Protokoll:
17139

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 139

  • date_rangeDatum: 10. November 2011

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 23:26 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/139 sowie der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Inhaltsverzeichnis Solms, Dr. Martin Lindner (Berlin), Claudia Bögel, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Weniger Bürokratie und Be- lastungen für den Mittelstand – Den Er- folgskurs fortsetzen (Drucksache 17/7636) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Andrea Wicklein, Garrelt Duin, Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Sta- gnation beim Bürokratieabbau überwin- Lena Strothmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 4: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Rüdiger Veit, Dr. Dieter Wiefelspütz, Olaf Scholz, weiteren Abgeordneten und der Frak- tion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts (Drucksachen 17/773, 17/7675) . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Memet Kilic, Josef 16453 B 16466 A 16467 B 16468 C Deutscher B Stenografisch 139. Sitz Berlin, Donnerstag, den I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Max Lehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl der Abgeordneten Ralph Lenkert und Sabine Stüber als Schriftführer . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung der Tagesordnungspunkte 11, 13 und 33 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Dr. Joachim Pfeiffer, Dr. Michael Fuchs, Kai Wegner, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/CSU E A K D C C D C R A J 16451 A 16451 B 16451 B 16453 A den – Neue Schwerpunktsetzung für den Mittelstand umsetzen (Drucksache 17/7610) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16453 C undestag er Bericht ung 10. November 2011 t : rnst Burgbacher, Parl. Staatssekretär BMWi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . ai Wegner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . hristine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . laudia Bögel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . laudia Bögel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . . ndreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . ohanna Voß (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 16453 C 16454 D 16456 B 16458 B 16459 C 16461 B 16462 C 16462 C 16462 D 16464 A 16465 A Philip Winkler, Kai Gehring, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 Entwurfs eines Gesetzes zur Ände- rung des Staatsangehörigkeitsrechts (Drucksachen 17/3411, 17/7675) . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des In- nenausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Sevim Dağdelen, Jan Korte, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ausgrenzung be- enden – Einbürgerungen umfassend er- leichtern (Drucksachen 17/2351, 17/7675) . . . . . . . Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aydan Özoğuz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Florian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . Serkan Tören (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingo Wellenreuther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingo Wellenreuther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 34: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Durchführung der Internationa- len Gesundheitsvorschriften (2005) und zur Änderung weiterer Gesetze (Drucksache 17/7576) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- c d e f) g h 16468 D 16468 D 16469 B 16471 A 16473 A 16475 A 16476 A 16476 D 16478 B 16479 D 16481 B 16482 B 16483 B 16484 C 16484 D 16485 B 16485 D 16487 A 16488 D 16489 B 16489 C 16493 D 16489 D zes zu dem Abkommen vom 13. Fe- bruar 2007 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Staates Kuwait über die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich (Drucksache 17/7601) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 22. Fe- bruar 2009 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Staates Katar über die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich (Drucksache 17/7602) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 10. März 2009 zwischen der Regierung der Bun- desrepublik Deutschland und der Re- gierung der Republik Kroatien über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Organisierten und der schweren Kriminalität (Drucksache 17/7603) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 27. Mai 2009 zwischen der Regierung der Bun- desrepublik Deutschland und der Re- gierung des Königreichs Saudi-Arabien über die Zusammenarbeit im Sicher- heitsbereich (Drucksache 17/7604) . . . . . . . . . . . . . . . Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 14. April 2010 zwischen der Regierung der Bun- desrepublik Deutschland und der Re- gierung der Republik Kosovo über die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich (Drucksache 17/7605) . . . . . . . . . . . . . . . ) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Abkommen vom 30. August 2010 zwischen der Regierung der Bun- desrepublik Deutschland und dem Mi- nisterkabinett der Ukraine über die Zusammenarbeit im Bereich der Be- kämpfung der Organisierten Kriminali- tät, des Terrorismus und anderer Straf- taten von erheblicher Bedeutung (Drucksache 17/7606) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dorothea Steiner, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einfuhr und Verwendung von Asbest und as- 16489 D 16490 A 16490 A 16490 A 16490 B 16490 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 III besthaltigen Produkten in Deutschland umfassend verbieten (Drucksache 17/7478) . . . . . . . . . . . . . . . . i) Antrag der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Ekin Deligöz, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bau der dritten Start- und Landebahn am Flug- hafen München Erdinger Moos ausset- zen – Keine unumkehrbaren Tatsachen schaffen (Drucksache 17/7479) . . . . . . . . . . . . . . . . j) Antrag der Abgeordneten Beate Müller- Gemmeke, Dr. Wolfgang Strengmann- Kuhn, Markus Kurth, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Leiharbeit und Werkver- träge abgrenzen – Kontrollen verstär- ken (Drucksache 17/7482) . . . . . . . . . . . . . . . . k) Antrag der Abgeordneten Andrej Hunko, Dr. Diether Dehm, Thomas Nord, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Europäische Sozialcharta unverzüglich umsetzen (Drucksache 17/7484) . . . . . . . . . . . . . . . . l) Antrag der Abgeordneten Inge Höger, Paul Schäfer (Köln), Harald Koch, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Konversion von Bundeswehr- standorten als Entwicklungschance für Kommunen (Drucksache 17/7504) . . . . . . . . . . . . . . . . m) Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Die Billigkeits- richtlinie zu den Umstellungskosten aus der Umwidmung von Frequenzen den Realitäten anpassen (Drucksache 17/7655) . . . . . . . . . . . . . . . . n) Antrag der Abgeordneten Memet Kilic, Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Qualität der Integrationskurse verbessern (Drucksache 17/7639) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Zweiten Gesetzes zur Neure- b c T a b c d 16490 C 16490 C 16490 C 16490 D 16490 D 16491 A 16491 A gelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften (Drucksache 17/7632) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Frank Schwabe, Dirk Becker, Gerd Bollmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Leitlinien für Transparenz und Um- weltverträglichkeit bei der Förderung von unkonventionellem Erdgas (Drucksache 17/7612) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Matthias Miersch, Dirk Becker, Marco Bülow, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Monitoring für versenkte Atom- müllfässer im Atlantik sicherstellen und Maßnahmen gegen weitere Strahlenex- position einleiten (Drucksache 17/7633) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 35: ) Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- kommen vom 3. Februar 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Spanien zur Vermei- dung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein- kommen und vom Vermögen (Drucksachen 17/7318, 17/7554) . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines … Strafrechtsänderungsgesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Euro- päischen Parlaments und des Rates über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt (Drucksachen 17/5391, 17/7674) . . . . . . . ) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des EG- Verbraucherschutzdurchsetzungsgeset- zes und zur Änderung des Unterlas- sungsklagengesetzes (Drucksachen 17/7235, 17/7672) . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Sportausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Klaus Riegert, Eberhard Gienger, Stephan Mayer (Altötting), wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Joachim Günther (Plauen), Dr. Lutz Knopek, Gisela Piltz, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der FDP: Klima- und Umweltschutz im und durch den Sport 16491 A 16491 B 16491 B 16491 C 16491 D 16492 A IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 stärken – Für eine verantwortungsvolle Sportentwicklung in Deutschland (Drucksachen 17/5779, 17/7608) . . . . . . . e) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses: zu dem Streitverfah- ren vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 8/11 (Drucksache 17/7668) . . . . . . . . . . . . . . . . f) – k) Beratung der Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersich- ten 331, 332, 333, 334, 335 und 336 zu Petitionen (Drucksachen 17/7492 (neu), 17/7493, 17/7494, 17/7495, 17/7496, 17/7497) . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- lung zu dem Antrag der Abgeordneten Daniela Wagner, Elisabeth Scharfenberg, Tabea Rößner, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der älter werdenden Gesellschaft gerecht werden – Barrieren in Wohnungen und im Wohnum- feld abbauen (Drucksachen 17/7188, 17/7630) . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE: Haltung der Regierungskoali- tion zur Einführung eines Mindestlohns . . Klaus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Zimmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Andrea Nahles (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Heinrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . Jutta Krellmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Anette Kramme (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . T B s lu – – – (D 1 V M O H D K M P A S D T A P w L m 16492 C 16492 D 16492 D 16493 C 16496 A 16496 A 16497 B 16498 B 16499 A 16500 C 16501 C 16503 A 16504 D 16506 C 16508 A 16509 D 16511 B agesordnungspunkt 5: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Verkehr, Bau und Stadtentwick- ng zu dem Antrag der Abgeordneten Veronika Bellmann, Dirk Fischer (Ham- burg), Arnold Vaatz, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Oliver Luksic, Patrick Döring, Werner Simmling, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der FDP: Weiß- buch Verkehr – Auf dem Weg zu einer nachhaltigen und bezahlbaren Mobili- tät zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Groß, Uwe Beckmeyer, Sören Bartol, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: EU-Weißbuch Verkehr – Neuaus- richtung der integrierten Verkehrspoli- tik in Deutschland und in der Europäi- schen Union nutzen zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Dr. Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Weißbuch Verkehr für Trend- wende der Verkehrspolitik in Deutsch- land und Europa nutzen rucksachen 17/7464, 17/7177, 17/5906, 7/7679) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eronika Bellmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . artin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . liver Luksic (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arl Holmeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Florian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Groß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . atrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . tephan Kühn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . irk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . agesordnungspunkt 6: ntrag der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, aul Schäfer (Köln), Wolfgang Nešković, eiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE INKE: Widerruf der gemäß § 8 des Parla- entsbeteiligungsgesetzes erteilten Zu- 16512 D 16513 B 16514 D 16516 B 16517 C 16518 C 0000 A16519 C 16520 C 16521 B 16522 C 16523 C 16524 A 16525 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 V stimmungen zu den Anträgen der Bundes- regierung vom 28. Januar 2011 und 23. März 2011 – Bundeswehr aus Afghanis- tan abziehen (Drucksache 17/7547) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Robert Hochbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Pflug (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Bijan Djir-Sarai (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Pflanzen- schutzrechtes (Drucksachen 17/7317, 17/7369, 17/7671) . . Alois Gerig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Gustav Herzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Alexander Süßmair (DIE LINKE) . . . . . . . . . Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Max Lehmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Fritz Kuhn, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jetzt Voraus- setzungen für die Einführung eines Min- destlohns schaffen (Drucksache 17/7483) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . M U M U O T A d S ti r H r F N A d n (D D D T In K F T B a M L F E k h (D D M D J 16526 C 16526 D 16527 D 16528 A 16529 B 16531 A 16531 C 16532 D 16533 C 16533 D 16534 C 16535 C 16535 D 16536 D 16538 C 16540 A 16540 D 16541 D 16543 C 16543 D 16544 C 16546 B 16546 C 16547 C Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . ichael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . lrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . ichael Schlecht (DIE LINKE) . . . . . . . . . . lrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . ttmar Schreiner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Max Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: ntrag der Bundesregierung: Fortsetzung er Beteiligung bewaffneter deutscher treitkräfte an der EU-geführten Opera- on „ALTHEA“ zur weiteren Stabilisie- ung des Friedensprozesses in Bosnien und erzegowina im Rahmen der Implementie- ung der Annexe 1-A und 2 der Dayton- riedensvereinbarung sowie an dem ATO-Hauptquartier Sarajevo und seinen ufgaben, auf Grundlage der Resolution es Sicherheitsrates der Vereinten Natio- en 1575 (2004) und Folgeresolutionen rucksache 17/7577) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Guido Westerwelle, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ietmar Nietan (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . homas Kossendey, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . atja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lorian Hahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: eschlussempfehlung und Bericht des Sport- usschusses zu dem Antrag der Abgeordneten artin Gerster, Sönke Rix, Sabine Bätzing- ichtenthäler, weiterer Abgeordneter und der raktion der SPD: Rechtsextremistische instellungen im Sport konsequent be- ämpfen – Toleranz und Demokratie nach- altig fördern rucksachen 17/5045, 17/7597) . . . . . . . . . . r. Christoph Bergner, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . artin Gerster (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Lutz Knopek (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . ens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 16548 C 16549 C 16550 B 16551 A 16552 B 16552 C 16552 D 16553 D 16554 D 16555 A 16556 B 16557 C 16558 C 16559 C 16560 C 16561 C 16561 D 16563 B 16564 B 16565 B VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frank Steffel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 15: Beratung der Beschlussempfehlung des Aus- schusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge- schäftsordnung: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens (Drucksache 17/7682) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 32: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses – zu dem Antrag der Fraktionen CDU/ CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ausgleich für Radar- geschädigte der Bundeswehr und der ehemaligen NVA – zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Arnold, Dr. Hans-Peter Bartels, Dr. h. c. Gernot Erler, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD: Ausgleich für Radargeschädigte der Bundeswehr und der ehemaligen NVA voranbringen – zu dem Antrag der Abgeordneten Agnes Malczak, Katja Keul, Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Umfassende Entschädigung für Radarstrahlenopfer der Bundes- wehr und der ehemaligen NVA (Drucksachen 17/7354, 17/5365, 17/5373, 17/7553) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ver- teidigungsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Inge Höger, Paul Schäfer (Köln), Kathrin Vogler, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion DIE LINKE: Um- fassende Entschädigung für Radar- strahlenopfer der Bundeswehr, der ehemaligen NVA und ziviler Einrichtun- gen (Drucksachen 17/5233, 17/6556) . . . . . . . Christian Schmidt, Parl. Staatssekretär BMVg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ullrich Meßmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . B H A K T A s A G (D A K F C D S T a b D In M R D A F 16565 D 16566 D 16568 A 16568 D 16568 D 16569 A 16569 B 16570 C urkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . arald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . gnes Malczak (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arin Strenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 12: ntrag der Abgeordneten Angelika Graf (Ro- enheim), Bärbel Bas, Elke Ferner, weiterer bgeordneter und der Fraktion der SPD: lücksspielsucht bekämpfen rucksache 17/6338) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Graf (Rosenheim) (SPD) . . . . . . . . arin Maag (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rank Tempel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . hristine Aschenberg-Dugnus (FDP) . . . . . . r. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) . . . . . . . agesordnungspunkt 15: ) Beratung der Unterrichtung durch den Par- lamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung: Bericht des Parlamentari- schen Beirats über die Nachhaltigkeitsprü- fung in der Gesetzesfolgenabschätzung und die Optimierung des Verfahrens (Drucksache 17/6680) . . . . . . . . . . . . . . . ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung: Europäische Nachhaltigkeitsstrategie (Drucksachen 17/5295, 17/7678) . . . . . . . aniela Ludwig (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . grid Arndt-Brauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . alph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . r. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . lorian Bernschneider (FDP) . . . . . . . . . . . . . 16572 A 16573 A 16573 D 16574 D 16576 C 16576 D 16577 D 16579 B 16580 D 16581 D 16583 A 16584 A 16585 A 16585 A 16585 B 0000 A16586 B 16587 C 16588 A 16589 A 16590 A 16591 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 VII Tagesordnungspunkt 14: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz zu dem An- trag der Abgeordneten Jan Korte, Dr. Kirsten Tackmann, Agnes Alpers, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Ökosysteme schützen, Arten- vielfalt erhalten – Kormoranmanage- ment einführen (Drucksachen 17/5378, 17/5955) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Ab- geordneten Franz-Josef Holzenkamp, Peter Altmaier, Cajus Caesar, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Rainer Erdel, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Fischartenschutz vo- ranbringen – Vordringliche Maßnah- men für ein Kormoranmanagement (Drucksachen 17/7352, 17/7673) . . . . . . . Cajus Caesar (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Ute Vogt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . Jan Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einrichtung und zum Betrieb eines bun- desweiten Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“ (Hilfetelefongesetz – Hilfetele- fonG) (Drucksache 17/7238) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Möhring (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Monika Lazar (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Nicole Bracht-Bendt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . T a b D K A D S J S D T Z d G S v (D T E e z N u d (D In G 16592 A 16592 B 16592 C 16594 C 16595 D 16597 B 16598 C 16599 C 16600 A 16601 A 16601 C 16602 D 16603 D 16604 C 16605 C 16606 C 16607 C agesordnungspunkt 16: ) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Ab- geordneten Sylvia Kotting-Uhl, Dorothea Steiner, Hans-Josef Fell, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Kein CASTOR-Trans- port nach Gorleben zu Lasten des Strahlenschutzes – Zwischenlagerung hochradioaktiver Wiederaufarbeitungs- abfälle verursachergerecht neu gestal- ten (Drucksachen 17/7465, 17/7677) . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dorothée Menzner, Johanna Voß, Eva Bulling- Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: CASTOR-Trans- port 2011 nach Gorleben stoppen (Drucksache 17/7634) . . . . . . . . . . . . . . . r. Maria Flachsbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . irsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . orothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . ylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . udith Skudelny (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 18: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes über die Besetzung der Großen traf- und Jugendkammern in der Haupt- erhandlung rucksachen 17/6905, 17/7276, 17/7669) . . agesordnungspunkt 20: rste Beratung des von der Bundesregierung ingebrachten Entwurfs eines Gesetzes ur Durchführung der Verordnung (EU) r. 211/2011 des Europäischen Parlaments nd des Rates vom 16. Februar 2011 über ie Bürgerinitiative rucksache 17/7575) . . . . . . . . . . . . . . . . . . go Wellenreuther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . erold Reichenbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . 16608 B 16608 C 16608 C 16609 D 16611 C 16612 C 16613 C 16614 B 16614 C 16615 A 16615 D 16617 A 16617 C 16617 C 16618 C VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 Klaus Hagemann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jimmy Schulz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: Antrag der Fraktion der SPD: Nachhaltige Entwicklung in Subsahara-Afrika durch die Stärkung der Menschenrechte fördern (Drucksache 17/7370) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über Verkündung und Bekanntmachungen (Drucksachen 17/6610, 17/7560) . . . . . . . . . . Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Edgar Franke (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Mechthild Dyckmans (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Jens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: a) Antrag der Abgeordneten Uta Zapf, Dr. h. c. Gernot Erler, Petra Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Agnes Malczak, Volker Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gegen eine Aufweichung des Verbots von Streumunition (Drucksache 17/7637) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Inge Höger, Jan van Aken, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Streumunition nicht wieder zu- lassen – Gegen ein Protokoll über Streu- munition zum CCW (Drucksache 17/7635) . . . . . . . . . . . . . . . . Uta Zapf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Inge Höger (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . C A T B s tr u o M (D M W D L D C T A M A A v v (D F M O S D D T A C o G F (D in 16619 B 16619 D 16620 D 16621 B 16622 B 16622 C 16622 C 16623 C 16624 D 16625 B 16626 A 16627 A 16627 A 16627 B 16628 C 16630 D hristoph Schnurr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . gnes Malczak (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 24: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Kultur und Medien zu dem An- ag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP nd BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gedenk- rt für die Opfer der NS-„Euthanasie“- orde rucksachen 17/5493, 17/7596) . . . . . . . . . . arco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . olfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . r. h. c. Wolfgang Thierse (SPD) . . . . . . . . . . ars Lindemann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . laudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 23: ntrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, atthias W. Birkwald, Diana Golze, weiterer bgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: ufbewahrungsfrist der Lohnunterlagen on DDR-Betrieben bis 31. Dezember 2016 erlängern rucksache 17/7486) . . . . . . . . . . . . . . . . . . rank Heinrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . ttmar Schreiner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . ebastian Blumenthal (FDP) . . . . . . . . . . . . . r. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . . r. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . agesordnungspunkt 25: ntrag der Abgeordneten Markus Tressel, ornelia Behm, Harald Ebner, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN: Kontaminierte Kabinenluft in lugzeugen unterbinden rucksache 17/7480) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbindung mit 16631 C 16632 C 16633 D 16634 A 16634 C 16635 B 16636 B 16637 A 16638 A 16638 D 16639 A 16639 C 16640 B 16641 A 16641 D 16642 B 16643 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 IX Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Hans-Joachim Hacker, Ulrike Gottschalck, Heinz Paula, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Flugzeugbesatzungen und Reisende vor kontaminierter Kabinenluft schützen (Drucksache 17/7611) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Wichtel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU) . . . . . . Hans-Joachim Hacker (SPD) . . . . . . . . . . . . . Torsten Staffeldt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Lutze (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Markus Tressel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Jan Korte, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: 50 Jahre deutsch-türkisches Anwerbeab- kommen – Assoziationsrecht wirksam um- setzen (Drucksache 17/7373) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Memet Kilic, Josef Philip Winkler, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Visumfreie Einreise türkischer Staatsange- höriger für Kurzaufenthalte ermöglichen (Drucksachen 17/3686, 17/5989) . . . . . . . . . . Michael Frieser (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) . . . . . . . . . . . Serkan Tören (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sevim Dağdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- N F A s (D C W G J D N A L A E D s d V m A Z d z in p D E C J J D A Z d S M p 16643 A 16643 B 16644 B 16645 C 16647 A 16648 A 16648 C 16650 A 16650 B 16650 B 16651 B 16652 C 16653 D 16655 B EN: Gutachten über die geplanten EU- luggastdatenabkommen mit den USA und ustralien beim Gerichtshof der Europäi- chen Union einholen rucksachen 17/6331, 17/7676) . . . . . . . . . . lemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . olfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . isela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . an Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 rklärung nach § 31 GO der Abgeordneten r. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) zur Ab- timmung über die Beschlussempfehlung zu em Antrag: Fischartenschutz voranbringen – ordringliche Maßnahmen für ein Kormoran- anagement (Tagesordnungspunkt 14 b) . . . nlage 3 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Entwurfs eines Gesetzes über die Beset- ung der Großen Straf- und Jugendkammern der Hauptverhandlung (Tagesordnungs- unkt 18) r. Patrick Sensburg (CDU/CSU) . . . . . . . . . lisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . hristoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ens Petermann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . erzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Justiz . . . . . . . . . . . . nlage 4 u Protokoll gegebene Reden zur Beratung es Antrags: Nachhaltige Entwicklung in ubsahara-Afrika durch die Stärkung der enschenrechte fördern (Tagesordnungs- unkt 19) 16656 A 16656 B 16658 A 16658 D 16659 B 16660 A 16661 C 16663 A 16663 B 16663 D 16665 C 16666 B 16667 D 16668 C 16669 D X Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 Frank Heinrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Klaus Riegert (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16670 C 16672 A 16673 C 16674 D 16676 C 16677 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 16451 (A) ) )(B) 139. Sitz Berlin, Donnerstag, den Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 16663 (A) ) )(B) Anlagen Die grundsätzliche Forderung beider Anträge ist ein mittel in der Justiz sehr knapp. Um trotz dieses Umstan- Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) zur Abstimmung über die Beschluss- empfehlung zu dem Antrag: Fischartenschutz voranbringen – Vordringliche Maßnahmen für ein Kormoranmanagement (Tagesordnungs- punkt 14 b) Der von den Koalitionsfraktionen eingebrachte Antrag greift wesentliche Forderungen des Antrages 17/5378 „Ökosysteme schützen, Artenvielfalt erhalten – Kormo- ranmanagement einführen“ der Bundestagsfraktion Die Linke auf. Letzterer wurde im Frühjahr 2011 gestellt. b w m D A m g h E c s m V o e li in m u m te K d g n g z c z s te b m F u w m d W te A re Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ahrendt, Christian FDP 10.11.2011 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.11.2011 Goldmann, Hans- Michael FDP 10.11.2011 Hintze, Peter CDU/CSU 10.11.2011 Dr. Koschorrek, Rolf CDU/CSU 10.11.2011 Leidig, Sabine DIE LINKE 10.11.2011 Meierhofer, Horst FDP 10.11.2011 Philipp, Beatrix CDU/CSU 10.11.2011 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 10.11.2011 Seiler, Till BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.11.2011 Spatz, Joachim FDP 10.11.2011 Dr. Wadephul, Johann David CDU/CSU 10.11.2011 Widmann-Mauz, Annette CDU/CSU 10.11.2011 Wolff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 10.11.2011 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 10.11.2011 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht undesweites Kormoranmanagement. Dies kann ein ichtiger erster Schritt zu einem europaweiten Manage- ent sein. Daher stimme ich auch dem Antrag auf rucksache 17/7352 zu. Gleichzeitig möchte ich auf drei kritische Aspekte des ntrages verweisen, die über die grundsätzliche Zustim- ung hinaus festzustellen sind: Erstens. Die Antragsformulierungen zum Thema Ein- riffe in Schutzgebieten sind missverständlich. Weitge- ende Ausnahmeregelungen, „auch in Schutzgebieten ingriffe in bereits bestehende Kolonien zu ermögli- hen“, müssen selbstverständlich im Rahmen natur- chutzgesetzlicher Regelungen und damit auf die dort er- öglichten Ausnahmesituationen beschränkt bleiben. iele betroffene Teichwirtschaften liegen in der Nähe der in Schutzgebieten. Wenn notwendig, sollten hier inzelfallbezogene Maßnahmen geprüft werden. Recht- che Bedenken sind zuvor ernsthaft zu prüfen. Handeln solch begründeten Ausnahmefällen ist bereits jetzt öglich. Zweitens. Im Antrag fehlen wichtige Partnerinnen nd Partner zur Umsetzung eines bundesweiten Manage- ents. Gerade bei so emotional geführten Debatten soll- n alle beteiligten Stakeholder einbezogen werden. Die oalition nennt jedoch nur die Bundesländer. Im Antrag er Bundestagsfraktion Die Linke wird auch die Beteili- ung von Fischerinnen und Fischern, Naturschützerin- en und Naturschützern und Anglerinnen und Anglern efordert. Es macht Sinn, diese Gruppen an einen Tisch u holen und gemeinsam nach der besten Lösung zu su- hen. Drittens. Im Antrag der Koalition fehlen differen- ierte Blickwinkel. Die Probleme im Fischartenschutz ind nicht nur durch den Kormoran verursacht und hät- n daher wie im Antrag auf Drucksache 17/5378 gleich- erechtigt dargestellt werden sollen. Beispielsweise uss auf den schlechten ökologischen Zustand vieler ließgewässer infolge von Uferverbauung, Staustufen nd Stickstoffeinträgen aus der Landwirtschaft hinge- iesen werden. Neben einem Kormoranmanagement üssen deshalb die Verbesserung der Gewässerqualität, ie Reduzierung von Verbauungen und der Einflüsse der asserkraft sowie die Renaturierung der Gewässer wei- r vorangetrieben werden. nlage 3 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Besetzung der Großen Straf- und Jugend- kammern in der Hauptverhandlung (Tagesord- nungspunkt 18) Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): In den 90er-Jah- n waren aufgrund der Wiedervereinigung die Personal- 16664 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 (A) ) )(B) des eine funktionierende Rechtspflege gewährleisten zu können, wurde mit dem Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege in § 76 Abs. 2 GVG für die Großen Straf- kammern die Möglichkeit geschaffen, in der Hauptver- handlung in der Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen zu verhandeln. Das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege trat am 1. März 1993 in Kraft. In der letzten Änderung dieses Gesetzes durch das RPflEntlG in der Fassung vom 8. Dezember 2010 wurde in Art. 15 Abs. 2 bestimmt, dass diese in § 76 Abs. 2 GVG nor- mierte Regelung am 31. Dezember 2011 außer Kraft tritt. Bis dahin wurde die Regelung im Zweijahresrhyth- mus verlängert. Mit dem heute zu verabschiedenden Ge- setz zur Besetzung der Großen Straf- und Jugendkam- mern wird nun eine dauerhaft gültige Regelung geschaffen. Hiermit setzt die christlich-liberale Koalition den richtigen Akzent! Grundsätzlich hat sich gezeigt, dass sich die bisherige Regelung bewährt hat; deshalb wurde sie auch bisher im Zweijahresrhythmus verlängert. So waren im Jahre 2009 fast 80 Prozent – in einigen Bundesländern fast 90 Pro- zent – der Hauptverhandlungen vor den Großen Straf- und Jugendkammern mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzt. Dennoch wurde eine funktionierende und vor allem rechtsstaatliche Rechtspflege gewährleis- tet, da diese Fälle auch in der Zweierbesetzung adäquat entschieden werden können. So loben auch die Landesjustizverwaltungen, dass „die Besetzungsreduktion den Strafkammern eine fle- xible Reaktionsmöglichkeit auf unterschiedliche Verfah- renskonstellationen“ ermöglicht. Dies stellte die Große Strafrechtskommission des Deutschen Richterbundes in ihrem Gutachten zur Besetzungsreduktion, das aus den Ergebnissen der Sitzung vom 3. bis 8. August 2009 in Gotha resultiert, fest. In dem Zielkonflikt zwischen Sicherung der Qualität der Rechtsprechung und Prozessökonomie wird nun eine dauerhafte Regelung geschaffen, die den Anforderungen an eine funktionierende Rechtspflege Rechnung trägt. Mit dem Gesetz über die Besetzung der Großen Straf- und Jugendkammern werden gleichzeitig noch einige Änderungen bei dem Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Er- mittlungsverfahren und eine Änderung der Disziplinar- ordnung abgeschlossen. Im Einzelnen geht es hierbei vor allem um die drei folgenden Punkte: Erstens werden Re- gelungen zur Dekonzentration von Zuständigkeiten ge- schaffen. Zweitens wird der Ausschluss der Präsidenten und Vizepräsidenten von der Mitwirkung an Entschädi- gungsprozessen für kleinere Gerichte festgeschrieben. Drittens wird eine Regelung geschaffen, die dafür sorgt, dass Privatkläger in Strafverfahren nicht in den Kreis der Entschädigungsberechtigten mit einbezogen werden. Der vorliegende Gesetzentwurf ist ausdrücklich zu begrüßen. Durch die Schaffung und gesetzliche Normie- rung von Ausnahmen, in denen eine Besetzungsreduk- tion unmöglich ist, wird eine stabile Rechtslage geschaf- fen, die gleichzeitig den Anforderungen an ein faires Verfahren Rechnung trägt. A ru p c e e ru fa w w d Z d R R d s R F S R s fu b z w s e c k B R g d d s li z w b a h k d F s z s ra F R (C (D Eine Reduktion kann dann nicht erfolgen, wenn die nordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwah- ng, deren Vorbehalt oder die Unterbringung in einem sychiatrischen Krankenhaus zu erwarten ist. Bei sol- hen Entscheidungen der Großen Strafkammern, die als inzige Tatsacheninstanz mit umfassender Strafgewalt twa über die Unterbringung in der Sicherungsverwah- ng zu entscheiden haben, muss das Wissen und die Er- hrung eines voll besetzten Richterkollegiums genutzt erden. Weiter ist dann in der Dreierbesetzung zu verhandeln, enn Umfang und Schwierigkeit der Strafsache dies for- ern oder das Gericht als Schwurgericht verhandelt. Bei weifel bzw. Unklarheit ist immer die Dreierbesetzung er Zweierbesetzung vorzuziehen. Schließlich werden in § 76 Abs. 3 GVG noch zwei egelbeispiele aufgestellt, die eine Verhandlung vor drei ichtern erfordern. Das eine Regelbeispiel ist gemäß § 76 Abs. 3 GVG ann erfüllt, wenn die Große Strafkammer als Wirt- chaftskammer zuständig ist. In diesem Fall ist in der egel die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig. Besonders ist hierbei darauf hinzuweisen, dass in den ällen, in denen die Wirtschaftskammern als Große trafkammer verhandeln, eine Dreierbesetzung in der egel angemessen ist. Dass die Besetzung der Wirt- chaftskammern mit drei Richtern als Regelbeispiel gilt, ßt auf folgenden Erkenntnissen: Einerseits hat sich erge- en, dass eine nicht unerhebliche Zahl der Verfahren von wei Berufsrichtern und zwei Schöffenrichtern bewältigt erden kann. Andererseits zeigt sich, dass Wirtschafts- trafverfahren vom durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad ines allgemeinen landgerichtlichen Verfahrens abwei- hen. Vor allem die Komplexität der vor der Wirtschafts- ammer zu verhandelnden Sachverhalte gebietet eine esetzung mit drei Berufsrichtern, um eine adäquate echtsfindung zu ermöglichen. Gleichzeitig ist es in den Beratungen zu dem vorlie- enden Gesetzentwurf aber gelungen, in den Fällen, in en die Wirtschaftskammer als Große Strafkammer han- elt und eine Besetzung mit drei Richtern das Regelbei- piel erfüllt, einer klare Beschlussempfehlung zu formu- eren, die es den Gerichten ermöglicht, eine Redu- ierung auf zwei Richter revisionsfest vorzunehmen, enn sie zu der Überzeugung gelangen, dass das Regel- eispiel gerade nicht erfüllt ist. So ist eine Reduzierung uf zwei Richter dann möglich, wenn nur wenige Ver- andlungstage erforderlich sind oder aber ein weniger omplexes Verfahren vorliegt, wenn deren Umfang nur adurch bedingt ist, dass viele ähnlich gelagerte, kleine älle zusammentreffen. Mit dieser Regelung wird die für die Arbeit der Wirt- chaftskammern erforderliche Flexibilität bei der Beset- ung in der Hauptverhandlung gewährleistet. Das zweite in § 76 Abs. 3 GVG genannte Regelbei- piel ist dann erfüllt, wenn die Hauptverhandlung vo- ussichtlich länger als zehn Tage dauern wird. In diesen ällen ist die Mitwirkung eines dritten Richters in der egel notwendig. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 16665 (A) ) )(B) Hinsichtlich dieses Regelbeispiels ist noch auf Fol- gendes hinzuweisen: Es gab zunächst unterschiedliche Ansätze, die Anzahl der Verhandlungstage zu bestimmen, die eine zwingende Dreierbesetzung nach sich ziehen. Hierbei kann zum ei- nen auf § 275 Abs. 1 StPO verwiesen werden. Diskutiert wurde hierbei vor allem zum einen eine Anzahl von drei, zum anderen eine Anzahl von zehn Hauptverhandlungs- tagen. Diese beiden Zahlen standen deshalb im Raum, weil beide Zahlen in § 275 Abs. 1 StPO genannt werden. § 275 Abs. 1 StPO bestimmt unterschiedliche Fristen, in denen ein Urteil zu den Akten zu bringen ist. Diese Fris- ten verlängern sich entsprechend der Dauer der Haupt- verhandlung. Eine verlängerte Frist gilt zum einen bei einer Hauptverhandlungsdauer. Diese Zeiträume – drei bzw. zehn Tage – können somit als Anhaltspunkte auch in der Regelung des § 76 Abs. 3 GVG gelten. Wie die Sachverständigen bei dem erweiterten Be- richterstattergespräch ausführten, dauert die Mehrzahl der Hauptverhandlungen etwa drei bis fünf Tage. Um eine klare Abgrenzung zu dieser Vielzahl von Fällen zu schaffen, muss die Zahl der Hauptverhandlungstage, die eine zwingende Dreierbesetzung nach sich ziehen, mit- hin höher angesetzt werden. Auch eine voraussichtliche Verhandlungsdauer von fünf Tagen kann hier noch keine klare Abgrenzung schaffen. Für die Einführung der Zehn-Tage-Grenze spricht auch ein weiteres systematisches Argument. Auch in § 229 Abs. 2 StPO wird die Verhandlungsdauer von zehn Tagen als Anlass genommen, eine längere Unterbre- chung zu gewähren. Sowohl § 275 Abs. 1 StPO als auch § 229 Abs. 2 StPO wurden für umfangreiche Verfahren geschaffen. Diese mithin vom Gesetzgeber selbst geschaffene Grenze für umfangreiche Verfahren kann auch bei § 76 Abs. 2 GVG herangezogen werden. So führt auch der BGH in seinem Beschluss vom 7. Juli 2010 aus (Az: 5 StR 555/09, Nr. 19): Der Senat hielte es demgegenüber grundsätzlich für angezeigt, den der Beurteilung des Tatrichters un- terstehenden Rechtsbegriff des Umfangs der Sache auch dahingehend weiter zu konturieren, dass je- denfalls bei einer im Zeitpunkt der Eröffnung des Hauptverfahrens absehbaren Verhandlungsdauer von wenigstens zehn Hauptverhandlungstagen von der Mitwirkung eines dritten Berufsrichters grund- sätzlich nicht abgesehen werden darf. Bei den so zu bestimmenden umfangreichen Verfah- ren, die durch eine Verhandlungsdauer von zehn oder mehr Tagen gekennzeichnet sind, kann dann in der Drei- erbesetzung das Verfahren seinem Umfang entsprechend angemessen erledigt werden. Endlich kann noch festgehalten werden, dass gerade kein Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Rich- ter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vorliegt. Die Ent- scheidung, mit drei Richtern zu verhandeln, kann näm- lich auch dann nicht mehr abgeändert werden, wenn sich während der Hauptverhandlung ergibt, dass die Verhand- lungsdauer hinter den zehn prognostizierten Verhand- lu w R A D s R R g R w z d z ra R m z a h u G v z m a n n fa s S a d O 2 a z V d e fu je „ m v h h F te fa W in m k (C (D ngstagen zurückbleibt. Mit der vorliegenden Regelung ird der entscheidende Richter klar bestimmt und das echt auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 bs. 1 Satz 2 GG gewahrt. Zusammenfassend kann man Folgendes festhalten. ie neue Regelung des § 76 Abs. 2 bis 5 GVG verbes- ert den Verfahrensablauf, da er eine unbefristet gültige egelung statuiert. Dies führt zu einer Erhöhung der echtssicherheit und gerade nicht zu einem Entzug des esetzlichen Richters, da der Angeklagte jederzeit mit echtssicherheit seinen gesetzlichen Richter bestimmt eiß. Die Vorteile der unbefristeten Regelung der Beset- ung der Großen Straf- und Jugendkammern liegen auf er Hand. Auch an diesem Gesetzgebungsvorhaben eigt sich die stringente Rechtspolitik der christlich-libe- len Koalition im Hinblick auf die Gewährleistung von echtssicherheit und Effektivität der Justiz. Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU): Ich öchte die Ergänzungen des Gerichtsverfassungsgeset- es in den Fokus meines Beitrags stellen, die der Rechts- usschuss in das Verfahren eingebracht hat und die das eute zu verabschiedende Gesetz als „Omnibus“ nutzen, m bereits Änderungen des vor kurzem verabschiedeten esetzes über den Rechtschutz bei überlangen Gerichts- erfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vor- unehmen. Neben vielen richtigen Regelungen in dem Gesetz, it dem wir ein Rechtsmittel bei unverhältnismäßig lang ndauernden Verfahren geschaffen haben, konnte in ei- em wesentlichen Punkt leider nicht die aus Sicht mei- er Fraktion optimale Lösung erzielt werden. Von An- ng an hatten wir Bedenken gegen die örtliche aus- chließliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts am itz der Landesregierung auch für Verfahren im Bereich nderer Oberlandesgerichte des jeweiligen Bundeslan- es. Die Reaktionen aus den Ländern mit zwei oder mehr berlandesgerichten – ich hatte es in meiner Rede am 9. September 2011 angesprochen – waren ausnahmslos blehnend. Auch war es aus meiner Sicht nicht nachvoll- iehbar, warum bei der Beurteilung der Überlänge eines erfahrens der ersten oder zweiten Instanz die Grenzen es OLG-Bezirks verlassen werden sollten. Schließlich ntscheiden auch sonst die Oberlandesgerichte als Beru- ngs- oder Revisionsinstanz über Entscheidungen der weiligen Gerichte ihrer Bezirke. Den entsprechenden Gleichlauf der Verfahren“, den der Bundesrat hier an- ahnt, halte ich für ein überzeugendes Argument. Die om Entwurfsverfasser ursprünglich angestrebte Ein- eitlichkeit der Rechtsprechung wird meines Erachtens inreichend durch die auf Ebene des BGH angesiedelten achgerichte gewährleistet. Das dadurch bei den Gerich- n entstandene Unbehagen und Unverständnis ist mehr- ch – zumeist am Beispiel der Badener und der ürttemberger Justiz – sowohl im Ausschuss, aber auch sonstigen kollegialen Gesprächen und Schreiben, mal it rein sachlichen Argumenten, mal auch mit einem er- ennbaren Schmunzeln erörtert worden. Leider war es 16666 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 (A) ) )(B) trotzdem im parlamentarischen Verfahren und unter dem bestehenden Zeitdruck angesichts der Fristsetzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zunächst nicht konsensfähig, zu der nun getroffenen guten Lösung zu kommen, obwohl noch in der letzten Sitzung des Rechtsausschusses vor der Verabschiedung um eine gute Lösung gerungen worden war. Die entsprechende Bundesratsstellungnahme hat die Bundesregierung nun zum Anlass genommen, nachträg- lich einige wenige Verbesserungen einzubringen. Da der entsprechende Kompromiss mit den Ländern erst nach Verabschiedung des oben genannten Gesetzes gefunden wurde und sich die Einführung eines Rechtsmittels gegen überlange Gerichtsverfahren nicht verzögern sollte, bin ich dankbar, dass wir mit dem ebenfalls eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Besetzungsreduktion der Großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhand- lung in ein parlamentarisches Verfahren gefunden haben, das es uns erlaubt, im Regelungszusammenhang des Ge- richtsverfassungsgesetzes die Änderung nachträglich vorzunehmen. „Geht doch, warum nicht gleich so“, möchte man sagen, denn neben den besseren Argumen- ten war bereits damals die Einstellung der Länder zu die- sem Punkt bekannt, der Änderungsbedarf daher abseh- bar; eine Entscheidung des Parlaments aus einem Guss im Zuge der Verabschiedung des Gesetzes wäre sicher überzeugender gewesen, als die erste Nachbesserung des Gesetzes noch vor der Verkündung im Bundesanzeiger. Zwei weitere Änderungen werden auf Betreiben des Bundesrates eingefügt: Das Mitwirkungsverbot der Ge- richtspräsidenten und ihrer ständigen Vertreter wird ge- strichen. Die seitens der Länder geäußerte nachvollzieh- bare Sorge, dass mit solch einer Ausschlussregelung Misstrauen innerhalb der Gerichte Vorschub geleistet werde, ist damit aus der Welt. Die in Zukunft erforder- lich werdende Trennung zwischen Dienstaufsicht und Entschädigungsangelegenheiten kann der Organisations- autonomie der Gerichte und damit den Geschäftsvertei- lungsplänen überlassen werden. Dritter Bestandteil des mit den Ländern gefundenen Kompromisses ist die gesetzliche Einschränkung, dass ein Privatkläger im Strafverfahren keinen Entschädi- gungsanspruch für Überlängen im Verfahren hat. In der Tat ging diese Regelung über die Vorgaben des EGMR hinaus; die Streichung liegt damit in der Tendenz, das neue Rechtsmittel nicht zu einer ausufernden neuen – und damit letztlich gerade kontraproduktiven – Belas- tung der Gerichte werden zu lassen. Ob dies in der Pra- xis zu deutlich anderen Fallzahlen führen wird, als es die ursprüngliche Regelung getan hätte, kann hier dahinge- stellt bleiben. Wichtig ist, dass mit diesem Kompromiss der Rechts- schutz bei überlangen Gerichtsverfahren nun ohne wei- tere Verzögerung in Kraft treten kann; erfreulich ist, dass wir dies mit einer entscheidenden Verbesserung bei der örtlichen Zuständigkeit der Oberlandesgerichte verbin- den konnten. Christoph Strässer (SPD): Nach § 76 Abs. 1 GVG sind die Großen Straf- und Jugendkammern bei den L m fa tu n s z n te k e d lä S z ta e d a e w h d u g w u la b is c w s d A s ru w u d o ru b w v ß c c g Z re h ru D d d (C (D andgerichten bei der Hauptverhandlung grundsätzlich it drei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzt. Seit st 20 Jahren wird ihnen durch das Gesetz zur Entlas- ng der Rechtspflege die Möglichkeit gegeben, in „we- iger umfangreichen und einfacheren Fällen“ mit zwei tatt mit drei Berufsrichtern plus jeweils zwei Schöffen u entscheiden. Diese Entscheidung ist bei der Eröff- ung des Hauptverfahrens zu treffen. Die Geltungsdauer dieser Regelungen zur sogenann- n Besetzungsreduktion, also die bestehende Möglich- eit der Zweierbesetzung, wurde den Gerichten 1993 rstmals befristet eröffnet, um personelle Engpässe nach er Wende vor allem an Gerichten in den neuen Bundes- ndern abzufedern. Eine Evaluation auf Wunsch der PD vor einigen Jahren hat gezeigt, dass die Beset- ungsreduktion insgesamt eine feste Größe im Justizall- g geworden ist. Bei der Anwendung der Regelung sind rhebliche regionale Unterschiede feststellbar. Je höher ie Komplexität eines Falles, desto häufiger wurde aber uch weiterhin in Dreierbesetzung verhandelt. Die Zwei- rbesetzung ist in einfach gelagerten Fällen vertretbar, ird aber von den Gerichten insgesamt zu großzügig ge- andhabt. Mehr noch: Es gibt Einschätzungen, wonach iese Möglichkeit ausufernd in Anspruch genommen nd quasi zum Regelfall gemacht wurde. Einigkeit besteht darin, dass es keine weitere Verlän- erung der derzeit geltenden Regelung geben soll. Es ird keine unbefristete Fortdauer der jetzigen Regelung nd es wird keine komplette Rückkehr zur alten Rechts- ge geben, wobei wir davon ausgehen, dass eine Dreier- esetzung nicht in allen Fällen rechtsstaatlich geboten t. Insbesondere dann, wenn ein Fall weder in rechtli- her noch in tatsächlicher Hinsicht Schwierigkeiten auf- eist, kann der Verfahrensstoff auch in reduzierter Be- etzung ohne Qualitätseinbußen bewältigt werden, aller- ings legen wir Wert darauf, dass dies auch weiterhin die usnahme bleiben soll. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hingegen ieht vor, dass die Möglichkeit, mit zwei statt drei Be- fsrichtern zu verhandeln, grundsätzlich beibehalten ird. Durch den Entwurf sollen die Begriffe „Umfang“ nd „Schwierigkeit der Sache“ weiter ausgestaltet wer- en. Darüber hinaus wird für die Fälle, in denen die An- rdnung der Unterbringung in der Sicherungsverwah- ng, deren Vorbehalt oder die Anordnung der Unter- ringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu er- arten sind, stets eine Besetzung von drei Berufsrichtern orgesehen. Bei den Regelungen zur Besetzung der Gro- en Jugendkammer wird zusätzlich jugendstrafrechtli- hen Besonderheiten Rechnung getragen. Bundesregierung und Koalition halten es für ausrei- hend, den Rechtsbegriff des Umfangs der Sache dahin ehend zu konkretisieren, dass zumindest bei einer im eitpunkt der Eröffnung des Hauptverfahrens absehba- n Verhandlungsdauer von wenigstens zehn Hauptver- andlungstagen von der Mitwirkung eines dritten Be- fsrichters grundsätzlich nicht abgesehen werden darf. er Koalitionsentwurf sieht im Grunde genommen vor, ass die bisherige Ausnahme, nämlich die Besetzungsre- uktion, zum Regelfall werden soll – eine Entwicklung, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 16667 (A) ) )(B) die die SPD-Bundestagsfraktion in dieser Form nicht mitträgt. Vor wenigen Wochen hat es ein erweitertes Bericht- erstattergespräch gegeben. Die Anhörung der Sachver- ständigen war allerdings anscheinend ohne Belang für die Koalition. Drei der vier angehörten Sachverständi- gen haben sich nachvollziehbar auf den Standpunkt ge- stellt, dass es nicht akzeptabel sei, eine besondere Schwierigkeit oder einen besonderen Umfang der Sache, die eine Dreierbesetzung erforderlich machen, erst bei einer voraussichtlichen Verfahrensdauer von zehn Tagen anzunehmen. Die Bundesrechtsanwaltskammer sieht weniger als fünf Hauptverhandlungstage als Regelvo- raussetzung für eine Besetzung mit nur zwei Richtern als angemessen an, die Neue Richtervereinigung sogar nur eine Verhandlungsdauer von drei Tagen. Ob fünf oder drei Verhandlungstage – beide Regelungen sind in jedem Fall klarer und weniger zugänglich für gestalterische In- terpretationsmöglichkeiten der Verhandlungsdauer und sind damit weniger missbrauchsanfällig. 60 Prozent der Verfahren werden sogar innerhalb dreier Verhandlungs- tage verhandelt. Insofern bleiben genügend einfache Verfahren erhalten, bei denen eine Zweierbesetzung aus- reicht. Die SPD-Bundestagsfraktion bedauert, dass die Ko- alition nicht auf die Einschätzungen der Wissenschaft und Praxis eingegangen ist und keine interfraktionelle Lösung gesucht hat. Zwar stellt der Gesetzentwurf eine Verbesserung des Status quo dar und ist durchaus disku- tabel. Zwei für uns wesentliche Aspekte werden aber nicht erfüllt: Erstens: Die Dreierbesetzung wird nicht ausreichend als Regelfall dargestellt. Zweitens: Die Be- setzung mit zwei Berufsrichtern bei allen Verfahren mit einer Verhandlungsdauer bis zu zehn Tagen ist zu weit- gehend. De facto wird in Umkehrung von § 76 Abs. 1 GVG damit die Besetzung mit zwei Berufsrichtern zum Regelfall erklärt. Der Änderungsantrag der SPD-Fraktion zielt demge- genüber darauf ab, die Dreierbesetzung der Berufsrich- terbank wieder zum Regelfall zu erklären; sie soll nur in besonderen Fällen entbehrlich sein. Dazu schlagen wir Regelbeispiele vor. Wir orientieren uns hierbei im We- sentlichen an den Vorschlägen der Bundesrechtsanwalts- kammer. Mit der von uns vorgeschlagenen Fassung wird die strukturelle Überlegenheit der Dreierbesetzung ver- deutlicht und das Regel-Ausnahme-Verhältnis der Beset- zung mit drei Berufsrichtern verankert. Nicht die Dreier- besetzung bedarf einer besonderen Begründung, sondern die Zweierbesetzung als Ausnahmefall. Um den Grund- satz nicht zu sehr auszuhöhlen, favorisieren wir eine Fünf- und keine Zehn-Verhandlungstage-Lösung. Nach unserem Vorschlag beschließt die Große Strafkammer, dass sie in der Hauptverhandlung nur mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen be- setzt ist, wenn die Hauptverhandlung voraussichtlich weniger als fünf Tage dauern wird oder in der Hauptver- handlung ein Geständnis zu erwarten ist. Dies gilt nicht, wenn die Strafkammer als Schwurgericht zuständig ist oder die Anordnung der Unterbringung in der Siche- rungsverwahrung, deren Vorbehalt oder die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Kranken- h s D li g in ri k d V s le s u G b V d d re w K d z k g g g z s s m d V s s n z w w s z s S n re s te g G N 1 s te J (C (D aus zu erwarten sind. Eine Aufnahme auch der Wirt- chaftsstrafkammern in den Katalog der obligatorischen reierbesetzung halten wir hingegen nicht für erforder- ch, da es auch bei Wirtschaftsstrafsachen Verhandlun- en gibt, die mit ausreichender rechtsstaatlicher Garantie der reduzierten Besetzung unter den gleichen Krite- en wie bei den Strafkammern durchgeführt werden önnen. Dem Änderungsantrag der Grünen können wir eshalb nicht zustimmen. Die Beteiligung mehrerer Berufsrichter neben dem orsitzenden ist grundsätzlich geeignet, Aufgaben insbe- ondere in der Hauptverhandlung sachgerecht aufzutei- n, den Verfahrensstoff intensiver zu würdigen und chwierige Rechtsfragen besser zu bewältigen. Eine zu mfassend ausgedehnte Besetzungsreduktion birgt die efahr des Verlusts der Kontrollfunktion, die der zweite eisitzende Richter mit Blick auf den ordnungsgemäßen erfahrensablauf und die Urteilsberatung ausübt. Da- urch kommt es zu einer stärkeren Belastung insbeson- ere des Vorsitzenden, die Einarbeitung junger unerfah- ner Richterinnen und Richter wird ebenso erschwert ie die Erlernung kollegialer und kommunikativer ompetenzen. Außerdem schafft die häufigere Anwen- ung der Zweierbesetzung langfristig keine neuen Kapa- itäten bei den Gerichten, da Stellen gestrichen werden önnten. Die Neuregelung der Besetzung der Straf- und Ju- endkammern in der Hauptverhandlung dürfte im Ver- leich zur derzeit geltenden Rechtslage zu einem nicht enau bezifferbaren höheren Personalbedarf und damit u höheren Personalkosten für die Länder führen. Das ehen wir durchaus. Die Gerichte und Justizbehörden ind aber keine untergeordneten Behörden der Finanz- inister. Die Kosten sind überschaubar. Das hohe Gut er Rechtsstaatlichkeit sollte uns dies wert sein. Jens Petermann (DIE LINKE): Wir begrüßen den ersuch, die Notlösung in § 76 Abs. 2 Gerichtsverfas- ungsgesetz nicht nochmals zu verlängern. Man sollte ie aber einfach am 31. Dezember auslaufen lassen und icht wie geplant zur Regel machen. Deshalb kann ich um wiederholten Mal den Einbringern kritische Hin- eise nicht ersparen. Die Bedenken gegen das Vorhaben urden bereits in einem erweiterten Berichterstatterge- präch vorgetragen, haben jedoch bei der Koalition nicht u einer Neubewertung geführt. Leider läuft das der Ab- icht zuwider, den Gesetzentwurf nach Anhörung von achverständigen sachlich zu verbessern. Es nützt ichts, Sachverständige einzuladen, wenn man nicht be- it ist, ihre Argumente zu hören. Worum geht es genau? Nach Herstellung der deut- chen Einheit wuchs der Bedarf an Richterinnen, Rich- rn, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten im Beitritts- ebiet kurzfristig stark an. Deshalb entschied sich der esetzgeber im Jahre 1993 für eine vorübergehende otlösung. Er erlaubte befristet bis zum 28. Februar 998 den Großen Strafkammern an den Landgerichten, elbst über ihre Besetzung mit zwei oder drei Berufsrich- rn zu entscheiden. Man ging davon aus, dass nach fünf ahren genügend geeignete Juristinnen und Juristen zur 16668 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 (A) ) )(B) Verfügung stünden, was tatsächlich auch der Fall war. Doch heute bleibt die Zahl der offenen Stellen in der Jus- tiz weit hinter der Zahl bestens geeigneter Juristinnen und Juristen zurück. Die Geschäftsgrundlage für die da- malige Sonderregelung, nämlich der Mangel an geeigne- ten Fachkräften, ist also längst entfallen. Es drängt sich damit die Frage auf, aus welchen Moti- ven bei der Besetzung der Großen Straf- und Jugend- kammern weiterhin ein Sonderrecht gelten soll. Eine naheliegende Antwort lautet: Kosteneinsparung in der Justiz. Durch die Notlösung wurden in jedem Bundesland, also auch in den alten Bundesländern, min- destens fünf bis zehn Richterstellen eingespart. Das hat die Finanzminister der Länder offenbar so sehr gefreut, dass dieser Einspareffekt nun festgeschrieben werden soll. Damit wird nicht nur die viele Arbeit auf weniger Köpfe verteilt, sondern es wird auch leichtfertig mit der Qualität des Strafprozesses gespielt. Der Einspareffekt hat in der Erwägung der Bundesre- gierung, den heute zu debattierenden Gesetzentwurf vor- zulegen, wohl eine wichtige Rolle gespielt. Zwar fordert der Justizminister der schwarz-gelben Regierung in Schleswig-Holstein für die Großen Jugendkammern eine grundsätzliche Besetzung mit drei Berufsrichtern; in ei- nem Antrag für die Bundesratssitzung argumentiert er mit Qualitätssicherung, der großen Bedeutung von Ju- gendverfahren und fordert einen hohen Standard in Strafverfahren vor einer Jugendkammer. Aber er scheint mit dieser Position noch allein zu stehen. Der Gesetzentwurf selbst wählt eine unpräzise Um- schreibung des Umfangs oder der Schwierigkeit des Ver- fahrens, die für die Mitwirkung eines dritten Richters maßgeblich sein soll. Aber auch die nur orakelhaft vor- hersehbare Frist von mindestens zehn Verhandlungsta- gen, die zu einer Dreierbesetzung führen soll, eröffnet Beurteilungsspielräume, die missbräuchlich genutzt wer- den könnten. Darüber hinaus darf nicht hingenommen werden, dass ein Gericht selbst entscheidet, in welcher Besetzung es tätig sein will. Es besteht die Gefahr der Ungleichbehandlung verschiedener Delinquenten vor den Großen Straf- und Jugendkammern und somit der Verfestigung unterschiedlicher Standards. Eine derartige Ungleichbehandlung verstößt auch gegen den Gleich- heitsgrundsatz des Grundgesetzes. Dass die Bedenken zutreffend sind, ergibt sich aus der unterschiedlichen Anwendungshäufigkeit in den Gerich- ten. Laut einem Gutachten der Strafrechtskommission des Deutschen Richterbundes wurden zum Beispiel im Saarland 9 Prozent der Verfahren in der ausnahmsweisen Zweierbesetzung verhandelt, in Bayern und Sachsen hingegen satte 90 Prozent, und das, obwohl der angeb- lich in allen Belangen vorbildliche Freistaat Bayern nicht zu den neuen Bundesländern mit Richtermangel und knappen Kassen gehört. Dieses Ungleichgewicht vermag der vorgelegte Entwurf nicht zu beseitigen, so- dass es besser wäre, die befristete Regelung einfach aus- laufen zu lassen und zu dem über 114 Jahre bewährten Rechtszustand vor 1993 zurückzukehren. n v D le d s d v d g u B A G e S le S g k V m re W n w d g d d d g e O J b s H d B s 1 m s s s m c d s lo (C (D Zu dem Gesetzentwurf wurden im Rechtsausschuss och drei Änderungsanträge eingebracht. Die Anträge on SPD und Grünen lassen zwar vermuten, dass sie die efizite des Entwurfes erkannt haben, vermögen es aber ider nicht, die Mängel gänzlich auszuräumen. Ja, und dann gibt es noch einen überraschenden Än- erungsantrag der Koalitionsfraktionen. Es ist schon er- taunlich, was da „by the way“ geplant ist. Sie möchten amit Fehler in längst abgeschlossenen Gesetzgebungs- erfahren beheben. Sie haben selbst eingeräumt, dass as mit der Besetzung von Straf- und Jugendkammern ar nichts zu tun hat. Bei dem Zuständigkeitskatalog des Schwurgerichts nd den Beamtenbeisitzern im Disziplinarsenat beim undesverwaltungsgericht könnte man noch einmal ein uge zudrücken. Aber der Rechtsschutz bei überlangen erichtsverfahren hat sachlich nun überhaupt nichts mit inem Gesetz zu tun, das die Besetzung von Großen traf- und Jugendkammern regelt. Abgesehen davon istet der Änderungsantrag auch keinen Beitrag zur teigerung der Qualität des Entwurfes, was nach den Ar- umenten der Sachverständigen nötig gewesen wäre. Dem offensichtlichen Versuch, die Rechtspflege fis- alischen Interessen der Länder unterzuordnen, und dem ersuch, eine neue Materie einfach ohne erste Lesung itzuregeln, versagt meine Fraktion die Unterstützung. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Eine chtspolitische Dauerbaustelle wird heute geschlossen. as im Jahre 1993 als eine zeitlich befristete Notmaß- ahme begann, hat sich als eine „never-ending story“ er- iesen. Um den strafrechtlichen Gerichtsaufbau in den amals neuen Bundesländern nach der Wiedervereini- ung zu erleichtern, hat der Gesetzgeber ausdrücklich ie Besetzungsreduktion an Großen Strafkammern von rei auf zwei Berufsrichter einschließlich des Vorsitzen- en nur für eine Übergangszeit erlaubt. Diese Regelung alt auch in den sogenannten alten Bundesländern, weil in nicht unbeachtlicher Personaltransfer von West nach st auch in den alten Bundesländern für Engpässe in der ustiz sorgte. Die Justiz und auch die Landesjustizministerien ha- en sich an diese Möglichkeit der Besetzungsreduktion chnell gewöhnt und haben sie in die justizpolitischen aushalte eingepreist. So wurden sozusagen hinterrücks er Ausnahmecharakter der Vorschrift und ihre zeitliche egrenzung konterkariert. Auch der Bundestag wollte ich dem Problem einer Rückkehr zum Zustand von vor 993 nicht stellen. Insgesamt 6-mal wurde die Ausnah- evorschrift jeweils zeitlich befristet verlängert. In die- en 18 Jahren ist die Besetzungsreduktion höchst unter- chiedlich zum Einsatz gekommen. Im Saarland wurde ie in 7 Prozent aller Strafsachen vor Großen Strafkam- ern eingesetzt, in Brandenburg in 50 Prozent aller sol- hen Fälle und in Bayern in 90 Prozent. So wurde, gegen ie Intention des Gesetzgebers, aus einer Ausnahmevor- chrift eine – regional unterschiedlich – fast ausnahms- se Regel. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 16669 (A) ) )(B) Auch der Bundesgerichtshof konnte dieser Entwick- lung nicht Einhalt gebieten, obwohl er in einer Grund- satzentscheidung den Vorzug der Dreierbesetzung ein- drucksvoll hervorhob und sie mit der Notwendigkeit der im Kollegialitätsprinzip gewährleisteten Sicherung der notwendigen Qualität der Entscheidungen der Großen Strafkammern begründete. An die Adresse der Landes- justizverwaltungen heißt es in dieser Entscheidung: „Es spricht vieles dafür, bei der Anordnung einer Zweierbesetzung ist eine gewisse Zurückhaltung zu üben, wenn zweifelhaft ist, ob Umfang oder Schwierig- keit der Sache die Bestimmung einer Dreierbesetzung notwendig erscheinen lässt. Jedenfalls wäre es sach- fremd und damit objektiv willkürlich, eine reduzierte Besetzung aus Gründen der Personaleinsparung zu be- schließen.“ Die Justizverwaltung hat deshalb sicherzu- stellen, dass umfangreiche oder schwierige Verfahren mit drei Berufsrichtern durchgeführt werden können. Nach 18 Jahren Provisorium scheint eine Rückkehr zum alten Rechtszustand, für den nach wie vor sehr viel spricht, gegen die Länder nicht mehr durchsetzbar. Es ist auch zuzugestehen, dass es durchaus Strafsachen gibt, die an einer Großen Strafkammer von zwei Berufsrich- tern und zwei Schöffen bewältigt werden können. Auch die vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebenen zwei Gutachten zu dieser Frage befürworten deshalb nicht die ersatzlose Streichung. Aber auch eine schlichte Entfristung der bisherigen Lösung ist rechtspolitisch nicht gerechtfertigt. Eine Neuregelung muss gewährleis- ten, dass die Dreierbesetzung der Großen Strafkammern als Regelbesetzung auch in der Praxis erhalten bleibt und dass von möglichen Ausnahmen wirklich nur in wenigen Fällen Gebrauch gemacht wird. Im Grundsatz geht der von der Bundesregierung vor- gelegte Gesetzentwurf deshalb den richtigen Weg. Schwurgerichte verhandeln ausnahmslos in einer Dreier- besetzung. Das Gleiche gilt für alle Varianten der Siche- rungswahrung und der Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus. Auch die Regelung, wonach in Wirt- schaftsstrafsachen in der Regel davon auszugehen ist, dass die Mitwirkung eines dritten Berufsrichters notwen- dig ist, löst das Verhältnis zwischen Regel und Aus- nahme bei der Dreier- bzw. Zweierbesetzung richtig und handhabbar. Ein Problem ist und bleibt schließlich die Lösung für alle anderen Strafsachen, die vor einer Großen Strafkam- mer angeklagt werden. Der Vorschlag, insoweit den Ge- richten aufzugeben, eine Dreierbesetzung dann zu be- schließen, wenn „nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig erscheint“, wobei dies in der Regel jedenfalls dann der Fall sein soll, wenn die Hauptver- handlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird. Das ist zu weitgehend, zu wenig konturiert und wird sich weiterhin als ein Einfallstor für Tendenzen in der Praxis erweisen, das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen der Dreier- und Zweierbesetzung umzudrehen. Im Jahre 2010 wurden von insgesamt 10 240 erledigten Verfahren vor Großen Strafkammern 9 600 in zehn oder weniger Verhandlungstagen beendet. g d H d R b b z re re g d ih g z fa d T B b ta s U k ü d n d G tu Z g in s w w 1 h d z ti s s d s n d d e A c d g w (C (D Wir haben deshalb – ähnlich wie die SPD – eine Re- elung vorgeschlagen, wonach die Mitwirkung eines ritten Richters in der Regel entbehrlich ist, wenn die auptverhandlung voraussichtlich weniger als fünf Tage auern wird oder ein Geständnis zu erwarten ist. Diese egelung bringt klar zum Ausdruck, von welchem Leit- ild der Besetzung Großer Strafkammern der Gesetzge- er ausgeht: regelmäßige Dreierbesetzung bei prognosti- ierten fünf Verhandlungstagen oder mehr und gelmäßige Zweierbesetzung bei prognostiziert kürze- n Prozessen. Leider hat die Koalition in dieser Frage keine Eini- ung mit der Opposition gesucht. Wir werden deshalb em Gesetz auch nicht zustimmen können. Wir stimmen m ferner aber auch nicht zu, weil die Koalition im so- enannten Omnibusverfahren eine Änderung des Geset- es über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsver- hren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren urchzieht – bei einem Gesetz, das erst vor wenigen agen beschlossen wurde und noch nicht einmal im undesgesetzblatt veröffentlicht ist. Sogenannte Omni- usverfahren bedeuten eine Beschneidung der parlamen- rischen Beratung und sind strukturell intransparent. Sie ind nur in Notfällen und bei Behebung offensichtlicher nstimmigkeiten angezeigt. Hier werden aber breit dis- utierte Teile des Gesetzes über den Rechtsschutz bei berlangen Gerichtsverfahren quasi unter Ausschluss er Öffentlichkeit korrigiert. Da können und werden wir icht mitmachen. Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bun- esministerin der Justiz: Das 1993 in Kraft getretene esetz zur Entlastung der Rechtspflege hat der „Notsi- ation der Justiz in den neuen Ländern“ der damaligen eit Rechnung tragen wollen. Den Großen Straf- und Ju- endkammern wurde seinerzeit die Möglichkeit eröffnet, geeigneten Fällen in reduzierter Besetzung mit zwei tatt drei Berufsrichtern zu verhandeln. Diese – immer ieder für zwei oder drei Jahre befristete – Regelung urde zuletzt bis zum 31. Dezember 2011 verlängert. 9 Jahre provisorische Lösungen sind genug. Jetzt ist öchste Zeit, eine Dauerlösung zu schaffen, auf die sich ie Justizverwaltungen und Gerichte einstellen können. Die Bundesregierung hält allerdings eine Rückkehr ur Rechtslage, wie sie bis 1992 galt, angesichts der ste- g steigenden Belastung der Landgerichte und der ange- pannten Personalsituation in den Ländern nicht für innvoll und – das ist angesichts der überragenden Be- eutung, die der Strafrechtspflege in unserer Gesell- chaft zukommt, ausschlaggebend – auch rechtsstaatlich icht für geboten. Wir haben – wie in der Begründung es letzten Verlängerungsgesetzes bereits angekündigt – ie Handhabung der Besetzungsreduktion in der Praxis valuiert. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der in uftrag gegebenen Gutachten, aber auch der Rechtspre- hung und Literatur sowie der Stellungnahmen der Län- er und Verbände hat die Bundesregierung den vorlie- enden Entwurf erarbeitet. Unserer Meinung nach stellt der Entwurf einen ausge- ogenen Mittelweg zwischen den vor und seit 1993 gel- 16670 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 (A) ) )(B) tenden Regelungen dar. Die Möglichkeit, mit zwei statt drei Berufsrichtern zu verhandeln, wird zwar grundsätz- lich beibehalten. Sind aber besonders schwerwiegende Rechtsfolgen wie die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, deren Vorbehalt oder die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu erwarten, ist – wie bisher schon in Schwurgerichtssachen – stets in Dreierbesetzung zu ver- handeln. Darüber hinaus werden die Begriffe „Umfang“ und „Schwierigkeit der Sache“, die bisher einen sehr weiten Beurteilungsspielraum der Strafkammern zulie- ßen, durch Regelbeispiele näher konturiert. Es handelt sich dabei um Wirtschaftsstrafverfahren und Hauptver- handlungen, die voraussichtlich länger als zehn Tage dauern. Diese Regelbeispielstechnik erlaubt es zum Bei- spiel, auch künftig bei einfach gelagerten Wirtschafts- strafsachen eine Verhandlung in Zweierbesetzung zu be- schließen. Bei den Regelungen zur Besetzung der Großen Jugendkammer haben wir zusätzlich jugend- strafrechtlichen Besonderheiten Rechnung getragen. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Verhandlun- gen in schwierigen Fällen und bei schwerwiegenden Rechtsfolgen künftig immer von drei Berufsrichtern ge- führt werden. Bei den übrigen Verfahren gibt es eine fle- xible Lösung, die zwar die Dreierbesetzung bevorzugt, aber bei einfach gelagerten Fällen einen ressourcenscho- nenden Einsatz erlaubt. Neben der Besetzung der Großen Straf- und Jugend- kammern in der Hauptverhandlung sind weitere Ände- rungen vorgesehen. Auf zwei Punkte möchte ich gern kurz eingehen: zum einen auf die Erweiterung des Zu- ständigkeitskatalogs des Schwurgerichts, zum anderen auf drei nachträgliche Änderungen der Vorschriften, die durch das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsver- fahren eingeführt worden sind. Der Zuständigkeitskatalog des Schwurgerichts erfasst seiner Konzeption nach neben den Tötungsdelikten alle Verbrechen mit der Erfolgsqualifikation „Todesfolge“. Der Katalog war bislang unvollständig. Künftig werden alle Straftatbestände des Kern- und des Nebenstraf- rechts, die in die genannte Kategorie fallen, zur Zustän- digkeit des Schwurgerichts gehören. Darüber hinaus wird im Hinblick auf das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Protokollerklä- rung der Bundesregierung zu Tagesordnungspunkt 8 der 888. Sitzung des Bundesrates am 14. Oktober 2011 Rech- nung getragen. Durch Änderungen beim Kreis der Entschädigungsbe- rechtigten im Strafverfahren und bei der Regelung der örtlichen Zuständigkeit der Oberlandesgerichte für Ent- schädigungsverfahren werden Wünsche des Bundesrates aufgegriffen. Privatkläger sollen – so die geänderte Rege- lung – von der Entschädigungsregelung ausgenommen sein, und die Zuständigkeit soll aus Gründen der Dekon- zentration jeweils bei dem Oberlandesgericht liegen, in dessen Bezirk das streitbefangene Verfahren stattgefun- den hat. a te d A g w s B im le k G d w g z w m sc d s S w z c u S z c – g M w ra h u b g ta u z k D h S m (C (D Entsprechend dem Vorschlag des Bundesrates wird ußerdem die Regelung zum Ausschluss von Präsiden- n und Vizepräsidenten bei der Mitwirkung in Entschä- igungsverfahren gestrichen. nlage 4 Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Nachhaltige Ent- wicklung in Subsahara-Afrika durch die Stär- kung der Menschenrechte fördern (Tagesord- nungspunkt 19) Frank Heinrich (CDU/CSU): Wenn wir in diesen Ta- en eine Tageszeitung aufschlagen oder eine Website ie Spiegel Online oder Zeit Online besuchen, dann le- en wir in großen Lettern: Euro, Griechenland, erlusconi, Mindestlohn, Steuersenkung usw. Afrika ist Moment kaum eine Schlagzeile wert. Wir finden viel- icht eine Notiz zu den Umwälzungen im Norden Afri- as. Doch schon Libyen ist nach dem Tod Muammar addafis kaum noch ein Thema in den Medien. Das Afrika unterhalb der Sahara im Süden und Osten es Kontinents dagegen ist völlig vergessen, und das, ob- ohl sich vor unseren – geschlossenen! – Augen eine der rößten Hungerkatastrophen der Neuzeit abspielt. Jeder weite Mensch in Afrika lebt in absoluter Armut, also von eniger als 1 Euro pro Tag. Nach Angaben der DSW kom- en auf 100 Menschen im erwerbsfähigen Alter 84 Men- hen, die auf Unterstützung angewiesen sind. 30 Prozent er Menschen in Subsahara-Afrika hungern. Etliche Men- chen leiden an Aids, Malaria oder Typhus. In einzelnen taaten des südlichen Afrika ist mehr als jeder fünfte Er- achsene mit dem HI-Virus infiziert, so das Afrika-Kon- ept der Bundesregierung. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen: Innerstaatli- he Konflikte wären zu nennen, ethnische Spannungen nd fragile Staatlichkeit, die Gefahr von zerfallenden taaten, wiederholte Völker- und Menschenrechtsverlet- ungen sowie mangelnde Rechtsstaatlichkeit, willkürli- he Rechts- und Justizsysteme, organisierte Kriminalität Frauenhandel –, schlecht funktionierende Verwaltun- en, die von Korruption zersetzt sind. Eine Presse- und einungsfreiheit wird oftmals nur eingeschränkt ge- ährleistet. Von Landflucht ist zu sprechen und der da- us resultierenden rasanten Urbanisierung sowie von ohen Geburtenraten ohne ausreichende wirtschaftliche nd infrastrukturelle Versorgung. Afrika ist ein weites Feld. Daher ist die heutige De- atte – und mögen die Reden auch „nur“ zu Protokoll ehen – mehr als eine Randnotiz im Deutschen Bundes- g. Wir brauchen solche Debatten, um die humanitäre nd menschenrechtliche Lage im Afrika der Subsahara u betonen und zurück ins Bewusstsein der Öffentlich- eit zu bringen. Politik muss Öffentlichkeit schaffen. as ist eine ihrer vornehmsten Aufgaben. Wir tun dies eute. Darum gilt mein Dank den Kollegen von der PD-Fraktion, die mit ihrem Antrag diese Debatte er- öglicht haben. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 16671 (A) ) )(B) Lassen Sie mich zunächst etwas zur Begrifflichkeit sagen. Der Begriff Subsahara-Afrika ist unglücklich ge- wählt. Er mag zwar geografisch sinnvoll sein, geht aber aus menschenrechtlicher Sicht am Ziel vorbei. Auch Ihr Antrag verkennt ja die heterogene Situation keineswegs. Das Afrika-Konzept der Bundesregierung betont diese ausdrücklich. Die „Löwenstaaten“ im westlichen Afrika weisen ne- ben ökonomischer Stärke viele Beispiele für Good Go- vernance und menschenrechtliche Fortschritte auf. Der Ansatz der Regierungskoalition, der die Menschenrechte zu einer Kernaufgabe und zu einem Querschnittsthema der Außen- und Wirtschaftspolitik macht, wird hier be- stätigt. Entwicklungszusammenarbeit ist mehr als Ent- wicklungshilfe; sie ist Wirtschaftszusammenarbeit und setzt auf Themen mit nachhaltiger Bedeutung. So stehen im Mittelpunkt der deutschen Unterstützung eben nicht nur einzelne Projekte und Länder, sondern Bündnisse und Institutionen wie die Afrikanische Union, AU, das panafrikanische Parlament, PAP, der Afrikani- sche Menschenrechtsgerichtshof und die Afrikanische Konferenz der Dezentralisierungsminister, AMCOD. Die Zusammenarbeit mit Regionalorganisationen, REC, und Fachnetzwerken ergänzt diesen Ansatz. Parallel beteiligt sich Deutschland an politischen Prozessen, die Afrika als geeinten Akteur mit afrikanischen Positionen im Außen- verhältnis wahrnehmen und stärken. Beispiele sind der G-8/G-20-Kontext sowie die Gemeinsame Afrika-EU- Strategie, Joint Africa-EU Strategy – JAES. Ein wichtiges Kriterium für die deutsche Entwick- lungszusammenarbeit ist es, Schwerpunkte zu setzen. Daher hat das BMZ ein Sektorkonzept entwickelt, das in intensiver Zusammenarbeit mit der GIZ betrieben wird. Ganz vorne steht dabei das Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung. Im Afrika-Konzept der Bundesregierung steht Fol- gendes: 40 Prozent der Menschen haben keine ausrei- chende Versorgung mit Trinkwasser und 70 Prozent kei- nen Zugang zu Sanitäreinrichtungen in dieser Region. Deutschland ist der größte bilaterale Entwicklungspart- ner für Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in Afrika. Seit 2003 hat die Bundesregierung durchschnittlich 90 bis 100 Millionen Euro pro Jahr für den Wassersektor in Afrika zur Verfügung gestellt. Davon fielen 70 Millio- nen Euro auf die Trinkwasser- und Sanitärversorgung. In Ländern wie Ägypten, Benin, Burkina Faso, Burundi, der Demokratischen Republik Kongo, Mali, Marokko, Sambia, Südsudan, Tansania, Tunesien oder Uganda sind Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Schwerpunkte der deutschen Entwicklungszusammenar- beit. Es wurden beachtliche Erfolge erzielt: In Afrika süd- lich der Sahara stieg die Zahl der Menschen, die eine bessere Trinkwasserquelle nutzen, von 252 auf 492 Mil- lionen zwischen 1990 und 2008 und damit auf fast das Doppelte, so im Millennium-Entwicklungsziele-Bericht 2011 der Vereinten Nationen. a fü n h n b F W W m n n 0 lu W D W E h G „ M n E m m Z a S D w u v M d tr M d li e ru B k n g li e e s (C (D Beispielhaft ist die Entwicklung in Kenia. So heißt uf der Webseite der GIZ: „Die deutsche Unterstützung r den Wassersektor Kenias durch die GIZ durchläuft unmehr die vierte Phase, die im Januar 2011 begonnen at und drei Jahre dauern wird. Sie umfasst fünf Kompo- enten: Reform des Wassersektors, MWI, Regulierungs- ehörde, WASREB, Armutsfonds – Water Services Trust und, WSTF, Wasserbewirtschaftung, WRMA, RUAS, Ausweitung der Einzelhausentsorgung, STF.“ Der vorliegende Antrag übersieht die Wasserproble- atik nahezu gänzlich. Hier gehen die realen Erforder- isse, aber auch die reale Politik über den Antrag hinaus. Zuzustimmen ist der Forderung, die in den Millen- iumentwicklungszielen versprochenen Mittel von ,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Entwick- ngszusammenarbeit bis 2015 zur Verfügung zu stellen. ir dürfen nicht nachlassen, dieses Ziel anzustreben. afür habe ich mich in meinem bisherigen politischen irken starkgemacht und werde es weiterhin tun. Mein ngagement für die Micha-Initiative sei dabei beispiel- aft erwähnt. Dass wir hier eine parteiübergreifende ruppe von 371 Bundestagsabgeordneten sind, die den Entwicklungspolitischen Konsens“ zur Einhaltung des illenniumsversprechens unterschrieben haben, ist hoff- ungsvoll. Bleiben wir dran. Zugleich dürfen wir unser ngagement nicht auf eine Prozentzahl fixieren. Der enschenrechtliche Ansatz – das betone ich erneut – uss sich durch alle Politikfelder ziehen. Und machen wir uns nichts vor: Jede optimistische usage steht unter dem Finanzierungsvorbehalt. Hilfe uf Pump wird nicht funktionieren. Wir brauchen ein parkonzept, in Deutschland, in der EU und weltweit. as wird in absoluten Summen auch die Gelder der Ent- icklungszusammenarbeit betreffen. Darum müssen wir mso gewissenhafter den Einsatz und die Effektivität on Mitteln in den Ländern kontrollieren. Und wir müssen Einfluss nehmen auf internationale ärkte und Spekulationsgewinne, vor allem im Bereich er Lebensmittel. Hier möchte ich das engagierte Auf- eten und die internationale Führungsrolle von Angela erkel, zuletzt auf dem G-20-Gipfel in Cannes, aus- rücklich loben. Wir lehnen den Antrag der SPD deswegen in der vor- egenden Form ab, weil er unserer Meinung nach zum inen zu wenig den bisherigen Einsatz der Bundesregie- ng würdigt und zum anderen in einigen existenziellen ereichen nicht weit genug geht. Lassen Sie mich persönlich schließen: Wir stehen urz vor dem Beginn der Adventszeit – Menschen öff- en ihre Herzen. Lassen Sie uns persönlich dabei voran- ehen, Afrika wieder zum Thema zu machen – öffent- ch, politisch, aber eben auch persönlich. Vielleicht mit iner Spende für die Christoffel-Blindenmission? Oder inem Patenkind bei World Vision? Es gilt, das eine zu tun – und das andere nicht zu las- en. 16672 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 (A) ) )(B) Klaus Riegert (CDU/CSU): Die Einhaltung der Menschenrechte hat für die Koalitionsfraktionen und die Bundesregierung einen äußerst hohen Stellenwert. Men- schenrechte sind Leitprinzip deutscher Entwicklungs- politik. Der Antrag der SPD-Fraktion beschreibt nun eine Vielzahl von Politikbereichen, in denen die Bundes- regierung handelt und neue entwicklungspolitische Ak- zente setzt. Mit unserem umfassenden Menschenrechtskonzept machen wir Achtung, Schutz und Gewährleistung der Menschenrechte zur Messlatte deutscher Entwicklungs- politik. Das Konzept definiert konkret, dass Menschen- rechte für die Entwicklungspolitik das Dach bilden, un- ter dem die Rechte von Frauen, jungen Menschen, Menschen mit Behinderungen, indigenen Völkern und anderen diskriminierten Personengruppen in der Ent- wicklungszusammenarbeit strategisch gefördert wer- den. Wir achten querschnittlich darauf, Männer und Frauen gleichberechtigt am Entwicklungsprozess zu be- teiligen und langfristig eine Verbesserung der Stellung von Frauen und ihre Gleichstellung zu erreichen. Nach Schätzungen leben weltweit etwa 690 Millionen Menschen mit Behinderungen, 80 Prozent von ihnen in Entwicklungsländern. Zählt man ihre Familienangehöri- gen hinzu, sind mehr als 2 Milliarden Menschen – also ein Drittel der Weltbevölkerung – direkt oder indirekt von Behinderung betroffen. Menschen mit Behinderun- gen werden weder in der Millenniumserklärung noch in den Millenniumsentwicklungszielen, MDG, ausdrück- lich erwähnt. Deshalb ist es richtig, dass der Antrag die Einhaltung der Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen anmahnt. Sie werden in den Entwicklungsländern häufig diskriminiert und ausgegrenzt. Unsere Entwicklungs- politik orientiert sich an diesem Menschenrechtsansatz: Eine inklusive Entwicklungszusammenarbeit fördert Gleichberechtigung und Teilhabe von Menschen mit Be- hinderung. Wir betrachten sie als aktive Partner bei der Umsetzung ihrer Rechte. Daher fördern wir nicht nur Programme für Menschen mit Behinderungen. Wir stre- ben an, dass alle Entwicklungsvorhaben auch Menschen mit Behinderungen zugänglich sein müssen. Unsere Bot- schaft lautet: Entwicklung inklusiv gestalten! Neu ist auch, dass die Durchführungsorganisationen in Zukunft Vorhaben auf menschenrechtliche Auswir- kungen und Risiken prüfen müssen. Weiter verbessern wir menschenrechtliches Monitoring und Evaluierun- gen. Grundsätzlich arbeiten wir darauf hin, die Kohärenz der Politik für eine global nachhaltige Politik zu erhö- hen. Die EU-Mitgliedstaaten haben sich darauf verstän- digt, Politikkohärenz für Entwicklung – Policy Cohe- rence for Development – zu fördern und sich in einem Monitoringprozess besonders auf die Politikbereiche Handel und Finanzen, Ernährungssicherheit, Klimawan- del, Migration und Sicherheit zu konzentrieren. Wesentliches Element unserer ressortübergreifenden Strategiepapiere für die Zusammenarbeit zum Beispiel mit Lateinamerika, der Karibik und insbesondere Afrika s d u G S s s w a w u fi m v A s A a n R S s ru re s tu h re z A E k g ra E jä d la s in n s M M D k S m u n d e (C (D ind Menschenrechtsfragen. Unser Afrika-Konzept trägt en Potenzialen ebenso wie den Herausforderungen auf nserem Nachbarkontinent Rechnung. Es dient als rundlage für spezifischere Länder- und thematische trategien, die der großen Vielfältigkeit des afrikani- chen Kontinents gerecht werden. Wir wollen eine Partnerschaft auf Augenhöhe, jen- eits von überholten Geber-Nehmer-Strukturen. Wir ollen afrikanische Eigenanstrengungen und Eigenver- ntwortung fördern. Und wir wollen gemeinsame Ant- orten Deutschlands und Afrikas auf globale, regionale nd nationale Herausforderungen auch in der Subsahara nden. Die Aufforderung im SPD-Antrag, vorrangig die enschenrechtlichen Ziele unseres Afrika-Konzeptes zu erfolgen, kann ich deshalb nur als Werbung für unser frika-Konzept verstehen. Dies gilt auch für die im Antrag angesprochene Kri- enprävention. Die Staaten Afrikas haben mit der frikanischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur Ver- ntwortung für den Frieden auf ihrem Kontinent über- ommen. Deutschland unterstützt sie dabei, auch im ahmen der Vereinten Nationen. Ein besonderer chwerpunkt ist die Konfliktprävention. Dort, wo afrikanische Kapazitäten fehlen, oder bei chwerwiegenden Krisen sind wir, ist die Bundesregie- ng grundsätzlich bereit, sich im Rahmen des Völker- chts auch unmittelbar zu engagieren. An erster Stelle teht jedoch die Stärkung afrikanischer Eigenverantwor- ng. Menschenrechte dürfen niemals zur Disposition ste- en. Zukunftsfähige Entwicklung braucht Menschen- chte – bürgerliche und politische, wirtschaftliche, so- iale und kulturelle sowie Frauen- und Kinderrechte. ber: Ohne Rechtssicherheit, Schutz der Menschen- und igentumsrechte gelingt keine Entwicklung. Ein demo- ratisch verfasstes, rechtsstaatliches Gemeinwesen und ute Regierungsführung bilden langfristig die beste Ga- ntie für Stabilität und nachhaltige Entwicklung. Der „BMZ-Kriterienkatalog für die Bewertung der ntwicklungsorientierung von Partnerländern“ beurteilt hrlich die Governance- und Menschenrechtssituation in en Partnerländern. Eines der insgesamt fünf Kriterien utet „Schutz der Menschenrechte und Menschenrechts- ituation“. Die Bewertung erfolgt auf der Grundlage von ternational anerkannten Indizes und Assessments inter- ationaler Organisationen bzw. Institutionen, den Bot- chaftsberichten, den Empfehlungen internationaler enschenrechtsorgane sowie Studien und Berichten von enschenrechtsorganisationen zur Menschenrechtslage. ie Förderung regionaler und subregionaler Gerichtshöfe ann ein konkreter deutscher Beitrag zur EU-Afrika- trategie sein. Wichtig ist auch: Die Menschen in den Partnerländern üssen befähigt werden, Menschenrechte einzufordern nd die Entwicklung ihres Landes selbst in die Hand zu ehmen. Die zivilgesellschaftlichen Organisationen in en Partnerländern und in Deutschland spielen hierbei ine zentrale Rolle. Daher haben wir bei der bilateralen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 16673 (A) ) )(B) Entwicklungszusammenarbeit zivilgesellschaftlicher und wirtschaftlicher Gruppen und Institutionen die Ausga- benansätze deutlich gesteigert. Deutschland unterstützt grundsätzlich weltweit Menschenrechtsverteidiger, und in deutschen Botschaften haben wir meist einen An- sprechpartner für Menschenrechtsverteidiger. Weiter wollen wir den Auf- und Ausbau demokratischer Strukturen im subsaharischen Afrika durch zahlreiche In- strumente verstärkt unterstützen und demokratiefördernde, entwicklungs-, migrations- und wirtschaftspolitische An- sätze verknüpfen. Als eine der führenden Handelsnatio- nen haben wir ein natürliches Interesse an freiem Welt- handel und zunehmender Integration der afrikanischen Märkte untereinander und in die Weltwirtschaft. Gleichzeitig sind Auslandsinvestitionen im Interesse afrikanischer Länder. Sie schaffen Arbeitsplätze, sorgen für Bildung und Ausbildung und können zu nachhalti- gem Wirtschaftswachstum beitragen. Deutsche Entwick- lungspolitik fördert wirtschaftliches Engagement in den Partnerländern, das die Einhaltung von Menschenrechts- standards sicherstellt und Chancen für alle eröffnet. Nur so kann langfristige Armutsreduzierung gelingen. Aller- dings: Die Hauptverantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte tragen die Staaten und ihre Organe. Darüber hinaus sind alle Einzelpersonen und alle pri- vaten Akteure der Gesellschaft aufgefordert, Menschen- rechte zu respektieren. Dies schließt Unternehmen ein. Unternehmen tragen gesellschaftliche Verantwortung. Wir unterstützen verantwortungsvolles unternehmeri- sches Handeln, CSR, auf verschiedenen Ebenen und auf vielfaltige Art und Weise. Handlungsleitend ist für uns das international verein- barte Konzept von VN-Sonderberichterstatter John Ruggie zur menschenrechtlichen Unternehmensverantwortung. Es enthält unter anderem die Verpflichtung der National- staaten, vor Menschenrechtsverletzungen durch Dritte zu schützen – protect –, die Verantwortung von Unter- nehmen, Menschenrechte zu achten – respect –, men- schenrechtliche Auswirkungen ihrer Tätigkeit zu be- obachten – due diligence – sowie wirksame gerichtliche und, für den Fall von Verletzungen, außergerichtliche Beschwerdemechanismen einzuführen und Betroffene zu entschädigen – remedy –. Die Entwicklungspolitik der Bundesregierung wird die Weiterentwicklung des in- ternationalen Rechtsrahmens für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln und darüber hinaus Stan- dards, Leitlinien und freiwillige Initiativen von Unter- nehmen und Wirtschaftssektoren – Corporate Social Responsibility – fördern. Schon diese wenigen herausgegriffenen Politikfelder zeigen: Wo die Sozialdemokraten mit ihrem Antrag hin wollen, da ist die Regierungskoalition schon angekom- men. Die Beratungen in den Ausschüssen werden zeigen, dass Minister Dirk Niebel auch in den weiteren Politik- feldern Ihres Antrages wegweisende Spuren hinterlassen hat. Ich habe den Eindruck – Sie wissen dass auch –: „Die politische, menschenrechtliche und wirtschaftliche Lage in s w d re n A – s s a h K s n K tu M fe g n A k a s h v s m re n d g s s re A re c n g fe d ri v s d ti m c fö M d re s s u E (C (D Subsahara-Afrika hat sich insgesamt verbessert“, chreiben Sie. Ja, wenn die SPD dies selbst feststellt, arum formulieren Sie diesen Antrag? Wir alle wissen, ass in dieser Region nach wie vor Missstände existie- n. Wir wissen aber auch: Die Bundesregierung unter- immt alles Erdenkliche, um die Lage in Subsahara- frika zu verbessern! Christoph Strässer (SPD): Wenn es um Afrika geht und das merkt man immer wieder in vielen Ge- prächen –, dann haben die meisten Menschen be- timmte Bilder im Kopf, Bilder, gegen die es schwer ist, nzukämpfen, weil sie sich über Jahrzehnte festgesetzt aben. So wird Afrika in der westlichen Welt oft als ein ontinent der Katastrophen wahrgenommen und darge- tellt, als ein Gebilde, welches sich vor allem „auszeich- et“ durch Hungerkatastrophen, durch Bürgerkriege, orruption und schlechte Regierungsführung, durch Na- rkatastrophen, die unendliches Leiden und Sterben von enschen und vor allem von vielen Kindern hervorru- n. Beispielhaft dafür steht momentan die aktuelle Hun- erkatastrophe am Horn von Afrika. Das sind die Ereig- isse, die unser Bild von Afrika bestimmen. Es stimmt: lle diese schrecklichen Entwicklungen sind Teil Afri- as. Es gilt, sie mit aller Kraft zu bekämpfen. Es stimmt ber auch, dass diese Umstände nur ein Teil Afrikas ind, und ein solches einseitiges Bild niemandem weiter- ilft. Die Komplexität und das Zusammenwirken der ielen verschiedenen afrikanischen kulturellen, politi- chen und wirtschaftlichen Traditionen bedürfen viel- ehr eines tiefgreifenden und umfassenden Ansatzes. Die SPD-Bundestagsfraktion tritt diesem einseitigen alitätsfernen Blick mit einem Antrag entgegen, der ei- en ganzheitlichen Ansatz aufweist, der den Menschen in en Mittelpunkt unseres Handelns setzt und die zum Teil roßen regionalen sowie staatlichen Entwicklungsunter- chiede berücksichtigt. In diesem Sinne sind demokrati- che Staatsführung und die Einhaltung der Menschen- chte der Schlüssel zu einer nachhaltigen Entwicklung frikas. Diese Zielrichtung haben wir deshalb in unse- m Afrika-Konzept verfolgt und ausformuliert. Ressour- enreichtum und wirtschaftliches Wachstum allein kön- en eine solche Entwicklung nicht bewirken. Vielmehr eht es darum, politische Rahmenbedingungen zu schaf- n, mit denen sich für eine Mehrheit der Bevölkerung ie Lebensbedingungen verbessern und die Armut ver- ngern lassen. Armut ist nämlich nicht nur eine Folge on ungünstigen ökonomischen Rahmenbedingungen, ondern auch das Ergebnis mangelnder Partizipation und er Verletzung der Menschenrechte. Deshalb ist es wich- g, die menschenrechtlichen Prinzipien wie Empower- ent und Partizipation, Nichtdiskriminierung und Chan- engleichheit, Transparenz und Rechenschaftspflicht zu rdern. Sie beschreiben die Handlungsweisen, wie die enschenrechte umgesetzt werden sollen, und zugleich ie Ziele, die durch die Verwirklichung von Menschen- chten erreicht werden sollen. Die Anwendung men- chenrechtlicher Prinzipien und die Stärkung der Men- chenrechte können wesentlich zu Armutsbekämpfung nd einer nachhaltigen Entwicklung in Afrika beitragen. s gilt deshalb, reformorientierte Regierungen zu unter- 16674 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 (A) ) )(B) stützen und zivilgesellschaftliche Organisationen zu stär- ken. Gute Regierungsführung und die Achtung der Men- schenrechte gehören zusammen. Wir unterstützen daher zum Beispiel konsequent die Umsetzung der UN-Resolu- tion 1325 „Frauen, Frieden und Sicherheit“, die eine wichtige Rolle von Frauen bei der Prävention und Lö- sung von Konflikten und ihren Schutz vor – sexueller – Gewalt fordert. Ein relativ neues Organ der AU ist der auch mit deut- schen Mitteln geförderte Afrikanische Gerichtshof für Menschenrechte. Wir erwarten, dass er zumindest länger- fristig einen wirksamen Beitrag gegen Straflosigkeit leis- tet. Es ist kein Zufall, dass die menschenrechtspolitischen Konzepte der Responsibility to Protect aus dem afrikani- schen Kontext entwickelt worden sind und dass die afri- kanischen Staaten die größte regionale Staatengruppe stellt, die das römische Statut des Internationalen Straf- rechtsgerichtshofs ratifiziert haben. In reformorientierten Staaten unterstützen wir bilateral und multilateral den Aufbau und die Stärkung rechtsstaatlicher Strukturen. Die meisten afrikanischen Staaten haben die wichtigsten internationalen Menschenrechtsabkommen ratifiziert und sind zu deren Einhaltung verpflichtet. Richtschnur unse- res politischen Handelns ist daher die Forderung nach konsequenter Umsetzung der politischen und bürgerli- chen sowie der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte. Insofern ist es durchaus bemerkens- wert, dass im Rahmen der NEPAD-Initiative das Konzept des African-Peer-Review-Prozesses entwickelt wurde, in dem sich die Mitgliedstaaten verpflichtet haben, die Ein- haltung menschenrechtlicher Standards in ihren eigenen Ländern zu überprüfen und die Ergebnisse öffentlich zu machen, gewissermaßen eine Patenschaft für den UPR- Prozess, wie er im VN-Menschenrechtsrat praktiziert wird. Nun gibt es seit Juni dieses Jahres auch das Afrika- Konzept der Bundesregierung. Dass die Bundesregie- rung und das AA damit zumindest den Willen bekunden, Afrika nicht von der politischen Agenda verschwinden zu lassen, ist erst einmal lobenswert. Leider ist der An- satz des Konzeptes aber von einem sehr einseitigen und realitätsfernen Weltbild geprägt. Die Zielrichtung des ganzen Konzeptes lässt sich dementsprechend auf fol- gende Formel bringen: Die Wirtschaft wird es richten, gut ist, was der deutschen Wirtschaft nutzt. Dem Konzept fehlt es deshalb an einer klaren Zielper- spektive und vor allem auch an einem klaren Bekenntnis zum deutschen und europäischen Anteil zur Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele. Wirtschaftsinteres- sen stehen klar im Vordergrund. Das Bekenntnis zum Freihandel und die Öffnung der afrikanischen Märkte für deutsche Unternehmen führen aber nicht zwangsläufig zu mehr Wohlstand beim Großteil der afrikanischen Be- völkerung. Die hohen Wachstumsraten der nationalen Ökonomien verstellen den Blick auf die realen Entwick- lungen in vielen Teilen des Kontinents. Das Konzept zeigt einen geschönten Blick auf Afrika und vernachläs- sigt insbesondere die ländliche Entwicklung. 80 Prozent der – armen – Menschen leben nämlich in ländlichen Gebieten und nicht in Wirtschaftszentren. Bereits offen zu Tage tretende Zielkonflikte, zum Beispiel im Bereich d re d R R A Ü s d re N k b n li A J e a s s b re n B im d z te d A K g g d p s d W d h e te e m s F m d z lu te ri g (C (D er Energie und Rohstoffversorgung, werden nicht aus- ichend benannt. Das gilt auch für die Interessen der in en Rohstoffindustrien arbeitenden Menschen, das echt auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen, die olle von Gewerkschaften beim Kampf um lebenswerte rbeitsbedingungen Leider stehen insofern in diesem Konzept nicht die berwindung von Armut und Hunger im Vordergrund, ondern deutsche Wirtschaftsinteressen, wobei das eine as andere nicht ausschließen muss. Das kritisiert zu- cht auch der Verband Entwicklungspolitik deutscher ichtregierungsorganisationen, VENRO. Noch dazu be- lagen Nichtregierungsorganisationen unzureichend ein- ezogen worden zu sein. Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich ist es icht verwerflich, sondern kann sogar sinnvoll und nütz- ch sein, dass deutsche und europäische Unternehmen in frika investieren und hierdurch auch Gewinne erzielen. edoch darf das Handeln nicht einseitig nur auf Gewinn- rzielung ausgerichtet sein, sondern muss sich immer uch an menschenrechtlichen und entwicklungspolitisch innvollen Standards messen lassen. Viele Unternehmen ind dabei schon weiter als die Bundesregierung, sie ha- en nämlich erkannt, dass die Einhaltung menschen- chtlicher, sozialer und ökologischer Standards nicht ur einen Kostenfaktor in der betriebswirtschaftlichen ilanz darstellen, sondern einen positiven Standortfaktor Wettbewerb bedeuten. Es ist nämlich offenkundig, ass einseitig ausgerichtete ökomische Entwicklungs- iele nicht grundsätzlich den Menschen in ihren konkre- n Lebensbedürfnissen weiterhelfen. Denn sie stellen en Menschen nicht in den Mittelpunkt, was gerade in frika so dringend notwendig wäre. Deshalb begrüße ich ausdrücklich das Motto des onzeptes der Bundesregierung: „Partnerschaft auf Au- enhöhe“ und das Ziel, Afrika-Politik als ressortüber- reifende kohärente Aufgabe zu verstehen. Denn sozial- emokratische Menschenrechts- und Entwicklungs- olitik orientiert sich stets an den Bedürfnissen der Men- chen vor Ort. Menschenrechtspolitik ist im Verständnis er SPD insofern schon lange eine Querschnittsaufgabe. enn zumindest dies eine Erkenntnis ist, die die Bun- esregierung aus ihrer Konzepterarbeitung gewonnen at, so ist dies positiv zu vermerken; bei der Umsetzung ines solchen Konzepts können Sie daher auf unsere Un- rstützung rechnen. Gegenwärtig können wir aber nicht rkennen, dass dieses Konzept von Ihnen ernst genom- en wird. Deshalb bitten wir um Unterstützung für un- eren Antrag. Marina Schuster (FDP): Menschenrechte sind das undament unserer Außen- und Entwicklungszusam- enarbeit. Und es ist in der Tat richtig, was der Titel des Antrags er SPD-Fraktion fordert. Menschenrechte durchzuset- en ist eine Voraussetzung für die nachhaltige Entwick- ng. Viele Punkte Ihres Antrags geben im Feststellungs- il die Beschreibung der Lage in Subsahara-Afrika chtig wider. An manchen Stellen sind die Ausführun- en allerdings schlichtweg nicht richtig – gerade was das Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 16675 (A) ) )(B) Engagement der Bundesregierung betrifft. Wir werden daher Ihrem Antrag nicht zustimmen können. Aber las- sen Sie mich das im Folgenden darlegen: Der Zusammenhang zwischen nachhaltiger Entwick- lung und Einhaltung von Menschenrechten wurde von der Bundesregierung längst erkannt. Menschenrechte stellen in den Strategien und in der Arbeit der Bundes- regierung einen zentralen, kohärenten Lösungsansatz dar, um die Situation unter anderem in Subsahara-Afrika effektiv zu verbessern. Das möchte ich gerne näher ausführen: Im Mai diesen Jahres hat das Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ, das erste ver- bindliche Menschenrechtskonzept vorgestellt. Die Strate- gie des BMZ hat einen dualen Ansatz: 1. Die Förderung von spezifischen Menschenrechtsvorhaben und 2. die Querschnittsverankerung des Menschenrechtsansatzes in allen Sektoren und Schwerpunkten der Zusammenarbeit. Das Menschenrechtskonzept enthält verbindliche, entscheidungsrelevante Vorgaben für die Gestaltung der deutschen Entwicklungspolitik – und die Einhaltung des Konzepts wird regelmäßig überprüft werden. Damit ha- ben wir transparente Ziele, klare Handlungsvorgaben und ein systematisches Monitoring, wie sie zuvor in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit noch nicht be- standen haben! Das operative Handeln, das dadurch festgelegt wird, geht damit meiner Ansicht nach sogar weiter, als es in Ihrem Antrag gefordert wird! Es richtet sich am Drei- klang folgender Schritte aus: erstens staatliche Pflichten- träger befähigen, ihren menschenrechtlichen Pflichten nachzukommen. Zweitens bedürftige Zielgruppen in die Lage zu versetzen, ihre Rechte effektiv einzufordern und drittens Regierungen bei Nichteinhaltung von Men- schenrechten zur Rechenschaft zu ziehen. Bei letztem Punkt geht die Bundesregierung sogar soweit die Zu- sammenarbeit bei Nichteinhaltung von Menschenrech- ten in letzter Konsequenz einzustellen. Das Menschenrechtskonzept des BMZ stellt hier eine Art „Menschenrechts-TÜV“ dar. Menschenrechte wer- den als Konditionalität für staatliche EZ eingesetzt, wenn staatliche Akteure in den Partnerländern gravie- renden und systematischen Menschenrechtsverletzungen begehen. Im Falle von Uganda hat der erhöhte Druck von Minister Niebel und Staatssekretär Beerfeltz, die Entwicklungszusammenarbeit einzustellen, dazu ge- führt, dass das geplante menschenverachtende Anti- homosexuellengesetz bisher nicht weiter verfolgt wurde. Dieses Beispiel zeigt, dass diese Art der Konditionalität der einzig richtige Weg ist. Im Koalitionsvertrag hat die schwarz-gelbe Koalition erstmals ein ressortübergreifendes Afrika-Konzept ver- ankert. Dieses erstmals ressortübergreifende und kohä- rente Afrikakonzept der Bundesregierung verfolgt einen partnerschaftlichen Ansatz auf Augenhöhe konsequent. Das Thema Menschenrechte spielt dabei in dem Konzept eine zentrale Rolle. Und ich sage ganz klar: Wer den Vorwurf erhebt, in dem Afrika-Konzept würden Men- schenrechte keine Rolle spielen, der kann das Konzept n tu s s a E ru z li fü b A p s d s is J is a p C li d n W n w w m m A ti fü fl U A w d s c n fu k d re w d w In k g R (C (D icht gelesen haben. Zur Erinnerung: Nach der Einlei- ng nimmt das Thema das zweite Kapitel ein. Der partnerschaftliche Ansatz des Afrika-Konzepts etzt darauf, Chancen und Potenziale des Kontinents und einer Menschen zu identifizieren und zu entwickeln. In llen identifizierten Schlüsselbereichen kann sich das ngagement der Bundesregierung sehen lassen. Und den Vorwurf, die schwarz-gelbe Bundesregie- ng würde sich auf deutsche Wirtschaftsinteressen kon- entrieren, weise ich entschieden zurück. Die wirtschaft- che Zusammenarbeit – wie sie das Bundesministerium r wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ereits in seinem Namen trägt – ergänzt die vielfältigen ktivitäten, ist aber nicht Kern unserer Entwicklungs- olitik mit Afrika. Es ist richtig, die wirtschaftliche Zu- ammenarbeit stärker in den Blick zu nehmen – das trägt er neuen Rolle Afrikas schließlich Rechnung. Afrika pricht zunehmend mit einer Stimme, Afrikas Wirtschaft t seit der Jahrtausendwende mit knapp 6 Prozent pro ahr stärker gewachsen als der Weltdurchschnitt. Afrika t längst und zurecht als Akteur auf der globalen Bühne ngekommen. Ich habe oft von afrikanischen Gesprächs- artnern gehört, dass sie selbst diese wirtschaftlichen hancen nutzen wollen. Blicken wir auf die Länder des „Arabischen Früh- ngs“ – wir wissen doch alle, dass die jungen Menschen, ie auf die Straße gegangen sind, neben ihrem Wunsch ach Demokratie und Menschenrechten auch den unsch nach Lebensperspektiven hatten, nach Chancen, ach Arbeitsplätzen. Deswegen wissen wir alle, wie ichtig die wirtschaftliche Komponente bei der Ent- icklung der Länder ist, gerade bei der Transformation. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, Sie üssen endlich weg von der Geber- und Empfänger- entalität hin zu einem partnerschaftlichen Dialog auf ugenhöhe. Wirtschaftliche, gesellschaftliche und poli- sche Entwicklung gelingt nur durch gute Regierungs- hrung, durch die Abwesenheit von gewaltsamen Kon- ikten und durch effektive Korruptionsbekämpfung. nd wirtschaftliche Entwicklung gehört dazu, sie schafft nreize und ist daher ein Motor für die nachhaltige Ent- icklung von Gesellschaften. Stärkerer bilateraler Han- el und Investitionen tragen dazu bei. Allein durch deut- che Arbeitgeber erhalten bspw. heutzutage in Afrika irca 146 000 Menschen einen Arbeitsplatz. Ich kann icht verstehen, was die SPD-Fraktion gegen die Schaf- ng von Arbeitsplätzen hat! Ich kann mich noch gut an den Besuch der Bundes- anzlerin in Liberia erinnern, an dem ich teilnehmen urfte. Ellen Johnson-Sirleaf sagte sehr deutlich zur mit- isenden Wirtschaftsdelegation, dass sie keine Almosen olle, sondern Jobs – bei einer Arbeitslosenquote von amals 80 Prozent mehr als verständlich. Nach wie vor gibt es allerdings eine Reihe von Ent- icklungshemmnissen in Afrika: regionale Konflikte, stabilität, schlechte Regierungsführung und Straflosig- eit. Konflikte und kriegerische Auseinandersetzungen ehen oft einher mit schwacher Staatlichkeit, fehlender echtsstaatlichkeit und schweren Menschenrechtsverge- 16676 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 (A) ) )(B) hen. Wir haben als Menschenrechtsausschuss all das er- leben können bei unserem Besuch im Ostkongo in die- sem Jahr. Deswegen ist ein zentrales Anliegen unserer Politik, gemeinsam mit den afrikanischen Staaten – sowohl auf internationaler und europäischer Ebene –, die afrikani- schen Fähigkeiten zur regionalen Krisenprävention und -bewältigung zu stärken. Und gerade die Afrikanische Union hat im Bereich „Frieden und Sicherheit“ einige Anstrengungen unternommen, sei es mit dem early-war- ning center, mit der African Standby Force, sei es mit weiteren Bemühungen auf dem Kontinent wie zum Bei- spiel das Kofi Annan Peacebuilding Center. Und dieses Engagement unterstützen wir. Wie wichtig der Bereich „Frieden und Sicherheit“ ist, zeigen folgende Zahlen: Knapp die Hälfte aller Friedensmissionen sind in Afrika, etwa 70 Prozent aller Blauhelmsoldatinnen und -solda- ten werden auf dem Kontinent eingesetzt. Die Bundes- regierung ist der viertgrößte Beitragszahler für friedens- erhaltende Maßnahmen der Vereinten Nationen. Ein bedeutender Anteil geht hier an Blauhelmmissionen. Ich danke meinem Kollegen Joachim Spatz als Vorsit- zenden des Unterausschusses Zivile Krisenprävention und vernetzte Sicherheit ganz explizit für die Arbeit des Ausschusses. Es zeigt, wie wichtig das deutsche Engage- ment im Bereich Krisenprävention und Konfliktlösung ist. Auch der Bereich „Good Governance“ ist ein aussa- gekräftige Gradmesser, ob ein Staat in der Lage und wil- lens ist, Menschenrechte einzuhalten. Er steht für Ge- waltenteilung, Rechenschaftspflicht der Regierungen und verantwortliches Handeln der öffentlichen Verwal- tung. Gute Regierungsführung ist Schwerpunkt des BMZ mit 16 afrikanischen Ländern. Kein anderer Schwerpunkt wurde häufiger vereinbart. Mit einem jähr- lichen Fördervolumen von 285 Millionen Euro gehört Deutschland zu den drei größten bilateralen Unterstüt- zern guter Regierungsführung in Afrika. Im Bereich Rechtsstaatlichkeit werden verschiedene Justizpro- gramme in der Elfenbeinküste, Liberia und Sierra Leone durchgeführt. Die Programme unterstützen die effektive Reform des Sicherheitssektors und den Aufbau einer un- abhängigen Justiz. Die Bundesregierung unterstützt wei- terhin den internationalen Strafgerichtshof, den 2004 ge- gründeten Afrikanischen Menschengerichtshof und die internationalen Strafgerichtshöfe für Ruanda und Sierra Leone sowie vieles mehr. Denn – und das teilen wir sicher im ganzen Haus – die Kultur der Straflosigkeit muss endlich ein Ende ha- ben! Deswegen kann man nicht genug betonen, wie wichtig der deutsche Beitrag bei der Review-Konferenz zum Rom-Statut in Kampala im vergangenen Jahr war. Durch das deutsche Engagement unter der Leitung unseres Men- schenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Markus Löning, ist es gelungen, eine Strafbarkeitslücke zu schließen. Das ist ein Meilenstein auf der Weiterent- wicklung des Völkerstrafrechts. Leider hat dieses kom- plexe Thema in den Medien zu wenig Beachtung gefun- den. s L re A re s in w S h d A d S S S „ fr g d E li s s in ih rä g g a s 2 G d p e w v m n u s u s fü u v ru N (C (D Sie sehen, wir haben einiges vorzuweisen – und die- en Weg werden wir konsequent weiter gehen. Annette Groth (DIE LINKE): Die Fraktion Die inke fordert seit vielen Jahren eine andere Menschen- chtspolitik als integralen Bestandteil der deutschen ußen- und Handelspolitik ein. Nur wenn Menschen- chte nicht mehr den Wirtschafts- und Handelsinteres- en untergeordnet werden, kann die Menschenrechtslage den Ländern Subsahara-Afrikas nachhaltig verbessert erden. Die aktuelle Situation der Menschenrechte in den taaten des südlichen Afrikas ist problematisch. Dazu at auch die Afrika-Politik der westlichen Industrielän- er, die diese Region vor allem als Rohstofflieferant und bsatzmarkt betrachten, beigetragen. Auch sind viele er betroffenen Staaten bis heute von postkolonialen trukturen geprägt. Aus diesem Grund halten wir die Einschätzung im PD-Antrag, dass bei einer Reihe von afrikanischen taaten südlich der Subsahara die Chance besteht, die Löwenstaaten“ der Zukunft zu werden, für mehr als agwürdig. Bisher zeigt sich in keiner Weise, dass die estiegenen Rohstoffpreise für die Entwicklung der Län- er direkte Vorteile gebracht hätten. Die Mehrzahl der Rohstoffkonzerne befindet sich im igentum transnationaler Konzerne, welche die zusätz- chen Gewinne in die Konzernkassen in den Industrie- taaten leiten. Zudem zeigt sich, dass durch den Roh- toffboom die Vertreibung von Bauern zugenommen hat. Laut Amnesty International sind seit dem Jahr 2000 Nigeria über 2 Millionen Menschen unrechtmäßig aus ren Häusern vertrieben worden. Von diesen Zwangs- umungen sind vor allem die ärmsten Bevölkerungs- ruppen betroffen. Sie werden in noch größeres Elend estürzt und verlieren für die Interessen einiger weniger lles. Diese Vertreibungen gehen auch aktuell weiter. So ollen in der nigerianischen Hafenstadt Port Harcourt 00 000 Menschen vertrieben werden, damit ein neues eschäfts- und Freizeitzentrum für Unternehmen und ie kleine Oberschicht errichtet werden kann. Dies alles assiert unter Zustimmung der lokalen Regierung, die inen sogenannten Stadtentwicklungsplan umsetzt. 2009 urden 17 000 Menschen gezwungen, ihre Häuser zu erlassen, um 40 hochmodernen Uferquartieren Platz zu achen. Mit „Löwenstaaten“ hat dies nach unserer Mei- ung wenig zu tun, vielmehr mit Unrecht, Vertreibung nd Verarmung der Bevölkerung. Der Antrag der SPD geht von einem verkürzten Men- chenrechtsbegriff aus, in dem wirtschaftliche, soziale nd kulturelle Menschenrechte nur unzureichend ange- prochen werden. Dadurch werden wesentliche Ursachen r Menschenrechtsverletzungen nicht angesprochen, nd zwar gerade solche, die besonders entwicklungsrele- ant sind, etwa die erzwungene Freihandels-, Privatisie- ngs- und Liberalisierungspolitik durch die Staaten des ordens. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 16677 (A) ) )(B) Menschenrechte dürfen nicht auf die bürgerlichen Menschenrechte beschränkt werden, sondern müssen umfassend definiert werden. Vor allem die sozialen Menschenrechte dürfen nicht mehr hinter Wirtschafts- interessen zurückstehen. Der großflächige Verkauf oder die Verpachtung von Land an Großinvestoren wird häufig durch Menschen- rechtsverletzung durchgesetzt. Westliche Konzerne neh- men den Menschen ihr Recht auf Nahrung und Wasser, damit Blumen für den europäischen Markt gezüchtet werden können. Sie missbrauchen wertvolles Ackerland zum Anbau von Energiepflanzen für die Spritproduktion des Nordens. Beispiel Äthiopien: Nur 13 Prozent der Landfläche sind landwirtschaftlich nutzbar. Von diesen 15 Millionen Hektar wurden etwa 3,3 Millionen Hektar als Pachtland für Investoren ausgewiesen. Durch diese Verpachtung finden großflächige Umsiedlungen statt. Nomaden wird ihr bisheriges Weideland genommen. Insgesamt ist der SPD-Antrag von einer problemati- schen Haltung gegenüber den Partnerländern im Süden durchdrungen. Menschenrechtliche Prinzipien sollen in den Partnerländern „bekannt gemacht werden“, es wer- den Schulnoten an einzelne Staaten vergeben und Kon- ditionen für die Entwicklungszusammenarbeit gefordert. „Unsere“ Vorstellungen von „Good Governance“ wer- den zum Maßstab erhoben und als Voraussetzung für Entwicklung dargestellt, obwohl es für diesen unterstell- ten Zusammenhang keinen Nachweis gibt. In ihrem Antrag betont die SPD einseitig Selbstver- pflichtungen der afrikanischen Staaten, etwa im Rahmen der Gründungsakte der Afrikanischen Union, des Afri- can Peer Review Mechanismus, der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und internationaler Men- schenrechtskonventionen. Es ist viel von afrikanischer Eigenverantwortung die Rede, aber nie von der Verantwortung der Industriestaa- ten. Die Linke lehnt diese einseitige Herangehensweise ab. Es ist eine nicht zu akzeptierende Haltung, dass „wir“ uns herausnehmen, den Menschen in Afrika etwas beizubringen. „Wir“, also die Staaten des reichen Nor- dens, sind nicht in der Situation, anderen Ländern Men- schenrechte zu lehren. Vielmehr müsste die Politik der EU grundsätzlich geändert werden, damit Menschen- rechte auch dort verwirklicht werden können. Ich möchte hier als Stichworte nur die unmenschliche Be- handlung von Flüchtlingen an der EU-Außengrenze nen- nen. Auch die unkritische Bezugnahme auf die afrikani- sche Friedens- und Sicherheitsarchitektur und AU-Frie- densmissionen teilen wir nicht. Die Militarisierung der Beziehungen zwischen der EU und Afrika lehnen wir ab. Menschenrechte werden in Afrika insbesondere auch durch militärische Interventionen des Westens verletzt, siehe Libyen und Côte d’Ivoire. Waffenexporte werden im Antrag zwar angesprochen, es wird jedoch versäumt, Deutschlands Rolle als drittgrößter Waffenexporteur di- rekt zu problematisieren. g e ti E n d h e In n s d Z d e n ta d d A m in n s d h s la d n s h k re b u K h s g e In K Z D B F z n E re d (C (D Auch wenn in dem Antrag einige richtige Forderun- en aufgegriffen werden, ist er insgesamt ein Dokument iner weitgehend unzureichenden Menschenrechtspoli- k. Deshalb werden wir den Antrag ablehnen. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): s gibt zwei Arten parlamentarischer Initiativen, mit de- en schwer umzugehen ist. Einerseits sind es diejenigen, ie so tief ins Detail gehen, dass nur noch jene sie verste- en, die sie geschrieben haben oder die zumindest über normes Expertenwissen verfügen. Andererseits gibt es itiativen, die so allgemein gehalten sind, dass man ih- en sogleich zustimmen möchte, weil sie die Probleme o übersichtlich darstellen und zugleich suggerieren, ass sie mit einem Handstreich zu lösen sein könnten. ur letzteren Gruppe gehört der Antrag der SPD, über en an dieser Stelle diskutiert wird. Wir diskutieren über inen Antrag zu nahezu einem gesamten Kontinent, ei- er Region mit 35 Staaten. Ein solcher Antrag kann den tsächlichen Problemen in keiner Weise gerecht wer- en. Zwar mag der Problemaufriss übersichtlich geglie- ert und um Vollständigkeit bemüht sein. Eine seriöse useinandersetzung ist aber in solch einer Kürze nicht öglich. Ich möchte mich auf einen Punkt konzentrieren, der dem Antrag nur skizzenhaft auftaucht, den institutio- ellen Schutz der Menschenrechte durch den Afrikani- chen Gerichtshof für Menschenrechte und die Rechte er Völker, AGMR, den Internationalen Strafgerichts- of, IStGH, und die nationalen Rechtsordnungen – ein- chließlich derer der Europäischen Union und Deutsch- nds. Der AGMR wacht seit Juli 2006 über die Wahrung er Menschenrechte durch die 25 Mitglieder der Afrika- ischen Union, die das Zusatzprotokoll zur Afrikani- chen Menschenrechtscharta von 1998 unterzeichnet aben. Der Gerichtshof übernimmt die Arbeit der Afri- anischen Kommission in Bezug auf den Menschen- chtsschutz. Durch seine bindenden Urteile kann er ein edeutendes Instrument zur Förderung von Wahrung nd Schutz der Menschenrechte auf dem afrikanischen ontinent darstellen. Der Wirksamkeit und Funktionsfä- igkeit des Gerichtshofs als Teil eines Gesamtsystems tehen allerdings noch verschiedene Hemmnisse entge- en, sodass zum jetzigen Zeitpunkt erst ein einziger Fall ntschieden wurde. Zum einen ist gemäß Art. 34 Abs. 6 und Art. 5 Abs. 3 dividuen und Nichtregierungsorganisationen eine lage nur möglich, sofern der betreffende Staat in einer usatzerklärung der Individualklage zugestimmt hat. ies ist bis zum jetzigen Zeitpunkt erst durch die Staaten urkina Faso, Mali, Malawi und Tansania geschehen. olglich bleibt einem Großteil der Menschen der Zugang um Gerichtshof verwehrt. Zum anderen befindet sich der strukturelle und perso- elle Aufbau des Gerichtshofes noch in der Entwicklung. in Austausch zwischen dem AGMR und den anderen gionalen Menschenrechtsgerichtshöfen, insbesondere em EGMR, könnte die Entwicklung hin zu einem funk- 16678 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 (A) ) )(B) tionierenden Organ des Menschenrechtschutzes unter- stützen. Die Bundesregierung muss hier die Initiative ergrei- fen und sollte in bilateralen Gesprächen die Staaten der Afrikanischen Union, die das Protokoll bis dato noch nicht unterzeichnet haben, zum Unterzeichnen aufzufor- dern. In Gesprächen mit jenen Staaten der Afrikanischen Union, die die Zusatzerklärung zur Individualklage noch nicht abgegeben haben, sollte sie zudem die Bedeutung der Individualklage hervorheben. Darüber hinaus wäre es hilfreich, wenn sich die Bundesregierung im Europa- rat für eine verstärkte Zusammenarbeit in Form eines Expertenaustausches zwischen EGMR und AGMR ein- setzen würde. Und schließlich muss sie die finanzielle und personelle Unterstützung im Rahmen der Entwick- lungszusammenarbeit intensivieren, anstatt sie wie in der aktuellen Haushaltsrunde zu kürzen. Nicht ohne Grund richten sich alle derzeit beim IStGH anhängigen Verfahren gegen Verantwortliche aus afrikanischen Staaten. Damit sei nicht gesagt, dass nicht auch in anderen Teilen der Welt Völkerrechtsverbrechen begangen werden, doch auf dem afrikanischen Konti- nent ist sowohl ihre Zahl als auch ihr Ausmaß erschre- ckend und gewaltig. Die Anklagen vor dem Gerichtshof entfalten zunehmend eine präventive Wirkung. Dennoch ist seine Akzeptanz in weiten Teilen afrikanischer Polit- eliten zu gering. 31 afrikanische Staaten haben das Rö- mische Statut zur Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof ratifiziert und sich somit zur Zusammenarbeit verpflich- tet. Dies beinhaltet unter anderem die Ausführung von Haftbefehlen. Dass dies für einige Regierungen jedoch nur ein Lippenbekenntnis darstellt, wird exemplarisch ein ums andere Mal deutlich, wenn der sudanesische Präsident Umar al-Baschir herumreist. Vor wenigen Wo- chen war er anlässlich eines Treffens des Common Mar- ket for Eastern and Southern Africa in Malawi. Dort hätte man sich der Zusammenarbeit mit dem IStGH nicht verweigern dürfen. Als Unterzeichnerstaat des Sta- tuts des Internationalen Strafgerichtshof hätte Malawi al- Baschir festnehmen und an Den Haag ausliefern müssen. Ähnlich war es zuvor in Kenia. Doch in beiden Vertrags- staaten des IStGH fühlte sich der international Ange- klagte sicher und reiste dann auch wieder unbehelligt zu- rück in seine Heimat. Stellt al-Baschirs Auftritt etwa in Nairobi nun das Be- kenntnis Kenias infrage, mit dem IStGH zusammenzuar- beiten, wenn es um Ermittlungen im eigenen Land geht? Unter denen, die infolge der Wahlen 2007 Unruhen mit mehr als 1 100 Toten angezettelt haben sollen, sind weit- hin wohl einige Regierungsmitglieder. Nairobi hatte bis- lang für die Untersuchung des IStGH in Kenia uneinge- schränkte Kooperation zugesagt und diese gerade im Juni 2010 bei der Überprüfungskonferenz in Kampala, Uganda, noch bekräftigt. Aber letztlich ist ungewiss, wie die Regierung mit der nächsten Herausforderung umge- hen wird: Noch in diesem Monat ist mit den Anklagen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu rechnen. Dass die dann angeklagten Politikerinnen und Politiker Kenias ausgeliefert werden, dürfte nach diesem offiziel- len Staatsbesuch al-Baschirs bezweifelt werden. a g m k E a a re A s te s s S a d d w s a re re d d B A te h fa a a a w re d fa k s p V p d n E n d ri a u te s e v d n s g g (C (D Und vielleicht ist Kenias Entscheidung auch ein Signal n den Chefankläger des IStGH. Denn dessen zielstrebi- es Vorgehen insbesondere gegen afrikanische Täter issfällt vielen dortigen Verantwortlichen. Für uns ist lar, dass Umar al-Baschir auf die Anklagebank gehört. r muss sich endlich für den Völkermord in Darfur ver- ntworten, denn auch Staatsoberhäupter können sich nicht uf ihre Immunität berufen, wenn sie wegen Völker- chtsverbrechen angeklagt sind. Es darf keine weitere ushöhlung des Strafgerichtshofes durch seine Mitglied- taaten geben. Auch hier ist die Bundesregierung in bila- ralen Gesprächen sowie in Gesprächen mit der Afrikani- chen Union in der Pflicht, Überzeugungsarbeit zu leisten. Deutsche und europäische Wirtschaftsunternehmen ind in großem Ausmaß in afrikanischen Staaten tätig. ie lassen dort ihre Waren produzieren, beuten Rohstoffe us, investieren, bauen und vieles mehr. Sie profitieren abei nicht nur von menschenunwürdigen Löhnen oder en Vorkommen seltener Erden, sondern auch von zu- eilen schwachen Verwaltungen, korrupten Beamten, chlechten Gesetzen oder untätigen Gerichten. Sie haben lso mitunter ganz konkreten Einfluss auf Menschen- chtsverletzungen, nehmen an diesen teil oder profitie- n von ihnen. Deutsche und europäische Unternehmen, ie auf dem afrikanischen Kontinent tätig sind, müssten aher gesetzlich dazu verpflichtet werden, regelmäßige erichte zu ihren Menschenrechtspolitiken zu erstellen. llerdings werden weder die klassischen, staatszentrier- n menschenrechtlichen Konzeptionen noch die beste- ende nationale und internationale Rechtslage den Ge- hren, die von Unternehmen für die Menschenrechte uf dem afrikanischen Kontinent ausgehen, gerecht. Die rechtlichen Rahmenbedingungen müssen daher uf völkerrechtlicher und europäischer Ebene, dringend ber auch im nationalen deutschen Recht, verbessert erden. Zwar existieren bereits jetzt Soft-Law-Verfah- n, die rechtsunverbindlich genutzt werden können, wie ie OECD-Beschwerden und Weltbank-Beschwerdever- hren. Durch Klagen und juristische Verfahren aber önnten Menschen in Afrika deutlich machen, dass es ich bei Menschenrechtsverletzungen nicht allein um olitische und soziale Skandale handelt, sondern um erstöße gegen konkrete Rechtsnormen. Das deutsche und europäische Zivilrecht und Zivil- rozessrecht sollte deswegen so ausgestaltet werden, ass Opfer von Menschenrechtsverletzungen transnatio- aler Unternehmen – nicht nur, aber häufig in Afrika – ntschädigungsansprüche effektiv geltend machen kön- en. Auch müsste das Handels- und Gesellschaftsrecht ahingehend geändert werden, dass Entscheidungsträge- nnen und -träger in Unternehmen verpflichtet sind, uch nach menschenrechtlichen Kriterien zu entscheiden nd nicht nur nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunk- n. Denn viel zu häufig beruht die Entscheidung, wirt- chaftlich in einem afrikanischen Staat tätig zu werden, inzig auf der Erwägung, dort billigste Voraussetzungen orzufinden. Die menschenrechtlichen Belange finden abei zumeist keine Berücksichtigung – und dürfen es ach der derzeitigen Rechtslage im Handels- und Gesell- chaftsrecht auch nicht, da die Managerinnen und Mana- er von Unternehmen verpflichtet sind, deren Vermö- ensinteressen wahrzunehmen und für einen reibungs- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. November 2011 16679 (A) (C) (D)(B) losen, effizienten und gewinnorientierten Betriebsablauf Sorge zu tragen. Lassen Sie mich nach dieser Fokussierung auf einen Punkt des Antrags noch eine allgemeine Bemerkung ma- chen. Es ist gut, dass der aus der Kolonialzeit stam- mende rassistische Begriff „Schwarzafrika“ peu à peu aus dem Sprachgebrauch verschwindet. Der Terminus „Subsahara-Afrika“ mag zwar sperrig sein, knüpft aber immerhin nicht mehr an ethnische und pseudobiologisti- sche Zusammenhänge an. Nichtsdestotrotz ist auch diese Unterteilung des afrikanischen Kontinents in zwei Kate- gorien ein sprachliches Überbleibsel kolonialistischen Denkens. Sie gründet in der Idee des „divide et impera“, des Teilens und Herrschens, und suggeriert Homogeni- tät, wo eigentlich Pluralität und Vielfalt herrschen. Ganz so, als ob der Saharasand ein Hemmnis für die von Nor- den her voranschreitende Kultur und Sprache und alles darunter irgendwie zusammengehörig sei. Diesen Sand zur sprachlichen Klammer einer Vielzahl von Staaten, Völkern und Kulturen zu erheben, wird ihnen allen nicht gerecht und geht vollkommen an den Realitäten vorbei. Es gibt so mannigfaltige Unterschiede in dieser großen Region, dass wir unseren Blick von Norden her deutlich schärfen müssen. Der Antrag der SPD, der in einem gro- ßen Aufwasch Probleme verallgemeinert und verunklart, tut genau das Gegenteil. Diese Sichtweise auf Afrika ist nicht nur vollends veraltet, sie ist auch in der politischen Debatte nicht mehr wirklich hilfreich. 139. Sitzung Inhaltsverzeichnis Anlagen
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713900000

Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
begrüße Sie herzlich zur 139. Sitzung des Bundestages
in dieser Legislaturperiode.

Der Kollege Max Lehmer hat am 6. November sei-
nen 65. Geburtstag gefeiert. Ich möchte ihm im Namen
des ganzen Hauses dazu auch auf diesem Wege herzlich
gratulieren und alles Gute für die nächsten 65 Jahre wün-
schen.


(Beifall)


Die Kollegen Heidrun Dittrich und Andrej Hunko ha-
ben ihre Schriftführerämter niedergelegt. Als neue
Schriftführer schlägt die Fraktion Die Linke die Kolle-
gen Ralph Lenkert und Sabine Stüber vor. Sind Sie da-
mit einverstanden?


(Zuruf)


– Eine Vorstellung wäre denkbar, ist aber eigentlich
nicht üblich. Ich nehme auch an, dass dazu allgemeines
Einvernehmen besteht. – Das ist der Fall. Dann sind die
beiden Kollegen hiermit gewählt.

Es gibt eine interfraktionelle Vereinbarung, die ver-

Z
bundene Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste
aufgeführten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der
SPD:

Nein zum Betreuungsgeld – Familien- und Bil-
dungspolitik zukunftsfähig gestalten

(siehe 138. Sitzung)


ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Andrea
Wicklein, Garrelt Duin, Hubertus Heil (Peine),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Stagnation beim Bürokratieabbau überwinden –
Neue Schwerpunktsetzung für den Mittelstand
umsetzen

– Drucksache 17/7610 –

(C (D ung 10. November 2011 1 Uhr Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Innenausschuss Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für Kultur und Medien Haushaltsausschuss P 3 Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren a)

CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines
Zweiten Gesetzes zur Neuregelung energie-
wirtschaftsrechtlicher Vorschriften

– Drucksache 17/7632 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frank
Schwabe, Dirk Becker, Gerd Bollmann, weiterer

Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Leitlinien für Transparenz und Umweltver-
träglichkeit bei der Förderung von unkonven-
tionellem Erdgas

– Drucksache 17/7612 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Matthias Miersch, Dirk Becker, Marco
Bülow, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

Monitoring für versenkte Atommüllfässer im
Atlantik sicherstellen und Maßnahmen gegen
weitere Strahlenexposition einleiten

– Drucksache 17/7633 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 4 Weitere abschließende Beratung ohne Aus-
sprache

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (15. Ausschuss) zu dem Antrag
der Abgeordneten Daniela Wagner, Elisabeth
Scharfenberg, Tabea Rößner, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN

Der älter werdenden Gesellschaft gerecht wer-
den – Barrieren in Wohnungen und im Wohn-
umfeld abbauen

– Drucksachen 17/7188, 17/7630 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Volkmar Vogel (Kleinsaara)


ZP 5 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE
LINKE:

Haltung der Regierungskoalition zur Einfüh-
rung eines Mindestlohns

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Joachim Hacker, Ulrike Gottschalck, Heinz
Paula, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Flugzeugbesatzungen und Reisende vor konta-
minierter Kabinenluft schützen

– Drucksache 17/7611 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Tourismus (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss
Federführung strittig

ZP 7 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Memet Kilic,
Josef Philip Winkler, Marieluise Beck (Bremen),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

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(C (D Visumfreie Einreise türkischer Staatsangehöriger für Kurzaufenthalte ermöglichen – Drucksachen 17/3686, 17/5989 – Berichterstattung: Abgeordnete Reinhard Grindel Daniela Kolbe Hartfrid Wolff Ulla Jelpke Memet Kilic P 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten KlausPeter Flosbach, Dr. Michael Meister, Peter Altmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Volker Wissing, Dr. Hermann Otto Solms, Björn Sänger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Ratingagenturen besser regulieren – Drucksache 17/7638 – P 9 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Neuer Anlauf zur Finanzmarktregulierung erforderlich – Drucksache 17/7641 – P 10 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, Fritz Kuhn, Dr. Thomas Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Einsetzung einer Kommission des Deutschen Bundestages zur Regulierung der Großbanken – Drucksachen 17/7359, 17/7665 – Berichterstattung: Abgeordnete Björn Sänger Dr. Gerhard Schick P 11 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Hermann E. Ott, Viola von Cramon-Taubadel, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN China als wichtiger Partner im Klimaschutz – Drucksache 17/7481 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie P 12 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/ CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiedergewährung der Sonderzahlung – Drucksache 17/7631 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Rechtsausschuss Verteidigungsausschuss Haushaltsausschuss Präsident Dr. Norbert Lammert )





(A) )

ZP 13 Beratung des Antrags der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Euratom-Vertrag ändern – Atomausstieg eu-
ropaweit voranbringen – Atomprivileg been-
den

– Drucksache 17/7670 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union (f)

Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Federführung strittig

ZP 14 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Schuldenfinanzierte Steuersenkungspläne der
Bundesregierung – Folgen für künftige Gene-
rationen und für die soziale Gerechtigkeit

Dabei soll, wie immer, von der Frist für den Beginn
der Beratungen, soweit erforderlich, abgewichen wer-
den.

Die Tagesordnungspunkte 11 und 13 werden abge-
setzt. Anstelle von Tagesordnungspunkt 11 soll nun der
Tagesordnungspunkt 32 beraten werden. Die Tagesord-
nungspunkte der Koalitionsfraktionen rücken entspre-
chend vor. Für den Tagesordnungspunkt 32 soll morgen
der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Wieder-
gewährung von Sonderzahlungen debattiert werden.
Schließlich wird der Tagesordnungspunkt 33 abgesetzt
und stattdessen der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen zur Änderung des Euratom-Vertrages aufgeru-
fen. Darf ich auch zu diesen zwischen den Fraktionen
abgestimmten Veränderungen Ihr Einvernehmen fest-
stellen? – Das ist der Fall. Dann ist das hiermit so be-
schlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 sowie den Zusatz-
punkt 2 auf:

3 Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Joachim Pfeiffer, Dr. Michael Fuchs, Kai
Wegner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Hermann Otto
Solms, Dr. Martin Lindner (Berlin), Claudia
Bögel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP

Weniger Bürokratie und Belastungen für den
Mittelstand – Den Erfolgskurs fortsetzen

– Drucksache 17/7636 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

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(C (D P 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Andrea Wicklein, Garrelt Duin, Hubertus Heil weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Stagnation beim Bürokratieabbau überwinden – Neue Schwerpunktsetzung für den Mittelstand umsetzen – Drucksache 17/7610 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Innenausschuss Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für Kultur und Medien Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – uch dazu gibt es offensichtlich Einvernehmen. Dann t das so beschlossen. Wir beginnen mit dem Parlamentarischen Staatsseretär Burgbacher, dem ich hiermit das Wort erteile. E Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Le ittelstand Allemand“ – das ist in Frankreich zu einem achbegriff geworden, den die Franzosen voll Respekt erwenden. In vielen Ländern werden wir um unsere ittelständische Struktur beneidet. Wir alle sind uns wahrscheinlich einig, dass der Mitlstand einen ganz wesentlichen Verdienst daran hatte, ass wir so gut aus der Krise herausgekommen sind. ittelstand heißt: viele Familienunternehmer, die die rise auch genutzt haben, um sich neu aufzustellen, die re Beschäftigten gehalten haben. Deshalb ist es ange racht, all diesen Unternehmerinnen und Unternehmern en Dank dieses Hauses für ihre Leistung zu sagen. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ernst Burgbacher (FDP):
Rede ID: ID1713900100

60 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Ar-
eitsplätze sind im Mittelstand. Über 99 Prozent der
eutschen Unternehmen sind kleine und mittlere Unter-
ehmen. Über 83 Prozent der Auszubildenden werden
om Mittelstand ausgebildet. Auch das ist etwas, um das
ns eigentlich die ganze Welt beneidet. Das heißt, wir
üssen den Mittelstand in Deutschland stärken; wir
üssen alles dafür tun, dass er gestärkt wird, weil er das

tabile Element in unserer Volkswirtschaft ist.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, wenn man zu Mittelständ-
rn kommt und sie fragt, was sie von der Politik erwar-
n, dann heißt es häufig: Lasst uns arbeiten, gebt uns
icht ständig neue Regelungen, gängelt uns nicht! – Ge-





Parl. Staatssekretär Ernst Burgbacher


(A) )


)(B)

nau das ist das Markenzeichen der christlich-liberalen
Regierung: Wir geben dem Mittelstand Freiraum. Wir
entlasten den Mittelstand von Bürokratie. Wir lassen die
Unternehmer arbeiten – das ist das, was sie wollen – und
überziehen sie nicht ständig mit neuen staatlichen Vor-
schriften. Im Gegenteil: Wir bauen Vorschriften ab; wir
bauen Bürokratie ab. Das ist das Markenzeichen der
Mittelstandspolitik dieser christlich-liberalen Regierung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Es ist notwendig, dass wir den ordnungspolitischen
Rahmen immer wieder überarbeiten, dass wir ihn an ak-
tuelle Gegebenheiten anpassen. Wir können gute Erfolge
vorweisen. Noch vor fünf Jahren hatte die deutsche
Wirtschaft Bürokratielasten im Umfang von 50 Milliar-
den Euro zu tragen. Wir haben diese Lasten um
10,5 Milliarden Euro zurückgeführt. Ein Teil davon
wurde in der Großen Koalition erreicht. Das waren aller-
dings die Früchte, die niedrig hingen, die man nur zu
pflücken brauchte. Wir haben jetzt eine weitere Reduzie-
rung um 4,5 Milliarden Euro erreicht. Ich glaube, das ist
nach zwei Jahren eine stolze Bilanz, die sich wirklich se-
hen lassen kann.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich will einige ganz konkrete Beispiele nennen; ich
beginne mit ELENA. ELENA war ein Vorhaben, das gut
gemeint war, eigentlich ein Vorhaben, um Bürokratie ab-
zubauen. Es hat sich aber gezeigt, dass es gerade für
kleine und mittlere Unternehmen eher schwierig war, die
Vorgaben zu erfüllen, dass es bei ihnen eines gewaltigen
Aufwandes mit gewaltigen Kosten bedurfte, um diese
Vorgaben zu erfüllen. Deshalb bin ich froh, dass der
Deutsche Bundestag am 29. September beschlossen hat,
ELENA auslaufen zu lassen, und zwar schon in diesem
Jahr. Das ist ein gutes Zeichen für viele kleine und mitt-
lere Unternehmen in Deutschland,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


auch wenn wir natürlich darüber reden müssen, was wir
mit den Daten machen und wie wir Dinge, die bereits ge-
schehen sind, für die Zukunft nützen können.

Ein zweites Beispiel: das Thema Vergaberecht. Bei
öffentlichen Ausschreibungen müssen Unternehmen die
Eignung nachweisen. Was wir getan haben: Es gibt jetzt
ein deutlich vereinfachtes Verfahren für diesen Eig-
nungsnachweis, was es gerade kleinen und mittleren Un-
ternehmen leichter und auch kostengünstiger macht, an
öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen.

Ein drittes Beispiel. Wenn wir draußen im Land sind,
bekommen wir alle etwas davon mit: die Klagen über
EU-Vorgaben. Nun will ich deutlich sagen: Manchmal
ist die Kritik ein Stück weit überzogen; die EU muss für
vieles herhalten. Aber richtig ist, dass viele Bürokratie-
lasten durch EU-Vorgaben entstehen. Deshalb haben wir
den Koalitionsvertrag umgesetzt: Wir haben im Bundes-
wirtschaftsministerium ein Frühwarnsystem für europäi-
sche Regelungen eingerichtet. Dieses Frühwarnsystem
wird ermöglichen, dass wir europäische Vorgaben nicht
erst dann behandeln, wenn es zu spät ist, sondern dass

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(C (D ir jetzt schon im Anfangsstadium sehen, was aus Eupa kommt, also rechtzeitig reagieren und handeln kön en. Auch das ist eine gute Nachricht für den Mitteltand. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Ein bisschen dünn bisher!)


Schließlich, meine Damen und Herren, komme ich
uf einen besonders wichtigen Punkt zu sprechen: Cor-
orate Social Responsibility. Das unterstützen wir alle.
ber es kann nicht sein, dass die EU kleinen Unterneh-
en Vorgaben für ausführliche Berichtspflichten macht.
ann wird aus dem gut gemeinten Projekt plötzlich wie-
er neue Bürokratie.

Deshalb sage ich auch für diese Bundesregierung:
ir werden das stoppen. Wir wollen Corporate Social
esponsibility, aber rein nach dem Freiwilligkeitsprinzip
nd nicht durch neue bürokratische Vorschriften.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Vieles hat diese Bundesregierung in den zwei Jahren
etan. Der Mittelstand hat eine deutliche Entlastung er-
hren. Der Antrag weist weitere Punkte zu der Frage

uf, was jetzt noch zu tun ist.

Wir sind bei vielen Punkten in der Vorbereitung. Wir
erden das umsetzen. Wir werden zeigen: Mittelstands-
olitik ist ein Kernstück dieser christlich-liberalen Re-
ierung. Mittelstandspolitik heißt, Unternehmerinnen
nd Unternehmern endlich wieder die Luft zum Atmen
u geben und ihnen das zu ermöglichen, was sie am
ebsten tun, nämlich etwas zu unternehmen.

Dafür hat die Politik die richtigen Rahmenbedingun-
en zu setzen. Genau das machen wir.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713900200

Nächste Rednerin ist die Kollegin Andrea Wicklein

r die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Andrea Wicklein (SPD):
Rede ID: ID1713900300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Herr Burgbacher, in der Sache sind wir uns ei-
ig: Natürlich müssen wir alles dafür tun, den Mittel-
tand von unnötiger Bürokratie zu entlasten. Wir sind
ns auch einig, was die Bedeutung des Mittelstands be-
ifft – gar keine Frage.

Aber was ist eigentlich in den letzten zwei Jahren mit
em Regierungsprogramm Bürokratieabbau passiert?
ie haben nicht, wie vor fünf Jahren festgelegt, das 25-Pro-
ent-Nettoabbauziel bei den Informations- und Statistik-
flichten erreicht.

Auf europäischer Ebene, die in der Tat zu 50 Prozent
r die bürokratischen Belastungen der deutschen Ge-

etzgebung verantwortlich ist, ist seit zwei Jahren so gut
ie gar kein Fortschritt erzielt worden.





Andrea Wicklein


(A) )


)(B)

Für den neuen Ansatz, den Erfüllungsaufwand in aus-
gewählten Bereichen zu verringern, wie durch das NKR-
Gesetz im März 2011 festgelegt, haben Sie gerade ein-
mal ein Handbuch vorgelegt. Ansonsten geht nach wie
vor die Umsetzung dieses wichtigen politischen Ziels
leider nur sehr schleppend voran. Insgesamt stagniert
also die Umsetzung des Regierungsprogramms.

Ich schaue mich um und frage mich: Was ist eigent-
lich mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Bü-
rokratieabbau? Fragen Sie einmal in unserem Land, wer
Eckart von Klaeden in dieser Funktion kennt!


(Zuruf von der CDU/CSU: Er sitzt da!)


– Jetzt sehe ich ihn. Er sitzt auf der Regierungsbank –
ganz versteckt.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Er leistet hervorragende Arbeit!)


– Herr Hinsken, fragen Sie im Land, ob jemand den Bü-
rokratiebeauftragten der Bundesregierung kennt!


(Ernst Burgbacher, Parl. Staatssekretär: Abbau! – Zurufe von der CDU/CSU: Bürokratieabbaubeauftragten!)


Dann merken Sie: Fehlanzeige! Niemand kennt ihn. Kei-
ner weiß, dass es einen Bürokratieabbaubeauftragten der
Bundesregierung gibt.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Edmund Stoiber ist das! – Gegenruf des Abg. Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Genau! Dann kam Kelber! Dann hat man Bürokratie aufgebaut!)


Dabei war die Große Koalition vor fünf Jahren sehr
eindrucksvoll gestartet. In sehr kurzer Zeit gelang es,
den Normenkontrollrat zu etablieren, das Standardkos-
tenmodell einzuführen, die drei Mittelstandsentlastungs-
gesetze zu verabschieden und so innerhalb relativ kurzer
Zeit die Belastung der Wirtschaft durch unnötige Büro-
kratie um 20 Prozent abzubauen. Erreicht werden sollten
aber bis Ende 2011 25 Prozent.


(Kai Wegner [CDU/CSU]: Bis Ende 2011?)


Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren sind verbindli-
che Abbauziele. Ich frage daher die Bundesregierung
– dazu haben Sie, Herr Staatssekretär, nicht viel gesagt –:
Wie wollen Sie innerhalb der kurzen Zeit, also innerhalb
der uns verbleibenden drei Sitzungswochen, noch die
fehlenden Entlastungsmaßnahmen im Umfang von
2 Milliarden Euro im Bundestag beschließen?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das funktioniert also nicht. Folglich können wir
schon heute kritisieren, dass Sie das versprochene Ab-
bauziel nicht erreichen werden.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen wir mal festhalten!)


In der Tat erwartet der deutsche Mittelstand von der
Bundesregierung eine sehr schnelle Umsetzung des Ab-
bauziels.

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(C (D Wir erwarten natürlich, dass Sie nächstes Jahr eine eue Zielmarke für Bürokratieabbau setzen. Oder wollen ie etwa 2012 den Bürokratieabbau ad acta legen? Auch ei der Umsetzung des NKR-Gesetzes muss gehandelt erden. Die Bundesregierung muss die Kosten, die urch die Rechtsanwendung entstehen, schnell bewerten nd den Bürokratieabbau zu einem eigenständigen Polikziel entwickeln. Dazu brauchen wir ein festes quantitives Abbauziel. Wir stellen fest: Auf EU-Ebene ist die Kommission ach wie vor nicht bereit, den Bürokratieabbau von eiem unabhängigen Gremium bewerten zu lassen. Das ist ehr bedauerlich; denn so wie in Deutschland Bürokraekosten nach einheitlichen Maßstäben erfasst und in eiem komplexen Prozess bewertet werden, müsste das benfalls auf EU-Ebene passieren. Wir brauchen einen uropäischen Normenkontrollrat, der Regelungsvorhaen der EU schon in der Frühphase auf mögliche Büroratiekosten hin kontrolliert. (Beifall bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das macht alles der Edmund Stoiber!)


Wie eben aufgezeigt, gibt es seit zwei Jahren einen
tillstand beim Bürokratieabbau, und das ist fatal, ge-
de im Hinblick auf die wirtschaftlichen Herausforde-
ngen, vor denen wir stehen. Wir müssen alles unter-

ehmen, um unnötige Kosten zu senken, damit sich die
nternehmen auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren
önnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regie-
ngsfraktionen, sicherlich ist Ihnen das auch aufgefal-
n. Deshalb haben Sie jetzt kurz vor Toresschluss einen
ntrag formuliert. In ihm fordern Sie Ihre eigene Regie-
ngsmannschaft endlich zum Handeln auf. Festzustel-
n ist aber: Dieser Antrag kommt zu spät, erst Ende
011. Ich frage Sie: Warum nicht früher? Warum nur ein
ntrag? Warum haben Sie nicht gleich ein viertes und

in fünftes Mittelstandsentlastungsgesetz vorgelegt?


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Weil wir es machen, Frau Kollegin Wicklein! Wir machen es ja!)


Bei insgesamt 24 Forderungen, Herr Hinsken, hätten
ie doch genügend Material für einen solchen Entwurf
arat gehabt. Sie machen es vielleicht irgendwann. Aber
arum haben Sie es bis jetzt nicht getan? Sie hatten
nge genug Zeit. Zwei Jahre sind vertan worden.


(Beifall bei der SPD)


In der Tat gibt es viel zu tun. Ein Blick in den aktuel-
n Jahresbericht des Normenkontrollrats reicht. Darin

ind ernstzunehmende Empfehlungen enthalten. Deshalb
rdern wir:

Erstens. Beenden Sie schnellstens den Stillstand beim
ürokratieabbau! Bauen Sie das bisher erfolgreiche Re-
ierungsprogramm besonders für kleine und mittlere
nternehmen weiter aus, und erweitern Sie es für die
ürgerinnen und Bürger!

Zweitens. Überprüfen Sie endlich die Bürokratiekos-
n von EU-Richtlinien, und entwickeln Sie gemeinsam





Andrea Wicklein


(A) )


)(B)

mit anderen EU-Ländern Strategien zum Bürokratieab-
bau und zu weiteren Vereinfachungen! Wirken Sie mit
Nachdruck auf die Europäische Kommission ein, und
bestehen Sie auf einer plausiblen Abschätzung der Büro-
kratiekosten aller Gesetzesvorschläge!

Drittens. Bringen Sie neuen Schwung in das E-Govern-
ment! Achten Sie darauf, dass es zu einem Abbau unnö-
tiger Bürokratie genutzt wird! In der Vergangenheit
führte die mangelhafte Abstimmung zwischen den
Ministerien teilweise zu mehr statt zu weniger Bürokra-
tie. Auch die Koordinierung mit den Bundesländern
muss an dieser Stelle verbessert werden.


(Beifall bei der SPD)


Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen von der
CDU/CSU- und der FDP-Fraktion, wenn Sie unsere bei-
den Anträge nebeneinander legen, dann können Sie fest-
stellen, dass es bei den Forderungen viel Übereinstim-
mung gibt. Es ist schön, dass Sie dem von uns
eingeschlagenen Weg folgen wollen. Auch beim Tempo
und bei der konsequenten Umsetzung sollten Sie sich
wieder mehr an uns orientieren. Das hat in der Großen
Koalition ganz gut funktioniert.

Meine Damen und Herren von der Bundesregierung,
legen Sie endlich ein schlüssiges, in die Zukunft gerich-
tetes Konzept vor! Beschließen Sie verbindliche Ziele
für die Zeit ab 2012! Setzen Sie Beschlüsse um! Ich bin
gespannt, ob diese Bundesregierung dazu überhaupt
noch in der Lage ist.


(Beifall bei der SPD)


Unser Mittelstand kann sich keine weiteren Verzögerun-
gen beim Bürokratieabbau leisten. Machen Sie endlich
Nägel mit Köpfen,


(Claudia Bögel [FDP]: Machen wir doch!)


und investieren Sie in den Bürokratieabbau! Der Mittel-
stand und die Bürgerinnen und Bürger werden es Ihnen
danken.

Ganz herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713900400

Kai Wegner ist der nächste Redner für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Kai Wegner (CDU):
Rede ID: ID1713900500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, dies ist ein
guter Tag, ein guter Morgen für kleine und mittelständi-
sche Unternehmen in unserem Land. Wir beraten zur
besten Zeit hier im Deutschen Bundestag, zur Kernzeit,
das Thema Bürokratieabbau.


(Rainer Brüderle [FDP]: Es ist auch richtig voll hier!)


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(C (D as zeigt, liebe Frau Wicklein, welchen Stellenwert wir iesem Thema in dieser Koalition geben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Symbolpolitik!)


iebe Frau Wicklein, hätten Sie dem Staatssekretär
urgbacher gerade zugehört, dann hätten Sie die Rede

o, wie Sie sie gerade gehalten haben, glaube ich, nicht
alten können.

Bürokratie kostet Zeit und Geld. Beides sind entschei-
ende Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit in unserem
and. Die christlich-liberale Koalition hat sich zum Ziel
esetzt, die Belastungen durch Bürokratie so weit wie
öglich abzubauen, insbesondere für den deutschen
ittelstand.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wenn wir über Bürokratieabbau in Deutschland spre-
hen, verwenden wir immer gerne Bilder. Ich vergleiche
n stets mit einem Marathonlauf: Am Start ist man vol-
r Energie, und man bewältigt den größten Teil der Stre-

ke problemlos, bis es anfängt, wehzutun. Dann darf man
icht aufgeben. Man muss alle vorhandenen Kraftreser-
en nutzen, um die Ziellinie zu erreichen. Liebe Kolle-
innen und Kollegen, wir haben einen großen Teil un-
erer Strecke geschafft. Wir werden diesen Weg
onsequent weitergehen. Wir müssen allerdings aufpas-
en – diesbezüglich haben Sie recht, Frau Wicklein –,
ass wir uns durch neue Regulierungen den Weg nicht
usätzlich erschweren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Noch vor fünf Jahren mussten die Unternehmen in
eutschland rund 50 Milliarden Euro im Jahr für Büro-
ratiekosten aufwenden. Inzwischen sparen sie jährlich
eutlich über 10 Milliarden Euro ein. Wir werden diesen
eg weitergehen und über die Informationspflichten hi-

aus auch den sogenannten Erfüllungsaufwand reduzie-
n. Die Zahlen beweisen es: Wir sind auf dem richtigen
eg.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei der
undesregierung und beim Bundeswirtschaftsminister
edanken. Insbesondere möchte ich mich bei unserem
taatsminister Eckart von Klaeden für seine beharrliche
nd erfolgreiche Arbeit bedanken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Aufstehen!)


iebe Frau Wicklein, wenn Sie von dieser erfolgreichen
rbeit nichts mitbekommen haben, dann ist das nicht
as Problem der Koalition, sondern Ihr Problem. Wir
ind fest davon überzeugt, dass Herr von Klaeden eine
ute Arbeit leistet, die er fortsetzen wird.

Einen Dank möchte ich auch den Mitgliedern des Na-
onalen Normenkontrollrates aussprechen. Der Nor-
enkontrollrat ist mit seinen Stellungnahmen und Anre-





Kai Wegner


(A) )


)(B)

gungen stets ein guter und wichtiger Begleiter bei
unseren Bemühungen, Bürokratiekosten zu reduzieren.
Herrn Dr. Ludewig möchte ich an dieser Stelle ganz
herzlich danken, natürlich auch seinen Mitstreiterinnen
und Mitstreitern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dem kann man schon danken! Sie müssen nur umsetzen, was er vorschlägt!)


Gerade in turbulenten Zeiten von Wirtschafts- und Fi-
nanzkrisen sind wir verpflichtet, die Bedingungen für
unternehmerisches Handeln in Deutschland weiter zu
verbessern. Nur so kann die deutsche Wirtschaft in Eu-
ropa die Konjunkturlokomotive bleiben. Unternehmerin-
nen und Unternehmer sollen sich auf ihr eigentliches
Kerngeschäft konzentrieren können. Sie sollen innovativ
sein und im wahrsten Sinne des Wortes etwas unterneh-
men. Wir müssen dafür sorgen, dass sie in der Lage sind,
mehr in ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit zu investieren
anstatt in häufig überflüssige Bürokratie. Nur ein ausge-
wogenes Verhältnis von individueller Freiheit und staat-
lichen Rahmenvorgaben gibt zusätzliche Impulse für
kleine und mittlere Unternehmen, für das Handwerk und
den Handel und schafft somit Wachstum und Beschäfti-
gung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Bürokratieabbau hat den Charme, dass er im Ge-
gensatz zu manch anderen Maßnahmen nichts kosten
muss – ein wahres Konjunkturprogramm zum Nulltarif.
Deshalb ist uns dieses Thema so wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dazu soll unser Antrag einen Beitrag leisten. Wir ha-
ben in diesem Antrag einen umfangreichen Katalog an
Maßnahmen vorgeschlagen, der weniger Bürokratie und
weniger Belastung für den Mittelstand bringen soll.

Mit den ersten beiden Forderungen halten wir die
Bundesregierung an, ihr Programm „Bürokratieabbau
und bessere Rechtsetzung“ fortzuschreiben und zu inten-
sivieren.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Noch mehr Papier!)


Wir erwarten auch Maßnahmen, damit das Thema Büro-
kratieabbau nach dem Erreichen des 25-Prozent-Ziels
seine Dynamik behält.

Unsere Maßnahmen müssen in der Tat zu spürbaren
Entlastungen für die Wirtschaft, für die Verwaltung, für
die Bürgerinnen und Bürger führen. Niemandem ist ge-
holfen, wenn wir stets vorrechnen, wie stark die Belas-
tungen bereits gesunken sind, ohne dass die, die davon
profitieren sollen, diese Entlastungen spüren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Daher fordern wir zum Beispiel, die gesetzlichen ufbewahrungsfristen für Unternehmen und private aushalte im Handels-, Steuerund Sozialrecht zu ver inheitlichen und endlich zu verkürzen. ugleich sollen die steuerlichen Betriebsprüfungen zeitch näher zum Veranlagungsjahr stattfinden, damit das it der Verkürzung der Aufbewahrungsfristen harmo iert. Diese Maßnahmen werden die Mittelständler, die andwerker, aber auch private Personen spüren und erhren. Sie können dann getrost den einen oder anderen ktenordner und Papierstapel wegwerfen oder vernichn. Das schafft Platz im Lager und im Regal, und das ntlastet die Unternehmen spürbar. Deswegen wollen ir da ran. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall der Abg. Rita Pawelski [CDU/CSU])


Unter den vielen weiteren wichtigen Forderungen im
ntrag zur Vereinfachung und zum Bürokratieabbau
öchte ich eine Forderung besonders erwähnen. Unter-

ehmerinnen und Unternehmer aus Berlin haben mir
ehrfach berichtet, wie zeitraubend es ist, immer und
mer wieder die gleichen Daten und Informationen

ber das eigene Unternehmen an verschiedene Verwal-
ngen und unterschiedlichste öffentliche Einrichtungen
elden zu müssen. Daraus entstand die Idee, in Zusam-
enarbeit mit dem Statistischen Bundesamt ein Konzept

u erarbeiten, welches die öffentlichen Verwaltungen
erpflichtet, bereits gemeldete Daten zu nutzen, bevor
nternehmer erneut aufgefordert werden, öffentlich zu-
ängliche Angaben gegenüber der Verwaltung zu wieder-
olen. Mit einem solchen Konzept werden wir erreichen,
ass Unternehmen zukünftig nur noch einmal ihre Daten
elden müssen und die Verwaltungen diese Daten im
edarfsfall im Austausch nutzen. Auch damit wäre ein
roßer Schritt in Richtung spürbarer Entlastung – zeitlich
nd finanziell – erreicht.

Ich möchte natürlich auch kurz auf den Antrag der
PD-Fraktion eingehen. Sie bescheinigen uns, dass wir
eim Bürokratieabbau erfolgreich sind, dass wir unsere
iele bisher erreicht haben und dass das sehr eindrucks-
oll ist.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das genaue Gegenteil steht dort! Lesen wäre schon angebracht! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Nicht mal Applaus von den eigenen Leuten!)


s freut mich natürlich sehr, dass Sie das in Ihrem An-
ag so formulieren, liebe Kolleginnen und Kollegen der
PD. Was allerdings Ihre Forderungen im Einzelnen be-
ifft, bin ich schon enttäuscht.


(Zurufe von der SPD: Oh!)


h muss wieder einmal feststellen, dass Sie dem Regie-
ngshandeln hinterherlaufen. Sie fordern beispiels-
eise, in Zukunft beim Bürokratieabbau auch Entlastun-
en für Bürgerinnen und Bürger stärker ins Auge zu
ssen. Das passiert doch bereits, zum Beispiel durch die





Kai Wegner


(A) )


)(B)

Projekte „Einfacher zum Studierenden-BAföG“, „Einfa-
cher zum Wohngeld“ oder „Einfacher zum Elterngeld“.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Erklären Sie doch einmal das Betreuungsgeld!)


Ein weiteres Beispiel: Sie fordern, die Methodik zur
Berechnung des Erfüllungsaufwandes in das Bürokratie-
abbauprogramm aufzunehmen. Dies ist mit Inkrafttreten
des Leitfadens zur Ermittlung und Darstellung des Erfül-
lungsaufwands in Regelungsvorhaben der Bundesregie-
rung bereits geschehen. Sie sehen: Wir sind auf dem
richtigen Weg.


(Andrea Wicklein [SPD]: Aber nicht umgesetzt!)


Wir bauen Bürokratie ab.
Ich komme zum Schluss meiner Rede zum Bild des

Marathonlaufs zurück. Wir sind gut gestartet, haben ei-
nen Großteil der Strecke bewältigt, sind aber noch nicht
am Ziel. Deshalb bleibt der Abbau von überflüssiger Bü-
rokratie auch in den nächsten Jahren eine Daueraufgabe.
Wir werden insbesondere kleine und mittlere Unterneh-
men von Belastungen durch Bürokratie, von Einschrän-
kungen der Handlungsfähigkeit und von unnötigen Kos-
ten befreien.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nur eine Absichtserklärung!)


Unser Ziel bleibt es, den Mittelstand zu entfesseln, um
damit Wachstum und Beschäftigung in unserem Land zu
schaffen.


