Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Liebe Kolleginnen und Kol-
legen, ich begrüße Sie alle herzlich!
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Als Thema der heutigen Kabinettssitzung hat die
Bundesregierung mitgeteilt: Gesetzentwurf zur Ab-
wehr von Gefahren des internationalen Terrorismus
durch das Bundeskriminalamt.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat der Bundesminister des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
nern:
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Das Kabinett hat heute den Entwurf eines Gesetzes zur
Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus
durch das Bundeskriminalamt beschlossen. Wir setzen
damit als Gesetzentwurf um, was wir als Verfassungsge-
setzgeber in der Föderalismusreform I im Jahre 2006 in
das Grundgesetz eingefügt haben.
Abweichend von der bisherigen Ordnung unseres fö-
deralen Sicherheitssystems, in dem die Polizeien der
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Redet
Länder ausschließlich für die präventive polizeiliche Ge-
fahrenabwehr zuständig sind eine kleine Ausnahme ist
die Bundespolizei mit ihrem engen Bereich der Grenz-
kontrolle und der bahnpolizeilichen Aufgaben , soll in
Zukunft auch das Bundeskriminalamt eine Gefahrenab-
wehrbefugnis zur Abwehr von Gefahren des internatio-
nalen Terrorismus bekommen. Das war die Entscheidung
des Verfassungsgesetzgebers angesichts der schwerwie-
genden Bedrohungen durch den internationalen Terroris-
mus. Diese Entscheidung setzen wir mit diesem Gesetz-
entwurf um.
Wir haben bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfes
natürlich die Landespolizeigesetze, in denen bisher die
Aufgabe polizeilicher Gefahrenabwehr aus
geregelt wurden, zum Vorbild genommen und
was sich in den Gesetzen aller Bundesländer a
chen Instrumenten zur polizeilichen Gefahren
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Der Verfassungsgesetzgeber hat gesagt, dass es sich um
eine besonders schwere Gefahr handelt. Sonst wäre er
nicht mit Zustimmung des Bundesrates entgegen der
Ordnung unseres Grundgesetzes, dass polizeiliche Ge-
fahrenabwehr Sache der Länder und nicht des Bundes
ist, auf die Idee gekommen, zu sagen: Diese Gefahr ist
so schwerwiegend, dass auch das Bundeskriminalamt
zuständig sein muss.
Es geht nicht um Handtaschendiebstahl, sondern um
Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus.
Ein Gesetzentwurf, der die Instrumente der Landesge-
setze, die man zur Abwehr der allgemeinen Kriminalität
hat, nicht auch zur Abwehr dieser Gefahr vorsehen
würde, würde der Verantwortung einer Bundesregierung
und eines Parlaments nicht gerecht werden.
Kollege Wieland hat die nächste Frage.
Vielen Dank, Herr Bundesminister. Nach unserer Ein-
schätzung werden wir eine Art deutsches FBI bekom-
men. Einige wollen das ja. Andere behaupten, dass das
nicht stimmt. Jedenfalls wird Polizei in diesem zentralen
Bereich nicht mehr Ländersache, sondern Bundessache
sein. Die Länder dürfen mitarbeiten. Einvernehmen ist
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Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
ern:
Herr Kollege Wieland, wenn ich das richtig in Erinne-
ung habe, waren Sie einmal Mitglied einer Landesregie-
ung.
ann sollten Sie nicht völlig vergessen haben, dass nach
er Landesgesetzgebung die Landespolizeien auf der
rundlage gesetzlicher Befugnisse die Aufgabe der poli-
eilichen Gefahrenabwehr wahrnehmen; das gilt auch im
and Berlin. Wenn in grundgesetzlich geschützte Berei-
he eingegriffen wird das ist bei der Berliner Polizei
icht anders als bei der baden-württembergischen Poli-
ei, und das gilt in diesem engen Bereich der Gefahren-
bwehr in Zukunft auch für das Bundeskriminalamt ,
ann ist dafür eine richterliche Genehmigung notwen-
ig, die beantragt werden muss.
Sie haben übrigens da Sie Anwalt sind, sollte ich
hnen das eigentlich nicht erklären müssen; aber Ihre
ußerungen zeigen die Notwendigkeit, das dennoch zu
un
icht berücksichtigt, dass es einen Unterschied zwischen
trafverfolgung und Gefahrenabwehr gibt.
17422 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
Bei der Strafverfolgung hat die Staatsanwaltschaft die
Federführung; das war schon immer so. Bei der Gefah-
renabwehr muss die Staatsanwaltschaft nicht informiert
werden, auch die Bundesanwaltschaft nicht. Insofern ha-
ben Sie hier etwas verwechselt. Es wäre hilfreich, wenn
Sie das im weiteren Verlauf dieser Debatte nicht mehr
verwechseln würden. Denn sonst könnten Sie den Ein-
druck erwecken, Sie wüssten nicht genau, wovon Sie re-
den. Das wäre doch furchtbar.
Wir reden jetzt nicht über die Strafverfolgung,
sondern ausschließlich über die Gefahrenabwehr. Ich
habe gerade noch einmal nachgeschaut, was der Verfas-
sungsgesetzgeber in Art. 73 Abs. 1 Nr. 9 a des Grundge-
setzes festgelegt hat. Dort heißt es: Der Bund hat die
ausschließliche Gesetzgebung über
die Abwehr von Gefahren des internationalen Ter-
rorismus durch das Bundeskriminalpolizeiamt in
Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr
vorliegt, die Zuständigkeit einer Landespolizeibe-
hörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landes-
behörde um eine Übernahme ersucht.
Diese Vorgabe des Verfassungsgesetzgebers setzen wir
mit diesem Gesetzentwurf um. Der Verfassungsgesetz-
geber hatte sicherlich gute Gründe, das so vorzuschrei-
ben, egal wie die einzelnen Mitglieder des Bundestages
auch abgestimmt haben mögen.
Nun greifen dieselben Mechanismen, die bei der poli-
zeilichen Gefahrenabwehr im Lande Berlin und in allen
anderen Bundesländern auch bereits seit Jahrzehnten an-
gewandt werden. Somit sind alle Verdächtigungen, die
Sie hier insinuieren, im besten Fall durch mangelnde
Sorgfalt, wahrscheinlich aber da man Ihnen keine
mangelnde Sorgfalt unterstellen kann eher durch böse
Absicht zu erklären. Das ist nicht in Ordnung. Weil, Herr
Kollege Wieland, wir wirklich aufhören sollten, unsere
Bevölkerung zu verunsichern und unserer Bevölkerung
einzureden, dieser freiheitliche Rechtsstaat in den en-
gen Begrenzungen unserer Verfassung und der Hand-
lungsmöglichkeiten seiner Organe, die notwendig sind,
um Sicherheit, Freiheit und Grundrechte zu schützen
der bedrohe diese Freiheit.
Das ist eine Diffamierung, die die Institutionen unseres
Verfassungsstaates, der Bundesgesetzgeber und der Ver-
fassungsgesetzgeber nicht verdient haben und die nicht
geeignet ist, diese Freiheit zu sichern, sondern eher, sie
zu gefährden.
Herr Wieland noch einmal.
Herr Minister, dass ich unsere freiheitliche Demokra-
tie diffamiere, indem ich nach Kontrollmechanismen
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Die Sorge um die vielfältigen Eingriffsbefugnisse, die
n meiner Frage zum Ausdruck kam, habe nicht nur ich.
s geht in diesem Zusammenhang um das Polizeirecht.
llerdings muss noch nicht einmal eine Straftat vorlie-
en, und anders als in den Fällen, die Sie geschildert ha-
en, handelt es sich hierbei nicht um Ausnahmefälle,
um Beispiel um eine Geiselnahme in einem Bundes-
and, sondern um die tägliche Arbeit des BKA. Das ist
er große qualitative Unterschied.
Deswegen frage ich Sie jetzt noch einmal nach einem
etail, nämlich nach dem Schutz der Berufsgeheimnis-
räger. Lese ich Ihren Entwurf richtig, dass nach § 20 c
bs. 3 selbst Berufsgeheimnisträger im Fall von Gefahr
ür Leib und Leben einer Person oder für die Sicherheit
es Staates nicht zur Verweigerung der Auskunft berech-
igt sind und dass auch gegen Berufsgeheimnisträger
und zwar gegen alle Berufsgeheimnisträger ver-
eckte Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt werden
önnen? Wie wollen Sie das eigentlich begründen?
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
ern:
Herr Kollege Wieland, ich sage noch einmal: Wir set-
en mit diesem Gesetzentwurf den Auftrag des Verfas-
ungsgesetzgebers um. Wir müssen dem Auftrag von
rt. 73 Abs. 1 Nr. 9 a Grundgesetz entsprechend dem
undeskriminalamt die gesetzlichen Instrumente für die
bwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus
bertragen. Das ist die Entscheidung des Verfassungsge-
etzgebers.
Deswegen bleibe ich dabei, dass es nicht angemessen
st insbesondere für ein früheres Mitglied einer Lan-
esregierung, das also Erfahrung mit der gesetzlichen
rundlage polizeilicher Gefahrenabwehr haben muss ,
en Eindruck zu erwecken, als würde hier etwas Neues
eschaffen, was irgendwie in Richtung Überwachungs-
taat geht. Die Verunsicherung der Bevölkerung die in
eilen der Bevölkerung Erfolgt hat, das ist wahr, sonst
räuchten wir ja nicht darüber zu reden, die aber nicht
ngemessen ist muss aufhören! Dafür werbe ich. Ich
age das entspannt, aber mit Entschiedenheit; es geht
chließlich um wichtige Dinge.
Es ist unsere gemeinsame Verpflichtung und Auf-
abe, dafür zu sorgen, dass die rechtsstaatlich verbürgte
rdnung unseres Grundgesetzes die Polizei in die Lage
ersetzt, das notwendige Maß an Sicherheit zu gewähr-
eisten. Wenn es für die Einhaltung von Gesetzen keine
esamtstaatliche Organisation gibt, sind ausschließlich
ie Länder zuständig. Jetzt haben wir in einem schmalen
ereich eine ergänzende Zuständigkeit des Bundeskri-
inalamts. Wenn wir die nicht hätten, würde unsere Ver-
assung weniger geschützt werden. Darum geht es, und
as muss man mit der notwendigen Sorgfalt machen.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17423
)
)
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
Was das Zeugnisverweigerungsrecht bestimmter Be-
rufsgeheimnisträger angeht, nehmen wir bei unserer Ge-
setzgebung ausdrücklich Bezug auf die Regelungen des
§ 53 der Strafprozessordnung, insbesondere auf die
Rechtsprechung zu § 53 Strafprozessordnung. Insofern
schaffen wir auch hier nichts Neues, sondern knüpfen an
das an, was sich über Jahrzehnte bewährt hat und jahr-
zehntelang von niemandem in den Dunstkreis gerückt
worden ist, als wäre dies ein Staat, der nicht die Freiheit
seiner Bürger schützt.
Herr Kollege Stadler.
Herr Minister, ich bitte um Verständnis, dass wir von
der Opposition genau nachfragen. Es geht bei diesem
Gesetzentwurf ja nicht um den Bereich der Strafverfol-
gung, wo man einen klaren Anknüpfungspunkt hat, näm-
lich die begangene Straftat, die es aufzuklären gilt, son-
dern es geht um den Bereich der Gefahrenabwehr. Das
ist ein viel weiter gefasster Begriff, sodass die Gefahr,
dass Eingriffe uferlos erfolgen, sehr wohl gegeben ist.
Es ist gerade die Aufgabe des Gesetzgebers, die not-
wendigen Eingrenzungen vorzunehmen, wie beispiels-
weise im bayerischen Polizeiaufgabengesetz in Art. 11
geschehen. Die dortige Grundnorm bezieht sich auf kon-
kret bestehende Gefahren. In § 4 a Ihres Entwurfes zur
Änderung des BKA-Gesetzes ist das nicht der Fall, da
reichen abstrakte Gefahren aus. Daher müssen wir im
Hinblick auf die einzelnen Maßnahmen genau nachfra-
gen.
Ich möchte in Bezug auf das sogenannte Richterband
nachfragen. Das Bundesverfassungsgericht hat bekannt-
lich herausgearbeitet, dass es einen Kernbereich der pri-
vaten Lebensführung gibt, der sich staatlicher Überwa-
chung entzieht. Das ist die Grundposition, von der aus
man das Problem angehen muss. Nun ist es bei der Online-
durchsuchung manchmal schwierig, von vornherein zu
wissen, ob die Daten, die man gerade ermittelt, dem
Kernbereich der privaten Lebensführung zuzurechnen
sind, sodass ihre Ermittlung unzulässig ist. Deswegen
hat das Bundesverfassungsgericht bei der Onlinedurch-
suchung einen zweistufigen Schutz des Kernbereiches
der privaten Lebensführung zugelassen: dass in einer
zweiten Stufe aussortiert wird, was den Staat nichts an-
geht und unbedingt privat bleiben muss.
Wenn wir Ihren Entwurf richtig verstehen ich bitte
Sie, mir zu bestätigen, ob das so ist , wollen Sie nun
diesen zweistufigen Schutz des Kernbereichs, der eben
schwächer ist, als wenn man von vornherein gar nicht
erst in die Privatsphäre eindringen darf, auch auf den so-
genannten großen und den sogenannten kleinen Lausch-
angriff übertragen.
Meine Frage lautet daher: Sind Sie mit uns der Mei-
nung, dass sich aus der Rechtsprechung des Bundesver-
fassungsgerichts zur Onlinedurchsuchung gerade nicht
ergibt, dass die Zweistufigkeit und damit schwächere
Form des Schutzes der Privatsphäre plötzlich auch hin-
sichtlich anderer Maßnahmen gelten soll?
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Frau Kollegin Pau.
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Insofern können Sie völlig entspannt bleiben, was mich
anbetrifft.
Das bringt eine erhebliche Beruhigung in die Debatte.
Es wäre schön, wenn die Aufmerksamkeit für die Aus-
führungen des Ministers wiederhergestellt würde.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
nern:
Herr Präsident, ich versuche, die Fragen zu beantwor-
ten, soweit es mir nach den Richtlinien für die Befra-
gung der Bundesregierung möglich ist. Deswegen will
ich nochmal sagen: Der Verfassungsgesetzgeber hat die
Entscheidung, dem Bundeskriminalamt eine Gefahren-
abwehrbefugnis zu übertragen, nach meiner sicheren
Überzeugung nach sorgfältiger Erwägung getroffen. Je-
denfalls hat sie Eingang ins Grundgesetz gefunden. Wie
alle Bestimmungen des Grundgesetzes ist auch diese
verbindlich. Sie bindet Gesetzgeber und Regierung, und
wir versuchen, sie umzusetzen.
In der Tat ist es wahr, dass wir Glück gehabt haben.
Wir haben bisher auch ohne diese Regelung Anschläge
vermeiden können. Bei den Kofferbomben hatten wir
Glück, dass sie nicht funktioniert haben. Im Sauerland-
Fall haben wir unsere Aufgabe mit der EG Zeit in einer
ungeheuer aufwändigen Aktion in einem sehr bewährten
Verfahren der Kooperation bewältigt. Allerdings das
muss man gleich hinzufügen, auch wenn Sie nicht da-
nach gefragt haben wäre das ohne die vertrauensvolle
Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten
überhaupt nicht möglich gewesen.
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Das war nicht meine Entscheidung. Ich habe damit
ichts zu tun. Herr Kollege Wieland, ich versuche ge-
ade, die Frage des Kollegen Montag zu beantworten.
Wir kommen damit zu einem Bereich, den wir auch in
inem anderen Zusammenhang diskutieren. Um die Ge-
ahrenabwehr leisten zu können um mögliche Spreng-
toffanschläge verhindern zu können, wurden Ermitt-
ungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung einer
erroristischen Vereinigung eingeleitet , ist es mögli-
herweise richtig, unter den engen Vorgaben unseres
rundgesetzes entsprechende Regelungen der polizeili-
hen Gefahrenabwehr zu schaffen. Vielleicht war das ein
rund für den Verfassungsgesetzgeber, Art. 73 des
rundgesetzes um die Ziffer 9 a zu erweitern.
Frau Kollegin Jelpke.
Herr Minister, im Vorfeld des BKA-Gesetzes gab es
eftige Differenzen in der Koalition, aber auch zwischen
en Ländern. Wie ist nach dem Kabinettsbeschluss der
tand der Dinge, was diese Differenzen angeht, und in
elchen Fragen bestehen sie noch? Nach dem Beitrag
es Kollegen Edathy im Frühstücksfernsehen zum Bei-
piel hat man den Eindruck, dass der Gesetzentwurf von
er Koalition nicht einheitlich getragen wird.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
ern:
Frau Kollegin, wir befinden uns in der Regierungsbe-
ragung. Ich berichte über die Kabinettssitzung. Darin
aben wir den Gesetzentwurf, den wir intensiv erarbeitet
nd einvernehmlich vorbereitet haben, auch einver-
ehmlich beraten und beschlossen. Es gibt nicht die ge-
ingste Differenz unter den Mitgliedern der Bundes-
egierung.
Ich bitte um Nachsicht. In der Regierungsbefragung
eht es um die Berichterstattung aus der Kabinettssit-
ung. Es ist eine Frage gestellt worden, die beantwortet
urde. Wie immer ist die Beurteilung, ob man mit die-
en Antworten jeweils einverstanden ist, dem subjekti-
en Ermessen aller Beteiligten überlassen. Das ist nicht
eiter zu kommentieren.
