäcker oder Fleischer einmal über die
chulter zu gucken. Aber natürlich spielt auch das
egionaltypische eine Rolle: die altbekannten Obst- und
emüsesorten und die traditionellen Rezepturen.

Aber im Supermarkt stehen Cornflakes neben Hafer-
ocken, es stehen Essiggurken neben Senfgurken, und
chinken liegt neben Serrano. Das Angebot ist kaum zu
berschauen, und so bedarf es einiger Entscheidungs-
ilfen für Verbraucher.

Die Regionalmarken, erkennbar an ihrem regional-
pezifischen Siegel, sind eine gute Hilfe. Dass sie Wir-
ung entfalten, haben große Erzeuger und Lebensmittel-
etten schnell erkannt. Inzwischen sind die Siegel wie
ilze aus dem Boden geschossen. Was einst als Orientie-
ung der Verbraucher entstand und die Wertschöpfung
ländlichen Regionen verbessern sollte, trägt heute

ftmals zur Verwirrung bei. Deshalb bedarf es bei diesen
ielen Siegeln, die auf Lebensmittelverpackungen zu fin-
en sind, einer Überprüfung, ob drin ist, was draußen
ersprochen wird.

Bei Bio ist das klar. Deshalb genießt Bio auch das
ertrauen der Verbraucher und hat jährliche Zuwachs-
aten im zweistelligen Bereich.

Bei den Regionalmarken hat sich jedoch Spreu unter
en Weizen gemischt. Deshalb bedarf es eines bundes-
eit einheitlichen und überprüfbaren Kriterien- und
ontrollsystems zur Bewertung von Regionalsiegeln.
as von der Ministerin geplante Regionalfenster auf der
ebensmittelverpackung ist da keine Hilfe.

Nicht zum Selbstzweck hat die Fraktion Bündnis 90/
ie Grünen eine Arbeitsgruppe Ländliche Entwicklung

ingerichtet, zahlreiche Fachgespräche und Kongresse
rganisiert und Einzelgespräche vor Ort geführt. Ziel
ar und ist es, Perspektiven für ländliche Regionen aus-

uloten und die politischen Rahmenbedingungen für
ehr Wertschöpfung auf dem Lande zu schaffen. In un-

erem Antrag machen wir einige grundsätzliche und
uch ganz konkrete Vorschläge dazu.

Es bleibt abzuwarten, ob die Koalition bereit ist,
urch diese Maßnahmen den bäuerlichen Betrieben und
andwerklichen Verarbeitern in den Regionen bessere
edingungen zu verschaffen. Wenn es ihr ernst ist mit
er Entwicklung der ländlichen Regionen, dann sollte
ie nicht länger zögern.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1715535300

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

rucksache 17/7249 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie einverstan-

en? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so be-
chlossen.




Alexander Süßmair
gebene Reden





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) (C)



(D)(B)


Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 27. Januar 2012, ein.
Morgen findet um 9 Uhr hier im Plenarsaal die Gedenk-
veranstaltung des Deutschen Bundestages für die Opfer

des Nationalsozialismus statt. Aus diesem Grund be-
ginnt die Plenarsitzung erst um 10.30 Uhr.

Die Sitzung ist geschlossen. Vielen Dank.