(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur eine Absichtserklärung! Nichts dahinter!)


Ich freue mich auf die weitere Debatte und danke für
Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Der Marathonmann!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713900600

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Diether Dehm für

die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713900700

Guten Morgen, Herr Präsident! Meine Damen und

Herren! Kleine und mittelständische Unternehmen stellen
79 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäf-
tigungsverhältnisse und 82 Prozent der Ausbildungs-
plätze. 99,7 Prozent aller Unternehmen in Deutschland
sind kleine und mittlere; sie generieren aber nur 39 Pro-
zent des Umsatzes. Ein Grund dafür ist, dass Schwarz-
Gelb zwar sonntags vom Mittelstand redet, aber werktags
an der Leine der Exportkonzerne trottet.

Wir brauchen nicht nur pauschal entbürokratisierende
Maßnahmen – keinesfalls brauchen wir eine unbürokra-
tische Milliardenhilfe für Banken! Was wir brauchen ist:
unbürokratischen Einsatz für mehr Binnennachfrage.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D as ist das entscheidende Kraftpotenzial, das die kleinen nd mittleren Unternehmen brauchen. Herr Wegner, auch wenn Sie sich hier gerühmt haben: in weiterer Nachteil bleibt der bürokratiebedingte Aufand der KMU. Auf Kleinunternehmen mit bis zu neun eschäftigten entfallen pro Beschäftigten und Jahr 4 Stunden und 4 361 Euro an rein bürokratiebedingtem ufwand. as entspricht einer Steigerung um 25 Prozent seit 1994. Bürokratismus kommt aber nicht nur von staatlichen ehörden wie einem Fiskus, der auch bei unverschuldeter solvenz immer noch viel zu stur exekutiert, nicht nur on der EU mit ihrer idiotischen Dienstleistungsrichtliie, sondern diese bürokratische bzw. bürokratistische evormundung liegt auch an der Macht der Konzerne, or allem der Banken und Versicherungskonzerne, geenüber kleinen Unternehmen. Das fehlt im SPD-Antrag enauso wie im Koalitionsantrag. (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie haben ja überhaupt keinen Antrag!)


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Leider wahr!)


Schauen Sie sich einmal die verschlüsselten Versiche-
ngsbedingungen und die unterschiedlichen, fast gegen-

ätzlichen Einkaufs- und Verkaufsbedingungen von Kon-
ernen an. Hier geht es nicht nur um unnötig komplizierte
rmale Regelungen. Hier geht es um die Ausübung

ackter wirtschaftlicher Macht. Hier geht es darum, dass
in Teil der Wertschöpfung kleiner Unternehmen mittels
chtlicher Vormacht von großen Unternehmen angeeig-

et wird. Dagegen will die Linke eine demokratische Bü-
kratiekontrolle. Ich wiederhole: eine demokratische
ürokratiekontrolle.


(Beifall bei der LINKEN – Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Oh! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wollen Sie wirklich mit uns über Demokratie reden?)


ir wollen die Überwachung und Einschränkung von
llgemeinen Geschäftsbedingungen, nicht nur zum
chutz der Verbraucher, sondern auch zum Schutz der
,6 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen, die
as Rückgrat unserer Wirtschaft sind.

Nehmen wir das Supply Chain Management in der
utomobilbranche. Das ist eine reine Abwälzung der
esentlichen Produktionsschritte durch den auftragge-
enden Großkonzern auf den mittelständischen Zuliefe-
r, der den Druck seinerseits dann an noch kleinere Zu-
eferer weitergibt. Dadurch entsteht ein Preisdruck, der
n Existenzen nagt. Die Erpressung durch Konzerne, die
arin zum Ausdruck kommt, dass Zulieferer Innovatio-
en in großem Umfang vorfinanzieren müssen, was ihre
igene Finanzierungskraft übersteigt, gehört überwun-
en.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Genau! Alles verstaatlichen!)


enn dann der Auftraggeber die Zahlungen verzögert,
eht wieder ein Zulieferer pleite.





Dr. Diether Dehm


(A) )


)(B)

Welche Bürokratie verlangen BMW und Daimler, be-
vor sie einen Reparaturbetrieb vor Ort lizenzieren! Die
Produkte, die die Konzerntore verlassen, ob Pkw oder
Monitore, sind häufig kurzlebig; ihre Lebensdauer über-
steigt oft nur knapp die Garantiezeit. Die Linke will da-
rum eine Reparaturoffensive unbürokratischer Art. Kon-
zerne müssen gezwungen werden – das ist dann
notwendige Bürokratie –, wieder reparaturfreundlich zu
produzieren, damit jeder Handwerker unbürokratisch re-
parieren kann,


(Beifall des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


weniger Module weggeworfen werden, mehr Stoffe ge-
spart und mehr Arbeitsplätze, auch in infrastruktur-
schwachen Regionen, geschaffen werden. Eine Repara-
turoffensive ist für unser Handwerk das Gebot der
Stunde.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Ulrich Kelber [SPD])


Das heißt: mehr Freiheit für Kleinunternehmen und we-
niger Freiheit für Konzerne und Banken. Das ist die
Lösung, die die Linke übrigens auch in ihrem Parteipro-
gramm festgeschrieben hat. Die Linke ist so mittel-
standsfreundlich wie keine andere Partei und setzt sich
für kleine und mittlere Unternehmen ein.


(Beifall bei der LINKEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Was? Sie und Mittelstand? Da fallen mir ja die restlichen Haare aus!)


Es wäre jetzt naheliegend, auf die Banken und ihr
Kerngeschäft zu verweisen. Wer einmal einen Kreditan-
trag bei einer großen privaten Bank ausgefüllt hat, weiß,
was Bürokratismus ist. Das ist entwürdigend und hat
nichts mit den Sonntagsreden zu tun, die Sie gelegent-
lich für KMU halten.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wir tun was dafür!)


Sparkassen und öffentliche Banken sind halt bessere
Partner für das Handwerk und den Mittelstand – auf je-
den Fall bessere Partner als die Ackermänner und die
Deutsche Bank.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Linke verschließt nicht die Augen vor dem Büro-
kratismus. Hier ist sie die einzige Partei gegen bürokrati-
sierende Konzerne und Großbanken. Sie schiebt das al-
les nicht nur auf die öffentliche Hand, auf den Staat. Es
ist ja teilweise wohlfeil, wie Sie den Staat hier immer auf
die Anklagebank setzen, als ob der Staat der einzige Pro-
duzent von Bürokratismus ist, während Sie die Konzerne
und Großbanken dabei außen vor lassen.

Die Linke will eine antimonopolistische Deregulie-
rung. Das ist die Regulierung, die wir brauchen.


(Beifall bei der LINKEN)


Eiserne Regeln für die Ackermänner und die Finanz-
märkte, weniger Druck auf die kleinen und mittleren Un-
ternehmen, das ist das Gebot der Stunde. Das hat durch-
aus mit Antikapitalismus zu tun, aber auch mit starken

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(C (D leinen privaten Unternehmern, die wir wollen – übriens auch im Sozialismus. (Beifall bei der LINKEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Donnerwetter: Mittelstand und Sozialismus!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713900800

Ich erteile das Wort jetzt der Kollegin Christine

cheel, Bündnis 90/Die Grünen.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713900900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Dr. Dehm, zur Reparaturklausel.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Gute Idee!)


h glaube, Sie müssen noch einmal darüber nachden-
en,


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Warum?)


ie es funktionieren soll, dass die Arbeitsplätze im
andwerk dann auch erhalten bleiben.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Da hat sie sogar recht! – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Wenn mehr repariert wird!)


Das haben wir schon verstanden.

Ich würde ganz gerne einmal etwas aufgreifen, was in
em Antrag der CDU/CSU so schön geschrieben steht.
h zitiere das gerade noch einmal:

Gerade die mittelständische Wirtschaft als unver-
zichtbarer Wachstums- und Beschäftigungsfaktor
und Stabilitätsgarant in der globalisierten Welt sieht
sich überproportionalen bürokratischen Lasten aus-
gesetzt.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Stimmt!)


Deren Sinnhaftigkeit und Zeitgemäßheit stehen
vielfach zu Recht in Frage. Statt in die eigene Wett-
bewerbsfähigkeit müssen die Unternehmen Zeit
und Geld in häufig überflüssige Bürokratie „inves-
tieren“.

ehr verehrte Damen und Herren von der Union, das ist
öllig richtig. Die Frage ist nur, welche Konsequenzen
ie in den letzten Jahren daraus gezogen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Andrea Wicklein [SPD] – Kai Wegner [CDU/CSU]: Eine ganze Menge! Über 10 Milliarden Euro!)


Mit einem bestimmten zeitlichen Abstand legen Sie
mer wieder einen schönen Antrag vor. Letztens haben

ie einen Antrag eingebracht, in dem Sie sich auch mit
er Bürokratie und dem Mittelstand beschäftigt haben.
ieser Antrag enthielt, wenn ich mich recht erinnere,
5 Punkte. Nur 4 davon sind umgesetzt bzw. beibehalten
orden. Alles andere, was in dem Antrag stand, haben
ie weder gesetzgeberisch noch über Verordnungen auf
en Weg gebracht. Das heißt, Anspruch und Wirklich-
eit gehen bei dieser Koalition völlig auseinander.





Christine Scheel


(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir sind der Meinung, dass es nicht reicht, im Halb-
jahresrhythmus eine unnötige Bauchpinselei zu betrei-
ben, wenn man eine gewissenhafte und seriöse Politik
für den Mittelstand machen will, sondern der Mittelstand
hat zu Recht den Anspruch, dass Sie als Regierung etwas
dafür tun, dass wirklich Bürokratie abgebaut wird.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das machen wir!)


Hier nutzt es auch nichts, wenn man sagt: Wir haben den
Mittelstand um 10 Milliarden Euro entlastet. – Auf dem
Papier ja, aber in der Realität nein.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Warum?)


Lieber Ernst Hinsken, wir sagen immer wieder: Das
muss ankommen. Es ist zum großen Teil aber nicht an-
gekommen, weil von diesem Entlastungsprogramm im
Umfang von 10 Milliarden Euro ein ganz großer Teil
noch nicht einmal umgesetzt worden ist; das ist die
Wahrheit. Man kann deshalb nicht sagen: Das haben wir
super gemacht. – Angepeilt wurde eine Reduzierung der
Bürokratiekosten um 25 Prozent, ein großer Teil – die
Kollegin der SPD hat das auch angesprochen – ist aber
überhaupt nicht vollzogen.

Wir fragen uns, wie Sie das bis zum Jahresende schaf-
fen wollen. Sie haben keinen einzigen Antrag in dieses
Parlament eingebracht, aus dem ersichtlich würde, dass
ein Teil dieser Vorgaben, die Sie sich selbst gesetzt ha-
ben, noch in dieser Jahresfrist angegangen wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Verbände – damit meine ich nicht nur die großen
Verbände, sondern ich rede auch von denen, die vor Ort
im Handwerksbereich oder im gewerblichen Bereich ak-
tiv sind – sagen ganz klar, dass die versprochenen Leis-
tungen dieser Regierung nicht bei ihnen angekommen
sind. Man kann sich die einzelnen Beispiele anschauen.

Thema ELENA. Aussagekräftig wird die Zahl von
10 Milliarden Euro an eingesparten Bürokratiekosten
erst dann, wenn man einmal das gegenrechnet, Herr
Burgbacher, was Sie aufgrund des ständigen Hickhacks
beim ELENA-Verfahren an Belastungen für die Unter-
nehmen verursacht haben. Laut den Spitzenverbänden
sind für die Wirtschaft etwa 300 Millionen Euro an Be-
lastungen entstanden, weil Sie dieses Hickhack verur-
sacht haben. Ergebnis: Das Verfahren wurde zwar nicht
umgesetzt, aber die Belastung ist bei der Wirtschaft hän-
gen geblieben. Solche Belastungen muss man berück-
sichtigen, wenn man über Bürokratieabbau spricht. Das
wäre eine ehrliche Aussage, aber das tun Sie leider nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Andrea Wicklein [SPD])


Sie haben durch Doppelbelastungen Kosten verursacht.
Auch das müssen Sie benennen.

Der Normenkontrollrat – er ist auch aus unserer Sicht
ein hervorragendes Gremium – sollte mit ein bisschen

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(C (D ehr Power in dem Sinne ausgestattet werden, dass er ehr Befugnisse bekommt. Der Normenkontrollrat hat esagt: Diese Regierung hat noch keine konsistente -Strategie vorgelegt. Sie können nicht erwarten, dass in Normenkontrollrat eine IT-Strategie zum Thema Entürokratisierung entwickelt, sondern es ist die Pflicht nd die Aufgabe dieser Koalition, das zu tun, damit der ormenkontrollrat prüfen kann, ob Sie das vernünftig mgesetzt haben. Bedauerlich ist auch, dass das Thema Forschungsförerung für den Mittelstand im Zusammenhang mit dem ürokratieabbau überhaupt nicht mehr auftaucht. (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh ja!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ieses Thema hat sehr viel mit Bürokratieabbau zu tun.
ir wissen, dass die steuerliche Forschungsförderung
das zeigen uns die Beispiele aus anderen europäischen
ändern – für die Unternehmen mit Abstand die unbüro-
ratischste Förderung in den Bereichen „Innovation“
nd „Förderung von neuen Technologien“ ist.

Sie haben uns von Anfang an versprochen – das steht
uch im Koalitionsvertrag –, dass diese Forschungsför-
erung kommen wird. Aber bis heute ist sie nicht umge-
etzt. Auch dieses Thema gehört in einen solchen An-
ag. Aber darum haben Sie sich wieder herumgemogelt.
ie reden ja nicht einmal mehr darüber. Hier sehen wir
in Manko; denn diese Art von Förderung würde eine
irkliche Entlastung bedeuten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Stichwort Bilanzierung. Es wurde auf der europäi-
chen Ebene lange darüber diskutiert, dass eine Befrei-
ng von kleinen GmbHs und kleinen Personengesell-
chaften von der Pflicht zur Bilanzierung, ähnlich wie
as bei Einzelkaufleuten hinsichtlich der Grenzwerte
öglich ist, sehr viel helfen würde. Aber nein! Ich ver-
ute einmal, dass sich der Steuerberaterverband an die-

er Stelle wieder durchgesetzt hat. Die Unternehmen,
uch die ganz kleinen GmbHs mit wenig Umsatz, sind
lso verpflichtet, eine Bilanz vorzulegen, wofür sie im
urchschnitt 2 500 Euro zahlen. Dieses Geld würde in
en kleineren Unternehmen, in GmbHs mit geringen
msätzen, für Wichtigeres als für eine unnötige Bilan-

ierung gebraucht.

Wir wünschen uns, dass Sie hier endlich Farbe beken-
en. Die EU-Kommission hat geschätzt, dass es hier um
,3 Milliarden Euro geht. Das betrifft 5,3 Millionen Un-
rnehmen auf der europäischen Ebene. Hier könnten Sie
tig werden, wenn Sie wollten; denn es ist möglich,
ass Deutschland hier vorangeht. Wir müssen feststel-
n, dass hierzu auf der europäischen Ebene zwar Vor-

chläge gemacht worden sind, Sie aber dafür gesorgt ha-
en, dass es in Europa zu einer ganz eigenartigen
ompromisslösung gekommen ist, die uns bei diesem
roblem nicht weiterbringt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)






Christine Scheel


(A) )


)(B)

Auch die Einführung einer Europäischen Privatge-
sellschaft ist ein wichtiges Thema für den exportieren-
den deutschen Mittelstand. Auch hierzu fehlt es in Ihrem
Antrag an Vorschlägen, ganz abgesehen vom Thema
Bürgerbeteiligung bei Planungs- und Genehmigungsver-
fahren, ganz abgesehen von der Frage der Entbürokrati-
sierung bei Visumverfahren, ganz abgesehen davon, wie
aus Ihrer Sicht ein wirklicher Bürokratieabbau vonstat-
tengehen soll.

Dafür braucht es eine Strategie. Auf diese Strategie
wartet der Mittelstand zu Recht. Auf diese Strategie war-
tet auch die Opposition, weil wir uns gerne damit aus-
einandersetzen würden, was Sie im nächsten Jahr tun.
Aber dazu braucht es nicht nur wohlfeile Worte, sondern
eine Vorlage, aus der man das erkennt.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie sind ja leider nicht mehr dabei! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: War das die Abschiedsrede? Dann hätte ich mitgeklatscht!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713901000

Die Kollegin Claudia Bögel erhält jetzt das Wort für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Claudia Bögel (FDP):
Rede ID: ID1713901100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! 90 Prozent der Weltbevölkerung – davon bin
ich fest überzeugt – würden gerne mit dem deutschen
Elend tauschen: Die Arbeitslosenzahlen sind so niedrig
wie seit 20 Jahren nicht. Die Wirtschaft ist robust, der
Umsatz stetig. Die Binnennachfrage steigt, den Men-
schen geht es gut.

Wir alle wissen: Das liegt an den mittelständischen
Unternehmen, die mit Fleiß, Erfindergeist und sozialver-
antwortlichem Handeln wesentlich zu unserem Erfolg
beitragen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: 15 000 Insolvenzen jedes Jahr!)


Das liegt aber auch an der Politik, die in den vergange-
nen Jahren die richtigen Impulse gesetzt hat.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das stimmt! Davon profitieren wir seit zwei Jahren!)


Die kleinen und mittleren Unternehmen haben mit Risiko-
und Leistungsbereitschaft Wachstum, Wohlstand und
Innovation in Deutschland gesichert. Der Erfolgskurs des
Mittelstandes muss gefestigt werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir halten keine Sonntagsreden;


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Aber ja! Sie haben 15 000 Insolvenzen!)


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(C (D ir handeln. Wir müssen die Unternehmen weiterhin eutlich von Bürokratie entlasten. Stichworte dazu sind um Beispiel Steuervereinfachung, Beschleunigung von lanungsund Genehmigungsverfahren, Frühwarnsysme für EU-Regulierung und anwenderfreundliche lektronische Behördendienste. Die vordringlichste Aufgabe dabei ist, die Rahmenbeingungen für unsere mittelständische Wirtschaft kontiuierlich zu verbessern und den Fokus auf die Entfaltung on Wettbewerb zu legen, weg von bürokratischen Hinernissen, weg von ökologischer Diktatur (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Was ist denn eine ökologische Diktatur? – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das würde mich auch interessieren, was eine ökologische Diktatur ist!)


nd weg von sozialistischer Zwangsregulierung hin zum
ialog mit der Politik, zum Handeln und Mitarbeiten zu-
unsten weniger Bürokratie.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wie besang es schon Reinhard Mey vor vielen Jahren
o schön:

Einen Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars,
zur Bestätigung der Nichtigkeit des Durchschrift-
exemplars, dessen Gültigkeitsvermerk von der Be-
zugsbehörde stammt, zum Behuf der Vorlage beim
zuständigen Erteilungsamt.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Singen! – Ulrich Kelber [SPD]: Zu dem Zeitpunkt hat die FDP regiert!)


ottlob, davon sind wir nun um einige Längen entfernt.
ir sind aber noch lange nicht am Ziel.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713901200

Frau Kollegin Bögel, der Kollege Dehm würde gerne

er Sache mit dem Antragsformular nachgehen.


Claudia Bögel (FDP):
Rede ID: ID1713901300

Nein.


(Ulrich Kelber [SPD]: Die Vorlesung darf nicht unterbrochen werden!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713901400

Na ja, dann eben nicht.


Claudia Bögel (FDP):
Rede ID: ID1713901500

Ein Weg dorthin ist die freiwillige Betriebsprüfung mit

ur einem Abschlussbericht – das spart Zeit und Geld –
der der Abbau von Hindernissen für die elektronische
ommunikation mit der Verwaltung. Das gesetzlich vor-
esehene Ungetüm mit dem Namen „Schriftformerforder-
is“ ist sicherlich kein Erfordernis, sondern eher ein Hin-
ernis. Die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen für





Claudia Bögel


(A) )


)(B)

Unternehmen und private Haushalte können wir vereinfa-
chen, indem wir das Handels-, Steuer- und Sozialrecht
vereinheitlichen und verkürzen.

Die Entlastung durch Bürokratieabbau in Wirtschaft,
Verwaltung und bei den Bürgerinnen und Bürgern be-
läuft sich schon jetzt nachweislich auf 10 Milliarden
Euro jährlich, nicht zuletzt durch die Stärkung des Nor-
menkontrollrates und durch bessere Rechtsetzung. Das
Ziel lautet: Reduktion der Bürokratiekosten für die Wirt-
schaft um 25 Prozent.

Jedes Verfassungsorgan kann seit Beschluss der Ko-
alition seine Initiativen dem Nationalen Normenkon-
trollrat zuleiten. Diese Initiative wird dazu führen, dass
es demnächst zum guten Ton gehört, sich bei der Ein-
bringung von Gesetzesinitiativen erst der Expertise des
NKR zu bedienen.

Dies sind nur einige Beispiele, bei denen Bürokratie
abgebaut und Geld gespart werden kann. Das ist Geld,
das der Mittelstand besser zu investieren weiß. Zahlrei-
che Maßnahmen des Programms „Bürokratieabbau und
bessere Rechtsetzung“ wurden bereits umgesetzt. Der
Mittelstand braucht von der Politik ein klares Bekenntnis
zur sozialen Marktwirtschaft, weg von sozialistischen
Zwangsregulierungen. Der Mittelstand braucht von der
Politik klare Vorgaben und nicht noch mehr Papierbögen
und Durchschläge. Der Mittelstand braucht von der Poli-
tik ein klares Bekenntnis zu einem gesunden Verhältnis
von staatlichen Rahmenvorgaben und individueller Frei-
heit.

Gesellschaftliche Verantwortung ist, auch wirtschaft-
lich gesehen, ein Erfolgsfaktor für den Mittelstand und
wird durchaus gezielt eingesetzt, um die Wettbewerbsfä-
higkeit zu stärken. Dies muss in jedem Fall auf dem
Prinzip der Freiwilligkeit basieren.

Diese Koalition wird auch weiterhin neue Freiräume
schaffen und Chancen für Investition und Beschäftigung
eröffnen. Ein Zentralkomitee, das dem Mittelstand die
Vorgaben diktiert, das wollen wir nicht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Oh, klasse!)


Der Mittelstand ist unser Garant für Leistung, Innova-
tion und Fortschritt. Wir werden unseren Erfolgskurs so-
mit fortsetzen und die Unternehmen durch weiteren Bü-
rokratieabbau in ihrer Leistungskraft stärken, für noch
mehr Arbeits- und Ausbildungsplätze, für noch mehr
Innovationen und für noch mehr Fortschritt und Wachs-
tum.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713901600

Zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Dehm

das Wort.

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(C (D Ich hätte Ihnen lieber eine Zwischenfrage gestellt; ber Sie wollten das ja nicht zulassen. Sie haben am Anfang Ihrer Rede sinngemäß gesagt: iele Mittelständler anderer Kontinente würden gerne in em Elend bei uns leben. Dann sprachen Sie von der berwindung der ökologischen Diktatur. Beides veransst mich dazu, Sie, erstens, zu bitten, über die Gefahr er Inflationierung des Wortes Diktatur nachzudenken, (Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Haben Sie ja auch gesagt!)

Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713901700

nd, zweitens, dem Hohen Hause zu erklären, was Sie
it „ökologischer Diktatur“ meinten und damit, dass es

ehr viele Menschen auf anderen Kontinenten gebe, die
erne in diesem – in Anführungszeichen – „Elend“ bei
ns leben würden.


(Beifall bei der LINKEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Recht intelligent war die Frage ja nicht!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713901800

Bitte, zur Erwiderung.


Claudia Bögel (FDP):
Rede ID: ID1713901900

Herr Dehm, ich habe nicht davon gesprochen, dass

er europäische Mittelstand oder wer auch immer hier in
nserem Elend leben möchte. Ich habe nur gesagt: Ich
in der festen Überzeugung, dass 90 Prozent der Ange-
örigen der Staaten in unserer Welt mit unserem deut-
chen Elend – das habe ich ironisch gemeint; ich sage
as, damit es Ihnen verständlich wird – zufrieden wären.
s wundert mich immer wieder, wenn die Opposition
ier behauptet, in welchem Elend wir hier angeblich le-
en; denn das kann ich absolut nicht feststellen.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Jetzt kommt die ökologische Diktatur!)


Ökologische Diktatur, das ist ein Aufzwingen anderer
ebensweisen auf jeden Menschen in dieser Republik,
nd das möchte ich nicht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das ist Diktatur! Da klatschen sie auch noch! – Gegenruf des Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das haben Sie davon, dass Sie so dumm gefragt haben!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713902000

Nächste Rednerin ist die Kollegin Rita Schwarzelühr-

utter für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1713902100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Stichwort
kodiktatur: Sie haben wohl noch nie etwas von Mese-
erger Beschlüssen, Klimawandel und ökologischer





Rita Schwarzelühr-Sutter


(A) )


)(B)

Wende – was hat Ihre Regierung erst in diesem Frühjahr
beschlossen? – gehört. Mir gefällt jedoch das Schlag-
wort von der antimonopolistischen Deregulierung. Ich
verweise auch auf das von Herrn Burgbacher angespro-
chene Laisser-faire.

Nach Max Weber ist eine moderne Bürokratie ein ef-
fizientes Mittel, um das Zusammenleben einer Vielzahl
von Menschen zu organisieren. Transparenz schützt vor
Willkür. Sie verhindert Korruption und Günstlingswirt-
schaft. Beamte halten sich natürlich an fixierte Regeln. –
So weit die Theorie. Bürokratie als funktionierende Ver-
waltung ist in einem Staatswesen somit sinnvoll und not-
wendig.


(Beifall bei der SPD)


Bürokratismus dagegen belastet Bürgerinnen und
Bürger und vor allem Unternehmen. Jedem von uns, der
an die Steuererklärung denkt, treibt es die Schweißtrop-
fen auf die Stirn. Für Unternehmen ist Bürokratie nicht
nur Aufwand, sondern bedeutet auch erhebliche Kosten.
Darüber hinaus bringen übermäßige Regelungen und
Vorschriften für deutsche Unternehmen Nachteile im in-
ternationalen Wettbewerb. Der Mittelstand, besonders
das Handwerk, kämpft mit der überbordenden Bürokra-
tie. Die Betriebe wollen sich auf ihre produzierende Tä-
tigkeit konzentrieren und sich nicht mit unproduktiven
Lasten herumschlagen.

Die knappen Personalressourcen müssen da einge-
setzt werden, wo sie produktiv sind, nicht für unproduk-
tive Bürokratie. Manchmal braucht man sogar Fach-
kräfte, um die Bürokratie zu bewältigen. Neben
Personalkosten entstehen auch Sachkosten, die nicht un-
erheblich sind. Zehntausende von Nachweis-, Dokumen-
tations- oder Berichtspflichten müssen Unternehmen er-
füllen. Bürokratismus bedroht die Rentabilität und
Innovationskraft von kleinen und mittleren Unterneh-
men und besonders von Handwerksbetrieben.

Auch wenn man bedenkt, dass der Aufwand für unnö-
tige und überflüssige Bürokratie von 2006 bis jetzt um
ungefähr 10 Milliarden Euro abgebaut werden konnte,
sollten Sie das nicht schönreden. Es fehlen immer noch
einige Milliarden Euro, bis das 25-Prozent-Ziel dieser
Regierung erreicht ist. Die anfänglich beim Bürokratie-
abbau spürbare Dynamik hat zuletzt erkennbar nachge-
lassen. Typisch für diese Koalition: Sie ist kraft- und
saftlos. Ich will als ein Beispiel die E-Bilanz nennen.
Man geht in der Zwischenzeit davon aus, dass eine
Mehrbelastung von insgesamt 3,15 Milliarden Euro auf
den Mittelstand zukommt. Gut gemeint ist nicht gut ge-
macht.


(Beifall bei der SPD)


Eine Onlineumfrage des Baden-Württembergischen
Handwerkstages von Anfang dieses Jahres hat im Übri-
gen ein interessantes Ergebnis hervorgebracht. Nur
27 Prozent der Handwerker, die sich an der Umfrage be-
teiligt haben, haben das Gefühl, dass sie tatsächlich ent-
lastet werden.

Ich möchte auf ein aktuelles und besonders ärgerli-
ches Exempel von grenzüberschreitendem Bürokratis-

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(C (D us eingehen. Herr Burgbacher, ich schaue einmal in re Richtung. Sie kennen es; die Schweiz liegt nicht eit von Ihrem Wahlkreis entfernt. In der Schweiz müs en deutsche Handwerker eine Kaution von 5 000 bis 0 000 Franken hinterlegen. (Birgit Homburger [FDP]: Das haben die Schweizer entschieden!)


Das hat die Schweiz entschieden, und die Bundesre-
ierung wollte das – Herr Brüderle hat das versichert –
ilateral klären. Sie hat aber leider nichts zustande ge-
racht.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Versagt!)


iel versprochen, wenig realisiert.


(Beifall bei der SPD)


Hier geht es den Handwerkern tatsächlich an den Kra-
en. Sie müssen nämlich zum einen eine Kaution hinter-
gen – jetzt gibt es auch eine Bürgschaft; die muss man
atürlich bezahlen – und zum anderen bei einer Lohndif-
renz von zum Beispiel nur 35 Franken, die vielleicht

nfällt, eine Strafe von 1 500 Franken bezahlen. Für
leine und mittlere Handwerksunternehmen ist das eine
atastrophe.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Die Bundesregierung guckt zu! – Ulrich Kelber [SPD]: Das will Herr Brüderle nicht hören!)


ie feiern heute Ihre vermeintlichen Erfolge, gleichzeitig
ird an anderen Stellen ein Bürokratiemonster aufge-
aut. Da hilft der Satz: „Wir lassen die Unternehmen at-
en“ wenig. Nein, die Unternehmen brauchen Unter-

tützung und müssen wirklich entlastet werden.


(Beifall bei der SPD)


Wir wollen keine Markteintrittsbarrieren, und wir
rauchen auch auf europäischer Ebene eine Entlastung.
in bloßes Bekenntnis, sich auch bei europäischen
echtsetzungsverfahren für ein geringes Maß an Büro-
ratie einzusetzen, ist zu wenig. Unternehmen wollen
ich auf eine einfache und qualitativ hochwertige Recht-
etzung verlassen können. Deshalb brauchen wir einen
uropäischen Normenkontrollrat. Die Grundprinzipien
iner guten Gesetzgebung sind Transparenz, Verantwort-
chkeit, Verhältnismäßigkeit, Konsistenz und Zielerrei-
hung. Mit der Zielerreichung hapert es bei Ihnen.

ürde sich nämlich die Bundesregierung an diese Prin-
ipien halten, würden nicht immer neue Bürokratien ent-
tehen.

Die schwarz-gelbe Regierung muss nun endlich mit
em Ernst machen, was sie hier ankündigt, um in den
erbliebenen zwei Jahren tatsächlich noch zu dem Ziel
u kommen, das sie uns versprochen hat.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713902200

Das Wort erhält nun der Kollege Andreas Lämmel für

ie CDU/CSU-Fraktion.





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1713902300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Der berühmte deutsche Raketentechniker Wernher
von Braun wurde einmal auf die Auswüchse der Büro-
kratie auf seiner Arbeitsstelle in der NASA angespro-
chen, und er sagte den folgenden Spruch: Wir können
die Schwerkraft mit unserer Technologie überwinden,
aber der Papierkram erdrückt uns.

Das ist das Gefühl, das auch sehr viele Unternehmer
und Bürger mit dem Thema Bürokratie verbinden. Büro-
kratie ist ein sehr emotional diskutiertes Thema, und in
den letzten Jahren – hierbei schaue ich in die Reihen der
Grünen; Frau Scheel hat sich vorhin so ereifert – und
insbesondere zu rot-grünen Zeiten eierte man beim
Thema Bürokratieabbau hin und her und brachte nichts
zustande. Die Grundlagen, die wir mit dem Nationalen
Normenkontrollrat gelegt haben, hatte man damals noch
nicht. Man konnte die Bürokratiekosten gar nicht richtig
beziffern. Deswegen muss man doch festhalten – und
das wird seitens der Opposition durchaus gewürdigt –,
dass wir beim Abbau der Bürokratie in Deutschland seit
2006 einen riesigen Sprung gemacht haben.

Den Bürokratieabbau an sich kann man durch Gesetz
befehlen, aber letztendlich muss ein Bewusstseinswan-
del eintreten. Jeder muss sich immer wieder klarmachen,
dass zusätzliche Bürokratie die Wirtschaft und die Bür-
ger belastet. Deswegen muss jeder, der über Gesetzes-
texte oder Verordnungen nachdenkt, auch das Thema
Bürokratieabbau im Hinterkopf haben. Ein solcher Be-
wusstseinswechsel ist jedoch nicht innerhalb eines Jah-
res erreichbar, sondern ein mittel- und langfristiger Pro-
zess.

Blicken wir doch einmal kurz zurück. Als wir 2006 in
der Großen Koalition mit dem Bürokratieabbau Ernst
machten, waren andere Länder schon weiter.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Hedgefonds!)


Zum Beispiel hatten die Holländer schon viele Erfahrun-
gen mit dem Bürokratieabbau gesammelt, und auch in
Schweden und Großbritannien war man schon viel wei-
ter. Aber jetzt, nach der Arbeit der letzten fünf Jahre, ist
Deutschland eindeutiger Spitzenreiter, und zwar erstens
hinsichtlich der theoretischen Grundlagen des Bürokra-
tieabbaus und zweitens hinsichtlich dessen, was wir bis-
her wirklich geschafft haben. Das bescheinigt uns auch
der Nationale Normenkontrollrat in seinem fünften Jah-
resbericht, den er im September vorgelegt hat. Insofern
können Sie dies nicht einfach ignorieren.

10 Milliarden Euro an Bürokratiekosten sind der
deutschen Wirtschaft nachweisbar erspart worden. Es
sind zwar immer noch 40 Milliarden Euro, die auf der
Wirtschaft lasten, aber 10 Milliarden Euro Einsparungen
sind ein erstes Pfand, das wir in der Hand haben, um auf
diesem Wege weiterzugehen.

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(C (D Die Europäische Union hat noch lange nicht den tand erreicht, den wir in Deutschland erreichen konnn. Wir haben mehrere Mittelstandsentlastungsgesetze emacht und damit die deutsche Wirtschaft entlastet. (Andrea Wicklein [SPD]: In der Großen Koalition!)


Wenn man sich den Bericht anschaut, findet man sehr
teressante Zahlen: Trotz eines Abbaus von 10 Milliar-

en Euro an Bürokosten, sind 1 500 neue Informations-
flichten über Gesetze eingeführt worden. Jetzt muss
an natürlich den Saldo berechnen; das ist ganz klar.
er Nationale Normenkontrollrat beziffert die Entlas-
ng auf 8,5 Milliarden Euro und die Mehrbelastung auf

Milliarde Euro. Somit kommt er zu ungefähr 7,5 Mil-
arden Euro an direkter Entlastung.

Man hat in den letzten fünf Jahren auch ziemliche
usschläge im Gesetzgebungsprozess erlebt. Wir haben

um einen das Steuervereinfachungsgesetz 2011, das aus
icht des Nationalen Normenkontrollrats zu 4,05 Mil-
arden Euro Entlastung geführt hat. Zum anderen hat
eispielsweise das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz
ine Entlastung von 2,5 Milliarden Euro gebracht. Im
egenzug – und das ist hoch kritisch – hat das Gesetz

ur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie eine ein-
ige Branche mit Bürokratiekosten in Höhe von einer
alben Milliarde Euro belastet.

Man muss also immer genau hingucken, wenn man
ber das Thema spricht: Was steht auf der positiven
eite? Was steht auf der negativen Seite?

Auf der wirklich positiven Seite der letzten fünf Jahre
teht die Aussage des Nationalen Normenkontrollrats,
ass sich die Qualität der ausgearbeiteten Gesetzent-
ürfe deutlich verbessert hat. Meine Damen und Herren,

s ist doch schon ein Wert an sich, wenn sich die Recht-
etzung auch mithilfe der Arbeit des Nationalen Nor-
enkontrollrats verbessert hat.

Natürlich gibt es noch Baustellen; das ist doch ganz
lar. Schließlich befinden wir uns mitten im Prozess.

Erstens. Ein Beispiel ist die Spürbarkeit des Abbaus.
as ist ständig Thema, und wenn wir mit unseren aus-
ndischen Freunden reden, sagen uns diese, dass es bei
nen nicht anders ist. Es ist nun einmal so: Wenn eine
formationspflicht wegfällt, merkt das Unternehmen

ies nicht unbedingt. Denn das Unternehmen wartet
icht darauf, dass das Statistikamt oder sonst irgendje-
and einen Fragebogen schickt, den es auszufüllen hat,

m seiner Informationspflicht nachzukommen. Aber die
pürbarkeit des Abbaus – das stellt der Nationale Nor-
enkontrollrat ganz klar fest – muss noch verbessert
erden. Einige diesbezügliche Vorhaben stehen ja auch
unserem Antrag. Wenn wir diese Vorhaben umsetzen,

ann wird auch die Spürbarkeit deutlich stärker werden.

Zweitens. Die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger
t eine weitere Baustelle, die im Rahmen des Bürokra-
eabbaus jetzt auch in Angriff genommen werden muss.
ir müssen hier für weitere Beschleunigung sorgen. Das
t gar keine Frage. Aber die letzten 20 Prozent, wenn
an schon 80 Prozent der Themen abgeräumt hat – das





Andreas G. Lämmel


(A) )


)(B)

wissen auch Sie genau –, zu verwirklichen, stellt einen
wirklich großen Schritt dar.

Drittens. Wir müssen erfassen, wie der Stand der Er-
füllung der Vorhaben ist.

Fassen wir einmal alles zusammen. Aus dem Bericht
des Nationalen Normenkontrollrates geht ganz klar her-
vor: Das System funktioniert. Die Rechtsetzung ist bes-
ser geworden. Der Bürokratieabbau ist im Fluss. Wir ha-
ben mit dem Normenkontrollrat ein hochmodernes
Instrument geschaffen, um das uns manche andere Parla-
mente und Regierungen beneiden.

Wir wollen deswegen auf diesem Wege weitergehen.
Ich bitte Sie ganz einfach, unseren vorliegenden Antrag
zu unterstützen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713902400

Nächste Rednerin ist die Kollegin Johanna Voß für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Johanna Voß (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713902500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren von der Koalition, einen schö-
nen Titel haben Sie gewählt: „Weniger … Belastungen
für den Mittelstand“. Wunderbar!


(Kai Wegner [CDU/CSU]: Danke schön!)


Dafür sind wir auch; doch die Wirklichkeit sieht ganz
anders aus. Der Mittelstand und insbesondere Handwer-
kerinnen und Handwerker wollen, dass ihre Probleme
ernst genommen und sie tatsächlich entlastet werden.
Leider weigern Sie sich, die Probleme überhaupt zu se-
hen. Das ergibt sich ganz klar aus den Antworten auf die
Kleine Anfrage, die Kolleginnen und Kollegen von mir
und ich zu den Handwerkskammern gestellt haben.

Der Beweis: In der Antwort auf unsere Kleine An-
frage schreiben Sie:

Die Bundesregierung sieht bei den Handwerkskam-
mern keine Missstände.

Das kann doch wohl nicht wahr sein. Die Selbstverwal-
tung der Kammern ist ein hohes Gut. Das heißt aber
nicht, dass man keine Kritik üben darf. Ohne Kritik
keine Verbesserungen. Verbesserungsbedarf gibt es
zweifellos.

Ein Beispiel sind die Regelungen zu den Handwerks-
kammerbeiträgen: Hier herrscht ein richtiger Paragra-
fendschungel. Da steht: Nur Personen, die eine gewerbli-
che Tätigkeit nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 der
Handwerksordnung ausüben und unter § 90 Abs. 3 fal-
len, müssen gemäß § 113 Abs. 2 Satz 4 bis 5 200 Euro
Jahresgewinn keinen Beitrag zahlen, wenn laut § 90
Abs. 4 – folgen Sie mir noch? – die Tätigkeit erstmals
nach dem 31. Dezember 2003 angemeldet wurde. – Al-
les verstanden?


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(C (D (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Kann man gar nicht! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ja, aber dafür können die Kammern nichts! Das haben wir gemacht! – Gegenruf des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das ist ja das, was sie gerade sagte!)


Das ist es ja. – Ich mache es einmal einfach: De facto
ieht die Handwerksordnung nämlich keine Beitragsbe-
eiung vor, egal ob Betriebe kaum Gewinne oder gar
erluste machen. Ganz paradox ist, dass häufig ein Be-
ieb, der keinen Gewinn macht, denselben Beitrag be-
ahlen muss wie ein Betrieb, der 20 000 Euro Jahresge-
inn ausweist; denn der Grundbeitrag ist in vielen
andwerkskammern einheitlich, während die Freigren-

en für Zusatzbeiträge meist zwischen 10 000 und
0 000 Euro liegen. Das ist ungerecht. Das geht an der
irklichkeit vorbei.


(Beifall bei der LINKEN)


ir brauchen gerechtere Beitragsordnungen, kleine und
leinstbetriebe müssen entlastet werden. Der Beitrag
uss an die Leistungsfähigkeit angepasst werden. Das
äre das Minimum, was hier zu leisten wäre.

Ich komme zu einem zweiten Punkt: die Wahlord-
ung. Sie antworten auf unsere Anfrage:

Als Regelfall geht die … Wahlordnung aber von
der Zulassung von mehreren Wahlvorschlägen und
der Durchführung einer Briefwahl aus.

o weit, so gut. Seit 1953 – da trat die Handwerksord-
ung erstmals in Kraft – wird nun alle fünf Jahre in jeder
er 53 Handwerkskammern die Vollversammlung ge-
ählt. Wissen Sie, wie oft tatsächlich mehrere Wahlvor-

chläge zugelassen wurden, das heißt, wie oft wirklich
ine Briefwahl stattgefunden hat? Ich kann es Ihnen sa-
en: im Ganzen dreimal.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Was? So häufig?)


uch Sie könnten merken, dass die Handwerksordnung
diesem Punkt den Praxistest nicht bestanden hat. Da
uss etwas geändert werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wollen selbstverständlich Handwerkskammern,
ie gut funktionieren, Kammern, die die Handwerkerin-
en und Handwerker entlasten und nicht belasten. Dazu
raucht man Wahlen, bei denen jede und jeder eine
hance hat, zu kandidieren. Bisher ist es nicht so. Bisher
üssen komplette Listen eingereicht werden, die noch

azu einen bestimmten Proporz für die Gewerke und den
enauen Proporz für die Regionen einhalten müssen.
as ist so aufwendig, dass nur die bestvernetzten Be-
iebe die Listenaufstellung überhaupt drucken können.
ie anderen bleiben außen vor. Sorgen Sie dafür, dass

ich hier etwas bessert!

Wie ernst die Lage für viele Handwerkerinnen und
andwerker ist, zeigen zahlreiche Briefe, die meine
raktion bekommen hat. Zum Beispiel heißt es in einem
ewsletter von friseur-intern im September dieses Jah-
s: Im Gegensatz zu CDU/CSU und FDP, die sich stets





Johanna Voß


(A) )


)(B)

als Sprachrohr für das Handwerk sehen, greift die Links-
fraktion den Unmut vieler Handwerksbetriebe auf.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich empfehle Ihnen: Öffnen Sie die Augen für diese
Probleme! Sie sind es doch, die in jeder Sonntagsrede
das Hohelied auf das Handwerk singen. Geben Sie But-
ter bei die Fische! Tun Sie etwas! Nicht die Bürokratie
insgesamt soll abgebaut werden, sondern der Bürokratis-
mus. Wir brauchen eine Handwerksordnung. Wir brau-
chen eine Regelung für den Beitrag, aber bitte eine ver-
nünftige und verständliche.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713902600

Nächste Rednerin ist die Kollegin Lena Strothmann

für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Lena Strothmann (CDU):
Rede ID: ID1713902700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Voß, ich will
meine Redezeit nicht dafür verwenden, Ihnen zu antwor-
ten. Aber als Handwerkerin will ich Ihnen gerne einmal
in einer stillen Stunde erklären, wie wir Handwerker die
Vorzüge der Selbstverwaltung des Handwerks sehen.


(Rainer Brüderle [FDP]: Das kennen die nicht von der Produktionsgenossenschaft! – Gegenruf der Abg. Johanna Voß [DIE LINKE]: Das war sehr praktisch!)


Ein Handwerksbetrieb hat im Durchschnitt acht Mit-
arbeiter: den Meister, die Gesellen und die Auszubilden-
den. In der Regel übernimmt die Ehefrau die Buchfüh-
rung, und eine Personal- und Rechtsabteilung gibt es in
unseren Betrieben nicht. Statistische Erhebungen, Mel-
depflichten und die vielen zusätzlichen Dinge werden
also von Mitarbeitern mit erledigt, die ansonsten Kosten-
voranschläge bearbeiten oder Löhne berechnen. Jede zu-
sätzliche Informations- und Dokumentationspflicht wird
als echte Belastung empfunden.

Nur um diese unnötigen Pflichten geht es bei dieser
Bürokratiedebatte. Viele Regelungen sind im Sinne der
sozialen Marktwirtschaft sogar notwendig. Nur geord-
nete Strukturen ermöglichen erfolgreiches unternehmeri-
sches Denken und sozialen Zusammenhalt. Aber unnö-
tige Bürokratie kostet Zeit und Geld.

Viele Rechtsgebiete sind durch ständige Veränderun-
gen und politische Kompromisse unüberschaubar ge-
worden. Unternehmer können Steuerrecht, Tarifrecht
und Hygieneverordnungen ohne externen Rat oft über-
haupt nicht mehr überblicken.

Wir alle sind für Bürokratieabbau. Jeder beklagt sich.
Aber leider übersteigt oft – das ist meine Wahrnehmung –
die Angst vor Veränderung das Interesse an Erneuerung
in unserem Land. Hier ist noch viel Überzeugungsarbeit
zu leisten. Denn leider ist die öffentliche Wahrnehmung,
was die Abschaffung von Bürokratie angeht, sehr gering.

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(C (D s gibt viele Pflichten, die für die Unternehmen keinen ehrwert haben. Insgesamt übernehmen die deutschen nternehmen 651 Tätigkeiten, für deren Kosten sie alin aufkommen. Die Rahmenbedingungen für erfolgrei hes Unternehmertum orientieren sich aber an Auftragsge, Fachkräften, Investitionen usw. Die Wirtschaftslage in unserem Land ist im Augenlick gut, auch im Handwerk. Aber möglicherweise ommen schwierige Zeiten auf uns zu. Deshalb ist die ntlastung unserer Betriebe so wichtig, vor allem bei en Dingen, die den Staat nichts kosten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir arbeiten hier
ktiv auf zwei Ebenen: zum einen Abbau von Bürokratie
ei bestehenden Gesetzen und zum anderen die Vermei-
ung von Bürokratie bei neuen Gesetzen. Hier kommt
em Nationalen Normenkontrollrat eine wichtige Auf-
abe zu. Seine Einsetzung und die Behandlung des The-
as auf höchster Ebene, nämlich direkt im Kanzleramt,

ehören meiner Meinung nach zu den Meilensteinen der
olitischen Entscheidungen in den letzten Jahren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Über das Abbauziel von 25 Prozent haben wir vor
nf, sechs Jahren lange diskutiert. Uns war klar, dass

iese Marke sehr anspruchsvoll ist. In den vergangenen
ahren haben wir viele Gesetze überprüft. Es gibt viele
rfolgsnachrichten – einige sind hier schon genannt
orden –, auch für das Handwerk.

Ich will Ihnen Beispiele nennen. Im MEG III haben
ir damals die Grundlage für die Handwerkszählung ge-

ndert. Mindestens 460 000 der 1 Million Handwerksbe-
iebe haben davon profitiert. Das heißt, wir greifen nicht
ehr auf direkte Erhebungen in den Betrieben zurück,

ondern nutzen bereits vorliegende Verwaltungsdaten.
ie erste Handwerkszählung fand im Sommer statt, und

ie ist gut verlaufen.

Ein zweites Beispiel. Auch die Entfristung bei der Ist-
esteuerung ist ein Beitrag zum Bürokratieabbau. Wir
aben dauerhaft und deutschlandweit die Umsatzgrenze
r die Istbesteuerung auf 500 000 Euro festgelegt. Das

chafft Rechtssicherheit für die Unternehmen und Fi-
anzverwaltungen.

Die Forderungen in unserem Antrag umfassen auch
ie Aufbewahrungsfristen. Aufbewahrt werden müssen
andelsbücher, Inventarlisten, Jahresabschlüsse, Lage-
erichte, Zollanmeldungen usw. Das alles müssen Origi-
ale sein; sie müssen feuer- und wasserfest gelagert wer-
en, und das bis zu zehn Jahren. Die zusätzliche
agerfläche ist mit Kosten verbunden. Die jährliche An-
assung ist aufwendig. Im Grundsatz muss alles jeder-
eit den Behörden zur Verfügung stehen. Hier sehen wir
roßen Handlungsbedarf.

Auch die Befreiung der Kleinstunternehmer von der
ilanzierung ist unser Anliegen und einer der Kernvor-

chläge auf EU-Ebene. Die EU will mit einem eigenen
ürokratieabbauprogramm die Verwaltungskosten bis
012 deutlich verringern. Auch hier ist das Ziel 25 Pro-





Lena Strothmann


(A) )


)(B)

zent; das entspricht 150 Milliarden Euro. Denn gerade
die Bedeutung der kleinen und mittleren Betriebe ist in
Europa angekommen. Think small first: Auch hier geht
der KMU-Test auf europäischer Ebene in die richtige
Richtung. Das betonen wir in unserem Antrag. Brüssel
wird immer noch als Quelle überbordender Bürokratie
wahrgenommen. Hier müssen wir sichtbarer vorankom-
men, um die Akzeptanz der EU in diesem Bereich zu
verbessern.

Aber auch die Wirtschaft selbst ist gefragt. Im Be-
reich der Normung funktioniert das bereits sehr gut.
Normen ermöglichen den Betrieben, sich schnell und
umfassend über Abläufe zu informieren. Der Austausch
von Waren und Dienstleistungen erfordert europaweit
einheitliche Vorschriften. Hier werden unzählige Einzel-
bestimmungen vermieden. Die Weiterentwicklung im
Bereich der Normung ist eine wichtige Zukunftsaufgabe.

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Wir haben viel
zu tun, um Wirtschaft, Handwerk und Mittelstand von
Bürokratie zu entlasten. Dazu braucht es viel Überzeu-
gungskraft und Mut zu Entscheidungen. Ich lade Sie ein,
daran mitzuwirken.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713902800

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

Kollege Ernst Hinsken für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1713902900

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen! Zunächst möchte ich einen Dank ausspre-
chen, einen Dank an Staatsminister von Klaeden, aber
auch an Sie, Herr Brüderle, weil Sie als Bundeswirt-
schaftsminister dem Bürokratieabbau einen neuen Schub
gegeben haben. Sie beide zusammen haben die notwen-
digen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir schon
heute positive Ergebnisse vorzeigen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Mit welchem Gesetz? Mit der Hotelsteuer oder was?)


Etwas anderes fällt Ihnen gar nicht ein. Sehen Sie, so
arm sind Sie an Geist.

Meine Damen und Herren, wenn Sie Mittelständler
fragen, was ihnen am meisten helfen würde, dann ant-
worten 11 Prozent: Förderprogramme, 18 Prozent: Steu-
ersenkungen, 20 Prozent: einfachere Kreditvergabe und
41 Prozent: Abbau von Bürokratie. – Das sagt doch al-
les. Die Bürokratie ist die Geißel des Mittelstandes, die
vom Staat auferlegt worden ist. Diese gilt es zurückzu-
nehmen und so dem Problem Rechnung zu tragen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Auf dem Sektor Bürokratie sind wir das, was wir bei
der Fußballweltmeisterschaft nicht geworden sind, näm-
lich Weltmeister.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Wie meinen Sie das?)


as kann nicht von der Hand gewiesen werden. In der
undesrepublik Deutschland gab es im Jahre 2005 6 588
esetze und Verordnungen. Hier haben wir angesetzt.
eute gibt es „nur“ noch 5 991 Gesetze. Das ist immer-
in ein Abbau von fast 600 Gesetzen.


(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Also, wenn alle weg sind, ist das der größte Erfolg!)


Damit sind wir auf einem guten und vernünftigen
eg, der sich durchaus sehen lassen kann. Das kann sich

or allem deshalb sehen lassen, weil wir so dem Mittel-
tand weiterhelfen können, für den die Bürokratie eine
esondere Belastung ist. Ein Kleinunternehmen braucht
r die Bewältigung der Bürokratie pro Jahr durch-

chnittlich 60 Stunden pro Mitarbeiter, ein Großunter-
ehmen hingegen nur 5,5 Stunden. Das muss man sich
or Augen halten.

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen von Rot-
rün, ich darf daran erinnern, dass von Ihnen 1999 mit
er Initiative zum Abbau von Bürokratie viel heiße Luft
rzeugt wurde. Es kam aber wenig Konkretes dabei he-
us. Sie sollten sich ein Beispiel daran nehmen, was wir
den letzten beiden Jahren an Großartigem geleistet ha-

en.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir geben dem Mittelstand endlich die Luft zum At-
en, die er braucht. Wir setzen den Rotstift an und strei-

hen die Vorschriften, Regelungen, Ausführungsbestim-
ungen, Verordnungen, Gesetze und was es sonst noch

ibt, rigoros zusammen. Gerade kleine und mittlere Un-
rnehmen erwarten das dringend. Wir wollen die
achstumsfesseln durch Bürokratieabbau lösen. Die

nionsgeführte Bundesregierung hat den Bürokratieab-
au beschleunigt und sich das Ziel gesetzt, bis Ende
011 25 Prozent der Kosten für die Informationspflich-
n abzubauen.

Ein Blick zurück zeigt: Vor fünf Jahren mussten deut-
che Unternehmen jährlich rund 50 Milliarden Euro für
mtliche Statistiken, Antragsformulare, Rechnungsle-
ung etc. aufbringen. Inzwischen sind diese Kosten für
ie Unternehmen bereits um 10,5 Milliarden Euro ge-
unken und sind damit 21 Prozent niedriger als im Jahr
006. Das kann sich sehen lassen. Wir sind auf dem rich-
gen Weg. Diesen Weg müssen wir weiter gehen, und
as werden wir auch tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zum ersten Mal ist es gelungen, die Belastungen der
irtschaft durch die Bürokratie nachzuweisen und zu

enken. Auch dieser Erfolg kann sich sehen lassen. Die
rößte Entlastung ergibt sich aus der Vereinfachung der
lektronischen Rechnungsstellung. Die Herabsetzung der
nforderungen an elektronisch übermittelte Rechnungen
nd die Anerkennung von Rechnungen per E-Mail durch
as Finanzamt führen in der Wirtschaft bereits zu Entlas-
ngen in Höhe von 4,1 Milliarden Euro im Jahr. Durch





Ernst Hinsken


(A) )


)(B)

die Änderung der Vergabeordnung sparen die Unterneh-
men künftig über 265 Millionen Euro jährlich. Herr
Fraktionsvorsitzender Kauder, darauf sind wir stolz. Das
haben wir auf den Weg gebracht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die bisher geforderten Nachweise zur Eignung der
Bieter – also Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuver-
lässigkeit – können künftig in etwa 80 Prozent der betref-
fenden Ausschreibungen durch entsprechende Eigener-
klärungen der Bieter ersetzt werden. Weitere Entlastungen
für Unternehmen sind im Steuervereinfachungsgesetz
2011 – im Umfang von 4,1 Milliarden Euro – sowie im
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – im Umfang von
2,5 Milliarden Euro – enthalten. Meine Damen und Her-
ren, wir müssen das auch sagen und es nicht nur zur
Kenntnis nehmen. Denn es ist Fakt und es lässt sich Gott
sei Dank hier vermelden, dass wir das durch vernünftige
Politik, insbesondere was den Bürokratieabbau beim
Mittelstand anbelangt, erreicht haben.

Ich darf bei dieser Gelegenheit auch darauf verwei-
sen, dass sich die EU auf dem richtigen Weg befindet.
Die Kommission mit Altministerpräsident Stoiber an der
Spitze – er war im Wirtschaftsausschuss und in verschie-
denen anderen Ausschüssen – leistet hier hervorragende
Arbeit. So wurden bis Juli 2011 auf EU-Ebene mehrere
Maßnahmen verabschiedet. Dort wurden die Bürokratie-
kosten um 22 Prozent gesenkt; bis 2012 ist ein Abbau
um insgesamt 25 Prozent avisiert. Damit werden Unter-
nehmen um circa 27 Milliarden Euro entlastet. Was die
Kommission ansonsten Positives bewirkt hat, steht in
meinem Redemanuskript; aber ich kann das nicht vortra-
gen, weil es den zeitlichen Rahmen sprengen würde.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Schade! Redezeitverlängerung!)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, Bürokratie-
abbau – das sollten wir alle uns voll zu Herzen nehmen –
ist ein Wachstumsprogramm zum Nulltarif. Bürokratie-
abbau stärkt den Wirtschaftsstandort Deutschland, macht
ihn zukunftsfähig und muss mit Nachdruck fortgesetzt
werden. Die Vermeidung und der Abbau überflüssiger
Bürokratie sind insbesondere im Mittelstand von ähnlich
fundamentaler Bedeutung für den wirtschaftlichen Er-
folg wie Innovation, Fachkräfte, Unternehmensnachfol-
gen und -gründungen, Marktchancen im Ausland, Finan-
zierung, Rohstoffe sowie Energie- und Materialeffizienz.
Dem wollen wir Rechnung tragen.

Lassen Sie mich zum Abschluss dem Nationalen Nor-
menkontrollrat ein großes Kompliment aussprechen:
Unter Leitung von Dr. Ludewig wurde hier Hervorra-
gendes geleistet. Machen wir uns nichts vor: Wir werden
in dem Fall schon ein bisschen kontrolliert, denn jedes
Gesetz, das wir beschließen, muss zunächst die Zustim-
mung des Nationalen Normenkontrollrates erfahren;
sonst kann es nicht in Kraft treten.

Das sind vernünftige Ansätze; das ist der richtige
Weg. Wir gehen diesen Weg. Wir reden nicht nur, son-
dern handeln, weil die Bürokratie für den Mittelstand so
belastend ist.

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(C (D Herr Kollege. Wir werden dem auch in Zukunft Rechnung tragen. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen uf den Drucksachen 17/7636 und 17/7610 an die in der agesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – amit sind Sie offensichtlich einverstanden. Dann sind ie Überweisungen so beschlossen. Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 4 a und 4 b uf: a)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713903000
Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1713903100

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713903200
neten Rüdiger Veit, Dr. Dieter Wiefelspütz, Olaf
Scholz, weiteren Abgeordneten und der Fraktion
der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts

– Drucksache 17/773 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 17/7675 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Stephan Mayer (Altötting)

Rüdiger Veit
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Sevim Dağdelen
Memet Kilic

– Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Memet Kilic, Josef Philip Winkler, Kai
Gehring, weiteren Abgeordneten und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Staatsangehörigkeitsrechts

– Drucksache 17/3411 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


– Drucksache 17/7675 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Stephan Mayer (Altötting)

Rüdiger Veit
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Sevim Dağdelen
Memet Kilic

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Jan





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

Korte, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE

Ausgrenzung beenden – Einbürgerungen umfas-
send erleichtern

– Drucksachen 17/2351, 17/7675 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Stephan Mayer (Altötting)

Rüdiger Veit
Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Sevim Dağdelen
Memet Kilic

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf der Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Staatsan-
gehörigkeitsrechts auf der Drucksache 17/3411 in seine
Beschlussempfehlung einbezogen. Über diese Vorlage
soll jetzt ebenfalls abschließend beraten werden. Darf
ich auch hierzu Ihr Einvernehmen feststellen? – Das ist
der Fall.

Über den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD wer-
den wir später namentlich abstimmen.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Das heißt, wir werden die na-
mentliche Abstimmung vermutlich irgendwann kurz vor
12 Uhr erwarten können.

Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst dem
Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Ole Schröder das
Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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Dr. Ole Schröder (CDU):
Rede ID: ID1713903300


Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Man muss es deutlich sagen: Das, was SPD,
Grüne und Linke hier in ihren Gesetzentwürfen und im
Antrag vorschlagen, ist ein Paradigmenwechsel im
Staatsangehörigkeitsrecht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Kersten Steinke [DIE LINKE])


Bisher ist es so, dass die Einbürgerung den Abschluss ei-
nes gelungenen Integrationsprozesses darstellt. Sie mei-
nen offensichtlich, dass sich jemand allein dadurch inte-
griert, dass Sie ihm die Staatsbürgerschaft geben.


(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)


Ihr Ziel ist eine erhebliche Absenkung der Einbürge-
rungsvoraussetzungen. So schlägt die SPD zum Beispiel
vor, die erforderlichen Aufenthaltszeiten auf nur noch
sieben Jahre zu verkürzen. Die Grünen wollen sogar nur
sechs Jahre.

Auf diese Frist sollen dann auch noch Zeiten ange-
rechnet werden, in denen jemand lediglich geduldet
wurde, also keinen rechtmäßigen Aufenthaltstitel in
Deutschland hatte. Ebenso wollen Sie Zeiten im Asyl-
verfahren berücksichtigen, selbst wenn das Asylverfah-
ren am Ende erfolglos bleibt.

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(C (D Die Grünen – das ist der eindeutigste Beweis dafür, ass es Ihnen gar nicht mehr um Integration geht – woln darüber hinaus den Einbürgerungstest abschaffen. Auch den Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaagkeit geben Sie auf. Sie wollen die doppelte Staatsbürerschaft sowohl beim Erwerb nach dem Geburtsortsrinzip als auch bei der Einbürgerung auf Dauer innehmen. Wir haben hierzu eine dezidiert andere Meinung. Für ns ist die Einbürgerung Ausdruck gelungener Integraon. Sie steht nicht am Anfang, sondern sie setzt bereits ine Reihe von Integrationsleistungen voraus. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ierzu gehören angemessene Aufenthaltszeiten, ausrei-
hende Kenntnisse der deutschen Sprache und ein Ver-
tändnis für unsere Rechts- und Gesellschaftsordnung.
ine ganz wesentliche Voraussetzung für uns ist, dass
er Einbürgerungsbewerber und derjenige, der seine
taatsangehörigkeit dadurch erwirbt, dass er in Deutsch-
nd geboren wurde,


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was erwarten Sie von der Regierung?)


eine frühere Staatsangehörigkeit aufgibt und sich ohne
orbehalte zu seinem neuen Staat bekennt, meine Da-
en und Herren.

Gerade in diesem letzten Punkt hatte es 1999 bei der
inführung des Geburtsortsprinzips noch einen Kompro-
iss gegeben, der nun von Ihnen aufgekündigt wird.
amals waren Sie bereit, mit der Entscheidung für die
ptionspflicht noch an der Vermeidung von Mehrstaa-
gkeit festzuhalten.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Um das Paket zu retten, haben wir dem zugestimmt!)


Nun sind die ersten Kinder aus der Übergangsrege-
ng in das optionspflichtige Alter gekommen. Sie von
ot und Grün wollen nun vom zweiten Teil des Kompro-
isses, nämlich dass sich jeder für eine Staatsangehörig-

eit entscheiden muss, nichts mehr wissen.


(Zuruf von der SPD)


Sie wollen die Regelung bereits abschaffen, obwohl
och kein einziges Kind aus der Ius-soli-Regelung das
nde der Optionsfrist erreicht hat.


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen die Gesetze evaluieren, wenn sich die Wirklichkeit ändert!)


oher nehmen Sie eigentlich die Erkenntnis, dass das
amals von Ihnen beschlossene Optionsverfahren ge-
cheitert ist?


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Roland Koch! – Aydan Özoğuz [SPD]: Auch von Ihnen!)


Die Koalition hat in ihrer Koalitionsvereinbarung das
hema ernst genommen. Wir haben uns darauf verstän-





Parl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder


(A) )


)(B)

digt, die Erfahrung mit den ersten Optionsjahrgängen
auf möglichen Verbesserungsbedarf hin zu überprüfen.
Zugleich werden wir das Einbürgerungsrecht insgesamt
auf unverhältnismäßige Hemmnisse überprüfen.


(Zuruf von der SPD)


Die Forschungsgruppe des Bundesamtes für Migra-
tion und Flüchtlinge – das wissen Sie – führt derzeit eine
umfassende wissenschaftliche Untersuchung zur Op-
tionsregelung und zum Einbürgerungsverhalten insge-
samt durch.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: So kann man Dinge auch verschieben, wenn man sie verschieben will!)


Die Evaluierungsergebnisse werden in der ersten
Hälfte des nächsten Jahres vorliegen. Ich meine, dass wir
diese abwarten sollten. Denn eine sachliche Diskussion
ist nur möglich, wenn wir die Fakten kennen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Memet Kilic [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wie lange noch? – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Herr Kollege, wir kennen die Fakten! Auch Sie kennen die Fakten!)


An dieser Stelle ist es mir wichtig, noch einmal die
Bedeutung der Vermeidung von Mehrstaatigkeit hervor-
zuheben. Sie ist letztlich der Ausdruck der Funktion von
Staatsangehörigkeit überhaupt, nämlich einen einheitli-
chen Staat zu bilden. Doppelte Staatsangehörigkeit kann
zu Loyalitätskonflikten führen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit Herrn McAllister? Er hat auch zwei Staatsangehörigkeiten!)


Die Gefahr besteht immer dann, wenn der jeweils an-
dere Staat versucht, die Betroffenen für seine politischen
Ziele zu instrumentalisieren. Ein anschauliches Beispiel
hierfür hatten wir beim Auftritt des türkischen Minister-
präsidenten Erdogan 2008 in der Kölnarena sowie jüngst
bei seinen Äußerungen anlässlich seines Besuchs in
Deutschland.

Hierbei gilt es, sich klar zu entscheiden und klar abzu-
grenzen, meine sehr verehrten Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Mehrstaatigkeit kann zu erheblichen Rechtsunsicher-
heiten führen. Im Familien- und Erbrecht und im Be-
reich der konsularischen Betreuung


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, wie schrecklich!)


bestehen dann konkurrierende Regelungen, die sich
überlagern, und Ansprüche, die nicht klar sind. Mit der
Aufgabe der früheren Staatsangehörigkeit verlangen wir
nichts Unzumutbares. Sie bedeutet in keiner Weise den
Abbruch der sozialen und kulturellen Bindung zum frü-
heren Heimatland. Die Staatsangehörigkeit soll demjeni-
gen, der dauerhaft in einem Land lebt, die Teilnahme an
der Willensbildung und die Mitwirkung an der Aus-
übung der Staatsgewalt ermöglichen.

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(C (D Liegt der Lebensmittelpunkt in einem neuen Land, so erlieren die staatsbürgerlichen Rechte im alten Heimatnd natürlich an Gewicht. Bundespräsident Wulff hat in einer Rede anlässlich der Einbürgerungsfeier im chloss Bellevue im September 2011 festgestellt, dass ie Einbürgerung für die Einwanderer nicht die Abkehr on ihrer Familiengeschichte und Herkunft bedeutet. ielmehr legen sie ein Bekenntnis zu ihrer Zukunft in eutschland ab. Es stellt sich die Frage, ob die Fixierung der Opposion auf den Aspekt der doppelten Staatsangehörigkeit eniger der Sache als vielmehr der politischen Zuspit ung dient. Der Komplexität der einbürgerungsrechtlihen Problematik wird sie in keinem Fall gerecht; denn ie vernachlässigt weitere wichtige Aspekte, die sich auf as Einbürgerungsverhalten auswirken. Betrachtet man die Zahlen, die belegen, wie sich die inbürgerung in den letzten Jahren entwickelt hat, dann tellt man von Bundesland zu Bundesland sehr unterchiedliche Entwicklungen fest. Während in Hamburg ie Zahl der Einbürgerungen um über 40 Prozent gestieen ist, ist sie in Berlin unter Rot-Rot um über 12 Proent gesunken. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sag ich ja: Die können es auch nicht!)


ereits 2009 war die Zahl in Berlin entgegen dem Bun-
estrend um 8,1 Prozent zurückgegangen.

An Maßnahmen der Bundesregierung kann das wirk-
ch nicht gelegen haben. Selbstverständlich liegt es an
aßnahmen, die in dem jeweiligen Bundesland getrof-
n wurden. Es liegt daran, dass Hamburg erhebliche
nstrengungen unternommen hat: In den Einbürge-
ngsbehörden ist Personal eingestellt worden, man hat
erbung für die Einbürgerung gemacht, in einigen Be-
ichen wurden Informationsoffensiven gestartet. Das

eigt: Einbürgerung wird nicht allein durch die gesetzli-
hen Regelungen, sondern ganz wesentlich durch die
onkrete Umsetzung und Handhabung in den jeweiligen
erwaltungen beeinflusst. Informationen und Werbung
r die deutsche Staatsangehörigkeit bringen insofern
ehr für die Einbürgerung als wohlfeile politische For-

erungen. Im Interesse der bei uns lebenden Ausländer
ollten Sie für die Einbürgerung in Deutschland werben.
ühren Sie nicht immer nur die große Trommel der dop-
elten Staatsangehörigkeit.

Lassen Sie uns die Ergebnisse der Evaluierung abwar-
n.


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie lange noch?)


ann können wir auf gesicherter Grundlage darüber
prechen, wo es Hemmnisse gibt und was der Grund da-
r ist, dass sich viele eben nicht einbürgern lassen wol-
n. Interessanterweise ist es so, dass sich gerade aus der
ruppe, für die wir eine doppelte Staatsangehörigkeit

ulassen, nämlich für diejenigen, die aus EU-Mitglied-
taaten kommen, besonders wenig Menschen einbürgern
ssen. Da stellt sich die Frage, woran das liegt.





Parl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder


(A) )


)(B)


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An der Rechtsunsicherheit! Zum Beispiel im Aufenthaltsrecht oder im Arbeitsrecht!)


Es hängt damit zusammen, dass der Rechtsrahmen mehr
oder weniger der gleiche ist, unabhängig davon, ob sie
sich in Deutschland lediglich aufhalten oder ob sie deut-
sche Staatsbürger sind. Das sollten wir berücksichtigen.

Wir glauben, dass es richtig ist, weiterhin daran fest-
zuhalten, dass die Staatsangehörigkeit nur eine einzige
sein kann. Das hat mit Loyalität zu tun. Das ist Ausdruck
von gelungener Integration. Ich frage mich, warum Sie
daran nicht festhalten wollen. Ist es nicht vielleicht Aus-
druck dessen, dass es Ihnen nicht um Integration geht, da
Sie es zulassen wollen, dass hier Menschen leben, die
sich überhaupt nicht um Integration bemühen? Das soll-
ten Sie eindeutig zum Ausdruck bringen und nicht über
den Umweg des Staatsangehörigkeitsrechts.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Schuss nach hinten, Herr Schröder!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713903400

Nächste Rednerin ist die Kollegin Özoğuz für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Aydan Özoğuz (SPD):
Rede ID: ID1713903500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Herr Staatssekretär, man könnte Ihnen mit ei-
nem Satz antworten: Wir halten die Optionspflicht
schlicht für falsch und unzeitgemäß, und wir wollen das
ändern. Ich werde das jetzt aber natürlich noch ein biss-
chen ausführen.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Das wird auch nötig sein!)


Wir Sozialdemokraten haben es gemeinsam mit den
Grünen 1999 geschafft, das Staatsangehörigkeitsrecht
von 1913 weitgehend den Realitäten unseres Landes an-
zupassen. Über einen unzureichend gelösten Punkt spre-
chen wir heute. Man sollte auch erwähnen: Es ist uns
2005 gemeinsam mit der Union gelungen – die Zustim-
mung der Grünen war gegeben –, endlich ein Zuwande-
rungsrecht zu verabschieden, in dem unter anderem die
Integrations- und Sprachkurse eine ganz wesentliche
Rolle spielen. Die Verabschiedung dieses Gesetzent-
wurfs war nicht leicht. Manch einer wird sich vielleicht
an das Schauspiel im Bundesrat erinnern. Es ist trotzdem
gelungen. Das Interessante ist: Es gibt kaum eine Partei,
die sich dafür bei allen Gelegenheiten so sehr selbst fei-
ert, wie die damals so zögerliche Union. Meine Damen
und Herren von der Union, wir Sozialdemokratinnen
und Sozialdemokraten geben Ihnen mit unserem Gesetz-
entwurf heute erneut die Gelegenheit, als letzte Fraktion
hier im Hause die Zeichen der Zeit zu erkennen und sich
in den nächsten Jahren für die Abschaffung des Options-
modells und für das Bekenntnis zu einer modernen und
gleichzeitig solidarischen Gesellschaft mit uns allen ge-
meinsam feiern zu lassen.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist damals gelungen, Sie davon zu überzeugen,
ass es absurd ist, Kinder der zweiten, dritten oder vier-
n Generation immer weiter als Ausländer in Deutsch-
nd zu betrachten, obwohl sie hier geboren und soziali-

iert wurden. Es ist auch gelungen, dafür zu sorgen, dass
indern mit einem ausländischen Elternteil, die in
eutschland geboren werden, unter bestimmten Voraus-

etzungen die deutsche Staatsangehörigkeit per Geburt
erliehen wird. Herr Staatssekretär, ich weiß nicht, wann
r Sie der Integrationsprozess beginnt. Nach Ihren
aßstäben muss er bereits im Mutterbauch beginnen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er sieht nichts!)


Leider war damals nur die Optionspflicht, also der
wang, sich zwischen dem 18. und dem 23. Lebensjahr
r eine Staatsangehörigkeit zu entscheiden, als Kom-

romiss möglich. Mit unserem Gesetzentwurf wollen
ir dieses Optionsmodell, also den Zwang zur Aufgabe

iner Staatsbürgerschaft, abschaffen. Wir wollen ein
onsequentes Bekenntnis zur doppelten Staatsbürger-
chaft hier geborener Kinder ausländischer Eltern. Auch
ei Einbürgerung soll die doppelte Staatsangehörigkeit
öglich sein. In diesem Zusammenhang – Sie haben es

u Recht erwähnt – fordern wir in unserem Gesetzent-
urf auch eine moderate Absenkung der Voraufenthalts-

eiten.

Es gibt ja Hoffnung auf Einsicht, auch bei Ihnen. In
er vergangenen Sitzungswoche haben wir hier eine sehr
achliche und angenehme Debatte über das Thema
50 Jahre Anwerbeabkommen mit der Türkei“ geführt.
ie selbst haben von der teils mangelnden Attraktivität
eutschlands für hier geborene, gut ausgebildete Men-

chen gesprochen. Sie haben auch davon gesprochen,
ass viele von ihnen unser Land verlassen, dass wir se-
enden Auges auf einen Fachkräftemangel zusteuern
nd dass wir das alles billigend in Kauf nehmen.

Ihre Pressemitteilung, Herr Wolff – das muss an die-
er Stelle erwähnt werden –, in der steht, wir würden das
bstammungsrecht abschaffen wollen, muss Ihrer Ver-

weiflung geschuldet sein, dass Sie gar nicht wissen, wie
ie sich dazu verhalten wollen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


h kann das nicht nachvollziehen. Niemand möchte das
bstammungsrecht abschaffen. Ein Kind deutscher El-
rn, ob es an der Elfenbeinküste oder sonst wo geboren
ird, wird weiterhin Deutscher sein.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Ich erzähle es Ihnen gleich!)


as müssten Sie uns wirklich einmal genauer erläutern.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


Wir wollen ein integrationspolitisches Signal setzen.
ie Betroffenen werden als Deutsche mit Rechten und





Aydan Özoðuz


(A) )


)(B)


Aydan Özoğuz
Pflichten, einschließlich des Wahlrechts, in die Gesell-
schaft aufgenommen, aber eben ohne dass ihnen abver-
langt wird, dass sie die für sie so wichtige und symbol-
trächtige alte Staatsbürgerschaft aufgeben, was meist
sehr belastend ist. Weil der Optionszwang einfach nicht
in unsere Zeit und zu den realen Lebensumständen der
Menschen passt, haben von SPD und Grünen geführte
Länder im Bundesrat am 23. September dieses Jahres ei-
nen Gesetzesantrag zur Aufhebung des Optionszwangs
eingebracht. Interessant ist, dass Innenminister
Schünemann von der CDU im Bundesrat zu Protokoll
gab, dass der Optionsregelung vorgeworfen werde, sie
sei ein bürokratisches „Verwaltungsmonstrum“, und er
dem zustimme. Recht hat er.

Das Optionsmodell wirft tatsächlich integrationspoli-
tische und verwaltungspraktische Probleme auf. Integra-
tionspolitisch entbehrt es jeglicher Logik; das habe ich
schon ausgeführt. Ich verstehe nicht, warum wir junge
Menschen, die in Deutschland geboren, aufgewachsen
und hier zur Schule gegangen sind, die hier verwurzelt
sind und bis zur Volljährigkeit mit zwei Staatsangehörig-
keiten gelebt haben, nun plötzlich zwingen wollen, sich
für eine zu entscheiden.

Verwaltungspraktisch ist es noch interessanter. Es be-
steht schon heute Handlungsbedarf, nicht erst in einigen
Jahren. Es gibt schon heute die seit 2008 optionspflichti-
gen Jugendlichen nach § 40 b Staatsangehörigkeitsge-
setz. Bisher haben gut 15 000 Jugendliche – in diesem
Jahr sind es rund 4 160 – Post von der Behörde bekom-
men. Im 8. Bericht der Beauftragten der Bundesregie-
rung für Migration heißt es zu diesem Bürokratiemon-
strum Optionsmodell treffend:

Der Aufwand für die Durchführung eines Options-
verfahrens bei den Staatsangehörigkeitsbehörden
ist nach den bisherigen Erfahrungen in der Praxis
mindestens so groß wie der Aufwand für ein voll-
ständiges Einbürgerungsverfahren. … Schon bei
der heutigen Situation mit Fallzahlen von etwa
3.000 bis 4.000 Optionskindern pro Jahr bundes-
weit wurde von größeren (vor allem personellen)

Schwierigkeiten bei der Umsetzung berichtet. Ver-
bunden wurden diese oft mit den Befürchtungen für
die Zeit ab 2018, wenn jährlich rund 40.000 Ju-
gendliche bundesweit optionspflichtig werden.

Nun schreibt Professor Thränhardt von der Universi-
tät Münster in seinem Gutachten für das Land Nord-
rhein-Westfalen: Geschieht nichts, so würde die Op-
tionsregelung die Einbürgerungsbehörden lahmlegen,
falls nicht in großem Ausmaß neues Personal eingestellt
würde. Mit diesem Aufwand werden die Länder bzw. die
Kommunen belastet. – Das wollen Sie zulassen. Das ist
ein bürokratischer Wahnsinn, auf den unser Land zusteu-
ert, und Sie wissen das.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben doch gerade in der vorangegangenen Debatte
über Bürokratieabbau gesprochen. Herr Hinsken hat
eben noch hier am Pult gestanden und gesagt: Bürokra-

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(C (D eabbau stärkt den Standort Deutschland. – Ja, dann mahen Sie das auch, und verabschieden Sie sich endlich on dieser Optionspflicht. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die zentralen Argumente gegen die Hinnahme mehr-
cher Staatsangehörigkeiten sind längst überholt, so wie

twa – dieses Argument haben wir eben wieder gehört –
er Verweis auf Loyalitätskonflikte. Staatssekretär Ole
chröder war sich noch in der Debatte am 28. Oktober
tzten Jahres nicht zu schade, zu argumentieren, dass
as im Zusammenhang mit der Wehrpflicht ein Problem
ein könnte.


(Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär: Immer noch!)


ass Sie so etwas gesagt haben, während gleichzeitig
ebenan im Verteidigungsministerium darüber nachge-
acht wurde, wie die Wehrpflicht abgeschafft werden
ann, das ist nun wirklich bezeichnend für die Rückstän-
igkeit dieser Bundesregierung in Sachen Staatsbürger-
cht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Eines muss ich Herrn Kollegen Hartfrid Wolff noch
itgeben. Er hat damals an die Grünen die Aussage ge-
chtet, sie würden „die deutsche Staatsangehörigkeit auf
em Multikultibasar verramschen“.


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Pfui!)


h gebe Ihnen eine kleine Denkhilfe aus Ihrem eigenen
arteiprogramm:

Die Integration kann jedoch auch durch doppelte
Staatsbürgerschaft gefördert werden, wie die vielen
Fälle von gut integrierten Mitbürgern mit Doppel-
staatsbürgerschaft zeigen.


(Zurufe von der SPD: Oh!)


lso, wenn eine Partei ihre Programmatik komplett auf
em Koalitionsbasar verramscht hat, dann, würde ich sa-
en, ist es die FDP.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ein letzter Punkt. Die Realität hat Sie im Grunde
ngst eingeholt. Die vielen Abweichungen vom Prinzip

Eine Person – ein Pass“, die es heute schon gibt, führen
azu, dass laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2010
ei 53 Prozent der Einbürgerungen Mehrstaatigkeit hin-
enommen wurde. Staatssekretär Schröder sprach von
iner Minderheit; da sollten Sie sich noch einmal
chlaumachen. Viel deutlicher kann eine statistische Ent-
icklung nicht ausfallen.

Ich hoffe, dass Sie den warmen Worten, die Sie in der
tzten Debatte von diesem Pult aus gesagt haben, Taten
lgen lassen. Es geht an der Lebensrealität der jungen





Aydan Özoðuz


(A) )


)(B)


Aydan Özoğuz
Menschen bei uns in Deutschland vollkommen vorbei,
sie vor eine derart absurde Wahl zu stellen. Stimmen Sie
mit uns heute für unseren Gesetzentwurf, und lassen Sie
sich dann in den nächsten Jahren mit dafür feiern.

Danke.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713903600

Das Wort erhält nun der Kollege Hartfrid Wolff für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Thomas Oppermann [SPD]: Jetzt bitte eine liberale Rede, Herr Kollege!)


Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Die SPD fordert wieder einmal die Abschaffung des

Optionsmodells, das sie selbst vor zehn Jahren einge-
führt hat. Es ist schon spannend, zu hören, wie Sie die
Bürokratie geißeln, Frau Kollegin.


(Manuel Höferlin [FDP]: Ja! In der Opposition!)


Hätten Sie das mal früher gedacht!


(Aydan Özoğuz [SPD]: Das habe ich damals schon gesagt!)


Das ist bei der SPD aber nichts Neues. Erst schaffen Sie
Bürokratie, und an anderer Stelle geißeln Sie sie. Das ist
keine stringente Linie der SPD.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Vor zehn Tagen wurden wir von der SPD überrascht.
Es hieß, es gebe neue Forderungen für die Hinnahme
von Mehrfachstaatsangehörigkeiten. Heute beraten wir
einen Gesetzentwurf der SPD vom Februar 2010. Es ent-
steht der Eindruck: Dieser Opposition fällt nichts wirk-
lich Neues ein. Ich muss ganz ehrlich sagen: Eine so
schwache Opposition haben wir als Regierung nicht ver-
dient.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)


Da nützt es auch nichts, dass der Fraktionsvorsitzende
nachher kurz vor dem SPD-Parteitag selbst das Wort er-
greift. Sie sollten sich einmal neue Gedanken machen
und nicht immer wieder Ihre alten Ideen aufwärmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD], zur CDU/ CSU gewandt: Ihr nächster Parteitag ist näher, wenn ich richtig informiert bin!)


Dass sich die SPD von den Ergebnissen ihrer eigenen
Regierungszeit distanziert, haben wir schon ein paar Mal
erlebt.


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Das kommt bei Ihnen ja nicht vor!)


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(C (D zwischen erleben wir aber immer häufiger, dass die eutsche Sozialdemokratie sogar ihren Kompass verert. (Lachen des Abg. Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD])


Sachlich bleibt ohnehin klar: Die Abschaffung des
ptionsmodells zu fordern, ist aus meiner Sicht völlig

bsurd; hier hat der Staatssekretär recht. Die Initiative ist
ei weitem nicht die erste. Alle Oppositionsparteien ha-
en das schon gefordert, auch im Bundesrat. Auch da
ibt es also nicht Neues. Angesichts der Konkurrenz im
nken Lager – von Piraten, Grünen und Linken – wirkt
ieser Versuch der SPD, ein Thema zu besetzen, eher
ilflos, wie eine Art Überbietungswettbewerb.

Wir Liberale haben das Optionsmodell seinerzeit vor-
eschlagen, um den Weg zu einer Öffnung des deutschen
taatsangehörigkeitsrechts in Richtung auf das Jus Soli
u ermöglichen. Es macht nach wie vor keinen Sinn, ein
esetz zu ändern, für dessen Wirkung es praktisch noch
eine verwertbaren Daten gibt.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Natürlich gibt es die!)


s ist einfach sinnvoll, erst einmal Erfahrungsberichte
bzuwarten – bleiben Sie ein bisschen seriös, Kollegin –,


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ich bin seriös!)


m beurteilen zu können, wie sich diese Regelung tat-
ächlich auswirkt,


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Was? Die gibt es doch!)


nd danach die rechtlichen Anpassungsmöglichkeiten zu
rüfen. So ist es auch im Koalitionsvertrag vorgesehen.
lles andere ist wohlfeiler sozialdemokratischer Aktio-
ismus, der kein Problem löst, sondern – im Gegenteil –
her neue Probleme schaffen könnte.

Für in Deutschland aufgewachsene junge Menschen
t es nach Auffassung von Rot-Rot-Grün unzumutbar,

ich bei Volljährigkeit für die deutsche Staatsangehörig-
eit zu entscheiden. Linke Parteien tun sich mit der
ahlfreiheit, der Kompetenz des Individuums, sich ent-

cheiden zu dürfen, ja generell etwas schwerer.

Anders als Kinder deutscher Eltern sollen die Betref-
nden durch Mehrfachstaatsangehörigkeit privilegiert
erden. Ausdrücklich besagt der SPD-Gesetzentwurf,


(Aydan Özoğuz [SPD]: Was sagt denn die FDP?)


s solle fürderhin ein konsequentes Bekenntnis zur dop-
elten oder mehrfachen Staatsbürgerschaft geben. Viel-
icht hofft die SPD auf Unterstützung durch den Wahl-
ämpfer Erdogan, der die Erhaltung des Türkentums in
eutschland beschwört.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Oh, ist das schlecht!)


Meine Damen und Herren, die SPD frohlockte einst
ber die Abschaffung des Abstammungsprinzips bei der
taatsangehörigkeit.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Unterirdisch!)






Hartfrid Wolff (Rems-Murr)



(A) )


)(B)

– Hören Sie mir zu; denn Sie haben mich vorhin
gefragt. – Sie wollten das Abstammungsprinzip abschaf-
fen.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Nein! Das haben wir noch nie gefordert!)


Aber für Migranten wollen Sie es jetzt beibehalten.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Das ist doch Quatsch!)


Wer die doppelte Staatsangehörigkeit fordert, stoppt die
Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Wer wollte denn das Abstammungsprinzip abschaffen? Wann denn? Erklären Sie das mal!)


Galt Linken, Grünen und SPD das Abstammungs-
recht bei deutschen Aussiedlern noch als reaktionäres
Rechtsprinzip,


(Aydan Özoğuz [SPD]: Ach! Das ist doch Blödsinn!)


ist es für die doppelte Staatsangehörigkeit, etwa für Ara-
ber, plötzlich wieder erwünscht.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Sie haben das Gesetz nicht verstanden!)


Es ist in der Tat absurd, in dem Land, in man geboren ist
und dauerhaft leben will, Ausländer zu sein. Allerdings:
Niemand in diesem Haus will Menschen, die sich ein-
deutig für Deutschland entscheiden, die die deutsche
Sprache beherrschen und sich auf unsere Grundwerte
verpflichten, daran hindern, deutsche Staatsangehörige
zu werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nicht die Optionsmöglichkeit, sondern die desinte-
grative Haltung von bestimmten Verbänden, die eine Art
von Herkunftsnationalismus beschwören, geht an der
Lebenswirklichkeit der betreffenden Menschen vorbei.
Dass sich die Oppositionsparteien vor diesen reaktionä-
ren Karren spannen lassen, ist aus meiner Sicht ein Ar-
mutszeugnis.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Aydan Özoğuz [SPD]: Ich glaube, Sie müssen erst einmal begreifen, worum es überhaupt geht!)


Fortschrittlich wäre es dagegen, das Jus Soli weiterzu-
entwickeln.

Integration in die deutsche Gesellschaft kann nur ge-
lingen, wenn man sich mit den gleichen Rechten und
Pflichten wie die anderen Staatsbürger in die deutsche
Gesellschaft integriert.


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Darum geht es, genau!)


Mit einer doppelten Staatsangehörigkeit wird die Inte-
gration erschwert, wenn Migranten mit Doppelstaatsan-
gehörigkeit dem Irrtum verfallen, man könne gleichzei-

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(C (D g zwei Staaten angehören. Durch Migrantenschicksale eigt sich oft, dass genau dies eben nicht möglich ist. er weder ganz hier noch ganz dort bleiben will, ist nir endwo als gleichberechtigter Mitbürger akzeptiert – anz unabhängig vom formalrechtlichen Status. (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen Sie den Menschen überlassen!)


Herr Kollege, unabhängig davon.

Rot-Rot-Grün tut so, als ob Migration allein eine geo-
rafische Standortveränderung wäre, und damit basta.
as ist gefährlicher Unfug. Jeder, der sich mit Migranten

useinandergesetzt hat, weiß, dass Zuwanderung nicht
infach durch eine Änderung des Territoriums, sondern
urch den Umzug in ein Land mit anderen Menschen,
nderer Tradition, Sprache und Kultur erfolgt. Wer das
erschweigt oder kleinreden will und das Ganze allein
eografisch sieht, der zerstört die Zukunftschancen ge-
de der Migranten hier in Deutschland.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Aydan Özoğuz [SPD]: Wer verschweigt das denn?)


Mit einer Einbürgerungsregelung, die von weiten Tei-
n der Bevölkerung nicht akzeptiert wird, wird die Ak-

eptanz von Migranten keinesfalls gestärkt.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Aha!)


er die Zukunft einer deutschen Nation erstrebt, in der
icht Hautfarbe oder Abstammung, sondern allein der
ille und die freiwillige Verpflichtung, dazuzugehören,

ntscheidend für die Zugehörigkeit sind, der muss ver-
indern, dass Abstammungsfragen in Deutschland wie-
er salonfähig werden, wie das durch das Instrument der
ehrfachen Staatsangehörigkeit geschieht.


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun Sie ja gerade!)


ie Koalition aus Union und FDP hat beeindruckende
eichenstellungen in der Abkehr von rot-rot-grüner
ultikultiideologie vorgenommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die FDP wird die freie Entscheidung der Individuen
nd die Integrationsleistungen jedes Einzelnen weiterhin
öher schätzen als die Beschwörung von Herkunft und
thnischen Milieus.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Das ist ja warmherzig!)


o gestalten wir den überfälligen Neuanfang in der Inte-
rationspolitik auf dem Weg zu einer Kultur des Will-
ommens auf der Basis von Gleichberechtigung, gegen-
eitiger staatsbürgerlicher Loyalität und fairem Mitei-
ander.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist das Willkommen?)







(A) )


)(B)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713903700

Ich erteile das Wort jetzt der Kollegin Dr. Gesine

Lötzsch für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713903800

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Die Linke will Ausgrenzung been-
den und Einbürgerungen umfassend erleichtern.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir sagen den Menschen, die hier leben und bleiben
wollen: Willkommen, ihr gehört zu uns.

Immer weniger Menschen werden in Deutschland
eingebürgert. Warum ist das so, und warum ist die Situa-
tion zum Beispiel in Schweden, Portugal oder Polen
ganz anders?

In europäischen Ländern mit einer hohen Einbürge-
rungsquote ist es folgendermaßen: Einbürgerungen sind
auch dann möglich, wenn die Menschen weniger als fünf
Jahre in diesem Land leben, ein eigenständiges Einkom-
men muss nicht nachgewiesen werden, in diesen Län-
dern ist Mehrstaatigkeit generell erlaubt, und auf Einbür-
gerungstests wird verzichtet. Das ist eine sehr
vernünftige Regelung.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Kollege Schröder, Sie haben gesagt: Wir wissen
noch gar nichts. – Das stimmt nicht. Das Gesetz ist nun
zwölf Jahre alt, die Analysen liegen auf dem Tisch. Im
Jahr 1999 haben SPD, Grüne und FDP ein Gesetz be-
schlossen, das sich in einem ganz wesentlichen Punkt
zum Einbürgerungsverhinderungsgesetz entwickelt hat.
Das muss heute dringend korrigiert werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich finde, wir müssen uns jetzt für die Menschen ent-
scheiden, die seit Jahren in unserem Land leben. SPD
und Grüne haben sich mit ihren Gesetzentwürfen ebenso
wie die Linke mit ihrem Antrag eindeutig für die Einbür-
gerung von Menschen entschieden, die gern in unserem
Land leben und den Wunsch haben, an der Gestaltung
der Gesellschaft demokratisch mitzuwirken. Ich bin der
festen Überzeugung: Das kann für uns alle nur gut sein!


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn CDU/CSU und FDP die Vorlagen ablehnen,
dann schaffen sie in unserem Land neue Mauern zwi-
schen den Menschen,


(Zuruf von der FDP: Von Mauern verstehen Sie ja was!)


verhindern die demokratische Teilhabe von Millionen
von Menschen und befördern Rassismus und Fremden-
feindlichkeit in unserem Land. Das ist verantwortungs-
los.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Der europäische Vergleich zeigt doch, dass es anders eht. Die Bundesregierung muss einfach nur über den eienen Tellerrand schauen. Wir können von unseren eupäischen Partnern wirklich viel lernen. Aber im Au enblick vermittelt die Bundesregierung den Eindruck, ass alle anderen EU-Länder „deutscher“ werden müsen. Wer wirklich ein gemeinsames Europa will, der ählt damit einen sehr schlechten Ansatz, einen Ansatz, er scheitern muss. h sage Ihnen: Wir können von Schweden, von Portugal nd von Polen lernen. Wir haben versucht, mit unserem Antrag die europäichen Erfahrungen aufzunehmen, und gehen damit weir als SPD und Grüne. Beide Fraktionen haben unseren nträgen leider nicht zugestimmt. Das finden wir chade. Aber trotzdem werden wir den Gesetzentwürfen on SPD und Grünen zustimmen. Ich hoffe, wir fördern amit die Bereitschaft dieser beiden Fraktionen, in der rage der Einbürgerung noch europäischer zu denken. h glaube, das ist nötig. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ich öchte mich jetzt besonders an Sie wenden und etwas on Kollegen aus Ihrer Partei anführen. Ich zitiere mit rlaubnis des Präsidenten: Der Umstand, dass … eine ganze Generation junger Türken gezwungen ist, sich zu entscheiden zwischen dem Land ihrer Eltern und dem Land ihrer Lebenswirklichkeit, muss endlich beendet werden. n anderer Stelle heißt es: Entscheidend ist, wo Menschen ihren Lebensmittelpunkt haben. Pässe sollten zweitrangig sein. ieses Zitat stammt aus einem Papier der FDP-Fraktion Niedersächsischen Landtag. Offensichtlich sind Ihre ollegen in Niedersachsen schon weiter als Sie hier in erlin. Ich gebe Ihnen einen guten Rat: Orientieren Sie ich in dieser Frage an Ihren Kollegen aus Niedersachen! (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Aydan Özoğuz [SPD])


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Die Bundesregierung spricht gerne über Integration,
aut aber immer höhere Mauern gegen die Integration
uf. Ich sage Ihnen: Wir brauchen in Deutschland bei der
inbürgerung endlich europäische Normalität und nicht
eutsche Sonderwege. Wenn wir Menschen in unserem
and willkommen heißen, dann ist das für uns alle bes-
er.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713903900

Das Wort hat nun Renate Künast für die Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.






(A) )


)(B)


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713904000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man

die Reden von Herrn Staatssekretär Schröder und von
Herrn Wolff hört, dann kann das schon zu Irritationen
führen. Bei Herrn Schröder denke ich: Immer wenn von
der Regierungsbank Daten des Statistischen Bundesam-
tes vorzulesen sind, wird Herr Schröder geschickt. Das
kommt mir so vor, als wäre heute der nationale Vorlese-
tag. Das ist er aber gar nicht, Herr Schröder.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Bei Herrn Wolff denke ich: Jetzt gibt es gleich einen
Vortrag über die Mendel’sche Abstammungslehre. Aber
auch das ist nicht das Thema.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein Thema ist hier und heute, dass wir 50 Jahre nach
dem deutsch-türkischen Anwerbeabkommen überlegen
müssen: Wo sind wir angekommen?


(Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Das steht nicht auf der Tagesordnung!)


Es reicht an dieser Stelle nicht, zu feiern und sich Filme
anzuschauen, in denen gezeigt wird, woher die damali-
gen sogenannten Gastarbeiter kommen. Vielmehr geht
es auch darum, zu reflektieren: Was ist in den 50 Jahren
passiert? Max Frisch hat gesagt: Es wurden Arbeits-
kräfte eingeladen, aber es sind Menschen gekommen. –
Wie gehen wir denn mit diesen Menschen um? Ihre Kri-
terien sind für die Frage des Umgangs miteinander defi-
nitiv unbrauchbar.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Schauen Sie sich einmal Folgendes an: Heute leben
fast 8 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in
Deutschland, die mehr als 8 Jahre hier sind. Der Punkt
ist: Sie erfüllen die wichtigsten Einbürgerungsvorausset-
zungen. In anderen europäischen Ländern – das zeigt der
Vergleich – wären sie alle schon eingebürgert. Was ist
bei uns passiert? Bei uns werden die Kinder der Einwan-
derer zu Auswanderern. Wir sind ein Auswandererland,
weil gut gebildete Migranten, zum Beispiel junge Tür-
kinnen und Türken, in Brüssel oder Istanbul ihre beruf-
liche Karriere besser weiterverfolgen können.

Ich sage Ihnen ganz klar: Sie können es nicht. Es geht
nicht um die Gnade der Einbürgerung, sondern es geht,
wie in der Europapolitik und in der Außenpolitik, auch
knallhart um deutsche Interessen, und die werden nicht
von der schwarz-gelben Koalition vertreten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es ist doch fatal: Wir erleben einen Fachkräfteman-
gel, und Ihnen fällt dazu nichts anderes ein, als die Ver-
dienstgrenze beim Zuzug von Fachkräften auf 48 000
Euro zu reduzieren. Dabei kriegen Leute mit Hochschul-
abschluss keinen Job, mit dem sie 48 000 Euro verdie-
nen. Also kommen sie auch nicht.

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(C (D In der Frage der Auswanderung von jungen Menchen, die schon lange hier leben, bieten Sie ihnen nichts ls einen Optionszwang, statt zu sagen: Ja, wir wollen, ass sie hier bleiben. – Es ist unter dem Niveau dieses auses, dass der gelernte Rechtsanwalt Herr Schröder ns im Rahmen seines persönlichen Vorlesetages erzählt, s gebe Interessenkonflikte. Herr Schröder, mit zwei justischen Staatsexamen önnen Sie hier nicht sagen, es gäbe später konsulariche Konflikte bei der Erbschaft. Unter uns Anwältinnen nd Anwälten: So etwas lässt sich doch lösen, nicht ahr? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Examina!)


Sie können mir auch nicht erzählen, dass es bei der
erteidigung des Landes Komplikationen gäbe. Wie soll
s denn bei jemandem, der zum Beispiel die deutsche
nd die türkische Staatsangehörigkeit hat, Komplikatio-
en bei der Verteidigung des Landes oder bei Auslands-
insätzen geben, wenn es um zwei NATO-Länder geht?
ann müssten Sie an der Stelle sagen, dass auch
cAllister einen Interessenskonflikt hat. Aber er kann

ritisch und deutsch und Ministerpräsident sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


enau das wollen wir für die jungen türkischen Men-
chen, die hier aufgewachsen sind: dass auch sie einmal

inisterpräsidentin oder Ministerpräsident werden kön-
en.

Es geht nicht darum, dass diese Personen einen Inte-
ssenkonflikt hätten. Vielmehr entspricht es deutschen
teressen, bestehende Konflikte endlich aufzulösen: mit

iner doppelten Staatsbürgerschaft.

Was wir wollen, ist eine Art zweite deutsche Einheit.
abei geht es nicht um zwei Teile, sondern um alle
chichten und Teile dieser Gesellschaft. Lassen Sie uns,
ie Prantl schreibt, eine zweite deutsche Einheit versu-

hen. Das heißt im Übrigen: Wir haben gemeinsame In-
ressen, und dann muss man logischerweise zur doppel-
n Staatsbürgerschaft kommen. Dann können wir alle
robleme in einem anderen Sprachduktus miteinander
sen.

Wir bitten um Ihre Zustimmung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713904100

Das Wort hat nun Stephan Mayer für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1713904200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen!

ehr geehrte Kollegen! Es ist nichts Neues, dass die Op-
osition in regelmäßigen Abständen mit Gesetzentwür-





Stephan Mayer (Altötting)



(A) )


)(B)

fen und Anträgen um die Ecke kommt, die die Änderung
unseres Staatsangehörigkeitsrechts zum Gegenstand ha-
ben.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Was heißt denn „um die Ecke kommen“?)


Aber ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren,
meine werten Kolleginnen und Kollegen von der Oppo-
sition, dass der eigentliche Grund der heutigen Debatte
ein anderer ist.

Der SPD-Parteitag naht. Sehr geehrte Frau Kollegin
Özoğuz, ich gönne es Ihnen wirklich, dass Sie desi-
gnierte stellvertretende Parteivorsitzende sind.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hätten Sie erzählt, wenn wir die Debatte in drei Wochen hätten?)


Der eigentliche Grund der heutigen Debatte war unter
anderem, Ihnen die Plattform zu bieten, eine Bewer-
bungsrede für Ihre Kandidatur zur stellvertretenden Par-
teivorsitzenden zu halten.


(Thomas Oppermann [SPD]: Was wäre daran schlimm?)


Ich sage Ihnen aber ganz offen, meine verehrten Kolle-
gen von der SPD: Unser deutsches Staatsangehörigkeits-
recht ist zu kostbar, als es nur als Profilierungsplattform
dafür zu nutzen, dass Sie, Frau Özoğuz, stellvertretende
Parteivorsitzende werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: So etwas Schwaches! – Aydan Özoğuz [SPD]: Wenn Sie sonst kein Argument haben!)


Meine werte Kollegin Künast, ich kann mich auch
nicht des Eindrucks erwehren, dass Sie insbesondere
deshalb heute in dieser Debatte sprechen, weil Sie nach
Ihrem schwachen Abschneiden bei der Berliner Land-
tagswahl in enormen innerparteilichen Schwierigkeiten
stecken. Sie sind eben nicht Regierende Bürgermeisterin
von Berlin geworden. Jetzt gibt es deutlichen Druck in
der eigenen Partei.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das Thema ist nicht neu!)


Ich glaube, dass auch dies ein Grund ist, warum Sie
heute so aufgekratzt und emotional argumentiert haben.


(Manuel Höferlin [FDP]: Getroffene Hunde! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dass Sie behaupten, dass ich emotional bin, ist schon eine Menge wert!)


Gleiches gilt für die Kollegin Lötzsch, die, wie man
den Medien entnehmen kann, auch unter enormem
Rechtfertigungsdruck in der eigenen Partei steht. Hier
gilt aber das Gleiche: Unser deutsches Staatsangehörig-
keitsrecht ist zu kostbar, als es für eine bloße und sehr
durchsichtige parteipolitische Profilierung zu nutzen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Aydan Özoğuz [SPD]: Haben Sie auch was Inhaltliches beizutragen?)


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(C (D Frau Özoğuz, Sie haben behauptet, das jetzige Oponsmodell sei ein bürokratischer Wahnsinn. Frau zoğuz, Sie haben es mitbeschlossen: Rot-Grün hat es eschlossen. (Aydan Özoğuz [SPD]: Das haben wir gar nicht beschlossen! Stimmt doch gar nicht!)


lso sollten Sie jetzt keine Rede halten, in der Sie dieses
odell als schwach und als bürokratischen Wahnsinn

iffamieren. Sie selbst haben die Verantwortung dafür zu
agen.

Deutschland ist gut mit dem Grundprinzip in seinem
taatsangehörigkeitsrecht gefahren, dass man Mehrstaat-
chkeit vermeidet. Einbürgerung kann nur am Ende ei-
es erfolgreich abgeschlossenen Integrationsprozesses
tehen und kann und darf nie am Anfang des Integra-
onsprozesses stehen.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Bei der Optionspflicht wird man damit geboren, Herr Mayer!)


Durch die Staatsangehörigkeit wird ein Loyalitäts-
and zwischen dem Staat auf der einen Seite und dem
taatsangehörigen auf der anderen Seite geknüpft. Die-
es Loyalitätsband kann und darf nie eine Einbahnstraße
ein; dieses Loyalitätsband eröffnet Rechte und Pflichten
r beide Seiten.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Ach? Das ist ja was ganz Neues!)


eswegen muss es weiterhin ein fester Grundsatz des
eutschen Staatsangehörigkeitsrechts sein, dass eine
oppelte Staatsangehörigkeit nach Möglichkeit abzuleh-
en und zu vermeiden ist, weil sie erhebliche rechtliche
chwierigkeiten aufwirft: Auf der einen Seite eröffnet
ie gewisse Privilegierungstatbestände für die Doppel-
taatler, zum Beispiel was das Wahlrecht anbelangt. Es
esteht die akute Gefahr der Rosinenpickerei: Man greift
ich je nachdem, was einem gerade in den Sinn kommt,
as günstigere Recht, zum Beispiel das Wahlrecht, he-
us. Auf der anderen Seite gibt es offenkundig rechtli-

he Nachteile. Die Juristerei spricht von sogenannten
inkenden Rechtsverhältnissen, zum Beispiel im Ehe-
nd Familienrecht und auch im Namensrecht.


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!)


s ist sehr wohl der Fall, dass man sich von der doppel-
n Staatsangehörigkeit fälschlicherweise etwas ver-

pricht, was in der Praxis nicht zu halten ist.

Frau Künast, es gibt ganz konkrete Fälle. Ich selbst
ar in der letzten Legislaturperiode Mitglied des BND-
ntersuchungsausschusses. Wir hatten unter anderem
en Fall Mohammed Haydar Zammar zu behandeln. Er
t Doppelstaatler – er ist Deutscher und Syrer –, war in

yrischer Haft in einem berüchtigten Gefängnis in Da-
askus. Ganz ehrlich: Die deutsche Staatsangehörigkeit

at ihm persönlich überhaupt nichts gebracht. Konsulari-
cher Schutz wurde ihm nämlich von der syrischen Seite
trengstens verwehrt,





Stephan Mayer (Altötting)



(A) )



(B)


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das liegt ja an Syrien und nicht an den internationalen konsularischen Regeln!)


weil die Syrer die deutsche Staatsangehörigkeit nicht an-
erkannt haben. Also hat er keine Möglichkeit gehabt, auf
konsularischen Schutz zurückzugreifen. Ganz im Ge-
genteil, er wurde von den Syrern nur als Syrer angese-
hen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie denn sagen, ein deutscher Pass ist nichts wert? Sie als Bundestagsabgeordneter!)


Man macht sich manche Vorstellungen und knüpft Er-
wartungen an die doppelte Staatsangehörigkeit, die sich
dann in der Praxis als falsch herausstellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube,
wir sind gut damit gefahren, dass wir das Staatsangehö-
rigkeitsrecht 2007 novelliert haben, dass wir darin deut-
liche Verbesserungen aufgenommen haben, zum Bei-
spiel was den Nachweis ausreichender deutscher
Sprachkenntnisse und die Sicherung des Lebensunter-
halts für Personen unter 23 Jahren anbelangt.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Das tut schon ein bisschen weh!)


Insbesondere die Einführung des Einbürgerungstests
war ein Meilenstein in der Veränderung des deutschen
Staatsangehörigkeitsrechts.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Das spielt bei der Optionspflicht ja überhaupt keine Rolle!)


Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Kanada, in
den USA oder auch in den Niederlanden ist es der Fall,
dass derjenige, der Staatsbürger in dem betreffenden
Land werden will, mit einem Einbürgerungstest natürlich
auch dokumentieren muss, dass er sich – in dem Fall – zu
Deutschland, zur deutschen Sprache, zur deutschen Kul-
tur und auch zur deutschen Verfassung bekennt. Ich
glaube, das ist nicht zu viel verlangt.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713904300

Kollege Mayer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Pronold?


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1713904400

Sehr gerne.


Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1713904500

Herr Kollege Mayer, Sie erinnern sich ja sicher, dass

die CSU im Europaparlament durch Otto von Habsburg
vertreten war. Er hatte meines Wissens drei Staatsbürger-
schaften. Wie konnte er diese Konflikte trotzdem zum
Wohle Bayerns aushalten?


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Ein Lebenskünstler!)


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(C (D Herr Kollege Pronold, der hochmögende ehemalige uropaabgeordnete Otto von Habsburg hat diese Konikte nicht nur zum Wohle Bayerns ausgehalten, sonern zum Wohle Deutschlands. an sollte an dieser Stelle noch einmal sehr respektvoll rwähnen, welche großen Leistungen sich Otto von absburg um Deutschland, um die Wiedervereinigung, m die Integration Europas und auch um die Vereiniung Europas erworben hat. (Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Also, es geht doch! Jawohl!)

Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1713904600

(Aydan Özoğuz [SPD]: Na, also!)


Natürlich gibt es Mehrstaatler in Deutschland; das ist
ar keine Frage.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Sogar ganz viele!)


h bitte schon, zu berücksichtigen, dass Otto von Habs-
urg die deutsche Staatsangehörigkeit genauso wie die
sterreichische hatte; aber daraus erwachsen keine un-
ittelbaren Konfliktfelder.


(Lachen bei der SPD)


as zu übersehen, ist der große Trugschluss, dem Sie
nterliegen. Die doppelte Staatsangehörigkeit in den
ällen, in denen sie in Deutschland meistens vorhanden
t, bezieht sich auf zwei oder drei europäische Länder,
nd es entstehen aufgrund der Ähnlichkeit der Rechts-
rdnungen dieser Länder keine Konfliktfelder.

Ich sage Ihnen ganz offen: Natürlich bestehen größere
onfliktfelder, wenn eine Person neben der deutschen

uch die türkische Staatsangehörigkeit hat. Das muss
an in aller Deutlichkeit sagen. Weil Sie Otto von Habs-

urg angesprochen haben, möchte ich sehr lobend und
ehr respektvoll erwähnen, dass in Deutschland immer-
in 1 Million Bürger lebt, die türkischer Abstammung
ind und mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit
aben. Ich ziehe den Hut vor diesen Menschen.


(Abg. Florian Pronold [SPD] nimmt Platz)


Bitte, Herr Pronold, das gehört noch zur Beantwortung
er Frage, die Otto von Habsburg betrifft.


(Abg. Florian Pronold [SPD] erhebt sich wieder von seinem Platz)


tto von Habsburg war ein großer Befürworter der Ver-
tändigung zwischen Deutschland und der Türkei. Ge-
de die 1 Million Türkischstämmigen, die mittlerweile

ie deutsche Staatsangehörigkeit haben, haben sich ganz
ewusst für die deutsche Staatsangehörigkeit entschie-
en und ihre türkische Staatsangehörigkeit aufgegeben.
h glaube, gerade dieser Personenkreis zeigt, wie mo-

ern und erfolgreich das deutsche Staatsangehörigkeits-
cht ist.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Danke, dass Sie sich vor uns verneigen!)


Gleichwohl bietet unser Staatsangehörigkeitsrecht
usreichende Möglichkeiten, Härtefällen zu begegnen.
12 des Staatsangehörigkeitsgesetzes bietet die Mög-
)





Stephan Mayer (Altötting)



(A) )


)(B)

lichkeit, wenn besondere Härten entstehen und die Auf-
gabe der eigenen Staatsangehörigkeit eine besondere
Schwierigkeit in vermögensrechtlicher oder anderweiti-
ger Hinsicht darstellt, die deutsche Staatsangehörigkeit
zusätzlich zu der ursprünglichen auszureichen. Das wie-
derum zeigt, dass wir ein modernes und flexibles Staats-
angehörigkeitsrecht haben, das durchaus allen unter-
schiedlichen Bedürfnissen in ausreichender Weise
gerecht wird.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Selbsttäuschung! Was ist daran modern?)


Es laufen derzeit zwei Studien, die von der For-
schungsgruppe am Bundesamt für Migration und Flücht-
linge durchgeführt werden und in denen die ersten Ergeb-
nisse des Optionsmodells evaluiert werden. Die Ergeb-
nisse werden aller Voraussicht nach im ersten Halbjahr
des kommenden Jahres vorliegen. Ich bitte Sie, meine
lieben Kolleginnen und Kollegen von der Opposition:
Lassen Sie uns erst einmal diese Ergebnisse abwarten.
Die ersten Personen, die die Optionsmöglichkeit wahr-
nehmen können, gibt es seit dem Jahr 2008; es ist schon
erwähnt worden. Jedes Jahr kommen zwischen 3 000 und
5 000 neue Personen hinzu. Die ersten Personen, die op-
tieren müssen, haben dafür immerhin bis Ende 2013 Zeit.


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind seit 2008 mit diesem Problem konfrontiert!)


Es ist momentan viel zu früh, zu sagen, ob sich das Op-
tionsmodell bewährt hat oder nicht, ob rechtliche
Schwierigkeiten auftauchen oder nicht. Wir sollten uns
wirklich die Zeit nehmen, die Ergebnisse der Evaluie-
rung abzuwarten, und zu gegebener Zeit auch in diesem
Hause darüber debattieren, wie wir darauf reagieren.

Ich glaube, dass wir gerade bei dieser gesellschafts-
politisch relevanten Debatte deutlich machen müssen,
dass die Ausreichung der deutschen Staatsangehörigkeit
mehr ist, als nur einen Personalausweis, ein Legitima-
tionspapier zu überreichen. Es geht bei der deutschen
Staatsangehörigkeit wie bei der Staatsangehörigkeit ge-
nerell auch sehr stark darum, ein Bekenntnis zu einem
Staat abzugeben. Deswegen ist es mir auch so wichtig,
darauf hinzuweisen, dass wir die Debatte über eine mög-
liche Novellierung des Staatsangehörigkeitsrechts nicht
auf dem Altar von Parteipolitik opfern sollten. Es sollte
schon Konsens hier in diesem Haus sein, dass die Ver-
fassungstreue und das Bekenntnis zu unserer freiheit-
lich-demokratischen Grundordnung ein Grundpfeiler des
deutschen Staatsangehörigkeitsrechts sind. Ich glaube,
dass man nicht umhinkann, festzuhalten, dass durchaus
die Gefahr besteht, dass Loyalitätskonflikte bei Personen
entstehen, die mehrere Staatsangehörigkeiten haben.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Mein Gott, die anderen europäischen Länder sind auch nicht untergegangen!)


Vor dem Hintergrund bitte ich Sie herzlich, hier nicht
falsche Ängste zu schüren. Ich halte es für wirklich uner-

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(C (D äglich, dass Sie, Frau Kollegin Lötzsch, uns, der christch-liberalen Koalition, vorwerfen, der Fremdenfeindchkeit in Deutschland Vorschub zu leisten. (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Da hat sie aber vollkommen recht!)


h glaube, dass dieser Vorwurf wirklich ungebührlich
t und der Seriosität und Ernsthaftigkeit der Debatte in
einer Weise gerecht wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das ist eine Debatte, die heute zur Unzeit geführt
ird. Wir haben noch genügend Zeit, wenn die Ergeb-
isse der Evaluierung des Optionsmodells vorliegen, uns
arüber auszutauschen.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Sie finden doch immer eine Ausrede! Immer nur verschieben!)


In diesem Sinne: Herzlichen Dank für die Aufmerk-
amkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713904700

Das Wort hat nun Frank-Walter Steinmeier für die

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1713904800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Dass sowohl der Herr Minister als auch die Frau
taatsministerin heute keine Zeit haben, nehmen wir zur
enntnis. Ich muss Ihnen sagen: Es wundert mich nicht.
enn die Woche der Festakte ist schließlich vorbei.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Der SPD-Parteitag kommt erst noch!)


Ich weiß gar nicht, was Sie immer mit Parteitagen ha-
en. Ich meine, der CDU-Parteitag ist viel näher als un-
erer.


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Aber ihr habt eine Personalentscheidung!)


sofern müssten wir schlechte Gedanken haben, was
re Tagesordnungspunkte angeht. Herr Wolff, da Sie

chon dazwischenrufen, lassen Sie mich noch eines sa-
en: Ich hätte nicht gedacht, dass Sie in der Lage sind,
as Diskussionsniveau Ihrer Partei doch so nachhaltig zu
nterschreiten. Das war wirklich auffällig.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zu Ihrem Hinweis, dass es Konkurrenz innerhalb der
pposition gebe, muss ich Ihnen eines sagen: Das

chreckt mich nicht wirklich, solange ich weiß, dass Sie
it solchen Reden dafür sorgen, dass die FDP – jeden-
lls in Zukunft – außer Konkurrenz läuft.





Dr. Frank-Walter Steinmeier


(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Das ist wirklich billig!)


Ansonsten hätte ich mir gewünscht, dass wir diese
Debatte mit mehr Ernsthaftigkeit führen.


(Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Das machen Sie ja gerade vor!)


Deshalb sage ich zu Anfang: Über die doppelte Staatsan-
gehörigkeit darf man streiten und muss man streiten –
vielleicht auch heute. Man sollte jedoch vielleicht damit
beginnen, dass es ein paar Gemeinsamkeiten in diesem
Hohen Hause gibt. Ich habe das jedenfalls gespürt, als
wir in der letzten Woche unterwegs waren und die vielen
Veranstaltungen zu 50 Jahre deutsch-türkisches Anwer-
beabkommen besucht haben.

Viele auch Ihrer Redner haben darauf hingewiesen,
wie sehr diejenigen, die von weit hergekommen sind,
dieses Land bereichert haben. Die, die hergekommen
sind, haben hier – weit weg von zu Hause – gearbeitet,
ohne die Sprache dieses Landes zu verstehen, haben da
angepackt, wo die Arbeit am schwersten war, haben die
Kohle aus der Erde geholt, haben als Stahlkocher Hitze
und Dreck widerstanden, haben auf dem Bau geschuftet
und Autos zusammengeschraubt. Sie waren diejenigen,
die dafür gesorgt haben, dass die wirtschaftliche Aufhol-
jagd in diesem Lande tatsächlich stattfinden konnte.

Es muss uns auch in einer solchen Debatte klar sein:
Das war mit den Feierveranstaltungen der letzten Woche
nicht abgeschlossen. Auch in einer solchen Debatte
muss uns klar sein, dass das deutsche Wirtschaftswun-
der, dieses Wachstum von beispielloser Stabilität und die
Steigerung des Wohlstandes, die hier in Deutschland für
breite Schichten der Bevölkerung – und das nur zwei
Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges –
möglich waren, eben auch getragen waren von der Ar-
beit von Zehntausenden, von Hunderttausenden von Mi-
granten. Deshalb sage ich: Unser Erfolg ist auch deren
Erfolg, und es war in der letzten Woche Zeit, dafür end-
lich herzlichen Dank zu sagen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich lasse jetzt die Reden beiseite, die hier gehalten
worden sind. Denn wir müssen uns die Frage stellen
– das sage ich mit großem Ernst –: Was haben die Veran-
staltungen in der letzten Woche mit dem Streit heute zu
tun?


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Was hat das mit der Staatsangehörigkeit zu tun?)


Ich glaube, folgende Frage bleibt: Haben wir damals ei-
gentlich gewusst, was Arbeitsmigration in der Größen-
ordnung, wie wir sie erlebt haben, wirklich bedeutete?
Haben wir gewusst, was sie in der Gesellschaft, aus der
die Arbeitsmigranten kamen, und was sie in der Gesell-
schaft, in die viele Neue kamen, um hier zu arbeiten,
verändert hat?

Wir in Deutschland haben doch viel zu lange ge-
glaubt: Das alles ist ein Provisorium. Das alles ist eine

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(C (D bergangslösung. Auch der Sprachgebrauch war verrärisch: Der Gastarbeiter war eben Gast. Er blieb fremd nd war nicht vollberechtigter Teil der Gesellschaft. Das, was für uns galt, galt aber auch für diejenigen, ie gekommen sind. Ich habe in der letzten Woche in öfntlichen Reden gesagt: Auch die türkischen Arbeits migranten, die kamen, lebten in demselben Provisoum. Für sie stand der Rückkehrwunsch immer fest. Nur er Zeitpunkt hat sich verschoben – erst um Monate, ann um Jahre. Es kam die erste Generation der Kinder, ie in Deutschland geboren war. Dann kam die zweite, nd jetzt ist es die dritte. Das hat natürlich dazu geführt, dass das Band der Verundenheit zu unserem Lande immer enger wurde, und eshalb würde ich, Herr Mayer, hier nicht laufend von oyalitätskonflikten sprechen. Ich freue mich darüber, ass die Verbundenheit zu unserem Lande größer geworen ist. Es bestehen Konflikte, die wir nicht durch die erweigerung der Änderung des Staatsangehörigkeitschts bessern oder heilen können. Vielmehr tragen die enschen diesen Konflikt in ihrer Person in sich. Diesen onflikt kann man nicht aufgrund einer einzigen Geset esänderung lösen. Man kann ihn aber auch nicht durch ie Verweigerung von Recht lösen, und deshalb müssen ir anders und ernsthaft darüber sprechen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ielleicht können Sie den Weg mitgehen und gemein-
am mit uns überlegen, ob wir die politischen Aufgaben
ewältigt haben, die sich aus der Arbeitsmigration in den
0er- und 70er-Jahren ergeben. Vielleicht kommen wir
ann auch zu einem gemeinsamen Ergebnis und können
ststellen: Wir haben sie wahrscheinlich nicht oder

icht ausreichend bewältigt. Darüber würden wir uns im
weifel noch einig sein. Mit Blick auf all das, was ich in
er letzten Woche von den Rednern der CDU, der CSU
nd der FDP gehört habe,


(Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Gehört, aber nicht verstanden!)


sst sich jedenfalls festhalten, dass eigentlich fast alle
esagt haben: Wir sind in der Integration nicht so weit
ekommen, wie es nötig gewesen wäre und wie viele
on uns es eigentlich wollten.

Deshalb muss ich nicht in erster Linie das Hohe Haus
avon überzeugen, wie wichtig es ist, dass wir jetzt end-
ch das nachholen, was wir in der Vergangenheit schul-
ig geblieben sind. Das sind wir eben nicht nur denjeni-
en schuldig, die zugewandert sind, und den hier
eborenen Kindern und Kindeskindern der Zugewander-
n, sondern wir sind es auch uns selbst schuldig.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


er es nämlich zulässt – das fällt in unsere Verantwort-
chkeit als Politiker –, dass in diesem Lande zu viele
enschen zu wenige Chancen und nicht gleiche Rechte

aben, wer das in Kauf nimmt, der setzt den inneren Zu-
ammenhalt dieser Gesellschaft aufs Spiel. Hier geht es





Dr. Frank-Walter Steinmeier


(A) )


)(B)

aber um unsere Zukunft. Die dürfen wir nicht aufs Spiel
setzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Was hat das mit der Staatsangehörigkeit zu tun?)


Wenn wir über Staatsangehörigkeit als ein Element
von Integration reden, reden wir also nicht nur über Zu-
gewanderte und deren Kinder, sondern auch über die Zu-
kunft dieses Landes. Deshalb sage ich Ihnen: Wer Inte-
gration wirklich ernst nimmt, der muss auch bereit sein,
über Staatsangehörigkeit zu reden. Angesichts der Re-
den, die wir hier vonseiten der Koalitionsfraktionen ge-
hört haben, und mit Blick auf das, was die Regierung tut
und insbesondere nicht tut, befürchte ich: Wir tun das
genaue Gegenteil,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


indem wir jungen Menschen eine Entscheidung abzwin-
gen, die sie ganz offenbar nicht in der Lage sind zu tref-
fen.


(Serkan Tören [FDP]: Das wissen wir doch noch gar nicht!)


Jetzt sage ich Ihnen eines: Ja, wir haben diese Op-
tionsregelung mitgetragen. Jetzt, nach zehn, elf Jahren,
stelle ich mich auch hierher und sage mit Blick auf das,
was hinter uns liegt: Sie können doch nicht, wo uns sonst
überall abverlangt wird, gelegentlich einmal zu kontrol-
lieren, ob wir mit unserer Gesetzgebung erfolgreich ge-
wesen sind, beim Staatsangehörigkeitsrecht sagen: Da
dürft ihr euch, bitte, nicht korrigieren.


(Zuruf des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder)


Nein, umgekehrt verhält es sich! Ich sage mit Blick auf
die zehn, elf Jahre, die jetzt hinter uns liegen: Wir haben
damals gemeinsam einen Versuch gemacht. Wir haben
ein Angebot unterbreitet. Aber wir müssen auch zur
Kenntnis nehmen, dass dieses Angebot ausgeschlagen
wird; diese Optionsregelung funktioniert nicht. Deshalb
können wir sie nicht einfach weiter mit uns herum-
schleppen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713904900

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Wolff?


Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1713905000

Selbstverständlich.

Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Herr Kollege Steinmeier, Sie haben gerade gesagt,

dass Sie Ihre Position ändern. Aber es ist doch Tatsache,
dass die Regelungen, die von Ihnen selbst eingeführt
wurden, erst seit Anfang dieses Jahres gelten.

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(C (D (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit 2008!)


ie sind aber schnell dabei, Ihre Position zu ändern. Wie
tehen Sie denn dazu?


Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1713905100

Herr Wolff, Sie sind offenbar nicht so ganz in der

ache drin. Das habe ich an dem Vortrag, den Sie eben
ehalten haben, auch schon gesehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eder, der sich mit Fragen des Staatsangehörigkeitsrechts
irklich befasst, kann in jedem Jahr mindestens fünf
roße Konferenzen und Tagungen besuchen, bei denen
gelmäßig alles erreichbare statistische Material vorge-
gt wird. In diesem Rahmen könnten Sie zur Kenntnis
ehmen, ob die Bereitschaft jüngerer Zuwanderungsge-
erationen besteht, von dieser Option Gebrauch zu ma-
hen, ja oder nein. Wenn Sie das nicht tun und hier lieber
o tun, als ob wir über ein Phantom reden würden, zu
em noch kein belastbares Material vorliege, liegt das
ahrlich nicht in der Verantwortung der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau Merkel hat beim Festakt zum Jahrestag des An-
erbeabkommens gegenüber der türkischstämmigen
itbevölkerung gesagt:

Sie sind ein Teil von Deutschland. Sie gehören
dazu.

as ist richtig; aber das ist natürlich zunächst einmal
icht gesagt. Was heißt das eigentlich genau? Das ent-

cheidende Element von Zugehörigkeit zu einem Ge-
einwesen ist doch ganz ohne Zweifel die politische
eilhabe, das heißt die Teilhabe als Staatsbürgerin und
taatsbürger dieses Landes. Deshalb sage ich: Wenn das,
as Frau Merkel hier richtigerweise gesagt hat, mehr

ein soll als ein Lippenbekenntnis, dann kommen wir
icht umhin, allen dauerhaft hier lebenden Menschen die
ire Chance zu geben, Bürgerin oder Bürger dieses Lan-

es zu werden – mit allen Rechten und Pflichten; das ge-
ört dazu. Aber wir müssen es machen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Natürlich haben Sie recht, Herr Mayer, wenn Sie da-
uf hinweisen, dass viele bei uns lebende Menschen aus
inwandererfamilien eingebürgert sind. Ja, das gibt es.
atürlich ist es auch richtig, dass allen Eingewanderten
iese Option prinzipiell offensteht. Die Frage ist jedoch,
u welchem Preis. Darum geht es doch, wenn wir uns
agen, warum das Angebot der deutschen Staatsangehö-
gkeit ausgeschlagen wird. Wir verlangen die Aufgabe
er bisherigen Staatsangehörigkeit. Offenbar ist es mit
er Identität aber nicht ganz so einfach, wie wir uns das
or zwölf Jahren bei unseren politischen Entscheidungen
orgestellt haben. Schwarz oder weiß, Inländer oder
usländer, das ist für diese Generation eben nicht mehr
ie Frage; denn sie fühlt beides. Die Begründung mit





Dr. Frank-Walter Steinmeier


(A) )


)(B)

dem Loyalitätskonflikt ist der falsche Ansatz. Wir müs-
sen uns der Realität stellen. Es sind Menschen, die die-
sen Identitätskonflikt in sich spüren. Aber das ist kein
Grund, ihnen die Staatsangehörigkeit zu verweigern.
Das ist die Verweigerung von Politik.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713905200

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.


Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1713905300

Ich muss zum Ende kommen. Deshalb verweise ich

auf unseren Gesetzentwurf, den wir hier unterbreitet ha-
ben. Wir bitten Sie – jenseits der Reden, die dazu in der
Vergangenheit und auch heute im Parlament gehalten
worden sind –, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Lassen Sie mich abschließend den Herrn Bundesprä-
sidenten zitieren, der kürzlich in einer Rede zum 20. Jah-
restag der deutschen Einheit gesagt hat: Der Satz „Wir
sind ein Volk“ sollte heute mehr denn je auch als Einla-
dung an alle, die hier leben, verstanden werden, ob ein-
gewandert oder nicht. – Lassen Sie uns Ernst machen da-
mit!

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713905400

Das Wort hat nun Serkan Tören für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Serkan Tören (FDP):
Rede ID: ID1713905500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Steinmeier, ich habe mich offenbar im Gegensatz
zu Ihnen mit Ihrem Gesetzentwurf beschäftigt. Sie haben
im Zusammenhang mit der doppelten Staatsangehörig-
keit gesagt, man müsse in diesem Rahmen nicht über
Loyalitätskonflikte sprechen. Ich zitiere aus Ihrem Ge-
setzentwurf:

Zum anderen finden sich viele der betroffenen Ju-
gendlichen in einem Loyalitätskonflikt wieder.

Insofern sollten Sie sich vielleicht mit Ihrem Gesetzent-
wurf beschäftigen, bevor Sie hier in Ihrer Rede nur all-
gemeinpolitische Ausführungen zur Integration ma-
chen, ohne auf die Sache zu kommen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Lesen Sie mal das Protokoll!)


Zudem habe ich mich sehr über den Zeitpunkt gewun-
dert. Sie haben das vor 50 Jahren geschlossene Anwerbe-
abkommen zwischen Deutschland und der Türkei ange-
führt. Die Einführung der doppelten Staatsangehörigkeit
soll in Ihren Augen eine Art Belohnung sein. Wenn Ih-
nen wirklich etwas an einer Belohnung liegt – oder las-

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(C (D en Sie mich besser sagen: an einer Anerkennung und ertschätzung –, dann hätten Sie heute beispielsweise ber das Anerkennungsgesetz sprechen können, das die hristlich-liberale Koalition beschlossen hat. Denn künfg hat die türkische Krankenpflegerin endlich ein Recht uf Prüfung ihrer Qualifikationen. Künftig darf sich die rdanische Ärztin endlich auch als solche in Deutschnd niederlassen. Das, was wir als christlich-liberale oalition damit leisten, (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Aydan Özoğuz [SPD]: Das habt ihr euch doch nicht ausgedacht!)


t viel mehr an Integration als das, was Sie in Ihrer Re-
ierungszeit vorgelegt haben oder jetzt vorschlagen.

Heute geht es um gleiche Chancen. Es muss um die
öglichkeit gehen, sein Leben in Deutschland selbst in

ie Hand zu nehmen. Das ist Respekt und Wertschät-
ung. Die doppelte Staatsangehörigkeit hier als Beloh-
ung anzuführen,


(Aydan Özoğuz [SPD]: Das macht ihr doch selber!)


t doch völlig absurd und zeigt einmal mehr: Sie sind im
ktober 1961 stehengeblieben, mit einem patriarchali-

chen und gönnerhaften Blick auf Migranten.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Das macht die Union!)


Unser Ziel ist es, aus Migranten Bürger dieses Landes
u machen, Bürger, die sich verantwortlich fühlen, parti-
ipieren und Deutschland mitgestalten. Genau das
ollen auch die meisten Migranten. Wir tun doch nie-
andem einen Gefallen, wenn wir die doppelte Staats-

ngehörigkeit großzügig und karitativ als Bonus ver-
ilen, am besten noch ohne irgendwelche Voraus-

etzungen.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Wer tut denn das?)


as bedeutet im Umkehrschluss aber nicht: Das Staats-
ngehörigkeitsrecht ist gut, wie es ist, und wir müssen
ns keine Gedanken um dessen Modernisierung machen.
anz im Gegenteil! Das sage ich hier ganz klar. Aber
ir müssen erst einmal die Evaluation des Optionsmo-
ells abwarten.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Die FDP duckt sich weg! Das ist die Tatsache!)


h sage Ihnen auch, weshalb. Entgegen Ihren Ausfüh-
ngen höre ich nämlich sehr Unterschiedliches von den
inbürgerungsbehörden. Viele vermelden erfreulicher-
eise eine sehr klare Tendenz bei den jungen Migranten
r die deutsche Staatsangehörigkeit. Gleichzeitig variie-
n die Rückmeldungsquoten sehr stark. Einige Behör-

en haben hohe Rückmeldungsquoten, andere kaum
elche. Einer der Gründe hierfür liegt in der sehr unter-

chiedlichen Leistungsfähigkeit und dem Dienstleis-
ngscharakter der einzelnen Behörden. Aber das ist ein

nderes Thema. Wer also bereits jetzt für ganz Deutsch-
nd ein klares Fazit zieht und die Optionspflicht als ge-

cheitert abtut, arbeitet nicht seriös. Deshalb sage ich:
assen Sie uns die Evaluation abwarten!





Serkan Tören


(A) )


)(B)

Zur Wahrheit gehört aber auch: Das Thema Einbürge-
rung ist in Deutschland kein Selbstläufer. Hier haben
Einwanderer mit einer Niederlassungserlaubnis bereits
sehr weitgehende Rechte. Politische Partizipation in
Form von Wahlen hat derzeit leider keine Hochkonjunk-
tur. Wirkliche Anreize insbesondere für gut integrierte
Einwanderer fehlen. Zudem haben einige Debatten in
vergangener Zeit nicht zur viel zitierten Willkommens-
kultur bzw. Anerkennungskultur beigetragen. Deshalb
gilt: Wir müssen für die deutsche Staatsangehörigkeit
werben, ich meine nicht: für eine Urkunde, sondern für
unser wunderbares Land und unsere Gesellschaft als sol-
che.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Machen wir uns nichts vor: Ein Einbürgerungstest oder
ein Stück Papier macht noch keinen loyalen, partizipie-
renden Bürger aus. Das gilt für alle Deutschen – ob mit
Zuwanderungsgeschichte oder ohne.

Wir werden diese Debatte verstärkt und engagiert
führen, die Evaluation des Optionsmodells abwarten und
Ihre Ablenkungsmanöver nicht mitmachen.

Zum Schluss eine kurze Bemerkung zu meiner Per-
son. Ich war bis vor einigen Jahren Doppelstaatler, habe
mich dann aber entschieden, die türkische Staatsbürger-
schaft abzugeben. Der Grund dafür war, dass Deutsch-
land meine Heimat geworden ist, dass ich zu dieser Ge-
sellschaft gehöre und ein Teil davon bin.


(Thomas Oppermann [SPD]: Das ist doch gut! Das ist okay!)


Eine praktische Erwägung war, dass ich keinen Militär-
dienst ableisten musste. Diese Frage wird auf viele zu-
kommen. Ich bin mit meiner Entscheidung sehr glück-
lich.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Aydan Özoğuz [SPD]: Aber müssen es deshalb alle machen? Das ist doch eine Option!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713905600

Das Wort hat nun Sevim Dağdelen für die Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713905700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist zu

begrüßen, dass der 50. Jahrestag des deutsch-türkischen
Anwerbeabkommens Anlass bietet, im Deutschen Bun-
destag über das Thema Einbürgerungserleichterungen
und über das Staatsangehörigkeitsrecht insgesamt zu de-
battieren. Aber ich muss auch sagen, Herr Steinmeier: Ihr
Dankeschön an die Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter,
die vor 50 Jahren nach Deutschland gekommen sind und
ihre Familien nachgeholt haben – so war es beispiels-
weise auch in meiner Familie der Fall –, lässt zu wün-
schen übrig. Auf Ihr Dankeschön in Form von Hartz IV,
Leiharbeit,

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(C (D (Thomas Oppermann [SPD]: Haben Sie noch etwas anderes drauf? – Weitere Zurufe von der SPD)


erstörung der gesetzlichen Rente und einer Praxisge-
ühr hätten diese Millionen von Menschen verzichten
önnen.


(Beifall bei der LINKEN)


chauen Sie sich einmal die Zahlen an, die zeigen, wie
s den Menschen geht, die von Altersarmut, von einer
oppelt so hohen Arbeitslosigkeit und von einer über-
roportional hohen Beschäftigungsquote im Niedrig-
hnbereich betroffen sind. Wenn Sie diesen Menschen

uch angesichts der Tatsache, dass Sie ihnen in der Ver-
angenheit etwas schuldig geblieben sind, wirklich
anke sagen wollen, dann sollten Sie erst einmal die
ehler beseitigen, die Sie während der elf Jahre Ihrer Re-
ierungszeit gemacht haben. Dann werden die Men-
chen Ihr Dankeschön ernst nehmen.


(Beifall bei der LINKEN – Thomas Oppermann [SPD]: Wir wollen uns nicht mit Hartz IV bedanken, sondern mit Arbeitsplätzen!)


Auch bei den Einbürgerungszahlen kann die Linke
as Eigenlob – ich sage nur, dass Eigenlob stinkt – von
PD und Grünen nicht nachvollziehen. Die Einbürge-
ngszahlen des letzten Jahres, also 2010, sind mit rund

00 000 immer noch niedriger als vor zehn Jahren, als
as antiquierte deutsche Reichs- und Staatsangehörig-
eitsgesetz aus dem Jahre 1913 galt.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Rede passt nicht zum Abstimmungsverhalten!)


arum ist das so? Sie von der SPD haben während Ihrer
egierungszeit, ob es in der rot-grünen Koalition oder in
er Großen Koalition war, durchweg für Verschlechte-
ngen gesorgt. Ich nenne beispielsweise die Erhöhung

er Anforderungen an Sprachkenntnisse von A1 auf B1.


(Beifall bei der LINKEN)


Warum ist das für die Linke ein Problem, und warum
erlangt die Linke umfassende Erleichterungen bei der
inbürgerung? Das Bundesverfassungsgericht spricht
on einem Demokratiedefizit in Deutschland, das darin
egt, dass Millionen von Menschen die politische Mit-
estimmung durch Wahlen versagt bleibt, obwohl sie im
urchschnitt seit fast 20 Jahren in Deutschland leben.
ir von der Linken wollen nicht, dass immer mehr Men-

chen über einen längeren Zeitraum in Deutschland le-
en, ohne die gleichen Rechte zu haben, ohne ihren Be-
f frei wählen zu können oder nach 20 Jahren festem
ufenthalt nicht vor Ausweisung sicher zu sein. Deshalb
rauchen wir keine Sprechblasen über Willkommenskul-
r, sondern endlich gleiche Rechte.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn Sie von der Regierungskoalition immer mit Ih-
m anachronistischen Popanz von vermeintlichen Loya-
tätskonflikten bei Menschen mit mehr als einem Pass
ommen, dann muss ich sagen: In der Praxis ist die





Sevim Daðdelen


(A) )


)(B)


Sevim Dağdelen
Mehrstaatigkeit doch längst Realität. Die Mehrzahl der
Einbürgerungen in Deutschland geschieht unter Beibe-
haltung der alten Staatsangehörigkeit. Mehr als 57 Pro-
zent aller Eingebürgerten sind Doppelstaatler, das sind
mehr als 4,5 Millionen Menschen. Es wird überhaupt
nicht darüber diskutiert, ob diese Menschen Loyalitäts-
konflikte haben. Ebenso wenig wird darüber diskutiert,
dass in elf EU-Staaten die Situation ähnlich ist. Wenn es
nicht Ausdruck eines wirklichen Ausgrenzungswillens
wäre, wäre das Ganze zum Lachen, Herr Kollege Mayer.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wer heute noch dem Prinzip der Einstaatigkeit anhängt,
folgt eher dem Prinzip der Einfältigkeit. Das ist bei Ih-
nen aber nichts Neues.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich bin dankbar für die neue Ehrlichkeit in der CDU/
CSU-Fraktion. Im Innenausschuss gab es gestern eine
bemerkenswerte Klarstellung des Kollegen Mayer von
der CDU/CSU-Fraktion. Er bekannte unmissverständ-
lich, dass Mehrfachstaatsangehörigkeiten bei EU-Ange-
hörigen ja kein Problem seien. Zum Problem würden sie
aber, wenn es um türkische Staatsangehörigkeiten gehe.
Ich kann nur sagen: Wir haben verstanden. Sie halten
Menschen, die entweder aus der Türkei eingewandert
oder die hier geboren und aufgewachsen sind und zufäl-
lig die türkische Staatsangehörigkeit haben, für eine be-
sondere Bedrohung und potenzielle Gefahr. Wenn das
nicht rassistisch und fremdenfeindlich ist, was ist es
dann?


(Beifall bei der LINKEN – Ingo Wellenreuther [CDU/CSU]: Langsam! Langsam!)


Zum Schluss möchte ich vorwegnehmen – meine
Kollegin Frau Lötzsch hat es schon gesagt –: Die Linke
wird den Gesetzentwürfen von der SPD und den Grünen
zustimmen, und das, obwohl sie unglaubwürdig sind.
Das gilt insbesondere für den Antrag der SPD. Sie waren
elf Jahre lang pausenlos in der Regierung und haben die
Einbürgerungszahlen, die in den letzten Jahren katastro-
phal niedrig sind, mit zu verantworten. Aber nicht nur
das. Sie haben vor noch nicht allzu langer Zeit hier im
Bundestag unsere Verbesserungsvorschläge zum Staats-
angehörigkeitsgesetz und zu anderen Themen wie dem
kommunalen Wahlrecht für Drittstaater genauso abge-
lehnt, wie Sie es gestern im Innenausschuss getan haben.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713905800

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713905900

Ich komme zum Schluss. – Glaubwürdig sind Sie aber

erst dann, wenn Sie unseren Verbesserungsvorschlägen
zustimmen und solcherlei Anträge nicht nur vorlegen,
wenn Sie in der Opposition sind, –


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713906000

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.

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(C (D – sondern auch als Regierungspartei. Vielen Dank. Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kolle en Christian Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713906100

(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713906200
Frau Kollegin, Sie haben uns Eigenlob vorgeworfen.

h sage Ihnen: Wir haben Lob verdient, obwohl wir
999 ein Gesetz auf den Weg gebracht haben, das die be-
agte Optionsregelung enthält, von der wir schon damals
ussten, dass sie ein Fehler war.

Ich habe dieser Regelung damals zugestimmt, und
war deshalb, weil nach der Hessen-Wahl im Jahr 1999
ehr einfach nicht drin war.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


h stand vor der Frage: Soll ich diesem Gesetz nicht zu-
timmen und damit Hunderttausenden in Deutschland
eborenen Kindern von Migranten die deutsche Staats-
ürgerschaft verweigern, oder soll ich diesem Gesetz in
enntnis dessen zustimmen, dass es Hunderttausenden

ugutekommen wird, die damit automatisch die deutsche
taatsbürgerschaft erwerben? Bereits damals habe ich
esagt: Diese Regelung ist im Grunde falsch; wir müs-
en sie aufheben, wenn es zum Schwur kommt, also
twa zehn Jahre später. Ich halte es nach wie vor für
chtig, dass wir damals diese Entscheidung getroffen
aben. Zwingend notwendig ist aber, dass diese Rege-
ng jetzt korrigiert wird.

Lob haben wir verdient, weil wir damit Zehntausen-
en von jungen Mitbürgerinnen und Mitbürgern ermög-
cht haben, durch ihre Geburt in Deutschland die deut-
che Staatsbürgerschaft zu erwerben, und wir damit das
ogma gebrochen haben, dass die Staatsbürgerschaft
ur über die Blutsverwandtschaft vermittelt werden
ann. Die Entscheidung damals war richtig und gut; sie
ar notwendig. Heute ist es richtig, es endgültig so zu
geln, dass es für diese Leute keinerlei Zumutungen

ibt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713906300

Das Wort zu einer weiteren Kurzintervention erteile

h Kollegen Stephan Mayer.


Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1713906400

Frau Kollegin Dağdelen, Sie haben meine Äußerungen

der gestrigen Sitzung des Innenausschusses erwähnt.
h möchte Sie darauf hinweisen und darf Sie bitten, zur
enntnis zu nehmen, dass ich türkische Staatsangehörige
icht als „Problem“, schon gar nicht als „Bedrohung“ be-
eichnet habe. Ich habe auf folgenden Umstand hinge-





Stephan Mayer (Altötting)



(A) )


)(B)

wiesen – ich tue das auch hier in aller Deutlichkeit –: Die
doppelte Staatsangehörigkeit von EU-Staatsangehörigen
innerhalb der Europäischen Union ist deshalb kein Pro-
blem, weil es schon aufgrund des EU-Rechts heute so ist,
dass EU-Staatsangehörige in Deutschland auch dann,
wenn keine doppelte Staatsangehörigkeit besteht, fast
alle Rechte haben, die auch Deutschen zustehen. Deshalb
ist die Ausreichung der doppelten Staatsangehörigkeit
auch ohne das Gegenseitigkeitsprinzip kein Problem.

Ich habe aber mitnichten behauptet, dass türkische
Staatsangehörige eine „Bedrohung“ für unsere Gesell-
schaft darstellen. Ich muss mich deshalb wirklich in aller
Entschiedenheit auch insoweit gegen Ihre Äußerungen
wenden, dass Sie mir „rassistische“ Erwägungen unter-
stellt haben. Das muss ich in aller Deutlichkeit von mir
weisen. Ich habe in meiner Rede darauf hingewiesen:
Ich bin dankbar und froh, wenn sich türkische Staatsan-
gehörige in Deutschland so verwurzelt fühlen, dass sie
sich um die deutsche Staatsangehörigkeit bemühen und
darum bewerben. Mittlerweile gibt es immerhin schon
über 1 Million türkischstämmige Bürger in Deutschland.
Ich möchte betonen: Ich bin froh um jeden türkischen
Staatsangehörigen, der sich in Deutschland integriert hat
und am Ende des erfolgreichen Integrationsprozesses die
deutsche Staatsangehörigkeit annimmt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713906500

Kollegin Dağdelen, bitte schön.


Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713906600

Zunächst wende ich mich an den Kollegen Ströbele.

Herr Ströbele, es kann sein, dass Sie wieder einmal einen
Abwägungsprozess hatten, wie es bei der Grünen-Frak-
tion in den letzten Jahren – auch bei den Themen Krieg
und Frieden – oftmals der Fall war,


(Zuruf von der SPD: Das habt ihr auch gar nicht nötig! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr stimmt doch gleich zu! Macht doch nicht so eine Welle!)


und Sie sich vielleicht gezwungen sahen, zwischen ei-
nem größeren und einem kleineren Übel zu entscheiden.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was Sie da reden, passt doch nicht!)


Das Problem ist doch Folgendes: Die Migrantinnenorga-
nisation, in deren Geschäftsführung ich damals war und
noch heute bin, hat diese Entscheidung damals, wie viele
andere Organisationen auch, als einen faulen Kompro-
miss bezeichnet; aber Sie wenden nur Lob und keinerlei
Selbstkritik an. Sie haben mit Ihrem Gesetz dafür ge-
sorgt, dass Zehntausende Menschen die deutsche Staats-
angehörigkeit verloren haben.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie haben mit dafür gesorgt, dass sich junge Menschen
für eine Staatsangehörigkeit entscheiden müssen.

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(C (D Die Zahlen sprechen doch eine klare Sprache: In Zein des alten Reichsund Staatsangehörigkeitsgesetzes atten wir über 140 000 Einbürgerungen im Jahr; mit Ihm Gesetz haben Sie für einen stetigen Rückgang ge orgt. Wir haben jetzt nur noch rund 100 000 Einbürgengen im Jahr. Sie müssen doch auch diese Realitäten nerkennen. Sie dürfen sich nicht nur loben, sondern üssen auch einmal Selbstkritik anwenden und sagen: ir haben auch Fehler gemacht. – iese Fehler muss man aber irgendwann auch einmal orrigieren. Wenn Sie diesen Weg gehen würden, wären ie, liebe Kolleginnen und Kollegen, um einiges glaubürdiger. Zu Herrn Mayer muss ich sagen: Herr Mayer, jetzt önnen Sie natürlich behaupten, Sie hätten es so nicht esagt. Aber Sie haben es eigentlich mit Ihren Aussagen estern im Innenausschuss so deutlich gemacht. Sie haen gesagt, dass bei den EU-Mitgliedstaatsangehörigen ie doppelte Staatsangehörigkeit sowieso erlaubt ist und ie da kein Problem sehen, es aber ein Problem wäre, enn man jetzt so vielen türkischen Staatsangehörigen uf einmal die deutsche Staatsangehörigkeit unter Hinahme einer mehrfachen Staatsangehörigkeit geben ürde. Insoweit lässt das natürlich die Vermutung zu, ass Sie bei denen eine Bedrohung sehen – Ihr Popanz on vermeintlichen Loyalitätskonflikten –, aber bei deen, die aus den EU-Mitgliedstaaten kommen, nicht. Die Zahlen aus Ihrem Bundesland Bayern machen es igentlich deutlich. Ich habe mir vom Statistischen Bunesamt die Einbürgerungsquoten türkischer Staatsangeöriger, differenziert nach Bundesländern, geben lassen: ährend sie im Jahr 2010 im Bundesdurchschnitt bei ,6 lag, betrug sie in Bayern gerade einmal 1,0. Was aber och viel krasser ist: Während im Bundesdurchschnitt 7,7 Prozent der türkischen Staatsangehörigen ihre alte taatsangehörigkeit nach der Einbürgerung behalten onnten, waren es in Bayern lächerliche 3,7 Prozent, lso 78 Personen. Das heißt, Bayern hat eine rigide Prais bei der Frage, was es heißt, wenn Menschen ihre alte taatsangehörigkeit behalten wollen – besonders bei türischen Staatsangehörigen. Ihre Ausführungen gestern im Innenausschuss bestägen wieder einmal mehr, dass Sie ein Problem bei den ürkinnen und Türken sehen. Das Wort hat nun Memet Kilic für die Fraktion Bünd is 90/Die Grünen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin einem Kollegen Hans-Christian Ströbele dankbar, dass r einiges richtiggestellt hat. Liebe Frau Dağdelen, Sie haben gesagt, dass Sie uneren Gesetzentwürfen zustimmen werden, obwohl diese nglaubwürdig seien. Das wundert mich bei Ihrer Partei Memet Kilic )


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713906700
Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713906800




(A) )

nicht. Eine Partei, die einfache Utopien zum Parteipro-
gramm erklärt, kann auch Unglaubwürdigem zustim-
men; das ist kein Widerspruch für Sie, Frau Dağdelen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Mich wundert aber, dass die Regierungsfraktionen die
Frage gestellt haben, warum wir unsere Gesetzentwürfe
zur Erleichterung der Einbürgerung ausgerechnet jetzt
ins Plenum einbringen. Warum nicht? Das größte Einbür-
gerungspotenzial liegt bei den türkeistämmigen Einwan-
derern. Wir haben gerade vor einer Woche das 50-jährige
Jubiläum des Anwerbeabkommens zwischen der Türkei
und Deutschland gewürdigt. Auch die Regierungspar-
teien haben sich für die Verdienste dieser Menschen, ins-
besondere derjenigen der ersten Generation, bedankt.
Meine Oma pflegte immer zu sagen: Was nützt mir eine
trockene Danksagung? Wenn wir uns bedanken, muss
wenigstens ein bisschen Saft dabei sein. – Meine Oma
hatte recht, meine Damen und Herren.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Kauder, zur Aktualität Ihrer Inhalte beim Staats-
angehörigkeitsrecht: Diese sind etwas älter als meine
Oma.


(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Deshalb sollten Sie überdenken, ob Sie Ihre Inhalte nicht
ändern wollen. Gerade Einwanderer der ersten Genera-
tion besitzen bekanntermaßen lückenhafte Sprachkennt-
nisse, und ihre Rente reicht trotz jahrzehntelanger Arbeit
oftmals nicht ganz aus. Ausgerechnet diese Menschen
faktisch von der Einbürgerung auszuschließen, ist keine
Danksagung, sondern eher eine Verhöhnung dieser Ge-
neration.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Daher wollen wir mit unserem Gesetzentwurf die Ein-
bürgerung insbesondere für Rentnerinnen und Rentner
sowie für ältere Menschen erleichtern, indem wir uns
mit Kenntnissen der gesprochenen Sprache begnügen
und die Inanspruchnahme von Grundsicherung im Alter
für unschädlich erklären.

Wenn wir die Großmütter und Großväter aufgrund feh-
lender deutscher Sprachkenntnisse oder fehlender finan-
zieller Kraft von der Einbürgerung ausschließen, bürgern
wir auch die Enkelkinder emotional aus. Das ist nicht gut
für unser Land.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir müssen den Enkelkindern die Möglichkeit geben,
dass auch sie sagen können, ihre Großeltern seien eben-
falls deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger gewe-
sen. Das ist gut für unser Land, liebe Freundinnen und
Freunde. Das müssen wir tun.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die FDP hat gefragt, warum wir jetzt die Abschaf-
ng des Optionszwangs fordern, obwohl für die jungen
enschen die gesetzlichen Regelungen gerade erst rele-

ant werden. 50 000 junge Menschen mit Ausbürgerung
u konfrontieren und dann erst über den Sinn dieser Re-
elung zu entscheiden, ist keine fürsorgliche liberale
osition, liebe FDP.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der FDP: Herr Schröder hat es gerade erklärt!)


ir wollen nicht, dass sich viele junge Menschen zwi-
chen den beiden Staatsangehörigkeiten entscheiden
üssen, mit denen sie groß geworden sind. Herr Stephan
ayer von der CSU und Herr Schröder haben im Innen-

usschuss angebliche Loyalitätskonflikte von Doppel-
taatlern als Gegenargument vorgeschoben und meinten,
ass ein Mensch nicht Diener zweier Herren sein könne.
ies zeugt von einem veralteten Staatsverständnis. Indi-
iduen sind keine Untertanen der Staaten, sondern ste-
en als freie Bürger in einem Rechtsverhältnis zu dem
ouverän – mit allen Rechten und Pflichten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


nionsbürger können Doppelstaatler sein. Sie müssen
lso erklären, warum Menschen Diener von 27 Staaten
ein können, aber nicht von zwei. Diese Erklärung sind
ie uns schuldig.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Ich habe gestern im Innenausschuss vorsichtig davor
ewarnt, diese Argumentation auch angesichts der zahl-
ichen binationalen Ehen nicht zu verwenden. Mit die-

er Argumentation diskreditieren sie die binationalen
hen und unterstellen den daraus hervorgegangenen
indern, dass sie gegenüber Deutschland illoyal wären.
as ist hirnrissig und ideologisch gesehen verheerend

eparatistisch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Mehrstaatigkeit ist weder eine Ausnahme noch ein
abu, sie ist vielmehr eine Lebenswirklichkeit im Ein-
anderungsland Deutschland. Lassen Sie uns die Ein-
anderinnen und Einwanderer nicht ausschließen, son-
ern sie als Staatsbürgerinnen und Staatsbürger
ewinnen.

Vielen herzlichen Dank, liebe Kolleginnen und Kolle-
en.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713906900

Als letztem Redner zu diesem Debattenpunkt erteile

h Kollegen Ingo Wellenreuther für die CDU/CSU das
ort.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Ingo Wellenreuther (CDU):
Rede ID: ID1713907000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Zur Debatte stehen heute Gesetzentwürfe von
SPD und Grünen sowie ein Antrag der Linken über eine
Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts. Um es gleich
vorweg zu sagen und damit dem Kollegen Mayer recht
zu geben: Sie kommen mit Ihren Anträgen wieder ein-
mal zur Unzeit; denn wir haben im Koalitionsvertrag be-
schlossen, das Optionsmodell bzw. das Staatsangehörig-
keitsrecht generell grundlegend zu überprüfen. Das
nehmen wir ernst. Wir lassen derzeit umfassende wis-
senschaftliche Untersuchungen dazu durchführen, deren
Ergebnisse im ersten Halbjahr des kommenden Jahres zu
erwarten sind. Damit ist klar: Sie wollen heute mit dem
Thema „doppelte Staatsbürgerschaft“ den Bundestag
wieder einmal zur Bühne für eine Schauveranstaltung
machen. Das machen wir nicht mit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Den Gesetzentwürfen der SPD und der Grünen ist un-
ter anderem gemeinsam, dass nicht nur das sogenannte
Optionsmodell abgeschafft werden soll, sondern auch
das Prinzip, mehrfache Staatsangehörigkeit zu vermei-
den, aufgegeben werden soll. Auf beide Punkte werde
ich gleich eingehen.

Zuvor noch einige Worte zu dem noch viel weiterge-
henden Antrag der Linken: Die Linken wollen Einbürge-
rungen umfassend erleichtern und haben vor, die Staats-
angehörigkeit geradezu mit der Gießkanne zu verteilen.
Auf ausreichende Deutschkenntnisse oder Kenntnisse
über unseren Staatsaufbau, unsere Rechts- und Gesell-
schaftsordnung, unsere Werte oder unsere Geschichte
will die Linke verzichten und eine Einbürgerung nicht
mehr davon abhängig machen. Wesentliche Grundbedin-
gungen, um ein Zugehörigkeitsgefühl entstehen zu las-
sen, fehlen somit. Selbst nicht unerheblich straffälligen
Ausländern oder Ausländern, die sich jahrelang unrecht-
mäßig in Deutschland aufgehalten haben, soll der deut-
sche Pass verliehen werden. Das Einzige, was die Linke
damit befördert, sind Parallelgesellschaften.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Insgesamt ist das unseres Erachtens ein integrationspoli-
tischer Blindflug. Die deutsche Staatsbürgerschaft hat für
die Linke ganz offensichtlich weder einen rechtlichen
noch einen emotionalen Wert. Ihre Forderungen offenba-
ren nur eines: Die Linke hat ein gestörtes Verhältnis zur
nationalen Identifikation. Eine darüber hinausgehende
Auseinandersetzung mit Ihrem Antrag können Sie daher
von uns nicht erwarten.

Ich möchte zunächst Ausführungen zur Optionspflicht
machen. 1999 wurde das Staatsangehörigkeitsrecht geän-
dert. Seitdem kann man die deutsche Staatsangehörigkeit
nicht nur durch Abstammung oder Einbürgerung, son-
dern auch durch Geburt erwerben. Die damals einge-
führte Optionspflicht beinhaltet, dass sich ein Kind mit
Eintritt der Volljährigkeit bis zum 23. Lebensjahr ent-
scheiden muss, ob es die deutsche Staatsangehörigkeit
oder aber die ausländische Staatsbürgerschaft eines sei-
ner Elternteile, die es durch Abstammung erworben hat,

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(C (D ehalten will. Falls es sich in diesen fünf Jahren zwichen dem vollendeten 18. und 23. Lebensjahr nicht entcheidet, geht die deutsche Staatsangehörigkeit verloren, nd zwar automatisch. Kein Mensch verlangt dabei, perönliche Verbindungen zu anderen Ländern oder familire Wurzeln zu kappen. Vielmehr geht es bei der Oponspflicht um die Entscheidung, welchem Land man it all seinen staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten ugehörig sein will. Im Zuge des Optionsmodells konnten durch eine bergangsregelung auch Kinder, die am 1. Januar 2000 as zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, auf ntrag eingebürgert werden. 50 000 haben davon Gerauch gemacht. Die ersten dieser Kinder wurden somit Jahr 2008 18 Jahre alt und müssen sich deshalb bis pätestens 2013 entscheiden. In den kommenden Jahren is 2017 erreichen jährlich lediglich zwischen rund 000 und 6 500 Jugendliche aus der Übergangsregelung as Optionsalter. Ab dem Jahr 2018 werden es circa 0 000 Jugendliche pro Jahr sein. Im Koalitionsvertrag unserer christlich-liberalen Kolition haben wir festgehalten, dass wir eine nennenserte Anzahl der ersten Optionsfälle auswerten und die rgebnisse anschließend sowohl in verfahrenstechnicher als auch in materieller Hinsicht auf möglichen Veresserungsbedarf hin überprüfen wollen. Dazu brauchen ir über die tatsächlichen Fälle Informationen, die von en Ländern bis zum 31. Januar 2012 erbeten wurden. ußerdem ist uns wichtig, zu erfahren, wie die Betroffeen selbst die Sache sehen und welche Entscheidung sie Rahmen der Optionspflicht treffen. Genau dies unterucht die Forschungsgruppe des Bundesamtes für Migraon und Flüchtlinge in umfassenden Studien. Die Ergebisse der Evaluierungen und Studien werden erst in der rsten Hälfte des Jahres 2012 vorliegen. Schon allein eshalb sind die vorliegenden Gesetzentwürfe heute abulehnen. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der ollegin Özoğuz? Nein, in Anbetracht der vorangeschrittenen Zeit omme ich zum Ende meiner Rede. Parallel dazu überprüfen wir generell das Einbürgengsrecht und das Einbürgerungsverfahren. Sehr erfreu ch in diesem Zusammenhang ist übrigens, dass die ahl der Einbürgerungen im letzten Jahr um 5,6 Prozent Vergleich zum Vorjahr angestiegen ist, bei einem ichten Rückgang des Anteils der Einbürgerungen mit rtbestehender Staatsangehörigkeit. Wir werben dafür, dass möglichst viele, die die Einürgerungsvoraussetzungen erfüllen, unsere Staatsbürerschaft annehmen – Herr Kollege Mayer hat bereits arauf hingewiesen –; denn dadurch wird die Zugehörigeit zu unserem Land und die wechselseitige Verantworng seiner Bürger am stärksten ausgedrückt. Wir wollen ber – darauf kommt es auch mir an – gut integrierte usländer, die Deutschland als ihre Heimat empfinden Ingo Wellenreuther )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713907100
Ingo Wellenreuther (CDU):
Rede ID: ID1713907200




(A) )

und sich einbürgern lassen, weil sie Deutsche werden
wollen, und nicht, weil sie unter Beibehaltung ihrer
Staatsbürgerschaft lediglich die Vorteile einer deutschen
Staatsbürgerschaft zusätzlich in Anspruch nehmen wol-
len. Das ist ein innerer Prozess, den der Staat fördern
muss. Das ist nicht einfach. Das ist mühsam. Wir sind
der Auffassung, dass SPD und Grüne es sich mit der ge-
nerellen Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft viel
zu einfach machen. Wir meinen, dass sie integrations-
politisch damit auf dem Holzweg sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


SPD und Grüne wollen mit ihren Entwürfen außer-
dem das völkerrechtlich anerkannte, im deutschen
Staatsangehörigkeitsrecht geltende Prinzip der Vermei-
dung von Mehrstaatigkeit aufheben. Dies passt im Übri-
gen genau zu dem, was Ministerpräsident Erdogan bei
seinem Besuch in Deutschland vor wenigen Tagen ge-
sagt hat. Er hat sich nämlich für die Ausweitung der dop-
pelten Staatsbürgerschaft ausgesprochen. Dazu sage ich:
Das ist mit uns, mit der Union, nicht zu machen. Auch
wenn es in der Praxis zahlreiche Ausnahmen gibt, wol-
len wir den Grundsatz beibehalten, mehrere Staatsange-
hörigkeiten zu vermeiden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dafür sprechen, wie bereits angesprochen, mehrere
Gründe, rechtliche, den einzelnen Menschen betreffende
und politische.