Es gibt aber den Wunsch nach einer Frage an die Bun-
esregierung außerhalb des Themenbereichs, über den
erade berichtet worden ist. Das sollten wir im Rahmen
er wenigen noch verfügbaren Sekunden der dafür
17426 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
Präsident Dr. Norbert Lammert
vorgesehenen Zeit noch ermöglichen. Ich erteile dafür
dem Kollegen Rohde das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich frage die Bundes-
regierung: War in der Kabinettssitzung heute das
Filmförderungsgesetz ein Thema? War auch die Mög-
lichkeit, blinde und sehbehinderte Menschen mit einzu-
beziehen, Teil der Beratungen? Immerhin werden dafür
Steuermittel ausgegeben. In den vorhandenen Richt-
linien sind keinerlei Hinweise zu finden, ob Audio-
deskription, also Hörfilme, besondere Berücksichtigung
finden. Wäre die Bundesregierung gegenüber Vorschlä-
gen offen, zum Beispiel einen deutschen Filmpreis für
eine herausragende Einzelleistung Beste Audiodeskrip-
tion zu vergeben oder im Rahmen der bereitgestellten
Mittel einen Teil des Budgets für die Audiodeskription
zur Verfügung zu stellen und bei größeren Produktionen
eine verpflichtende Vorschrift und bei kleineren Produk-
tion eine Kannvorschrift zu erlassen?
Verehrter Herr Kollege Rohde, da es zunächst um die
Klärung der Frage geht, ob es überhaupt Gegenstand der
Kabinettsberatungen war,
erübrigt sich, glaube ich, im Augenblick die Spezifizie-
rung, was alles Gegenstand einer zusätzlichen Preisver-
leihung sein könnte.
Frau Staatsministerin.
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Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege, in der Tat
war das Filmförderungsgesetz Gegenstand der heutigen
Kabinettsberatungen. Wir sind einen entscheidenden
Schritt bei der Unterstützung des deutschen Films nach
vorne gekommen, der gerade in den letzten Jahren im in-
ternationalen Bereich enorm an Renommee gewonnen
hat. Zu der spezifischen Frage, ob solche Förderpreise
ausgelobt werden sollen, rege ich an, ein Gespräch mit
dem Staatsminister für Kultur und Medien zu führen.
Dann könnte ich Ihnen konkret antworten. Vielleicht
nennen Sie uns noch Förderpreiskriterien. Dann kann ich
auch darauf eingehen.
Wie zugesagt, beende ich damit den Tagesordnungs-
punkt 1, Befragung der Bundesregierung.
Die Fraktionen sind übereingekommen, heute eine
vereinbarte Debatte über das Thema Bespitzelungs-
affäre bei der Deutschen Telekom und Konsequenzen
durchzuführen. Dazu stelle ich Einvernehmen fest.
Ich rufe die soeben aufgesetzte vereinbarte Debatte
als Zusatzpunkt 1 auf:
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ch finde, so wie wir jeden Hühnerdieb oder jeden
chweren Verbrecher mit rechtsstaatlichen Mitteln über
ie staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsbehörden ver-
olgen, sollten wir das auch hier tun, um dann im Lichte
er Erkenntnisse zu prüfen, ob weitere gesetzgeberische
aßnahmen erforderlich sind.
Wenn ich sehe, wie man mit diesem Thema umgeht,
ie man geradezu beißreflexartig um neue Gesetze
eilscht,
bwohl bereits alles gesetzlich geregelt ist, zum Beispiel
m Telekommunikationsgesetz, im Datenschutzgesetz
der im Strafgesetzbuch, auch bezüglich der Sanktionen,
ie bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe gehen oder sogar
um Lizenzentzug führen, dann muss ich sagen: Natür-
ich kann man das noch zwei-, dreimal verbieten. Aber
adurch wird es nicht besser. Man kann auch hinein-
chreiben: Die Gesetze sind einzuhalten.
ber das nutzt nichts.
eswegen ist es völlig fehl am Platz, nach weiteren Ge-
etzen zu rufen.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17427
)
)
Dr. Jürgen Gehb
Viel wichtiger wäre es, vielleicht dafür Sorge zu tra-
gen, wie man die Einhaltung solcher Gesetze sicherstellt.
Das ist allerdings immer dann schwierig, wenn es um in-
dividuelles Fehlverhalten geht. Wenn ich vom Kollegen
Volker Beck höre, der beste Datenschutz sei die Daten-
armut,
dann kann ich nur sagen: Der beste Schutz vor Flug-
zeugabstürzen ist natürlich, keine Flugzeuge fliegen zu
lassen.
Wenn übermorgen oder in den nächsten Tagen in der
Charité ein Radiologe im Zusammenhang mit einer
Mammografie einer Frau sexistisch an den Busen fasst,
dann kann man auch nicht verlangen, dass die Mammo-
graie eingestellt wird.
Mit solchen Forderungen kann man den Auswüchsen
nicht begegnen.
Sie reagierten eben so empfindlich, weil der Herr In-
nenminister eine Antwort gegeben hat, die Ihnen nicht
gefallen hat.
Ich will zum Abschluss etwas dazu sagen, wie man den
Innenminister angegangen ist. Es wundert mich nicht,
wenn so etwas aus dem Mund der Linken kommt; wenn
aber der Kollege Niebel die Bemühungen des Bundes-
innenministers zur Klärung des Sachverhalts jetzt gut
zuhören! als Spitzel-Gipfel betrachtet und auch noch
sagt, wenn der Herr Bundesinnenminister einlade, werde
der Bock zum Gärtner gemacht, dann nähert er sich
langsam dem Niveau des Chefdemagogen Lafontaine,
der am Sonntag in der Sendung Anne Will gesagt hat,
wenn Herr Minister Schäuble eines Tages ins Saarland
komme und Herr Lafontaine Ministerpräsident sei, dann
werde man Herrn Schäuble vom Verfassungsschutz be-
obachten lassen.
Noch etwas anderes: Bisher war es immer so, dass die
Datenschützer den Staat als Verletzer des Datenschutzes,
als Big Brother, angesehen haben. Umso verwunderter
waren diese Herrschaften jetzt, dass es plötzlich ein pri-
vates Unternehmen ist. Obwohl diese Vorgänge zu ei-
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Wir werden aufgehoben, das ist eine andere Frage.
Jeder wartet bei einer Rede von mir auf einen lateini-
chen Ausspruch.
en will ich Ihnen nicht vorenthalten. Schon der römi-
che Poet Juvenal hat gesagt: Quis custodiet ipsos custo-
es? Das heißt: Wer überwacht eigentlich die Wäch-
er? Das müssen wir gut prüfen, auch was die Telekom
etrifft.
Herr Kollege Gehb.
Matthias Kurth, der Präsident der Bundesnetzagentur,
at heute gesagt, es werde eine Schwachstellenanalyse
urchgeführt. Die warten wir einmal ab. Wenn dann
chwachstellen gefunden werden, dann müssen wir
berlegen, wie wir die Lücken schließen.
Herzlichen Dank.
Was immer hier vorgetragen werden soll, sollte in
eutsch wie in Latein möglichst in der vorgesehenen
edezeit erfolgen.
Frau Kollegin Piltz ist die nächste Rednerin für die
DP-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir
ällt zu Ihrer Rede, Herr Gehb, eigentlich nur ein: Lieber
erlieren, als freiwillig klug werden. Wenn das die Me-
hode ist, nach der Sie hier Politik machen, dann weiß
ch nicht, wie wir das hier noch gut ein Jahr aushalten
ollen. Das war wirklich beschämend.
17428 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
Gisela Piltz
Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein. Sie,
die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie, die
Kolleginnen und Kollegen von der SPD, und Sie, die
Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, haben
den Datenschutz in diesem Hause in den vergangenen
Jahren doch eigentlich zum Abschuss freigegeben.
Das, was wir jetzt hier erleben, bei der Deutschen
Telekom, bei Lidl und bei anderen Discountern, ist auch
die erschreckende Folge einer grundrechtsfeindlichen
Politik, die Sie alle hier betrieben haben.
Deshalb ist es falsch, wenn nun Herr Kauder und Herr
Struck Herr Gehb, auch Sie haben es versucht , in sel-
tener Einmütigkeit übrigens,
behaupten, das sei alles eine Sache der Justiz und nicht
der Politik. Das ist aus meiner Sicht völlig falsch. Es ist
nämlich Sache der Politik, wenn in unserem Land
manchmal mit persönlichen Daten wie mit Freibier um-
gegangen wird. Es ist Sache der Politik, wenn die Daten-
schutzgesetze nicht mit der modernen Technik mithal-
ten. In den vergangenen zehn Jahren haben wir in
diesem Haus das haben Sie gemeinsam zu verantwor-
ten nichts, aber auch gar nichts daran geändert.
Herr Gehb, ich wünsche mir, dass gerade Sie als
CDU/CSU auch in anderen Bereichen mehr Gelassen-
heit an den Tag legen, insbesondere bei den Themen der
inneren Sicherheit. Da kann es Ihnen nicht schnell genug
gehen, da peitschen Sie hier Gesetzentwürfe durch. Das
ist Ihr Job, und daher müssen Sie sich dem hier auch
stellen.
Frau Kollegin Piltz, lassen Sie eine Zwischenfrage
des Kollegen Tauss zu?
Wenn Herr Tauss nicht dazwischenruft, sondern fragt,
immer gerne.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wenn Sie mich zu Wort kommen lassen, dann muss
ich nicht dazwischenrufen. Ich möchte zwei Dinge an-
sprechen. Verehrte Frau Kollegin, Sie haben eben darge-
stellt, dass in den letzten Jahren nichts geschehen sei.
Darf ich Sie zum einen daran erinnern, dass es beispiels-
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nd zum anderen daran, dass wir in den letzten zehn Jah-
en etwa die EU-Richtlinie zum Datenschutz umgesetzt
aben, in der es um Videoüberwachung und an verschie-
enen Stellen auch um eine Stärkung des Datenschutzes
ing? Ich wiederhole: Das ist innerhalb der letzten zehn
ahre geschehen. Darf ich Sie einfach darauf aufmerk-
am machen, dass Ihre Aussage nicht ganz korrekt war?
Herr Kollege, meine Aussagen waren völlig korrekt.
ch finde es schön, dass Sie mich indirekt auch noch be-
tätigen. Das habe ich mir von Ihnen im Deutschen Bun-
estag immer gewünscht.
ch habe nämlich gemeint, dass sowohl Rot-Grün als
uch Schwarz-Rot behaupten, in den letzten Jahren et-
as für den privaten Datenschutz getan zu haben.
anz im Gegenteil: Sie haben ein Gesetz zur Vorrats-
atenspeicherung beschlossen, nach dem alle Kommuni-
ationsdaten für die Dauer von sechs Monaten gespei-
hert werden müssen.
ie jedoch stellen sich hierhin und verkaufen das als et-
as Positives für die Bürgerinnen und Bürger!
err Tauss, ich glaube, Sie leben in einer anderen Daten-
chutzwelt als ich.
ch bin froh, dass ich in meiner lebe und nicht in Ihrer le-
en muss.
Aus meiner Sicht ist es Sache der Politik, dass sich
er Bundesinnenminister jetzt auf einmal als oberster
atenschützer der Nation aufspielt. Herr Schäuble, dazu
ann ich nur sagen: Auch Sie haben die Saat gelegt, die
ir in den letzten Monaten ernten mussten.
Interessant finde ich auch, wie die Kolleginnen und
ollegen, insbesondere der Union, damit umgehen. Herr
hl zum Beispiel hat gesagt, die Unternehmen sollten an
ine Art öffentlichen Pranger gestellt werden, damit sich
ie Kunden ein Bild über den Konzern machen können;
as sei moderne Transparenz. Ehrlich gesagt, habe ich
etzt begriffen, dass die CSU unter Menschenwürde et-
as anderes versteht als ich. Ich freue mich darauf, dass
ie bei der nächsten Verfehlung des BND Herrn Uhrlau
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17429
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Gisela Piltz
irgendwo an den Pranger stellen. Ich wünsche mir, dass
Sie sich mit der gleichen Vehemenz für die Anprange-
rung der Verfehlungen der Geheimdienste und nicht nur
der Unternehmen, in denen es um privaten Datenschutz
geht, einsetzen.
Datenmissbrauch ist kein Kavaliersdelikt. Es ist ein
Angriff auf die Menschenwürde, aus der sich das Grund-
recht auf informationelle Selbstbestimmung ableitet. Ar-
beitnehmerinnen werden in der Umkleide gefilmt. Es
wird Tagebuch darüber geführt, wie es einem geht, mit
wem man telefoniert, ob man glücklich ist oder nicht.
Videokameras nehmen alles auf. Vorstände werden in
der Telekommunikation überwacht, mit wem sie wann
gesprochen haben, wie lange und wie oft, wer ihnen eine
E-Mail geschickt hat und wie viele, wie lange sie sich
irgendwo aufgehalten haben das lässt sich dadurch he-
rausbekommen, dass man feststellt, wo das Handy ein-
geloggt war und mit welchem Journalisten sie gespro-
chen haben. Überwacht wurden nämlich auch diejenigen
am anderen Ende der Leitung: Journalisten, Kunden,
Anwälte, Bürger, Mitarbeiter. Sie? Ich? Vielleicht wir
alle? Wer weiß!
Das erinnert mich ganz persönlich an Stasimethoden,
und das nicht nur, weil dort offensichtlich Stasimitarbei-
ter eingesetzt waren. Ich finde das sehr bedenklich.
Die Grundrechte werden auch dadurch eingeschränkt,
dass sich die Menschen aufgrund der Sorge vor dieser
Überwachung überhaupt nicht mehr trauen, mit ihren
Daten offen umzugehen. Das hat uns das Bundesver-
fassungsgericht in seiner Entscheidung zur heimlichen
Onlinedurchsuchung jüngst wieder ins Stammbuch ge-
schrieben. Der Staat muss jetzt dafür Sorge tragen, dass
die Grundrechte geachtet werden, auch von der Wirt-
schaft, auch von den Arbeitgebern und auch gegenüber
Vorständen von Unternehmen. Datenschutz im nichtöf-
fentlichen Bereich ist auch Grundrechtsschutz, und das
nicht erst seit diesen Vorkommnissen.
Doch seit Jahren warten wir auf ein Datenschutz-
auditgesetz. Rot-Grün hat es nicht eingebracht, Schwarz-
Rot auch nicht. Stattdessen haben Sie die Vorratsdaten-
speicherung eingeführt Herr Tauss, das haben Sie sel-
ber eben angesprochen , erst die rot-grüne Regierung in
Brüssel, dann die schwarz-rote Regierung in Deutsch-
land.
Wenn Sie nicht wissen, wie Gesetze in Brüssel zu-
stande kommen, dann kann ich Ihnen das hier jetzt auch
nicht erklären. Sie sitzen im Bundestag; da müssen Sie
schon wissen, wie das geht.
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Stattdessen haben Sie die Fluggastdatenspeicherung
ingeführt, erst die rot-grüne Bundesregierung zusam-
en mit den USA, dann die schwarz-rote Regierung in
er EU. Sie haben faktisch das Bankgeheimnis abge-
chafft.
ie wollen eine elektronische Gesundheitskarte einfüh-
en. Sie haben auch schon elektronische Pässe eingeführt
nd wollen dies auf die Personalausweise ausdehnen.
Wer so mit den Daten von Bürgerinnen und Bürgern
mgeht, muss sich nicht wundern, wenn es Unternehmen
benfalls an der Achtung von Grundrechten fehlt.
Das entschuldigt in keiner Weise eines dieser Unter-
ehmen. Die Fraktionen von Grünen, SPD und CDU in
iesem Hause können ihre Hände aber nicht in Unschuld
aschen. Nicht einmal jetzt dämmert bei Ihnen die Er-
enntnis, dass der Datenschutz im nichtöffentlichen Be-
eich einen anderen rechtlichen Rahmen braucht. Sie ha-
en ja selber gesagt, jetzt sei die Stunde der Justiz und
icht die der Politik. Das haben Sie hier als erster Redner
ekannt. Wo bleibt denn das Datenschutzauditgesetz?
o bleibt denn die schon längst angemahnte Vorlage
um Arbeitnehmerdatenschutz? Wo bleibt der Rechts-
ahmen für RFID-Chips, die es in immer mehr Produk-
en gibt?
arum nehmen Sie nicht endlich die Bedenken der Da-
enschützer hinsichtlich der Gesundheitskarte auf?
ichts davon kann ich erkennen. Das wäre aber die Auf-
abe dieses Bundestages.
Es geht nicht nur um Gesetzesänderungen. Das, was
ei der Telekom passiert ist, verstößt schon gegen das
eltende Recht. Das ist überhaupt keine Frage. Es ist ein
kandal, dass das passiert ist, was passiert ist.
ie Verantwortlichen haben sich selbstverständlich
trafbar gemacht.
as ist gar keine Frage. Aber wir sind nicht die Justiz,
ondern die Politik. Wir müssen hier die Folgen für die
olitik diskutieren. Hier müssen Konsequenzen gezogen
erden. Das müssen Sie erkennen.
17430 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
Gisela Piltz
Diese Vorfälle zeigen nämlich überdeutlich, dass es
Handlungsbedarf gibt sowohl im Hinblick auf eine Än-
derung der grundrechtsfeindlichen Politik als auch ganz
konkreten Handlungsbedarf. Wo dieser besteht, habe ich
Ihnen eben aufgezeigt.