Der erste Punkt ist: Mehrere Staatsangehörigkeiten
führen natürlich zu staats- und völkerrechtlichen Proble-
men.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Wo leben Sie eigentlich?)


Auch wenn diese zu einem großen Teil durch internatio-
nale Übereinkommen theoretisch lösbar sind, kann es
praktisch zu Konflikten kommen, was den diplomati-
schen Schutz, das Steuerrecht, das Strafrecht, das inter-
nationale Privatrecht oder die Ausübung politischer
Rechte angeht. Diese Schwierigkeiten sind bei nur einer
Staatsangehörigkeit nicht vorhanden.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Sie sind doch Jurist!)


Weiterhin sprechen Gründe, die in der Person des
jeweils Betroffenen liegen, gegen eine generelle Zulas-
sung der Mehrstaatigkeit. Viele Menschen haben ins-
besondere aus familiären Gründen persönliche Verbin-
dungen zu unterschiedlichen Ländern. Es geht in keiner
Weise darum, diese einzuschränken. Es ist aber unbe-
streitbar, dass die staatsbürgerliche Zugehörigkeit eines
Menschen zu seinem Land, zu seiner Kultur und Werte-
ordnung zu einer besonderen emotionalen Bindung
führt. Zur Vermeidung von Konflikten sollte im Grund-
satz auf eine solche Bindung zu mehreren Staaten ver-
zichtet werden.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Sie können sich das nur nicht vorstellen! Das ist der Punkt!)


Schließlich ist es politisch der vollkommen falsche
Ansatz, mit der Aushändigung eines Passes die Integra-
tion voranbringen zu wollen; auch das wurde schon ge-

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(C (D agt. Das beabsichtigen die Antragsteller aber. Damit ürde das Pferd von hinten aufgezäumt; denn die Ausändigung eines Passes muss am Ende und darf nicht am nfang eines Integrationsprozesses stehen. Integration ntscheidet sich vielmehr im konkreten Zusammenleben nd nicht formal durch eine doppelte Staatsangehörigeit. Das heißt, Integration kann nicht mit Papieren ausehändigt werden. Integration ist vielmehr eine Sache es Kopfes und des Herzens. Worauf kommt es für eine gelungene Integration irklich an? Höchste Priorität muss haben – das vertren CDU und CSU –, dass die hier lebenden Ausländer ie deutsche Sprache lernen und beherrschen. Das ist der chlüssel für eine gute Bildung und für eine gute Ausbilung. Dies wiederum bildet die Grundlage für berufliche nd gesellschaftliche Teilhabe. Gerade weil wir erkannt aben, dass Sprachförderung an erster Stelle steht, haben ir seit dem Jahr 2005 die Integrationskurse, Sprachhrgänge, Orientierungsund Alphabetisierungskurse r Migranten intensiviert und dafür viel Geld in die and genommen. (Aydan Özoğuz [SPD]: Sehen Sie, dafür feiern sie sich!)


Generell hat die CDU/CSU-geführte Bundesregie-
ng seit 2005 das Thema Integration zur Schlüsselauf-

abe erkoren und zahlreiche konkrete Maßnahmen er-
riffen. Sie alle kennen diese Maßnahmen, aber ich rufe
ie ganz kurz in Erinnerung. Es sind die Programme für
chulverweigerer, die zusätzlichen Ausbildungsplätze
r Jugendliche mit Migrationshintergrund, eine verbes-

erte Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse,
ie Einführung einer Integrationsbeauftragten im Bun-
eskanzleramt, die Schaffung eines Integrationsplans
nd die Gründung der Deutschen Islam Konferenz im
ahre 2006 durch Minister Schäuble.

Die vorliegenden Gesetzentwürfe von SPD und Grü-
en sowie der Antrag der Linken sind ein großer Rück-
chritt bei den umfassenden Bemühungen um eine ge-
ngene Integration. Deshalb lehnen wir sie entschieden

b.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713907300

Das Wort zu einer Kurzintervention erhält Kollege

mid Nouripour.


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713907400

Herr Kollege, ich habe mich zu Wort gemeldet, weil

h von dem, was Sie beschrieben haben, persönlich be-
offen bin. Ich bin so etwas wie ein Kronjuwel der Inte-
ration.


(Lachen des Abg. Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP])


h bin im Deutschen Bundestag im Verteidigungsaus-
chuss, also für die Verteidigung des Vaterlandes zustän-
ig. Mein Kind ist blond. Ich habe zwei Pässe. Ich habe





Omid Nouripour


(A) )


)(B)

den iranischen Pass, den ich gar nicht abgeben kann, und
ich habe den deutschen Pass. Ich habe keinerlei Schwie-
rigkeiten, das mit mir zu vereinbaren. Ich habe keinerlei
Schwierigkeiten, zu diesem Land loyal zu sein. Ich sitze
im Deutschen Bundestag und vertrete die Menschen in
Deutschland. Wenn ich zu Hause bin, gibt es Momente,
in denen ich eine andere Identität habe.

Ich verstehe schlicht nicht, wie Sie darauf kommen,
hier eine Loyalitätsparanoia aufzubauen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie greifen ein einziges Merkmal von komplexen Per-
sönlichkeiten auf und reduzieren die Menschen genau
darauf. Sie werden dem menschlichen Wesen damit
nicht gerecht. Sie werden dem Dienst, den auch die
Menschen mit mehreren Staatsangehörigkeiten in die-
sem Land leisten, nicht gerecht. Sie werden vor allem
der Loyalität von Hunderten, von Tausenden von Men-
schen, die in diesem Land schuften, Steuern zahlen etc.
pp. nicht gerecht. Die Menschen haben die gleichen
Pflichten, sie sollten daher auch die gleichen Rechte ha-
ben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713907500

Kollege Wellenreuther, wollen Sie reagieren? – Bitte

schön.


(Aydan Özoğuz [SPD]: Verzicht wäre besser! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind Sie auch im Verteidigungsausschuss?)



Ingo Wellenreuther (CDU):
Rede ID: ID1713907600

Herr Kollege Nouripour, ich beglückwünsche Sie so-

wohl zu Ihrer familiären als auch zu Ihrer staatsbürgerli-
chen Situation.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713907700

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzent-
wurf der Fraktion der SPD zur Änderung des Staatsange-
hörigkeitsrechts. Der Innenausschuss empfiehlt unter
Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 17/7675, den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD
auf Drucksache 17/773 abzulehnen.

Wir stimmen nun über den Gesetzentwurf auf Verlan-
gen der Fraktion der SPD namentlich ab. Ich bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen
Plätze einzunehmen. – Ist das erfolgt? – Das ist der Fall.
Ich eröffne die Abstimmung.

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(C (D Die obligate Frage: Haben alle Mitglieder des Hauses re Stimme abgegeben? – Ich höre keinen Protest. Dann t das offensichtlich erfolgt. Damit schließe ich die Abstimmung und bitte die chriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszähng zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird nen später bekannt gegeben.1)


Wir sind immer noch bei Tagesordnungspunkt 4.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetz-
ntwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Ände-
ng des Staatsangehörigkeitsrechts. Der Innenausschuss

mpfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfeh-
ng auf Drucksache 17/7675, den Gesetzentwurf der
raktion der Grünen auf Drucksache 17/3411 abzuleh-
en. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustim-
en wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dage-

en? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter
eratung mit den Stimmen der Koalition gegen die
timmen der Oppositionsfraktionen abgelehnt. Damit
ntfällt nach unserer Geschäftsordnung die weitere Bera-
ng.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe c
einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/7675
ie Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf
rucksache 17/2351 mit dem Titel „Ausgrenzung been-
en – Einbürgerungen umfassend erleichtern“. Wer
timmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt
agegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung
t mit den Stimmen der beiden Koalitionsfraktionen ge-
en die Stimmen der Linken bei Enthaltung von SPD
nd Grünen angenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe den Tages-
rdnungspunkt 34 a bis n sowie den Zusatzpunkt 3 a bis c
uf:

34 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durch-
führung der Internationalen Gesundheitsvor-
schriften (2005) und zur Änderung weiterer
Gesetze

– Drucksache 17/7576 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 13. Februar 2007 zwischen der
Regierung der Bundesrepublik Deutschland
und der Regierung des Staates Kuwait über
die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich

– Drucksache 17/7601 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss

Ergebnis Seite 16493 D





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 22. Februar 2009 zwischen der
Regierung der Bundesrepublik Deutschland
und der Regierung des Staates Katar über die
Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich
– Drucksache 17/7602 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 10. März 2009 zwischen der Re-
gierung der Bundesrepublik Deutschland und
der Regierung der Republik Kroatien über die
Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Or-
ganisierten und der schweren Kriminalität
– Drucksache 17/7603 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 27. Mai 2009 zwischen der Re-
gierung der Bundesrepublik Deutschland und
der Regierung des Königreichs Saudi-Arabien
über die Zusammenarbeit im Sicherheitsbe-
reich
– Drucksache 17/7604 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 14. April 2010 zwischen der Re-
gierung der Bundesrepublik Deutschland und
der Regierung der Republik Kosovo über die
Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich
– Drucksache 17/7605 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

g) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab-
kommen vom 30. August 2010 zwischen der
Regierung der Bundesrepublik Deutschland
und dem Ministerkabinett der Ukraine über
die Zusammenarbeit im Bereich der Bekämp-
fung der Organisierten Kriminalität, des Ter-
rorismus und anderer Straftaten von erhebli-
cher Bedeutung
– Drucksache 17/7606 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss

(C (D h)

Dorothea Steiner, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Einfuhr und Verwendung von Asbest und as-
besthaltigen Produkten in Deutschland umfas-
send verbieten

– Drucksache 17/7478 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz

i) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Anton Hofreiter, Ekin Deligöz, Hans-Josef
Fell, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bau der dritten Start- und Landebahn am
Flughafen München Erdinger Moos aussetzen –
Keine unumkehrbaren Tatsachen schaffen

– Drucksache 17/7479 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus

j) Beratung des Antrags der Abgeordneten Beate
Müller-Gemmeke, Dr. Wolfgang Strengmann-
Kuhn, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Leiharbeit und Werkverträge abgrenzen –
Kontrollen verstärken

– Drucksache 17/7482 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Andrej
Hunko, Dr. Diether Dehm, Thomas Nord, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Die Europäische Sozialcharta unverzüglich
umsetzen

– Drucksache 17/7484 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

l) Beratung des Antrags der Abgeordneten Inge
Höger, Paul Schäfer (Köln), Harald Koch, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Konversion von Bundeswehrstandorten als
Entwicklungschance für Kommunen

– Drucksache 17/7504 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

m) Beratung des Antrags der Abgeordneten Katrin
Kunert, Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Dietmar
Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

Die Billigkeitsrichtlinie zu den Umstellungs-
kosten aus der Umwidmung von Frequenzen
den Realitäten anpassen

– Drucksache 17/7655 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss

n) Beratung des Antrags der Abgeordneten Memet
Kilic, Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Qualität der Integrationskurse verbessern

– Drucksache 17/7639 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss

ZP 3a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines
Zweiten Gesetzes zur Neuregelung energie-
wirtschaftsrechtlicher Vorschriften

– Drucksache 17/7632 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frank
Schwabe, Dirk Becker, Gerd Bollmann, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Leitlinien für Transparenz und Umweltver-
träglichkeit bei der Förderung von unkonven-
tionellem Erdgas

– Drucksache 17/7612 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Matthias Miersch, Dirk Becker, Marco
Bülow, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Monitoring für versenkte Atommüllfässer im
Atlantik sicherstellen und Maßnahmen gegen
weitere Strahlenexposition einleiten

– Drucksache 17/7633 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)


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(C (D Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachn Verfahren ohne Debatte. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu berweisen. Die Vorlage auf Drucksache 17/7484 – das etrifft Tagesordnungspunkt 34 k – soll federführend eim Ausschuss für Arbeit und Soziales beraten werden. ind Sie damit einverstanden? – Das ist offensichtlich er Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 35 a bis k sowie usatzpunkt 4 auf. Es handelt sich um die Beschlussfasung zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache vorgeseen ist. Tagesordnungspunkt 35 a: Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Februar 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Spanien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen – Drucksache 17/7318 – Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 17/7554 – Berichterstattung: Abgeordnete Manfred Kolbe Lothar Binding Die Finanzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussmpfehlung auf Drucksache 17/7554, den Gesetzenturf der Bundesregierung auf Drucksache 17/7318 an unehmen. Zweite Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist mit den Stimmen der beiden Koalitionsfraktioen und der SPD bei Enthaltung von Linken und Grünen ngenommen. Tagesordnungspunkt 35 b: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines … Strafrechtsänderungsgesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt – Drucksache 17/5391 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 17/7674 – Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse )





(A) )

Berichterstattung:
Abgeordnete Ansgar Heveling
Ingo Egloff
Jörg van Essen
Halina Wawzyniak
Jerzy Montag

Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 17/7674, den Gesetzent-
wurf der Bundesregierung auf Drucksache 17/5391 in
der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen,
die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim-
men wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dage-
gen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in
zweiter Beratung mit Zustimmung von CDU/CSU, SPD,
FDP und Grünen bei Enthaltung der Linken angenom-
men.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis wie zuvor
angenommen.

Tagesordnungspunkt 35 c:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Änderung des EG-Verbraucherschutz-
durchsetzungsgesetzes und zur Änderung des
Unterlassungsklagengesetzes

– Drucksache 17/7235 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz (10. Ausschuss)


– Drucksache 17/7672 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Mechthild Heil
Elvira Drobinski-Weiß
Dr. Erik Schweickert
Caren Lay
Nicole Maisch

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 17/7672, den Gesetzentwurf der
Bundesregierung auf Drucksache 17/7235 anzunehmen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung einstimmig angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist in dritter Beratung ebenfalls einstimmig ange-
nommen.

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(C (D Tagesordnungspunkt 35 d: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Sportausschusses dem Antrag der Abgeordneten Klaus Riegert, Eberhard Gienger, Stephan Mayer weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Joachim Günther weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Klimaund Umweltschutz im und durch den Sport stärken – Für eine verantwortungsvolle Sportentwicklung in Deutschland – Drucksachen 17/5779, 17/7608 – Berichterstattung: Abgeordnete Klaus Riegert Martin Gerster Dr. Lutz Knopek Katrin Kunert Viola von Cramon-Taubadel Der Sportausschuss empfiehlt in seiner Beschlussmpfehlung auf Drucksache 17/7608, den Antrag der raktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 7/5779 anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussmpfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – ie Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der beien Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der SPD ei Enthaltung von Linken und Grünen angenommen. Tagesordnungspunkt 35 e: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu dem Streitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 8/11 – Drucksache 17/7668 – Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussmpfehlung, im Verfahren eine Stellungnahme abzugeen und den Präsidenten zu bitten, Rechtsanwalt Profesor Dr. Marcel Kaufmann als Prozessbevollmächtigten u bestellen. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – nthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den timmen der beiden Koalitionsfraktionen und von SPD nd Grünen bei Enthaltung der Linken angenommen. Der Tagesordnungspunkt 35 f bis k betrifft die Bechlussempfehlungen des Petitionsausschusses. Tagesordnungspunkt 35 f: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelübersicht 331 zu Petitionen – Drucksache 17/7492 Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthalngen? – Die Sammelübersicht 331 ist einstimmig an enommen. Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse )





(A) )


Sammelübersicht 333 zu Petitionen Stadtentwicklung (15. Ausschuss) zu dem Antrag

– Drucksache 17/7494 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Sammelübersicht 333 ist mit den Stimmen
von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen gegen die Stim-
men der Linken angenommen.

Tagesordnungspunkt 35 i:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 334 zu Petitionen
– Drucksache 17/7495 –

Wer stimmt für diese Sammelübersicht? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 334
ist mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP ge-
gen die Stimmen von Linken und Grünen angenommen.

Tagesordnungspunkt 35 j:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-
ausschusses (2. Ausschuss)


Sammelübersicht 335 zu Petitionen
– Drucksache 17/7496 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Die Sammelübersicht 335 ist mit den Stimmen
von CDU/CSU, FDP und Grünen gegen die Stimmen
von SPD und Linken angenommen.

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Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 587;
davon

ja: 278
nein: 308
enthalten: 1

Ja

SPD

Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Heinz-Joachim Barchmann

Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Bärbel Bas
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Dirk Becker
Uwe Beckmeyer
Lothar Binding (Heidelberg)

Gerd Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Bernhard Brinkmann


(Hildesheim)


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(D Scharfenberg, Tabea Rößner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Der älter werdenden Gesellschaft gerecht werden – Barrieren in Wohnungen und im Wohnumfeld abbauen – Drucksachen 17/7188, 17/7630 – Berichterstattung: Abgeordneter Volkmar Vogel Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehng auf Drucksache 17/7630, den Antrag der Fraktion ündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/7188 abzuhnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss mpfehlung ist mit den Stimmen der beiden Koalitionsaktionen gegen die Stimmen der Grünen bei Enthalng von SPD und Linken angenommen. Bevor wir zur Aktuellen Stunde kommen, will ich das on den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte rgebnis der namentlichen Abstimmung zum Enturf eines Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigeitsrechts, Drucksachen 17/773 und 17/7675, mitteilen: bgegebene Stimmen 587. Mit Ja haben gestimmt 278, it Nein haben gestimmt 308, Enthaltungen 1. Der Ge etzentwurf ist damit abgelehnt. delgard Bulmahn arco Bülow lla Burchardt artin Burkert etra Crone r. Peter Danckert artin Dörmann lvira Drobinski-Weiß arrelt Duin ebastian Edathy go Egloff iegmund Ehrmann r. h. c. Gernot Erler etra Ernstberger Karin Evers-Meyer Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Dagmar Freitag Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Günter Gloser Ulrike Gottschalck Angelika Graf Kerstin Griese Michael Groschek Michael Groß der Abgeordneten Daniela Wagner, Elisabeth Tagesordnungspunkt 35 g: Beratung der Beschlusse ausschusses (2. Ausschu Sammelübersicht 332 z – Drucksache 17/7493 – Wer stimmt dafür? – Wer sti tungen? – Die Sammelübersicht von CDU/CSU, SPD, FDP und der Linken angenommen. Tagesordnungspunkt 35 h: Beratung der Beschlusse ausschusses (2. Ausschu mpfehlung des Petitionsss)


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mmt dagegen? – Enthal-
332 ist mit den Stimmen
Grünen bei Enthaltung

mpfehlung des Petitions-
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Tagesordnungspunkt 35 k:

Beratung der Beschlusse

(2. Ausschu Sammelübersicht 336 z – Drucksache 17/7497 – Wer stimmt dafür? – Wer sti ngen? – Die Sammelübersicht er Koalitionsfraktionen gegen onsfraktionen angenommen. Zusatzpunkt 4: Beratung der Beschluss richts des Ausschusses (C mpfehlung des Petitionsss)


u Petitionen

mmt dagegen? – Enthal-
336 ist mit den Stimmen
die Stimmen der Opposi-

empfehlung und des Be-
für Verkehr, Bau und





Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


(A) )


)(B)

Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Michael Hartmann


(Wackernheim)

Hubertus Heil (Peine)

Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)

Frank Hofmann (Volkach)

Dr. Eva Högl
Christel Humme
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Ulrich Kelber
Lars Klingbeil
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)

Fritz Rudolf Körper
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Ute Kumpf
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Dr. Karl Lauterbach
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Kirsten Lühmann
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Petra Merkel (Berlin)

Ullrich Meßmer
Dr. Matthias Miersch
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Aydan Özoğuz
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Stefan Rebmann
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Sönke Rix
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)

Michael Roth (Heringen)

Marlene Rupprecht


(Tuchenbach)

Axel Schäfer (Bochum)

Bernd Scheelen
Marianne Schieder


(Schwandorf)


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arsten Schneider (Erfurt)

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wald Schurer
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r. Martin Schwanholz
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r. Carsten Sieling
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r. Frank-Walter Steinmeier
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r. h. c. Wolfgang Thierse
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r. Marlies Volkmer
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eidemarie Wieczorek-Zeul
r. Dieter Wiefelspütz
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anfred Zöllmer
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r. Dietmar Bartsch
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hristine Buchholz
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r. Martina Bunge
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r. Diether Dehm
eidrun Dittrich
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r. Dagmar Enkelmann
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iana Golze
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r. Gregor Gysi
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r. Rosemarie Hein
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r. Barbara Höll
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(Reutlingen)


(Bönstrup)





(A) )

Dr. Helge Braun
Heike Brehmer
Ralph Brinkhaus
Cajus Caesar
Gitta Connemann
Alexander Dobrindt
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Dr. Thomas Feist
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(Karlsruhe Land)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich


(Hof)

Michael Frieser
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Michael Glos
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Olav Gutting
Florian Hahn
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Helmut Heiderich
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Christian Hirte
Robert Hochbaum
Karl Holmeier
Franz-Josef Holzenkamp
Joachim Hörster
Anette Hübinger
Thomas Jarzombek
Dieter Jasper
Dr. Franz Josef Jung
Andreas Jung (Konstanz)

Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb

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ans-Werner Kammer
teffen Kampeter
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ernhard Kaster

(VillingenSchwenningen)


olker Kauder
r. Stefan Kaufmann
oderich Kiesewetter
ckart von Klaeden
wa Klamt
olkmar Klein
rgen Klimke
xel Knoerig
ns Koeppen
artmut Koschyk
homas Kossendey
ichael Kretschmer
unther Krichbaum
üdiger Kruse
ettina Kudla
r. Hermann Kues
ünter Lach
r. Karl A. Lamers

(Heidelberg)

ndreas G. Lämmel
r. Norbert Lammert
atharina Landgraf
lrich Lange
r. Max Lehmer
aul Lehrieder
r. Ursula von der Leyen
gbert Liebing
atthias Lietz
r. Carsten Linnemann
atricia Lips
r. Jan-Marco Luczak
aniela Ludwig
r. Michael Luther
arin Maag
r. Thomas de Maizière
ans-Georg von der Marwitz
ndreas Mattfeldt
tephan Mayer (Altötting)

r. Michael Meister
aria Michalk
r. h. c. Hans Michelbach
r. Mathias Middelberg
hilipp Mißfelder
ietrich Monstadt
r. Gerd Müller
tefan Müller (Erlangen)

r. Philipp Murmann
ichaela Noll
r. Georg Nüßlein
ranz Obermeier
duard Oswald
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r. Michael Paul
ita Pawelski
lrich Petzold
r. Joachim Pfeiffer
ibylle Pfeiffer
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r. Peter Ramsauer

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atherina Reiche (Potsdam)

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r. Heinz Riesenhuber
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r. Norbert Röttgen
r. Christian Ruck
rwin Rüddel
lbert Rupprecht (Weiden)

nita Schäfer (Saalstadt)

r. Wolfgang Schäuble
r. Annette Schavan
r. Andreas Scheuer
arl Schiewerling
orbert Schindler
ankred Schipanski
eorg Schirmbeck
hristian Schmidt (Fürth)

atrick Schnieder
r. Andreas Schockenhoff
adine Schön (St. Wendel)

r. Kristina Schröder
r. Ole Schröder
ernhard Schulte-Drüggelte
we Schummer

(Weil am Rhein)

etlef Seif
hannes Selle
einhold Sendker
r. Patrick Sensburg
ernd Siebert
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hannes Singhammer
ns Spahn
arola Stauche
r. Frank Steffel
rika Steinbach
hristian Freiherr von Stetten
ieter Stier
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tephan Stracke
ax Straubinger
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ena Strothmann
ichael Stübgen
r. Peter Tauber
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r. Hans-Peter Uhl
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olkmar Vogel (Kleinsaara)

tefanie Vogelsang
ndrea Astrid Voßhoff
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ai Wegner
arcus Weinberg (Hamburg)


eter Weiß (Emmendingen)

abine Weiss (Wesel I)

go Wellenreuther

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lisabeth Winkelmeier-
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r. Matthias Zimmer
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(Lausitz)


(Frankfurt)





(A) )


Es ist schon bemerkenswert, wenn auf der einen Seite
Herr Laumann, den ich noch zitieren möchte, deutlich Ihre Fraktion hat dagegen gestimmt.
sagt: „Wir müssen Schmutzkon
auf der anderen Seite Hans Mic
Position vertritt, die Festlegun
sei – ich zitiere – „ordnungspoli
mit können wir nicht leben“.

Wohin geht nun eigentlich d
habe den Eindruck, Sie machen
kurrenz beseitigen“, und
helbach von der CSU die
g einer Lohnuntergrenze
tisch nicht vertretbar, da-

ie Reise in der CDU? Ich
Politik nach dem Motto

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(Zuruf von der SPD Weil Sie mich gerade so nett en ganz persönlich: Was Sie nderes, als Nebelkerzen zu w ären Sie jetzt auch für den g Wirklichkeit sind Sie sich n ern Sie wollen ihn eigentlich n : Skandal!)


angucken, sage ich es Ih-
hier betreiben, ist nichts
erfen und so zu tun, als
esetzlichen Mindestlohn.
icht nur nicht einig, son-
icht. Das ist die Realität.
Gisela Piltz
Dr. Christiane Ratjen-

Damerau
Dr. Birgit Reinemund
Dr. Peter Röhlinger
Dr. Stefan Ruppert
Björn Sänger
Frank Schäffler

Christoph Schnurr
Jimmy Schulz
Marina Schuster
Dr. Erik Schweickert
Werner Simmling
Judith Skudelny
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler

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Ich rufe nun den Zusatzpunkt 5 auf:

Aktuelle Stunde
auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE

Haltung der Regierungskoalition zur Einfüh-
rung eines Mindestlohns

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die Aus-
sprache und erteile Kollegen Klaus Ernst für die Frak-
tion Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713907800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der eigentliche Skandal ist, dass wir in regelmä-
ßigen Abständen Milliardenbeträge zur Rettung des
Euro oder der Banken beschließen und dass es seit zwei
Legislaturperioden nicht gelungen ist, Armutslöhne in
dieser Republik durch die Einführung von Mindestlöh-
nen zu verhindern. Das ist ein Skandal an sich!


(Beifall bei der LINKEN)


1,2 Millionen Menschen erhalten einen Lohn von
unter 5 Euro. 1,2 Millionen! 3,6 Millionen Menschen
bekommen einen Stundenlohn von unter 7,50 Euro.
14 Prozent der unter 20-Jährigen erhalten Stundenlöhne
von bis zu 5 Euro. Insofern freut es mich natürlich, dass
sich inzwischen bei der CDU zumindest eine Debatte
entwickelt hat, die sich tatsächlich den realen Problemen
der Menschen zuzuwenden scheint. Ich sage aber: zuzu-
wenden scheint!

91 Prozent der Menschen sprechen sich für eine feste
Lohnuntergrenze aus. Nur 8 Prozent lehnen einen gene-
rellen Mindestlohn ab. Das hat laut dpa eine aktuelle
Stern-Umfrage vom 9. November ergeben. Es wurde
also Zeit, dass sich bei Ihnen etwas bewegt. Aber was
bewegt sich denn nun wirklich? Ich würde mich freuen,
wenn die heutige Debatte darüber Auskunft geben
würde, wohin der Weg der CDU beim Thema Mindest-
lohn eigentlich geht.


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(C (D orsten Staffeldt r. Rainer Stinner tephan Thomae lorian Toncar erkan Tören r. Daniel Volk r. Guido Westerwelle r. Claudia Winterstein Dr. Volker Wissing Hartfrid Wolff Enthalten SPD Hans-Ulrich Klose Wenn ich die Menschen nicht überzeugen kann, dann erwirre ich sie“. Das ist offensichtlich Ihre Position. (Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: So ein Blödsinn!)


enn ich ins Detail gehe und mir ansehe, was Sie ei-
entlich wollen, dann stelle ich fest, dass ein Teil Ihrer
raktion eine Lohnuntergrenze irgendwo auf dem Ni-
eau der Leiharbeit will, zwischen 7,01 Euro und
,89 Euro. Das entspricht den unterschiedlichen Löhnen
Ost und West. Ein anderer Teil sagt: „Das wollen wir

igentlich nicht. Wir wollen nur dort eine Niedriglohn-
renze einziehen, wo es keine Tarifverträge gibt.“ Wie
ir wissen, verdienen Friseure im Osten oft weniger als
Euro; dort liegen die Tariflöhne unter 4 Euro. Wollen
ie dort, wo es Tariflöhne gibt, diese 4 Euro beibehal-
n? Oder wollen Sie dort auch die Untergrenze einfüh-
n? Was wollen Sie eigentlich? Das ist aus Ihrer Posi-
on in keiner Weise ersichtlich.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Wir wollen höhere Löhne, Herr Ernst! – Weitere Zurufe von der SPD)


Wenn Sie eine Zwischenfrage stellen wollen, dann bin
h gerne bereit, sie zu beantworten. Ansonsten bitte ich
m etwas mehr Disziplin. Das würde Ihnen nicht scha-
en.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Es gibt keine Zwischenfragen in der Aktuellen Stunde!)


Lassen Sie uns einmal festhalten, was heute im Bran-
enburger Landtag beschlossen wurde. Dort wurde be-
chlossen, und zwar mit Mehrheit der Linken, der SPD
nd der Grünen:

Der Landtag fordert die Einführung eines allgemei-
nen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohns, der
für jeden Alleinstehenden bei Vollzeitarbeit exis-
tenzsichernd ist.


(Beifall bei der LINKEN)






Klaus Ernst


(A) )


)(B)


(Beifall bei der LINKEN)


Die heutige Debatte könnte dazu beitragen, ein wenig
Licht in die Dunkelheit zu bringen, die Sie verbreiten.
Ich möchte an dieser Stelle gleich auf ein Argument ein-
gehen. Weil Herr Kolb so nachdenklich dasitzt, möchte
ich ihn persönlich ansprechen. Ein Argument gegen ei-
nen Mindestlohn, das auch von Ihnen immer in die Welt
gesetzt wird: Ein gesetzlicher Mindestlohn würde Ar-
beitsplätze kosten. Die Regierung selber hat eine Studie
in Auftrag gegeben.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die liegt noch gar nicht vor!)


– Weil Sie sie nicht veröffentlichen. Denn Sie wissen,
dass das Gegenteil von dem drinsteht, was Sie erwartet
haben, Herr Kolb. Das ist die Realität.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der LINKEN: Eine Sauerei!)


Aus der Studie geht hervor, dass es keinen negativen
Zusammenhang zwischen der Einführung einer Lohnun-
tergrenze und einer negativen Beschäftigungsentwick-
lung gibt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das glaube ich nicht, dass das da drinsteht, Herr Ernst! Sie sollten sie erst mal lesen!)


Ich habe Verständnis dafür, dass Sie das immer wieder
vertreten, weil Sie nicht wahrhaben wollen, was wahr
ist. Aber Sie haben eine Studie in Auftrag gegeben, in
der herauskommt, was inzwischen schon alle Welt weiß,
nämlich dass die Einführung eines gesetzlichen Mindest-
lohns schon aus einem einzigen Grund das Gebot der
Stunde wäre:


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das kommt ja gerade nicht heraus!)


dass die Menschen von ihrer Arbeit leben können müs-
sen und dass Arbeit etwas mit Würde zu tun hat.


(Beifall bei der LINKEN)


Wer das verweigert – das machen auch Sie von der
CDU, von der CSU und von der FDP –, der nimmt den
Menschen die Würde. Dagegen werden wir uns weiter
zur Wehr setzen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713907900

Das Wort hat nun Matthias Zimmer für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Matthias Zimmer (CDU):
Rede ID: ID1713908000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber

Herr Kollege Ernst, über die Frage, wie wir zum Min-
destlohn stehen, werden wir auf dem Parteitag demokra-
tisch entscheiden.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Auf welchem?)


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(C (D ass Sie Probleme mit demokratischer Entscheidungsndung haben und dadurch verwirrt sind, ist mir völlig lar. Herr Ernst, Sie haben die Studie des Bundesarbeitsinisteriums zu den Mindestlöhnen und der Arbeits latzverträglichkeit von Mindestlöhnen angesprochen. enn es wirklich so wäre, dass sie unsere Position unrstützt, dann wären wir doch daran interessiert, dass ie Studie herauskommt. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ich kann sie Ihnen geben! Seit 31. August gibt es diese Studie! Sie halten sie unter Verschluss, weil es nicht passt!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie unterstellen uns irgendwelche dunklen Machen-
chaften, eine solche Studie nicht zu publizieren. Das ist
hohem Maße albern.

Meine Damen und Herren, ich glaube schon, dass in
em Redebeitrag des Kollegen Ernst der Unterschied
wischen einem CDU-Parteitag und einem Parteitag der
inken sehr klar geworden ist.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das stimmt!)


ir werden auf unserem Parteitag sehr ernsthaft darüber
iskutieren, ob und inwiefern wir Familien dadurch stüt-
en können, Familiengründungen dadurch unterstützen
önnen, dass wir ordnungspolitische Leitlinien in den
rbeitsmarkt integrieren.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Haben Sie auch eine Meinung?)


ie diskutieren darüber, Drogen freizugeben, was zur
olge hat, dass Familien kaputtgemacht werden und
lend über die Familien gebracht wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das ist unter Ihrem Niveau!)


Es ist natürlich schön, dass eine so große Aufmerk-
amkeit für dieses Thema von Anfang an – schon vor
em Parteitag – existiert, auch in der öffentlichen Wahr-
ehmung. Das unterstreicht unsere Bedeutung als füh-
nde und gestaltende Partei in der Bundesrepublik.


(Beifall bei der CDU/CSU – Andrea Nahles [SPD]: Das glauben Sie selber nicht!)


sofern ist es sinnvoll, Ihnen vorab schon die Gelegen-
eit zu geben, das eine oder andere zu sagen. Auch der
ine oder andere Arbeitgeberverband hat vorab schon et-
as dazu gesagt. Darauf will ich ganz kurz eingehen.

Ich bin der Meinung, dass ein Arbeitgeberverband im
esentlichen ein Tarifpartner ist. Wenn wir bei den Ar-

eitgeberverbänden, etwa bei dem Arbeitgeberverband
esamtmetall, feststellen, dass zwischen 2005 und 2010
ie Anzahl der Mitgliedschaften ohne Tarifbindung um
4 Prozent gestiegen ist, dann ist das für mich ein beun-
higendes Merkmal.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Hört! Hört!)






Dr. Matthias Zimmer


(A) )


)(B)

Damit wird gerade jene Tarifautonomie unterminiert, die
die Tarifpartner doch so deutlich anmahnen. Ich bin der
Meinung, dass hier auch die Arbeitgeberverbände in der
Pflicht sind; denn ein Arbeitgeberverband ist mehr als
ein Country Club mit angeschlossener Rechtsberatung.


(Katja Mast [SPD]: Schöne Überschrift!)


Wir sind unserem Grundprinzip treu geblieben und
sagen: Wir sind gegen gesetzliche Mindestlöhne.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wo denn?)


Wir sind in der Tat der Meinung, dass der Gesetzgeber
der falsche Partner dafür ist, Mindestlöhne festzulegen.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne Gesetze wird es nicht gehen!)


Vielmehr wollen wir uns an den Tarifpartnern orientie-
ren. Denn ansonsten passiert genau das, was jetzt pas-
siert ist: Es gibt einen Überbietungswettlauf in der
Frage, wie hoch der gesetzliche Mindestlohn sein soll.


(Michael Schlecht [DIE LINKE]: Das ist doch ganz einfach!)


Ich kann mich erinnern: Wir fingen einmal an bei 7,50 Euro.
Die SPD ist für 8,50 Euro. Die Linken haben mittler-
weile die Höhe des Mindestlohnes, die sie fordern, mit
dem Wahlergebnis synchronisiert, nämlich 10.


(Beifall des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE] – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Die FDP auch, bei 3!)


Ich bin mir sicher, dass es der SPD früher oder später
auch noch gelingen wird, den geforderten Mindestlohn
auf die Höhe hochzuschrauben, die ihrem Wahlergebnis
entspricht.

Meine Damen und Herren, das wollen wir nicht. Wir
sind der Meinung, dass die Tarifpartner weiterhin in der
Pflicht sind, dass die Tarifpartner weiterhin die entschei-
dende Aufgabe haben, die Lohnuntergrenzen in
Deutschland festzulegen. Wir wollen die Tarifpartner
nicht aus der Pflicht entlassen. Das ist der wesentliche
Impetus unseres Leitantrages, den wir in Leipzig disku-
tieren werden. Ich bin mir sicher, dass wir zu guten Er-
gebnissen, vor allen Dingen zu demokratischen Ergeb-
nissen kommen, Herr Ernst. Wir wissen nicht vorab, wie
die Mehrheit der Delegierten entscheidet. Auch das un-
terscheidet uns von Ihrer Partei, in der Sie das offen-
sichtlich schon vorher genau wissen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713908100

Ich erteile das Wort Andrea Nahles für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei der SPD)



Andrea Nahles (SPD):
Rede ID: ID1713908200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Letzte Woche habe ich mich ehrlich gefreut.

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(C (D ach jahrelangem Ringen hört man: Die CDU kommt er Realität einen Schritt näher. Außerdem hört man: ine allgemeine, verbindliche Lohnuntergrenze soll auf em kommenden Parteitag beschlossen werden. – Das t noch etwas unklar. Es reicht mir zwar noch nicht, ber ich habe mich trotzdem gefreut, weil viele Millioen Menschen draußen, die in miesen Löhnen feststeken, das als Hoffnungssignal verstanden haben. – Das ar letzte Woche. Diese Woche muss ich feststellen, dass das Ganze zur arce mutiert. rau Merkel, der Wackeldackel dieser Bundesregierung, t nämlich wieder einmal umgefallen, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Zuruf von der CDU/CSU: Och je!)


nd diesmal in die falsche Richtung. Es ist mittlerweile
o, dass sie eine offene Brüskierung der Sozialpolitiker
nd der Arbeitsministerin, die sich prinzipiell positiv
azu verhalten haben, in Kauf nimmt, indem sie im
runde die Lohnuntergrenze zum Schweizer Käse
acht. Wer nämlich behauptet, er wolle eine allgemeine,

erbindliche Lohnuntergrenze, der kann nicht gleichzei-
g sagen, dass diese regionale und branchenbezogene
bweichungen verträgt. Das ist nicht möglich. Das ist

in Witz. Es wird deswegen mit Ihnen – leider, sage ich –
einen Mindestlohn in Deutschland geben. Das ist aber
as, was wir brauchen. Wir brauchen auch keine Beleh-
ngen über die Differenzierung im Tarifsystem. Das
undesarbeitsministerium kann darüber Auskunft ge-
en. Wir haben ein hochflexibles Tarifsystem. 60 000
arifverträge, die auf die unterschiedlichsten Bedürf-
isse eingehen, haben wir bereits.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Richtig! So soll es auch weiterhin sein!)


ir stellen trotzdem fest, dass es eine massive Tarifflucht
ibt und Tarifverträge durch sogenannte christliche Ge-
erkschaften massiv unterlaufen werden. Deswegen sa-
en wir: Wir brauchen eine Ergänzung, und das kann nur
in gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro sein.


(Beifall bei der SPD)


erne kann auch eine Mindestlohnkommission einge-
chtet werden. Die hat sich zum Beispiel in Großbritan-
ien bewährt. Deswegen gibt es in dieser Hinsicht gar
einen Widerspruch.

Wenn Sie – das möchte ich Ihnen einmal klar sagen –
ie Tarifautonomie hochhalten, dann sind wir damit
elbstverständlich einverstanden. Die Wahrheit ist aber,
ass die Tarifflucht das mittlerweile in ganzen Regionen,
or allem in Ostdeutschland, zu einer wirklich leeren
orderung macht. Sie wissen genau: Die Menschen, die
r 3 Euro oder 4 Euro pro Stunde arbeiten, brauchen

ine klare Aussage darüber, welche Rechte sie haben. Sie
rauchen kein Verwirrspiel: 25 verschiedene Lohnunter-
renzen in einem Bundesland, zum Beispiel in der Pfalz
,60 Euro, in der Eifel, woher ich komme, 7,20 Euro. Das





Andrea Nahles


(A) )


)(B)

kann doch in direkten Verhandlungen zwischen Arbeit-
nehmern und Arbeitgebern überhaupt nicht funktionie-
ren.

Das Schönste am Chaos ist die Planung. Wenn Sie das
nächste Mal etwas in Sachen Lohnuntergrenze planen
und den Menschen zum Beispiel eine Verbesserung ver-
sprechen, die Menschen aber nur wieder hinter die
Fichte führen, was Sie gerade wieder planen, dann sitzen
Sie in der Opposition. Das ist die gute Nachricht. Das
verspreche ich Ihnen. Die Menschen in Deutschland ha-
ben nämlich einen Mindestlohn verdient. Sie können
nicht liefern. Wir werden das erledigen müssen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713908300

Das Wort hat nun Heinrich Kolb für die FDP-Frak-

tion.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1713908400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Ernst, dieser Aktuellen Stunde mit dem
schönen Titel „Haltung der Regierungskoalition zur Ein-
führung eines Mindestlohns“ hätte es nicht bedurft.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Weil Sie keine Haltung haben!)


Ein Blick in das Bundesgesetzblatt und in den Koali-
tionsvertrag hätte genügt. Im Bundesgesetzblatt hätten
Sie gesehen, welche Branchenmindestlöhne diese Koali-
tion eingeführt hat, zum Beispiel in der Pflege oder im
Wach- und Sicherheitsgewerbe.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das mussten wir Ihnen abringen!)


Bei der Zeitarbeit sind wir auf dem Weg. Mit einem
Blick in den Koalitionsvertrag hätten Sie sich folgenden
Satz vor Augen führen können: „Einen einheitlichen ge-
setzlichen Mindestlohn lehnen wir ab.“ Das ist die Ver-
einbarung dieser Koalition, und zu dieser Vereinbarung
stehen wir.

Nun interessiert Sie anscheinend mehr, was die in der
Regierung vertretenen Parteien denken, als das, was die
Regierungskoalition denkt. Ich will Ihnen gerne die
Position der FDP und insbesondere der FDP-Bundes-
tagsfraktion darlegen. Die FDP will faire Löhne.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: 4,50 Euro!)


Sie will faire Löhne für Arbeitnehmer, die hart arbeiten.
Sie will faire Löhne für Unternehmer,


(Zuruf von der SPD: Kombilöhne!)


die Verantwortung für den Bestand und den wirtschaft-
lichen Erfolg ihrer Unternehmen tragen. Aber sie will
auch faire Löhne für Arbeitnehmer, die einen Zugang
zum Arbeitsmarkt suchen. Deswegen lehnen wir einen
allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn entschieden ab.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Hier wird immer so getan – auch Sie, Herr Kollege
rnst, haben versucht, dieses Bild zu malen –, als ob es
Deutschland ganz schrecklich sei. Ich lege Wert da-
uf, festzustellen: Der Normalfall in Deutschland ist,

ass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Tarifverträ-
en oder auch einzelvertraglich auf Löhne einigen, die
uskömmlich und wirtschaftlich vernünftig sind und we-
er Arbeitsplätze vernichten noch Neueinstellungen ver-
indern. Das ist die Realität in Deutschland, Herr Ernst,
der weit überwiegenden Zahl der Fälle.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: 4,50 Euro, das ist vernünftig, Herr Dr. Kolb?)


Die deutsche Tarifautonomie gibt es nun einmal, und
s ist gut so, dass es sie gibt. Sie besagt, dass sich die
olitik aus der Lohnfindung heraushalten soll. Sie funk-
oniert und ist das Herzstück unseres Sozialstaats. Sie
t erfolgreich. Das sieht man daran, dass es nun weniger
ls 2,8 Millionen Arbeitslose gibt, nachdem wir noch vor
enigen Jahren 5 Millionen zu verzeichnen hatten – und
as nach einer schweren, einschneidenden Krise –, und
ass wir die im europäischen Vergleich drittniedrigste
ugendarbeitslosigkeit haben. Das ist für mich der Be-
eis dafür, dass die Tarifautonomie in Deutschland
nktioniert.


(Beifall bei der FDP – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Bei 4,50 Euro! Sagen Sie doch mal was dazu!)


Ihre Kritik am Arbeitsmarkt hält einer Überprüfung
äufig nicht stand. Auch in diesem Aufschwung sind die
ariflöhne real gestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt
an, legt man die Zahlen des Statistischen Bundesamtes

ugrunde.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sie sind gesunken!)


er Niedriglohnsektor in Deutschland war politisch ge-
ollt, und zwar von SPD und Grünen.


(Zuruf von der LINKEN: Aber nicht von uns!)


r eröffnet vielen Menschen, gerade geringer qualifizier-
n, in Deutschland eine Einstiegschance.

Worauf es aber ankommt – diese Unterscheidung will
h Ihnen hier sehr deutlich machen –, ist Folgendes: Die
eit überwiegende Anzahl der Arbeitgeber entlohnt ihre
itarbeiter im Sinne eines ehrbaren Kaufmanns fair. Es

eht aber nicht, dass ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter
or dem Hintergrund des staatlichen Transfers einen ge-
ngeren Lohn zahlt, obwohl es ihm eigentlich, gemessen
n der Produktivität seines Unternehmens, möglich
äre, einen höheren Lohn zu zahlen; das geht nicht.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das passiert aber!)


Das sind doch extreme Ausnahmen.

Ich möchte Ihnen schildern, wie es im Moment in
eutschland aussieht. Die Tarifbindung liegt bei 80 Pro-

ent, 60 Prozent direkt und 20 Prozent durch Bezug-





Dr. Heinrich L. Kolb


(A) )


)(B)

nahme. Dabei handelt es sich durchweg um gute, aus-
kömmliche Löhne für die Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen der Unternehmen.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das stimmt einfach nicht!)


Da, wo es Probleme gab, haben wir – genauso wie die
rot-grüne Koalition und die Große Koalition zuvor – in
den letzten Jahren für 4 Millionen Arbeitnehmer Bran-
chenmindestlöhne eingeführt, die das leisten müssen,
was Sie hier fordern.


(Zuruf von der LINKEN: In Ost und West unterschiedlich! – Andrea Nahles [SPD]: Dabei waren Sie immer sehr hilfreich, Herr Kolb!)


Da, wo es weiße Flecken gibt – das sind nun wirklich die
Ausnahmen –, haben wir ein doppeltes Fangnetz instal-
liert. Es gibt zum einen ein Verbot sittenwidriger Löhne
und zum anderen das Mindestarbeitsbedingungenge-
setz, das zuletzt unter Ihrer Ägide, Herr Kollege Heil,
geändert wurde. Haben Sie denn damals Mist produ-
ziert? Das Gesetz ermöglicht es, genau in den angespro-
chenen Fällen einzugreifen. Aber die Erfahrungen der
letzten Jahre zeigen: Einen entsprechenden Bedarf gibt
es offensichtlich nicht. Die sozialen Verwerfungen, die
Sie als Voraussetzung hier genannt haben, gibt es eben
nicht.


(Widerspruch bei der SPD und der LINKEN)


Wir wollen keinen gesetzlichen Mindestlohn. Ich
finde es richtig, dass wir darauf achten, dass die Men-
schen ein ausreichendes Mindesteinkommen haben. Das
ist in der Tat der Fall: Es gibt bei 22 Millionen sozial-
versicherungspflichtigen Beschäftigten gerade einmal
11 000 Vollzeit arbeitende, alleinstehende Beschäftigte,
die aufstocken müssen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Also kein Problem! Alles super!)


Das zeigt, dass die Probleme eine andere Dimension ha-
ben, als Sie es uns hier weismachen wollen. Deshalb hal-
ten wir am Koalitionsvertrag und an der Linie, die wir
bei den Koalitionsverhandlungen vereinbart haben, fest.
Mit uns wird es keinen gesetzlichen flächendeckenden
Mindestlohn geben. Ein Mindestlohn schadet den Men-
schen, die einen Arbeitsplatz suchen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713908500

Sie müssen zum Schluss kommen.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1713908600

Deswegen sollten Sie darüber nachdenken, ob Ihre

Position richtig ist.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713908700

Das Wort hat nun Brigitte Pothmer für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.

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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr olb, nichts ist mächtiger als die Idee, deren Zeit geommen ist, nd es sieht ganz danach aus, als würde die Zeit auf Sie eine Rücksicht mehr nehmen. Die Zeit geht über die DP hinweg. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Klaus Ernst (DIE LINKE – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Warten wir es erst einmal ab! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Totgesagte leben länger!)

Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713908800

(Zuruf von der LINKEN: So ist es!)


s gibt einen einzigen Fortschritt: Wir haben bislang
ier in diesem Parlament noch keine Mindestlohndiskus-
ion geführt, in der wir nicht ausführlich begründen
ussten, warum ein Mindestlohn in Deutschland not-
endig ist. Dass nicht mehr ernsthaft in Zweifel gezogen
ird, dass wir einen Mindestlohn brauchen, dazu haben
ie Gutachten, die diese Bundesregierung in Auftrag ge-
eben hat, einen Beitrag geleistet.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das können Sie doch gar nicht wissen, Frau Kollegin! Diese Gutachten gibt es doch gar nicht!)


ir haben es jetzt schwarz auf weiß, Herr Kolb, dass
re Behauptung, Mindestlöhne würden Arbeitsplätze

ernichten, einfach falsch ist. Das hat lange gedauert,
ber wir diskutieren heute nicht mehr über die Frage, ob
in Mindestlohn eingeführt werden soll, sondern über
ie Frage, wie der Mindestlohn ausgestaltet werden soll.
as ist in der Tat eine ziemlich entscheidende Frage.

Was ist denn von dem Merkel-Mindestlohn nach dem
ehrmaligen Zurückrudern übrig geblieben? Ich kann

azu nur sagen: Dabei handelt es sich um einen Schein-
esen; denn je näher Sie ihn mit der Lupe untersuchen,
esto kleiner wird er.


(Andrea Nahles [SPD]: So ist es!)


r soll erstens nur für die Branchen gelten, in denen es
eine Tariflöhne gibt. Aber was heißt das konkret? Die
riseurin in Sachsen mit einem Verdienst von 3,06 Euro
der Stunde hat keinen Cent mehr in der Tasche. Das
leiche gilt für die Floristin in Thüringen. Das gilt auch
r eine hohe Zahl an Beschäftigten im Hotel- und Gast-

tättengewerbe, beim Gartenbau und in der Landwirt-
chaft. Für all diejenigen ändert sich durch den Merkel-

indestlohn gar nichts.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Nicht sofort, aber dann! Das ist doch Unfug!)


it anderen Worten: Beim Merkel-Mindestlohn gehen
ie davon aus, dass Hungerlöhne dann akzeptabel sind,
enn sie den tariflichen Segen haben. Das ist eine Einla-
ung an die Arbeitgeber zu Dumpinglöhnen. Das wer-
en wir nicht mitmachen.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Dafür gibt es doch die Gewerkschaften!)






Brigitte Pothmer


(A) )


)(B)

Zweitens. Der Merkel-Mindestlohn sieht keine ein-
heitliche Lohnuntergrenze vor. Da kann ich mit Herrn
Laumann wirklich nur sagen: Auch ich kann mir kein
Deutschland vorstellen, in dem es 500 unterschiedliche
Lohnuntergrenzen gibt. Dieser Flickenteppich wäre im
Übrigen auch eine Zumutung für die Wirtschaft. Das
werden wir nicht mitmachen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Dann wollen wir einmal schauen, was sich eigentlich
bei Ihrer Mindestlohnkommission herauskristallisiert.
Eine Mindestlohnkommission in der Art, wie Sie sie sich
vorstellen, haben wir schon. Wir haben sie in Form des
Hauptausschusses gemäß Mindestarbeitsbedingungen-
gesetz, und zwar seit 2009. Bislang hat dieser Hauptaus-
schuss nicht einen einzigen Mindestlohn durchgesetzt.
Ich sage Ihnen: Wenn Sie Ihrer Mindestlohnkommission
keinen anderen Geist einhauchen, dann wird sich nichts,
aber auch gar nichts im Bereich Dumpinglöhne ändern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Ich befürchte, genau das ist Ihr Ziel. Der Mindestlohn,
den Sie diskutieren, ist nichts anderes als weiße Salbe.
Deswegen hat, wie ich befürchte, Michael Fuchs, der
Vertreter Ihres Wirtschaftsflügels, recht. Er hat nämlich
auf die Frage der Leipziger Volkszeitung, was sich durch
die von der CDU vorgesehene Lohnuntergrenze ändern
würde, gesagt: „Nichts, rein gar nichts.“ Das wollen wir
aber nicht. Wir wollen einen echten Mindestlohn, und
wir wollen, dass es zu einer echten sozialpolitischen
Kehrtwende, zu mehr Gerechtigkeit und Solidarität
kommt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Merkel verfolgt wahltaktische und machtstrate-
gische Ziele mit der Mindestlohndiskussion.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Da lacht doch die Koralle!)


Sie will ein Wahlkampfthema vom Tisch räumen, und
sie will sich hübsch machen für andere Koalitionspart-
ner, mit Vorliebe für eine Große Koalition.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das schafft sie nicht!)


– Das will ich einmal hoffen, Hubertus. Auf euch ist ja
nicht so viel Verlass.


(Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Die angesprochenen Versuche sind ja unübersehbar!)


Dass sie mit der FDP keinen Staat mehr machen kann,
hat sich ja bis zu ihr herumgesprochen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, beim Merkel-Min-
destlohn geht es um nichts anderes als um der Kaiserin
neue Kleider. Diese neuen Kleider sollen in diesem Fall
sozialpolitischer Natur sein. Aber für die Beschäftigten
im Niedriglohnsektor geht es wahrlich um mehr. Sie ste-
hen vor der Frage: Lohngerechtigkeit oder Weiter-so mit

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(C (D chwarz-Gelb? Wir wissen, wo wir stehen, meine Daen und Herren! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713908900

Das Wort hat nun Frank Heinrich für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Frank Heinrich (CDU):
Rede ID: ID1713909000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Die Debatte geht über unsere Haltung als Re-
ierungskoalition zum Thema Mindestlohn.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja, richtig, die Haltung!)


enn Sie, Frau Kollegin Pothmer, jedoch die ganze Zeit
on einem Merkel-Mindestlohn reden, kann ich Ihnen
ur entgegnen: Sie reden von einer Phantomsituation.
ir führen diese Debatte nämlich erst.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Merkel als Phantom, sehr gut!)


ine große Volkspartei führt eine Debatte, und wir wol-
n das auch in aller Breite diskutieren. In diesem Pro-

ess befinden wir uns. Wir haben noch keinen Merkel-
indestlohn festgelegt.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aha!)


Es verwundert mich, dass sowohl von der Opposition,
sbesondere von den Linken, als auch in der Presse und

er Öffentlichkeit so getan wird, als ob es an der Stelle
chon einen grundlegenden Richtungswechsel gäbe. In
eutschland wurde 1997 – Helmut Kohl war an der Re-
ierung – zum ersten Mal ein Mindestlohn eingeführt,
nd zwar in der Elektrobranche.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


a fällt mir die Werbung für ein bestimmtes Bonbon ein:
Wer hat’s erfunden?“ – Wir haben den Mindestlohn
icht erfunden, wohl aber in die Tat umgesetzt.


(Andrea Nahles [SPD]: Das war ja wohl Olaf Scholz! Das ist ja unglaublich!)


indestlöhne gelten inzwischen in verschiedenen Bran-
hen, und sie leisten – so Frau von der Leyen am letzten
onntag – „einen großen Beitrag“ auch zu unserem Job-
under.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sagen Sie doch mal, was Sie wollen!)


etzt wird – je länger, desto mehr – thematisiert, dass es
och Bereiche gibt, die ebenfalls eine solche Lohnunter-
renze brauchen. Diese Diskussion beginnt aber nicht
rst jetzt, wie Sie, Herr Ernst, vorhin gesagt haben. Nein,
ir wollen seit Monaten dieses Thema behandeln.





Frank Heinrich


(A) )


)(B)


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Aber ihr macht nichts! Das sieht man doch jetzt wieder! Ihr eiert doch rum!)


Wir sind dabei. Auch die CDA hat ihren Teil beigetragen
und, ebenfalls durch Frau von der Leyen, Stellung bezo-
gen in dieser Debatte. Das ist vielleicht der Unterschied:
Wir wollen eben nicht nur von politischen Forderungen
getrieben handeln,


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das seid ihr aber: getrieben!)


sondern ordentliche Arbeit abliefern. Wir wollen keinen
Überbietungswettbewerb und keinen Unterbietungswett-
bewerb.


(Zuruf von der SPD: Taten statt Worte!)


Weil wir gute Arbeit machen wollen,


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Ihr seid eine Bremsertruppe!)


hat die Bundesregierung den Auftrag im Koalitionsver-
trag ernst genommen und ein entsprechendes Gutachten
erstellen lassen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aha, es gibt doch ein Gutachten!)


Sie hat verschiedene Branchenmindestlöhne von ver-
schiedenen Institutionen untersuchen lassen. Es geht
also nicht, wie Sie hier mutmaßen, um einen allgemei-
nen Mindestlohn, sondern es sind einzelne Branchen-
mindestlöhne untersucht worden.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Die haben wir doch schon! Warum dann die Debatte?)


Auf die Ergebnisse der Evaluation bin ich sehr gespannt.

Worum geht es uns? Sie haben mich danach gefragt,
und Sie fragen in dieser Debatte danach. Die FDP hat für
sich Stellung genommen, ich möchte das für uns tun. Die
Schnittmenge ist sehr groß. Wir wollen in einer spannen-
den und, wie ich finde, angemessenen Diskussion einen
Weg suchen, wie wir einer gerechten Entlohnung noch
näher kommen können.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Also haben wir sie jetzt nicht!)


Ich müsste Ihrer Meinung nach, Frau Nahles, brüskiert
sein als Sozialpolitiker, aber das bin ich nicht. Was ist
denn gerechter Lohn? Bezieht er sich auf, wie von Ihnen
genannt, die Friseurin in Sachsen oder auf die in Rhein-
land-Pfalz auf dem Land lebende Helferin im Drogerie-
markt, die mit 5,30 Euro zufrieden sein muss? Oder
muss man noch andere Gerechtigkeitsfaktoren betrach-
ten: den Markt als solches,


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Nicht vom Markt, sondern vom Lohn leben, darum geht es!)


die Leistung, wie sie gerade genannt wurde, die Situa-
tion – es gibt einen Unterschied zwischen dem Gehalt im
Erzgebirge und dem Gehalt in München –, den Aufwand
und den Bedarf? Es kennzeichnet den sozialen Rechts-
staat, in dem ich froh bin leben zu dürfen,

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(C (D (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Man darf froh sein, leben zu dürfen, genau!)


ass Leistungs- und Bedarfsgerechtigkeit in ein men-
chengerechtes Verhältnis zueinander gesetzt werden.

Ich zitiere, was am vergangenen Sonntag in Chem-
itz, meiner Stadt, gesagt wurde: Sprechen Sie nicht
ber Mindestlöhne – wir sprechen heute nicht direkt da-
ber,


(Andrea Nahles [SPD]: Das ist mir völlig egal! Hauptsache, Sie machen es!)


as ist aber der Konsens heute Morgen –, sondern über
öhne, von denen Menschen in Würde ihr Leben gestal-
n können.

Prinzipiell ist es richtig, dass jeder, der vollerwerbstä-
g ist, ohne Unterstützung des Staates auskommen
ollte.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Dann machen Sie doch mal was!)


ber hier gilt es zu differenzieren. Wenn ich – ich war
lber Sozialhilfeempfänger – für meine Familie Hartz IV

eantrage, dann liegt dieser Satz bei ungefähr
700 Euro. Der Lohn, den ich demnach verdienen
üsste, um in Würde leben zu können, liegt bei etwa

6 bis 17 Euro pro Stunde. Das könnte Anlass geben, in
em von Ihnen betriebenen Überbietungswettbewerb
itzuspielen. Das wollen wir aber nicht. Es gibt für uns

wei verschiedene Kategorien von Mindestlöhnen: den
esetzlich festgelegten Mindestlohn, flächendeckend für
lle Regionen und Branchen – den lehnen wir ab –,


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das ist doch ein Eiertanz, den Sie hier aufführen! Glauben Sie eigentlich selber, was Sie sagen?)


nd den von den Tarifpartnern ausgehandelten spezifi-
chen, für die Branche festgelegten Mindestlohn, der
om Gesetzgeber als allgemeinverbindlich erklärt wer-
en kann.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wir brauchen beides!)


ir wollen das Erste nicht, am Zweiten arbeiten wir, und
ir wollen das erweitern.

Die Höhe darf nicht von der Politik, sondern muss
on den Tarifparteien entschieden werden, unterstützt
nd ermutigt von Politik und Wissenschaft. Ein Vor-
chlag dafür lautet, dass wir uns an den in der Zeitarbeit
usgehandelten Mindestlohn anlehnen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das hat Frau Merkel schon abgelehnt!)


uch hier bin ich gespannt auf die Diskussion in den
ächsten Tagen und darauf, wie die Verhandlungen der
arifpartner sich entwickeln werden.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713909100

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.






(A) )


)(B)


Frank Heinrich (CDU):
Rede ID: ID1713909200

Ich komme zum Ende. – Neben dem hohen Gut der

Tarifautonomie selbst und dem oft eingeforderten
Grundsatz der Solidarität ist es ein großer Gewinn, dass
wir in der sozialen Marktwirtschaft von Subsidiarität re-
den: So wenig Staat wie möglich, so viel Staat wie nötig.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713909300

Herr Kollege!


Frank Heinrich (CDU):
Rede ID: ID1713909400

Ich bin der Überzeugung – das hat auch der Staatsse-

kretär gestern im Ausschuss gesagt –: Die Tarifparteien
können das. Wir werden sie dazu ermuntern.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713909500

Das Wort hat nun Hubertus Heil für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei der SPD)



Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1713909600

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

nen und Kollegen! Frau Ministerin, zu dieser Frage hätte
uns die Haltung der Bundesregierung interessiert. In der
gestrigen Debatte über das Betreuungsgeld war Ihre Kol-
legin Schröder so mutig, zu versuchen, uns ihren Stand-
punkt zu erklären.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das ist ihr auch gelungen!)


Was Sie meinen, das lesen wir in der Bild am Sonntag.
Als ich Ihr Interview gelesen habe, erging es mir wie
meiner Kollegin Nahles. Ich dachte nämlich: Hossa, die
Waldfee! Da bewegt sich etwas.

Herr Kober, Sie sind von Hause aus evangelischer
Theologe. Ich bin evangelischer Christ. Daher ist folgen-
der Satz nahe liegend: Im Himmel ist mehr Freude über
einen reuigen Sünder als über 100 Gerechte. – Zu
Deutsch: Wenn Sie sich in Sachen Mindestlohn tatsäch-
lich unseren Vorschlägen anschließen, Frau von der
Leyen, dann würden wir das nicht kritisieren.


(Pascal Kober [FDP]: Man darf sich aber nicht selbst zum Gerechten machen!)


An dieser Stelle sage ich aber ganz klar: Die Diskussion
bei Ihnen hat sich in den letzten Tagen zerbröselt. Sie
wissen nicht nur nicht, was Sie wollen, Sie wissen auch
nicht, was Sie tun.


(Beifall bei der SPD)


Es gibt da die buntesten Vorschläge. Frau von der Leyen,
ich befürchte, dass am Ende Herr Laumann recht hat, der
heute in einem Interview gesagt hat, er rechne angesichts
der Verhältnisse in seiner Partei und bei seinem Koali-
tionspartner nicht damit, dass sich in dieser Legislatur-

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(C (D eriode in dieser Sache überhaupt etwas tut. Das ist die chlechte Nachricht für die Menschen in Deutschland. (Max Straubinger [CDU/CSU]: Aber Herr Heil!)


Ich sage Ihnen ganz offen: Das künstliche Auseinan-
erdividieren von über das Arbeitnehmer-Entsendege-
etz geschaffenen tarifvertraglichen Mindestlöhnen und
iner allgemeinen Lohnuntergrenze bzw. eines gesetzli-
hen Mindestlohnes, der diesen Namen auch verdient,
ird der Sache nicht gerecht. Sie könnten ohne Weiteres

twas dafür tun, dass tarifvertragliche Mindestlöhne ein-
cher vereinbart werden können – das haben wir Ihnen
Frühjahr vorgeschlagen –, indem Sie allen Branchen

iese Möglichkeit im Arbeitnehmer-Entsendegesetz er-
ffnen. Sie tun es nicht, weil sich die CDU nicht gegen
ie FDP durchsetzen konnte. Das ist an dieser Stelle die
ahrheit.

Für jede neu hinzukommende Branche müssen wir
as Arbeitnehmer-Entsendegesetz sozusagen anfassen.
isher gilt es nämlich nur für zehn Branchen. Es ist da-
er ein zähes Ringen um tarifvertragliche Mindestlöhne;
enn erstens muss eine neue Regelung, was den Kreis
er betroffenen Branchen angeht, in das Gesetz aufge-
ommen werden, und zweitens muss die Mehrheit im
arifausschuss entscheiden. Das zu ändern, wäre der
rste Schritt, den wir machen könnten.

Wir Sozialdemokraten wollen einen Vorrang für tarif-
ertragliche Mindestlöhne. Darum haben wir Jahr für
ahr gekämpft – dies mussten wir Ihnen auch in den Ver-
andlungen im Frühjahr Branche um Branche abringen –,
nd deshalb sind wir so weit gekommen.


(Beifall bei der SPD – Max Straubinger [CDU/ CSU]: Der Erste war Herr Kolb, der das als Staatssekretär im Bau eingeführt hat!)


ir wollen, wie gesagt, einen Vorrang der Tarifautono-
ie. Wir wollen aber auch die Möglichkeit für tarifver-
agliche Mindestlöhne weiter ausbauen. Daneben brau-
hen wir eine Lohnuntergrenze, also einen allgemeinen
esetzlichen Mindestlohn, als untere Auffanglinie.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


h sage Ihnen auch, warum. Die Kollegin Pothmer hat
ämlich vollkommen recht: In einigen Bereichen gibt es
arifverträge, die diesen Namen nicht mehr verdienen.
as liegt an der Tarifflucht auf Arbeitgeberseite und

uch an der Tatsache, dass es für Gewerkschaften in vie-
n Branchen außerordentlich schwierig ist, sich zu orga-
isieren. Das ist die Wahrheit.

Der Mindestlohn ist notwendig, weil beispielsweise
in Stundenlohn von – wenn ich mich richtig erinnere –
,12 Euro im Friseurgewerbe in Sachsen leider Gottes
estandteil eines Tarifvertrages ist.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wollen Sie in Tarifverträge eingreifen?)


h sage Ihnen an dieser Stelle: Die Tarifautonomie hat
ich jahrzehntelang bewährt. Wer die Augen aber davor
erschließt, dass die aktuelle Entwicklung, die sich in





Hubertus Heil (Peine)



(A) )


)(B)

der Tarifflucht und in der aktuellen Schwäche auf Ar-
beitgeber- und Gewerkschaftsseite zeigt, dazu geführt
hat, dass Lohnfindungsprozesse bei 3,12 Euro oder bei
3,06 Euro enden, der muss handeln. Deshalb sage ich Ih-
nen: Es ist nicht akzeptabel, dass Sie sich hier hinstellen,
rumeiern und die verschiedensten Vorschläge machen.
Für die Öffentlichkeit und für die betroffenen Menschen
ist es vollkommen uninteressant, welcher Flügel der
CDU sich in dieser Frage durchsetzt. Es zählen Taten. Es
gilt der Satz von Erich Kästner: Es gibt nichts Gutes, au-
ßer man tut es.


(Beifall bei der SPD)


Frau Ministerin, Sie haben in der Bild am Sonntag an-
gekündigt, dass Sie noch in dieser Legislaturperiode ei-
nen Gesetzesvorschlag machen wollen. Nach Ihrem
Leipziger Parteitag werde ich Sie täglich fragen, wann
Sie liefern.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Das hat sie wirklich nicht verdient!)


Ich kann Ihnen aber nur die alte Kaufmannsweisheit ent-
gegenhalten: Man kann nur liefern, wenn man etwas auf
Lager hat. Diese Koalition hat nichts auf Lager. Das
führt zu dem Ergebnis, dass Sie manchmal Expertisen,
die Ihnen nicht in den Kram passen, unterdrücken.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Das ist doch Unfug, Herr Heil!)


Das angesprochene Gutachten von renommierten Insti-
tuten wie IAQ, IAW, IAB und ZEW im Auftrag des Bun-
desministeriums für Arbeit und Soziales, mit Steuergel-
dern bezahlt, liegt Ihnen doch seit dem 31. August vor.
Frau Ministerin, es ist ganz interessant, dass man mit ei-
nem wissenschaftlichen Gutachten erst einmal in die
Ressortabstimmung mit FDP-Ministern eintreten muss,
um zu schauen, ob einem die Ergebnisse passen. Das ist
ein dickes Ding, das Sie sich da leisten.


(Beifall bei der SPD)


Dieses Gutachten beleuchtet die Arbeitsplatzeffekte
der tarifvertraglichen Mindestlöhne in den Branchen.
Daraus ergibt sich, dass das, was die FDP seit Jahren be-
hauptet, dass nämlich Mindestlöhne Arbeitsplätze ver-
nichten würden, schlicht und ergreifend Unsinn ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Die meisten Arbeitsplätze hat Rot-Grün vernichtet in Ihrer Regierungszeit! – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


– Wenn Sie schon nicht auf uns hören, Herr Kolb, dann
will ich Ihnen einen Rat von einem Menschen geben,
dem sie vielleicht mehr zutrauen als uns; das kann ja
sein.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Jedem!)


Ich zitiere:

Ein Mensch muss von seiner Arbeit leben können
und sein Lohn muss wenigstens existenzsichernd
sein! Ja, er sollte in der Regel etwas höher sein. An-

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(C (D derenfalls wäre es nicht möglich, eine Familie zu ernähren. issen Sie, wer das schrieb, Herr Kolb? (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Irgendein Papst?)


Nein, das ist kein Papst gewesen, sondern das war ein
ewisser Adam Smith im Jahre 1776. 235 Jahre nach
em Urvater der liberalen Vorstellung von Marktwirt-
chaft haben Sie es immer noch nicht begriffen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ist schon länger her!)


Ich sage Ihnen: Das werden die Menschen Ihnen nicht
ehr durchgehen lassen. Frau Merkel kann nicht länger
meiern. Wir werden Sie stellen; wir werden Sie auffor-

ern, einen Gesetzentwurf vorzulegen, –


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713909700

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1713909800

– und wir werden unseren Gesetzentwurf einbringen,

eil es uns darum geht, dass Menschen, die hart arbei-
n, von ihrer Arbeit auch leben können.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713909900

Ich erteile nun das Wort dem Kollegen Johannes

ogel für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1713910000

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier wird nach der

altung der Regierungskoalition gefragt. Sie ist im Ko-
litionsvertrag ganz klar niedergelegt – darauf wurde
chon hingewiesen –: Einen allgemeinen gesetzlichen
indestlohn wollen wir nicht. Warum denn, Herr Heil?


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist doch eindeutig falsch, was Sie machen! Es wird sehr einsam um Sie! Ihr Koalitionspartner ist weiter als Sie!)


Nein, Frau Kollegin Pothmer. – Warum denn? Lassen
ie uns einmal im Detail darüber reden.

Sie haben vorhin die Realität in Deutschland be-
chrieben. Wir alle wollen, dass die Menschen von ih-
m Lohn leben können.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das verhindern Sie aber!)


ei der Debatte müssen wir uns eines klarmachen. Es
eht um Fairness gegenüber drei Gruppen, erstens ge-
enüber den Arbeitnehmern, die gute Löhne wollen. Das
ollen wir alle, deswegen tun wir mehr für Qualifikation
und zwar mehr, als Sie getan haben, liebe Kolleginnen





Johannes Vogel (Lüdenscheid)



(A) )


)(B)

und Kollegen –, gerade von beschäftigten Arbeitneh-
mern.


(Andrea Nahles [SPD]: Mithilfe der Arbeitsmarktförderung, die Sie halbieren! Das ist wohl ein Witz!)


Zweitens geht es um Fairness gegenüber Arbeitge-
bern und Unternehmen, die die Löhne zahlen können
müssen. Drittens schließlich geht es um Fairness gegen-
über denjenigen, die erst auf den Arbeitsmarkt wollen.
Das ist doch die Voraussetzung für alles Weitere. Echte
Teilhabe in der Gesellschaft ist natürlich am besten mög-
lich, wenn man auf dem Arbeitsmarkt dabei ist. Das
müssen wir im Blick haben.

Zum deutschen Jobwunder gehört die Tarifautono-
mie, das heißt, dass in unserer sozialen Marktwirtschaft
die Löhne von den Tarifpartnern ausgehandelt werden.
Das dürfen wir nicht gefährden. Genau das fordern Sie
aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposi-
tion.

Schauen wir uns doch einmal an, wie die Lage ist,
Herr Heil! Wie viele Menschen in Deutschland können
denn nicht von ihrem Lohn leben?


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: 300 000! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: 300 000 Vollzeit!)


Es wird immer die Zahl von 1,4 Millionen Aufstockern
genannt. Von dieser Gruppe arbeiten 900 000 nur in Teil-
zeit. Hier ist nicht die Lohnhöhe das Problem, sondern
die Arbeitszeit. Warum ist das so? Weil Sie die Hinzu-
verdienstgrenzen bei Hartz IV so ausgestaltet haben,
dass man kaum aus diesen Grenzen herauswachsen
kann. Dieses Problem wollen wir uns im nächsten Jahr
noch einmal vornehmen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Oh mein Gott! – Die Steuerzahler sollen die Armutslöhne aufstocken! Das wollen Sie! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Da müsst ihr euch aber beeilen!)


125 000 Menschen aus dieser Gruppe sind selbststän-
dig. Man muss untersuchen, ob diese Menschen ein gu-
tes Geschäftsmodell als Grundlage haben und was man
für sie tun kann, um gegebenenfalls nachzubessern. Hier
geht es nicht um die Lohnhöhe.

300 000 Menschen arbeiten Vollzeit und stocken auf.
Herr Heil, die weit überwiegende Zahl dieser Menschen
stockt aber nicht auf, weil die Lohnhöhe so niedrig ist,
sondern weil sie eine große Familie haben. Das muss
man einmal sagen. Es ist eine sozialpolitische Errungen-
schaft in diesem Land, dass wir Familien nicht alleine
lassen, sondern ihre wirtschaftliche Lage verbessern.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Und jetzt machen Sie Betreuungsgeld, damit die zu Hause bleiben!)


Die Frage lautet: Wie gehen wir als Staat damit um,
dass wir den Vorrang für Tarifpartner wollen, dass wir
natürlich – der Kollege Kolb hat es ausgeführt – nicht
wollen, dass es einzelne schwarze Schafe unter den Un-

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(C (D rnehmen gibt, die einen niedrigeren Lohn zahlen als ie könnten? (Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was machen Sie dagegen?)


Wie schafft man das? Die Tarifautonomie hat sich be-
ährt. Daher ist wohl klar, dass man in drei Schritten
orgeht. Für die 80 Prozent der Beschäftigten in
eutschland, die tarifgebunden sind, funktioniert die Ta-
fautonomie.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Leistung muss sich lohnen, Herr Kollege! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: So ein Unfug!)


ier brauchen wir keine Lösung, weil das Ganze bei den
arifpartnern richtig funktioniert.

In diesem Zusammenhang werden immer die Friseure
us Thüringen angeführt. Wenn wir ehrlich miteinander
ebattieren wollen, dann gehört hier auch dazu, dass die-
er Friseurtarifvertrag aus Thüringen,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sachsen!)


ine wesentliche Umsatzbeteiligung vorsieht.


(Karin Binder [DIE LINKE]: Ihr Risiko auf die Beschäftigten abladen, genau! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Machen Sie es doch abhängig von der Haarlänge!)


as heißt, es ist unfair, wenn Sie nur auf die Lohnhöhe
chauen. Das können Sie gar nicht vergleichen. Die Ge-
erkschaften, denen Sie offenbar nicht mehr vertrauen,
err Heil, machen in unserem Land bei der Lohnfindung
einen Unsinn.

Bei den Branchen, in denen es einzelne schwarze
chafe gibt, besteht die Möglichkeit, die unterste Lohn-
öhe für allgemeinverbindlich zu erklären.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit den Branchen, wo es keinen Arbeitgeberverband gibt?)


as hat diese Regierungskoalition in mehr Fällen getan
ls Sie in der rot-grünen Regierungszeit.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was sagt eigentlich Frau Ministerin dazu? Ist sie auch Ihrer Meinung?)


er Unterschied zum allgemeinen Mindestlohn, den Sie
ollen, ist eben nur: Hier liegt die Lohnfindung weiter-
in in den Händen der Tarifpartner und nicht hier im
eutschen Bundestag, in den Händen von Herrn Ernst
nd anderen.


(Beifall der Abg. Gisela Piltz [FDP] – Andrea Nahles [SPD]: Ihre spitzfindigen Ausführungen helfen niemandem!)


as wollen wir so lassen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Alles in Ordnung in Deutschland! – Weiterer Zuruf von der SPD: Alles super!)


Nein.





Johannes Vogel (Lüdenscheid)



(A) )


)(B)


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Es ist eine Unverschämtheit den Menschen gegenüber, die das betrifft, alles schönzureden!)


– Nein, wir reden nichts schön; wir stellen die Realität in
Deutschland dar. Dazu gehört eben, dass wir das deut-
sche Jobwunder haben und die Löhne in der Regel aus-
kömmlich sind.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sie erzählen Unsinn! Sie wissen nicht, von was Sie reden! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Die Augen vor der Realität verschließen! – Gegenruf des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es steht uns nicht zu, die Tarifparteien zu kritisieren, Herr Heil!)


Das können wir nicht erhalten, indem wir uns einer Poli-
tik anschließen, die alles zurückdreht und alles verän-
dern will, was dieses deutsche Jobwunder ausmacht. Das
wäre eine Unverschämtheit gegenüber den Menschen,
die dann arbeitslos werden, Herr Kollege Heil. Schauen
Sie sich doch einmal im europäischen Ausland um! Das
wollen wir nicht.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Die haben doch den Mindestlohn! Wenn Sie sich umschauen, dann sehen Sie: Der Mindestlohn ist über 10 Euro! Sie wissen gar nicht, von was Sie reden!)


– Ja, Herr Ernst. Er spielt eine wesentliche Rolle bei der
Frage der hohen Arbeitslosigkeit.

Bleiben wir aber bei dem Fall. Für die wenigen wei-
ßen Flecken gibt es in Deutschland sogar das Mindestar-
beitsbedingungengesetz.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Und? Greift das? Hilft das?)


Wir können eine Lösung für diese Branchen finden.
Wenn Sie mehr wollen,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja! – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen mehr!)


dann müssen Sie zugeben: Sie wollen einen allgemeinen
Mindestlohn; das sagen Sie auch offen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wir sind ehrlich! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Ja, natürlich wollen wir das!)


Ich sage Ihnen: Ein allgemeiner Mindestlohn, eine allge-
meine politische Lohnuntergrenze, die von Aachen bis
Cottbus und von Flensburg bis Konstanz gilt und für alle
Branchen identisch ist, wird nicht zu höheren Löhnen,
sondern zu höherer Arbeitslosigkeit führen.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Max Straubinger [CDU/CSU] – Widerspruch bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Die eigenen Studien zeigen das Gegenteil! Sind Sie denn nicht mehr in der Lage, zu lesen? Sie haben Tomaten auf den Augen!)


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(C (D eshalb werden wir weiter differenzierte Lösungen finen, die den Menschen wirklich helfen, und die Tarifutonomie als wesentliches Element der sozialen Marktirtschaft achten, und das ist auch gut so. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713910100

Das war unser Kollege Johannes Vogel für die FDP-

raktion. – Jetzt spricht für die Fraktion Die Linke un-
ere Kollegin Jutta Krellmann. Bitte schön, Frau Kolle-
in Jutta Krellmann.


(Beifall bei der LINKEN)



Jutta Krellmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713910200

Vielen Dank, Herr Präsident. – Guten Tag, liebe Kol-

ginnen und Kollegen! Ich möchte da anknüpfen, wo
ein Kollege Klaus Ernst aufgehört hat,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Oh weh!)


ämlich bei Art. 1 Grundgesetz – ich zitiere daraus, da-
it auch Sie es verstehen –: „Die Würde des Menschen
t unantastbar.“ Zur Würde gehört auch, dass die Men-

chen von ihrer Arbeit leben können.


(Beifall bei der LINKEN – Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Und dass sie Arbeit haben, Frau Kollegin!)


as ist seit zehn Jahren zunehmend nicht mehr der Fall:
3 Prozent der Beschäftigten arbeiten im Niedriglohnbe-
ich. In der Exportnation Deutschland gibt es Löhne un-
r 5 Euro. Das kann doch gar nicht wahr sein; das ist ein

chter Skandal.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann lesen Sie Art. 9!)


Herr Kolb sagte, dass es 11 000 Aufstocker gibt. Da-
it kann er doch nur seinen Landkreis in der Nähe von
rankfurt meinen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein! Vollzeitbeschäftigte Alleinstehende bei 22 Millionen Beschäftigten!)


ür Deutschland gilt das nicht. Das gilt vielleicht für Ba-
enhausen. Mein Kollege Klaus Ernst hat die Antwort
er Bundesregierung auf die Frage, wie viele vollzeitbe-
chäftigte Aufstocker es in Deutschland gibt: 326 000,
icht 11 000.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da sind Verheiratete mit Kindern dabei! Sie sollten nicht Äpfel mit Birnen vergleichen!)


sofern ist es gut, dass die CDU auf ihrem Parteitag das
enster für den Mindestlohn aufmachen will. Links
irkt!


(Beifall bei der LINKEN)






Jutta Krellmann


(A) )


)(B)

Aber was wollen Sie jetzt machen? Die Informatio-
nen werden immer diffuser und – wir haben Herbst – im-
mer vernebelter. Die Informationen, die ich habe, sind
aus dem Text des Antrages für den CDU-Parteitag – ich
zitiere –:

Die CDU Deutschlands hält es für notwendig, eine
allgemeine verbindliche Lohnuntergrenze in den
Bereichen einzuführen, in denen ein tarifvertraglich
festgelegter Lohn nicht existiert.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Ja, genau so! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Dann bleibt ihr doch bei 4 Euro! Das ist doch die Konsequenz!)


Jetzt geht das Geschacher los:


(Frank Heinrich [CDU/CSU]: Das ist nicht „Geschacher“! Das ist Diskussion!)


Frau Merkel spricht sich für eine Lohnuntergrenze aus.
Ja, toll. Das verbindet sie aber mit dem Ziel: keine An-
bindung an die Löhne in der Leiharbeit. Abweichungen
nach unten sollen möglich sein.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz, Frau Kollegin Krellmann! Sie müssen es ganz lesen, nicht nur Art. 1!)


Auch ich will keine Anbindung an die Löhne in der
Leiharbeit – das sage ich ganz deutlich –, nicht weil mir
das zu viel ist, sondern weil mir das eindeutig zu wenig
ist.


(Beifall bei der LINKEN)


7,89 Euro im Westen und 7,01 Euro im Osten sind mir
einfach zu wenig. Unsere Forderung ist: 10 Euro für alle.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Erklären Sie das den Tarifpartnern, den Gewerkschaften!)


Frau Merkel macht einen Knicks vor der Arbeitgeber-
lobby.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Genau!)


Ich kann nicht verstehen, wieso sich die Ostfrau Merkel
nicht für gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West
einsetzt, obwohl sie selbst aus dem Osten kommt.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Weil es die Tarifpartner so beschlossen haben! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Sie setzt sich mehr ein für Ost und West!)


Ich als Urwessi setze mich dafür ein, weil ich die
Schnauze voll davon habe, dass alle toll finden, dass die
Mauer weg ist, Sie aber nichts tun, damit sich die Le-
bensverhältnisse in irgendeiner Form angleichen –
nichts!


(Beifall bei der LINKEN – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Nicht der Frau Merkel sagen, sondern der Gewerkschaftsführung! Die machen die Tarifverträge!)


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(C (D Meine Damen und Herren aus der CDU, Sie haben it Ihrer Diskussion Erwartungen bei den Menschen geeckt, ämlich die Erwartungen, dass das Zimmermädchen im otel, der Kellner im Restaurant, die Beschäftigten im allcenter, die Eisverkäuferin im Freizeitpark, der Toittenmann auf der Autobahnraststätte endlich einen allemeinverbindlichen Mindestlohn erwarten können. 5 Prozent der Menschen haben sich nach einer aktueln Umfrage dafür ausgesprochen. Aber die herbstliche Vernebelung geht weiter. Aktulle Stichpunkte aus der Debatte sind: Die Tarifvertragsarteien sollen sich am besten ohne Staat und ohne Wisenschaft auf eine Lohnuntergrenze einigen – aber nur in ranchen, in denen es keine Tarifbindung gibt – und reionale Unterschiede zulassen. Auf gut Deutsch heißt das: Mit der CDU wird es keien Mindestlohn geben. Mit der CDU wird das Gerangel m Branchenmindestlöhne weitergehen. Im Grunde haen wir bereits Branchenmindestlöhne; das wurde schon ehrfach angesprochen. Gewerkschaften werden in die ituation gebracht, mit Arbeitgebern über Sachen zu erhandeln, die die Arbeitgeber eigentlich gar nicht woln, und zu Bedingungen, die die Arbeitgeber diktieren. as, Kolleginnen und Kollegen, ist die Aufforderung um kollektiven Betteln. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Das ist Unfug! – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Eine Unverschämtheit, Tarifverhandlungen so zu diskreditieren! Ich frage Sie, wes Geistes Kind Sie sind! Das ist unglaublich! – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Totalitäres Politikverständnis!)


(Zuruf von der CDU/CSU: Sie nicht!)


Branchentarifverträge funktionieren dort, wo Gewerk-
chaften die Verhandlungsmacht haben dank kollektiver
itgliedschaft sowie der Drohung, im Zweifel das Recht

er kollektiven Arbeitsniederlegung, nämlich das Streik-
cht nach Art. 9 des Grundgesetzes, wahrzunehmen.

Das Streikrecht steht in Verbindung mit Tarifverträ-
en. Das eine funktioniert ohne das andere nicht. Zu sa-
en: „Die Gewerkschaften sollen jetzt endlich einmal
erhandeln“, ist doch Blödsinn.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Gewerkschaften entscheiden aber selbst, in welchem Umfang sie das einsetzen! Da können Sie nicht kommen und sagen: Macht mal!)


enn Gewerkschaften nicht die Möglichkeit haben, zu
rbeitsniederlegungen aufzurufen, wird es keine Tarif-
erträge geben, sondern dann bleibt es beim kollektiven
etteln.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Sind Sie schon aus der Gewerkschaft ausgetreten?)






Jutta Krellmann


(A) )


)(B)

Sie haben Erwartungen bei den Menschen geweckt.
Ich möchte Sie auffordern: Erfüllen Sie die Erwartun-
gen!


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Generalstreikgouvernante!)


Die Menschen erwarten einen Mindestlohn, der für alle
gilt und der nach unserer Position 10 Euro betragen soll.
Tun Sie etwas, bewegen Sie sich und machen Sie das
Fenster wieder zu, das Sie selbst geöffnet haben!


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Hören Sie wenigstens auf Laumann!)


Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713910300

Vielen Dank, Frau Kollegin Krellmann. – Jetzt für die

Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Max Straubinger.
Bitte schön, Kollege Straubinger.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1713910400

Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Frau Kolle-

gin Krellmann, Sie haben sich gerade darüber ausgelas-
sen, dass die Frau Bundeskanzlerin und die Bundesregie-
rung nichts für die Angleichung der Lebensverhältnisse
im Osten und Westen tun würden.


(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Ja, da stehe ich zu! – Zurufe von der LINKEN: Ja! Richtig!)


Ich möchte zunächst feststellen: Sie von der linken
Seite waren überhaupt einmal gegen die Wiedervereini-
gung – vor allen Dingen Ihr Fraktionsvorsitzender, der
gerade den Saal verlässt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Bayernkurier! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Die CSU war doch gegen das Grundgesetz!)


Damit wären den Menschen gute Lebensverhältnisse
vorenthalten worden. Das ist letztlich der Punkt hier.

Darüber hinaus möchte ich auch daran erinnern, dass
mittlerweile viele Löhne in Ost und West zu 100 Prozent
angeglichen worden sind, zum Beispiel im Metallbe-
reich.


(Zurufe von der LINKEN)


Das ist mit entscheidend dafür, dass sich die Lebensver-
hältnisse der Menschen im Osten so großartig entwi-
ckeln – dies nur mit der Garantie dieser Bundesregie-
rung. Das wäre garantiert nicht der Fall, wenn Sie
Verantwortung tragen würden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Patrick Döring [FDP])


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(C (D Werte Kolleginnen und Kollegen, der Titel der Aktullen Stunde lautet: Haltung der Regierungskoalitionen ur Einführung eines Mindestlohns. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wie viele haben Sie denn?)


Herr Kollege Heil, von den Linken wurde also offen-
ichtlich die falsche Frage gestellt. Denn Sie haben be-
ängelt, dass die Bundesregierung nicht darauf antwor-
t.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Gehört die Bundesregierung nicht zur Koalition?)


ir antworten als Regierungsfraktionen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nein, die Koalition!)


Der Kollege Kolb hat bereits darauf hingewiesen:


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Alles Nötige gesagt!)


ir stehen zur vollen Tarifautonomie und nicht zu einer
evormundenden Tarifautonomie durch staatlich festge-
etzte Löhne.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Herr Laumann ist Sozialist, oder was?)


arüber hinaus steht eindeutig in unserem Koalitions-
ertrag, dass wir gesetzliche Mindestlöhne ablehnen.
abei wird es auch bleiben;


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


enn es ist richtig, dass wir auf Branchenmindestlöhne
etzen. Das hatte im Bereich Pflege großen Erfolg.

Herr Kollege Heil, im Übrigen wurde der erste Bran-
henmindestlohn unter einer CDU/CSU-FDP-Bundesre-
ierung mit tatkräftiger Unterstützung des Kollegen
olb, der damals Parlamentarischer Staatssekretär war,

ingeführt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Hört! Hört!)


o viel zur Geschichte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ir sind uns unserer sozialen Verantwortung den Men-
chen gegenüber bewusst. Mittlerweile haben wir Bran-
henmindestlöhne in den Bereichen Pflege, Gebäuderei-
igerhandwerk, Wäschereien und Wach- und Sicherheits-
ienst eingeführt.


(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie geht es jetzt weiter?)


Wenn das Gutachten vorliegt, das die Bundesregie-
ng eingeholt hat – möglicherweise haben Sie schon et-
as gelesen; das weiß ich nicht –,


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Dann müssen Sie sich an die Regierung wenden!)


ird möglicherweise deutlich, dass die Auswirkungen
icht feststellbar sind.





Max Straubinger


(A) )


)(B)


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Dann erzählen Sie nicht so einen Unfug!)


Es ist nicht klar, ob sie positiv oder negativ sind. Das ist
deshalb so, weil wir die Einführung des Mindestlohnes
auf einige Branchen beschränkt haben.

Das Schlimmste, was im Bereich Arbeitsplätze pas-
sieren konnte, ist unter Rot-Grün passiert. Damals gab es
in Deutschland einen massiven Verlust an Arbeitsplät-
zen. Seitdem die Union wieder regiert – mittlerweile mit
der FDP –, gab es einen gewaltigen Zuwachs an sozial-
versicherungspflichtiger Beschäftigung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Seitdem wird es besser! Seitdem ist es richtig gut geworden! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das müssen Sie jeden Tag erzählen!)


Das ist darauf zurückzuführen, dass wir eine fundierte
Wirtschaftspolitik in Gang gesetzt haben, durch die die
Menschen ein gutes Einkommen erzielen können.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Wir reden doch über Löhne! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Die Große Koalition haben Sie schon wieder vergessen?)


Nun sind wir wieder beim Thema Mindestlohn. Da-
mit wollen wir uns auch auseinandersetzen.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Bravo!)


Kollege Ernst hat zum einen das Thema Arbeitsplatzver-
lust angesprochen. Zum anderen hat er darauf hingewie-
sen, dass die Menschen auch von den Löhnen leben kön-
nen müssen.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Wäre nicht schlecht!)


Nehmen wir das Beispiel Frankreich, das von Ihnen
oft als Vorzeigeland bezeichnet wird. Dort beträgt der
gesetzliche Mindestlohn 9,10 Euro. Frau Kollegin
Nahles hat Großbritannien vorbildlich genannt. Ich
möchte feststellen: In Frankreich sind das im Monat
1 365 Euro brutto und in Großbritannien 1 086 Euro
brutto. Wissen Sie, wie hoch der niedrigste Tariflohn im
Hotel- und Gaststättengewerbe in Bayern – wohlge-
merkt: der niedrigste! – ist? Er liegt bei 1 361 Euro und
nach drei Monaten Einarbeitungszeit bei 1 464 Euro.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Hört! Hört!)


Das sind letztlich die 8,50 Euro, die die SPD als Min-
destlohn fordert.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Darum wollen wir 10 Euro!)


Dabei haben das die Tarifparteien bereits vereinbart.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gibt es in Bayern nur Gaststätten, oder was?)


Deshalb bedarf es auch in dieser Hinsicht dieser Unter-
stützung nicht.

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(C (D Man sollte sich das Beispiel Frankreich genauer anchauen. In Frankreich werden die Unternehmen, die en Mindestlohn zu bezahlen haben, von der französichen Regierung tatkräftig unterstützt, indem die Sozialersicherungsbeiträge, die die Unternehmen zu leisten aben, subventioniert werden. Diese Subvention betrug Jahr 2002 19,2 Milliarden Euro. Im Jahr 2010 ist sie ittlerweile auf 30 Milliarden Euro angestiegen. 30 Milarden Euro für Lohnsubventionen, um den Mindesthn zu garantieren! Ich bin überzeugt, dass es zu vielen ehlleitungen kommt und dass es in den Betrieben Mitahmeeffekte gibt. Deshalb ist die Gestaltung unserer ozialpolitik besser: Derjenige, der von seinem erwirtchafteten Lohn nicht leben kann, kann aufstocken und in menschenwürdiges Leben führen. In diesem Sinne: Wir liegen mit unserer Einteilung chtig. Wir brauchen dort Branchenmindestlöhne, wo ie sinnvoll sind, wo die Tarifparteien das selbst vereinart haben. Wenn es zum Leben nicht reicht, gibt es daber hinaus staatliche Unterstützung. Das ist ein guter Schlusssatz, Herr Kollege. (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das ist die Frage! Wollen Sie bei 4 Euro bleiben, oder nicht?)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713910500

Diese Frage kann in der Aktuellen Stunde nicht mehr
eantwortet werden. Der Kollege hat keine Redezeit
ehr.


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1713910600

Schade, dass ich die Frage nicht beantworten kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713910700

Vielen Dank, Kollege Straubinger. – Nächste Redne-

n in unserer Aktuellen Stunde ist für die Fraktion der
ozialdemokraten unsere Kollegin Frau Anette Kramme.
itte schön, Frau Kollegin.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Anette Kramme (SPD):
Rede ID: ID1713910800

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Wenn die Regierung ein Thema für wichtig
ält, dann redet normalerweise die Spitze der Partei.
ann redet die Bundeskanzlerin, alternativ der zustän-
ige Fachminister oder die zuständige Fachministerin.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist aber Legendenbildung, was Sie da betreiben! Ich würde noch einmal neu anfangen! Das wird nichts!)


ier und heute hat man den Eindruck, dass ein Sprech-
erbot für die obersten Chargen dieser Regierung exis-
ert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Manfred Grund [CDU/CSU]: Wo ist denn Ihr Fraktionsvorsitzender?)






Anette Kramme


(A) )


)(B)

Das ist nachvollziehbar. Wir würden aber gerne wissen,
ob Ursula von der Leyen noch an der Seite von Herrn
Laumann steht oder mittlerweile bei Frau Merkel ange-
langt ist.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Lassen Sie uns doch erst einmal entscheiden! Dann reden wir in zwei Wochen noch einmal darüber!)


Herr Straubinger, Sie sagen, dass Sie sich um die
Menschen in diesem Land kümmern. Es gibt aber sehr
viele Zahlen zum Niedriglohnsektor, die mehr als er-
schreckend sind.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Das haben die Gewerkschaften vereinbart!)


Angesichts der Zahlen müssten die Ministerpräsidenten
aller fünf neuen Bundesländer schreiend durch die Ge-
gend laufen. Das Einkommen von mehr als 40 Prozent
der Menschen in Ostdeutschland liegt unterhalb einer
einheitlichen Niedriglohngrenze in Deutschland. Sie
verdienen also weniger als 1 800 Euro brutto. Wir kön-
nen auch Zahlen des IAQ nehmen: Das IAQ hat errech-
net, dass 23 Prozent aller Haupt- und Nebenbeschäftig-
ten von einem Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro
profitieren würden. Wie erschreckend!


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wie halten Sie es mit der Tarifautonomie? Akzeptieren Sie die geschlossenen Tarifverträge, oder nicht?)


Wir können das auch noch an anderen Zahlen festma-
chen. Prognos hat eine Studie vorgelegt. Prognos hat uns
auch einiges über die Wirkungen eines Mindestlohns ge-
sagt. Dabei geht es um die Würde der Arbeit. Prognos
hat aber auch belegt, wie volkswirtschaftlich sinnvoll die
Einführung eines Mindestlohns von 8,50 Euro ist. Pro-
gnos hat belegt: 14 Milliarden Euro würden die Haus-
halte in der Bundesrepublik Deutschland zusätzlich ver-
dienen. Es wurde belegt, dass wir zusätzliche Einkom-
mensteuereinnahmen in Höhe von 2,7 Milliarden Euro
hätten. Es wurde belegt, dass die Sozialversicherungen
zusätzlich 2,7 Milliarden Euro einnehmen würden. Da-
rüber hinaus ist herausgekommen, dass wir mit 80 000
zusätzlichen Arbeitsplätzen in der Bundesrepublik rech-
nen könnten.


(Lachen des Abg. Patrick Döring [FDP])


Frau von der Leyen, wie das Baby heißt, ob „Lohnun-
tergrenze“ oder „Mindestlohn“, ist uns an sich egal. Das
Paket, dass Sie an dieser Stelle schnüren wollen, ist aber
ein Nichts, ein Nullum. Das wird den Menschen in der
Bundesrepublik Deutschland nicht helfen.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Ein Nichts kann nicht geschnürt werden!)


Ein Grund dafür ist, dass Sie wollen, dass die Min-
destlöhne nur dann greifen, wenn es an der Tarifbindung
fehlt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja! Das ist der Respekt vor der Tarifautonomie! Das ist auch geboten! – Gegenruf des Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ein Placebo! – Klaus Ernst – im – s d v W g d L m te tr T g w s R J d ru fü L ta k b d W d s e (C (D [DIE LINKE]: Respekt vor den Menschen: 4 Euro!)


Das ist nicht Respekt vor der Tarifautonomie, sondern
Prinzip eine Missachtung der Tarifautonomie.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein! Sie können doch nicht urteilen über die Tarifverträge, die die Gewerkschaften geschlossen haben!)


Herr Kolb, ich würde Ihnen das gerne erläutern. Es ist
o, dass wir mehrere Hundert Tarifverträge in der Bun-
esrepublik Deutschland haben, die Löhne unterhalb
on 8,50 Euro vorsehen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja, und?)


enn Sie jetzt sagen, dass die Lohnuntergrenze nur dann
reifen soll, wenn eine Tarifbindung nicht vorliegt,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie können nicht darüber richten!)


ann bedeutet das, dass Gewerkschaften, wenn sie ihren
euten etwas Gutes tun wollen, wenn sie den Arbeitneh-
erinnen und Arbeitnehmern in diesem Land etwas Gu-
s tun wollen, künftig auf den Abschluss von Tarifver-
ägen verzichten müssen. Das ist ein Eingriff in die
arifautonomie und nicht das Gegenteil davon!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist ja eine seltsame Argumentation! Frau Kramme, das können Sie besser!)


Sie sagen überdies, das Ganze solle branchenabhän-
ig laufen und nach Regionen differenziert. Wissen Sie,
as das bedeutet? Das bedeutet, dass ganz viele Men-

chen in Deutschland mangels Informationen auf ihre
echte verzichten werden. Da ein solches Verfahren

ahre dauern wird, wird auch sichergestellt, dass Min-
estlöhne nicht kommen.

Ein weiterer Punkt: Die Kanzlerin oder ihre Regie-
ng hat zunächst erklärt, dass man auf einen Maßstab
r eine Lohnuntergrenze nicht verzichten wolle. Die
eiharbeit solle der Maßstab sein. Dann gab es einen To-
lrückzieher.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Der Ansatz war von vornherein untauglich!)


Herr Heinrich, Sie haben davon gesprochen, dass es
ünftig einen Überbietungswettbewerb in der Politik ge-
en würde. Was Sie mit diesem Verzicht einleiten wür-
en, ist ein Unterbietungswettbewerb.


(Frank Heinrich [CDU/CSU]: Nein!)


ir haben bis heute nicht von Ihnen gehört, wie hoch
er Mindestlohn in der Bundesrepublik Deutschland sein
oll. Sollen es 4 Euro sein, sollen es 5 Euro sein, sollen
s 5,50 Euro sein, oder sollen es 6 Euro sein?


(Frank Heinrich [CDU/CSU]: Ich habe von der Anlehnung gesprochen! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Auf der nach oben offenen Kramme-Skala ist noch ein bisschen Platz!)






Anette Kramme


(A) )


)(B)

Dies ist offensichtlich ein Zugeständnis an den Wirt-
schaftsflügel Ihrer Partei.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Zum Abschluss Folgendes: Arbeit muss Würde ha-
ben, und würdige Arbeit ist existenziell für das Leben im
Alter, für eine Rente, von der man leben kann. Sie leiten
hier momentan einen Prozess ein, der zu Altersarmut im
großen Maßstab führen wird. Deshalb kann man Ihnen
nur sagen: Besinnen Sie sich und kommen Sie endlich
zur Vernunft!

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der LINKEN: Dafür brauchen wir 10 Euro! – Gegenruf des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU]: 20 Euro! 30 Euro! 40 Euro! – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713910900

Vielen Dank, Frau Kollegin Anette Kramme. – Jetzt

für die Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Peter
Weiß. Bitte schön, Kollege Peter Weiß.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wir freuen uns schon auf den Eiertanz!)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1713911000

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Zum Schluss dieser Aktuellen Stunde bleibt mir nur
noch eine Feststellung: Bei der Opposition geht die
blanke Angst um.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist die blanke Angst davor, dass das Thema Mindest-
lohn als Verunglimpfungsthema gegen die Regierungs-
koalition und die sie tragenden Parteien abhandenkom-
men könnte. Das wurde hier heute vorgeführt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Klauen Sie es uns bitte! Plagiat! Bitte Plagiat! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Jetzt haben Sie mich aus der Debatte befreit!)


Die Behauptung, CDU, CSU und FDP seien strikt ge-
gen Mindestlöhne, ist schon deswegen falsch,


(Zuruf des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


weil – es ist schon erwähnt worden – der erste branchen-
bezogene Mindestlohn in Deutschland unter einer Regie-
rung von CDU/CSU und FDP, unter Helmut Kohl und
Bundesarbeitsminister Norbert Blüm vereinbart worden
ist.

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(C (D (Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär: Und Heinrich Kolb!)


nter einem sozialdemokratischen Bundeskanzler ist in
eutschland kein einziger Mindestlohn vereinbart wor-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Schon einmal etwas von Olaf Scholz und Franz Müntefering gehört?)


Aber heute, mit einer christdemokratischen Bundes-
anzlerin und selbst in einer Koalition mit der FDP
dies hätten viele nicht vermutet –, gibt es in zehn Bran-

hen in Deutschland Mindestlöhne, die die Tarifpartner
ereinbart haben und die die Frau Bundesarbeitsministe-
n per Rechtsverordnung für allgemeinverbindlich er-
lärt hat, das heißt, sie gelten für alle Arbeitnehmerinnen
nd Arbeitnehmer in dieser Branche, ob sie organisiert
ind oder nicht. Das ist ein großer Erfolg. Mindestlöhne
ind das Markenzeichen der CDU.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das mussten wir Ihnen abtrotzen in den Verhandlungen, Herr Weiß! Sie machen hier eine schöne Show! – Weitere Zurufe)


Erst gestern hat der Gemeinsame Tarifausschuss – er
esteht aus drei Vertretern der Arbeitgeber und drei Ver-
etern der Gewerkschaften – getagt und zum Beispiel
en Mindestlohn für die Dachdecker verlängert.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja, und? – Gegenruf von der CDU/CSU: Was heißt „und“?)


Morgen erscheint der Bundesanzeiger neu.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: „Allgemeine Lohnuntergrenze“ ist das Thema! Thema verfehlt, Herr Weiß!)


arin werden Sie schwarz auf weiß die Bekanntgabe des
euen Mindestlohns in der Zeitarbeit lesen können,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja, haben wir durchgesetzt! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Wir reden über etwas anderes!)


en die Bundesministerin ebenfalls für allgemein ver-
indlich erklären wird. Dann bekommen Zeitarbeiter
icht mehr nur 5 Euro pro Stunde, dann müssen im Wes-
n mindestens 7,89 Euro und im Osten 7,01 Euro ge-

ahlt werden,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja! Weiter!)


nd zwar nicht, weil die Politik es so beschlossen hat,
ondern weil Gewerkschaften und Arbeitgeber diesen

indestlohn vereinbart haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Herr Weiß, was haben Sie eigentlich gegen den Laumann? – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Herr Laumann wird jetzt ausgeschlossen! – Peter Weiß )





(A) )

Weiterer Zuruf des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb
[FDP])

Nun gibt es trotz dieses erfolgreichen Wegs Bran-
chen, in denen voraussichtlich keine branchenbezogenen
Mindestlöhne vereinbart werden.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Hört! Hört!)


Das ist Anlass dafür, dass sieben Landesverbände, meh-
rere Vereinigungen der Partei und 21 Kreisverbände für
den CDU-Bundesparteitag, der am Montag und Dienstag
der kommenden Woche in Leipzig stattfinden wird, An-
träge gestellt haben,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Gegen Frau Merkel! – Gegenruf des Abg. Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Nicht gegen! Für!)


in denen sie vorschlagen, dass wir eine allgemeine un-
tere Lohngrenze für all die Bereiche festlegen, in denen
branchenbezogen nichts geregelt ist, dass diese Lohn-
grenze von den Tarifparteien, den Gewerkschaften und
Arbeitgeberverbänden, ausgehandelt wird und anschlie-
ßend durch die Bundesregierung für allgemeinverbind-
lich erklärt werden soll, sprich: für alle gelten soll, egal
ob In- oder Ausländer, ob in der einen oder der anderen
Branche beschäftigt. All die Zeitungsmeldungen, die
hier vorgetragen worden sind, geben das, was in den An-
trägen steht, nicht wieder.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aha!)


Die Mühe, darauf hinzuweisen, hat sich niemand von der
Opposition gemacht.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Böse Presse! Die fiesen Journalisten in Deutschland! Die haben Sie wohl nur nicht verstanden!)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen, natürlich können
Sie heute eine Aktuelle Stunde beantragen. Aber: Die
CDU ist wie die CSU und die FDP


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wirr!)


– ich hoffe, wie auch die anderen – eine demokratische
Partei.


(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Vor allem durcheinander seid ihr!)


Bei uns entscheidet nicht die Parteivorsitzende, nicht ein
einzelner Landesverband,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Bei euch entscheidet niemand!)


auch nicht die Fraktion oder ein Abgeordneter. Bei uns
entscheidet der Bundesparteitag in der nächsten Woche,
wie das Konzept der Union aussieht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Herr Weiß, machen Sie dann auch einen Gesetzentwurf, oder nicht?)


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(C (D Mit Interesse verfolgen wir, dass auch einige Kolleinnen und Kollegen der FDP darüber nachdenken, ob ine allgemeine Lohnuntergrenze nicht eine sinnvolle ache sein kann. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aha! Klaus Ernst [DIE LINKE]: Na ja! Mal sehen, was dabei herauskommt!)


er große Unterschied ist:


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ist das noch eine Koalition oder was?)


ir sind der Auffassung: Deutschland hat seinen Erfolg
er Tarifautonomie zu verdanken. Die Tatsache, dass die
arifpartner anständige Löhne ausgehandelt haben,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es! – Klaus Ernst [DIE LINKE]: „Anständig“? 4 Euro sind doch nicht anständig!)


at zum Wohlstand der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
ehmer in Deutschland beigetragen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


en Weg, über Tarifverträge und anschließend durch
taatliche Allgemeinverbindlichkeitserklärungen zu gu-
n Löhnen in Deutschland zu kommen,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was für eine Lautstärke!)


ollen wir weitergehen und weisen den Vorschlag, dies
urch staatliche Gesetzgebung zu ersetzen, entschieden
urück.


(Anette Kramme [SPD]: Kann man ihn leiser drehen?)


ir wollen den Vorrang der Tarifautonomie für gute
öhne in Deutschland.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ganz schön laut gebrüllt!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713911100

Kollege Peter Weiß war der letzte Redner in unserer

ktuellen Stunde, die damit beendet ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe den Tages-
rdnungspunkt 5 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadt-
entwicklung (15. Ausschuss)


– zu dem Antrag der Abgeordneten Veronika
Bellmann, Dirk Fischer (Hamburg), Arnold
Vaatz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Oliver





Vizepräsident Eduard Oswald


(A) )


)(B)

Luksic, Patrick Döring, Werner Simmling, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Weißbuch Verkehr – Auf dem Weg zu einer
nachhaltigen und bezahlbaren Mobilität

– zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Groß,
Uwe Beckmeyer, Sören Bartol, weiterer Abge-
ordneter und der Fraktion der SPD

EU-Weißbuch Verkehr – Neuausrichtung der
integrierten Verkehrspolitik in Deutschland
und in der Europäischen Union nutzen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Anton
Hofreiter, Winfried Hermann, Dr. Valerie Wilms,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Weißbuch Verkehr für Trendwende der Ver-
kehrspolitik in Deutschland und Europa nut-
zen

– Drucksachen 17/7464, 17/7177, 17/5906, 17/7679 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Veronika Bellmann
Michael Groß

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Sie sind damit
einverstanden. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat als Erste
unsere Kollegin Veronika Bellmann für die Fraktion der
CDU/CSU. Bitte schön, Frau Kollegin Veronika
Bellmann.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Veronika Bellmann (CDU):
Rede ID: ID1713911200

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Seit den Römischen Verträgen 1958
ist die Verkehrspolitik klassisches Handlungsfeld euro-
päischer Politik. Seit 2001 wird die Konkretisierung der
europäischen Verkehrspolitik in Weißbüchern vorge-
nommen. 2001 gab es das erste, 2006 das zweite, und
nunmehr, seit dem 28. März dieses Jahres, gibt es das
dritte. Es trägt den Titel „Fahrplan zu einem einheit-
lichen europäischen Verkehrsraum – Hin zu einem wett-
bewerbsorientierten und ressourcenschonenden Ver-
kehrssystem“.

Mit der Vorlage dieses Weißbuches formuliert die Eu-
ropäische Kommission die Neuausrichtung der europa-
weiten Verkehrspolitik bis zum Jahr 2020. Darüber hi-
naus entwirft sie zugleich eine Vision bis 2050. Damit
die Ziele der Nachhaltigkeit – das dritte Weißbuch ver-
schreibt sich vor allen Dingen dem Ziel der Nachhaltig-
keit –, der Sicherheit, der Weiterentwicklung des Ver-
kehrsbinnenmarktes und des Abbaus der Abhängigkeit
vom Rohstoff Öl erreicht werden, hat die Europäische
Kommission dem Papier 40 Maßnahmen in einem Paket
bzw. einer Anlage angehängt. Sie sind ohne Zweifel sehr
ambitioniert, manchmal auch sehr visionär, aber durch-
aus umsetzbar.

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(C (D Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir egrüßen die Vorlage des Weißbuches. Das Weißbuch ist otwendig. Europa braucht eine einheitliche und umfasende Strategie zur Sicherung einer nachhaltigen Mobilit. Denn Mobilität stellt einerseits für uns persönlich ein roßes Stück Freiheit und Lebensqualität dar. Anderereits ist die Mobilitätsund Verkehrsbranche auch eine novative und leistungsstarke Branche, die einen hohen nteil am wirtschaftlichen Wachstum und an der Schafng von Arbeitsplätzen hat. Gleichzeitig werden im Verkehrssektor aber eben 5 Prozent der Treibhausgasemissionen produziert. Aus iesem Grunde bestehen auch hier die Notwendigkeit nd zugleich die Verantwortung, Ökologie und Ökonoie mit Augenmaß zu verknüpfen. Das heißt insbeson ere, dass die Mobilität der Zukunft umweltund klimaerecht ausgestaltet sein, den Mobilitätsbedürfnissen der ürger entsprechen, aber bezahlbar sein muss und auch en wirtschaftlichen Wachstumsund Entwicklungszien Europas gerecht werden muss. Genau diesen Gleichklang sehe ich im vorgelegten eißbuch nicht an jeder Stelle. Zwar enthält das Weiß uch Initiativen, die durchaus positiv zu bewerten sind, o zum Beispiel der einheitliche Verkehrsbinnenmarkt, ie transeuropäischen Verkehrsnetze, die Einführung alrnativer Kraftstoffe und Verkehrsmanagementsysme, der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur oder die inführung von alternativen Finanzierungsmodellen. insichtlich der weiteren von mir bereits genannten Heusforderungen gibt es aber kaum bzw. nur ziemlich age Ansagen. Oder man muss schon sehr in die Verweigungen einsteigen, wie in die kürzlich von der EUommission vorgelegten Verordnungsentwürfe zu den anseuropäischen Netzen und den damit in Verbindung tehenden neuen Finanzierungsmodellen, Connecting urope Facility genannt. Selbst wenn wir auch da grundsätzlich Zustimmung ignalisieren können, so verkennen wir doch nicht, dass icht nur finanztechnisch „gehebelt“ werden soll – das t ja in den jüngsten Tagen ein Modewort geworden –, ondern auch hinsichtlich der Kompetenzen der Europäichen Union und der Personalausstattung. So soll zum eispiel mit den transeuropäischen Netzen wieder eine orridorbildung einhergehen. Für die Korridore soll es oordinatoren geben. Früher gab es dafür Exekutiv genturen, Sekretariate oder Beobachtungsstellen. Weil as alles politisch nicht mehr ganz korrekt ist, nennen ich die Agenturen heute Komitees. Hier müssen wir lso schon ganz genau hinschauen, ob das hinsichtlich er Subsidiarität nicht ausufert. Subsidiarität im Zusammenhang mit dem Weißbuch ahne ich auch an, bezogen auf die Infrastrukturpla ungshoheit, die nationalen Anteile der Finanzierung on Verkehrsinfrastrukturen, die Komodalität oder auch ie Organisation städtischer Verkehre. So greift die Eupäische Kommission mit ihrer Kraftstoffstrategie für tädte in die Souveränität der Kommunen ein, da ohne enntnis der lokalen Rahmenbedingungen pauschale orgaben für Bürger, kommunale Dienste, Wirtschafts Veronika Bellmann )





(A) )

verkehre und den ÖPNV gemacht werden. Hier muss in
jedem Falle nachjustiert werden.


(Beifall des Abg. Oliver Luksic [FDP])


Aus diesem Grund haben wir als Koalitionsfraktionen
unseren Antrag mit dem Titel „Weißbuch Verkehr – Auf
dem Weg zu einer nachhaltigen und bezahlbaren Mobili-
tät“ eingebracht. Mit ihm geben wir unserer Bundesre-
gierung einige Forderungen mit auf den Weg, um auf eu-
ropäischer Ebene entsprechend zu verhandeln, damit wir
im Mobilitäts- und Verkehrssektor der Zukunft Ökologie
und Ökonomie ordentlich miteinander verzahnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen
noch zwei andere Anträge bezogen auf das Weißbuch
Verkehr vor, nämlich einer der Grünen und einer der
SPD. Ich habe gestern in den Ausschussberatungen ein-
mal den Versuch gemacht, die Gemeinsamkeiten in den
Anträgen hervorzuheben. Ich glaube, das ist mir an vie-
len Stellen gelungen. Man kann sie zumindest den
schriftlichen Anträgen deutlich entnehmen. In der Dis-
kussion wurde es dann aber doch – insbesondere seitens
der Grünen – etwas ideologisch, als es um die Verlage-
rung des Luft- und Straßenverkehrs auf die Schiene und
auf Wasserstraßen ging.

Wir sind auch für Verkehrsverlagerungen, aber immer
nur dort, wo es sinnvoll ist, also nicht auf Gedeih und
Verderb. Wir sehen die im Weißbuch dargelegten Ziele
sehr kritisch: Bis 2050 sollen der Straßengüterverkehr
und auch große Teile des Personenverkehrs ab 300 Kilo-
meter Streckenlänge auf die Schiene verlagert werden.
Gleiches gilt für den Luftverkehr unter einer Strecken-
länge von 1 000 Kilometern. Das muss man sich einmal
vorstellen: Das sind alle innerdeutschen Verbindungen.
Auch das Ziel, bis 2020 einen annähernd CO2-freien
Stadtverkehr zu erreichen, muss man sehr kritisch be-
trachten; denn die Reduktion der Anzahl konventioneller
Fahrzeuge um 50 Prozent bis 2030 und um 100 Prozent
bis 2050 ist nicht nur ambitioniert, sondern dahinter
steckt auch ein hoher Kostenfaktor.

Darum sagen wir: Pauschale dirigistische Vorgaben
sind nicht zielführend, vor allen Dingen dann nicht,
wenn sie in Bezug auf Mengen, Zieldaten und Entfer-
nungen gemacht werden. Solche Vorgaben müssen tech-
nologieneutral und verkehrsträgerneutral sein; denn an-
sonsten verhindern sie Innovationen für effizientere
Antriebe, neue Kraftstoffe, intelligente Verkehrsleitsys-
teme und auch Elektromobilität. Dafür bieten Sie nichts
weiter als massive Staatseingriffe und Verteuerung für
Staat und Bürger.

Ich komme jetzt auf den Antrag der SPD zu sprechen.
Dort finden sich einige Gemeinsamkeiten mit unseren
Positionen. Das liegt aber auch daran, dass die
47 Punkte, die Sie in Ihrem Forderungskatalog darlegen,
überwiegend Allgemeinplätze beinhalten. Sie fordern
die Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, dass die Wert-
schöpfung und die Arbeitsplätze auch bei einem umfas-
senden Strukturwandel in Deutschland und Europa blei-
ben sollen. Das versteht sich für meine Begriffe von
selbst.

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(C (D Dort, wo Sie konkreter werden, zum Beispiel bei der orderung, die Einnahmen aus Investitionen in Verehrsinfrastruktur europaweit an den Einsatz in Verehrsinfrastruktur zu binden, verstoßen Sie gegen das ubsidiaritätsprinzip. Auch wir sind für diese Zweckbinung. Wir haben in diesem Jahr damit angefangen, die auteinnahmen komplett für Maßnahmen im Zusamenhang mit der Straßenverkehrsinfrastruktur einzuset en. Aber wir wollen diese Zweckbindung nicht auf eupäischer, sondern auf nationaler Ebene. Ich komme noch zu einem letzten Punkt, bei dem ich urchaus Gemeinsamkeiten sehe. Unser Antrag enthält en Passus, in dem wir uns unter anderem für die Becksichtigung nationaler Arbeitsschutzund Sozialstan ards bei allen zur Liberalisierung anstehenden Bereihen aussprechen. Sie als SPD formulieren das in Form on „Sozialdialogen“ und fordern einen Ausgleich im usammenhang mit ökologischen, ökonomischen und ozialen Standards. Schaut man sich das Weißbuch einal genauer an, so stellt man fest, dass dort eine Überar eitung der Bodenabfertigungsrichtlinie gefordert wird. abei ist zu erwarten, dass mit Dumpinglöhnen gearbeit wird, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. Das akzeperen wir nicht. (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Das wollen Sie doch!)


Nein.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713911300

Frau Kollegin Bellmann, Sie wissen schon, was die

ichter vor Ihnen auf dem Pult bedeuten?


(Heiterkeit)



Veronika Bellmann (CDU):
Rede ID: ID1713911400

Jawohl, das weiß ich.

Der ökologische, ökonomische und – das ist der letzte
unkt, den ich genannt habe – soziale Ausgleich ist im
ntrag der Koalitionsfraktionen enthalten. Daher ist die-

er Antrag der weitgehendste von allen drei vorliegen-
en Anträgen. Ich bitte Sie deshalb um Ihre Unterstüt-
ung für diesen Antrag hinsichtlich des Weißbuches
erkehr der Europäischen Union.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713911500

Vielen Dank, Frau Kollegin Bellmann. – Jetzt für die

raktion der Sozialdemokraten unser Kollege Martin
urkert. Bitte schön, Kollege Martin Burkert.


(Beifall bei der SPD)



Martin Burkert (SPD):
Rede ID: ID1713911600

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Sehr verehrte Damen und Herren auf den Tribünen!
äglich sind Menschen in Deutschland unterwegs: be-
flich, privat, in der Stadt, auf dem Land, regional und





Martin Burkert


(A) )


)(B)

über Landesgrenzen hinaus, gemäß dem Motto: heute
hier, morgen dort, zu Land, zu Wasser und in der Luft.

Eine gut ausgebaute Infrastruktur betrifft jeden Ein-
zelnen. Sie ist aber auch wesentlicher Bestandteil unse-
rer Wirtschaft. Doch weder der Individual- noch der
Handelsverkehr enden an den nationalen Grenzen. Des-
halb ist es richtig, dass das Weißbuch Verkehr, über das
wir heute sprechen, den Verkehr in Europa als Ganzes
betrachtet, dass es uns einen Fahrplan, eine Richtschnur,
gibt, wie der europäische Verkehrsraum in rund 40 Jah-
ren aussehen soll.

Die bis 2050 gesteckten Ziele für mehr Umwelt- und
mehr Klimaschutz im Verkehr sind dringend notwendig
und werden von uns begrüßt. Wie in allen anderen Berei-
chen muss auch der Verkehr seinen Beitrag leisten, um
energieeffizienter zu werden, damit Europa möglichst
unabhängig vom Öl wird. Das begrüßt die SPD-Bundes-
tagsfraktion selbstredend.

Wir brauchen aber kein Weißbuch, mit dem wir nur
von einem zukunftsfähigen Verkehr im Jahr 2050 träu-
men. Wir brauchen ein Schwarz-auf-weiß-Buch, in dem
wir festlegen, was wir ganz konkret machen, um den
Fahrplan im Weißbuch einzuhalten. Dafür bräuchte es in
Deutschland aber eine wirkliche Takterhöhung. Wir
bräuchten eine grundlegende Fahrplananpassung. Hier
haben die schwarz-gelbe Bundesregierung und die Ko-
alitionsfraktionen die Weichen in der Verkehrspolitik
falsch gestellt.


(Beifall bei der SPD)


Die europäische Leitlinie ist laut Weißbuch völlig
klar: Mehr Verkehr auf die Schiene und mehr Verkehr
auf die Wasserstraße! Wie soll es aber zu einem starken
europäischen Eisenbahnverkehrsmarkt kommen, wenn
die Bundesregierung nach wie vor ausschließlich auf As-
phalt setzt?


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: A 100! – Zuruf von der FDP: Steht das denn im Weißbuch drin?)


Wie soll man die Wasserstraße sinnvoll nutzen, wenn
diese jetzt auch noch bemautet werden soll? Herr Minis-
ter, heute wäre ein guter Zeitpunkt, um deutlich zu ma-
chen, ob die Kanäle zukünftig bemautet oder besteuert
werden sollen.

Mehr Verkehr auf der Schiene erreicht man auch nicht
einfach durch die Trennung von Netz und Betrieb bei der
Bahn, indem also die Infrastruktur, das Streckennetz, in
Staatshand verbleibt, die Beförderungs- und Trans-
portsparte aber privatisiert wird. Das kann sicherlich
nicht die ultimative Lösung sein.


(Patrick Döring [FDP]: Das fordert niemand in Deutschland!)


Andere Länder haben vorgemacht, wohin das führt.

Aber Privatisierung und Liberalisierung sollen das
Allheilmittel sein: die gute Fee, durch die jeder Wunsch
erfüllt und alles gut wird.

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(C (D (Zuruf von der FDP: War das jetzt die Rede vom Gewerkschaftstag?)


ragen Sie doch einmal die Bürgerinnen und Bürger, ob
ie an die gute Fee aus dem Märchen glauben.

Die Struktur der Bahn sollte nicht ständig infrage ge-
tellt werden. Ich bin der Meinung, nein. Ich zitiere mit
rer Erlaubnis, Herr Präsident, unseren Bundesminister
amsauer, der am 6. Oktober 2011 zur Entscheidung
ber die Neufassung des dritten Eisenbahnpaketes der
U verlauten ließ, es sei falsch – Zitat – „aus ideologi-
chen Gründen ein erfolgreiches Modell aufzugeben und
amit einem Mitgliedstaat unwägbare Risiken zuzumu-
n“. Dies könne auch „nicht im europäischen Interesse
egen“.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Große Koalition beginnt schon!)


err Minister Ramsauer, wir nehmen Sie hier beim
ort. Ob das Ihre Koalitionsfraktionen machen, lassen
ir offen.

Die Frage ist nämlich, welche Konsequenzen sich aus
iner Trennung der Struktur der Deutschen Bahn AG er-
eben würden.


(Patrick Döring [FDP]: Das ist alles nicht Thema des Weißbuchs!)


ür die DB-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter würde es
denfalls bedeuten, dass der konzernübergreifende, in-
grierte Arbeitsmarkt und damit auch die dort festgeleg-
n sozialen Standards, die Mitbestimmungsrechte, die
rbeitsbedingungen usw., passé wären.


(Patrick Döring [FDP]: Quatsch! Das steht alles nicht im Weißbuch! Thema verfehlt!)


Alleine bei DB Dienstleistungen arbeiten zurzeit über
6 000 Menschen. Der Bereich trägt 4 Milliarden Euro
um Gesamtumsatz der DB AG bei. 4 000 Kolleginnen
nd Kollegen sind aus dem Bereich JobService, dem
ahneigenen Arbeitsamt, gekommen. Sie mussten sich
icht bei der Agentur für Arbeit arbeitslos melden. Ihre
oalition, Herr Minister, stellt das allerdings immer wie-
er infrage.

Herr Ramsauer, die grenzüberschreitende Beschäfti-
ung im Verkehrssektor ist so auszugestalten, dass So-
ialdumping ausgeschlossen ist. Das ist eine der Kern-
ussagen im Weißbuch. Wenn es um die Tariftreue bei
ffentlichen Ausschreibungen geht, lässt sich bei einem
lick auf unser Bundesland Bayern leider nur Negatives
erichten: Es gibt kein Tariftreuegesetz. Ein Schienen-
ranchentarifvertrag für den Schienenpersonennahver-
ehr wird nicht vorgeschrieben.

Ein Lokführer verdient nach Abschluss des Tarifver-
ags der sieben großen Eisenbahnen 2 200 Euro, eine
einigungskraft 1 700 Euro, bei 26 Tagen Urlaubsan-

pruch und 4 Euro Sonntagszulage. Aber nicht einmal
iese Mindestanforderungen will man in Bayern für
usschreibungen im Schienenpersonennahverkehr zum
tandard machen. Das ist ein Skandal.





Martin Burkert


(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Das entscheidet das Land ganz frei!)


– Sie haben völlig recht, Herr Döring: Das entscheidet
das Land. Das ist in Nordrhein-Westfalen und in Rhein-
land-Pfalz wesentlich besser geregelt.


(Patrick Döring [FDP]: Deshalb gibt es da auch keinen Wettbewerb!)


Ich bin froh, dass ab 2013 nicht nur in der Bundesregie-
rung wieder ein SPD-geführter Wind weht, sondern dass
wir uns auch in der bayerischen Landesregierung ab
2013 darum kümmern können.

Ich sage ganz eindeutig: Einen Wettbewerb auf dem
Rücken der Beschäftigten darf es nicht geben. Sie dürfen
nicht die Leidtragenden einer weiteren Europäisierung
sein. Nein, ihnen muss gezeigt werden, dass dieses Eu-
ropa eine Chance für uns ist. Das bringt dieses Weißbuch
zum Ausdruck.

Herr Ramsauer, ich fordere Sie im Namen der Frak-
tion auf: Führen Sie die europäischen Sozialstandards
nicht nur ein, sondern setzen Sie sie auch so schnell wie
möglich durch. Das ist eines der Kernelemente. Das ist
Ihre Aufgabe. Dabei wünschen wir Ihnen sogar viel Er-
folg.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713911700

Vielen Dank, Kollege Burkert. – Als nächster Redner

für die Fraktion der FDP unser Kollege Oliver Luksic.
Bitte schön, Kollege Luksic.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Oliver Luksic (FDP):
Rede ID: ID1713911800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

widmen uns heute einem der wichtigsten Bereiche Euro-
pas: der freien und grenzüberschreitenden Mobilität.
Durch sie werden die Vorteile eines vereinten Europas
im wahrsten Sinne des Wortes erfahrbar. Ich halte es für
besonders wichtig, dass sich der Deutsche Bundestag
ausführlich mit diesem Thema befasst; denn Deutsch-
land ist als Transitland im Herzen Europas von verkehrs-
politischen Entscheidungen besonders betroffen.

Das gilt auch für das Weißbuch Verkehr der Kommis-
sion. Wir als FDP-Fraktion begrüßen ausdrücklich, dass
sich neue Verkehrskonzepte – das ist in diesem Weiß-
buch klar formuliert – dem Bürger nicht aufzwingen las-
sen. Wir brauchen hier eine Akzeptanz der Bürger und
der Wirtschaft. Wir müssen wegkommen von ideolo-
gisch motivierter Umerziehungspolitik, wie sie leider
auch im Antrag der Grünen ein Stück weit gefordert
wird. Wir als FDP unterstützen ausdrücklich den zentra-
len Satz im Weißbuch Verkehr, dass die Einschränkung
von Mobilität keine Option ist. Das ist auch Leitlinie li-
beraler Verkehrspolitik und entspricht der Haltung dieser
Koalition.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! Es gibt einen Unterschied zwischen Mobilität und Verkehr!)


Der Verkehrssektor darf auch nicht ausschließlich als
ohlendioxidverursacher betrachtet werden. Wir müs-

en uns vielmehr darum kümmern, die Herausforderun-
en zu bewältigen, die die Zunahme des Verkehrsauf-
ommens in ganz Europa und natürlich besonders in
eutschland mit sich bringt. Wir glauben, wir brauchen
ier ein Miteinander der Verkehrsträger, Ko-Modalität,
tatt erzwungener Verlagerung. Unsere Regierung steht
r Pragmatismus statt Ideologie. Deswegen begrüßen
ir, dass das im Weißbuch klar zum Ausdruck kommt.

Wir haben uns gewünscht, dass es einen roten Faden
eim Thema Ko-Modalität gibt. Stattdessen finden wir

mer wieder – Kollegin Bellmann hat es angesprochen –
inige dirigistische Maßnahmen, die wir kritisch bewer-
n, beispielsweise den Gedanken einer Citymaut, dem
ir wirklich eine Absage erteilen wollen, wie auch der
ee, dass in einer Innenstadt kein Auto mit konventio-

ellem Antrieb mehr fahren darf. Für uns ist das Subsidi-
ritätsprinzip kein Selbstzweck, sondern es garantiert die
esten Lösungen auf der richtigen Ebene. Wir meinen:
rüssel muss sich – vielleicht noch mehr als bisher – um
renzüberschreitende Verkehre bemühen, sich aber aus
gionalen und lokalen Verkehren heraushalten. Das

eht Brüssel nichts an.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen stärker als bisher einen Austausch von
est-Practice-Lösungen der Mitgliedstaaten, wo es mög-
ch ist, statt europaweit vorgeschriebener Regeln. Wir
rauchen beispielsweise im Bereich der Bodenabferti-
ungsdienste – es wurde zu Recht angesprochen – keine
eitere Regulierung durch eine Verordnung. Die beste-
ende Richtlinie ist ausreichend. Wir sollten dort, wo
ir ein hohes Qualitätsniveau haben, Premiumlösungen,
eispielsweise im Bereich der Fahrzeugüberwachung,
erausstellen und auch in Brüssel offensiv vertreten. Es
eht hier wirklich um die Zukunftsfähigkeit des Ver-
ehrssektors und der Mobilität in Europa. Dafür brau-
hen wir neue Modelle und Ideen, beispielsweise im Be-
ich der Infrastrukturfinanzierung.

Ohne eine verlässliche Finanzierungsgrundlage sind
uch die schönsten Projekte leider nur etwas für den
unschzettel. Es kommt auf die Umsetzung in der Pra-

is an. Hier brauchen wir in Zeiten knapper Kassen
novationen. Deswegen ist es gut und richtig, dass wir

ls Koalition trotz der schwierigen Haushaltslage auf
em Koalitionsgipfel beschlossen haben, dass wir 1 Mil-
arde Euro zusätzlich für die Verkehrsinfrastruktur in
eutschland ausgeben. Das ist gut, und das ist richtig.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einfach mal Schulden machen!)


Wichtig ist auch, dass wir auf europäischer Ebene
ine Anrechnung der Umweltkosten erreichen. Dazu





Oliver Luksic


(A) )


)(B)

muss die Kommission ein Gesamtkonzept für alle Ver-
kehrsträger vorlegen. Ein Punkt, der unserer Fraktion be-
sonders wichtig ist: Wir müssen Verkehrsprojekte zügi-
ger und effizienter als bisher realisieren, beispielsweise
mit öffentlich-privaten Partnerschaften oder auch mit
Projektanleihen, die die Europäische Kommission zu
Recht vorgeschlagen hat, um mehr privates Kapital für
große Infrastrukturprojekte zu bewegen. Das sollte mei-
nes Erachtens auch die SPD anerkennen, statt dies rund-
weg abzulehnen.

Wichtig ist für uns: Wir erhalten auch bei der Ent-
wicklung neuer Technologien Deutschland als führenden
Standort, beispielsweise in der Elektromobilität, aber
auch bei anderen Zukunftstechnologien, und wir müssen
auch unseren Spitzenplatz als Logistikweltmeister be-
haupten.

Im Bereich des Schienenverkehrs, der eben ausführ-
lich angesprochen wurde, ist für uns klar: Alle Länder
müssen Hürden abbauen. Wir wollen einen fairen Wett-
bewerb. Welche Probleme wir in Europa immer noch ha-
ben, zeigen die Schwierigkeiten der Deutschen Bahn,
wenn sie mit ihren Zügen durch den Eurotunnel fahren
will. Wir brauchen also weitere Liberalisierungsschritte
beim Netzzugang und bei der Trennung von Netz und Be-
trieb. Da ist gerade Deutschland gefordert. Herr Burkert,
Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass es ein Vertrags-
verletzungsverfahren gegen Deutschland gibt. Wir erwar-
ten mit Spannung das Urteil des Europäischen Gerichts-
hofs und die weiteren Vorschläge von Kommissar Kallas
zur Öffnung der Eisenbahnmärkte. Dank Brüssel muss
sich bei der Bahnpolitik auch hierzulande etwas bewe-
gen.

Herr Burkert, Sie haben eben die Gewerkschafts-
standpunkte vorgetragen. Man weiß manchmal nicht, für
wen Sie reden, ob für die Gewerkschaften oder für die
SPD. Auf jeden Fall ist das, was Sie von der SPD hier
vorschlagen, nicht nur rückwärtsgewandt, sondern auch
europarechtlich unzulässig. Das müssen Sie einfach zur
Kenntnis nehmen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Dass Sie Probleme mit den Arbeitnehmerinteressen haben, ist schon klar!)


Lassen Sie mich zum Ende sagen, dass die Koalition
für ein vernünftiges Neben- und Miteinander der Ver-
kehrsträger steht statt erzwungener Verlagerungen, wie
sie die Grünen wollen. Wir wollen eine Politik, die sich
um konkrete Verkehrsprobleme kümmert. Wir brauchen
innovative Konzepte wie Projektanleihen. Das ist unsere
Auffassung von vernünftiger Verkehrspolitik. Ich glaube,
wir müssen – das ist der Auftrag an die Bundesregierung –
in Brüssel so früh wie möglich proaktiv alles begleiten
und gestalten. Unser Antrag bietet dazu eine sehr gute
Grundlage. Wir haben gute Arbeit geleistet.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D Vielen Dank, Kollege Luksic. – Nächster Redner für ie Fraktion Die Linke ist unser Kollege Herbert ehrens. Bitte schön, Kollege Herbert Behrens. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erden keinen Fortschritt haben, wenn die Durchschnittsmperatur auf der Erde weiter steigt. Mehr Wohlstand erden wir nicht erreichen, wenn der Energiebedarf im erkehrssektor weiterhin zu 96 Prozent durch Öl geeckt wird. Das sind Erkenntnisse aus dem Weißbuch erkehr der EU. Auspuffrohre von Lastwagen und Pkw ollen weniger von dem Klimakiller CO2 herauspusten, lugverkehr und Schifffahrt sollen genauso einsparen ie die Kraftwerke, die für E-Mobilität auf Schiene und traße gebraucht werden. Insgesamt 60 Prozent weniger O2 sollen im Verkehrssektor bis zum Jahr 2050 verraucht werden. Der Klimawandel ist dramatisch. Trotz der schon nge diskutierten Klimaschutzziele stellen wir fest: Der O2-Ausstoß der Industrieländer wächst stärker als den Wirtschaftsleistung; es ist übrigens das erste Mal seit ehn Jahren, dass wir das feststellen müssen. Das ist ein ravierender Rückschritt. Das sogenannte 2-Grad-Ziel, onach die globale Durchschnittstemperatur gegenüber orindustriellen Zeiten nicht um mehr als 2 Grad steigen oll, ist nicht mehr zu erreichen, so die Nachrichten der ergangenen Tage. Wir müssen schon heute handeln, nd zwar entschiedener, als im Weißbuch Verkehr emphlen wird. Schon heute müssen wir den Güterund ersonenverkehr umbauen, wir müssen ihn vermeiden, erlagern und verbessern, damit unsere Kinder und Enel noch die Luft zum Atmen und die Chance auf die estaltung ihrer eigenen Zukunft haben. Wir brauchen in Europa und global eine Wirtschaftsolitik, die Verkehr vermeidet. eder nicht gefahrene Kilometer bedeutet weniger Ölverrauch und weniger CO2-Ausstoß, jeder nicht auf der traße gefahrene Kilometer entlastet unsere Städte und örfer. Unser Leben wird sicherer, Lärm und Gestank erden dadurch vermieden. Verkehrsvermeidung ist der ffektivste, der ökonomisch und ökologisch sinnvollste eg, um den Klimawandel zu stoppen. avon ist im Weißbuch Verkehr der EU nichts zu finden, brigens auch nicht in den Anträgen der Koalition, (Oliver Luksic [FDP]: Das können Sie von uns nicht erwarten!)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713911900

(Beifall bei der LINKEN)

Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713912000

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


nd auch nur wenig in den Anträgen der SPD und der
rünen.

Diesen schweren Mangel im Weißbuch wollen auch
ie nicht ausgleichen. Im Antrag der CDU/CSU und der





Herbert Behrens


(A) )


)(B)

FDP heißt es dagegen – es wurde eben ansatzweise er-
wähnt –, die Bereitstellung einer bedarfsgerechten und
leistungsfähigen Infrastruktur müsse im Fokus stehen.


(Oliver Luksic [FDP]: Ganz genau! – Patrick Döring [FDP]: Dagegen sind Sie auch? Gegen Infrastruktur?)


Hemmnisse des Wettbewerbs im Verkehrssektor sollten
abgebaut werden. Vollständige Liberalisierung des
EU-Eisenbahnverkehrs wird gefordert. Ihr Antrag,
meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen,
ist von einem bekannten Marktradikalismus durchdrun-
gen,


(Zurufe von der FDP: Oh!)


wenn er auch in Teilen gute Ideen enthält. Aber diese
Ideen werden durch Ihren Ansatz plattgemacht. Diesen
Radikalismus lehnen wir ab.


(Beifall bei der LINKEN)


Stattdessen brauchen wir ein radikales Denken,


(Oliver Luksic [FDP]: Ach ja?)


wenn wir Verkehrspolitik nachhaltig gestalten wollen.
Das ist mit dem Programm von heute nicht mehr zu ma-
chen. Diese Politik muss ein gutes Leben und Arbeiten
als Maßstab haben und die ökologischen Herausforde-
rungen wirklich ernst nehmen.

Die Linke will deshalb eine sozial und ökologisch
orientierte Verkehrspolitik, die Gesamtwirtschaft, die
Bedürfnisse der Menschen und die klimapolitischen
Ziele zusammen denkt. Diese Debatte müssen wir nicht
neu erfinden.


(Oliver Luksic [FDP]: Das haben wir alles schon gehabt: in der DDR!)


Sie findet schließlich schon statt. Die Menschen machen
sich Gedanken darüber, wie beispielsweise der Güterver-
kehr aus Wilhelmshaven abtransportiert werden kann.
Sie machen sich Gedanken über unsinnige, teure Groß-
projekte im Verkehrswesen. Stuttgart 21 und die Küsten-
autobahn A 22 sind nur Synonyme dafür.

Unser Verkehrskonzept stellt zuerst die Fragen: Wel-
che Transporte sind notwendig? Welche Orte wollen die
Menschen erreichen? Wie können wir die Arbeits- und
Lebensbedingungen der Menschen verbessern? – Die
Antworten auf diese Fragen


(Oliver Luksic [FDP]: Das muss die Politik entscheiden und nicht die Bürger selber!)


geben die Richtung für eine nachhaltige Mobilitätspoli-
tik vor. Die vorliegenden Anträge werden diesen An-
sprüchen jedoch nicht gerecht.


(Oliver Luksic [FDP]: Sozialismus aber auch nicht!)


Marktradikalismus ist keine Antwort auf den Klimawan-
del.


(Patrick Döring [FDP]: Planungsradikalismus schon gar nicht!)


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(C (D ir brauchen auch in der Verkehrspolitik einen sozialkologischen Umbau, und das geht nur mit uns, der inksfraktion. Vielen Dank. Vielen Dank, Kollege Herbert Behrens. – Jetzt spricht r die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege r. Anton Hofreiter. Bitte schön, Kollege Dr. Anton ofreiter. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713912100
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Wir wissen, dass unsere Mobilität aktuell zu
6 Prozent am Rohstoff Rohöl hängt, und wir wissen,
ass 70 Prozent des Rohöls, das wir Tag für Tag nach
uropa importieren, nur für Mobilität verbrannt werden.
enn wir auf eine Änderung dieser Abhängigkeit set-

en, dann tun wir das nicht aus ideologischen Gründen,
ondern weil es schlichtweg umweltpolitisch geboten
nd einfach nur klug ist, die Verkehrsinfrastruktur, die
obilitätsinfrastruktur bereits jetzt auf die Herausforde-
ngen der Zukunft auszurichten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir wissen, dass die einzelnen Verkehrsträger unter-
chiedlich leicht auf diese Herausforderungen auszurich-
n sind. Wir wissen, dass die Eisenbahn leichter auf
O2-frei oder CO2-arm umzustellen ist als der Personen-
der Gütertransport auf der Straße. Das sind die Hinter-
ründe, warum wir auf eine Verlagerung von der Straße
uf die Schiene setzen.


(Zuruf des Abg. Patrick Döring [FDP])


Wir alle hier im Raum wissen doch, dass es von der
lanung bis zur Realisierung von großen und aufwendi-
en Verkehrsinfrastrukturprojekten zum Teil Jahrzehnte
auert.


(Oliver Luksic [FDP]: Vor allem da, wo die Grünen regieren! Da dauert es noch länger!)


as wissen wir alle, und wir kennen auch den Hinter-
rund. Der Hintergrund ist ein eklatanter Mangel an
eld bzw. eine gigantische Anzahl von Projekten, die
nserem Ziel letztendlich nicht dienen. Sie alle kennen
ie Zahlen: 47 Milliarden Euro macht der Vordringliche
edarf allein im Bereich der Straße aus. Wie viel Geld

teht zur Verfügung? – 1,2 Milliarden, 1,5 Milliarden
der vielleicht 2 Milliarden Euro. Wenn einem Vordring-
chen Bedarf von 47 Milliarden Euro gerade einmal
Milliarden Euro gegenübergestellt werden, dann – das
issen wir alle – wird ein Großteil der Projekte nicht
chtzeitig realisiert werden können. Bei der Schiene

chaut es mindestens genauso dramatisch aus.


(Patrick Döring [FDP]: Ihr seid doch gegen alle Projekte!)


Was ist deshalb nötig? Es ist nicht nötig, auf einzelne
rojekte zu setzen, die nur wenige Effekte für die Mobi-





Dr. Anton Hofreiter


(A) )


)(B)

lität mit sich bringen. Vielmehr ist es notwendig, endlich
dafür zu sorgen, dass wir die Verkehrsinfrastruktur, die
zum einen Engpässe tatsächlich beseitigt und uns zum
anderen fit für die Zukunft macht, ausbauen. Denn die
Herausforderungen der Zukunft sind teureres Rohöl und
der Klimawandel.

Genau das ist im Moment dringend notwendig, aber
die Verkehrspolitik dieser Koalition verhindert es. Denn
Sie setzen auf isolierte Großprojekte, wo es keinen einzi-
gen Engpass gibt,


(Oliver Luksic [FDP]: Das ist doch Quatsch!)


und Sie setzen bei der Bahn darauf, dass Ihnen die
EU-Kommission hilft. Denn Sie sind zu schwach, Ihren
eigenen Koalitionsvertrag gegenüber dem Minister und
dem Bahn-Chef durchzusetzen. Sie hoffen darauf, dass
endlich die Gewinnabführungs- und Beherrschungsver-
träge aufgehoben werden, damit wir bei der Bahnpolitik
zu etwas Vernünftigem kommen.

Angesichts all dessen ist es eigentlich nur tragisch zu
nennen, wie die Verkehrspolitik von dieser Koalition ge-
handhabt wird. Einerseits sprechen Sie davon, dass es
ideologisch sei, wenn man fordere, die Verkehrsinfrastruk-
tur an die Herausforderungen der Zukunft anzupassen. An-
dererseits passiert aber nichts. Die Gewinnabführungs-
und Beherrschungsverträge werden nicht aufgehoben; es
findet keine vernünftige Verkehrsinfrastrukturpolitik
statt, indem das Geld zur Beseitigung von Engpässen ver-
wendet wird; aus der Logistikabgabe haben Sie eine reine
Straßenfinanzierungsabgabe gemacht;


(Patrick Döring [FDP]: Dann müssen Sie das Geld auch der Straße geben!)


bei den Wasserstraßen wurden kleine Fortschritte erzielt,
aber es wurde nicht wirklich etwas erreicht. Das heißt, in
allen drei Sektoren der Verkehrsinfrastruktur herrscht
Stillstand. Zugleich halten Sie aber große Reden und
sprechen von dem Unterschied zwischen ideologischer
und nichtideologischer Verkehrspolitik. Hier muss es
dringend zu Änderungen kommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn hier nichts passiert, haben wir keine Chance, un-
sere Verkehrsinfrastruktur an die Herausforderungen der
Zukunft anzupassen.

Die Herausforderungen der Zukunft bestehen darin,
Mobilität für Menschen und Güter zu gewährleisten, den
Klimawandel zu verhindern und das Ganze ökologisch
und sozial gerecht zu gestalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Den Klimawandel wird niemand von uns verhindern!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713912200

Vielen Dank, Kollege Dr. Anton Hofreiter. – Jetzt für

die Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Karl
Holmeier. Bitte schön, Kollege Holmeier.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Sehr verehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen nd Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! olitiker neigen gewöhnlich schnell dazu, von Meilenteinen zu sprechen. Das Weißbuch Verkehr, das die Eupäische Kommission im Frühjahr vorgestellt hat, kann doch mit Recht als Meilenstein für die europäische erkehrspolitik bezeichnet werden. Ja. Es hat eine wegweisende Bedeutung für die Verehrspolitik der kommenden Jahrzehnte und kann in seier Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt weren. Es ist daher außerordentlich wichtig, dass sich der eutsche Bundestag heute intensiv mit diesem Thema efasst. Ich freue mich, dass das Weißbuch Verkehr von allen aßgebenden Fraktionen behandelt wird. Nachdem man ie Aussagen der Vorredner gehört hat, insbesondere as die Verkehrspolitik der Linken anbetrifft, önnte man sich allerdings fragen, ob wir im 21. Jahrundert oder vielleicht noch im Mittelalter leben. Ich ill aber auch nicht verhehlen, dass ich bei der Durch icht der Anträge von SPD und Grünen an einigen Steln wirklich den Kopf schütteln musste. So wird zum Beispiel trotz des ohnehin schon übermbitionierten Vorschlags der EU-Kommission, die reibhausgasemissionen im Verkehrsbereich bis 2050 m 60 Prozent zu reduzieren, gefordert, hier noch etwas raufzusatteln. Das ist aus meiner Sicht nicht seriös. Wer as tut, hat immer noch nichts aus dem Scheitern der issabon-Strategie gelernt. Man darf doch die Realität er Gegenwart nicht aus den Augen verlieren. Der von er Kommission vorgeschlagene Wert kann allenfalls als rientierungsrahmen angesehen werden. (Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fachlich ist sogar noch mehr notwendig, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten! Unterhalten Sie sich einmal mit der Wissenschaft!)

Karl Holmeier (CSU):
Rede ID: ID1713912300

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Na ja!)


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Die ist gut!)


as machen wir im Antrag von CDU/CSU und FDP
uch ganz klar und verweisen darin auf die realistischen
ielmarken in unserem Energiepaket.

In unserem Antrag sagen wir auf Basis dieser realisti-
chen Zielvorgaben darüber hinaus auch ganz klar, mit
elchen Maßnahmen wir diese Ziele erreichen wollen.
ie Antworten, die in den Oppositionsanträgen auf diese
rage gegeben werden, sind, vorsichtig formuliert, nur
nzureichend. Sie schlagen doch allen Ernstes vor, weni-
er Geld in den Aus- und Neubau von Straßen zu inves-
eren. Da kann ich zu den Wählern der Grünen nur sa-
en: Willkommen bei der Dagegen-Partei!

Wie, bitte schön, wollen Sie angesichts verstopfter
traßen und langer Staus eigentlich den CO2-Ausstoß re-
uzieren? Wie wollen Sie die Ortschaften entlasten,
enn Sie keine Umgehungsstraßen mehr bauen wollen?





Karl Holmeier


(A) )


)(B)


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Straßen dort bauen, wo überhaupt keine Autos sind! Die Straßen, die gebaut werden, werden dort gebaut, wo überhaupt keine Autos sind!)


Und wie, bitte schön, wollen Sie Mobilität gewährleis-
ten, wenn Sie dem angestauten Nachholbedarf beim
Ausbau unserer Straßen nicht endlich gerecht werden?
Viele Bürgerinnen und Bürger in unserem Land warten
dringend – jawohl, Herr Hofreiter, dringend – auf den
notwendigen Bau von Ortsumgehungen und auf den
Ausbau von Straßen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da, wo die Leute wirklich Probleme haben, wird ja nicht gebaut!)


Vor allem aufgrund der zahlreichen Verpflichtungen,
die unter SPD-Führung bei der Bahn eingegangen wur-
den und nun abfinanziert werden müssen, fehlt unserem
Verkehrsminister Peter Ramsauer heute Geld für solche
wichtigen Ausbaumaßnahmen im Straßenbereich.


(Gustav Herzog [SPD]: Das Geld habt ihr doch zum Fenster herausgeworfen! Wer hat denn die Mehrwertsteuer für Hotels reduziert?)


Deshalb danke ich – und das tun viele in unserem Land –
der Spitze der christlich-liberalen Koalition für die Be-
schlüsse, die sie letztes Wochenende gefasst hat. Die zu-
sätzliche Milliarde für Investitionen in die Infrastruktur
löst zwar nicht alle Probleme. Es können aber einige
wichtige neue Maßnahmen auf den Weg gebracht wer-
den. Für uns wäre es wichtig, diese Milliarde in den
nächsten Jahren dauerhaft einplanen zu können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich möchte an dieser Stelle auch einmal unserem Ver-
kehrsminister Peter Ramsauer ein großes Lob ausspre-
chen.


(Zurufe von der SPD: Oh!)


Er ist um seinen Job keineswegs zu beneiden. Er muss
heute ausbügeln, was Rot und Grün in den vergangenen
Jahren angerichtet haben, und er macht das wirklich her-
vorragend.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Martin Burkert [SPD]: Weiße Salbe!)


Peter Ramsauer war es auch, der von Anfang an klarge-
macht hat, dass es sein Ziel ist, Mobilität zu ermöglichen
und nicht einzuschränken.

Dieser Ansatz findet sich nun auch im Vorschlag der
Europäischen Kommission wieder.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713912400

Herr Kollege Holmeier, gestatten Sie eine Zwischen-

frage unseres Kollegen Florian Pronold?


Karl Holmeier (CSU):
Rede ID: ID1713912500

Gerne.

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(C (D Bitte schön, Kollege Florian Pronold. (Oliver Luksic [FDP]: Der durfte gar nicht reden heute!)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713912600


Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1713912700

Herr Kollege Holmeier, Ihr gerade gelobter Minister

pricht zu Recht an, dass, wie wir alle wissen, der Ver-
ehrsetat unterfinanziert ist, und zwar um bis zu 4 Mil-
arden Euro pro Jahr.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit blödsinnigen Projekten verstopft!)


etzt stelle ich Ihnen die Frage, wieso Sie als Koalition
ngesichts dieser Erkenntnis erstens nur einmalig 1 Mil-
arde Euro bekommen, wie Sie es zweitens geschafft
aben, vorher den Hoteliers große Steuergeschenke zu
achen,


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


nd wie Sie drittens am vergangenen Sonntag auch noch
Milliarden Euro an Steuergeldern verschenken konn-
n. Wie ist das angesichts des unterfinanzierten Ver-
ehrsetats möglich?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Karl Holmeier (CSU):
Rede ID: ID1713912800

Wir schaffen nur eine gewisse steuerliche Gerechtig-

eit, die schon lange notwendig ist.


(Gustav Herzog [SPD]: Das glauben Sie doch selbst nicht, was Sie da sagen!)


h habe es gesagt: Wir sind froh, dass wir diese Mil-
arde haben, und wir arbeiten daran, sie zu verstetigen,
m die notwendigen Projekte auf den Weg zu bringen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, wir brauchen in Zukunft
icht weniger, sondern mehr Mobilität. Wir müssen da-
uf achten, dass Mobilität auch in Zukunft leistbar und

ezahlbar ist, auch für den kleinen Mann. Der Antrag der
hristlich-liberalen Koalition macht das ganz klar. Die
PD-Fraktion hat dies im Grundsatz auch erkannt. Die
rünen haben es bis jetzt noch nicht erkannt; aber was
icht ist, kann ja vielleicht noch werden.

Wer allerdings ernsthaft gewillt ist, Mobilität nicht
inzuschränken, sondern zu ermöglichen und gleichzei-
g bezahlbar zu halten, darf nicht von vornherein einen
estimmten Verkehrsträger ausschließen. Ebenso darf er
icht einen bestimmten Verkehrsträger bevorzugen. Je-
er Verkehrsträger hat seine Stärken und Vorteile. Daher
uss jeder Verkehrsträger entsprechend seinen Stärken

ingesetzt werden, um das Verkehrsaufkommen optimal
ewältigen und bestmögliche Mobilität gewährleisten zu
önnen. Eine dirigistische und pauschale Verlagerungs-
olitik, wie manche sie fordern, wird dem nicht gerecht.

Wir setzen uns in unserem Antrag klar für ein ausge-
ogenes Verhältnis aller Verkehrsträger ein. Wir sind





Karl Holmeier


(A) )


)(B)

auch für Verlagerung; aber die sollte es nur dort geben,
wo es wirklich sinnvoll ist. Alles andere ist kontrapro-
duktiv, schränkt Mobilität ein und verringert die Akzep-
tanz der Nutzer.

Abschließend möchte ich noch auf den Vorschlag der
Kommission eingehen, bis 2050 im Stadtverkehr auf sol-
che Pkw zu verzichten, die mit konventionellem Kraft-
stoff betrieben werden. Die Oppositionsanträge nehmen
diesen Vorschlag nur zur Kenntnis, ohne inhaltlich dazu
Stellung zu beziehen. Wir sagen ganz klar: Eine voll-
ständige und undifferenzierte Verbannung von Verbren-
nungsmotoren darf es nicht geben. Es kann doch nicht
zielführend sein, bestimmte Technologien von vornhe-
rein auszuschließen, ohne zu wissen, welche technologi-
schen Möglichkeiten es in 40 Jahren geben wird. Die
Reduzierung des CO2-Ausstoßes muss durch einen tech-
nologieneutralen Ansatz verfolgt werden, also durch
verschiedene alternative Antriebs- und Kraftstoffarten,
nicht jedoch durch den Ausschluss einzelner Technolo-
gien.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ausfüh-
rungen zeigen, welche Dimension das Weißbuch Ver-
kehr hat. Es ist tatsächlich ein echter Meilenstein. Ein
solch wegweisendes Weißbuch erfordert aber auch eine
sehr ernsthafte Auseinandersetzung, und diese liefert al-
lein der Antrag von CDU/CSU und FDP.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Na ja!)


Ich bitte Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713912900

Vielen Dank, Kollege Karl Holmeier. – Nächster Red-

ner für die Fraktion der Sozialdemokraten ist unser Kol-
lege Michael Groß. Bitte schön, Kollege Michael Groß.


(Beifall bei der SPD)



Michael Groß (SPD):
Rede ID: ID1713913000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wundere
mich schon darüber, dass die Koalition immer wieder da-
rauf abhebt, wie lange die rot-grüne Regierung im Amt
war. Sie sind jetzt zwei Jahre – Herr Ramsauer, Sie haben
gestern von zwei Jahren und 13 Tagen gesprochen – im
Amt. Da muss ich schon fragen: Wann übernehmen Sie
endlich Verantwortung und treffen Entscheidungen über
Dinge, die für unser Land wichtig sind? Dazu gehört die
Gestaltung der Verkehrspolitik.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich bin der festen Überzeugung, dass Europa für die
Bürgerinnen und Bürger in unserem Land immer wichti-
ger wird. Das wird besonders dann der Fall sein, wenn es
uns gelingt, in Europa einen einheitlichen Verkehrsraum
zu schaffen, von dem die Bürger profitieren. Die Heraus-
forderungen liegen klar auf dem Tisch. Heutige Genera-

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(C (D onen reisen wesentlich mehr als frühere. Der Güterverehr in Europa nimmt zu. Ungeachtet dessen haben wir ie Aufgabe, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. as ist der entscheidende Punkt für den Klimaschutz. Die EU legt mit dem Weißbuch ein Konzept vor, um ie bisherige Politik zu verändern, den Stillstand zu überinden und eine nachhaltige Verkehrspolitik zu sichern. as vorliegende Konzept zielt auf einen grundlegenden andel im Verkehrssektor; dieser Wandel ist notwendig. uch wenn die mittelfristigen Zielsetzungen noch konreter formuliert und Finanzierungsfragen grundlegend eklärt werden müssen, sieht die SPD-Fraktion im Weißuch Verkehr eine große Chance. Mobilität muss auch in ukunft bezahlbar, sicher und umweltfreundlich sein. Sie uss die Teilhabe am Leben sichern, Arbeitsplätze schafn und wirtschaftliches Wachstum fördern. Hinzu kommen Anforderungen wie: die Mobilität für enschen barrierefrei und verbraucherfreundlich zu ge talten und die Menschen in Europa vor steigendem Verehrslärm zu schützen. Wichtig ist die Akzeptanz von frastrukturprojekten wie dem Ausbau und Neubau von traße, Schiene, Wasserstraße und Luftverkehr. Diese kzeptanz muss durch Formen der Bürgerbeteiligung nicht nur bei länderübergreifenden Projekten – frühzeig gefördert werden. Dadurch kann eine abgestimmte erwirklichung von Projekten, die bisher noch auf Eis egen, sichergestellt werden. Es ist ein gezieltes und chnelles Handeln erforderlich, um nachhaltige Enticklungen sowohl beim Umweltund Klimaschutz wie uch im wirtschaftlichen und sozialen Bereich zu sihern. Dieser Dreiklang ist für die SPD besonders wichg. Ich appelliere insbesondere an Sie, Herr Ramsauer, ass Sie endlich aus Ihrem Dornröschenschlaf erwachen nd Verkehrskonzepte auf den Tisch legen; (Florian Pronold [SPD]: Den will niemand wachküssen!)


enn der Zeithorizont wird, je später wir mit der eigentli-
hen Umsetzung beginnen, immer enger. Wir warten
chon viel zu lange auf das von Ihnen angekündigte
onzept. Für Klimaschutz und Stauprävention ist es
icht mehr fünf vor zwölf, sondern schon nach zwölf.