Daher fordere ich alle Fraktionen in diesem Hause
auf, sich intensiv um den privaten Datenschutz zu küm-
mern. Das haben Sie bisher leider nicht getan.
Zum Schluss möchte ich einen Satz zitieren, den Herr
Prantl gestern in der Süddeutschen Zeitung geschrieben
hat:
Der Datenschutz schützt nämlich nicht abstrakte
Daten, sondern konkrete Bürger.
Das sollte der Auftrag an dieses Haus sein.
Herzlichen Dank.
Michael Bürsch ist der nächste Redner für die SPD-
Fraktion.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Dies ist in der Tat ein sehr ernstes Thema, das aus mei-
ner Sicht nicht nur die Wirtschaft betrifft, sondern weit
mehr. Das Ganze betrifft uns alle, auch die Politik,
wenngleich man zu Recht sagen kann, das Problem sei
zunächst einmal in der Wirtschaft entstanden.
Ein Kollege hat schon einen Vergleich zur Spiegel-
Affäre gezogen. Da bestehen sicherlich Unterschiede.
Damals hat der Staat Missbrauch betrieben. Daraus sind
auch Konsequenzen gezogen worden, was die Rechts-
staatlichkeit beim Umgang mit Daten angeht.
Jetzt haben wir wenn man diesen Vergleich ziehen
will nicht einen Abgrund von Landesverrat, sondern
einen Abgrund von Datenverrat. Die Frage ist, wie wir
jetzt gemeinsam einen Weg finden. Vielleicht können
wir schon heute ein paar Schlussfolgerungen ziehen, die
auf der Hand liegen, Herr Kollege Gehb. Das ist keine
Hektik, sondern erfolgt nach den Motiven In der Ruhe
liegt die Kraft und Gründlichkeit vor Schnelligkeit.
Ich nenne einmal fünf Feststellungen, die man zu die-
sem Zeitpunkt schon treffen kann.
Erstens. Bei der Telekom hat es das ist auch nach ih-
ren eigenen Angaben unbestritten schwere Verstöße
gegen das Datenschutzgesetz gegeben. Die Telekom hat
sich im Bereich Datenschutz quasi zur rechtsfreien Zone
erklärt.
Zweitens. Alles spricht dafür, dass dies kein Einzel-
fall ist, sondern dass wir es womöglich mit der Spitze ei-
nes Eisbergs zu tun haben. Wir kennen den Fall Lidl.
Wir hören, dass die Bahn ebenfalls diese ominöse Berli-
ner Agentur beauftragt hat. Ich nehme auch an, es wird
beileibe nicht nur die früheren öffentlichen Unterneh-
men angehen, sondern eine ganze Reihe der 5 000 Un-
ternehmen im IT-Sektor.
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Viertens. Schon jetzt zeigt eine erste Analyse Herr
ehb, auch das hat nichts mit Hektik oder übertriebenem
ufen nach Gesetzesänderungen zu tun, wie das so be-
iebt ist, wenn irgendwo etwas schiefgeht , die man in
en ersten drei, vier oder fünf Tagen anstellen konnte,
enn man ein bisschen juristisch geübt ist:
s gibt wirklich Handlungsbedarf, den wir schon jetzt
estmachen können. Darüber, was im Einzelnen notwen-
ig ist, werden wir uns verständigen müssen.
Die fünfte Feststellung: Es gilt der Grundsatz genauer
etrachtung. Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte
üssen ihre Arbeit machen. Angesichts des politischen
chadens, der schon jetzt eingetreten ist, des riesigen
ertrauensschadens, den die Telekom mit ihrem Verhal-
en auch uns in der Politik zugefügt hat, können wir aber
icht zwei Jahre warten, bis ein Gericht entschieden hat,
ondern müssen klären: Was müssen wir schon jetzt ins
uge fassen? Wofür müssen wir gemeinsam Lösungen
inden?
In Bezug auf Handlungsempfehlungen möchte ich drei-
rlei sagen. Ausgangspunkt ist: Was ist überhaupt pas-
iert? Das ist keine Spökenkiekerei oder Kaffeesatzlese-
ei; offensichtlich steht fest: Begonnen haben die
chweren kriminellen Handlungen, über die wir hier re-
en, am 20. Januar 2005, als im Vorstand der Telekom
um wiederholten Male Klage darüber geführt wurde:
arum gibt es alle möglichen Indiskretionen? Warum
ehen Informationen raus? Dann hat der Vorstand oder
er Vorstandschef offensichtlich gesagt: Das muss sich
ndern. Das ist auf die Arbeitsebene delegiert worden
ach dem Motto: Ich weiß von nichts. Es gibt keine
chriftliche Anweisung. Aber das Problem muss gelöst
erden. Dann kommt am Ende eine Agentur in Berlin
ns Spiel, die sich in einem noch rechtsfreieren Raum be-
egt als vielleicht die untere Ebene, die Arbeitsebene
er Telekom.
Das ist insofern nicht eine kriminelle Handlung eines
elekom-Mitarbeiters. Wenn man dies unterstellt, wird
an sagen müssen: Es steckt dahinter doch System, das
ir so wirklich nicht bestehen lassen dürfen. Es kann
icht sein, dass man sich für dumm erklärt und sagt: Es
oll alles legal sein, aber die Ausführung soll Ergebnisse
iefern.
Daraus erwachsen schon jetzt, finde ich, Handlungs-
mpfehlungen, erstens im Bereich Sanktionen. Wenn
an genau hinschaut, wie die Sanktionen im Bereich des
atenschutzes aussehen, dann stellt man fest: Sie sind
darauf ist schon hingewiesen worden unzulänglich.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17431
)
)
Dr. Michael Bürsch
Bei uns gibt es die überaus bescheidene Summe von
300 000 Euro, wenn es um Verletzung von Datenschutz-
regeln geht. Da ist ein Land wie Griechenland wesent-
lich weiter als wir. Da gab es gegen die Firma Vodafone
Verfahren vergleichbarer Art. Die Summen, um die es
dabei ging, waren 19 Millionen Euro in dem einen Fall
und 35 Millionen Euro in dem anderen Fall. Das zahlt
man nicht aus der Portokasse. Das tut weh. Insofern
steckt in der Sanktion wahrscheinlich auch ein didakti-
scher Wert.
Ein näherer Blick in die Gesetze zeigt, dass der wirk-
lich harte Tatbestand des § 206 Strafgesetzbuch Verlet-
zung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses höchst-
wahrscheinlich für die Telekom selbst gilt, aber
wahrscheinlich nicht für die Dienstleister, für diesen
grauen Wirtschaftszweig, der sich da entwickelt hat, der
Arbeiten übernimmt, von denen am Ende niemand wis-
sen will, wie etwas zustande gekommen ist; Hauptsache,
es gibt Ergebnisse. Diese Branche, die offenbar ein
aufblühender Zweig im Wirtschaftsleben ist, hat keine
Regeln, jedenfalls keine harten Regeln, die die Verlet-
zung des Fernmeldegeheimnisses betreffen. Sonst exis-
tiert ja immerhin die hohe Strafandrohung von bis zu
fünf Jahren Freiheitsstrafe.
Es gilt also, sich mit der Frage zu befassen: Kann man
an den Sanktionen etwas ändern?
Zweitens. Eine Frage ist meines Erachtens in den letz-
ten Tagen noch viel zu wenig thematisiert worden, näm-
lich: Wie können wir Kontrolle verbessern und verstärken?
Ihre bisherige Vorgehensweise, verehrter Innenminister,
ist in einer Zeitung, wie ich finde, sehr schön zusammen-
gefasst worden. Es hieß, Sie hätten das Lenin-Prinzip of-
fenbar umgedreht: Kontrolle ist gut das müssen wir
vielleicht auch leisten , aber Vertrauen in die Selbsthei-
lung ist besser. Das wird nicht funktionieren.
Deshalb werbe ich dafür, dass wir die Andockstel-
len kann man schon jetzt finden die Kontrollmöglich-
keiten verbessern, dem Datenschutzbeauftragten deut-
lich verbesserte Möglichkeiten geben,
der Regulierungsbehörde deutlich bessere Kontrollmög-
lichkeiten geben. Auch die Datenschutzaufsicht muss
verbessert werden.
Drittens. Es muss ferner diskutiert werden die
Durchführung ist dann allerdings nicht unsere Angele-
genheit , was der betriebliche Datenschutz kann und
darf. Offensichtlich ist das eine bisher relativ schwach
ausgebildete Institution. Das zeigt sich auch bei allem,
was in der Telekom wohl stattgefunden hat. Man kann
schon jetzt sagen: Der Datenschutzbeauftragte ist bei all
den Dingen, die seit 2005/2006 intensiv gelaufen sind,
und selbst bei der Aufklärung dessen, was ja offensicht-
lich schon länger als April/Mai dieses Jahres läuft, nicht
beteiligt gewesen. Daran wird deutlich: Der Daten-
schutzbeauftragte ist eher ein zahnloser Tiger, auch
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Zurück zur Telekom. Von einer Affäre ist die Rede.
Ich finde, so schreibt man einen Skandal klein. Nach
Lage der Dinge geht es nämlich um Verfassungsbruch,
und zwar mit Vorsatz und mindestens dreifach: Persön-
lichkeitsrechte wurden ausgehebelt, das Post- und Fern-
meldegeheimnis wurde gebrochen, und die Pressefrei-
heit wurde attackiert. Umso erstaunter vernahm ich die
ersten Reaktionen der Bundesregierung: Die Telekom
und weitere Telekommunikationsunternehmen sollten
nach Berlin kommen und eine Selbstverpflichtung abge-
ben. Ja, was sollten diese denn sagen? Wir wollen das
Grundgesetz wieder lieb haben oder Ähnliches? Oder
worum sollte es bei dieser Selbstverpflichtung gehen?
Das ist doch Bundeskabarett der schlechtesten Art.
Inzwischen wurden weitere Stellungnahmen ausge-
tauscht. Von krimineller Energie ist die Rede und vom
berühmten Einzelfall. Aufklärung wird gefordert und
vor Schnellschüssen gewarnt. Die einen wollen schär-
fere Gesetze, andere wollen härtere Strafen. Wieder an-
dere fordern mehr Datenschutzkontrollen. Das mag alles
sinnvoll sein;
aber Kollege Gehb, in der Sache gebe ich Ihnen recht
das geht am eigentlichen Problem vorbei.
Der Datenschutzbeauftragte des Bundes, Peter Schaar,
hat übrigens vorgestern gesagt, er habe fünf Mitarbeiter
für 5 000 Telekommunikationsunternehmen. Er hat also
gar keine Chance, großflächig zu kontrollieren. Folglich
ist die Gefahr, beim Datenmissbrauch erwischt zu wer-
den, sehr klein.
Sie wäre übrigens kaum größer, wenn Schaar 50 Mit-
arbeiter hätte, die sich um die Telekommunikationsbe-
triebe kümmern. Ich möchte Ihnen dazu eine kleine Rech-
nung präsentieren: Nehmen wir einmal an, an einem Tag
telefonieren in Deutschland nur 50 Millionen Bürgerin-
nen und Bürger, und zwar nur einmal. Sie schicken zudem
je eine SMS und eine E-Mail ab. Wenn man Absender
und Empfänger addiert, fallen so an einem einzigen Tag
300 Millionen Sätze mit Verbindungsdaten an. Diese
wiederum sollen nun laut Gesetz für ein halbes Jahr auf
Vorrat gespeichert werden. Das heißt, binnen dieses hal-
ben Jahres kommen somit rund 60 Milliarden Datensätze
zusammen.
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n Wirklichkeit sind es dreimal so viel. Aber allein diese
ahl 60 Milliarden sollte uns ein Gefühl dafür geben:
as alles ist nicht mehr kontrollierbar. Das eigentliche
roblem ist daher nicht der Missbrauch, sondern die
orratsdatenspeicherung selbst, und deshalb muss sie
om Tisch.
enn je mehr Daten erfasst werden, umso größer ist die
efahr, dass alles aus dem Ruder läuft.
Der einzig sichere Datenschutz ist und bleibt die Ver-
eidung von Daten.
it der Vorratsdatenspeicherung haben sich die Union
nd die SPD für das Gegenteil entschieden. So wachsen
ie Datenberge, und niemand darf sich wundern, wenn
araus auch kriminelle Begehrlichkeiten wachsen. Nein,
ine falsche Politik ist der Kern des Telekom-Skandals.
Nun habe ich sehr wohl den Einwand des Kollegen
osbach und anderer gehört, die Telekom habe die Da-
en missbraucht, bevor die Vorratsdatenspeicherung zur
flicht wurde. Natürlich weiß ich auch, dass bereits vor-
em Verbindungsdaten gespeichert wurden,
nter anderem, weil die Telekom-Kunden natürlich ein
echt auf eine transparente Rechnung haben.
ber dieser geschäftliche Speichergrund entfällt im Zeit-
lter der Flatrate immer mehr. Umso mehr wäre die ei-
entlich spannende Frage: Wie kann man die Speiche-
ung persönlicher Kommunikationsdaten minimieren,
tatt sie zu maximieren?
ie Koalition hat sich mit der Vorratsdatenspeicherung
ürs Maximieren entschieden. Das ist das Gegenteil von
ürger- und Datenschutz.
Die Koalition hat damit noch ein zweites Signal ge-
etzt, nämlich: Wir brauchen möglichst alles über jeden.
echtsstaatlich das habe ich schon damals in der De-
atte hier gesagt rütteln Sie damit an der Unschulds-
ermutung, weil auf diese Weise unterstellt wird, jede
nd jeder ist ein potenzieller Krimineller oder Terrorist.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17433
)
)
Petra Pau
Auch Lidl hat übrigens so argumentiert: Alle sind poten-
zielle Ladendiebe; also wurden alle überwacht.
Genauso war auch die Denkweise bei der Telekom:
Im Zweifelsfall hat der Datenschutz zu weichen, allemal,
wenn es ums eigene Geschäft geht. Das ist letztlich die-
selbe Haltung, die immer wieder in Äußerungen der
Unionsparteien, aber auch anderer zu finden ist, nämlich
wenn sie behaupten, dass Datenschutz eigentlich Täter-
schutz sei. Denn so legitimiert man Datenmissbrauch.
Datenschutz ist aber kein Täterschutz, sondern Persön-
lichkeitsschutz. Das hat das Bundesverfassungsgericht
mehrfach bekräftigt. Wenn es seiner eigenen Rechtspre-
chung treu bleibt, dann wird auch die Vorratsdatenspei-
cherung keinen Bestand haben.
Über 30 000 Bürgerinnen und Bürger haben in Karlsruhe
inzwischen dagegen geklagt. Auch ich gehöre zur Kla-
gegemeinschaft.
Es geht im Übrigen aber um noch mehr. Im sogenann-
ten Volkszählungsurteil hatte das Bundesverfassungsge-
richt betont: Bürgerinnen und Bürger, die nicht mehr
wissen oder nicht mehr wissen können, wer was über sie
weiß, sind nicht mehr souverän. Und wer nicht mehr
souverän ist, kann auch kein Souverän sein. Eine Demo-
kratie ohne Souveräne aber ist undenkbar.
So urteilte das Bundesverfassungsgericht bereits vor
25 Jahren. Wer den Datenschutz aushöhlt, untergräbt die
Demokratie. Das war die mahnende Botschaft. Sie gilt
heute mehr denn je; denn noch nie war das technische
Überwachungspotenzial so groß wie heute im Zeitalter
der Handys, des Internets und der allgegenwärtigen
Videokameras.
Deshalb fordert die Linke auch: Wir brauchen endlich
ein neues und modernes Datenschutzrecht.
Das alte Datenschutzrecht folgt noch häufig den Spielre-
geln der Zeit, da mit dem Bleistift geschrieben und das
Dampfradio gehört wurde. Heute sind wir im 21. Jahr-
hundert, im Internet-Zeitalter. Es ist also höchste Zeit,
den Datenschutz den neuen Bedingungen anzupassen.
Unter diesen Bedingungen heißt Datenschutz für
mich übrigens nicht, rechtsstaatlich zu regeln, wie Daten
erfasst, gehortet und gehandelt werden können. Im Ge-
genteil: Moderner Datenschutz verlangt, rechtsstaatlich
zu regeln, wie das Erfassen, Horten und Handeln von
persönlichen Daten grundsätzlich minimiert werden
kann. Das wäre eine verantwortungsvolle Aufgabe des
Bundestages. Stattdessen werden immer mehr persönli-
che Daten erhoben und via EU und USA ins unkontrol-
lierbare Nirwana verschickt. Dagegen ist der Telekom-
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Der leichtfertige und gefährliche Umgang mit persön-
ichen Daten von Staats wegen und in der Wirtschaft hat
eider eine Entsprechung in der Bevölkerung. Noch nie
urde so leichtsinnig mit den eigenen Daten umgegan-
en wie heute. Prüfe jede und jeder selbst, wie viele Pay-
ards er oder sie in Erwartung von Rabatten oder ande-
en Vorteilen mit sich herumträgt.
Löblich, Herr Kollege.
Es wäre also eine wichtige Aufgabe der Politik
nicht nur von uns beiden, Kollege Tauss , viel mehr
ber die Risiken und Nebenwirkungen dieser Karten und
er gedankenlosen Datenherausgabe und -weitergabe
ufzuklären.
ie Bundespolitik aber setzt das gegenteilige Signal.
enn sie suggeriert, gegenüber der Sicherheit und für
chnäppchen sei der Datenschutz zweitrangig. Das kann
icht gut gehen, weil damit die Demokratie nicht repa-
ierbar aufs Spiel gesetzt wird.
Deshalb habe ich am Anfang der Woche gesagt: Der
elekom-Skandal ist ein Glücksfall; denn er kann erhel-
en,
elche Gefahren lauern, wenn wir dem Datenschutz
icht endlich den Stellenwert einräumen, der ihm zu-
ommt.
avon sind wir aber weit entfernt. Also wünsche ich mir
twas weniger Empörung über die Telekom und dafür et-
as mehr bundespolitische Verantwortung insgesamt für
en Datenschutz und die Bürgerrechte.
Abschließend: Es ist höchste Zeit für eine neue Bür-
errechtsbewegung. Sie beginnt rund um den Arbeits-
reis Vorratsdatenspeicherung. Dieser hatte sich am ver-
angenen Wochenende bundesweit mit dezentralen
ktionstagen zu Wort gemeldet. Er folgt der Erkenntnis,
ie ich hier unterstreichen will: Der beste Verfassungs-
chutz sind noch immer agile Bürgerinnen und Bürger.
as war so, und das bleibt so.
17434 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die
Kollegin Renate Künast das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eines
dürfen wir nicht vergessen: Es ist eine Frage der Grund-
einstellung, wie wir mit den Daten der Bürgerinnen und
Bürger umgehen. Ist es eigentlich so, wie Herr Schäuble
es sieht, nämlich dass alle Bürgerinnen und Bürger po-
tenziell Verdächtige sind? Oder gibt es ein Grundrecht
auf Privatheit und ein Selbstbestimmungsrecht bei den
eigenen Daten? Genau darum geht die heutige Debatte.
Die Auffassung von Herrn Schäuble führt eben dazu,
dass alles über jeden und das möglichst lange gespei-
chert wird. An der Stelle kann ich Ihnen nur sagen: Wer
das tut, schafft Gelegenheit, und Gelegenheit macht
Diebe.
Wir haben, wenn wir uns das jetzt einmal genauer an-
sehen, lange Zeit damit zu kämpfen gehabt, dass immer
gesagt wurde, der Datenschutz sei so eine Art lästiges
Hindernis bei der Verbrechensbekämpfung. An dieser
Stelle sehen wir, dass der Datenschutz gar nicht hoch ge-
nug bewertet werden kann in dieser digitalen Welt, in
der Sie mit jeder Karte, die Sie haben, und mit jeder In-
formation, die Sie an Behörden und an die Wirtschaft ge-
ben, einen Beitrag dazu leisten, dass Ihre persönlichen
Daten einmal rund um den Globus gehen. Angesichts
dessen, dass so etwas bei der Telekom trotz toller Auf-
sicht über Jahre geschehen kann, dass Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter von Lidl ausgeforscht und gefilmt wer-
den und möglicherweise die Deutsche Bahn unter Bun-
desbeteiligung ihre Kritiker ausspäht auch das wäre
aufzuklären , kann man nur eines sagen: Wir müssen
das Grundrecht auf Privatheit hochhalten und es in das
Grundgesetz aufnehmen.
Wir müssen dafür sorgen, dass möglichst wenige Daten
erhoben werden nur diejenigen, die nötig sind, und für
die Dauer, für die dies nötig ist.
Da kommen wir aber zu einem anderen Ergebnis,
selbst ohne Mammografie, Herr Gehb.
Ich sage Ihnen an dieser Stelle ganz klar: Die Regie-
rung streut uns Sand in die Augen. Sie lenken von dem
Datenmissbrauch bei der Telekom und den Ursachen da-
für ab, indem Sie auf der einen Seite verstärkte Sanktio-
nen fordern. Auf der anderen Seite wollen Sie mit frei-
willigen Selbstverpflichtungen arbeiten. Das reicht mir
aber nicht.
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Ich frage mich angesichts der Placeboeinladung, die
err Schäuble an die entsprechenden Unternehmen aus-
esprochen hat, was der Sinn dieser Einladung war. Wa-
um haben Sie, Herr Schäuble, sie nicht früher eingela-
en? Ihre Aufgabe ist doch die Aufsicht der Unternehmen
eim Umgang mit Daten. Da ist doch vorher etwas schief-
elaufen; darauf will ich zurückkommen. Ich sage Ihnen
anz klar: Es hat vorher einen Mangel an Kontrolle und
ine zu große Datensammelwut gegeben. Genau das
uss man abstellen.
Ihre Einladung wirkt ungefähr so: Nachdem es eine
llgemeine Empörung über Lidl, die Telekom und mög-
icherweise die Bahn gibt, wird Herr Schäuble jetzt vom
ehementen Datennutzer zu einer Art Wolf im Schafs-
elz.
Gegen Grimms Märchen können Sie nichts haben.
err Minister, Sie waren es doch, der das Gesetz zur
orratsdatenspeicherung gemacht hat, das die Telekom
uasi zur Schatzhüterin der Verbindungsdaten von Bür-
erinnen und Bürgern gemacht hat. Ich sage Ihnen: Die-
es Gesetz wird künftig dazu führen, dass Sie ungeheure
atenberge haben werden noch mehr, als Frau Pau es
orgerechnet hat. Mit jeder weiteren Information und
erbindung, die gespeichert werden, wird die Miss-
rauchsgefahr ganz stark steigen.
Herr Schäuble, Sie haben uns hier vorgemacht, dass
s eine Art Heiligenschrein gebe, in dem Millionen von
erbindungsdaten lagern, und nur auserlesene Hohe-
riester hätten jemals wieder Zugang zu diesen Daten.
ie wollen Sie eigentlich damit umgehen, dass es diese
nzuverlässigkeit gegeben hat? Ich glaube, damit ist
hre Argumentation wie ein Kartenhaus zusammengefal-
en. Ich sage Ihnen: Die Vorratsdatenspeicherung muss
eg; denn sie ist eine Gelegenheit für Diebe.
ir leben in einer digitalen Welt. Dabei ist eine Leitlinie
ie richtige, nämlich die, Datenarmut herzustellen. Mög-
ichst wenige Daten zu erheben und zu speichern, ist die
este Prävention.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17435
)
)
Renate Künast
Herr Schäuble, wir alle wissen, dass das Bundesver-
fassungsgericht die Anwendung der Vorratsdatenspei-
cherung mit einer einstweiligen Anordnung beschränkt
hat. Lassen Sie uns nach dem Onlineurteil nicht auf die
nächste Ohrfeige aus Karlsruhe warten! Legen Sie an
dieser Stelle nicht weiter Hand an die Sicherheitsarchi-
tektur, sondern sorgen Sie dafür, dass wir diese Daten
nicht erheben!
Ich will Ihnen sagen, warum wir als Grüne dieses
große Misstrauen hegen. Ich stelle mir das bildlich vor:
Telekom-Mitarbeiter wenden sich an einen Dienstleister
und vergeben dort Aufträge in sechsstelliger Höhe. Kei-
ner der Beteiligten hatte offensichtlich die Sorge, dass es
irgendwelche Kontrollen gibt und dass das Ganze auf-
fliegt.
Jetzt liest Herr Schäuble tatsächlich Herrn van Essen
seine SMS vor.
Die Nummer ist gut. Das ist ein interessanter Fall von
Datenweitergabe.
Herr Schäuble, 3 000 Bürgerbeschwerden gingen
2007 beim Bundesdatenschutzbeauftragten ein, doppelt
so viele wie noch vor Jahren. Was tun Sie eigentlich, um
den Bundesdatenschutzbeauftragten mit entsprechendem
Personal auszustatten? Was tun Sie dafür, dass es so et-
was wie Protokolle über den Zugriff auf Daten bei den
Telekommunikationsfirmen gibt? Was tun Sie dafür,
dass es wirklich eine effiziente und effektive Kontrolle
gibt? Auch da haben Sie versagt.
Datenmissbrauch ist kein Kavaliersdelikt. Wir haben
ein Recht auf Privatheit. Dies muss im Grundgesetz fest-
gelegt werden. Der erste Schritt dazu ist: Weg mit der
Vorratsdatenspeicherung. Nur Aufräumen hilft hier
nichts.
Für die Bundesregierung hat nun der Bundesminister
des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble, das Wort.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
nern:
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau
Kollegin Künast, da Transparenz ein Mittel ist, um die
schwierige Frage zu beantworten: Wie können wir den
Notwendigkeiten des Schutzes von Grundrechten im
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ie das meiste, was Sie gesagt haben, war auch das Zi-
at falsch.
Ich will Ihnen aber sagen, was richtig ist. Es stammt
us Matthäus 7, Vers 15. Darin wird vor falschen Pro-
heten gewarnt, die im Schafspelz daherkommen und in-
endig reißende Wölfe sind.
o ist es. Genau so sind Sie mir gerade ein wenig vorge-
ommen.
Die Richtlinie der Europäischen Union, die umzuset-
en die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist
wir haben das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung
icht aus Jux und Tollerei gemacht, sondern weil das
orgaben einer Richtlinie der Europäischen Union sind ,
tammt vom 15. März 2006. Solche Richtlinien werden
icht als Schnellschüsse vorgelegt; da gibt es eine lange
orbereitung. Das heißt, sie ist schon zu der Zeit, als
rau Künast ehrenwertes Mitglied der Bundesregierung
ar, erarbeitet, vorbereitet und zur Entscheidung ge-
racht worden. Reden Sie doch nicht falsch Zeugnis ge-
enüber Ihrer eigenen Vergangenheit!
Eine weitere Bemerkung,
nabhängig von dem konkreten Fall, der sehr schlimm
st. Herr Kollege Bürsch, in der Tat habe ich in dieser
oche erklärt: Der Satz Vertrauen ist gut, Kontrolle ist
esser ist gefährlich. Ich finde schon, dass eine frei-
eitliche Ordnung ich habe das nicht im Zusammen-
ang mit dem Datenschutz gesagt, sondern das grund-
ätzlich gemeint auch auf Vertrauen beruht. Wenn alles
ur mit Kontrolle geht, kommen wir zu einem totalen
berwachungsstaat.
17436 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
Ich habe Ihnen auch zugehört. Ich versuche gerade, zu
erklären, warum ich diesen Satz gesagt habe. Freiheitli-
che Verfassungen leben von Voraussetzungen, die sie
selber nicht so leicht gewährleisten können. Dazu gehört
ein hinreichendes Maß an Vertrauen. Deswegen ist der
Schaden so groß, wenn das Vertrauen gerade auch durch
Verantwortungsträger und Eliten verletzt wird.
Wir haben Gesetze. Wo Menschen sind, wird gegen
Gesetze auch verstoßen. Frau Kollegin Piltz hat zu Recht
aus der Bibel zitiert: Wer unter Euch ohne Sünde ist,
werfe den ersten Stein. Frau Kollegin, Sie haben nur
den Fehler gemacht, anschließend Steine zu werfen.
Sind Sie sich wirklich sicher, dass Sie ohne Sünde
sind? Ich fürchte, nein, Frau Kollegin Piltz, Sie kommen
mir nämlich ziemlich menschlich vor.
Nein, ich greife nur Ihr Zitat auf. Der Sinn einer De-
batte besteht doch darin, dass man auf das eingeht, was
zuvor gesagt worden ist. Sonst macht eine Debatte
schließlich keinen Sinn. Auch das ist ein Teil von Kom-
munikation.
Ich möchte folgende Bemerkung machen, weil das in
der Debatte bisher noch nicht gesagt worden ist: Für die
Kontrolle der Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestim-
mungen ist nicht nur und nicht in erster Linie der Bun-
desbeauftragte für den Datenschutz zuständig;
da wären seine fünf Mitarbeiter völlig überfordert. Der
Vollzug der Gesetze ist gemäß Grundgesetz in der Regel
Sache der Länder. Die Bundesländer sind für die Einhal-
tung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen zustän-
dig. Es gibt Verwaltungseinrichtungen, die versuchen,
die Einhaltung dieser Bestimmungen zu gewährleisten.
Trotzdem wird dagegen verstoßen.
Dieser Fall muss uns natürlich Anlass geben, darüber
nachzudenken, was man daraus lernen kann. Ich finde,
es war richtig, dass der Staatssekretär im Bundesministe-
rium des Innern, Dr. Beus, nach Bekanntwerden des Vor-
falls in der vergangenen Woche die Vertreter der Bran-
che zu einem Treffen eingeladen hat. Es ist gut, mit den
betroffenen Verbänden und Unternehmen das sind die,
die es am besten wissen müssten darüber zu reden, was
man tun kann, um die Wahrscheinlichkeit, dass gegen
solche Gesetze verstoßen wird, zu verringern. Ich kann
verstehen, dass manche Unternehmen gesagt haben, dass
sie im Augenblick nicht gemeinsam mit diesem Unter-
nehmen auftreten möchten, sich lieber fernhalten. Es
bleibt ihnen allerdings nicht erspart, sich im Sinne einer
sachkundigen Beratung Gedanken darüber zu machen,
welche Konsequenzen zu ziehen sind. Kollege Bürsch,
wir müssen Konsequenzen ziehen. Es liegt viel Arbeit
vor uns.
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rotzdem gibt es Probleme, an deren Lösung wir jeden
ag arbeiten. Herr Kollege Beck, ich rede ernsthaft
ber wirklich grundlegende Probleme.
Mobilität ist auch Kommunikation und Kommunika-
ion zwischen Menschen.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17437
)
)
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
Wir kommunizieren ja auch, manchmal fröhlich und
manchmal ernst. Auf jeden Fall bemühen wir uns.
Infolge von mehr Kommunikation entstehen mehr Da-
ten. Demnächst werden wir vielleicht eine Debatte da-
rüber führen, ob sichergestellt ist, dass die Banken mit
den Daten vernünftig umgehen. Die Daten sind notwen-
dig, damit Sie wissen, wie viel Geld Sie auf Ihrem Konto
haben und wer darauf zugreift. Als Innenminister muss
ich sicherstellen das ist meine, aber auch Ihre Auf-
gabe , dass niemand auf Ihr Konto zugreift, der dazu
nicht befugt ist. Deswegen muss ich Ihnen beispielsweise
eine sichere Identifizierung ermöglichen. Auf der ande-
ren Seite wird dann wiederum die Sorge geäußert, ob das
nicht übertrieben ist. Das ist ein Zielkonflikt, den wir
aushalten müssen.
Wir sollten es uns nicht zu leicht machen. Wir sollten
aber auch keine Debatte führen, die in der Öffentlichkeit
Verunsicherung erzeugt. Sonst beklagen wir diese an-
schließend und machen uns gegenseitig einen Vorwurf
daraus.
Natürlich ist es in der Menschheitsgeschichte wir
haben die Bibel schon viel zitiert: seit Adam und Eva
und der Vertreibung aus dem Paradies schon immer so
gewesen, dass jeder Fortschritt ambivalent ist. Er ist
Fluch und Segen zugleich. Der technische Fortschritt ist
ein großes Glück. Wir arbeiten daran, wir setzen auf For-
schung und Innovation. Anders werden wir unseren
Platz in der globalisierten Welt nicht behalten können.
Aber wir müssen verantwortlich damit umgehen. Ängste
zu schüren, wird uns nicht in die Lage versetzen, verant-
wortlich Schlussfolgerungen zu ziehen und immer wie-
der aus auch schmerzlichen Erfahrungen zu lernen.
Die offene Gesellschaft beruht auf dem Wissen, dass
Fehler geschehen, aber auch auf der Bereitschaft, aus
Fehlern zu lernen, sie zu korrigieren und immer wieder
neu darüber zu diskutieren. Aber das Prinzip, Debatten
nach dem oberflächlichen Regelwerk von Political Cor-
rectness zu tabuisieren, bewirkt keinen Fortschritt, keine
Sicherheit, von Grundrechten nicht und auch nicht von
menschlicher Freiheit. Deswegen werbe ich für eine ta-
bufreie Debatte, die sensibel ist und keine Ängste schürt,
sondern unsere Verantwortung als Mitglieder des höchs-
ten Verfassungsorgans ernst nimmt.
Herr Minister, gestatten Sie am Ende Ihrer Redezeit
noch eine Zwischenfrage des Kollegen Bürsch?
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-
nern:
Wenn Sie, Frau Präsidentin, am Ende der Redezeit
noch eine Zwischenfrage ermöglichen, dann gerne.
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Um die Chance, die Sie mir durch Ihre Zwischenfrage
mit der Genehmigung der Präsidentin eröffnet haben,
icht exzessiv zu nutzen, sage ich nur Folgendes: Der
undesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Schaar, hat
esagt, und zwar öffentlich, wir hätten zurzeit endlich
ieder einen Innenminister, dem der Datenschutz wich-
ig sei, bei seinen Vorgängern sei das nicht der Fall ge-
esen.
Herzlichen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Jörg van Essen für
ie FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
s hat mich natürlich gefreut, dass engagierte Christen
n der FDP den Christdemokraten Nachhilfe in Bibel-
enntnis geben konnten. Das nur als Bemerkung vor-
eg.
Ich glaube, dass die Diskussion der letzten Tage, aber
uch der letzten Monate über die Fälle Lidl und jetzt Te-
ekom zeigt, dass wir beim Datenschutz möglicherweise
inen Bereich vernachlässigt haben, der wieder in den
17438 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
Jörg van Essen
Fokus gehört, nämlich die Datennutzung durch Private.