Sie sperren sich zum Beispiel gegen ambitionierte
ielsetzungen der EU, den Güterverkehr von der Straße
uf die Schiene und Wasserstraße zu verlagern. Progno-
en gehen aufgrund der Zuwächse im Güterverkehr da-
on aus, dass in absehbarer Zeit zwei Fahrspuren auf
auptverkehrsachsen von Lastkraftwagen besetzt sein
erden. Die Folgen für Pkw-Reisende oder Pendler
ann sich jeder ausmalen: Dauerstau mit hohen Umwelt-
chäden und hohen wirtschaftlichen Kosten.

Die EU schlägt Maßnahmen vor, die geeignet sind,
in effizientes Verkehrssystem, das uns unabhängiger
om Öl macht und die Umwelt schützt, aufzubauen. Es
ollen aber auch der europäische Wirtschaftsraum ge-
tärkt und Arbeitsplätze gesichert und geschaffen wer-
en. Kostenschätzungen für die erforderlichen Investi-
onen liegen bei 550 Milliarden Euro für den Zeitraum
is 2020. Allerdings werden die Hauptlast der Finanzie-





Michael Groß


(A) )


)(B)

rung einer integrierten und zukunftsfähigen Verkehrsin-
frastruktur die Mitgliedstaaten tragen müssen. Doch be-
reits jetzt ist der Verkehrssektor in Deutschland unter-
finanziert. Die von der Koalition geplante weitere Mil-
liarde für den Verkehrshaushalt ist mehr als begrüßens-
wert. Doch wird sie buchstäblich im Sande versickern,
wenn nicht klare Prioritäten gesetzt werden und entspre-
chende Gelder in den nächsten Jahren verlässlich zur
Verfügung stehen.

Dass eine zusätzliche Milliarde nicht ausreichen wird,
um Engpässe zu reduzieren, Knotenpunkte auszubauen
sowie Straßen und Brücken zu erhalten und zu sanieren,
hat Herr Ramsauer gestern auf einer Veranstaltung ange-
deutet. Allein für die notwendigen Schleusenarbeiten im
Nord-Ostsee-Kanal werden mehr als 500 Millionen Euro
benötigt. Die Leistungsfähigkeit des Nord-Ostsee-Kanals
muss deutlich erhöht werden, sonst droht ein Verkehrsin-
farkt mit massiven Auswirkungen auf die Entwicklung
des Güterverkehrs.


(Oliver Luksic [FDP]: Sie haben doch jahrelang nichts gemacht!)


Festzuhalten ist: In Europa wird für Infrastruktur we-
sentlich mehr Geld ausgegeben als bei uns. In der
Schweiz wird für die Schieneninfrastruktur bis zu sechs-
mal mehr pro Einwohner ausgegeben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In der Süddeutschen Zeitung vom 8. November 2011 ist
zu lesen, dass die Landkarte fürs Geldausgeben bereits
in der Schublade des Verkehrsministeriums liegt. Aber
diesen Plan gibt es ja eigentlich nicht – zumindest wird
uns das ständig erzählt.

Wegen knapper Haushaltsmittel wurden Projekte wie
die regionale Schnellbahn in NRW – der RRX – ersatz-
los gestrichen. Ebenso sollte es der Südbahn in Baden-
Württemberg ergehen.


(Patrick Döring [FDP]: Märchenstunde, oder was?)


Doch hier vermelden die CDU-Kollegen – man höre – in
der Presse, dass das Projekt dank ihres Einsatzes wieder
aufgenommen wurde. Kein Verkehrskonzept, sondern
allein politische Einflussnahme spielt hier eine Rolle.

Die Menschen unserer Zeit wollen und müssen mobil
sein. Das bedeutet nicht unbedingt Mobilität mit dem ei-
genen Auto, wie die Entwicklungen in den Großstädten
zeigen. Viele junge Leute haben gar kein eigenes Auto
mehr. Dieser Entwicklung müssen wir gerecht werden.


(Patrick Döring [FDP]: Durch Steuererhöhungen der SPD!)


Heutzutage ist es immer wichtiger, planbar und verläss-
lich von Haustür zu Haustür reisen zu können. Der euro-
päische Verkehrssektor ist für die Wirtschaft und für die
Bürger von enormer Bedeutung. Dabei geht es um inner-
europäische Integration und Harmonisierung.

Darüber hinaus müssen die Arbeitsplätze im Ver-
kehrssektor auf hohem sozialen Standard gesichert wer-

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(C (D en und Mobilität für den Einzelnen bezahlbar bleiben. erkehrspolitik erfordert langfristige Planung, klar defiierte nachvollziehbare Kriterien und zeitnahe Umsetung und Finanzierung. Am allerwichtigsten ist: Sie uss den Menschen dienen und die Umwelt schützen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713913100

Vielen Dank, Kollege Michael Groß. – Jetzt spricht

r die Fraktion der FDP unser Kollege Patrick Döring.
itte schön, Kollege Patrick Döring.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1713913200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

enn man der Debatte aufmerksam gefolgt ist, stellt
an fest, dass manches zur allgemeinen nationalen Ver-

ehrspolitik gesagt worden ist, aber nicht sehr viel zum
eißbuch. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Op-

osition, das, was hier gesagt worden ist, darf nicht un-
ommentiert bleiben.

Ganz offensichtlich ist zumindest in Ihren Arbeits-
ruppen noch nicht angekommen, dass es in Deutsch-
nd eine grundgesetzlich festgelegte Schuldenbremse
ibt. Deshalb können die Fachpolitiker aus dem Bereich
frastruktur nicht aus dem Vollen schöpfen, wie Sie das

elbst gerne machen würden.


(Gustav Herzog [SPD]: Deswegen haben Sie auch Steueränderungen beschlossen!)


Das geht schlicht nicht. Deshalb ist die 1 Milliarde
uro, die diese Koalition am Sonntagabend an zusätzli-
hen Investitionsmitteln für das kommende Jahr geplant
at, ein großer Erfolg von Peter Ramsauer und allen Be-
iligten. Das darf man nicht kleinreden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich will deutlich sagen, dass mich die Rede des Kolle-
en Burkert – der offenbar schon gehen musste – ausge-
prochen fasziniert hat, denn sie hat in weiten Teilen
ichts mit der europapolitischen Realität zu tun – übri-
ens auch nichts mit der eisenbahnpolitischen Diskus-
ion, die wir in der Koalition führen.

Eines aber dürfte doch auch Sozialdemokraten ver-
ittelbar sein: Es macht keinen Sinn, dass das von der

ffentlichen Hand zur Verfügung gestellte Eigenkapital
on Infrastrukturunternehmen, das ausschließlich des-
alb entsteht, weil dieses Parlament Infrastrukturpro-
kte finanziert, mit einer angenommenen Mindestver-

insung von 8 Prozent bewertet wird. Das müsste sogar
ozialdemokraten vermittelbar sein.

Das ist der aktuelle Streit bei der Frage des Recast. In
iesem Punkt bin ich ganz an der Seite der Sozialistin,
ie hier Hauptberichterstatterin ist und die es jedenfalls
erstanden hat, dass es nicht vernünftig ist, das Eigenka-
ital von Unternehmen, die von der Finanzierung von
frastrukturprojekten durch die öffentliche Hand leben,





Patrick Döring


(A) )


)(B)

mit einer Verzinsung von 8 Prozent zu bewerten. Das
sollte die Haltung des ganzen Hauses sein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


In dieser Frage lässt sich kein Keil zwischen die Ko-
alitionsfraktionen treiben. Deshalb haben wir in diesem
Zusammenhang vereinbart, dass wir die Entscheidung
des Europäischen Gerichtshofs im Vertragsverletzungs-
verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland abwar-
ten. Wenn diese Entscheidung vorliegt, dann ist der
Bund als Eigentümer gerüstet. Dessen können Sie sicher
sein.

Ich will einen weiteren wichtigen Punkt ansprechen,
weil wir uns dazu alsbald in einem Gesetzgebungsver-
fahren befinden werden. Es geht um die Frage, wie wir
in Deutschland mit dem Fernbusverkehr umgehen wol-
len. Ab dem 1. Januar kommenden Jahres sind Fern-
busse innerhalb der Europäischen Union voll liberali-
siert. Das heißt, ein Bus im Fernverkehr kann in
Amsterdam starten und bis Warschau durch die Bundes-
republik Deutschland hindurchfahren. Währenddessen
kann er Fahrgäste aufnehmen oder absetzen.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Tolle Errungenschaft!)


Das ist Ergebnis des Handelns der Europäischen
Union. Hiermit hat die Bundesrepublik Deutschland
zunächst nichts zu tun. Ich halte es allerdings für eine
Aufgabe des nationalen Parlaments, dass wir den Busun-
ternehmen in Deutschland zumindest die gleiche Mög-
lichkeit bieten, im eigenen Land diese Verkehre zu reali-
sieren. Wir arbeiten im Rahmen der Novelle des
Personenbeförderungsgesetzes daran, hier gleiche Wett-
bewerbsbedingungen zwischen dem niederländischen
Busunternehmer und dem niedersächsischen Busunter-
nehmer zu schaffen, um das einmal so klar zu sagen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht! Ihr bekämpft und verhindert es! Mit eurer wettbewerbsfeindlichen Politik verhindert ihr das!)


Ein Letztes – es wurde vorhin in einer Randbemer-
kung angesprochen –: Im Antrag steht das Nötige zu den
Bodenverkehrsdiensten an Flughäfen. Solange wir Wett-
bewerb haben und die Eigenabfertigungsmöglichkeiten
von den Airlines nicht genutzt werden, ist eine durch Eu-
ropa verordnete Ausweitung der Regulierung nicht er-
forderlich. Das ist die Haltung der Koalition und der
Bundesregierung; dazu stehen wir.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713913300

Vielen Dank, Kollege Patrick Döring. – Jetzt spricht

für die Fraktion Die Linke unser Kollege Alexander
Ulrich.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die ritik am Weißbuch Verkehr der Europäischen Kommision ist in jüngster Zeit immer lauter geworden. Die Krik bezieht sich auf verschiedene Aspekte. So haben die itglieder des Verkehrsausschusses in Brüssel zu Recht esagt, dass der Zeithorizont – 2030 bis 2050 – viel zu eit gefasst ist. Wenn wir die dringend notwendige Vergerung des Güterverkehrs auf Schiene und Wasser auf en Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben, werden wir ier nie vorankommen. Fatal ist auch, dass das Weißbuch weiterhin rückichtslos auf Liberalisierung, Privatisierung und Dereguerung setzt. Die Kommission muss endlich einsehen, ass diese Strategie gescheitert ist. Die Liberalisierung at nicht zu niedrigeren Preisen geführt; die Preise sind estiegen. Die Liberalisierung hat auch nicht die Serviceualität verbessert; sie ist schlechter geworden. er dritte Kritikpunkt ist, dass die Pläne der EU-Komission wieder einmal auf dem Rücken der Beschäftign ausgetragen werden. Schauen wir uns die Bahn an. Auch hier setzt die ommission auf eine gescheiterte Strategie. Die Grünen rdern auch noch die Trennung von Netz und Schiene ei der Bahn. (Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Netz und Transport! Nicht „Netz und Schiene“! Netz und Schiene sind das Gleiche!)

Alexander Ulrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713913400

(Oliver Luksic [FDP]: Quatsch!)


a kann man Ihnen nur zurufen: Wer bei der Bahn auf
ritische Verhältnisse setzt, der hat wirklich gar nichts
erstanden. Dieses Modell wäre verheerend, nicht nur
r die Beschäftigten, sondern auch für die Sicherheit

er Reisenden.

Lassen Sie mich ein Thema anschneiden, das sehr eng
it der Frage der künftigen Mobilität in Europa ver-

nüpft ist. Am 30. November 2011 soll das sogenannte
lughafenpaket von der EU-Kommission vorgelegt wer-
en. Die bisher bekannt gewordenen Überlegungen wer-
en sowohl von Flughafenbetreibern als auch von den
ewerkschaften scharf kritisiert. Diese Kritik ist absolut
erechtfertigt: Wieder einmal will die Kommission Maß-
ahmen durchbringen, die gleichbedeutend sind mit we-
iger Sicherheit und weniger Lohn, mit mehr Lärmbeläs-
gung für die Anwohner und weniger sozialer Sicherheit
r die Beschäftigten.

Die europäische Verkehrspolitik muss grundlegend
erändert werden:


(Beifall bei der LINKEN)


ie Rechte von Beschäftigten dürfen ebenso wie die Si-
herheit der Kunden nicht auf dem Altar einer neolibera-
n, ökologisch fragwürdigen Mobilitätspolitik geopfert
erden. Die Linke spricht sich klar gegen weitere Libe-
lisierungen in der Verkehrspolitik aus. Im Verkehrsbe-
ich zählen drei Dinge: Klimaschutz, bezahlbare Mobi-
tät für alle und gute Arbeitsbedingungen für die





Alexander Ulrich


(A) )


)(B)

Beschäftigten der Branche. Für eine solche ökologisch-
soziale Mobilität wird die Linke auch in Zukunft eintre-
ten und streiten.

Hier ist auch darüber gesprochen worden, was der
Bundesverkehrsminister macht. Er ist im Prinzip ein An-
kündigungsminister. Er hat Erfolge auf CSU-Parteita-
gen; aber wenn er hier in Berlin ankommt, wird er von
der Bundeskanzlerin ausgebremst. Das, was hier ange-
kündigt wurde, ist in der Realität noch nicht angekom-
men. Aus linker Sicht muss man aber auch sagen: Zum
Glück kommt das nicht in der Realität an.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713913500

Vielen Dank, Kollege Alexander Ulrich. – Jetzt

spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unser
Kollege Stephan Kühn. Bitte schön, Kollege Stephan
Kühn.


Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713913600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben

darüber gesprochen: Die EU-Kommission hat ambitio-
nierte Ziele für den Verkehrssektor formuliert. Wir be-
grüßen diese Ziele, auch wenn es leider Langfristziele
sind. So sollen die Emissionen im Verkehrssektor bis
2050 um 60 Prozent reduziert werden. Es fehlen Zwi-
schenschritte, sodass man Gefahr läuft, diese Sachen auf
die lange Bank zu schieben, weil 2050 noch weit weg
ist.

Ein wichtiges Ziel, das formuliert wird, ist die Minde-
rung der Abhängigkeit vom Öl. Es ist angesprochen
worden: Der Bedarf an Öl macht 96 Prozent des gesam-
ten Energiebedarfs des Verkehrssektors aus. Es ist nicht
nur eine umweltpolitische, sondern auch eine klar wirt-
schaftspolitische Herausforderung, diese Abhängigkeit
zu reduzieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Bezahlbarkeit von Mobilität ist eng mit der Frage
verbunden, wie wir die Abhängigkeit vom Öl reduzie-
ren, weil wir nicht mehr die Zeit bekommen werden wie
in den 70er-Jahren, als das Barrel Öl 3 US-Dollar gekos-
tet hat. Es ist auch eine volkswirtschaftliche Frage, weil
viele Unternehmen aufgrund der steigenden Kosten
durch die Energieimporte ganz große Probleme haben.
Deshalb ist es nicht nur umweltpolitisch, sondern auch
volkswirtschaftlich richtig, diese Abhängigkeit vom Öl
zu reduzieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deutschland hat sich ähnliche Ziele wie die, die im
Weißbuch Verkehr formuliert sind, gesetzt. Der Trend
geht jedoch in eine völlig andere Richtung: Während der
Energieverbrauch von Industrie und Haushalten sinkt,
stagniert er in diesem Bereich in Deutschland seit Jah-
ren. 80 Prozent des Energieverbrauchs für den Verkehr
gehen auf das Konto des Straßenverkehrs.

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(C (D Nun könnte man nach dem Energiekonzept der Bunesregierung erwarten, dass diese sich mit Blick auf das eißbuch Verkehr an die Spitze der Bewegung stellt und it gutem Beispiel vorangeht. Stattdessen formuliert sie orbehalte zum Weißbuch und stellt Ziele und Maßnahen des Weißbuchs infrage, beispielsweise dass bis 050 CO2-neutral in unseren Städten gefahren werden oll. Das sei dirigistisch. Ich frage mich, welche Umsetzungschancen dieses eißbuch Verkehr haben soll, wenn das größte und wirt chaftlich potenteste Land in Europa, nämlich Deutschnd, beispielsweise über Staatssekretär Jan Mücke auschten lässt, das Weißbuch sei nicht unmittelbarer andlungsleitfaden der Bundesregierung. Wie sieht es konkret mit der nationalen Ausformung us? Was wurde schon zugesagt? Von Ankündigungsinister Ramsauer hat man Anfang 2010 gehört: Wir gen ein umfassendes Energieund Klimaschutzkon ept für den Verkehrssektor vor. Fragt man nach, wann das vorliegen wird, heißt es pidar in der Antwort, dass im Laufe des Jahres 2012, wei Jahre nach der Ankündigung, etwas vorgelegt wird. Ich erinnere daran: 2013 sind Neuwahlen. Bis dahin ollen Sie etwas geschafft haben, Herr Minister. Ich möchte auf einen weiteren Punkt eingehen. Denn erade gestern haben wir im Ausschuss eine Debatte zur erkehrssicherheit geführt. Man kann dazu im Weißbuch teressantes lesen. Darin heißt es, man wolle die Zahl er Verkehrstoten bis 2050 „auf nahe Null“ senken. Das ist eine Vision Zero und damit etwas völlig andes als das, was uns gerade mit dem Entwurf eines natio alen Verkehrssicherheitskonzeptes vorgelegt wurde. nter diesem Minister bleibt die Bundesrepublik hinter en im Weißbuch Verkehr formulierten Zielen zur Verehrssicherheit zurück. Die zwei häufigsten Unfallursachen sind das Fahren it nicht angepasster Geschwindigkeit und das Fahren nter Alkoholeinfluss. Was wird dagegen unternomen? – Nichts. Es gibt weder ein einheitliches Tempomit noch die Null-Promille-Grenze für das Fahren. Im eißbuch Verkehr ist formuliert, wohin es gehen könnte nd müsste. Herr Minister, Sie sollten nicht nur etwas ankündigen, ondern das Weißbuch als Handlungsleitfaden für Ihre olitik nutzen. Schauen Sie regelmäßig hinein, und leen Sie entsprechende Anträge und Gesetzesvorhaben uf, um die Vorgaben dieses Weißbuchs umzusetzen. Herzlichen Dank. Vielen Dank, Herr Kollege Kühn. – Jetzt spricht für ie Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Dirk Fischer. itte schön, Kollege Dirk Fischer. )


(Zuruf von der FDP: Ganz genau!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713913700

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


Dirk Fischer (CDU):
Rede ID: ID1713913800

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Die gemeinschaftliche Verkehrspolitik der Europäischen
Union hat dazu beigetragen, dass in den letzten 20 Jah-
ren nach Öffnung des Binnenmarktes für Warentrans-
porte und Bürger vieles einfacher geworden ist. Wir soll-
ten unseren Bürgern immer, auch bei solchen Debatten,
den positiven Nutzen der Europäischen Union vor Au-
gen führen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die heutige Debatte zeigt aber auch, dass es notwen-
dig ist, bereits erreichte Ziele dieser gemeinschaftlichen
Verkehrspolitik weiterzuentwickeln. Das Weißbuch Ver-
kehr der Europäischen Kommission gibt hierfür wesent-
liche Impulse, um das künftige Verkehrswachstum zu
bewältigen, ohne dabei Klima- und Umweltschutzziele
zu vernachlässigen.

Ohne Abstriche unterstütze ich folgende Aussage der
Europäischen Kommission: Die Einschränkung von Mo-
bilität ist keine Option. – Das sollte immer wieder deut-
lich unterstrichen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Diese Aussage muss Grundlage jeder Verkehrspolitik
sein – national wie europäisch.

Für Europa, speziell für die exportorientierte deutsche
Volkswirtschaft, müssen technische und rechtliche Hin-
dernisse immer weiter abgebaut werden. Um dies zu ver-
deutlichen, benutze ich ein ganz triviales Beispiel: Wel-
chen Ladestecker braucht man in der Zukunft, wenn man
mit dem Elektroauto von Deutschland nach Frankreich
fahren will? Entscheidend ist, dass diese Dinge harmo-
nisch europäisch geregelt werden.

Die Wettbewerbsfähigkeit der wachsenden Mobili-
täts- und Logistikbranche muss gestärkt werden. Das
sorgt für wirtschaftlichen Erfolg und zukunftssichere Ar-
beitsplätze gleichermaßen. Wichtig ist: Bei allen Maß-
nahmen, die die europäische Politik ergreift, muss das
Subsidiaritätsprinzip eingehalten werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das gilt vor allem auch für den städtischen Verkehr,
Stichwort „Citymaut“. Darüber sollten getrost die Bür-
gerinnen und Bürger vor Ort und ihre Kommunalparla-
mente entscheiden und nicht Brüssel.


(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Richtig!)


Da treffen wir eine ganz klare Aussage.

Der Ausbau der transeuropäischen Netze ist für das
Zusammenwachsen Europas wichtig. Allerdings dürfen
Investitionsmittel nicht allein auf grenzüberschreitende
Korridore eines Kernnetzes konzentriert werden. Das
Ziel der Europäischen Kommission, möglichst viel Ver-
kehr auf Schiene oder Wasserstraßen zu verlagern, wird
von uns unterstützt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D llerdings bringen dirigistische und pauschale Vorgaben ber Entfernungen, Mengen und Zieldaten überhaupt ichts. ie Kommission beantwortet nämlich nicht die zentrale rage, wie der notwendige Schienenausbau finanziert erden soll, wenn Güterverkehr ab 300 Kilometern Entrnung auf die Schiene verlagert werden soll. Im Übri en gilt doch auch hier das Wirtschaftlichkeitsgebot. olche Verkehre müssen wirtschaftlich sein, und der arkt muss sie akzeptieren. (Stephan Kühn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Unternehmen wollen das doch machen!)


(Zuruf von der FDP: Genau!)


h will bei dieser Gelegenheit in Erinnerung rufen, dass
err Mehdorn als Bahnchef früher dazu gesagt hat: Das
chnet sich erst ab 400 Kilometer. Der frühere SPD-
erkehrsminister Klimmt hat noch einen draufgesetzt
nd gesagt: In Wahrheit rechnet es sich erst ab 500 Kilo-
eter. Also lasst bitte die Kirche im Dorf, und vergesst
diesem Zusammenhang nicht die Aspekte der Wirt-

chaftlichkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


lle Verkehrsträger sind gleichwertig zu behandeln.
ine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung von
erkehrsträgern lehnen wir ab. Das heißt auch: Es darf
eine Diskriminierung des Lkw zugunsten der Schiene
eben.

Zum Thema Trennung von Netz und Betrieb im
chienenverkehr will ich Folgendes sagen: Hätte ich ein
eißes Blatt Papier vor mir liegen, würde ich darauf die

igentumsrechtliche Trennung von staatlicher Infra-
truktur und Verkehrsbetrieben im Wettbewerb schrei-
en. Das entspricht meiner ordnungspolitischen Grund-
berzeugung.


(Torsten Staffeldt [FDP]: Sehr gut!)


ber ich habe dieses weiße Blatt Papier nicht vor mir
egen.


(Oliver Luksic [FDP]: Wir hätten hier noch eines!)


ir müssen uns daher mit den vorhandenen Strukturen
useinandersetzen.

Derzeit kann ich mit dem Holdingmodell der DB AG
ben, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind. Ers-
ns. Die Bundesnetzagentur muss in ihren Rechten wei-
r gestärkt werden. Sie muss auch das Recht haben, Be-

cheide zu erlassen. Zweitens. Mit dem geplanten
isenbahnregulierungsgesetz müssen weitere Grundla-
en für die Stärkung des Wettbewerbs gelegt werden.
rittens. Wir müssen das Urteil des Europäischen Ge-
chtshofes im Vertragsverletzungsverfahren gegen
eutschland abwarten und gegebenenfalls darauf reagie-
n.

Wettbewerb muss es auch – das wurde von einigen
ednern angesprochen – bei den Bodenabfertigungs-
iensten auf den Flughäfen geben. Dafür hat die Richt-





Dirk Fischer (Hamburg)



(A) )


)(B)

linie der EU gesorgt. Was in Brüssel jetzt geplant wird,
lehnen wir ab. Wir wollen keinen Wettbewerb zugunsten
von Dumpinglöhnen und zulasten von Sicherheit und
Qualität.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Manche Entwicklungen – wir alle in den Fraktionen
haben mit den Betriebsräten der Flughäfen gesprochen –
sind schon heute als eher unerfreulich zu bezeichnen. Wir
wollen keine Verschlechterung und auch keine Verteue-
rung von Leistungen für unsere Passagiere. Das Signal
nach Brüssel lautet: Keine Überarbeitung der Boden-
abfertigungsrichtlinie mit dem Ziel einer noch weiter ge-
henden Marktöffnung, schon gar nicht in Form einer
Verordnung. Wir fordern, die bestehenden Regelungen
erst einmal europaweit umzusetzen, was in etlichen Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union noch nicht gesche-
hen ist.

Eine Zweckbindung verkehrsspezifischer Einnahmen
für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, wie es die
SPD in ihrem Antrag fordert, ist im Prinzip richtig, aber
nur auf nationaler Ebene. Eine Regelung auf EU-Ebene
würde die nationalen Befugnisse erheblich einschränken
und den Bundestag und die anderen nationalen Parla-
mente in ihrer Budgethoheit aushebeln.

Alles in allem weist das Weißbuch der EU-Kommis-
sion, wie ich denke, in die richtige Richtung. Darüber
sind sich die Fraktionen wohl weitgehend einig. Es ist
keine Frage, dass sich auch der Verkehrssektor den ak-
tuellen Herausforderungen der Politik stellen muss – zur
Verbesserung von Qualität und Zuverlässigkeit des Ver-
kehrssystems und der von diesem System angebotenen
Dienstleistungen, zum Schutz von Klima und Umwelt,
für praxisnahe Innovationen und natürlich auch für die
Sicherheit im Verkehr.

Einen einheitlichen europäischen Verkehrsraum zum
Wohle unserer Bürger können und wollen wir weiterhin
gemeinsam mit unseren Nachbarn verwirklichen. Des-
wegen bitte ich um Zustimmung zum Antrag der Koali-
tionsfraktionen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713913900

Vielen Dank, Kollege Dirk Fischer. – Wir sind damit

am Ende dieser Debatte. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung auf Drucksache 17/7679. Der Aus-
schuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschluss-
empfehlung die Annahme des Antrags der Fraktionen
der CDU/CSU und der FDP auf Drucksache 17/7464 mit
dem Titel „Weißbuch Verkehr – Auf dem Weg zu einer
nachhaltigen und bezahlbaren Mobilität“. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? – Das sind die Fraktio-
nen CDU/CSU und FDP. Gegenprobe! – Das sind die
Oppositionsfraktionen. Enthaltungen? – Keine. Somit ist
die Beschlussempfehlung angenommen.

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(C (D Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Abhnung des Antrags der Fraktion der SPD auf Drucksa he 17/7177 mit dem Titel „EU-Weißbuch Verkehr – euausrichtung der integrierten Verkehrspolitik in eutschland und in der Europäischen Union nutzen“. er stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Das sind ie Koalitionsfraktionen. Gegenprobe! – Das sind die ozialdemokraten. Enthaltungen? – Bündnis 90/Die rünen und Linksfraktion. Die Beschlussempfehlung ist ngenommen. Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchtabe c seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des ntrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck ache 17/5906 mit dem Titel „Weißbuch Verkehr für rendwende der Verkehrspolitik in Deutschland und Eupa nutzen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehng? – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Frakon der Sozialdemokraten. Gegenprobe! – Das ist die raktion Bündnis 90/Die Grünen. Enthaltungen? – Das t die Linksfraktion. Die Beschlussempfehlung ist angeommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Paul Schäfer Wolfgang Nešković, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Widerruf der gemäß § 8 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes erteilten Zustimmungen zu den Anträgen der Bundesregierung vom 28. Januar 2011 und 23. März 2011 Bundeswehr aus Afghanistan abziehen – Drucksache 17/7547 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss Rechtsausschuss Verteidigungsausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist dies so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner in unserer ussprache ist für die Fraktion Die Linke unser Kollege olfgang Gehrcke. – Bitte schön, Kollege Wolfgang ehrcke, Sie haben das Wort. Danke sehr, Herr Präsident. – Verehrte Kolleginnen nd Kollegen! Ich finde es sehr bedrückend, in einer ituation über unseren Wunsch, den Krieg in Afghanisn beenden zu wollen, diskutieren zu müssen, in der eitere, neue Kriege drohen. Das Kriegsgetöse um den an signalisiert uns, dass Krieg immer mehr wieder zum ittel der Politik geworden ist, was ich nicht akzeptien will. Ich möchte, dass sich dieses Parlament für eine tomwaffenfreie Zone im Nahen Osten einsetzt, damit Wolfgang Gehrcke )


(Beifall bei der LINKEN)

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713914000




(A) )

dem Kriegsgetöse entgegengetreten wird. Das halte ich
für sehr wichtig.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Rainer Stinner [FDP]: Das steht aber nicht im Antrag!)


– Wir können das gerne hineinschreiben. Wenn Sie ein-
verstanden sind, dann beschließen wir das zusammen.

Wir haben den Antrag auf der Grundlage des Parla-
mentsbeteiligungsgesetzes eingebracht. Wir möchten,
dass der Bundestag erstmalig von § 8 des Parlaments-
beteiligungsgesetzes Gebrauch macht, von dem Recht,
entsandte Truppen zurückzuholen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wollen, dass die Bundeswehr zurückgeholt wird,
dass der Einsatz beendet wird. Ich will Ihnen die Gründe
dafür vortragen. Der Abzug der Bundeswehr aus Afgha-
nistan wäre ein deutliches Zeichen, dass der Krieg been-
det werden soll. Jeder Tag, an dem der Krieg fortdauert,
kostet Menschen Leben und Gesundheit und mindert die
Chancen auf Frieden. Wir verlieren kostbare Zeit. Ohne
den Abzug der ausländischen Truppen wird es in Afgha-
nistan keinen Frieden geben. Bislang hat der Krieg zwi-
schen 30 000 und 100 000 Menschen das Leben gekos-
tet. Unser Antrag ist ein Antrag für das Leben. Das
Parlament sollte endlich ein Signal für das Leben in Af-
ghanistan aussenden.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Abzug der Bundeswehr soll aus meiner Sicht
auch das Leben von Soldatinnen und Soldaten schützen.
Wir wollen nicht, dass Soldaten, die der Bundestag nach
Afghanistan geschickt hat, traumatisiert immer wieder
den Krieg durchleben müssen. Wir wollen nicht, dass
Soldatinnen und Soldaten durch diesen Krieg verroht
werden. Ich fand es erschütternd, im Spiegel über einen
deutschen Scharfschützen zu lesen, der unzufrieden war,
weil er nicht zum Schuss gekommen ist. Er wird dort mit
den Worten zitiert: „Das ist, als wenn du einen Hund
scharfmachst und den nicht von der Leine lässt“. Ich
fand es ebenso erschütternd, in der gleichen Ausgabe des
Spiegel zu lesen, dass ein Soldat folgende Nachricht auf
seinem Handy gespeichert hat: „Kämpfe fanatisch! Du
bist ein Menschenjäger!“ Das mögen Einzelfälle sein,
aber sie zeigen, wie der Krieg Menschen verroht. Dies
sollten wir nicht fortsetzen. Wir sollten die Soldaten zu-
rückholen.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Abzug der Bundeswehr soll aus meiner Sicht und
aus unserer Sicht dazu beitragen, dass das Geld der Steu-
erzahler nicht mehr für den Krieg, sondern für Entwick-
lung und Aufbau eingesetzt wird. Bislang haben diese
zehn Jahre Krieg Deutschland 17 Milliarden Euro gekos-
tet. Das sind pro Kopf der afghanischen Bürgerinnen
und Bürger 3 800 Euro. Das durchschnittliche Einkom-
men in Afghanistan beträgt 400 bis 450 Dollar pro Jahr.
Wie viel Segensreiches könnte man in Afghanistan errei-
chen, wenn man das Geld nicht für den Krieg vergeuden
würde? Dem berühmten Satz: „Nichts ist gut in Afgha-
nistan“,

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(C (D t hinzuzufügen: Vieles kann besser werden, wenn die elder nicht mehr für den Krieg, sondern für den Frieen eingesetzt werden. Ich will Ihnen sagen: Dieser Krieg wird nicht um Deokratie und Menschenrechte willen geführt. Unsere reiheit und unsere Sicherheit werden nicht am Hinduusch verteidigt. Auch bei diesem Krieg geht es um geotrategischen Einfluss und um Naturressourcen. Dieser rieg ist auch im Interesse der deutschen Rüstungsinustrie, die neue Waffen in Afghanistan testet und ihre otwendigkeit unter Beweis stellen muss. Ich möchte icht, dass wir der deutschen Rüstungsindustrie weiter en Gefallen tun, Krieg zu führen. Deswegen erwarte h, dass der Deutsche Bundestag unserem Antrag, den insatz zu beenden, zustimmt und von seinem Recht Gerauch macht, die Bundeswehr sofort zurückzuholen. as wäre eine gute und vernünftige Entscheidung des undestages. Herzlichen Dank. Vielen Dank, Kollege Gehrcke. – Jetzt für die Frak on der CDU/CSU unser Kollege Robert Hochbaum. itte schön, Kollege Hochbaum. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Zu Beginn meiner Rede möchte ich es nicht ersäumen, zuerst einmal all unseren Soldaten, den Poliisten und natürlich auch allen zivilen Akteuren für ihren ienst in Afghanistan zu danken. Ich glaube, ich darf saen: Sie können sicher sein, dass wir mit unseren Gedanen immer auch bei Ihnen sind. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Der falsche Satz!)


(Beifall bei der LINKEN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713914100

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Robert Hochbaum (CDU):
Rede ID: ID1713914200

Wenn ich mich hier umschaue, bin ich mir relativ si-
her, dass fast alle Anwesenden einer Meinung sind: Un-
ere Soldatinnen und Soldaten gehören so früh als mög-
ch aus Afghanistan abgezogen. Doch die Geister
cheiden sich, wie der vorliegende Antrag der Linken
eigt, bei der Frage, was „so früh als möglich“ bedeutet.
ür die Mehrheit dieses Hauses bedeutet dies: ein ver-
ntwortungsvoller Abzug mit dem klaren Bewusstsein,
ie Sicherheit unseres Landes nicht zu gefährden. Die
nderen, nämlich Sie, meine Damen und Herren von den
inken, handeln meiner Meinung nach abermals verant-
ortungslos und leichtfertig. Sie gefährden sogar die
enschen bei uns hier in Deutschland.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie das denn? – Zuruf von der LINKEN: Wie das?)


Hören Sie gut zu.





Robert Hochbaum


(A) )


)(B)

Warum stehen wir für Verantwortung und verantwort-
liches Handeln in Afghanistan? Die Sicherheit der Bür-
ger in unserem Lande steht dabei auf jeden Fall an erster
Stelle. Das heißt, von Afghanistan darf auch in Zukunft,
auch nach dem Abzug unserer Truppen, keine Gefähr-
dung für unsere Bevölkerung mehr ausgehen.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713914300

Kollege Hochbaum, gestatten Sie eine Zwischenfrage

unseres Kollegen Christian Ströbele?


Robert Hochbaum (CDU):
Rede ID: ID1713914400

Darauf freue ich mich, Herr Ströbele. Sehr gerne.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713914500

Bitte schön, Kollege Ströbele.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Danke, Herr Kollege. – Können Sie mir erklären, wie
Deutschland und deutsche Bürger in Deutschland – nicht
diejenigen, die in Afghanistan Krieg führen oder aus an-
derem Grunde dort sind – durch Afghanen bzw. durch
den Krieg in Afghanistan konkret gefährdet werden, vor
allen Dingen dann, wenn deutsche Truppen nicht mehr
in Afghanistan sein sollten? Es hat nach meiner Kenntnis
noch nie eine Drohung von Taliban oder anderen Auf-
ständischen in Afghanistan gegenüber dem deutschen
Volk gegeben, sondern es wurde immer nur die Forde-
rung „Abzug aus Afghanistan!“ erhoben.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)



Robert Hochbaum (CDU):
Rede ID: ID1713914600

Lieber Kollege Ströbele, wenn Sie einen Augenblick

länger Geduld gehabt hätten, hätte ich es Ihnen erklärt.
Aber ich erkläre es Ihnen auch gerne schon jetzt.

Erinnern Sie sich nur an die Bilder von Terrorausbil-
dungscamps in Afghanistan – Sie können sich daran
vielleicht nicht mehr erinnern, ich mich aber sehr gut –,
auf denen wir vor vielen Jahren gesehen haben, wie vor
Ort in Afghanistan junge Menschen für den weltweiten
Terrorismus ausgebildet werden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht von Taliban!)


Zum Ziel des weltweiten Terrorismus gehören auch Eu-
ropa und Deutschland. Es war nur eine Frage der Zeit,
bis die Menschen, die dort mit Hasstiraden ausgebildet
wurden,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von Taliban?)


auf den Rest der Welt angesetzt wurden, auch um hier in
Deutschland ihre Aktivitäten zu entfalten. Zum Glück
konnten einige dieser Aktivitäten im Vorfeld erkannt und
verhindert werden. Insofern wäre nicht von den Afgha-
nen direkt, sondern von anderen Leuten, die eventuell in
Afghanistan tätig waren


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(C (D (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sind aber nicht nur da!)


wir alle kennen sie –, eine direkte Gefährdung der Be-
ölkerung in Deutschland ausgegangen. Darum wäre es
träflich, diesen Zustand, der ein Rückschritt wäre, wie-
er zuzulassen, alle Anstrengungen als vergeblich einzu-
rdnen – wir hatten eine solche Situation in Afghanistan
chon einmal – und alle Opfer, die dort zu beklagen wa-
n, für umsonst zu erklären. Nein, wir wollen kein Land
ehr, das den Terrorismus in die Welt und auch nach
eutschland exportiert. Wir wollen keine Gefährdung
er Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, Herr
tröbele.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich sagte bereits: Manche erinnern sich noch an die
ilder von Terrorausbildungscamps und Wüstenfestun-
en, die nicht zum Spaß gebaut wurden, sondern dem
weck dienten, den internationalen Terrorismus zu un-
rstützen. Darum stehen wir zu der Aussage: Erst wenn
ie Sicherheitslage es zulässt und die Nachhaltigkeit des
bergangsprozesses, Herr Ströbele, nicht gefährdet ist,
erden wir den vertretbaren Spielraum zur Truppenre-
uzierung nutzen.

Präsident Karzai hat für sein Land das Ziel definiert,
is Ende 2014 die volle Souveränität zu übernehmen.
ie internationale Schutztruppe wird darum bis 2014
re Truppenstärke zurückführen. Das ist unser gemein-

am vereinbartes Ziel, und daran werden wir uns halten.

Die Fraktion der Linken verweist in ihrem Antrag auf
in Zitat des Sonderbotschafters Steiner aus dem Tages-
piegel, „dass es in Afghanistan keine militärische Lö-
ung geben kann.“ Das ist richtig.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja!)


em kann man nur zustimmen.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja! Das machen wir auch!)


r sagte aber ebenfalls: Ohne die militärische Kompo-
ente ist auch eine sichere Entwicklung zurzeit nicht
öglich.


(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Aha!)


r sagte auch, dass es sträflich und unverantwortbar sei,
ie Truppen sofort abzuziehen.


(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Hört! Hört!)


iebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, wenn
ie schon jemanden für sich sprechen lassen, dann soll-
n Sie seine gesamte Auffassung wiedergeben. Das
ürde Ihren Antrag aber ad absurdum führen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Natürlich wissen auch wir, dass es in Afghanistan
eine rein militärische Lösung geben kann. Darum ist
ie militärische Komponente nur ein Teil des Konzeptes
er vernetzten Sicherheit; denn kein Akteur kann Frie-
en und Sicherheit in diesem Land allein gewährleisten.
ur durch das Zusammenspiel aller Instrumente können





Robert Hochbaum


(A) )


)(B)

der Erfolg und damit die Stabilität des Landes erreicht
werden.

Verantwortungsvolles Handeln zeichnet sich auch
durch Verlässlichkeit und Langfristigkeit aus. Afghanis-
tan wird auch über 2014 hinaus deutsche Unterstützung
brauchen und – da bin ich mir sicher – auch bekommen.
Auch wenn die Kampftruppen das Land verlassen ha-
ben, müssen die Ausbildung der Sicherheitskräfte und
natürlich auch – das ist ganz wichtig – der zivile Aufbau
weitergehen. Wir setzen in diesem Zusammenhang sehr
auf die Afghanistan-Konferenz in Bonn am 5. Dezember
2011. Dort gilt es, die Weichen für ein sicheres und sta-
biles Afghanistan zu stellen.

Im Fortschrittsbericht Afghanistan vom Juli dieses
Jahres wird von einer Generationenaufgabe gesprochen,
die in Afghanistan zu leisten ist. Die wirtschaftliche und
soziale Transformation ist bei noch immer schwieriger
Sicherheitslage nur mit internationaler Unterstützung zu
meistern.

Es tut mir leid, aber nun noch einmal zu Ihrem An-
trag, meine Damen und Herren der Linken. Mir ganz
persönlich kommt es so vor, als wollten Sie, wenn Ihre
Ziele erreicht würden, zulassen, dass dieses Land wieder
– ich habe es Herrn Ströbele erläutert – in den Terror zu-
rückfällt, als wollten Sie der afghanischen Bevölkerung
jede Zukunftsperspektive nehmen und als wollten Sie
die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger in
Deutschland in der Zukunft tatsächlich erneut gefährden.

Eine große Mehrheit der verantwortungsvollen Politi-
ker dieses Hauses will das nicht. Sie stehen für Verant-
wortung für die afghanische Bevölkerung und für Si-
cherheit für die Menschen in unserem Land.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das merkt man ja!)


Darum ist der Abzug unserer Truppen zwar bereits am
Horizont zu sehen – wir wissen: 2014 –, aber er erfolgt
erst dann, wenn er verantwortbar ist und wenn von Af-
ghanistan keine Gefährdung mehr für die Menschen in
unserem Land ausgeht.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713914700

Vielen Dank, Kollege Hochbaum. – Jetzt spricht für

die Fraktion der Sozialdemokraten unser Kollege
Johannes Pflug. Bitte schön, Kollege Pflug.


(Beifall bei der SPD)



Johannes Pflug (SPD):
Rede ID: ID1713914800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Seit Beginn des Einsatzes unserer Bundeswehr
in Afghanistan, also seit fast genau zehn Jahren, wieder-
holt die Fraktion der Linkspartei fast gebetsmühlenartig
Jahr um Jahr eine Forderung: Sofort raus aus Afghanis-
tan, Bundeswehr raus aus Afghanistan.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Richtig!)


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(C (D Kollege Gehrcke, auch Ihre Argumente sind im runde genommen stets dieselben, (Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Ja, weil sie richtig sind!)


ämlich, militärisch löse man keine Konflikte,


(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Genau!)


ie Sicherheitslage verschlechtere sich,


(Beifall der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])


ie Bevölkerung sei für den sofortigen Abzug, kurz ge-
agt: der Einsatz in Afghanistan sei gescheitert, ohne et-
as erreicht zu haben.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sehr richtig erkannt!)


Nun bestätigen Sie das ausdrücklich.

Wenn Sie genau auf Ihre Worte achten würden, dann
ürden Sie wahrscheinlich zu derselben Feststellung
ommen: Sie legen ein Glaubensbekenntnis ab. Damit
erden Sie der aktuellen Situation in Afghanistan aber
icht gerecht.


(Beifall der Abg. Dr. Reinhard Brandl [CDU/ CSU] und Uta Zapf [SPD] – Karin Binder [DIE LINKE]: Das, was Sie ablegen, sind auch Glaubensbekenntnisse!)


Auf Ihrem Parteitag haben Sie, meine sehr verehrten
amen und Herren von den Linken, ein Parteiprogramm
eschlossen, in dem Sie die internationale Solidarität be-
nen. Aus Solidarität mit dem afghanischen Volk for-

ern Sie nun in Ihrem Antrag das unverzügliche Ende
es Bundeswehreinsatzes


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja!)


nd unausgesprochen gleichzeitig natürlich auch den
bzug der NATO-Streitkräfte aus Afghanistan.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja!)


Sie bestätigen das. – Darüber hinaus haben Sie auf Ih-
m Parteitag auch noch das Ende der Unterstützung

eim Aufbau des afghanischen Militärs und der Polizei
efordert. Die Frage lautet nun: Was würde diese Art
on Solidarität für die Menschen in Afghanistan bedeu-
n? Das ist die konkrete Frage. Es geht nicht um Glau-
ensbekenntnisse.


(Karin Binder [DIE LINKE]: Aufbau einer Zivilgesellschaft!)


Trotz der Erfolge bei der Ausbildung sind die afgha-
ischen Sicherheitskräfte ohne Unterstützung der inter-
ationalen Truppen noch nicht in der Lage, die Sicher-
eit in Gesamtafghanistan zu gewährleisten, und ich
ebe gerne zu: Wir wissen nicht, wann sie es sein wer-
en. Wie immer man diese Sicherheitslage auch beur-
ilt: Sie würde sich auf jeden Fall noch einmal erheblich
erschlechtern. Mehr noch: Ohne die finanzielle Unter-
tützung der internationalen Gemeinschaft würde sich
ie afghanische Armee entlang ihrer ethnischen Grenzen





Johannes Pflug


(A) )


)(B)

in kürzester Zeit auflösen, und der nächste Bürgerkrieg
in Afghanistan wäre unausweichlich.

Dies trat im Jahr 1992 genau so ein, als Moskau seine
Unterstützung für die afghanischen Sicherheitskräfte
einstellte. Aber diese Lektion, meine sehr verehrten Da-
men und Herren von der Linken, weigern Sie sich zur
Kenntnis zu nehmen. Wenn internationale Truppen und
afghanische Sicherheitskräfte ausfallen: Wer soll dann
Ihrer Meinung nach die Afghanen schützen?

An die Stelle von gegenwärtig zweifellos prekärer Si-
cherheit würde ein vollständiges Machtvakuum treten,
das Kriegsherren, lokale Machthaber, Drogenbarone und
letztendlich auch ausländische Staaten nur allzu gern fül-
len würden. Die Taliban würden zumindest im Süden
und Osten des Landes wieder die Macht übernehmen
und Vergeltung an denjenigen üben, die sich im Ver-
trauen auf die internationale Gemeinschaft für ein mo-
dernes und stabiles Afghanistan engagiert haben. Wer ist
das? Das sind Lehrer, Frauenrechtler, Journalisten; das
sind Eltern, die ihren Töchtern eine gute Ausbildung er-
möglichen wollten, um nur einige zu nennen. Mehr
Flucht und Gewalt sowie die Zerstörung der bescheide-
nen bisherigen Fortschritte, insbesondere im Bereich des
Bildungswesens und der medizinischen Versorgung, wä-
ren das Ergebnis.

Richtig ist, dass viele Dinge in Afghanistan nicht zum
Besten stehen. Aber am schlimmsten für das Land wäre
zweifellos ein unredlicher, überstürzter Abzug, wie Sie
ihn fordern. Dies wurde heute Morgen bei einem Ge-
spräch mit Vertretern von NGOs, die in Afghanistan tä-
tig sind, erneut deutlich.

Die Linke spricht vom hehren Ziel der internationalen
Solidarität, betreibt aber eine Politik des Sich-Heraus-
haltens. Auch die kritische öffentliche Meinung ist da
bereits weiter als Sie. Sie verweisen auf Umfragen, nach
denen – das stimmt – 66 Prozent der Deutschen einen
sofortigen Abzug der Bundeswehr wünschen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schon lange!)


Stellt man allerdings den Deutschen konkret die Frage:
„Meinen Sie sofortigen Abzug oder Abzug nach ange-
messenem Abschluss der Mission?“, dann ist das Ergeb-
nis: Es befürworten mehr als 50 Prozent der Bevölke-
rung den Abzug in Verantwortung, also nicht den
sofortigen Abzug. Ihre Politik des „Ohne uns“ repräsen-
tiert also keinesfalls eine Mehrheit der Menschen in die-
sem Land.

Sie sollten nicht Jahr für Jahr dieselben Forderungen
herunterbeten, die nicht weniger Gewalt, aber weniger
Sicherheit, weniger Entwicklung und weniger Souverä-
nität für Afghanistan bedeuten. Wir laden Sie ein, sich
konstruktiv an der Debatte zu beteiligen. Es gibt mit dem
Jahr 2014 – das ist die Antwort auf Ihre Frage – nun eine
Perspektive für den endgültigen Abzug der deutschen
Kampftruppen aus Afghanistan. Allerdings wird die
Bundesregierung bis dahin noch viele Fragen zu beant-
worten haben, auch hier vor dem Deutschen Bundestag,
der bislang über die Pläne der Regierung entweder be-

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(C (D usst oder wegen Unvermögens im Dunkeln gelassen urde. He Legen Sie endlich dar, wie Sie den Abzug unerer Bundeswehr aus Afghanistan zeitlich und in welher Größenordnung planen. Wenn sich die Sicherheitsge in Afghanistan begonnen hat, zu stabilisieren, wie s von Ihrem Hause gesagt wird: Wieso war dann Ihrer einung nach ein Truppenabzug im Jahre 2011 nicht öglich? Welche Fortschritte gab es bei der Aufstellung er afghanischen Sicherheitskräfte? Planen Sie, auch ber 2014 hinaus mit militärischen Ausbildern und Berarn in Afghanistan präsent zu sein? Und: Finden eine onsultation und eine Koordination mit unseren Verbüneten, allen voran den USA, über unseren Abzug statt? In ihrem Antrag verweist die Linkspartei auf einen llgemeinplatz, der hier von jedem geteilt wird. Es ist elbstverständlich richtig: Militärisch ist der Konflikt in fghanistan nicht zu lösen. Aber das ist auch keine Alrnative. Beides muss praktiziert werden. Gerade desalb sind politische Instrumente für die Lösung des Konikts umso bedeutsamer. Aber auch hier ist die bisherige ilanz der Regierung relativ ernüchternd. Frau Staatsministerin Pieper – ich hatte sie vorhin geehen –, wie sehen die Planungen, die Forderungen und itiativen des Auswärtigen Amtes aus, um zu verhin ern, dass die Konferenz in Bonn im Dezember dieses ahres zu einem reinen Showereignis verkommt? Wie ollen Sie sicherstellen, dass die afghanische Opposion und Zivilgesellschaft ausreichend in Bonn vertreten ein werden? Was haben Sie auf der Konferenz in Istanul und im Rahmen der deutschen Mitgliedschaft im N-Sicherheitsrat bisher erreicht, um die Nachbarn Afhanistans konstruktiv in den Stabilisierungsprozess einubinden? Auch in dieser Beziehung hatten Sie bisher Bundestag nichts vorzuweisen. Man hört überhaupt ichts über die Konferenz in Istanbul. Frau Staatsministerin Pieper, erklären Sie dem Deutchen Bundestag bitte, ob die Voraussetzungen für einen bzug unserer Bundeswehr überhaupt gegeben sind. erläuft die Übergabe von Provinzen und Städten an die fghanen planmäßig? Sind diese in der Lage, diese Geiete zu halten und für die Sicherheit der Menschen zu orgen? Welche Fortschritte macht der politische Veröhnungsund Friedensprozess in Afghanistan? Und vor llem: Wie hat das militärische Engagement Deutschnds im letzten Jahr dazu beitragen können, diese Pro esse zu fördern? Die SPD-Fraktion hat sich bisher immer zu einem eutschen Engagement in Afghanistan bekannt. Diese ustimmung kann und wird allerdings nicht ohne Kläng der genannten und anderer offener Punkte durch die undesregierung erfolgen. Wir fordern Sie daher auf, dem Deutschen Bundestag ndlich über Ihre Pläne für den Einsatz unserer Soldaten Afghanistan Rede und Antwort zu stehen. Danke. )

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1713914900

(Beifall bei der SPD)





(A) )


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713915000

Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege

Wolfgang Gehrcke.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713915100

Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Ich habe mich zu

einer Kurzintervention gemeldet, weil ich vom Kollegen
Pflug direkt angesprochen worden bin. Ich finde, wenn
man sich die Sache nüchtern vor Augen führt, muss die
erste Feststellung sein – deswegen haben wir Sonderbot-
schafter Steiner mit seiner Aussage bemüht, dass der
Konflikt nicht militärisch zu lösen ist –: Wenn man in
der Sackgasse ist, dann kann es kein Weiter-so oder Vor-
wärts geben;


(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Das gibt es ja auch nicht!)


dann muss man zurückgehen, das heißt die Truppen zu-
rückziehen. Das hat seine Logik.


(Beifall bei der LINKEN)


Zweitens ist festzustellen: Weil sehr viel Widerstand
in Afghanistan daher rührt, dass die Afghaninnen und
Afghanen ihr Land als von fremden Truppen besetzt be-
trachten, wird der Verbleib von fremden Truppen den
Widerstand verstärken, und es wird nicht zu einer friedli-
chen Lösung kommen. Die Besetzung des Landes ist ein
Argument, das die Taliban ständig anführen. Ich sage
sehr zugespitzt: Mit Ihrer Politik stärken Sie die Taliban,
statt sie zu schwächen.


(Beifall bei der LINKEN)


Der dritte Punkt ist, dass wir endlich darüber nach-
denken müssen, dass das Volk von Afghanistan Selbst-
bestimmung verdient hat. Das Volk von Afghanistan
muss selber entscheiden, was wirtschaftlich gemacht
wird und was in seinem Land passieren soll. Sie bevor-
munden, um es freundlich zu sagen, das Volk von Af-
ghanistan. Das wird nicht zur Lösung des Konfliktes
führen.


(Beifall bei der LINKEN)


Meine Solidarität heißt auch: Die Menschen in Afgha-
nistan müssen endlich selber entscheiden. Es geht nicht
an, dass mit Petersberg II in Bonn wieder über sie ent-
schieden wird.

Das sind die Probleme, denen man sich stellen muss.
Das machen wir in unserem Antrag.

Zwei Punkte haben mich begeistert. Das kann ich nur
bestätigen, Kollege Pflug. Wir sagen seit zehn Jahren im
Bundestag: Schluss mit dem Krieg! Zieht die Bundes-
wehr zurück! Ich bin stolz darauf, dass wir von Anfang
an diese Position gehabt und sie durchgehalten haben –
im Unterschied zu anderen.


(Beifall bei der LINKEN)


Es waren bestimmte Regierungen, die diesen unsinnigen
Kurs begonnen haben.

Der zweite Punkt ist: Dass alle Kolleginnen und Kol-
legen des Bundestags unser Parteiprogramm lesen, reißt

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(C (D ich zu Begeisterungsstürmen hin. Machen Sie weiter o! Es ist ein gutes Programm. Besonders gut sind die orschläge zur internationalen Politik. Vielen Dank, Kollege Gehrcke. – Jetzt hat als Nächs r in unserer Debatte unser Kollege Dr. Djir-Sarai das ort. Bitte schön, Herr Kollege. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der LINKEN)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713915200


Bijan Djir-Sarai (FDP):
Rede ID: ID1713915300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber

ollege Gehrcke, auch wenn Ihr Antrag durchaus einige
chtige Aspekte beinhaltet, dürfen wir an den Realitäten
dieser Region und vor allem an den Realitäten in Af-

hanistan nicht vorbeireden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist völlig richtig, Herr Kollege Gehrcke: Es wird in
fghanistan keine militärische Lösung geben. Das ist

onnenklar. Darin besteht auch Einigkeit.

Es ist ebenfalls richtig: Der Westen hat sich speziell in
ieser Region in der Vergangenheit häufig Illusionen
ingegeben. Ich bestreite nicht: Auch Deutschland hatte
ich unter zum Teil falschen Vorstellungen des Einsatzes
nd seiner Ziele 2001 mit der Bundeswehr in diesen Ein-
atz begeben. Daher mussten die Erwartungen genauso
ie übrigens auch die Einsatzstrategie selbst im Laufe
er Zeit überdacht und angepasst werden.

Ich bin allerdings davon überzeugt, dass wir heute die
chtigen Ziele formuliert haben und die richtige Strate-
ie verfolgen. Wir verfolgen heute realistische Ziele
das ist der wesentliche Unterschied zu früher –: hinrei-

hende Stabilität im Land und Gewährleistung von Men-
chenrechten, begleitet von einer Strategie der Versöh-
ung und Aussöhnung im ganzen Land.

Die aktuelle Strategie trägt zu einer Verbesserung der
ituation im Land bei, sodass eine Perspektive für den
bzug der militärischen Hilfe in Aussicht bleibt. Unge-
uld zahlt sich an dieser Stelle nicht aus, Herr Kollege.
arüber müssen wir uns Gedanken machen.

Bei den Entscheidungen über die Zukunft des deut-
chen militärischen Engagements in Afghanistan geht es
icht um Tage, sondern es geht um wichtige Weichen-
tellungen für die Zukunft. Entscheidend ist die Frage,
ie das Afghanistan von morgen aussehen kann. Was im
ern nötig ist – da stimme ich Ihnen auch zu –, ist eine
olitische Lösung, eine Versöhnung der Gegner. Dazu
ibt es keine Alternative.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wichtig ist bei diesem Friedensprozess, dass alle rele-
anten Gruppen einbezogen werden und dass nicht Teile
er afghanischen Gesellschaft außen vor bleiben. Wie
h oft gehört habe, sagen dies sogar Afghanen selbst.





Dr. Bijan Djir-Sarai


(A) )


)(B)

Die Frage des inneren Aussöhnungsprozesses muss al-
lerdings zuerst von den Afghanen selbst vorangetrieben
werden; denn Frieden in Afghanistan kann nur zwischen
den Parteien und Gruppierungen vor Ort geschlossen
werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Diesem Ziel dient übrigens auch die Bonner Afgha-
nistan-Konferenz im Dezember. Herr Kollege Pflug, das
ist keine Showveranstaltung. Deutschland ist nicht nur
Gastgeber dieser Konferenz, sondern hat auch eine Füh-
rungsrolle in Afghanistan. Die Konferenz ist insofern
besonders, da sie von afghanischer Seite als Konferenz
mit einer strategischen Bedeutung gesehen wird, eine
Konferenz, welche die Zukunft Afghanistans massiv be-
einflussen wird. Deshalb übergeben wir nach der klaren
roten Linie unserer Strategie – die übrigens nicht als ge-
scheitert zu diffamieren ist – schrittweise die Verantwor-
tung an die afghanischen Sicherheitskräfte – in guter,
vertrauensvoller Arbeit mit unseren ISAF-Partnern.

Uns allen hier im Haus ist doch klar, dass es nicht um
einen direkten Abzug geht. Es ist aber auch klar, dass
aus Afghanistan keine Hochburg der Demokratie werden
wird. Es geht darum, diesen Übergangsprozess verant-
wortungsvoll und ordentlich abzuschließen. Das ist
heute die Sachlage.

Genau darum wird es auch in Bonn gehen: die Über-
gabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen vo-
ranzubringen, den inneren Aussöhnungsprozess zu un-
terstützen und dem Land eine Perspektive für die Zeit
nach dem Abzug der internationalen Kampftruppen
2014 aufzuzeigen. Das sind die Hauptziele, die in Bonn
diskutiert werden. Das ist keine Showveranstaltung.

In den kommenden Wochen wird uns ein neuer Fort-
schrittsbericht für Afghanistan vorliegen. Kurz darauf
werden wir hier im Deutschen Bundestag über eine
Mandatsverlängerung debattieren. In dieser Debatte
wird klar zum Ausdruck kommen, dass wir eine kon-
krete Abzugsperspektive haben und haben müssen. Da-
bei darf es allerdings keine Gefährdung von allem bisher
Erreichten geben. Dabei darf es auch keine Gefährdung
für unsere Soldaten in Afghanistan geben.

In dem neuen Mandat wird dann auch die Richtung
für den Abzug der deutschen Soldaten erkennbar sein.
Denn klar und möglich ist: Wir wollen bis Ende 2014 die
Verantwortung für die Sicherheit vollständig an Afgha-
nistan übergeben und die Kampftruppen abziehen. Das
ist international in Lissabon so vereinbart worden und
auch von Präsident Karzai so bestätigt worden. Der
Fahrplan steht. Das sind realistische Ziele, für deren Er-
reichung wir in den nächsten Wochen und Monaten hart
arbeiten müssen. Realistisch sind für Afghanistan: eine
ausreichend gute Regierungsführung, die Wahrung der
fundamentalen Rechte und keine neue Gefährdung unse-
rer Sicherheit hier zu Hause.

Ich traf vor einigen Tagen hier im Deutschen Bundes-
tag eine Gruppe von afghanischen Frauenrechtlerinnen.
Diese haben bestätigt, dass allein auf diesem Gebiet

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(C (D norme Erfolge stattgefunden haben und dass diese Erlge mit einem Schlag vernichtet würden, wenn wir un ere Truppen abziehen würden; darüber müssen wir uns edanken machen. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Afghanistan entwickelt sich gerade eine kraftvolle Zi ilgesellschaft. Ein kopfloser Abzug unserer Soldaten ürde diese Erfolge vernichten und wäre für viele Men chen vor Ort eine Katastrophe. Alle diese Verbesserungen wären auf einen Schlag infällig, wenn wir planlos und ohne Verantwortung das and verließen. Deshalb steht Deutschland auch in Zuunft an der Seite der afghanischen Bevölkerung. Auch ach dem Abzug der militärischen Hilfe wird sich eutschland weiter intensiv am zivilen Wiederaufbau in fghanistan beteiligen. Statt hier mit wüsten Abzugspläen um uns zu werfen, sollten wir daher lieber erklären, ie wir die Zivilgesellschaft von morgen in Afghanistan onkret unterstützen können. Wir sollten die Botschaft n unsere deutschen Soldatinnen und Soldaten vor Ort enden, dass wir Anerkennung zollen: Anerkennung für iese schwere Aufgabe, Anerkennung für diesen guten ob, den sie dort tagtäglich unter harten und gefährlichen edingungen leisten. Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank, Dr. Djir-Sarai. – Jetzt spricht für die raktion Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege Hanshristan Ströbele. Bitte schön, Kollege Ströbele. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713915400
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit

ehn Jahren führen wir mit unserer Parlamentsarmee in
fghanistan Krieg. Seit vier, fünf Jahren führen wir ihn
it immer mehr Soldaten und immer schrecklicher. Das
rgebnis dieses Krieges ist bisher desaströs: Zehntau-
ende von Menschen sind getötet worden, eine mehrfa-
he Zahl von Menschen ist in Afghanistan Opfer dieses
rieges, verletzt und zu Krüppeln geworden. Trotz im-
er neuer Truppenverstärkungen und einer Verschär-
ng des Krieges ist die Sicherheitssituation für die Be-

ölkerung in Afghanistan jedes Jahr schlechter geworden.
o schlecht wie derzeit war sie noch nie.

Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Wir können
icht einfach sagen: „Wir machen weiter so“, sondern
ir müssen neue Wege gehen. Für diese neuen Wege
ibt es Möglichkeiten, und es gibt Aussicht auf Erfolg.
s kann nicht heißen: „Wir führen den Krieg mindestens
rei Jahre weiter“, sondern es muss heißen: Es muss eine
ehrtwendung von dem Einsatz in Afghanistan hin zur
eendigung des Krieges stattfinden, und zwar sofort.
In diesem Punkt gebe ich dem Kollegen Gehrcke aus-

rücklich recht. Der Krieg muss beendet werden. Im
tzten Jahr sind allein in drei Monaten von den USA
485 sogenannte verdeckte Operationen von Spezial-

räften durchgeführt worden, bei denen 485 Menschen





Hans-Christian Ströbele


(A) )


)(B)

getötet worden sind und durch die unendlich viel Leid
angerichtet worden ist. Das kann nicht sein. Wenn Sie
das hochrechnen, kommen Sie auf über 5 000 solcher
Angriffe in einem Jahr. Wir können nicht erwarten, dass
auf der anderen Seite nichts passiert. Diese Angriffe füh-
ren vielmehr zu einer Verschärfung des Krieges. Sie füh-
ren dazu, dass die Taliban jeden Tag stärker werden, dass
sich immer mehr Menschen aus Hass und deshalb, weil
sie Vergeltung üben wollen, dem Krieg der Aufständi-
schen gegen die NATO anschließen. Deshalb ist ein
neuer Weg erforderlich.

Nun stimme ich dem Antrag der Linken trotzdem
nicht zu. Ich glaube, dass die immer gleiche Wiederho-
lung in dem Antrag, sofort alle Truppen aus Afghanistan
abzuziehen, falsch ist. Dass das funktioniert, lieber Kol-
lege Gehrcke, glaubt ihr selber nicht. Das ist nicht mög-
lich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das ist im Augenblick auch nicht die erste Priorität. Die
erste Priorität muss sein, den Krieg zu beenden.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja, eben!)


Das heißt, man muss morgen erklären, dass keine sol-
chen Offensivmaßnahmen und keine offensiven Groß-
operationen mehr stattfinden; stattdessen fangen wir
zum Zeichen der Versöhnung mit dem Abzug an. Wir
sollten aber nicht das machen, was Herr Westerwelle
jetzt offenbar vorhat. Noch vor einem Jahr hat er hier im
Deutschen Bundestag erklärt, Ende des Jahres 2011 wür-
den die ersten deutschen Truppen aus Afghanistan abge-
zogen. Davon ist keine Rede mehr. In diesem Jahr wer-
den keine Truppen abgezogen; man vertröstet uns
vielmehr auf das nächste Jahr. Das ist der falsche Weg.

Wir müssen Zeichen setzen, und wir müssen nach der
Erklärung eines Waffenstillstandes deutlich auf die Tali-
ban zugehen und sie in Verhandlungen einbinden. Sie
sind dazu bereit. Ich war im September in Afghanistan
und habe das von vielen dort gehört, nicht nur von ehe-
maligen Mitgliedern der Regierung der Taliban, sondern
auch von vielen anderen. Es kann allerdings nicht sein,
dass die Menschen, die in Verhandlungen mit der Regie-
rung Karzai und den Alliierten eintreten, anschließend in
ihrer Wohnung von Spezialkräften der USA aufgesucht,
aus ihren Wohnungen herausgeholt, an die Wand gestellt
und ermordet werden, wie es in Afghanistan stattgefun-
den hat. Das führt nicht zum Frieden. Die Verhandlun-
gen müssen vielmehr von Sicherheitsgarantien für alle
diejenigen begleitet sein, die verhandlungsbereit sind
und in Verhandlungen eintreten. Das ist der Weg aus der
Misere. Dieser Weg muss beschritten werden, und zwar
nicht erst in drei Jahren oder nächstes Jahr, sondern ab
diesem Jahr, jetzt sofort.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713915500

Zu einer Kurzintervention hat unser Kollege

Dr. Rainer Stinner das Wort.

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(C (D Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Ströbele, Ihre ede hat mich insofern verwirrt, als ich wirklich nicht eiß, ob Sie hier die Meinung Ihrer Fraktion wiedergeen. Denn die Tonalität, in der Sie diese Rede vorgetraen haben, und die Inhalte, die Sie zum Teil vorgetragen aben, weichen sehr deutlich von dem ab, was wir von ren Kolleginnen und Kollegen in den Ausschüssen ber Monate und Jahre vernommen haben. Deshalb age ich Sie ganz deutlich: Vertreten Sie, auch mit Ihrer ortwahl, hier die Meinung Ihrer Fraktion? Zweitens. Sie haben angesprochen, dass die Bundesgierung und der Außenminister angekündigt haben, ass wir die Anzahl der Soldaten graduell reduzieren erden. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 2011!)

Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1713915600

err Kollege Djir-Sarai hat darauf hingewiesen, dass wir
inen Entwicklungspfad bis 2014 haben, und Sie, Herr
ollege Ströbele, haben das Jahr 2011 angesprochen. Ich
ann Ihnen sagen: Wir haben eine Mandatsverlängerung

Januar 2012 – das ist nicht 2011, sondern 2012 –, und
h kann Ihnen auch sagen – gerade läuft es über den
pa-Ticker; insofern ist es eine öffentliche Information –,
ass die Bundesregierung laut dpa – ich will das jetzt
icht im Einzelnen kommentieren, sondern gebe nur wie-
er, was ich gerade in öffentlichen Medien gelesen habe –
eschlossen hat, die Mandatsobergrenze schon ab Januar
012 auf 4 900 Soldatinnen und Soldaten zu reduzieren.
as heißt, diesem Ansinnen des graduellen Abbaus trägt
iese Bundesregierung wieder einmal in exzellenter
eise Rechnung.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713915700

Herr Kollege Ströbele, Sie haben die Möglichkeit zur

ntwort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Es ist doch schön, dass ich hier zu diesem Thema ein-

al zu Wort komme. – Herr Kollege, ich lese Ihnen ein-
al vor, was Ihr Außenminister am 15. oder 16. Dezem-

er vergangenen Jahres gesagt hat: Ende 2011 werden
ir unser Bundeswehrkontingent in Afghanistan erst-
als reduzieren können. – So, und wann wird jetzt redu-

iert?


(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Haben Sie Ihre Fraktion vertreten?)


Ich sage Ihnen: Ich glaube Ihnen nichts mehr. Ich
laube auch dem Außenminister nichts mehr. Denn ich
eiß, dass der Außenminister auch in der Bundesregie-
ng ganz offensichtlich andere Auffassungen vertritt als

er Verteidigungsminister. Bisher hat sich der Verteidi-
ungsminister ganz offensichtlich durchgesetzt. Er will
ber nicht, dass in diesem Jahr Truppen abgezogen wer-
en,





Hans-Christian Ströbele


(A) )


)(B)


(Jörg van Essen [FDP]: Vertreten Sie die Meinung Ihrer Fraktion, Herr Ströbele?)


jedenfalls nicht mehr als 90 Leute, die sowieso nicht dort
sind.


(Elke Hoff [FDP]: Lesen Sie doch mal die Zeitung! Das ist doch Mumpitz!)


Sie führen die Öffentlichkeit in die Irre, und immer
wieder klingt durch, dass ein Einsatz auch über 2014 hi-
naus durchaus in Betracht kommt, sofern die Sicher-
heitssituation dies verlangt. Versuchen Sie also Glaub-
würdigkeit zurückzugewinnen. Dann können wir darüber
reden.

Nun zu der Frage, für wen ich rede. Ich rede für mich.


(Zuruf von der FDP: Wie immer! – Zuruf von der SPD: Für die Bürgerinnen und Bürger, dachte ich!)


Ich habe hier für mich eine Rede gehalten, aber ich will
Sie noch einmal – das haben Sie auch im Ausschuss ge-
hört, und das können Sie auch von mir hier und heute
noch einmal hören – auf unsere Forderung nach der Be-
endigung der Offensivmaßnahmen und insbesondere
dieser gezielten Tötungen hinweisen. Wissen Sie, nach
jedem Anschlag auf die Bundeswehr wird immer wieder
beklagt – dies wird völlig zu Recht beklagt, sage ich –,
wie hinterlistig und bösartig diese Angriffe sind, bei de-
nen Bundeswehrsoldaten umkommen. Ich frage Sie
aber: Ist es etwas anderes, wenn nachts Spezialkomman-
dos ausrücken und Personen, die vorher aufgelistet wor-
den sind, aus ihren Wohnungen holen und kaltblütig tö-
ten? Oder ist es etwas anderes, wenn Menschen am
Mittags- oder Abendtisch von einer Drohne, die man in
der Luft gar nicht wahrnimmt, getötet werden? Ist das
nicht auch heimtückisch? Ist das nicht auch hinterlistig?


(Beifall bei der LINKEN)


Das heißt, es findet dort ein schrecklicher Krieg statt,
und um das zu beenden – darüber war ich froh –, hat
meine Fraktion schon vor zwei Jahren die Einstellung
solcher Tötungsaktionen und der Offensivmaßnahmen
der NATO und insbesondere der US-Amerikaner gefor-
dert. Es sind aber nicht nur die US-Amerikaner. Viel-
mehr verfahren auch die Deutschen inzwischen so und
helfen den Amerikanern bei solchen Kill-Aktionen, in-
dem sie ihnen Informationen geben und Leute auflisten.
Wir sind also mit dabei, und ich glaube, die Fraktion ver-
tritt dazu Auffassungen, die sich meinen – sage ich mal –
annähern.

Abschließend dazu, wie wir zu diesem Antrag stehen.
Ich werde dem Antrag der Linken nicht zustimmen. Ich
werde mich der Stimme enthalten. Wie sich die Fraktion
entscheidet, werden Sie erleben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Die Amerikaner sind per se Mörder! Das will er uns damit sagen!)


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(C (D Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der ollege Dr. Reinhard Brandl für die CDU/CSU-Frakon. Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! er Antrag, den die Linken hier vorgelegen, tut schon twas weh. Wir wissen ja, dass Sie von der Linken rundsätzlich gegen jeden Auslandseinsatz der Bundesehr sind. ber bei einem so vielschichtigen Thema wie Afghanisn einen Antrag vorzulegen, in dem Sie in ein paar Zein so mir nichts, dir nichts den sofortigen Abzug der undeswehr fordern und das auf einer Seite mit ein paar llgemeinen Textbausteinen begründen, ist aus meiner icht nicht angemessen. (Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Ihr hättet gar nicht erst hingehen dürfen! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Das sind schöne Internationalisten da drüben!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713915800

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Reinhard Brandl (CSU):
Rede ID: ID1713915900

(Beifall bei der LINKEN)


arüber kann sich aber jeder selbst sein Urteil bilden.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Setzen Sie sich doch mal inhaltlich mit uns auseinander!)


Was mich aber betroffen macht, meine Damen und
erren von der Linken, ist, dass Sie sich in Ihrem Antrag
it keinem Wort dazu äußern, was denn die Konsequen-

en eines sofortigen Abzugs für Afghanistan wären: für
en bisher erreichten Fortschritt beim Wiederaufbau, für
ie Übergabe der Verantwortung an das afghanische
olk, für die Sicherheit der Menschen und der zivilen
elfer dort, für die wirtschaftliche Situation im Lande.
it den konkreten Folgen Ihrer Forderungen beschäfti-

en Sie sich nicht. Wichtig ist Ihnen nur, dass die Über-
chriften stimmen und morgen in den Zeitungen steht:
inke fordert sofortigen Abzug aus Afghanistan.


(Zuruf von der LINKEN)


Meine Damen und Herren, das ist keine Basis für eine
rnsthafte Debatte über die Frage, wie langfristig Frie-
en und Stabilität in Afghanistan geschaffen werden
önnen. Die Antwort auf diese Frage umfasst ein ganzes
ündel an politischen, diplomatischen, entwicklungspo-
tischen, wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen, die
ngfristig angelegt sein müssen und die auch nach dem
bzug des Militärs in 2014 weiter wirken werden.


(Zuruf der Abg. Karin Binder [DIE LINKE])


Ich finde, Deutschland spielt beim Finden einer ent-
prechenden Lösung eine sehr positive, konstruktive
olle. Am 5. Dezember werden sich Außenminister und
ertreter aus über 90 Ländern in Bonn treffen, um dort
arüber zu beraten, wie es nach dem Abzug der Kampf-
uppen 2014 in Afghanistan weitergehen wird. Eben
icht in der Weise „Augen zu und raus und nach uns die
intflut“, sondern vielmehr von den Überlegungen ge-
agen: Was muss bis dahin an zivilen Maßnahmen noch





Dr. Reinhard Brandl


(A) )


)(B)

in die Wege geleitet werden? Wie kann ein langfristiges
Engagement der internationalen Gemeinschaft in Afgha-
nistan aussehen?


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist das Problem!)


Wie muss der politische Prozess der Übergabe in Verant-
wortung ausgestaltet werden?

Dass Deutschland auf afghanischen Wunsch hin Gast-
geber dieser Konferenz sein darf, ist ein Zeichen des ho-
hen Vertrauens, das uns von diesem Land und von der in-
ternationalen Staatengemeinschaft entgegengebracht wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das glauben Sie ja selber nicht!)


Das zeigt sich auch immer wieder in Umfragen, in denen
vom Ausland der deutsche Einfluss in der Welt sehr po-
sitiv bewertet wird.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Oh Gott! Am deutschen Wesen …! Gruselig!)


Das ist vielleicht der größte Trumpf, den wir in unserer
Außenpolitik haben. Den dürfen wir nicht leichtfertig
verspielen. Das Vertrauen, das uns entgegengebracht
wird, gründet unter anderem darauf, dass uns kein Hege-
monialdenken unterstellt wird,


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Nein, nur wirtschaftliche Interessen!)


und auch darauf, dass wir in der Welt als zuverlässige
und verlässliche Partner gelten.

Meine Damen und Herren, ich komme zurück auf Af-
ghanistan und die Forderung der Linken nach einem so-
fortigen Abzug. An dem Einsatz beteiligen sich im Mo-
ment 49 Nationen aus der ganzen Welt. Diese teilen sich
die Aufgabe sowohl regional als auch funktional auf.
Dass man eine solche globale Aufgabe gemeinsam unter
dem Dach der Vereinten Nationen angeht, ist doch be-
grüßenswert. Das geht aber nur, wenn sich die Länder
untereinander auf Zusagen verlassen können und Ent-
scheidungen wie die eines Abzuges gemeinsam treffen,
und zwar in enger Abstimmung mit dem Land, dem man
helfen möchte. Und es sind auch die Menschen vor Ort,
die sich auf uns verlassen, die mit unseren Soldaten zu-
sammenarbeiten und deren Leben wir unter Umständen
aufs Spiel setzen würden, wenn wir uns von heute auf
morgen aus der Verantwortung verabschieden würden.
Das alles blendet die Linke aus, wenn sie heute einen so-
fortigen Abzug fordert. Das ist verantwortungslos.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, die Bundesregierung ist
gerade dabei – der Kollege Stinner hat es vorhin ange-
sprochen –, im Vorfeld der Mandatsbeschlüsse die Vo-
raussetzungen für eine Reduzierung zu schaffen. Ich
würde es begrüßen, wenn sich dafür eine breite Mehrheit
im Parlament finden würde.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/7547 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung o beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Pflanzenschutzrechtes – Drucksachen 17/7317, 17/7369 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – Drucksache 17/7671 – Berichterstattung: Abgeordnete Alois Gerig Gustav Herzog Dr. Christel Happach-Kasan Alexander Süßmair Harald Ebner Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion ündnis 90/Die Grünen vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann können wir offenkundig so erfahren. Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst dem ollegen Alois Gerig für die CDU/CSU-Fraktion das ort. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit em Gesetz zur Neuordnung des Pflanzenschutzrechtes isten wir in Deutschland unseren Beitrag dazu, die Zussung und Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in uropa zu harmonisieren. Gleichzeitig sorgen wir mit em Gesetz dafür, dass im Pflanzenschutzrecht die hoen Standards im Umweltund Verbraucherschutz erhaln bleiben bzw. dass sich Europa an unseren hohen tandards orientiert. Bei vielen Verbrauchern stößt der Einsatz von Pflanenschutzmitteln leider immer noch auf Skepsis. Bei der eutigen abschließenden Beratung des Entwurfs des euen Gesetzes möchte ich deshalb betonen: Erstens. Die Zulassung und Anwendung von PSM leiben an strenge Anforderungen gebunden. In den verangenen Jahrzehnten konnten deutliche Fortschritte bei er Minimierung der Risiken erzielt werden. Bei den Leensmitteluntersuchungen hierzulande werden – und das ei immer besseren Untersuchungsmethoden – kaum och überhöhte Rückstände festgestellt. Alois Gerig )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713916000
Alois Gerig (CDU):
Rede ID: ID1713916100

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

Zweitens. Die Anwendung von PSM in der konven-
tionellen Landwirtschaft, der Forstwirtschaft, dem Wein-
bau oder dem Obst- und Gartenbau ist und bleibt – das
können Sie gerne wörtlich nehmen – notwendig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie trägt wesentlich zu höheren Erträgen bei guter Quali-
tät und damit zu einer sicheren Versorgung unserer Be-
völkerung mit bezahlbaren und gesunden Lebensmitteln
bei.

Warum ist es erforderlich, in der EU die Anwendung
und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zu harmoni-
sieren? Auf dem europäischen Binnenmarkt bestehen
beachtliche Unterschiede. Es ist zum einen für die deut-
schen Landbewirtschafter ein klarer Wettbewerbsnach-
teil, wenn Konkurrenten in anderen EU-Staaten Pflan-
zenschutzmittel zur Verfügung haben, die in Deutsch-
land nicht zugelassen sind, und es ist zum anderen irre-
führend und äußerst unfair für die Verbraucher, wenn
Lebensmittel in unseren Supermarktregalen stehen, die
nicht nach den gleichen bzw. strengen deutschen Um-
weltstandards produziert wurden.

Ein wichtiger Schritt in Richtung von mehr Harmoni-
sierung ist zum Beispiel die gegenseitige Anerkennung
von Zulassungen. Die EU wurde in drei Zonen aufge-
teilt. Ist ein PSM in einem Mitgliedstaat zugelassen, so
soll die Zulassung dieses Mittels in Mitgliedstaaten, die
der gleichen Zone angehören, innerhalb von 120 Tagen
erfolgen. Im Ergebnis ist zu erwarten, dass durch dieses
Zusammenspiel schneller bessere und möglicherweise
auch mehr Pflanzenschutzmittel zugelassen werden. Da-
durch dürfte sich die Verfügbarkeit von PSM in Deutsch-
land verbessern, was ökologisch durchaus sinnvoll ist
und auch dazu beiträgt, zunehmende Resistenzen in den
Kulturen zu verhindern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das kann allerdings nur dann gelingen, wenn die natio-
nalen Zulassungsbehörden im Verfahren einheitliche Be-
wertungsmaßstäbe anlegen und praktikabel handhaben.
Dies fordern wir ebenso wie die Umsetzung des Natio-
nalen Aktionsplanes in unserem gemeinsamen Ent-
schließungsantrag.

Große Bedeutung für einen fairen Wettbewerb beim
Pflanzenschutz haben auch die Anwendungsbedingungen:
Integrierter Pflanzenschutz, Sachkundenachweis und ein
TÜV für Pflanzenschutzgeräte wurden in Deutschland be-
reits vor Jahren eingeführt und werden künftig EU-weit
vorgeschrieben. Wir müssen allerdings schon aufpassen,
dass die Harmonisierungsziele möglichst eins zu eins um-
gesetzt und nicht durch ungeschickte Regelungen durch
die Hintertür konterkariert werden. Hier ist die Bundesre-
gierung gemeinsam mit den Ländern gefordert.

Überhaupt ist Praktikabilität in dem neuen Gesetz ein
wichtiges Anliegen. So haben wir, anders als vom Bun-
desrat gefordert, auf die Festlegung starrer Abstandsre-
gelungen für Gewässer verzichtet. Besser ist es, wenn
diese im Rahmen der guten fachlichen Praxis nach den

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(C (D rtlichen Gegebenheiten und den Anwendungsbestimungen des konkreten Mittels ausgerichtet werden. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Sicher! Das hat auch sonst immer geklappt!)


Für besondere Gebiete, wie beispielsweise das Alte
and, schaffen wir die Voraussetzungen dafür, unter
ahrung des Schutzniveaus abweichende Regeln anzu-
enden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ie Entscheidung über die Ausweisung dieser sogenann-
n Sondergebiete wird unter Beteiligung des Umwelt-
undesamtes getroffen. Gleichzeitig stellen wir im Ge-
etz sicher, dass im Einzelfall zügige Entscheidungen
ber Sondergebiete oder dann, wenn Gefahr im Verzug
t, möglich sind. Ähnlich pragmatisch wird, falls unab-
ingbar, bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln
it Luftfahrzeugen im Steillagenweinbau und im Kro-

enbereich der Wälder verfahren.

Gegen den Handel mit gefälschten oder verbotenen
SM werden strengere Regeln geschaffen. Dies ist glei-
hermaßen im Sinne von Herstellern und Verbrauchern.

Eines möchte ich zum Ende meiner Rede noch grund-
ätzlich festhalten: Um die Welt bei zunehmender Be-
ölkerung


(Zurufe von der LINKEN: Oh!)


it Nahrungsmitteln und nachwachsenden Rohstoffen
ersorgen zu können, brauchen wir moderne und inno-
ative Pflanzenschutz- bzw. im gewissen Rahmen auch
flanzenstärkungsmittel.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Mit dem vorliegenden Gesetz wird es gelingen, den
flanzenschutz auch weiterhin in den Dienst einer leis-
ngsfähigen, nachhaltigen und ökologisch ausgewoge-

en Landbewirtschaftung zu stellen. Damit wird nach
einer festen Überzeugung ein weiterer wichtiger Bei-
ag zur Harmonisierung in Europa geleistet. Ich bitte
ie: Stimmen Sie diesem Gesetz zu.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713916200

Das Wort hat nun der Kollege Gustav Herzog für die

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Gustav Herzog (SPD):
Rede ID: ID1713916300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Pflanzen-
chutzrecht ist eine sehr komplexe Materie, um die sich
berwiegend die Spezialisten in den Fraktionen küm-
ern.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Leider!)






Gustav Herzog


(A) )


)(B)

Aber das damit verbundene Regelwerk betrifft uns alle.
Dies gilt insbesondere für die Qualität und Quantität der
uns zur Verfügung stehenden Nahrungsmittel. Es wird
aber auch geregelt, wie wir am Wochenende, wenn es
unsere Zeit erlaubt, den Rasen zu Hause pflegen dürfen,
wie der Zustand unserer Gewässer ist und wie hoch das
Einkommen der Landwirte ausfällt, inwiefern sie ihre
Erträge sichern können. Ferner wird Einfluss auf die
Vielfalt von Flora und Fauna genommen. Der vorlie-
gende Gesetzentwurf ist daher wichtig und hat die not-
wendige Aufmerksamkeit verdient.

Wir regeln die Zulassung der Mittel, während es euro-
päische Regelungen für die Wirkstoffe gibt. Wir schaf-
fen Regelungen bezüglich der Anwendung und der Ge-
räte. Eine wichtige Frage ist – sie wird immer mehr an
Bedeutung gewinnen –, wie wir illegale Importe und die
damit verbundenen kriminellen Machenschaften verhin-
dern. Wir haben gemeinsam den Fokus darauf gerichtet
und die entsprechenden Sanktionen vereinbart.

Wir haben diese Neuordnung erarbeitet, weil im Jahr
2009 die EU eine entsprechende Vorgabe in Form einer
Verordnung und einer Richtlinie gemacht hat. Herr Kol-
lege Bleser, Sie haben sich jetzt auf die Abgeordneten-
bank gesetzt, ich spreche Sie aber als Vertreter des
Ministeriums an: Sie haben sich viel Zeit gelassen, dem
Deutschen Bundestag diesen Gesetzentwurf vorzulegen.
Wir hätten gerne etwas mehr Zeit gehabt, mit den Fach-
leuten über diesen Entwurf zu beraten. Ich glaube, es ist
im Sinne des ganzen Hauses, wenn Sie sich beim nächs-
ten Mal etwas weniger Zeit lassen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Auswirkungen dieses Gesetzes sind für Deutsch-
land nicht gravierend. Der Entwurf beinhaltet insbeson-
dere für Hersteller und Anwender wesentliche neue Re-
gelungen – auch Vorteile; da stimme ich dem Kollegen
Gerig zu. Ich habe immer für die zonale Zulassung ge-
kämpft; denn wir brauchen eine Vielfalt an Mitteln, um
Resistenzen vorzubeugen. Jedoch trägt nicht das UBA
die Schuld daran, dass für eine Reihe von Indikationen
so wenige Mittel zur Verfügung standen. Vielmehr kon-
zentriert sich die Industrie darauf, für die großen Pro-
dukte und Kulturen entsprechende Mittel zu erforschen
und zuzulassen; die kleinen Kulturen jedoch – die selte-
nen Schadorganismen – bleiben außen vor. Ich kann
mich noch gut an Aufrufe im Pfälzer Bauer erinnern, in
denen geradezu um Geld zur Durchführung von entspre-
chenden Untersuchungen gebettelt worden ist, um Lü-
ckenindikationen schließen zu können. Von daher auch
von hier ein Aufruf an die Industrie, in diesem Bereich
etwas mehr zu tun.


(Beifall des Abg. Peter Bleser [CDU/CSU])


Herr Gerig, Sie haben heute – wie Sie alle bei der ers-
ten Lesung – von dem hohen Schutzniveau in Deutsch-
land gesprochen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass
Ihre Seite in diesem Haus hierzu am allerwenigsten ei-
nen Beitrag geleistet hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D ie waren nicht die Lokomotive des Fortschrittes; Sie tanden eher auf der Bremse und haben plakativ Ihren logan „Wettbewerbsverzerrung“ hochgehalten. Das ar Ihr Schlagwort, um eigentlich jede Weiterentwickng zu behindern. Wenn Sie sagen, dass es bei uns ei ige Regelungen schon viele Jahre gibt, dann können ir stolz darauf sein, dass wir sie eingeführt haben, und ie können uns dafür dankbar sein. Der gesamte Prozess dauert schon lange an. Zur rage, ob das Umweltbundesamt seine Einvernehmensreelung bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln beiehält, habe ich im Deutschen Bundestag bereits mehrch gesprochen. Wir haben uns zahlreiche Rededuelle eliefert. Frau Kollegin Happach-Kasan, Respekt, Sie ind bei Ihrer Position geblieben. h hoffe, die Union hat inzwischen Einsichten gewonen und ihre Meinung geändert. Die Regelung wird jeenfalls so bleiben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Ulrich Kelber [SPD]: Bei der falschen!)


Sie haben die Eins-zu-eins-Umsetzung angesprochen.
h bin da sehr zögerlich; denn ich halte das für ein
tück politische Selbstkastration.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wohl wahr!)


ier hätte man schon etwas mehr machen können. Der
undesrat hat 56 Änderungsanträge gestellt. Sie sind der
undesregierung willig gefolgt, indem Sie nur die
unkte in Ihre Änderungsanträge übernommen haben, in
enen sich Bundesrat und Bundesregierung einig waren.
ie haben keine einzige Anregung aus der Anhörung
bernommen, die qualitativ sehr gut besetzt war. Etwas
ehr Kreativität hätte ich von den Koalitionsfraktionen

chon erwartet. Aber nach all dem, was ansonsten an
nsinn verbreitet wird, ist eine Eins-zu-eins-Umsetzung
ielleicht doch das Beste für die deutsche Landwirt-
chaft.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir sagen: Fortschritt ist möglich. Das Recht soll ein-
cher, ökologischer und damit besser sein. Lassen Sie
ich kurz vier Punkte ansprechen.

Erstens: Abstand zu Gewässern. In der Anhörung sind
nterschiedliche pauschale Abstände genannt worden.
er Bundesrat wollte 1 Meter – abgelehnt durch die
undesregierung. Vorgeschlagen wurden auch 3 Meter,
Meter und 10 Meter Abstand. Wir hielten – ich sage
as bewusst – 3 Meter für opportun, um eine ganze
eihe von Pflanzenschutzmitteln in dieses Regelwerk
ufzunehmen. Das wäre ein Beitrag zur Entbürokratisie-
ng gewesen.

Dass das Thema „Eintrag in Gewässer“ nach wie vor
ehr wichtig ist, zeigt ein Beispiel: Im Oktober hat das
elmholtz-Zentrum für Umweltforschung eine Untersu-

hung veröffentlicht, für die europaweit 750 000 Gewäs-
eranalysen ausgewertet wurden. 73 chemo-organische
erbindungen sind als potenziell prioritäre Schadstoffe
entifiziert worden, zwei Drittel davon waren Pestizide.





Gustav Herzog


(A) )


)(B)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist für uns ein
Alarmzeichen, dass wir uns intensiv darum zu kümmern
haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zweitens. Die gute fachliche Praxis darf nicht nur als
Inhalt einer schönen Broschüre des Ministeriums verteilt
werden, sondern muss als verbindliches Regelwerk, als
Verordnung festgeschrieben werden.

Dritter Punkt. Hier geht es um eine, wie ich finde,
sehr gute Anregung aus der Industrie. Sie müssen sich
vorstellen: Die Behälter, in denen sich die Pflanzen-
schutzmittel befinden – das sind hochgiftige, konzent-
rierte Substanzen –, werden nicht immer und überall dort
zurückgegeben, wo sie anständig entsorgt werden; sie
können auch einmal im Gelben Sack landen. Was heißt
das für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Sor-
tierwerken, in denen die Kunststoffe sortiert werden?
Was heißt es, wenn Reste von Pflanzenschutzmitteln an
dem Kunststoff haften bleiben und aus dem recycelten
Kunststoff zum Beispiel Kinderspielzeug hergestellt
wird? Ich sage: Bei solchen wirklich gefährlichen Sub-
stanzen ist es sinnvoll, sie sicher zu entsorgen. Sie sind
unserer Anregung nicht gefolgt. Schade!

Vierter Punkt. In der Frage der Pflanzenstärkungsmit-
tel sind Sie uns aber gefolgt. Herr Kollege Bleser, jetzt
muss ich Sie als Staatssekretär doch einmal loben.
– Jetzt, wo ich ihn lobe, hört er nicht zu. –


(Ulrich Kelber [SPD]: Der gehört doch eigentlich auf die Regierungsbank!)


Herr Bleser hat eine erneute juristische Prüfung im Haus
veranlasst. Das Ministerium ist zur Einschätzung ge-
kommen, dass es doch möglich ist, die Pflanzenstär-
kungsmittel weiterhin mit einer geeigneten Kennzeich-
nung in den Vertrieb zu bringen. Dafür möchte ich mich
bedanken. Ich glaube, das hilft einer Branche.


(Beifall des Abg. Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU])


Liebe Kolleginnen und Kollegen, beim Nationalen
Aktionsprogramm zur nachhaltigen Anwendung von
Pflanzenschutzmitteln unterscheiden wir uns wieder.
Früher hieß es einmal „Pflanzenschutzmittelreduktions-
programm“. Ich glaube, dieser Titel war angemessener.
Da ist noch einiges zu tun. Wir werden Ihnen kritisch auf
die Finger schauen.

Das Gesetz ist notwendig. Die Bundesregierung hat
die Vorgaben der Europäischen Union eingehalten. Sie
haben nichts kaputtgemacht. Wir können dem Gesetz
zwar nicht zustimmen, aber wir werden uns der Stimme
enthalten. Das gilt im Übrigen auch für den Entschlie-
ßungsantrag der Grünen: Es gibt viel Übereinstimmung,
aber auch ein paar Punkte, bei denen wir Ihnen nicht fol-
gen können.


(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da interessieren uns aber die Details!)


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(C (D ir haben aber noch ein paar parlamentarische Debatn, in denen wir vielleicht doch noch mehr Einigkeit erstellen können. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713916400

Die Kollegin Christel Happach-Kasan ist die nächste

ednerin für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1713916500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Die Rede von Gustav Herzog war nach dem
otto: Nicht kritisiert ist genug gelobt. Herzlichen Dank

afür.


(Gustav Herzog [SPD]: Ich war freundlich heute!)


ir sind da in einigen Punkten auch gar nicht sehr weit
useinander.


(Ulrich Kelber [SPD]: Schon!)


Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wird zwar im-
er wieder kritisiert. Trotzdem wissen wir alle: Die Ver-

raucherinnen und Verbraucher wollen Produkte, die frei
on Blattläusen sind, und Erdbeeren, die keinen Schim-
el haben, weil sie keine Pilzvergiftung erleiden wollen.
or diesem Hintergrund ist uns klar, dass wir in der mo-
ernen Landwirtschaft, im Getreideanbau und im Ge-
üse- und Obstanbau genauso wie im Ökolandbau
flanzenschutzmittel brauchen; das ist unverzichtbar.
ies möchte ich festhalten. Gleichzeitig sind wir alle in
iesem Hause uns einig, dass wir natürlich eine Mini-
ierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln wol-
n, weil wir die Natur schonen und schützen wollen. Ich
laube, auch jeder Landwirt ist sich bewusst, dass es
ichtig ist, nur einen sehr maßvollen Einsatz von Pflan-

enschutzmitteln zu betreiben, weil dieser nämlich ex-
em teuer ist.

Mit dem heute eingebrachten Entwurf eines Gesetzes
ur Neuordnung des Pflanzenschutzrechtes setzen wir
wei Verordnungen und zwei Richtlinien der EU in na-
onales Recht um. Diese Verordnungen und Richtlinien
tammen aus dem Jahre 2009; das Ziel ist die Harmoni-
ierung der Zulassungen in der EU.


(Gustav Herzog [SPD]: Lang ist’s her!)


Lieber Kollege Herzog, es gibt andere Richtlinien und
erordnungen, für deren Umsetzung Rot-Grün einen
eutlich längeren Zeitraum gebraucht hat; ich glaube,
as können wir gemeinsam festhalten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Gustav Herzog [SPD]: Wir reden aber über dieses Gesetz!)


Ein Ziel ist, dabei Wettbewerbsverzerrungen zu ver-
eiden. Denn uns allen ist klar: Es ist nicht sehr glaub-





Dr. Christel Happach-Kasan


(A) )


)(B)

würdig, wenn ein Landwirt in Niedersachsen ein Pflan-
zenschutzmittel nicht anwenden darf, wenn nebenan,
hinter der Grenze zu den Niederlanden, der Einsatz
durchaus erlaubt ist.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oder umgekehrt!)


– Oder umgekehrt; das ist ein Punkt, den ich sehr gerne
aufnehme.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben auch Mittel, die in Holland nicht zugelassen sind!)


Wir sind uns auch darüber einig, dass neue Pflanzen-
schutzmittel in aller Regel besser sind als alte, dass es in
der Regel einen Entwicklungsfortschritt gibt. Insofern ist
es gut, wenn wir die Forschung und die Entwicklung
neuer Pflanzenschutzmittel unterstützen. Deswegen ha-
ben wir uns entschieden, in § 20 des Gesetzentwurfs öf-
fentliche Labore und öffentlich zertifizierte Labore
gleichzusetzen, wenn sie eine Anzeige über den Versuch
an das BVL geben und mitteilen, welchen Versuch sie
unternehmen wollen.

Wir haben ein relativ kompliziertes Gesetz geschaf-
fen; das muss man deutlich sagen. Die Zulassung neuer
Pflanzenschutzmittel erfolgt durch das Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Es hat
im Benehmen mit dem RKI und dem BfR und im Ein-
vernehmen mit dem Umweltbundesamt zu handeln; Kol-
lege Herzog hat sich dazu schon geäußert.


(Gustav Herzog [SPD]: Zutreffend geäußert!)


– Zutreffend geäußert, sehr richtig. – Im Verfahren gab
es 50 Anträge der Bundesländer. Die Hälfte haben wir
übernommen.

Kollege Herzog, hinsichtlich der Behälter sollte man
Folgendes zur Kenntnis nehmen: Neben den gesetzli-
chen Regelungen gibt es auch eine handelnde Zivilge-
sellschaft. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass einige
Pflanzenschutzunternehmen diese Behälter eingesam-
melt haben. Das scheint mir eine besonders sinnvolle
Regelung zu sein, damit sie nicht wieder in die Entsor-
gung kommen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Gustav Herzog [SPD]: Frau Kollegin, aber diese Unternehmen haben uns gebeten, das Regelwerk zu verschärfen!)


– Das mag so sein. Trotzdem freue ich mich, wenn Un-
ternehmen eigenverantwortlich handeln.


(Ulrich Kelber [SPD]: Und die dann teurer sind als die, die unverantwortlich handeln! Das ist Marktwirtschaft! Die schwarzen Schafe sind billiger!)


Weitere Änderungen haben wir beim Parallelhandel
vorgenommen, weil wir uns beim Thema „kriminelles
Handeln“ einig sind. Wir haben hier eine Strafbeweh-
rung geschaffen.

Lassen Sie uns auch das Thema Gewässerabstand be-
handeln. Man braucht sich nur anzuschauen, was beim

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(C (D lten Land los ist, um festzustellen, dass dort für die unrschiedlichen Pflanzenschutzmittel unterschiedliche ewässerabstände definiert sind. Da heißt es, angepasst nd angemessen mit Blick auf die standortliche Situation u handeln. Genau das wollen wir tun. Wir haben bei den Pflanzenstärkungsmitteln eine genderte Situation aufgrund des EU-Rechts. Deswegen önnen wir damit nicht mehr ganz so einfach wie vorher mgehen. Trotzdem haben wir eine Sonderregelung für flanzenstärkungsmittel aufgenommen, nämlich eine einhrige Übergangsfrist. Auch beim Import von Jungpflanzen werden wir aners handeln; denn wir können die Vorschläge des Bunesrates so nicht gesetzlich umsetzen. Vielmehr werden ir in anderer Weise den Anliegen gerecht werden. Ich bedaure sehr, dass es uns nicht gelungen ist, für andwirte eine Eins-zu-eins-Umsetzung des EU-Rechts inzubekommen. Wir haben weiterhin eine verkürzte TÜV-Frist im ergleich zu anderen Ländern. Wir haben gleichzeitig en Sachkundenachweis, der statt alle fünf Jahre alle rei Jahre erbracht werden muss. Wir werden darauf ringen müssen, dass die Behörden dies pragmatisch msetzen. Ich bedaure, dass dies nicht gelungen ist. Das t auf Anträge des Bundesrates hin so erfolgt. Ich bin der Überzeugung, dass wir in Deutschland eien sehr verantwortlichen Umgang mit Pflanzenschutzitteln haben. Man kann dies gut daran sehen, dass das ebensmittelmonitoring in jedem Jahr einen deutlichen ückgang von beanstandetem Obst und Gemüse aus eutschem Anbau zeigt. Inzwischen werden weniger als Prozent beanstandet. In der letzten Untersuchung lag er Wert bei 1,4 Prozent. Das zeigt, wie verantwortlich amit umgegangen wird. Wir sehen es auch daran, dass ich beispielsweise die Lebensmittelwarnungen der EU icht auf die Kontamination mit Pflanzenschutzmitteln eziehen, sondern beispielsweise auf Kontaminationen it Pilzgiften oder mit Bakterien. ir erinnern uns an die Ehec-Krise, die uns deutlich vor ugen geführt hat, welche Gefährdungen von gefährli hen Bakterien ausgehen. Wir können auch feststellen, ass die Zahl der Schadensmeldungen der Imker in den tzten Jahren deutlich zurückgegangen ist. Ich halte das r gut. Wir müssen daran arbeiten, dass es gar keine chadensmeldungen mehr gibt. Insgesamt gesehen können wir feststellen, dass der mgang mit Pflanzenschutzmitteln verantwortlich ist. ir wollen ihn weiter verbessern. Wir wollen über den ationalen Aktionsplan zu einer deutlichen Minimieng kommen. Ich bin mir sicher, dass wir mit diesem esetz auf einem guten Weg dahin sind. Danke schön. )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Gustav Herzog [SPD]: Na ja!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713916600

Alexander Süßmair ist der nächste Redner für die

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Alexander Süßmair (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713916700

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kei-

ner von uns will Rückstände von chemischen Pflanzen-
schutzmitteln im Salat mitessen, und keiner von uns will
in einen Apfel beißen, aus dem er von einem Wurm an-
gelächelt wird. Genau in diesem Dilemma befinden wir
uns beim Thema Pflanzenschutzmittel.

Pflanzenschutzmittel bewahren die Erträge aus Gar-
ten und Ackerbau vor Schaden. Der Einsatz von Dünge-
und Pflanzenschutzmitteln trägt zur betriebswirtschaft-
lichen Effizienz und zu höheren Erträgen der landwirt-
schaftlichen Produktion bei. Aber betriebswirtschaftli-
che Effizienz bedeutet auch die Spezialisierung auf nur
wenige Anbaukulturen und damit die Ausbreitung von
Monokulturen. Das hat zur Folge, dass viele Pflanzen
anfälliger für Schädlinge werden. Deshalb werden mehr
Pestizide gespritzt, und die Umwelt wird stärker belastet.
Genau das ist der Konflikt zwischen Ökonomie und
Ökologie, der durch den Wunsch nach ständigem
Wachstum verstärkt wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass es einen eindeuti-
gen Zusammenhang zwischen dem Verlust an Tier- und
Pflanzenarten in der Natur und der Intensivierung der
landwirtschaftlichen Erzeugung gibt.

Die Anhörung im Ausschuss für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz hat alle Fehler des vorlie-
genden Gesetzentwurfs auf den Tisch gebracht. Mit die-
sem Gesetzentwurf wird es keine Verbesserung beim
Gewässerschutz geben, das steht jetzt schon fest. Hätten
Sie den Willen der EU umgesetzt, wären konkrete gesetz-
liche Vorgaben im Gesetz die Folge gewesen. Aber das
Gegenteil ist der Fall. In Ihrem Gesetzentwurf ist zum
Beispiel kein Mindestabstand zu Gewässern bei der An-
wendung von Pflanzenschutzmitteln enthalten. Wasser-
und Naturschutzgebiete hätten berücksichtigt werden
müssen. Sie werden aber nicht berücksichtigt. Das ist für
uns nicht akzeptabel.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Pestizide schädigen nicht nur Pflanzen und Tiere,
sondern auch uns Menschen. Menschen verbringen be-
sonders viel Zeit in Gärten und sind eng mit der Natur
verbunden. Deshalb kann nicht jedes Mittel, das für den
Acker zugelassen ist, für den Schrebergarten genehmigt
werden. Besonders in diesem Bereich möchten wir Ar-
tenvielfalt bewahren. Die Menschen sollen sich sicher
erholen und Kinder gefahrlos spielen können.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D eshalb dürfen nur Mittel mit geringem Risiko ohne achkundenachweis zugelassen werden. Das hätten Sie Gesetzentwurf regeln müssen, haben Sie aber nicht. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ir sind der Meinung: Pflanzenschutzmittel mit hohem
isiko gehören nicht in den Garten.


(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE] und Harald Ebner [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Wird der vorliegende Gesetzentwurf zum Pflanzen-
chutz den heutigen Anforderungen an eine nachhaltige
nd umweltgerechte Agrarwirtschaft gerecht? Wir mei-
en, nein. Mit Ihrem Gesetzentwurf zum Pflanzen-
chutzrecht wird die Chance verspielt, klare Vorgaben zu
achen und einen Schritt zum Erhalt der biologischen
ielfalt zu tun. Heute wird wieder einmal deutlich, wer
nen die Feder für den vorliegenden Gesetzentwurf ge-
hrt hat, nämlich eine Lobby aus Landwirtschafts- und
grarindustrie. Dafür spricht auch, dass Naturschutz-,
asserwirtschafts- und Umweltverbände den Gesetzent-
urf für ein Feigenblatt zugunsten der Agroindustrie
alten. Damit haben Sie von der Koalition wieder einmal
ie Gelegenheit verpasst, eine nachhaltige Lösung im
inne des Schutzes von Umwelt, Natur und Mensch zu
nden.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ie Linke wird deshalb den Gesetzentwurf ablehnen.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN – Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Das überrascht mich!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713916800

Nächster Redner ist der Kollege Harald Ebner, Bünd-

is 90/Die Grünen.


Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713916900

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Die Kolleginnen und Kollegen von der Koali-
on haben hier und auch gestern im Ausschuss viel von
armonisierung, beschleunigter Zulassung und Parallel-
andel gesprochen. Das hört sich für mich fast so an, als
b der vorliegende Gesetzentwurf vor allem die Pro-
leme der Industrie lösen soll. So kann man natürlich an
in Gesetz herangehen – das erwarte ich schon fast von
er Koalition –, man kann aber auch die Probleme der
enschen und der Umwelt lösen wollen. Da muss der
lick über den Ackerrand hinausgehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir finden heute im Blut von Eisbären in der Arktis
ückstände von Pflanzenschutzmitteln und deren Meta-
olite. Die WHO hat 1990 aufgehört, die Fälle der jährli-
hen akuten Pestizidvergiftungen von Menschen zu zäh-
n. Damals war man bei 3,5 bis 5 Millionen Fällen pro

ahr angelangt. Das heißt, die Stoffe gelangen in die hin-





Harald Ebner


(A) )


)(B)

tersten Winkel der Welt und entfalten auch dort ihre Wir-
kung, wo wir es längst nicht mehr brauchen. Das ist die
Problemlage.

Weil es eben nicht um harmlose Substanzen geht
– wir reden hier über Pestizideinsatz –, muss ein moder-
nes Pflanzenschutzgesetz zum Ziel haben, den Einsatz
von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren und diejenigen,
die dennoch angewandt werden, vor ihrer Zulassung zu-
verlässig und umfassend auf ihre Risiken für Mensch
und Umwelt zu prüfen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dass dies gegenwärtig nicht in ausreichendem Maß der
Fall ist, zeigen die zahlreichen Fälle der erst viel zu spät
erkannten Gefährlichkeit von Pestiziden: in der Vergan-
genheit bei Atrazin oder aktuell bei Glyphosat und Tal-
lowaminen. Weil in Ihrem Gesetzentwurf das Ziel der ef-
fektiven Reduktion gar nicht zu finden ist und auch das
Ziel einer wirklichen Risikovorsorge nicht zufriedenstel-
lend angegangen wird, kann die Novelle nicht mit ein
paar Änderungen geheilt werden.

Welche Kernpunkte muss ein modernes Pflanzen-
schutzgesetz abdecken? Diese Punkte haben wir in unse-
rem Entschließungsantrag aufgeführt: Das beginnt bei
einer gründlichen Zulassungsprüfung, die im Interesse
von Verbrauchern, Landwirtschaft und Umwelt auf den
Ergebnissen einer unabhängigen Risikoforschung basie-
ren muss. Das Gegenteil ist heute der Fall. Es darf nicht
weiter so sein, dass sämtliche Daten für die Zulassung
von Pestiziden von den Herstellern dieser Mittel selber
stammen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Gerade hier gilt: „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ und
nicht umgekehrt. In Ihrem Gesetzentwurf fehlt sogar
eine verbindliche Definition der guten fachlichen Praxis;
das hat Herr Herzog schon dargestellt. Es fehlen Anga-
ben über die Abstände zu Gewässern. Wir wollen einen
Mindestabstand von 5 Metern und spezifische Risiko-
minderungsmaßnahmen. Die Haus- und Kleingärten
wurden vom Kollegen Süßmair schon angesprochen;
hier sind wir ganz auf einer Linie.

Die Ökobauern wollen ihre Pflanzen stärken, statt
Schädlinge und Nützlinge zu vergiften. Deshalb brau-
chen wir längere Übergangsfristen bei der Zulassung
von Pflanzenstärkungsmitteln. Ja, Herr Kollege Gerig,
da haben Sie völlig recht, aber Sie haben sich im Gesetz-
entwurf nicht zu einer richtigen Lösung durchringen
können. Aber was will man von dieser Bundesregierung
schon erwarten, wenn Staatssekretär Bleser schon beim
Wort „Ökolandbau“ eine „Stimmhemmung“ hat, wie
gestern nach eigenem Bekunden im Ausschuss gesche-
hen.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie peinlich! – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: So ist er!)


Ich komme langsam zum Schluss. Wir waren schon
einmal wesentlich weiter auf dem Weg zu einer umwelt-
verträglichen und nachhaltigen Landwirtschaft. Nach
2005 kam leider ein Rollback. Aus dem Reduktionspro-

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(C (D ramm Pflanzenschutz wurde ein unverbindlicher Akonsplan. Der vorliegende Gesetzentwurf verfestigt dieen Rollback zum Dauerzustand. Damit verabschiedet ich die Bundesregierung leider von dem Ziel der EU, ie Abhängigkeit vom Pestizideinsatz zu verringern. rankreich geht einen anderen Weg. Dort sagt man: Wir ollen den Pestizideinsatz um 50 Prozent verringern. – as könnte man sich zum Vorbild nehmen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Gustav Herzog [SPD]: Und Frankreich hat eine Pestizidsteuer!)


Sie legen zum wiederholten Male einen Gesetzent-
urf vor, der zwar vorgibt, dass im Sinne von Verbrau-

hern und Umwelt gehandelt wird, in Wahrheit folgt
an aber den Interessen einer Lobbygruppe. Die Frage
t doch, welche Landwirtschaft wir wollen: Eine billi-
ere oder eine bessere?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Gustav Herzog [SPD]: Ich bin für die bessere! – Norbert Schindler [CDU/CSU]: Wir sind für die gute fachliche Praxis!)


Wir wollen eine nachhaltige, zukunftsorientierte
andwirtschaft, die Umwelt und biologische Vielfalt,
lso unsere Lebensgrundlagen, auf Dauer schützt und er-
ält, statt sie zu vergiften. Dafür müssen wir immer we-
iger Pestizide einsetzen, und das immer sicherer. Diese
ielsetzung fehlt in Ihrem Gesetzentwurf leider voll-
ommen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713917000

Lieber Kollege Ebner, das war Ihre erste Rede im

eutschen Bundestag, zu der ich Ihnen herzlich gratu-
ere, verbunden mit allen guten Wünschen für die wei-
re Arbeit.


(Beifall)


Nun hat der Kollege Max Lehmer das Wort für die
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Max Lehmer (CSU):
Rede ID: ID1713917100

Danke. – Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr

erehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich begrüße
ie Sie alle und wie meine Vorredner die Ziele des vor-
egenden Gesetzentwurfs, welcher der Umsetzung des
U-Pflanzenschutzpaktes dient. Ich unterstütze, auch als
raktiker, ausdrücklich die weitere Harmonisierung der
flanzenschutzmittelzulassungen und der Gewährleis-
ng eines hohen Schutzniveaus in der gesamten Euro-

äischen Union.

Bei der Umsetzung des Gesetzes in die Praxis muss
ber noch auf einige unbürokratische Lösungen für un-
ere Landwirte geachtet werden. Herr Herzog, da haben
ir sicher noch einige Hausaufgaben zu machen. So be-

teht zum Beispiel bei der Frage der TÜV-Fristen, also





Dr. Max Lehmer


(A) )


)(B)

bei der technischen Prüfung von Spritzgeräten, noch
Handlungsbedarf.


(Gustav Herzog [SPD]: Aber Sie wollen jetzt nicht die Pflanzenschutzsteuer wie in Frankreich einführen? – Gegenruf des Abg. Norbert Schindler [CDU/CSU]: Das kostet Geld!)


– Nein. Darüber reden wir separat noch einmal. Darüber
können wir gerne diskutieren.

Allgemein ist zu sagen, dass die Regelungen in
Deutschland ein hohes Niveau haben und die EU-Vorga-
ben übertreffen, was der Sicherheit der Verbraucher, aber
auch der Umwelt und der Wettbewerbsfähigkeit unserer
Landwirtschaft dient. Gleiches gilt für die hohe Sach-
kunde unserer Anwender.

Ich kann es mir nicht verkneifen, eines an die Adresse
einiger meiner Vorredner zu richten: Sie müssen sich
dringend einmal mit den zehnjährigen Zulassungsprü-
fungen für ein Präparat befassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie müssen einmal sehen – ich wende mich insbesondere
an meinen Vorredner –, welche Prüfungen in ökotoxiko-
logischer, toxikologischer, human- und umwelttoxikolo-
gischer Hinsicht und zur Wassergängigkeit durchgeführt
werden müssen. So ein Prozess dauert zehn Jahre und
kostet 250 Millionen Euro. Ich sage Ihnen das nur.

Alles, was Sie erst bei der Anwendung verlangen,
wird schon vorher in weiten Bereichen – Herr Herzog
weiß das – geprüft. Dass trotzdem – das gilt im Straßen-
verkehr genauso wie bei allen Anwendungen von Präpa-
raten und Produkten – bei Anwendungen Unregelmäßig-
keiten auftreten und Fehler passieren, die nachhaltig zu
vermeiden sind, ist unstrittig. Aber Sie können uns nicht
vorwerfen, man sei zugunsten der Agrarlobby und der
Industrie bei der Zulassung von Präparaten großzügig.
Das ist doch Unsinn pur.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist das aber!)


Erlauben Sie mir, bei dieser Gelegenheit auf einige
grundsätzliche Aussagen zu Pflanzenschutzmitteln ein-
zugehen. In der Tat, Herr Herzog, geht Pflanzenschutz
uns alle an; das ist aber leider nicht allen bewusst. Da-
rum möchte ich auf ein paar Punkte zu sprechen kom-
men, die vor allen Dingen den Verbraucher angehen.
Pflanzenschutz ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil
moderner Produktionstechnik; daran gibt es für mich in
der Landwirtschaft keine Zweifel. Eines darf man uns
nicht vorwerfen: Wir sind längst über das Prinzip „Viel
hilft viel“ hinaus. Ich bin jetzt seit 50 Jahren gelernter
Landwirt. Am Anfang konnte man die Mittel vielleicht
nicht so genau dosieren; dies lag auch an der Technik.
Schon seit vielen Jahren werden anspruchsvolle Pro-
gnose- und Diagnosemodelle als Entscheidungsgrund-
lage für Pflanzenschutzmaßnahmen in der Praxis viel-
fach genutzt.

Für nahezu alle Anwendungssegmente werden soge-
nannte Schadschwellen definiert, wodurch sichergestellt

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(C (D ird, dass Pflanzenschutzmittel erst dann ausgebracht erden, wenn Gefahr im Verzug ist und ein entsprechener Schaden prognostiziert werden kann. Diese anpruchsvollen Anwendungsgrundlagen dienen sowohl em Landwirt für einen kostengünstigen Pflanzenschutzinsatz – ein Landwirt wird nicht beliebig viel, sondern öglichst wenig einsetzen; denn die Mittel sind sehr uer; das muss klar sein – (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ls auch der Umwelt, indem nur die unbedingt notwen-
ige Menge an Präparaten eingesetzt wird. Ein derart
chkundiger Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, wie er
der Praxis gängig ist, hat auch dazu geführt, dass nur

och in Ausnahmefällen Rückstände in Ernteprodukten
us deutscher Produktion gefunden werden, die aber in
ller Regel keine toxikologische Relevanz erreichen.

Pflanzenschutz – das bedauere ich sehr – wird in der
ffentlichen Wahrnehmung allgemein mit großer Skepsis
egegnet. Gespräche mit Bürgern bestätigen eine sehr kri-
sche Einstellung gegenüber dem chemischen Pflanzen-
chutz – das muss man konstatieren –, welche meiner
uffassung nach – ich bin in der Diskussion immer an der
ront – einem verbreiteten Informationsdefizit geschul-
et ist. Dies liegt meines Erachtens unter anderem auch
aran, dass viele Kritiker des Pflanzenschutzes – auch
as haben wir heute wieder gehört – Begriffe wie „Pesti-
ide“ und bösartige Worte, die negative Assoziationen
ervorrufen sollen, verwenden.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind es Pestizide oder nicht? Worüber reden wir denn?)


ie nehmen woanders auch nicht englische Begriffe. Wir
ollten über Pflanzenschutzmittel sprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist Pestizid englisch?)


Der Begriff „Pflanzenschutzmittel“ kommt der Sache
iel näher als „Pestizid“.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Falsch!)


flanzenschutzmittel haben die Aufgabe, Pflanzen vor
chädlingen, Krankheiten und Konkurrenzpflanzen zu
chützen; sonst wären weder Ertrag noch Menge noch
ualität erreichbar. Sie werden zum Schutz gegen
rankheiten und Schädlinge eingesetzt.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Pestizide sind mehr als Pflanzenschutz!)


Ach, Frau Kollegin, Sie sind doch auch Agrarexpertin!


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Eben!)


Letztlich geht es beim Pflanzenschutz darum, Ernte-
rträge zu sichern und die zum Teil erheblichen Ertrags-
erluste durch Pilzerkrankungen und Schädlinge zu ver-





Dr. Max Lehmer


(A) )


)(B)

meiden. Es geht nicht immer darum, Erträge zu steigern,
sondern darum, Schäden und Verluste zu minimieren.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713917200

Herr Kollege.


Dr. Max Lehmer (CSU):
Rede ID: ID1713917300

Pflanzenschutzmittel leisten daher einen wichtigen

Beitrag zur Ernährungssicherung und durch die Erzeu-
gung gesunder und befallsfreier Ernteprodukte auch zur
gesunden Ernährung.

Wichtig ist ein Fall, den ich Ihnen schildern möchte.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713917400

Nein, Herr Kollege, das wird jetzt nicht mehr gehen,

weil wir schon deutlich über die vorgesehene Zeit sind.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Max Lehmer (CSU):
Rede ID: ID1713917500

Ich bin gleich fertig. Ein Beispiel sei mir noch er-

laubt, Herr Präsident. – Es geht auch um die Bekämp-
fung humantoxischer Stoffe, wie sie zum Beispiel durch
Fusarien, also Schimmelpilze, im Getreide gebildet wer-
den. Schließlich haben wir durch eine Mykotoxin-
Höchstmengenverordnung dazu beigetragen, die Men-
schen vor Schaden durch dieses natürliche Gift zu schüt-
zen. Dies zeigt, dass auch natürliche Gifte erhebliche
Probleme mit sich bringen. Ein geordneter Pflanzen-
schutz, der Ökologie, Ökonomie und den Menschen
schützt, ist unabdingbar.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Das war das nachträgliche Geburtstagsgeschenk! – Iris Gleicke [SPD]: Zwei Minuten zum Geburtstag!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713917600

Ja. Das war in der Tat der Zuschlag, den ich auch an-

deren Kollegen einmal im Leben aus Anlass des 65. Ge-
burtstages hiermit förmlich in Aussicht stelle.


(Heiterkeit und Beifall)


Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den von der
Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Neu-
ordnung des Pflanzenschutzrechtes. Der Ausschuss für Er-
nährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz empfiehlt
unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf der
Drucksache 17/7671 (neu), den Gesetzentwurf der Bun-
desregierung auf den Drucksachen 17/7317 und 17/7369
in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejeni-
gen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zu-
stimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetzent-
wurf in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition
gegen die Stimmen der Opposition angenommen.

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(C (D Wir kommen zur dritten Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der esetzentwurf in dritter Lesung mit den Stimmen der oalition angenommen. Unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf er Drucksache 17/7671 ine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt dieser Bechlussempfehlung zu? – Wer stimmt dagegen? – Wer nthält sich der Stimme? – Damit ist die Beschlussemphlung mit erkennbarer Mehrheit angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlieungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf rucksache 17/7680. Wer stimmt für diesen Entschlieungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält ich? – Damit ist dieser Entschließungsantrag mehrheitch abgelehnt. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 8 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Fritz Kuhn, Dr. Wolfgang StrengmannKuhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Jetzt Voraussetzungen für die Einführung eines Mindestlohns schaffen – Drucksache 17/7483 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Haushaltsausschuss Dafür werden die Pflanzenschutzexperten offenkundig icht alle benötigt. Vielleicht können wir den Personalechsel zügig durchführen. (Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Aber es schadet auch nicht, Herr Präsident!)


(Unruhe)


Nein, es schadet überhaupt nicht. Im Gegenteil: Ge-
de der Blick aus einer anderen Perspektive tut dem
inden sachgerechter Lösungen meistens gut.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Da sind wir einer Meinung, Herr Präsident!)


Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Dazu gibt

s offenkundig keine Meinungsverschiedenheit. Dann
önnen wir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der
ollegin Brigitte Pothmer für die Fraktion Bündnis 90/
ie Grünen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713917700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben

ns entschieden, diesen Antrag hier und heute ins Ple-
um einzubringen, weil wir davon überzeugt sind, dass
s nicht nur in der Gesellschaft eine riesengroße Mehr-





Brigitte Pothmer


(A) )


)(B)

heit für einen Mindestlohn gibt, sondern dass es diese
Mehrheit in Wahrheit auch in diesem Parlament gibt. Es
gibt eine Mehrheit dafür, Lohndumping zu stoppen und
faire Wettbewerbsbedingungen durchzusetzen.

Wir haben ganz bewusst darauf verzichtet, in diesen
Antrag Maximalforderungen zu schreiben. Wir betonen
nicht das Trennende. Wir betonen die Gemeinsamkeiten,
die sich herauskristallisiert haben. Wir haben deswegen
auch darauf verzichtet, in unserem Antrag bereits die
Höhe des Mindestlohnes festzulegen. Wir wollen, dass die
Höhe des Mindestlohns von einer Mindestlohnkommis-
sion festgesetzt wird und dass diese Mindestlohnkommis-
sion bei der Festsetzung der Höhe des Mindestlohns auch
die sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen be-
rücksichtigt.

Meine Damen und Herren von der Unionsfraktion,
wenn ich Ihre Anträge für den Bundesparteitag, Ihre
Stellungnahmen der letzten Tage und Wochen und das
berücksichtige, was hier heute gesagt worden ist, dann
komme ich zu dem Schluss, dass wir selbst Sie mit unse-
rem Antrag nicht überfordern.


(Lachen des Abg. Dr. Peter Tauber [CDU/ CSU])


Wo ist eigentlich Herr Weiß? Herr Weiß hat heute hier
im Rahmen der Aktuellen Stunde nämlich gesagt, die
CDU sei die Partei des Mindestlohnes.


(Dr. Peter Tauber [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Iris Gleicke [SPD]: Der Innenminister hat gestern genau das Gegenteil gesagt!)


Herr Weiß, jetzt ist die Stunde der Wahrheit gekommen.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Das waren wir doch schon immer, Frau Pothmer! Wir haben immer schon für einen Branchenmindestlohn gekämpft!)


Sie können das unter Beweis stellen und zeigen, dass Sie
nicht nur große Reden halten können, sondern dass Sie
auch in der Lage sind, diesen Reden Taten folgen zu las-
sen und das in Ihrer Partei und Ihrer Fraktion auch
durchzusetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das wollen die nicht!)


Ich sage Ihnen: Sie müssen sich jetzt einmal entschei-
den,


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Wir haben uns ja schon entschieden!)


ob Sie weiterhin wollen, dass 3,4 Millionen Menschen
nach getaner Arbeit mit weniger als 7 Euro pro Stunde
nach Hause gehen. Sie müssen sich entscheiden, ob Sie
Lohngerechtigkeit wirklich wollen, und zwar für alle,
unabhängig davon, ob sie für Hungerlöhne aufgrund ei-
nes Tarifvertrages oder für Hungerlöhne außerhalb von
Tarifverträgen arbeiten. Sie müssen sich entscheiden, ob
Sie weiterhin Lohndumping zulassen oder faire Wettbe-
werbsbedingungen durchsetzen wollen.

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(C (D Alle Umfragen zeigen, dass Sie von der Union unter inem erheblichen Beweisdruck stehen. Die Bevölkeng nimmt Ihnen Ihren Kursschwenk in Sachen Min estlohn nämlich nicht ab. Sie müssen jetzt zeigen und önnen jetzt unter Beweis stellen, dass es Ihnen nicht infach nur darum geht, politische Geländegewinne zu rzielen – mit der Zustimmung zu unserem Antrag könen Sie diese Zweifel ausräumen –, sondern dass Sie uch die Menschen, die für Hungerlöhne arbeiten, im lick haben. Ich danke Ihnen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713917800

Peter Tauber von der CDU/CSU-Fraktion ist der

ächste Redner.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Peter Tauber (CDU):
Rede ID: ID1713917900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine

erren! Es ist nach der Aktuellen Stunde das zweite Mal
m heutigen Tage, dass wir über das Thema Mindestlohn
prechen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das machen wir so oft, bis er kommt!)


Sie müssen damit leben: Wir halten uns an demokrati-
che Spielregeln. Es ist normalerweise so, dass man erst
uf einem Parteitag diskutiert und dann in ein Parlament
eht, um dort Entscheidungen zu treffen. Vielleicht ist
as bei Ihnen anders, aber wir machen das so, und wir
euen uns natürlich, dass die innerparteilichen Debatten
der Union bei Ihnen auf ein so großes Interesse sto-

en.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was wollen Sie denn eigentlich?)


Ich muss Sie allerdings ein bisschen aufklären. Viel-
icht beschäftigen Sie sich nicht intensiv genug mit
em, was die Union bei diesem Thema umtreibt. Ein
lick in unser Grundsatzprogramm hilft. Ich möchte Ih-
en gerne zwei Abschnitte daraus vorlesen, die ich Ihnen
xtra mitgebracht habe.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sehr schön!)


Der erste Abschnitt lautet:

Unser Leitbild für Deutschland ist die Chancenge-
sellschaft, in der die Bürger frei und sicher leben.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Blabla!)


Sie steht für Respekt vor Leistung und Erfolg. Und
wir wollen die soziale Verankerung in die gesell-
schaftliche Mitte auch für jene, die bisher davon
ausgeschlossen sind.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Warme Worte!)


Jetzt können Sie aufschreien und sagen: Super, genau
eswegen muss die Union jetzt ja für einen gesetzlichen
indestlohn sein.





Dr. Peter Tauber


(A) )


)(B)


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das wäre mal konsequent!)


So einfach ist es nicht. Sie werden es nicht erleben, dass
die Union in einen Bieterwettstreit um den möglichst
höchsten gesetzlichen Mindestlohn eintritt, nach dem
Motto: Immer zweimal mehr als du.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht in unserem Antrag auch nicht drin!)


Das ist keine Lösung für die Probleme.

Dass wir das so sehen, liegt an einem weiteren Satz,
den Sie so wahrscheinlich in der Tat nur in unserem Par-
teiprogramm und nicht in Ihrem finden. Er lautet:

Die Einsicht in die Fehlbarkeit des Menschen be-
wahrt uns vor der Gefahr, Politik zu ideologisieren,
und zeigt uns die Grenzen der Politik auf.

Genau das tun Sie beim Thema Mindestlohn natürlich
seit langer, langer Zeit. Sie ideologisieren


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ideologisieren tut immer der andere! Tolle Logik!)


und verschieben die Grenzen der Politik in einen Be-
reich, in dem wir uns tunlichst zurückhalten sollten;
denn auch das ist eben eine Lehre aus den ersten 60 Jah-
ren der Bundesrepublik Deutschland: Der Erfolg der so-
zialen Marktwirtschaft ist maßgeblich auf der Grundlage
der Tarifautonomie aufgebaut worden. Da hat sich die
Politik aus dem einen oder anderen herauszuhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ludwig Erhard hat recht. Er hat einmal den schönen
Satz gesagt: Die Sozialdemokraten habe ich schon 1948
als Nachtwächter bezeichnet. Sie sind es bis zum heuti-
gen Tage geblieben. – Das gilt unverändert fort, denn
nachdem 1987 – hören Sie gut zu; ich glaube, das hat Ih-
nen der Kollege Weiß heute auch schon erklärt – der
erste branchenspezifische Mindestlohn eingeführt wor-
den ist, sind seitdem zehn weitere Branchen gefolgt. Und
man höre und staune: Jedes Mal war ein Christdemokrat
Bundeskanzler. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.
Deswegen brauchen wir da keine Nachhilfe.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Jetzt kann man fragen: Was haben Sie eigentlich ge-
macht? Auch Sie haben einmal regiert.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sogar mit Ihnen zusammen, leider!)


– Auch mit uns zusammen. – Dabei haben wir mit einer
christdemokratischen Kanzlerin den einen oder anderen
branchenspezifischen Mindestlohn eingeführt.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Gegen Ihren Widerstand durchgesetzt! – Gabriele HillerOhm [SPD]: Zum Jagen tragen!)


Sie haben in Ihrer Regierungszeit andere Dinge ge-
macht. Sie haben auch ohne Mindestlohn 5 Millionen
Arbeitslose erreicht. Sie haben Griechenland in die
Euro-Gruppe aufgenommen. Sie haben die Maastricht-

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(C (D riterien verletzt. Sie haben ein Körperschaftsteuergeetz geschaffen, bei dem die Konzerne Abschreibungsöglichkeiten für Investitionen in Brasilien oder in roßkrotzenburg hatten. (Sebastian Blumenthal [FDP]: Eine Superbilanz ist das!)


ie haben am Ende ein Finanzmarktförderungsgesetz be-
chlossen, anstatt sich um das zu kümmern, was Sie jetzt
infordern.

Ich möchte einmal das vorlesen, was Franz
üntefering damals gesagt hat. Er hat zum Beispiel er-

lärt, es sei darauf zu achten, dass unnötige Belastungen
r die Unternehmen der Finanzdienstleistungsindustrie

ermieden werden. Regulierung sei kein Selbstzweck.
ie Bundesregierung solle weitere Maßnahmen zur
chaffung eines leistungsfähigeren, international wettbe-
erbsfähigen Verbriefungsmarktes prüfen. Und Sie ha-
en Derivate, Hedgefonds etc. zugelassen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Genau! Wir haben die Finanzkrise erfunden! Klar! Wo leben Sie denn?)


Dass Sie bei diesen politischen Entscheidungen keine
eit hatten, einen branchenspezifischen oder gar einen
esetzlichen Mindestlohn einzuführen, das mag Ihnen
achgesehen werden. Sie hatten in der Tat ein volles Ar-
eitsprogramm. Aber uns hier vorzuwerfen, wir seien
ntätig gewesen, das schlägt dem Fass den Boden aus.


(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Sind Sie doch das ganze Jahr!)


Nein, das sind wir eben nicht. – Wir haben elf bran-
henspezifische Mindestlöhne eingeführt. Wir reden
tzt darüber, eine Lohnuntergrenze dort einzuführen, wo

s keinen tariflichen Lohn gibt.


(Katja Mast [SPD]: Wie hoch ist denn der Lohn, der anständig ist? – Weiterer Zuruf von der SPD: Das war schwierig, nicht wahr?)


Für Sie reicht es intellektuell immer noch, Frau Kolle-
in. Ganz ehrlich: Diese Bemerkung kann ich mir nach
iesem Zwischenruf nicht verkneifen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Bürgerliche Manieren? Unglaublich!)


Herr Heil, auch da gilt das, was ich Ihrer Kollegin ges-
rn gesagt habe: Wer schreit, hat unrecht.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nehmen Sie das einmal zurück! Gehen Sie noch einmal zur Jungen Union!)


ie können sich zu einer Zwischenfrage melden. Sie
önnen weiter toben. Aber trotzdem werde ich mich
icht auf Ihr Niveau in der Debatte herablassen. Da kön-
en Sie ruhig weiterschreien.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es bleibt dabei: Wir haben elf branchenspezifische
indestlöhne eingeführt. Wir streiten für eine Lohnun-
rgrenze, die genau dies leisten soll. Dass sich die Tarif-





Dr. Peter Tauber


(A) )


)(B)

partner, also starke Gewerkschaften gemeinsam mit Un-
ternehmern, die sozialverantwortlich handeln, darauf
verständigen, das ist soziale Marktwirtschaft.


(Zuruf von der LINKEN: Märchenstunde!)


Wir brauchen beide Seiten: starke Gewerkschaften und
sozialverantwortlich handelnde Unternehmer.

Das hat in der Vergangenheit gut funktioniert. Diese
gesellschaftlichen Kräfte müssen wir stärken. Wir dürfen
nicht glauben, dass wir das in einem Bieterwettbewerb
in der Politik besser machen. Dabei bleibt es. Das wer-
den Sie am Montag und am Dienstag auf dem Bundes-
parteitag der Union mitverfolgen können.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nichts kommt dabei heraus!)


Ich lade Sie dazu herzlich ein. Der Lerneffekt kommt
manchmal bei der Wiederholung.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Machen Sie ein Gesetz oder nicht?)


Insofern ist es gut, dass Sie zugehört haben.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713918000

Gabriele Lösekrug-Möller ist die nächste Rednerin

für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1713918100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Viele im Bundestag kennen
das Struck’sche Gesetz. Das heißt: Kein Gesetz verlässt
das Parlament so, wie es eingebracht wurde. Dieses Ge-
setz zeigt, wie kraftvoll ein Parlament ist.

Kennen Sie das Merkel’sche Gesetz? Es lautet: Je ve-
hementer etwas abgelehnt wird, desto sicherer kommt es
dann. Das haben wir beim Atomausstieg gesehen. Das
haben wir bei der Abschaffung der Wehrpflicht erlebt.
Auch beim Schuldenschnitt für Griechenland kam dieses
Gesetz zum Tragen.


(Beifall bei der SPD)


Ich frage Sie: Wie lange müssen wir jetzt warten, bis das
Merkel’sche Gesetz in Sachen Mindestlohn kommt?

Ich sage Ihnen: Jeder Tag, der untätig vergeht, ist ein
verlorener Tag für 1,6 Millionen Menschen, die hart ar-
beiten, vollschichtig erwerbstätig sind und trotzdem am
Ende nicht von ihrer Hände Arbeit leben können. Sie
finden nicht, dass es ein Witz ist, wenn der Kollege Weiß
heute sagt: „Mindestlöhne sind das Markenzeichen der
CDU.“ Herr Kollege Weiß, darüber mögen Sie lachen
können und sich freuen. Die Menschen, die am Ende des
Monats nicht genug Geld haben, empören sich darüber.
Denn sie fühlen sich in ihrer Lebenssituation nicht ver-
standen.

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(C (D ie haben die Hoffnung, dass ihnen bei dem Schauspiel, as gerade anfängt, in der nächsten Woche in Leipzig ilfe zuteilwird. Wir können ihnen heute schon sagen: orsicht an der Bahnsteigkante! Aller Wahrscheinlicheit kommt nichts dabei heraus. Herr Tauber, hatten nicht auch Sie kürzlich Post vom GB? Ich habe einen Brief vom DGB bekommen mit er herzlichen Bitte, ganz dringend für einen gesetzlihen Mindestlohn zu sorgen. Das sieht nicht nur der GB so, sondern auch die Einzelgewerkschaften sehen s so. Sie halten das für unverzichtbar und sagen: Es hilft nserer Tarifpolitik, wenn es den gesetzlichen Mindesthn gibt. Wenn Sie meinen, dass Sie an der Seite der Tarifveragsparteien stehen, sollten Sie aufpassen, dass Sie nicht Kürze ganz allein dastehen. Das sieht nämlich gar icht gut aus, und es hilft auch den Menschen nicht. Frau Lösekrug-Möller, darf der Kollege Weiß Ihnen ine Zwischenfrage stellen? Immer gern. Frau Kollegin Lösekrug-Möller, es gibt zwei Arten on Politik: Bei der einen redet man einfach viel, (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja, wie bei Ihnen!)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713918200
Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1713918300
Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1713918400

nd bei der anderen handelt man. Können Sie mir bestä-
gen, dass wir in Deutschland auf Vorschlag der Tarif-
artner mittlerweile in zehn Branchen Mindestlohnrege-
ngen haben,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Auf unseren Druck!)


ass diese zehn Mindestlöhne für über 4 Millionen Be-
chäftigte in Deutschland allesamt unter der Kanzler-
chaft von Helmut Kohl und Angela Merkel in Kraft ge-
etzt worden sind und dass unter der Kanzlerschaft von
erhard Schröder kein einziger Mindestlohn in Kraft ge-

etzt worden ist und somit in der Kanzlerschaft eines so-
ialdemokratischen Kanzlers, um mit Ihren Worten zu
prechen, eine besondere Zuneigung zu Menschen im
iedriglohnbereich offensichtlich nicht geherrscht hat?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gabriele Lösekrug-Möller (SPD):
Rede ID: ID1713918500

Darauf antworte ich Ihnen besonders gerne, Herr Kol-

ge Weiß. Denn wir haben viel gemeinsame Zeit im
achausschuss verbracht, und meine Antwort lautet: Es
ibt nur eine gute Politik, und zwar die, bei der Wort und
at zusammenfallen. Das vermisse ich bei der CDU/
SU.





Gabriele Lösekrug-Möller


(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir haben all diese Lösungen organisiert – hören Sie
mir schön zu! –, weil es mit Ihnen nicht möglich war, ei-
nen gesetzlichen Mindestlohn durchzubringen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Zur Wahrheit gehört doch, dass Sie sich über Jahre hin-
weg hinterher die Zähne geputzt haben, wenn Sie das
Wort „Mindestlohn“ in den Mund nehmen mussten. Wir
sind zum Glück ein Stückchen weiter und sagen: Ja, wir
wollen jede Hilfe geben, die möglich ist.

Mehr war nicht drin. Wir sagen: Das reicht uns nicht.
Auch die Gewerkschaften sagen: Das war in Ordnung,
aber wir wollen mehr. Das wollen wir mit der Mehrheit
in Deutschland.

Ich bin fertig mit der Beantwortung der Frage.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Frau Lösekrug-Möller, Sie reden nur, aber gehandelt haben Sie nie!)


– Falsch. Sie haben die Chance, das im Protokoll nach-
zulesen. Dann werden Sie sehen, dass ich Ihnen sehr
korrekt geantwortet habe.

Ich wünsche mir, dass auch bei Ihnen Handeln und
Reden zusammenfallen. Denn das haben die vielen Men-
schen, die immer noch auf einen ordentlichen Lohn war-
ten, verdient. Es reicht nicht aus, wenn man Tarifab-
schlüsse mit Löhnen hat, die unter dem liegen, was zum
Leben reicht. Wir haben heute Morgen lange darüber
diskutiert. Auch diesen Menschen wollen wir helfen. Sie
würden nämlich nicht mit der Lösung klarkommen, die
Sie vorschlagen.


(Beifall bei der SPD)


Sie müssen bei der Wahrheit bleiben: Am Ende wäre
Ihr Vorschlag ein Flickenteppich. Damit könnte man
noch leben, auch wenn Herr Laumann sagt, 500 Lohnun-
tergrenzen seien ein bisschen viel. Ich stehe sehr an sei-
ner Seite. Aber das Allerschlimmste ist: Der Flickentep-
pich hätte riesengroße Löcher. Das wollen wir in der Tat
nicht hinnehmen.

Es ist erwiesen, dass ein gesetzlicher Mindestlohn gut
für Deutschland insgesamt ist. Deshalb finden wir den
Antrag der Grünen, den wir jetzt diskutieren, ausge-
zeichnet. Das ist errechnet worden. Frau Kramme hat
das heute Morgen im Plenum belegt. Es ist interessant,
dass das Ministerium seit August auf Evaluierungser-
gebnissen zu jenen Mindestlöhnen hockt, die wir immer-
hin zustande gebracht haben; denn das waren nicht Sie
allein, Herr Weiß, und auch nicht die CDU/CSU allein.
Das Ergebnis dieser Evaluierung ist: Mindestlohn ist
grundsätzlich richtig.

Interessant ist, dass diese Ergebnisse uns als Parla-
ment bis heute nicht vorliegen. Es gab ein unglaubliches
Geeiere vom Staatssekretär Brauksiepe, der gerade die-
sen Saal betritt. Wir haben eine Ausschusssitzung erlebt,
in der es wirklich bitter zuging, nach dem Motto: Die

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(C (D ndfassung muss noch bearbeitet werden. – Wahrscheinch bekommen wir das Ergebnis nach dem Bundesparitag der CDU. Wir würden uns gar nicht wundern, enn das Ganze auf einmal zusammenpasst. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen gute Beschlüsse Leipzig und den Menschen in Deutschland endlich ei en gesetzlichen Mindestlohn. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713918600

Nächster Redner ist der Kollege Johannes Vogel für

ie FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1713918700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

iebe Kollegin Pothmer, auch ich danke Ihnen, dass wir
ieselbe Debatte am gleichen Tag jetzt das zweite Mal
hren dürfen.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sagen Sie aber mal was anderes!)


as ist eine ganz gute Gelegenheit, sich einmal anzu-
chauen, wie Sie sich das vorstellen. Vielleicht erkennt
an dann auch, dass die Befürchtungen, die wir haben,

erechtfertigt sind.

Ich will erst einmal an die Grundlage dieser Debatte
rinnern; denn sie geht bei den Diskussionen unter den
rbeitsmarkt- und Sozialpolitikern immer unter. Wir re-
en gerne über das deutsche Jobwunder. Darüber freuen
ie sich hoffentlich genauso wie wir: unter 3 Millionen
rbeitslose, eine extrem niedrige Jugendarbeitslosigkeit.
ie Frage ist ja: Kommt das von allein zustande, oder
at das Gründe?


(Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Leiharbeit, Zeitarbeit, Niedriglohn!)


Nein. – Das hat natürlich Gründe, und zwar drei: Klar,
ir haben enorme, innovative, wettbewerbsfähige Un-
rnehmen in Deutschland.

Ja, wir haben einen flexiblen Arbeitsmarkt. Bei vielen
nderen Debatten wird deutlich: Sie wollen gerne zu-
ckdrehen, was Sie einmal erreicht haben. Darüber

treiten wir gerne: über Befristungen, über andere Mög-
chkeiten der Flexibilisierung. Wenn Sie etwa die Zeit-
rbeitsregelungen kaputtmachen wollen, dann wollen
ie das kaputtmachen, was durch mehr Flexibilität er-
icht worden ist.

Aber zum Erfolg auf dem deutschen Arbeitsmarkt ge-
ört eben auch die Tarifautonomie. Dazu gehört eben
uch, dass in Deutschland Arbeitgeber und Arbeitneh-
er die Löhne vereinbaren. Und das ist gut so. Wenn
an die Tarifautonomie achtet, dann kann man, glaube
h, in Anerkennung, dass es in einzelnen Branchen und
einzelnen Unternehmen natürlich Lohnprobleme gibt,





Johannes Vogel (Lüdenscheid)



(A) )


)(B)

die auch wir nicht wollen, nur zu dem Ergebnis kom-
men: Wir gehen dreistufig vor.

Der Regelfall ist: Die Tarifpartner bringen die Lohn-
festsetzung ganz gut ohne die Politik zustande. Wenn die
Tarifpartner einer Branche zu dem Ergebnis kommen,
sie wollen einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich
erklärt haben, dann ist das möglich. Der Kollege Weiß
führt das immer wieder gerne aus – der Kollege Kolb hat
daran schon in den 90er-Jahren mitgewirkt –: Dann wer-
den Branchentarifverträge in der untersten Lohngruppe
für allgemeinverbindlich erklärt.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wie viel Mindestlohn hat das gebracht? Null!)


Dies haben wir in dieser Legislaturperiode schon in vie-
len Branchen gemacht. Nächster Schritt: Selbst wenn es
dann noch Probleme geben sollte, gibt es die letzte Auf-
fanglinie – das Mindestarbeitsbedingungengesetz. Das
heißt, in Summe gibt es keinen Grund, diese Betrach-
tung, die im Kern heißt: „Die Lohnfindung liegt in der
Hand der Tarifpartner und nicht hier im Deutschen Bun-
destag“, zu verlassen.


(Beifall bei der FDP – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit der Mindestlohnkommission?)


– Ich gehe auf Ihren Antrag gleich noch ein, Frau Kolle-
gin Pothmer.

Hier wird immer wieder auf die Evaluation der Bran-
chenmindestlöhne verwiesen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Die es ja nicht gibt!)


Ich will noch einmal festhalten: Diese Evaluation muss
von der Bundesregierung nicht vorgelegt werden; viel-
mehr haben die Koalitionsfraktionen die Regierung auf-
gefordert, sie vorzulegen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja, wir haben sie doch schon! Inoffiziell!)


Deswegen gibt es auch keine Frist, bis zu der sie er-
scheint. Wir werden sie in den nächsten Wochen noch
ausführlich diskutieren.

Sie zitieren immer wieder aus den vorläufigen Ergeb-
nissen, die in der Presse schon kursieren. Selbst bei die-
sen vorläufigen Ergebnissen ist eines klar – das erwarte
ich auch –: Es ist überraschenderweise nicht alles
schlecht, was wir gemacht haben. Noch etwas ist klar:
Die Ergebnisse werden differenziert sein. Dann müssen
aber auch die Lösungen differenziert sein. Warum Sie
aus einer Evaluation von Branchenmindestlöhnen – die
Tarifpartner haben die Lohnhöhe festgelegt – ableiten,
wir könnten jetzt eine allgemeine Lohnuntergrenze für
ganz Deutschland, für alle Branchen, für alle Altersgrup-
pen festlegen, das werden Sie mir noch erklären müssen.


(Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Das ist ganz einfach! Das kann ich Ihnen ganz einfach erklären! Sie müssen nur zuhören!)


Den Grund kann ich nicht erkennen. Ich glaube, das wird
auch aus den Ergebnissen nicht abzuleiten sein. Aber

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(C (D arten wir ab, bis sie vorliegen; dann können wir sie in uhe diskutieren. Sie wollen aber eine allgemeine Grenze; das schreien Sie auch ganz offen. Weil darüber nicht der Bundesg entscheiden soll, verkünden Sie seit, glaube ich, zwei ahren die Umwegkonstruktion, das Ganze werde in eier unabhängigen Kommission behandelt. (Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Herr Kurth, wenn Sie eine Zwischenfrage stellen wol-
n: sehr gerne.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713918800

Gut. – Bitte schön, Herr Kurth. Sie dürfen eine Zwi-

chenfrage stellen.


Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1713918900

Ich habe kurz auf meine Redezeit gesehen. Es ist mir

aher sogar sehr lieb, wenn Sie eine Zwischenfrage stel-
n.


(Heiterkeit)



Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713919000

Herr Vogel, Sie sagen, Sie könnten den Sinn einer all-

emeinen Lohnuntergrenze nicht erkennen. Stimmen Sie
ir zu, dass die Einschätzung Ihres Parteikollegen
ascal Kober, der auch hier sitzt, zutrifft, der – so wird er
umindest in der Welt von heute zitiert – sagte:

Unternehmen zahlen Niedrigstlöhne und wälzen
ihre Kosten so auf Steuer- und Beitragszahler ab.

einen Sie nicht, dass das ein hinreichender Grund ist,
ine allgemeine Untergrenze einzuführen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1713919100

Herr Kurth, sowohl der Kollege Kolb als auch ich ha-

en Ihnen heute Morgen schon gesagt: Was wir nicht
ollen, ist, dass Unternehmer niedrigere Löhne zahlen

ls sie könnten. Niemand von uns wünscht sich niedrige
öhne. Nur, zur Wahrheit, Herr Kurth, gehört – auch das
aben wir heute Morgen nicht zum ersten Mal hinläng-
ch diskutiert –: Zu niedrige Löhne, also Löhne, von de-
en die Menschen nicht leben können, müssen ja Löhne
ein, zu denen die Menschen ergänzende Hartz-IV-Leis-
ngen bekommen. Das betrifft in Deutschland 300 000
enschen, die Vollzeit arbeiten. Die weit überwiegende

ahl dieser Menschen stockt doch nicht wegen der Lohn-
öhe auf, sondern weil sie eine große Familie haben. Wir
önnen das gerne hundertmal diskutieren. Wir glauben,
ass es eine sozialpolitische Errungenschaft ist, dass Fa-
ilien unterstützt werden. Sie machen daraus ein Pro-

lem der Lohnhöhe. Das ist es aber nicht.

Es gibt nur wenige schwarze Schafe unter den Unter-
ehmern, die zu niedrige Löhne zahlen. Dafür müssen
ir eine Lösung finden.





Johannes Vogel (Lüdenscheid)



(A) )


)(B)


(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aha!)


Das ist genau das, was ich eben beschrieben habe. Nur,
es muss doch eine Lösung sein, mit der das Kind nicht
mit dem Bade ausgeschüttet wird und gleich die ganzen
Grundlagen der deutschen Tarifautonomie aufgegeben
werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deswegen kann es nur die dreistufige Lösung geben.
Wenn die Tarifpartner das selber hinbekommen, besteht
kein Handlungsbedarf. Wenn die Tarifpartner keine Eini-
gung erzielen, können wir Tarifverträge für allgemein-
verbindlich erklären – das haben wir in großer Zahl ge-
tan –, und als letzte Möglichkeit haben wir das
Mindestarbeitsbedingungengesetz.

Die Frage ist, warum es, wie Sie sagen, etwas darüber
hinaus geben muss. Damit sind wir bei einer allgemei-
nen Lohnuntergrenze. Ich kann aus Ihren Anträgen der
letzten Jahre nur schließen, dass Sie selber erkennen,
dass dann, wenn die Politik das in der Hand hätte, wir
ganz schnell einen Überbietungswettbewerb bezüglich
der Lohnhöhe hätten. Dann wären wir ganz schnell in
der Situation wie in anderen Ländern, in denen die
Löhne so hoch sind, dass sie die Chancen der Menschen,
einen Arbeitsplatz zu bekommen oder den Arbeitsplatz
zu behalten, zerstören. Genau das wollen wir nicht.

Ich erkenne an, Frau Kollegin Pothmer, dass Sie sich
für eine unabhängige Kommission aussprechen.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Das wäre der erste Schritt!)


Das habe ich gelesen. Wir sollten immer lesen, was wir
uns gegenseitig vorschlagen. Nur, seit zwei Jahren schla-
gen alle drei Fraktionen, die für den Mindestlohn sind,
die Einrichtung einer unabhängigen Kommission vor.


(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir schon seit fünf Jahren!)


– Damals war ich noch nicht dabei. Ich erkenne gerne
an: die Grünen schon seit fünf Jahren. – Das Problem ist:
Sie wollen, dass diese von der Politik unabhängige
Kommission bei der Festlegung der Mindestlohnhöhe
eine bestimmte Grenze nicht unterschreitet. Sie von den
Grünen nennen als Betrag 7,50 Euro,


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht ausdrücklich nicht drin, Herr Vogel!)


Sie von der SPD aktuell 8,50 Euro und Sie von den Lin-
ken 10 Euro. Eine Kommission, der von der Politik vor-
gegeben wird, wie hoch der Lohn zu sein hat, ist alles
andere als unabhängig.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713919200

Herr Kollege, möchten Sie eine weitere Zwischen-

frage beantworten, und zwar vom Kollegen Birkwald?

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(C (D Gerne. Bitte schön. Vielen Dank, Herr Kollege Vogel, dass Sie die Frage ulassen. – Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, ass die drei Oppositionsfraktionen den Vorschlag geacht haben, eine unabhängige Kommission für die estlegung der Steigerungsraten des Mindestlohns einusetzen, dass dieses Verfahren genauso in Großbritanien eingeführt worden ist, wo die Low Pay Commission inen Vorschlag für die Steigerungen vorlegt, und dass ie Einführung des Mindestlohns selbst aber politisch stgesetzt worden ist? Ich kenne das Modell in Großbritannien gut. Darauf eziehen Sie sich in der Tat immer wieder. Wenn man geau hinschaut, stellt man fest, dass die Kommission in roßbritannien nicht nur die Steigerungen festlegt, sonern auch die Einstiegshöhe. Der Mindestlohn in Großbrinnien gilt übrigens nicht für junge Menschen, ganz beusst nicht. Also, es gibt dort keine allgemeine, alles bergreifende Lohnuntergrenze. Der Mindestlohn in roßbritannien ist zudem in der wirtschaftlichen Boomhase eingeführt worden und erlebt jetzt die erste Krise, teressanterweise ist die Arbeitslosigkeit in Großbritan ien heute deutlich höher als in Deutschland; das wünchen wir uns wohl nicht. Großbritannien hat zudem keine ergleichbare Tradition bei der Tarifautonomie. Großritannien hat zudem viel weniger starke Tarifpartner, die lächentarifverträge festlegen. Die Frage ist doch – das abe ich bereits in der Aktuellen Stunde ausgeführt –: ollen wir diese Tradition der Tarifpartner beibehalten der nicht? (Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Es geht um Mindestlöhne und nicht um Tarifautonomie!)

Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1713919300
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713919400
Matthias W. Birkwald (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713919500
Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1713919600

enn Sie den Tarifpartnern die Lohnfindung entziehen,
enn Sie sagen, dass die Lohnfindung nicht mehr in ers-
r Linie die Aufgabe der Tarifpartner ist, dann werden
ie die Tradition der deutschen Tarifautonomie schwä-
hen. Davon bin ich fest überzeugt.

Frau Kollegin Pothmer, ich erkenne natürlich an, dass
ie das alles jetzt weggelassen haben. Ich muss aller-
ings dazusagen, dass das nicht besonders glaubwürdig
t. Sie legen uns seit zwei Jahren Anträge zur Höhe des
indestlohns vor und verlieren nun kein Wort darüber.
der Begründung verweisen Sie aber auf Ihren eigenen
esetzentwurf, der einen Mindestlohn in Höhe von
,50 Euro vorsieht, sowie auf die Gesetzentwürfe der an-
eren Oppositionsfraktionen, die andere Lohnvorgaben
achen. Darüber hinaus schreiben Sie, dass Sie einen
ehrheitsfähigen Gesetzentwurf der Bundesregierung

erlangen, auch was die Lohnhöhe angeht.





Johannes Vogel (Lüdenscheid)



(A) )


)(B)


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen Sie doch einen Änderungsvorschlag!)


Liebe Frau Pothmer, damit haben Sie sich von dem Ge-
danken, dass die Politik bestimmen soll, welcher Lohn
akzeptabel ist und welcher nicht, noch gar nicht verab-
schiedet. Das zeigt, dass mit Ihnen – selbst dann, wenn
man es wollte – kein überparteilicher Konsens über eine
unabhängige Kommission zu erzielen wäre. Vielmehr
wäre die Lohnfindung wieder da, wohin sie nicht gehört,
nämlich hier im Deutschen Bundestag, also auch bei Ih-
nen und bei den Kollegen von der Linken. Da wollen wir
sie im Interesse der arbeitenden und arbeitsuchenden
Menschen in diesem Land nicht haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Deswegen – und weil Sie die Tarifautonomie damit
kaputtmachen – kommt für die Koalitionsfraktionen in
Summe eine Zustimmung zu Ihrem Antrag leider nicht
infrage.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713919700

Michael Schlecht ist der nächste Redner für die Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Michael Schlecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713919800

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die

Gewerkschaften und die Linke wollen den Mindestlohn
mit einem festen Betrag per Gesetz einführen. Die Ge-
werkschaften wollen 8,50 Euro. Meine Gewerkschaft
Verdi sagt mittlerweile dazu, dass in schnellen Schritten
10 Euro kommen sollen,


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Was für ein Zufall!)


und 10 Euro sind auch der Betrag, den die Linke als ge-
setzlichen Mindestlohn möglichst unverzüglich in die-
sem Lande politisch festsetzen will.


(Beifall bei der LINKEN)


Jetzt erleben wir plötzlich seit ein oder zwei Wochen,
dass die CDU und – seit dem Antrag, der hier zur De-
batte steht – auch die Grünen in trauter Eintracht diese
Startmarke nicht mehr selbstständig hier im Parlament
politisch setzen wollen, sondern dass für die Ermittlung
eines Startmindestlohns eine Kommission eingesetzt
werden soll.


(Dr. Hermann E. Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch auch Ihr Kollege gerade gesagt!)


Nach Auffassung von Gewerkschaften und uns sollte
eine solche Kommission nach einem politisch festge-
setzten Startmindestlohn nur Vorschläge für weitere Stei-
gerungen machen. Diese Kommission wird nun in Ihrem
Konzept missbraucht, den Startmindestlohn festzuset-

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(C (D en. In dieser Kommission sollen die Tarifvertragsparien das Ganze aushandeln. (Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Das ist überparteilicher Konsens, Frau Pothmer!)


h sage Ihnen ganz deutlich: So etwas kann sich nur je-
and ausdenken, der von der Tarifwirklichkeit keine
hnung hat oder der die Öffentlichkeit über seine Vorha-
en bewusst täuschen will.


(Beifall bei der LINKEN – Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Frau Pothmer, sehen Sie es endlich ein: Es gibt keine Mehrheit für eine unabhängige Kommission! Die wird es nie geben!)


Mit der Agenda 2010, die SPD und Grüne 2003 unter
pplaus der rechten Seite beschlossen haben, ist der Ta-
fautonomie ein schwerer Schlag versetzt worden; zum
eil ist sie sogar zerstört worden. Wenn immer mehr
enschen befristet arbeiten und um die Verlängerung

ittern, wenn immer mehr Menschen nur einen Leihar-
eitsjob haben, wenn vor allem immer mehr Frauen in
inijobs die Arbeitswelt nur noch in einer zerstückelten
eise erleben, dann ist das eine Situation, in der es für

ie betroffenen Menschen sehr schwierig ist, sich zu
ehren und gewerkschaftlich zu organisieren. Das ver-
eutlicht, dass die anderen vier Parteien, diese ganz
roße Koalition, im letzten Jahrzehnt die gewerkschaftli-
he Handlungsmacht für die Durchsetzung gerechter Ar-
eitsbedingungen und gerechter Löhne durch die
genda 2010 massiv beschädigt und zerstört haben. Das
t der Sachverhalt.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Deswegen brauchen wir einen großen Bruder!)


Hinzu kommt die allgegenwärtige Angst vor dem Ab-
turz in Hartz IV, die wie eine disziplinierende Peitsche
ber den Köpfen vieler kreist und die die gewerkschaftli-
hen Handlungsmöglichkeiten zusätzlich eingeschränkt
at.

Vor diesem Hintergrund ist es wirklich schon eine In-
mie, zu sagen: Jetzt sollen doch die Tarifvertragspar-
ien den Startmindestlohn festsetzen. – Den Schwarzen
eter den Tarifvertragsparteien zuzuschieben, ist bildlich
esprochen so, als würde man jemandem die Beine bre-
hen und dann von ihm verlangen, 100 Meter in 10 Se-
unden zu laufen. Das ist natürlich vollkommen aben-
uerlich und zeigt nur Ihre Geisteshaltung: Sie wollen
Grunde genommen gar keinen Mindestlohn bzw. eine

ohnuntergrenze.


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: So einen Quatsch habe ich noch nie gehört! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Unfug!)