Wir führen intensive Debatten über die Datennutzung
durch den Staat. Es gibt heftige Debatten darüber, ob Ka-
meras auf Bahnhöfen aufgebaut werden dürfen und wie
lange die Aufnahmen gespeichert werden. Wir nehmen
es als ganz selbstverständlich hin, dass wir jedes Mal
dann, wenn wir tanken, gefilmt werden. Es interessiert
uns überhaupt nicht, was mit diesen Aufnahmen ge-
schieht, welche Zeitspanne aufgenommen wird und wie
lange die Aufnahme gespeichert wird.
Ich glaube, eine der Lehren aus den letzten Tagen ist,
dass wir uns dem Datenschutz im privaten Bereich wie-
der sehr viel intensiver widmen müssen.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat dazu einen ganz her-
vorragenden Antrag eingebracht. Ich erhoffe mir, dass
wir dazu im Bundestag eine sachliche Debatte führen
werden.
Herr Kollege Bürsch, Sie haben in diesem Zusam-
menhang einige Vorschläge gemacht, die meine aus-
drückliche Zustimmung finden. Mir hat Ihre Rede von
den vielen Reden, die wir bisher gehört haben, ganz be-
sonders gut gefallen. Ich glaube, dass es sich lohnt, über
Ihre Vorschläge nachzudenken.
Ich habe wie Sie das Gefühl, dass wir im Bereich der
Sanktionen nachsteuern müssen. Wenn es tatsächlich so
ist, dass die beauftragten Firmen strafrechtlich nichts zu
befürchten haben das haben Sie gesagt, und das ist
auch mein Gefühl , dann müssen wir dieses Thema
selbstverständlich auf die Tagesordnung setzen. Ich
glaube auch, Sie haben zu Recht vorgetragen, dass wir
die Ausstattung im Bereich des Datenschutzes, insbe-
sondere die der Datenschützer, verbessern müssen.
In einem Punkt bin ich völlig anderer Auffassung als
Frau Künast.
Es war wieder einmal typisch, dass die Grünen an dieser
Stelle nur nach dem Staat rufen. Ich hingegen teile die
Auffassung des Innenministers, dass hier zunächst ein-
mal die Unternehmen Verantwortung tragen. Ein Unter-
nehmen wie die Telekom steht zunächst einmal selbst in
der Verantwortung,
dafür zu sorgen, dass es sauber ist bzw. dass die Konse-
quenzen aus einer solchen Affäre gezogen werden.
Darüber hinaus müssen wir natürlich auch den anderen
Fragen, die hier aufgeworfen worden sind, nachgehen.
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Ich glaube, dass diese Debatte zum Anlass genommen
erden sollte, darüber nachzudenken, wie der Staat mit
em Datenschutz umgeht. Wir sammeln immer mehr
aten, und viele erwecken den Eindruck: Je mehr Daten
orhanden sind, desto sicherer können wir in unserem
and leben.
as Gegenteil ist der Fall. Das hat spätestens der
1. September 2001 gezeigt. Alle Daten waren vorhan-
en, man hat sie aber nicht zusammenführen können.
ine Konsequenz des uferlosen Sammelns von Daten ist,
ass ihre Zusammenführung immer schwieriger wird.
eshalb denke ich, dass auch hier ein Nachdenken erfor-
erlich ist.
An einem Thema, das auch Gegenstand der heutigen
ebatte war, wird das ganz besonders deutlich: an der
orratsdatenspeicherung. Als wir damals über dieses
hema diskutiert haben, habe ich für meine Fraktion ge-
edet und die Vorhersage gemacht, dass man mit diesem
orhaben vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern
ird. Die einstweilige Anordnung des Bundesverfas-
ungsgerichts ist ein erstes Anzeichen dafür, dass diese
egelung so, wie sie verabschiedet wurde, nicht beste-
en bleiben wird.
Ja, das weiß ich. Ich habe mich sehr intensiv damit be-
chäftigt.
Deshalb lautet unsere Forderung ich wiederhole
ie : Mit der Vorratsdatenspeicherung muss schnellst-
öglich Schluss sein. Wir fordern Sie auf, das Gesetz
ur Vorratsdatenspeicherung aufzuheben;
enn es fehlt schon die Grundlage. Irland hat nicht ohne
rund Klage vor dem Europäischen Gerichtshof erho-
en. Der Europäische Gerichtshof hat nämlich im Hin-
lick auf die Fluggastdatenspeicherung festgestellt, dass
ie rechtliche Grundlage für diese Maßnahme nicht aus-
eicht.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17439
)
)
Jörg van Essen
Deshalb ist schon jetzt klar, wie das Urteil des Europäi-
schen Gerichtshofes ausfallen wird. Das heißt, diese
Richtlinie hat keine rechtliche Grundlage.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nein, ich möchte gerne zu Ende reden.
Hinzu kommt: Dass das Bundesverfassungsgericht
eine vorläufige Anordnung erlässt, macht deutlich, dass
hier etwas geregelt worden ist, das so keinen Bestand ha-
ben kann.
Ich komme zum Schluss. Die FDP-Bundestagsfrak-
tion fordert die Koalitionsfraktionen mit Nachdruck auf,
das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung aufzuheben.
Das wäre ein wichtiger Schritt zu mehr Datenschutz in
unserem Land.
Vielen Dank.
Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege
Sebastian Edathy.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Die Vorkommnisse bei der Telekom, die nun bekannt ge-
worden sind, sind vor allem eines: ein Vertrauensmiss-
brauch gegenüber den Millionen Kunden dieser Firma.
Millionen Bürgerinnen und Bürger sind davon ausge-
gangen, dass ihre Daten bei diesem Unternehmen in si-
cheren Händen sind.
Zunächst einmal darauf ist zu Recht hingewiesen
worden ist es Sache der Staatsanwaltschaft in Bonn,
die Aufklärung voranzutreiben und zu bewerten, gegen
welche rechtlichen Vorschriften verstoßen wurde: ob ge-
gen das Bundesdatenschutzgesetz, gegen das Telekom-
munikationsgesetz oder gegen das Strafgesetzbuch. Ich
gebe dem Kollegen Gehb an einer Stelle ausdrücklich
recht: Wir als Gesetzgeber sind gut beraten, den Verlauf
dieser Ermittlungen abzuwarten. Ich halte nichts davon,
auf Gesetzesverstöße mit dem Reflex der Gesetzesände-
rung zu reagieren. Herr Gehb, ich hoffe, das gilt künftig
auch für das Jugendstrafrecht.
Denn als es zu Beginn dieses Jahres um dieses Thema
ging, haben wir bei Ihnen und Ihren Parteifreunden lei-
der ein anderes Verhalten erlebt.
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er gewillt ist, gegen Gesetze zu verstoßen, wird sich
etztlich auch nicht durch eine Rechtsänderung
on der Verwirklichung dieses Willens abhalten lassen.
ch habe übrigens gewisse Zweifel daran, ob wir solcher
gnoranz mit Appellen zur Abgabe von Selbstverpflich-
ungen entgegenwirken können.
eder Bürger in diesem Land hat die selbstverständliche
flicht, sich an geltendes Recht zu halten. Dazu bedarf
s keiner Deklarationen.
All das hindert uns keineswegs daran, mit aller Sorg-
alt da bin ich mit dem Kollegen Bürsch einig zu prü-
en, ob die Rahmenbedingungen für die Beachtung des
atenschutzes ausreichend sind. Lassen Sie mich drei
spekte ansprechen.
Erstens. Wie ist es um den betrieblichen Datenschutz
estellt? Ist der Datenschutzbeauftragte hinreichend un-
bhängig, und ist er hinreichend wirkungsmächtig? Ist er
ür seine Aufgaben hinreichend qualifiziert? Ist er, zu-
indest bei größeren Firmen, für die Wahrnehmung sei-
er Aufgaben abgestellt, oder ist das eine Nebentätig-
eit, die er quasi ehrenamtlich erledigt? Sind die
esetzgeberischen Vorschriften in diesem Bereich aus-
eichend?
Zweitens. Wie kann man, um auf den konkreten Fall
u sprechen zu kommen, bei den Telekommunikations-
ienstleistern sicherstellen, dass der Zugriff auf Daten-
erkehrsinformationen nicht unbemerkt bleibt? Wäre es
um Beispiel sinnvoll, vorzuschreiben, dass interne Zu-
riffe auf Daten der Kunden automatisch protokolliert
erden,
amit sie vom betrieblichen Datenschutzbeauftragten
ystematisch entdeckt werden können, damit man nicht
uf Zufälle angewiesen ist? Wäre es nicht eine Überle-
ung wert, zu einem System überzugehen, bei dem die
aten prinzipiell verschlüsselt werden, um den Kreis der
otenziellen Personen, die Zugriff nehmen können,
öglichst klein zu halten? Wäre es nicht denkbar, vorzu-
chreiben, dass die Unternehmen Kunden, deren Daten
issbräuchlich verwendet worden sind, automatisch be-
achrichtigen müssen, damit sie ihre Interessen wahrzu-
ehmen und ihr Recht gegebenenfalls gerichtlich durch-
usetzen in der Lage sind?
17440 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
Sebastian Edathy
Drittens. Wie ist es um die Arbeitsfähigkeit der daten-
schutzrechtlichen Aufsichtsbehörden bestellt? Der Bun-
desinnenminister hat zutreffend darauf hingewiesen,
dass die Länder mit in der Verantwortung stehen. Es geht
allerdings auch darum, das Amt des Bundesbeauftragten
für den Datenschutz als Aufsichtsamt ernst zu nehmen.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Schaar hat mitgeteilt,
dass er für den Bereich der Firmenüberprüfung gerade
einmal 6,8 Stellen zur Verfügung hat und dass diese Mit-
arbeiter auch die Beschwerden, die schriftlich eingehen,
bearbeiten müssen. Die Zahl der Beschwerden hat sich
in den Jahren von 2002 bis 2007 von 1 600 auf 3 200
verdoppelt, ohne dass das Personal aufgestockt worden
wäre. Wir sollten, wenn wir in Bälde über den Bundes-
haushalt 2009 sprechen, beim Haushalt des Bundes-
innenministeriums überlegen, wie wir im Konsens der
Fraktionen den Stellenpool beim Bundesdatenschutzbe-
auftragten aufstocken können.
Niemand wird ernsthaft die Forderung stellen, dass
die Mitarbeiter des Bundesdatenschutzbeauftragten ge-
wissermaßen wöchentlich bei den Firmen auf der Matte
stehen. Aber wenn die Firmen davon ausgehen können,
dass eine Überprüfung praktisch nicht vorkommt, dann
ist das so, als wenn angekündigt wird, dass es keine Stra-
ßenbahnkontrolleure mehr gibt: Viele Passagiere würden
wegen des guten Gewissens weiterhin eine Fahrkarte
kaufen; aber die Zahl der Schwarzfahrer wird größer
sein, als wenn bekannt ist, dass, zumindest sporadisch,
Kontrollen stattfinden. Deshalb muss sichergestellt wer-
den, dass Datenschutzkontrollen in den Firmen vorkom-
men können.
Mit diesen Fragen sollte sich der Deutsche Bundestag
in den kommenden Wochen und Monaten intensiv be-
schäftigen. Dabei sollte auch die Frage der Obergrenzen
für Bußgelder eine Rolle spielen. Es ist in der Tat zu hinter-
fragen, ob eine Grenze von 250 000 Euro, wie im Bundes-
datenschutzgesetz vorgesehen, bzw. von 300 000 Euro,
wie im Telekommunikationsgesetz vorgesehen, ausrei-
chend ist. Für eine kleinere Firma, für einen Mittelständ-
ler ist das sicherlich ein Batzen Geld; aber für die Tele-
kom sind das, um das verruchte Wort in den Mund zu
nehmen, Peanuts. Ich glaube, es ist wesentlich, durch
eine verbesserte Prävention alles zu tun, um zu vermei-
den, dass es überhaupt zu Datenmissbrauch kommt. Ein
Vergehen verhindern zu helfen, ist besser, als es strenger
zu ahnden, wobei sich beides nicht ausschließt.
Heute Morgen haben alle Fraktionen im Innenaus-
schuss vereinbart, miteinander Gespräche über Verände-
rungen des Bundesdatenschutzgesetzes aufzunehmen.
Ich glaube, man sollte den Fall Telekom dabei nicht iso-
liert betrachten. Auch vor dem Hintergrund der Bespit-
zelung von Mitarbeitern durch die Firma Lidl ist es völ-
lig gerechtfertigt, die Frage zu stellen, ob es noch
zeitgemäß und zu verantworten ist, dass wir durch das
geltende Gesetz zwar sicherstellen, dass öffentliche Stel-
len nicht nur Schadenersatz leisten müssen, sondern
auch Schmerzensgeld zu zahlen haben, wenn sie Daten-
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir ha-
en es seit Tagen mit dem größten Datenschutzskandal
n der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu
un. Ich finde, dass wir in dieser Debatte im Parlament
elativ brav über Datenschutz und unsere unterschiedli-
hen Bewertungen diskutieren.
Lassen Sie mich noch einmal auf den Kern des Skan-
als zurückkommen. Hier ist mit großer krimineller En-
rgie anders kann man das nicht ausdrücken gegen
ie Pressefreiheit in unserem Lande und gegen das Recht
uf informationelle Selbstbestimmung vorgegangen
orden. Hintergrund war der sogenannte Schutz von Be-
riebs- und Geschäftsgeheimnissen. Es hat kein Schuld-
ewusstsein gegeben; das Bewusstsein dafür, dass Da-
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17441
)
)
Silke Stokar von Neuforn
tenschutz ein wichtiges Grundrecht unserer Gesellschaft
ist, fehlte. So langsam dämmert dem Konzern Telekom
offensichtlich, dass hier ein riesiger Vertrauensverlust
entstanden ist, der nicht ohne ökonomische Schäden
bleiben wird.
Herr Bundesinnenminister Schäuble hatte die Tele-
kommunikationsunternehmen für Montag zu einem
Treffen eingeladen. Ich fand es schon ziemlich arrogant,
dass Unternehmen, die im Auftrag des Staates mit sen-
siblen Kommunikationsdaten umgehen sie sind einmal
privatisiert worden , es nicht für nötig befunden haben,
der Einladung zum Thema Datenschutz Folge zu leisten.
Herr Bundesinnenminister Schäuble hat in seiner
Rede erklärt, er wolle aus dem Skandal lernen. Aber hin-
sichtlich der Vorratsdatenspeicherung hat er den Ablauf
falsch dargestellt. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass
wir hier im Parlament nach Art. 23 Grundgesetz gemein-
sam fraktionsübergreifend unseren Vorbehalt gegen-
über der Vorratsdatenspeicherung zum Ausdruck ge-
bracht haben.
Es bedurfte des Wechsels hin zur Großen Koalition, da-
mit dieser Vorbehalt unter dem Druck der CDU/CSU
wieder zurückgenommen werden konnte. Erst danach
hat Bundesjustizministerin Zypries auf europäischer
Ebene die in meinen Augen verfassungswidrige Vorrats-
datenspeicherung auf den Weg gebracht. So waren der
Ablauf.
Was Herr Bundesinnenminister Schäuble aus dieser
Affäre lernen will, hat er uns heute vor dieser Debatte
verkündet, als es um das BKA-Gesetz ging. Wir haben
es hier mit einer Vertrauenskrise im Bereich Telekom-
munikation zu tun, und gleichzeitig reden wir über ein
BKA-Gesetz, mit dem der Staat zum ersten Mal das ist
eigentlich ein krimineller Akt die Rechtsgrundlage da-
für schaffen will, sich selbst als Hacker betätigen und in
die Internetkommunikation der Bürgerinnen und Bürger
eindringen zu dürfen.
Es ist jetzt nicht nur die Stunde der Aufklärung durch
die Staatsanwaltschaft. Auch in Richtung der FDP, die
beim Datenschutz immer dann, wenn es um Privatunter-
nehmen geht, etwas zurückhaltender wird
bei Steuerhinterziehung tun Sie es auch , sage ich:
Die Telekom ist kein normales Privatunternehmen. Sie
handelt im staatlichen Auftrag, und der Staat hat Anteile
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Die Vorschläge zu mehr Datenschutz sind hier ge-
annt worden. Die grüne Fraktion fordert seit Jahren, das
atenschutzaudit umzusetzen.
ir werden das noch spezifizieren und verlangen, dass
elekommunikationsunternehmen nicht vom Staat damit
eauftragt werden dürfen, Daten zu speichern, solange
s in diesem Verfahrensbereich kein staatliches Audit
ibt.
Meine Damen und Herren, ich habe nichts gegen
elbstverpflichtungen der Wirtschaft, wenn sie zwei Be-
ingungen erfüllen.
Frau Kollegin, denken Sie bitte an die Redezeit?
Frau Präsidentin, das ist mein letzter Satz. Selbst-
erpflichtungen der Wirtschaft müssen sanktionenbe-
ehrt sein; sie können nicht freiwillig sein. Die Stan-
ards einer Selbstverpflichtung unterliegen einer
taatlichen Kontrolle. Dann können wir über diesen
unkt reden.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss.
Sie hatten vorhin schon den letzten Satz angekündigt.
17442 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
Das einzig Gute an dieser Affäre ist: Datenschutz ist
wieder ein Wert in dieser Gesellschaft, und er sollte auch
ein Grundwert in unserer Verfassung werden.
Danke schön.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Martina
Krogmann für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir de-
battieren hier heute ein wirklich sensibles Thema. Des-
halb ist es wichtig, dass wir alle gemeinsam auf unsere
Wortwahl achten. Frau Pau, Sie haben mehrfach gesagt,
die Telekom habe gegen Gesetze verstoßen und Mitar-
beiter ausspioniert. Das ist erstens falsch, weil es ein-
zelne Personen bei der Telekom waren ich halte es für
ganz wichtig, darauf hinzuweisen , und es ist zweitens
gefährlich, weil Sie dadurch automatisch alle über
200 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter General-
verdacht stellen und für die kriminelle Energie Einzelner
in Sippenhaft nehmen.
Sie haben völlig recht, Frau Enkelmann, man darf es
nicht kleinreden. Darauf komme ich noch zu sprechen.
Aber man darf auch nicht alle Mitarbeiter und das ge-
samte Unternehmen unter Generalverdacht stellen; denn
auch damit richtet man Schaden an. Es war mir wichtig,
das zu betonen.
Worum muss es uns in der Debatte gehen? Wir sind
uns darin einig, dass es sich um einen ungeheuerlichen
Skandal handelt, weil einzelne Personen vorsätzlich und
systematisch gegen grundgesetzlich verankerte Bürger-
rechte, das Fernmeldegeheimnis und die Pressefreiheit
und gegen den Datenschutz und die Datensicherheit ver-
stoßen haben.
Deshalb besteht eine Dimension dieser Debatte in der
Frage, ob die bestehenden Gesetze ausreichen, um sol-
che Rechtsverstöße zu unterbinden, oder ob wir noch
mehr dafür tun müssen, dass die bestehenden Gesetze
beachtet und angewandt werden. In der Bewertung
schließe ich mich ausdrücklich meinem Kollegen Jürgen
Gehb, Minister Schäuble und auch meinem Kollegen
Edathy an.
Ich möchte aber zum jetzigen Zeitpunkt der Debatte
noch einen anderen Punkt thematisieren, der meines Er-
achtens auch zur politischen Dimension dieses Skandals
gehört. Ich finde, dass wir uns auch im Deutschen Bun-
destag Gedanken darüber machen müssen, welche Fol-
gen dieser Skandal für das Vertrauen und die Akzeptanz
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ch bin mir aber nicht sicher, dass das schon in allen Tei-
en der Wirtschaft verstanden worden ist.
as gilt besonders für die Telekommunikationsbranche
der, um es noch weiter zu fassen, die Informations- und
ommunikationsbranche, in der alle Unternehmen mit
ensiblen Daten und Fragen des Datenschutzes und der
atensicherheit zu tun haben. Das ist im Übrigen eine
ernfrage, wenn es darum geht, uns in der Informations-
esellschaft weiterzuentwickeln. Das werden wir nur
chaffen, wenn jeder Vertrauen in die Sicherheit seiner
igenen Daten hat.
Wenn Vertreter der Branche aber nicht der Deut-
chen Telekom , die an dem Gespräch am vergangenen
ontag teilgenommen haben, immer noch lapidar sa-
en: Wieso, wir werden doch von der Bundesnetzagen-
ur lizenziert, da müssen wir doch unser Sicherheitskon-
ept vorstellen, und die prüfen uns doch einmal im Jahr?,
ann reicht das nicht aus.
Es ist Schaden für alle entstanden. Das muss auch die-
en Unternehmen klar sein, und sie müssen gemeinsam
andeln, um mehr Transparenz und Vertrauen in unser
ystem wiederherzustellen.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17443
)
)
Dr. Martina Krogmann
Ein letzter Satz, Frau Präsidentin. Das Vertrauen zu
stärken, muss das gemeinsame Ziel von Wirtschaft und
uns im Deutschen Bundestag sein. Wir dürfen es nicht
einfach wegschieben. Jeder muss an seinem Platz etwas
tun. Wir müssen uns fragen, wie die Gesetze noch besser
eingehalten werden können. Die Führungspersonen in
der Wirtschaft müssen sich fragen, welchen Beitrag sie
leisten können, um das Vertrauen in unser Erfolgsmodell
soziale Marktwirtschaft, das die Grundfeste unseres er-
folgreichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Sys-
tems darstellt, wieder zu stärken. Darum muss es uns ge-
hen.
Vielen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Jörg Tauss für die
SPD-Fraktion.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Lieber Kollege van Essen, mir war
die von Ihnen geschilderte Tankstellenproblematik nie
gleichgültig.
Ich kann Ihnen nur sagen: Die Kollegin Stokar, der Kol-
lege Fritz Rudolf Körper und ich haben uns damals
Abende damit herumgeschlagen, entsprechende Rege-
lungen 24-Stunden-Regelung bei der Bahn, eine Bahn-
hofsregelung und eine Regelung für öffentliche Plätze
in das Datenschutzgesetz aufzunehmen. Liebe Frau
Piltz, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass
unsere Sensibilität in den letzten zehn Jahren viel größer
war, als dies bei Ihnen angekommen ist. Aber das kön-
nen wir miteinander freundschaftlich klären.
Übrigens, Frau Künast, die Überlegungen des Kolle-
gen Wiefelspütz, die Sie vorgetragen haben, halte ich für
interessant. Das, was das Bundesverfassungsgericht in
den letzten Jahren formuliert hat Recht auf informatio-
nelle Selbstbestimmung, Grundrecht auf Vertraulichkeit
und Grundrecht auf Integrität informationstechnischer
Systeme , ist eine Überlegung wert. Darüber müssen
wir in diesem Zusammenhang sicherlich ebenfalls disku-
tieren.
Ich gebe der Kollegin Krogmann völlig recht: Die
Vorgänge bei der Telekom sind schockierend. Wir dürfen
das aber nicht kollektiv betrachten, sondern müssen
deutlich machen: Hier haben Einzelne kriminell gehan-
delt. Aber diese kriminellen Handlungen bzw. Vorgänge,
die in letzter Zeit in Unternehmen wie Lidl und Burger
King geschehen sind, müssen wir uns genau anschauen.
Kollege Gehb, die Koalitionsvereinbarung ist an dieser
Stelle völlig klar. Wir haben vereinbart: Das Daten-
schutzrecht bedarf vor dem Hintergrund der technischen
Entwicklungen der Überprüfung und an verschiedenen
Stellen der Überarbeitung und Fortentwicklung. Ich
glaube, an dieser Stelle sind wir in der Tat angelangt.
Frau Piltz, ich mag die FDP, wenn es um Bürger-
rechte geht. Wenn es um Steuern geht, habe ich immer
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Ich glaube, es gibt einen gewissen Handlungsbedarf.
erehrte Frau Kollegin Philipp, ich wende mich explizit
17444 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
Jörg Tauss
an Sie. Wir haben schon manche Diskussionen darüber
geführt, ob es Handlungsbedarf gibt oder nicht. Ich
nenne als Stichwort das Datenschutzaudit. Sie waren
bisher der Auffassung, ein Handlungsbedarf bestehe
nicht wirklich. Ich glaube, dass wir an dieser Stelle, an
der das Innenministerium zwar gearbeitet hat, aber mit
Rücksicht auf die Wirtschaft noch nicht so richtig in die
Puschen gekommen ist, miteinander etwas tun können.
Der Handlungsbedarf ist nun evident. Das können wir
gemeinsam in dieser Debatte feststellen.
Was wollen wir mit dem Auditgesetz? Wir wollen da-
mit die Anständigen, die den Datenschutz zu einem
Wettbewerbsvorteil für sich machen wollen, belohnen.
Das ist genau das, was wir jetzt brauchen. Wir müssen
die Unternehmen stärken, die Datenschutz betreiben und
die mit den bei Ihnen gespeicherten Daten von Kundin-
nen und Kunden sensibel und vertraulich umgehen. Das
wäre das beste Signal, das wir im Zusammenhang mit
dem Telekom-Skandal aus diesem Haus senden könnten.
Was den EuGH angeht, so weiß ich nicht, worauf Ihre
Kenntnisse, Herr Kollege van Essen, beruhen. Ihr Wort
in Gottes Ohr, aber Irland das müssen wir wissen
klagt gegen die Vorratsdatenspeicherung, weil ihm die
drei Jahre nicht genug sind. Sie müssen an dieser Stelle
schon aufpassen, wen Sie bejubeln.
Wir haben gesagt, dass wir die Mindestzeit von sechs
Monaten umsetzen. Da gibt es mit Sicherheit Punkte,
über die man reden muss. Herr Kollege Gehb, wir beide
haben uns hier schon heftig miteinander über diese Frage
gestritten. Ich habe da meine Bauchschmerzen, aber, wie
gesagt, das ist eine Richtlinie. Wir sollten das gerade un-
ter dem Gesichtspunkt der Telekom betrachten. Ich sage
das mit Blick auf den Kollegen Hartenbach und das Jus-
tizministerium. Dass es jetzt ausgerechnet die Telekom
war, die Verbindungsdaten zur Überwachung von Jour-
nalistinnen und Journalisten benutzt hat, wäre für mich
ein Hinweis darauf, die Frage, ob man die Verbindungs-
daten von Journalisten im Rahmen der Vorratsdatenspei-
cherung speichert, nochmals zu überprüfen.
Wir können hier feststellen: Der Telekom-Skandal
bietet auch eine Chance. Das sage ich als Bildungspoliti-
ker. Ähnlich wie wir nach dem PISA-Schock das Ganz-
tagsschulprogramm und vieles mehr in der Bildungspoli-
tik auf den Weg gebracht haben, hilft uns der jetzige
Skandal vielleicht, nicht nur wieder eine Datenschutz-
debatte zu führen die wir in der Tat schon lange nicht
mehr hatten , sondern den Datenschutz zu einem gesell-
schaftlichen Thema zu machen, damit deutlich wird: Un-
terlassener Datenschutz ist Täterschutz.
In diesem Sinne können wir die Arbeit ganz gut be-
wältigen. Ich freue mich, wenn alle mitmachen.
Vielen Dank.
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Herrn Schaars Behörde würde diese Kontrolle auch dann
nicht durchführen können. Wir werden über all diese
Dinge noch zu reden haben.
Wir sollten einen weiteren Gedanken weiterent-
wickeln: die Herstellung von mehr Transparenz. Wenn
man dafür sorgen würde, dass ein Telekommunikations-
unternehmen massive Verstöße gegen den Datenschutz
im eigenen Haus bei der Bundesnetzagentur selbst mel-
den muss, dann hätte das, glaube ich, eine generalprä-
ventive Wirkung. Diese Wirkung wäre vielleicht stärker,
als 300 000 Euro, 500 000 Euro oder 3 Millionen Euro
Bußgeld. Das ist meine Einschätzung. Darüber werden
wir aber noch in Ruhe zu reden haben.
Das eine schließt das andere nicht aus. Da haben Sie
vollkommen recht.
Ich möchte ein Wort noch zur Vorratsdatenspeiche-
rung sagen. Frau Künast ist nicht mehr da. Sie mar-
schiert sicherlich schon zur nächsten Kamera und sagt
wahrheitswidrig, dass sie die Vorratsdatenspeicherung
abschaffen will.
Sie wird dabei verschweigen, dass die Grünen in Berlin
und in Brüssel mit für die Grundlage, die EU-Richtlinie,
gesorgt haben.
Sie wird nicht sagen: Jawohl, wir Grünen haben einen
Fehler gemacht, als wir diese EU-Rechtsgrundlage ge-
schaffen haben. Vielmehr wird sie nur sagen: Wir wollen
das abschaffen. Dabei haben Sie diese selber geschaffen
Herr van Essen, bitte lesen Sie sich die Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts noch einmal durch! Ich
glaube, dass Sie sich da etwas geirrt haben. Das Verfas-
sungsgericht wird bei dem, was wir hier besprechen,
kein Thema sein.
Herr Kollege, Sie achten bitte auf die Zeit.
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ies alles trägt zum negativen Image der Wirtschafts-
liten bei.
Die von Herrn Müntefering aufgespießten Heuschre-
ken höhlen gesunde Unternehmen finanziell aus. In die-
en Zusammenhang gehört auch die vor drei Wochen ge-
ußerte Kritik des Bundespräsidenten an den
Finanzmonstern und den mangelnden Fähigkeiten der
inanzindustrie. Grundgesetzlich verbriefte Rechte auf
ersönlichkeitsschutz und informationelle Selbstbestim-
ung werden in krimineller Form missachtet. Kriminel-
es Handeln und ungezügelte Raffgier müssen mit allen
itteln des Rechtsstaats benannt und bekämpft werden.
ndererseits lehnen wir eine primitive Kapitalismuskri-
ik ab. Ebenso lehnen wir aber auch einen entfesselten
apitalismus, der zu nichts verpflichtet ist, ab.
Wir wollen eine Neubesinnung auf die soziale Markt-
irtschaft mit ihren fortschrittlichen Elementen: die
17446 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
Dr. Uwe Küster
ökologische Orientierung, die Verpflichtung zum nach-
haltigen Wirtschaften und die sozialpartnerschaftliche
Verantwortung.
Wir haben wirksame Datenschutzbestimmungen zur
Sicherung von Persönlichkeitsrechten. Diese hat die
Telekom in krimineller Weise missachtet. Trotzdem be-
darf das Datenschutzrecht einer Überprüfung, einer
Überarbeitung und einer Fortentwicklung. Die bisheri-
gen Bußgelder sind für viele große Unternehmen wie die
Telekom Peanuts.
Auch Peanuts ist ein von den Großen unserer Wirt-
schaft geprägtes Unwort. Es verkennt die Bemühungen
unzähliger Arbeitnehmer, die sich für 1 000, 2 000 und
3 000 Euro im Monat krumm machen. Gleichzeitig ge-
hen andere mit Milliarden um, als wären es Wischlap-
pen.
Kommunikationsunternehmen müssen definierten Stan-
dards gerecht werden. An dieser Stelle möchte ich den
Gedanken von Sebastian Edathy noch einmal deutlich
aufnehmen. Datenschutz muss einer verpflichtenden
Qualitätssicherung unterliegen: Zugriff auf Daten nur
nach dem Mehraugenprinzip; Erstellung von Zugriffspro-
tokollen; automatische und sofortige Weiterleitung der
Zugriffsprotokolle an den Datenschutzbeauftragten des
Unternehmens; klare Definition von Verantwortlichkei-
ten. Überwachungskameras zur Sicherung eines Unter-
nehmens sollen vor Dritten schützen und nicht die Mitar-
beiter überwachen. Für die gesamte Privatwirtschaft
muss innerbetrieblicher Datenschutz etabliert werden,
der unabhängig von der Konzernleitung ist, die Verpflich-
tung festlegt, bei jedweden Ungereimtheiten externe
Kontrollinstanzen anzurufen, und die Bundes- und Lan-
desdatenschutzbeauftragten stärker einbezieht. Daten-
schutz schützt nämlich nicht abstrakte Daten; Daten-
schutz schützt konkrete Bürger.
Es ist ein besseres Datenschutzbewusstsein in
Deutschland gefordert. Die jüngsten Ereignisse nicht
nur bei der Telekom zeigen, dass das Datenschutzbe-
wusstsein und die Datenschutzkultur in der Wirtschaft
dringend verbessert werden müssen. Gestärkte Daten-
schutzaufsicht und schärfere Sanktionen müssen den
notwendigen Bewusstseinswandel fördern.
Wir erinnern die Topmanager an ihre Vorbildfunktion.
Wer Verantwortung hat, muss sich nicht nur ethisch ein-
wandfrei verhalten, sondern auch vorbildlich handeln.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
Kollege Laurenz Meyer, CDU/CSU-Fraktion.
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Ja. In einem ganz wichtigen Punkt stimme ich mit
em Kollegen van Essen voll überein. Wenn ich das mit
einen Worten ausdrücken darf: Wir als Staat dürfen
icht den Versuch machen, den Unternehmen die Verant-
ortung dafür zu nehmen, dass in ihrem Bereich Ge-
etze eingehalten werden.
enn wir uns diesen Schuh anziehen würden, würden
ir dem Vorschub leisten, dass gesagt wird: Aber ihr
ontrolliert uns doch. Warum habt ihr das dann nicht ge-
erkt? Damit wären wir wirklich auf dem Holzweg.
ie Schärfe der Gesetze muss die treffen, die die Ge-
etze brechen. Es geht doch nicht an, dass wir die Ver-
ntwortung dafür übernehmen, wenn in Unternehmen
ie Gesetze gebrochen werden.
Transparenz und Öffentlichkeit solcher Vorgänge
das hat der Kollege Uhl vorhin gesagt; das ist aber völ-
ig falsch ausgelegt worden sind eine der ganz wichti-
en Voraussetzungen. Wenn von der Netzagentur ein
ußgeld verhängt wird, ohne dass das jemand mitbe-
ommt, dann macht das überhaupt keinen Sinn. Hier
urde auch vom Kollegen Bürsch über die Ver-
chärfung von Strafen gesprochen und davon, dass
00 000 Euro für die Telekom lächerlich sind. Das mag
ichtig sein, aber der Wirklichkeit entspricht das nicht.
ie Telekom hat schon heute, ehe der Vorgang über-
aupt zu Ende untersucht worden ist, die Höchststrafe;
enn der Verlust an Kunden, an Umsatz, an Vertrauen,
n Gewinn, den das Unternehmen haben wird, wird viel
öher sein als die Strafen, die in Griechenland jemals
erhängt werden können. Im Prinzip ist das der Punkt,
n dem angesetzt werden muss.