Sie kennen die Wirklichkeit nicht. Das ist das Problem.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn CDU und Grüne jetzt Krokodilstränen ob des
chicksals der Hunger- und Niedriglöhner vergießen
nd die Einrichtung einer Kommission fordern,





Michael Schlecht


(A) )


)(B)


(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Verschwörungstheorie!)


dann ist das im Grunde genommen nichts anderes als ein
fauler Trick, mit dem man den Eindruck zu erwecken
versucht, man wolle eine Lohnuntergrenze, man wolle
einen Mindestlohn durchsetzen; aber in Wirklichkeit
wird hier nur eine riesengroße Nebelkerze geworfen.
Dass in Anbetracht der Not der Menschen – diese ist ja
in diesem Hause heute weidlich dargestellt worden – mit
einer solchen Nebelkerze operiert wird, ist wirklich eine
Schweinerei. Damit werden die Menschen, die unter
Hungerlöhnen und den Verhältnissen leiden, auch noch
verhöhnt.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Das war aber ganz schlecht, Herr Schlecht!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713919900

Nächster Redner ist der Kollege Ulrich Lange für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1713920000

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Mindestlohn, die Zweite – so könnte man das heute nen-
nen. Ich habe mich gefragt, welchen Erkenntnisgewinn
wir heute Nachmittag erzielen werden. Mich erinnert das
hier so ein bisschen an eine nachmittägliche Schulstunde
zur Wiederholung. Sie, Herr Schlecht, nehme ich aller-
dings aus; denn das, was Sie da gerade vorgebracht ha-
ben, war einfach unterirdisch.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Da muss ich sogar der Kollegin Pothmer zur Seite sprin-
gen. Ich habe den Antrag der Grünen gelesen. Man kann
da sicherlich über vieles diskutieren. Aber dass wir jetzt
gemeinsam in einen Topf geworfen werden, finde ich
wirklich bemerkenswert. Das schafft wirklich nur die
Linke.


(Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär: Das hat Frau Pothmer nicht verdient!)


Ja, die Grünen haben sich von ihrem ursprünglichen
Plan, einen staatlichen Mindestlohn festzulegen, ein we-
nig wegbewegt und sich dem System einer Lohnunter-
grenze genähert. Ich nehme einmal an, dass Sie eine An-
leihe bei § 5 Tarifvertragsgesetz gemacht haben und
diesen analog anwenden wollen, um hier irgendwo Bo-
den zu finden.

Ich möchte zunächst festhalten, nachdem vorhin et-
was hart diskutiert wurde, dass es die Union war, die die
Branchenmindestlöhne äußerst erfolgreich eingeführt
hat. Wort und Tat haben bei der Union – da muss ich
dem Kollegen Weiß recht geben – über die Jahrzehnte
sozialer Marktwirtschaft zusammengepasst.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist ja das Problem!)


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(C (D Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Nachilfe in diesem Bereich brauchen wir von Ihnen nicht. ir haben von Rot-Grün einen Scherbenhaufen in Form on 5 Millionen Arbeitslosen übernommen. Seitdem die hristlich-liberale Koalition unter Angela Merkel regiert, parieren wir eine arbeitsrechtliche bzw. arbeitsmarkt olitische Baustelle nach der anderen. Ich nenne als Beipiel für den Themenkomplex Zeitarbeit nur den Fall chlecker mit dem Drehtüreffekt. All die Missstände, ie die Koalition zu beseitigen versprochen hat, hat diese oalition in den letzten zwei Jahren angepackt und alles olide, auf verfassungsmäßiger Grundlage zu einem gun und seriösen Ende gebracht. Das bitte ich in der jetzien Diskussion um Einführung einer Lohnuntergrenze in ie Überlegungen einzubeziehen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich will nicht zum fünften Mal auf die Agenda 2010
ingehen. Ich bleibe allerdings dabei: Sie war in vielen
unkten nicht falsch, auch wenn Sie heute davon nichts
ehr hören wollen. Aber den Mindestlohn, liebe Kolle-

innen und Kollegen von Rot-Grün, haben Sie damals
icht eingeführt.

Dass wir – auch darauf ist heute schon mehrfach ein-
egangen worden – seit Ludwig Erhard die soziale
arktwirtschaft stringent fortentwickelt haben, möchte
h am Beispiel eines Gesetzes deutlich machen. –
ieso leuchtet der Präsident?


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713920100

Weil der Kollege Schlecht Ihnen gerne eine Zwi-

chenfrage stellen möchte und ich Sie fragen muss, ob
ie diese zulassen wollen.


Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1713920200

Das machen wir danach.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713920300

Was heißt „danach“?


Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1713920400

Ich muss meine Redezeit heute nicht unnötig verlän-

ern. Wenn er danach intervenieren will, kann er das tun.
ann antworte ich oder auch nicht; jetzt mache ich wei-
r.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Iris Gleicke [SPD]: Seien Sie doch nicht so unfreundlich zum Präsidenten!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713920500

Gut.


Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1713920600

Wir haben heute lange genug über das Thema gespro-

hen.

1952 wurde unter Ludwig Erhard das Mindestarbeits-
edingungengesetz eingeführt, und seitdem haben wir
ie soziale Marktwirtschaft stringent weiterentwickelt.





Ulrich Lange


(A) )


)(B)

Heute diskutieren wir über Lösungen in tariffernen Be-
reichen, weil auch wir natürlich erkennen, dass es Tarif-
flucht gibt, dass es Branchen gibt, in denen die Tarifpart-
nerschaft nicht so funktioniert, wie wir es uns wünschen.
Das heißt aber nicht – das möchte ich in aller Deutlich-
keit sagen –, dass wir den Grundsatz der Tarifautonomie
auch nur im Geringsten aufzuweichen oder gar aufzuge-
ben gedenken.

Die Allgemeinverbindlichkeit – das ist auch vom
Kollegen Vogel schon angesprochen worden – war bis-
her ein sehr gutes und sehr schlüssiges Mittel, Mindest-
löhne und tarifliche Bedingungen festzuschreiben. Ich
erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass es überwiegend
christlich-liberale Regierungen waren, die Tarifverträge
für allgemeinverbindlich erklärt haben. Also tun wir
bitte heute nicht so, als ob das alles neu und quasi eine
Erfindung aus irgendeiner Richtung wäre.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Union wird
eine ernste und an den Werten unserer sozialen Markt-
wirtschaft orientierte Debatte geführt, die berücksichtigt
und berücksichtigen muss, dass zum Beispiel ein flexib-
ler Arbeitsmarkt als Motor und als wesentliches Erfolgs-
rezept unseres Jobwunders, unseres Wirtschaftswunders
erhalten bleiben muss. Geringe Jugendarbeitslosigkeit
und weniger als 3 Millionen Arbeitslose insgesamt – das
sind Erfolge, die wir nicht durch fahrlässige Diskussio-
nen in Gefahr bringen dürfen. Unnötige staatliche Ein-
griffe in die Lohnfindung gefährden die Tarifautonomie.
Politik darf Löhne nicht diktieren. Die Lohnfindung ist
zunächst Aufgabe der Tarifpartner. Nur dort, wo eine
Nachjustierung notwendig ist, soll und darf die Politik
eingreifen.

Ich sage ganz deutlich: Wir werden nicht mitmachen
bei einer billigen Mindestlohnwahldemokratie nach dem
Motto „Wer bietet mehr?“.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tut kein Mensch!)


Wir sind für soziale Marktwirtschaft mit fairen Löhnen.
Das ist wirklich christlich-sozial.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713920700

Zu einer Kurzintervention hat der Kollege Schlecht

das Wort.


Michael Schlecht (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713920800

Danke. – Sie haben sich unverständig gezeigt, warum

ich die Grünen plötzlich an Ihrer Seite sehe. Haben Sie
den Antrag der Grünen denn nicht gelesen? Dort heißt
es:

Die Mindestlohnhöhe wird durch eine unabhängige
Kommission festgelegt.

Das ist im Prinzip O-Ton mindestens der Sozialaus-
schüsse.

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(C (D Die Kommission setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Gewerkschaften, der Arbeitgeber und der Wissenschaft zusammen. a erkenne ich höchstens die Differenz, dass hier auch ie Wissenschaft vertreten sein soll, was bei der CDU/ SU nicht der Fall ist. Aber das ist, glaube ich, eine zu ernachlässigende Größe. Im vierten Punkt wird ausgeführt, dass der von der ommission beschlossene Mindestlohn durch eine von er Bundesregierung zu erlassende Rechtsverordnung irksam wird. Auch das ist Originalton der Sozialaus chüsse. Zudem verweigert man sich im Antrag der Grüen genau wie bei Ihnen generell, irgendeine Zahl und inen Mindestlohnbetrag als Startmarke zu nennen. Von aher verstehe ich nicht, weshalb Sie so unverständig ind, wenn ich sage, dass die Grünen an Ihre Seite getren sind. Herr Kollege Schlecht, diese Frage hätten Sie viel icht besser der Kollegin Pothmer gestellt. Was wir imer gesagt haben – dazu steht diese Koalition weiter in –, ist, dass es keine staatlich festgesetzten Mindesthne in einer bestimmten Höhe geben wird. Punkt 4 des ntrags von Bündnis 90/Die Grünen, den Sie gerade ziert haben, beinhaltet im Endeffekt nichts anderes als as, was ich angesprochen habe. Diese Formulierung hnt sich an § 5 des Tarifvertragsgesetzes, also an die llgemeinverbindlichkeit, an. Daher, Herr Kollege chlecht, kann man sagen, dass diese Forderung zum rößten Teil schon heute durch das Gesetz erfüllt wird. Danke schön. Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der ollege Ottmar Schreiner für die SPD-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich abe selten eine Debatte erlebt, in der so viel geheuchelt orden ist wie in dieser Debatte. s geht los bei der FDP, die sich jetzt zum Sachwalter er Tarifautonomie aufspielt. as ist schon eine groteske Veranstaltung. h sehe, dass Ihr früherer Parteivorsitzender, Herr esterwelle, anwesend ist, der vor wenigen Jahren die ewerkschaften als die größte Plage der Bundesrepublik ezeichnet hat. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1713920900
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713921000

(Beifall bei der SPD)

Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1713921100

(Beifall bei der SPD)


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Was denn sonst?)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)






Ottmar Schreiner


(A) )


)(B)

Jetzt erklären Sie sich zum Sachwalter der Tarifautono-
mie.


(Johannes Vogel [Lüdenscheid] [FDP]: Soll ich Ihnen jedes Zitat von Herrn Schröder vorhalten? Das wollen Sie doch auch nicht!)


Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Gewerk-
schaften unisono einen allgemeinen Mindestlohn, eine
Lohnuntergrenze fordern. Die Gewerkschaften weisen in
diesem Zusammenhang darauf hin, dass der gegenwär-
tige Zustand das gesamte Tarifgefüge quer durch alle
Bereiche erschüttert. Sie wissen, dass wir etwa mit dem
Bundesurlaubsgesetz und dem Bundesarbeitszeitgesetz
Regelungsfelder haben, in denen der Gesetzgeber Rah-
menbedingungen formuliert, die nicht unterschritten
werden dürfen und die durch die Tarifparteien ausgefüllt
werden sollen. Das funktioniert in Deutschland seit Jahr-
zehnten ganz hervorragend. Warum soll dies ausgerech-
net bei den Tarifen nicht funktionieren, wo es doch in
anderen Regelungsfeldern, wie gesagt, gute Ergebnisse
gezeitigt hat?

Die zweite Bemerkung geht an die Adresse des Kolle-
gen Weiß. Der Kollege Weiß hat heute eine Formulierung
gebraucht, die mich fast umhaut. Er hat nämlich gesagt,
dass das Markenzeichen der Union der Mindestlohn ist.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Recht hat er!)


Das hat er wirklich gesagt. Herr Kollege Weiß, nicht der
Mindestlohn ist das Markenzeichen der Union, sondern
platteste Geschichtsfälschung ist das Markenzeichen der
Union.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Na, na!)


Warum, das will ich Ihnen in aller Kürze erklären.

Sie haben auf die Einführung der branchenbezogenen
Mindestlöhne während der Zeit der Großen Koalition
hingewiesen.


(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Herr Kollege Schreiner, Sie haben doch keinen eingeführt!)


In der Großen Koalition sind alle branchenbezogenen
Mindestlöhne – es waren deren acht – vom sozialdemo-
kratisch geführten Bundesarbeitsministerium gegen den
teilweise erbitterten Widerstand der Union durchgesetzt
worden. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie wissen gar nicht mehr, was in Ihren Wahlpro-
grammen steht, Herr Kollege Weiß. In Ihrem Wahlpro-
gramm 2005 ist folgende Formulierung enthalten:

Für die Arbeitnehmer sichern wir durch eine ausge-
wogene Kombination aus Arbeitslohn und ergän-
zender Sozialleistung ein angemessenes Auskom-
men.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)


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(C (D as heißt, Armutsund Hungerlöhne sollen durch staatche Leistungen aufgestockt werden, damit die Menchen in irgendeiner Weise leben können. Das war Ihre inie über Jahre hinweg. etzt zu behaupten, Mindestlöhne seien der Markenkern er Union, ist geradezu eine Verarsche auf gut Deutsch esagt. Das kann man Ihnen wirklich nicht durchgehen ssen, Herr Kollege Weiß. Das ist des Guten eindeutig u viel. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713921200

Herr Kollege Schreiner.


Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1713921300

Herr Präsident, mir ist klar, dass der gerade von mir

enutzte Ausdruck nicht sehr parlamentarisch war. Aber
Wat mutt, dat mutt!“ hat ein anderer immer gesagt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1713921400

Gut. Aber deswegen habe ich Sie gar nicht unterbro-

hen, zumal die Einsicht Sie schnell eingeholt hat.

(Heiterkeit)


h habe Sie fragen wollen, ob Sie sich vorstellen kön-
en, eine Zwischenfrage des Kollegen Straubinger zu
eantworten.


Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1713921500

Er ist schon in Lauerstellung. Bitte.


Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1713921600

Herr Kollege Schreiner, Sie haben gerade der Äuße-

ng des Kollegen Weiß widersprochen, dass die Union
ie Hüterin des Branchenmindestlohns ist. Sie haben
uch lobend gesagt, dass die meisten dieser Löhne von
inem SPD-Minister eingeführt worden sind. Deshalb
age ich Sie: Würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass
ies unter Bundeskanzlerin Angela Merkel geschehen
t, die zugleich CDU-Vorsitzende ist?


(Zurufe von der SPD: Oh!)

diesem Sinne hat der Kollege Weiß mit seiner Aus-

age durchaus recht.

(Anette Kramme [SPD]: Wer hat denn Vereinbarungen zur Leiharbeit damals nicht umgesetzt?)



Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1713921700

Die Frau Bundeskanzlerin musste sich wohl der Ver-

unft der Zwänge beugen. Anders ist das gar nicht zu er-
lären.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Auch in der Großen Koalition mussten Kompromisse

emacht werden. Die CDU/CSU wollte ausweislich ih-
s Wahlprogramms Kombilöhne,


(Anette Kramme [SPD]: So ist es!)






Ottmar Schreiner


(A) )


)(B)

das heißt die Hinnahme von Armutslöhnen, die durch
staatliche steuerfinanzierte Leistungen aufgestockt wer-
den. Das war Ihre Ausgangsposition.

Die Ausgangsposition der SPD im Jahr 2005 – lesen
Sie die Wahlprogramme! – war die Forderung nach ei-
nem gesetzlichen Mindestlohn. In den Bereichen, in de-
nen das nicht durchsetzbar sein sollte, sollten dann bran-
chenbezogene Mindestlöhne eingeführt werden. Das war
exakt der Kompromiss zwischen dem klaren Nein der
Union und dem ebenso klaren Ja der SPD zum gesetz-
lichen Mindestlohn. Dieser Kompromiss konnte auf
Druck der sozialdemokratischen Abteilung in der Gro-
ßen Koalition herbeigeführt werden.


(Beifall bei der SPD)


Wenn Sie das nun bestreiten wollen, dann wird es hier
allmählich finster, was die Wahrheit anbelangt. – Bitte
bleiben Sie noch einen Moment stehen, Herr
Straubinger, dann gewinne ich noch ein paar Sekunden.

Auf dem Bundeskongress des Deutschen Gewerk-
schaftsbundes im Mai 2010 hat Frau Merkel – bezogen
auf den Mindestlohn – gesagt: Ich glaube, dass das nicht
die richtige Antwort der Politik ist. – Das waren die
Worte von Frau Merkel zum Mindestlohn noch im Mai
2010.

Die berüchtigte Frau Kollegin Connemann, die heute
bedauerlicherweise nicht hier sein kann, hat im April des
Jahres 2010 gesagt: Ein Mindestlohn in Deutschland
hätte nur ein Ergebnis: Jobvernichtung.

Der ehemalige Ministerpräsident von Baden-
Württemberg hat gesagt: Von einem flächendeckenden
Mindestlohn halte ich gar nichts.

Der Vorsitzende der CDU in Nordrhein-Westfalen,
Herr Röttgen, hat gesagt: Ich bin gegen eine Politisie-
rung der Lohnfindung. Die Lohnhöhe richtet sich nach
Angebot und Nachfrage. Der Markt definiert den Lohn.

Ich könnte diese Aussagen beliebig fortführen. Sie
alle zeugen von einem: Wenn Sie sagen, dass es in Sa-
chen Mindestlohn irgendeinen Markenkern der Union
gibt, dann ist das die platteste Geschichtsfälschung. Das
ist die Wahrheit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Werfen wir einen Blick auf die Ausgangslage für Ih-
ren Parteitag: Einige von Ihnen fordern jetzt flächen-
deckende Mindestlöhne. Hier hat sich der Kollege
Laumann ohne jeden Zweifel Verdienste erworben. Das
ist sehr zu unterstützen, und wir beobachten das mit viel
Respekt.

Herr Kollege Weiß, im Übrigen geht bei uns nicht die
blanke Angst um, dass uns etwa ein Thema abhanden-
käme. Vielmehr geht es uns darum, dass Millionen von
Menschen ein Stück menschlicher Würde zurückgege-
ben wird.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D enn jemand für seine Arbeit mit 2, 3, 4 oder 5 Euro in er Stunde entlohnt wird, dann ist das ein grober Verstoß egen die menschliche Würde. Es ist ein Angriff auf das elbstwertgefühl der Menschen. Was ist ihre Arbeit eientlich wert? Das hat nichts mit vermeintlich blanker ngst vor dem Verlust eines Themas zu tun. Es hat aber ehr wohl etwas damit zu tun, dass wir dazu beitragen ollen, dass Menschen ihre Würde in der Arbeitswelt urückgewinnen. Ich fordere Sie dazu auf, hierzu einen ernünftigen Beitrag zu leisten; das würde ich sehr berüßen. Als letzte Bemerkung möchte ich Ihnen das Gleichnis om verlorenen Schaf aus Lukas, Kapitel 15, mit auf den eg geben. Herr Kollege Weiß, dort lesen wir: Also wird auch Freude im Himmel sein über einen reuigen – Sünder, der Buße tut, vor neunundneunzig Gerechten, die der Buße nicht bedürfen. Hier sitzen eine Menge Leute, die der Buße nicht beürfen. Wenn Sie am Montag oder Dienstag auf Ihrem arteitag entsprechende Beschlüsse fassen, dann können ie, Herr Kollege Weiß, davon ausgehen, dass ich Ihnen as Gleichnis vom verlorenen Schaf eingerahmt schenen werde. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713921800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/7483 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-

erstanden? – Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Beratung des Antrags der Bundesregierung

Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut-
scher Streitkräfte an der EU-geführten Opera-
tion „ALTHEA“ zur weiteren Stabilisierung
des Friedensprozesses in Bosnien und Herze-
gowina im Rahmen der Implementierung der
Annexe 1-A und 2 der Dayton-Friedensverein-
barung sowie an dem NATO-Hauptquartier
Sarajevo und seinen Aufgaben, auf Grundlage
der Resolution des Sicherheitsrates der Ver-
einten Nationen 1575 (2004) und Folgeresolu-
tionen

– Drucksache 17/7577 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
derspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das
so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner das Wort dem Bundesaußenminister Dr. Guido
Westerwelle.

Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-
ren! Kolleginnen und Kollegen! Das deutsche Interesse
an der Stabilisierung von Bosnien und Herzegowina ist
unverändert groß. Unser Ziel bleibt ein friedliches, de-
mokratisches, rechtsstaatliches Bosnien und Herzego-
wina, das aus eigener Kraft in der Lage ist, den Weg der
EU-Integration erfolgreich zu beschreiten.

Bei aller Vorsicht und aller zurückhaltenden Bewer-
tung können wir heute sagen, dass die militärischen Si-
cherungsaufgaben der Operation zum gegenwärtigen
Zeitpunkt erfüllt sind. Die Sicherheitslage ist stabil. Das
zeigt, wie viel wir erreicht haben. Gerade weil wir in die-
sem Hause sehr oft kontrovers diskutieren – zum Bei-
spiel gerade eben mit Leidenschaft und fast mit Atemlo-
sigkeit der Redner –, ist es wichtig, darauf hinzuweisen,
dass hier seit vielen, vielen Jahren eine große Überein-
stimmung in diesem Hause besteht. Ich denke, ich spre-
che im Namen aller Anwesenden, wenn ich hier den
Frauen und Männern der Bundeswehr, die vor Ort ihren
verantwortungsvollen Dienst tun, unseren Dank zum
Ausdruck bringe.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, das militärische Engage-
ment der Europäischen Union bleibt aber weiter nötig.
Es muss insbesondere noch mehr getan werden, um die
Kompetenz und Professionalität der bosnischen Streit-
kräfte weiter zu stärken. Der Rat für Außenbeziehungen
der Europäischen Union hat daher am 10. Oktober
beschlossen, dass der Schwerpunkt der Operation
ALTHEA, für die ich jetzt hier das Mandat einbringe,
künftig auf Ausbildung und Training liegen soll. Unsere
Bundeswehr beteiligt sich an dieser Ausbildung und am
Personal des Hauptquartiers in Sarajevo. Ansonsten sind
keine deutschen Soldatinnen und Soldaten mehr in Bos-
nien und Herzegowina eingesetzt. Damit konnte das um-
gesetzt werden, was ich hier vor einem Jahr, bei der letz-
ten Einbringung des Mandates, in Aussicht gestellt und
formuliert habe.

Im letzten Jahr konnten wir die Personalobergrenze
des Mandates von 2 400 auf 900 absenken. Auch jetzt
können wir eine Senkung der Personalobergrenze vor-
nehmen, und zwar von 900 auf 800. Gemessen an der
Zahl der tatsächlich vor Ort eingesetzten Soldaten, bleibt
eine hohe Personalobergrenze des Mandates, denn wie
bislang wird für die Operation ein Reservebataillon be-
reitgehalten. Deutschland stellt den Löwenanteil an die-

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(C (D em Bataillon, das im Falle einer Lageverschlechterung urzfristig in das Einsatzgebiet verlegt werden kann. Im osovo hat sich bedauerlicherweise gerade gezeigt, wie ichtig eine solche Vorsorge ist; denn auch wenn wir ier gemeinsam eine sehr erfreuliche Entwicklung festtellen können, so wissen wir doch, dass die Unwägbareiten noch lange nicht überwunden sind. Dementsprehend ist es notwendig, dass wir diesen Weg weiter orsichtig und verantwortungsvoll beschreiten. Ebenso hält die Bundeswehr eine größere Zahl von räften bereit, die zur vorübergehenden logistischen und chnischen Unterstützung der Mission entsandt werden önnen. Beides zusammengenommen erklärt die Persoalobergrenze des Mandates; beides ist Ausdruck unses fortgesetzten Engagements und unserer Solidarität it unseren Partnern. Für die Bundesregierung bitte ich um Zustimmung ur Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der EU-gehrten militärischen Operation ALTHEA zur weiteren tabilisierung des Friedensprozesses in Bosnien und erzegowina. Der Einsatz deutscher Streitkräfte im Rahen von ALTHEA erfolgt unverändert auf Grundlage er Resolution 1575 aus dem Jahre 2004 des Sicherheitstes der Vereinten Nationen und ihrer Folgeresolutio en; er ist also völkerrechtlich eindeutig abgedeckt. Ich denke, viele wissen nicht mehr, warum seinerzeit ieser Einsatz begonnen worden ist, warum das Engageent überhaupt notwendig war. Wer sich noch an die 0er-Jahre erinnern kann, an das, was in unserer unmitlbaren Nachbarschaft stattgefunden hat, der wird zu em Ergebnis kommen, dass es auch sehr erfolgreiche riedenseinsätze der Frauen und Männer unserer Buneswehr gibt. Wenngleich alles immer kritisch beäugt erden muss – das ist erste Bürgerpflicht in der Demoratie –, so kann man, denke ich, doch feststellen: Es ist chon eine sehr beeindruckende Erfolgsgeschichte. Dass ir Deutsche einen Beitrag zu Frieden und Stabilität geistet haben, das gereicht unserem Land zur Ehre. Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. ie stabile Sicherheitslage ist das eine; die innenpoliti che Lage birgt jedoch nach wie vor Risiken. Fast ein ahr nach den Wahlen konnte noch immer keine neue egierung auf Gesamtstaatsebene gebildet werden. Ich ann dies nicht aussparen, weil auch das natürlich zu eier umfassenden Lagebetrachtung gehört. Diese Lähmung des Landes verhindert, dass die auf em Weg nach Europa dringend notwendigen Reformen ngegangen werden. Diese politische Stagnation muss nbedingt überwunden werden. Deshalb macht die Bundesregierung das in all ihren esprächen mit den Verantwortlichen immer wieder eutlich. Wir bieten eine europäische Perspektive. Wir issen um die positive Dynamik, die der Annäherungsrozess an die Europäische Union im Land entfalten ann. Wir erwarten aber, dass die notwendigen Schritte or Ort gegangen werden. Bundesminister Dr. Guido Westerwelle )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )

Die auf die Europäische Union bezogenen Reformen
müssen eindeutig Priorität erhalten. Ethnische Einzel-
interessen müssen dahinter zurückgestellt werden.

Die EU soll in Bosnien und Herzegowina zentraler
Akteur sein. Es ist deshalb gut, dass die Trennung der
Funktion des Hohen Repräsentanten von dem Amt des
EU-Sonderbeauftragten vollzogen ist. Der Amtsantritt
des neuen eigenständigen EU-Sonderbeauftragten ist
Ausdruck der Neuaufstellung der internationalen Ge-
meinschaft in Bosnien und Herzegowina. Auch dies
zeigt, dass wir einen entsprechenden Fortschritt ver-
zeichnen können.

Es bleibt das Ziel der Bundesregierung, ALTHEA
mittelfristig zu einer nichtexekutiven Beratungs- und
Unterstützungsmission weiterzuentwickeln. Dazu ist
noch weitere Abstimmung mit unseren Partnern erfor-
derlich. Bis es so weit ist, bleiben wir in Loyalität und
Verlässlichkeit gegenüber unseren Partnern und in unse-
rer Verantwortung gegenüber den Menschen in Bosnien
und Herzegowina diesem Mandat verpflichtet.

Deswegen bitte ich Sie im Namen der Bundesregie-
rung um Zustimmung zu diesem Mandat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713921900

Das Wort hat der Kollege Dietmar Nietan von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dietmar Nietan (SPD):
Rede ID: ID1713922000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am

24. November des vergangenen Jahres haben wir hier
über die damalige Mandatsverlängerung für ALTHEA
diskutiert. An dieser Stelle habe ich meiner Hoffnung
und vielleicht auch meinem Wunsch Ausdruck verlie-
hen, dass sich Dinge in Bosnien-Herzegowina zum Bes-
seren wenden werden.

Ich hatte das damit begründet, dass die dortigen Wah-
len am 3. Oktober vergangenen Jahres die moderaten
Kräfte ausdrücklich deshalb gestärkt haben, weil diese
moderaten Kräfte nicht Nationalismus, sondern soziale
Aspekte und Themen des Landes in den Vordergrund des
Wahlkampfs gestellt hatten.

Ich hatte auch die Hoffnung, dass die Regierungsbil-
dung eine neue Chance eröffnet, die dringend notwendi-
gen Verfassungsreformen in Gang zu setzen, die das
Land auf dem Weg nach Europa braucht; der Außen-
minister hat darauf hingewiesen.

Ich hatte mir erhofft, dass die Visaliberalisierung auch
ein Zeichen dafür ist, dass wir Bosnien auf seinem Weg
nach Europa unterstützen.

Heute, ein Jahr später, kann ich nicht verhehlen, dass
ich von den politischen Eliten in Bosnien-Herzegowina
sehr enttäuscht bin, die bis jetzt das Ziel ihrer Verant-
wortung, eine stabile Regierung zu bilden und die not-
wendigen Verfassungsreformen auf den Weg zu bringen,
eindeutig verfehlt haben.

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(C (D Ich habe den Verdacht, dass sich ein Großteil der polischen Eliten in Bosnien-Herzegowina sehr gut in der erzeitigen Situation eingerichtet hat, die der Daytonahmen gibt, sich gegenseitig zu blockieren. Das bringt as Land nicht voran, aber das scheint dem einen oder nderen zu genügen, um seine Claims abzustecken. Mit diesen Fehlern verspielen die dort Verantwortung ragenden die Zukunft ihrer Bürgerinnen und Bürger, ie sie bei den letzten Wahlen schon deshalb gewählt haen, damit sie genau diese Zukunft positiv gestalten. Die Frage ist, welche Schlussfolgerung wir aus dieem unwürdigen Spiel ziehen, das wir dort sehen. Ich age Ihnen sehr deutlich: Die Schlussfolgerung kann icht sein, das Mandat jetzt einfach zu beenden. Denn as würde gerade für die Menschen, die dort Verändengen zum Guten haben wollen, das Zeichen in sich tra en, dass wir uns abwenden und unserer Verantwortung icht nachkommen. Ich finde es auch richtig, dass sich die Bundesregieng dafür einsetzt – der Europäische Rat hat das am 0. Oktober beschlossen –, das Mandat zu modifizieren, on einem exekutiven Mandat hin zu einer Beratungsnd Unterstützungsmission für die Streitkräfte Bosnienerzegowinas, die eine der Klammern sind, in denen ben nicht nach Ethnien getrennt Verantwortung überommen werden soll. Ich finde weiter, dass wir die Bundesregierung bei ihm Ansinnen unterstützen sollen, die Zahl der statio ierten Soldatinnen und Soldaten auf insgesamt 200 zu duzieren, um deutlich zu machen, dass es nicht mehr m eine exekutive Mission geht, sondern um eine Untertützungsmission. Aber Sie alle wissen: Das reicht nicht us. Wir müssen deutlich machen, dass wir uns sowohl Bosnien-Herzegowina als auch in der gesamten Re ion noch stärker politisch engagieren wollen. In diesem usammenhang danke ich der Bundesregierung ausrücklich dafür, dass sie sich bemüht hat, bei der Regiengsbildung in Bosnien-Herzegowina eine konstruk ve, vermittelnde Rolle zu spielen. Für die Reformkräfte, die es gerade in der jungen Geeration in Bosnien-Herzegowina gibt, ist es deshalb ichtig, dass wir die Beitrittsperspektive verlässlich ereuern, die wir mit dem Versprechen von Thessaloniki llen Staaten in der Region gegeben haben. Ich will auch arauf hinweisen, dass wir überlegen müssen, welche öglichkeiten wir haben, durch ein möglichst geschlos enes Auftreten der Europäischen Union den Druck auf ie sogenannten politischen Führer bestimmter Ethnien u erhöhen. Sie sollen ihrer Verantwortung gerecht weren, nicht nur bei der Regierungsbildung, sondern auch ei der notwendigen Verfassungsreform, die eine wirklihe Demokratie bringt und nicht nur ein Vetosystem und ine pervertierte Form der Fixierung auf die ethnische erkunft. Nicht nur die EU, sondern auch die Nachbarn müssen ich stärker engagieren. Unsere Freunde in Kroatien üssen ihre Möglichkeiten nutzen, die HDZ in Bosnienerzegowina davon zu überzeugen, dass sie bei den Ge Dietmar Nietan )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )

sprächen zur Regierungsbildung ihren Alleinvertretungs-
anspruch für die Kroaten in Bosnien-Herzegowina auf-
geben muss. Serbien muss seinen Druck dahin gehend
erhöhen, dass Herr Dodik endlich zu einer konstruktiven
Politik zurückkehrt, weg vom Nationalismus.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb ist es gut, dass Kroatien hoffentlich bald Mit-
glied der Europäischen Union ist. Es ist auch gut, dass
wir im Fortschrittsbericht der Europäischen Union nach-
lesen konnten, dass Serbien auf dem Weg nach Europa
große Fortschritte gemacht hat. Ich würde mir deshalb
wünschen, dass der Europäische Rat im Dezember ein
klares Zeichen in Richtung Serbien setzt und Serbien
den Kandidatenstatus, so wie von der Kommission vor-
geschlagen, einräumen wird. Ich finde, dass Präsident
Tadic, der für seine Reformpolitik nicht nur ein hohes
politisches, sondern auch ein hohes persönliches Risiko
eingeht, unser aller Unterstützung verdient hat. Ich würde
mich freuen, wenn die Bundesregierung schon vor dem
Europäischen Rat das klare öffentliche Signal geben
würde, dass die Bundesregierung den Vorschlag der
Kommission, Serbien den Kandidatenstatus einzuräu-
men, mit aller Kraft unterstützt. Bisher vermisse ich die-
ses öffentliche Signal.

Wir brauchen mehr Europa und nicht weniger Eu-
ropa. – Das hat Polens Ministerpräsident Tusk in einer
bemerkenswerten Rede zum Antritt der EU-Ratspräsi-
dentschaft Polens vor dem Europäischen Parlament ge-
sagt. Ich finde, diese Maxime darf nicht nur bei der Ret-
tung unserer gemeinsamen Währung gelten, sondern sie
muss auch gelten, wenn es jetzt darum geht, auf dem
Westbalkan, mitten in Europa – das will ich betonen –,
endlich die Folgen des schrecklichen Bürgerkrieges zu
überwinden. Aus dieser Verantwortung können wir uns
nicht stehlen.

Als der Bürgerkrieg in den 90er-Jahren ausbrach, war
das Handeln der Europäer – das wissen Sie – kein Ruh-
mesblatt. Wir haben dort versagt und sind unserer politi-
schen Verantwortung nicht gerecht geworden. Deshalb
will ich noch einmal betonen, was ich schon im letzten
Jahr gesagt habe: Es geht nicht nur um eine Mandatsver-
längerung, sondern es geht darum, dass wir deutlich ma-
chen: Die Bundesrepublik Deutschland will sich ge-
meinsam mit ihren Partnern in der Europäischen Union
stärker engagieren. Es wird nach Kroatien kein Ende der
Erweiterungsfähigkeit und der Offenheit für Erweite-
rung geben. Die, die die Reformen erfüllen, die die Re-
gion in eine Region des Friedens und der Demokratie
verwandeln wollen, haben unsere Unterstützung und
können der Europäischen Union beitreten. In diesem
Sinne würde ich mir wünschen, dass wir über die Dis-
kussion des Mandats hinaus unsere Anstrengungen ver-
stärken, damit diese Region mitten in Europa Frieden
findet und die Menschen dort eine wirkliche Perspektive
bekommen.

Herzlichen Dank.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713922100

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär

homas Kossendey.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


T
Thomas Kossendey (CDU):
Rede ID: ID1713922200


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor
6 Jahren, am 6. Dezember 1995, stimmte der Bundes-
g in einer sehr bedeutsamen Debatte erstmals der Ent-

endung deutscher Streitkräfte nach Bosnien und Herze-
owina zu. Die Zustimmung erfolgte damals unter dem
indruck der schockierenden Ereignisse, unter anderem
Srebrenica. Heute beraten wir die erneute Verlänge-
ng dieses Mandats. Zwar hat die Führung dieses Man-

ats gewechselt – die Mission steht heute unter europäi-
cher Verantwortung –, die Ziele jedoch sind unverändert.

Deutschland kommt seiner Verantwortung für die Sta-
ilisierung in Bosnien und Herzegowina nunmehr seit
995 nach, zunächst im Rahmen der NATO-Operation
OR – das war von 1995 bis 1996 –, dann im Rahmen

on SFOR – von 1996 bis 2004 – und seit Dezember
004 im Rahmen der EU-geführten Operation ALTHEA
nd des NATO-Hauptquartiers in Sarajevo. Das zeigt:
eutschland ist ein verlässlicher Partner und steht zu sei-
er Verantwortung – in Bosnien-Herzegowina wie auch
n den anderen Einsatzorten. Das heißt: Verantwortung
r den Einsatz von Soldaten, wenn es notwendig ist,

nd Verantwortung für den zivilen Übergang, sobald das
öglich ist.

ALTHEA umfasst derzeit noch insgesamt 1 300 Sol-
atinnen und Soldaten in Bosnien und Herzegowina. Zu-
ätzlich werden zwei Bataillone als operative Reserve
r den Balkan bereitgehalten, um auf Lageverschärfun-

en schnell reagieren zu können. Wie wichtig und wie
nverzichtbar so eine Vorsorge ist, haben die jüngsten
ntwicklungen im Kosovo sehr deutlich gezeigt. Des-
alb sind und bleiben Reservekräfte für KFOR und für
LTHEA ein wichtiger Bestandteil unserer Planungen.

Insgesamt hat Deutschland seit 1995 mit mehr als
0 000 Soldaten in Bosnien und Herzegowina gearbeitet
nd damit wesentlich zum Erreichen des Friedens bei-
etragen. Aktuell beteiligen wir uns im Rahmen des
LTHEA-Mandats nur noch mit fünf Soldaten in den
täben. Wir stellen gemeinsam mit Österreich eines der
eiden genannten Reservebataillone. Aktuell ist dieses
ataillon im Kosovo stationiert. Dort wird es wegen der
icht ganz sicheren Lage voraussichtlich bis zum Jahres-
nde bleiben.

Ich will die Gelegenheit nutzen, an dieser Stelle den
oldatinnen und Soldaten, die nun aus der Reserve in
eutschland in den Einsatz auf dem Balkan gerufen
urden, wie auch den Soldaten in den anderen Einsätzen

usdrücklich zu danken. Sie leisten einen wichtigen Bei-





Parl. Staatssekretär Thomas Kossendey


(A) )


)(B)

trag zur Stabilisierung des Friedens und damit letztend-
lich für den zivilen Übergang.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nachdem wir bereits 100 deutsche Soldatinnen und
Soldaten aus Bosnien und Herzegowina abziehen konn-
ten, geht es nun um die Fortsetzung des Einsatzes mit in-
haltlich unverändertem Mandat, allerdings unter Absen-
kung der personellen Obergrenze von 900 auf 800 Sol-
daten. Diese Zahl bietet uns die Möglichkeit, flexibel zu
reagieren. Sie beinhaltet einen Anteil von ungefähr
500 Soldaten in dem Reservebataillon. Das gibt uns
Spielraum, um gegebenenfalls, bei Verstärkungsnotwen-
digkeiten, im logistischen Bereich nachzusteuern.

Wenn wir uns die Entwicklung der Gesamtzahlen bei
dieser Operation anschauen – von mehr als 50 000
NATO-Soldaten im Jahr 1996 zu 1 300 Soldaten im Rah-
men von EUFOR –, dann wird deutlich, dass sich die Si-
cherheitslage dramatisch verbessert hat. Bosnien und
Herzegowina macht im Augenblick sogar den ersten
Schritt, um selber internationale Verantwortung zu über-
nehmen. Das Land beteiligt sich im Augenblick mit
54 Soldaten am Einsatz in Afghanistan, entlastet damit
die Verbündeten, auch uns.

Dennoch hat Bosnien und Herzegowina ein gutes
Stück des Weges noch vor sich; der Außenminister hat
darauf hingewiesen. Wir müssen auch im Interesse der
Menschen vor Ort weiter politischen Druck ausüben. Es
fehlt noch immer an den notwendigen Reformen, ein-
schließlich einer Verfassungsreform. Es fehlt vor allen
Dingen auch an dem Willen zur Bildung einer gesamt-
staatlichen Regierung. Ich bekräftige deswegen aus-
drücklich den Appell des Außenministers: Ja, die Zu-
kunft dieses Landes liegt langfristig in der NATO und in
der Europäischen Union, aber dafür bedarf es der Kom-
promissbereitschaft und letztendlich auch des Dialoges
zwischen den Volksgruppen, und es bedarf des gemein-
samen Willens zur Gestaltung einer gemeinsamen
Zukunft. Deswegen sind die aktuellen Aufträge von
ALTHEA neben Ausbildungs- und Trainingsaufgaben
auch weiterhin exekutive Aufgaben zum Erhalt eines si-
cheren Umfeldes und zur Unterstützung der bosnisch-
herzegowinischen Autoritäten.

Außerdem gewährleistet ALTHEA die Unterstüt-
zung für den EU-Sonderbeauftragten und für den Inter-
nationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugosla-
wien sowie – auch darauf sind wir vorbereitet –
gegebenenfalls die Durchführung von Evakuierungs-
maßnahmen der internationalen Gemeinschaft. Auch das
ist Teil unserer Verantwortung, die nicht mit dem Abzug
der Soldaten endet und letztendlich nicht an den Einsatz
von Streitkräften gebunden ist.

Dieses exekutive Mandat der Operation wird mit re-
duzierter Präsenz in Bosnien und Herzegowina zunächst
einmal fortgesetzt werden. Ab 2012 wird sich die Opera-
tion vornehmlich auf die Unterstützung der Ausbildung
und die Entwicklung der Fähigkeiten der bosnisch-her-
zegowinischen Streitkräfte konzentrieren. Der Einsatz

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(C (D on EUFOR/ALTHEA bleibt somit ebenso wichtig wie chtig, auch wenn er nicht im Fokus der öffentlichen ahrnehmung steht. Ich bitte Sie deswegen um eine breite Unterstützung r das Mandat, für unsere Frauen und Männer von der undeswehr, die dort ihren wichtigen Dienst tun. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713922300

Das Wort hat jetzt die Kollegin Inge Höger von der

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713922400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Land

osnien-Herzegowina ist eine moderne Kolonie. – Die-
er Satz stammt nicht von mir. Er stammt von Ismet
ajramovic, dem Vorsitzenden des Bundes unabhängi-
er Gewerkschaften im bosnisch-kroatischen Landesteil
osnien-Herzegowinas. Herr Bajramovic ist nicht der
inzige, der das vor Ort so sieht. Ich war im Juni dieses
ahres dort und habe mich mit den Menschen in Sarajevo
nd Srebrenica unterhalten. Dabei habe ich festgestellt,
ass es eine tiefe Kluft gibt zwischen der lokalen Bevöl-
erung und denen, die nicht gern Besatzer genannt wer-
en wollen, aber als solche wahrgenommen werden.

In den Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern
er NATO und der EU hatte ich den Eindruck, dieses
and würde längst in Schutt und Asche liegen, wenn es
icht selbsternannte Helferinnen und Helfer aus den rei-
hen Ländern gäbe, die hier mit Militär und Investitio-
en für Ordnung sorgen. Bei Gesprächen mit Bosnierin-
en und Bosniern hörte sich alles ganz anders an. Die
UFOR-Truppen werden mit Befremden wahrgenom-
en, nicht nur wegen der nächtlichen Truppenübungen,
it denen sie in Wohngebieten in Sarajevo für Unmut

orgen. Schüsse und Kriegslärm kennen die Leute dort
us den schlimmen Zeiten der 90er-Jahre nur zu gut. Die
UFOR verbessert die unerträgliche Situation im Lande
icht; vielmehr zementieren die Truppen diese Situation.
uch deshalb fordert die Linke immer wieder den Ab-

ug der Bundeswehr aus Bosnien.


(Beifall bei der LINKEN – Michael Brand [CDU/CSU]: Ich habe den Eindruck, Sie waren nicht in Sarajevo!)


Banken aus dem Ausland, vorrangig aus Österreich
nd Deutschland, kaufen einen Großteil des Landes auf.
abriken werden nach den Vorgaben von EU und IWF
rivatisiert. Die Arbeitslosigkeit steigt. Nicht nur die
Millionen Euro, die dieser Einsatz im nächsten Jahr

osten wird, sind an der falschen Stelle ausgegeben,
uch ein Teil der knapp 100 Millionen Euro im zivilen
ereich richtet Schaden an; denn dieses Geld dient auch
ls Druckmittel für neoliberale Wirtschaftsreformen.

Wer Privatisierungen, Sozialabbau und die Zerschla-
ung des öffentlichen Dienstes auf dem Balkan durch-





Inge Höger


(A) )


)(B)

drückt, der hat nichts, aber auch gar nichts von den Ursa-
chen der aktuellen Wirtschaftskrise verstanden. Es ist
mehr als fragwürdig, in Bosnien die gleiche Politik
durchzusetzen, die Griechenland und Italien gerade in
den Ruin treibt.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Sind Sie sicher, dass Sie in Bosnien waren?)


Im Übrigen sehen die Menschen auf dem Balkan am
Beispiel Griechenlands, was ihnen blüht, wenn die von
Minister Westerwelle propagierte euro-atlantische Inte-
gration kommt. Sie sollten zumindest so mutig sein, den
Leuten nicht länger Sand in die Augen zu streuen.

Auch gemessen an den Maßstäben der Bundesregie-
rung ist dieser Einsatz völlig unnötig. 16 Jahre nach
Kriegsende brauchen die Bosnier keine militärischen
Bewacher. Die Vorstellung, dass sich Mitglieder der ei-
nen Ethnie sicherer vor den Mitgliedern der anderen Eth-
nie fühlen, weil die Bundeswehr dort stationiert ist, ent-
behrt jeder realen Grundlage.


(Beifall bei der LINKEN – Dietmar Nietan [SPD]: Sie müssen einmal mit den Bosniaken sprechen!)


– Ich war vor kurzem in Bosnien; das habe ich Ihnen ge-
rade gesagt.


(Dietmar Nietan [SPD]: Die sagen mir genau das Gegenteil! Ich nehme Sie einmal mit, wenn ich mit denen spreche!)


Genau das haben sie gesagt: Die Militärpräsenz verstärkt
den Eindruck, Bosnien-Herzegowina werde von der EU
fremdbeherrscht. Dieser Eindruck ist nicht ganz falsch.
EUFOR bildet die bosnische Armee aus, damit sich
diese in Afghanistan an einem neuen Krieg beteiligen
und neue Probleme schaffen kann. Diese Spirale von
Militarisierung und Krieg muss endlich durchbrochen
werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Auch die EU-geführte Polizeitrainingsmission dient
letztlich dem Aufbau einer Polizei, die Proteste nieder-
schlägt und somit den Ausverkauf des Landes unter-
stützt.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Ach du meine Güte! – Florian Hahn [CDU/CSU]: Kommen Sie doch mal in der Realität an! – Dietmar Nietan [SPD]: Jetzt wird es wirklich billig!)


So wurden zum Beispiel im vergangenen Jahr Demon-
strationen gegen Kürzungen im Gesundheitswesen von
der Polizei brutal niedergeschlagen. Damit muss endlich
Schluss sein.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Sie waren doch gar nicht in Bosnien! Sie sind doch ganz woanders gelandet! Ich glaube, auf einem anderen Planeten!)


Das Geld, das für den Bosnien-Einsatz ausgegeben
wird, könnte viel nützlicher für Aufbauprogramme aus-
gegeben werden. Gut angelegt wäre das Geld unter an-
derem bei der Minenräumung. Minen sind in Bosnien

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(C (D in echtes Problem, und es ist gut, dass sich auch Minenumerinnen und Minenräumer aus Deutschland hier en agieren. Den Einsatz deutscher Minenfachleute befürorten wir. Den Einsatz der Bundeswehr in Bosnien hnt die Linke jedoch entschieden ab. iehen Sie die Soldaten ab! Die Menschen in Bosnienerzegowina werden es Ihnen danken. (Beifall bei der LINKEN – Dietmar Nietan [SPD]: Da habe ich aber andere Erfahrungen gemacht! – Michael Brand [CDU/CSU]: Wie viele Soldaten haben wir denn in Bosnien, Frau Höger? Sie sind irgendwo anders ausgestiegen, aber nicht in Bosnien-Herzegowina!)


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713922500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Katja Keul vom

ündnis 90/Die Grünen.


Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713922600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Die Bundeswehr ist in Bosnien-Herzegowina
it gerade noch zwölf Soldaten vor Ort. Wir hoffen alle

emeinsam, dass der Militäreinsatz nach 16 Jahren ir-
endwann sein Ende finden wird. Einige EU-Staaten ha-
en ihre Soldatinnen und Soldaten bereits vollständig
bgezogen.

Allerdings findet dieser Rückzug gleichzeitig mit ei-
er sich ständig verschärfenden politischen Krise statt.
er diesjährige EU-Fortschrittsbericht zeichnet ein düs-
res Bild. Seit den letzten Wahlen im Oktober 2010
onnten sich die Parteien nicht auf die Bildung einer ge-
amtstaatlichen Regierung einigen. Die Spaltung zwi-
chen den drei ethnischen Entitäten hat sich weiter ver-
chärft. Vermittlungsversuche, ob vonseiten der EU oder
onseiten der Bundesregierung, sind allesamt geschei-
rt. Nun haben auch die Kroaten innerhalb der Födera-
on im April dieses Jahres ihre eigene Nationalver-
ammlung gegründet – ein verheerendes Signal für die
inheit des Staates.

Der Präsident der Republik Srpska unterstützte offen
ie Absetzbewegung der kroatischen Bosnier und drohte,

serbischen Teilstaat ein Referendum abhalten zu las-
en. Dabei ging es ihm um den Ausstieg aus dem gemein-
amen Justizsystem – eine der wenigen gesamtstaatlichen
trukturen überhaupt. Catherine Ashton reiste im letzten
oment nach Banja Luka und musste Dodik für die Ab-

age des Referendums auch noch Zugeständnisse ma-
hen. Nicht auszudenken, was ein solches Referendum
r die Existenz des Staates Bosnien-Herzegowina hätte

edeuten können!

In Anbetracht dieser Spannungen ist es nach wie vor
ngemessen, für den Krisenfall 500 Einsatzkräfte in ei-
em Reservebataillon bereitzuhalten. Die Höchstgrenze
ut Mandat beträgt vor diesem Hintergrund immer noch
00 Soldatinnen und Soldaten, und das akzeptieren wir.

Klar ist aber auch, dass die Konflikte nur auf politi-
chem Wege gelöst werden können. Kanzlerin Merkel





Katja Keul


(A) )


)(B)

hat sich persönlich Anfang des Jahres engagiert, aller-
dings ohne Erfolg. Das dürfte unter anderem daran lie-
gen, dass bisher eine konsistente politische Strategie
fehlt, die den ganzen Raum des westlichen Balkans um-
fasst. Wir fordern die Bundesregierung nachdrücklich
auf, sich in der EU für ein solches Konzept starkzuma-
chen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ganz vorne muss dabei weiterhin die Reform der
Staatsverfassung stehen. Die im Vertrag von Dayton
festgeschriebene Verfassung hat das Land nicht befrie-
det, sondern die Aufteilung in Volksgruppen befördert.
Dadurch verhindert sie eine integrierte nationale Regie-
rung. Leider müssen wir konstatieren, dass die EU durch
ihre nichtkonsistente Politik ein gutes Stück Verantwor-
tung dafür trägt, dass sich die Kluft zwischen den Volks-
gruppen immer mehr vertieft hat.

Wir müssen uns dieser Verantwortung stellen und den
Bosniern signalisieren, dass ihnen weiterhin eine Bei-
trittsperspektive offensteht. Deshalb war es richtig und
wichtig, dass Ende letzten Jahres die Visumfreiheit auch
für Bosnien eingeführt wurde.

Weiterhin müssen wir die Bosnier beim Kampf gegen
das organisierte Verbrechen und die Korruption wirksam
unterstützen. Denn diese kriminellen Strukturen nutzen
die bestehenden Konflikte aus, um aus der Instabilität
Profit zu schlagen, und leider stehen sie oft in enger Ver-
bindung zur Politik.

An diesem Punkt ist es wichtig, dass die EU ihre Un-
terstützung fortsetzt, auch wenn EUPM, die Polizeimis-
sion, bis Mitte nächsten Jahres eingestellt wird. Wir for-
dern die Bundesregierung auf, darauf hinzuwirken, dass
die EU neue Projekte im Bereich der Rechtsstaatlichkeit
und der Strafverfolgung auf den Weg bringt. Es darf in
Bosnien nicht der Eindruck entstehen, dass sich die Eu-
ropäische Union angesichts der Krise resigniert zurück-
zieht. Dies wäre eine fatale Ermutigung für all jene
Kräfte, die darauf hinarbeiten, dass das Land auseinan-
derbricht.

Die Bundesregierung sollte im nächsten Jahr endlich
ein starkes politisches Signal setzen und den Westbalkan
in das Zentrum ihrer Außenpolitik rücken. Hier kann sie
mit ihrem politischen Gewicht wirklich etwas bewegen.
Dabei muss sie auch wagen, Druck auf die politischen
Kräfte auszuüben. Die EU darf sich nicht mehr von
plumpen Drohungen der Rassisten und Separatisten be-
eindrucken lassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das führt zu fragwürdigen Kompromissen, die nur die
Instabilität verstärken.

Seit den Balkankriegen wissen wir wieder, dass der
Frieden in Europa keine Selbstverständlichkeit ist. Diese
Erkenntnis sollte auch 16 Jahre nach Kriegsende An-
sporn sein, uns weiter für Frieden und Stabilität auf dem
westlichen Balkan einzusetzen.

Vielen Dank.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Helga Daub [FDP])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713922700

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

as Wort der Kollege Florian Hahn von der CDU/CSU-
raktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Florian Hahn (CSU):
Rede ID: ID1713922800

Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kolle-

en! Auch wenn uns in bewegten Zeiten wie diesen nicht
den Tag Nachrichten aus Bosnien und Herzegowina er-
ichen, darf nicht in Vergessenheit geraten, dass wir

ort ein wichtiges Mandat erfüllen. Gerade in diesem
usammenhang dürfen wir vor allem nicht den Einsatz
nserer Soldatinnen und Soldaten, der zivilen Helfer und
er Polizisten vergessen. Sie alle sind mit dafür verant-
ortlich, dass die Region als weitestgehend stabil einge-

tuft werden kann. Sie bündeln die zivil-militärische Zu-
ammenarbeit vor Ort und leisten somit einen wichtigen
eitrag zum Friedenserhalt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


as haben Sie, Herr Bundesminister Westerwelle, noch
inmal deutlich gemacht. Dafür möchte ich Ihnen herz-
ch danken.

Ein stabiles Bosnien-Herzegowina liegt in unserem
ie auch im elementaren Interesse der Europäischen
nion. Daher müssen und wollen wir das Land auch
eiterhin auf dem Weg zu einem demokratischen
echtsstaat begleiten. Unser Ziel muss dabei auch in Zu-
unft sein, dass dort ein Staat entsteht, in dem alle Eth-
ien – Bosniaken, Serben und Kroaten – in Frieden mit-
inander leben können. Die Region muss hierfür durch
i- und multilaterale Hilfe langfristig und nachhaltig sta-
ilisiert werden. Nur so können sich Zukunftsperspekti-
en, Wohlstand und Demokratie entwickeln. Das ist die
oraussetzung dafür, dass irgendwann ethnische Aus-
inandersetzungen für immer der Vergangenheit angehö-
n können.

Deutschland engagiert sich seit 1995 im Friedenspro-
ess. Wir unterstützen dabei nachhaltig die zivilen und
olitischen Bemühungen der internationalen Gemein-
chaft. So können wir heute über eine Aufnahme in die
ATO und auch in die Europäische Union zumindest an-

atzweise nachdenken. Ich stehe auch dazu, dass es für
en gesamten westlichen Balkan eine EU-Perspektive
eben muss.

Doch trotz aller Erfolge ist es bis dahin noch ein wei-
r Weg; denn Bosnien und Herzegowina ist nach wie
or ein großes Sorgenkind auf dem Balkan. So wurde
ort am 3. Oktober 2010 gewählt, doch gibt es seit über
00 Tagen keine Regierung, und eine Einigung ist bisher
uch nicht in Sicht.





Florian Hahn


(A) )


)(B)

Beim Dialog zu Fragen der Justizreform wollen füh-
rende Politiker möglichst wenig Rechtsprechung auf der
Ebene Bosnien-Herzegowinas akzeptieren. Dies stellt in
meinen Augen einen deutlichen Rückschritt auf dem
Weg hin zu einem demokratischen Rechtsstaat dar.
Wenn Rechtsstaatlichkeit nicht im Interesse der Verant-
wortlichen dort liegt,


(Michael Brand [CDU/CSU]: Nur einiger! Nicht von allen!)


so liegt ein EU-Beitritt auch nicht in unserem Interesse.
Ein glaubhaftes Bemühen, Mitglied der Europäischen
Union zu werden, beinhaltet deshalb für mich eine solide
Regierungsbildung, das Bearbeiten der längst überfälli-
gen Verfassungsreform sowie die wirtschaftliche Inte-
gration nach den Regeln der EU.

Bei der Verfassungsreform muss beispielsweise die
menschenrechtswidrige Praxis, dass Minderheiten nicht
gewählt werden können, umgehend geändert werden.
Bei der wirtschaftlichen Integration in den EU-Binnen-
markt gilt es, das Beihilfeverbot der EU einzuhalten.
Hierzu ist eine Aufsichtsbehörde notwendig, die das
auch nachvollziehbar überwachen kann.

Da sich in Bosnien und Herzegowina aber noch große
Teile der Wirtschaft in öffentlicher Hand befinden, ver-
laufen Auftragsvergaben nicht immer zweifelsfrei. Im
Gegenzug sind öffentliche Unternehmen eine Versor-
gungseinrichtung für bestimmte Cliquen. Auch hier
braucht es mehr Transparenz, hier sind entsprechende
Gesetze notwendig. Vetternwirtschaft und Korruption
muss Einhalt geboten werden; denn auf Korruption kann
man keinen modernen Staat aufbauen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Als weiterer Punkt ist für mich die Durchführung ei-
nes Haushaltszensus von großer Wichtigkeit. Der letzte
Zensus wurde 1991 durchgeführt. Die damals erhobenen
Daten sind obsolet und können keine Basis für die Ge-
genwart und die Zukunft sein. Gerechtigkeit in der Ver-
teilung und beim Mitspracherecht kann so niemals her-
gestellt werden. Technisch ist die Durchführung eines
Zensus kein Problem. Das Problem liegt allein im politi-
schen Willen.

Meine Damen und Herren, Bosnien und Herzegowina
braucht für eine chancenreiche Zukunft dringend weitere
Erfolge. Mit einer Mandatsverlängerung werden wir
auch künftig dazu beitragen, dass das Land diese Erfolge
realisieren kann. Wir wissen, dass Bosnien und Herzego-
wina die internationale Präsenz selbst wünscht. Die
Menschen haben den Wunsch, dass im Notfall eine Re-
serve da ist, die für sie und ihre Sicherheit sorgt.

Wir haben das Ziel, die exekutive Operation ALTHEA
zu beenden und in eine nichtexekutive Ausbildungs- und
Unterstützungsmission umzuwandeln. Die Reduzierung
der Mandatsobergrenze ist dafür ein Indikator. Ich werbe
für die Verlängerung dieses Mandats. Unseren Soldatin-
nen und Soldaten, den Polizisten und zivilen Helfern

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(C (D ünsche ich auf diesem Weg viel Erfolg und Gottes Seen. Danke sehr. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713922900

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/7577 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-

erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Sportausschusses (5. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Martin Gerster,
Sönke Rix, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Rechtsextremistische Einstellungen im Sport
konsequent bekämpfen – Toleranz und Demo-
kratie nachhaltig fördern

– Drucksachen 17/5045, 17/7597 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Klaus Riegert
Martin Gerster
Dr. Lutz Knopek
Katrin Kunert
Viola von Cramon-Taubadel

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
erspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache und erteile als ers-
m Redner das Wort dem Parlamentarischen Staatsse-
retär Dr. Christoph Bergner.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


D
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1713923000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Obwohl

h aufgefordert bin, hier für die Bundesregierung Stel-
ng zu nehmen, sei es mir gestattet, ein Beispiel aus der
ereinspraxis anzuführen.

Mein eigener Sportverein hat auf seiner letzten Dele-
iertenversammlung eine Satzungsänderung beschlos-
en. Die Satzung lautet – ich darf zitieren –: Unser Ver-
in

ist offen für alle sportinteressierten Bürger, unab-
hängig von ihrer Religion, Weltanschauung, Partei-
zugehörigkeit und gesellschaftlichen Stellung.

o weit war das schon bisher Satzungstext. Nun kommt
inzu:





Parl. Staatssekretär Dr. Christoph Bergner


(A) )


)(B)

Er wendet sich entschieden gegen jede Form von
Rassismus, Chauvinismus, Extremismus und politi-
scher Willkür.

Die Satzungsänderung, die wir in unserem Verein be-
schlossen haben, hat einen Hintergrund. Wir haben aus
den Erfahrungen gelernt, die ein anderer Verein unseres
Bundeslandes machen musste, als ein Trainer und
Übungsleiter, der Mitglied der NPD war, seine Vereins-
mitarbeit für Werbung im extremistischen Sinne –


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rechtsextremistisch, muss man sagen!)


– im rechtsextremistischen Sinne – genutzt hatte und der
Verein große Schwierigkeiten hatte, sich von diesem
Trainer und Übungsleiter auf der Basis der bestehenden
Satzung zu trennen.

Ich nenne dieses Beispiel, um deutlich zu machen,
dass die Sportvereine und -verbände im Rahmen ihrer
gesamtgesellschaftlichen Verantwortung hier vor beson-
deren Herausforderungen stehen, dass also das Anliegen,
das mit dem Antrag der SPD-Fraktion zum Ausdruck ge-
bracht wurde, durchaus als berechtigt gelten kann.

Aber allein diese Feststellung sollte uns bei der Be-
wertung und der Behandlung dieses Antrages nicht ge-
nügen. Denn was aus meiner Sicht im Antrag unzurei-
chend zum Ausdruck kommt, ist die Anknüpfung an
entsprechende Bemühungen. Ich nenne insbesondere die
Kampagne „Sport und Politik verein(t) gegen Rechts-
extremismus“,


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber was ist daraus geworden?)


die nicht allein, wie der Antragsteller sagt, eine Kampa-
gne der Bundesregierung ist. Kampagnenträger sind ne-
ben dem Bundesinnenministerium und dem Bundes-
ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
die Bundeszentrale für politische Bildung, die Deutsche
Sportjugend im Auftrag des DOSB, der Deutsche Fuß-
ball-Bund, die Sportministerkonferenz, die kommunalen
Spitzenverbände und die Landessportbünde.

Sie alle – das wird bei der weiteren Beratung des An-
trags noch bedeutsam werden – wirken bei der Umset-
zung der Empfehlungen des Handlungskonzepts mit, das
der Kampagne zugrunde liegt. Dabei steht die Bekämp-
fung von Rechtsextremismus zwar im Vordergrund, aber
der Initiative geht es um viel mehr: Sie richtet sich auch
gegen jegliche Form von Diskriminierung im Umfeld
des Sports und legt deshalb einen besonderen Schwer-
punkt auf die Prävention.

Ich will nur kurz auf die drei wichtigsten Punkte der
Kampagne verweisen. Es geht darum, die Vereine für
rechtsextremistische Einflussnahmen, die subtil erfolgen,
zu sensibilisieren, sie zu motivieren, konsequent gegen
rechtsextremistische Erscheinungsformen und Diskrimi-
nierung vorzugehen, sich entsprechend fortzubilden und
gegen Rechtsextremismus zu positionieren und durch
eine Bündelung von Informationen und Vernetzung von
externen Unterstützungsangeboten Vereinen eine ent-
sprechende Hilfestellung zu geben.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich verweise mit Blick auf die neuen Bundesländer
arauf, dass es dem Bundesinnenministerium ein wichti-
es Anliegen war, das Programm „Zusammenhalt durch
eilhabe“ zu einem Programm zu machen, das die Lan-
essportbünde bei der Bekämpfung extremistischer Ein-
ussnahmen und Bestrebungen im Sport unterstützt.

So wichtig das Anliegen ist, so sehr ist zu bemängeln,
ass sich die Antragsteller nicht über den Stand der Ar-
eit hinreichend informiert bzw. nicht daran angeknüpft
aben. Im Lichte der bereits bestehenden Kampagne ist
anche der Forderungen, die im Antrag erhoben wer-

en, als wenig zielführend zu bewerten.

Das gilt zunächst einmal für die Forderung, zeitnah
inen Bericht über verfassungsfeindliche extremistische
estrebungen im Sport, mit konkreten Fallzahlen nach
undesländern und Sportarten, vorzulegen. Die Umset-
ung dieser Forderung bedeutet nicht mehr und nicht
eniger als die Einführung eines verbindlichen Melde-

ystems für die Vereine, bei dem bereits unterhalb der
trafbarkeitsschwelle entsprechende Meldungen zu ma-
hen sind. Sie alle, jedenfalls die Mitglieder des Sport-
usschusses, stecken tief im Thema Vereinsverantwor-
ng und Vereinsarbeit und wissen, was das für den

inzelnen Verein und die ehrenamtlichen Leitungen be-
eutet.

Die zweite Forderung, die Aufnahme eines Kapitels
Extremismus und Sport“ in künftigen Sportberichten,
t mit dem 12. Sportbericht bereits erfüllt. Wir werden
ei der Diskussion des nächsten Sportberichts die Gele-
enheit haben, festzustellen, ob die Forderungen ent-
prechend umfänglich und vollständig umgesetzt wur-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich erwähne schließlich eine ganze Reihe von Forde-
ngen, die auf eine finanzielle Unterstützung der Ver-

ine abzielen. Ich muss an diesen Forderungen zum ei-
en kritisieren, dass sie haushaltsrelevant sind. Sie
ollten an anderer Stelle und weniger pauschal gestellt
erden. Zum anderen muss ich aber vor allen Dingen
ritisieren, dass sie die Zuständigkeits- und Kompetenz-
agen außer Acht lassen, die für die jeweiligen Finan-
ierungsmodelle nicht ohne Bedeutung sind.

Es gibt eine Anzahl von Forderungen, die ich als auf
em Wege, wenn auch nicht als erfüllt betrachte. Die Ein-
hrung eines Gütesiegels ist Teil der Handlungsempfeh-
ngen. Die geforderten Ansprechpartner im LSB gibt es

ereits. Fortbildungsveranstaltungen mit LSB-Vertretern
ind schon im Herbst dieses Jahres durch die Deutsche
portjugend entsprechend terminiert.

Ich will noch einmal deutlich machen: Ich glaube, es
ibt gegen das Anliegen des Antrags keinerlei Ein-
ände. Im Gegenteil, wir wissen, dass wir es mit einem
ichtigen Anliegen zu tun haben.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann können Sie ja zustimmen!)







(A) )


)(B)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713923100

Kommen Sie bitte zum Schluss.

D
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1713923200


Das ist der letzte Satz, Herr Präsident.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713923300

Gut. Bitte.

D
Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1713923400


Ich möchte an dieser Stelle an Sie alle appellieren, da-
für zu sorgen, dass wir die in der Kampagne verfolgten
Ziele nicht durch ein vordergründiges Einfordern von
Erfolgsmeldungen, nicht erfüllbaren Beitragspflichten
oder unpräzise formulierten Finanzierungsmaßnahmen
konterkarieren, sondern dass wir die Maßnahmen dieser
gemeinsamen Kampagne, die von der Bundesregierung
nur zu einem Teil betrieben wird, gemeinsam unterstüt-
zen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713923500

Das Wort hat der Kollege Martin Gerster von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Martin Gerster (SPD):
Rede ID: ID1713923600

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Gestern war der 9. November – ein ganz besonderer Tag,
in mehrfacher Hinsicht ein bemerkenswerter Tag in der
deutschen Geschichte. Mit Blick auf die Reichspogrom-
nacht ist dieser Tag für uns natürlich eine immerwäh-
rende Mahnung, entschlossen gegen Antisemitismus, ge-
gen Rassismus, kurz: gegen Menschenfeindlichkeit mit
all ihren Erscheinungsformen einzutreten und klarzuma-
chen: Nein, so etwas nie wieder!


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir über
Sport sprechen, dann beschwören wir oft die Fähigkeit
des Sports, Menschen zusammenzubringen, Vorurteile
abzubauen und an ihrer Stelle Fairness und Toleranz zu
fördern. Viel weniger sprechen wir über die Gefahren,
die damit verbunden sind, wenn Sport missbraucht wird:
Dann kann das exakte Gegenteil von dem entstehen, was
wir uns vom Sport wünschen. Seit Jahren ist bekannt,
dass Rechtsextremisten gezielt versuchen, den Sport vor
ihren ideologischen Karren zu spannen, und die ehren-
amtliche Tätigkeit im Sportverein nutzen, um ganz ne-
benbei ihre rechtsextreme Propaganda zu verbreiten.
Sportstätten sehen sie als Bühne, um zu provozieren, um
rassistische und antisemitische Inszenierungen irgend-
wie zustande zu bringen. Die Politik darf dabei nicht

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(C (D egsehen. Politik muss handeln und muss Vorschub isten, damit das nicht weiter um sich greifen kann. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es ge-
chafft, solche Aktivitäten zuweilen aus den großen
portarenen zu verbannen. Aber die Frage ist ja: Wie ist
s uns gelungen? Hier muss man ganz klar sagen: Das ist
as Verdienst all derjenigen, die sich in den Fanprojek-
n engagieren, die engagierte Arbeit an der Basis leisten
nd andererseits oftmals nicht die notwendige Unterstüt-
ung aus der Politik erfahren, weil es noch immer viel zu
iele Kommunen gibt, die nicht erkennen, welcher Wert
ahintersteckt, weil es noch immer viel zu viele Bundes-
nder gibt, die sich letztendlich schwertun, sich hierbei

u engagieren.

Ich will nur das Beispiel Baden-Württemberg nennen:
ie schwarz-gelbe Landesregierung hat ganz lange ge-
raucht, um endlich einzusehen, wie wichtig Fanpro-
kte an dieser Stelle sind. Die neue Landesregierung aus
rünen und SPD hat es im Koalitionsvertrag festge-
lopft: Fanprojekte sind ein ganz wichtiger Bestandteil
rer Politik. Das ist so, und das wird auch so bleiben in
aden-Württemberg.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Seit Jahren fordern wir, die Aufbauarbeit der Koordi-
ationsstelle Fanprojekte, KOS, in Frankfurt stärker zu
nterstützen.

Unverständlich für uns ist, dass diese Woche in der
resse zu lesen war, dass Bundesinnenminister Friedrich
ie Finanzierung dieser Projekte infrage stellt. Wir wis-
en nicht, ob zutrifft, was dort berichtet wurde. Aber ich
ätte mir schon gewünscht, Herr Staatssekretär
r. Bergner, dass Sie die heutige Debatte genutzt hätten,
m klarzustellen, dass eine Reduzierung der Mittel nicht
ngestrebt wird. Schade! Eine verpasste Chance an die-
er Stelle.

Wir finden, dass es irgendwie unglaubwürdig ist,
enn einerseits im Januar der Vorgänger des jetzigen
undesinnenministers, Herr Thomas de Maizière, und
ie Familienministerin Frau Schröder sich bei einer gro-
en Veranstaltung feiern lassen, wenn sie bei diesem
vent viel ankündigen, wir aber andererseits jetzt in den
eitungen lesen: Die Finanzierung wird infrage gestellt.
chade! Vielleicht wird das einer der folgenden Redner
och klarstellen. Wir haben jedenfalls nicht vergessen,
ass vor zehn Monaten zwei Minister in Berlin die Ini-
ative „Verein(t) gegen Rechtsextremismus“ mit einem
roßen Bahnhof vorgestellt haben, und stellen fest, dass
is jetzt eigentlich noch gar nichts passiert ist. Ich
laube, hier wird etwas verwechselt. Ankündigung ist
och nicht gleich Handeln.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn in der Diskussion im Sportausschuss gesagt
ird, der Antrag der SPD-Fraktion habe sich durch Han-
eln erledigt, dann muss ich sagen, dass das einfach





Martin Gerster


(A) )



(B)

nicht zutrifft; denn schon vor über zehn Monaten wurde
zum Beispiel angekündigt, dass ein Gütesiegel für Ver-
eine eingeführt wird. Bislang ist noch nichts passiert.
Wir haben im Sportausschuss bei den Vertretern des
Ministeriums nachgefragt. Da hieß es, in den nächsten
Wochen wolle man sich so langsam zusammensetzen
und überlegen, wie man das irgendwie hinbekommen
könne. Dazu muss ich sagen: Es dauert ganz schön
lange, bis irgendetwas auf die Reihe gebracht wird. Die
Regierung kündigt viel an, aber es passiert letztendlich
viel zu wenig. Das kritisieren wir. Deswegen haben wir
den Antrag eingebracht. Wir sagen nicht, dass alles
falsch ist, was im Januar angekündigt wurde, aber mit
der Umsetzung hapert es gewaltig.

Im Übrigen muss man ganz klar sagen: Sie könnten
eigentlich jetzt mit gutem Beispiel vorangehen, wenn es
darum geht, Demokratie und Wertevermittlung voranzu-
bringen, indem Sie uns zugestehen, dass wir auch im
Sportausschuss wieder öffentlich über ein solches
Thema diskutieren.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713923700

Das Wort hat jetzt der Kollege Lutz Knopek von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Lutz Knopek (FDP):
Rede ID: ID1713923800

Könnten Sie das Pult hochdrehen?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713923900

Das müssen Sie selber machen.


Dr. Lutz Knopek (FDP):
Rede ID: ID1713924000

Mein Vorredner und ich, wir unterscheiden uns in der

Größe, aber nicht in unserem Engagement für den Sport.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Ich begrüße es, dass die SPD mit ihrem An-
trag auf die ernstzunehmende Gefahr hinweist, dass
Rechtsextremisten Sportvereine gezielt zur Verbreitung
ihres rassistischen, antidemokratischen und menschen-
verachtenden Gedankenguts nutzen, sei es als aktiver
Sportler, Trainer, Vorstandsmitglied oder Sponsor. Es
freut mich daher, dass dieses wichtige Thema heute
Nachmittag im Plenum öffentliches Gehör finden kann.


(Beifall im ganzen Hause)


Gerade der Sport, der Menschen verschiedenster Kul-
turen miteinander verbindet, innerhalb der Gesellschaft
die Integration fördert und Werte wie Toleranz, Respekt
und Fairness vermittelt, muss unbedingt vor antidemo-
kratischem und rassistischem Gedankengut geschützt
werden. Immer wieder blicken wir hier als Erstes auf
den Fußball. Ich möchte aber auch darauf hinweisen,
dass Rechtsextremismus im Sport kein reines Problem

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(C (D es Fußballs ist. Rechtsextremisten fokussieren sich auf iesen Sport, da der Fußball in unserer Gesellschaft beonders stark wahrgenommen wird und sie ein Höchstaß an Öffentlichkeit suchen. Aber auch Kampfsport ereine und die Kraftsportszene können beispielsweise etroffen sein. Die Gefahr wurde von den Sportverbänden und der undesregierung erkannt, und gute Maßnahmen wurden ereits getroffen. So hat das Innenministerium Anfang ieses Jahres mit der Auftaktveranstaltung „Foul von t)

espekt und Menschenwürde“ eine Initiative gestartet.
emeinsam mit dem organisierten Sport hat die Bundes-
gierung tragfähige Handlungskonzepte vorgelegt, um
chtsextremistische Tendenzen im Sport abzuwehren.
uch hat das Innenministerium gegenüber den Lan-
essportbünden, wie im Antrag der SPD gefordert, be-
its die Empfehlung ausgesprochen, Ansprechpartner

nd Hilfe zur Verfügung zu stellen, was diese teilweise
uch schon umgesetzt haben. Insbesondere der Fußball
eigt sich auf der Ebene der Landesverbände für diese
roblematik sensibilisiert.

Auch die klassischen Fanprojekte leisten auf diesem
eld bereits hervorragende Arbeit. Des Weiteren gibt es
zwischen zahlreiche Faninitiativen wie die „Bunte
urve“ oder „Fare Network“, die sich gezielt gegen Ras-

ismus und Diskriminierung im Allgemeinen wehren;
enn auch Homophobie stellt ein großes Problem im
port dar.

Die Europäische Kommission vergibt Zuschüsse an
wölf transnationale Initiativen – neun davon in
eutschland – zur Bekämpfung von Gewalt und Intole-
nz im Sport, insbesondere auf der Basisebene. Zusätz-
ch gibt es eine europaweite Aktionswoche gegen Ras-
ismus, und Vereine und Spieler positionieren sich
ffentlich gegen Rassismus und nutzen ihre Möglichkei-
n, in ihren Stadien gegen Rassismus vorzugehen.

Die von der SPD im Antrag geforderten Initiativen
eitens der Regierung, Verbände, Vereine und Fanclubs
xistieren also bereits: organisationsübergreifend und
ogar konkreter und zielgerichteter als nun gefordert und
ind bis zum haushaltsrechtlich zulässigen Maß umge-
etzt. Ich denke nicht, dass es bei einer so großen und
reiten gesellschaftlichen Gegenbewegung Aufgabe des
undes ist, hier noch weitere Modellprojekte oder Güte-

iegel zu schaffen. Eher sehe ich hier die Länder und
ommunen in der Pflicht, die die Gegebenheiten und
efahren vor Ort viel besser kennen, antiextremistische
itiativen zu unterstützen, zu fördern und eng mit ihnen

usammenzuarbeiten. In diesem Punkt kann ich dem
ntrag zustimmen, und ich begrüße es ausdrücklich
anders als die Linke –, dass die SPD an dieser Stelle ei-

en geweiteten Blick auf andere Formen des Extremis-
us lenkt.

Natürlich liegt im Bereich der Vereine der Schwer-
unkt klar beim Rechtsextremismus. Allerdings darf
an vor anderen Formen des gewaltbereiten Extremis-
us, wie Linksextremismus und Islamismus, grundsätz-
ch nicht die Augen verschließen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

)





Dr. Lutz Knopek


(A) )


)(B)

Wir hoffen sehr, dass die heutige Debatte alle, also
Politik, Verbände, aber auch die Vereine selbst mit ihren
Vereinsmitgliedern stärker für die Problematik des
Rechtsextremismus im Sport sensibilisiert und zum Han-
deln motiviert. Wir brauchen noch stärker eine Kultur
des Hinsehens und der Zivilcourage. Je mehr Menschen
von den Kampagnen und Maßnahmen sowie den An-
laufstellen bei Betroffenheit erfahren, umso stärker kön-
nen wir alle gemeinsam Rechtsextremismus im Sport
vorbeugen und bekämpfen.

Mit Blick auf ihren Antrag muss sich die SPD aller-
dings die Frage gefallen lassen, ob sie der Bundesregie-
rung unterstellt, hier etwas versäumt zu haben. Dabei ist
das Gegenteil der Fall. Das ist unfair und unsportlich.
Meine Fraktion wird diesen Antrag daher leider ableh-
nen.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Michael Groschek [SPD]: Der Start war so gut! – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt können wir leider nicht mehr klatschen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713924100

Das Wort hat der Kollege Jens Petermann von der

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jens Petermann (Plos):
Rede ID: ID1713924200

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die
Zahlen sind erschreckend: In den letzten 20 Jahren ha-
ben 137 Menschen ihr Leben durch rechtsextremistische
Straftaten verloren. Sie wurden Opfer antisemitischer,
fremdenfeindlicher und rassistischer Gesinnungstäter.
Derartige Einstellungen finden sich in vielen gesell-
schaftlichen Bereichen – leider auch im Sport. Sie stel-
len eine ernstzunehmende Bedrohung dar. Darum müs-
sen wir uns immer wieder damit auseinandersetzen –
auch hier und heute im Deutschen Bundestag.

Die Zusammenarbeit von Politik und zivilgesell-
schaftlichen Strukturen ist hier ein erfolgreiches Agieren
gegen die Gefahr von rechts außen und ohne Alternative.
Ein Beispiel dafür ist die thüringische Kreisstadt Hild-
burghausen. Dort hatte ein bekennender Neonazi einen
Fußballverein gegründet, der als rechtes Sammelbecken
diente. Durch zivilgesellschaftliches Engagement ist es
gelungen, den Verein von der Bildfläche zu verbannen.
Die Stadt Hildburghausen – übrigens mit einem linken
Bürgermeister an der Spitze – hat dem Verein den Zu-
gang zu Sportanlagen untersagt. Der Kreissportbund hat
dem Zusammenschluss die Anerkennung als Verein ver-
wehrt, und das örtliche Bündnis gegen Rechtsextremis-
mus, in dem unter anderem Vertreter von Kirchen, Par-
teien und Gewerkschafter organisiert sind, hat vorbild-
liche zivilgesellschaftliche Aufklärungsarbeit geleistet.

Rechtsextremismus im Sport ist ein sehr ernstzuneh-
mendes Phänomen. Das zeigt eine endlose Kette von
Vorfällen insbesondere im Umfeld des Fußballs; Kollege

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(C (D nopek, Sie hatten es bereits erwähnt. Meine Fraktion egrüßt darum den Antrag der SPD als Schritt in die chtige Richtung. Umso bedauerlicher ist es allerdings, ass Union und FDP selbst diesen kleinen Schritt mit faenscheinigen Begründungen ablehnen. Anstatt mit konreten Maßnahmen dem Rechtsextremismus im Sport aroli zu bieten, belässt es die Koalition leider bei Lipenbekenntnissen. „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen, nicht an ihren orten“, heißt es sinngemäß bei Matthäus. (Dr. Frank Steffel [CDU/CSU]: Matthäus war ein Fußballer! Lothar Matthäus!)


iebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, das
eld überlasse ich Ihnen gerne. Auch die heutige Politik
uss sich an diesem Maßstab messen lassen. Die Linke
ird darum dem Antrag der SPD zustimmen. Die Forde-
ng, dauerhafte Förderstrukturen für Verbände und Ver-

ine zu schaffen, unterstützen wir. Das ist ein ganz kon-
reter Vorschlag, auch wenn der Antrag in der Wahl der
egriffe nicht ganz konsistent ist.

Ich erinnere an dieser Stelle an die Erkenntnisse, die
er Sportausschuss bereits im Jahre 2008 gewonnen hat.
amals erklärte der Sachverständige Martin Endemann
om Bündnis Aktiver Fußballfans in der Anhörung zu
xtremismus im Sport: Mir ist nicht bekannt, dass es in
eutschland ein großartiges Problem mit linksextremis-
schen Fußballfans gebe. Insofern halte ich den Titel
ieser Veranstaltung für falsch; es sei denn, man macht
en Fehler, antirassistisches Engagement in irgendeiner
eise mit linksextremistischer Politik verknüpfen zu
ollen. – Übrigens hat sich der DFB-Präsident Theo
wanziger diese Position in der gleichen Sitzung zu ei-
en gemacht.

Im Bereich Fußball bestehen sicherlich die größten
robleme, aber Rassismus und Diskriminierung gibt es
uch in anderen Sportarten, manchmal offensichtlich,
anchmal aber auch im Verborgenen. Bedingungsloser
insatz gegen den Rechtsextremismus in unserer Gesell-
chaft muss über Konzepte auf geduldigem Papier hin-
usgehen. Ich empfehle darum Union und FDP, einmal
eim Bürgermeister in Hildburghausen zu hospitieren.
h setze mich gerne dafür ein, dass Sie dort kurzfristig

inen Termin bekommen, und bedanke mich für Ihre
ufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sönke Rix [SPD])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713924300

Das Wort hat die Kollegin Monika Lazar vom Bünd-

is 90/Die Grünen.


Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713924400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

urde schon gesagt: Neonazismus und Rechtsextremis-
us sind ein gesamtgesellschaftliches Problem, das im-
er wieder auch im Sport vorkommt. Deshalb bin ich

en Kolleginnen und Kollegen der SPD dankbar, dass
ie diesen Antrag eingebracht haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)






Monika Lazar


(A) )


)(B)

Sie haben den Ball aufgenommen, den wir ihnen in der
letzten Wahlperiode mit unserem Antrag zugespielt ha-
ben.


(Klaus Riegert [CDU/CSU]: Abgeschrieben!)


Unseren damaligen Antrag „Alle Formen von Diskrimi-
nierungen thematisieren“ hatten Sie leider abgelehnt. Al-
lerdings sehen wir mit Freude, dass Sie in Ihrem jetzt
vorgelegten Antrag durchaus viele unserer damaligen
Forderungen teilen.

Der Sport hat einen hohen Stellenwert in unserer Ge-
sellschaft – da sind wir uns wahrscheinlich alle einig. Al-
lerdings ist der Sport nicht automatisch tolerant und inte-
grativ. Wir müssen uns da immer wieder engagieren. Ich
persönlich habe schon häufig erlebt, wie Initiativen, die
sich für Toleranz im Sport einsetzen, von anderen Verei-
nen oder Verbänden argwöhnisch beäugt werden. Sie
werden sehr schnell als Nestbeschmutzer beschimpft,
oder es wird gesagt, sie würden unnötigerweise die Poli-
tik in den Sport hineintragen. Deshalb möchte auch ich
auf das Engagement von Theo Zwanziger verweisen, der
sich diesbezüglich immer sehr explizit äußert: ob in der
Anhörung des Sportausschusses oder auch sonst bei vie-
len anderen Gelegenheiten. Diese Appelle müssen insbe-
sondere im Breitensport gehört und umgesetzt werden.
Viel zu häufig wird vor Ort gesagt, das schaffe man nicht,
es wird auf das Prinzip der Subsidiarität verwiesen oder
auf die Überlastung des Ehrenamtes hingewiesen.

Politik ist bei dieser Thematik ebenso gefragt. Die
Initiative „Verein(t) gegen Rechtsextremismus“ wurde ja
schon von verschiedenen Vorrednern angesprochen.
Auch ich kann allerdings nur sagen: Außer markigen
Worten ist bis jetzt leider nichts weiter erfolgt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Der Präsident des DOSB, Thomas Bach, schilderte, dass
man gegen rechtsextreme Einstellungen im Sport konse-
quent vorgehe. Der DOSB hätte – ich zitiere – „diesen
Tendenzen bereits vor Jahren den Krieg erklärt“. Das
waren klare Worte, doch nach fast einem Jahr müssen
wir konstatieren: Es waren wohl eher, um im Jargon zu
bleiben, leere Patronenhülsen. Das Programm mag noch
so schön zu lesen sein; wir würden im Bundestag gerne
mehr über die Umsetzung erfahren. Wenn die entspre-
chenden Ministerien der Bundesregierung mehr wissen,
könnte man uns ja in den Ausschüssen dahin gehend in-
formieren.

Wir haben in den vergangenen Jahren insbesondere
auch bei den Fanprojekten sehr viel gemacht, mittler-
weile in allen Bundesländern. In Sachsen hat es wie in
Baden-Württemberg – Letzteres wurde ja schon ange-
sprochen – lange Jahre gedauert, bis etwas unternommen
wurde. Es musste erst etwas Schlimmes passieren, bis
sich die sächsische Landesregierung dazu durchgerun-
gen hat. Von daher sind die geplanten Kürzungen bei der
KOS in keiner Weise nachvollziehbar. Es kann einfach
nicht sein, dass man sagt, hier werde Geld verschwendet.
Hier wird gute Arbeit geleistet. Wir brauchen eher mehr
davon als weniger. Von daher ist insbesondere die sozial-
pädagogische Arbeit in diesen Bereichen auszuweiten.
Hier darf es keine Kürzungen geben.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Das Förderprogramm „Zusammenhalt durch Teil-
abe“ ist ebenfalls schon angesprochen worden. Die da-
ugehörigen Modellprojekte unterstützen wir. Allerdings
t auch bei diesem Programm zu kritisieren, dass der
nklare, unwissenschaftliche Extremismusbegriff immer
ieder verwendet wird. Dieser Umstand erschwert die
hnehin schwierige praktische Arbeit. Ebenso ist zu kri-
sieren, dass die Dauer des Programms nur befristet ist.
as ist ein generelles Problem. Ich erinnere nur an das

usgelaufene Modellprojekt „Am Ball bleiben“. Dort
urden tolle Sachen gemacht, aber das Programm läuft

us; alles wird abgeheftet, und es folgt leider nichts.

Wir müssen nicht jedes Mal das Rad neu erfinden;
ber wir sollten uns endlich alle zusammensetzen und
achhaltige Konzepte entwickeln, inklusive Finanzie-
ng.

Ganz zum Schluss an all diejenigen, die den Antrag
eute ablehnen werden: Ihnen empfehle ich die Lektüre
es Buches „Angriff von Rechtsaußen – Wie Neonazis
en Fußball missbrauchen“ von Ronny Blaschke. Dort
önnen Sie alle möglichen Beispiele noch einmal nach-
sen, zum Beispiel den von Herrn Bergner erwähnten
all Battke und den Fall in Hildburghausen, den der Kol-
ge Petermann genannt hat. Es gibt auch ein großes Ka-
itel zum Thema Leipzig, wo es in der Auseinanderset-
ung große Probleme gibt. Lesen bildet! Wenn Sie heute
icht zustimmen, kommen wir vielleicht zu einem ande-
n Zeitpunkt zu einer gemeinsamen Position.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713924500

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Frank Steffel von

er CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Frank Steffel (CDU):
Rede ID: ID1713924600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Wir begrüßen es, um das gleich vorneweg zu sagen,
ass es seit Anfang dieses Jahres das gemeinsame Pro-
ramm „Verein(t) gegen Rechtsextremismus“ gibt – ein
rogramm der Bundesregierung, mehrerer Ministerien,
er Sportminister der 16 Bundesländer, der Landessport-
ünde, des DOSB, des DFB, der Deutschen Sportjugend,
er kommunalen Spitzenverbände und vieler anderer.
nabhängig davon, was wir im Detail kritisieren können
das mag ja zum Teil sogar einen –, sind wir dankbar,
ass sie alle sich darauf verständigt haben, diesem wich-
gen Thema die Bedeutung beizumessen, die wir ihm
eute zu Recht auch im Deutschen Bundestag zuerken-
en.

Es gibt Themen, die sich wenig für parteipolitischen
issens eignen. Deswegen haben wir Ihren Antrag, Herr
erster, im Sportausschuss sehr ausführlich beraten. Wir





Dr. Frank Steffel


(A) )


)(B)

sind in der Tat in einigen der acht Punkte, die Sie ergän-
zend vorschlagen, nicht Ihrer Auffassung und werden
den Antrag heute ablehnen müssen, weil das nun einmal
das parlamentarische Verfahren ist. Wir lassen uns des-
wegen aber nicht unterstellen, wir würden das Thema
nicht ernst nehmen oder gar uns nicht ernsthaft darum
bemühen, unseren Vereinen dabei zu helfen, sich vor
Rechtsradikalen und Rechtsextremen zu schützen.

Denn, meine Damen und Herren, darum geht es im
Wesentlichen. Wir sollten nicht den Eindruck erwecken,
der deutsche Sport, gar der deutsche Vereinssport oder
wesentliche Teile der Ehrenamtlichen, die im deutschen
Vereinssport tätig sind, seien rechtsradikal oder hätten
verdeckt rechtsradikale Empfindungen.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt ja niemand!)


– Ich will das nur klarstellen, Frau Kollegin. Ich habe da
überhaupt keinen Dissens gehört. Aber viele Hundert-
tausend Menschen hören heute zu oder erfahren das, was
wir hier besprechen, auf anderem Wege. Insofern will
ich deutlich machen: In den Vereinen sind zu 99,9 Pro-
zent Menschen tätig, die für Toleranz, für Menschen-
rechte, für Respekt, für Fairness und für all das werben,
was uns auch hier verbindet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Nun gibt es offensichtlich ein Problem. Viele junge
Menschen engagieren sich sehr stark in Vereinen;
50 Prozent unserer Jugendlichen sind in Sportvereinen.
Diese jungen Menschen sind natürlich ein guter Nährbo-
den für politische Strömungen, die versuchen, Menschen
in die Irre zu führen, die mit Fremdenfeindlichkeit, mit
Ausgrenzung, mit all den Dingen, die wir in unserem de-
mokratischen Spektrum eben nicht wollen, versuchen,
diesen Menschen einfache Antworten zu geben und da-
mit vielleicht auch von Alltagsproblemen abzulenken.
Insofern sind wir gut beraten, den Vereinen zu helfen
– die Bundesregierung und die Initiative tun das – und
sie übrigens auch zu ermutigen – auch diesen Aspekt
möchte ich herausarbeiten –, sich dazu zu bekennen,
wenn sie ein solches Problem in ihrer ehrenamtlichen
Trainer- oder Betreuerschaft haben. Das ist doch ein
wirkliches Problem bei diesem Thema. Wenn ein Verein
sagt, er habe bei einem Jugendtrainer festgestellt, dass er
beispielsweise Mitglied der NPD ist und dass er mit jun-
gen Menschen nicht so arbeitet, wie der Verein sich das
vorstellt, dann führt das zu einer medialen Ächtung und,
möchte man fast sagen, zu einer gesellschaftspolitischen
Hinrichtung des Vorstandes des Vereins und der anderen
ehrenamtlichen Trainer. Es entsteht außerdem der Ein-
druck, der gesamte Verein habe jahrelang bewusst weg-
geschaut, was dazu führt, dass Eltern ihre Kinder aus
dem Verein herausnehmen. So dürfen wir uns nicht wun-
dern, dass die Vereine sagen: Wenn das die Konsequenz
ist, dann vertuschen wir diese Vorkommnisse und
schweigen das Thema lieber tot. – Daher möchte ich
heute meine Rede dazu nutzen, nicht nur allgemeine Be-
kenntnisse abzugeben, sondern an uns und an die Me-
dien zu appellieren, die Vereine, die den Mut haben, ein
solches Thema in die Öffentlichkeit zu bringen, zu un-
terstützen. Das ist ein wichtiger Aspekt dieser Debatte.

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(C (D Ich möchte noch einen Punkt aufgreifen, bei dem ich anchmal das Gefühl habe, wir laufen ein wenig in die lsche Richtung. Wir haben in den Vereinen Ehrenamtche, die sich mit vielen Dingen hoffentlich gut auskenen: mit den Regeln, mit Trainingsmethoden und damit, ie man die Vereinskasse ordentlich führt. Wir sollten ns aber alle gemeinsam davor hüten, diesen Ehrenamtchen, die für unsere Gesellschaft eine wichtige Arbeit isten, durch immer neue Auflagen, durch immer neue rüfungen und durch immer neue Bürokratie die Erfülng ihrer Aufgaben zu erschweren. Ich empfehle, sehr genau hinzuschauen sowie für Toranz, Fairness und Respekt zu werben. Wir müssen die tegrierende Bedeutung des Sports für unsere Gesell chaft betonen und die Initiative, auf die der Herr Staatsekretär schon hingewiesen hat, unterstützen. Wo es Proleme gibt, müssen wir sie gezielt in Zusammenarbeit it den Landessportbünden und den Fachverbänden an ehen. Sie haben es vielleicht mitbekommen, dass während ines Auswärtsspiels von Tennis Borussia, einem Berlier Fußballverein mit jüdischen Wurzeln, das am vortzten Wochenende stattfand, Leute auf den Platz gelaun sind, rechtsradikale Parolen geschrien und Gewalt usgeübt haben. Diese waren übrigens nicht Mitglieder es gastgebenden Vereins. Deswegen dürfen wir nicht en Eindruck erwecken – ich nenne deshalb den Namen es betroffenen Vereins nicht –, dass der Verein, der astgeber dieser Veranstaltung war, für irgendetwas, as auf dem Sportplatz passiert ist, verantwortlich ist. Der Sport und die Sportvereine werden missbraucht; nen wird Schaden zugefügt. Wir müssen gemeinsam chauen, wie wir den Vereinen helfen können. Es handelt ich um ein bedauerliches gesellschaftliches Phänomen. enn die Berichte des Bundesinnenministeriums zutrefn, können wir feststellen, dass der Rechtsradikalismus Deutschland insgesamt deutlich abgenommen hat. as ist gut so. Aber in den Vereinen müssen wir die Juendlichen vor diesen Gefahren schützen. Deshalb unrstützen wir die Bundesregierung und die Verbände bei rer Arbeit. Wir halten es für angezeigt, dass wir über dieses hema nicht streitig diskutieren. Wir müssen vielmehr eutlich machen, dass wir gemeinsam alles dafür tun, ass sich unsere Vereine gegen diese Menschen, die eine Toleranz, keine Fairness und keinen Sportsgeist eigen, aktiv wehren können. Ich habe den Eindruck, ass wir da auf einem besseren Wege sind als in den letzn Jahren. Herzlichen Dank. Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat as Wort der Kollege Sönke Rix von der SPD-Fraktion. )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713924700

(Beifall bei der SPD)





(A) )


Sönke Rix (SPD):
Rede ID: ID1713924800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Erst einmal möchte ich feststellen, dass es heute nicht
darum geht, dass Fußballfans – teilweise handelt es sich
um Hooligans – bei Bundesligaspielen Spieler mit Mi-
grationshintergrund beleidigen, wie wir es öfter im Fern-
sehen beobachten können. Es geht vielmehr darum, wie
gerade bei den kleinen Vereinen vor Ort mit dem Thema
Menschenverachtung, Rassismus und Rechtsextremis-
mus umgegangen wird. Dass das im Sport genauso wie
in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen ein wichti-
ges Thema ist, muss uns allen bewusst sein.

Herr Bergner und Herr Steffel, Sie haben auf die gu-
ten Ansätze, die mit den Projekten verbunden sind, hin-
gewiesen. Sie haben das Programm „Zusammenhalt
durch Teilhabe“ und die Fanprojekte gelobt. Sie spre-
chen von einer guten Arbeit vor Ort. Dem schließen wir
uns an und danken den Ehrenamtlichen herzlich für ihre
Arbeit.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Ich sage auch einen herzlichen Dank dafür, dass wir
diese Arbeit hier gemeinsam unterstützen. Wir sind uns
darin einig, dass es sich um eine Aufgabe handelt, der
wir uns ständig stellen müssen. Aber weil wir uns dieser
Aufgabe ständig stellen müssen, ist unser Antrag ein
Beitrag dazu, neue Impulse zu setzen. Diese vermisse
ich aber auf der Seite der schwarz-gelben Koalition. Hier
hätten Sie doch sagen können: Wunderbar, die Sozialde-
mokraten haben einen Antrag eingebracht. In der Bewer-
tung der Lage sind wir uns einig und auch darüber, dass
wir gute Projekte haben. Wie aber machen wir gemein-
sam weiter? – Das fehlt auf der schwarz-gelben Seite.
Hierzu hätte ich heute etwas mehr von Ihnen erwartet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Frage, wie wir für Menschlichkeit und Toleranz
werben können, ist nicht nur im Sport wichtig, sondern
insbesondere auch in der Jugendpolitik. Das ist ein sehr
wichtiges Thema. Ich vermisse in der Debatte über diese
Frage aber noch ein Zweites, nämlich die Gesamtstrate-
gie der Bundesregierung dazu. In den einzelnen Häusern
gibt es viele unterschiedliche und gute Ansätze, was
meistens in den Haushaltstiteln zum Ausdruck kommt.
Wie aber die Gesamtstrategie der Bundesregierung für
diesen Bereich aussieht, ist auch heute wieder nicht
deutlich geworden. Ich bitte Sie, hier noch einmal nach-
zuarbeiten. Dann freuen wir uns auf die weitere Diskus-
sion.


(Beifall bei der SPD)


Schließlich ist heute noch einmal deutlich geworden,
dass den Projekten die Nachhaltigkeit fehlt.


(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz genau!)


Nicht umsonst wollen wir die neuen Impulse starten und
erneut über das Thema reden; denn es passiert immer
wieder, dass gute Projekte auslaufen und leider nicht
weitergeführt werden. Deshalb bitte ich Sie: Stimmen

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(C (D ie unserem Antrag zu. Machen Sie mit. Arbeiten Sie iese Punkte gemeinsam mit uns ab, wenn sie doch so chlecht gar nicht sind. Dann können wir ein gemeinsaes Zeichen gegen Rechtsextremismus im Sport setzen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713924900

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Sportaus-
chusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD mit dem
itel „Rechtsextremistische Einstellungen im Sport kon-
equent bekämpfen – Toleranz und Demokratie nachhal-
g fördern“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Be-
chlussempfehlung auf Drucksache 17/7597, den Antrag
er Fraktion der SPD auf Drucksache 17/5045 abzuleh-
en. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge-
enstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
ng ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der
raktion Bündnis 90/Die Grünen – –


(Unruhe)


Wollen Sie Ihr Abstimmungsvotum ändern? – Ich wie-
erhole die Abstimmung. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
ält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
timmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen
er Oppositionsfraktionen angenommen.

Interfraktionell ist vereinbart, die heutige Tagesord-
ung um die Beratung einer Beschlussempfehlung des
usschusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-

chäftsordnung zu einem Antrag auf Genehmigung zur
urchführung eines Strafverfahrens zu erweitern und
iese jetzt als Zusatzpunkt 15 aufzurufen. Sind Sie damit
inverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so be-
chlossen.

Somit rufe ich den Zusatzpunkt 15 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung (1. Ausschuss)


Antrag auf Genehmigung zur Durchführung
eines Strafverfahrens

– Drucksache 17/7682 –

Wir kommen sofort zur Abstimmung. Der Ausschuss
r Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung

mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
ache 17/7682, die Genehmigung zur Durchführung eines
trafverfahrens zu erteilen. Wer stimmt für diese Be-
chlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
ie Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 32 a und b auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(12. Ausschuss)






Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

– zu dem Antrag der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ausgleich für Radargeschädigte der Bun-
deswehr und der ehemaligen NVA

– zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer
Arnold, Dr. Hans-Peter Bartels, Dr. h. c.
Gernot Erler, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Ausgleich für Radargeschädigte der Bun-
deswehr und der ehemaligen NVA voran-
bringen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Agnes
Malczak, Katja Keul, Tom Koenigs, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Umfassende Entschädigung für Radar-
strahlenopfer der Bundeswehr und der
ehemaligen NVA

– Drucksachen 17/7354, 17/5365, 17/5373, 17/7553 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Karin Strenz
Ullrich Meßmer
Burkhardt Müller-Sönksen
Inge Höger
Agnes Malczak

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(12. Ausschuss)

Höger, Paul Schäfer (Köln), Kathrin Vogler, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Umfassende Entschädigung für Radarstrah-
lenopfer der Bundeswehr, der ehemaligen
NVA und ziviler Einrichtungen

– Drucksachen 17/5233, 17/6556 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Karin Strenz
Ullrich Meßmer
Burkhardt Müller-Sönksen
Paul Schäfer (Köln)

Agnes Malczak

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
derspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem
Redner dem Parlamentarischen Staatssekretär Christian
Schmidt das Wort.

C
Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1713925000


Herr Präsident! Mein Kolleginnen und Kollegen! Die
heutige Debatte des gemeinsamen Antrags der Fraktio-
nen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die
Grünen ist eine wichtige Debatte. Die Bundesregierung
begrüßt ausdrücklich das Ergebnis der vorangegangenen

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(C (D eratungen in den Fachausschüssen des Deutschen Bunestages unter Federführung des Verteidigungsausschuses, mit der sie aufgefordert wird, zu prüfen, ob zur mfassenden Wahrung der Fürsorgepflicht für alle Buneswehrangehörigen – aber auch für die ehemaligen Anehörigen der Nationalen Volksarmee der DDR – eine tiftung oder ein Fonds eingerichtet werden kann, um in esonderen Härtefällen auch außerhalb des geltenden echts finanzielle Unterstützung leisten zu können. Nach Auffassung der Bundesregierung sollten mit em beabsichtigten Ausgleich auch Härtefälle erfasst erden, die außerhalb der Radarproblematik in Ausbung des Dienstes in der Bundeswehr entstanden sind nd vermutlich bedauerlicherweise entstehen werden. h denke hier vor allem an Schädigungen, die im Rahen der Auslandseinsätze der Bundeswehr entstanden ind, hier vor allem an diejenigen, die unter psychischen rkrankungen wie zum Beispiel einer Posttraumatischen elastungsstörung leiden. Ich darf bei dieser Gelegeneit stellvertretend für alle Mitglieder des Hauses der siherheitspolitischen Sprecherin der FDP-Fraktion, Frau off, danken, die sich beim Thema PTBS sehr intensiv ingebracht hat. Um eine solche Unterstützung bei individuellen Härfällen zu ermöglichen, ist die Errichtung einer Stiftung eplant. Das Soldatenhilfswerk der Bundeswehr, eine ekannte guttätige Einrichtung, hat sich in Vorgesprähen grundsätzlich bereit erklärt, bei Vorliegen der Voussetzungen eine solche Stiftung unter seinem Dach nd in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesministeum der Verteidigung zu errichten. Hierfür spreche ich em Soldatenhilfswerk an dieser Stelle meinen ausrücklichen Dank aus. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ine solche Tätigkeit ist nicht ganz einfach, weil erheb-
che finanzielle Volumina bewegt und Entscheidungen

Einzelfall getroffen werden müssen, die von erheb-
cher Tragweite für die Betroffenen sind.

Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages
at in seiner Sitzung vom 27. Oktober dieses Jahres
mpfohlen, im Haushalt des Jahres 2012, in unserem
inzelplan 14, eine Summe von 7 Millionen Euro für
ine mögliche Stiftungslösung vorzusehen. Ich komme
erade von der Bereinigungssitzung des Haushaltsaus-
chusses und durfte die frohe Nachricht mitnehmen, dass
wischenzeitlich die letzten Hürden genommen worden
ind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ollegin Hoff, es ist ein Zufall, dass diese Bereinigungs-
itzung vor unserer Debatte stattgefunden hat und ich
em Hauptberichterstatter Ihrer Fraktion, Herrn
oppelin, sowie den Kolleginnen und Kollegen der
raktionen der Koalition, aber auch der Opposition für
ie Unterstützung danken darf. Ich möchte sowieso sa-
en: Bei diesem Thema, das sich seit 12 oder 13 Jahren





Parl. Staatssekretär Christian Schmidt


(A) )


)
in der politischen Diskussion befindet, stehen wir alle in
einer Verantwortung, sei es eine parlamentarische Ver-
antwortung oder eine Regierungsverantwortung; wir ha-
ben mit erheblichem Engagement und Maß versucht, uns
den entsprechenden Fragen zu stellen.

Die Diskussionen sind nun zu einem gewissen Ab-
schluss gekommen; das ist erfreulich. Wir werden nicht
nur die Empfehlungen der Radarkommission eins zu
eins umsetzen; es kommt ein weiteres Instrument hinzu,
das mit Blick auf die Fürsorge angewendet werden kann.
Die entsprechenden Gelder müssen sicherlich mit Au-
genmaß und verantwortungsbewusst verteilt werden; sie
müssen ihre Wirkung entfalten können. Wir werden über
eine reine Stiftungslösung hinausgehende Vorschläge
zur Verbesserung der Situation von Radargeschädigten
sorgfältig prüfen. Ohne das Ergebnis vorwegnehmen zu
wollen, möchte ich zu der Aufforderung, eine finanzielle
Beteiligung der Gerätehersteller an solch einer Stiftung
zu erreichen, jedoch sagen, dass dies zwar angestrebt
und gefordert wird, wir uns aber, wie ich meine, nicht
von unserem Weg abbringen lassen dürfen, indem wir
Bedingungen aufstellen, die ein baldiges Wirken der
Stiftung verhindern würden.

Hinsichtlich der Empfehlungen aus dem Bericht der
Radarkommission kann ich versichern, dass wir diese
eins zu eins umsetzen. Wir haben eine erhebliche Zahl
von Fällen, die bereits verbeschieden sind. Darüber hi-
naus kann ich versichern, dass wir Entscheidungsspiel-
räume, beispielsweise bei Doppelkausalitäten, im Sinne
der Betroffenen nutzen, ohne im Einzelfall nachzuprü-
fen, ob wirklich eine Kausalität besteht. Das ist eine
Frage, die sich über das soziale Entschädigungsrecht hi-
naus entwickelt. Das müssen wir wissen.

Genauso gehört dazu, dass sich der jetzige Sachver-
ständigenbeirat „Versorgungsmedizin“ beim Bundes-
ministerium für Arbeit und Soziales fortentwickelt und
dort neue Prüfungen von über das evidenzbasierte Wis-
sen hinausgehenden Vorgaben erforderlich sind, um bei-
spielsweise bei der CLL, der chronischen lymphatischen
Leukämie, oder bei benignen Tumoren zu möglicher-
weise neuen Bewertungen zu kommen. Diese werden
dann selbstverständlich einfließen.

Ich hoffe, dass wir aus dem Bereich Radar nicht wei-
tere neue Fälle von Soldatinnen und Soldaten dazube-
kommen, die Schäden davongetragen haben. Ich meine,
dass das Instrument einer Stiftung für die Fürsorge, die
wir unseren Soldatinnen und Soldaten angedeihen lassen
müssen, eine ganz wichtige Errungenschaft ist.

Dafür möchte ich mich noch einmal bei allen Bericht-
erstatterinnen und Berichterstattern sowie beim Haus für
die Unterstützung und die Aufforderungen bedanken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713925100

Das Wort hat der Kollege Ullrich Meßmer von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben nerhalb kürzester Zeit jetzt zum zweiten Mal Gelegeneit, eine parlamentarische Initiative auf den Weg zu ringen, die den Menschen nützt. Nach dem Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz ringen wir jetzt eine Initiative auf den Weg, die weiten Menschen, die vielleicht nicht im Auslandseinsatz aren – Herr Staatssekretär, das reicht zum Teil weiter urück –, helfen soll, ihre Ansprüche zu befriedigen. Seit über elf Jahren beschäftigen sich die Fraktionen ieses Hauses mit einem Ausgleich für radargeschädigte oldatinnen und Soldaten der ehemaligen NVA und der undeswehr. 2003 veröffentlichte die Radarkommission ren Bericht, entwickelte dazu Kriterien und Vorschläge nd zeigte Wege auf. Problematisch gestaltete sich, wie mir als Parlamentseuling berichtet worden ist, allerdings nicht die Frage es Willens, sondern, wie es so oft der Fall ist, der Umetzung. Besonders gut wissen das unsere Kolleginnen nd Kollegen aus dem Petitionsausschuss. Immer wieder chreiben ehemalige Soldatinnen und Soldaten, wie chwierig und vor allem wie langwierig es ist, eine ehrdienstbeschädigung nachzuweisen oder anerken en zu lassen. Deshalb gibt es eine Erwartungshaltung der Geschäigten an uns – ich finde: zu Recht. Sie verweist auf unere Fürsorgepflicht. Ich zitiere aus unserem vorliegenen fraktionsübergreifenden Antrag: Der politische Wille, den auf Grund ihrer Strahlenexposition Erkrankten möglichst zügig und unbürokratisch zu helfen, ist fraktionsübergreifend vorhanden. Ich sage deutlich: Jeder fraktionsübergreifende Anag, meine Damen und Herren, ist ein Kompromiss, ber auch ein fraktionsübergreifender Konsens. Ich laube, dass er auch ein Stück weit in die Zukunft gechtet ist. Angesichts der schon angesprochenen Zeitnappheit war dies ein notwendiger Weg. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ullrich Meßmer (SPD):
Rede ID: ID1713925200

Vor uns liegen klare Verbesserungen der jetzigen Si-
ation:

Erstens. Die Möglichkeit, dass bereits abgelehnte
älle als Härtefälle positiv im Sinne der Antragsteller
eschieden werden können.

Zweitens. Eine mögliche Beteiligung der Geräteher-
teller an einem Ausgleich.

Drittens. Eine klare Aufforderung auch an die Ver-
altung, die Umsetzungspraxis weiter im Interesse der
etroffenen zu verbessern.

Viertens. Die Absicht, auch weiterhin neue wissen-
chaftliche Erkenntnisse in der Anerkennungspraxis zu
erücksichtigen.

Fünftens. Die Aufforderung, ein Expertengremium
r Zweifelsfälle einzurichten, das auch vermitteln kann.

(B)






Ullrich Meßmer


(A) )


)(B)

Sechstens. Eine jährliche Berichtspflicht der Bundes-
regierung zur Kontrolle der Fortschritte.

Was bedeutet das konkret? Erstens. Bereits abge-
lehnte Anträge – ich hatte bereits darauf hingewiesen –
erhalten erneut eine Chance. Hier fordert der Antrag ein-
deutig, dass im Zweifelsfall großzügig verfahren werden
soll – ich zitiere –,

um in besonderen Härtefällen, die auf Grund der
Ausübung der dienstlichen Pflichten entstanden
sein könnten, eine gewisse Unterstützung – auch
außerhalb des geltenden Versorgungsrechts – er-
möglichen zu können.

Sie haben auf die Problematik hingewiesen.

Zweitens ermöglicht der Antrag ungeachtet rechtli-
cher Verpflichtungen eine Beteiligung der Geräteherstel-
ler an einer solchen Stiftung oder einem Fonds, der dann
notwendig wäre. Ich weiß auch – ich will das so deutlich
sagen –, dass das sicherlich einer der schwierigsten Teile
ist. Niemand wird sich jubelnd darauf stürzen. Aber ich
denke, es ist es durchaus wert und Aufgabe der Bundes-
regierung, ein Stück weit auf die Gerätehersteller einzu-
wirken, dass auch sie als Produzenten eine Verantwor-
tung für die durch Strahlung geschädigten Opfer haben.

Drittens. Besonders wichtig ist es mir, festzuhalten,
dass der Wille, den Opfern zu helfen, im Vordergrund
steht, und zwar möglichst unbürokratisch und möglichst
zügig. Ich gebe zu, das wir uns als SPD bei diesen For-
mulierungen ein bisschen mehr Biss gewünscht hätten.
Aber wir sind uns einig, es gilt die Feststellung: Es man-
gelt in diesem Haus nicht am politischen Willen. Die
Umsetzung ist vielleicht – hier hilft der Antrag – noch
verbesserungsfähig.

Viertens. Es ist wichtig, neuere wissenschaftliche Er-
kenntnisse in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen.
Das ist im Interesse der Betroffenen; denn manche
Krankheitsbilder werden möglicherweise erst in den
nächsten Jahren so weit untersucht sein, dass man ioni-
sierende Strahlung als Auslöser ansehen oder sicher aus-
schließen kann. Deshalb müssen auch weitere Untersu-
chungen erfolgen. Radioaktive Leuchtfarbe wird im
Antrag explizit genannt. Es geht um Klarheit für ehema-
lige Bordmechaniker und Wartungspersonal, die Leucht-
farben ohne Schutzvorrichtungen erneuert haben.

Fünftens. Bei strittigen Fällen sollen unabhängige Ex-
perten zurate gezogen werden. Dadurch können Verfah-
rensdauern verkürzt werden; denn die Zeit wird knapp.

All diese Vorschläge wurden fraktionsübergreifend
– ich will das so deutlich sagen – erarbeitet. Das war
eine positive Erfahrung für mich, deshalb möchte ich
mich bei allen Beteiligten der Fraktionen für die sehr
kollegiale und zielorientierte Zusammenarbeit herzlich
bedanken. Mein Dank geht auch in Richtung der Interes-
senverbände der Opfer und des Deutschen Bundeswehr-
Verbandes. Ihrem unablässigen Wirken – das muss man
so ehrlich sagen – ist es zu verdanken, dass das Thema
Radarschädigung nicht vergessen, sondern auf der politi-
schen Tagesordnung gehalten wurde.

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(C (D (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich weiß, dass in dem Antrag nicht alle Wünsche bis
um Letzten erfüllt worden sind, zum Beispiel in der
rage der Beweislastumkehr bzw. der Erleichterung von
nerkennung weiterer Krankheitsbilder oder der Aus-
eitung der Gruppe der Betroffenen. Ich will hinzufü-
en: Es ist nicht alles eins zu eins umsetzbar. Man muss
ich fragen: Entscheide ich mich für den schönsten An-
ag im Interesse der Verbände, der aber keine Mehrheit
Parlament findet, oder entscheide ich mich für einen

ntrag im Sinne der Opfer, der die Mehrheit im Parla-
ent findet? Ich denke, wir haben uns richtig entschie-

en.

Ich weiß, dass viele Dinge problematisch sind. Man
önnte in Abwandlung des deutschen Sprichwortes von
patz und Taube die irische Variante nehmen, die da lau-
t: Ein Vogel in der Hand ist ungefähr so viel wert wie

wei Vögel im Busch. Dieser Antrag ebnet den Weg zu
twas besseren Lösungen. Die derzeitige Entschädi-
ungspraxis wird verbessert.


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Ich kenne nur den mit dem Spatz!)


Ja, das war nur die Abwandlung des Sprichwortes von
patz und Taube. Die Iren haben da eine etwas andere
ormulierung, vielleicht eher landschaftlich verhaftet.

Herr Staatssekretär, Sie kommen gerade aus der ab-
chließenden Konsolidierungssitzung. Ich denke, man
uss über die 7 Millionen Euro, je nachdem, wie die
ntschädigungspraxis ausfällt, nachdenken; denn gute
bsichten können bei unzureichender finanzieller Unter-
tterung – das ist mir sehr wichtig – sehr schnell in das
egenteil umschlagen, weil alle sagen: Ihr habt etwas
chönes gemacht, aber ihr gebt kein Geld dazu, damit
as umgesetzt werden kann. Mein Appell geht an die
aushälter aller Fraktionen: Es ist noch einmal zu über-
gen, ob man nicht gerade in der Anfangsphase, in der
er Druck sehr groß ist, doch noch Verbesserungen errei-
hen kann. Ich glaube, dass hier einiges möglich ist.

Wir sind uns darüber einig, dass wir zügig und unbü-
kratisch helfen wollen. Die Praxis wird zeigen, ob es
tsächlich gelingt, hier etwas auf den Weg zu bringen.
enn aus der Absicht Realität wird, waren wir mit unse-
m Antrag sehr erfolgreich. In diesem Sinne betone ich:
den weiteren Beratungen bis zur Abstimmung geht es

arum, das Ganze umzusetzen. An die Arbeit, die Zeit
rängt!

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713925300

Das Wort hat jetzt der Kollege Burkhardt Müller-

önksen von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Burkhardt Müller-Sönksen (FDP):
Rede ID: ID1713925400

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Lieber Kollege Meßmer, im Anschluss an Ihre Rede
möchte ich zwei Dinge ansprechen.

Erstens. Sie haben von der Beweislastumkehr gespro-
chen. Dieser Antrag stellt in gewisser Weise juristisch
eine Beweislastumkehr dar. Ja, wir wollen den Betroffe-
nen helfen. Das ist richtig und gut so. Bisher mussten die
Soldaten beweisen, dass sie eine Schädigung davonge-
tragen haben. Das haben wir mit diesem Antrag besei-
tigt. Insofern ist das ausgeräumt.

Ich möchte gleich mit einem zweiten Punkt aufräu-
men: Für mich sind die 7 Millionen Euro, die wir ange-
setzt haben, das Ergebnis einer realistischen Abschät-
zung dessen, was wir finanziell zu wuppen haben. Das
ist seriös gerechnet. Diese Summe ist im Haushaltsent-
wurf bereits enthalten; das ist wichtig und zu betonen.
Ich möchte aber auch klar sagen, dass eine Evaluierung
stattfinden wird. Es gibt keinen Deckel. Wir müssen se-
riös arbeiten und schauen, ob das reicht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir als Parlament haben Wort gehalten. Mit dem
heute vorliegenden Antrag haben wir die Grundlage für
einen fairen und unbürokratischen Ausgleich für die Ra-
dargeschädigten gefunden. Darüber werden wir gleich
abstimmen. Mich freut besonders, dass wir keinen Un-
terschied machen, ob die Soldatinnen und Soldaten bei
der Bundeswehr oder bei der NVA gewesen sind.

Der heute vorliegende Antrag geht auf die gemein-
same Initiative einer breiten Mehrheit der Fraktionen
hier im Haus zurück. Daher gilt mein besonderer Dank
meinen Berichterstatterkolleginnen, Karin Strenz und
Agnes Malczak, sowie meinem Berichterstatterkollegen,
Herrn Meßmer. Wir haben im Interesse der Sache und im
Interesse der Soldatinnen und Soldaten sehr gut zusam-
mengearbeitet.


(Beifall der Abg. Michael Groschek [SPD] und Ernst-Reinhard Beck [Reutlingen] [CDU/ CSU] – Inge Höger [DIE LINKE]: Aber die Initiative war von den Linken!)


Ich freue mich, dass es uns gemeinsam gelungen ist, ei-
nen solchen Konsens im Sinne der Sache zu finden.
Mein Dank gilt auch dem Parlamentarischen Staatsse-
kretär Christian Schmidt, der das Anliegen des Parla-
ments von Anfang an positiv begleitet hat.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Mein Dank gilt aber auch den Kolleginnen und Kolle-
gen im Haushaltsausschuss. Sie haben trotz der großen
Herausforderung Bundeswehrreform eine Möglichkeit
gefunden, im Verteidigungshaushalt eine angemessene
Entschädigung für die Radaropfer einzustellen. Ganz be-
sonders möchte ich mich bei den Opferverbänden bedan-
ken. Sie haben uns Parlamentariern in vielen Gesprä-
chen, in vielen Stunden immer wieder die Lücken im
bisherigen Entschädigungsverfahren aufgezeigt. Ihr jah-
relanges Engagement ist ein Grund dafür, dass wir heute

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(C (D en ersten Schritt in die richtige Richtung, in Richtung iner umfassenden Entschädigung gehen werden. Wir als FDP-Fraktion setzen uns seit mehr als zehn ahren für einen fairen Ausgleich für die Radargeschäigten ein. Viele Jahre lang – der Kollege sagte das eben chon – scheiterte die Umsetzung, scheiterte eine Löung immer wieder an Teilen der jeweils wechselnden oalitionsfraktionen. Deswegen freut es mich ganz be onders, dass jetzt mit der liberalen Regierungsbeteiliung und zugleich auf Basis eines solch breiten Konsenes hier im Parlament der Ausgleich für die Radargechädigten auf den Weg gebracht wird. Das ist ganz besonders wichtig: Es bleibt nicht bei eier folgenlosen Absichtserklärung, wie sie beispielseise im Zusammenhang mit dem Radarbericht 2003 das war gut gemeint – in diesem Parlament besprochen orden ist. Wir haben gemeinsam dafür gesorgt, dass die otwendigen Mittel für die finanzielle Entschädigung im erteidigungsetat bereitgestellt werden. Der Staat überimmt hier endlich konkret Verantwortung für die gesundeitlichen Folgeschäden der Soldaten, die für Deutschnd ihren Dienst geleistet haben. Der breite Konsens, on dem der Antrag getragen wird, zeigt, dass die Fürorge für unsere Soldatinnen und Soldaten ein Anliegen ller Fraktionen des Deutschen Bundestages ist. Wie chon beim Einsatzversorgungs-Verbesserungsgesetz enden wir ein gemeinsames Signal für unsere Soldaten. Die Veteranen – darauf möchte ich zum Abschluss ern zu sprechen kommen – sind viel zu lange sowohl on der Politik als auch von der Bundeswehr vernachläsigt worden. Für die Mehrheit der Veteranen steht nicht ur die finanzielle Entschädigung im Mittelpunkt, sie ünschen sich vielmehr Anerkennung für ihre Leistunen und für ihren Einsatz. Sie verdienen endlich mehr ffentliche Aufmerksamkeit und eine faire und unbüroratische Behandlung ihrer Anliegen. Überall dort, wo ich noch Lücken auftun – ich verweise gern auf die usführungen des Kollegen Meßmer –, müssen wir orgfältig schauen, ob wir diese Lücken bereits durch nseren Antrag schließen oder noch weiter tätig werden üssen. Damit dienen wir nicht nur den aktiven, sondern leichermaßen auch den früheren Soldaten der Bundesehr und der NVA. Jeder Soldat, der Dienst für unser and geleistet hat, muss sich der Fürsorge des Diensterrn sicher sein. Auch wenn es sich bei den Radargeschädigten nur um ine vermeintlich kleine Gruppe handelt, müssen wir im mgang mit ihnen beweisen, dass wir es mit der Fürsoreverpflichtung ernst meinen, die wir als Parlament geenüber unserer Parlamentsarmee eingegangen sind. Nun liegt es an der Bundesregierung, zeitnah einen assenden Vorschlag vorzulegen, wie die unbürokratiche Entschädigung am besten gestaltet werden kann. ie Signale, die im Vorfeld von Staatssekretär Schmidt u vernehmen waren, waren ausgesprochen positiv. chon bald – darauf freue ich mich – werden wir im Veridigungsausschuss und im Plenum darüber sprechen önnen, wie das konkrete Modell einer Stiftung oder eies Fonds ausgestaltet wird. Dann können in der ersten älfte des kommenden Jahres die ersten Entschädigun Burkhardt Müller-Sönksen )





(A) )

gen geleistet werden. Damit, dass wir hier heute begin-
nen, setzen wir ein Zeichen. Ich bitte daher alle um ihre
Zustimmung zu diesem interfraktionellen Antrag. Ich
glaube, dass diese breite Mehrheit hier eine klare Aus-
sage in Richtung der Radargeschädigten ist: Wir haben
euch nicht vergessen, und wir setzen uns weiterhin für
euch ein.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713925500

Für die Fraktion Die Linke spricht jetzt der Kollege

Harald Koch.


(Beifall bei der LINKEN)



Harald Koch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713925600

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Seit Jahrzehnten führen viele ehemalige Bundes-
wehr- und NVA-Angehörige einen engagierten, aber er-
folglosen Kampf um Anerkennung und Entschädigung
für ihre unwissentlich durch die Arbeit an ungeschützten
Radargeräten erworbenen Krankheiten. Um diesen Men-
schen endlich zu ihrem Recht zu verhelfen, gibt es seit
mehr als einem Jahr interfraktionelle Gespräche, die
maßgeblich von der Linken initiiert wurden.


(Zurufe von der CDU/CSU: Was? – Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Wegen der NVA!)


Dabei wurde von allen Fraktionen immer wieder der
Wille bekundet, den Betroffenen möglichst zeitnah und
umfassend Hilfe zuteil werden zu lassen. Dass dies of-
fenbar nur leere Floskeln waren, zeigt sich nun in dem
Antrag, den Sie heute zwar interfraktionell, aber ohne
die Linke vorlegen.

Ich möchte hier Folgendes betonen – das erwarten Sie
wahrscheinlich gar nicht –: Ich bedanke mich ausdrück-
lich bei den Berichterstatterkolleginnen und -kollegen
für die Zusammenarbeit. Es war eine sehr sachliche Zu-
sammenarbeit, aber leider wurden wir als Linke dann
aus diesem Antrag ausgeschlossen. Ich bedauere das
sehr. Ich hoffe, dass das in Zukunft anders wird.

Sie fordern in Ihrem Antrag, die Bundesregierung
solle prüfen, ob eine gewisse Unterstützung durch eine
Stiftung oder einen Fonds denkbar ist. Das ist zu wenig;
das ist zu unverbindlich. Sie prüfen seit zehn Jahren. In
den letzten zehn Jahren ist bei dieser Prüfung nichts
Sinnvolles für die Betroffenen herausgekommen. Das
sage ich aus der Sicht der Betroffenen. Wie wir das se-
hen, sei dahingestellt. Soll es jetzt noch weitere zehn
Jahre so gehen? Dafür haben die Betroffenen keine Zeit
mehr. Aufgrund ihres oft schon hohen Lebensalters ster-
ben sie, bevor die Bundesregierung zu Ende geprüft hat.
Das kann ja wohl nicht Ihre Lösungsstrategie sein. Das
Spiel auf Zeit zulasten der Betroffenen ist zynisch und
muss endlich ein Ende haben.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Des Weiteren sind wir sehr verwundert, dass Sie sich tzt auf die Stiftungslösung versteift haben, obwohl uns ie Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundesges – sie sind hoch geschätzt – in der Antwort auf eine terfraktionelle Anfrage genau davon abgeraten haben. as deutsche Stiftungsrecht ist sehr kompliziert, und die igentlich angestrebte unbürokratische und schnelle ilfe kann damit kaum gewährleistet werden. Die Linke ird daher sehr genau prüfen und beobachten, ob diese tiftung wirklich Abhilfe schafft. Aber nicht nur wir sind erwundert und enttäuscht. Auch die Betroffenenverände fühlen sich wieder einmal von der Politik allein elassen. Sie – damit meine ich alle vier Fraktionen, die iesen Antrag eingebracht haben – hätten die Chance geabt, eine klare politische Botschaft im Sinne der Betrofnen an die Regierung zu senden. tattdessen fehlt Ihnen wieder einmal der Mut, und Sie ringen einen Antrag ein, der vom Bundesministerium er Verteidigung geschrieben wurde. So ist Parlamentasmus aus meiner Sicht nicht zu verstehen. Noch einen Satz an die SPD und die Grünen. Warum ssen Sie sich an dieser Stelle eigentlich vor den Karren er Regierung spannen? Vor ein paar Monaten standen ir kurz davor, einen gemeinsamen und viel weiter geenden Antrag einzubringen, der von Ihnen maßgeblich itgeschrieben wurde. Warum jetzt dieser Rückzieher? ufrieden sein können Sie mit dem jetzigen Ergebnis jeenfalls nicht. Dass Sie es nicht sind, zeigen Sie, indem ie neben dem Regierungsantrag eigene – zum Teil mit ns gemeinsam erarbeitete – Anträge vorlegen. Die Linke jedenfalls bleibt dabei: Der vorliegende inrfraktionelle Antrag besagt nicht viel mehr als „Weiter o wie bisher“. Da machen wir nicht mit. Wir fordern ein adarstrahlenopfergesetz, welches die Anerkennungsnd Entschädigungsverfahren schnell und unbürokrasch im Sinne der Geschädigten voranbringt, eschädigte der ehemaligen NVA und der Bundeswehr leich behandelt und auch zivile Radargeschädigte becksichtigt. Vielen Dank. Jetzt hat die Kollegin Agnes Malczak von Bündnis 90/ ie Grünen das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist gut nd richtig, dass dieser interfraktionelle Antrag heute orliegt. Sicherlich kann er nur ein Kompromiss sein. eshalb, Herr Kollege Koch, haben wir unsere ur prünglichen Anträge für erledigt erklärt, um das an dieer Stelle klarzustellen. Wir konnten uns in unserem interfraktionellen Antrag uf wichtige gemeinsame Forderungen an die Bundesre Agnes Malczak )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713925700
Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713925800




(A) )

gierung einigen. Dazu gehört vor allem der Prüfauftrag
zur Einrichtung einer Stiftung zur Unterstützung der ra-
dargeschädigten ehemaligen Soldaten und eines unab-
hängigen Expertengremiums für Streitfälle.

Einig sind wir uns aber nicht in der Bewertung der
bisherigen Entschädigungspraxis. Wir haben eine beson-
dere Verantwortung für die Parlamentsarmee. Diese be-
steht auch in der Verpflichtung zur Fürsorge für die Sol-
datinnen und Soldaten. Das gilt nicht nur für die
Gegenwart und die Zukunft, sondern auch für die Ver-
gangenheit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die durch Radarstrahlen geschädigten Soldaten haben
diese Fürsorge bisher nur unzureichend erfahren. Dies
gilt auch für die ehemaligen Soldaten der NVA. Hier
müssen wir dringend Abhilfe schaffen. Es war schon ei-
nige Überzeugungskraft notwendig, um die Koalitions-
fraktionen von diesem Handlungsbedarf zu überzeugen.
Das Verfahren ist an der einen oder anderen Stelle leider
unnötigerweise ins Stocken geraten. Erst nachdem die
Oppositionsfraktionen jeweils Anträge eingereicht ha-
ben, haben sie sich bewegt. Allein in dieser Legislatur-
periode haben wir nun zwei Jahre gebraucht, um diesen
Kompromiss zu erzielen. Insgesamt wurde auf diese Art
und Weise zu viel Zeit vertan, Zeit, in der sich die ehe-
maligen Soldaten der Bundeswehr und der NVA und ihre
Angehörigen von Dienstherr und Politik alleine gelassen
gefühlt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist zehn Jahre her, dass sich der Verteidigungsaus-
schuss erstmals intensiv mit dem sogenannten Radarpro-
blem auseinandergesetzt hat. Ehemalige Soldaten der
Bundeswehr, aber auch der NVA waren bis in die 80er-
Jahre hinein unzureichend geschützt an Geräten einge-
setzt, von denen eine gesundheitsschädliche Strahlung
ausging. Die tragischen Folgen für die Soldaten zeigten
sich in der Regel erst wesentlich später. Die Betroffenen
erkrankten schwer – nicht selten mit tödlichem Ausgang –,
sie konnten keine Kinder zeugen, oder ihre Kinder kamen
mit massiven Erbgutschäden zur Welt.

Da die Ursache ihrer Erkrankung im Dienst bei der
Bundeswehr lag, sollten sich die Betroffenen eigentlich
auf die Fürsorge und Unterstützung ihres ehemaligen
Dienstherrn verlassen können. Es war eine äußerst
schmerzhafte Erfahrung für die Betroffenen, dass der
Dienstherr eine Verantwortung zuerst verweigerte. Doch
sie gaben nicht auf und konnten schließlich erreichen,
dass sich das Parlament mit ihrer Situation auseinander-
setzte. Experten untersuchten damals im Auftrag des
Verteidigungsministeriums die Zusammenhänge und
empfahlen schließlich eine wohlwollende Entschädi-
gungspraxis. Das ist acht Jahre her.

Es ist traurig, dass dieser Antrag nach diesem langen
Zeitraum heute noch notwendig ist. In dieser Zeit ist es
eben nicht gelungen, die Entschädigungspraxis so zu ge-
stalten, dass allen Betroffenen geholfen werden kann.
Die Folge ist, dass Menschen, die um ihr Leben kämp-
fen, oder auch die Hinterbliebenen Kraft in einen mühsa-
men Rechtsstreit stecken müssen. Es ist richtig, dass wir

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(C (D ier von schwierigen Fragen des Entschädigungsrechts prechen, doch kann eben nicht die Rede davon sein, ass bisher alle erdenklichen Spielräume immer schnell nd entschlossen ausgeschöpft worden sind. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das Verteidigungsministerium ist jetzt in der Pflicht,
en Auftrag, den das Parlament ihm heute hier erteilen
ill, zügig umzusetzen. Insbesondere in die Stiftungslö-

ung setzen viele Betroffene große Hoffnungen, und die
ürfen wir nicht enttäuschen.

In den Debatten und in der heute diskutierten Eini-
ung haben wir uns auf die ehemaligen Soldaten kon-
entriert. Was wir nicht vergessen sollten: Auch die
weite Generation, die Kinder der Soldaten, ist durch
rbgutschäden von dieser Problematik betroffen. Auch
r sie ist die Entschädigungsfrage noch nicht beantwor-
t. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie bei
er Umsetzung dieses Antrages auch die Kinder der be-
offenen Soldaten nicht außer Acht lässt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Weigerung, ein Problem im Fürsorgebereich an-
uerkennen und schnell und entschlossen nach einer Lö-
ung zu suchen, finde ich im Übrigen ausgesprochen be-
enklich. Radargeschädigte sind für diese Haltung nur
in Beispiel. Auch die an einer posttraumatischen Belas-
ngsstörung Erkrankten mussten viel zu lange um die
nerkennung ihrer Probleme und um Unterstützung
ämpfen. Ich kann den Minister nur eindringlich dazu
uffordern, die Neuausrichtung der Bundeswehr auch als
hance zu nutzen, hier an einem Einstellungswandel zu
rbeiten.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1713925900

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

at die Kollegin Karin Strenz von der CDU/CSU-Frak-
on das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Karin Strenz (CDU):
Rede ID: ID1713926000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ielen Bürgern mahlen die Mühlen unserer parlamenta-
schen Demokratie zu langsam. Seien wir ehrlich: Auch
ir als Abgeordnete müssen bisweilen erfahren, dass sie
icht schneller mahlen, selbst dann nicht, wenn wir noch
o viel Wind drum machen. Aber unser Mühlen mahlen
ben.

Ich freue mich, dass wir uns mit dem Antrag heute
bermals um jene Männer kümmern, die einst bei NVA
nd Bundeswehr bis in die 80er-Jahre hinein ohne Wis-
en gesundheitliche Schäden durch Radarstrahlen erlit-
n haben. Wir tun dies nicht zum ersten Mal.





Karin Strenz


(A) )


)(B)

Es war der Verteidigungsausschuss, der vor allerdings
fast zehn Jahren eine unabhängige Radarkommission er-
kämpft hatte. In ihrem Abschlussbericht kam sie 2003
zwar zu dem Ergebnis, dass es keinen konkreten Zusam-
menhang zwischen der Arbeit am Radargerät und späte-
ren Erkrankungen gebe, gleichwohl war dies kein Vor-
wand, um finanzielle Hilfen zu verweigern; denn die
Kommission schlug vereinfachte Kriterien vor, um Ver-
sorgungsanträge anzuerkennen.

Nun baut unser Rechtsstaat – übrigens aus gutem
Grund – manche Hürde zwischen Helfen-Wollen und
Helfen-Dürfen. Der Rechtsstaat will nämlich genau wis-
sen, ob jemand Ansprüche hat, ob ihm geholfen werden
darf oder gar geholfen werden muss. Das ist für den Be-
troffenen natürlich nicht immer leicht; denn die Hilfe,
die der Staat gewährt, trägt der Steuerzahler.

Dass sich Schwererkrankte, deren Anträge abgelehnt
wurden, bisweilen ungerecht behandelt fühlen, ist
menschlich absolut nachvollziehbar. Ich nehme aber
ausdrücklich auch die Beamten in Schutz, die diese Ver-
fahren begleitet haben und auch weiter begleiten wer-
den.

Ich habe in jüngster Zeit immer wieder mit einem
Vorstandsmitglied des Bundes zur Unterstützung Radar-
geschädigter persönliche Gespräche geführt und auch
sehr lange telefoniert – so auch heute. Der Mann hat
Ausdauer, und er verfolgt, wie viele seine Mitstreiter,
unsere Arbeit sehr, sehr aufmerksam. Der eine oder an-
dere Kollege kann das ganz sicher bestätigen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Agnes Malczak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Vielen Radargeschädigten sind wir natürlich nicht
schnell genug, und ich kann das gut verstehen. Es tickt
da – die Betroffenen nennen das selbst so – eine biologi-
sche Uhr. Wir haben es mit Männern zu tun, die in den
60er- und 70er-Jahren gedient haben. Das ist schon eine
Weile her. Die meisten Männer sind nur noch auf alten
Fotos jung. Sie wollen und können nicht mehr warten.

Jeder fünfte Antrag auf Entschädigung ist im Laufe
der Jahre anerkannt worden. Dies mag auf den ersten
Blick wenig erscheinen. Mehr als zwei Drittel wurden
nicht bewilligt. Man hat dennoch großzügig geprüft, im-
mer mit dem Wissen, wie schwierig der Nachweis sein
kann, dass eine heutige Erkrankung mit der Arbeit an
Radargeräten vor Jahrzehnten zusammenhängt.

Vergessen wir nicht: Dass heute manches so kompli-
ziert ist, liegt auch daran, dass von damals so wenig do-
kumentiert ist. Es fehlte letztlich das Bewusstsein im
Umgang mit Strahlen, zumal sich die Folgen nicht sofort
zeigten, sondern oft erst Jahre oder Jahrzehnte später.

Das Soldatenbild hat sich seit der Gründung der Bun-
deswehr gewandelt – zum Glück. Ich kann mir vorstel-
len, dass Schmerzen früher nicht ins Bild passten. Man
hat sich weniger Gedanken um das Wohlergehen der
Soldaten und auch um ihre Gesundheit gemacht. Wie
schwer der Kampf für die Rechte ist, auch davon können
die Radargeschädigten erzählen. Sie haben mit ihren

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(C (D orderungen, um das einmal vorsichtig zu sagen, bei der olitik und der Bundeswehr anfangs nicht immer offene üren eingerannt. Auch das hat sich zum Glück geänert. Die Anerkennungskriterien sind vielfach weit ausgeehnt worden: im Zweifel für das Opfer. So wurden etwa otz eines festgestellten Konkurrenzrisikos – starkes auchen ist beispielsweise eines – Ansprüche anerkannt. ls Gesetzgeber haben wir eine besondere Fürsorgeflicht für alle Soldaten, nicht nur für die noch aktiven. ir haben sie auch für die ehemaligen Angehörigen der undeswehr und, anders als es hier steht, auch der NVA. uch sie haben gedient. Auch sie hätten im Ernstfall ihre eimat, ihr Vaterland und seine Menschen verteidigen üssen. Ich meine, wir sind es ihnen schuldig, sorgfältig u prüfen, ob die bisherigen Hilfen ausreichen. (Beifall des Abg. Burkhardt Müller-Sönksen [FDP])


Die gesundheitlichen Probleme im Alltag bleiben
äufig. Und mehr noch: Sie verändern sich mit den Jah-
n und dem Alter, leider nicht zum Besseren. Es hat
ich sehr bedrückt, in Gesprächen zu hören, wie ent-
uscht viele Radaropfer heute sind. Ich bedaure es, dass
iese Männer keine guten Erinnerungen an ihre Armee-
der Bundeswehrzeit haben, weil das heute viel von dem
übt, was sie damals erlebt und geleistet haben. Aber ich
in noch optimistisch, dass wir mit diesem interfraktio-
ellen Antrag wieder einen Beitrag zur Versöhnung er-
ringen können. Daran hat das Verteidigungsministe-
um, vor allem aber der Parlamentarische Staatssekretär
hristian Schmidt, einen großen Anteil. Dafür herzli-
hen Dank!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


er Dank geht natürlich ebenso an die Berichterstatter-
ollegen, mit denen wir vielfach zusammengesessen ha-
en und heute hoffentlich ein tolles Abstimmungsergeb-
is erzielen werden.

Jedem Opfer werden wir es wahrscheinlich nicht
cht machen können. Wer von der Politik – das ist im-
er so – absolute Gerechtigkeit und die Zufriedenheit

ller Betroffenen verlangt, ist und bleibt blauäugig. Das
t schon deshalb schwer möglich, weil wir es mit unter-

chiedlichen, sehr persönlichen Schicksalen zu tun ha-
en und eben nicht mit einer Art Standarderkrankung.
ber wenn wir hier und dort Leid lindern, ist das ein gu-
s Ergebnis. Dann hätte sich alles gelohnt: das Ringen
m einen gemeinsamen Antrag, die Suche nach einem
ompromiss, kurz: unsere gesamte Arbeit.

Geholfen hat uns auch in schwierigen Augenblicken,
enn die Verhandlungen einmal ins Stocken gerieten,

in gemeinsamer Wille: Helfen – schnell und unbürokra-
sch; denn das Ticken der biologischen Uhr kann ver-
ammt laut sein.

In Härtefällen soll der Dienstherr auch seiner Fürsor-
epflicht nachkommen dürfen, wo das Versorgungsrecht
ben nicht weiterhilft. Das ist ein wichtiges Ergebnis.





Karin Strenz


(A) )


)(B)

Wir wollen erreichen, dass noch nicht abgeschlossene
Fälle sorgfältig behandelt werden. Die Bundesregierung
widmet sich also nicht nur der Ausfinanzierung, sie
schaut auch, ob die Gerätehersteller beteiligt werden
können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind mit diesem
Antrag auf einem guten Weg. Das behaupte nicht nur
ich. Das hat mir auch der Vorstandsmann vom Bund zur
Unterstützung der Radargeschädigten bestätigt. Unser
letztes Telefongespräch wird es mit Sicherheit trotzdem
nicht gewesen sein. Die Mühlen mahlen weiter.

Danke.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713926100

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Verteidigungsausschusses auf Drucksa-
che 17/7553. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a
seiner Beschlussempfehlung die Annahme des Antrags
der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bünd-
nis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/7354 mit dem Ti-
tel „Ausgleich für Radargeschädigte der Bundeswehr
und der ehemaligen NVA“. Wer stimmt für diese Be-
schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-
hält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim-
men der Unionsfraktion, der FDP-Fraktion, der SPD-
Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen
die Stimmen der Fraktion Die Linke angenommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss, den An-
trag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/5365 mit
dem Titel „Ausgleich für Radargeschädigte der Bundes-
wehr und der ehemaligen NVA voranbringen“ für erle-
digt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die
Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Unions-
fraktion, der FDP-Fraktion, der SPD-Fraktion und der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der
Fraktion Die Linke angenommen.

Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buchstabe c
seiner Beschlussempfehlung, den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/5373 mit
dem Titel „Umfassende Entschädigung für Radarstrah-
lenopfer der Bundeswehr und der ehemaligen NVA“ für
erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschluss-
empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den gleichen Stimm-
verhältnissen wie die vorherige angenommen.

Tagesordnungspunkt 32 b: Beschlussempfehlung des
Verteidigungsausschusses zu dem Antrag der Fraktion
Die Linke mit dem Titel „Umfassende Entschädigung
für Radarstrahlenopfer der Bundeswehr, der ehemaligen
NVA und ziviler Einrichtungen“. Der Ausschuss emp-
fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache

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(C (D 7/6556, den Antrag der Fraktion Die Linke auf Druckache 17/5233 abzulehnen. Wer stimmt für diese Bechlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer entält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den timmen der Unionsfraktion, der FDP-Fraktion und der PD-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Die inke bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grüen angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Angelika Graf terer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Glücksspielsucht bekämpfen – Drucksache 17/6338 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Gesundheit Innenausschuss Sportausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich bitte, die notwendigen Umgruppierungen im Saal o vorzunehmen, dass wir die Aussprache eröffnen könen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollein Angelika Graf für die SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! aut dem Endbericht des sogenannten PAGE-Projektes ibt es in Deutschland hochgerechnet circa 500 000 paologische Glücksspieler und rund 800 000 problemati che Spieler. Rund 3 Millionen Menschen haben ein der zwei Kriterien für risikoreiches Glücksspiel erfüllt. lücksspiel wird vor allem von der Hoffnung auf einen roßen Gewinn gespeist oder der Hoffnung, durch das pielen aus einer schwierigen finanziellen Situation heuszukommen. Bei Süchtigen kommt die Hoffnung azu, verlorenes Geld durch nochmaliges Spielen wieder urückzugewinnen. Diese Hoffnung wird jedoch in der egel nicht erfüllt. Im Gegenteil: Glücksspielsucht hat r Betroffene und deren Familien dramatische psychi che und materielle Folgen wie Verschuldung, Kriminatät oder im schlimmsten Fall auch Selbstmord. In unserem Antrag schlagen wir ein Gesamtkonzept ur Prävention und Bekämpfung von Glücksspielsucht or. Das ist nur in Zusammenarbeit von Bund und Länern möglich. Wir sehen es daher sehr kritisch, dass die undesregierung noch immer keine abgestimmten Vor chläge für die dringend notwendige Novelle der Spielerordnung vorgelegt hat. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)

Angelika Graf (SPD):
Rede ID: ID1713926200





Angelika Graf (Rosenheim)



(A) )


)(B)

Der Europäische Gerichtshof hat ein kohärentes Sys-
tem der Prävention und Bekämpfung der Glücksspiel-
sucht zur Voraussetzung für das Glücksspielmonopol der
Länder gemacht. Dieses kohärente System liegt in
Deutschland nicht vor, wenn der Bund bei den Geld-
spielautomaten, von denen eine besonders hohe Sucht-
gefahr ausgeht, beide Augen zudrückt. Erschreckende
52 Prozent der Spieler in Spielhallen sagen laut dem Ab-
schlussbericht des Instituts für Therapieforschung, wel-
ches eine allgemeine, öffentlich anerkannte Untersu-
chung durchgeführt hat, dass sie die Kontrolle über das
Spiel an den Automaten verloren haben.

Die Suchtgefahr ist seit der Lockerung der Spielver-
ordnung im Jahre 2005 unter dem damaligen Wirt-
schaftsminister Michael Glos – diese Lockerung war
ohne Zweifel ein Fehler; das sage ich ganz selbstkritisch,
weil auch wir damals mit an der Regierung waren – ge-
stiegen. Zu diesem Ergebnis kommt die Ende 2010 vor-
gelegte Evaluation des IFT, auf die ich schon hingewie-
sen habe und auf die wir mit unserem Antrag reagieren.
Gleichzeitig gibt es in manchen Gegenden eine regel-
rechte Flut von neuen Spielhallen.

Diesen Trend, meine ich, müssen wir dringend stop-
pen, indem wir die Geldspielautomaten wieder stärker
zum Unterhaltungsspiel zurückführen und die Präven-
tion stärken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es geht uns dabei um die Entschärfung und Entschleuni-
gung der Geldspielautomaten, die Reduzierung der An-
zahl der Automaten sowohl in Spielhallen als auch in
Imbissbuden, mehr Transparenz für die Spieler hinsicht-
lich der realen Gewinnchancen sowie den Abbau von
suchtfördernden Funktionen der Automaten.

Auch den Einfluss der Kommunen auf die Standorte
von Spielhallen wollen wir ausbauen. Wir schlagen zu-
dem ein Identifikationssystem für die Spieler als Voraus-
setzung für einen besseren Jugendschutz und die Mög-
lichkeit der Sperrung Süchtiger vor. Die von der
Bundesregierung diskutierte elektronische Spielerkarte
mit Geldkartenfunktion und der Möglichkeit zur Spiel-
manipulation ist dagegen aus unserer Sicht gefährlich
und dient gerade nicht der Suchtprävention.


(Beifall bei der SPD)


Als Gegengewicht zu der zweifellos mächtigen
Glücksspiellobby – man muss da immer nur die Zeitun-
gen lesen – brauchen wir ein Korrektiv auf Bundes-
ebene. Wir denken, dass bei der Drogenbeauftragten
– oder dem Drogenbeauftragen – der Bundesregierung
ein unabhängiger Beirat einzusetzen ist, der analog zum
bestehenden Fachbeirat Glücksspielsucht der Länder
eine kohärente Suchtpolitik durch die Zusammenarbeit
mit den Ländern stärken soll.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank Tempel [DIE LINKE])


Wir fordern Sie dazu auf, der Lobby nicht auf den
Leim zu gehen und das Problem der Glücksspielsucht
nicht mit ein paar Placebos zu ignorieren und zu ver-

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(C (D armlosen. Ich denke, die Fortbildung der Mitarbeiter in pielhallen ist eine Selbstverständlichkeit und sollte icht als ein großer Erfolg gefeiert werden. Minimale eränderungen der Spielverordnung reichen auch nicht us. Das wissen Sie auch ganz genau. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir brauchen ein Gesamtkonzept zur Prävention und
ekämpfung von Glücksspielsucht, und wir brauchen
as staatliche Monopol als Voraussetzung für den best-
öglichen Spielerschutz. Die von den Ländern auf
ruck der FDP vorgesehene Aufgabe des Monopols aus-
erechnet bei den suchtgefährlichen Sportwetten bedau-
re ich daher ausdrücklich.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Ich nicht!)


ie Länder laufen damit nämlich Gefahr, dass das Mo-
opol insgesamt verzockt wird.


(Beifall bei der SPD – Christine AschenbergDugnus [FDP]: Schleswig-Holstein ist da sehr weit voran!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Schutzauftrag
es Staates muss höher bewertet werden als das Interesse
er Profitmaximierung. Deswegen werbe ich für unseren
ntrag.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713926300

Das Wort hat die Kollegin Karin Maag für die

nionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Karin Maag (CDU):
Rede ID: ID1713926400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

iebe Frau Graf, Ihnen geht es darum, die Glücksspiel-
ucht zu bekämpfen; so lautet zumindest Ihr Antrag. Ich
laube, bevor wir hier wieder sehr breit streuen, lohnt es
ich jetzt einfach einmal, das Ganze systematisch aufzu-
rbeiten.

Sie haben recht: Das Glücksspiel ist weit verbreitet.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Name „Glücksspiel“ ist falsch!)


4 Prozent der Deutschen haben bereits einmal eine
pielbank aufgesucht und dort an den Spieltischen und
pielautomaten gespielt. 25 Prozent der Bevölkerung
aben bereits an Geldspielautomaten in Spielhallen und
aststätten gespielt. Nicht zuletzt spielen rund 70 Pro-

ent der Deutschen Lotto. Wie überall kommt es auch
eim Spielen und bei der Spielsucht auf das richtige Maß
nd vor allen Dingen auf die richtigen Ansätze an.

In der Tat ist es besorgniserregend – da haben Sie
cht –, dass mittlerweile rund 1,1 Prozent der bundes-





Karin Maag


(A) )


)(B)

deutschen Bevölkerung zwischen 16 und 65 ein proble-
matisches Spielverhalten aufweisen.

Absolut sind es rund 600 000 Menschen. Der Anteil
der pathologischen Spieler beträgt je nach Ergebnis der
repräsentativen Umfragen zwischen 0,2 und 0,6 Prozent.
Insofern ist die Grundüberlegung Ihres Antrags richtig.

Pathologisches Glücksspiel ist als eigenständige psychi-
sche Erkrankung anerkannt. Man darf sich nicht wundern,
dass es die Spieler an den Geldautomaten sind, die die
größte Gruppe innerhalb der pathologischen Spieler dar-
stellen. Automatenspiele – übrigens unabhängig vom
Standort, ob in Spielbanken oder in Gaststätten und
Hallen – haben nach allen Untersuchungen das höchste
Suchtpotenzial. Das ist einleuchtend; denn zum einen er-
lebt der Spieler, der die schnelle Spielfrequenz mag, mit
der bislang erlaubten Mehrfachbespielung und der
Schnelle den Verlust deutlich weniger. Er hat gar keine
Zeit, zu realisieren, dass er in dem Augenblick, in dem er
die Taste neu drückt, schon Geld verloren hat. Zum ande-
ren wird der Anreiz, mehr Geld einzusetzen, um damit ei-
nen höheren Verlust auszugleichen, größer. Natürlich sind
diese Automatenspiele auch außerhalb der Kasinos in den
Hallen und Gaststätten verfügbar.

Aber – jetzt kommt das große Aber, Frau Graf – ers-
tens ist der Antrag, wenn Sie ihn an die Bundesregierung
richten, überwiegend an die falsche Adresse gerichtet.
Das merkt man übrigens auch an Ihren Formulierungen.
So solle die Bundesregierung auf die Länder einwirken
und an die Länder appellieren. Mit der Föderalismusre-
form 2006 ist die Kompetenz für die Hallen auf die Län-
der übergegangen.


(Sabine Bätzing-Lichtenthäler [SPD]: Appellieren kann man trotzdem!)


Die Ministerpräsidenten werden den Staatsvertrag ir-
gendwann im Dezember unterzeichnen. Also: falscher
Adressat.


(Sabine Bätzing-Lichtenthäler [SPD]: Deshalb kann man trotzdem miteinander reden!)


Zweitens. Sie verlangen eine strengere Regulierung
der Automaten in Spielhallen, ohne den technisch weit-
gehend nicht regulierten Markt in den Spielbanken über-
haupt zu hinterfragen. Geldspielgeräte in den Spielban-
ken erfahren keinerlei technische Vorgaben in der
Gerätekonstruktion. Da gibt es kein Verlustlimit und
keine Laufzeitbeschränkung. Es wird einzig über den
Zutritt in die Kasinos gesteuert. Diese einseitige Sicht ist
schon deshalb ein Versäumnis, weil der EuGH anmahnt,
dass das staatliche Glücksspielmonopol nur vor dem
Hintergrund haltbar ist, dass die Spielsucht in allen
Glücksspielbereichen konsequent verfolgt werden muss.

Drittens. Sie holen zum Rundumschlag gegen alle
Automaten aus. Sie ignorieren – das finde ich eigentlich
schade –, dass die Automatenwirtschaft, die Sie so sehr
als Lobby hingestellt haben,


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Das ist so! Lesen Sie nicht Zeitung?)


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(C (D Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung bereits iniges erreicht hat und dass sie vor allem selbst das Inresse hat, die schwarzen Schafe, die es ohne Zweifel ibt – das gestehe ich Ihnen ohne Weiteres zu –, zu beennen und auszuschalten. Unsere Politik unterscheidet ich grundsätzlich in dieser Hinsicht. Wir sagen: Eine olitik gegen diejenigen, die betroffen sind, hat noch nie efruchtet. Wir müssen auch die mitnehmen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Gehen Sie einfach mal mit offenen Augen durch die Stadt!)


Ich bin durch die Stadt gelaufen, Herr Kollege.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Dann müssen Sie auch Konsequenzen daraus ziehen!)


icht, dass wir uns missverstehen: Ich will ausdrücklich
ugestehen, dass wir die schwarzen Schafe bekämpfen
erden. Aber ich bin von einer Tatsache extrem über-

eugt: Wir werden weiterhin diese Form der schnellen
piele haben. Mir ist es sehr viel lieber, dass diese in den
ontrollierten Spielhallen stattfinden und dass die Men-
chen in diesen Spielhallen bleiben,


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Wer kontrolliert denn die Spielhallen? Da ist überhaupt keine Kontrolle! Sie lehnen das doch ab!)


denen zum Beispiel Alkohol verboten ist und in denen
roschüren über Sucht ausliegen müssen, als dass sich
iese Szene in das Internet verlagert, wo man keinerlei
ugangsmöglichkeit zu ihnen hat, um das Suchtthema
nzugehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Spielhallen sind ein Sündenpfuhl!)


Ich habe mit den Vertretern der Branche gesprochen
nd mir Spielhallen angeschaut. Ich konnte mich selbst
avon überzeugen, dass die sogenannten Guten durchaus
ereit sind, mitzuwirken.


(Sabine Bätzing-Lichtenthäler [SPD]: Und was machen Sie gegen die Schlechten?)


Liebe Frau Bätzing, ich habe noch etwas und kann
och nachlegen und sagen, was wir machen wollen. Jetzt
arten Sie einfach einmal ab.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Da sind wir gespannt!)


ür mich ist es sehr wichtig, dass das Element der frei-
illigen Selbstkontrolle, das ich für ein gutes Element
alte,


(Mechthild Rawert [SPD]: Aber wirkungslos!)


leibt und dass wir erst dann, wenn dieses nicht funktio-
iert, mit der staatlichen Keule kommen. Aus all diesen
ründen lehnen wir Ihren Antrag ab.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Wie lange wollen Sie denn warten?)






Karin Maag


(A) )


)(B)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt regen Sie sich
ein bisschen weniger auf. Ich bin ja noch nicht am Ende.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Wann ist denn die Wiedervorlage?)


Das heißt nicht, dass wir Prävention vernachlässigen
und dass wir uns außerhalb der technischen Regulierung
nicht auch um die Suchthilfe kümmern. Ich möchte nur
darauf hinweisen, dass es seit 2007 Modellprojekte des
BMG gibt. Zum Beispiel wird das Projekt „Frühe Inter-
vention bei pathologischem Glücksspiel“ mit 1,1 Millio-
nen Euro gefördert. Es steht bereits jetzt fest, dass die
Qualifizierung in der Suchthilfe für Glücksspielsucht mit
diesem Modellprojekt gelungen ist. Des Weiteren ist die
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung – das
wissen Sie – umfassend tätig.


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Aber besser ist, wenn Süchtige gar nicht entstehen!)


Wenn Sie Ihren Fokus heute ausschließlich auf die
Geldspielgeräte richten wollen, so kann ich Ihnen sagen,
dass dieser Bereich in Spiel- und Gaststätten bereits
heute streng reguliert ist.

Darüber hinaus mahnten Sie den Einsatz auf europäi-
scher Ebene an. Ich kann Sie beruhigen: Auch dort ist
Deutschland sehr präsent. Es geht dabei insbesondere
um den Minderjährigenschutz, die Bekämpfung der
Spielsucht und den Schutz vor Folge- und Begleitkrimi-
nalität.

Sie rufen stets nach Änderungen der Baunutzungsver-
ordnung. Auch hier empfehle ich – wie sonst auch – ein
differenziertes Vorgehen. Die Städte und Gemeinden ha-
ben heute schon die Instrumente, um den Spielhallenauf-
wuchs zu steuern. Das setzt vor allem die Verabschie-
dung der entsprechenden Bebauungspläne voraus. Ich
nenne aus meiner Region Ludwigsburg und Esslingen.

Daneben gehen die Städte jetzt dazu über, illegale und
nicht angemeldete Geräte in den Gaststätten zu bekämp-
fen. Das finde ich vorzüglich.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713926500

Kollegin Maag, gestatten Sie eine Frage oder Erklä-

rung des Kollegen Ströbele?


(Zuruf von der CDU/CSU: Doch nicht jetzt!)



Karin Maag (CDU):
Rede ID: ID1713926600

Bitte, Herr Ströbele.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Danke, Frau Kollegin. – Ich frage mich die ganze
Zeit, während ich hier sitze, wie häufig Sie schon in
Spielhallen gewesen sind. Wir könnten einmal hier um
die Ecke gehen; das ist gar nicht weit weg. Ich bin vor
wenigen Tagen über die Stromstraße geradelt und habe
die Spielhallen gezählt. Dort befindet sich eine Spiel-
halle neben der anderen. Insgesamt sind es 17 Spielhal-
len, und alle haben verdunkelte Fenster.

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(C (D (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist das Land Berlin!)


ehen Sie einmal in eine hinein. Dann sehen Sie, wel-
hes Milieu dort verkehrt. Es ist die Frage, ob Sie wei-
rhin sagen werden: Wie gut, dass alles kontrolliert ist.

Vor allen Dingen – deshalb habe ich mich gemeldet –
öchte ich Sie fragen: Sind Sie bereit, zum zuständigen
ezirksamt zu gehen und denen zu sagen, wie die loka-
n Behörden dagegen vorgehen können?


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Wer ist denn hier an der Regierung? Wer kontrolliert hier denn nichts?)



Karin Maag (CDU):
Rede ID: ID1713926700

Aber gerne, Herr Ströbele.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Würden Sie denen einmal sagen, wie das möglich

äre? Die bemühen sich nämlich seit vielen Jahren,
icht nur auf der Stromstraße, sondern auch auf der
urmstraße – die befinden sich hier in Moabit – dagegen
orzugehen, aber leider fehlt ihnen die notwendige
andhabe.