Wenn wir durch unsere Diskussion erreichen, dass in
er Bevölkerung wahrgenommen wird: Wer gegen Ge-
etze verstößt, gerade in Bereichen, in denen wir be-
timmte Notwendigkeiten sehen, etwa in der Frage der
atensammlung, der muss sich selbst bestraft sehen, und
war von den Kunden, dann wird das die größte Bedro-
ung sein, die die Vorstände und die Unternehmenslei-
ungen sehen müssen.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17447
)
)
Laurenz Meyer
Es sind schon konkrete Vorschläge gemacht worden.
Manche dieser Vorschläge hören sich zunächst gut an.
Aber lassen Sie uns bitte genau hinschauen, damit wir
nicht wegen der Telekom und des Fehlverhaltens von
Mitarbeitern der Telekom die gesamte deutsche Wirt-
schaft bis hin zum Mittelstand mit einem Geflecht von
Kontrollen und Bürokratie und damit auch Kosten über-
ziehen.
Ich bitte wirklich darum, dass wir die Auswirkungen auf
die mittelständischen Unternehmen im Auge behalten.
Wir machen den Unternehmen gutgemeinte zusätzli-
che Auflagen. Ich habe mir das angeschaut. Ich bin tech-
nischer Laie in diesem Bereich.
Das müssen gerade Sie sagen! Sie haben keinen beson-
ders prägnanten Beitrag geleistet. Deswegen beschäftige
ich mich damit nicht.
Das war nicht besonders herausragend. Es waren die üb-
lichen vorgestanzten Geschichten. Man hat gemerkt,
dass es Ihnen gar nicht um diesen Fall geht,
sondern darum, Ihre politische Linie beim BKA-Gesetz
zum Ausdruck zu bringen. Mehr hatten Sie doch gar
nicht im Sinn.
Es heißt, wir sollten das Sammeln von Daten Dritter
verringern. Aber an verschiedenen Stellen haben wir so-
gar noch zusätzliche Wünsche vorgetragen. Man hat all
die Daten doch gebraucht, um die Rechnungen erstellen
zu können oder um den automatischen Verlauf von Han-
dytelefonaten überhaupt möglich zu machen. Jetzt
kommt ein Weiteres hinzu. Wir möchten, dass die An-
bieter in Zukunft die Handynutzer bis auf fünf Meter ge-
nau orten können, und zwar nicht, um die Betroffenen zu
verfolgen,
sondern um zu erreichen, dass die Rettungsdienste in ei-
nem Notfall wirklich schnell genug bei denen sind, die
die Notruftaste bedient haben. Wir wollen das, und das
ist wirklich gutgemeint. Wir müssen zwar sicherstellen,
dass mit den Daten kein Missbrauch betrieben wird, dür-
fen an dieser Stelle aber nicht die Datenerhebung infrage
stellen. Es nutzt dem Betroffenen, wenn der Rettungs-
dienst im Notfall möglichst schnell dahin kommen kann.
Das kann Leben retten. Das wollen wir doch nicht in-
frage stellen, weil hier irgendwo Missbrauch betrieben
worden ist.
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Wir reden zum Beispiel davon, dass es möglich sein
oll, bis auf fünf Meter genau zu orten, also präziser, als
as heute möglich ist.
Lassen Sie mich zum letzten Punkt kommen. Woher
ehmen Sie, Frau Pau, eigentlich den Mut,
o einen Vortrag, wie Sie ihn eben hier gehalten haben,
u bringen?
ie reden von Überwachung, haben aber Vertreter des
rößten Überwachungsstaates, den wir in Deutschland
m letzten Jahrhundert gehabt haben, in Ihrer eigenen
raktion sitzen.
ie schaffen es nicht einmal, diese Überwacher aus Ihrer
igenen Fraktion auszuschließen, reden aber anderen ins
ewissen!
oher nehmen Sie eigentlich den Mut?
olange Sie nicht bei sich selber aktiv werden, kann ich
u Ihrer Rede nur sagen: Das war an Dreistigkeit kaum
och zu überbieten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns Ver-
ältnismäßigkeit bei den Diskussionen der kommenden
onate wahren, sowohl bei denen über das Sammeln
on Daten wie auch bei denen über die Konsequenzen,
ie aus den aktuellen Vorfällen zu ziehen sind. Wir soll-
en uns daher bemühen, die zu treffen, die hier wirklich
ist gebaut haben, und nicht das Land mit irgendwel-
hen neuen Vorschriften überziehen, die keiner will.
Ich schließe die Aussprache.
Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 2 auf:
Fragestunde
Drucksache 16/9388, 16/9414
Entsprechend Nr. 10 Abs. 2 der Richtlinien für die
ragestunde rufe ich zunächst die zugelassenen dringli-
hen Fragen für die heutige Fragestunde auf.
Diejenigen, die an der gerade stattgefundenen Debatte
eteiligt waren, sich aber mit dem nächsten Tagesord-
ungspunkt nicht weiter beschäftigen können oder wol-
17448 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
Präsident Dr. Norbert Lammert
len, bitte ich, möglichst zügig das Feld zu räumen. Ich
bedanke mich.
Ich rufe zunächst den Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische
Staatssekretär Achim Großmann zur Verfügung. In die-
sen zwei dringlichen Fragen geht es um den Beteili-
gungsvertrag zwischen Bund und Deutscher Bahn AG.
Ich rufe die dringliche Frage 1 der Kollegin
Dr. Dagmar Enkelmann auf:
Inwiefern ergeben sich aus dem Entwurf des Beteiligungs-
vertrages zwischen Bund und Deutscher Bahn AG Möglich-
keiten, mehr als einen Anteil von 24,9 Prozent der DB Mobility
Logistics AG an private Investoren zu verkaufen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
A
Vielen Dank, Herr Präsident. Frau Kollegin
Dr. Enkelmann, aus dem Vertragsentwurf ergeben sich
keine derartigen Möglichkeiten.
Zusatzfrage.
Herr Präsident! Der Vertragsentwurf liegt mir vor. Er
ist dem Parlament von Achim Großmann, Parlamentari-
scher Staatssekretär, zugeleitet worden. Wir haben in der
vergangenen Woche erfahren, dass der Kollege
Großmann in diese neue Gesellschaft wechseln soll. Das
ist möglicherweise der Grund, dass er jetzt nicht erken-
nen kann, dass weitere Privatisierungen vorgesehen sind.
Meine erste Frage wäre also, ob er in diese Gesell-
schaft wechselt.
A
Frau Kollegin Enkelmann, ich darf Sie mit meinem
demokratischen Verständnis konfrontieren. Ich bin von
den Bürgerinnen und Bürgern meines Wahlkreises
sechsmal direkt in den Deutschen Bundestag gewählt
worden und gehöre zu den Parlamentariern, die dieses
Mandat sehr ernst nehmen. Die Meldung, dass ich an-
geblich in den Vorstand einer Holding wechseln soll, ist
also nicht nur eine Zeitungsente, sondern widerspricht
auch meinem Verhalten während der letzten Jahre. Ich
habe mehrfach Angebote aus der freien Wirtschaft abge-
lehnt und bin und bleibe nach wie vor Abgeordneter des
Deutschen Bundestages.
Zweite Zusatzfrage, Frau Enkelmann.
Ich komme zurück zum Entwurf des Beteiligungsver-
trages, genauer auf die §§ 7 und 8. Hier ist die Rede von
einer 75,1-prozentigen Beteiligung der DB AG an der
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Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrter Herr
taatssekretär, nachdem wir heute eine denkwürdige
usschusssitzung miterleben durften, in der genau die-
er Beteiligungsvertrag abgesetzt wurde und in der wir
inen lebhaften Streit zwischen Ihnen und den beiden
erkehrspolitischen Sprechern der Regierungsfraktio-
en erleben durften, frage ich Sie jetzt: Dürfen wir Sie
ier so verstehen, dass der Beteiligungsvertrag abgeän-
ert wird und die umstrittene Vorschrift, dass Tochterun-
ernehmen der ML nur mehrheitlich im Besitz der ML
leiben, gestrichen wird, oder in welcher Hinsicht soll
as verändert werden?
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17449
)
)
A
Herr Kollege Dr. Hofreiter, ich bin ein bisschen ver-
wundert über die Frage, weil ich sie im Ausschuss schon
beantwortet habe. Aber ich will meine Antwort gerne in
Erinnerung bringen, auch für die Kolleginnen und Kolle-
gen, die an der Ausschusssitzung nicht teilnehmen konn-
ten. Wir haben die Passage bezüglich der Tochtergesell-
schaften im Entwurf des Beteiligungsvertrages der
immer noch ein Entwurf ist, weil der Verkehrs- und der
Haushaltsausschuss sich am Freitag noch einmal damit
beschäftigen wollen präzisiert und reden von einer
100-prozentigen Beteiligung, die satzungsgemäß sicher-
gestellt werden muss.
Frau Kollegin Menzner.
Über welches Stadium des Entwurfs reden wir hier über-
haupt? Wir haben einen Entwurf mit Stand 30. Mai zu-
geleitet bekommen. Mir ist heute über den Haushaltsaus-
schuss ein Entwurf mit Stand 2. Juni zugeleitet worden.
Ist das jetzt der letzte, oder werden wir in den nächsten
Tagen mit einem weiteren Entwurf konfrontiert? Wie be-
werten Sie die Vermutung, dass das auch Unruhe in ei-
nem Unternehmen, das uns ja noch zu 100 Prozent ge-
hört, bei den Mitarbeitern schaffen könnte?
A
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich teile Ihre Einschätzung nicht. Es geht darum, dass
wir im Bundestag in der letzten Woche in einem Antrag
beschlossen haben, dass der Beteiligungsvertrag dem
Parlament vorgelegt werden soll. Das haben wir vorige
Woche Freitag gemacht. Ungefähr eine Stunde nachdem
der Antrag hier mit deutlicher Mehrheit verabschiedet
worden ist, haben wir den Beteiligungsvertrag im Ent-
wurfsstadium zugeleitet. Jetzt gibt es natürlich aus dem
Parlament das ist so üblich; das war mit diesem Proze-
dere auch so gewollt Anregungen und Fragen, die wir
zurzeit klären. Ich habe Ihnen schon heute Morgen im
Ausschuss gesagt, dass ich davon ausgehe, dass Sie ei-
nen ressortabgestimmten Entwurf im Laufe des morgi-
gen Tages vorliegen haben, sodass der Verkehrsaus-
schuss und der Haushaltsausschuss sich am Freitag mit
einem ressortabgestimmten Entwurf befassen können,
der dann hoffentlich schon Anregungen und Fragen des
Parlaments aufnimmt und klärt.
Ich rufe die dringliche Frage 2 der Kollegin Menzner
auf:
Wie erklärt die Bundesregierung die Tatsache, dass der
Entwurf eines Vertrages über die Beteiligung von Kapitalan-
legern an den Verkehrs-, Logistik- und zugehörigen Dienst-
leistungsgesellschaften der Deutschen Bahn AG Beteili-
gungsvertrag nunmehr neben der 24,9-prozentigen Beteiligung
privater Geldgeber an der DB Mobility Logistics AG weitere
Beteiligungen privaten Kapitals an Gesellschaften des Deut-
sche-Bahn-Konzerns vorsieht, indem die vertragliche Vorgabe
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Der Deutsche Bundestag ist Gesetzgeber, und wir
richten uns nach den Beschlüssen des Deutschen Bun-
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Kollege Scheuer.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, dass das
rgumentieren der Kolleginnen und Kollegen der Links-
raktion und der Grünen mit Prozentsätzen Kaffeesatzle-
erei ist? Seit ungefähr eineinhalb Jahren beschäftigen
ir Verkehrspolitiker uns tagtäglich im Verkehrsaus-
chuss dezidiert mit ganz vielen Einzelfragen. Würden
ie nach der Rede des Kollegen Gysi in der Debatte zur
ahnreform am Freitag letzter Woche auch bestätigen,
ass wir, wenn die Linkspartei in Deutschland an die
acht käme, zur ehemaligen Reichsbahn der DDR zu-
ückkämen?
A
Ich kann Ihnen bestätigen, dass wir uns seit Januar
006 da darf ich Sie leicht korrigieren; da ist das
RIMON-Gutachten vorgelegt worden sehr ausführ-
ich mit diesem Thema beschäftigen. Selbst wenn wir
etzt keine Lösung finden würden, könnte nach der Bun-
estagswahl 2009 jede andere Lösung im Deutschen
undestag beschlossen werden. Das heißt, wir reden
etzt über einen aus meiner Sicht sehr wichtigen Schritt;
enn aufgrund des Verfahrens, das wir jetzt gewählt ha-
en, sind zum Beispiel die Tarifvertragsparteien in der
age, betriebsbedingte Kündigungen bis zum Jahre 2023
uszuschließen. Mir ist kein Unternehmen bekannt, in
em Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen derar-
igen Schutz genießen.
Kollege Beck.
Herr Großmann, ich habe den Eindruck, Sie versu-
hen, Ihren eigenen Kolleginnen und Kollegen weiterhin
and in die Augen zu streuen, damit sie nicht sehen, was
ie letzten Freitag beschlossen haben. Woher nehmen Sie
enn die Behauptung, dass der Deutsche Bundestag kon-
titutiv mitzureden hat, wenn die Bundesregierung im
abinett beschließt, der Vertrag solle geändert werden
nd statt einer Privatisierung in Höhe von 24,9 Prozent
olle eine von 77,5 Prozent erfolgen? Was kann der Bun-
estag dann machen?
Er kann zwar die Regierung beschimpfen. Aber an-
onsten haben Sie, die Koalition, dem Bundestag durch
as Verfahren, das Sie gewählt haben es hätte ja nicht
o sein müssen; dies hätte ja gesetzlich geregelt werden
önnen , alle Möglichkeiten der Intervention bei einer
eiteren Privatisierung aus der Hand genommen. Es ist
uch ein schwaches Argument, man solle SPD wählen,
m eine weitere Privatisierung zu verhindern und diese
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17451
)
)
Volker Beck
24,9 Prozent beizubehalten. Denn dies nützt nichts, so-
lange sich die Regierung entschließen kann, sich gegen
die Meinung des Parlaments zu verbünden, wie sie es
übrigens darüber haben wir vorhin diskutiert in Brüs-
sel in der Frage der Vorratsdatenspeicherung gemacht
hat. Dies wäre eine Regierungskonstellation, der man so
etwas ausdrücklich zutrauen kann.
A
Herr Kollege Beck, wir beide sind ja nun schon ein
paar Jährchen im Deutschen Bundestag. Ich glaube
nicht, dass es sich eine Regierung zur Gewohnheit ma-
chen kann, gegen das Parlament zu regieren. Ich habe
sehr großes Zutrauen zum Parlament und zu den jeweils
gewählten Regierungen.
Die nächste Frage stellt die Kollegin Bulling-
Schröter.
Danke schön. Ich komme jetzt zum Kaffeesatz. Ich
denke, dass dies auch die Wählerinnen und Wähler in
Passau interessiert.
Die Dienstleis-
tungs-GmbHs werden ja jetzt dem Markt übergeben;
eine wirtschaftliche Tätigkeit ist vorgesehen. Ich möchte
wissen, welchen Wert dann der konzerninterne Arbeits-
markt hat; denn die GmbHs müssen sich ja im Rahmen
der Wirtschaftlichkeit rechnen.
Ich frage detailliert zum Arbeitsmarkt. Aus der be-
trieblichen Praxis weiß ich, dass es vor diesem Hinter-
grund keine Möglichkeiten der Versetzung mehr gibt.
Ich möchte daher von Ihnen den Wert des konzerninter-
nen Arbeitsmarktes wissen.
A
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zunächst muss ich Ihrer Wertung widersprechen, dass
die Dienstleistungsgesellschaften dem freien Markt aus-
gesetzt würden was immer Sie damit meinen. Wir füh-
ren den Status quo fort. Bereits jetzt ist es so, dass die
Dienstleistungsgesellschaften auf der einen Seite inner-
halb des konzerninternen Arbeitsmarktes, aber auch in-
nerhalb des integrierten Konzerns Aufgaben für jeweils
andere Töchter der DB AG übernehmen; das ist so und
das bleibt so. Sie müssen allerdings auf der anderen
Seite ihre Leistungen dazu gibt es, wie Sie vielleicht
gelesen haben, eine entsprechende Formulierung im Be-
teiligungsvertrag zu marktgerechten Konditionen an-
bieten. Das ist aber auch dann so, wenn wir nichts am
Status quo ändern. Von daher ist die Absicherung des in-
tegrierten Konzerns Voraussetzung dafür, dass viele
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Kollege Solms.
Frau Staatssekretärin, können Sie dann die Frage be-
antworten, wann der Finanzminister über diesen Finan-
zierungsvorgang informiert worden ist und ob er diesen
Vorgang gutgeheißen hat?
N
Herr Kollege Solms, ich persönlich habe im Moment
die Schwierigkeit, zu sagen, ab welchem Datum die In-
formationen dem Finanzminister Sie haben nicht nach
dem Finanzministerium gefragt zugänglich waren. Ich
werde das klären und Ihnen die Antwort schriftlich zu-
kommen lassen.
Kollege Zeil.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Lassen Sie mich doch bitte weiterreden. Auf jeden
all kann ich Ihnen sagen, dass es nicht darum geht, die
nlage zurückzuziehen. Sie läuft Ende Juni 2008 ganz
egulär aus und wird nicht verlängert.
as ist etwas anderes als ein Zurückziehen. Ich kann
icht bestätigen, dass es darum geht.