Karin Maag (CDU):
Rede ID: ID1713926800

Lieber Herr Ströbele, ich bin gerne bereit, mit Ihnen

emeinsam einmal da hinzugehen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir gehen einmal zusammen da hin!)


h kann Ihnen sagen, dass es in den Gemeinden Lud-
igsburg und Esslingen keine Spielhallen mehr gibt,
eil diese die entsprechenden Bebauungspläne erstellt
aben. Ich bin gerne bereit, dem Land Berlin die Adres-
en zu nennen, bei denen man erfahren kann, wie so et-
as geht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Bei aller Kritik am Antrag: Natürlich verlangt die
valuation der Spielverordnung – das haben wir auch im
usschuss gesehen – ein Nachsteuern. Die früheren Un-
rhaltungsspiele, bei denen man das Geld einsetzte, um
ie Unterhaltungsautomaten – beispielsweise Flipper-
utomaten – in Gang zu setzen, gibt es nicht mehr. Der
nterhaltungsaspekt ist im Laufe der Zeit zugunsten des
ewinnaspektes in den Hintergrund getreten, und gerade
urch die letzte Novellierung der Spielverordnung
urde die Ereignisfrequenz, diese Illusion der Beein-
ussbarkeit von Einsatz und Gewinn, erhöht.

Die Evaluation hat auch ergeben, dass der damals,
006, mit den Änderungen beabsichtigte Schutz zum
eispiel mit dem Verbot der Fungames erreicht wurde.

Illegale Praktiken, Frau Graf, gibt es; das gestehe ich
nen ohne Weiteres zu. Das ist zum Beispiel das Vor-
ünzen. Diese illegalen Praktiken konnte man nicht aus-
ichend verhindern, und daher müssen wir jetzt nach-

teuern.





Karin Maag


(A) )


)(B)

Für mich ist allerdings zentral wichtig, dass Spieler-
schutz auch heißt, dass wir vor allem die Spieler und
nicht die Geräte in den Blick nehmen müssen. Die Ge-
räte sind zweitrangig. Um diese kümmern wir uns auch.
Aber wichtiger ist, dass wir den Spieler schützen. Die
Suchtpolitik der christlich-liberalen Koalition nimmt
stets Bezug auf den einzelnen Menschen und seinen Le-
benshintergrund.


(Lachen der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


Insofern will ich da auch einen Schwerpunkt setzen.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


– Ich glaube nicht, dass das zum Lachen ist.


(Mechthild Rawert [SPD]: Hoffentlich wissen die Spieler das auch!)


– Ich glaube, Frau Kollegin, dass wir, wenn wir uns da-
rüber unterhalten, wer von uns wie viele Spielhallen be-
sucht hat, wer mit wie vielen betroffenen Menschen ge-
redet hat,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Esslingen!)


feststellen werden, dass ich Ihnen zumindest da in nichts
nachstehe.

Das Emnid-Institut hat in seiner neuesten Studie
hierzu ausdrücklich festgestellt, nicht das Spielangebot
sei ursächlich, sondern krankhafte Strukturen in der
Spielerpersönlichkeit. Das heißt, wenn eine bestimmte
Spielform erschwert oder verboten wird, hört der Spieler
logischerweise nicht auf, zu spielen, sondern wendet
sich anderen Formen zu. Es macht deshalb auch wenig
Sinn, einzelne Formen zu verbieten oder einfach nicht
mehr zuzulassen. Wir vertreiben die Menschen damit
nur aus den Hallen und treiben sie ins Internet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich setze mich deshalb für Maßnahmen ein, wie sie in
der Evaluation vorgesehen sind:

Hier wird einmal die Einführung einer sogenannten
Spielerkarte vorgeschlagen, um illegale Spielpraktiken
zu verhindern. Diese Karte soll nur für einen Tag und für
eine Spielstätte gelten. Sie kann nur an einem Gerät ein-
gesetzt werden. Damit verhindert man Mehrfachbespie-
lungen. Die Karte soll auch eine maximale Obergrenze
für mögliche Einzahlungen beinhalten. Gewinne werden
nicht auf der Karte gespeichert, sondern müssen ebenso
wie möglicherweise verbleibende Restbeträge am Ende
des Tages ausbezahlt werden.

Dann ist es mir tatsächlich auch wichtig, Frau Graf,
dass die Kenntnisse der Spielhallenbetreiber über den
Spieler- und Jugendschutz verbessert werden, dass eine
Sachkundeprüfung zur Voraussetzung für die Erteilung
einer Spielhallenerlaubnis gemacht wird und der Betrei-
ber und die Mitarbeiter diese Prüfung in regelmäßigen
Abständen wiederholen müssen. Das ist ein zentrales
Anliegen.

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(C (D Jetzt kommen wir zu dem technischen Bereich, der nen ja so wichtig ist. Selbstverständlich müssen wir ie Begrenzungen für Gewinne und Verluste pro Stunde berdenken – da sind wir bei Ihnen –, gegebenenfalls eränzt durch die Einführung einer weiteren Grenze für bsolute Tagesgewinne oder -verluste. Man kann mit mir auch über die Verlängerung der aufzeit pro Spieleinheit sprechen. Sie sagen ja in Ihrem ntrag, dass die derzeit geltenden 5 Sekunden zu kurz eien. Das ist aber nur dann sinnvoll, wenn man gleicheitig auch die Laufzeit der Geräte in den Spielkasinos erlängert. Das Suchtpotenzial ist nämlich in beiden Fäln absolut dasselbe. Schließlich müssen wir auch über Repression reden. urzeit wird die Nichteinhaltung einiger suchtpolitisch levanter Vorgaben wie beispielsweise das Auslegen on Informationsbroschüren über die Risiken übermäßien Spielens nicht einmal als Ordnungswidrigkeit gehndet. Darüber kann man reden. Hier müsste man neue atbestände schaffen. Auch über die Höhe der Bußgeler kann man mit mir reden. Ich gehe davon aus, das MWi wird genügend Kreativität entwickeln, um die chwarzen Schafe auszumerzen. Wir werden selbstvertändlich auch unseren Teil dazu beitragen, dass es einen kohärenten“, wie Sie so schön formuliert haben, Spierschutz gibt, und zwar, ohne unsere Pflichten aus rt. 12 Grundgesetz zu vernachlässigen. Diesen Ein chub erlaube ich mir im Hinblick auf die derzeitige Fasung des Entwurfs des Staatsvertrags der Länder. Zusammenfassend sage ich: Wir lehnen Ihren Antrag b. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sabine Bätzing-Lichtenthäler [SPD]: Sehr schade!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713926900

Das Wort hat der Kollege Frank Tempel für die Frak-

on Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Frank Tempel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713927000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Wir haben eben von Frau Graf gehört und
önnen es auch dem SPD-Antrag entnehmen, dass wir in
eutschland rund 500 000 pathologische Glücksspieler
nd rund 800 000 problematische Spieler haben. Denken
ie, wenn wir über das Thema reden, ganz kurz daran,
as das für den Einzelnen, aber auch dessen Familie be-
eutet. Wir müssen also schon über die Glücksspielsucht
sgesamt reden und dürfen nicht nur auf die Kompeten-

en von Bund und Ländern abstellen. Die Bundesregie-
ng kann nämlich durchaus auch Einfluss auf die Län-

er nehmen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der Europäische Gerichtshof fordert ja die Reformie-
ng des Glücksspielvertrages der Bundesländer, wenn





Frank Tempel


(A) )


)(B)

das staatliche Glücksspielmonopol aufrechterhalten wer-
den soll; denn staatliche Werbung für Lotterien auf der
einen Seite und der Auftrag der Suchtprävention auf der
anderen Seite ist mit dem staatlichen Monopol auf das
Glücksspiel unvereinbar. Wer also ehrlich mit dem
Thema Glücksspiel umgehen will, muss zuerst eine
Frage beantworten: Wollen wir eine funktionierende
Suchtprävention, die die Gefahren des Glücksspiels ein-
schränkt, oder sollen mit dem Glücksspiel Mehreinnah-
men erzielt werden, die den Betreibern und auch dem
Staat zufallen?

Ein Beispiel: Schwarz-Gelb in Schleswig-Holstein
scheint sich für die Einnahmeseite entschieden zu haben.
Dort lässt man jetzt Poker-Portale und Wettangebote jeg-
licher Art ohne Begrenzung der Zahl der kommerziellen
Anbieter zu. Schleswig-Holstein ist so auf dem besten
Weg zu einem Las Vegas an der Waterkant.

Tobias Koch von der CDU Schleswig-Holstein hat
schon Euro-Zeichen in den Augen. Er rechnet mit 40 bis
60 Millionen Euro Mehreinnahmen für die Landeskasse.
Im Klartext heißt das aber: Mehr Markt gleich mehr
Spiel gleich mehr Spielsucht.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: So ein Quatsch!)


Das ist verantwortungslos, und das wird mit der Linken
nicht gehen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die anderen Bundesländer gehen mit der Einnahme-
orientierung nicht ganz so weit. Hier soll auf der einen
Seite das staatliche Lottomonopol erhalten bleiben, auf
der anderen Seite aber auch der Markt für Sportwetten
geöffnet werden. Es soll 20 statt der geplanten 7 kom-
merziellen Sportwettenanbieter geben, und die Steuerbe-
lastung für Spieleinsätze soll von 16,6 Prozent auf 5 Pro-
zent gesenkt werden. Die Ministerpräsidenten haben
also keine neue Regelung im Bereich der Suchtpräven-
tion gesucht, sondern es vorgezogen, der Glücksspiel-
lobby durch Öffnung des Marktes entgegenzukommen.


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: So ist es!)


Es sagt doch alles, wenn der Chef des Anbieters Bet
and Win die neue Regelung als wichtigen Schritt auf
dem Weg zu einer zeitgemäßen Glücksspielregelung be-
zeichnet und damit sozusagen lobt. Gleichzeitig findet er
die Regelung in Schleswig-Holstein zukunftsweisend.
Hier spricht einer, der noch mehr Einnahmen auf sich
zukommen sieht und am liebsten noch mehr Spielraum
hätte. Auch dazu sagt die Linke: So geht es nicht.


(Beifall bei der LINKEN – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Sie sagen gar nichts zur Sucht!)


Dass es für diese Problematik eine hohe Sensibilität
gibt, zeigt die SPD mit ihrem hier vorliegenden Antrag.
In ihm wird vor allem die Suchtgefahr beim Automaten-
glücksspiel thematisiert. Konkret wird unter anderem
gefordert: Entschleunigung der Geldspielautomaten, Sen-
kung des maximalen Verlustes pro Stunde, ein verpflich-
tendes Identifikationssystem. Das alles sind geeignete

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(C (D räventive Lösungsansätze. Die Linke findet, dass die PD mit ihrem Antrag in eine gute Richtung geht, und eshalb wollen wir ihn mittragen. Aber darüber hinaus ist es wichtig, weitere Fragen zu tellen. Daran können wir, wie Sie sicher zugestehen erden, arbeiten. Zu fragen ist, ob es sinnvoll ist, das utomatenspiel überhaupt außerhalb von Spielkasinos u ermöglichen. Zudem ist zu fragen, wie Sanktionsaßnahmen gegen Betreiber bei Verstößen kontrolliert erden sollen. Sollen das die Polizei oder die Ordnungs mter nun auch noch bewältigen? Wie und von welchem eld sollen diese Kontrollen bezahlt werden? Das sind robleme, die gelöst werden müssen. Zudem stellt sich ie Frage: Wie können wir den Jugendschutz weiter veressern? Sie sehen, dass die Diskussion noch lange nicht am nde ist. Aber 500 000 Glücksspielsüchtige und 800 000 roblematische Spieler sollten uns allen zu denken geen. Wenn wir es mit der Bekämpfung der Spielsucht rnst meinen, müssen wir neue Wege der Prävention und icht neue Wege der Marktöffnung gehen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713927100

Für die FDP-Fraktion hat die Kollegin Christine

schenberg-Dugnus das Wort.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Christine Aschenberg-Dugnus (FDP):
Rede ID: ID1713927200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

lücksspielsucht ist ein ernstzunehmendes Thema. Wer
uf Dauer länger spielt oder mehr Geld einsetzt, als er
ich leisten kann oder will, für den kann das Spielen zu
iner schweren Belastung werden. Doch so ernst dieses
hema auch ist, es gibt auch Anlass für positive Bot-
chaften.

Ich bin froh, Ihnen mitteilen zu können, dass 99 Pro-
ent der Bevölkerung im Alter von 16 bis 65 Jahren ins-
esamt kein pathologisches Glücksspielverhalten auf-
eisen. Das ist auch eine Botschaft unserer heutigen De-
atte. Im Umkehrschluss heißt das, dass insgesamt nur
Prozent der Bevölkerung problematisches Glücksspiel-
erhalten aufweist.


(Sabine Bätzing-Lichtenthäler [SPD]: Denken Sie mal an die Familien, an die Angehörigen, an die Kinder, die zu leiden haben!)


as sind nach Angaben der Bundeszentrale für gesund-
eitliche Aufklärung bundesweit 540 000 Betroffene –
u viele; da gebe ich Ihnen recht. Im Jahr 2009 waren es
brigens noch 590 000 Betroffene. Wir haben also schon
inen Rückgang um 50 000 zu verzeichnen.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Alles ist gut!)


ir sprechen hier also von 1 Prozent mit missbräuchli-
hem Verhalten.





Christine Aschenberg-Dugnus


(A) )


)(B)


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen die Familien dazurechnen!)


Bei allem Respekt vor diesen Menschen, denen wir
ganz sicher helfen müssen und auch helfen wollen: Es ist
schlicht nur 1 Prozent. Für die überwältigende Mehrheit
ist Glücksspiel ein emotionaler Freizeitspaß. Die martia-
lische Dramatik, die Sie in Ihrem Antrag an den Tag le-
gen, ist daher vollkommen unangebracht. Sie tun gerade
so – das haben wir heute schon mehrfach festgestellt –,
als ob ein ganzes Volk durch Glücksspiel von massiver
Verschuldung oder Kriminalität bedroht wäre. Sie tun so,
als wenn wir hier in einem völlig unkontrollierten Las
Vegas wären, in dem vernünftige Menschen dazu ani-
miert werden, ihre Existenz zu verspielen und Frau und
Kind im Elend zurückzulassen.


(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Das ist so! Haben Sie sich mal mit denen unterhalten?)


Meine Damen und Herren, das ist nicht der Fall.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Denn es gibt bereits klare gesetzliche Vorgaben und sehr
begrüßenswerte freiwillige Maßnahmen, auch und ge-
rade – auch wenn Sie das kritisieren – von der Automa-
tenindustrie, und zwar ohne staatlichen Dirigismus. So
setzen die Konzepte der Automatenindustrie einen
Schwerpunkt auf Information und Prävention. Die An-
sätze hierbei sind: erstens Mitarbeiterschulung zur Früh-
erkennung und Prävention,


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Oh!)


zweitens Informationsflyer über kostenfreie und ano-
nyme Beratungsmöglichkeiten sowie drittens Hinweise
auf die Beratungshotline der BZgA. Außerdem besteht
– die Kollegin Maag hat es schon angesprochen – seit
1985 in vielen Spielotheken ein absolutes Alkoholverbot
– das finde ich sehr richtig –, um einen klaren Kopf bei
den Spielgästen zu garantieren.


(Hilde Mattheis [SPD]: Na super!)


Dennoch ist jeder Fall von Glücksspielsucht einer zu
viel. Deshalb helfen wir diesen Menschen. Doch jede
noch so gut gemeinte Hilfestellung muss dem Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit standhalten.


(Jens Ackermann [FDP]: Sehr richtig!)


Ich lehne es grundsätzlich ab, die große Mehrheit derer,
die mit einer Sache verantwortungsvoll umgehen, voll-
kommen überzogen zu bestrafen, und das nur, weil eine
Minderheit nicht damit umgehen kann. Beim Glücks-
spiel sprechen wir von solch einer Sachlage. Es gilt, mit
Augenmaß und Gespür für die Menschen an die Proble-
matik heranzugehen, und genau das tun wir.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Sozialdemokraten, in Ihrem Antrag formulieren
Sie einige wichtige Forderungen, die ich hier gar nicht
ablehnen will. Aber Sie bleiben auch wichtige Antwor-
ten schuldig. Ein Beispiel ist Ihr Mantra des staatlichen

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(C (D lücksspielmonopols. Warum soll nun ausgerechnet ein taatliches Monopol den besten Schutz vor Sucht bewiren? Erklären können Sie das nicht. llein Ihr unerschütterlicher Glaube an den Staatsdiriismus wird deutlich. Bei Sportwetten und beim Lotto t das ganz besonders offensichtlich. Dass ein vom Staat rganisiertes und beworbenes Glücksspiel weniger abängig macht als eines von privaten Anbietern, war chon immer ein Irrglaube. Das können Sie auch nieandem erklären. Das ist nicht unser Weg. nser Weg setzt beim aufgeklärten, mündigen Bürger n. Genau deswegen setzen wir auf Prävention. (Mechthild Rawert [SPD]: Davon ist aber nichts zu sehen!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Jens Ackermann [FDP]: So ist es!)


In diesem Punkt kann ich Ihrem Antrag auch folgen.
ine Intensivierung von Aufklärungskampagnen ist ab-
olut begrüßenswert und wird von uns unterstützt. Die
ortführung bewährter und die Entwicklung neuer, und
war zielgruppenspezifischer, Präventionsmaßnahmen
tehen ganz oben auf unserer Agenda. Die BZgA macht
ier eine ganz hervorragende Arbeit. Wir debattieren
uch – da bin ich mit Karin Maag einig – über die Ein-
hrung einer Spielerkarte, um die Suchtspirale der Au-
matenmehrfachbespielung zu durchbrechen. Ganz be-

onders im Hinblick auf den Jugendschutz muss
atürlich auch das Personal in seiner Kompetenz ge-
tärkt werden; denn es muss ohne Wenn und Aber dafür
orge tragen, dass Minderjährige nicht an Automaten
pielen. Ansonsten muss der Verstoß gegen gesetzliche
orgaben natürlich strikt sanktioniert werden.

Herr Ströbele, es gibt übrigens auch einige grüne Be-
irksstadträte, die lieber die Einhaltung des Heizpilzver-
ots kontrollieren als die Einhaltung des Jugendschut-
es. An diesem Punkt könnten wir auch einmal ansetzen.
ir haben nämlich ein Vollzugsdefizit und kein Geset-

esdefizit. Das sage ich, um das Ganze richtig einzuord-
en.

Die Sachkenntnis von Automatenaufstellern hinsicht-
ch des pathologischen Glücksspielverhaltens kann und
uss noch verbessert werden. Doch bevor wir es Gastro-

omen verbieten, in ihrer Kneipe einen Automaten auf-
ustellen, sollten wir lieber die Einhaltung der Gesetze
ontrollieren und Verstöße hart bestrafen. In der Summe
üssen wir die Beteiligten stärken, statt sie zu bevor-
unden: Wir müssen erstens die Spieler in ihrer aufge-

lärten Eigenverantwortung und zweitens die Betreiber
ihrer Verantwortung, Missbrauch zu erkennen, zu ver-
eiden und zu unterbinden, stärken. Das kann und sollte

uch durch technische Maßnahmen flankiert werden.
ir sollten beispielsweise über eine Verringerung der

reignisfrequenz und eine Verringerung des maximalen
erlustes bzw. Gewinns ergebnisoffen diskutieren. Dazu
ehört ebenso die Einführung einer Spielerkarte. Einen
it erhobenem Zeigefinger versehenen Rundumschlag
hne ich jedoch ab; denn die meisten Menschen haben





Christine Aschenberg-Dugnus


(A) )


)(B)

keine Probleme mit dem Glücksspiel. Diejenigen, die sie
haben, werden wir davor schützen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Wer hat Ihnen denn diese Rede aufgeschrieben? Die Automatenindustrie?)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713927300

Das Wort hat der Kollege Dr. Harald Terpe für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713927400

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was die Kollegin

Aschenberg-Dugnus – an dieser Stelle könnte ich auch
Frau Maag erwähnen – an Verharmlosung geboten hat,
ist kaum erträglich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Dass wir dann auch noch hören mussten, dass der Auto-
matenindustrie in diesem Lande der Charakter von Sa-
maritern zugeschrieben wird,


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das hat niemand behauptet!)


ist wirklich so daneben, wie man sich das nur vorstellen
kann. Die übliche Floskel: „Das liegt in der Suchtstruk-
tur der Spieler begründet“, bedeutet eine klare Ableh-
nung von Verhältnisprävention. Auch das ist überhaupt
nicht zu verstehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Das Thema Glücksspiel ist ein anschauliches Beispiel
dafür, welche Folgen eine falsche Suchtpolitik haben
kann.


(Dagmar Freitag [SPD]: Die ist verantwortungslos!)


Bei der Behandlung illegaler Drogen haben die Ideolo-
gen das Sagen, die die Abhängigen kriminalisieren.
Beim Thema Glücksspielsucht bestimmt maßgeblich die
Industrie den Kurs der Bundesregierung.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)


Den Preis dafür zahlt immer die gesamte Gesellschaft.
Bezüglich des Automatenspiels heißt das: Privatisierung
der Gewinne – 7 Milliarden Euro für die Automatenin-
dustrie – und Sozialisierung der Suchtfolgen. Das kann
das Parlament doch nicht tolerieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Insofern ist jede Initiative zu begrüßen, die hier Ab-
hilfe schaffen will. So zumindest verstehe ich den An-
trag der SPD. Auch meine Fraktion hatte in der Vergan-
genheit diesbezüglich mehrfach Vorstöße unternommen,
zuletzt mit einer Anhörung im Gesundheitsausschuss.
Ich schlage Ihnen vor, einmal in den Zusammenfassun-

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(C (D en die Ausschussergebnisse nachzulesen; daraus kann an einiges lernen. Es gilt festzuhalten, dass Prävention icht nur Suchtschicksale verhindert, sondern auch notendige Voraussetzung ist, um den Bestand von Monoolstaatsverträgen gerichtsfest zu sichern – wenn man es enn will. Wir wollen das. (Beifall der Abg. Angelika Graf [Rosenheim] [SPD])


Viele Forderungen im Antrag der SPD werden von
ns unterstützt, insbesondere die strengen Rahmenvor-
aben für Geldspielgeräte. Das setzt allerdings voraus
da schließe ich mich dem Kollegen Tempel an –, dass
an die Kommunen finanziell und personell in die Lage

ersetzt, die Einhaltung der Vorgaben auch zu kontrollie-
n. Die Ergebnisse der Modellversuche und der Studien

ur Evaluation der Spielerverordnung sind ernüchternd.
an kann mitnichten sagen, da sei alles in Butter. Viel-
ehr berichten die Kolleginnen und Kollegen vor Ort

on einer derart mangelnden Kooperation der Betreiber,
ass einem die Haare zu Berge stehen. Das muss hier
inmal festgehalten werden.

Wir begrüßen den Ansatz der SPD, über die Baunut-
ungsverordnung der Spielhallenflut in den Kommunen
err zu werden, und freuen uns darüber, dass Sie inzwi-

chen selbst einen entsprechenden Antrag umsetzen wol-
n, nachdem Sie zuvor unserem Antrag nicht zustim-
en konnten.

Es gibt aber auch Forderungen, die man kritisch hin-
rfragen muss. Beispielsweise bin ich skeptisch, was die
inführung einer Spielerkarte in Spielhallen angeht. Er-
hrungen aus Australien haben gezeigt, dass solche
arten wirkungslos sind und zu nichts führen. Dass eine

olche Einführung ausgerechnet von der Automatenin-
ustrie befürwortet wird, nährt doch den Verdacht, damit
uasi als Alibi wirksame Einschränkungen zu verhin-
ern oder Kundenprofiling zu betreiben, möglicherweise
ogar beides. Wir sind der Überzeugung, dass solche
utomaten in Kneipen und Imbissbuden nichts zu su-

hen haben. Viele Studien haben gezeigt, dass junge
enschen dort angefixt werden, zumal dort wirksame
ontrollen des Jugendschutzes nicht möglich sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns ge-
einsam Fehlentwicklungen und Probleme, die nach der
tzten Novelle zur Spielerverordnung aus dem Jahr
006 aufgetreten sind, beseitigen.

Meine letzte Anregung ist, uns auch auf Länderebene
r die Stärkung der Monopolstaatsverträge einzusetzen

nd dafür zu sorgen, dass es nicht zu einer Aushöhlung
ommt. Die Länder muss man zumindest dafür loben,
ass sie mehr Bereitschaft zeigen als der Bund, Spielau-
maten strenger zu reglementieren, weil ihnen die Pro-

leme vor Ort offenbar stärker auf den Nägeln brennen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713927500

Kollege Terpe, achten Sie bitte auf das Signal.


Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713927600

Ein solches Engagement würde ich mir natürlich auch

om Bund wünschen. Das ist aber von einem FDP-ge-





Dr. Harald Terpe


(A) )


)(B)

führten Bundeswirtschaftsministerium weniger zu er-
warten, obwohl der Minister eigentlich etwas von Sucht-
gefährdung verstehen müsste.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713927700

Die Kollegin Sabine Bätzing-Lichtenthäler hat für die

SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1713927800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Oscar Wilde hat gesagt, allem könne er wider-
stehen, nur der Versuchung nicht. Was uns vielleicht
zum Schmunzeln bringt, ist für viele Menschen leider
schmerzhafte Realität: Sie können einer Versuchung
nicht widerstehen; sie sind süchtig. Liebe Kolleginnen
und Kollegen, Eigenverantwortung allein hilft an dieser
Stelle nicht weiter.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Mit unserem Antrag wollen wir nicht das Glücksspiel
verbieten. Mit unserem Antrag wollen wir nicht das pro-
saische letzte bisschen Freiheit, das so oft beschworen
wird, eingrenzen. Nein, es geht uns ausschließlich da-
rum, süchtigen Menschen zu helfen; denn Sucht ist nicht
Freiheit; Sucht ist das Gegenteil.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte auf einen anderen Aspekt hinweisen. Mit
dem Entwurf eines neuen Glücksspielstaatsvertrags sind
vor einigen Wochen negative Fakten geschaffen worden,
etwa durch die Aufgabe des Sportwettenmonopols. Wa-
rum negativ? Mit dem Glücksspielmonopol wurde bis-
her nicht nur die Prävention sichergestellt; das Glücks-
spielmonopol hat auch – das gehört dazu – massiv zur
Förderung und Finanzierung des Breitensports beigetra-
gen, weil die staatliche Lotterie eine Konzessionsabgabe
von 16 2/3 Prozent des Einsatzes gezahlt hat, die dem
Breitensport insgesamt zugeflossen ist. So kamen durch
Lotto und Oddset jedes Jahr 500 Millionen Euro für den
Breitensport zusammen.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das ist also gutes Geld!)


Mit diesem Geld wurde mehr gemacht, als Torpfosten
einzugraben und Tischtennisplatten aufzustellen. Mit
diesem Geld wurden Jugendarbeit und ehrenamtliches
Engagement gefördert.

In diesem Bereich wird es durch die Aufgabe des
Monopols extreme Einschnitte geben. Denn es gibt er-
hebliche Zweifel, ob eine 5-prozentige Abgabe auf Wett-
einsätze, die von 20 bisher rein potenziellen Konzes-
sionsnehmern gezahlt werden soll, den Wegfall der
bisherigen Einnahmen aus der Zweckabgabe im Rahmen
des Wettmonopols ausgleichen wird.

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(C (D elbst der Deutsche Olympische Sportbund, seit langem in Verfechter der Marktöffnung im Sportwettenbereich, at die Erwartungen hinsichtlich eines potenziellen eldsegens mittlerweile zurückgeschraubt, wie wir in er gestrigen Sportausschusssitzung erfahren haben. Von en oft vom DOSB veranschlagten 80 Millionen Euro r den Sport ist nur noch eine vage Option auf ein Dritl der Abgaben für den Sport übrig geblieben, was im taatsvertrag allerdings nirgendwo festgehalten ist. (Karin Maag [CDU/CSU]: Offensichtlich heiligt der Zweck die Mittel!)


(Zuruf von der FDP: Was denn nun?)


s bleibt offen, was das in Euro und Cent für den Brei-
nsport bedeutet.

Das bedeutet: Nur wenn einerseits das Volumen des
lücksspielmarktes an sich steigt und andererseits mehr
enschen als bisher spielen und mehr Geld als bisher

erspielen, wird der Breitensport annähernd die gleiche
örderung wie bisher erhalten. Das aber, liebe Kollegin-
en und Kollegen, würde zu einer erhöhten Zahl der
pielsüchtigen führen.


(Jan Mücke [FDP]: Das ist doch nicht logisch! Das ist unlogisch!)


as ist kein Schreckgespenst; das sind Fakten: In Groß-
ritannien ist die Zahl der Spielsüchtigen in den ersten
rei Jahren der Kommerzialisierung des Glücksspiel-
arktes um 50 Prozent gestiegen. Es kann von uns nicht

ewollt sein, eine dahin gehende Liberalisierung durch-
uführen.

Die Ausrede, dieser Staatsvertrag sei Angelegenheit
er Länder, lassen wir einfach nicht gelten. An anderer
telle sind Sie auch nicht so zurückhaltend und versu-
hen vielmehr, auf die Länder einzuwirken.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


sofern möchte ich Sie noch einmal bitten, auf der ei-
en Seite die Spielsüchtigen und ihre Angehörigen und
amilien nicht alleinzulassen und in die Prävention zu
vestieren und auf der anderen Seite sicherzustellen,

ass dem Breitensport wenigstens durch die staatliche
bgabe eine angemessene Finanzierung zur Verfügung
estellt wird.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713927900

Es tut mir leid, Kollege Kauder, aber Sie waren mit

rer Initiative, mit der Kollegin Bätzing ins Gespräch
u kommen, zu spät. Sie hatte ihre Redezeit schon über-
chritten.

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 17/6338 an die in der Tagesordnung aufge-
hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) )


)(B)

verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 a und b auf:

a) Beratung der Unterrichtung durch den Parlamen-
tarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung

Bericht des Parlamentarischen Beirats über
die Nachhaltigkeitsprüfung in der Gesetzesfol-
genabschätzung und die Optimierung des Ver-
fahrens

– Drucksache 17/6680 –

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu der Un-
terrichtung durch den Parlamentarischen Beirat
für nachhaltige Entwicklung

Europäische Nachhaltigkeitsstrategie

– Drucksachen 17/5295, 17/7678 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Thomas Gebhart
Dr. Matthias Miersch
Michael Kauch
Ralph Lenkert
Dorothea Steiner

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
gin Daniela Ludwig für die Unionsfraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Daniela Raab (CSU):
Rede ID: ID1713928000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir debattieren heute zwei Themen, die nur bedingt et-
was miteinander zu tun haben: die Nachhaltigkeitsprü-
fung in der Gesetzesfolgenabschätzung und die Fort-
schreibung der EU-Nachhaltigkeitsstrategie. Auf den
ersten Blick sind dies scheinbar zwei unterschiedliche
Aspekte, die aber deutlich mehr miteinander zu tun ha-
ben. Es geht nämlich immer um die Frage: Wie wird
Politik nachhaltiger?

Wenn es um die Sicherung von Nachhaltigkeitszielen
in der Gesetzgebung geht, stehen wir in der Politik ei-
gentlich immer vor einem Dilemma. Die Gesetzgebung
orientiert sich zumeist an einer Legislaturperiode. Sie
möchte innerhalb dieser Zeit Ergebnisse vorweisen.
Auch die Bürgerinnen und Bürger erwarten zumeist rela-
tiv schnell und kurzfristig Ergebnisse. Sie sind oftmals
nicht bereit, mit uns den Weg einer langfristigen Per-
spektive zu gehen. Es soll immer recht schnell etwas he-
rauskommen. Unsere honorige Aufgabe als Beirat ist es
nun – das ist auch Aufgabe der Nachhaltigkeitsprüfung –,
genau dem entgegenzuwirken und die Aufmerksamkeit
im politischen Betrieb darauf zu lenken, wie Politik, Ge-
setzentwürfe und Verordnungen nachhaltiger werden
können.

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(C (D Wir haben unsere sogenannte Nachhaltigkeitsprüng an den Anfang gestellt. Ihr müssen sich alle Gesetz ntwürfe und Verordnungen der Bundesregierung untererfen. Das heißt: In allen Gesetzentwürfen und erordnungen, die von der Regierung kommen, müssen ussagen sowohl zu den in unserer Nachhaltigkeitsstragie niedergelegten Managementregeln enthalten sein ls auch zu den Zielvorgaben der 21 Indikatoren. Es geht nicht zwingend darum, immer exakt bezifferare Aussagen zu machen. Dazu ist auch niemand bei jeem Gesetzentwurf und jeder Verordnung in der Lage. s geht schlicht und ergreifend immer darum, möglichst orgfältig und möglichst intensiv zu den Auswirkungen uf die Vorgaben dieser Managementregeln und der Inikatoren Stellung zu nehmen. Das heißt: Es müssen soohl positive als auch negative Auswirkungen darge tellt werden. Eine gute Nachhaltigkeitsprüfung kommt st nicht ohne diese beiden Aspekte aus; denn es kann urchaus einmal eine negative Auswirkung bei einem dikator geben, die sich aber letztlich positiv auf das esamtbild des Gesetzentwurfs auswirkt. Diese Gegenberstellung von positiven und negativen Aspekten hilft ns, in unseren Ausschussberatungen vielleicht eine och breitere Entscheidungsgrundlage zu finden. Ich gebe gern zu: Als wir mit unserer Bewertungsareit, lieber Andreas Jung, im Beirat angefangen haben, ussten wir bei manchen Nachhaltigkeitsprüfungen, sorn sie überhaupt vorhanden waren, manchmal ziemlich roßzügig sein, um festzustellen: Es hat zumindest eine rüfung stattgefunden. Ob das richtig intensiv war oder ur aus einem hinzugefügten Textbaustein bestand, sei inmal dahingestellt. Liebe Kollegin Arndt-Brauer, wir aben viele Sachen herausgezogen, mussten aber auch ststellen: Wir haben im Prinzip mit dieser Nachhaltig eitsprüfung eine Operation am offenen Herzen begonen; denn vor uns hat das niemand so wirklich praktiiert. Die Bundesregierung wurde ins kalte Wasser eworfen, wir als Beirat letztlich auch. Wir haben uns ie ambitionierte Aufgabe gestellt, wirklich von Anfang n strikt durchzuprüfen: Wird zur Generationengerechgkeit Stellung genommen? Wird zum Umweltschutz, ur nachhaltigen Landwirtschaft usw. Stellung genomen? Ich glaube, dass wir uns im Beirat seit Beginn der egislaturperiode ordentlich gesteigert haben, sowohl as die Intensität unserer Arbeit als auch was die Arbeit er Bundesregierung im Hinblick auf die Nachhaltigeitsprüfung betrifft. Die Nachhaltigkeitsprüfung ist ichts anderes als lebenslanges Lernen. Wir lernen bei dem Gesetzentwurf und bei jeder Verordnung dazu. Dass Fehler passiert sind und immer noch passieren, t bedauerlich. Sie werden aber verzeihbar, wenn wir ei unserem nächsten Anlauf merken, dass Korrekturen tattfinden und dass man uns ein klein wenig verinnercht hat. Ich hoffe, für den einen oder anderen von uns u sprechen, wenn ich sage: Es ist besser geworden, ebe Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsank, aber das ist noch deutlich steigerungsfähig. Daniela Ludwig )


(Ulrich Kelber [SPD]: Müssten!)





(A) )

Das ist das eine Thema, mit dem wir uns heute be-
schäftigen und für das ich sehr werbe, auch unter den
Kollegen, die nicht im Beirat sitzen. Ich empfehle, sich
dieses Themas fraktionsübergreifend sensibler anzuneh-
men. Ich glaube, jeder findet in seiner Fraktion den einen
oder anderen Ansprechpartner, der einen mit großen Au-
gen anschaut, wenn man die Themen Gesetzesfolgenab-
schätzung und Nachhaltigkeitsprüfung in einem Satz er-
wähnt. Wir alle haben noch Lieferbedarf, Hol- und
Bringschuld gleichermaßen. Wir haben uns in der Ar-
beitsgruppe der CDU/CSU-Fraktion vorgenommen, die-
ses Thema massiv anzugehen.

Gestatten Sie mir zum Abschluss noch wenige Worte
zum Thema Europäische Nachhaltigkeitsstrategie, das
wir an diese Debatte angedockt haben. Es ist aus Sicht
des Beirats – Sie merken, wir versuchen immer sehr
konsensual zu arbeiten; das gelingt uns nicht immer,
aber sehr häufig – absolut inakzeptabel, wenn die Euro-
päische Kommission den Standpunkt vertritt, eine Fort-
schreibung der Europäischen Nachhaltigkeitsstrategie
sei nicht erforderlich, weil die Nachhaltigkeitsstrategie
in die Strategie Europa 2020 aufgehe. So wird kein
Schuh draus. Die Europäische Nachhaltigkeitsstrategie
muss immer der große Rahmen für alle anderen Strate-
gien auf europäischer Ebene sein, zum Beispiel die Lis-
sabon-Strategie. Ich bin sehr froh, dass wir einen ge-
meinsamen Entschließungsantrag zustande gebracht
haben, in dem die Bundesregierung einvernehmlich auf-
gefordert wird, auf europäischer Ebene genau in diese
Richtung hinzuwirken und dieses Thema in Brüssel in-
tensiv anzubringen.

Im Großen und Ganzen sind wir national wie euro-
päisch auf einem ausgesprochen guten Weg. Lassen Sie
uns diesen Weg weitergehen. Lassen Sie uns immer bes-
ser werden.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713928100

Das Wort hat die Kollegin Ingrid Arndt-Brauer für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Ingrid Arndt-Brauer (SPD):
Rede ID: ID1713928200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Der Parla-
mentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung ist am
17. Dezember 2009 zum dritten Mal eingesetzt worden.
Es ist unser Problem, dass wir in jeder Legislaturperiode
neu eingesetzt werden müssen. Wir gehören noch nicht
ganz normal dazu. Wir haben auch keinen Minister, der
für uns zuständig ist. Wir müssen immer über den Um-
weltausschuss hier im Plenum reden. Wir sind bisher
also etwas stiefmütterlich behandelt worden.

Aber wir haben Aufgaben. Diese Aufgaben beinhal-
ten seit dieser Legislaturperiode unter anderem die Ge-
setzesfolgenabschätzung. Das heißt, wir haben die Auf-
gabe, zu überprüfen, ob die Bundesregierung, wenn sie
einen Gesetzentwurf eingebracht hat, auf das Thema

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(C (D achhaltigkeit geachtet hat. Wir prüfen das sehr formal. ir haben Managementregeln, wir haben ein Konzept, as dahintersteht, und wir haben 21 Indikatoren, mit den Hilfe wir überprüfen, ob irgendetwas davon berück ichtigt worden ist, als ein Gesetz auf den Weg geschickt orden ist. Hier beginnt unser Problem. Wir prüfen sehr formal. ür die Oppositionsfraktionen darf ich sagen: Wir würen gerne auch inhaltlich prüfen. Wir würden gerne prün, ob ein Gesetz, das auf den Weg gebracht worden ist von welchem Minister auch immer –, inhaltlich wirkch auf Generationengerechtigkeit ausgerichtet worden t; denn wir haben da manchmal unsere Zweifel. Wir ersuchen immer, wie meine Vorrednerin schon angeeutet hat, am Ende einen Konsens hinzubekommen. eswegen steht das Thema inhaltliche Prüfung im Moent noch ein bisschen hintan. Ich würde mir wünschen, ass wir das im Konsens ein bisschen verändern. Wir prüfen in vier Nachhaltigkeitsbereichen: Generaonengerechtigkeit, Lebensqualität, sozialer Zusammenalt und internationale Verantwortung. Es hat sich heusgestellt – das ist Folge des Umstands, dass wir es ier mit einem völlig neuen Thema zu tun haben –, dass as Ganze verbesserungswürdig ist. Unsere Prüfungen ind immer noch sehr aufwendig. Ich möchte das Verhren einmal denen erklären, die nicht dabei sind: Es rüfen jeweils ein Koalitionspolitiker und ein Opposionspolitiker, ähnlich wie im Petitionsausschuss. Die rüfungen verlaufen manchmal einvernehmlich, manchal strittig. Wenn strittig geprüft worden ist, wird an chließend im Beirat abgestimmt. Zu diesem Zeitpunkt ind dann alle Politiker der Koalition anwesend. Ansonsn haben wir das Gefühl, dass die Koalition nicht so ehr an diesem Thema hängt wie die Opposition. Dieser indruck drängt sich manchmal auf, wenn nur ein Vereter der CDU dasitzt, obwohl neun dort sitzen könnten. uch da sind Verbesserungen möglich. (Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Qualität, nicht Quantität!)


Quantität gegen Qualität. Gut. Bei uns geht es mit
ualität und Quantität. Das sollten Sie eigentlich auch

nstreben.


(Beifall bei der SPD – Ulrich Kelber [SPD]: Das ist der logische Umkehrschluss!)


Schwierig ist die Vernetzung mit der europäischen
achhaltigkeitsstrategie; das wurde schon angedeutet.
ie praktische Umsetzung ist sehr problematisch, weil
urostat zwar viele Daten erhebt, die Europäische Nach-
altigkeitsstrategie für die Bundesregierung in Bezug
uf ihr Verhalten aber eigentlich keine Rolle spielt. Wir
ürden uns schon etwas anderes wünschen. Wir wün-

chen uns entweder eine stärkere inhaltliche Verzahnung
der dass man das eine zur Grundlage des anderen
acht. Ich finde, es ist sehr wichtig, dass wir, wenn es

m Generationengerechtigkeit geht, wenn es wirklich
m die Verantwortung für nachfolgende Generationen
eht, auf europäischer und nationaler Ebene in eine
ichtung laufen.





Ingrid Arndt-Brauer


(A) )


)(B)

Auf europäischer Ebene werden ganz andere Dinge
geprüft und ganz andere Daten erhoben. Man hat das
Gefühl, dass zwei Stränge vollkommen parallel neben-
einander verlaufen. Das ist unbedingt zu verändern. Ich
denke, wir müssen die Bundesregierung immer wieder
auffordern, ihren Einfluss in Europa geltend zu machen.
Vielleicht müssen wir so weit gehen, dass wir sagen:
Okay, wir passen unsere nationale Nachhaltigkeitsstrate-
gie an die europäische an. Im Moment haben wir aber
den Eindruck, dass das Thema Nachhaltigkeit in Europa
nur eine untergeordnete Rolle spielt. Es werden zwar
viele Daten erhoben und Leitlinien entwickelt, man hat
aber das Gefühl, dass Überlegungen zur Nachhaltigkeit
auf die Europäische Politik in Wirklichkeit kaum Ein-
fluss haben. Wir haben versucht, mit Parlamentariern in
Kontakt zu kommen. Das ist bisher aber nicht besonders
werthaltig gewesen.

Ich möchte die Kollegen auffordern, in ihrem tägli-
chen Leben und in ihrer Politik Nachhaltigkeitsüberle-
gungen stärker zu verankern. Ich möchte aber ausdrück-
lich auch die Regierung, die heute nur sehr marginal
vertreten ist – da gilt vermutlich auch: Qualität vor
Quantität –,


(Ulrich Kelber [SPD]: Das Kanzleramt, das zuständig ist, fehlt ganz!)


auffordern, das Thema Nachhaltigkeit stärker in den Fo-
kus zu rücken und dafür zu sorgen, dass wir das Thema
Generationengerechtigkeit nicht immer nur in Reden
hochhalten, sondern Generationengerechtigkeit als Ziel
der Politik ausdrücklich anstreben.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich möchte darauf hinweisen, dass wir uns im Beirat
sehr bemühen, die Dinge im Konsens zu verabschieden.
Auf dem Weg dorthin wird manchmal recht strittig dis-
kutiert. Das wird im Rahmen der Obleuteberatungen
aber meistens abgeräumt. Ich fände es gut, wenn wir ein-
mal gemeinsam einen Antrag auf den Weg bringen
könnten, bei dem alle Fraktionen im Titel erscheinen.
Vielleicht können einige einmal über ihren Schatten
springen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich würde es begrüßen, wenn wir das erreichen könnten
und auf lange Sicht Anträge im Parlament einvernehm-
lich verabschieden könnten. Vielleicht ist das auch zu ei-
ner anderen Tageszeit möglich, sodass uns auf den Rän-
gen und im Fernsehen mehr zuhören und zuschauen
können.

Das Thema Nachhaltigkeit sollte nicht nur in Regie-
rungserklärungen erwähnt werden, sondern auch im täg-
lichen Leben eine Rolle spielen. Dazu möchte ich alle
auffordern. Ansonsten wünsche ich uns weiterhin eine
erfolgreiche Arbeit beim Thema Nachhaltigkeit. Die Ge-
setzesfolgenabschätzung sollte nicht das Endziel sein.

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(C (D as Endziel sollte sein: mehr nachhaltige Gesetzgebung. h hoffe, da kommen wir irgendwann hin. Danke schön. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713928300

Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Michael

auch das Wort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1713928400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir

efinden uns in einer Finanz- und Schuldenkrise. Wir
aben sowohl im Bereich des Klimaschutzes als auch im
ereich der Biodiversität massive ökologische Pro-
leme. Wir stehen vor einer großen UN-Konferenz.
0 Jahre nach der UN-Konferenz von Rio soll die Welt
rneut das Thema Nachhaltigkeit diskutieren. Was macht
ie Europäische Kommission? Die Europäische Kom-
ission sagt angesichts all dieser Nachhaltigkeitspro-

leme, vor denen wir stehen: Wir brauchen keine Nach-
altigkeitsstrategie. – Das ist eine abwegige Haltung der
uropäischen Kommission, die der Deutsche Bundestag
o nicht teilt.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb begrüßen wir ausdrücklich, dass das Auswär-
ge Amt und das Bundeskanzleramt in den Gesprächen
it dem Parlamentarischen Beirat deutlich gemacht ha-

en, dass die Europäische Nachhaltigkeitsstrategie für
ie Bundesrepublik Deutschland weiterhin eine wesent-
che Strategie ist und dass sie eben nicht durch die Stra-
gie „Europa 2020“ abgelöst wird. Nachhaltigkeitsstra-
gien brauchen einen längeren Atem als nur für die
ächsten neun Jahre. Sie brauchen auch ein weiteres
pektrum als das, was in der Strategie „Europa 2020“
enannt ist. Die Strategie „Europa 2020“ ist wichtig,
ber sie deckt nicht alle Bereiche ab, die für eine nach-
altige Entwicklung, für Generationengerechtigkeit auf
nserem Kontinent erforderlich sind.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich habe etwas zur Europäischen Kommission gesagt.
Europäischen Parlament läuft dies nicht besser. Wir

om Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwick-
ng haben die zuständigen Kollegen im Europäischen
arlament besucht. Wir haben leise angeregt, dass ein
olches Gremium wie das im Deutschen Bundestag, das
aktionsübergreifend arbeitet und sich mit den langen
inien von Politik abseits der Tagesdebatten beschäftigt,
ine gute Idee auch für das Europäische Parlament wäre.
ie fraktionsübergreifende Antwort war: Alles, was das
uropäische Parlament macht, ist so nachhaltig, dass wir
in solches Gremium nicht brauchen.


(Heiterkeit der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])






Michael Kauch


(A) )


)(B)

Ich glaube, dass manche Kolleginnen und Kollegen
auch im Europäischen Parlament vielleicht ein bisschen
von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union lernen
könnten, zum Beispiel von Deutschland, Skandinavien,
Großbritannien und auch einigen der südeuropäischen
Länder, die inzwischen eine umfassende Nachhaltig-
keitsstrategie haben. Bei uns besteht eine Nachhaltig-
keitsstrategie nicht nur aus Blabla, wir stellen nicht nur
ein paar Ziele auf und machen dann eine statistische
Auswertung. Das deutsche System und das von Großbri-
tannien und anderen Ländern hat vielmehr eine klare
Managementorientierung und beinhaltet Strategien,
Ziele, Indikatoren und dann auch eine Überprüfung und
Rückkopplung, in deren Folge neue Ziele aufgestellt
werden. Das ist aus meiner Sicht für die Europäische
Union längst überfällig.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713928500

Das Wort hat der Kollege Ralph Lenkert für die Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Ralph Lenkert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713928600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen

und Kollegen! Nachhaltigkeit ist in und ein Lieblings-
wort der Bundesregierung. Als Mitglieder des Parlamen-
tarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung über-
prüfen wir, ob es die Bundesregierung mit der
Nachhaltigkeit wirklich ernst meint. Nachhaltigkeit be-
schreibt eine Gesellschaft, die Wasser und andere Res-
sourcen nur in der Menge verbraucht, wie sie im Kreis-
lauf erneut verfügbar sind, und welche die Natur erhält,
eine freie und gerechte Gesellschaft, die Wohlstand für
alle erreicht. Das unterstützt die Linke. Aber müssen wir
der Nachhaltigkeitsstrategie der Regierung deshalb zu-
stimmen?

Bevor ich fortfahre, sei eine kurze wichtige Frage er-
laubt: Woher kommt eigentlich das viel bemühte Wort
„Nachhaltigkeit“? Warum haben Bürgerinnen und Bür-
ger, Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Regierung
und Opposition, oder auch Manager deutscher DAX-Un-
ternehmen das Wort dauernd im Mund? Das Wort ent-
hält den Wunsch, Entscheidungen und Produkte seien
haltbar wie ägyptische Pyramiden nach ihrem Bau, also
nachhaltig. Deshalb vermittelt die Verwendung des At-
tributes „nachhaltig“ zusammen mit Vorhaben und Ge-
setzen das gute Gefühl von Ewigkeit. Herrlich!

Aber das Streben nach ständigem Wachstum, so wie
es der aktuellen Wirtschaftspolitik entspricht, ist nicht
nachhaltig. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,
Unternehmerinnen und Unternehmer, Gewerkschafterin-
nen und Gewerkschafter und Künstlerinnen und Künst-
ler aus aller Welt haben vor den katastrophalen Folgen
unserer Art des Wirtschaftens gewarnt: vor der Über-
fischung und Verschmutzung der Meere, der Verpestung

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(C (D es Klimas, der hemmungslosen Rohstoffausbeutung nd der rücksichtslosen Ausbeutung der arbeitenden Beölkerung. Dies alles macht die Reichen reicher und die rmen ärmer. Das Auseinanderdriften der Gesellschaft in Arm und eich fördert nachhaltig die Zerstörung der Demokratie, nd die wachstumsgetriebene Wirtschaft vernichtet die atur dauerhaft. Das alles nimmt das Kanzleramt in auf. Sie folgen nur den Interessen der Konzerne und eren Profitstreben. Sinkenden Reallöhnen und Altersezügen, der Rente mit 67, Hartz IV, aber auch dem Flähenverbrauch, der Verlagerung schmutziger Industrien Entwicklungsländer und dem weltweit ausufernden ohndumping verpasst die Regierung ein Prädikat nachhaltig“. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. In Wahrheit ist es so, dass die Bundesregierung die achhaltigkeitsidee als Deckmantel ihrer Lobbypolitik issbraucht. Dadurch wird echte Nachhaltigkeit diskre itiert. In der Praxis sieht es so aus: Der Beirat bewertet, b Gesetze auf Nachhaltigkeit geprüft wurden. Ob der halt nachhaltig wirkt, spielt keine Rolle. Vorschläge im arlamentarischen Beirat, die Wirkung von Gesetzen auf chte Nachhaltigkeit zu untersuchen, verhindern Sie. eshalb kann die Regierung sogar Gesetzen, die Panzererkäufe nach Saudi-Arabien erlauben, schlechte Regengen für die kommunale Abfallentsorgung enthalten nd Riester-Rente und Vorratsdatenspeicherung ermögchen, einen Nachhaltigkeitsstempel verpassen. Diese esetze sind unmöglich nachhaltig. Um ein aktuelles Beispiel, was als nachhaltig durcheht, zu nennen, zitiere ich Punkt 6, Nachhaltigkeitsprüng, des Gesetzentwurfes zum Euro-Rettungsschirm: Die Wirkungen des Gesetzes entsprechen den Vorgaben zur Nachhaltigkeit. Die Notmaßnahmen der EFSF erhöhen zwar zunächst anteilig den Schuldenstand Deutschlands. In dem Maße, in dem es zu Rückzahlungen kommt, vermindert sich der nationale Schuldenstand allerdings wieder. Da Notmaßnahmen der EFSF unter strengen Auflagen … erfolgen, … ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mit einer Inanspruchnahme der Bundesrepublik Deutschland aus den ausgegebenen Garantien zu rechnen. ollen Sie uns veralbern? Sagen wir unseren Kindern och offen: Diese Finanzpolitik verursacht nachhaltige chuldenberge, und die müsst ihr Kinder abtragen. enn Ostern, Weihnachten und der Kanzlerin Geburtsg auf einen Tag fallen, dann wird Ihre Politik nachhalg. (Andreas Jung [Konstanz] [CDU/CSU]: Was schlägst du denn vor? – Florian Bernschneider [FDP]: Überprüfen Sie doch mal Ihr Parteiprogramm auf Nachhaltigkeit!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Die Arbeit des Parlamentarischen Beirates ist derzeit
her ein Alibi. Meistens gleicht sie dem Schicksal eines
insamen Rufers in der Wüste: Keiner nimmt sie wahr.





Ralph Lenkert


(A) )


)(B)

Die Linke will erreichen, dass der Beirat die Interessen
der Menschen und der Natur gegen Finanzhaie und Pro-
fithamster durchsetzt, und zwar durch Überprüfung der
Gesetze. Das wäre nachhaltig.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713928700

Die Kollegin Dr. Valerie Wilms hat für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713928800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte

Kolleginnen und Kollegen! Nach dieser sehr emotiona-
len Rede des Kollegen Lenkert möchte ich den Blick
wieder auf das Thema europäische Nachhaltigkeitsstra-
tegie lenken;


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)


schauen wir einmal, wie wir da weiterkommen. Die
Nachhaltigkeitsprüfung möchte ich nur ganz kurz an-
sprechen; denn meine Redezeit als Vertreterin der kleins-
ten Fraktion ist sehr kurz bemessen.

Darüber, wie die Nachhaltigkeitsprüfung abläuft, ha-
ben meine Vorrednerinnen, Frau Arndt-Brauer und Frau
Ludwig, schon eine ganze Menge berichtet. Das Verfah-
ren ist jetzt etabliert. Nach einer zähen Anfangsphase
verlässt kaum noch ein Gesetzentwurf ohne diese Prü-
fung das Kabinett; so weit sind wir immerhin schon.
Auch wenn da nur platt steht: „Der Gesetzentwurf ist
nachhaltig“, haben wir schon gewisse Verbesserungen
erzielt. Es könnte allerdings noch ein bisschen mehr
sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Sicherlich werden wir Probleme bekommen, wenn es
darum geht, in eine umfassende inhaltliche Prüfung ein-
zusteigen; schauen wir einmal. Aber auch hier werden
sich vielleicht noch Türen öffnen.

Wir sollten insgesamt ehrlich sein: Ist unsere Repu-
blik nachhaltiger geworden, seitdem diese Prüfung
durchgeführt wird? Der Beschluss zur Energiewende
war sicherlich kein Ergebnis einer Initiative im Rahmen
der Nachhaltigkeitsprüfung; er war essenziell notwen-
dig. Hier hat die Nachhaltigkeitsprüfung also nichts ge-
bracht.

Mit dem Euro-Rettungsschirm laufen wir der Nach-
haltigkeit stets nur hinterher. Mit einer nachhaltigen, also
einer vorsorgenden und vorausschauenden Haushalts-
politik und Finanzmarktregulierung wäre er wahrschein-
lich nicht erforderlich geworden. Für eine nachhaltige
Politik brauchen wir nicht nur eine Nachhaltigkeitsprü-
fung, sondern auch stringente und konsequente Kon-
zepte, mit denen wir auf diesem langen Weg, den Kol-
lege Kauch angesprochen hat und der absolut richtig ist
– wir dürfen uns nicht immer nur im Vierjahresrhythmus

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(C (D eiben lassen, sondern wir müssen hier etwas Längeristiges entwickeln –, weiterkommen. Jetzt komme ich zur europäischen Nachhaltigkeitstrategie. Sie könnte ein solches Konzept sein. Aber was t in der Praxis? Sie existiert seit nunmehr zehn Jahren. ür 2011 hat der Europäische Rat eine Überprüfung und berarbeitung angesetzt. Es ist also an der Zeit, sich mit er Strategie zu beschäftigen – das haben wir im Beirat etan – und Bilanz zu ziehen, und zwar mithilfe des Moitoring-Berichtes 2009 des Europäischen Statistikams. Wir haben uns hier durch 100 Indikatoren gewühlt. as war eine interessante Arbeit. Es hat schon etwas geauert, sich hier einen Überblick zu verschaffen, aber ir sind fündig geworden. Es hat sich wirklich für uns elohnt. Kollege Kauch hat das schon angesprochen. Im Ergebnis kann man sagen, dass wir in Deutschland it unserer damals von Rot-Grün eingeleiteten Nachhalgkeitsstrategie, die von allen nachfolgenden Regierunen fortgeschrieben wurde, sehr weit gekommen sind. In uropa ist dies noch lange nicht der Fall. Dort läuft das lles auseinander. Der vorliegende Bericht zeigt: Es leibt den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen, wie tark sie sich für die nachhaltige Entwicklung engagien. Das spricht nicht wirklich für das Vorhandensein ei er Strategie. Es kommt aber noch viel schlimmer. Wir waren in rüssel zu einem Gespräch mit den Verantwortlichen. ort hat sich gezeigt, dass die Kommission die Strategie infach nicht für erforderlich hält. Sie redet nur von ihrer trategie „Europa 2020“, durch die die Welt glücklich ird. Die langen Linien hat sie partout nicht im Auge. (Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Das stimmt! Sehr zutreffend!)


ie Krönung waren die Abgeordneten. Unsere lieben
olleginnen und Kollegen in Brüssel hatten diesen Be-
riff teilweise überhaupt noch nicht gehört.

Es lohnt sich, das Thema Nachhaltigkeit ernsthaft zu
erfolgen. Wir als rohstoffarmes Land haben hier einen
ntsprechenden Bedarf, und wir müssen unsere Intelli-
enz für die Sicherstellung der Nachhaltigkeit einsetzen.
ier sind wir in Deutschland relativ gut dabei, aber es
äre auch sinnvoll, wenn aus Europa ein solcher Wink
ommen würde, gerade im Hinblick auf die Vorberei-
ng des neuen Erdgipfels nach 20 Jahren Rio.

Was brauchen wir? Durch die europäische Nachhal-
gkeitsstrategie könnte deutlich mehr geboten werden.
ei der anstehenden Überprüfung und Überarbeitung
üssen wir aber mehr Verbindlichkeit einfordern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


amit es dazu kommt, müssen wir das nicht nur in der
uropäischen Kommission behandeln, sondern wir müs-
en auch die Parlamente beteiligen: das Europäische Par-
ment und auch die nationalen Parlamente. Die ganzen
dikatoren und Ziele müssen auch parlamentarisch ab-

esichert sein.





Dr. Valerie Wilms


(A) )


)(B)

In diesem Sinne sollten wir weitermachen. Vielleicht
gelingt es uns ja auch, das dicke Brett Europa irgend-
wann einmal zu durchbohren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713928900

Der Kollege Andreas Jung hat für die Unionsfraktion

das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Andreas Jung (CDU):
Rede ID: ID1713929000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Mit dem vorliegenden Bericht zeigt sich, dass wir bei
der Implementierung des Nachhaltigkeitsgedankens in
den politischen Prozess in den letzten Jahren entschei-
dende Schritte vorangekommen sind.

Ich will mit der Neuerung auf Initiative des Parlamen-
tarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung in der
letzten Legislaturperiode beginnen. Schon damals ist es
gelungen, dass die Bundesregierung in die Gemeinsame
Geschäftsordnung der Bundesministerien neu aufge-
nommen hat, dass bei jedem einzelnen Gesetzentwurf
eine Nachhaltigkeitsprüfung vorzunehmen ist, dass also
nicht nur gesagt werden muss, welche Kosten entstehen
und welcher Aufwand an Bürokratie entsteht, sondern
dass in jedem einzelnen Gesetzentwurf auch gesagt wer-
den muss, welches die Auswirkungen auf nachhaltige
Entwicklung sind. Das war ein wichtiger Punkt.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das muss man sagen!)


Ein weiterer wichtiger Punkt war, dass der Parlamen-
tarische Beirat wiederum auch in dieser Legislaturpe-
riode und somit zum dritten Mal vom Deutschen Bun-
destag eingesetzt wurde und damit zu einem nicht mehr
wegzudenkenden Gremium im Deutschen Bundestag ge-
worden ist. Auch ist der Parlamentarische Beirat nun be-
auftragt worden, die Nachhaltigkeitsprüfung der Bun-
desregierung zu bewerten.

Das war ein wichtiger Schritt. Davor war der Beirat
ein Gremium, das sich allgemein mit Nachhaltigkeitsfra-
gen auseinandergesetzt hat, das Stellungnahmen abgege-
ben hat, das aber vom parlamentarischen Alltag losge-
löst war. Jetzt haben wir harte Rechte. Wir haben
Möglichkeiten, die sogar über die der Fachausschüsse
hinausgehen, weil wir uns mit jedem einzelnen Gesetz-
entwurf befassen können und bei jedem einzelnen Ge-
setzentwurf sagen können: Hier stellen wir auf Rot, hier
sehen wir Probleme, hier führen wir Kritikpunkte an.

Das war ein wichtiger Schritt. Es ist schon gesagt
worden: Damit leisten wir Pionierarbeit. Ich finde es be-
merkenswert, dass es in den allermeisten Fällen gelingt,
nicht nur fraktionsübergreifend zu diskutieren, sondern
am Ende auch fraktionsübergreifend Stellungnahmen
abzugeben. Es ist zum Beispiel von Frau Arndt-Brauer
angeführt worden, dass das oftmals ein Ringen ist und
dass das auch nicht in jedem Einzelfall gelingt. Aber wir

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(C (D agen dann: Fraktionsübergreifend nehmen wir uns diees Themas an, fraktionsübergreifend werden wir aktiv. – as ist ein Beispiel für lebendigen und hart an der Sache rientierten Parlamentarismus. Ich finde, auf diesem ege sollten wir weitergehen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir stellen fest, dass das, was im Deutschen Bundes-
g gemacht wird, durchaus beispielgebend ist, auch
ber Deutschland hinaus. In unseren Länderparlamen-
n, aber auch in anderen europäischen Staaten gibt es

in solches Verfahren oder ein solches Gremium nicht.
as Europäische Parlament ist angesprochen worden.
h will all das unterstreichen, was die Kollegen gesagt

aben. Es ist nicht in Ordnung, wie auf europäischer
bene mit den Nachhaltigkeitsstrategien, den Nachhal-
gkeitsindikatoren und den Nachhaltigkeitsinstrumenten
mgegangen wird. Da braucht es deutliche Impulse. Ich
in froh, dass wir diese fraktionsübergreifend geben
önnen. Wir wünschen uns, dass in Europa Nachhaltig-
eit eine größere Rolle spielt und eine wichtigere Bedeu-
ng erhält.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Wenn ich vorher gesagt habe, dass man einerseits die
ortschritte sieht, die gemacht werden, dann müssen wir
ndererseits zur Kenntnis nehmen, dass das wie bei allen
novationen ist: Es geht nicht von einem Tag auf den

nderen. Deshalb gab es Anlaufschwierigkeiten und gibt
s auch jetzt noch Verbesserungsbedarf. Die Anlauf-
chwierigkeiten sind genannt worden.

Wir haben zu Anfang unserer Prüfungen festgestellt,
ass in vielen Gesetzentwürfen der Bundesregierung
em selbst auferlegten Erfordernis nicht in ausreichen-
em Maße Rechnung getragen wurde. Wir haben Stel-
ngnahmen abgegeben und haben dann auch das Ge-

präch mit den Vertretern von Bundeskanzleramt und
en Ministerien gesucht. Wir haben mittlerweile festge-
tellt, dass sich das eingespielt hat und dass in den aller-
eisten Gesetzentwürfen entsprechende Ausführungen

nthalten sind. Wahr ist – das ist auch schon gesagt wor-
en –, dass hinsichtlich der Qualität der Ausführungen
ilweise immer noch Spielraum nach oben besteht.
ber wir stellen fest, dass sich hier eine ganz deutliche
erbesserung eingestellt hat.

Ein anderer Punkt, über den wir hier im Plenum dis-
utieren sollten, wo viele Kolleginnen und Kollegen da-
ei sind, die nicht dem Parlamentarischen Beirat ange-
ören, betrifft uns selber. Es geht um die Frage: Wie
ehen wir selbst, wie gehen die jeweils federführenden
achausschüsse, denen wir unsere Stellungnahmen über-
eisen, mit diesen Stellungnahmen um? Hier erkennen
ir ganz deutliche Defizite. Das geht auch aus dem Be-
cht hervor.

Wir haben in insgesamt 16 Fällen, in denen eklatant
egen das Erfordernis einer guten Nachhaltigkeitsprüfung
erstoßen wurde, dem federführenden Fachausschuss





Andreas Jung (Konstanz)



(A) )


)(B)

eine Stellungnahme zukommen lassen und darum gebe-
ten, in den jeweiligen Beratungen darauf einzugehen.
Das entspricht auch dem Erfordernis, das der Deutsche
Bundestag in seinem Einsetzungsbeschluss postuliert
hat, nämlich dass der federführende Ausschuss über die
Stellungnahmen zu diskutieren und diese zu bewerten
hat. Wir haben festgestellt, dass das nur in fünf Fällen
tatsächlich passiert ist, in neun aber nicht.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle aus Anlass dieser
Debatte noch einmal an alle Ausschüsse und Ausschuss-
vorsitzende appellieren: Hier müssen wir gemeinsam
besser werden. Wir wünschen uns, dass dem, was nicht
nur wir uns vorstellen, sondern was der Deutsche Bun-
destag gemeinsam beschlossen hat, Rechnung getragen
wird. Darauf wollen wir in Gesprächen hinweisen.

Wir sind aber auch der Meinung, es braucht noch ei-
nen weiteren Schritt. Dieses Verfahren muss mit der
konkreten Vorgehensweise, mit konkreten Anforderun-
gen in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundesta-
ges verankert werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist die logische Konsequenz aus unserer gemeinsa-
men Auffassung, dass Nachhaltigkeit eine besondere Be-
deutung über alle Bereiche hinweg hat und kein Mode-
thema, sondern eine Daueraufgabe ist. Deshalb gehört es
auch formalisiert in unsere Geschäftsordnung.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713929100

Der letzte Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Florian Bernschneider für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Florian Bernschneider (FDP):
Rede ID: ID1713929200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Kollege Jung hat es gerade zu Recht gesagt: Die Im-
plementierung der Nachhaltigkeitsprüfung in der Ge-
meinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien war
sicherlich ein Meilenstein für den Parlamentarischen
Beirat. Damit es nicht bei einem Lippenbekenntnis der
Ministerien bleibt, haben wir als Parlamentarischer Bei-
rat ein Verfahren entwickelt, mit dem wir den Ministe-
rien auf die Finger schauen, wenn es darum geht, wie die
Nachhaltigkeitsprüfung umgesetzt wird.

Mit dem vorliegenden Bericht versuchen wir nun, die
Verfahren, die wir entwickelt haben, praxistauglicher zu
machen und ein Stück weit zu verbessern. Obgleich ich
allen Kolleginnen und Kollegen sehr dankbar dafür bin,
wie konstruktiv die Beratungen zu diesen Verbesserun-
gen waren, will ich nicht konkret auf die Verbesserungen
eingehen, sondern noch einmal etwas Grundsätzliches
sagen, was mir auch in den Beratungen mit den Bericht-
erstattern wichtig war.

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(C (D So wichtig und sinnvoll solche Verfahrensverbessengen sind, vergrößern sie ein Spannungsverhältnis, das ir als Parlamentarischer Beirat durchaus ernst nehmen üssen. Natürlich ist es richtig, dass wir versuchen, un ere Verfahren effizienter zu machen, sie zu professionasieren und Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Es t im Übrigen auch gut, dass der Parlamentarische Beit mittlerweile eine eigene Sprache gefunden hat, wie er inge ausdrückt und sich über Nachhaltigkeit verstänigt. Das alles darf aber nicht dazu führen, dass wir uns eim Thema Nachhaltigkeit in einer Art Elfenbeinturm inbauen. Nachhaltigkeit muss Grundsatz jeder politichen Entscheidung sein. Nachhaltigkeit muss im Querchnitt aller Themen verlaufen und darf nie zu einer Dekatesse für den Parlamentarischen Beirat werden. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen reicht es nicht, wenn wir als Parlamentari-
cher Beirat nur bessere und professionellere Verfahren
nden. Wir müssen auch unsere Kolleginnen und Kolle-
en mit auf den Weg nehmen. Ich behaupte, uns ist das
isher nicht ganz so gut gelungen. Sie können heute
bend in der Parlamentarischen Gesellschaft ausprobie-
n, wie gut wir unsere Kollegen beim Thema Nachhal-
gkeitsprüfung schon mit auf den Weg genommen ha-
en, und sie fragen, was sie zur Diskussion um den
dikator 15 sagen, ob sie das auch aufregt, dass man da-
it nichts Vernünftiges abbilden kann, oder ob sie bei

er aktuellen verkehrspolitischen Ausrichtung das Ge-
hl haben, dass wir die Indikatoren 4 und 11 c vernünf-

g abbilden.

Ich glaube, wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, dann
erden unsere Kolleginnen und Kollegen uns nicht ver-

tehen. Das muss man als Parlamentarischer Beirat ernst
ehmen.

Ich wage noch eine These. Ich glaube, viele Kollegin-
en und Kollegen konzentrieren das Thema Nachhaltig-
eit nach wie vor auf die Umweltpolitik und vernachläs-
igen damit die wichtigen anderen Dimensionen von
achhaltigkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Deswegen freue ich mich über den klaren Handlungs-
uftrag, den wir in der Einleitung zum Bericht gegeben
aben. Darin heißt es:

Es gilt daher, alle Mitglieder des Bundestages für
die Nachhaltigkeitsprüfung und deren Bewertung
zu sensibilisieren.

Es ist richtig und wichtig, dass wir uns weiter auf den
eg machen, unsere Verfahren zu verbessern. Aber auch

iesen Handlungsauftrag müssen wir ernst nehmen. Wir
üssen die Kollegen für ein sehr scharfes Schwert in der
iskussion begeistern, nämlich die Nachhaltigkeit. Das
ilt für die Opposition wie für die Regierungsfraktionen.
h glaube, wenn uns das gelungen ist, dann erleben wir

icht nur im Parlamentarischen Beirat spannende Debat-





Florian Bernschneider


(A) )


)(B)

ten über Nachhaltigkeit, sondern in allen unseren Fach-
ausschüssen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713929300

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/6680 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
zu der Unterrichtung durch den Parlamentarischen Bei-
rat für nachhaltige Entwicklung mit dem Titel „Europäi-
sche Nachhaltigkeitsstrategie“. Der Ausschuss empfiehlt
in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/7678,
in Kenntnis der Unterrichtung auf Drucksache 17/5295
eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Unionsfraktion, der FDP-Fraktion, der
SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
bei Enthaltung der Fraktion Die Linke angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 a und b auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Jan Korte,
Dr. Kirsten Tackmann, Agnes Alpers, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Ökosysteme schützen, Artenvielfalt erhalten –
Kormoranmanagement einführen

– Drucksachen 17/5378, 17/5955 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Carola Stauche
Holger Ortel
Dr. Christel Happach-Kasan
Dr. Kirsten Tackmann
Undine Kurth (Quedlinburg)


b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz (10. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Franz-Josef
Holzenkamp, Peter Altmaier, Cajus Caesar, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/
CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Christel Happach-
Kasan, Rainer Erdel, Angelika Brunkhorst, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Fischartenschutz voranbringen – Vordringli-
che Maßnahmen für ein Kormoranmanage-
ment

– Drucksachen 17/7352, 17/7673 –

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(C (D Berichterstattung: Abgeordnete Cajus Caesar Holger Ortel Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Kirsten Tackmann Cornelia Behm Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege ajus Caesar für die Unionsfraktion. (Beifall des Abg. Bernhard Kaster [CDU/ CSU])



Cajus Julius Caesar (CDU):
Rede ID: ID1713929400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kormoran-
anagement ist für uns ein ausgewogener Artenschutz.
ir setzen nicht auf eine Art, sondern wir setzen auf das
leichgewicht in der Natur, und wir setzen auf die Ar-
nvielfalt. Das ist uns wichtig. Es geht darum, langfris-
g die Artenvielfalt zu sichern und zu entwickeln.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


s ist ganz wichtig, dass wir – ob wir über Ökologie
der über den Umwelt- und Klimaschutz reden – diesen
leichklang, dieses Voranbringen in der Gesamtheit se-
en und uns hier nicht in Details verlieren. Die Union je-
enfalls will sich dieser Herausforderung stellen. Wir
etzen auf Kooperation und nicht auf Konfrontation. Das
t uns in diesem Zusammenhang besonders wichtig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


h glaube, es ist wichtig, dass man nicht die Augen ver-
chließt, sondern dass man schaut, was da passiert, und
iese Problematik zur Kenntnis nimmt.

Richtig ist, dass der Kormoran ein prominenter Vogel
t. In der Tat, der Naturschutzbund hat ihn zum Vogel
es Jahres ausgerufen, und der Kormoran hat es auch
erdient. Jahrzehntelang hatten wir nur wenige Brut-
aare, und es lag uns am Herzen, die Population zu ent-
ickeln. Aber wenn diese Population aus dem Ruder
uft, muss man auch den Mut aufbringen, Maßnahmen

u ergreifen und sich diesen Herausforderungen zu stel-
n. Deshalb sagt die Union all denjenigen Nein, die sa-
en: Lass es so laufen; lass es so weitergehen! Das ist
icht unsere Vorgehensweise. Wir wollen eine erfolgrei-
he Erhaltung von Biodiversität.

Zwei Jahrzehnte, besonders intensiv in den letzten
ahren, haben sich Wissenschaftler mit der Bestandsent-
icklung der Kormorane beschäftigt, und sie sind jetzt

u dem Ergebnis gekommen: Die Population ist über-
öht, und sie ist insgesamt, wenn man die Artenvielfalt
ieht, so nicht hinnehmbar und so nicht gesund. Diese

issenschaftler kommen sogar zu dem Ergebnis: Wenn
ir mehr FFH-Gebiete ausweisen und den Naturschutz
oranbringen wollen, dann geht das nicht mit der Popu-





Cajus Caesar


(A) )


)(B)

lation, die wir jetzt haben, und deshalb müssen wir han-
deln.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)


Wir als Union jedenfalls wollen diesen wissenschaft-
lichen Erkenntnissen Rechnung tragen. Deshalb ist es
uns wichtig, hier ein Kormoranmanagement auf den
Weg zu bringen, das die Dinge insgesamt betrachtet und
das erfolgreich handelt. Der Kormoran selbst ist ein
Fischfresser, er ist schnell, er ist hartnäckig, und er kann
bis zu 40 Meter tief tauchen. In größeren Gewässern
treibt er sogar die Fischbestände zusammen – das be-
herrscht er hervorragend – und jagt sie so lange, bis nicht
mehr viel übrig bleibt.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist noch schlimmer als der böse Wolf!)


– Das sagen Sie zu Recht. Deshalb hoffe ich, dass Sie
unserem Antrag zustimmen. – Es gibt da eine große Pro-
blematik, die wir als Union aufgreifen wollen. Wir sehen
die Problematik im Zusammenhang mit denjenigen, die
Familienbetriebe haben, von denen sie leben müssen,
und denjenigen, die Lebensqualität im ländlichen Raum
bewahren wollen. Auf der einen Seite geht es also da-
rum, die wirtschaftliche Entwicklung zu sichern. Auf der
anderen Seite wollen wir den Fischbesatz und die Arten-
vielfalt dort, wo wir eine intakte Natur und gesunde
Bachläufe haben, erhalten und entwickeln.

Schauen Sie sich die Entwicklung an. 1980 gab es in
Deutschland 800 Brutpaare, heute haben wir es mit
130 000 Vögeln zu tun. Daran sieht man, welche Ent-
wicklung die Kormoranpopulation genommen hat. An
1 000 Brutpaaren allein in Nordrhein-Westfalen sieht
man, wie rasant diese Entwicklung gewesen ist. Sie ist
aber nicht positiv rasant gewesen, sondern negativ rasant.
Deshalb kommen zu Recht Beschwerden wie die fol-
gende aus der Bevölkerung: Lieber Unionsabgeordneter
meines Wahlkreises, du musst dich kümmern. – Franz-
Josef Holzenkamp hat mir vor wenigen Tagen gesagt:
Cajus, wir müssen etwas tun. Setz dich ein. Wir gemein-
sam schaffen das. – Ich denke, die Bundesregierung und
insbesondere unser Staatssekretär Peter Bleser sowie wir
Unionsabgeordnete werden das schaffen. Ich bin davon
überzeugt, dass unsere Bemühungen erfolgreich sein
werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir müssen feststellen, dass gerade im süddeutschen
Raum die Bestände der Zugvögel stark zunehmen und es
deshalb auch dort Handlungsbedarf gibt. Wir wollen Na-
tionalparks und gesunde Gewässer erhalten und müssen
deshalb tätig werden.

Ein Kormoran ist etwa 80 bis 100 Zentimeter groß. Er
wiegt 2 bis 3 Kilogramm.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Größer als der böse Wolf!)


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(C (D as will ich damit sagen? Er verzehrt, um dieses Geicht zu halten, 400 bis 500 Gramm am Tag. Das ergibt ro Vogel und Jahr rund 160 Kilogramm. Wenn man alle ormorane berücksichtigt, dann kommt man auf rund 0 000 Tonnen täglich in Deutschland. Somit kommt iniges zusammen. Man darf sich nicht vorstellen, dass er Kormoran nur ganz große Fische frisst, also beipielsweise Forellen, die wir Menschen verzehren; er ngt insbesondere Jungfische und greift somit sehr stark den Besatz ein. Das ist für die Artenvielfalt, aber auch r diejenigen, die von der gewerblichen Fischzucht le en, problematisch. Wir jedenfalls wollen effektive und langfristige Löungen. Deshalb ist es uns wichtig, das Ganze im Dialog u betreiben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit dem Kormoran diskutieren, wenn Sie ihn abschießen!)


ir wollen nicht bestimmte Gruppen an die Seite drän-
en. Uns liegen Gewässerqualität und Artenschutz in ih-
r Gesamtheit am Herzen. Es ist wichtig, dass wir den
estand der einheimischen Fischarten, der als gefährdet
ilt, wie Lachs, Äsche, Zander, Hecht, Karpfen, Meeres-
relle, aber auch den Aal, erhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Sie alle wissen, dass das Bundesamt für Naturschutz
wenn jemand für den Naturschutz eintritt, dann ist es
ieses Bundesamt – festgestellt hat, dass 74 Prozent der
eimischen Rundmäuler und Fischarten als gefährdet
der sogar ausgestorben gelten. Daraus können wir
chließen, dass es Handlungsbedarf gibt und wir eingrei-
n müssen. Das geht ganz eindeutig daraus hervor.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ir als Union wollen, dass ein Räuber nicht mehr Spiel-
um bekommt,


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Räuber und Gendarm!)


ondern wir wollen in der Tat vernünftigen Ressourcen-
chutz betreiben und uns für Nachhaltigkeit einsetzen.
enn wir das tun, sind wir auf dem richtigen Weg.

Es ist festzustellen, dass die Fischpopulation, ob es
ich um die in freien Gewässern oder um die in heimi-
chen Bachläufen handelt, durch den Kormoran großen
chaden nimmt. Deshalb müssen wir das Gleichgewicht
erstellen. Ich glaube, dass es wichtig ist, die Dinge kon-
equent anzugehen


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt denn „konsequent“?)


wenn Sie zugehört hätten, wüssten Sie es – und den
assiven Bestandszuwachs zurückzudrängen. Wir

rientieren uns an dem, was Wissenschaftler und Exper-





Cajus Caesar


(A) )


)(B)

ten festgestellt haben. Wir nehmen die Populationszu-
nahme sehr wohl zur Kenntnis, im Gegensatz zu Ihnen.


(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch nicht wissenschaftlich, den Kormoran als Räuber zu bezeichnen! – Gegenruf des Abg. Jan Korte [DIE LINKE]: Doch, das ist so!)


Jedenfalls ziehen wir daraus entsprechende Schlüsse,
und das ist wichtig.

Ich denke, jeder kennt in seinem Wahlkreis Gegenden
mit idyllischen Bachläufen und gesunder Gewässerqua-
lität, und dort können wir uns über den Fischreichtum
und insbesondere über seltene Fische freuen. Wir als
Union wollen den Artenschutz erhalten und entwickeln.


(Beifall bei der CDU/CSU und der LINKEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Artenschutz durch Ausrottung!)


Es ist in der Tat wichtig, dass man nicht nur die Aspekte
von Umwelt- und Naturschutz, sondern auch die Interes-
sen derjenigen berücksichtigt, die ihre wirtschaftliche
Existenz sichern müssen. Wir wollen die Familienbe-
triebe nicht im Stich lassen. Wir denken auch an die vor
Ort arbeitenden und lebenden Menschen und wollen sie
einbeziehen.

Bisher sind Schutzmaßnahmen wie das Abspannen
und Überspannen von Wasserflächen relativ erfolglos
geblieben, und deshalb muss man über andere Maßnah-
men nachdenken. Die Union hat sich auch in den Län-
dern schon sehr früh damit beschäftigt. Sie hat in Schles-
wig-Holstein eine Kormoranverordnung erlassen. Wir
können dank unserer Bundesministerin für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Ilse Aigner, auch
auf europäischer Ebene einige Aktivitäten vorweisen. Es
ist zudem wichtig, dass die im Rahmen der Agrarminis-
terkonferenz eingerichtete Bund-Länder-Arbeitsgruppe
„Kormoran“ vorankommt.

Wir haben bereits Maßnahmen zur Abwehr fischerei-
wirtschaftlicher Schäden ergriffen. Allerdings müssen
diese durch entsprechende politische Maßnahmen flan-
kiert werden, die über die Bundesländer hinaus abge-
stimmt werden müssen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wie ist denn die Aussage zur Europarechtswidrigkeit in Ihrem Antrag zu verstehen?)


Ich glaube, es macht wenig Sinn, wenn auf der einen
Seite eines Bachlaufs, die zu Niedersachsen gehört, et-
was anderes passiert als auf der anderen Seite, die zu
Nordrhein-Westfalen gehört. Es macht daher mehr Sinn,
wenn die Bundesregierung flankierende Maßnahmen auf
den Weg bringt. Dazu gehören auch konkrete und um-
setzbare Maßnahmen für ein effektives Kormoran-
management.

Wir jedenfalls wollen klare Lösungen, ein zügiges
Verfahren und eine effektive Umsetzung. Wir wollen
einen erfolgreichen Vogelschutz ebenso wie einen effek-
tiven und erfolgreichen Fischschutz. Wir wollen eine
ausgewogene Artenvielfalt. Wir wollen die Fischerei-

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(C (D irtschaft nicht im Stich lassen. Wir wollen nicht nur ber Regelungen reden, sondern auch handeln. Ich bin oh, dass wir als Union im Dialog sowohl mit den Fi chereiverbänden als auch mit den Fischereivereinen nd den vielen Ehrenamtlichen stehen und im Austausch it den Naturschutzverbänden alles zusammenführen önnen. h bin fest davon überzeugt, dass wir, die Koalition und ie Bundesregierung, auf einem erfolgversprechenden eg sind. Herzlichen Dank. Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegin Ute Vogt as Wort. Lieber Herr Kollege Caesar, was Sie geschafft haben it Ihrem Antrag, ist in der Tat eine bemerkenswerte Alanz aus Regierungskoalition und Linksfraktion. Es ist ine Allianz, die mit vereinten Kräften den Anglern und ischern Sand in die Augen streut und auf ziemlich lumpe Weise den Schutz von Fischarten gegen den ogelschutz ausspielt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713929500

(Beifall bei der SPD)

Ute Vogt (SPD):
Rede ID: ID1713929600

ie verfallen mit Ihren Anträgen zurück in ein ziemlich
chlichtes Denken von vorgestern. Sie teilen Arten
inerseits in nützlich, also schützenswert, und anderer-
eits in Nahrungskonkurrenten, also nicht schützenswert,
in. Diese Einteilung ist in der Tat schon lange überholt.
ie widerspricht nicht nur einem modernen Natur- und
rtenschutzdenken, sondern auch der europäischen und
nserer eigenen nationalen Gesetzgebung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Das trifft nicht zu!)


lle Arten, ob Vögel oder Fische, sind erst einmal
rundsätzlich in ihrem Bestand zu erhalten, und ihre Le-
ensräume sind entsprechend zu schützen. Weder das
undesnaturschutzgesetz noch die FFH-Richtlinie noch
ie Vogelschutzrichtlinie räumen einer wirtschaftlich be-
eutenderen Art gegenüber einer anderen Art eine ge-
isse Vorzugsbehandlung ein. Diese Idee, die in Ihren
nträgen zum Ausdruck kommt, stammt allein von Ih-
en.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – FranzJosef Holzenkamp [CDU/CSU]: Falsch! – Jan Korte [DIE LINKE]: Einfach falsch!)


Die Wirtschaftlichkeit ist im Zusammenhang mit dem
rtenschutz schlicht kein Kriterium. Schon gar nicht





Ute Vogt


(A) )


)(B)

wird die europaweite Reduktion des Kormoranbestandes
um 25 Prozent, also um ein ganzes Viertel, in irgendei-
ner Form auf europäischer Ebene gefordert oder unter-
stützt, auch nicht, wenn Sie diese Idee euphemistisch
verbrämen und als Kormoranmanagement tarnen. Es
geht ja tatsächlich darum, eine Art zu reduzieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jan Korte [DIE LINKE]: Dann muss man sich damit vielleicht mal sachlich beschäftigen!)


Natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, fressen
Kormorane Fische.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es ist auch nachzuvollziehen, dass sich Angler und
Fischer darüber ärgern und dadurch gestört fühlen. Aus
individueller Sicht kann man all das verstehen. Aber es
gibt bereits entsprechende Möglichkeiten. Es gibt so-
wohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene
Ausnahmeregelungen,


(Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Ach? Doch?)


nach denen Kormorane an Fischteichen vergrämt oder
gegebenenfalls sogar abgeschossen werden dürfen.
Diese Ausnahmeregelungen gibt es heute schon.


(Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Tatsächlich? – Jan Korte [DIE LINKE]: Sind Sie dagegen?)


Die Bundesländer, zumindest die meisten, machen auch
Gebrauch von solchen Ausnahmeregelungen. Es besteht
also keinerlei Bedarf, auf Bundesebene eine weiter ge-
hende Regelung einzuführen.

Ich will Ihnen noch einmal die Zahlen vor Augen füh-
ren. Nach der Analyse des von Ihnen geführten Land-
wirtschaftsministeriums wurden im letzten Jahr in zwölf
Bundesländern knapp 27 000 Kormorane abgeschossen.
Das ist ja eine beträchtliche Anzahl. In Deutschland be-
finden sich etwa 21 000 Brutpaare. Der Bestand der Kor-
morane, die sich im Winter in Deutschland befinden,
nämlich 51 000, wurde durch diese 27 000 Abschüsse in
etwa halbiert. Ich finde, aufgrund dieser hohen Ab-
schusszahlen und auch aufgrund der Entschädigungszah-
lungen, die sehr viele Bundesländer leisten, wenn es zu
Schäden durch Kormorane kommt, besteht kein weiterer
Regelungsbedarf. Vor allen Dingen gibt es auch keine
weitere Regelungsmöglichkeit. Die von Ihnen hier vor-
gelegten Anträge sind Schaufensteranträge; denn es gibt
in der Europäischen Union keine Mehrheit für Ihr soge-
nanntes Kormoranmanagement.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Jan Korte [DIE LINKE]: Im Parlament schon!)


Eine entsprechende Vorlage wurde nämlich schon mehr-
fach abgelehnt.


(Cajus Caesar [CDU/CSU]: Wir geben jedenfalls nicht auf!)


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(C (D Kolleginnen und Kollegen, die SPD ist gerne bei Ihen, wenn es darum geht, Fischarten zu schützen. (Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Wie denn? Antworten!)


a sind wir gerne an Ihrer Seite. Der Weg dahin – ich
age es Ihnen gerne noch einmal – darf aber nicht in der
eise beschritten werden, dass man eine andere Vogel-

rt an die Seite drängt, sondern der Weg des Fischschut-
es führt über die Verbesserung der Gewässerqualität
nd über die Verbesserung der Durchgängigkeit von
ließgewässern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


enn Sie es wirklich ernst meinten mit dem Fisch-
chutz, dann müssten Sie doch Ihre Energie darauf kon-
entrieren, auf europäischer Ebene auf die Umsetzung
er Wasserrahmenrichtlinie hinzuarbeiten,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


tatt im nationalen Alleingang etwas gegen die Kormo-
ne zu unternehmen.

Ich jedenfalls kann für die SPD-Fraktion sagen: Wir
alten es für unfair,


(Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Mit alle Mann? Geschlossen?)


enn von Menschen gemachte Probleme beim Fischbe-
tand und bei der Artenvielfalt von Fischen nun einzig
nd allein den Kormoranen angelastet werden. Deshalb
ird die SPD-Fraktion die vorliegenden Anträge mit
roßer Mehrheit ablehnen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Aha!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713929700

Die Kollegin Dr. Christel Happach-Kasan hat für die

DP-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1713929800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Ich freue mich außerordentlich, heute Abend
ier zum Thema Kormoran sprechen zu dürfen; denn es
t mir ein Anliegen, dass wir gerade bei diesem Thema,
em Kormoran, zu einem sachverständigen Naturschutz
ommen. Ich freue mich auch sehr darüber, dass ich in
er gestrigen Ausschussberatung von einer Seite Zustim-
ung bekommen habe, von der ich sie gar nicht erwartet

ätte,


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ämlich nicht nur von der CDU/CSU, sondern auch von
er Linken sowie vom Fischereiexperten der SPD-Bun-
estagsfraktion sowie des Deutschen Bundestages,
errn Holger Ortel,





Dr. Christel Happach-Kasan


(A) )


)(B)


(Holger Ortel [SPD]: Womit habe ich das verdient?)


und von Dr. Wilhelm Priesmeier. Ich bedanke mich ganz
herzlich für die Zustimmung zu dem Antrag.


(Beifall bei der FDP)


Der Kormoran ist das Beispiel in Deutschland für er-
folgreichen Naturschutz. Frau Kollegin Vogt, eine Vo-
gelart mit fast 2 Millionen Exemplaren durch ein Ma-
nagement zu reduzieren, ist völlig unmöglich.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wie viele Exemplare in Deutschland?)


Sie haben eine absolut eingeschränkte Sicht. Vor 20 Jah-
ren war der Kormoran stark gefährdet. Heute ist er eine
Allerweltsvogelart. Die EU-Vogelschutzrichtlinie führt
ihn in ihren Anhängen gar nicht mehr auf. Wir haben
neun Forderungen für eine nachhaltige Bestandsregulie-
rung


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das denn für ein Wortungetüm?)


aufgestellt, die offensichtlich mehrheitlich Zustimmung
findet.

Es ist bemerkenswert, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen, dass es trotz eines sehr eindeutigen Votums in der
Bevölkerung Naturschützer gibt, die sich mit diesem Er-
folg des Naturschutzes nicht zufriedengeben, sondern
den Vogel weiterhin auch dort schützen wollen, wo da-
durch andere Arten, beispielweise Fischarten, gefährdet
werden.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Alle Vögel sind geschützt!)


Wir leben in einer Kulturlandschaft. Es ist völlig unstrit-
tig, dass zum Schutz der Wälder Rehwild geschossen
wird, dass wir ein Management für Rotwild haben. Es ist
völlig unstrittig, dass wir in unserer Kulturlandschaft
Wildschweine bejagen. Allein bei mir im Wahlkreis hat
es eine Verzehnfachung des Wildschweinbestandes in-
nerhalb der letzten 30 Jahre gegeben, und natürlich wer-
den sie bejagt. Genauso unstrittig sollte es sein, dass der
Kormoran dort, wo er zu Schäden an autochthonen
Fischbeständen führt, ebenfalls reguliert wird.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Ulrich Kelber [SPD]: Es gibt weniger Kormorane als FDP-Mitglieder in Deutschland, das ist nicht viel!)


Der Schutz autochthoner Bestände ist unser Anliegen,
genauso wie der Artenschutz unter der Wasseroberflä-
che. Wir wollen den Erhalt von Teichwirtschaften, ge-
rade in FFH-Gebieten. Jeder, der ein bisschen Ahnung
von unserer Kulturlandschaft hat, weiß, dass wir die
Fischbestände dort nicht durch Überspannung der Teiche
schützen können; das geht überhaupt nicht. Sie sind zu
groß. Ich will als Schleswig-Holsteinerin natürlich die
Fischerei am Großen Plöner See erhalten. Auch dort ist

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(C (D s nicht möglich, die Fischbestände durch Überspannen u schützen. Wer einmal mit Sabine Schwarten, der einzigen deutchen Fischereimeisterin, gesprochen hat, der weiß, wie ehr die Fischerei unter dem Kormoran leidet. Sie hat ögel geschossen und hinterher 40 cm lange Zander aus em Bauch herauspräpariert. Das ist ein sehr deutliches eispiel dafür, wie sehr der Fischbestand durch den Kororan gefährdet ist. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der LINKEN)


Wir wollen – das will ich ganz deutlich sagen – mit un-
erem Antrag auch Anerkennung gegenüber den Angle-
nnen und Anglern zum Ausdruck bringen, die in ihrem
nerkannten Naturschutzverband herausragende Arbeit
um Schutz der Gewässer und in der Umweltbildung leis-
n.

Schauen wir doch einmal in die Presse. In der Main-
ost lesen wir unter der Überschrift „Kormoran frisst
en Main leer“, was Willi Wingenfeld, Fischereiver-
andsbeauftragter, dazu sagt:

Die reinen, selbst ernannten Vogelschützer haben
kein Verständnis. Für die sind Fische Vogelfutter.

Genauso wie für Sie, Frau Vogt. –


(Ute Vogt [SPD]: Haben Sie mich jetzt mit Fischfutter verglichen?)


Nach dem Motto: Solange es Fischstäbchen gibt,
brauchen wir keine Fische draußen.

as ist bemerkenswert. – In Franken sagt ein Mitarbeiter
er unteren Naturschutzbehörde, ein Biologe, er stelle
ich hinter die Teichwirte in seinem Land. Im Zusam-
enhang mit der Karpfenernte in der Lewitz berichtet

er NDR, dass der Fischer Hermann Stahl die Verluste
uf 30 Prozent senken konnte, seit er intensiver gegen
en größten Fischräuber, den Kormoran, vorgehen kann.
rüher betrugen die Verluste bis zu 75 Prozent.

Das Bundesamt für Naturschutz führt in der Roten
iste der Süßwasserfische und Neunaugen aus: Eine be-
iedigende Lösung des Kormoranproblems ist bisher
icht in Sicht, und zu der Frage, wie der Äsche geholfen
erden kann, gibt es erheblichen Forschungsbedarf.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht richtig! Der Kormoran ist es nämlich nicht bei der Äsche!)


ie fachliche Meinung des Bundesnaturschutzamtes
ollte ernst genommen werden. Es reicht nicht, zu sagen,
ass es Umweltverbände gibt, die nicht wollen, dass et-
as unternommen wird.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wenn wir uns eine entsprechende Veröffentlichung
es Bundesumweltministeriums aus dem Oktober 2011
nschauen, sehen wir, dass auch darin der Kormoran als
raßräuber benannt wurde. Ich glaube, es ist an der Zeit,
ass wir beim Kormoran zu einem Umdenken kommen.





Dr. Christel Happach-Kasan


(A) )


)(B)


(Ulrich Kelber [SPD]: Das BfN ist gegen das Kormoranmanagement! Sie haben falsches Zeugnis abgelegt!)


Liebe Kollegin Kurth, ich fand es schon bemerkens-
wert, dass Sie gestern im Ausschuss erstmalig davon ge-
sprochen haben, dass wir einen Interessenkonflikt beim
Thema Kormoran haben. Frau Kollegin Behm hat in der
ersten Rede zum Kormoranantrag ausgeführt, dass es
durchaus Gewässerabschnitte geben kann, in denen tat-
sächlich Bedarf an einem Management für bestimmte
Arten besteht.


(Ulrich Kelber [SPD]: Der Hecht frisst auch andere Fische!)


Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Kormoran
in den küstenfernen Regionen Deutschlands, also in
Süddeutschland, eine invasive Art ist.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn eine invasive Art?)


Er hat Brutbestände dort aufgebaut, wo er früher einmal
allenfalls als Irrgast vorgekommen ist. Es ist auch klar,
dass wir bestimmte Fischarten haben, die sich der neuen
Situation nicht angepasst haben. Insbesondere gilt dies
für die Äsche, aber auch für andere Fischarten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind aufgefor-
dert, die Akzeptanz für den Naturschutz zu erhalten.
Dazu gehört auch, dass wir ein Management organisie-
ren, wenn sich eine Art, wie es beim Kormoran der Fall
ist, so stark vermehrt, dass andere Arten in ihrem Be-
stand gefährdet sind. Es ist richtig, was der Fischereiver-
band von Brandenburg sagt: Auch Fische brauchen
Schutz. – In diesem Sinne bitte ich Sie herzlich, meinem
Antrag zuzustimmen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713929900

Der nächste Redner in dieser Debatte ist der Kollege

Jan Korte für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713930000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In der Tat ergibt sich bei dieser Debatte eine etwas unge-
wöhnliche Konstellation. Das hat mit der Tatsache zu
tun, dass sich offenbar in mehreren Fraktionen Sachken-
ner mit dieser Materie auseinandergesetzt haben und
dementsprechend sinnvolle Anträge eingebracht haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Linke hat bereits im April zum Kormoranma-
nagement einen Antrag eingebracht. Die Koalitionsfrak-
tionen haben dann im Oktober nachgelegt und die we-
sentlichen Punkten unseres Antrages erfreulicherweise
bei uns abgeschrieben und übernommen. Das ist in Ord-
nung; denn der Antrag, den wir eingebracht haben, ist
ein sehr kluger Antrag.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Weil Sie es fertigbringen, mit keinem Wort den Anag der Linken zu erwähnen, der nun wirklich sehr difrenziert und sachlich ist, will ich diese Anmerkung achen: (Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Herr Korte, ich stimme Ihnen zu, dass es ein guter Antrag ist!)


umindest bei dieser K-Frage hätten Sie einmal aus-
ahmsweise sachlich und nicht ideologisch mit uns dis-
utieren und dem Antrag einfach zustimmen können.
ann wären wir schon ein gutes Stück weiter.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Patrick Döring [FDP]: Kormoran for Kanzler!)


Nun aber zu den Fakten. Bis auf die Grünen und bis
uf Ute Vogt wissen alle, die sich mit diesem Thema be-
chäftigen, dass der Kormoran ein großes Problem dar-
tellt. 1990 gab es 5 000 Brutpaare. 2010 gab es schon
4 000 Brutpaare. Das ist in der Tat – darüber können
ir uns alle freuen – ein Erfolg für den Artenschutz. Das
t auch erst einmal in Ordnung. Aber – darüber diskutie-
n wir hier zu Recht – der Artenschutz endet eben nicht

n der Wasseroberfläche, liebe Kollegen von den Grü-
en. Um dieses Problem geht es heute.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Ich habe mir die Reden, die damals zu Protokoll gege-
en wurden, angeschaut. Den Grünen und in diesem
alle auch Ute Vogt sei gesagt: Was Sie in dieser Debatte
icht begriffen haben, ist, dass Artenschutz eben nicht
ur für kleine, niedliche Tierchen mit Knopfaugen gilt
das ist Ihre Position –, sondern beispielsweise auch für

en Aal und für die Äsche.


(Beifall bei der LINKEN – Ulrich Kelber [SPD]: Haben Sie schon einmal etwas vom Opferausgleich gehört?)


Nun weiter zu den Fakten. Erstens. In einer Studie des
hüringer Umweltministeriums zur Kormoranüberwin-
rung an Fließgewässern in Thüringen heißt es abschlie-
end – das ist das Fazit der Wissenschaftler –: Der da-
us resultierende Fraßdruck auf die Äschenpopulation

ann nicht mehr kompensiert werden.

Zweitens. Der Kormoran frisst pro Tag – das besagen
lle wissenschaftlichen Untersuchungen – zwischen 300
nd 500 Gramm Fisch. Das macht pro Jahr insgesamt
wischen 15 000 und 25 000 Tonnen. Das ist übrigens
ehr, als die gesamte deutsche Binnenfischerei produ-

iert.

Drittens. Laut Antwort der Bundesregierung auf eine
nfrage der Linken frisst der Kormoran pro Jahr rund
40 Tonnen des europäischen Aals, einer Art, die mitt-
rweile fast vollkommen ausgestorben ist.

Viertens ein Beispiel aus Brandenburg, das schon zu
echt angesprochen wurde: Die dort existierenden klei-
en Teichwirtschaften in Form von Familienbetrieben
das müsste die Kollegin Behm doch wissen – hatten im
tzten Jahr einen Verlust von 1 Million Euro bei einem





Jan Korte


(A) )


)(B)

Gesamtumsatz von 3,6 Millionen Euro. Da kann man
doch nicht einfach sagen: „Das ist uns egal“, insbeson-
dere wenn man sich die regionale Wirtschaft auf die
Fahnen schreibt. In dieser Frage sind Sie schlicht un-
glaubwürdig.


(Beifall bei der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Das ist Ihnen doch sonst auch egal!)


Deswegen – in dem Punkt ist unser Antrag wirklich
besser – fordern wir, wie es bereits in Dänemark erfolg-
reich praktiziert wurde, dass man Naturschützer, Fischer
und Angler in diesen Prozess einbezieht. Wir fordern die
Bundesregierung auf, nachhaltig dafür zu sorgen, diese
Gruppen einzubinden.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sozialismus gegen Kormorane!)


Die Kollegin Tackmann hat hierzu heute eine sehr fach-
kundige Erklärung zur Abstimmung vorgelegt.

Ich will Ihnen eines sagen – auch das ist bereits ange-
sprochen worden –: Der Dank sollte heute in der Tat al-
len Naturschützern und Artenschützern gelten, aber eben
auch den Anglern, ohne deren Besatzmaßnahmen es bei-
spielsweise den europäischen Aal in unseren Gewässern
gar nicht mehr geben würde. Insofern gilt ihnen der aus-
drückliche Dank des Bundestages.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Es ist schon bemerkenswert, dass all diese Fakten Sie
nicht überzeugen können. Zum Schluss möchte ich aber
doch noch eine Anmerkung zu CDU/CSU und FDP ma-
chen. Im Gegensatz zu Ihnen entscheidet die Linke
grundsätzlich nach Sacherwägungen.


(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir lesen, was in dem Antrag steht. Sie aber schauen nur
darauf, wer den Antrag eingebracht hat. Das heißt, Sie
sind ideologisch, und wir sind unideologisch.


(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der CDU/CSU und der SPD – Patrick Döring [FDP]: „Alle sind Ideologen, außer wir!“ – Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der SPD)


Das ist die Wahrheit, und weil wir das nicht nur pos-
tulieren, sondern auch machen, werden wir heute Ihrem
Antrag selbstverständlich zustimmen, genauso wie wir
hoffen, dass Sie – ebenfalls unideologisch und an der Sa-
che orientiert – unserem Antrag zustimmen werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Dafür möchte ich gerne werben. Das wäre dann in der
Tat ein gutes Zeichen für einen ganzheitlichen Arten-
schutz, der in diesem Bereich dringend erforderlich ist.


(Beifall bei der LINKEN – Ulrich Kelber [SPD]: Artenschutz für das Kormoranmanagement vorschieben, wo man nur den Fischern mit dienen möchte!)


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(C (D Letzte Rednerin in dieser grundsätzlichen und leiden chaftlichen Debatte ist die Kollegin Undine Kurth für ie Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Undine Kurth RÜNEN)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713930100
Frau Präsidentin, ich danke Ihnen für das Wort. –

iebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Gäste auf der
ribüne! Das Ganze klingt ziemlich heiter; dabei ist es
igentlich ein relativ ernstes Thema.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Oh ja!)


Ich frage mich, wie oft wir hier noch über dieses
hema reden müssen, ehe Sie endlich einmal bereit sind,
ie Rechtslage zu akzeptieren


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


nd sich damit auseinanderzusetzen, dass wir uns über
eutsches und europäisches Naturschutzrecht unterhal-
n. Sie hingegen tragen emotional zum Fischartenschutz
or, meinen aber eigentlich wirtschaftliche Interessen.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Das stimmt nicht!)


Doch.


(Patrick Döring [FDP]: Ihre Unterstellung ist unangemessen!)


atürlich stört der Artenschutz, wenn es eigentlich um
irtschaftliche Interessen geht. Der steht im Wege; den
ann man nicht brauchen. Wir sollten uns endlich einmal
larmachen, dass man nicht jeden Konflikt zwischen
irtschaftlichen Interessen und dem Arten- und Natur-

chutz mit dem Gewehr lösen kann. Das führt zu keinem
rgebnis.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Jan Korte [DIE LINKE]: Wer will das denn? Was für ein Quatsch!)


Um es gleich vorwegzunehmen: Wir werden keinem
er beiden Anträge – weder dem der Linken noch dem
er Koalition – zustimmen.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Gott sei Dank!)


Gott sei Dank? Sie scheinen ja selber nicht viel von Ih-
m Antrag zu halten, wenn Sie sagen, wir sollten ihm

icht zustimmen.


(Patrick Döring [FDP]: An Sachlichkeit nicht zu überbieten, der Beitrag!)


Weil ich nur relativ wenig Zeit habe, werde ich mich
ur auf wenige Punkte konzentrieren.


(Patrick Döring [FDP]: Noch zu viel!)


Das glaube ich nicht; Sie sollten besser zuhören.





Undine Kurth (Quedlinburg)



(A) )


)(B)

Erstens. Sie tragen immer wieder die allseits beliebte
Forderung vor, man müsse den Fischartenschutz mit
dem Vogelschutz gleichstellen.


(Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Genau! Bravo!)


Ute Vogt ist darauf schon eingegangen. Sie sollten zur
Kenntnis nehmen: Es gibt im Artenschutz gar keine Vor-
rangregelung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das deutsche und das europäische Naturschutzrecht be-
stimmen nach Daten und Fakten Schutzkategorien. An
die haben sich alle verbindlich zu halten. Ihnen geht es
aber gar nicht – das behaupte ich – um mehr Fischarten-
schutz, sondern um die Ertragslage der Fischer.


(Cajus Caesar [CDU/CSU]: Wir wollen schützen, nicht ausrotten!)


Das ist völlig in Ordnung. Darum muss man sich auch
kümmern. Man muss dann aber die Instrumente einset-
zen, die wirklich eine Verbesserung bringen.


(Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Zum Beispiel? Welche? – Jan Korte [DIE LINKE]: Zum Beispiel?)


– Sie kennen das. Sie wissen, dass wir für die Gewässer
wesentlich mehr tun müssen. Dort, wo Fischer wirklich
unter extremem Druck leiden, können wir mit Aus-
gleichsmaßnahmen ansetzen oder Sonderregelungen
zum Tragen bringen.


(Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Welche denn?)


– Zu denen komme ich gleich noch.

Ihnen ist berichtet worden, dass es Eingriffsmöglich-
keiten gibt. Es liegt nämlich nicht – das ist das einzig
Entscheidende – im Belieben irgendeines Mitgliedstaa-
tes, festzulegen, an welche Artenschutzregelungen er
sich gerade halten will und welche ihm gerade nicht pas-
sen. Das Recht ist verbindlich. Wenn Sie der Meinung
sind, dass der Kormoran inzwischen eine Allerwelts-
vogelart ist,


(Patrick Döring [FDP]: Ist er!)


wobei ich ja eher den Eindruck hatte, es sei der böse
Wolf, dann stellen Sie doch bitte den entsprechenden
Antrag und bringen empirische Belege, die einem sol-
chen Antrag, nämlich den Kormoran artenschutzrecht-
lich neu einzugruppieren, als Grundlage dienen können.
Das wäre doch eine Variante.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713930200

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Ja, bitte, Frau Happach-Kasan.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713930300

Frau Kollegin Christel Happach-Kasan, bitte schön.

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(C (D Frau Kollegin, vielen Dank für die Möglichkeit zu ei er Zwischenfrage. – Sicherlich haben Sie festgestellt, ass die Grünen in Rheinland-Pfalz inzwischen die Umeltministerin stellen und damit an einer entscheidenden telle mitwirken. Sicherlich haben Sie auch festgestellt, ass diese Umweltministerin erst kürzlich darauf hingeiesen hat, dass die Fischbestände an den Nebenflüssen on Rhein und Mosel erstmalig existenziell gefährdet eien. Außerdem hat sie festgestellt, dass die Zahl der rutplätze für den Kormoran um ein Drittel zugenomen hat. Dies hat sie als bedenklich bewertet. (Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Eine gute Ministerin!)

Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1713930400

ie hat außerdem die gestiegenen Bruterfolge als alar-
ierende Hinweise bezeichnet. Ist Ihnen dieses be-

annt? Wie beurteilen Sie die Bemerkungen von Frau
inisterin Höfken?


(Zuruf von der SPD: Das spricht für Sachkunde!)


Sie war bei uns im Ausschuss!

Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Die Frau Ministerin wird sicherlich im nächsten

chritt überlegen, welche der möglichen Ausnahmerege-
ngen, die das Naturschutz- und Artenschutzrecht vor-

ehen, zur Anwendung kommen sollen, wenn sich jetzt
in kausaler Zusammenhang offenbaren würde. Ganz
infache Antwort!

Ich komme zu meinem zweiten Punkt. Das, was Sie
on der Koalition und von der Linken in Ihren Anträgen
ortragen, ist zum Teil wirklich abenteuerlich und for-
ert zum Rechtsbruch auf.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Wie bitte? Abenteuerlich sind Sie!)


achen Sie sich bitte bewusst: Der Kormoran ist nach
rt. 2, 5, 6 und 4 Abs. 2 der europäischen Vogelschutz-
chtlinie geschützt.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Ja, ja! Weil es nämlich angeblich so wenige davon gibt!)


araus ergeben sich erhebliche Zugriffsverbote und ein
rinzipielles und generelles Jagdverbot.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713930500

Frau Kollegin, gestatten Sie eine weitere Zwischen-

age?

Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Wir können das heute Abend gerne so weiterführen.

on wem diesmal, bitte?


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713930600

Vom Kollegen Jan Korte.






(A) )


)(B)

Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Ja.


(Zuruf von der CDU/CSU: Einer von links, eine von rechts!)


– Na ja, diese Allianz gibt’s doch gerade!


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713930700

Bitte schön.


Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713930800

Liebe Kollegin Kurth, Sie haben gerade die EU-Vo-

gelschutzrichtlinie angesprochen. Lassen Sie mich kurz
daraus zitieren. Dort heißt es in Art. 2:

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maß-
nahmen, um die Bestände aller unter Artikel 1 fal-
lenden Vogelarten auf einem Stand zu halten oder
auf einen Stand zu bringen, der insbesondere den
ökologischen, wissenschaftlichen und kulturellen
Erfordernissen entspricht, wobei den wirtschaft-
lichen und freizeitbedingten Erfordernissen Rech-
nung getragen wird.

Wie konstruieren Sie damit bitte einen Gegensatz
zwischen den vorliegenden Anträgen und der geltenden
EU-Vogelschutzrichtlinie? Das verstehe ich nicht.


(Beifall bei der LINKEN, der CDU/CSU und der FDP)


Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Jetzt hat der Angler gesprochen. – Ich wollte des Wei-
teren sagen: Alle Maßnahmen, die zu einer Eingrenzung
oder Beeinflussung der Population führen sollten, sind
nach § 38 Bundesnaturschutzgesetz als Eingriff zu be-
werten. – Darauf haben Sie gerade auch abgehoben. Ein
Eingriff, wenn es darum geht, Veränderungen vorzuneh-
men, kann einer Verträglichkeitsprüfung unterzogen
werden. Dabei ist zu prüfen, ob durch die geplante Maß-
nahme eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebens-
räume des Kormorans zu erwarten ist oder der günstige
Erhaltungszustand der Bestände gefährdet wird.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Da verstehe ich nicht den Bezug zu unseren Anträgen! – Franz-Josef Holzenkamp [CDU/CSU]: Das habe ich nicht verstanden! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Was ist mit dem Erhaltungszustand der Bestände? – Patrick Döring [FDP]: Ein scharfer Schuss zur rechten Zeit schafft Ruhe und Gemütlichkeit! – Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)


– Herr Döring, mit dieser Haltung werden Sie im Natur-
schutz und im Artenschutz natürlich besonders weit
kommen. Sie stellen sehr deutlich klar, in welche Rich-
tung Ihr Denken geht, in welche Richtung Ihr Verhältnis
zum Natur- und Artenschutz geht.


(Beifall der Abg. Ute Vogt [SPD])


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(C (D enn Sie meinen, ein scharfer Schuss zur rechten Zeit ei das Richtige, dann ist damit auch geklärt, was das beeutet, was in Ihrem Antrag steht. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist das Niveau der FDP!)


Ich darf Sie darauf hinweisen, dass der Verwaltungs-
erichtshof Baden-Württemberg im März dieses Jahres
ine solche Vergrämungsaktion, wie sie in der Gegend
on Radolfzell durchgeführt worden ist, für unrechtmä-
ig erklärt hat. Es wird zukünftig nicht mehr zu solchen
ktionen kommen. Es wäre gut, wenn Sie endlich ein-
al die Rechtslage und die Rechtsprechung zur Kennt-

is nähmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wie gesagt: Es ist kein Geheimnis, dass der Kormo-
n gerne und gut Fisch isst. Das weiß jeder; das haben
ir, Frau Happach-Kasan, übrigens noch nie geleugnet.
ir verkennen auch nicht das Problem, das es mit Popu-
tionen gibt, wenn sich große Kolonien bilden. Aber
ort müssen spezifische Lösungen gefunden werden;
an kann sie auch finden, denn das Artenschutzrecht

ibt bereits jetzt Ausnahmemöglichkeiten her, aber eben
eine generellen, sondern nur im in der Sache geprüften
inzelfall.

Es ist doch geradezu aberwitzig, wenn wir uns hier
instellen und sagen: Wir haben zwar europäisches Na-
rschutz- und Artenschutzrecht, aber wir müssen uns

erade einmal nicht daran halten. Wieso glauben Sie ei-
entlich, dass dieser Rechtsbereich der individuellen
ntscheidung unterliegt, während man sich an andere
echtsvorschriften zu halten hat? Das ist doch nicht be-
ebig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ute Vogt [SPD])


ir haben geltendes Recht, und das ist verbindlich für
lle.


(Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Und der Antrag widerspricht nicht geltendem Recht!)


Doch, er widerspricht geltendem Recht, denn Manage-
entpläne sind gar nicht möglich.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713930900

Wir machen dann Schluss.


(Heiterkeit und Beifall)


Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Das ist wahrscheinlich auch besser, denn wir müssen

och oft üben, ehe Sie offensichtlich bereit sind, zu be-
reifen, was Naturschutzrecht bedeutet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ute Vogt [SPD] – Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Sie haben es nicht begriffen!)







(A) )



(B)


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713931000

Vielen Dank, Frau Kollegin Undine Kurth.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz zu dem Antrag der Frak-
tion Die Linke mit dem Titel „Ökosysteme schützen,
Artenvielfalt erhalten – Kormoranmanagement einfüh-
ren“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussemp-
fehlung auf Drucksache 17/5955, den Antrag der Frak-
tion Die Linke auf Drucksache 17/5378 abzulehnen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Das sind die
Koalitionsfraktionen, die Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
nen und der größte Teil der Sozialdemokraten. Gegen-
probe! – Linksfraktion und einige Stimmen aus der so-
zialdemokratischen Fraktion. Enthaltungen? – Keine.
Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernäh-
rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem An-
trag der Koalitionsfraktionen mit dem Titel „Fischarten-
schutz voranbringen – Vordringliche Maßnahmen für ein
Kormoranmanagement“. Der Ausschuss empfiehlt in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/7673,
den Antrag der Koalitionsfraktionen auf Drucksache 17/7352
anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Das sind die Koalitionsfraktionen, die Links-
fraktion und einige Stimmen aus der sozialdemokrati-
schen Fraktion.


(Ute Vogt [SPD]: Zwei! – Ulrich Kelber [SPD]: Zwei, nicht „einige“!)


– Ich korrigiere mich: zwei Stimmen. – Gegenprobe! –
Das sind der größte Teil der Fraktion der Sozialdemokra-
ten sowie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Enthal-
tungen? – Keine. Die Beschlussempfehlung ist ange-
nommen.

Ich darf noch darauf hinweisen, dass Frau Kollegin
Dr. Kirsten Tackmann eine Erklärung zur Abstimmung
abgegeben hat.1)


(Patrick Döring [FDP]: Aha!)


Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ein-
richtung und zum Betrieb eines bundesweiten

(Hilfetelefongesetz – HilfetelefonG)


– Drucksache 17/7238 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Rechtsausschuss
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist dies so beschlossen.


(Unruhe)



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e1) Anlage 2

(C (D Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie Ihre Auferksamkeit der ersten Rednerin zum neuen Thema chenken würden, wäre das schön; denn es ist für die raktion der CDU/CSU unsere Kollegin Elisabeth inkelmeier-Becker. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie ha en das Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ielen Dank für das Wort. – Nach dieser sicherlich sehr ichtigen Debatte um das Kormoranmanagement wenen wir uns nun einem vielleicht auch nicht ganz unichtigen, einem sicherlich wichtigen gesellschaftlichen hema zu, nämlich der Gewalt gegen Frauen, und der rage, was wir dagegen tun können. Das Hilfetelefon, um das es heute geht, ist ein zentras Vorhaben der Gleichstellungspolitik in dieser Legisturperiode. Ich bin sehr froh, dass wir mit diesem Ge etzentwurf, den die Frauenministerin vorgelegt hat, nun inen entscheidenden Schritt weitergehen, auch wenn ir noch nicht ganz auf der Ziellinie sind. Noch einiges t in der Umsetzung und Planung zu machen. Mit dem Hilfetelefon erfüllen wir eine internationale erpflichtung. Das Übereinkommen des Europarats zur erhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen nd häuslicher Gewalt hat Deutschland im Frühjahr als ines der ersten Länder unterschrieben. Wir nehmen eien wesentlichen Punkt heraus und setzen die Konvenon um. Zugleich erfüllen wir hiermit ein Versprechen aus em Koalitionsvertrag. Wir haben uns vorgenommen, it der Einrichtung der bundesweiten Notrufnummer ein ilfesystem im Bereich Gewalt gegen Frauen zu etablien. Außerdem erstellen wir einen Bericht zur Lage der rauenhäuser, an dem das Frauenministerium ebenfalls rbeitet. (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird Zeit, dass der fertig wird!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU):
Rede ID: ID1713931100

Soviel ich weiß, wird er bald vorgelegt. Es wäre nicht
chlecht gewesen, ihn vorher zu haben, aber er wird
achgeliefert. – Das Wichtigste ist aber nicht, dass wir
gendwelche Versprechen erfüllen und abstrakte Rege-
ngen beschließen, sondern dass wir ein konkretes Hil-
projekt etablieren, das Frauen in besonders gewaltbe-

afteten Lebenssituationen konkret hilft.

Das Ausmaß der Gewalt gegen Frauen in Deutsch-
nd wird zumeist unterschätzt. Wenn es nicht die Studie
es Frauenministeriums gäbe, würde man nicht für mög-
ch halten, dass bereits 40 Prozent aller Frauen einmal
ihrem Leben mit Gewalt konfrontiert gewesen sind,

nd zwar in unterschiedlichen Formen: angefangen bei
er häuslichen Gewalt bis hin zur sexuellen Belästigung
m Arbeitsplatz. Stalking, Genitalverstümmelung und
wangsverheiratung sind weitere Arten der Gewalt.
5 Prozent der in Deutschland lebenden Frauen haben in
iner früheren oder in ihrer aktuellen Partnerschaft Ge-
)





Elisabeth Winkelmeier-Becker


(A) )


)(B)

walt erfahren. Es ist also ein wirklich wichtiges Thema,
um das wir uns heute kümmern.


(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Diesem Problem steht eine breite Hilfestruktur gegen-
über. Es gibt 360 Frauenhäuser und Zufluchtswohnun-
gen, an die 500 Beratungsstellen und Notrufe sowie be-
sondere Beratungsstellen für besondere Problemlagen,
für Opfer von häuslicher Gewalt oder Opfer von Frauen-
handel. Viele ehrenamtliche Mitarbeiterinnen, aber auch
viele Profis arbeiten in diesem Bereich. Sie engagieren
sich besonders und tun nicht nur das, was sie vom Ar-
beitsvertrag her zu leisten hätten, also zum Beispiel
38,5 Stunden arbeiten, sondern sie setzen sich in der Re-
gel auch darüber hinaus ein. Ich finde es in diesem Zu-
sammenhang wichtig, den Mitarbeiterinnen in den Bera-
tungsstellen und Frauenhäusern unseren Dank auszu-
sprechen.


(Beifall im ganzen Hause)


Die schon angesprochene Studie zeigt – und das ist
erschreckend –, dass in einer konkreten Notsituation nur
20 Prozent der Frauen das Hilfeangebot überhaupt wahr-
nehmen können. 80 Prozent, also die weitaus größte
Zahl der betroffenen Frauen, findet das nötige Angebot
in einer solchen Situation nicht. Das ist auch kein Wun-
der; denn Frauenhäuser sind in der Öffentlichkeit be-
wusst nicht präsent. Wenn man sich in einer Gewalt-
situation befindet, hat man nicht die Zeit, das
Telefonbuch zu wälzen oder sich zu erkundigen. Es geht
deswegen darum, die Nummer zu kennen und zu wissen,
an wen man sich wenden kann. Ziel des neuen Angebots
ist es, Bedarf und Angebot auf einfache Weise besser zu-
sammenzubringen, damit ein Weg offensteht, wenn es
nötig ist. Daraus ergeben sich bestimmte Merkmale und
Anforderungen, die wir an diese Helpline stellen.

Es geht um eine Lotsenfunktion. Es geht nicht darum,
in Konkurrenz zu treten oder selbst ein Angebot zu un-
terbreiten, sondern es geht darum, zu vermitteln. Wir set-
zen dazu qualifizierte Kräfte ein, die aufgrund ihrer Aus-
bildung in der Lage sind, mit den Frauen in der kon-
kreten Situation zu kommunizieren, auf sie einzugehen
und ihnen zu erklären, was für sie in der jeweiligen Si-
tuation am besten ist. Wir müssen für ein mehrsprachi-
ges Angebot sorgen, um Frauen unterschiedlicher Her-
kunft beraten zu können. Es muss anonym, vertraulich,
kostenlos und – ganz wichtig – 24 Stunden an sieben Ta-
gen in der Woche zur Verfügung stehen, also rund um
die Uhr.

Wir lassen uns das einiges kosten. Die Prognose, auch
aufgrund der Erfahrung anderer Länder, ist: Wir brau-
chen dafür ungefähr 80 bis 90 Kräfte. Wenn das Ganze
läuft, wird das jedes Jahr etwa 6 Millionen Euro kosten.

Das Angebot steht allen betroffenen Frauen zur Ver-
fügung, aber auch dem Umfeld, zum Beispiel der Nach-
barin, die Geräusche hört, der Freundin, die blaue Fle-
cken sieht, oder dem Mitarbeiter im Jugendzentrum, der
Anhaltspunkte dafür hat, dass ein junges Mädchen in
den Ferien im Heimatland seiner Eltern zwangsverheira-
tet wird. Auch diesen Menschen hilft die Helpline, auch
sie sollen sich an die Helpline wenden. Mit diesem Ge-

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(C (D etz wird der Appell verbunden, das Hilfetelefon zu nuten, nicht wegzuschauen, sondern zu helfen. Ganz wichtig ist aber auch, dass das Angebot ausicht, dass ein gesichertes Angebot vorhanden ist. Wir üssen damit rechnen, dass der Bedarf steigt, sobald Be arf und Angebot besser zusammengebracht werden. as müssen wir im Auge behalten. Vielleicht kann das ilfetelefon dazu beitragen, den Bedarf transparenter zu achen. Wenn die Beraterinnen keine Angebote mehr ufzuweisen haben, an die sie die Frauen vermitteln könen, dann wird die politische Diskussion darüber, ob das ngebot ausgeweitet werden muss oder ob es ausreicht, uf Basis dieser Fakten geführt werden können. Die Helpline ist ein wichtiges Signal. Sie wird helfen, den Fällen den Weg aus der Gewalt zu finden, in de en er bisher nicht gesehen wird. Es ist Zeit, dass wir das chaffen. Die Ministerin hat dabei unsere volle Untertützung. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713931200

Vielen Dank, Frau Kollegin Winkelmeier-Becker. –

etzt für die Fraktion der Sozialdemokraten unsere Kol-
gin Marlene Rupprecht. Bitte schön, Frau Kollegin
upprecht.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Michaela Noll [CDU/CSU])



Marlene Rupprecht (SPD):
Rede ID: ID1713931300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
ir haben einen Gesetzentwurf zur Einrichtung eines
ilfetelefons vorliegen. Dieser Gesetzentwurf ist not-
endig, wichtig und richtig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ir setzen damit internationale Vorgaben um. Wir haben
ns verpflichtet, diese Vorgaben umzusetzen. Europa
rdert uns auf – die Kollegin Winkelmeier-Becker hat

as schon gesagt –, ein Hilfetelefon einzurichten und da-
r zu sorgen, dass die Nummer europaweit bekannt
ird. Mit den Telefonnummern 110 und 112 verbinden
ir etwas. Bei dieser neuen Telefonnummer sollte das

benfalls so sein.

Wir in Europa sollten klar sagen: Wir schützen Frauen
or Gewalt, vor allem vor häuslicher Gewalt. Gewalt im
miliären Umfeld akzeptieren die Gesellschaften Euro-

as nicht.

Der Europarat – ich bin Mitglied der Parlamentari-
chen Versammlung – hat in langen, manchmal schwie-
gen Verhandlungen ein Übereinkommen dazu erarbei-
t, das in Istanbul gezeichnet wurde, auch von
eutschland. Ich hoffe, es gelingt uns möglichst bald, es

u ratifizieren. Das Übereinkommen enthält viele Maß-





Marlene Rupprecht (Tuchenbach)



(A) )


)(B)

nahmen, die wir umzusetzen haben. An manchen Stellen
brauchen wir gar nichts zu machen, weil wir schon seit
vielen Jahren Aktionspläne haben und bereits Gesetze
verabschiedet haben. Das heißt: Wir haben schon sehr
viel.

An dieser Stelle möchte ich, was man als Oppositi-
onspolitikerin selten oder eigentlich gar nicht tut, den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken, die in diesem
Bereich im Ministerium seit vielen Jahren gut und or-
dentlich arbeiten. Sie sind auch im Ausland als Sachver-
ständige für diesen Bereich anerkannt.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Im Vorfeld dieses Gesetzentwurfs bin ich etliche Male
angesprochen worden mit dem Tenor: Nehmt doch das
Geld und gebt es den regionalen Netzwerken! Gebt es
denen, die schon etwas tun! Dazu sage ich: Wenn man
sich das nur kurz anschaut, kann man auf die Idee kom-
men, dass das eine Möglichkeit wäre. Dieses Hilfetele-
fon ist aber keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung
des bereits bestehenden Hilfeangebots. Das halte ich für
richtig.

Was uns fehlt, ist natürlich nach wie vor eine struktu-
rierte Finanzierung all der Angebote vor Ort. Wir sollten
nicht auf Spenden angewiesen sein und nicht jedes Jahr
betteln müssen. Angesichts der Haushaltslage der Kom-
munen werden die Mittel für die Frauenhäuser und die
Notrufe gekürzt. Das Leistungs- und Hilfeangebot wird
reduziert. Einen Ausgleich dafür kann dieses Hilfetele-
fon nicht darstellen. Deshalb appelliere ich hier noch
e
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1713931400
Wir müssen möglichst schnell
gemeinsam eine Länderfinanzierung hinbekommen.
Hierbei muss der Bund den Hut aufhaben.

Heute Mittag habe ich mir als Nichtjuristin extra noch
einmal einen Kommentar zu Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 Grund-
gesetz – öffentliche Fürsorge – angesehen. Da heißt es:
Hilfsmaßnahmen sind anzubieten, nicht nur bei wirt-
schaftlichen Notlagen, sondern auch bei Notlagen in
neuen Lebenssachverhalten. Ich denke, da müssen wir in
die Gänge kommen, egal wo, ob auf Bundesebene, auf
Landesebene oder sonst wo. Nach weit über 30 Jahren
Frauenhäusern kann es nicht sein, dass diese als freiwil-
lige Leistung angesehen werden. Ich finde, das ist ein-
fach unerträglich.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


Deshalb brauchen wir die Finanzierung dieser örtli-
chen Netzwerke und Angebote. Ich habe 20 Jahre lang
ein Frauenhaus geleitet. Ich kann Ihnen sagen: Ich habe
manchmal nicht gewusst, wie wir es das nächste Jahr fi-
nanzieren, obwohl ich da sehr fantasievoll bin. Diese
Gelder zu besorgen, mit wem man sich auseinanderset-
zen muss, damit man Geld bekommt, das kann man
schon fast mit Prostitution vergleichen; so habe ich das
manchmal empfunden. Für mich selbst als Person würde
ich dies nie tun, aber für das Frauenhaus bin ich zu ver-
schiedenen Firmen gegangen und habe um Geld gebe-

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(C (D n. Ich habe das Geld immer zusammenbekommen. ber so kann es doch nicht laufen. Es gehört zum Regelangebot der sozialen Daseinsvororge der Kommunen, der Länder und des Bundes. Diese emeinsame Verantwortung müssen wir wahrnehmen. ir können nicht immer fragen, was grundgesetzlich ist. h finde, unser Grundgesetz besagt eindeutig, dass wir as vorhalten müssen, dass wir unsere Verantwortung r die öffentliche Fürsorge wahrnehmen und Hilfsmaß ahmen anbieten müssen. Deshalb lautet mein dringener Appell: Kommen Sie damit in die Gänge! Es täte mir id, wenn dies noch einmal um eine Legislaturperiode erzögert würde. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe eine weitere Bitte, diesmal an dieses Parla-
ent. Der Europarat hat eine Kampagne zum Schutz der
rauen vor häuslicher Gewalt gestartet. Als Mitglied der
arlamentarischen Versammlung des Europarats bin ich
oordinatorin bei dieser Kampagne. Es wäre schön,
enn dieses Parlament sagte: Ja, wir machen mit, und
ir sind auch bereit, hier eine Veranstaltung durchzufüh-
n für den Europarat, für die Länder, die erst jetzt be-

reifen, dass es notwendig ist, so etwas in ihrem Land
orzuhalten. Wir haben etwas vorzuweisen. Wir haben
ns schon vor langem auf den Weg gemacht. Vielleicht
elingt es uns, nächstes Jahr hier in Berlin so eine ge-
einsame Veranstaltung durchzuführen.

Ich kann Ihnen eines sagen: Es ist den Parlamentari-
rn aus anderen Staaten ziemlich egal, wer einen Gesetz-
ntwurf geschrieben oder einen Aktionsplan aufgelegt
at. Sie wollen sehen, was dieses Land auf den Weg ge-
racht hat. Ich bin stolz, dass wir etwas geschafft haben,
uch wenn es mühsam war. Der gravierendste Kritik-
unkt, den der Europarat uns gegenüber geäußert hat,
ar, dass unsere Frauenhausplätze nicht sicher und nicht
genügender Zahl vorhanden sind. Dies müsste sich

eheben lassen. In allen anderen Punkten wurden wir ge-
bt. Deshalb freue ich mich, dass auch das Hilfetelefon

un eingeführt wird. Es ist schön, dass dessen Nutzung
usgewertet werden soll und dass eine Datenbank erstellt
erden soll. Ich hoffe, dass alle kooperieren.

In diesem Sinne sage ich Dankeschön und wünsche
nen einen schönen Abend.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713931500

Vielen Dank, Frau Kollegin Marlene Rupprecht. –

etzt für die Fraktion der FDP unsere Kollegin Sibylle
aurischk. Bitte schön, Frau Kollegin.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1713931600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ver-

inten Nationen haben im CEDAW-Übereinkommen die





Sibylle Laurischk


(A) )


)(B)

Beseitigung jeglicher Form von Diskriminierung der
Frau verlangt. Dem widmen wir uns. Das sehen wir als
eine Aufgabe, die wir auch auf europäischer Ebene for-
muliert haben. So hat beispielsweise der Rat der Euro-
päischen Union in seinen Schlussfolgerungen „Beseiti-
gung der Gewalt gegen Frauen in der Europäischen
Union“ vom 8. März 2010 die Einrichtung einer kosten-
losen und einheitlichen Telefonnummer für von Gewalt
betroffene Frauen gefordert. Es ist also durchaus eine in-
ternationale Aufgabenstellung.

Insofern war es für uns nur folgerichtig, diese Aufga-
benstellung in den Koalitionsvertrag aufzunehmen. Da
es im Koalitionsvertrag steht, wird es vor allem von den
Frauen in der Koalitionsfraktionen gefordert. Ich erin-
nere mich gut an die Beratung, in der wir das vereinbart
haben; Herr Kues, auch Sie erinnern sich sicherlich da-
ran, auch wenn Sie gerade nicht zuhören. Wir haben ge-
sagt: Wir wollen ein Hilfetelefon. – Ich bin froh, dass es
tatsächlich auf den Weg gebracht wird und dass uns
heute der Gesetzentwurf vorliegt; denn das ist ein wich-
tiges Signal.

Wir wollen etwas gegen die häusliche bzw. familiäre
Gewalt, besonders gegen die Gewalt, die Frauen immer
wieder erleben, unternehmen. Dabei geht es um eine Si-
tuation, die wir uns, glaube ich, kaum vorstellen können.
Frauen, die geschlagen, misshandelt oder vergewaltigt
werden, die sich in großer Not nicht zu helfen wissen
und sich voller Scham kaum jemandem öffnen, sollten
ein Gesprächsangebot bekommen: einfach, nieder-
schwellig, anonym, aber mit der klaren Aussage, wo sie
Hilfe finden können, wenn sie sie in Anspruch nehmen
wollen. Das brauchen wir.

Ich erinnere mich gut an die Zeit, als ich im Rahmen
einer Frauenhausinitiative den Wochenenddienst über-
nommen habe. Gerade am Wochenende, wenn die Fami-
lie beisammen ist, ist die familiäre Gewalt besonders
heftig. Die Kinder erleben sie mit, die Frauen wissen
sich nicht zu helfen. Wenn sie dann eine Ansprachemög-
lichkeit haben, ist das ein erster Schritt, der aus der Ge-
waltspirale hinausführt.

Wir brauchen ein vielsprachiges Angebot; denn Mi-
grantinnen, die isoliert sind und oftmals zu geringe
Sprachkenntnisse haben, wissen sich sonst nicht zu hel-
fen. Es ist sehr wichtig, dass sie in ihrer Muttersprache
nach Hilfe fragen können. Das ist ein notwendiges An-
gebot, gerade vor dem Hintergrund, dass wir die
Zwangsverheiratung unter Strafe gestellt haben. Wir
müssen die flankierenden Maßnahmen ernsthaft anbie-
ten. Dies ist ein erster Schritt.

Dass wir an dieser Stelle nicht stehen bleiben können,
ist völlig klar. Wie Sie wissen, setze ich mich sehr dafür
ein, dass die Finanzierung von Frauenhäusern stabilisiert
und bundesweit einheitlich geregelt wird. Da sind wir
noch nicht so weit wie beim Hilfetelefon. Wir müssen
Schritt für Schritt vorgehen. Die flankierenden Maßnah-
men sind dabei notwendig. Ich bin froh, dass wir uns
hier verständigen und einen breiten Konsens finden
konnten.

Vielen Dank.

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(C (D (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713931700

Vielen Dank, Frau Kollegin Laurischk. – Jetzt für die

raktion Die Linke unsere Kollegin Cornelia Möhring.
itte schön, Frau Kollegin Möhring.


(Beifall bei der LINKEN)



Cornelia Möhring (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713931800

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

nd Kollegen! Auch die Fraktion Die Linke begrüßt die
inrichtung eines zentralen Hilfetelefons. Eine einheitli-
he Nummer – darüber sind wir uns alle im Klaren –, die
ostenfrei zur Verfügung gestellt wird und unter der 24
tunden am Tag jemand erreichbar ist, übernimmt eine
ehr wichtige Lotsenfunktion. Nach Aussage der Bun-
esregierung können bisher immerhin 80 Prozent der
on Gewalt betroffenen Frauen nicht in unser bestehen-
es Hilfesystem vermittelt werden. Ich finde, das ist eine
nglaublich hohe Zahl von Frauen, die, obwohl sie drin-
end Hilfe brauchen, keine Hilfe erhalten.

Ich möchte daran erinnern – Frau Laurischk und die
nderen Vorrednerinnen haben das eindrücklich geschil-
ert –: Von Gewalt betroffen sind Frauen aller gesell-
chaftlichen Schichten: die Professorin genauso wie die
erkäuferin im Supermarkt, die Hamburgerin genauso
ie die Migrantin. Das geht quer durch alle gesellschaft-
chen Schichten und Berufe. Wir haben die Zahl schon
ehört: 40 Prozent der Frauen und Mädchen machen im
aufe ihres Lebens Gewalterfahrungen. Das ist eine gi-
antische Größenordnung und macht den Handlungsbe-
arf im Hinblick auf einen umfangreichen Schutz der
on Gewalt betroffenen Mädchen und Frauen deutlich.

Die Bundesregierung rechnet im Zusammenhang mit
er Einführung des bundesweiten Hilfetelefons mit 700
nrufen täglich. Das sind – ich habe es ausgerechnet;
h könnte das jetzt nicht so schnell im Kopf – 255 500
nrufe jährlich. Wir sollten uns immer wieder deutlich
achen, was für ein wichtiger Schritt es ist, wenn eine
etroffene tatsächlich zum Telefon greift und sagt: Ich
rauche Hilfe. – Wir müssen uns darüber im Klaren sein:
ie muss dann auch schnell Hilfe vor Ort bekommen.
er bundesweite Notruf kann dafür natürlich nur der

rste Anstoß sein.

Das Ausmaß der erwarteten Anrufe macht schon
eutlich, dass die personelle und finanzielle Ausstattung
er bestehenden Schutzeinrichtungen und die Zahl der
lätze bei weitem noch nicht ausreichen. In Schleswig-
olstein werden zurzeit aufgrund von Kürzungen und
ahlschlägen Frauenhäuser und Beratungseinrichtungen
lattgemacht. Ich möchte auch hier deutlich sagen: Ich
nde es zwar gut, dass die Bundesregierung die Vor-
abe, die wir von der EU bekommen haben, jetzt um-
etzt, aber in Schleswig-Holstein und in anderen Bun-
esländern müssen Frauenhäuser und Beratungsstellen
chließen. Das Frauenhaus in Wedel zum Beispiel, ob-
ohl immer voll ausgelastet, steht vor dem Aus. Auch
er Mädchentreff in Husum, an den sich betroffene Mäd-
hen wenden konnten und wo sie bisher immer Hilfe be-





Cornelia Möhring


(A) )


)(B)

kommen haben, steht vor dem Aus und kann sich nur
noch über Spenden aufrechterhalten. In anderen Ländern
sieht es ähnlich aus. Ich finde, das darf nicht sein.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Noch einmal zurück zum Hilfetelefon. Ich möchte
noch ein wichtiges Anliegen der örtlichen Beratungsstel-
len und Nottelefone anbringen, das bei der Umsetzung
des Gesetzes unbedingt beachtet werden muss. Sie pla-
nen zwar einen jährlichen Sachstandsbericht, aber die
erste umfassende Evaluation soll erst nach fünf Jahren
erfolgen. Ich finde, das ist viel zu spät.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Bei Fragen an das Ministerium – nicht wahr, Herr
Dr. Kues – hören wir immer wieder: Das haben wir noch
nicht geprüft, da haben wir noch keine Ergebnisse, dazu
können wir noch nichts sagen. – Ich finde, wir sollten in
dieser Sache weder Herrn Dr. Kues noch uns solche
Bandschleifen weiter zumuten. Die Evaluation muss von
Anfang an erfolgen.

Der noch nicht erstellte Bericht zur Lage der Frauen-
und Kinderschutzhäuser ist schon genannt worden. Ich
finde, zwei Jahre nachdem die Vorlage dieses Berichts
im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, wird es tatsäch-
lich einmal Zeit dafür.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Eine Evaluierung erst nach fünf Jahren ist aber auch
fachlich völlig unlogisch. Projekte dieser Art, die ja völ-
lig sinnig und richtig sind, müssen im Verlauf, im ständi-
gen Prozess evaluiert werden, und zwar gemeinsam mit
den Akteurinnen vor Ort. Damit wird, wie Sie gesagt ha-
ben, Frau Winkelmeier-Becker, Transparenz hinsichtlich
der Frage hergestellt, wo weiterer Bedarf besteht. Denn
durch die vorliegenden Zahlen wird deutlich: Es wird
weiteren Bedarf geben.

Ich fordere Sie also ausdrücklich auf: Machen Sie aus
dieser guten Idee eines zentralen Hilfetelefons auch tat-
sächlich eine richtig gute Sache. Sorgen Sie dafür, dass
es für die vielen Schutzbedürftigen dann auch wirklich
Schutz und Unterstützung geben wird. Wir sind dabei an
Ihrer Seite.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713931900

Vielen Dank, Frau Kollegin Möhring. – Jetzt für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unsere Kollegin
Monika Lazar. Bitte schön, Frau Kollegin.

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(C (D Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen nd Kollegen! Gewalt ist für viele Frauen immer noch ine bittere Realität, und zwar, wie einige Vorrednerinen schon gesagt haben, quer durch die gesamte Gesellchaft. Konfliktsituationen wie Trennung und Scheidung eröhen die Gefahr für Frauen, Opfer von Stalking, von örperlicher oder sexueller Gewalt zu werden. Frauen it Behinderung sind übrigens besonders gefährdet, be onders dann, wenn sie durch Pflege oder Assistenz in bhängigkeitsstrukturen leben. Gewalt ist ein patriar halisch geprägtes Phänomen, für das wir als Sozialstaat ine Lösung anbieten müssen. Mit dem Hilfetelefongesetz setzt Deutschland die inrnationalen und europäischen Verpflichtungen zum chutz von von Gewalt betroffenen Frauen um. Wir berüßen es, dass die Regierung jetzt so weit ist und das ilfetelefongesetz auf den Weg bringt. Allerdings bleiben noch immer Fragen offen. Im Geetzentwurf steht – Zitat –: Die Einrichtung und der Betrieb des Hilfetelefons verursachen Ausgaben zu Lasten des Bundeshaushalts. … Für die Länder und Kommunen entstehen unmittelbar keine Kosten. h finde es richtig, dass der Bund hier in Vorleistung eht, allerdings muss natürlich auch geschaut werden, elche Folgeleistungen hier von den Kommunen und en Ländern zu übernehmen sind. Die Koalition will dieses Angebot schaffen, da die ntersuchungen gezeigt haben, dass circa 80 Prozent der on Gewalt betroffenen Frauen noch nicht erreicht weren. Ein Grund dafür ist unter anderem die unzureihende Ausstattung des bestehenden Hilfesystems. Dan wird auch das Hilfetelefon erst einmal nichts ändern. as machen nämlich diese 80 Prozent der Frauen, die ich dann nicht nur an das Hilfetelefon wenden, sondern uch an die örtlichen Hilfsstellen überwiesen werden ollen, wenn diese gar nicht existieren bzw. nicht ausgeaut werden? Deshalb ist es wichtig, dass lokale Struktun erhalten bleiben und nicht Kürzungszwängen zum pfer fallen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713932000

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eswegen sind insbesondere auch die Länder und Kom-
unen angehalten, ebenfalls Finanzmittel zur Verfügung

u stellen.

Neben der Finanzierung ist auch das Problem der
rauenhäuser schon angesprochen worden. Ich hoffe,
ass wir Anfang nächsten Jahres den Bericht dazu end-
ch diskutieren können und dass wir noch in dieser
ahlperiode zügig eine gemeinsame Lösung finden;

enn in den Beratungen sowohl im Plenum als auch im
usschuss gab es einen ziemlich großen Konsens. Wir

lle würden uns freuen, wenn wir mit guten Schritten vo-
nkämen; denn wir als Bund müssen die Linie vorgeben





Monika Lazar


(A) )


)(B)

und selbstverständlich auch die Kommunen und Länder
mit ins Boot holen. Aber für uns – das hat auch Kollegin
Rupprecht gesagt – ist das einfach eine grundgesetzliche
Verpflichtung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das Hilfetelefon soll eine Erstberatung anbieten.
Dann soll an die örtlichen Strukturen vermittelt werden.
Diese Lotsenfunktion setzt allerdings eine Datenbank
voraus, die es bis jetzt noch nicht gibt. Bei deren Erstel-
lung müssen Qualitätsstandards eingehalten werden. Es
ist insbesondere wichtig, dass die vorhandene Expertise
von den Frauen und den Beratungsstellen in den Ländern
genutzt wird. Deshalb unser Aufruf: Richten Sie jetzt ei-
nen Beirat ein, mit dem Sie gemeinsam dieses Problem
beheben.

Laut Gesetzentwurf ist für das Hilfetelefon ein Ar-
beitskräftebedarf von 80 bis 90 Personen vorgesehen.
Qualifizierte weibliche Fachkräfte werden gesucht.
Wichtig ist allerdings auch, dass diese Fachkräfte weiter-
hin geschult werden. Bei einem Anfall von täglich circa
700 Anrufen ist es wichtig, dass auch Supervision ange-
boten wird; die Mittel dafür müssen spätestens in den
Haushaltsplan 2013 eingestellt werden. Ansonsten sind
die Fachkräfte sehr schnell ausgebrannt und fallen ent-
sprechend aus.

Die mit dem Hilfetelefon angesprochene Zielgruppe
ist sehr weitreichend, da die Erscheinungsformen von
Gewalt sehr breit gefächert sind. Es geht um sexuali-
sierte und häusliche Gewalt, Stalking, Genitalverstüm-
melung und um Gewalt im Rahmen von Prostitution und
Zwangsverheiratung. Zum letzten Thema wurde gerade
erst eine Studie erstellt, aus der hervorgeht, wie schwie-
rig dieser Bereich ist.

Die Einrichtung eines Hilfetelefons ist wichtig, aber
bitte in Zusammenarbeit mit den Fachfrauen. Es muss
für dieses Telefon, wenn es dann so weit ist, mit einer
Kampagne geworben werden, damit die Frauen wissen,
dass es dieses niedrigschwellige Angebot gibt und wohin
sie sich wenden müssen.

Insgesamt: Wir sollten uns in den nächsten Monaten
alle gemeinsam zusammensetzen und insbesondere für
die betroffenen Frauen eine Lösung finden; denn wir
machen diese Sache nicht für uns, sondern für die
Frauen, die uns dankbar sind, wenn sie nicht nur das Hil-
fetelefon in Anspruch nehmen können, sondern auch die
örtlichen Strukturen.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713932100

Wir haben zu danken. – Nächster Redner für die Frak-

tion der CDU/CSU ist unser Kollege Norbert Geis. Bitte
schön, Kollege Norbert Geis.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Der Widerstand gegen Gewalt ist eine gesamtesellschaftliche Aufgabe. Deswegen ist es vielleicht icht verkehrt, dass hier auch einmal ein Mann das Wort rgreift. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1713932200

h freue mich, dass ich zu einem Thema reden darf, das
uf Konsens trifft, und dass es nicht immer zu einer
treitigen Auseinandersetzung kommen muss.

Wenn man der Statistik glauben kann, dann leben wir
einem ganz sicheren Land, jedenfalls in einem relativ

icheren Land mit Blick auf andere Länder. Aber die Sa-
he hat auch eine andere Seite. Es ist richtig, dass bei-
pielsweise die Jugendgewalt in unserem Land zurück-
eht. Aber wir erleben seit 10 bis 15 Jahren, dass die
ewalttäter brutaler werden. Die Gewalttaten nehmen

n Brutalität zu. Das ist eine gefährliche Tendenz. Gegen
iese Tendenz muss es einen gesellschaftlichen Wider-
tand geben. Deswegen ist auch diese Diskussion von
roßer Bedeutung.

Natürlich ist dieser gesellschaftliche Konsens insbe-
ondere bei Gewalt gegen Frauen angebracht. Wir haben
s vorhin schon gehört: 40 Prozent – man soll es nicht
lauben – der in Deutschland lebenden Frauen sind be-
its Opfer einer körperlichen oder sexuellen Gewalt ge-
orden. Das ist eine unvorstellbar hohe Zahl. Sie ist

uch im europäischen Vergleich außerordentlich hoch.
as können wir so nicht mehr länger hinnehmen.

Es gibt natürlich Gruppen von Frauen, die der Gewalt
esonders ausgesetzt sind. Der Weiße Ring hat festgestellt,
ass es sich dabei um Migrantinnen handelt – das ist hier
hon zur Sprache gekommen –, um Frauen, die in Asyl-

ewerberwohnheimen leben, und um Prostituierte.

Auch gibt es in Deutschland Gewalt gegen Frauen,
ie voll und ganz in die Gesellschaft integriert sind. Das
t meistens Gewalt in der Privatheit der Wohnung. Es ist
ewalt, die in der Regel vom Partner ausgeht und im
runde genommen aus einer intimen Beziehung heraus

ntstanden ist. Sie trifft die Frauen in einer ganz beson-
eren Weise.

Diese Frauen wenden sich aber nicht an die zuständi-
en Stellen. Sie suchen keine Hilfe, obgleich zwei Drit-
l dieser Vorfälle, vor allen Dingen häusliche Gewalt, so
iele und so schwere Verletzungen verursachen, dass
anchmal sogar lebensbedrohliche Verletzungen festge-

tellt werden. Das ist ein gefährlicher Umstand. Davor
ann man nicht die Augen verschließen.

Deswegen müssen wir einen Weg finden, wie wir die-
en Frauen klarmachen, dass sie Hilfe in Anspruch neh-
en sollten. Aber da es sich um einen sehr intimen Be-
ich, nämlich die eigene Wohnung, handelt und die
ewalt von Personen ausgeübt wird, mit denen man zu-
ächst einmal in einer intimen Beziehung gelebt hat, ha-
en diese Frauen oft Scham. Sie wagen sich nicht an die
ffentlichkeit oder wollen nicht, dass ihr Fall irgendwo





Norbert Geis


(A) )


)(B)

bekannt wird. Deswegen sind sie auch nicht bereit, eine
entsprechende Stelle aufzusuchen.

Oft sind auch keine Nachbarn da, die das mitbekom-
men würden. Die eigenen Kinder bekommen es viel-
leicht nicht mit. So leben diese Frauen in einem Teufels-
kreis aus Privatheit, Abhängigkeit und Gewalt, aus dem
sie nicht mehr allein herausfinden. Da ist Hilfe von au-
ßen notwendig, zumindest die Möglichkeit, Hilfe zu be-
kommen.

Ich meine, das bundesweite Hilfetelefon ist eine gute
und vernünftige Einrichtung. Es wurde schon angespro-
chen, dass es in den europäischen Ländern längst ver-
breitet ist und dass wir noch ein wenig nachhinken. Es
ist höchste Zeit, dass eine solche Einrichtung bei uns ge-
schaffen wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dieses Hilfetelefon muss natürlich, wie schon gesagt
wurde, barrierefrei sein. Es muss schnell erreichbar sein.
Wenn eine Frau anruft und wieder auflegt, weil niemand
am Ende der Leitung ist, dann hat sie nicht den Mut,
gleich wieder anzurufen. Sie hat schon gar nicht den
Mut, am nächsten Morgen anzurufen. Deshalb muss am
anderen Ende der Leitung eine wache, gut ausgebildete,
kompetente Person sein. Es muss in der Regel eine Frau
sein, weil sich Frauen in einer solchen Situation nicht
gerne Männern anvertrauen.

Es muss darauf geachtet werden, dass wir kompetente
Personen einsetzen, die auch andere Sprachen sprechen.
Auch eine türkische Frau muss beim Hilfetelefon anru-
fen können und eine Antwort auf Türkisch bekommen,
wenn sie die deutsche Sprache nicht versteht. Die techni-
sche Ausstattung muss hervorragend sein, und am Tele-
fon müssen hervorragend ausgebildete Personen sein.
Das muss man mit berücksichtigen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Ich will einen weiteren Gedanken ansprechen, der
noch nicht richtig zur Geltung gekommen ist. Nicht nur
die Betroffenen, sondern auch andere Personen können
dieses Hilfetelefon in Anspruch nehmen. Das können
Kinder oder Nachbarn sein. Jeder, der entdeckt, dass ge-
gen eine Frau Gewalt ausgeübt wird, soll und kann die-
ses Telefon in Anspruch nehmen. Dafür muss natürlich
die Nummer bekannt sein. Es muss also eine entspre-
chende Öffentlichkeitsarbeit geben, damit die bundes-
weite Telefonnummer weithin bekannt wird und genutzt
werden kann.

Ich meine, dass der Gesetzentwurf eine sehr gute Ini-
tiative der Bundesregierung bzw. der Bundesministerin
ist. Ich kann sie nur unterstützen.

Ich möchte zum Schluss noch einen Gedanken an-
sprechen. Es ist richtig, dass wir solche Möglichkeiten
haben. Aber wir müssen in einem stärkeren Maße in un-
serer Gesellschaft eine Ächtung jeglicher Gewalt herbei-
führen.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


er Gewalttäter muss merken, dass er auf geschlossenen
iderstand stößt. Dieser Widerstand muss auch einmal,
enn es notwendig ist, handfest werden. Darauf muss

ich der Gewalttäter ebenfalls einrichten. Ich will nun
icht die Gewalt auf der anderen Seite predigen – das
ill ich tatsächlich nicht –; aber der Gewalttäter muss
issen: Ich stoße auf Widerstand. Das muss gesell-

chaftsweit in das Bewusstsein der Bevölkerung einge-
flanzt werden. Ich meine, dass wir vielleicht tatsächlich
u einer größeren Freiheit von Gewalt innerhalb der ge-
amten Gesellschaft kommen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713932300

Vielen Dank, Kollege Norbert Geis. Auch der Präsi-

ent hätte geklatscht, wenn ihm dies möglich gewesen
äre.

Nächste Rednerin in unserer Debatte ist die Frau Kol-
gin Nicole Bracht-Bendt für die Fraktion der FDP.
itte schön.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Nicole Bracht-Bendt (FDP):
Rede ID: ID1713932400

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

amen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
rst einmal freut es mich, dass wir heute Abend hier für-
inander klatschen und so stimmig miteinander sind. Ich
ünsche mir, dass das hier häufiger vorkommt.

Etwa jede vierte Frau in Deutschland ist mindestens
inmal Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt durch
erzeitige oder frühere Partner geworden. Gewalt gegen
rauen findet alltäglich und mitten unter uns statt, und
war nicht nur im sozial kritischen Milieu, sondern über-
ll. Opfer von Gewalt gegen Frauen sind häufig auch de-
n Kinder. Für alle Betroffenen bedeutet Gewalt meis-
ns erhebliche psychische und gesundheitliche Folgen.
ie Bekämpfung von Gewalt ist ein vordringliches Ziel
er Koalition. Wir sind uns alle einig, dass hier hoher
andlungsbedarf besteht. Deshalb handeln wir.

Nachdem der Bundesrat im September dem Gesetz-
ntwurf der Bundesregierung zur Einrichtung und zum
etrieb eines bundesweiten Hilfetelefons „Gewalt gegen
rauen“ zugestimmt hat, ist der Weg frei für eine kosten-
se bundesweite Hotline – eine Nummer, die Frauen
nd um die Uhr wählen können, wenn sie in Not sind.
ie FDP-Bundestagsfraktion hat sich maßgeblich für
iese Hotline starkgemacht. In Deutschland existiert be-
its ein Netz von Anlaufstellen für betroffene Frauen.
ntersuchungen haben aber gezeigt, dass circa 80 Pro-

ent der Opfer von den bestehenden Hilfsstrukturen
icht oder nicht früh genug erreicht werden. Eine Frau,
ie Opfer einer Gewalttat wird, braucht sofort und nicht
u bestimmten Öffnungszeiten unbürokratische Hilfe.





Nicole Bracht-Bendt


(A) )


)(B)


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Wirksamkeit der Hotline unter Federführung des
Familienministeriums hängt allerdings davon ab, ob sie
auch bekannt ist. Das A und O ist deshalb eine nachhal-
tige Öffentlichkeitsarbeit. Opfer von Gewalt müssen
wissen, wo sie rund um die Uhr Hilfe von Experten be-
kommen können. Es handelt sich um ein bewusst
niedrigschwelliges, barrierefreies Hilfsangebot, das
Frauen jederzeit und auch anonym in Anspruch nehmen
können. Die Experten am Telefon sind eng vernetzt und
nennen Adressen, an die sich Frauen wenden können.

Damit fällt die Hemmschwelle für viele Frauen weg.
Das ist ein wichtiger Punkt. Gerade in kleineren Städten
scheuen sich Frauen häufig, Hilfe in Anspruch zu neh-
men, weil sie sich schämen. Sie wollen nicht, dass in ih-
rem Umfeld bekannt wird, was sich hinter ihrer Woh-
nungstür abspielt, und versuchen lange, damit allein
fertigzuwerden. Deshalb ist es ganz wichtig, dass die
bundesweit einheitliche Nummer einen höheren Be-
kanntheitsgrad erreicht als bisherige Einzelmaßnahmen.
Mit dem Hilfetelefongesetz setzt die Bundesregierung
ein weiteres Ziel des Koalitionsvertrages um.

Ganz herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie der Abg. Ute Vogt [SPD])



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713932500

Vielen Dank, Frau Kollegin Bracht-Bendt. – Wir ha-

ben keine weiteren Wortmeldungen mehr. So schließe
ich die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 17/7238 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe den Tages-
ordnungspunkt 16 a und b auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu dem
Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl,
Dorothea Steiner, Hans-Josef Fell, weiterer Ab-
geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Kein CASTOR-Transport nach Gorleben zu
Lasten des Strahlenschutzes – Zwischenlage-
rung hochradioaktiver Wiederaufarbeitungs-
abfälle verursachergerecht neu gestalten

– Drucksachen 17/7465, 17/7677 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Maria Flachsbarth
Ute Vogt
Angelika Brunkhorst
Dorothée Menzner
Sylvia Kotting-Uhl

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(C (D b)

Dorothée Menzner, Johanna Voß, Eva Bulling-
Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

CASTOR-Transport 2011 nach Gorleben stop-
pen

– Drucksache 17/7634 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist dies so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Die erste Rednerin in un-
erer Debatte ist für die Fraktion der CDU/CSU unsere
ollegin Frau Dr. Maria Flachsbarth. Bitte schön, Frau
ollegin Maria Flachsbarth.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Maria Flachsbarth (CDU):
Rede ID: ID1713932600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

ebattieren heute Abend über zwei Anträge, einen der
rünen und einen der Linken, bezüglich der Ende des
onats geplanten Castortransporte von La Hague nach
orleben, die die Forderung enthalten, diese Transporte

u stoppen. Anlass dazu sind Strahlenmessungen des
iedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft,
üsten- und Naturschutz, der am 15. August und am
1. August dem niedersächsischen Umweltministerium
itgeteilt hat, dass der Grenzwert am Zaun des Trans-

ortbehälterlagers in Gorleben in diesem Jahr mögli-
herweise überschritten werden könnte. Das niedersäch-
ische Ministerium hat daraufhin den Niedersächsischen
andtag unterrichtet und ein fachaufsichtliches Ge-
präch mit der Gesellschaft für Nuklear-Service als Be-
eiberin der Anlage geführt. Die GNS wurde aufgefor-
ert, vorsorglich Maßnahmen vorzuschlagen, die eine
inhaltung des genehmigten Wertes gewährleisten. Es
urden Prüfungen der Messungen durch den TÜV Nord
itiiert und weitere Messungen durch die Physikalisch-
echnische Bundesanstalt durchgeführt. All diese Über-
rüfungen ergaben, dass die zunächst befürchtete Über-
chreitung des Genehmigungswertes, auch bei Einlage-
ng der Castoren aus La Hague, wohl nicht zu erwarten
t.

Das wurde vom niedersächsischen Ministerium dem
mweltausschuss des Niedersächsischen Landtags und
Rahmen eines bundesaufsichtlichen Gesprächs dem

undesumweltministerium mitgeteilt. Anschließend
ind wir im Umweltausschuss des Deutschen Bundesta-
es am 28. September und am 9. November durch Ver-
eter des niedersächsischen Ministeriums und des Bun-
esumweltministeriums über diesen Sachverhalt
mfassend informiert worden. Darüber hinaus kann man
as Ganze in den Antworten der Bundesregierung auf
wei Kleine Anfragen zu dieser Thematik nachlesen.

Nun heute Abend den Eindruck zu erwecken, wie es
ei den Anträgen der Grünen und der Linken der Fall ist,
ass bei diesem Castortransport nach Gorleben Sicher-
eitsbestimmungen außer Acht gelassen oder Grenz-





Dr. Maria Flachsbarth


(A) )


)(B)

werte gröblich verletzt würden, ist einfach grob unred-
lich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: In Niedersachsen die Nachdenkliche spielen und hier atomfreundlich!)


Im Gegenteil: Aufgrund der geltenden Gesetzeslage,
also wegen der nach dem Atomgesetz vorgenommenen
Berechnungen und Messungen sowie aufgrund des völ-
kerrechtlichen Vertrags zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und der Republik Frankreich über die
Rücknahme der wiederaufgearbeiteten Abfälle bis zum
31. Dezember 2011, ist gar keine andere Entscheidung
möglich als die, die der niedersächsische Umweltminis-
ter letztendlich getroffen hat, nämlich die Genehmigung
für die Einlagerung zu erteilen. Allerdings – auch das
will ich sagen – sollte man bezüglich der Rücknahme
von Abfällen aus Sellafield ab 2014 – denn aus La
Hague kommen jetzt keine Abfälle mehr – neu nachden-
ken, insbesondere was die Frage des Standorts betrifft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Niedersachsen
nimmt seine Verantwortung bezüglich der Zwischen-
und Endlagerung radioaktiver Abfälle wahr, nicht zuletzt
aufgrund der Geologie seines Untergrunds. Aber wir rei-
ßen uns nicht darum, dass radioaktive Abfälle nach Nie-
dersachsen kommen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Nicht mehr zumindest!)


Ich bin davon überzeugt, dass die Zwischenlagerung der
Castoren in einem anderen Bundesland den Dialogpro-
zess, den die Bundesregierung bezüglich der Weiterfüh-
rung der ergebnisoffenen Erkundung in Gorleben ini-
tiiert hat, intensivieren könnte. Ich will es ganz deutlich
hier sagen: Gerade nach dem Ausstieg Deutschlands aus
der Kernenergie ist die Suche nach einem sicheren End-
lager dringlicher denn je.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie ist eine nationale und gesamtgesellschaftliche Auf-
gabe, der sich der Bund und alle Bundesländer – nicht
nur ein Bundesland – stellen müssen. Sie stehen gemein-
sam in der Verantwortung.

Deshalb begrüße ich die Initiative des Bundesum-
weltministers, in Vorbereitung auf das im Rahmen des
Atomausstiegs angekündigte Entsorgungsgesetz Gesprä-
che mit allen Ländern zu führen.

Schade finde ich es, dass nur zwei von 16 Minister-
präsidenten teilnehmen, und schade finde ich es, dass
aus den Reihen der Opposition versucht wird, schon im
Vorfeld das Gespräch zu diskreditieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Minister sei mit der Vorlage des Gesetzes ins
Hintertreffen geraten, wird gesagt. Ich will Ihnen eines
sagen: Wenn der Minister ein Gesetz vorgelegt hätte,
dann würde genau aus dieser Richtung des Hauses der
Vorwurf ertönen, dass der Minister Fakten schaffen will,
bevor solche Gespräche stattgefunden haben.

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(C (D (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einen Zeitplan soll er vorlegen! – Ulrich Kelber [SPD]: Einen Entwurf soll er vorlegen und nicht zur Abstimmung sprechen!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ziemlich
icht, einen solch schwierigen Dialogprozess zu torpe-
ieren, und es braucht ziemlich viel Mut, sich in ihn hi-
einzubegeben und die Schützengräben der Vergangen-
eit zu verlassen.


(Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sollten aber nicht vergessen, dass ein grüner Ministerpräsident das angestoßen hat! – Ulrich Kelber [SPD]: Die Gesetze der Vergangenheit!)


er Bundesumweltminister und die beiden Ministerprä-
identen aus Niedersachsen und aus Baden-Württemberg
aben diesen Mut, und ich bitte Sie, dass auch der Deut-
che Bundestag, also wir Abgeordnete und die Fraktio-
en dieses Hauses, den Mut haben, die politischen
chaukämpfe beiseite zu lassen und wirklich gemeinsam
iese dringliche nationale Frage


(Ulrich Kelber [SPD]: 20 Jahre haben Sie sich einem Dialog verweigert! Und jetzt die anderen angreifen! Das ist eine Frechheit!)


er Endlagerung anzugehen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Ihr dreht euch nicht um 360 Grad, sondern um 380 Grad!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713932700

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Flachsbarth. – Jetzt

pricht für die Fraktion der Sozialdemokraten unsere
ollegin Kirsten Lühmann. Bitte schön, Frau Kollegin
ühmann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber zum Thema, Kirsten! Gerade haben wir ja nichts zum Thema gehört!)



Kirsten Lühmann (SPD):
Rede ID: ID1713932800

Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen und Kollegin-

en! Liebe Zuhörenden! Ganz besonders begrüße ich die
esuchergruppe aus meinem Wahlkreis Uelzen,


(Patrick Döring [FDP]: So ein Zufall! – Gegenruf des Abg. Ulrich Kelber [SPD]: Wir mögen die Leute aus Uelzen im Gegensatz zu Ihnen!)


ie bis zur Behandlung dieses wichtigen Themas, das sie
atürlich auch betrifft, ausgeharrt hat.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)






Kirsten Lühmann


(A) )


)(B)

Zitat:

Eine Absage des geplanten Castor-Transports nach
Gorleben würde das Land Niedersachsen Millionen
kosten. „Wir mussten die Transportbehälter bereits
anmieten und müssten sie auch bei einer Absage
bezahlen“, sagte Niedersachsens Innenminister
Uwe Schünemann (CDU).

Das war die Antwort auf die Forderung der Deut-
schen Polizeigewerkschaft, den Castortransport in die-
sem Jahr aus sachlichen Gründen abzusagen. Wenn das
die Antwort des Innenministers ist, hat man natürlich
den Verdacht, dass bei der Genehmigung dieses Trans-
ports nicht wissenschaftlich begründete Sicherheitskrite-
rien ausschlaggebend waren, sondern wirtschaftliche
Kostenkriterien den maßgeblichen Anlass dazu gaben,
die Genehmigung zu erteilen, und das, liebe Herren und
Damen, ist einfach inakzeptabel.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Worum geht es? – Wir haben ein Zwischenlager, das
eine Genehmigung für eine maximale Strahlendosis hat,
die am ungünstigsten Messpunkt 0,3 Millisievert im Jahr
nicht überschreiten darf. Wir haben Messungen, die Fol-
gendes aussagen: Wenn wir zusätzliche Castoren einla-
gern, dann droht diese Zahl überschritten zu werden.

Frau Flachsbarth, es ist eben nicht unbestritten, dass
diese Messungen stimmen. Sie haben von neuen Mes-
sungen geredet.


(Zuruf der Abg. Dr. Maria Flachsbarth [CDU/ CSU])


Ich würde viel lieber über neue Berechnungsmodelle re-
den, aufgrund derer andere Zahlen herauskommen.

Die Frage, die sich stellt, ist: Was tut die Regierung
angesichts dieser Zahlen?


(Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Das habe ich vorgetragen, was die Regierung tut!)


Als Erstes beruhigt sie die Bevölkerung. Ich zitiere
wieder:

Die von Greenpeace dargestellten Zusammen-
hänge entbehren jeder technischen und naturwis-
senschaftlichen Grundlage, sind somit unhaltbar …

Als Nächstes haben Sie Transparenz angekündigt. Ich
zitiere:

Man sei froh, dass Greenpeace die Einwände jetzt
formuliert hätte, „da die Entscheidung über den
Castor-Transport noch nicht gefallen ist“,

sagte eine Sprecherin der niedersächsischen Umweltmi-
nisteriums der Berliner Zeitung. Sie würden nun geprüft.

Aber was ist dann passiert? – Bei einer öffentlichen
Veranstaltung im Wendland hat sich die niedersächsi-
sche Regierung geweigert, eingeladene Experten dort
hinzuschicken. Die hätten Transparenz herstellen kön-
nen.

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(C (D Als eine Gruppe Bundestagsabgeordneter nach telefoischer Anmeldung und der Zusage, dass sie in das Zwichenlager hineingehen könne, vor Ort war, wurde ihr itgeteilt, man könne sie leider nicht hineinlassen, weil ie Zeit für die Sicherheitsüberprüfung ihrer Personen icht ausgereicht habe. (Ulrich Kelber [SPD]: Unglaublich! Keine Unterstützung von euch! – Gegenruf des Abg. Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Hör auf zu schreien!)


Ich möchte nur kurz erwähnen, dass der Deutsche
undestag 48 Stunden braucht, um die Sicherheitsprü-
ng durchzuführen. Ich habe es jedoch auch schon er-
bt, dass er es in sechs Stunden geschafft hat. Wenn man

o etwas weiß, dann weiß man auch, dass die Begrün-
ung der Betreibergesellschaft an den Haaren herbeige-
ogen ist, meine Herren und Damen.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf des Abg. Ulrich Kelber [SPD])


s ist unter diesen Voraussetzungen natürlich schwierig
r uns, zu glauben, dass nichts zu verbergen ist und dass

ransparenz hergestellt werden soll.

Für den Fall, dass die heute vorliegenden Anträge hier
ventuell nicht die nötige Mehrheit bekommen und es ei-
en Castortransport geben wird, lade ich Sie, insbeson-
ere die Kolleginnen und Kollegen von den Koalitions-
aktionen, herzlich ein. Die SPD wird wieder ein
astorcamp machen, in dem sich Polizistinnen und Poli-
isten mit heißem Kaffee aufwärmen können, in dem
ich die Bevölkerung an einer Suppe laben kann. Da
önnen Sie einmal schauen, woher denn dieses Miss-
auen kommt und was Ihre Politik vor Ort bewirkt,
eine Herren und Damen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Was mich auch verwundert, ist die Tatsache, dass die
etriebserlaubnis für das Zwischenlager für 40 Jahre
nd für 420 Castorbehälter erteilt wurde. Wir haben bis-
er noch nicht einmal die Hälfte der genehmigten Be-
iebszeit erreicht, und es ist nur ein Viertel der vorgese-
enen Transportbehälter eingelagert. Aber schon haben
ir Probleme mit dem festgelegten Grenzwert. Ange-

ichts der Tatsache, dass dieser Grenzwert für die vierfa-
he Menge an Müll ausgelegt war, frage ich mich doch:
t 1995 falsch gerechnet worden, oder sind die Werte

chöngerechnet worden? Beides ist auf alle Fälle inak-
eptabel.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Oder die Werte saldieren sich nicht einfach!)


Ich hatte in meiner Heimatgemeinde eine Diskothek
ehabt. In der Genehmigung war ein Lärmrichtwert ent-
alten. Wir alle wissen, auch Lärm macht ab einer gewis-
en Stärke krank. Als Messungen ergaben, nachdem sich
ie Bevölkerung beschwert hatte, dass dieser Lärmgrenz-





Kirsten Lühmann


(A) )


)(B)

wert überschritten war, musste die Diskothek schließen.
Es wurden Auflagen erlassen; es mussten bauliche Ver-
änderungen vorgenommen werden. Nachdem sicherge-
stellt worden war, dass der Lärm das zulässige Maß nicht
überschreitet, durfte die Diskothek wieder öffnen. Ich
frage Sie jetzt: Wieso ist das, was bei einer Diskothek in
Bezug auf das Problem Lärm selbstverständlich ist, bei
einem Zwischenlager in Bezug auf das Problem Strah-
lung ganz anders? Das kann ich nicht verstehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Darum wird die SPD dem Antrag der Grünen, die unter
anderem fordern, den Castortransport für dieses Jahr
auszusetzen, zustimmen.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, wie die
Planungen für diesen Castortransport in diesem Jahr ge-
laufen sind. Der ursprüngliche Termin Anfang Novem-
ber konnte nicht eingehalten werden, weil die französi-
sche Polizei angab, sie könne den Transport auf
französischer Seite nicht schützen, weil sie aufgrund der
Belastungen durch den G-20-Gipfel erst ausreichende
Ruhezeiten brauche, bevor sie in den neuen Großeinsatz
gehen könne. Dann gab es diverse Diskussionen. Jetzt ist
der erste Advent als Transporttermin vorgesehen. Jede
Person in diesem Land weiß: Erster Advent heißt Weih-
nachtsmärkte. Einige wissen: Erster Advent ist das Wo-
chenende mit mehreren problematischen Fußballspielen
der Ersten bis Dritten Liga. Viele in diesem Land wissen
inzwischen: Es gibt Probleme mit Grenzwerten. Daher
haben beide Polizeigewerkschaften, die DPolG und die
GdP, die berechtigte Forderung gestellt, den Castortrans-
port zu diesem Zeitpunkt auszusetzen.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Das sind doch Beamte!)


Wenn Sie sagen, diese Bedenken seien nicht gerecht-
fertigt, möchte ich Ihnen kurz die Situation bei einem
normalen Castortransport schildern. Einige Polizeibe-
amte und Polizeibeamtinnen tragen persönliche Strah-
lenmessgeräte. Aufgrund verschiedener technischer Pro-
bleme zeigen die aber erst Werte an, die deutlich über
den Grenzwerten liegen. Darum gibt es auch eine An-
weisung über maximale Aufenthaltszeiten im Nahbe-
reich des Castors oder des Zwischenlagers. Wir haben es
aber oft erlebt, dass die Einsatzlage es nicht zulässt,
diese Zeiten einzuhalten. Ich persönlich habe erlebt, dass
Kollegen die dreifache Zeit in unmittelbarer Nähe des
Castortransportes verbringen mussten, weil eine Ablö-
sung nicht möglich war. Jetzt haben wir Hinweise auf
mögliche zusätzliche Belastung. Ich verstehe die Forde-
rungen der Gewerkschaften. Eigentlich sollte es unser
aller Anliegen sein, dass wir den transportbegleitenden
Polizeibeamten nur die unvermeidbare Belastung zumu-
ten und nicht noch zusätzliche.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Präsident Sarkozy hat sich schützend vor seine Poli-
zei gestellt und ihr ausreichend Erholungszeiten ermög-

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(C (D cht. Ich finde, es würde Frau Merkel gut anstehen, enn sie bei der Frage möglicher zusätzlicher Belastunen für die Gesundheit der Bevölkerung und der Polizei ich genauso fürsorglich verhalten würde wie ihr franzöischer Kollege und den Castortransport 2011 verschieen würde. (Beifall bei der SPD – Patrick Döring [FDP]: Wohin damit? – Dr. Georg Nüßlein [CDU/ CSU]: Die Demonstranten sollten fürsorglich sein!)


h befürchte allerdings, dass ich dieses Zeichen von
raft und Entscheidungsfähigkeit in dieser Regierung
icht nur bei der Kanzlerin vergeblich suche.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713932900

Vielen Dank, Frau Kollegin Lühmann. – Jetzt für die

raktion der FDP unsere Kollegin Angelika Brunkhorst.
itte schön, Frau Kollegin Brunkhorst.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1713933000

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!
ie in jedem Jahr geht es darum, radioaktive Abfälle zu-
ckzunehmen, die die Franzosen in La Hague aus abge-

rannten Kernbrennstäben aus deutschen Kernkraftwer-
en aufbereitet haben. Das Entsorgungskonzept voran-
egangener Bundesregierungen sah vor, den noch nutz-
aren Kernbrennstoff aus den abgebrannten Brennele-
enten wiederaufzuarbeiten und nur das zurückblei-

ende Abfallgebinde in den Castoren zentral in einem
wischenlager, dem sogenannten Transportbehälterlager
Gorleben, zu lagern.

Unter der rot-grünen Bundesregierung wurde die
iederaufarbeitung verboten und die dezentrale Zwi-

chenlagerung der abgebrannten Brennstäbe an den
ernkraftwerksstandorten vorgeschrieben. Anstelle von

wei bzw. drei zentralen Lagern haben wir nunmehr 15
ezentrale Zwischenlager. Aber einzig und allein das
ransportbehälterlager in Gorleben hat eine Genehmi-
ung, die Abfälle aus der Wiederaufbereitungsanlage in
a Hague überhaupt aufzunehmen.

Der Castortransport Ende November nach Gorleben
t erforderlich; denn wir sind zur Rücknahme des deut-

chen Atommülls rechtlich, aber vor allen Dingen auch
oralisch verpflichtet.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich kann das Gejammer, insbesondere der Grünen-
raktion, hier nicht so ganz nachvollziehen; denn diese
esondere Genehmigungssituation ist Ihnen längst be-
annt. Sie haben sie auch nicht geändert. Auch Herr
rittin hat sie nicht geändert. Also, sorry.





Angelika Brunkhorst


(A) )


)(B)

Nach dem Willen der Grünen und der Linken soll der
anstehende Castortransport nach Gorleben dennoch ab-
geblasen werden, weil der sogenannte Eingreifwert von
0,27 Millisievert pro Jahr möglicherweise überschritten
wird. Sie werfen den zuständigen Ministerien und Be-
hörden einen laxen Umgang mit den Strahlenwerten am
Zwischenlager vor.

Meine Kollegin Frau Flachsbarth hat schon ausrei-
chend erläutert, dass hier einiges getan wurde, um mit
zusätzlichen Messungen sicherzustellen, dass dieser Ein-
greifwert gar nicht erst erreicht wird.


(Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man hat so lange herumgerechnet, bis es stimmte!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen doch
selbst – spätestens seit den Beratungen im Umweltaus-
schuss –, dass der Betreiber bei Erreichen des sogenann-
ten Eingreifwerts die Einlagerungsmaßnahmen unterbre-
chen muss oder auf jeden Fall Maßnahmen ergreifen
muss, um die Einhaltung des geltenden Grenzwerts von
0,3 Millisievert im Jahr zu gewährleisten.

Ich möchte hier, weil auch Frau Lühmann sehr viel
über Grenzwerte erzählt hat, eine Klarstellung zu den
Grenzwerten vornehmen. Der Grenzwert für das zentrale
Zwischenlager in Gorleben beträgt 0,3 Millisievert pro
Jahr. Umweltminister Trittin hat ja, wie schon gesagt, die
dezentralen Zwischenlager eingerichtet. Für Zwischen-
lager, die sich dezentral an den Kernkraftwerken befin-
den, gilt demgegenüber ein Grenzwert von 1 Millisievert
pro Jahr. Das ist also das Dreifache.


(Dr. Michael Paul [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


– Hört, hört; so ist das. 1 Millisievert gilt demnach auch
für das Zwischenlager im Kernkraftwerk Philippsburg.
Es wurde von Greenpeace durchaus als Option vorge-
schlagen, die Castoren dorthin zu verbringen. Ich frage
mich wirklich, wo die vielen Greenpeace-Atomexperten
waren, als Herr Trittin die Regelung getroffen hat, die ei-
nen Grenzwert von 1 Millisievert vorsieht.

Damit Sie einmal ein Gefühl für die Werte entwickeln
können: Die natürliche Strahlendosis, der wir ausgesetzt
sind, beträgt im Jahr durchschnittlich 2,1 Millisievert.
Das ist also das Siebenfache. Da kann man doch sagen,
dass der Grenzwert von 0,3 Millisievert ein sehr ambi-
tionierter Wert ist. Ich denke, das Eingreifen des libera-
len Umweltministers in Niedersachsen war genau rich-
tig. Ich habe auch großes Vertrauen zu den Beamten,


(Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie auch Vertrauen zu Herrn Sander?)


die dargelegt haben, was sie alles getan haben, um zu ge-
währleisten, dass dieser Wert auch eingehalten wird.

Zum Schluss möchte ich noch sagen: Die Behaup-
tung, dass jeder zusätzliche eingelagerte Castor im
Atomzwischenlager in Gorleben eine Manifestierung ist,
kann ich nicht untermauern. Ich bin der Meinung: Nicht
die Zahl der dort befindlichen Castoren ist ausschlagge-
bend, sondern die Frage, ob wir eine Schadensvorsorge

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(C (D ach dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik ewährleisten können. Das wird unser Maßstab für die ukunft sein. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Vielen Dank, Frau Kollegin Brunkhorst. – Jetzt pricht für die Fraktion Die Linke unsere Kollegin orothée Menzner. Bitte schön, Frau Kollegin Menzner. Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ind jetzt 102 von 420 genehmigten Castoren im Zwichenlager in Gorleben. Bereits jetzt wird hinund hereschoben, weil die Strahlendosiswerte im Grenzbereich es Zulässigen liegen. Wenn eine Badewanne überläuft, uss man das Wasser abstellen und nicht die Hähne neu nordnen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713933100

(Beifall bei der LINKEN)

Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713933200

Die gesetzlich festgelegten Grenzwerte sind nicht
azu da, sie zu ignorieren. Sie sollen die Werte der
ünstlichen Strahlendosen aus Atomanlagen auf einem
kzeptablen Niveau halten. Das ist eigentlich gar nicht
öglich. Denn es gibt kein akzeptables Niveau für

ünstliche Strahlendosen. Die Grenzwerte sind höchs-
ns eine Obergrenze einer wachsenden Unverantwort-
chkeit. Auf welcher Höhe diese festzulegen sind, ist
ine ethische Frage.

Wir alle wissen und haben es erlebt, dass im Falle ei-
es Falles Grenzwerte auch veränderbar sind. In Fuku-
hima wurden sie sukzessive hochgesetzt, und zwar aus
wei Gründen: Erstens klingt es immer harmloser, wenn
an formuliert, dass sich die Werte innerhalb der gesetz-
chen Bestimmungen bewegen. Zweitens übertrifft der
dioaktive Ausstoß immer wieder alle Erwartungen der
tombefürworter, mit denen man die Gesellschaft seit
eginn der Nutzung der Atomkraft versucht hat zu beru-
igen.

Das alles ist schon seit Jahrzehnten bekannt. Aber mit
er permanenten Unbelehrbarkeit und mit dem kapital-
ächtigen Lobbyismus, den wir Tag für Tag und Jahr für
ahr erleben, wird ein unausräumbarer Widerspruch ge-
chaffen, der täglich größer wird.


(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Das ist ausgesprochener Unfug!)


ie vergrößern diesen Widerspruch, indem Sie nicht so-
rt aus der Atomkraft aussteigen, indem Sie die Castor-
ansporte nach Gorleben nicht stoppen und indem Sie
icht bereit sind, sich auf einen gesellschaftlichen Dia-
g wirklich einzulassen, bei dem die Bevölkerung mit-
den darf, wie es mit der Atommüllverwahrung weiter-

ehen soll.


(Beifall bei der LINKEN)






Dorothée Menzner


(A) )


)(B)

Ich will Ihnen auch sagen, warum Sie nicht bereit
sind, diese gesellschaftlich dringend notwendige Debatte
zu führen. Sie haben Angst, und Sie wissen, dass es ei-
gentlich keine Lösung gibt. Dieser Widerspruch ist nicht
auflösbar. Das Vertrauen der Menschen ist grundlegend
verspielt.

Nein, mit den Akteuren in der Atomindustrie, aber
auch in den Parlamenten, die seit Jahrzehnten dieses De-
saster angerichtet haben, wird es nicht möglich sein, mit
dieser Problematik verantwortungsvoll umzugehen. Sie
sind an sinnvollen Lösungen offensichtlich nicht interes-
siert, sondern hören nach wie vor auf das Deutsche
Atomforum, auf den BDI und auf die anderen Verbände.

Wir haben derzeit kein Zwischenlager für die Castor-
behälter aus der Wiederaufarbeitung. Das ist Ihr Ver-
schulden. Deutschland ist momentan nicht in der Lage,
diesen strahlenden Müll aus Frankreich aufzunehmen.
Das Zwischenlager Gorleben ist das einzige Lager, das
über eine entsprechende Genehmigung verfügt. Dort
sind die Grenzwerte aber erreicht. Das Lager ist damit
voll.

Es wurde versäumt, sich rechtzeitig nach Alternativen
umzuschauen. Die Konsequenz für das französische
Volk ist unzumutbar: Die Genehmigung für den Castor-
transport ist zu widerrufen. Das Zeug muss offensicht-
lich noch Jahre in La Hague bleiben, was für die Franzo-
sen, wie gesagt, unzumutbar ist. Wir wissen aber alle,
dass es Jahre dauern wird, bis die Genehmigung für ein
weiteres Zwischenlager erteilt wird. Welchem Land-
strich wollen wir dieses Lager bitte schön aufbürden?
Ich sehe nicht, dass es eine Lösung wäre, einen der
Standorte der Atomkraftwerke als Atommülllager auszu-
weisen.


(Patrick Döring [FDP]: Was ist denn Ihr Vorschlag?)


Ich komme zu den Konsequenzen. Erstens. Den
Castortransport untersagen.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Und dann?)


Zweitens. Die Atomkraftwerke abschalten. Drittens. In
der Vergangenheit gemachte Fehler eingestehen. Vier-
tens. Gorleben und Schacht Konrad als Endlager aufge-
ben. Fünftens. Einen gesellschaftlichen Dialog begin-
nen. Dieser Dialog muss Menschen einbeziehen und
Vertrauen schaffen. Dann kann in der Gesellschaft da-
rüber diskutiert werden, wie wir dieses in 50 Jahren ent-
standene Problem lösen können. Wie können wir diese
Probleme gemeinsam lösen? Das funktioniert nur mit ei-
nem Dialog auf Augenhöhe, und nicht mit Durchknüp-
peln, mit Erlassen oder der Einschränkung von Demo-
kratierechten.


(Beifall bei der LINKEN)


Von daher wird die Linke am ersten Adventswochen-
ende wieder mit vielen Menschen bunt und vielfältig im
Wendland unterwegs sein.

Ich danke Ihnen.


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(C (D (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ute Vogt [SPD])



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713933300

Vielen Dank, Frau Kollegin Menzner. – Jetzt spricht

r die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unsere Kollegin
ylvia Kotting-Uhl. Bitte schön, Frau Kollegin Kotting-
hl.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713933400

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen!
ie mehrere der Rednerinnen und Redner bei dieser De-

atte bin ich erst vorhin aus dem Untersuchungsaus-
chuss Gorleben gekommen. Wenn man sich mit der Ge-
chichte von Gorleben befasst, dann trifft man auf das
rinzip: Was nicht passt, wird passend gemacht.


(Dr. Michael Paul [CDU/CSU]: Waren Sie in derselben Veranstaltung? Ich habe das nicht gehört!)


as bezieht sich auf das Endlagerbergwerk, an dem dort
earbeitet wird. Man kann heute hinzufügen: Oder es
ird so lange gemessen, bis es passt. Das bezieht sich

uf das Zwischenlager.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Quatsch!)


Was passt nicht? Es passt nicht, dass der zuständige
andesbetrieb NLWKN eine Neutronenstrahlung von
ereits 0,41 Millisievert gemessen und hochgerechnet
at, dass nach Einlagerung weiterer elf Castoren, die im
ovember erwartet werden, der Eingreifwert voraus-

ichtlich überschritten wird.

Was ist seitdem passiert? Es wurden Behälter umge-
tellt, die PTB hat gemessen, der TÜV hat gerechnet. Ei-
ige Abgeordnete – ich selbst war eine dieser Abge-
rdneten – haben versucht, ihre Kontrollfunktion
ahrzunehmen und in dem Transportbehälterlager ein-
al zu prüfen, was dort an sogenannten Optimierungs-
aßnahmen vorgenommen wurde. Das wurde uns je-

och verwehrt.


(Dr. Michael Paul [CDU/CSU]: Hätte man sich angemeldet, wäre man reingekommen! – Gegenruf der Abg. Kirsten Lühmann [SPD]: Wenn Sie zugehört hätten, wüssten Sie, dass sie angemeldet war!)


Trotz des Wustes von Hintergrundwerten, Messun-
icherheiten, Tageswerten und jeder Menge offene Fra-
en ist für das NMU eines klar: Es gibt keine Bedenken
egen die Einlagerung der Castoren. Der Transport kann
llen. Umweltminister Sander ist hier genauso wider-

prüchlich wie die Messungen; denn er spricht sich ge-
en weitere Castortransporte aus. Er ist aber derjenige,
er diesmal den Schlüssel in der Hand hat, den Castor-
ansport zu verhindern. Er hat die Entscheidung in der
and, und er kneift vor dieser Entscheidung,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)






Sylvia Kotting-Uhl


(A) )


)(B)

und zwar möglicherweise aus Gründen, die Sie, Frau
Lühmann, uns dargelegt haben.

Dahinter steckt ein Problem, das – wie so oft bei der
Atomkraft – unschön und schwer lösbar ist. In Deutsch-
land gibt es keinen anderen genehmigten Ort für die
Rücknahme des atomaren Wiederaufarbeitungsmülls als
dieses Zwischenlager in Gorleben. Abhilfe schafft aber
nicht eine Spielwiese, auf der man einfach einmal mit
den bestehenden Grenzwerten, den Eingreifwerten und
dem Strahlenminimierungsgebot herumjongliert. Ab-
hilfe schafft man nur, wenn man die AKW-Betreiber ge-
mäß dem Verursacherprinzip dazu auffordert, Genehmi-
gungsanträge für die Aufbewahrung des Mülls in den
standortnahen Zwischenlagern zu stellen.

Zu den Grenzwerten will ich Ihnen einmal etwas sa-
gen, Frau Brunkhorst: Grenzwerte sind gesetzliche Re-
gelungen, die zumeist ihren Grund haben. Grenzwerte
sind immer Ergebnis eines Kompromisses zwischen dem
gesundheitlich Notwendigen und dem, was wirtschaft-
lich als notwendig erachtet wird. Deswegen haben
Grenzwerte für unterschiedliche Müllsorten an unter-
schiedlichen Standorten auch unterschiedliche Höhen.


(Angelika Brunkhorst [FDP]: Herr Trittin war ja sehr großzügig!)


Das müssten Sie in der – immer noch – vermeintlichen
Wirtschaftsfraktion eigentlich wissen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir haben jetzt die Möglichkeit, gemeinsam eine ent-
sprechende Forderung an die Atomkraftwerksbetreiber
zu stellen. Dazu fordere ich Sie auf. Das muss umgehend
geschehen, damit die Zeit des Verbleibs der Castoren in
La Hague so kurz wie möglich ist; denn für die Franzo-
sen ist es unzumutbar, sie noch länger in ihrer Obhut zu
haben. Diese Aufforderung können wir gemeinsam stel-
len, wenn Sie unserem Antrag zustimmen.

Die Widersprüche von Herrn Sander zeigen, dass er
offensichtlich bundesaufsichtliche Hilfe braucht. Deshalb
würde ich an dieser Stelle gern Herrn Röttgen – wenn er
denn da wäre, aber vielleicht liest er ja meinen Antrag –
auffordern, damit aufzuhören, den Kopf in den Sand zu
stecken, sich wegzuducken und die Dinge laufen zu las-
sen. Es ist Zeit für eine bundesaufsichtliche Weisung.
Herr Röttgen sollte seiner Aufgabe jetzt gerecht werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713933500

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Zu einer Kurzinterven-

tion hat unsere Kollegin Frau Skudelny das Wort. Bitte
schön, Frau Kollegin Skudelny.


Judith Skudelny (FDP):
Rede ID: ID1713933600

Ich weiß, es ist nicht die Uhrzeit dafür, aber ich ma-

che es ganz kurz. – In Baden-Württemberg stellen die
Grünen nicht nur den Ministerpräsidenten, sondern auch
den Umweltminister. Von Greenpeace wurde vorge-

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(C (D chlagen, die Anlage in Philippsburg als Zwischenlager so wie Sie es sagen – zu nutzen. Die EnBW gehört twa zur Hälfte dem Land Baden-Württemberg. Ich age mich, warum Sie die Schleife über den Bund dreen, wenn Ihr Landesumweltminister eigentlich das eiene Unternehmen dazu auffordern könnte. Das wäre och der erste Schritt, bevor man die große Schleife über ie Bundesregierung dreht. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Das sagt die Atomwerbe-Skudelny! Bis zuletzt waren Sie noch für die Laufzeitverlängerung! Sie waren die Unverbesserlichste von allen! – Gegenruf der Abg. Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Was hat das jetzt mit der Frage zu tun?)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713933700

Zur Antwort, Frau Kollegin Kotting-Uhl.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713933800

Ich werde jetzt ganz sachlich auf das antworten, was

ie hier vorgetragen haben,


(Patrick Döring [FDP]: Das wäre das erste Mal, dass Ihnen das gelingt!)


bwohl es da noch viele andere Dinge zu sagen gäbe. –
reenpeace hat gefordert, diese Castorbehälter aus-

chließlich zum standortnahen Zwischenlager in Phi-
ppsburg zu bringen. Hätten Sie mir zugehört, den An-
ag gelesen oder dem Umweltminister von Baden-
ürttemberg zugehört, dann wüssten Sie, dass sowohl

er Umweltminister von Baden-Württemberg wie auch
h dafür sind, diesen Transport abzusagen und diese
astoren zu den verschiedenen standortnahen Zwischen-
gern in Deutschland zu bringen, nicht nur zu dem

tandortnahen Zwischenlager in Philippsburg. Ich will
nen auch sagen, warum: Nachdem Baden-Württem-

erg jetzt, und zwar wohlweislich nach dem Regierungs-
echsel, das erste Land war, das gesagt hat: „Wir wer-
en unserer Verantwortung für die Lagerung des
tommülls gerecht und öffnen uns für eine Endlager-

uche“, kann es nicht sein, dass man zum Dank dafür ei-
em einzigen Zwischenlager in diesem Land just den
anzen anstehenden Müll vor die Füße wirft.


(Lachen des Abg. Patrick Döring [FDP] – Patrick Döring [FDP]: Lächerlich!)


Baden-Württemberg ist für 20 Prozent des Mülls zu-
tändig, der jetzt zurückkommt. Für diese 20 Prozent soll
aden-Württemberg nach der Vorstellung des baden-
ürttembergischen Umweltministers und meiner Frak-
on die Verantwortung übernehmen. Die Aufgabe liegt

Moment darin, dass die AKW-Betreiber die Geneh-
igungsanträge stellen. Es ist deren Sache, wie sie sich

uf eine Verteilung der Transporte einigen und wie sie
as ausrechnen. Es sind noch einige Transporte zu er-
arten: Es ist nicht der letzte Transport aus La Hague; es
ird noch schwach- und mittelradioaktiver Müll aus La
ague kommen. Es kommen auch noch 22 Castoren aus
ellafield.





Sylvia Kotting-Uhl


(A) )


)(B)

Wir in Baden-Württemberg sind im Gegensatz zu vie-
len anderen Ländern bereit, Verantwortung zu überneh-
men, übrigens auch im Gegensatz zur früheren schwarz-
gelben Regierung in Baden-Württemberg; Gott sei Dank
ist diese Zeit vorbei. Die schwarz-gelbe Regierung hat
immer nur gesagt: Nicht bei uns! Not in my backyard! –
Diese Zeiten sind Gott sei Dank vorbei; Baden-
Württemberg übernimmt seine Verantwortung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713933900

Nächster Redner ist für die Fraktion der CDU/CSU

unser Kollege Dr. Georg Nüßlein. Bitte schön, Kollege
Dr. Georg Nüßlein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Der Mann, der immer die komischen Sachen erklären muss! Das ist ein fieser Job!)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1713934000

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Nach

der Rücknahme der Laufzeitverlängerungen und einer
Präzisierung, insbesondere einer zeitlichen Klarstellung,
zum Ausstieg aus der Kernenergie bleibt bei mir immer
noch die Hoffnung, dass es diesem Haus gelingen mag,
solche Themen wie das heutige mit großer Sachlichkeit
und Verantwortung für das, was noch vor uns liegt, anzu-
gehen. Andererseits ärgert es mich natürlich, wenn von
einer Seite immer wieder Panikmache und Betroffen-
heitsrhetorik kommen.

Liebe Frau Kollegin Menzner, es ist nun einmal hane-
büchen, uns den Vorschlag, die Untersuchungen in Gor-
leben und gleich auch noch den Schacht Konrad aufzu-
geben, als Lösung der Endlagerfrage zu präsentieren;
das muss man einmal ganz deutlich sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich will klipp und klar festhalten, dass für uns beim
Thema Kerntechnologie und Strahlenschutz Sicherheit
das oberste Gebot ist; ich gestehe es allen anderen Frak-
tionen zu, dass sie es genauso sehen. Vor diesem Hinter-
grund möchte ich eindeutig klarstellen, dass die Messun-
gen, über die wir hier diskutieren, in § 6 Atomgesetz, der
Strahlenschutzverordnung, der Aufbewahrungsgenehmi-
gung des Bundesamtes für Strahlenschutz, der Richtlinie
zur Emissions- und Immissionsüberwachung kerntechni-
scher Anlagen sowie den Messanleitungen für die Über-
wachung radioaktiver Stoffe in der Umwelt und externer
Strahlung so festgehalten sind.


(Kirsten Lühmann [SPD]: Aber nicht die Berechnungsmodelle!)


Das ist richtig und wichtig. Die Messungen sind auf die-
ser Grundlage erfolgt.


(Ulrich Kelber [SPD]: Deswegen wurde die Grundlage ja auch verändert!)


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(C (D obald es auf dieser Basis einen Handlungsund Einriffsbedarf gibt, hat dieser Eingriff unmittelbar und sort zu erfolgen, und zwar ohne Wenn und Aber; das age ich klipp und klar. (Ulrich Kelber [SPD]: Die Basis wird verändert!)


Ich sage dann aber auch klar: Ich bin zunächst einmal
bsolut darüber erleichtert, dass uns in der Umweltaus-
chusssitzung vom 9. November vom Bundesumweltmi-
isterium noch einmal ausführlich erläutert wurde, dass
er genehmigte Jahreswert nicht überschritten wird –
anz klipp und klar.


(Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war nur eine Prognose, keine Rechnung, Herr Nüßlein!)


Ich bin – vermutlich wie auch Sie – unglücklich über
ie Kommunikation in der letzten Woche. Aber in der
estrigen Umweltausschusssitzung wurde das Thema
och einmal auf die Tagesordnung gesetzt. Dabei wurde
usführlichst erläutert, wie die unterschiedlichen Mess-
erte des Niedersächsischen Landesbetriebes für Was-

erwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, der Physika-
sch-Technischen Bundesanstalt sowie des TÜV Nord
ustande kamen. Das haben die meisten der hier anwe-
enden Ausschussmitglieder mitbekommen.

Im Übrigen gibt es dazu eine schriftliche Abhand-
ng, nämlich die Antwort der Parlamentarischen Staats-

ekretärin Heinen-Esser, nachzulesen in der Drucksache
7/7239.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713934100

Herr Kollege Nüßlein, geben Sie der Frau Kollegin

otting-Uhl die Chance für eine Zwischenfrage?


(Zurufe von der CDU/CSU: Nein! – Gegenruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum denn nicht? – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt lassen Sie sich nichts vorschreiben, Herr Nüßlein!)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1713934200

Die Kolleginnen und Kollegen sind nicht begeistert;

h bin es um 22.31 Uhr auch nicht übermäßig. Aber
enn Sie meinen, Sie müssten noch einmal zwischenfra-
en, tun Sie es doch.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen wir es kurz! – Gegenrufe von der CDU/CSU: Bitte!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713934300

Sie haben versprochen, sich kurzzufassen.


Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713934400

Ich will mich nur auf das „klipp und klar“ beziehen.

er TÜV hat klipp und klar ausgerechnet, dass man bei
,254 mSv landen wird. Dabei ist eine Prognose von
lus/minus 10 Prozent. Wenn Sie die 10 Prozent addie-
n, sind Sie bei über 0,27 mSv. Das ist genau der Ein-





Sylvia Kotting-Uhl


(A) )


)(B)

greifwert. Das heißt, nach dem Strahlenminimierungsge-
bot muss man eingreifen.


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1713934500

Man liegt unter dem Eingriffswert.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


– Es heißt: „plus/minus 10 Prozent“. Sie haben Werte
zwischen 0,238 mSv und 0,254 mSv plus/minus 10 Pro-
zent.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rechnen Sie die 10 Prozent darauf!)


Also liegt man aus meiner Sicht, jedenfalls wenn man
diese Werte begutachtet, unter dem Eingriffswert. Damit
ist man ganz eindeutig in einer Situation, in der das in
dieser Art und Weise jedenfalls nicht geboten ist.

Die Frage ist, was Sie damit erreichen wollen. Sie
müssen natürlich dann auch erklären, liebe Frau Kolle-
gin, wie Sie mit dieser Thematik umgehen wollen, wie
Sie den völkerrechtlichen Verpflichtungen, die wir erfül-
len müssen, nachkommen wollen, wie Sie den Franzosen
erklären wollen, weshalb Sie die Castoren, die von dort
zu Recht wieder zurück nach Deutschland gebracht wer-
den müssen, jetzt nicht in diesem Land annehmen kön-
nen. Diese Fragen müssen sie aus meiner Sicht beant-
worten.

Fest steht, dass in Gorleben derzeit 102 Castorbehäl-
ter liegen. Die Lagergenehmigung ist auf über 400 dieser
Behälter ausgerichtet.

Eigentlich wollte ich nicht konfrontativ vorgehen.
Aber weil Sie mich gefragt haben, möchte ich Folgendes
zur Sicherheit und den Castortransporten sagen: Dazu
können Sie einen entscheidenden Beitrag leisten. Ich er-
innere mich gut an die Aktion im Herbst letzten Jahres.
Damals sind elf Castorbehälter von Nordfrankreich nach
Gorleben transportiert worden.


(Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gleich nach der Laufzeitverlängerung! Genau!)


Dabei wurde ein neuer Begriff geprägt, nämlich der Be-
griff des Schotterns. Das wurde von verschiedenen Sei-
ten – ich schaue bewusst niemanden an – ganz massiv
protegiert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das wurde auch von Ihnen in dem Wissen, dass mit
solch einem Eingriff in den Schienenverkehr am Ende
auch Risiken für Menschen verbunden sind, unterstützt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das ist nicht nur ein unzulässiges Eingreifen in Eigen-
tumsrechte. Das muss ich deutlich sagen.


(Zuruf von der LINKEN)


Von Ihrer Seite ist schon die übliche Folklore angekün-
digt worden. Sie haben schon gesagt, was Sie in den

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(C (D ächsten Wochen vorhaben und wie Sie demonstrieren ollen. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Gar nicht!)


Meine Damen und Herren, nichts gegen das Demons-
ationsrecht.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das wäre ja noch schöner!)


as ist ein hohes Rechtsgut. Aber was Sie persönlich be-
eiben und vormachen, geht weiter über das Demons-
ieren hinaus. Das ist ein Eingriff ins Eigentum und


(Zuruf von der LINKEN)


efährdet Sicherheit. Das muss man in dieser Klarheit
agen. Ich hoffe, dass Sie damit anders umgehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich sage das auch an Herrn Trittin und an Herrn Gysi
erichtet, die jetzt wieder zu Demonstrationen aufrufen.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: So sind sie!)


ährend seiner Amtszeit hat Herr Trittin Castortrans-
orte genehmigt. Ich erinnere mich noch gut an die Aus-
agen von Herrn Trittin.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Waren Sie schon einmal bei einer Demonstration, Herr Nüßlein?)


r hat sich hingestellt und gesagt: Gegen die Castor-
ansporte – die guten, von den Grünen genehmigten –


(Zuruf von der FDP: Hört! Hört!)


ürften die Grünen weder singend, tanzend noch sonst
gendwie demonstrieren. Aber gegen die, die von uns
enehmigt werden müssen, muss man natürlich demons-
ieren.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben schon immer demonstriert!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713934600

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1713934700

Nein. – Es wäre gut gewesen, wenn Sie diese Doppel-

üngigkeit eingestellt hätten. Es hätte mich gefreut,
enn Sie bei Ihren Redebeiträgen außer der angekündig-
n Folklore etwas dazu gesagt hätten, dass es verant-
ortlich wäre, zu Zurückhaltung aufzurufen.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kommen Sie doch mit! Dann lernen Sie noch etwas!)


as hätte ich von Ihnen erwartet, aber anscheinend kann
an so viel von Ihnen nicht erwarten.

In diesem Sinne: Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713934800

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit
dem Titel „Kein CASTOR-Transport nach Gorleben zu
Lasten des Strahlenschutzes – Zwischenlagerung hoch-
radioaktiver Wiederaufarbeitungsabfälle verursacherge-
recht neu gestalten“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/7677, den An-
trag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abzulehnen.
Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Das sind
die Koalitionsfraktionen. Gegenprobe! – Das sind die
Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und SPD sowie Teile
der Linksfraktion. Enthaltungen? – Das ist die übrige
Linksfraktion. Die Beschlussempfehlung ist angenom-
men.

Abstimmung über den Antrag der Fraktion Die Linke
auf Drucksache 17/7634 mit dem Titel „CASTOR-
Transport 2011 nach Gorleben stoppen“. Wer stimmt für
diesen Antrag? – Das ist die Fraktion Die Linke. Wer
stimmt dagegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen.
Enthaltungen? – Das sind die Sozialdemokraten und
Bündnis 90/Die Grünen. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
über die Besetzung der Großen Straf- und Ju-
gendkammern in der Hauptverhandlung

– Drucksachen 17/6905, 17/7276 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus-
schusses (6. Ausschuss)


– Drucksache 17/7669 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Patrick Sensburg
Christoph Strässer
Mechthild Dyckmans
Jens Petermann
Jerzy Montag

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu geben. Sie
sind alle damit einverstanden? – Die Namen der Kolle-
ginnen und Kollegen liegen dem Präsidium vor. Ich ver-
zichte auf die Verlesung.1)

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
desregierung eingebrachten Gesetzentwurf über die Be-
setzung der Großen Straf- und Jugendkammern in der
Hauptverhandlung. Der Rechtsausschuss empfiehlt in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/7669,
den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf den Druck-
sachen 17/6905 und 17/7276 in der Ausschussfassung
anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-
wurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um
das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen.
Wer stimmt dagegen? – Das sind die Sozialdemokraten

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in1) Anlage 3

(C (D nd die Linksfraktion. Enthaltungen? – Bündnis 90/Die rünen. Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Berang angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – as sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? – ozialdemokraten und Linksfraktion. Enthaltungen? – ündnis 90/Die Grünen. Der Gesetzentwurf ist angeommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative – Drucksache 17/7575 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Petitionsausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die eden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolleinnen und Kollegen liegen dem Präsidium vor. Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung ient dazu, für das Institut der Europäischen Bürgeriniative, das mit Art. 11 Abs. 4 des Vertrags über die uropäische Union neu geschaffen wurde, nationale Zutändigkeiten zuzuweisen und Verfahren festzulegen. Da es sich bei der Europäischen Bürgerinitiative um in neuartiges Instrument direkter Demokratie handelt, as den Unionsbürgern ab 1. April 2012 zur Verfügung teht und ihnen erstmals die Möglichkeit verschafft, dikt und nicht vermittelt über Wahlen oder eine Petition n der europäischen Gesetzgebung mitzuwirken, möchte h zunächst einige wichtige Voraussetzungen und Verhrensschritte dafür kurz darstellen. Inhalt einer solchen Bürgerinitiative muss die Aufforerung an die Europäische Kommission sein, im Rahen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen u unterbreiten, zu denen es nach Ansicht der Bürgerinen und Bürger eines Rechtsakts der Union bedarf, um ie europäischen Verträge umzusetzen. Da die Kommision in fast allen Politikbereichen, die in den Kompenzbereich der Union fallen, das Initiativrecht hat, sind ie Initiatoren einer Bürgerinitiative thematisch kaum ingeschränkt. Der vorgeschlagene Rechtsakt darf aber öherrangigem europäischem Recht nicht widersprehen und die Grundrechte der Union nicht verletzen. ine Änderung des Primärrechts, also der grundlegenen Verträge der EU, ist ebenfalls ausgeschlossen. Nachdem die Europäische Kommission die Bürgeritiative auf einer Website registriert hat, können die )

Ingo Wellenreuther (CDU):
Rede ID: ID1713934900

(A) )

Organisatoren der Initiative innerhalb eines Jahres Un-
terstützungsbekundungen sammeln. Neben der Papier-
form können auch online Unterstützungsbekundungen
gesammelt werden, wofür die Europäische Kommission
eine kostenfreie Open-Source-Software bereitstellt.

Für eine gültige Bürgerinitiative bedarf es der Unter-
zeichnung durch 1 Million Unionsbürger, die nach dem
jeweiligen nationalen Recht bei den Wahlen zum Euro-
päischen Parlament wahlberechtigt sind. Die Zahl der
Unterzeichner entspricht 0,2 Prozent der Unionsbürger
und ist damit sehr niedrig angesetzt.

Um sicherzustellen, dass die Angelegenheit von euro-
paweitem Interesse ist, müssen die Unterstützer aus min-
destens einem Viertel der Mitgliedstaaten, derzeit also
aus sieben Mitgliedstaaten, kommen. Erforderlich ist
auch eine jeweilige Mindestzahl aus diesen Staaten. Aus
Deutschland müssen es mindestens 74 250 Unterzeich-
ner sein.

Liegen alle Voraussetzungen vor und ist eine Bürger-
initiative danach zulässig, prüft die Europäische Kom-
mission diese und legt innerhalb von drei Monaten ihr
beabsichtigtes Vorgehen und die Gründe dafür dar. Falls
sie nicht beabsichtigt, Maßnahmen zu ergreifen, erläu-
tert sie die Gründe dafür ebenfalls. Den Organisatoren
wird zuvor die Möglichkeit gegeben, ihre Bürgerinitia-
tive innerhalb einer öffentlichen Anhörung im Europäi-
schen Parlament vorzustellen.

Die EU-Verordnung über die Bürgerinitiative ver-
langt nationale Zuständigkeitszuweisungen und Verfah-
rensfestlegungen, die mit dem vorliegenden Gesetz er-
folgen sollen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um
folgende Regelungen:

Das Bundesversicherungsamt wird als zuständige Be-
hörde für die Überprüfung der Unterstützungsbekun-
dungen sowie das Ausstellen von Bescheinigungen über
die Zahl der gültigen Bekundungen in Deutschland be-
nannt.

Um den Verwaltungsaufwand gering zu halten, wird
von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Zulässig-
keit der gesammelten Unterstützungsbekundungen stich-
probenartig zu überprüfen. Zudem soll die Überprüfung
von Unterstützungsbekundungen durch einen automati-
sierten Datenaustausch zwischen Bundesversicherungs-
amt und Meldebehörden erleichtert werden. Zu diesem
Zweck wird die Bundesmeldedatenübermittlungsverord-
nung ergänzt.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informations-
technik wird als die zuständige Behörde benannt, die be-
scheinigt, ob ein Onlinesammelsystem mit den techni-
schen und sicherheitsrelevanten Anforderungen der EU-
Verordnung über die Bürgerinitiative vereinbar ist.

Außerdem werden Bußgeldvorschriften erlassen, die
Verstöße der Organisatoren einer Bürgerinitiative gegen
die EU-Verordnung sanktionieren.

Da ein Demokratiedefizit auf der europäischen Ebene
offensichtlich ist und dies auch von einer großen Zahl
der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland beklagt
wird, begrüßen wir die Europäische Bürgerinitiative

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Zu Protokoll ge

(C (D nd die dazu erforderlichen nationalen Umsetzungsgelungen, die mit dem vorliegenden Gesetz erfolgen ollen. Das Instrument kann ein Schritt sein, dieses Dezit abzubauen. Allerdings dürfen die positiven Wirkungen der Euroäischen Bürgerinitiative auch nicht überschätzt weren. Denn die gestalterischen Möglichkeiten, die den nionsbürgern mit diesem Instrument gesetzt wurden, ind eingeschränkt: Die Europäische Kommission kann as Begehren der Bürgerinitiative mit Gründen zurückeisen und von konkreten Umsetzungsmaßnahmen ab ehen. Im Falle der Ablehnung der Bürgerinitiative ist uch keine Volksabstimmung vorgesehen. Dennoch sehen wir die Europäische Bürgerinitiative ositiv, verbindet sich damit doch die Hoffnung, dass ich mit der unmittelbaren Mitwirkungsmöglichkeit die enntnis und das Verständnis über die europäische Polik und das dortige Gesetzgebungsverfahren erhöhen. as Interesse an Europa soll gesteigert werden und für uropa-Kritiker soll es schwieriger werden, zu arguentieren, dass ausschließlich ferne EU-Bürokraten ber machtlose Unionsbürger entscheiden. Aufgrund er Tatsache, dass die Unterstützer aus mindestens sieen Mitgliedstaaten kommen müssen, ist eine Vernetung von nationalen Bewegungen und Organisationen rforderlich, wodurch ein transnationales, europäisches ewusstsein vertieft werden soll. Ein Fokus liegt auf Europa, und das leider nicht nur ositiv. Die Zeitungen sind voll von Europa. Es geht um ie Finanzkrise, es geht um Milliardenrettungspakete, es eht um drohenden Staatsbankrott und tiefe Einschnitte die Lebensumstände der Bürger. Im Kern aber geht es m den Zusammenhalt Europas und seine Legitimation egenüber seinen Bürgern, die zunehmend den Eindruck aben, dass anonyme Zirkel und Mächte über ihre Köpfe inweg über ihre Zukunft und die ihrer Kinder entscheien. Die Einführung einer Europäischen Bürgerinitiative tellt vor diesem Hintergrund eine enorme Chance dar. ie kann den Menschen die Möglichkeit und das Gefühl eben, Europapolitik nicht ausgeliefert zu sein, sondern iese aktiv mitgestalten zu können. Bürgerwille und Protest sind bereits jetzt ein wichties Korrektiv zu politischen Entscheidungen. So ist es em stetigen Beharren vieler engagierter Menschen zu erdanken, dass die Bundesregierung in ihrer Energieolitik nach Fukushima eine Kehrtwende vollzogen und ie erst 2010 beschlossenen Laufzeitverlängerungen on Atomkraftwerken zurückgenommen hat. Die neuen Medien und sozialen Netzwerke eröffnen ns zugleich die Möglichkeit, jenseits traditioneller Meienhoheit Themen über nationale Grenzen hinweg zu ommunizieren und sich politisch zu organisieren. Ein utes Beispiel ist die „occupy-Bewegung“, egal wie man haltlich dazu stehen mag. Wer den Bürger in Europa aber lediglich auf die traße als Artikulationsmöglichkeit verweist, wird ihn Ingo Wellenreuther gebene Reden )

Gerold Reichenbach (SPD):
Rede ID: ID1713935000




(A) )

auf Dauer gegen die europäische Idee mobilisieren und
nicht für sie gewinnen. Will Europa von den Bürgern als
ihres begriffen werden, so muss es ihnen jenseits der
sehr indirekten Strukturen von Rats-, Kommissions- und
Parlamentsentscheidungen direktere demokratische Mit-
wirkungsmöglichkeiten eröffnen.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich von Anfang an
für die Europäische Bürgerinitiative ausgesprochen und
den Prozess begleitet. Da gibt es deutliche Erfolge zu
verzeichnen! Die notwendige Unterstützeranzahl einer
solchen Initiative wurde von 160 000 Bürgerinnen und
Bürger auf 72 000 reduziert.

Die Mindestanzahl der Mitgliedstaaten, aus denen
die Unterstützer kommen müssen, wurde von neun auf
sieben gesenkt. Das ist erfreulich, denn Bürgerinnen und
Bürger aus einem Viertel der Mitgliedstaaten können be-
reits sicherstellen, dass es um Fragen von europaweitem
und nicht nur nationalem Interesse geht.

Bedauerlich ist, dass der Zeitraum für die Sammlung
von Unterstützungsbekundungen nicht von zwölf Mona-
ten auf achtzehn Monate erhöht wurde. Wir haben da-
mals schon gesagt, dass es einen enorm hohen Aufwand
bedeutet, Menschen aus so vielen EU-Mitgliedstaaten
miteinander zu vernetzen und dass das angemessen bei
der Zeitraumbestimmung berücksichtigt werden sollte.

Trotz allem ist es jetzt dringend geboten, die Möglich-
keiten der Bürgerbeteiligung in Europa zügig Realität
werden zu lassen.

Die EU-Verordnung zur Europäischen Bürgerinitia-
tive soll im April 2012 in Kraft treten. Bis dahin müssen
die nationalen Regelungen angepasst sein. Es mag der
Tatsache geschuldet sein, dass es hier um die Anpassung
deutschen Rechts an eine ohnehin unmittelbar geltende
EU-Verordnung ging, was insoweit kaum eigenständi-
gen Regelungsgehalt aufweist. Die SPD-Bundestags-
fraktion hat dennoch erfreut zur Kenntnis genommen,
dass die Bundesregierung die notwendigen Maßnahmen,
einen Gesetzentwurf zur Durchführung der EU-Verord-
nung vorzulegen, ausnahmsweise frühzeitig ergriffen
hat.

Wenn die Regierungen Europas es nicht schaffen,
eine Finanztransaktionsteuer in Europa durchzusetzen,
dann werden mit der Europäischen Bürgerinitiative künf-
tig die Bürgerinnen und Bürger Europas dazu die Gele-
genheit haben.


Klaus Hagemann (SPD):
Rede ID: ID1713935100

Die Menschen in Europa haben bis heute wenige

reale Möglichkeiten, aktiv am europäischen Willensbil-
dungsprozess teilzunehmen. Europa muss dringend nach
grenzübergreifenden Beteiligungsformen über die Wahl
des Europäischen Parlaments hinaus suchen. Gerade
jetzt, in Zeiten der europäischen Krise und der „Wutbür-
ger“, die sich nicht so einfach mit politischen Entschei-
dungen abfinden wollen, sollten die Menschen stets in
Politikprozesse einbezogen werden. Sie müssen die
Chance erhalten, ihre Anliegen zu artikulieren, Argu-
mente auszutauschen und angehört zu werden.

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Zu Protokoll ge

(C (D Mit der Europäischen Bürgerinitiative erhalten Menchen in Europa endlich ein direktdemokratisches Intrument, mit dem die Europäische Kommission gezwunen werden kann, in einem bestimmten Bereich initiativ u werden. Zurzeit wird die europäische Politik von den ürgerinnen und Bürgern der EU oft als bürgerfern und chnokratisch empfunden. Dem muss entgegengewirkt erden. Die Europäische Bürgerinitiative ist ein erster chritt für mehr direkte Teilnahme an europäischen polischen Prozessen für mehr Akzeptanz für die Idee vom ereinten Europa. Sie trägt zu mehr europäischer Soliarität bei, weil sie den Bürgerinnen und Bürgern der itgliedstaaten die Kraft gibt, etwas bewirken zu kön en. Gerade in Zeiten starker finanzieller Turbulenzen nd von Zweifeln an dem europäischen Zusammenhalt t Solidarität unabdingbar. Die Europäische Bürgerinitiative bietet neue, nie da ewesene grenzüberschreitende Partizipationsmöglicheiten. Sie ist dazu da, um europaübergreifend über polische Fragen zu diskutieren. Sie bietet die Chance, eue, aktuelle Themen unmittelbar in die europäische olitik einzubringen. Sie ermöglicht Initiativen und die bermittlung politischer Vorschläge direkt an die Euroäische Kommission. Ich bin davon überzeugt, dass die Europäische Bürerinitiative zum Element eines politischen Frühwarnystems wird, das Defizite auf der EU-Ebene verdeutcht. Sie kann aufzeigen, in welche Richtung sich die olitischen Wünsche und Hoffnungen der Bürgerinnen nd Bürger der EU entwickeln, so wie das zurzeit in eutschland über Petitionen, insbesondere die öffentli hen Petitionen, passiert. Petitionen sind das einzige lement der direkten Demokratie auf Bundesebene. Eine klug genutzte und unbürokratisch umgesetzte ürgerinitiative kann ein Schrittmacher für mehr Bürernähe und Demokratie sein. Sie kann auch eine Waffe egen die Politikverdrossenheit sein. Ich hoffe sehr, dass ie Bürgerinnen und Bürger Europas die Chancen für ehr Beteiligung über die Bürgerinitiative nutzen. Die Politik ist gut beraten, wenn sie die Europäische ürgerinitiative nicht nur schnellstens und unbürokrasch umsetzt, sondern die Bürgerinitiative und ihre reitenwirkung auch aufmerksam verfolgt, nutzt und geührend berücksichtigt. Beschämend ist allerdings, dass s demnächst direktdemokratische Elemente in den ommunen, Ländern und der EU gibt, und auf der Bunesebene direkte Beteiligung nur über das Petitionsrecht öglich ist. Meine letzte Rede zur Europäischen Bürgerinitiative, BI, vom 10. Juni 2010 ist schon einige Zeit her. In der wischenzeit ist viel passiert. Die EU-Verordnung r. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Ras vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative urde verabschiedet. Die Bundesregierung hat ihren esetzentwurf zur Umsetzung dieser Verordnung nun orgelegt. Gerold Reichenbach gebene Reden )

Jimmy Schulz (FDP):
Rede ID: ID1713935200




(A) )

Ich freue mich sehr, dass die EBI durch diesen Ge-
setzentwurf immer greifbarer wird. Aus der Idee, eine
europäische Möglichkeit, sich zu beteiligen, zu etablie-
ren, ist ein konkreter Gesetzentwurf geworden, der das
Verfahren zur Umsetzung einer EBI regelt. Die Idee wird
also zunehmend lebendiger.

Wichtig ist es, Bürgerinnen und Bürger zu einer Bür-
gerinitiative zu ermutigen und zu motivieren – sie mitzu-
nehmen. Gerade deshalb ist es entscheidend, die Verfah-
ren so benutzerfreundlich und einfach wie nur möglich
zu gestalten. Das Verfahren entscheidet schließlich auch
über die Häufigkeit der Anwendung einer EBI. Gleich-
zeitig muss natürlich auch der Datenschutz gewahrt
bleiben.

In meiner ersten Rede zu diesem Thema habe ich ge-
fordert, dass der Schutz der Unterstützerdaten durch die
Organisatoren und die zuständigen Behörden sicherge-
stellt werden muss. Damals wie heute erachte ich es als
besonders wichtig, dass die Möglichkeit der Sammlung
von Unterschriften über das Internet möglich ist. Dies
wird in Art. 6 der EU-Verordnung extra geregelt. Als
erster Schritt zur Umsetzung einer EBI soll in Deutsch-
land durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informa-
tionstechnik, BSI, eine Bescheinigung ausgestellt wer-
den, die den Organisatoren einer EBI die Erfüllung der
Anforderungen zum Onlinesammelsystem gemäß dieses
Art. 6 Abs. 4 bestätigt. Das BSI überprüft also erst ein-
mal das Sammelsystem der Organisatoren auf die fest-
gelegten Datenschutz- und Sicherheitsbestimmungen.
Gibt das BSI das Okay, können die Organisatoren sam-
meln.

In der EU-Verordnung heißt es nämlich, die Online-
sammelsysteme müssen über angemessene Sicherheits-
merkmale und technische Merkmale verfügen. Dies ist
zunächst natürlich sehr zu begrüßen. Der Datenschutz
ist ein wichtiger Aspekt, der garantiert werden muss. Bis
zum 1. Januar 2012 will die Kommission nun noch tech-
nische Spezifikationen für die Umsetzung verabschie-
den. Diese werde ich dann genau betrachten und analy-
sieren.

Neben der Sammlung der Daten müssen diese dann
auch in einem professionellen Verfahren überprüft wer-
den. Das fällt in die Zuständigkeit des Bundesverwal-
tungsamtes. Die Organisatoren übermitteln also die Da-
ten an das Amt. Dieses wird stichprobenartig die
Gültigkeit der Daten überprüfen und arbeitet dafür mit
den Meldebehörden zusammen. Um Missbrauch zu ver-
meiden ist dies ein wichtiger und richtiger Ansatz. Vo-
raussetzung für eine EBI muss natürlich ihre Legitimität
sein, die so bestätigt wird.

Allerdings möchte ich die Vorgehensweise hier nicht
ganz unkritisch stehen lassen. In § 3 Abs. 3 ist festge-
schrieben, welche Daten mit den Melderegistern abge-
glichen werden können. Darunter fallen auch frühere
Anschriften und frühere Namen. In der Begründung
steht, dass zunächst nur die erforderlichen Daten für
den Abgleich genutzt würden, und später erst weitere
wie frühere Adressen zum Tragen kämen:

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Zu Protokoll ge

(C (D Das BVA beschränkt den Datenabgleich auf das zu diesem Zweck Erforderliche, beispielsweise indem es die Überprüfung zunächst nur anhand von Familienname, Vorname, Geburtstag und Anschrift durchführt und nur, wenn anhand dieser Daten keine eindeutige Identifizierung möglich ist, den Datensatz um die frühere Anschrift oder weitere Daten erweitert. Diese Abschichtung ist im Gesetzentwurf leider nicht ngelegt. Hier würde ich mir eine konkretere Festlegung er Vorgehensweise wünschen. Insgesamt sollten wir uns jedoch freuen, dass wir eien Schritt weiterkommen bei der Umsetzung von mehr itspracherechten für alle Europäerinnen und Euro äer. Gerade jetzt brauchen wir das umso mehr. Wir disutieren über die Situation Griechenlands und die beste ösung für ein zusammenwachsendes Europa. Allerings bietet die Debatte auch Raum für Euro-Skeptiker nd Euro-Kritiker. Ich bin davon überzeugt, dass wir durch mehr Partiipationsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger as Gemeinschaftsgefühl für unser Europa weiter stären können. Die EBI ist eine Methode, die Europäische nion bürgernäher zu gestalten. Hier müssen wir alle ber weitere Möglichkeiten nachdenken, die europäiche Politik für die Bürgerinnen und Bürger transparenr und verständlicher zu machen. Ich habe mir jetzt erst einmal den 1. April 2012 als eburtstag der EBI im Kalender markiert, den ich gerne it allen Europäerinnen und Europäern gemeinsam fei rn möchte. Ich hoffe, dass besonders aus Deutschland iele interessante Initiativen kommen werden. Wir beraten heute ein Gesetz zur Durchführung einer uropäischen Verordnung, die keinen großen Wurf dartellt, sondern nur ein kleiner Schritt in Richtung Beteiliungsdemokratie ist. Die EU-Verordnung 211/2011 eröglicht ab April 2012, dass mindestens 1 Million taatsangehörige aus mindestens sieben EU-Mitgliedtaaten die Europäische Kommission auffordern, eine esetzesinitiative zu ergreifen. Wir sollen nun die ent prechenden gesetzlichen Bedingungen dafür schaffen, ass diese Verordnung umgesetzt werden kann. Die Europäische Bürgerinitiative ist nicht mehr als in Massenpetitionsrecht, und es fehlt ihr an Verbindchkeit. Mit dieser Unverbindlichkeit wird ein grundgendes Defizit fortgeschrieben, das der Vertrag von issabon postulierte und das die Linke kritisiert. Er vereigert seinen Bürgerinnen und Bürgern direktdemoratische Partizipation. Auch mit der Europäischen Bürerinitiative bekommen sie nichts an die Hand, das es nen ermöglicht, direkten Einfluss auf die Politik der uropäischen Union zu nehmen. Meine Fraktion hat im Juni vergangenen Jahres den ntrag „Europäische Bürgerinitiative bürgerfreundlich estalten“ ins Parlament eingebracht, mit dem der Veruch unternommen wurde, aus dem halbherzigen Angeot zumindest noch das Bestmögliche im Sinne der Bür Jimmy Schulz gebene Reden )

Halina Wawzyniak (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713935300




(A) )

gerinnen und Bürger zu machen. Wir haben goutiert,
dass die Europäische Bürgerinitiative ein Instrument
sein kann, grenzüberschreitende Debatten anzustoßen
und zum Aufbau einer europäischen Öffentlichkeit bei-
zutragen. Wir haben aber auch gesagt, einen Schritt zur
unmittelbaren Volksgesetzgebung stelle sie indes nicht
dar. Aber, wie wir – im Zusammenhang mit der Frage
nach Volksabstimmungen zu europäischen Fragen – erst
wieder in den vergangenen Tagen seitens der CDU hö-
ren konnten: Es ist auch gar nicht gewünscht, dass die
Menschen in diesem und allen anderen Mitgliedslän-
dern der Europäischen Union mehr Beteiligungsmög-
lichkeiten haben und größeren Einfluss auf politische
Entscheidungen nehmen können. Bundestagspräsident
Norbert Lammert hat es deutlich gemacht, indem er
sagte: „Das Hauptproblem der Leute scheint mir nicht
zu sein, dass sie sich von Entscheidungen ausgeschlos-
sen fühlen, die sie selbst fällen möchten. Im Gegenteil:
Die meisten fühlen sich von diesen Fragen zwar betrof-
fen, aber auch überfordert. Sie wollen doch nicht ernst-
haft die Entscheidung anstelle der gewählten Gremien
treffen.“ Diese Art des Paternalismus ist es, die den
Geist des Vertrages von Lissabon ausmacht und die ver-
hindert, dass wir in Deutschland und in der EU auch nur
ein Stück vorankommen in Richtung direkter Bürgerin-
nen- und Bürgerbeteiligung. Eine ehrliche Antwort aller
Bundestagsabgeordneten auf die Frage, ob sie vollstän-
dig verstehen, worüber sie beim dauerhaften Euro-Ret-
tungsschirm ESM abstimmen, oder sich überfordert füh-
len, überraschte uns sicher.

Gut ist, dass die Bundesregierung mit dem vorliegen-
den Entwurf zur Europäischen Bürgerinitiative zumin-
dest von ihrem ursprünglichen Plan, die Kosten, die bei
Onlinebürgerinitiativen entstehen, teilweise an die Or-
ganisatoren durchzureichen, absieht. Es wäre auch ei-
ner Verhöhnung der Menschen gleichgekommen, die in-
itiativ werden und sich im Sinne der Fortentwicklung
unserer Demokratie engagieren.

Die EBI ist keine bedeutende Neuerung in Richtung
„Europa für Bürgerinnen und Bürger“. Sie bietet zwar
vernetzten Organisationen die Möglichkeit, initiativ zu
werden; für alle anderen aber ist sie zu elitär. Die EBI
hat kein wirkliches Initiativrecht und bietet keine Mög-
lichkeit, die Politik tatsächlich zu beeinflussen. So ent-
steht kein europäisches Bewusstsein, das sich daraus
nährt, auf politische Prozesse einwirken, sie mitgestal-
ten zu können. Sie ist nur ein bisschen mehr als Kosmetik
und hat mit wirklicher europäischer Bürgerbeteiligung
wenig zu tun. Sie wird das strukturelle Demokratiedefizit
der Europäischen Union nicht aufheben, auch weil es
die Mitgliedstaaten der Union sind, die ein europäisches
Bewusstsein zu verhindern suchen. Wir fordern die Bun-
desregierung auf, auf europäischer Ebene die Initiative
für mehr direkte demokratische Bürgerinnen- und Bür-
gerbeteiligung zu ergreifen.


Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713935400

Das Jahr 2012 wird für Europa und die europäische

Idee ein gutes Jahr. Ab dem 1. April 2012 wird es für
jede Europäerin und jeden Europäer möglich sein, eine
Europäische Bürgerinitiative einzuleiten. Adressat der

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3
Zu Protokoll ge

(C (D itiative ist die EU-Kommission. Sie soll geeignete andlungsvorschläge zu Themen unterbreiten, die der msetzung der europäischen Verträge dienen. In Zeiten, in denen sich Europa in einer tiefen Krise efindet wie seit Jahrzehnten nicht mehr, ist die Euroäische Bürgerinitiative Balsam für die Seele eines jeen überzeugten Europäers. Die europäische Integraon kommt damit unmittelbar bei den Bürgerinnen und ürgern an. Jetzt können die Bürgerinnen und Bürger er Europäischen Union direkt die Politik der Europäichen Union mitgestalten, zusätzlich zu den alle fünf ahre stattfindenden Wahlen zum Europäischen Parlaent. Die Europäische Union etabliert mit der Europäi chen Bürgerinitiative das erste staatenübergreifende ürgerbeteiligungsinstrument weltweit. Die damit einergehende Ausstrahlungskraft dürfte auch über die renzen Europas hinaus wahrgenommen werden. Der Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Verordung über die Bürgerinitiative gibt dieser Bundesregieung gleichwohl keinen Grund, sich auf die Schulter zu lopfen. Die Europäische Bürgerinitiative ist nicht auf ngagiertes Betreiben der Bundesregierung oder der egierungsfraktionen entstanden. Das deckt sich im Übigen auch mit Ihrem mäßigen Engagement für direkte emokratie und Bürgerbeteiligung auf Bundesebene. An er Wiege der Europäischen Bürgerinitiative standen ie Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union nd ihre Initiativen. Wir Grünen haben diesen Prozess on Anfang an intensiv begleitet und uns bereits im Eupäischen Konvent, später im Europäischen Parlament nd auch hier im Bundestag für eine bürgerfreundliche usgestaltung der Europäischen Bürgerinitiative eingeetzt. Die Bundesregierung unterdessen versuchte in ihrem rsten Entwurf zur Umsetzung der EU-Verordnung, die ürgerinitiative gen null zu führen. Wie sonst lässt sich rklären, dass engagierte Bürgerinnen und Bürger für ie Wahrnehmung ihres demokratischen Rechts zur asse gebeten werden sollten? Die Bundesregierung atte allen Ernstes vor, die Kostenlast zur Zertifizierung on Onlinesammelsystemen auf die Organisatorinnen nd Organisatoren der Bürgerinitiativen abzuwälzen. nser Protest vom 18. Juli dieses Jahres hat dazu beigeagen, diese von der Bundesregierung beabsichtigte ürde gegen mehr direkte Demokratie zu verhindern. amit sind die Rechte der Bürgerinnen und Bürger, die ich aus dem Vertrag von Lissabon ergeben, nun ausreihend gewahrt. Gemeinsam können wir daher feststeln, dass die kostenfreie Nutzung der Europäischen Bürerinitiative ein Erfolg ist. Es ist auch ein Erfolg, dass die Hürden, die die Euroäische Kommission zunächst in die Ausgestaltung der ürgerinitiative eingebaut hatte, nun abgebaut sind. Wir rünen haben daran intensiv mitgearbeitet. Im Einzelen: Die Anzahl der Mitgliedstaaten, in denen Unterchriften für die Initiative gesammelt werden müssen, ist uf ein Viertel, also auf jetzt sieben Mitgliedstaaten, abesenkt worden. Die Zulässigkeitsprüfung findet gleich m Anfang – und nicht erst nach dem Sammeln von über 00 000 Unterschriften – statt. Die Initiatoren zulässi Halina Wawzyniak gebene Reden Ingrid Hönlinger )








(A) )

ger Bürgerinitiativen haben ein Recht auf Anhörung bei
der EU. Die Kommission und das Europäische Parla-
ment stellen sicher, dass diese Anhörung im Europäi-
schen Parlament stattfindet, dass gegebenenfalls andere
Organe und Einrichtungen der Union an der Anhörung
teilnehmen und dass die Kommission auf geeigneter
Ebene vertreten ist. Bürgerinnen und Bürger können da-
mit nicht mehr nur mit einem Brief der EU-Kommission
abgespeist werden. Es wird eine Open-source-Software
für die Onlineunterschriftensammlung geben. Die Euro-
päische Kommission wird eine Kontaktstelle für Bera-
tungen und Nachfragen einrichten.

Die Europäische Bürgerinitiative ist ein Schritt in die
richtige Richtung. Aber sie ist nur ein erster Schritt. Wir
Grüne wollen mehr. Wir wollen, dass sich die EU-Kom-
mission nicht nur mit dem Anliegen der Initiative befas-
sen muss, um dann eventuell nach Belieben einen ent-
sprechenden Gesetzesvorschlag zu erarbeiten. Wir wollen
mehr direkte Entscheidungsmöglichkeiten, die über die
bloße Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der
politischen Agenda hinausgehen. Europa sollte seinen
Bürgerinnen und Bürgern mehr zutrauen. Wir tun es und
fordern auch die Bundesregierung und die Regierungs-
koalition dazu auf. Vertrauen Sie den Menschen, und öff-
nen Sie die Türen für mehr Demokratie in der Europäi-
schen Union!


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713935500

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-

wurfs auf Drucksache 17/7575 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

Nachhaltige Entwicklung in Subsahara-Afrika
durch die Stärkung der Menschenrechte för-
dern

– Drucksache 17/7370 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Reden zu
diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu nehmen. –
Sie sind damit einverstanden. Die Namen der Kollegin-
nen und Kollegen liegen dem Präsidium vor.1)

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/7370 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Sie sind damit ein-
verstanden. Widerspruch erhebt sich nicht. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

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T1) Anlage 4

(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über Verkündung und Bekanntmachungen – Drucksache 17/6610 – Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses – Drucksache 17/7560 – Berichterstattung: Abgeordnete Dr. Patrick Sensburg Dr. Edgar Franke Mechthild Dyckmans Jens Petermann Ingrid Hönlinger Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die eden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolleinnen und Kollegen liegen dem Präsidium vor. Art. 82 GG verlangt, dass die nach den Vorschriften ieses Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze im undesgesetzblatt verkündet werden. Das vorliegende esetz zur Änderung von Vorschriften über Verkündung nd Bekanntmachungen setzt an dieser grundgesetzlihen Regelung an und geht einen fortschrittlichen Weg, dem es die nicht mehr zeitgemäße Form der Veröffentchung im Bundesgesetzblatt durch eine elektronische orm der Veröffentlichung im Bundesanzeiger ersetzt. Der Bundesanzeiger wird nun ausschließlich in elekonischer Form erscheinen, da das Nebeneinander von undesanzeiger und elektronischem Bundesanzeiger icht mehr erforderlich und zudem unwirtschaftlich ist. Wie die bisherige gedruckte Fassung des Bundesaneigers enthält auch die elektronische Form zwei Teile; inen amtlichen Teil und einen Teil für beispielsweise erichtliche Bekanntmachungen, Bekanntmachungen er Kommunen und gesellschaftsrechtliche Bekanntmahungen. Die beschriebenen Bekanntmachungen und Verkünungen erhalten ihre rechtsverbindliche Fassung mit er Einstellung in das Internet. Personen ohne Internetugang erhalten Ausdrucke des Bundesanzeigers oder estimmter Teile des Bundesanzeigers gegen ein Entgelt. Drei Aspekte sprechen für die ausschließliche Veröfntlichung in elektronischer Form: Zuerst ist hier zu nennen, dass der Zugang der Bevölerung zu den Gesetzestexten deutlich vereinfacht wird. leichzeitig erhält der Informationssuchende die Mögchkeit, die Suchfunktionen der elektronischen Fassung u nutzen und einen umfassenden Einblick in die jeweilien Ausgaben des Bundesanzeigers zu erhalten. Somit ewinnt der Informationssuchende Zeit bei der Recherhe, und die Zurverfügungstellung der zu verkündenden exte erfolgt ebenfalls ohne Zeitverzug. )

Dr. Patrick Sensburg (CDU):
Rede ID: ID1713935600

(A) )

Weiter wird der Zugang aus dem Ausland erst durch
die elektronische Veröffentlichung ermöglicht. Durch
die elektronische Veröffentlichung erhält somit nicht nur
jeder in Deutschland wohnende Interessierte Zugang,
sondern auch jede Person, die im Ausland wohnt und In-
teresse an den in Deutschland verkündeten Texten hat.
Im europäischen Kontext wird so ein Zusammenwachsen
gefördert.

Letztlich können durch die Umstellung auf die elek-
tronische Verkündung bei Druck und Vertrieb Kosten-
einsparungen realisiert werden. Diese Einsparungen
kommen der Wirtschaft zugute. Dies ist dem Umstand
geschuldet, dass nach dem Vertrag mit der Bundesanzei-
ger Verlagsgesellschaft Kostensenkungen weiterzuge-
ben sind.

Mit dem heute zu beschließenden Gesetz zur Ände-
rung von Verkündung und Bekanntmachungen wird aber
gleichzeitig eine Korrektur des Gesetzes zur Reform der
Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom
29. Juli 2009, Bundesgesetzblatt I, Seite 2258, beschlos-
sen. Die entsprechenden Korrekturen und Änderungen
sind im Wesentlichen die grundlegende Neukonzeption
der Vermögensverzeichnisse und der Schuldner-ver-
zeichnisse. Die Vermögensverzeichnisse und die Schuld-
nerverzeichnisse werden derzeit in Papierform geführt
und lokal bei den einzelnen Vollstreckungsgerichten ver-
waltet. Dies beeinträchtigt die Effektivität von Vollstre-
ckungsmaßnahmen des Gläubigers erheblich.

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der
Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung am 1. Ja-
nuar 2013 werden die Vermögensverzeichnisse künftig in
jedem Land zentral an einem Vollstreckungsgericht ver-
waltet. Die Schuldnerverzeichnisse werden zentral an
diesem Vollstreckungsgericht geführt. Beides erfolgt
künftig in elektronischer Form.

Im Zuge der Ausarbeitung der Verordnung über das
Vermögensverzeichnis hat sich Anpassungsbedarf bei
den gesetzlichen Grundlagen für den Erlass der Verord-
nungen ergeben. Die Änderungen sind für den Erlass ei-
ner widerspruchsfreien Verordnung, die auf die prakti-
schen Bedürfnisse der Länder abgestimmt ist, zwingend
notwendig.

Das Gesetz über Änderungen von Vorschriften über
Verkündungen und Bekanntmachungen, das einerseits
eine elektronische Form des Bundesanzeigers festlegt
und gleichzeitig einige notwendige Korrekturen an dem
Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangs-
vollstreckung vornimmt, stellt für den interessierten
Bürger eine Erleichterung in zeitlicher Hinsicht dar und
schafft eine zeitnähere Informationsmöglichkeit des
Bürgers. Gleichzeitig führt die Einführung des elektroni-
schen Bundesanzeigers zur Einsparung von Druck- und
Vertriebskosten, ohne solche Kosten ungerechtfertigter
Weise umzuverteilen.

Auch im Hinblick auf die Entwicklungen in der Euro-
päischen Union ist die Einführung des elektronischen
Bundesanzeigers notwendig. Das Amtsblatt der Euro-
päischen Union wird nun elektronisch veröffentlicht.
Das entsprechende Gesetz wurde am 27. Oktober 2011

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(C (D zweiter und dritter Lesung beraten und angenommen. amit nun der deutsche Standard der Veröffentlichung es Bundesanzeigers nicht hinter dem europäischen tandard zurückbleibt, ist die Einführung des elektronichen Bundesanzeigers unabdingbar. Der Einwand, dass nicht jedem der Zugang zum Bunesanzeiger möglich sei, da Ausdrucke nur gegen Entelt erhalten werden können, schlägt fehl. § 6 Abs. 2 des esetzes zur Änderung von Vorschriften über Verkünungen und Bekanntmachungen schreibt fest, dass Verffentlichungen im amtlichen Teil des Bundesanzeigers on jedermann unentgeltlich ausgedruckt und gespeihert werden können. Lediglich der Bezug einzelner Verffentlichungen ist entgeltpflichtig. Jeder hat mithin die öglichkeit, den amtlichen Teil des Bundesanzeigers ntgeltfrei einzusehen. Da das vorliegende Gesetz mithin bei Schaffung vier Vorteile für den interessierten Bürger und sogar fianzieller Einsparmöglichkeiten keinerlei Nachteile irgt, darf ich um die Zustimmung zu diesem Gesetz weren. Auch hier zeigt sich einmal mehr, dass die christlichberale Koalition selbst bei so praktischen Vorhaben ie der elektronischen Veröffentlichung des Bundesan eigers gleichzeitig fortschrittliche und an den Interesen der Bürger orientierte politische Entscheidungen llt. Der Bundesanzeiger soll künftig ausschließlich elek onisch geführt werden. Mit dem vorliegenden Gesetzntwurf soll das Verkündungsund Bekanntmachungsesen des Bundes für den Bereich der Verkündungen nd Bekanntmachungen im Bundesanzeiger nur noch lektronisch erfolgen. Die Rechtsnormen sind der Öffentlichkeit in einer eise förmlich zugänglich zu machen, dass die Betroffeen sich verlässlich Kenntnis von ihrem Inhalt verschafn können. Nach Art. 82 Abs. 1 Satz 1 des Grundgeset es werden die nach den Vorschriften des Grundgesetzes ustande gekommenen Gesetze vom Bundespräsidenten ach Gegenzeichnung ausgefertigt und im Bundesgeetzblatt verkündet. Rechtsverordnungen des Bundes erden nach Art. 82 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes on der Stelle, die sie erlässt, ausgefertigt und grundätzlich ebenfalls im Bundesgesetzblatt verkündet. echtsverordnungen können alternativ gemäß Art. 82 bs. 1 Satz 2 GG in Verbindung mit den Regelungen des esetzes über die Verkündung von Rechtsverordnungen, VVerkG, auch im Bundesanzeiger verkündet werden. In elektronischer Form sollen Verkündungen und Beanntmachungen im Bundesanzeiger künftig unproblemasch bereitgestellt werden. Die Bezeichnung „Bundesanzeier“ wird weitergeführt. Das nutzt dem Bekanntheitsgrad es Organs und unterstreicht die grundgesetzlich geforderte erlässlichkeit. Ein wichtiges Argument für die ausschließliche Einhrung des elektronischen Bundesanzeigers ist die er ebliche Kosteneinsparung. Druck und Vertrieb des Dr. Patrick Sensburg gebene Reden )

Dr. Edgar Franke (SPD):
Rede ID: ID1713935700




(A) )

Bundesanzeigers verursachen hohe Kosten. Der Auf-
wand für die Herstellung einer Papierausgabe für Infor-
mationen, wie etwa Tarife oder technische Regeln, die
nur von einem vergleichsweise kleinen Kreis von Spezi-
alisten nachgefragt werden, ist unverhältnismäßig. Der
Gesetzentwurf führt zu Recht aus, dass mit dem elektro-
nischen Bundesanzeiger inzwischen eine funktionsfä-
hige elektronische Veröffentlichungsmöglichkeit besteht,
die dem bisherigen gedruckten Bundesanzeiger überle-
gen ist.

Durch die Veröffentlichung im elektronischen Bun-
desanzeiger werden die Rechtsnormen der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht. Der gedruckte Bundesanzeiger
wurde nur noch von etwa 1 700 Abonnenten bezogen.
Die elektronische Fassung bietet über das Internet eine
sehr gute Verbreitungsmöglichkeit. Zu Recht wird im
Gesetzentwurf festgestellt, dass ein Nebeneinander von
Bundesanzeiger und elektronischem Bundesanzeiger da-
mit nicht mehr erforderlich und unwirtschaftlich ist.

Durch eine Zusammenführung der verschiedenen
Verkündungen im elektronischen Medium können die
Anforderungen an eine ordentliche Verkündung auf Voll-
ständigkeit einerseits und einfache Handhabbarkeit so-
wie zügige Veröffentlichung andererseits ideal erfüllt
werden.

Bei der Bekanntmachung muss aber auch die Identi-
tät des Textes selbst sichergestellt werden. Dies betrifft
zum einen die „Authentizität“, die inhaltliche Überein-
stimmung mit der Originalvorlage. Das hat auch mit
„Amtlichkeit“ zu tun. Die Bürgerinnen und Bürger ver-
trauten darauf, dass fehlerhafte oder gar falsche Texte
schnell erkannt und publik gemacht werden. Dieses Ver-
trauen, das vor allem auch mit der greifbaren Verfüg-
barkeit der Hefte verbunden ist, fehlt dem elektronischen
Dokument. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Er-
scheinungsbild eines Gesetzblattes imitiert wird und ge-
zielt Fälschungen in Umlauf gebracht werden. In den
Begründungen zu den einzelnen Paragrafen des Gesetz-
entwurfs ist zur Umsetzung des § 7 die Verwendung und
Beifügung einer qualifizierten elektronischen Signatur
entsprechend dem Signaturgesetz vorgesehen.

Die Überprüfung sollte aber für den Anwender direkt
möglich sein, das heißt, die Überprüfung muss direkt auf
der Webseite des Bundesanzeigers angeboten werden.
Es darf nicht sein, dass die Anwender eine Software von
Drittanbietern erst auswählen, dann downloaden und
installieren müssen.

Zum anderen betrifft dies die Formatierung der In-
halte. Die Sicherungsanforderungen des § 7 Abs. 2 se-
hen vor, dass ein Dokument in einem ständig und dauer-
haft verfügbaren und lesbaren Format bereitgestellt
wird. Durch technische Vorkehrungen muss sicherge-
stellt sein, dass nachträgliche inhaltliche Veränderun-
gen eines Dokuments zuverlässig erkennbar sind.

Dies kann nach unserer Auffassung und bestätigt
durch die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für
Recht und Informatik e. V., die DGRI, das PDF-Format
gewährleisten. Das Portable Document Format ist ein

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(C (D tändig und dauerhaft verfügbares Format, das den ISOtandards entspricht. Der Änderungsantrag der Regierungsfraktionen beifft fast ausschließlich unwesentliche redaktionelle Änerungen. Außerdem soll durch Änderung des § 802 k bs. 1 ZPO ass die Länder eine zentrale und länderübergreifende atensammlung einrichten und per Internet verfügbar alten können, unter der eine Einsichtnahme in die Verögensverzeichnisse möglich ist. Diese soll allerdings rst im Jahr 2013 in Kraft treten. Vermögensverzeichnisse müssen angelegt werden im ahmen der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ach der Abgabenordung wegen Steuerschulden und im ahmen einer Vermögensauskunft, die vom Gerichtsollzieher bei der Vollstreckung von Geldforderungen bverlangt werden kann. Die Einsichtnahme ist möglich für Gerichtsvollzieher, ollstreckungsgerichte, Insolvenzgerichte, Registergeichte und Strafverfolgungsbehörden. Bisher gibt es eine olche bundesweite Datensammlung nach § 882 b ZPO ur für das Schuldnerverzeichnis, in das Name, Adresse, eburtsdatum und Aktenzeichen von Schuldnern eingeagen werden, wenn die Eintragung im Rahmen der wangsvollstreckung, der Eintreibung einer Steuerchuld oder im Rahmen eines Insolvenzverfahrens angerdnet wird. Die zentrale bundesweite Sammlung von Vermögenserzeichnissen ist ein großer Datensammelschritt, aber ichtig. Ohne diese Sammlung müssten die Behörden nd Gerichte erst das bundesweite Schuldnerverzeichnis insehen und dann in den Ländern nachforschen, ob es ort Vermögensverzeichnisse gibt. Das Gesetz zur Änderung von Vorschriften über Ver ündung und Bekanntmachungen hat zum einen das iel, den Bundesanzeiger künftig ausschließlich elektroisch über das Internet herauszugeben. Darüber hinaus werden weitere Änderungen der ZPO nd der Abgabenordnung vorgenommen, die im Wesentchen Korrekturen hinsichtlich der Vorschriften über ie Vermögensverzeichnisse enthalten. Diese unterschiedlichen Regelungsmaterien bedinen auch eine Anpassung des Titels des Gesetzes. Der Bundesanzeiger wird künftig ausschließlich elekonisch über das Internet herausgegeben werden. Dait wird das Nebeneinander von Bundesanzeiger und lektronischem Bundesanzeiger, das seit Inbetriebahme der elektronischen Veröffentlichung im Jahr 002 besteht, aufgegeben. Der gedruckte Bundesanzeier, dessen Druck und Vertrieb hohe Kosten verursahen, wurde zuletzt nur noch von etwa 1 200 entgeltflichtigen Abonnenten in einer Stückzahl von 1 700 xemplaren bezogen, während die Verbreitungsmögchkeit über das Internet wesentlich mehr Interessenten rreicht. Jeder Bürger hat die Möglichkeit, über den eienen Internetanschluss, ein Internetcafe oder eine öf Dr. Edgar Franke gebene Reden )

Mechthild Dyckmans (FDP):
Rede ID: ID1713935800




(A) )

fentliche Bibliothek Einsicht in den elektronischen Bun-
desanzeiger zu nehmen. Daneben erhalten Personen, die
mit dem Internet nicht umgehen wollen oder können, die
Möglichkeit, Ausdrucke des Bundesanzeigers oder be-
stimmter Teile davon gegen Entgelt zu beziehen. Die
elektronische Veröffentlichung wird inzwischen auf-
grund spezieller Ermächtigungen in verschiedenen Ge-
setzen sicher und erfolgreich auch für die Verkündung
von Rechtsverordnungen genutzt. Damit liegen ausrei-
chende Erfahrungen mit diesem Medium vor, und ein
Nebeneinander von gedruckter Fassung und elektroni-
schem Bundesanzeiger ist nicht mehr erforderlich und
darüber hinaus auch unwirtschaftlich.

Durch die neue Form der Veröffentlichung wird der
Zugang der Bevölkerung zu den Gesetzestexten wesent-
lich verbessert. Die Gesetze werden schneller und leich-
ter auffindbar und auch die jederzeitige Einsicht vom
Ausland her wird erst durch die elektronische Verkün-
dung möglich.

Wichtig ist, dass die Funktion des Bundesanzeigers
als Bekanntmachungs- und Verkündungsorgan erhalten
bleibt, und ebenso wichtig ist, dass ein sicheres Verfah-
ren entwickelt wurde, das Authentizität und Dauerhaf-
tigkeit der veröffentlichten Texte gewährleistet.

Mit der Umstellung auf die alleinige elektronische
Verkündung und Bekanntmachung des Bundesanzeigers
können auch praktische Erfahrungen gesammelt werden
auf dem Weg zu einem einheitlichen elektronischen
Rechtsinformationssystem.

Der zweite Hauptgegenstand des Gesetzentwurfs be-
trifft im Wesentlichen Korrekturänderungen des Geset-
zes zur Reform der Sachaufklärung, das zum 1. Januar
2013 in Kraft tritt und eine Vielzahl von Verbesserungen
bei der Informationsgewinnung bei der Durchführung
der Zwangsvollstreckung mit sich bringt. Schuldner-
und Vermögensverzeichnis werden künftig zentral ver-
waltet und in elektronischer Form geführt, wobei die
Einzelheiten betreffend Verwaltung und Löschung der
Verzeichnisse durch Rechtsverordnung geregelt werden.
Im Rahmen der Ausarbeitung der Verordnungen hat sich
ein Korrekturbedarf bei den gesetzlichen Grundlagen
für ihren Erlass ergeben, der zeitnah vorgenommen wer-
den muss, damit die Länder ausreichend Gelegenheit
haben, die elektronische Führung der Verzeichnisse ein-
zuführen. Dabei befürworten die Länder ausdrücklich
einen einheitlichen bundesweiten Abruf der Vermögens-
verzeichnisse über eine Adresse im Internet. Dies soll
durch § 802 k Abs. 1 ZPO ermöglicht werden.

Mit der heutigen Verabschiedung des Gesetzes zeigt
der Gesetzgeber, dass er die moderne Informations- und
Kommunikationstechnologie auch in Gesetzgebung und
öffentlicher Verwaltung verantwortungsbewusst ein-
setzt.


Jens Petermann (Plos):
Rede ID: ID1713935900

Der Bundesanzeiger wird seit Jahrzehnten in Papier-

form durch das Bundesministerium für Justiz veröffent-
licht. Daneben wurde am 30. August 2002 der elektroni-
sche Bundesanzeiger eingerichtet. Beide werden mittler-

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(C (D eile für gesellschaftliche und amtliche Bekanntmahungen sowie für die Verkündung von Rechtsverordungen genutzt. Im Zuge der Entwicklung hin zu einer papierlosen zw. papierarmen Verwaltung begrüßt die Linke die auschließlich elektronische Herausgabe des Bundesanzeiers über das Internet. Zudem ist nach Ausführungen es Statistischen Bundesamtes die Bedeutung der kosnintensiven Papierform stark zurückgegangen. Alles allem ein Schritt in die richtige Richtung. Doch nun kommt das obligatorische Aber der Linken: er umfangreiche Änderungsantrag der Koalition zu ihm eigenen Gesetzentwurf beseitigt fast ausschließlich ehler, die redaktioneller Natur sind. Aber: Ganz am nde taucht auf einmal ein neuer Artikel zur Zivilproessordnung auf. Und was regelt dieser? Absolut gar ichts, was mit dem elektronischen Bundesanzeiger zu n hat. Nein, laut Begründung werden vermeintliche ehler, die mit dem Gesetz zur Reform der Sachaufkläung in der Zwangsvollstreckung gemacht wurden, ausebügelt. Das heißt, in einem laufenden Gesetzgebungserfahren zu einer speziellen Sachmaterie wird eine ollkommen neue Sachmaterie ohne Bezug zum urprünglichen Gesetz behandelt. Und um dem ganzen organg noch eine Krone aufzusetzen, hat die Koalition ersucht, das gesamte Verfahren ohne Debatte in einer rsten, zweiten und dritten Lesung durch den Bundestag u schleusen. Aber nicht mit uns! Die Vorgehensweise, infach einem Gesetzentwurf durch einen Änderungsanag eine völlig fremde Materie ohne Sachzusammenang anzuhängen, in der Hoffnung, dass es niemand beerken wird, ist unseres Erachtens eine unzulässige mgehung der formellen Vorschriften zum Gesetzgeungsverfahren. Auf diese Weise wird die erste Lesung er neuen Sachmaterie übergangen, sodass sich der undestag nicht in verfassungskonformer Weise mit der aterie beschäftigen konnte. Meine Damen und Herren er Koalition, es hat schon seinen Sinn, jede Gesetzesnderung in drei Lesungen im Bundestag zu verhandeln. inden Sie nicht? Da die Koalition diese Verfahrensweise häufiger ählt, habe ich beim Wissenschaftlichen Dienst des eutschen Bundestages ein Gutachten in Auftrag gegeen. Dieses hatte die Frage zu klären, ob dieses Omniusverfahren mit Art. 76 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar t. Darin heißt es: Eine Veränderung eines Gesetzenturfs durch Änderungsbeschlüsse des federführenden usschusses würde verfassungsrechtlich dann probleatisch, wenn sie auf ein dem Ausschuss nicht zustehenes Gesetzesinitiativrecht hinauslaufen würde. Die Gechäftsordnung des Deutschen Bundestages regelt, dass ie Ausschüsse dem Bundestag bestimmte Beschlüsse ur empfehlen dürfen, wenn sie sich auf die in ihren Vorgen oder mit diesen in unmittelbaren Sachzusammen ang stehenden Fragen beziehen. Ein eigenes Initiativcht gegenüber dem Plenum steht den Ausschüssen icht zu – § 62 Abs. 1 Geschäftsordnung des Deutschen undestages. Mechthild Dyckmans gebene Reden Jens Petermann )








(A) )

Der Geschäftsordnungsausschuss hat in seiner Ausle-
gungsentscheidung vom 15. November 1984 Folgendes
festgelegt: Ausschussmitglieder dürfen bei der Beratung
eines Gesetzentwurfs Anträge zu seiner Änderung oder
Ergänzung einbringen, die in unmittelbarem Sachzu-
sammenhang zu der Vorlage stehen. Ein unmittelbarer
Sachzusammenhang ist anzuerkennen, wenn die Ergän-
zungen am Gesetzgebungsgrund oder an den Gesetzge-
bungszielen der ursprünglichen Vorlage anknüpfen.

Da im vorliegenden Fall durch den Änderungsantrag
Vorschriften zur Zwangsvollstreckung aufgenommen
wurden, die mitnichten mit dem Gesetzgebungsgrund
oder auch den Gesetzgebungszielen, den elektronischen
Bundesanzeiger festzuschreiben, verknüpfbar sind, ist
der erforderliche Sachzusammenhang nicht gegeben.
Durch Annahme dieses Änderungsantrages und Vorlage
zum Plenum verstößt der Rechtsausschuss gegen seine
Pflicht aus § 62 Geschäftsordnung des Bundestages und
maßt sich das Gesetzgebungsinitiativrecht des Art. 76
Abs. 1 Grundgesetz an. Das ist nicht hinnehmbar.

Die Linke kann nicht sehenden Auges einem nicht
verfassungsgemäß entstandenen Gesetzentwurf die Zu-
stimmung erteilen und muss demnach unabhängig von
den inhaltlichen Erwägungen leider mit Ablehnung vo-
tieren.


Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713936000

Das Internet und andere elektronische Medien gewin-

nen in unserer Gesellschaft immer mehr an Bedeutung.
Über das Internet können wir auf eine unendliche Fülle
von Dokumenten zugreifen. Die Informationsbeschaf-
fung ist auf diese Weise leichter und vor allem schneller
geworden. Im Laufe der Zeit haben wir uns immer wie-
der neuen technischen Herausforderungen gestellt und
haben unser Leben daran angepasst. E-Mails haben bin-
nen kürzester Zeit dem Briefverkehr den Rang abgelau-
fen. Eine komplett neue Infrastruktur der Kommunika-
tion hat sich eröffnet. Wer kann sich heute noch eine
Welt ohne elektronische Medien vorstellen?

Auch die deutsche Verwaltung und Justiz haben sich
den Möglichkeiten der elektronischen Kommunikation
gegenüber aufgeschlossen gezeigt. Eine klare Tendenz
zur verstärkten Nutzung elektronischer Kommunika-
tionsformen ist erkennbar. Nicht umsonst entstehen neu-
deutsche Begriffe wie „E-Justice“, die elektronische
Justiz. Als erfolgreiches Beispiel der elektronischen Jus-
tiz möchte ich hier das EGVP nennen – das Elektroni-
sche Gerichts- und Verwaltungspostfach. Das EGVP ist
eine Software, die es Verfahrensbeteiligten ermöglicht,
mit Gerichten, Behörden und untereinander elektroni-
sche Nachrichten schnell und sicher auszutauschen.
Zum einen macht dies eine effizientere Bearbeitung bei
den Gerichten und Behörden möglich. Zum anderen er-
leichtert es den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu
Gericht und Behörden. Mitte dieses Jahres waren bereits
45 000 Nutzer des EGVP registriert, wie dem Internet zu
entnehmen ist.

Die elektronische Fassung des Bundesanzeigers ist
bereits heute jedem Internetnutzer frei zugänglich. Die
Onlineversion erleichtert nicht nur den Zugriff auf den

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(C (D undesanzeiger, sondern vereinfacht auch die Recherhe. Jede und jeder Internetnutzer kann jederzeit gezielt formationen zu bestimmten Rubriken oder mittels Vollxtsuche erlangen. Wird die Druckversion des Bundesnzeigers abgeschafft, wie mit dem Entwurf, den wir eute diskutieren, geplant, verringern sich Verwaltungsufwand und Bürokratiekosten. Die Verkündung wird eschleunigt. Deutschland kann so auch im internatioalen Trend hin zur verstärkten Elektronisierung mithaln. Die Europäische Union plant übrigens gerade, die lektronische Fassung des Amtsblatts der Europäischen nion als rechtsverbindliche Version einzuführen. Bei allen Vorteilen dürfen wir aber nicht außer Acht ssen, dass nicht alle Bürger am technischen Fort chritt gleichermaßen teilhaben. Deshalb müssen wir ewährleisten, dass auch Nichtinternetnutzern der Zuriff auf den Bundesanzeiger möglich bleibt. Niemand arf aufgrund technischer Barrieren vom Informationsugang ausgeschlossen werden oder Nachteile erleiden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht hierzu or, dass Ausdrucke einzelner Veröffentlichungen des undesanzeigers gegen ein angemessenes Entgelt beim etreiber des Bundesanzeigers bezogen werden können. er Zugang zur elektronischen Version ist demgegenber kostenfrei. Menschen ohne Internetzugang sind in er Regel ältere Personen oder Personen, die in sehr ndlichen Gegenden leben. Für diese ist häufig auch er Zugang zu einer Bibliothek nicht ohne Weiteres mögch. Wir müssen darauf achten, dass das verlangte Entelt für einen Ausdruck des Bundesanzeigers tatsächlich angemessen“ ist. Kosten, die über Bearbeitungsgebühn und Porto hinaus gehen, sind nach meiner Ansicht ine unzulässige Diskriminierung der Menschen, die einen Internetzugang haben. Dem müssen wir vorbeuen. Mit dem Gesetzentwurf haben wir die Möglichkeit, rfahrungen mit Onlineveröffentlichungen zu sammeln. iese Erfahrungen können wir auch dazu nutzen, nlineveröffentlichungen weiterer amtlicher Blätter, ie zum Beispiel des Bundesgesetzblattes, anzustoßen. ie Elektronisierung von Dokumenten ist zwar keine eue Idee, jedoch kann sie für die elektronische Veröfntlichung von Bundesblättern ein Pilotprojekt bilden. Wir sollten zukunftsgerichtet denken und uns neuen öglichkeiten nicht verschließen. Gleichzeitig sollten ir uns vom technischen Fortschritt nicht unter Druck etzen lassen. Ein Vorgehen Schritt für Schritt halte ich n dieser Stelle für den richtigen Weg. Wir kommen zur Abstimmung. Der Rechtsausschuss mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druckache 17/7560, den Gesetzentwurf der Bundesregierung uf Drucksache 17/6610 in der Ausschussfassung anzuehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in er Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, Bündis 90/Die Grünen und die Sozialdemokraten. Wer timmt dagegen? – Das ist die Linksfraktion. Vorsichts Vizepräsident Eduard Oswald )

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713936100




(A) )

halber frage ich: Enthaltungen? – Keine. Der Gesetzent-
wurf ist damit in zweiter Beratung angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Das sind die Koalitionsfraktionen, Bündnis 90/Die Grü-
nen und die Sozialdemokraten. Wer stimmt dagegen? –
Das ist die Linksfraktion. Enthaltungen? – Keine. Der
Gesetzentwurf ist angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 a und b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Uta
Zapf, Dr. h. c. Gernot Erler, Petra Ernstberger,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Agnes Malczak, Volker
Beck (Köln), Marieluise Beck (Bremen), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Gegen eine Aufweichung des Verbots von
Streumunition

– Drucksache 17/7637 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Inge
Höger, Jan van Aken, Christine Buchholz, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Streumunition nicht wieder zulassen – Gegen
ein Protokoll über Streumunition zum CCW

– Drucksache 17/7635 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Sie sind da-
mit einverstanden. Damit ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst für
die Fraktion der Sozialdemokraten unsere Kollegin Frau
Uta Zapf. – Bitte schön, Frau Kollegin Uta Zapf.


Uta Zapf (SPD):
Rede ID: ID1713936200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

haben uns in diesem Jahr schon mehrfach mit dem Thema
Streumunition beschäftigt. Im Mai und im September
haben wir ein Round-Table-Gespräch mit Vertretern von
Nichtregierungsorganisationen zum Thema Investi-
tionsverbot in Firmen, die Streumunition herstellen,
durchgeführt. Am 20. Oktober dieses Jahres haben wir
die Reden zu diesem Antrag zu Protokoll gegeben. Heute
reden wir zwar zu später Stunde darüber, aber ich glaube,
es ist gut, dass wir die Reden heute nicht zu Protokoll ge-
ben; denn dieses Thema ist von großer Wichtigkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Inge Höger [DIE LINKE])


Ein Aspekt im Zusammenhang mit Streumunition ist
in der heutigen Debatte von ganz besonderer Brisanz:
Der Inhalt und der Geist des von uns allen hochgelobten
Oslo-Abkommens zum Verbot von Streumunition steht
auf dem Spiel. Die Convention on Cluster Munition,
CCM, wurde von uns, vom Deutschen Bundestag, ein-
dringlich gefordert. Wir waren alle froh, dass die Bun-

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(C (D esregierung die Konvention von Oslo sehr schnell geeichnet hat und wir sie im Jahr 2009 ratifiziert haben. ir sind alle sehr froh darüber, dass wir vorfristig mit er Vernichtung dieser grausamen Munition fertig sein önnen. In dem Protokoll, über das ich hier rede, geht es auch m Streubomben. Man muss sagen: „immer noch“; denn ereits 2008 wurde deutlich, dass ein Verbot von Streuunition nicht in die UN-Waffenkonvention aufgenomen würde. Daraufhin hat die norwegische Regierung en sogenannten Oslo-Prozess initiiert. Es entstand ein bereinkommen zum Verbot von Streumunition außeralb der Genfer Abrüstungskonferenz. Ich zitiere den ußenminister. Minister Westerwelle nannte diese Konention einen „Meilenstein hin zu einer weltweiten Ächng dieser unmenschlichen Waffen“. Jetzt will ebendie er Außenminister der Konvention jegliche Wirkung uben, indem er bei der anstehenden vierten Revisions onferenz vom 14. bis 25. November dieses Jahres in enf einem zahnlosen Protokoll zustimmen will. Mir ill die Logik eines solchen Verhaltens einfach nicht in en Kopf. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das von uns ratifizierte Abkommen von Oslo be-
haltet ein umfassendes Verbot dieser grausamen
affe, die Zivilisten, Kinder, Alte und Junge ohne Un-
rschied tötet, und dies noch Jahre nach Abwurf. Im-
erhin 111 Staaten haben die Konvention unterzeichnet;

iele EU- und NATO-Staaten sind dabei. Nur die ganz
roßen Staaten und Besitzer dieser Waffen, vor allen
ingen die USA, Russland und China, aber auch Indien,
akistan und einige andere – sie produzieren und ver-
aufen diese Munition und wenden diese an –, sind nicht
abei. Sie sind es, die auf eine Miniversion des Verbots

UN-Kontext drängen. Durch dieses Protokoll würde
re Weigerung, auf diese inhumane Waffe zu verzich-
n, legitimiert. Ich glaube, das können wir nicht wollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Oslo-Konvention hat in hohem Maße zur Delegi-
mierung und Stigmatisierung von Streumunition beige-
agen. China und Russland nehmen zum Beispiel als
eobachter an den Konventionskonferenzen teil. Beide

ind nicht Vertragsstaaten und haben hohe Bestände an
treumunition. Die USA verzichten seit geraumer Zeit
uf den Einsatz dieser Waffen.

In dieser Situation soll im November im Rahmen der
onvention on Certain Conventional Weapons, CCW,
ber Streumunition verhandelt werden. Das erst 2011,
lso kürzlich erneuerte Mandat soll sich – ich zitiere –
mit der humanitären Problematik durch Streumunition

befassen und dabei eine Balance zwischen militäri-
chen und menschenrechtlichen Gesichtspunkten …
ahren“. Schon dieser Satz ist eine Ungeheuerlichkeit.

Das, was vorgeschlagen wird, ist noch ungeheuerli-
her. Künftig wäre wieder erlaubt, was von der Oslo-
onferenz verboten wurde. Nur wenige Einschränkun-





Uta Zapf


(A) )


)(B)

gen werden auferlegt. Produktion und Transfer bleiben
erlaubt. Nur Streumunition, die vor 1980 hergestellt wor-
den ist, wird verboten; alles andere bleibt erlaubt. Die
Munition, die vor 1980 hergestellt wurde, hat eine Über-
gangsfrist von zwölf Jahren. Dies ist ein Nullverbot, weil
derart überalterte Munition heute ohnehin nicht mehr ein-
gesetzt wird. Der Text des Entwurfes erlaubt darüber hi-
naus die Nutzung für weitere zwölf Jahre. Sollte dies be-
schlossen werden, werden alle der Oslo-Konvention
nicht beigetretenen Länder leichten Gewissens wieder
Streumunition verwenden.

Streumunition mit einer Fehlerquote von bis zu 1 Pro-
zent mit integriertem Sicherheitsmechanismus wäre er-
laubt. Aber Fehlerquoten sind im Test realistisch nicht
feststellbar. Im Libanon wurde 2006 die M 85 eingesetzt,
die eine Fehlerquote von unter 1 Prozent haben sollte;
tatsächlich kam es bei ihrem Einsatz zu 15 Prozent
Blindgängern.

Ein solches Protokoll ist in der Tat eine Nulllösung.
Die humanitäre Frage wird nicht gelöst. Im Gegenteil:
Es gibt keine konkrete Verpflichtung zur Opferunterstüt-
zung, zur Munitionsbeseitigung, zur Lagerbestands-
auflösung usw. Mit diesem Protokoll wird also alles, was
in Oslo beschlossen wurde, wieder rückgängig gemacht.
Es ist richtig – dieses Argument wird jetzt natürlich ge-
nannt werden –: Deutschland bleibt selbstverständlich an
die hohen Standards von Oslo gebunden. Deutschland
gäbe aber den USA, China, Russland, Pakistan, Israel
und noch einigen anderen, die ein Zusatzprotokoll über
Streumunition abgelehnt haben, einen Freibrief, ohne
schlechtes Gewissen in die Steinzeit der Streumunition
zurückzufallen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Argumentation, man hole diese Staaten näher an
die Oslo-Standards heran, kann ich angesichts dieses
mickrigen Entwurfs nun wirklich nicht teilen. Ich zitiere
aus dem Abrüstungsbericht: Die Bundesregierung glaubt,
„substanzielle Verpflichtungen der großen Herstellerlän-
der und einen deutlichen humanitären Mehrwert“ zu er-
zielen, der „die weltweite Streumunitionssituation ent-
scheidend verbessern“ wird. Das glaube ich nicht. Das ist
auch nicht zu erwarten. Der Vertreter eines Landes, das
über große Bestände verfügt, nämlich der russische UN-
Botschafter Antonov, hat zu diesem Entwurf – er nennt
ihn „Verbotsvertrag“ – gesagt, dieser Verbotsvertrag
dürfe Russlands Verteidigungsfähigkeit in Bezug auf den
Einsatz von Streumunition nicht beeinträchtigen und
keine finanziellen Konsequenzen für sein Land haben,
und alle technischen Vorschriften des Verbotsvertrages
müssten unverbindlich formuliert sein.

Ich fordere die Bundesregierung auf, über einen sol-
chen Entwurf nicht zu verhandeln, sich dem zu verwei-
gern und damit die Oslo-Kriterien, die wir erkämpft und
unterschrieben haben, zu schützen und beizubehalten.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christoph is F u s d n s a k s le s d te K tr u le K w k g u a T fa w W S n W g k tr h w W N b v e k (C (D Schnurr [FDP]: Das wird so oder so passieren!)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713936300

Vielen Dank, Frau Kollegin Zapf. – Nächster Redner

t für die Fraktion der CDU/CSU unser Kollege Erich
ritz. Bitte schön, Kollege Erich Fritz.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1713936400

Lieber Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen

nd Herren! Abrüstungsschritte und die Ächtung von be-
timmten Waffen auf unterschiedlichen Feldern waren in
en letzten Jahren weltweite Erfolge; da sind wir uns ei-
ig. Wir sind uns auch darin einig, dass es keinen Ein-
atz von Streumunition mehr geben soll und dass wir mit
ller Entschiedenheit für die Beseitigung dieser Waffen
ämpfen wollen. Das sind Waffen, die von der Welt ver-
chwinden müssen.

Diese eindeutige Position Deutschlands wird nicht al-
in daran deutlich, dass hierzulande keine Produktion

olch inhumaner Waffen stattfindet. Tatsache ist auch,
ass Deutschland einen erheblichen Beitrag dazu geleis-
t hat, dass wir mit dem CCM-Protokoll bzw. der Oslo-
onvention vorankommen. Dieser völkerrechtliche Ver-
ag beinhaltet das Verbot des Einsatzes, der Herstellung
nd der Weitergabe bestimmter Typen von konventionel-
r Streumunition und ist am 1. August 2010, wie Frau
ollegin Zapf schon gesagt hat, in Kraft getreten – ein
ichtiger Schritt, den man nicht hoch genug einschätzen
ann.

Wünschenswert wäre nun, dass die weltweite Staaten-
emeinschaft den CCM-Vertrag ratifiziert. Das ist nach
nserer Auffassung das Ideal. Auch mit noch so viel Ide-
lismus ist an dieser Stelle aber leider eine eindeutige
atsache nicht aus der Welt zu schaffen: Gegenwärtig er-
sst das Übereinkommen nur 10 bis 20 Prozent der
eltweiten Streumunitionsbestände. Deshalb frage ich:
as muss man angesichts der Gewissheit, dass einige

taaten das CCM-Übereinkommen nicht, zumindest
icht kurz- oder mittelfristig, ratifizieren werden, tun?
as der Vertreter eines dieser Länder in aller Offenheit

esagt hat, haben wir gerade gehört.

Hier wird im Prinzip die Schwäche plurilateraler Ab-
ommen sichtbar. Häufig sind die Gutwilligen die Ver-
agspartner, aber die, auf die es besonders ankäme, ste-
en, weil sie scheinbar bedeutende Interessen wahren
ollen, abseits.


(Uta Zapf [SPD]: Immerhin die Hälfte der NATO-Staaten!)


ie soll man das überbrücken? Das ist die Kunst.

Das Protokoll VI zum Übereinkommen der Vereinten
ationen über bestimmte konventionelle Waffen, CCW,
leibt hinter den restriktiven Festlegungen des Vertrags
on Oslo zurück. Hier gibt es keine Fehldeutung; das ist
ine Tatsache. Dennoch ist die Umsetzung dieses Proto-
olls nach unserer Auffassung wünschenswert, da es den





Erich G. Fritz


(A) )


)(B)

einzigen zurzeit möglichen Einstieg in ein weltweites
und mit der Autorität eines UN-Abkommens ausgestat-
tetes Streumunitionsregime darstellt. Ein solches mit
dieser Bedeutung gibt es bisher nicht. Es wäre nicht all-
umfassend – klar – und erreichte nicht das Niveau des
Oslo-Abkommens, aber erstmals wäre die Teilnahme
und Zustimmung von Russland und den Vereinigten
Staaten möglich.


(Christoph Schnurr [FDP]: Völlig richtig!)


Ein multilateraler Ansatz unter Einbindung der Groß-
mächte – das wäre ein solcher – brächte uns also einen
Schritt in die richtige Richtung. Multilaterale Regeln
würden die Politik gegen Streumunition auf eine neue,
qualitativ höhere Stufe stellen.

Erstens wird ein sofortiges Verbot von Streumunition,
die vor 1980 hergestellt wurde, erreicht. Sie ist zu zerstö-
ren. Das kann man bagatellisieren, und darüber kann
man auch gut diskutieren, aber das ist ein Zugeständnis,
das nicht zu erwarten war und mit dem wir uns zunächst
einmal doch zufrieden zeigen können.

Zweitens gibt es ein Verbot jeder nach 1980 herge-
stellten Streumunition ohne Sicherheitsmechanismus.
Da wir eine bestimmte Einschätzung dieser Waffen ha-
ben, tröstet uns das nicht sehr. Staaten, die diese Bedin-
gungen nicht sofort erfüllen können, werden für nach
1980 produzierte Streumunition Übergangsfristen er-
möglicht. Sie haben gleich die höchstmögliche ange-
führt. Eigentlich sollen es für Gebrauch, Lagerung und
Rückbehalt acht Jahre sein – einmalig um vier Jahre ver-
längerbar. Für eine Weitergabe von Streumunition, also
den Transfer, den Sie angesprochen haben, Frau Zapf,
sowie für deren Beschaffung und Produktion sind Über-
gangsfristen dagegen nicht vorgesehen. Hier müssen Sie
noch einmal hinschauen.

Nicht zu verachten ist, dass die quantitative Wirkung
des Protokolls von Anfang an deutlich höher wäre als die
des gesamten Oslo-Übereinkommens. Eben dies ist der
entscheidende Punkt. Wichtig ist im Ergebnis doch nicht
die Anzahl der Staaten, die mitmachen, sondern die
Menge an Munition, die keine Gefährdung mehr darstel-
len kann.


(Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD]: Das ist die Richtung, in die es jetzt geht! – Agnes Malczak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht ja um die Wirkung!)


– Auch das, ja, klar.

Der potenzielle Einsatz der ältesten und unzuverläs-
sigsten Streumunitionstypen sowie deren Weiterverbrei-
tung würde zumindest stark begrenzt. Das kann einem
zu wenig sein und ist uns allen zu wenig. Wenn diese
Möglichkeit aber besteht, dann ist es doch allein aus hu-
manitären Aspekten geboten, sie auch zu nutzen.


(Christoph Schnurr [FDP]: Ja!)


Die hier eingebrachten Anträge sind hingegen Status-
quo-orientiert und somit leider wenig konstruktiv. Ich
meine sogar, sie mindern die Durchsetzungsfähigkeit des

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(C (D erbots von Streumunition, indem sie das VN-Protokoll VI lockieren. Dabei führt dieses Protokoll dazu, dass Staan, die das CCM-Übereinkommen noch nicht unter eichnet haben, zumindest gewisse Limitierungen und eglements beachten. Mir wäre es auch lieber, die anderen Staaten hätten as Oslo-Übereinkommen ratifiziert. Ich glaube, nieand hier hat eine andere Vorstellung. Genau deshalb at die Bundesregierung seit 2008 viele diplomatische ersuche unternommen, mehr Staaten von der Ratifizieng des CCM zu überzeugen. Aber Sie wissen, wer mit elchen Interessen und aus welchen mehr oder weniger achvollziehbaren Gründen das nicht getan hat. Wenn wir jetzt auf die Rolle Deutschlands innerhalb er Vereinten Nationen eingehen, dann ist es vielleicht ichtig, zu erwähnen, dass angesichts unserer derzeitien Mitgliedschaft im VN-Sicherheitsrat und des deutchen Bestrebens, in den VN mehr Verantwortung zu bernehmen, auch ein besonderes deutsches Interesse an er Stärkung der Vereinten Nationen und seiner Instituonen besteht. (Agnes Malczak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Schwächung, wenn das so durchkommt!)


(Beifall des Abg. Christoph Schnurr [FDP])


Ein Scheitern der Verhandlungen im November, das
urch die Anträge in Kauf genommen oder sogar geför-
ert wird, würde nicht nur eine Abwertung der Vereinten
ationen im Allgemeinen, sondern auch des CCW, also
es UN-Protokolls, als wichtigem Forum der Vereinten
ationen im Besonderen nach sich ziehen. Das gilt es

uf jeden Fall abzuwenden. Im Gegenteil müssen wir
ersuchen, dieses Protokoll mit einer höchstmöglichen
utorität auszustatten. Durch das VN-Protokoll werden

rstmals auch Verbotsstandards für die großen Hersteller
eschaffen.

Jetzt wird es vielleicht ein bisschen technisch: Eine
lar definierte Bemühensklausel würde diese großen
ersteller dazu verpflichten, sich in Zukunft auf stärkere
erbote einzulassen. Sie wissen doch selbst, auf welche
rozesse man sich einlassen muss und dass man gedul-
ig sein muss, um solche Ziele zu erreichen. Alleine die
orderung, man müsse sich auf das einlassen, was wir
r richtig halten, ist ja leider kein besonders guter Bei-
ag zur Lösung dieser Probleme. Ich plädiere deshalb
afür, dass Deutschland in den Verhandlungen den Fo-
us auf eine Verschärfung der aktuellen Bemühensklau-
el legt. Es war Deutschland, das diese für meine Be-
riffe schon starke Brücke zwischen CCM und CCW in
ie Verhandlungen eingebracht hat.

Man bedenke, dass alleine die USA 300 Millionen
tück Submunition zerstören müssten. Das ist mehr als
oppelt so viel Streumunition, wie alle Oslo-Vertrags-
taaten zusammen zerstören müssen.


(Christoph Schnurr [FDP]: So ist es, ja!)


as ist doch eine Hausnummer.





Erich G. Fritz


(A) )


)(B)


(Christoph Schnurr [FDP]: Das ist ein Meer an Vernichtung! – Uta Zapf [SPD]: Und was dürfen sie behalten?)


– Sie gehen ja davon aus, dass mit einem solchen Proto-
koll der ganze moralische Druck sozusagen weggenom-
men wird. Das bestreite ich.


(Agnes Malczak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist naiv!)


Wir dürfen über dem Wünschenswerten nicht das
Mögliche aus den Augen verlieren. Insofern liegt es in
unserem Interesse, wenigstens einen Großteil der Streu-
munitionsbestände so schnell wie möglich zu vernichten
und die bestehende Lücke jenseits der Oslo-Zeichner zu
schließen. Die legitime Forderung nach universeller
Übernahme der CCM-Standards ist weiterhin unser Be-
streben. Daran halten wir fest. Meines Erachtens steht
das aber nicht im Widerspruch zu den Verhandlungen
über ein VN-Protokoll.

Es gibt auch keine Hinweise dafür, dass mit der An-
nahme des VN-Protokolls eine verminderte Stigmatisie-
rungswirkung einhergehen würde.


(Uta Zapf [SPD]: Natürlich! Was denn sonst?)


Ganz im Gegenteil belegt das Nebeneinander von AP II
und Ottawa-Konvention in der ähnlich gelagerten Frage
des Verbots von Antipersonenminen, dass auf einer
solch zweigleisigen Strecke Fortschritte möglich sind.

Rechtlich – so entnehme ich einer juristischen Exper-
teneinschätzung – schließen sich das VN-Protokoll und
die CCM-Standards nicht aus. Ich war nicht bei der An-
hörung, sondern habe das nur nachgelesen. Dabei hat
mich die Darstellung von Frau Dr. Jana Hertwig vom
Bochumer Institut für Friedenssicherungsrecht und Hu-
manitäres Völkerrecht überzeugt. Sie erklärte: Das Wie-
ner Übereinkommen über das Recht der Verträge aus
dem Jahre 1969 hält für den Fall, dass Staaten Vertrags-
parteien aufeinander folgender Verträge über denselben
Gegenstand sind, eine entsprechende Regelung in
Art. 30 Abs. 2 bereit. Dort heißt es:

Bestimmt ein Vertrag, dass er einem früher … ge-
schlossenen Vertrag untergeordnet ist …, so hat der
andere Vertrag Vorrang.

Der VN-Protokollentwurf enthält ausdrücklich eine
solche Bestimmung, in welchem Verhältnis das Proto-
koll zum Oslo-Übereinkommen stehen soll. In Art. 1
Ziff. 3 heißt es, dass das Protokoll die Rechte und Pflich-
ten der Vertragsstaaten des Oslo-Übereinkommens nicht
beeinträchtigt. Oslo geht vor!


(Uta Zapf [SPD]: Das habe ich doch gesagt! Aber was hilft das?)


Das ist wichtig. Deshalb ist es keine Relativierung, son-
dern der Versuch der Einbeziehung derer, die bis jetzt
abseits gestanden haben und die wir durch kein Mittel
der Welt außer über den Schritt eines gemeinsamen Pro-
tokolls mit der Autorität der UNO in dieses System
hineinbekommen.

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(C (D Das Oslo-Übereinkommen hat für die Vertragsstaaten lso weiterhin uneingeschränkte Gültigkeit. Ein künfties Protokoll VI würde diesen früheren Normenstandard es CCM nicht unterminieren. Ich wünsche mir, dass zuindest dies als gemeinsame Einschätzung festgehalten erden kann. Ferner heißt es in dieser Einschätzung: Die spätere nnahme eines schwächeren Vertrages kann die proressive Weiterentwicklung rechtlicher Standards durchus bedingen. Der VN-Protokollentwurf ist hierfür ein utes Beispiel; denn nur mit den darin enthaltenen Zugetändnissen wird es gelingen, Staaten, die zu den wichgsten Herstellern, Exporteuren und Besitzern von treumunition gehören, zur Ratifizierung des Protokolls u bewegen. – Anders als bei der Mehrzahl der Oslotaaten hätten wir es hier mit genau den Staaten zu tun, ie über erhebliche Mengen an Streumunition verfügen. as VN-Protokoll setzt zwar schwächere, aber neue Anize für die Staaten, die große Bestände an Streumunion haben. Ich glaube, dass der eigentliche Wert des CCM-Abommens ein hoher moralischer Anspruch an diejenigen t, die nicht beteiligt sind, und ein Appell, sich zu beween. Dies wird durch eine Weiterbehandlung in diesem N-Protokoll eher verstärkt als verringert. Unser geeinsames Ziel bleibt, dass ein vollständiges Verbot von treumunition am Ende des Prozesses steht. Für uns ist as UN-Protokoll dazu ein wichtiger Schritt, den wir unrstützen. Danke schön. Vielen Dank, Kollege Erich Fritz. – Jetzt für die Frak on Die Linke unsere Kollegin Frau Inge Höger. Bitte chön, Frau Kollegin Inge Höger. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Streumu ition macht ganze Regionen unbewohnbar. Dies gilt im rieg und lange danach. Nicht explodierte Reste von treumunition zerfetzen Bauern bei der Feldarbeit und erstümmeln Kinder beim Spielen. In diesem Sommer habe ich Minenräumer in Sarajevo esucht. Ich konnte mich mit eigenen Augen davon berzeugen, wie kompliziert, wie opferreich und wie uer die Beseitigung von Geschossresten ist. Deutschnd hat angekündigt, auch in Libyen Minen räumen zu ollen. Das ist gut. Aber viel besser ist es, dafür zu soren, dass solche Waffen gar nicht erst zum Einsatz komen. Streumunition tötet unterschiedslos Soldaten und Anehörige der Zivilbevölkerung. Die meisten Opfer sind ivilisten, häufig Kinder. Solche Waffen und solche Foren der Kriegsführung verbietet das humanitäre Völkercht eindeutig. Inge Höger )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713936500

(Beifall bei der LINKEN)

Inge Höger-Neuling (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713936600

(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

Deswegen war es überfällig, dass im April 2009 auch
der Bundestag einstimmig beschloss, die Ächtung von
Streumunition durch die Ratifizierung der Oslo-Konven-
tion umzusetzen. Für die Linke habe ich damals erklärt,
dass wir diesen Schritt ausdrücklich unterstützen. Wir
haben aber auch darauf hingewiesen, dass es für die Zu-
kunft gilt, noch einige Lücken, die in der Konvention
enthalten sind, zu schließen und Ausnahmeregelungen
ebenfalls zu verbieten.

Doch nun wird auf UN-Ebene mit Unterstützung
Deutschlands über Regelungen verhandelt, die komplett
in die falsche Richtung gehen. Ich spreche vom Proto-
koll VI zum Übereinkommen über bestimmte konventio-
nelle Waffen. Um es klar zu sagen: Was nächste Woche
beschlossen werden soll, würde Streumunition wieder
legalisieren. Das steht im Widerspruch zum Völkerrecht.

Das sogenannte CCW-Protokoll würde lediglich ver-
altete Typen von Streumunition verbieten, und selbst
diese würden wegen langer Übergangsfristen nicht so-
fort aus den Arsenalen der Militärs verschwinden. Profi-
tieren würde von dieser Regelung die Rüstungsindustrie.
Sie könnte sich über Aufträge für neue Generationen von
Streumunition freuen. Das ist doch perfide.

Bis jetzt war die Oslo-Konvention zum Verbot von
Streumunition ein großer Erfolg. 111 Staaten sind ihr be-
reits beigetreten. Andere Staaten wie USA, China, Russ-
land, Israel und Indien haben dies zwar noch nicht getan,
doch der internationale Druck auf diese Staaten und der
Druck von Aktivistinnen und Aktivisten innerhalb dieser
Staaten ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen.
Dieser Druck, internationales Recht und humanitäre
Standards einzuhalten, ist ein wichtiges Instrument zur
Erreichung politischer Fortschritte. Das CCW-Protokoll
würde diesen politischen Druck verringern. Es relativiert
völkerrechtliche Standards und suggeriert, der Einsatz
bestimmter Arten von Streumunition wäre völkerrechts-
konform. Das ist er nicht. Der Einsatz von Streumunition
ist und bleibt ein Verbrechen.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])


Wir fordern deshalb die Bundesregierung auf: Bitte
unterlassen Sie alles, was ein Ende der Ächtung von
Streumunition bedeuten könnte!

Lassen Sie mich an dieser Stelle auch etwas zum
Agieren der anderen Fraktionen im Bundestag anmer-
ken. Die Regierungsfraktionen haben offenbar verges-
sen, dass Deutschland sich mit der Ratifizierung der
Oslo-Konvention verpflichtet hat, andere Staaten nicht
dabei zu unterstützen, etwas zu unternehmen, was durch
die Oslo-Konvention verboten ist.


(Dorothée Menzner [DIE LINKE]: Richtig!)


Durch die Zustimmung zum CCW-Zusatzprotokoll
machen Sie aber genau dies. Die FDP hätte sich an ihrer
Schwesterpartei in der Schweiz orientieren können, de-
ren Antrag wir hier fast wortgleich einbringen. Die
Linke ist daran interessiert, den großen Konsens zur
Ächtung von Streumunition aus dem Jahr 2009 auch
weiter aufrechtzuerhalten.

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(C (D Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf: Stimen Sie nächste Woche gegen das CCW-Zusatzproto oll! (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713936700

Vielen Dank, Frau Kollegin Höger. – Jetzt für die

raktion der FDP unser Kollege Christoph Schnurr. Bitte
chön, Kollege Christoph Schnurr.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Christoph Schnurr (FDP):
Rede ID: ID1713936800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

öchte mit einem Rückblick in eine Zeit beginnen, in
er ein Krieg herrscht. In diesem Krieg kommt eine
affe zum Einsatz, deren Folgen dramatisch sind. In ih-
r Wirkung unterscheidet die Waffe nicht zwischen Zi-

ilisten und Soldaten. Sie tötet unterschiedslos. Auch
ahre nach ihrem Einsatz bleiben die betroffenen Ge-
iete weitgehend unbewohnbar.

Die Folgen sind so erschütternd, dass sich die Weltge-
einschaft zum Handeln gezwungen sieht. Die große
ehrheit der Staaten verpflichtet sich dazu, solche Waf-
n niemals mehr zu entwickeln, zu erwerben und schon

ar nicht einzusetzen.

Ein paar wenige Staaten sind aber nicht bereit, auf
iese Waffenkategorie zu verzichten. Auch sie möchten
ie Waffen nicht unbedingt einsetzen. Die Option für
en Ernstfall wollen sie sich trotzdem offenhalten. Ei-
ige Jahre später einigen sich die größten Besitzerstaaten
uf einen Kompromiss. Zwar wollen sie die Waffen
icht sofort aufgeben, sie verpflichten sich aber, ihre Be-
tände deutlich zu reduzieren. Politik, Wissenschaft,
ichtregierungsorganisationen und die Medien sind sich
eitestgehend darüber einig: Das ist – bei aller verblei-
enden und berechtigten Kritik – ein Fortschritt.

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben es si-
herlich bemerkt: Ich spreche nicht von Streumunition,
ondern ich spreche über Kernwaffen. Was aber hätte ich
ndern müssen, wenn ich über Streumunition gespro-
hen hätte? Nicht besonders viel! Es gibt noch keinen
ompromiss der größten Streumunitionsbesitzer, wie
er Kollege Fritz es völlig zu Recht erwähnt hatte. Vor
llem aber: Allein die Möglichkeit eines solchen Kom-
romisses ruft bereits heute Abend hier bei der Opposi-
on und einigen anderen Empörung hervor. Diese Hal-
ng haben Sie in diese beiden Anträge gegossen, die wir

eute diskutieren. Sie fordern darin zum Beispiel, die
undesregierung solle sich – so wörtlich – entschieden
dem Abkommen zu Streumunition entgegenstellen,
elches einen Rückschritt gegenüber der CCM darstellt.


(Inge Höger [DIE LINKE]: Genau!)


Ein Rückschritt wäre es aus Ihrer Sicht wahrschein-
ch auch, wenn das Protokoll nicht identisch mit der
CM wäre. Dass es zu einem mit der CCM identischen
rotokoll kommt, ist aber von der Realität weit entfernt





Christoph Schnurr


(A) )


)(B)

und nahezu absurd. Da frage ich mich: Warum wurden
die Verhandlungen in der CCW dann überhaupt aufge-
nommen? Sie, insbesondere die Kolleginnen und Kolle-
gen der Sozialdemokratie, hätten das 2007 und 2008 ver-
hindern können, als es noch einen sozialdemokratischen
Außenminister gab. Ich mache Ihnen das nicht zum Vor-
wurf, keinesfalls. Aber damals wie auch heute ist die
CCW nicht nur ein Forum und ein Instrument, um das
Thema Streumunition auf der internationalen Agenda zu
halten, sondern eben auch ein Instrument, um Druck auf
die Streumunitionsbesitzer auszuüben. Die Verhandlun-
gen über ein Protokoll sollen auch ganz konkret auf die
weltweite, rechtlich verbindliche Ächtung von Streumu-
nition hinwirken. In den Vorbereitungssitzungen zur
CCW-Überprüfungskonferenz wurde ein Protokollent-
wurf diskutiert, demzufolge Streumunition, die vor 1980
produziert wurde, verboten werden soll. Aus meiner
Sicht ist das allein nicht ausreichend.

Trotzdem muss man sich auch die Dimension dieses
Vorschlages einmal vergegenwärtigen. Allein die Verei-
nigten Staaten müssten circa 40 Prozent oder, in absolu-
ten Zahlen, 300 Millionen Stück ihrer Submunition ver-
nichten. Das wäre fast die doppelte Menge dessen, was
von den Oslo-Staaten zerstört werden muss. Dazu kom-
men andere Verpflichtungen wie die zur Opferfürsorge
und zur Räumung von Kampfmittelrückständen. Wenn
der Protokolltext noch verbessert werden wird, kann es
also durchaus einen humanitären Mehrwert geben.

Ich will Ihnen noch ein Beispiel nennen, warum ein
Streumunitionsprotokoll nicht die Katastrophe wäre, als
die Sie es gerne darstellen: die Abkommen zu Antiperso-
nenminen. Auf der einen Seite haben wir die Ottawa-
Konvention, auf der anderen Seite das Protokoll II zur
CCW. Obwohl hier zwei unterschiedlich starke Regelun-
gen nebeneinanderstehen, wirkt die Stigmatisierung
durch das stärkere Abkommen, nämlich die Ottawa-
Konvention, fort. So könnte es auch im Fall der Streu-
munition funktionieren.

Ich kenne natürlich Ihre Einwände: Im Gegensatz zur
Regelung bei Antipersonenminen würde bei der Streu-
munition das schwächere dem stärkeren Abkommen fol-
gen. Sie folgern daraus, dass die Stigmatisierung von
Oslo verloren ginge. Zu dieser Einschätzung kann man
kommen, ja; belegen lässt sie sich allerdings nicht.

Ich komme deshalb zu einer anderen Bewertung – die
Gründe dafür habe ich gerade dargelegt –: Ein Streumu-
nitionsprotokoll in Genf kann – ich sage ausdrücklich:
kann – ein Zwischenschritt hin zu einem universellen
Verbot dieser Waffenkategorie sein. Der Protokollent-
wurf für das letzte Vorbereitungstreffen im August – das
sage ich ebenfalls ganz deutlich an dieser Stelle – gibt
das noch nicht her. Hier muss es noch substanzielle Ver-
besserungen geben, vor allem bei der Definition, welche
Munition verboten wird.

Meine Damen und Herren, unser Ziel ist am Ende
doch das gleiche: Wir wollen, dass Streumunition welt-
weit geächtet wird. Auch die Bundesregierung hat sich
immer wieder zu diesem Ziel bekannt. Der Bundes-
außenminister wurde zu Recht mit seinen sehr intelligen-
ten und klugen Äußerungen in dieser Hinsicht schon zi-

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(C (D ert. Aber wir müssen auch die Realität anerkennen. Wir üssen fähig zu Kompromissen sein und sollten uns icht schon im Vorfeld den Weg zu einem solchen Komromiss verbauen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt spricht für die raktion Bündnis 90/Die Grünen unsere Kollegin Frau gnes Malczak. Bitte schön, Frau Kollegin Malczak. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Früh hr 2009 hat sich der Deutsche Bundestag einstimmig u einem umfassenden Verbot von Streumunition beannt, und das aus gutem Grund. Die Oslo-Konvention t ein Meilenstein hin zu einer weltweiten Ächtung die er unmenschlichen Waffe, die fast ausschließlich zivile pfer fordert, darunter vor allem Kinder. Die Oslo-Konention hat bereits jetzt maßgeblich zu einer internatioalen Stigmatisierung von Streumunition beigetragen, nd zwar weit über den Kreis der Vertragsstaaten hinaus. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713936900
Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713937000

uch große Anwenderländer, die der Konvention nicht
eigetreten sind, wie die USA, China oder Russland,
erzichten mittlerweile auf den Einsatz. Das ist ein Be-
g dafür, dass das Oslo-Übereinkommen wirkt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Was wirkt, bewirkt jedoch oft Widerstand bei jenen,
ie sich an der Wirkung stoßen. Gerade weil das Oslo-
bereinkommen wirksam ist, ist es bedroht. Wenn wir
ollen, dass die völkerrechtlichen Standards, für die wir
nge gekämpft haben, erhalten bleiben, müssen wir sie
mer wieder gegen Widerstände verteidigen.


(Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Für wen galten sie denn bisher?)


ie großen Hersteller- und Besitzerstaaten sind nun da-
m bemüht, die Wirkung Oslos auf sie selbst auszuhe-

eln. Wie man das am besten macht, lässt sich zurzeit in
enf bei den Verhandlungen zum VN-Waffenüberein-
ommen beobachten. Dort setzen sich einige Nichtver-
agsstaaten für neue Standards ein, die das umfassende
erbot von Streumunition untergraben würden. Um sich
em Wirkungsradius von Oslo zu entziehen, soll ein
weiter, laxer völkerrechtlicher Referenzrahmen ge-
chaffen werden, in den Nichtvertragsstaaten dann ent-
eichen können. Herr Kollege Fritz, Herr Kollege
chnurr, es ist eben nicht so, dass eine weitere völker-
chtliche Norm zu Streumunition schon deshalb wün-

chenswert sein soll, weil sich ihr mehr Staaten anschlie-
en; denn entscheidend sind doch die Qualität und die
irkung der Norm.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)






Agnes Malczak


(A) )


)(B)

Hier würde eine von mehr Staaten durchgesetzte
schlechtere Regelung eine von weniger Staaten getra-
gene bessere Regelung verdrängen.


(Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Das ist eine falsche Interpretation, die Sie da haben!)


Insbesondere die USA – auch darüber kann man ein-
mal nachdenken –


(Patrick Döring [FDP]: Denken hilft, das stimmt!)


bemühen sich in Genf um ein Protokoll VI zu Streumu-
nition, das nur ein Teilverbot von Munition vorsieht, die
vor 1980 produziert wurde. Ein umfassendes Produk-
tionsverbot, Zerstörungsfristen für vorhandene Be-
stände oder Verpflichtungen zur Opferhilfe und Minen-
räumung sucht man vergeblich. Sollte dieses Protokoll
so verabschiedet werden – es ist naiv, zu glauben, dass
sich da noch viel verändern wird, Herr Schnurr –,


(Christoph Schnurr [FDP]: Aber sonst würden die sich doch nicht zusammensetzen!)


hätten wir neue, schwächere Standards und eine Relegi-
timierung neuerer Typen von Streumunition. De facto
würde ein großer Teil dieser Waffen somit wieder für le-
gal erklärt.


(Patrick Döring [FDP]: Was Sie alles wissen!)


Zwar wären Deutschland und andere Vertragsstaaten
weiter an Oslo gebunden – Sie haben recht, Herr Kollege
Fritz; das hat auch niemand bestritten –, anderen Staaten
aber, die außerhalb des Vertragsregimes stehen wie die
USA, Russland, China, Israel oder Indien, wären die
Produktion und der Einsatz von Streumunition auf ein-
mal völkerrechtlich erlaubt. Das würde nicht nur der US-
Regierung ermöglichen, ihr Streumunitionsarsenal auch
noch mit Hinweis auf das Völkerrecht zu modernisieren.
Wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz völlig
zu Recht feststellt, würde damit ein Präzedenzfall im hu-
manitären Völkerrecht geschaffen. Dann würde eine
schwächere Norm zu einem Waffentyp vereinbart, für
den es bereits höhere Standards gibt. Bisher gab es einen
solchen Rückschritt nicht, und ich glaube, den kann man
sich auch nicht wünschen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Ich kann nur hoffen, dass der dringende Appell aus
der Zivilgesellschaft von der Bundesregierung erhört
wird, einem solchen Protokoll nicht zuzustimmen. Bis-
her hat sich die Bundesregierung in dieser Frage nämlich
leider nicht als eiserne Verfechterin der Oslo-Konven-
tion hervorgetan. Im Gegenteil: Sie setzt sich weiter für
ein Protokoll zu Streumunition ein. Damit nimmt sie
eine Aufweichung des Verbots von Streumunition billi-
gend in Kauf


(Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Das ist falsch!)


und verspielt leichtfertig die abrüstungspolitische Glaub-
würdigkeit der Bundesrepublik. Damit nehmen Sie jegli-

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(C (D hen Druck von anderen Staaten, dieser Konvention beiutreten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Christoph Schnurr [FDP]: Die Verhandlungen beginnen doch erst!)


Es ist daher nun am Deutschen Bundestag, sich gegen
ine Aufweichung des Verbots von Streumunition auszu-
prechen. Die grüne Bundestagsfraktion hat hierfür ei-
en Antrag erarbeitet, den wir gemeinsam mit der SPD
ur Abstimmung stellen. Wir bitten um Ihre Stimme für
iesen Antrag und damit um Ihre Stimme gegen eine Zu-
timmung Deutschlands zu einem verheerenden Proto-
oll zu Streumunition.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713937100

Vielen Dank, Frau Kollegin Malczak.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag
er Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grü-
en auf Drucksache 17/7637 mit dem Titel „Gegen eine
ufweichung des Verbots von Streumunition“. Wer für
iesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. –
as sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, SPD-
raktion und Linksfraktion. Wer stimmt dagegen? – Das
ind die Koalitionsfraktionen. Enthaltungen? – Keine.
er Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Antrag der Fraktion Die Linke
uf Drucksache 17/7635 mit dem Titel „Streumunition
icht wieder zulassen – Gegen ein Protokoll über Streu-
unition zum CCW“. Wer stimmt für diesen Antrag? –
as sind die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die
rünen. Wer stimmt dagegen? – Die Koalitionsfraktio-
en. Enthaltungen? – Die Fraktion der Sozialdemokra-
n. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 24:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Kultur und Medien

(22. Ausschuss) zu dem Antrag der Fraktionen

CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Gedenkort für die Opfer der NS-„Euthana-
sie“-Morde

– Drucksachen 17/5493, 17/7596 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Marco Wanderwitz
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Lars Lindemann
Dr. Lukrezia Jochimsen
Claudia Roth (Augsburg)


Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
eden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolle-
innen und Kollegen liegen dem Präsidium vor.


(A) )


)(B)


Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1713937200

Unter der NS-Schreckensdiktatur wurden auch Hun-

derttausende Menschen mit Behinderungen und psychi-
schen Erkrankungen in ganz Europa systematisch
erfasst, für medizinische Experimente missbraucht,
zwangssterilisiert und zu Zehntausenden ermordet. Ei-
nes von leider vielen dunklen Kapiteln unserer jüngeren
Geschichte, das uns Nachgeborene erschauern lässt,
fassungslos macht ob der Abgründe des Menschlichen.

Die Verpflichtung, die Aufarbeitung des NS-Terrors
und der späteren SED-Diktatur in der ehemaligen DDR
im Gedenkstättenkonzept des Bundes nicht nur fortzuset-
zen, sondern zu verstärken, war integraler Bestandteil
der Koalitionsverhandlungen der christlich-liberalen
Koalition zu Beginn dieser Wahlperiode.

Die Morde an behinderten Menschen, insbesondere
Patienten, die besonderen Schutzes bedurft hätten, dür-
fen nicht in Vergessenheit geraten. Der Opfer zu geden-
ken, ist Aufgabe von nationaler Bedeutung und gesamt-
staatlicher Verantwortung.

Die Gedenkstättenkonzeption des Bundes schließt die
Euthanasieopfer daher ausdrücklich in unser nationales
Gedenken ein. Bestandteil der Beschlussfassung 1999
über die Errichtung des Denkmals für die ermordeten
Juden Europas war daher auch die Verpflichtung, der
anderen Opfer des Nationalsozialismus würdig zu ge-
denken.

Unser Antrag steht entsprechend auf breiten, über-
greifenden Füßen der demokratischen Fraktionen des
Hauses. Das beweist, dass sich das Parlament in diesem
wichtigen Punkt seiner gesamtgesellschaftlichen Verant-
wortung bewusst ist und dafür Sorge tragen will, die Er-
innerung im kollektiven Gedächtnis zu behalten.

Der Antrag ist nicht nur als ein wichtiges Signal ge-
gen das Vergessen an die Hinterbliebenen und Angehö-
rigen zu verstehen. Er ist auch bedeutender Beitrag für
die Erinnerung und Aufklärung der Nachgeborenen.

Wir wollen die Aufwertung des gegenwärtigen Ge-
denkortes in der Tiergartenstraße 4 in Berlin. Wenn-
gleich das Gebäude am historischen Standort der Pla-
nung und Organisation dem Ort der Täter, an dem am
Schreibtisch über Leben und Tod von Menschen ent-
schieden wurde, nicht mehr steht, so ist doch das Kürzel
T4 zum Begriff für diese Mordaktion geworden. Histori-
scher Anknüpfungspunkt für das Erinnerungszeichen ist
daher der Platz um die Berliner Philharmonie.

Wir setzen auf die Ergebnisse des durch das Land
Berlin auszuschreibenden Ideenwettbewerbs zur künst-
lerischen Umgestaltung des Geländekomplexes am Kul-
turforum. Unsere Hauptstadt würdigt damit ihren beson-
deren Stellenwert in der Erinnerungskultur und kommt
mit der anteiligen Übernahme der erforderlichen Mittel
ihrer Verantwortung in kulturpolitischer Hinsicht ebenso
wie der Bund nach. Angesichts der bestehenden Nut-
zung des Areals an der Berliner Philharmonie und der
nicht mehr vorhandenen Baulichkeiten sind einer Auf-
wertung jedoch natürliche Grenzen gesetzt. Neben ei-
nem Erinnerungszeichen am historischen Ort wollen wir
gleichwohl die Thematik weiter bearbeiten. Über die Er-

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Zu Protokoll ge

(C (D nerung hinaus sollen Information und Aufarbeitung estärkt werden. Wir wollen dafür einen angemessenen Rahmen schafn und dafür Sorge tragen, dass das Verbrechen und eine Dimension stärker dokumentiert wird, dass die pfer, aber auch die Täter und ihre „Motive“ darge tellt werden. Dies soll ein wichtiger Bestandteil der Eränzung des vorhandenen Mahnmals in Zusammenareit mit der Stiftung „Denkmal für die ermordeten Juden uropas“ unter Einbeziehung der Stiftung „Topograhie des Terrors“ werden. Wir begeben uns also in unittelbarer Nähe der Tiergartenstraße in die Tiefe. „Ewig einstehen gegen das Vergessen!“ Dies forderte undespräsident Christian Wulff im Januar dieses Jahs bei seinem Besuch im früheren Konzentrationslager uschwitz. Dieser Forderung kommen wir heute nach. Während der NS-Herrschaft wurden in Deutschland nd den von Deutschland während des Zweiten Weltkriees besetzten Gebieten Schätzungen zufolge bis zu 00 000 Menschen mit Behinderungen und psychisch ranke getötet. Auch Kinder, die in dieser Zeit mit ehinderungen geboren wurden, wurden systematisch rmordet. Für die Nationalsozialisten waren diese Menchen „lebensunwert“. Die menschenverachtende natioalsozialistische Rassenideologie forderte die Erfasung, Verfolgung und Ermordung dieser Menschen zur ngeblichen „Reinigung“ der Nation. Auch in meiner eimatregion, in der Gemeinde Kropp bei Schleswig, hat as menschenverachtende System der Nationalsozialisn in einer großen christlichen Behinderteneinrichtung efe Spuren hinterlassen. Die NS-„Euthanasie“ gehört zu den dunkelsten Kapiln unserer Geschichte. Auch und gerade an diese Teile er Vergangenheit unseres Landes müssen wir uns erinern – zum Gedenken an die Opfer und ihr unermessches Leid sowie zur Vergegenwärtigung der Tatsache, ass Menschen zu solchen Taten fähig sein können und ass deshalb alles unternommen werden muss, um solhe Verbrechen in Zukunft unmöglich zu machen. „Die nationalsozialistischen Morde an behinderten enschen bzw. Patienten gehören in das kollektive Ge ächtnis unserer Nation“, heißt es in unserem Antrag. h bin froh, dass es darüber fraktionsübergreifend eine bereinstimmung im Deutschen Bundestag gibt und ein emeinsamer Antrag der Koalition mit SPD und den rünen zustande gekommen ist. Auch besteht Einigkeit der Frage der Bundeszuständigkeit. Die Erinnerung n die NS-„Euthanasie“-Morde ist auch eine Aufgabe on gesamtstaatlicher Verantwortung. Die Gedenkstätnkonzeption des Bundes schließt diese Opfergruppe uch ausdrücklich in das nationale Gedenken ein. Desalb haben wir uns auf Bundesebene einvernehmlich azu entschieden, einen zentralen Gedenkort zu schafn. Zur Thematik der NS-„Euthanasie“ fördert die Bunesrepublik Deutschland die Gedenkstätte Pirna-Sonenstein in Sachsen. Außerdem wurden Projekte der Gegebene Reden )

Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1713937300




(A) )

denkstätten Grafeneck in Baden-Württemberg und
Hadamar in Hessen unterstützt. In einer weiteren ehe-
maligen Tötungsanstalt in Brandenburg an der Havel
wird auch mit Mitteln aus der Gedenkstättenkonzeption
des Bundes eine weitere Gedenkstätte aufgebaut. Doch
auch Berlin muss Standort eines Gedenkortes sein. Als
Hauptstadt der Bundesrepublik sowie als kultureller An-
ziehungspunkt für Menschen aus Deutschland und der
ganzen Welt nimmt Berlin einen zentralen Platz in der
Erinnerungsarbeit des Bundes ein. Hier in Berlin – in
der Tiergartenstraße 4 – wurde die sogenannte Aktion T4
systematisch und zentral geplant. Hier war der Sitz der
koordinierenden Dienststelle. Deshalb sollte auch hier
– am historischen Ort der Planung der Verbrechen – ein
sichtbares Zeichen gesetzt werden und sollten hier die
Opfer gewürdigt werden. An einem düsteren Herbsttag
in diesem Jahr war ich zuletzt an der besagten Stelle und
war zutiefst betroffen bei dem Gedanken daran, was hier
vor über 70 Jahren beschlossen worden war. Dabei
wurde mir von Neuem deutlich, dass die derzeitige in
den Boden eingelassene und leider kaum beachtete Ge-
denktafel sowie die umgewidmete Plastik von Richard
Serra nicht ausreichend sind, um an das Grauen, das
von diesem Ort ausgegangen war, zu erinnern.

Auch das für die Umsetzung zuständige Land Berlin
steht in der Pflicht, alles zu tun, um den Verbrechen, die
in dieser Stadt stattfanden, in angemessener Form Rech-
nung zu tragen. Wir erwarten, dass Bund und Berlin ge-
meinsam das bereits bestehende Denkmal aufwerten und
gemeinsam die Opfer am historischen Ort würdigen.

Zum Schluss ist es mir ein Anliegen, den verschiede-
nen bürgerschaftlichen Initiativen ausdrücklich für ih-
ren langjährigen geduldigen, aber auch hartnäckigen
Einsatz zu danken. Stellvertretend für viele weitere seien
hier der Runde Tisch zu T4, die Deutsche Gesellschaft
für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde
sowie der Arbeitskreis zur Erforschung der national-
sozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation
genannt. Vor allem ihnen ist es zu verdanken, dass die
Opfer der NS-„Euthanasie“-Morde nicht in Vergessen-
heit geraten sind, bleibende Mahnmale und Dokumenta-
tionen daran erinnern, dass wir alle aufgerufen sind, un-
sere Demokratie zu stärken, Extremisten abzuwehren,
damit es nie wieder zu diktatorisch-autoritären Regie-
rungen in unserem Land kommt, die Bürger- und Men-
schenrechte mit Füßen treten.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1713937400

Daran, wie ein Gemeinwesen mit seinen Kranken um-

geht, lässt sich erkennen, wie human es ist. Im national-
sozialistischen Deutschland wurden Kranke ermordet.
Die euphemistische Umschreibung für den systemati-
schen, bürokratisch exakt organisierten Massenmord an
körperlich und geistig beeinträchtigten Menschen lau-
tete Euthanasie – das griechische Wort für den „leich-
ten“, den „schönen Tod“. Der Tod, der im Gebäude der
Berliner Tiergartenstraße 4 koordiniert wurde, war alles
andere als leicht und schön. Ab 1939 und während des
gesamten Zweiten Weltkrieges wurden Hunderttausende
Menschen in Hospitälern und Heilanstalten vergast,

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Zu Protokoll ge

(C (D ergiftet oder durch Vernachlässigung und Verhungern em Tod preisgegeben. Das Gebäude Tiergartenstraße 4 steht nicht mehr. eute erinnern ein kaum beachtetes Kunstwerk, eine Inrmationsund eine Gedenktafel neben der Berliner hilharmonie an das Geschehen. Die Dimension des erbrechens, sein ideologischer Kontext, das konkrete andeln der Täter, die Lebensgeschichten der Opfer – ll dies wird derzeit vor Ort nicht ausreichend vermitlt. Mit dem vorliegenden gemeinsamen Antrag wollen ir das ändern. Wir sind der Auffassung, dass eine Aufertung des Gedenkortes erfolgen muss. Das grausame apitel der „Euthanasie“-Morde bedarf stärkerer Bechtung. Im Rahmen eines Ideenwettbewerbs setzt sich das and Berlin für das Vorhaben ein. Der Bund wird die msetzung unterstützen. Für das Haushaltsjahr 2012 at der Beauftragte für Kultur und Medien 500 000 Euro ingestellt, eine Summe, bei der sich – ich formuliere as vorsichtig – noch herausstellen muss, ob sie ausreihen wird, um eine angemessene und würdige Gestalng zu realisieren. Dass der Antrag zustande kam, haben wir eindrucksollem bürgerschaftlichen Engagement zu verdanken. issenschaftler, Vereine und Verbände setzen sich seit ielen Jahren für die Neugestaltung des historischen Ors T4 ein. Umso ärgerlicher ist, dass sich die Koalitionsfraktioen einer Expertenanhörung im Ausschuss verweigert aben! Die SPD-Fraktion hat sich wiederholt für ein achgespräch eingesetzt. Nun soll nach Verabschiedung es Antrages ein Fachgespräch erfolgen: Ein ärgerlihes Verfahren. Als wäre die Zustimmung von Schwarzelb zum Antrag lediglich ein ängstliches Zugeständnis. ie geben ein äußerst zwiespältiges Bild ab. Die SPD steht zu diesem Antrag! Ich will es noch einal ausdrücklich betonen: Einsatz und Beharrlichkeit er Initiativen sind kaum hoch genug zu schätzen! Sie ätten es verdient, im Deutschen Bundestag gehört zu erden! Dass sich vor knapp einem Jahr die Deutsche Gesellchaft der Psychiater, Psychotherapeuten und Nerveneilkundler zu der Schuld ihrer Berufskollegen in der eit des Nationalsozialismus bekannt hat, begrüße ich – uch wenn die öffentliche Stellungnahme sehr spät erlgte. Dass die Gesellschaft das Handeln der an den Euthanasie“-Morden und weiteren Medizinverbrechen eteiligten Fachärzte untersuchen lässt, ist ein richtiger chritt. Die Ergebnisse sollen in einer Ausstellung präentiert werden. Ich kann mir gut vorstellen und würde s unterstützen, diese Ausstellung hier im Bundestag zu eigen. Der Antragstext ist – das kann bei einem interfraktioellen Antrag kaum verwundern – an verschiedenen tellen unscharf formuliert. Lassen Sie mich deshalb wei Punkte präzisieren. Wolfgang Börnsen gebene Reden )





(A) )

Klarheit ist erstens darüber zu schaffen, wie weit die
geplante Aufwertung des Gedenkortes gehen soll. Die
Linke hätte am liebsten ein neues Dokumentations-
zentrum und trägt unseren Antrag deshalb nicht mit. Die
Koalitionsfraktionen unterstützen die Neugestaltung
zwar, tendieren aber zum anderen Extrem und wünschen
sich nur minimale Veränderungen. Dies ist zu wenig.

Damit zukünftige Besucher die Qualität des histori-
schen Ortes erfassen können, bedarf es grundlegender
Informationen. Drei Aspekte halte ich dabei für beson-
ders wichtig: Die Opfer sind zu würdigen. Die Täter sind
zu benennen. Der Ort sollte für Besucher kenntlich wer-
den, beispielsweise durch Kennzeichnen der Umrisse
des einstigen T4-Gebäudes. Auch Hinweise auf die be-
stehenden Gedenk- und Informationsstätten in Deutsch-
land und Europa sind erforderlich. Die dezentrale Um-
setzung und die schiere Dimension der „Euthanasie“-
Verbrechen müssen deutlich werden.

Zweitens ist zu klären, welche Einrichtung geeignet
wäre, sich der Thematik der „Euthanasie“-Morde dau-
erhaft anzunehmen. Dabei muss der weitere Kontext na-
tionalsozialistischer Erbgesundheitspolitik, Eugenik
und der sogenannten Rassenhygiene beleuchtet werden.

Die Stiftung „Denkmal für die ermordeten Juden
Europas“ wird hier eine wichtige Rolle spielen. Dem
Charakter des Ortes entsprechend halte ich aber die
Stiftung „Topographie des Terrors“ für besonders ge-
eignet, die Aufgaben der Dokumentation und der päda-
gogischen Arbeit zum Thema zu übernehmen. Ich plä-
diere dafür, dass die Stiftung „Topographie des Terrors“
dem Thema einen dauerhaften Platz in ihrer Ausstellung
einräumt.

Über diese Präzisierungen wird noch zu sprechen
sein. Verehrte Kollegen der Koalitionsfraktionen: Schie-
ben Sie das Fachgespräch nicht auf die lange Bank!


Lars Lindemann (FDP):
Rede ID: ID1713937500

Es steht außer Frage: Wir tragen als Deutsche be-

sondere Verantwortung, um der Opfer der NS-Terror-
herrschaft zu gedenken, um die heutige und zukünftige
Generation zu mahnen und zu informieren. Teil des na-
tionalsozialistischen Rassenwahns war die Erfassung,
Verfolgung und Ermordung „lebensunwerten Lebens“,
die Verfolgung und Ermordung von Menschen mit Be-
hinderungen und psychisch Kranken.

Von September 1939 bis April 1940 fielen mehr als
10 000 psychiatrische Patienten aus Pommern, West-
preußen und dem Wartheland den Krankenmorden auf
dem damaligen besetzten Gebiet Polens zum Opfer. Von
Januar 1940 bis August 1941 wurde die sogenannte Ak-
tion T4 durchgeführt, bei der in eigens eingerichteten
Gasmordanstalten mehr als 70 000 Psychiatriepatienten
und -patientinnen systematisch und zentral geplant er-
mordet wurden. Die Aktion T4 wurde benannt nach dem
Sitz der koordinierenden Dienststelle in der Tiergarten-
straße 4.

Wir sind uns fraktionsübergreifend einig: Dieser Ort
benötigt ein würdiges Gedenken. Heute erinnert nur
eine im Boden eingelassene Gedenktafel, eine nachträg-

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Zu Protokoll ge

(C (D ch den Opfern der Aktion T4 gewidmete Plastik von ichard Serra und eine Informationstafel zur Aktion T4 n die dort geplanten Morde. Alle Fraktionen sind sich einig: Die derzeitige Form er Erinnerung und Information an diesem Ort reichen icht aus, um einem Vergessen angemessen entgegenirken zu können. Aus diesem Grund haben die Fraktioen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen invernehmlich beschlossen, die Bundesregierung aufufordern, sich in Zusammenarbeit mit dem Land Berlin afür einzusetzen, dass das bereits bestehende Denkmal ine angemessene Würdigung am historischen Ort der lanung Aktion T4 erhält und dass an einem solchen Ort ie Information über die „Euthanasie“-Morde und die amit zusammenhängenden NS-Verbrechen nicht fehlen ürfen. Ich bedauere es sehr, dass die Fraktion Die Linke sich ieser Initiative durch Zustimmung bisher nicht anchließen konnte. Die Fraktion Die Linke hat im Auschuss für Kultur und Medien einen Änderungsantrag ingereicht, in dem ein Dokumentationsund Informaonszentrum gefordert wird. Dieser Antrag wurde von er Mehrheit des Ausschusses abgelehnt. Es ist unrichtig, in der Öffentlichkeit zu behaupten, ass durch die Bundesregierung eine Informationsstätte ur Aktion T4 nicht gewollt sei. Ganz im Gegenteil: Es ibt bereits vier Gedenkstätten, die der Bund in erheblihem Maße mit unterstützt. So fördert der Bund zusamen mit dem Freistaat Sachsen die Gedenkstätte Pirnaonnenstein, wo sich eine der Tötungsanstalten befand. us Mitteln der Gedenkstättenkonzeption des Bundes urden der Aufbau der Gedenkstätten Grafeneck, Baen-Württemberg, und Hadamar, Hessen, ermöglicht. in weiteres Projekt des Bundes betrifft den Aufbau eier Gedenkstätte in Brandenburg an der Havel. Mit unserem Antrag entsteht nun ein Ort in der Mitte erlins, an dem eine angemessene Würdigung am histoischen Standort der Planung und Organisation der ktion T4 möglich sein wird. Der Bund wird dazu im ahmen des Haushaltes des Beauftragten der Bundesreierung für Kultur und Medien gemeinsam mit dem and Berlin Gelder zur Verfügung stellen. Information nd Dokumentation zur Aktion T4 sind jedoch nicht auseschlossen, sondern in der Nachbarschaft – in der Stifng Topographie des Terrors – möglich. Unter den zahlreichen Erinnerungsorten, Denkmalen nd Museen, mit denen heute in Berlin an die Zeit des ationalsozialismus erinnert wird, nimmt die Stiftung opographie des Terrors als „Ort der Täter“ eine beondere Stellung ein. Die Aktion T4 findet dort mit ihren 00 000 Besuchern pro Jahr sehr viel mehr Aufmerkamkeit als durch ein neues Informationszentrum in der iergartenstraße 4. Der durch das Land Berlin angekündigte Ideenwettewerb zur künstlerischen Umgestaltung des Geländes teht aus. Dieser Ideenwettbewerb ist Voraussetzung für ie Einbringung der Bundesregierung und Umsetzung nseres Antrages. Das Land Berlin ist aufgefordert, chnellstmöglich den angedachten Ideenwettbewerb Dr. h. c. Wolfgang Thierse gebene Reden )





(A) )

auszuloben. Wir sind gespannt auf diesen Wettbewerb
zur Umgestaltung des Areals Tiergartenstraße 4, in den
Betroffene und Verbände in adäquater Weise eingebun-
den werden.


Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713937600

Rückdatiert auf den Überfall Deutschlands auf Polen,

den Kriegsbeginn am 1. September 1939, befahl Adolf
Hitler die sogenannte „Euthanasie“-Aktion. Zum medi-
zinischen Leiter dieser – später T4 genannten – Aktion
wurde der Psychiater und Neurologe Professor Werner
Heyde bestimmt. Der Aktion T4 und den nach ihrer offi-
ziellen Beendigung sich anschließenden weiteren Pha-
sen der Krankentötungen sollten bis zum Kriegsende
– und noch einige Wochen darüber hinaus – mindestens
250 000 bis 300 000 psychisch, geistig und körperlich
kranke Menschen zum Opfer fallen.

Am Ort der ehemaligen Zentraldienststelle in der
Tiergartenstraße 4 befinden sich heute nur eine un-
scheinbare, in den Boden eingelassene Gedenktafel für
die „Euthanasie“-Opfer und eine erst nachträglich den
Opfern gewidmete Plastik. Einen zentralen, nationalen
Gedenkort für die Opfer der sogenannten „Euthanasie“
gibt es bisher nicht. Dies soll nun geändert werden. Mit
ihrem Antrag „Gedenkort für die Opfer der NS-Eutha-
nasie-Morde“, 17/5493, wollen CDU/CSU, SPD und
Bündnis 90/Die Grünen sich für eine Aufwertung des be-
stehenden Denkmals und eine angemessene Würdigung
der Opfer am historischen Ort der Planung und Orga-
nisation der Aktion T4 in der Tiergartenstraße 4 einset-
zen.

Die Linke hat dieses Ansinnen von Beginn an auf
Bundes- und Landesebene unterstützt. Die nationalso-
zialistischen Morde an behinderten Menschen bzw. Pa-
tienten gehören in das kollektive Gedächtnis unserer
Nation. Die Erinnerung daran ist eine Aufgabe von na-
tionaler Bedeutung und gesamtstaatlicher Verantwor-
tung. Die Gedenkstättenkonzeption des Bundes schließt
diese Opfergruppe ausdrücklich in das nationale Ge-
denken ein. Es steht für uns außer Frage, dass der Bund
zu seiner Verantwortung stehen sollte und in diesem Fall
gibt es auch einen parteiübergreifenden Willen, dies zu
tun.

Leider wurden wir erneut von der Erarbeitung eines
interfraktionellen Antrages ausgegrenzt und konnten so
Einwände und Änderungsvorschläge am vorliegenden
Antrag nicht geltend machen. Um diesen unserer Auffas-
sung nach wichtigen Ergänzungen Gehör zu verschaf-
fen, haben wir einen entsprechenden Änderungsantrag
eingebracht, in dem wir nicht allein einen Gedenk-, son-
dern auch einen entsprechenden Informationsort sowie
darüber hinaus die finanziellen Mittel für eine wissen-
schaftliche Aufarbeitung des Themas fordern. Wir
reagieren damit auch auf Anregungen der in dieser The-
matik engagierten Initiativen und Institutionen, stellver-
tretend für eine größere Gruppe ist hier die Deutsche
Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Ner-
venheilkunde, DGPPN, die Stiftung „Denkmal für die
ermordeten Juden Europas“ und die Stiftung „Topogra-
phie des Terrors“ zu nennen. Trotz zweijähriger Bera-

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(C (D ngen zum Thema gelang es nicht, die von ihnen vorgerachten Vorschläge und Einwände in dem vorliegenden ntrag angemessen zu berücksichtigen. Da die Planung nd Umsetzung des geplanten Gedenkortes im Antrag ber explizit unter dem Dach der vom Bund getragenen tiftung „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ nd unter Einbeziehung der Stiftung „Topographie des errors“ stattfinden soll, sollte unserer Meinung nach en vorgebrachten Bedenken Rechnung getragen weren. Vor allem die Gewichtung von Gedenkort und Inrmationsund Erinnerungsort bedarf dringend einer berarbeitung. Bei der Neugestaltung des bereits bestehenden Denkals für die Opfer der „Euthanasie“-Morde am histori chen Ort in der Tiergartenstraße 4 geht es darum, keien reinen Gedenkort zu etablieren, sondern das rinnern mit einer grundlegenden Information zu verinden. Dies ist deswegen so wichtig, weil dieser Ort usschließlich ein Täterort war, den nie ein Opfer betren hat. Die Angehörigen der Opfer bzw. jene vor allem wangssterilisierten Menschen, die die Verfolgung überbt haben, finden hier keine direkt mit dem persönli hen Leiden ihrer Nächsten bzw. mit den eigenen Erfahungen verbundene Relikte, auch nicht in symbolischer insicht. Eine örtliche Auslagerung der Information in ie Nachbarschaft der „Topographie des Terrors“, wie ie die antragsstellenden Fraktionen vorschlagen, entpricht diesem Zweck in keiner Weise. Ich schließe mich an dieser Stelle der Verwunderung on Dr. Hans-Jochen Vogel, Bundesminister a. D., an, ass weder dem Wunsch der an den Beratungen beteilign Initiativen und Institutionen nach einem im Bundesg stattfindenden Fachgespräch entsprochen wurde och die äußerst konstruktiven Vorschläge, wie ein neu ntstehender Gedenkund Informationsort in der Tierartenstraße 4 aussehen könnte, in den vorliegenden ntrag aufgenommen wurden. Nicht nur hat die Stiftung „Denkmal für die ermorden Juden Europas“ schon seit längerem ein Grundkon ept für eine historische Dokumentation erstellt, welche etailliert und wissenschaftlich fundiert die Aktion T4 arstellt und einen besonderen Schwerpunkt auf exemprische Opferbiografien legt, die die Bandbreite des ordens und der Opfergruppen zwischen 1939 und 945 widerspiegeln, auch die Deutsche Gesellschaft für sychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde hat anz konkrete Vorschläge für eine Neugestaltung des isherigen Denkmals vorgelegt, welche explizit die ichtigkeit eines Dokumentationszentrums hervorhe en. Hier soll im Rahmen einer wissenschaftlich funierten Ausstellung über die Entstehungsgeschichte der ationalsozialistischen „Euthanasie“-Morde, ihre Einettung in eine rassenhygienisch aufgeladene Gesundeitsund Bildungspolitik und auch die unzureichende ristische und gesellschaftliche Aufarbeitung der Ver rechen aufgeklärt werden. Die Opfer sollen gewürdigt erden, und nicht zuletzt sollte auch an die weitgehend hlende bzw. unangemessen geringe Entschädigung der pfer und ihrer Angehörigen erinnert werden. Ich erinere daran, dass der Bundestag erst im Januar dieses ahres einen Beschluss über eine Angleichung der mo Lars Lindemann gebene Reden Dr. Lukrezia Jochimsen )








(A) )

natlichen Entschädigungen an die für andere aus rassis-
tischen Gründen verfolgten Opfer gefasst hat – im Jahre
2011!

Warum die an dem Antrag beteiligten Fraktionen
nicht auf die Angebote gerade der DGPPN eingegangen
sind, welche von der Erstellung einer Ausstellung über
einen finanziellen Zuschuss zu einem Dokumentations-
zentrum bis hin zur Finanzierung einer wissenschaftli-
chen Mitarbeiterstelle für die Dauer von zehn Jahren
gehen, bleibt unverständlich.

Vielleicht lassen sich in einem „verspätet“ stattfin-
denden Fachgespräch diese Defizite beseitigen. Uns
wäre sehr daran gelegen, soll es doch hier nicht um par-
teipolitische Interessen, sondern nach mehr als 60 Jah-
ren um eine angemessene Würdigung der Opfer und ih-
rer Angehörigen gehen.

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Wir freuen uns, dass der Bundestag den interfraktio-
nellen Antrag zum Gedenken an die Opfer der NS-„Eu-
thanasie“-Morde breit unterstützen will. Wir bedanken
uns ausdrücklich für die Zusammenarbeit bei der Ausar-
beitung und Diskussion des Antrags und auch dafür,
dass hier mit großer Offenheit eine Initiative unserer
Fraktion aufgegriffen und nun gemeinsam umgesetzt
wird.

Die Erinnerung an die NS-„Euthanasie“-Opfer, an
Zwangssterilisationen und weitere grausame Verbre-
chen an dieser Opfergruppe ist ein wichtiger Teil in der
Gedenkpolitik und Erinnerungskultur. Für die gesell-
schaftliche Wahrnehmung der Täter und ihrer schreckli-
chen Taten und für das Gedenken an die Opfer ist eine
Dokumentation an dem Ort, von dem die Verbrechen
ausgingen, der Berliner Tiergartenstraße 4, wichtig und
von nationaler Bedeutung.

Bei den Gesprächen zur Ausarbeitung des Antrags
haben wir an einem Punkt etwas länger debattiert, und
zwar bei der Frage, wie sich der Informationsaspekt und
der Gedenkaspekt in diesem Projekt zueinander verhal-
ten sollten. Wir Grüne haben uns sehr dafür eingesetzt,
dass der Informationsaspekt zusammen mit dem Gedenk-
aspekt deutlich herauskommt.

Es gab einige Bedenken, ob eine Herausstellung des
Informationsaspekts etwa bedeuten würde, am Ort von
T4 ein Museum neu zu bauen – mit allen auch finanziel-
len Konsequenzen. Eine zweite Frage war, ob es nicht zu
einer Inflationierung von entsprechenden Informations-
orten in Berlin käme, die sich möglicherweise gegensei-
tig entwerten würden.

Wir glauben, dass man hier keine künstlichen Gegen-
sätze zwischen Gedenken und Informieren aufmachen
sollte. Wir brauchen beides, und es ist gut, dass wir im
Antrag gemeinsam die Aufgabe der Information auch
am Ort T4 deutlich gemacht haben. Denn es geht ja ganz
wesentlich auch um Information – zum Ablauf der Ver-
brechen, um die Aufarbeitung auch individueller Le-

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(C (D ensgeschichten von Opfern, um Forschungen zur Beiligung von Ärzten und Pflegepersonal und politisch nd administrativ Verantwortlichen. Die Bedeutung der Information heben auch Wissenchaftler und Initiativen aus der Zivilgesellschaft hervor, ie sich sehr konstruktiv in die Debatte eingebracht haen. So trifft sich in den Räumen der „Topographie des errors“ seit geraumer Zeit ein Runder Tisch „T4“, der m Thema arbeitet und auch die weitere Arbeit hier in erlin begleiten wird. Im Internet ist eine Seite „Gedenkrt T4“ eingerichtet worden, die jetzt schon wichtige Inrmationsarbeit leistet. Und auch die DGPPN, die eutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie nd Nervenheilkunde, wird die Aufarbeitung des Theas unterstützen und auch für zehn Jahre eine wissen chaftliche Mitarbeiterstelle zur Forschung und Inforation über die T4-Verbrechen finanzieren. Das Land Berlin hat angekündigt, einen Ideenwettbeerb für die künstlerische Umund Weitergestaltung ieses T4-Geländes auszuloben – zusätzlich zu der in en Boden eingelassenen Platte und der Skulptur von ichard Senna, die sich bereits dort befinden. Diesen ettbewerb möchten wir aufmerksam verfolgen und beleiten. Wir rechnen fest mit der Kreativität von Künstrn und der Fachkompetenz von Wissenschaftlern, dait das Projekt in einer guten und angemessenen Form ur Ausführung kommt. Es ist gut, dass sich nun auch der Bund bei T4 verflichtet. Das ist ein wichtiger Baustein für unsere Erinerungskultur – auch angesichts von demokratiefeindlihen rechtsextremen Tendenzen, die besorgniserregend ind. Vielen Dank noch einmal an die Kolleginnen und Kolgen für die gute Zusammenarbeit! Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für ultur und Medien empfiehlt in seiner Beschlussemphlung auf Drucksache 17/7596, den Antrag der Frakonen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grüen auf Drucksache 17/5493 anzunehmen. Wer stimmt r diese Beschlussempfehlung? – Das sind die antrag tellenden Fraktionen. Gegenprobe! – Niemand. Enthalngen? – Linksfraktion. Die Beschlussempfehlung ist ngenommen. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 23: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Matthias W. Birkwald, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Aufbewahrungsfrist der Lohnunterlagen von DDR-Betrieben bis 31. Dezember 2016 verlängern – Drucksache 17/7486 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend )

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713937700

(A) )

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolle-
ginnen und Kollegen liegen hier dem Präsidium vor.


Frank Heinrich (CDU):
Rede ID: ID1713937800

Die Aufbewahrungsfrist für Lohnunterlagen aus

DDR-Zeiten läuft zum Jahresende 2011 ab. In dem An-
trag der Fraktion Die Linke, über den wir heute beraten,
wird die Bundesregierung dazu aufgefordert, die Aufbe-
wahrungsfrist von Unterlagen über Löhne und Arbeits-
zeiten in DDR-Betrieben über den 31. Dezember 2011
hinaus bis zum 31. Dezember 2016 zu verlängern. Diese
Unterlagen sind vor allem für die korrekte Rentenbe-
rechnung wichtig, da sie zur Klärung des Versicherungs-
kontos notwendig sind. Im Rahmen der sogenannten
Kontoklärung wird das Versicherungskonto mit allen
versicherungsrechtlich relevanten und rentenrelevanten
Daten vervollständigt.

Zur Sicherstellung der vollständigen Kontenklärung
und Vormerkung aller rentenanwartschaftsbegründen-
den Beschäftigungszeiten und Arbeitsentgelte der be-
troffenen Versicherten beschloss der Bundestag im Ok-
tober 2006, die zum Jahresende 2006 auslaufende
Aufbewahrungspflicht um fünf Jahre zu verlängern. Das
heißt also, dass die Betriebe rund 20 Jahre lang im Inte-
resse der Versicherten und der Deutschen Rentenversi-
cherung die Lohnunterlagen aufbewahrt haben. Und
das zusätzlich zu den jeweils aktuell zu speichernden
Daten. Eine solche Aufbewahrung ist vor allem mit ho-
hen Lager- und Verwaltungskosten sowie mit großem
Aufwand für die Betriebe verbunden. Es ist auch zu be-
merken, dass viele dieser DDR-Betriebe mittlerweile
nicht mehr existieren. Das bedeutet, dass ihre Rechts-
nachfolger oder auch private Firmen, wie zum Beispiel
die Rhenus Office Systems GmbH in Großbeeren, sich
um die Aufbewahrung der alten Lohnunterlagen küm-
mern.

Die Kollegen aus der Partei Die Linke haben zutref-
fend bemerkt, dass es noch nicht gelungen sei, alle Kon-
ten aufzuklären. Ich glaube jedoch, dass 20 Jahre lang
genug sind, um Kontoklärungen veranlassen zu können.
Es steht auch nicht fest, ob zur Klärung der übrigen
Konten tatsächlich im Einzelfall auf Lohnunterlagen der
DDR-Betriebe zugegriffen werden muss. Die Belastung
der Arbeitgeber ist meiner Meinung nach in diesem Fall
unverhältnismäßig, vor allem, wenn man bedenkt, dass
die Versäumnisse bei der Kontoklärung hauptsächlich
darauf zurückzuführen sind, dass die Versicherten ihrer
Mitwirkungspflicht nicht nachgehen. Ohne aktives Mit-
wirken der Versicherten selbst ist die Beschaffung von
fehlenden Unterlagen durch den Rentenversicherungs-
träger kaum möglich. Es geht hier also um eigene Ver-
antwortung und Selbstständigkeit der Versicherten.

Die Medien haben insbesondere in den letzten Mona-
ten viel darüber berichtet, dass die Aufbewahrungsfrist
zum Jahresende 2011 abläuft. Auch die Rentenversiche-
rungsträger haben mehrmals zur Kontenklärung aufge-
rufen. Am Beispiel von meiner Stadt Chemnitz kann ich
bestätigen, dass die Information für Bürger zugänglich
gemacht wurde und auf verständlicherweise zu allen In-

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Zu Protokoll ge

(C (D ressenten gebracht wurde, und das nicht nur übers Inrnet. An der Aufklärung mangelt es also nicht. Eine eitere Verlängerung der Frist würde nicht nur hohe osten verursachen, sondern kann auch den Eindruck rwecken, dass es unendlich so weitergeht. Das trägt icht unbedingt zur Förderung der eigenen Selbstverntwortung von Versicherten bei. Für Lohnunterlagen, die am 31. Dezember 1991 im eitrittsgebiet vorhanden waren, ist im SGB IV eine beondere Aufbewahrungsfrist geregelt. Mit dem Auslaun dieser Frist zum 31. Dezember 2011 entfällt eine zu ätzliche Belastung für ostdeutsche Unternehmen. Die Dokumente mussten aufbewahrt werden. Mit den ohnunterlagen werden Beschäftigungszeiten und Verienste nachgewiesen. Aber auch Zeiten von Krankheit nd sonstigen Ausfällen sind darin enthalten. Allerdings ollte die Aufbewahrungsfrist ursprünglich schon vor ahren auslaufen. Wir haben den Termin zuletzt im Jahr 006 um weitere fünf Jahre verlängert, obwohl wir daals schon der Ansicht waren, dass eine Übergangsfrist on 15 Jahren zur Klärung der Konten ausreichen üsste. Damit wurde der Zugriff auf die Lohndaten für eitere fünf Jahre gesichert. Das gab den Menschen usreichend Möglichkeit zur Klärung ihrer persönlichen entenkonten. Bei den 2,3 Millionen bei der Deutschen Rentenversiherung Bund geführten Rentenversicherungskonten ind bezogen auf Personen mit Wohnsitz in den neuen undesländern derzeit noch rund 286 000 Konten nicht ollständig geklärt. Dies entspricht 12 Prozent. Zahlen r die gesamte Rentenversicherung liegen nicht vor. Dabei ist ein geklärtes Versicherungskonto nicht nur ichtig für die spätere Rentenberechnung, sondern ist ei politisch Verfolgten ein Indiz für eine berufliche Verlgung – insbesondere, wenn der Antragsteller keine nterlagen mehr über seine Beschäftigung hat. Ände ungen in den Einkommensverhältnissen wie abrupte inderverdienste können auf eine politische Verfolgung Beruf hindeuten. Die Zahl potenzieller Betroffener ürfte aber geringer sein als häufig angenommen. In en letzten Jahren wurden pro Jahr circa 1 800 Neuanäge auf berufliche Rehabilitierung gestellt. Die Anagsfrist läuft am 31. Dezember 2019 aus. Eine Verlängerung der Frist zur Aufbewahrung der nterlagen von ehemals in der DDR Beschäftigten ist ach unserer Auffassung nicht nötig. In den 21 Jahren eit der Wiedervereinigung wurden die Betroffenen ehrfach aufgefordert, ihre Rentenkonten zu klären. Die ngeklärten Konten sind auf die fehlende Mitwirkung er Betroffenen zurückzuführen. Es ist nicht absehbar, ass sich daran künftig etwas ändern wird. Die Versiherten erhalten jährlich Renteninformationen. Außerem bekamen sie Briefe, in denen sie über die Notwenigkeit der Kontenklärung und über den Fristablauf ufgeklärt wurden. Wenn 21 Jahre zur Klärung der Rentenkonten nicht usgereicht haben, berechtig das zu der Annahme, dass Vizepräsident Eduard Oswald gebene Reden )

Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1713937900




(A) )

auch in den nächsten fünf Jahren keine wesentliche Ver-
änderung des Sachverhalts zu erwarten sein wird.

Vor diesem Hintergrund halten wir es für richtig, dass
die Unternehmen und der Bund als Rechtsnachfolger
ehemaliger DDR-Betriebe die Kosten für die Aufbewah-
rung der Unterlagen nicht noch für weitere fünf Jahre
übernehmen sollen, nur weil etliche Bürgerinnen und
Bürger sich nicht um die Klärung ihres Rentenkontos
kümmern.

Diesen Bürgerinnen und Bürgern kann man nur ra-
ten, sich um die Klärung ihres Rentenkontos zu bemü-
hen. Wenn Versicherte aus der ehemaligen DDR ihre
Beschäftigungszeiten möglichst genau im Kontenklä-
rungsantrag angeben, kann darauf gestützt die Deutsche
Rentenversicherung den ehemaligen Arbeitgeber bzw.
dessen Rechtsnachfolger ermitteln und eine Bestätigung
der Daten erhalten. Alternativ können sich Antragsteller
bis Ende dieses Jahres auch an die privaten Archivie-
rungsgesellschaften wenden, die alte Lohnunterlagen li-
quidierter DDR-Betriebe aufbewahren. Zudem können
fehlende Versicherungszeiten durch eigene Dokumente
sowie auch mittels Zeugenerklärungen belegt werden.

Betroffene sollten sich spätestens jetzt Kopien aller
persönlichen DDR-Lohnunterlagen besorgen. Wenn der
damalige Betrieb oder dessen Rechtsnachfolger nicht
mehr existieren, kann der Rentenversicherungsträger
helfen.

Wenn die Aufbewahrungsfrist dann zum Jahresende
abgelaufen sein wird, bedeutet das aber nicht, dass die
Unterlagen weggeworfen werden. Die noch bei Behör-
den, Arbeitgebern und Rechtsnachfolgern von DDR-Be-
trieben liegenden Dokumente werden Landes- und
Staatsarchiven bzw. dem Bundesarchiv angeboten. Die
Betroffenen können sich also ab kommendem Jahr an
diese Stellen wenden.

Auch potenziellen Antragstellern auf berufliche Re-
habilitierung wird mit dem Auslaufen der Aufbewah-
rungsfrist für die Lohnunterlagen keinesfalls die Mög-
lichkeit der Antragstellung nach dem Beruflichen
Rehabilitierungsgesetz abgeschnitten. Es gibt auch Be-
weiserleichterungen: Es reicht aus, wenn der Betroffene
seine Angaben zur Verfolgteneigenschaft und zur Verfol-
gungszeit glaubhaft machen kann.

Deshalb gibt es keinen Grund, die Aufbewahrungszeit
von Unterlagen erneut zu verlängern.


Ottmar Schreiner (SPD):
Rede ID: ID1713938000

Lohnunterlagen müssen vom Arbeitgeber generell für

eine Frist von sechs Jahren aufbewahrt werden. Hiervon
abweichend, sind nach geltendem Recht gemäß § 28 f
Abs. 5 Satz 1 SGB IV die am 31. Dezember 1991 im Bei-
trittsgebiet vorhandenen Lohnunterlagen mindestens bis
zum 31. Dezember 2011 vom Arbeitgeber aufzubewah-
ren.

Diese Pflicht zur Aufbewahrung der Lohnunterlagen
von DDR-Betrieben läuft wegen Untätigkeit der Regie-
rungskoalition zum Ende des Jahres aus. Eine vorherge-

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(C (D ende Verlängerung hatten wir am 20. Oktober 2006 mit en Stimmen von CDU/CSU, SPD und Linkspartei bechließen können. Dies haben wir zum damaligen Zeitunkt für dringend nötig erachtet, weil die Lohnunterlaen für die Klärung von gesetzlichen Rentenansprüchen wingend erforderlich sind. Damals waren noch immer ehr als 1,3 Millionen Versicherungskonten von Versi herten in der ehemaligen DDR ungeklärt. Den Betrofnen hätten Rentenkürzungen gedroht, wenn sie keinen achweis über ihre Beschäftigungszeiten in DDR-Beieben hätten vorlegen können. Eine umfassende und lle Versicherungszeiten berücksichtigende Rentenbechnung durch die Rentenversicherungsträger ist nämch nur dann möglich, wenn das Versicherungskonto ollständig ist. Auch nach nunmehr 20 Jahren ist noch immer eine roße Anzahl der Versichertenkonten hinsichtlich der eschäftigungszeiten in der ehemaligen DDR nicht gelärt. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung und sind Versicherte der Geburtsjahrgänge 1946 bis 974, die Beitragszeiten in der DDR zurückgelegt haben önnen, betroffen. Allein bei den 2,3 Millionen bei der eutschen Rentenversicherung Bund geführten Versi herungskonten sind noch circa 286 000 Konten nicht ollständig geklärt. Dies entspricht einem Anteil von und 12 Prozent. Deshalb muss die Aufbewahrungsfrist um weitere nf Jahre, also bis zum 31. Dezember 2016, verlängert erden. Durch diese verlängerte Aufbewahrungsfrist oll gewährleistet werden, dass die für die Rentenversiherung erforderlichen Daten der Beschäftigten vor em Beitritt gesichert werden. In dem vorliegenden Antrag der Linksfraktion wird ie Bundesregierung aufgefordert, einen Gesetzentwurf orzulegen, der sicherstellt, dass die Frist über den 1. Dezember 2011 hinaus bis zum 31. Dezember 2016 erlängert wird. Der Antrag ist in der Sache zwar richg, aber die Aufforderung zur Vorlage eines Gesetzenturfs ist zu weit gegriffen. Es gibt folgende Möglichkeit: Mit dem Regierungsentwurf eines Vierten Gesetzes ur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und nderer Gesetze, Drucksache 17/6764, welches zurzeit Deutschen Bundestag beraten wird, soll eine Vielzahl on sozialrechtlichen Einzelregelungen geändert weren. Die Aufbewahrungsfrist von Lohnunterlagen in DR-Betrieben ist Regelungsbestandteil des SGB IV. as ist aktuell der richtige Anknüpfungspunkt. Daher at meine Fraktion im Rahmen der Beratungen zum ierten SGB-IV-Änderungsgesetz einen Änderungsntrag mit dem Ziel, die genannte Aufbewahrungsfrist urch die Änderung des § 28 f Abs. 5 Satz 1 um fünf ahre zu verlängern, eingebracht. Die SPD-Bundestagsfraktion will die Verlängerung er Aufbewahrungsfrist für Lohnunterlagen in Osteutschland und fordert die Bundesregierung auf, unsen diesbezüglichen Änderungsantrag im Rahmen des esetzgebungsverfahrens zum Vierten SGB-IV-Ände ungsgesetz mit zu berücksichtigen. Max Straubinger gebene Reden )





(A) )


Sebastian Blumenthal (FDP):
Rede ID: ID1713938100

In dem vorliegenden Antrag fordert die Linke, einen

Gesetzentwurf zur Aufbewahrungsfrist der Lohnunterla-
gen von DDR-Betrieben vorzulegen, der sicherstellt,
dass die Frist über den 31. Dezember 2011 hinaus bis
zum 31. Dezember 2016 verlängert wird.

Worum geht es hier im Detail? Zum Ende dieses Jah-
res – also am 31. Dezember 2011 – läuft die Frist zur
Aufbewahrung von Lohnunterlagen nach § 28 f Abs. 5
Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch aus. Es han-
delt sich um eine Sonderregelung für die Aufbewahrung
von Lohnunterlagen für abhängig Beschäftigte aus der
ehemaligen DDR. Diese Regelung umfasst Lohnunterla-
gen, die am 31. Dezember 1991 in den neuen Bundeslän-
dern vorhanden gewesen sind. Grundsätzlich müssen
Lohnunterlagen nach § 28 f Abs. 1 SGB IV in Verbin-
dung mit § 28 p SGB IV für fünf Jahre aufbewahrt wer-
den, um den Rentenversicherungsträgern zu ermögli-
chen, die Arbeitgeber im Hinblick auf ihre Meldepflicht
und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV zu über-
prüfen.

Für abhängig Beschäftigte in der ehemaligen DDR
dienen diese Lohnunterlagen zur Klärung ihres Renten-
versicherungskontos. Erschwerend ist bei diesem Perso-
nenkreis hinzugekommen, dass sie oftmals keine ausrei-
chenden eigenen Nachweise über ihre Beschäftigung
erbringen konnten. Die Klärung des Versicherungskon-
tos erfolgt auf Antrag des Betroffenen bei der Deutschen
Rentenversicherung. Die Betroffenen wurden in den ver-
gangenen 20 Jahren mehrfach persönlich angeschrie-
ben und über Pressemitteilungen in den gängigen Me-
dien von den Rentenversicherungsträgern für die
Problematik sensibilisiert, die nötigen Anträge vor
Fristablauf einzureichen. Eine vollständige Renten-
berechnung setzt ein vollständiges Versicherungskonto
voraus. Die ursprüngliche Aufbewahrungsfrist ist im
Jahr 2006 ausgelaufen. Mit Rücksicht auf die hohe An-
zahl Beschäftigter, die noch keinen Antrag auf Konten-
klärung eingereicht hatten, wurde die Frist bis zum
31. Dezember 2011 verlängert.

Bezogen auf den Antrag der Linken bedeutet das für
uns als FDP-Fraktion, dass wir keinen Grund für eine
erneute Fristverlängerung sehen. Schon die Verlänge-
rung der Frist im Jahre 2006 war für uns in vielerlei
Hinsicht strittig. So müssen zum Beispiel Arbeitgeber
bzw. der Bund als Rechtsnachfolger der abgewickelten
DDR-Staatsunternehmen die Lohnunterlagen mit erheb-
lichen Kosten aufbewahren – nach den aktuellen Vorga-
ben 15 Jahre über die „reguläre“ Zeit von fünf Jahren
hinaus. Sämtliche Jahrgänge mit Wohnsitz oder Zeiten
im Beitrittsgebiet sind in den Jahren 2005 bis 2007 auf-
gerufen worden, einen Antrag auf Kontenklärung zu
stellen. Im Jahr 2006 wurden alle Betroffenen auf die
Notwendigkeit einer Kontenklärung bezüglich der Zei-
ten in der früheren DDR hingewiesen. Auch im Zuge der
jährlich wiederkehrenden Versendung der Renteninfor-
mation sind alle Versicherten erneut persönlich auf das
Erfordernis einer Kontenklärung hingewiesen worden.
Ein Großteil der Betroffenen ist dem bislang auch nach-
gekommen. Darüber hinaus hat auch in diesem Jahr die

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Zu Protokoll ge

(C (D eutsche Rentenversicherung Bund noch einmal auf den ristablauf öffentlich hingewiesen. Der aktuelle Stand sieht folgendermaßen aus: Zum blauf der Aufbewahrungsfristen am 31. Dezember 011 werden die Bestände den regional zuständigen andesund Staatsarchiven zur Übernahme angeboten. ei zentralen staatlichen Behörden und Einrichtungen erden die Unterlagen dem Bundesarchiv angeboten. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung ind bei den 2,3 Millionen bei der Deutschen Rentenvericherung Bund geführten Versicherungskonten in den euen Bundesländern noch circa 286 000 Konten nicht ollständig geklärt. Dies entspricht einem Anteil von und 12 Prozent. Die Aktenlagerung hat vom 1. Juli 007 bis zum 31. Oktober 2011 bereits 12,5 Millionen uro gekostet, bis zum Ablauf der Frist am 31. Dezemer 2012 rechnet man mit weiteren 1,4 Millionen Euro. ine wie von der Linken geforderte Fristverlängerung ürde entsprechende Kosten nach sich ziehen. Die Akn werden bei der Rhenus Office GmbH gelagert – die osten tragen Bund und Länder. Die Administration erlgt durch die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte onderaufgaben. Insofern wäre an dieser Stelle interessant zu erfahren, elche konkreten Zahlen die Linke zur Begründung ihs Antrags vorweisen kann. Oder noch besser: Die inke möge einen eigenen Gesetzentwurf zur Verlängeung der Aufbewahrungsfrist der Lohnunterlagen von DR-Betrieben einreichen und darstellen, in welchem mfang Kosten für die Fristverlängerung zu erwarten ind – außerdem, inwiefern zu erwarten ist, dass diejenien Betroffenen, die noch keine Kontenklärung beanagt haben, dies in Zukunft tun werden und wie die zu rwartenden Kosten zu rechtfertigen sind. Solange die inke dies unterlässt, werden wir als FDP-Fraktion dieen Antrag ablehnen. Zeitungen schreiben darüber, im Radio und im Fernse en gibt es Hinweise, Kommunen machen darauf aufmerkam, Gewerkschaften und Sozialverbände informieren. uch Sozialministerien und die Deutsche Rentenversicheung äußern sich inzwischen zum bevorstehenden Ablauf er Aufbewahrungsfrist von Lohnunterlagen aus DDReiten. Dabei hatte die Bundesregierung mir im April auf ine diesbezügliche Frage noch wie folgt geantwortet: Handlungsbedarf für eine gesonderte Information der ffentlichkeit über den endgültigen Ablauf der Aufbeahrungsfrist wird zum jetzigen Zeitpunkt nicht geseen, da der Fristablauf lange genug bekannt ist.“ Zum lück haben sich damals dennoch einige Zeitungen die es Themas angenommen, das inzwischen solche Auferksamkeit findet – und das zu Recht, denn die Lohnnterlagen, die unter anderem Auskunft über die Höhe er Einkommen und über Beschäftigungszeiten geben, ind unverzichtbar für die Sicherung von Rentenansprühen. Fehlende Lohnunterlagen können dazu führen, ass Rentenansprüche gemindert werden oder im chlimmsten Falle ganz verloren gehen. gebene Reden Dr. Martina Bunge )

Dr. Martina Bunge (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713938200







(A) )

Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung,
DRV, Bund sowie der DRV Berlin-Brandenburg, der
DRV Mitteldeutschland und der DRV Nord gibt es rund
648 000 ungeklärte Rentenkonten von Versicherten in
den ostdeutschen Bundesländern. Nicht erfasst sind in
diesen Zahlen diejenigen, die nach Herstellung der Ein-
heit von Ost nach West gingen. Laut Statistischem Bun-
desamt waren das allein bis 2008 mehr als 2,7 Millionen
Menschen. Es ist leider nicht davon auszugehen, dass
alle ihre Rentenangelegenheiten geklärt haben.

Natürlich resultieren nicht alle Lücken in Rentenkon-
ten aus Zeiten der Berufstätigkeit in der DDR. Aber die
Deutsche Rentenversicherung Nord zum Beispiel schätzt
für Mecklenburg-Vorpommern, dass von den 57 900 of-
fenen Konten etwa 45 000 wegen fehlender Unterlagen
aus DDR-Zeiten noch nicht abschließend geklärt wer-
den konnten. Das sind mehr als drei Viertel.

Noch einige Worte zu zwei speziellen Gründen, die
Lohnunterlagen zugänglich zu halten. Erstens geht es
um diejenigen, die sich in Klageverfahren befinden. Sie
müssen erfahrungsgemäß häufig weitere Belege beibrin-
gen. Zweitens gibt es den Personenkreis, der nach even-
tuellen gesetzlichen Korrekturen mit hoher Wahrschein-
lichkeit weitere Originaldokumente vorlegen muss.
Beide Gruppen brauchen zur Wahrnehmung ihrer
Rechte den weiteren Zugang zu den Lohnunterlagen.

Die Bundesregierung hat mich auf die Glaubhaftma-
chung nach SGB VI verwiesen. „Hierdurch werden
Nachteile in der Rentenhöhe abgemildert, wenn der
Nachweis von Versicherungszeiten nicht gelingt“, hieß
es in einer Antwort. Konkret ist eine Glaubhaftmachung
mit einem Verlust von einem Sechstel des eigentlichen
Anspruchs verbunden. Das wäre eine Belastung vor al-
lem für diejenigen, die längere Zeiten von Arbeitslosig-
keit hinnehmen mussten und deren Renten ohnehin
schmal ausfallen dürften.

Im Übrigen gibt es Menschen, für die selbst eine
Glaubhaftmachung schwer, wenn nicht gar unmöglich
ist, zum Beispiel Menschen, die in die Bundesrepublik
geflüchtet waren – nachvollziehbarerweise ohne alle
Unterlagen – und die heute nur noch vage Erinnerung
an genaue Beschäftigungszeiten und an das Einkommen
haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfrak-
tionen, entschließen Sie sich wie schon im Jahr 2006 zu
einer Gesetzesänderung, um die Frist nochmals zu ver-
längern! Ändern Sie wie damals den § 28 f Abs. 5 des
SGB IV! Ersetzen Sie das darin enthaltene Datum
„31. Dezember 2011“ durch den „31. Dezember 2016“.
So einfach wäre die Gesetzesänderung! Sie wäre nicht
nur für zahlreiche Versicherte, sondern auch für die
Deutsche Rentenversicherung gut, denn deren Aufwand
zur Feststellung von Rentenansprüchen würde sich ohne
den weiteren Zugang zu den Lohnunterlagen massiv er-
höhen.


(BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Altersarmut droht besonders in Ostdeutschland. Dort
drohen nach Berechnungen des DIW aufgrund der an-
haltend hohen Arbeitslosigkeit und der Absenkung des

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(C (D entenniveaus die Altersbezüge für künftige Rentnerinen und Rentner massiv zu sinken. Weil jeder Euro zählt, t es wichtig, dass wir die Aufbewahrungsfrist der ohnunterlagen von DDR-Betrieben über den 31. Deember dieses Jahres hinaus um mindestens fünf weitere ahre verlängern. Die verlängerte Aufbewahrungsfrist soll gewährleisn, dass die für die Rentenversicherung erforderlichen aten der Beschäftigten vor dem Beitritt gesichert weren, da gegenwärtig allein bei den 2,3 Millionen bei der eutschen Rentenversicherung Bund geführten Versi herungskonten noch circa 286 000 Konten nicht volltändig geklärt sind. Dabei kann noch ein Monat offen ein, aber es können auch mehrere Jahre ungeklärt sein. 86 000 Rentenversicherte, das entspricht einem Anteil on circa 12 Prozent. Eine stattliche Zahl. Wenn wir icht handeln, läuft den Versicherten der Geburtsjahränge 1946 bis 1974, also allen, die noch Berufsjahre in er DDR zurückgelegt haben, langsam die Zeit davon. sechs Wochen schon, nach dem 31. Dezember, können lle Arbeitgeber und Rechtsnachfolger von DDR-Betrieen, die zuvor gesetzlich verpflichtet waren, die alten ohnunterlagen aus DDR-Zeiten aufzuheben, diese nun ernichten. Im Ergebnis wären Verdienstnachweise aus en Jahren vor 1992 dann nicht mehr zu beschaffen und önnten bei der Rentenberechnung nicht mehr berückichtigt werden. Wenn das Konto Lücken in der Versiherungsbiografie aufweist oder Nachweise unvollstänig sind oder ganz fehlen, kann das bei der späteren ente zu finanziellen Einbußen führen. Wir alle wissen doch: Jede Lücke im Versicherungsonto ist bares Geld. Da ist es nicht nur nicht zielführend, tändig darauf hinzuweisen, die Betroffenen seien in den ergangenen 16 Jahren mehrfach aufgefordert worden, re Rentenkonten zu klären, und wer nichts tue, sei sel er Schuld. Das ist hochgradig zynisch. Noch mal: Jede ücke im Versicherungskonto ist bares Geld wert, und war für den Einzelnen, der oder die bei der Rente Einußen wegen Versicherungslücken hinzunehmen hat, ber auch für die Gemeinschaft, der allen Zahlen zulge auch ohne diese einheitsbedingten Lücken in den rwerbsbiografien ein immenser Anstieg an Grundsiherungsbezugsbeziehenden ins Haus steht. Wir können ns das schlicht nicht erlauben. Natürlich reicht eine Verlängerung der Aufbewahungszeiten für die Lohnunterlagen als Maßnahme egen Altersarmut nicht aus, sondern wir brauchen insesondere für den Osten eine Garantierente, die über em durchschnittlichen Grundsicherungsniveau liegt. ie Garantierente kann und soll aber eigene Ansprüche icht ersetzen. Deswegen gilt es jetzt sicherzustellen, ass die am 31. Dezember 1991 im Beitrittsgebiet vorandenen Entgeltunterlagen mindestens bis zum 31. Deember 2016 vom Arbeitgeber aufbewahrt werden. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf rucksache 17/7486 an die in der Tagesordnung aufgehrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sie sind alle damit inverstanden? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann ist as so beschlossen. Vizepräsident Eduard Oswald )

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713938300




(A) )

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25 sowie den
Zusatzpunkt 6:

25 Beratung des Antrags der Abgeordneten Markus
Tressel, Cornelia Behm, Harald Ebner, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Kontaminierte Kabinenluft in Flugzeugen un-
terbinden

– Drucksache 17/7480 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Tourismus (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss
Federführung strittig

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-
Joachim Hacker, Ulrike Gottschalck, Heinz
Paula, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Flugzeugbesatzungen und Reisende vor konta-
minierter Kabinenluft schützen

– Drucksache 17/7611 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Tourismus (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss
Federführung strittig

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolle-
ginnen und Kollegen liegen hier dem Präsidium vor.


Peter Wichtel (CDU):
Rede ID: ID1713938400

Lassen Sie mich zunächst die vorliegenden Anträge

der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der SPD-
Fraktion und die diesbezügliche Debatte nutzen, um klar
zu verdeutlichen, dass die Bundesregierung ihrer Ver-
antwortung im Bereich des Luftverkehrs nachkommt.
Die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik, seien
sie Beschäftigte bei Fluggesellschaften oder Passagiere
an Bord von Luftfahrzeugen, werden mit einer verant-
wortungsbewussten und nachhaltigen Luftverkehrspoli-
tik begleitet. Als Grundlage aller gesetzlichen Rahmen-
bedingungen genießen dabei die Sicherheit des

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(C (D uftverkehrs und der Ausschluss gesundheitlicher Gehrdungen vor allen anderen Belangen die mit Abstand öchste Priorität. Nicht nur vor diesem Hintergrund betrachte ich es als beraus bedauerlich, dass die heute im Plenum zur Deatte stehende Thematik der Geruchsbelästigung und ontamination von Kabinenluft in Flugzeugen durch lrückstände in den vergangenen Wochen überaus ein eitig und unverhältnismäßig diskutiert wurde. Höheunkt dieser überspitzten Darstellung des Sachverhaltes ind die nun vorliegenden Anträge, in welchen von einer erdichtung von Fällen kontaminierter Kabinenluft in er jüngsten Vergangenheit die Rede ist und der Bundesgierung und den nachgeordneten Behörden in diesem usammenhang Untätigkeit vorgeworfen wird. Zunächst gilt deutlich herauszustellen, dass die ründe für Geruchsbelästigungen in einer Flugzeugkaine unterschiedlich und vielfältig sind und nicht wangsläufig auf die in den Anträgen thematisierten fume-events“, eine Verunreinigung der Kabinenluft urch Öldämpfe, zurückzuführen sind. Häufige Ursahen sind vielmehr Gerüche durch Papier oder Cateringufkleber im Ofen, defekte Kaffeemaschinen, andere Kühendämpfe, Rauchentwicklung im Abfalleimer der oilette oder verschmorte Verkabelungen und Kunsttoffverkleidung. Auch die Verschmutzung der Klimaange oder durch Störungen der Hilfsgasturbine verur achter Geruch werden immer wieder als Auslöser einer eruchsbelästigung identifiziert. Die zuständige Euroäische Agentur für Flugsicherheit, EASA, spricht in iesem Zusammenhang von sehr seltenen und kurz anauernden Fällen von Öldämpfen in Flugzeugkabinen, ie den Charakter eines meldepflichtigen Ereignisses ätten. Dennoch entsteht fälschlicherweise sowohl in en vorliegenden Anträgen als auch in der Debatte in en Medien der Eindruck, als wären ungewöhnliche Geüche in Flugzeugkabinen fast zwangsläufig auf Ölämpfe zurückzuführen. Im Monat Oktober hat es drei Ausweichlandungen on Maschinen der Deutschen Lufthansa aufgrund von eruchsentwicklung gegeben, welche diese bedauerli he Eigendynamik der gegenwärtigen Debatte verdeutlihen. Sowohl in der Öffentlichkeit als auch im politichen Feld wurden die Ereignisse als vermeintliche orfälle dargestellt, bei denen es sich um einen „fumevent“ gehandelt habe und verbrannte Ölrückstände in ie Kabine gelangt seien. Nach Rücksprache mit der ufthansa sind alle drei Vorkommnisse nach umgehener Untersuchung als Aneinanderreihung von Zufällen u werten, die eindeutig in keinem Zusammenhang mit olch einer Belastung der Kabinenluft stehen. Auch das uftfahrt-Bundesamt und die Bundesstelle für Flugunlluntersuchung haben keine Veranlassung gesehen, eitere Untersuchungen in dieser Hinsicht vorzunehen. Wie man vor diesem Hintergrund, wie in den voregenden Anträgen geschehen, von Diskrepanzen und ufklärungsbedarf sprechen kann, ist mir schleierhaft. Auch die zuständigen Behörden sehen weder auf ationaler noch auf internationaler Ebene einen Handngsbedarf. Die weltweit für die Sicherheit im Luft )


(A) )

verkehr zuständige Internationale Zivilluftfahrtorgani-
sation, ICAO, die sich bereits Anfang Oktober 2010 mit
der Thematik beschäftigt hat, erkennt keinen Grund für
Veränderungen. Selbiges gilt für die EASA, die diesbe-
züglich bereits 2009 einen umfassenden Konsultations-
prozess begonnen hat, dessen Ergebnisse öffentlich und
auf der Internetseite der Behörde einsehbar sind. Auch
gegenwärtig liegen beiden Organisationen keine kon-
kreten Hinweise auf eine Gesundheitsgefährdung von
Passagieren oder Besatzungsmitgliedern durch konta-
minierte Kabinenluft vor.

Selbst die zuständige Berufsgenossenschaft für
Transport und Verkehrswirtschaft befasst sich seit dem
Jahr 2008 eingehend mit der Frage möglicher Gefähr-
dungen des Personals durch belastete Luft in Flugzeug-
kabinen, auch in enger Zusammenarbeit mit dem Institut
für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallver-
sicherung, IFA. Um einen möglichen Zusammenhang
von Gesundheitsbeeinträchtigungen und der beruflichen
Tätigkeit zu untersuchen, wurde unter anderem das welt-
weit größte TKP-Biomonitoring-Projekt initiiert, das
nun kurz vor dem Abschluss steht. Bis heute konnten
nach Auswertung eines Großteiles der Proben in keinem
einzigen Fall Konzentrationen des in den Anträgen the-
matisierten Öladditivs Trikresylphosphat TKP festge-
stellt werden, die Gesundheitsbeschwerden begründen
könnten.

Lassen Sie mich abschließend zusammenfassen, dass
die Thematik der kontaminierten Kabinenluft durchaus
aktuell ist, die vorliegenden Anträge und die darin ent-
haltenen Forderungen ebenso wie die mediale Bericht-
erstattung aber mit der gegenwärtigen Sachlage nicht
vereinbar sind. Entgegen den Ansichten der Opposi-
tionsfraktionen sieht die CDU/CSU-Fraktion keinen
Handlungsbedarf und teilt die Auffassung der Bundesre-
gierung, dass die bereits bestehenden Untersuchungen,
Meldepflichten und Verfahren zur Störungsbehebung
ausreichen, um – im Falle von Missständen und Fehlver-
halten – weitere Schritte einleiten zu können. Nicht zu-
letzt die umfangreiche Auseinandersetzung mit der The-
matik seitens zuständiger Behörden wie der EASA oder
auch der zuständigen Berufsgenossenschaft belegt, dass
eine mögliche Gefahr durch verunreinigte Kabinenluft
seit Jahren immer wieder verantwortungsbewusst und
ergebnisoffen untersucht wird. Eine Veranlassung, über
die bereits bestehenden und angemessenen Zuständig-
keiten und Aktivitäten hinaus Maßnahmen vorzuschrei-
ben, ist daher nicht gegeben. Die vorliegenden Anträge
lehnen wir dementsprechend ab.


Anita Schäfer (CDU):
Rede ID: ID1713938500

Am 21. September hat der Tourismusausschuss sich

in einem Expertengespräch ausführlich dem komplexen
Thema der „fume-events“ in Passagierflugzeugen und
der damit in Zusammenhang gebrachten Kontaminie-
rung der Kabinenluft gewidmet. Im vergangenen Jahr
hat die Bundesregierung in diesem Kontext auch den
Tourismusausschuss zu den gesundheitlichen Gefahren
des aerotoxischen Syndroms unterrichtet. Dies zeigt,
dass wir uns alle der Problematik verunreinigter Kabi-
nenluft bewusst sind und es auch als potenzielle Gefah-

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Zu Protokoll ge

(C (D nquelle für die Sicherheit und Gesundheit der Flugäste wie auch der Besatzungen sehr ernst nehmen. Dies eigt aber auch, dass das Problem an verantwortlicher telle auf der Agenda ist, sowohl bei der Bundesregieung als auch bei den zuständigen Bundesbehörden, em Luftfahrt-Bundesamt und der Bundesstelle für lugunfalluntersuchungen. Hinsichtlich des prinzipiellen Handlungsbedarfs beteht daher auch weitgehend Konsens. Diese Ereignisse ind sehr ernst zu nehmen, und sie sind in ihrer Relevanz r die Gesundheit der an Bord befindlichen Personen nd für die Sicherheit des Flugverkehrs einer eingehenen Bewertung zu unterziehen. Dabei kann sich dies aufrund der verfahrensrechtlichen Vorgaben und Zustänigkeiten nicht allein in Maßnahmen auf nationaler bene erschöpfen, sondern muss in erster Linie zwinend bei der auf europäischer Ebene zuständigen Agenr für Flugsicherheit, EASA, erfolgen. Mit diesen prinzipiellen Punkten endet dann aber uch schon die Übereinstimmung, die ich mit den vorlieenden Anträgen teile. Der Antrag von Bündnis 90/Die rünen speist sich zu sehr aus Mutmaßungen, Einschät ungen und Konstrukten und räumt damit den bislang issenschaftlich erarbeiteten Untersuchungsergebnis en so gut wie keinen Raum oder Berücksichtigung ein. ies ist insbesondere vor dem Hintergrund der statisti chen Datenbasis nicht zielführend, da hiermit die sogeannten fume-events über ihre tatsächliche statistische elevanz und Ereigniswahrscheinlichkeit aufgebauscht nd skandiert werden. Die Art und Weise, wie dieses hema aufgegriffen wird, ist damit nicht nur unsachlich, ondern dient auch nicht den berechtigten Anliegen der luggäste und des Flugpersonals. Schon in der vergangenen Legislaturperiode hat die undesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mitgeteilt, ass in einem Fünfjahreszeitraum, von 2004 bis 2009, om Luftfahrt-Bundesamt lediglich 156 solcher „fumevents“ erfasst worden sind. Nach aktuellen Beobachngen entfällt auf circa 100 000 Flüge ein gemeldeter all. Die EASA, die seit einigen Jahren mit diesem Prolem befasst ist, hat im Mai dieses Jahres deutlich geacht, dass bislang keiner dieser Fälle von so graviender Relevanz gewesen ist, dass damit eine generelle der gar sofortige Vorschriftenänderung gerechtfertigt erden könnte. Damit greifen auch die Forderungen des ntrags ins Leere, so zum Beispiel, die Wartungsinteralle und -verfahren zu optimieren. Bei einer solchen reigniswahrscheinlichkeit ist zwischenzeitlich jedes eil der Maschine durch mehrere Wartungszyklen gelaun, sodass ein weiterer keinen Zusatznutzen bescheren önnte. Auch die Aufforderung des Antrags an die Flugzeugesatzungen, bei entsprechenden Ereignisfällen im ockpit die Sauerstoffmasken zu verwenden, scheint ehr von der Außenwirkung getragen zu sein als von achlicher, unaufgeregter Herangehensweise. Schließch ist dies den Piloten in entsprechenden Gefahrensiationen ohnehin aufgegeben. Peter Wichtel gebene Reden )





(A) )

In diesem Zusammenhang stellt auch die Begriffsver-
wendung von „neurotoxologisch bedenklichen Ölen“
eine tendenzielle und pauschalisierte Bewertung der
bislang verwendeten Öle dar. Damit soll ein kausaler
Zusammenhang zwischen den verwendeten Ölen und ge-
sundheitlichen Beeinträchtigungen von Fluggästen oder
dem Flugpersonal impliziert werden. Das ist aber derzeit
nicht nur wissenschaftlich nicht nachweisbar, sondern
auch durch die bislang vorhandenen Untersuchungs-
ergebnisse in keiner Weise untermauert. Vielmehr spre-
chen eben diese Ergebnisse dezidiert gegen einen kausa-
len Zusammenhang zwischen den sogenannten fume-
events und den in Urinproben festgestellten untergrenz-
wertigen TCP-Belastungen.

Gleichwohl wird in dem Antrag gefordert, diese be-
denklichen Öle durch andere, als weniger bedenklich
bezeichnete auszutauschen. Offen bleibt dabei, welche
das sein sollen. Denn auch hier ist es ein feststehendes
Faktum, dass die bislang verwendeten Öle und Betriebs-
mittel ausführlich erprobt und auch hinreichend be-
währt sind. Mir scheint es dagegen viel mehr ein Risiko
darzustellen, diese durch vermeintlich unbedenklichere
zu ersetzen, die nicht annähernd so gut untersucht und
im Einsatz bewährt sind. Der Nutzen einer Maßnahme,
die etwas Bewährtes durch etwas noch nicht Bewährtes
ersetzt, erschließt sich mir nicht.

Ebenso sind die Forderungen zu den Bauvorschriften
nicht hinlänglich stringent, weder im Fall der geforder-
ten Detektoren noch der entsprechenden Filter. Einer-
seits erscheint mir die Forderung, Bau- und Konstruk-
tionsvorschriften zu erlassen, ohne eine schlüssig und
empirisch nachgewiesene Ursache-Wirkung-Kette zu
haben, ein Stück weit unredlich. Andererseits sind die in-
frage kommenden zu detektierenden oder zu filternden
Stoffe so vielfältig, dass dies in technischer Hinsicht eine
außerordentlich breite anspruchsvolle Anforderung dar-
stellt. Derzeitig verfügbare Detektoren können bei ent-
sprechender Kalibrierung rund zehn unterschiedliche
Stoffe aufspüren. Wie in der Expertenanhörung deutlich
wurde, umfasst allein die Gruppe der unter dem Sam-
melbegriff Trikresylphosphat zusammengefassten Stoffe
zehn unterschiedliche Isomere. Dabei kann deren Kon-
zentration in der Kabine hinsichtlich ihrer Kausalität
für Beschwerden derzeit nicht wissenschaftlich fundiert
unterstellt werden. Demzufolge ist das Spektrum infrage
kommender Stoffe eventuell noch breiter. Zum anderen
sind aber auch die Expositionsquellen der unter dem
Grenzwert liegenden TCP-Konzentrationen, wie zum
Beispiel in den Kabinen verwendete Kunststoffe, vielfäl-
tiger, als der Antrag glauben macht, und vielfältiger, als
dass man dem Ganzen mit Zapfluftfiltern begegnen
könnte. Der Antrag der SPD-Fraktion bemüht sich mit
weniger Pauschalisierungen um einen sachlicheren
Umgang mit dieser sensiblen Materie. Gleichwohl be-
trachtet er das Problem ebenfalls allein aus einer Blick-
richtung und räumt den bislang vorhandenen wissen-
schaftlichen Erkenntnissen ebenfalls keinen Raum ein.

Wenngleich ich in meinen Ausführungen die vielfälti-
gen Forderungen der Anträge ablehne und an deren
Sachdarstellung Kritik übe, dann jedoch nicht, weil ich
auch die grundsätzliche Zielsetzung ablehne. Nein, denn

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Zu Protokoll ge

(C (D uch ich bin dezidiert wie meine Fraktion der Auffasung, dass hier weiterhin grundsätzlicher Klärungsbearf zur Gewährleistung der Gesundheit und Sicherheit on Flugpersonal und Passagieren besteht. Mir ist es aber wichtig, für alle regulatorischen Maßahmen, Verordnungen und Gesetze eine ausreichende, tichhaltige und gerichtsfest verantwortbare Datenbasis u besitzen. Diese ist derzeit nicht gegeben und muss ringend eine Erweiterung erfahren. Der wichtigste Anatz hierzu ist es hierbei, die Meldeketten im Ereignisfall ffektiver zu gestalten. Hier muss die Aufsicht über die uftfahrtunternehmen durch das Luftfahrt-Bundesamt afür Sorge tragen, dass alle Vorfälle vollständig und nverzüglich gemeldet werden und damit einen hilfreihen und zielführenden Beitrag für die notwendige Verreitung der Datenbasis leisten. Nur so ist es möglich, eitnah zu den Vorfällen wissenschaftlich zweifelsfrei erwendbare Erhebungen zu erhalten. Gegenüber den umfänglichen Forderungen, die in en Anträgen aufgestellt werden, ist dies zudem eine orgabe, die nicht ins Blaue hinein umfängliche und ostenträchtige technische Maßnahmen für die Unterehmen und mittelbar für die Fluggäste sowie insgesamt inen spürbaren wirtschaftlichen Wettbewerbsnachteil r den Standort Deutschland nach sich zieht. Seit Jahren gibt es eine sich wiederholende Diskus ion zum Thema „kontaminierte Kabinenluft“. Manche ezeichnen das als Phantomdiskussion. Die SPD-Bunestagsfraktion sagt klar: Wir haben es hier mit einem roblem für Flugsicherheit und Gesundheit des Flugersonals und der Passagiere zu tun. Deswegen haben ir das Problem aufgegriffen. In unserer Bewertung hlen wir uns unterstützt durch zahlreiche Medienbe ichte wie im „Spiegel“ und der Magazinsendung „Moitor“, aber mehr noch durch Berichte von Flugzeugbeatzungen. Im Tourismusausschuss hat es am 21. September 2011 ierzu ein Expertengespräch gegeben. Im Vorfeld dieses xpertengespräches erreichten den Tourismusausschuss eunruhigende Berichte von Flugzeugbesatzungen, die ber chemische Gerüche in Flugzeugkabinen klagten nd über gesundheitliche Beeinträchtigungen berichten. Es geht hier nicht nur um gesundheitliche Gefährungen für die Flugzeugbesatzung und Passagiere, sonern es geht um ein Risiko für die Flugsicherheit. So urde zum Beispiel berichtet, dass Piloten am 18. Jauar 2002 auf einem Flug von Katowice nach Frankfurt, achdem sie den ganzen Flug über schon Gerüche in der abine festgestellt hatten, nur durch das Aufsetzen der auerstoffmasken das Flugzeug sicher auf den Boden ringen konnten. Berichte über ähnliche Vorkommnisse ibt es auch aus jüngerer Zeit. Ich verweise auf die Dargungen im Expertengespräch. Um welches technische Problem geht es eigentlich? iese als „smoke/fume-events“ bezeichneten Vorkommisse entstehen zum Beispiel, wenn infolge fehlerhafter ichtungen durch das Zapfluftsystem der Verkehrsflug euge Rückstände von verdampftem Triebwerksöl ange Anita Schäfer gebene Reden )

Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1713938600




(A) )

saugt werden und danach in die Kabinenluft gelangen.
Im Triebwerksöl enthalten sind verschiedene Additive,
unter anderem das hoch giftige Trikresylphosphat, TKP,
englisch TCP. Gelangen diese Rückstände in die Kabi-
nenluft, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie
ernste gesundheitliche Beeinträchtigungen wie ste-
chende Schmerzen in Armen, Händen, Füßen, Schwin-
del, Taubheitsgefühle, Muskelschwäche, chronische
Müdigkeit, Asthma, Schädigungen des Nervensystems,
Krebs etc. hervorrufen können. Einwirkungen auf das
Servicepersonal für die Reinigung der Flugzeuge am
Boden sind nicht ausgeschlossen.

Bislang ist es für das betroffene Flugpersonal schwer,
zu beweisen, dass langfristige gesundheitliche Schäden
durch das Einatmen bzw. anderweitige Aufnahme von
Giftstoffen während der Tätigkeit an Bord verursacht
wurden, denn bislang fehlt der wissenschaftliche Beweis
einer Kausalkette für die Auswirkungen von kontami-
nierter Kabinenluft auf die menschliche Gesundheit.
Eine Erkrankung mit den beschriebenen Symptomen,
das „Aerotoxische Syndrom“, wurde bislang von den
Berufsgenossenschaften nicht als Berufskrankheit des
fliegenden Personals klassifiziert. Hier besteht dringen-
der Klärungsbedarf, in diesem Sinne ist unser Antrag zu
verstehen.

Vorfälle infolge kontaminierter Kabinenluft treten un-
vorhergesehen auf. Häufig besteht keine Klarheit da-
rüber, wann es sich um eine Störung bzw. schwere Stö-
rung nach § 5 der Luftverkehrs-Ordnung, LuftVO,
handelt. Stellungnahmen des Flugpersonals und aktuelle
Medienberichte lassen darauf schließen, dass das Perso-
nal im Hinblick auf diese Vorfälle bislang nur ungenü-
gend aufgeklärt und geschult wurde. Gemäß § 5 der Luft-
verkehrs-Ordnung, LuftVO, sind „smoke/fume-events“
dem Luftfahrtbundesamt, LBA, bzw. der Bundesstelle für
Fluguntersuchungen, BFU, anzuzeigen. In 2010 wurden
bei der BFU zwar von einer deutschen Airline 60 Öl-
dampf-Störfälle gemeldet, vergleiche „Spiegel“-Aus-
gabe 9/2011. Dennoch besteht offensichtlich eine Dis-
krepanz zwischen den in den Medien berichteten
Vorfällen, bei denen kontaminierte Kabinenluft vermutet
wurde, und den tatsächlich bei der BFU angezeigten
Störfällen. Auch hier besteht dringender Aufklärungsbe-
darf. Das Expertengespräch hat ergeben, dass die Sach-
verständigen die Existenz eines „Problems“ bestätigt
haben. In der Frage der Folgen von kontaminierter Ka-
binenluft auf Flugsicherheit und Gesundheit gab es un-
terschiedlich Bewertungen. Die SPD-Bundestagsfrak-
tion geht davon aus, dass die Flugzeugindustrie und die
Fluggesellschaften, aber auch die Flugsicherheitsbe-
hörden ein großes Interesse an der weiteren Ursachen-
forschung und an technischen Lösungen haben.

Der SPD-Bundestagsfraktion fehlen Handlungsan-
weisungen zur technischen Aufklärung der Ursachen
dieser Erscheinung auf der Basis gesicherter Erkennt-
nisse und wissenschaftlich-technischer Forschungser-
gebnisse. Mit unserem Antrag fordern wir die Bundesre-
gierung daher auf, entsprechend tätig zu werden. Wir
erwarten von der Bundesregierung, dass nun endlich um-
fassende Langzeitmessungen zur Belastung der Kabinen-
luft mit Organophosphaten und anderen Schadstoffen

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(C (D eranlasst werden, und im Rahmen einer unabhängigen issenschaftlichen Studie der kausalen Zusammenhang wischen kontaminierter Kabinenluft und den gesundeitlichen Auswirkungen weiter erforscht wird. Die Enticklung von geeigneten Bluttests zum Nachweis von Oranophosphaten im menschlichen Organismus muss orangetrieben werden, um schädigende Auswirkungen uf die Flugzeugbesatzungen und die Passagiere feststeln zu können, wenn es zu einem Vorfall mit kontaminierr Kabinenluft gekommen ist. Für die vom „Aerotoxi chen Syndrom“ betroffenen Flugzeugbesatzungen ist es on besonderer Wichtigkeit, dass die Voraussetzungen r eine mögliche Anerkennung als Berufskrankheit ge rüft werden. Wir dürfen die Piloten und Flugbegleiteinnen hier nicht im „Dunst“ stehen lassen. Um das gesamte Problemfeld zu untersuchen und Löungen zu finden, müssen die zuständigen Bundesbehören, die Luftfahrtunternehmen und Flugzeugsowie riebwerkshersteller Hand in Hand arbeiten. Die Enticklung geeigneter Mess-, Kontrollund Warnsysteme r gesundheitsgefährdende Stoffe im Zapf-/Luftsystem us den Triebwerken muss vorangetrieben werden. Ein ösungsweg könnte im Einbau entsprechender Technik, ie zum Beispiel Sensoren in Verkehrsflugzeugen mit apf-/Luftsystem, bestehen. Für die künftige Generation on Verkehrsflugzeugen ist die Entwicklung von Alternaven zur gegenwärtigen Zapfsystemtechnik zu prüfen. Im Zusammenhang mit der Erstellung dieses Antrags atte ich interessante Gespräche mit Unternehmen, Geerkschaften und der Luftverkehrswirtschaft. Dabei urde meine Aufmerksamkeit auf eine Firma gelenkt, ie bereits ein Messgerät entwickelt hat – den „Aeroacer“ –, das bereits im praktischen Einsatz ist, um Ölämpfe aus Flugzeugturbinen zu lokalisieren. Dies ist ach meiner Auffassung ein Ansatzpunkt für weitere chnische Untersuchungen. Die SPD-Bundestagsfraktion sieht im Übrigen ein otenzial für die Beseitigung des „Problems“ auch in er Entwicklung von nicht toxischen Schmierölen für riebwerke. Diese Entwicklungen müssen vorangetrieen werden. Es liegt nahe, dass nicht nur die Flugzeugesatzungen und Passagiere, sondern auch das Reiniungspersonal dem gesundheitsgefährdenden TCP usgesetzt sein können. Deshalb fordern wir mit unsem Antrag von der Bundesregierung Untersuchungen u veranlassen, die Aufschluss über mögliche gesundeitliche Belastungen des Reinigungspersonals durch ontakt mit entsprechenden Schadstoffen auf Sitzen und nenverkleidung geben. Das Thema „kontaminierte Kabinenluft“ ist von aln Experten als ein Problem anerkannt worden. Desalb fordern wir, dass über ein kontinuierliches Forum er fachliche Informationsaustausch über Kabinenluftelastungen geführt wird. Darin müssen die zuständigen inisterien und Behörden, aber auch Gewerkschaften, erbände, Berufsgenossenschaften, die Luftfahrtindusie und die Luftfahrtunternehmen einbezogen werden. Wir dürfen die Betrachtung des Problems nicht auf eutschland beschränken. Es reicht nicht aus, in eutschland die Untersuchungen zur kontaminierten Hans-Joachim Hacker gebene Reden )





(A) )

Kabinenluft voranzutreiben. Dies ist ein globales
Thema. Deshalb ist es notwendig, dass sich die Bundes-
regierung auch auf EU-Ebene und international dafür
einsetzt, dass Untersuchungen zu diesem Thema durch-
geführt und daraus abgeleitete einheitliche Standards
für die Qualitätssicherung der Kabinenluft sowie ent-
sprechende Prüfverfahren vereinbart werden. Wir kön-
nen uns in Kenntnis der Vorkommnisse mit den derzeiti-
gen fachlichen Bewertungen durch die EASA nicht
zufrieden geben.

Ich bitte Sie im Interesse der Flugzeugbesatzungen
und der Passagiere unseren Antrag zu unterstützen.


Torsten Staffeldt (FDP):
Rede ID: ID1713938700

Die von Bündnis 90/Die Grünen und SPD vorgeleg-

ten Anträge sind ein hervorragendes Beispiel dafür, wie
Hysterie verbreitet wird. Wer die Antragstexte liest, be-
kommt den Eindruck, als ob Fluggäste und Flugperso-
nal geradezu reihenweise vergiftet werden. Es heißt
sogar, dass ein „enormes Risiko für die Flugsicherheit
bestünde“.

In Deutschland starten und landen jedes Jahr fast
drei Millionen Flugzeuge. Zahlen, die auch nur ansatz-
weise eine Gefahr für die Flugsicherheit durch kontami-
nierte Kabinenluft hergeben, lassen sich nicht finden.
Die Europäische Agentur für Flugsicherheit EASA hat
im Mai 2011 festgehalten, dass es zum Thema Kabinen-
luft bezogen auf die Sicherheit keinen Vorfall gebe, der
eine sofortige oder generelle Vorschriftenänderung
rechtfertigt. Ebenso wenig gibt es Erkenntnisse über
großflächige Vergiftungen. Insofern stellt sich die Frage,
ob hier nicht Panik geschürt wird, die der Sache unan-
gemessen ist.

Stattdessen wird von den Grünen auch noch der Ver-
dacht geschürt, die Luftverkehrsbranche würde Rechts-
bruch begehen. Es heißt da im Antrag, die Bundesregie-
rung solle „die Einhaltung aller Rechtsvorschriften
fordern“. Oder wollen Sie behaupten, dass die Bundes-
regierung kein Auge darauf hat, dass geltendes Recht
eingehalten wird?

Natürlich, die Möglichkeit, dass Kabinenluft in Flug-
zeugen kontaminiert wird, darf nicht einfach beiseite ge-
wischt werden. Es besteht aber nicht, wie von Ihnen,
liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, darge-
stellt, akuter Handlungsbedarf. Die Ergebnisse der
EASA, die sich mit dem Thema beschäftigt, sind öffent-
lich. Die EASA will weitere Studien auf den Weg brin-
gen. Es ist nicht nötig, wie von Ihnen gefordert, weitere
umfangreiche Testreihen auf den Weg zu bringen. Diese
Forderung ist schlicht unangemessen und unverhältnis-
mäßig.

Ich weise Sie auch darauf hin, dass die Industrie die-
ses Thema schon lange auf dem Schirm hat. Sowohl die
Fluggesellschaften als auch die Flugzeughersteller be-
schäftigen sich intensiv mit der Problematik. Dabei sind
Studien sowohl der Fluggesellschaften selbst als auch
der Berufsgenossenschaft ohne Befund geblieben. Die
Hersteller arbeiten bereits an Lösungen, die die schon

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(C (D tzt sehr geringe Gefahr weiter reduzieren. Störungen nd Ereignisse, die die Sicherheit beeinträchtigen könen, eben zum Beispiel kontaminierte Kabinenluft, müsen dem Luftfahrt-Bundesamt gemeldet werden. Hier ist s auch unverhältnismäßig, zu fordern, dass selbst jede leine Störung weitergemeldet wird. Damit schaffen Sie inen erheblichen bürokratischen Aufwand, der in keiem Verhältnis zum Nutzen steht. Eine Meldepflicht für de noch so kleine Störung ist abseits der Lebenswirkchkeit. Es gibt bereits eine Reihe von Maßnahmen, die auf en Weg gebracht wurden. Es gibt bereits Studien, und eitere sind im Auftrag, also muss man die Kirche auch al im Dorf lassen. Die von der Opposition geforderten remien und neuen Studien bedeuten eine unverhältnisäßige Bürokratie. Neue Erkenntnisse hingegen sind icht zu erwarten. Es bleibt schleierhaft, wieso die biserigen Instanzen nicht ausreichend für die Problematik ualifiziert sein sollen. Es ist auch bezeichnend, wie hier, um dem eigenen ntrag mehr Dramatik zu verleihen, Worte verdreht weren. Die sogenannten „fume-events“ werden gleich amt und sonders zu einer Verunreinigung durch Ölämpfe erklärt, obwohl sie auch andere Ursachen haben önnen. Hinzu kommt, dass nicht jeder, der mit Kopfschmeren oder Übelkeit aus dem Flugzeug steigt, gleich veriftet worden ist. Wer diesen Eindruck erweckt, handelt hrlässig und schürt unverantwortliche Panik unter all en Millionen Urlauberinnen und Urlaubern, unter den erufspendlern und unter dem Flugpersonal. Oft genug ertragen Menschen den niedrigen Luftdruck in der öhe nicht, leiden unter einer Allergie oder haben chlicht zu wenig getrunken. Wer dann mit solchen Anägen kommt und den Menschen den Eindruck vermitlt, sie seien vergiftet worden, handelt schon fast fahrssig. Das Fliegen gehört zu den sichersten Fortbeweungsmöglichkeiten überhaupt. Daran ändern auch inzelne Vorfälle nichts. Wie oft hat es bei den fast drei illionen Flugbewegungen in Deutschland solche Pro leme gegeben? Und wie oft haben die Flugpassagiere ann noch so viel von eventuellen Schadstoffen eingeatet, dass es überhaupt zu einer Vergiftung kommt? Veressen Sie auch nicht, dass die Kabinenluft eines Flugeugs innerhalb weniger Minuten komplett ausgetauscht ird. Dies alles ist bei der Bewertung dieser Frage benfalls zu berücksichtigen. Eine hundertprozentige Siherheit wird man nie schaffen können. Letzten Endes bleibt der Eindruck, dass die Anträge or allem durch eine generelle Skepsis gegenüber dem lugverkehr motiviert sind. Es gibt bereits diverse Unrsuchungen zu diesem Thema, und die verantwortli hen Stellen, also vor allem das Luftfahrt-Bundesamt nd die Europäische Agentur für Flugsicherheit, haneln verantwortungsbewusst und angemessen. Es beteht kein Grund, eine überbordende Bürokratie aufzuauen und Doppelstrukturen zu schaffen. Hans-Joachim Hacker gebene Reden )





(A) )


Thomas Lutze (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713938800

Immer wieder berichten Fluggäste und die Besatzun-

gen von Flugzeugen von störenden, chemischen Gerü-
chen und Rauch- oder Gaserscheinungen in der Kabine.
Diese sogenannten Fume Events oder Smoke Events
werden ausgelöst durch das Ansaugen von verdampften
Ölrückstanden durch die Frischluftzufuhr des Flugzeu-
ges. Dieses Triebwerksöl enthält unter anderem das
hochgiftige Kresylphosphat, weshalb die Kontamination
der Kabinenluft durch Ölrückstände im dringenden Ver-
dacht steht, für eine Reihe akuter Beschwerden und
chronischer Erkrankungen von Kabinenpersonalperso-
nal verantwortlich zu sein.

Unser im Tourismusausschuss durchgeführtes Exper-
tengespräch hat uns zum Thema aufschlussreiche wie
erschreckende Erkenntnisse gebracht. Hierbei bewegen
mich besonders zwei Aspekte: Die Belange der Betroffe-
nen, die als fliegendes Personal dem Schadstoff Kresyl-
phosphat möglicherweise über Jahre in gesundheits-
schädlichen Konzentrationen ausgesetzt waren. Zum
Zweiten, wie eine Kontamination zukünftig wirksam
ausgeschlossen werden kann.

Ich komme zunächst zum fliegenden Personal. Wie im
Expertengespräch deutlich wurde, haben Angestellte
der Luftfahrtbranche große Schwierigkeiten bei der Be-
weisführung, dass infrage kommende Erkrankungen
durch eine Kontamination der Kabinenluft durch Kresyl-
phosphat ausgelöst wurden. Dies liegt zum einen daran,
dass ein Nachweis über die Aufnahme von Kresylphos-
phat in den Körper und ein Zusammenhang mit chroni-
schen Erkrankungen aus medizinischer Sicht schwer zu
führen ist. Auf der anderen Seite – und dies wiegt schwe-
rer – zögern viele Kabinenbeschäftigte aufgrund von
Klauseln in ihrem Arbeitsvertrag damit, ihre Beschwer-
den untersuchen zu lassen; denn sollte ein Arzt die Flug-
unfähigkeit eines Beschäftigten feststellen, ist dieser sei-
nen Job los. Ohne beweisen zu können, dass seine
Flugunfähigkeit durch die berufliche Tätigkeit verur-
sacht wurde, bedeutet dies den wirtschaftlichen Ruin.
Hier muss die rechtliche Situation dringend zugunsten
der Beschäftigten angepasst werden.

Wie kann es aus technischer Sicht überhaupt zu einer
solchen Kontamination der Kabinenluft durch Rück-
stände von Triebwerksöl kommen? Die Antwort ist in
der Tat bemerkenswert: Die Luft für die Triebwerke des
Flugzeuges und die Luft zur Belüftung der Kabine wird
dem Flugzeug durch ein und dasselbe Ansaugsystem zu-
geführt, wodurch im Störungsfalle Substanzen aus dem
Treibwerk in die Luftzufuhr gelangen können. Die Zu-
sammenführung der Luftversorgung von Triebwerk und
Kabine ist allerdings keine technische Notwendigkeit,
sondern lediglich Kostengrünen geschuldet. Eine Tren-
nung in zwei voneinander getrennte Systeme ist tech-
nisch ohne Weiteres möglich und würde die sogenannten
Fume/Smoke-Events wirksam ausschließen.

Aus Sicht der Linken sind folgende Maßnahmen im
Umgang mit kontaminierter Kabinenluft erforderlich:
langfristig angelegte unabhängige Untersuchungen zur
Häufigkeit der sogenannten Fume/Smoke-Events; Maß-
nahmen zur Luftgütesicherung in Kabinen durch Instal-

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Zu Protokoll ge

(C (D tion von geeigneten Messsystemen; eine medizinische tudie zu den Auswirkungen einer Langzeitkontaminaon mit Kresylphosphat bei gleichzeitiger Herstellung on Rechtssicherheit für die Beschäftigten im Hinblick uf ihren Arbeitsplatz und mittelfristig eine Änderung er Bestimmungen zum Flugzeugbau, sodass eine Konmination von Kabinenluft mit Triebwerksrückständen ukünftig auf technischem Wege ausgeschlossen werden ann. Seit fast zwei Jahren beschäftige ich mich nun mit em Thema Kabinenluft in Verkehrsflugzeugen. Heute aben Sie einen Antrag von uns vorliegen. Warum haben ir so lange an diesem Antrag gearbeitet? Ich sage es nen: Es ist ein sehr komplexes Thema, das keine chnellschüsse erlaubt. Dabei lässt es sich ganz kurz vorstellen: Es geht um ervengift in der Flugzeugkabine. Ich hielt das zunächst r ausgeschlossen. Deshalb habe ich entsprechende orrecherchen betrieben, führe seit nunmehr anderthalb ahren intensive Gespräche. Nur nicht mit den Flugesellschaften. Die verwehren sich größtenteils diesem ialog, leider. Dabei wird es nur mit ihnen gelingen. rst im Vorfeld der heutigen Debatte erhielt ich erste ückmeldungen. Dieser Antrag ist deshalb – wohl geerkt – nur ein Zwischenergebnis. Es geht nicht nur um Gift in der Kabine und damit um ie Flugsicherheit und die Gesundheit von Passagieren nd Flugpersonal. Es geht hier um unternehmerische erantwortung und eine Bundesregierung, die nicht andelt. Aber es geht auch um die Zukunft der Luftverehrswirtschaft. Dieses Thema erstreckt sich weit in die dustriepolitik. Deshalb ist hier erstens ein Dialog der kteure gefragt und zweitens auch eine Politik, die sich er Konsequenzen durchaus bewusst ist. Mich erinnert die Debatte manchmal ein wenig an die iskussion über andere Schadstoffe wie etwa Asbest. uch hier hat man lange ein Problem negiert. Heute eiß man jede Menge darüber, und niemand würde mehr ie Gefährlichkeit dieses Stoffes bestreiten. Im Flugzeug haben wir es mit mehreren verschiedeen Gefährdungsquellen zu tun. Das haben wir in unsem Antrag dargelegt. Leider leidet der heute zuständige taatssekretär Mücke offensichtlich an Regierungsamesie. Jedenfalls scheint er sich nicht mehr daran zu ernern, dass er in der letzten Legislaturperiode selber formationen einforderte und explizit auf Pestizide in lugzeugen hinwies. Herr Mücke, Sie ließen zuletzt über as Kabinettsreferat mitteilen, dass meine diesbezüglihen Schreiben an zuständige Behörden nicht mehr bentwortet würden. Ich finde, das ist ein ganz schön diker Hund! Um eines deutlich zu sagen: Uns geht es hier nicht arum, Verunsicherung zu schüren oder Airlines zu bechädigen, wie uns zuweilen unsachlich vorgeworfen ird. Uns geht es darum, eine nachhaltige Lösung für in schwerwiegendes Problem zu finden, das es objektiv etrachtet gibt. Es hilft weder den Passagieren und den gebene Reden Markus Tressel )

Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713938900







(A) )

Besatzungen noch den Airlines selbst, wenn man sich ei-
nem derartigen Problem nicht stellt und stattdessen eine
Wagenburg baut und versucht, das Thema auszusitzen.

Es bringt aber auch nichts, ausschließlich zurückzu-
schauen. Ich appelliere an die Airlines, aber auch an die
Flugzeughersteller, den Dialog unaufgeregt und sach-
lich zu führen und mit der Politik gemeinsam eine Lö-
sung zu finden. Wir haben mit unserem Antrag Lösungs-
vorschläge gemacht, die auch die Industrie nicht
überfordern, aber für mehr Sicherheit und Gesundheits-
prävention im Flugverkehr sorgen. Und das ist nicht nur
im Interesse zufriedener Fluggäste und Besatzungsmit-
glieder, sondern auch im ökonomischen Interesse der
Fluggesellschaften.

Ich möchte mich hier noch einmal kurz auf die Öl-
dämpfe konzentrieren. Wie kommen die eigentlich in die
Kabine? Vereinfacht dargestellt: Fast alle Flugzeuge
zapfen die Luft an den Triebwerken ab. Darin werden
Öle benutzt. Und in den Ölen befinden sich Additive, die
toxisch wirken. Wenn diese Öle erhitzt werden und
Dampf bilden, kann dieser in die Kabinenluft gelangen.
Lediglich eine Dichtung trennt mit Öl geschmierte Teile
des Triebwerkes von der Kabinenluft. Solche Dichtun-
gen lassen konstruktionsbedingt bei Lastwechseln quasi
immer zumindest geringe Mengen an Öldampf durch,
der dann in die Kabinenluft gelangt. So wurde auch eine
Belastung von neurotoxischen Stoffen im Normalbetrieb
durch das norwegische Staatsinstitut für Arbeitsumwelt
festgestellt. Dieser Mechanismus ist meines Erachtens
schon rein aus der Logik heraus extrem fragwürdig. Wa-
rum zapft man „Frischluft“ in Triebwerken ab, die nun
mal auf Öle etc. angewiesen sind? Nun gut: Dieses Pro-
blem wird man nicht von heute auf morgen lösen können.
Lösungsansätze haben wir Ihnen präsentiert. Und nicht
zuletzt der Dreamliner zeigt mit seiner Abkehr vom
Zapfluftmechanismus, wohin die Reise technisch geht!

Qualitätsstandards der Kabinenluft sind bezogen auf
die drei Gefahrenquellen TCP, Ozon und Pestizide nicht
vorhanden. Stattdessen ist es laut den Bestimmungen so-
gar zulässig, Passagiere bei 60 Grad Celsius zu beför-
dern. Das macht doch deutlich, dass wir hier Hand-
lungsbedarf haben. Das LBA erweist sich bislang nicht
als verantwortungsbewusst. Bis zuletzt begnügte sich die
Aufsichtsbehörde mit erst auf Nachfrage gemeldeten
Fällen von meldepflichtigen Ereignissen. Das kann nicht
geduldet werden. Das widerspricht auch nicht zuletzt
dem europäischen Recht!

Kurzum: Öldampf hat nichts in der Kabine zu suchen.
Ozon hat nichts in der Kabine zu suchen. Und Pestizide
haben auch nichts in der Kabine zu suchen, wenn Passa-
giere darin sitzen.

Fälle, bei denen Personal ausfällt und Störungen,
welcher Art auch immer, festgestellt werden, sind
schwere Störungen! Daran gibt es nichts zu deuteln.
Aber durch zögerliches Meldeverhalten werden hier un-
abhängige Untersuchungen verhindert. Weitere Unter-
suchungen seien auch gar nicht nötig, so die Wirtschaft
bislang; denn eigene Tests würden beweisen, dass noch
nie etwas gefunden worden wäre. Ist ja erstaunlich,
fragt man sich da. Nicht nur, dass Testverfahren und

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(C (D uchergebnisse eventuell falsch sein könnten – es ist och umso verwunderlicher, dass eine Vielzahl von unbhängigen Studien und Forschungen mittlerweile achweise erbracht haben. Sind denn etwa nur deutsche nd betriebsinterne Studien anerkannt? Das wäre ein anz schön großer Affront gegen die Wissenschaft! Die Liste der Studien wird immer länger, die auf konminierte Kabinenluft – mittlerweile, wie vorhin gesagt, ogar im Normalbetrieb – hinweisen. Das Fresenius stitut hatte im Jahr 2009 über sogenannte Wischpro en eine Verunreinigung der Lufteinlässe durch TKP stgestellt. Gestützt wird diese These mittlerweile durch ndere Untersuchungen wie beispielsweise durch das orwegische Staatsinstitut für Arbeitsumwelt oder Stuien aus den USA, bei denen 50 Prozent der getesteten ersonen Abbauprodukte im Blut hatten, obwohl sie och nicht einmal ein „fume-event“ bewusst erlebt haen. Neben den Amerikanern, den Norwegern, Briten, ustraliern und Kanadiern kommt dieses Thema nun eutschland immer näher. So zeigen sich auch in den iederlanden entsprechende Forschungsansätze. Und as passiert hier? Ein Großteil der Arbeitsmediziner ist berfordert, weil es keine Forschung hierzulande gibt. olglich wird auch eine mögliche Erkrankung nicht auf inen Flug zurückgeführt. Unbekannte Anamnese, heißt s dann. Wir haben zahlreiche Stellungnahmen von Beoffenen im Vorfeld des Expertenhearings bekommen. arum lassen diese Menschen zahlreiche Untersuchunen über sich ergehen, zuweilen in den USA für viele ausend Euro, frage ich mich. Das sind doch nicht alles imulanten, die sich ein Krankheitsbild überlegt haben, m ihren Arbeitgeber zu schädigen! Das Statement des Bundesverbandes der Deutschen uftverkehrswirtschaft, BDL, möchte ich zum Abschluss itieren. „Für die Luftverkehrswirtschaft haben die Siherheit und damit das Ziel, dass Passagiere und Mitrbeiter ihr Ziel gesund und sicher erreichen, höchste riorität.“ Wenn dem so ist, wovon ich ausgehe, muss an auch entsprechend handeln. Selbst wenn nur der eringste Verdacht bestünde, dass es ein ernsthaftes roblem gibt, wäre ein stringenteres Handeln notwenig. Wir sind bereit, zusammen mit der Wirtschaft nach ösungen zu suchen, und bieten noch einmal den Dialog nd die Bereitschaft an, im Interesse der Fluggäste, der esatzungen und der Airlines zu deutlichen Verbesseungen zu kommen. Wir haben Lösungswege in unserem ntrag aufgezeigt, für deren Umsetzung wir werben. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf rucksachen 17/7480 und 17/7611 an die in der Tagesrdnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Die ederführung ist jedoch bei beiden Vorlagen strittig. Die raktionen CDU/CSU und FDP wünschen jeweils Feerführung beim Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtntwicklung. Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen nd SPD wünschen jeweils Federführung beim Auschuss für Tourismus. Vizepräsident Eduard Oswald )

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713939000




(A) )

Ich lasse zunächst abstimmen über die Überweisungs-
vorschläge der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen
und der Sozialdemokraten, also über die Federführung
beim Tourismusausschuss. Wer stimmt für diese Über-
weisungsvorschläge? – Das sind die SPD-Fraktion,
Bündnis 90/Die Grünen und Linksfraktion. Wer stimmt
dagegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Enthal-
tungen? – Keine. Die Überweisungsvorschläge sind ab-
gelehnt.

Ich lasse nunmehr abstimmen über die Überwei-
sungsvorschläge der Fraktionen der CDU/CSU und FDP,
also über die Federführung beim Ausschuss für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung. Wer stimmt für diese Über-
weisungsvorschläge? – Das sind die Koalitionsfraktio-
nen. Wer stimmt dagegen? – Das sind die drei anderen
Fraktionen in der Opposition. Enthaltungen? – Keine.
Überweisungsvorschläge sind angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26 sowie den
Zusatzpunkt 7:

26 Beratung des Antrags der Abgeordneten Sevim
Dağdelen, Jan Korte, Matthias W. Birkwald, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

50 Jahre deutsch-türkisches Anwerbeabkom-
men – Assoziationsrecht wirksam umsetzen

– Drucksache 17/7373 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 7 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Memet Kilic,
Josef Philip Winkler, Marieluise Beck (Bremen),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Visumfreie Einreise türkischer Staatsangehö-
riger für Kurzaufenthalte ermöglichen

– Drucksachen 17/3686, 17/5989 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Reinhard Grindel
Daniela Kolbe (Leipzig)

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Ulla Jelpke
Memet Kilic

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolle-
ginnen und Kollegen liegen hier vor.


Michael Frieser (CSU):
Rede ID: ID1713939100

Bereits in der vergangenen Plenarwoche haben wir

im Plenum ausführlich über den 50. Jahrestag des
deutsch-türkischen Anwerbeabkommens debattiert. Un-
verständlich ist es deshalb, dass nun mit einiger Verspä-
tung im Antrag der Linksfraktion dazu noch einmal die-

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(C (D elben Forderungen vorgebracht werden, die wir nicht ur bereits aus der gemeinsam vereinbarten Debatte am 6. Oktober 2011 im Plenum kennen, sondern auch aus inigen gleichgerichteten Anfragen der letzten Jahre. Gefordert wird – in der eigenen Begrifflichkeit der inksfraktion – die Änderung der „restriktiven Einwanerungspolitik“: erleichterte Einbürgerungen, Wahlcht für Ausländer auf kommunaler, Landesund Bun esebene und die Rücknahme der so bezeichneten Gesetzesverschärfungen“. Mit Letzterem bezieht sich ie Linksfraktion insbesondere auf das von Regierung nd Koalition im März dieses Jahres beschlossene „Geetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum bessen Schutz der Opfer von Zwangsheirat“, zum Beispiel uf die Verlängerung der Mindestehebestandszeit, aufrund derer ein eigenständiges Aufenthaltsrecht des hepartners nunmehr erst nach drei und nicht mehr wie isher nach zwei Jahren begründet werden kann. All iesen angeblichen „Verschärfungen“ läge derselbe ehler zugrunde: Die Verletzung der sogenannten Stillalteklausel des Assoziationsrechts zwischen der EU nd der Türkei. Ich möchte mich hier nicht detailliert mit unseren Geetzesvorhaben der letzten Jahre auseinandersetzen und ie Angemessenheit dieser Regelungen begründen, da n dieser Stelle zum einen dafür schlichtweg die Zeit hlt, vor allem aber, weil diese schon ausgiebigst in den inzelnen Stufen des Gesetzesverfahrens erörtert wuren. Ich möchte vielmehr auf den von der Linksfraktion u Unrecht erkannten „Grundfehler“ und die „standtill“-Klausel eingehen: Unter Berufung auf eine Ausarbeitung des Wissenchaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages beauptet die Linksfraktion, die Bundesregierung habe egen das Verschlechterungsverbot im Assoziationsabommen zwischen der EWG und der Türkei aus dem ahre 1963 verstoßen. Die Bundesregierung hat aber in iesem Zusammenhang bereits mehrfach ausgeführt, ass sich die hier von der Fraktion Die Linke erhobenen orderungen keineswegs zwingend aus dem Assoziaonsrecht ergeben. Wir halten weiter an unserer beannten Rechtsauffassung zu der Reichweite der assoiationsrechtlichen Stillhalteverpflichtungen fest. Insoweit ei insbesondere auf die Vorbemerkung der Bundesgierung in der Drucksache 17/5884 vom 23. Mai 2011 erwiesen. Selbst wenn sich aus dem Assoziationsrecht Folgeungen ergäben, bestünde aber immer noch kein Rechtsnderungsbedarf. Zur Begründung sei erneut auf die rucksache 17/5884 verwiesen. Mir geht langsam das Verständnis dafür verloren, ass die Fraktion Die Linke nun zum wiederholten Male ie immer gleichen Argumente vorträgt. Auch durch Reetition werden diese nicht richtiger. Noch weniger Vertändnis habe ich allerdings für die Tatsache, dass hier nter dem Titel „50 Jahre deutsch-türkisches Anwerbebkommen“ versucht wird, bei den ehemaligen Gastareitern eine Missstimmung über eine ihnen vermeintlich ngetane Ungerechtigkeit zu erzeugen, indem man näm )


(A) )

lich behauptet, die Bundesregierung würde ihnen Rechte
vorenthalten.

Das ist nun aber keineswegs der Fall. Wenn wir zum
Beispiel über das Wahlrecht sprechen, dann ist festzu-
halten, dass alle diejenigen, die die deutsche Staatsan-
gehörigkeit erworben haben – was auf die meisten der
ehemaligen Gastarbeiter zutrifft –, das Recht und die
tatsächliche Möglichkeit haben, in Deutschland auf al-
len Ebenen zu wählen. Auch haben sich für diejenigen,
die sich offen für Deutschland entschieden haben, seit
dem „Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und
zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat“ keine
Verschlechterungen ergeben:

Für Deutschland wie für die Türkei war das Anwer-
beabkommen ohne jeden Zweifel ein Gewinn. Die Zu-
wanderer haben großen Anteil am Erfolg der deutschen
Wirtschaft. Der Umgang mit Gastarbeitern, die im
Grunde, was damals noch keiner wusste, Einwanderer
waren, war der Bundesrepublik damals noch fremd.
Deshalb haben alle damaligen Parteien, auch wir, in der
Integrationspolitik – aus heutiger Sicht – zweifellos
auch Fehler gemacht. Aber gerade in den letzten Jahren
hat sich die Bundesregierung mit aller Kraft für eine
bessere Integration eingesetzt. Wir wollen den Migran-
ten eine gleichberechtigte Teilhabe ermöglichen und so
den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland
stärken. Deshalb haben wir in der Integrationspolitik
bewusst umgesteuert. Wir fördern die Integration der
Migrationsbevölkerung mit allen Mitteln, fordern zu-
gleich aber auch deren aktive Mitarbeit an der Integra-
tion ein. Das beste Beispiel hierfür sind die verpflichten-
den Integrationskurse, die sich zum weit überwiegenden
Teil auf die Vermittlung der deutschen Sprache konzen-
trieren, die – unstreitig – das Fundament des Miteinan-
ders in Deutschland ist. Nur wer die deutsche Sprache
spricht, kann sich in unsere Gesellschaft einfinden und
mit den Mitmenschen kommunizieren, und ist damit
fähig zu Teilnahme und Teilhabe. Darüber hinaus erfor-
dern der Zusammenhalt und die Weiterentwicklung un-
serer Gesellschaft eine sinnvolle Steuerung der Migra-
tion, was auch integrationspolitische Maßnahmen sowie
die Neuzuwanderung begrenzende Maßnahmen mit ein-
schließt.

Ich stimme meinem Kollegen Stephan Mayer zu, der
am 26. Oktober erklärte, dass mit dem sehr würdigen
Begehen dieses Jahrestages deutlich wird, das es tradi-
tionell eine enge Freundschaft zwischen der Türkei und
Deutschland gibt. Zum 50. Jahrestag sollten wir uns
deshalb vor allem vornehmen, noch stärker darauf hin-
zuwirken, Missverständnisse und Vorurteile abzubauen.
Die Fraktion Die Linke strebt mit ihrem Antrag jedoch
genau das Gegenteil an, und das konnte und kann unsere
Zustimmung gestern, heute und morgen nicht finden.


Daniela Kolbe (SPD):
Rede ID: ID1713939200

50 Jahre deutsch-türkisches Anwerbeabkommen: Wer

hätte vor 50 Jahren gedacht, dass dies einmal ein Datum
sein wird, das wir bewusst in Deutschland begehen und
feiern werden?

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(C (D Es ist aber auch ein Datum, das uns Anlass geben ollte, zurückzuschauen und uns bei den mutigen Frauen nd Männern, die vor 50 Jahren ihr Zuhause und ihre amilien verlassen haben, zu danken. Sie sind als Gastrbeiter nach Deutschland gekommen, sie sind ein Wagis in einem ihnen unbekannten Land eingegangen. Was nfangs als temporärer Aufenthalt gedacht war, ist heute ls eine erfreuliche Erfolgsgeschichte zu betrachten. eute leben mehr als 2,5 Millionen Menschen mit türki chen Wurzeln in unserem Land. Ich hoffe, dass eutschland für sie zur Heimat geworden ist. „Türkiyeli ökenli vatandaslarima merhaba. Iyiki buradasiniz.“ Meine türkischsprachigen Mitbürger, herzlich willommen! Gut, dass ihr da seid.“ Aber es ist nicht nur so, ass viele türkische Einwanderer bei uns heimisch georden sind und hier in zweiter oder dritter Generation ben. Sie haben auch unsere Kultur und Sichtweise beichert, und sie haben beide Gesellschaften mit moder isiert. Es ist an der Zeit, das einmal zu würdigen. Auch wenn die letzten Tage, um den 50. Jahrestag des nwerbeabkommens herum glückerweise eine andere prache sprechen, so haben wir doch im politischen Allg der ersten Gastarbeitergeneration zu wenig Auferksamkeit geschenkt und ihr als Politik und Gesell chaft zu wenig Anerkennung, Respekt und Dank für ihre ebensleistung gezollt. Denn die Angehörigen dieser eneration haben einen großen Beitrag zum deutschen irtschaftswunder geleistet und damit dazu beigetra en, dass unser aller Lebensstandard kontinuierlich teigen konnte, sie haben – und so ehrlich müssen wir ein – auch Aufgaben und Arbeiten übernommen, die ein anderer von uns machen wollte. Sie haben damit nser Land mit zu dem gemacht, was es ist: ein leisngsfähiges Wirtschaftsland und eine erfolgreiche Einanderungsgesellschaft. Hinter 50 Jahren Gastarbeiterabkommen verbergen ich Geschichten des Ankommens, des Hierbleibens, des bschiednehmens und neue sogenannte hybride Identitän. Dazu gehört leider aber auch die Geschichte von olitischen Versäumnissen und einer verspäteten Interationspolitik in Deutschland. Schon 1979, also 8 Jahre nach Unterzeichnung des Anwerbeabkommens, at der erste Ausländerbeauftragte Heinz Kühn, SPD, in einem berühmten Memorandum festgehalten: Deutschnd ist ein Einwanderungsland und muss den Gastarbeirn eine dauerhafte Integration ermöglichen. Knackpunkt, wenn wir über Integration sprechen, ist r mich aber insbesondere die Frage der Zugehörigkeit nd der Identität. Beides, ein Gefühl von Zugehörigkeit nd gemeinsamer Identität, kann jedoch nur entstehen, enn auch die Aufnahmegesellschaft den „Neuen“ – in nserem Fall überhaupt nicht mehr Neuen – offen, aufeschlossen und respektvoll gegenübersteht. Das verisse ich selbst 50 Jahre nachdem sie hierher nach eutschland gekommen sind. Das sind doch die Aspekte iner Willkommenskultur, die Integration erst möglich achen, einer Kultur, die in Deutschland leider immer och nicht gut ausgeprägt ist. Interessanterweise ist das, worüber wir hier in der olitik und in den Medien oft abstrakt und problemati Michael Frieser gebene Reden )





(A) )

sierend reden und debattieren, für die jungen Menschen
der 3. und 4. Generation kein Thema mehr. Integration –
für sie ist sie selbstverständlich.

Warum ist das so? Ganz einfach: Sie sind hier gebo-
ren, aufgewachsen, sie gehen hier zur Schule, machen
ihre Ausbildung und sie arbeiten. Kurzum: Für sie ist
Deutschland ebenso ihr Zuhause, wie vielleicht die Tür-
kei, das Herkunftsland ihrer Eltern. Sie sind beides. Sie
sind deutsch und türkisch. In eine Schublade lassen sie
sich nicht drängen. Darum ist es für sie auch unver-
ständlich, dass sie sich entscheiden sollen, wie sie sich
fühlen. Was macht es für einen Sinn, diese jungen Leute
zu zwingen, sich zu entscheiden und eine der beiden
Schubladen abzuschließen? Das macht keinen Sinn. Das
Festhalten an der Optionspflicht, bei der junge Men-
schen zu einer Entscheidung gezwungen werden, die sie
gar nicht treffen sollten, zeigt, wie weit wir von einer an-
erkennenden respektvollen Willkommenskultur entfernt
sind.

Wir diskutieren heute zum zweiten Mal über 50 Jahre
Gastarbeiterabkommen mit der Türkei. Nach einer ver-
einbarten Debatte in der letzten Sitzungswoche sind
heute Anträge der Grünen und der Linken der Anlass.
Vielen Dank, dass sie uns einen zweiten Anlass zur De-
batte geben, denn auch 50 Jahre nach der Unterzeich-
nung des Abkommens gibt es noch genug offene Themen,
über die es zu diskutieren lohnt. Die Grünen thematisie-
ren in ihrem Antrag die Visapraxis gegenüber türkischen
Staatsangehörigen. Und in der Tat, laut Assoziationsab-
kommen zwischen der Türkei und der EU müssten zahl-
reiche türkische Reisende ohne Visum, zum Beispiel für
Kurzaufenthalte, nach Deutschland einreisen können.
Die aktuelle Praxis sieht jedoch wie so oft ganz anders
aus.

An die Adresse der schwarz-gelben Bundesregierung
sage ich: Wir brauchen hier endlich eine Debatte und
eine Anpassung des deutschen Rechts an die Lebens-
wirklichkeit und vor allem an EU-Vorgaben. Deshalb
stimmen wir als SPD dem Grünen-Antrag auch zu.

Anders verhält es sich jedoch bei dem Antrag der Lin-
ken. Zwar spricht auch dieser in der Tat viele Punkte an,
über die es sich lohnt zu diskutieren: den Spracherwerb
vor Ehegattennachzug etwa oder die absurde Verlänge-
rung der Ehebestandszeit durch Schwarz-Gelb. An an-
deren Stellen geht uns ihr Antrag jedoch zu weit, liebe
Kolleginnen und Kollegen von den Linken. Sie fordern
ein Wahlrecht auf allen Ebenen. Ich gehe einmal davon
aus, Sie meinen Bund, Land und Kommune. Das schießt
für uns als SPD-Fraktion übers Ziel hinaus. Wir fordern
schon seit langem endlich ein Wahlrecht für Drittstaats-
angehörige auf kommunaler Ebene. Dafür sollten wir
gemeinsam streiten; aber wir sollten den ersten Schritt
vor dem zweiten machen und nicht umgekehrt.

Zudem, liebe Linke, wollen sie die Gebühren für die
Erteilung von Aufenthaltstiteln auf den Stand von 1980
senken. Bei allem Respekt: Als SPD sind wir zwar eben-
falls der Ansicht, dass die Gebühren sozial gestaltet und
bezahlbar sein müssen. Diese Ihre Forderung schießt
aber auch hier weit übers Ziel hinaus. Denn immerhin

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(C (D ab es seit 1980 auch so etwas wie Inflation. Diesem Anag werden wir daher jedenfalls so nicht zustimmen. Lassen Sie uns über den Antrag und das gesamte hema aber gern weiter im Innenausschuss reden und anach auch wieder hier im Plenum; denn auch 50 Jahre ach dem Anwerbeabkommen haben wir genug miteiander zu besprechen, um ein respektvolles Miteinander, ine echte Willkommenskultur in diesem Land und eine elungene Integration zu organisieren. Da wurde in den tzten Jahren schon sehr viel erreicht. Es liegt aber noch in gewaltiger Weg vor uns. Die Deutsche Bundesregierung hat zu Recht in der ergangenen parlamentarischen Sitzungswoche das 50hrige deutsch-türkische Anwerbeabkommen unter an erem mit einer Plenardebatte in diesem Hohen Hause ewürdigt. Die türkischen Migranten der ersten Stunde haben nser Land mit aufgebaut und unseren Wohlstand mit egründet. Diese Menschen haben Offenheit bewiesen; ie hatten Durchhaltevermögen, sie hatten Leidenschaft, nd sie hatten Mut. Wir sind dankbar, dass Sie gekommen sind, sich mit rem Fleiß und Ihrer Kraft für unser Land eingesetzt aben und Deutschland nicht nur wirtschaftlich, sonern auch kulturell bereichert haben. Die Linke nimmt dieses besondere Jubiläum nun zum nlass, einen Antrag einzubringen, der abenteuerliche arstellungen der zuwanderungspolitischen Realitäten nd absurde Forderungen enthält. So steigt die Linke leich zu Beginn mit linker Kampfrhetorik ein und untertellt der Bundesregierung eine Zuwanderungspolitik ach „Nützlichkeitskriterien“. Einwanderer seien demach nur Instrumente zur „Profitmaximierung“. Die inke hingegen würde gerne jeden zu jeder Zeit in unser and lassen, und zwar bitte ohne lästige Voraussetzunen. Ich sage Ihnen: Das ist eine zutiefst unsoziale Halng! Zunächst einmal ist doch völlig klar: Der Staat hat as Recht, Zuwanderung mit den ihm hierfür zur Verfüung stehenden Mitteln zu regulieren und zu kontrollien. Und der Staat muss dieses Recht auch wahrnehmen. enn ansonsten würde unser Sozialstaatsprinzip nicht ehr funktionieren. Unser Solidaritätsprinzip ist darauf ngewiesen, dass Rechte und Pflichten die Grundlage es gesellschaftlichen Zusammenlebens darstellen. azu gehören auch Steuerund Sozialabgaben. Offene renzen und der völlige Verzicht auf Voraussetzungen r eine Einreise oder einen dauerhaften Aufenthalt wür en unserem Solidaritätsprinzip zuwiderlaufen. Ich sage an dieser Stelle übrigens auch ganz deutlich: ier geht es nicht um den Aspekt der humanitären Zuanderungspolitik. Die eingeschränkte Sicht der Linken zeigt sich auch n der Kritik an dem Sprachnachweis beim Ehegattenachzug. Auch diese Anforderung wird gleich als Nützchkeitskriterium abgetan. Ich sage: Das ist sogar rich Daniela Kolbe gebene Reden )

Serkan Tören (FDP):
Rede ID: ID1713939300




(A) )

tig. Ich halte diese Anforderung tatsächlich für nützlich,
und zwar für die betroffene Person selbst. Denn die Fä-
higkeit, sich zumindest einfach verständigen zu können,
ist eine große Hilfe in einem fremden Land. Es macht
selbstbewusster und erleichtert die Integration. An die-
ser Stelle möchte ich noch mal betonen: Bei dem
Sprachnachweis handelt es sich um die allererste Stufe,
nämlich A1. Es geht hier um sehr einfache Verständi-
gung. Das ist keine unüberwindbare Hürde, wenn man
sich entscheidet, in einem anderen Land dauerhaft leben
zu wollen.

Gleichwohl sieht auch die FDP-Bundestagsfraktion
hier Handlungsbedarf. Dabei denke ich insbesondere an
die Infrastrukturen im Herkunftsland. Wenn wir einen
solchen Nachweis verlangen, muss auch sichergestellt
sein, dass die Betroffenen vor Ort diesen auch ohne un-
überwindbare Hürden erlangen können. In vielen Län-
dern der Welt gibt es derzeit nur vereinzelt oder in eini-
gen sogar gar keine Goethe-Institute. Der Erwerb des
Zertifikats ist entsprechend mit einem erheblichen Zeit-
und Geldaufwand verbunden. Die praktische Umsetzung
und Handhabung des Gesetzes stellt daher oftmals eine
hohe Hürde dar. Das darf nicht sein.

Ich will mich an dieser Stelle aber nicht der aktuellen
Diskussion über die Rechtmäßigkeit des Sprachnach-
weiserfordernisses beim Ehegattennachzug mit Blick auf
das Assoziierungsabkommen zwischen Deutschland und
der Türkei entziehen. Hier gibt es starke rechtliche Be-
denken, die es ganz klar weiter zu prüfen gilt.

Ich halte den Sprachnachweis für nachziehende Ehe-
gatten insgesamt für eine integrationspolitisch sehr
sinnvolle Maßnahme. Nachvollziehbar ist in diesem
Kontext allerdings nicht, weshalb Staatsangehörige an-
derer Länder wie Kanada, Japan oder der Republik Ko-
rea grundsätzlich von diesen Anforderungen ausgenom-
men sind. Das ist eine Ungleichbehandlung, die es aus
liberaler Sicht dringend zu diskutieren gilt.

Die Linken sprechen in ihrem Antrag auch die Vi-
sumspolitik an. Dabei ignorieren sie die bereits beste-
henden Bemühungen, insbesondere auf EU-Ebene. Im
Februar wurde erfreulicherweise das Rücknahmeab-
kommen zwischen der EU und der Türkei unterzeichnet.
Das war ein wichtiger Schritt. Die Türkei ist nun aufge-
fordert, das Abkommen auch umzusetzen. Gleichzeitig
muss dies die unverzügliche Aufnahme eines ernsthaften
Visumsdialogs mit der Türkei bedeuten.

Die Türkei ist schon längst nicht mehr nur ein Touris-
tenziel oder ein Absatzmarkt. Diese Entwicklung hat die
Linke offensichtlich nicht mitbekommen. Die Türkei ist
zu einem wichtigen Partner der EU und Deutschlands
geworden. Das gilt geostrategisch, aber vor allem kultu-
rell und wirtschaftlich. Das sage ich, 50 Jahre nach Un-
terzeichnung des Anwerbeabkommens, auch mit Blick
auf künftige Fachkräftezuwanderung. Denn Deutsch-
land braucht qualifizierte Zuwanderer. Das ist keine
Frage von Hautfarbe oder Religion. Gerade in der Tür-
kei gibt es ein zunehmendes Fachkräftepotenzial. Unter
den Ländern, die derzeit eine Mitgliedschaft in der EU
anstreben, ist die Türkei das einzige Land, das über eine

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Zu Protokoll ge

(C (D ahlenmäßig bedeutende junge und wachsende Bevölkeung verfügt. Das Bildungsniveau steigt stetig an. Viele gutausgeildete junge Menschen haben Beziehungen zu Deutschnd, sind vielleicht sogar mit der Sprache vertraut. Diese Feststellungen haben rein gar nichts mit den ropagierten Nützlichkeitskriterien der Linken zu tun. s geht hier nicht um ein Nullsummenspiel. Es geht um inen gleichberechtigten Austausch mit der Türkei. Das alte ich politisch, wirtschaftlich und kulturell für großrtig und gewinnbringend für alle Beteiligten. Die Linke offenbart in ihrem Antrag nicht nur ein relitätsfernes Bild der aktuellen Integrationsund Zuanderungspolitik. Sie offenbart auch ihr Verständnis on Einwanderern im Jahr 2011. Sie traut Menschen, ie Mut und Engagement aufbringen, ihr Herkunftsland u verlassen und in einem neuen Land Fuß zu fassen, ichts zu. Dass diese Menschen nicht nach Deutschland amen und kommen, um Almosen zu erhalten, sondern m Geld zu verdienen, ihr Glück in die eigenen Hände u nehmen, Familien zu gründen, Sprache und Kultur ennenzulernen oder sich ehrenamtlich zu engagieren, ommt der Linken nicht in den Sinn. Rudimentäre prachkenntnisse zu fordern, ist für die Linke Schikane. b jemand seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten ann oder von Transferleistungen lebt, ist ihr egal. Wie iele Menschen nach Deutschland kommen und ob sie m Gemeinwesen teilhaben wollen und so das Sozialtaatsprinzip stützen, interessiert die Linke nicht. Das ist ie wahre menschenverachtende und unsoziale Haltung, ie nichts mit moderner Zuwanderungsoder Integraonspolitik zu tun hat. Deshalb fällt es mir nicht schwer, diesen Antrag abulehnen. Es ist gerade einmal eine Woche her, dass des 50-jäh igen Bestehens des deutsch-türkischen Anwerbeabkomens gedacht wurde. Auch Bundeskanzlerin Merkel und er türkische Ministerpräsident Erdogan nahmen an der ffiziellen Festveranstaltung teil. Zu Recht wurden dabei die Leistungen der aus der ürkei nach Deutschland gekommenen Migrantinnen nd Migranten hervorgehoben und den Betroffenen dar gedankt – und das tut auch der Ihnen vorliegende ntrag der Fraktion Die Linke. Um allerdings eines voreg klarzumachen: Es geht uns dabei überhaupt nicht xklusiv oder besonders um die Lebensleistungen der enschen speziell aus der Türkei. Nein, unser Dank und nsere Anerkennung gelten selbstverständlich gleicheraßen allen nach Deutschland eingewanderten Men chen aus allen Ländern dieser Welt! Die Linke hält aber nichts davon, sich alle 50 Jahre nlässlich eines Festaktes bei den Menschen zu bedanen, aber sonst eine migrantenfeindliche Politik zu mahen, wie es die jetzige, aber auch die vorigen Bundesgierungen fast immer getan haben. Serkan Tören gebene Reden )

Sevim Dağdelen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713939400




(A) )

Nun gibt es mindestens drei Gründe, auf die Lage der
türkischen Migrantinnen und Migranten näher einzuge-
hen als mit einem losen Danke, das nichts kostet: Zum
einen die schiere Zahl: Es handelt sich bei ihnen um die
größte Einzelgruppe der hier lebenden Menschen nicht-
deutscher Staatsangehörigkeit.

Zum Zweiten verdienen sie besondere Aufmerksam-
keit, weil sie besonderen Anfeindungen ausgesetzt ist:
Nicht erst seit Sarrazin werden insbesondere türkische
– aber zum Beispiel auch arabische – Migrantinnen und
Migranten als Chiffre für vermeintlich integrationsun-
willige, den Staatshaushalt belastende oder gar bedroh-
liche Menschen angesehen. Die ausgeprägte und zuneh-
mende Feindlichkeit gegenüber Muslimen in diesem
Land spielt dabei eine unheilvolle Rolle, aber auch de-
ren sozial besonders ausgegrenzte Lage, die ihnen als
persönliches Versagen oder gar Unwilligkeit zur Last
gelegt wird.

Der dritte Grund, warum auf den staatlichen Um-
gang mit türkischen Staatsangehörigen gesondert einge-
gangen werden sollte und der auch Gegenstand des vor-
liegenden Antrags ist, ist deren Sonderstellung im
Aufenthaltsrecht. Viele Menschen, auch viele Betroffene,
wissen es nicht, aber das seit 1963 geltende Assoziie-
rungs-Abkommen der EU, damals noch EWG genannt,
mit der Türkei und nachfolgende Protokolle und Be-
schlüsse verschaffen türkischen Staatsangehörigen be-
sondere Rechte. Diese einmal von der EU eingegange-
nen Verpflichtungen können auch nicht mehr im
Nachhinein von den Nationalstaaten wieder zurückge-
nommen werden. Dies hat der Europäische Gerichtshof
durch zahlreiche Urteile geklärt, aber immer wieder
muss er unwillige Staaten der EU an ihre vertraglichen
Verpflichtungen erinnern. Dieser zunehmende Rechtsni-
hilismus ist skandalös.

Das sogenannte Verschlechterungsverbot im Assozia-
tionsrecht sieht verbindlich vor, dass es keine Ver-
schlechterungen im Aufenthalts- und Beschäftigungs-
recht, bei der Niederlassungs- und Dienstleistungs-
freiheit gegenüber türkischen Staatsangehörigen geben
darf. Das gilt auch für zwischenzeitliche Erleichterun-
gen, das gilt in Bezug auf Regelungen des Familien-
nachzugs und selbst in Bezug auf Regelungen zur erst-
maligen Einreise. All dies hat die Bundesregierung
infolge zahlreicher parlamentarischer Anfragen der
Linken zu diesem Thema im Grundsatz bereits einräu-
men müssen – nur um stets erneut rechtliche Ausflüchte
aus dem paragrafenschweren Zylinderhut des Bundes-
innenministeriums zu zaubern, um diese Vorgaben des
Europäischen Gerichtshofs nicht umzusetzen.

Auf diesen Skandal möchte die Linke mit dem vorlie-
genden Antrag aufmerksam machen: Die Bundesregie-
rung weigert sich unseres Erachtens bewusst, verbindli-
ches Assoziationsrecht und Entscheidungen des EuGH
wirksam umzusetzen und verwehrt somit türkischen
Staatsangehörigen gezielt ihre Rechte. Sie können die
hilflosen und wenig überzeugenden Antworten der Bun-
desregierung auf die Anfragen der Linken zu diesem
Thema nachlesen: Wer einigermaßen mit der Rechtspre-
chung und Fachliteratur befasst ist, weiß, dass es nur

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Zu Protokoll ge

(C (D ine Frage der Zeit ist, bis der EuGH zahlreiche europachtswidrige Bestimmungen des deutschen Aufenthaltschts kassieren wird. Die Bundesregierung spielt schä igerweise jedoch auf Zeit und besteht darauf, dass der uGH zu jeder einzelnen Frage stets erneut eine Entcheidung treffen soll, auch wenn deren Ergebnis angeichts der vorliegenden Rechtsprechung längst klar ist. Um nur kurz anzudeuten, worum es inhaltlich und onkret geht: Der EuGH wird bald entscheiden, dass rkischen Staatsangehörigen auch im Rahmen der so enannten passiven Dienstleistungsfreiheit eine visumeie Einreise nach Deutschland erlaubt werden muss. us offiziellen Informationen der Bundesregierung an en Bundestag geht hervor, dass auch der Juristische ienst der Europäischen Union davon ausgeht, dass ine solche Entscheidung des EuGH zu 95 Prozent zu erarten ist. Auf Anfragen meiner Fraktion jedoch tut die undesregierung so, als sei es geradezu absurd, so etas auch nur zu denken. In nicht allzu ferner Zeit wird auch die Regelung der prachanforderungen beim Ehegattennachzug auf türkiche Staatsangehörige nicht mehr anwendbar sein. In en Niederlanden wurde erst vor kurzem letztinstanzlich ntschieden, dass neue Sprachund Integrationsanforerungen gegen das Verschlechterungsverbot des Assoiationsrechts verstoßen. Infolgedessen wird von türkichen Staatsangehörigen zum Beispiel kein Sprachtest or der Einreise beim Familiennachzug mehr verlangt. ie vom niederländischen Rechtspopulisten Geert ilders abhängige niederländische Regierung setzt iese Rechtsprechung konsequent um – die Bundesregieung hingegen ist nicht einmal dazu imstande, ihre Anendungshinweise zum Assoziationsrecht aus dem Jahr 002 zu aktualisieren, obwohl diese angesichts der sich rtentwickelnden Rechtsprechung des EuGH nicht nur eraltet sind, sondern geradezu als Anleitung zum echtsbruch bezeichnet werden müssen. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundesges hat in einer Ihnen sicherlich bekannten Ausarbeing eine gute Zusammenfassung und Rechtsübersicht azu erstellt, welche Regelungen im deutschen Aufentaltsrecht mit den Verschlechterungsverboten des Assoiationsrechts unvereinbar sind. Die konkreten Fordeungen in unserem Antrag beziehen sich zunächst nur uf solche Regelungen, die auch nach Ansicht des Wisenschaftlichen Dienstes als Verstoß gegen EU-Recht ngesehen werden müssen. Es ist aber klar, dass ein sysmatischer Günstigkeitsvergleich der Rechtsentwickng seit den 70er-Jahren weiteren Änderungsbedarf ervorbringen wird – deshalb weigert sich die Bundesgierung ja auch so hartnäckig, diesen Vergleich vorzu ehmen. Wir werben deshalb bei den anderen Fraktionen des undestages dafür, einer Sachverständigenanhörung ur zweiten Forderung unseres Antrags zuzustimmen. erade weil es sich beim Assoziationsrecht um eine omplexe und weitgehend unbekannte Rechtsmaterie andelt, sollten wir uns durch unabhängige Sachvertändige und nicht durch weisungsgebundene Vertreter Sevim DaðdelenSevim Dağdelen gebene Reden )





(A) )

der Exekutive beraten lassen, welche Rechtsänderungen
im Detail erforderlich sind.

Nach Ansicht der Linken – und hier komme ich zum
Anfang zurück – sollten sich die notwendigen umfang-
reichen Erleichterungen im Aufenthaltsrecht auch nicht
auf türkische Staatsangehörige beschränken, sondern
alle Drittstaatsangehörigen einbeziehen. Es wäre ab-
surd, die Zersplitterung des Aufenthaltsrechts weiter vo-
ranzutreiben: Für Unionsangehörige gilt das deutsche
Aufenthaltsgesetz ohnehin nicht, für bestimmte privile-
gierte Staaten gelten Sonderregelungen, und was für tür-
kische Staatsangehörige gilt, steht schon längst nicht
mehr im Gesetz.

Gerade weil es sich bei den türkischen Staatsangehö-
rigen um die größte Gruppe handelt, und gerade weil
zahlreiche Verschärfungen insbesondere mit Blick auf
sie erlassen wurden, plädieren wir dafür, diese Ver-
schärfungen insgesamt zurückzunehmen. Das aufge-
baute Droh- und Zwangsinstrumentarium im Umgang
mit Migrantinnen und Migranten ist ohnehin falsch und
von fataler Wirkung, wie die zunehmende Fremden- und
Islamfeindlichkeit, Vorurteile und Zerrbilder belegen.
Wir appellieren an die Bundesregierung, aber auch an
das Parlament, diese Änderungen, die in Bezug auf tür-
kische Staatsangehörige rechtlich ohnehin zwingend
sind, nicht erst auf Druck des EuGH, sondern bewusst
und mit Überzeugung vorzunehmen. Sie sollten inner-
halb der deutschen Bevölkerung um Verständnis für eine
solche, auf Zwang und Drohungen weitgehend verzich-
tende Migrationspolitik werben, statt gefährliche, nicht
nur türken- , sondern auch EU-feindliche Ressentiments
zu fördern, wenn solche Änderungen zwangsweise in-
folge von Entscheidungen eines vermeintlich fernen EU-
Gerichts erfolgen. Mit unserem Antrag haben Sie die
Chance dazu, dieses Thema nicht Rechtspopulisten zu
überlassen.


Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1713939500

Es reicht nicht, sich, wie die Bundesregierung es tut,

in der Jubiläumswoche des deutsch-türkischen Anwer-
beabkommens bei den Einwanderinnen und Einwande-
rern für ihre Leistungen zu bedanken, wenn man nicht
gleichzeitig etwas unternimmt, damit sie endlich gleich-
berechtigt in Deutschland teilhaben können. Danke sa-
gen ist einfach; aber daraus Konsequenzen zu ziehen
und türkeistämmigen Einwanderern ihre Rechte aus dem
Assoziationsabkommen einzuräumen, fällt der Bundes-
regierung offensichtlich schwer. Bewusst behandelt sie
Eingewanderte als Menschen zweiter Klasse und ver-
sagt ihnen trotz langjährigen Aufenthalts die gleichen
Rechte, wie sie deutsche Staatsangehörige haben. Ur-
teile des Europäischen Gerichtshofes zugunsten der Ein-
wanderinnen und Einwanderer ignoriert sie so lange,
bis die Kommission mit Vertragsverletzungsverfahren
droht.

Nach 50 Jahren Einwanderung aus der Türkei ist es
Zeit, unser Aufenthaltsgesetz auf die Vereinbarkeit mit
dem Assoziierungsrecht zu überprüfen und notwendige
Änderungen vorzunehmen. Das gilt erst recht nach den
kürzlich ergangenen wegweisenden Entscheidungen des

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Zu Protokoll ge

(C (D uropäischen Gerichtshofes zu den Rechten von türkichen Arbeitnehmern und ihren Familienangehörigen us dem Assoziierungsabkommen. Wir fordern in einem ersten Schritt die visumfreie inreise türkischer Staatsangehöriger nach Deutschnd. Wir wollen nicht, dass Großeltern die Hochzeit ihrer nkel in Deutschland verpassen, weil sie kein Visum eralten, oder dass eine Mutter nicht ihr krankes Kind hier esuchen darf. Wir wollen vermeiden, dass die wirtchaftlichen Beziehungen zwischen türkischen und deutchen Unternehmen darunter leiden, dass Geschäftsute zu bürokratische und langwierige Verfahren urchlaufen müssen, um endlich ein Visum zu erhalten. ir wollen auch nicht, dass türkische Jugendliche von tudienreisen abgehalten werden, weil ihnen kein Visum rteilt wird. So sieht die Realität heute aber aus. Es kommt nicht elten vor, dass sich die Antragstellenden nach langwieigen erfolglosen Verfahren vor der Deutschen Botschaft r Einreiserecht schließlich einklagen müssen. Nach geltender Praxis können nur bestimmte türkiche Personengruppen und auch nur zur Erbringung betimmter Dienstleistungen visumfrei nach Deutschland inreisen. Menschen mit geringem Einkommen und solhe ohne Familie in der Türkei haben so gut wie keine hance, nach Deutschland zu reisen. Dieser sinnlosen nd ausgrenzenden Praxis müssen wir ein Ende setzen. ie der EuGH in seiner Soysal-Entscheidung im Fe ruar 2009 festgestellt hat, verstößt diese Praxis gegen as Gemeinschaftsrecht. Mit unserem Antrag fordern ir die Bundesregierung auf, die Vorgaben des EuGH ichtig umzusetzen und sich dafür einzusetzen, dass auf U-Ebene die Visumpflicht für türkische Staatsangehöige bei einem Kurzaufenthalt aufgehoben wird. Stimmen Sie unserem Antrag zu, damit das unnötige eid, das die restriktive und Visavergabepraxis veruracht, endlich ein Ende hat! Es gibt aber auch noch viele andere Bereiche, in deen das deutsche Aufenthaltsrecht gegen die Maßgaben es Europäischen Gerichtshofs verstößt. Insbesondere ie Entscheidung zur dynamischen Wirkung des Verchlechterungsverbots in der Sache Toprak macht eine ritische Prüfung der aufenthaltsrechtlichen Regelunen seit dem Inkrafttreten des Verschlechterungsverbots otwendig. Die Bundesregierung muss die europarechtswidrige nwendung des Assoziationsabkommens zwischen der U und der Türkei beenden und die vielen Urteile des uropäischen Gerichtshofs umsetzen. Hierzu gehört uch, die insbesondere gegen türkische Staatsangehöige erlassenen Gesetzesverschärfungen der letzten ahre zurückzunehmen. Wir begrüßen, dass die Fraktion Die Linke den Umetzungsbedarf erkennt und die Bundesregierung mit ihm Antrag auffordert, das deutsche Recht mit dem Geeinschaftsrecht in Einklang zu bringen. Allerdings hat ie Fraktion Die Linke es sich leicht gemacht: Sie zählt Sevim DaðdelenSevim Dağdelen gebene Reden Memet Kilic )








(A) )

weder konkret den Änderungsbedarf auf, noch schlägt
sie Lösungen vor. Das wollen wir besser machen und be-
reiten daher gerade eine umfassendere Initiative zur
Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Ge-
richtshofs zum Assoziationsrecht vor.


Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713939600

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 17/7373 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sie sind damit ein-
verstanden? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann ist
die Überweisung so beschlossen.

Der Innenausschuss – das ist jetzt der Zusatzpunkt 7 –
empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
che 17/5989, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen auf Drucksache 17/3686 abzulehnen. Wer
stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Das sind die
Koalitionsfraktionen. Gegenprobe! – Bündnis 90/Die
Grünen, SPD und Linksfraktion. Enthaltungen folglich
keine. Die Beschlussempfehlung ist angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Dr. Konstantin
von Notz, Wolfgang Wieland, Volker Beck

(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gutachten über die geplanten EU-Fluggastda-
tenabkommen mit den USA und Australien
beim Gerichtshof der Europäischen Union ein-
holen

– Drucksachen 17/6331, 17/7676 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Clemens Binninger
Wolfgang Gunkel
Gisela Piltz
Jan Korte
Dr. Konstantin von Notz

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, werden die
Reden zu Protokoll genommen. Die Namen der Kolle-
ginnen und Kollegen sind dem Präsidium bekannt.


Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1713939700

Wir diskutieren hier zum wiederholten Male über

Grundrechts- und Datenschutzfragen bei den EU-Flug-
gastdatenabkommen mit den USA und Australien. Das
ist zweifelsohne wichtig. Wichtiger wäre aber vielleicht,
dass die Grünen dazu einmal einen Antrag vorlegen, der
dieser schwierigen Thematik angemessen ist.

Es sei den Grünen unbenommen, sich für eine Über-
prüfung der Abkommen durch den Europäischen Ge-
richtshof einzusetzen. Es wäre aber auch schön gewe-
sen, wenn die Grünen wenigstens mit einem Halbsatz
erwähnt hätten, warum die Europäische Union PNR-Ab-
kommen schließt, nämlich weil der Datenaustausch we-
sentliche Erkenntnisse zur Bekämpfung des internatio-
nalen Terrorismus und der organisierten Kriminalität
liefert. Aber im Antrag der Grünen Fehlanzeige. Und

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(C (D ie steht es mit dem Redebeitrag des Kollegen von Notz der ersten Beratung des Antrags? Auch hier Fehlan eige. Nicht einmal die Worte „Terrorismus“, „Kriminatät“ oder auch nur „Straftat“ werden erwähnt. Man ann den Eindruck gewinnen, die Grünen versuchten rampfhaft, diesem Thema aus dem Weg zu gehen. Ich age mich aber: Wie sollen wir ernsthaft und angemes en über PNR-Abkommen und auch über die im vorlieenden Antrag kritisierten, angeblich fehlenden Nacheise der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit prechen, wenn hier nicht einmal über den Zweck des luggastdatenaustausches gesprochen wird? Hier müssen wir Folgendes zur Kenntnis nehmen: Erstens. Fluggastdaten geben Auskunft über Reiseuten von Tatverdächtigen und Terrorverdächtigen. as sind Erkenntnisse, die von enormer Bedeutung sind nd die in dieser Form nicht anders in Erfahrung geracht werden können. Die Erkenntnisse aus diesen Dan tragen auch entscheidend dazu bei, Kriminelle oder erroristen zu identifizieren, die bisher noch nicht enteckt wurden. Zweitens. Immer mehr Staaten – darunter auch viele nserer Partner – nutzen Fluggastdaten zur Verfolgung nd Abwehr von Terrorismus und schweren Straftaten ie etwa Menschenhandel oder Drogenschmuggel. uch europäische Länder profitieren von entsprechenen Rückmeldungen für die Arbeit ihrer Sicherheitsbeörden. Drittens. EU-Staaten und unsere Partnerländer könen auf Erfolge bei der Aufdeckung und Bekämpfung rroristischer und krimineller Netzwerke verweisen, für ie die Fluggastdaten von großer Bedeutung waren. eshalb ist die Verwendung von Fluggastdaten unver ichtbar, und deshalb sprechen wir im Bundestag über NR-Abkommen und über die geplante PNR-Richtlinie er EU. Die ausgehandelten Abkommen mit den USA und ustralien sind auch nichts Neues. Es gab sie schon in er Vergangenheit. Zu einem angemessenen und ernstaften Umgang mit dem Thema PNR-Abkommen gehört eshalb auch, dass die Grünen, die sich hier wieder als üter der Grundrechte und des Datenschutzes gerieren, inen Blick in die Zeit werfen, in der sie Regierungsverntwortung hatten. Im Jahr 2004 wurde zwischen der U und den USA ein PNR-Abkommen geschlossen, das it Blick auf den Grundrechtsund Datenschutz bei weim nicht die Standards festgeschrieben hatte, die wir in en vorliegenden Abkommen finden. Und es ist nicht chwer zu erraten, welche Bundesregierung dieses Abommen mitgetragen hat und welche Fraktion damals einen Antrag auf Überprüfung dieses Abkommens getellt hat. Die Grünen waren seinerzeit mit dabei. Jetzt ritisieren dieselben Grünen die Fluggastdatenabkomen mit den USA und Australien, die auch auf Initiative es Bundesinnenministeriums deutliche Verbesserungen rfahren haben. So sieht grüne Glaubwürdigkeit aus. Es war wichtig, das PNR-Abkommen 2004 mit den ereinigten Staaten zu schließen, weil wir damit eine geeinsame europäisch-amerikanische Vereinbarung über )


(A) )

den Umgang und die Nutzung von Fluggastdaten festge-
schrieben haben. Nach den Terroranschlägen von 9/11
stellte sich die Situation anders dar als heute. Die USA
hatte alle Fluggesellschaften, die Flüge in die oder aus
den USA oder über das Gebiet der USA durchführen,
verpflichtet, den amerikanischen Zollbehörden elektro-
nischen Zugriff auf die Daten ihrer Reservierungs- und
Abfertigungssysteme, die sogenannten Passenger Name
Records, einzuräumen. Nachdem die EU um einen Auf-
schub gebeten hatte, traten die Vorschriften schließlich
2003 in Kraft. Danach räumten europäische Fluggesell-
schaften den amerikanischen Zollbehörden Zugang zu
ihren Fluggastdatensätzen nach einseitig festgesetzten
Regeln ein.

Das zeigt: Wenn wir ein besseres Abkommen mit bes-
serem Datenschutz wollen, dann erreichen wir dies nur
zusammen mit unseren Partnern. Wenn wir angemessen
über PNR-Abkommen diskutieren wollen, gehört also
dazu, dass es sich um Verträge handelt, an denen immer
mindestens zwei Seiten beteiligt sind. Hier kann nicht
eine Seite der anderen den Inhalt vorschreiben. Das gilt
im Übrigen auch für die einzelnen EU-Länder, die unter-
schiedliche Maßstäbe an die Nutzung von Fluggastdaten
stellen. Auch hier muss eine interne Linie gefunden wer-
den, die sich nicht nur nach den deutschen Vorstellungen
richtet.

Deshalb hat die Europäische Kommission sowohl mit
den USA als auch mit Australien im Rahmen der Ver-
handlungsmandate, die das Europäische Parlament vor-
gegeben hat, aber auch mit Blick auf die Bedenken des
Parlaments über die Nutzung der Fluggastdaten verhan-
delt. Die jetzt vorliegenden Einigungen mit beiden Län-
dern spiegeln eine kontinuierliche Verbesserung auch
der Datenschutzbestimmungen wider. Es geht darum,
zusammen mit unseren Partnern eine Balance zu finden,
die dazu beiträgt, Terrorismus und Kriminalität besser
bekämpfen zu können und gleichzeitig die Rechte des
Einzelnen zu sichern, auch wenn es hier aus deutscher
Sicht sicher noch einige offene Wünsche gibt.

Das Abkommen mit Australien ist praktisch unter
Dach und Fach. Es wurde im Oktober vom JI-Rat be-
schlossen. Auch das Europäische Parlament hat Ende
Oktober in einer legislativen Entschließung dem PNR-
Abkommen mit Australien bereits zugestimmt. Im De-
zember wird der Rat abschließend seine Zustimmung ge-
ben. Insofern hat sich der Antrag der Grünen auf Über-
prüfung erledigt. Das Abkommen mit Australien ist aus
unserer Sicht gut ausgestaltet, auch in Datenschutzfra-
gen. Dies hat auch der Bundesdatenschutzbeauftragte
anerkannt. Mit den USA wurden seit dem Sommer im
Vergleich zum Verhandlungsstand, der dem Antrag der
Grünen zugrunde liegt, weitere Fortschritte erzielt, die
noch in Schriftform gegossen werden. Erst dann wird
man den neuen Entwurf für das PNR-Abkommen genau
bewerten können.

Die beiden Abkommen unterscheiden sich in vielen
Punkten. Ich möchte dennoch drei zentrale Aspekte her-
vorheben:

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Zu Protokoll ge

(C (D Erstens. In beiden Abkommen werden wir klarer und nger gefasste Definitionen des Anwendungsbereichs ls bisher haben. Daran gebunden sind die Speicherfrisn. Das Abkommen mit Australien sieht fünfeinhalb ahre vor. Die jüngsten Verhandlungen mit den USA seen jetzt eine Staffelung der Speicherfristen vor. Bei terristischen Straftaten dürfen die Daten für fünfzehn ahre und bei schweren Straftaten für zehn Jahre gespeihert werden. Ich hätte mir gerade mit Blick auf die USA uch kürzere Speicherfristen vorstellen können. hrlicherweise ist aber festzuhalten, dass die Daten icht gespeichert werden, weil der Staat es will. Diese aten sind alle schon heute bei den Fluggesellschaften orhanden und werden dort auch heute schon mehrere ahre gespeichert. Es geht also in erster Linie um die rage, unter welchen Voraussetzungen den Sicherheitsehörden diese Daten zur Verfügung stehen, um Anchläge zu verhindern, schwere Straftaten aufzuklären der Verdächtige zu identifizieren. Wem die Sicherheit er Bürger etwas wert ist, der kann eine Speicherung icht grundsätzlich ablehnen. Zweitens. Beide Abkommen sehen eine Depersonasierung der gespeicherten Daten vor. Das heißt, nach inem bestimmten Zeitraum – für die USA ist dies nach echs Monaten vorgesehen – werden aus den Datensäten der Fluggäste Daten gesperrt, die eine Identizierung der Person zulassen. Es handelt sich dabei um aten wie Namen und Adressen. Das ist ein ganz ähnli hes Verfahren, wie wir es in Deutschland mit der Anoymisierung kennen. Die vollen Datensätze werden ann nur noch unter strengen Auflagen einem sehr kleien Personenkreis in den zuständigen Behörden zugängch sein. Drittens. Neben unterschiedlichen Datenschutzregeln öchte ich vor allem darauf hinweisen, dass beide Ab ommen die Datenübermittlung in einem Push-Verhren vorsehen. Die Behörden in den USA wie in Ausalien werden also im Regelfall keinen direkten Zugriff uf die Fluggastdaten haben, sondern die Airlines weren diese Daten auf Anforderung weitergeben. Während nter rot-grüner Verantwortung die Daten auf dem ühltisch zur Selbstbedienung bereitlagen, gibt es jetzt ur noch Daten auf Anforderung und Beleg. Wenn man sich mit dem Thema PNR-Abkommen also rnsthaft und angemessen auseinandersetzen möchte, uss man den Blick etwas weiter fassen, als dies der Anag der Grünen tut. Nur dann kommt man zu einer funierten Einschätzung und Bewertung der Lage. Insgeamt gilt festzuhalten, dass auf ein Instrument wie die utzung von PNR-Daten nicht verzichtet werden kann, enn wir Sicherheit im Luftverkehr wollen, wenn wir erhindern wollen, dass Passagiermaschinen zu Waffen nd zu Zielen von Anschlägen werden, und wenn wir ollen, dass die Sicherheitsbehörden in der Lage sind, chwere Verbrechen aufzuklären und kriminelle Struktun zu erkennen. Wer fordert, dass eine Warnlampe an eht, wenn ein Terrorverdächtiger ein Flugzeug besteien will, braucht eine Speicherung und Auswertung von assagierdatensätzen. Clemens Binninger gebene Reden )





(A) )


Wolfgang Gunkel (SPD):
Rede ID: ID1713939800

Die Abkommen über die Fluggastdaten sind nicht

zum ersten Mal Thema im Deutschen Bundestag. Nach-
dem die Verhandlungen zwischen der Europäischen
Union und den USA beziehungsweise Australien nun
vorläufig abgeschlossen sind, bestehen noch immer er-
hebliche Zweifel an der Vereinbarkeit der Abkommen
mit dem EU-Primärrecht, insbesondere mit dem Schutz
personenbezogener Daten gemäß Art. 8 der EU-Grund-
rechtecharta.

Der vorliegende Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen greift diese Bedenken auf und fordert die Bun-
desregierung auf, ein Gutachten beim Gerichtshof der
Europäischen Union einzuholen, welcher die Vereinbar-
keit der geplanten Abkommen mit EU-Primärrecht prü-
fen soll. Da auch die SPD-Bundestagsfraktion diese Be-
denken teilt und ein Gutachten des Europäischen
Gerichtshofs mehr Rechtssicherheit für die Bürgerinnen
und Bürger mit sich bringen würde, stimmen wir dem
Antrag zu.

Bereits im Juni 2011 habe ich darauf hingewiesen,
dass mit der Weitergabe von Fluggastdaten zwar ein le-
gitimes Ziel verfolgt wird, dabei aber grund- und men-
schenrechtliche Garantien beachtet werden müssen.
Dies sehe ich in den geplanten EU-Fluggastdatenab-
kommen mit den USA und Australien noch nicht ausrei-
chend gewährleistet. So hat auch der Juristische Dienst
der Kommission in seiner Stellungnahme vom 18. Mai
2011 erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit des Ab-
kommens zwischen der EU und den USA mit dem
Grundrecht auf Datenschutz geäußert. Ich möchte hier
noch einmal betonen, dass es sich dabei um einen inter-
nen Dienst der Kommission handelt, also des EU-Or-
gans, das für die Aushandlung der Fluggastdatenab-
kommen zuständig ist. Demnach gibt es auch innerhalb
der Kommission Bedenken hinsichtlich der Grund-
rechtskonformität dieses Abkommens.

Die Kritik bezieht sich insbesondere auf die Verhält-
nismäßigkeit des Abkommens. So sieht das geplante
PNR-Abkommen mit den USA eine Dauer der Daten-
speicherung von 15 Jahren vor. Der Juristische Dienst
des Rates hat in seinem Gutachten zum Vorschlag einer
EU-Richtlinie über die Verwendung von Fluggastdaten
vom 12. April 2011 bereits die Notwendigkeit einer Spei-
cherfrist von mehr als 2 Jahren infrage gestellt. Für die
Erforderlichkeit einer 15-jährigen Speicherfrist fehlt zu-
dem jeglicher Nachweis, und somit bestehen erhebliche
Zweifel, dass der mit der Speicherung der Daten verbun-
dene Grundrechtseingriff dem Grundsatz der Verhältnis-
mäßigkeit entspricht.

Des Weiteren soll die Verwendung von Fluggastdaten
nach dem geplanten Abkommen unter anderem zu Zwe-
cken der Verhütung und Bekämpfung von „schweren
Straftaten“ zulässig sein. Über einen Verweisungs-
dschungel gelangt man allerdings zu dem Ergebnis, dass
es sich dabei bereits um Straftaten handelt, die mit einer
Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bedroht sind.
Damit umfasst diese Definition eine weitaus größere
Zahl von Straftaten als beispielsweise der EU-Richt-
linienvorschlag zur Weitergabe von Fluggastdaten oder

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Zu Protokoll ge

(C (D uch das PNR-Abkommen mit Australien. Da somit auch traftaten erfasst sind, die nicht als schwerwiegend anesehen werden können, stellt sich auch in diesem Zuammenhang die Frage nach der Verhältnismäßigkeit es Abkommens. Weitere Kritikpunkte beziehen sich auf die Möglicheit grundrechtswidriger Profilerstellungen sowie auf ine mangelnde Kontrolle durch unabhängige Datenchutzbeauftragte. Die Notwendigkeit, Fluggastdaten ur nach europäischen Grundrechtsund Datenschutzaßstäben zu übermitteln, haben wir ja auch in einem igenen Antrag – Bundestagsdrucksache 17/6293 – zum usdruck gebracht. Die geplanten PNR-Abkommen haben auch Auswirungen auf den Grundrechtsschutz nach den Maßstäben es Grundgesetzes und der Rechtsprechung des Bundeserfassungsgerichts, da die betreffenden Fluggastdaten uf der Grundlage dieser Abkommen von deutschen Steln an die USA oder Australien weitergeleitet würden. ine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang das rteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdaten peicherung vom 2. März 2010, 1 BvR 256/08. Hier hat as Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber ausrücklich aufgetragen, sich auf internationaler und uropäischer Ebene für die Wahrung der Datenschutzstanards des Grundgesetzes einzusetzen, BVerfG, a. a. O., andnummer 218. Genau diesem Auftrag kann und uss die Bundesregierung nun entsprechen und das gerderte Gutachten des Gerichtshofs der Europäischen nion einholen. Ein solches Gutachten könnte – sollte er EuGH darin die Unvereinbarkeit der Abkommen mit em Grundrecht auf Datenschutz und somit EU-Primärcht feststellen – auch die Position der Europäischen nion bei weiteren Verhandlungen über das PNR-Ab ommen mit den USA stärken. Die erheblichen datenschutzrechtlichen Bedenken geenüber dem Abkommen, die offensichtlich auch inneralb der Kommission selbst bestehen, können nicht einch unter den Teppich gekehrt werden. Ein Gutachten es Gerichtshofs der Europäischen Union kann Klarheit ber die Vereinbarkeit der Abkommen mit den EUrundrechten schaffen und ist aus Gründen der Rechts icherheit unerlässlich. Auch auf die Gefahr hin, mich zu diesem Thema zu iederholen: Wer hat’s erfunden? Richtig, die Grünen. er grüne Außenminister Joschka Fischer hat zu Zeiten er rot-grünen Bundesregierung im Rat dem Abkommen wischen EU und USA zur Übermittlung von Fluggastaten zugestimmt, einem Abkommen, in dem damals das ort Datenschutz ein absolutes Fremdwort war. Die otbremse zog dann das Europäische Parlament, wähnd hier im Bundestag SPD und Grüne das, was sie eute kritisieren, unterstützten – mit dem Unterschied, ass die heutige schwarz-gelbe Koalition sich um den atenschutz kümmert und dafür kämpft, das, was uns ot-Grün hinterlassen hat, wenigstens rechtsstaatlich uszugestalten. gebene Reden )

Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1713939900




(A) )

Das Verhalten der Grünen jedenfalls nennt man ge-
meinhin widersprüchlich. Heute so zu tun, als hätten Sie
mit dem Thema nichts zu tun und könnten sich hier als
vermeintliche Retter des Rechtsstaats aufzuspielen, ist
schon ziemlich dreist.

Die FDP-Fraktion bleibt ihrer Linie bei Fluggastda-
ten treu. Wir haben die Nutzung von Fluggastdaten von
Anfang an kritisch begleitet. Wir müssen zur Kenntnis
nehmen, dass weder im Rat noch im Europäischen Par-
lament eine Mehrheit gegen Fluggastdatensammlungen
vorhanden ist. Aber wir nehmen auch zur Kenntnis, dass
die Sensibilität immerhin gestiegen ist für den Daten-
schutz und den Schutz der Persönlichkeitsrechte. Sogar
der Juristische Dienst der Kommission hat inzwischen
ein kritisches Gutachten zu dem geplanten Abkommen
zur Übermittlung von Fluggastdaten in die USA erstellt;
ebenso hat der Juristische Dienst des Rates sich kritisch
mit dem geplanten EU-Fluggastdatensystem befasst.
Diese Kritik muss ernst genommen und bei den Beratun-
gen natürlich berücksichtigt werden. Anders als zu frü-
heren rot-grünen Zeiten muss man das aber heute der
Bundesregierung nicht extra sagen – die Bundesjustiz-
ministerin hat diese Fragen selbst im Blick und setzt sich
national wie auch in der EU und international für mehr
Datenschutz ein.

Dass das nicht immer einfach ist, zeigt sich aktuell
bei den Verhandlungen über ein neues Abkommen zwi-
schen EU und USA. Wir wissen, dass bei aller guten
transatlantischen Zusammenarbeit und Partnerschaft
gerade im Hinblick auf den Datenschutz doch erhebli-
che Unterschiede bestehen. Davor kann man kapitulie-
ren und wie damals Joschka Fischer einfach ohne
weitere rechtsstaatliche Sicherungen den Zugriff auf
Fluggastdaten und Bankdaten europäischer Bürgerin-
nen und Bürger gestatten. Oder man kann dafür kämp-
fen, dass es besser wird. Wir machen lieber Letzteres.
Gemeinsam mit den Liberalen im Europaparlament und
der Bundesjustizministerin setzt sich die FDP-Fraktion
dafür ein, dass bei dem künftigen Abkommen mit den
USA ein hohes Datenschutzniveau erreicht wird. Bei
dem Abkommen zwischen EU und Australien ist das be-
reits gelungen. Dieses Abkommen ist – vor allem im Ver-
gleich zu denjenigen, die wir bisher kannten, und natür-
lich immer unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es
sich um eine grundsätzlich nicht unbedenkliche anlass-
lose Speicherung von persönlichen Daten handelt –
mustergültig. Das anerkennt auch der Bundesdaten-
schutzbeauftragte.

Und ganz ehrlich: Dafür brauchen wir keinen Rat-
schlag von den Grünen, ganz besonders nicht von den
Grünen, die bei diesem Thema eigentlich in Sack und
Asche gehen müssten.

Ihren Antrag lehnen wir daher ab und handeln lieber
im Sinne von mehr Datenschutz und mehr Schutz der
Persönlichkeitsrechte von Flugreisenden.


Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1713940000

Das Versagen der schwarz-gelben Koalition, insbeson-

dere aber die fehlende Durchsetzungsfähigkeit der Bun-
desjustizministerin, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

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Zu Protokoll ge

(C (D on den Freien Liberalen, zwingen uns dazu, heute ereut über den Stopp des europäischen Fluggastdatenabommens mit den USA und Australien zu debattieren. Der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist für ihren euerlichen Vorstoß, die Grundrechtskonformität des enannten Datenaustauschabkommens der Europäichen Union mit den USA und Australien zu überprüfen, u danken. Seit nunmehr sieben Jahren bemüht sich uch die Linksfraktion darum, der transatlantischen Dansammelwut Einhalt zu gebieten. Bisher stießen nicht ur wir, sondern auch Bürgerrechtsorganisationen und atenschützer vor allem bei der deutschen Bundesregie ung damit aber auf taube Ohren. Selbst das Europäische Parlament und das Bundeserfassungsgericht haben seit einiger Zeit erhebliche weifel an dem Austausch von Informationen über Flugassagiere mit den benannten Staaten. Das Europäische arlament forderte vor anderthalb Jahren die Kommision auf, ein neues Abkommen über die Weitergabe von assagierdaten auszuhandeln. Diese Verhandlungen ind nun abgeschlossen; ein vorläufiges Ergebnis liegt or. Dieses kann uns nicht befriedigen. Denn – und dies eschreibt der Antrag der Grünen vortrefflich – die dereit vorliegende Fassung des Abkommens ist mit dem chutz der EU-Grundrechte und damit mit dem Primärcht der Europäischen Union nicht vereinbar. Augenscheinlich zeigen sowohl Bundesregierung als uch Europäische Kommission aber wenig Interesse an en vorgebrachten Bedenken von Datenschützern und ürgerrechtsparteien wie der Partei Die Linke. Dies erwundert nicht; schließlich schwebt hinter dem transtlantischen Abkommen die Einrichtung eines inneruropäischen Fluggastdatenmanagements. Übersetzt: it dem Abschluss der Verhandlungen über einen Aususch von personenbezogenen Daten von Flugpassa ieren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen nion, den USA und Australien soll der Weg bereitet erden, um zukünftig jedwede Bewegung von Personen nerhalb der EU zu registrieren, die auf das Transportittel Flugzeug zurückgreifen. Wenn Sie, meine Damen und Herren im Bundesjustiznd Bundesinnenministerium, schon nicht auf die Einände der Oppositionsfraktionen im Bundestag, die ntschließungen des Europäischen Parlamentes oder ie europäischen Datenschützer hören wollen, vielicht, ja vielleicht schenken Sie den Argumenten Ihrer igenen Institutionen und Behörden mehr Vertrauen. elbst der Juristische Dienst des Rates, also jener Instition, in der auf europäischer Ebene die Staatsund egierungschefs und Ministerinnen und Minister mitinander arbeiten, hegt erhebliche Zweifel an der rundrechtskonformität des derzeitigen Verhandlungs tandes in Bezug auf den Austausch von Flugpassagieraten. Vor allem der Eingriff des ausgehandelten Abommens in Art. 8 der EU-Grundrechtecharta, also das rundrecht auf Datenschutz, wiegt schwer. Der Juristi che Dienst der Europäischen Kommission kritisiert in einer jüngsten Stellungnahme, so wie die Linksfraktion or Monaten bereits auch, den fehlenden Nachweis der rforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit, die man Gisela Piltz gebene Reden )





(A) )

gelnde Bestimmtheit und Vorhersehbarkeit der Grund-
rechtseingriffe, die überlange Speicherdauer und die
mangelnde Kontrolle durch unabhängige Datenschutz-
beauftragte.

Auch das Bundesverfassungsgericht hat uns mit sei-
nem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung vom März 2010
klipp und klar aufgetragen, uns für die Wahrung der ver-
fassungsrechtlichen Datenschutzstandards des deut-
schen Grundgesetzes auch in internationalen Zusam-
menhängen einzusetzen.

Insofern stimmen wir dem Antrag der Grünen zu und
fordern die Bundesregierung auf, gemäß Art. 218
Abs. 11 AEUV ein Gutachten der Europäischen Union
über die Vereinbarkeit der geplanten Abkommen mit den
USA und Australien über die Weitergabe von Passagier-
daten mit dem europäischen Primärrecht einzuholen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


„Wir dürfen hier nicht sehenden Auges eine Situation
entstehen lassen, in dem die EU grundrechtswidrige Ab-
kommen abschließt.“ Mit diesem Satz habe ich Sie in der
ersten Lesung im Juni 2011 bereits um Zustimmung zu
unserem Antrag gebeten. Mit diesem Satz bitte ich Sie
noch einmal um Unterstützung unseres Antrags, mit dem
die Bundesregierung aufgefordert wird, die geplanten
Abkommen über die Weitergabe von Passagierdaten,
PNR, an die USA und Australien dem EuGH zur Prüfung
vorzulegen.

Meine Damen und Herren von der Koalition, liebe
Frau Piltz, lieber Herr Binninger, was haben Sie denn für
ein Selbstverständnis als Parlamentarier in der Regie-
rungskoalition? Die Bundesregierung enthält sich – als
einzige EU-Regierung – bei der Abstimmung über das
PNR-Abkommen mit Australien im Rat der Stimme, und
zwar aufgrund erheblicher Datenschutzbedenken. Und
was machen Sie? Sie lehnen eine Vorlage dieses Abkom-
mens und des PNR-Abkommens mit den USA zum EuGH
mit der schlichten Begründung ab, Terrorbekämpfung
sei nötig und es hätte schon einmal schlechtere Abkom-
men gegeben.

Was, meine Damen und Herren von der Koalition, ha-
ben Sie für ein Verständnis von Demokratie und Gewal-
tenteilung? Die Bundesregierung hat im Rat erhebliche
Bedenken gegen die PNR-Abkommen wegen Zweifeln an
der Rechtsgrundlage geäußert. Das heißt übersetzt: Die
Bundesregierung ist der Ansicht, dass die PNR-Abkom-
men mit den USA und Australien von den nationalen
Parlamenten, also auch vom Deutschen Bundestag, rati-
fiziert werden müssten. Die Bundesregierung konnte
sich mit dieser Auffassung im Rat aber nicht durchset-
zen. Was machen Sie? Sie akzeptieren brav wie die
Schafe auf dem Weg zur Schlachtbank, dass dem Bun-
destag hier möglicherweise Rechte vorenthalten werden,
statt sich dafür einzusetzen, dass auch diese Frage vom
EuGH in einem Gutachten geklärt wird.

Jetzt aber noch einmal zu den Inhalten, dem Kern der
Besorgnis der Grünen als Bürgerrechtspartei: Auch
wenn im Laufe der Verhandlungen mit den USA und

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Zu Protokoll ge

(C (D ustralien einzelne Verbesserungen erreicht wurden, ine ganze Reihe von Experten und Institutionen haben assive Zweifel an der Vereinbarkeit der geplanten NR-Abkommen mit den EU-Grundrechten, der Euroäischen Menschenrechtskonvention und dem deutschen rundgesetz. Ich brauche das hier nicht zu wiederholen, ie Einzelheiten wurden vielfach vorgebracht und wir aben über sie hier auch diskutiert. Die berechtigten atenschutzbedenken gegen die geplanten PNR-Abkomen lassen sich aber einfach nicht wegdiskutieren, wie an ja unschwer auch am Abstimmungsverhalten der undesregierung erkennen kann. Frau Piltz, Zweckbindung, Ausschluss grundrechtsidrigen Profilings und die Weiterleitung von Daten in nrechtsstaaten, unabhängige Datenschutzkontrolle – as sind Ihre Themen, und das sind die zentralen Kritikunkte an den PNR-Abkommen mit den USA und Austraen, geäußert nicht nur vom Juristischen Dienst der uropäischen Kommission, sondern auch vom Europäichen Datenschutzbeauftragten und führenden Expern. Im Juni dieses Jahres haben Sie an dieser Stelle ge agt, was die Fluggastdaten angeht, müsse im Sinne des echtsstaates gerettet werden, was noch zu retten ist. re Parteikollegin Frau Leutheusser-Schnarrenberger ird in der Regierung hart gekämpft haben um die Entaltung beim PNR-Abkommen mit Australien. Jetzt sind irklich einmal Sie dran mit dem Retten – und ich meine amit nicht das Retten der Koalition –: Setzen Sie sich nerhalb der Koalition durch, und nutzen Sie damit die öglichkeit, die der Vertrag über die Arbeitsweise der uropäischen Union uns gibt; die Möglichkeit, diese klatant grundrechtswidrigen Abkommen dem EuGH ur Prüfung vorzulegen, bevor sie in Kraft treten. Zu Ihnen, Herr Binninger: Sie haben im Innenauschuss gesagt, dass Parlamentarier nach Mehrheiten ntscheiden und nicht nach Gerichtsentscheidungen und ass Sie deswegen einer Grundrechtskontrolle durch en EuGH nicht zustimmen können. Da bleibt mir ja fast ie Spucke weg, wenn das Ihr Verständnis von Gewalnteilung sein sollte: Was grundrechtswidrig ist, be timmt allein das Parlament, und wenn es dann doch chiefgeht und die Sache irgendwie vor dem Bundesverssungsgericht landet, dann bringen wir die deutschen rundrechtshüter vom Verfassungsgericht halt in die uropapolitische Bredouille, indem wir sie vor die Entcheidung stellen, sich entweder für Europa oder für die rundrechte zu entscheiden? Umgekehrt wird ein Schuh draus. In seinem Urteil ur Vorratsspeicherung von Telekommunikationsverbinungsdaten hat das Bundesverfassungsgericht den Geetzgeber unmissverständlich dazu aufgefordert, sich für ie Wahrung verfassungsrechtlicher Datenschutzstanards auf europäischer und internationaler Ebene einusetzen. Wenn also allenthalben und sogar innerhalb rer Regierungskoalition Zweifel an der Grundrechts onformität bestehen, ist es Ihre Pflicht, dem nachzugeen und alle verfügbaren Mittel zu ergreifen, um das krafttreten grundrechtswidriger Abkommen zu vereiden. Noch ist es nicht zu spät: Stimmen Sie unserem ntrag zu, fordern Sie die Bundesregierung auf, die gelanten PNR-Abkommen mit Australien und den USA Jan Korte gebene Reden Dr. Konstantin von Notz dem EuGH vorzulegen. Nach der Enthaltung der Bundesregierung beim Abkommen mit Australien wäre dieser Schritt nur konsequent. Wir kommen zur Abstimmung. Der Innenausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/7676, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/6331 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenprobe! – Das sind die Fraktionen der Sozialdemokraten und des Bündnisses 90/Die Grünen sowie die Linksfraktion. Enthaltungen? – Niemand. Die Beschlussempfehlung ist angenommen. Sie werden es nicht für möglich halten, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, aber es ist so: Wir sind am Ende unserer heutigen Tagesordnung. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der CDU/CSU: Jetzt schon?)








(A) (C)


(D)(B)

Eduard Oswald (CSU):
Rede ID: ID1713940100

Wir wollen dennoch weiterarbeiten, aber nicht mehr
heute, sondern morgen.

Ich berufe somit die nächste Sitzung des Deutschen
Bundestages auf morgen, Freitag, den 11. November
2011 – ein besonderer Tag –, 9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.