Herr Kollege Thiele, bitte.
Frau Staatssekretärin, wir diskutieren hier nicht zum
rsten Mal über die IKB. Ausgangspunkt der Diskussion
ar eine Sondersitzung an einem Wochenende, nachdem
ekannt wurde, dass die IKB erhebliche Schwierigkeiten
at. Die Kreditwirtschaft, das Finanzministerium, der Fi-
anzminister, die Bankaufsicht und die Bundesbank
urden tätig.
Es geht darum, dass 500 Millionen Euro als Festgeld
ergeben wurden. Dieses Festgeld wurde erst nach der
risensitzung vergeben. Finden Sie es verantwortungs-
oll, dass einem Kreditinstitut öffentliche Gelder in der
rößenordnung von einer halben Milliarde Euro zu ei-
em Zeitpunkt zur Verfügung gestellt wurden, als nicht
ehr sichergestellt werden konnte, dass das Kreditinsti-
ut überhaupt in der Lage ist, das Geld innerhalb der
aufzeit von einem Jahr zurückzuzahlen?
N
Herr Kollege Thiele, ich will auf den Unterschied
wischen Kreditlimits und tatsächlich getätigten Anla-
en hinweisen. In meiner Antwort auf die Frage des
errn Kollegen Schäffler habe ich schon darauf hinge-
iesen, dass das BMF die Entscheidung über das Liqui-
itätsmanagement an die Finanzagentur delegiert hat. In-
ofern habe ich diese Entscheidung nicht zu bewerten.
ch will aber darauf hinweisen, dass das Zurückziehen
es Kreditlimits unserer Ansicht nach das falsche Signal
ewesen wäre. Es geht bei dieser Frage das sage ich
usdrücklich nicht um die Anlage selbst.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17453
)
)
Ich rufe die dringliche Frage 4 des Kollegen Schäffler
auf:
In welchem Umfang hält die Bundesregierung hinsichtlich
des Verkaufsprozesses der IKB weitere Garantien seitens des
Bundes für erforderlich, und hält die Bundesregierung an ih-
rer Erwartung eines Verkaufserlöses von 800 Millionen Euro
für den IKB-Anteil der KfW fest?
N
Herr Kollege Schäffler, zum laufenden IKB-Ver-
kaufsprozess hat die Bundesregierung in der heutigen
Sitzung des Haushaltsausschusses des Bundestages ein-
gehend Stellung bezogen. Ich kann nicht sagen, ob die
Sitzung schon beendet ist oder die Information jetzt ge-
rade weitergegeben wird.
Bei dem Verkauf sind Geschäfts- und Betriebsge-
heimnisse Dritter, der Bieter, betroffen. Sie haben expli-
zit um Vertraulichkeit des Verfahrens gebeten. Insofern
muss ich noch einmal auf die rechtliche Lage bezüglich
der Verschwiegenheitspflichten hinweisen. Über die
rechtliche Bewertung dieser Pflicht haben wir in der
letzten Sitzung des Finanzausschusses detailliert debat-
tiert.
Ich will aber auch darauf hinweisen, dass es im Inte-
resse des Bundes und damit in unserem gemeinsamen
Interesse liegt, bei dem Verkauf das bestmögliche Ergeb-
nis zu erzielen, und zwar sowohl, was den Verkaufserlös
anbetrifft, als auch, was die Zukunft der Mittelstands-
bank anbelangt. Abgesehen von der rechtlichen Bewer-
tung der Sachlage halte ich es aus politischer Sicht nicht
für angebracht, im Plenum des Bundestages Einzelheiten
der Verkaufsgespräche darzulegen.
Es ist aber völlig klar das will ich hier deutlich ma-
chen , dass die Bundesregierung den Haushaltsaus-
schuss des Bundestages unter Maßgabe der Verschwie-
genheitsverpflichtung, die ich angesprochen habe, über
den weiteren Fortgang des Verfahrens auf dem Laufen-
den halten wird.
Erste Zusatzfrage.
Ich möchte auf die Finanzagentur zurückkommen.
Diese Frage hat mittelbar sicherlich Auswirkungen auf
den Verkaufsprozess. Wer im Finanzministerium hat zu
welchem Zeitpunkt über das Geschäft der Finanzagentur
mit der IKB entschieden, und inwieweit ist das Geschäft
mit den gesetzlichen Grundlagen der Finanzagentur und
ihren Aufgaben, die Bedingungen für die Finanzierung
des Bundes nachhaltig zu verbessern und die Zinskos-
tenbelastung mittelfristig zu senken das steht auf der
Homepage der Finanzagentur , vereinbar?
N
Herr Kollege Schäffler, ich bin mir nicht sicher, ob
ich mich zu unverständlich ausgedrückt habe, als ich
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Ich nehme das auf, obwohl es keine Zusatzfrage ist.
Die Entscheidungen der Finanzagentur werden si-
herlich in aller Verantwortung und mit allen Abwägun-
en getroffen. Mir ist wichtig, in dem Zusammenhang
eutlich zu machen es schwang gerade in der informell
ingefügten Zwischenfrage mit , dass wir die Anlage
usdrücklich als nicht gefährdet ansehen. Sie wissen,
ass die Einlagen der IKB in einem durchaus schwieri-
en Prozess gesichert wurden.
Kollege Thiele.
17454 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
Frau Staatssekretärin, die Subprime-Krise in den
USA hat mit dazu geführt, dass die IKB entsprechende
Probleme hatte und hat. Deshalb gilt bei vielen Bank-
bilanzen heute der Grundsatz: On the left is nothing
right, and on the right is nothing left. Wie kann man in
diesen Zeiten Gelder zur Verfügung stellen, ohne sicher-
zustellen, dass sie zurückgezahlt werden? Ich habe vor-
hin in meiner Frage nicht gesagt, dass das BMF das ge-
tan habe. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass diese
Gelder zur Verfügung gestellt wurden. Sie waren durch-
aus gefährdet. Insofern würde mich interessieren, wie
Sie es bewerten, wenn zu einem solchen Zeitpunkt Gel-
der in dieser Größenordnung an eine Bank gegeben wer-
den.
N
Herr Kollege Thiele, es wurden nicht Gelder an eine
Bank gegeben, sondern es handelte sich um eine regu-
läre Anlageentscheidung der Finanzagentur, die ich
das sage ich ausdrücklich nicht zu bewerten habe.
Es mag sein, dass Sie das interessiert, aber ich sage
noch einmal: Es war eine Entscheidung der Finanzagen-
tur, die ich für die Bundesregierung nicht zu bewerten
habe.
Ich will noch einmal betonen, dass die Bundesregie-
rung ausdrücklich nicht davon ausgeht, dass dieses Geld
auf irgendeine Weise ich sage es einmal umgangs-
sprachlich verloren ist.
Kollege Zeil.
Frau Staatssekretärin, halten Sie es mit Ihrer Aufgabe
als Finanzaufsicht für vereinbar, wenn Sie sagen, dass
Sie die Entscheidung nicht bewerten? Wenn hier von ei-
nem normalen Marktgeschäft die Rede ist, warum wird
das Engagement dann nicht verlängert?
N
Herr Kollege, auch in diesem Fall muss ich mich auf
die Antwort beziehen, die ich bereits auf Ihre erste Frage
gegeben habe. Ich habe deutlich gemacht, dass die Ent-
scheidung, das Geld dort anzulegen, eine Entscheidung
der Finanzagentur war. Natürlich war auch die Entschei-
dung, diese Anlage nicht zu verlängern, eine Entschei-
dung der Finanzagentur.
Erlauben Sie mir noch eine kurze Anmerkung: Ich
kenne zwar die rechtlichen Zusammenhänge, aber das
BMF ist nicht die Bundesanstalt für Finanzdienstleis-
tungsaufsicht. Das wissen auch Sie.
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Sie haben
usgeschlossen, dass die Entscheidung für die Anlage
ei der IKB eine Entscheidung des Finanzministeriums
ar. Sie haben aber nicht explizit ausgeschlossen, dass
s im Hinblick auf diese Anlage zu einer Einwirkung des
inanzministeriums auf die Finanzagentur gekommen
ein könnte.
N
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Kollege, da die Finanzagentur ihre Entscheidun-
en im laufenden Geschäft trifft, gehe ich davon aus,
ass es keine Einwirkungen des Finanzministeriums ge-
eben hat.
Ich rufe nun die dringliche Frage 5 des Kollegen Zeil
uf:
Haben die verbliebenen Kaufinteressenten für die IKB die
Abschirmung des Risikos durch den Bund zur Bedingung für
einen Kauf gemacht, und, wenn ja, wird der Bund eine Aus-
fallbürgschaft übernehmen?
N
Herr Kollege Zeil, auch im Hinblick auf die Frage, in-
ieweit Kaufinteressenten Garantien und Bürgschaften
ur Bedingung eines Kaufes gemacht haben, muss ich
arauf hinweisen, dass es hierbei um Details der Kauf-
erhandlungen geht und ich angesichts der vorhin be-
chriebenen Verschwiegenheitspflichten nicht autorisiert
zw. befugt bin, Ihnen dazu Einzelheiten zu nennen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Frau Staatssekretärin, die derzeit abzudeckenden Ri-
iken haben eine Höhe von 8,5 Milliarden Euro. Können
ie bestätigen, wie hoch der Anteil der Risikoabdeckung
urch den Bund ist?
N
Herr Kollege, Sie haben Ihre Frage mit den Worten
Können Sie bestätigen eingeleitet. Würden Sie mir
itte erläutern, was genau Sie damit gemeint haben?
Derzeit ist ein Risiko in Höhe von 8,5 Milliarden
uro abzuschirmen,
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17455
)
)
N
Ja, in dem Prozess, den wir alle kennen.
und zwar von allen Beteiligten: von der KfW, vom
Bund und von den Banken. Wie hoch ist derzeit der An-
teil des Bundes an der Abschirmung des Risikos in Höhe
von 8,5 Milliarden Euro?
N
Es stellt sich die Frage, ob wir von tatsächlich einge-
tretenen Risiken sprechen.
Ich meine die Risikovorsorge.
N
Ich habe die entsprechende Zahl gerade nicht im
Kopf. Ich werde sie nachliefern.
Eine weitere Zusatzfrage, Kollege Zeil, bitte.
Glauben Sie, dass ein Verkauf der IKB überhaupt
möglich ist, ohne die Risiken, über die wir jetzt spre-
chen, abzuspalten und zu versuchen, den guten Teil der
IKB zu verkaufen und für die sogenannten schlechten
Risiken eine andere Lösung zu finden?
N
Herr Kollege, um nicht immer sagen zu müssen, dass
ich das offiziell nicht bewerten kann das kann ich aller-
dings in der Tat nicht , möchte ich darauf hinweisen,
dass in der Öffentlichkeit und in der Presse schon seit
längerem eine Debatte darüber geführt wird, ob die IKB
in eine bad bank und in eine good bank aufgeteilt
werden kann. Es ist nicht auszuschließen, dass diese
Frage im weiteren Verlauf des Verkaufsprozesses eine
entscheidende Rolle spielt. Das hätte natürlich auch
Konsequenzen für die Debatte, die wir dann im Haus-
haltsausschuss des Bundestages zu führen hätten.
Was Ihre Fragen, wie der Verkaufsprozess derzeit ver-
läuft und wer welche Bedingungen stellt, angeht, muss
ich Sie allerdings wiederum auf die Aussage verweisen,
die ich schon mehrmals getroffen habe.
Kollege Schäffler.
Frau Staatssekretärin, für den Verkaufsprozess ist
nicht ganz unerheblich, inwieweit Mittel bei der IKB an-
gelegt wurden. Erhöht sich aus Sicht der Bundesregie-
rung der Liquiditätsbedarf der IKB dadurch, dass die
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)
Rede von: Unbekanntinfo_outline
)
)
Die nächste Zusatzfrage hat der Kollege Thiele.
Frau Staatssekretärin, was wäre eigentlich mit den
500 Millionen Euro passiert, wenn die Zahlungsfähig-
keit der IKB nicht sichergestellt worden wäre und wenn
die IKB ihre Geschäftstätigkeit wegen Illiquidität hätte
einstellen müssen?
N
Herr Kollege Thiele, wie Sie wissen und wie ich es
vorhin schon angesprochen habe , ist die Anlage der Fi-
nanzagentur bei der IKB keineswegs die einzige Anlage
gewesen. Sie wissen auch, dass bei der schwierigen Ab-
wägung, von der Ihnen der Minister im Ausschuss be-
reits berichtet hat, ob es eine Insolvenz der IKB oder
Rettungsabschirmungen geben solle, immer auch auf die
Frage der Einlagen insgesamt geachtet worden ist. Inso-
fern stellen Sie eine hypothetische Frage, die ich Ihnen
nicht beantworten kann.
Die nächste Frage stellt der Kollege Dr. Wissing.
Frau Staatssekretärin, der Bund haftet meines Wis-
sens bei der Erfüllung der durch die Deutsche Finanz-
agentur wahrgenommenen Verpflichtungen für jedes Ver-
schulden der Deutschen Finanzagentur und ihrer Mitar-
beiter. Können Sie ausschließen, dass es zu einer solchen
Haftungsübernahme aufgrund eines Verschuldens der
Mitarbeiter der Finanzagentur kommt, und, wenn ja, wa-
rum gehen Sie davon aus, dass eine solche Haftungs-
übernahme hier auszuschließen sei?
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Eine Nachfrage ist nicht möglich.
Die nächste Frage stellt Kollege Dr. Schick.
Frau Staatssekretärin, hat bei den Überlegungen im
inanzministerium hinsichtlich der Rettungsaktionen
ür die IKB die Tatsache eine Rolle gespielt, dass Geld
es Bundes bei der IKB gefährdet sein könnte?
N
Herr Kollege Schick, ich war nicht bei allen Gesprä-
hen dabei und kann Ihnen nur für den Bereich, über den
ch Kenntnisse habe, sagen: Nein.
Damit kommen wir zu den dringlichen Fragen 7 und
des Kollegen Carl-Ludwig Thiele, die sich mit dem
leichen Sachzusammenhang befassen.
Zunächst rufe ich die dringliche Frage 7 auf:
Welche Finanzhilfen sind in der Verantwortung des Bun-
desministeriums der Finanzen über Beteiligungen des Bundes
oder der Finanzagentur der IKB zur Verfügung gestellt wor-
den?
N
Herr Kollege Thiele, hinsichtlich der Beteiligungen
es Bundes hat die KfW seit Ende Juli 2007 verschie-
enste Maßnahmen zur Risikoabschirmung, die wir alle
ereits im Finanzausschuss besprochen haben, auf den
eg gebracht, zum Beispiel den Eintritt der KfW in die
iquiditätslinie der IKB gegenüber dem Conduit Rhine-
and zugunsten der IKB Deutsche Industriebank. Stüt-
ungsmaßnahmen anderer Bundesbeteiligungen sind nicht
ekannt. Dies entspricht dem, worüber wir vorhin einen
ialog geführt haben.
Eine Nachfrage des Kollegen Thiele.
Ich möchte wissen, wie der Einlagensicherungsfonds
m Falle der Zahlungsunfähigkeit gewirkt hätte; denn
0 Prozent des haftenden Eigenkapitals wären, glaube
ch, weniger als 300 Millionen Euro gewesen, sodass die
efahr bestanden hätte, dass der Rest nicht hätte zurück-
ezahlt werden können. Können Sie das bestätigen?
17458 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
N
Herr Kollege Thiele, der Einlagensicherungsfonds
hätte genau so gewirkt, wie es die Regeln vorsehen. Ich
halte diese Frage, wie ich eben schon ausgeführt habe,
weiterhin für hypothetisch, weil Sie ja wissen, dass es
die entsprechenden Abschirmungsmaßnahmen gibt.
Frau Staatssekretärin, können Sie die Wirkung des
Einlagensicherungsfonds noch einmal beschreiben? Ist
es zutreffend, dass der Einlagensicherungsfonds mit
30 Prozent des Kapitals der Bank haftet?
N
Sie beschreiben die grundsätzliche Wirkung richtig.
Eine weitere Frage des Kollegen Schäffler.
Wenn man die Anlageentscheidung kritisch beurteilt,
dann ist zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt der Ver-
längerung dieser Einlage das Individualrating der IKB
bei D gewesen ist, was nach meinem Dafürhalten ein
sehr schlechtes Rating ist. Sind Sie nicht der Auffassung,
dass eine Finanzagentur, die ja das Vermögen und insbe-
sondere den Schuldendienst des Bundes optimieren
sollte, in solchen Anlageformen nichts zu suchen hat?
N
Herr Kollege Schäffler, ich glaube, das ist jetzt der
fünfte oder sechste Versuch, mich zu einer Bewertung zu
veranlassen. Ich habe Ihnen schon mitgeteilt, dass das
nicht ansteht, will aber deutlich machen, dass meines
Wissens auch in diesem Punkt muss ich wegen der
Verschwiegenheitspflicht des Bundesschuldengremiums
sehr vorsichtig sein der Bundesrechnungshof diesbe-
züglich keine Beanstandungen hat.
Die nächste Frage hat der Kollege Zeil.
Frau Staatssekretärin, uns bereitet auch die Frage
Sorge, inwieweit die gesamte Problematik die Fördertä-
tigkeit der KfW und die KfW insgesamt in Gefahr
bringt. Uns ist gesagt worden, dass es eine Ausgleichs-
vereinbarung geben soll, die sicherstellt, dass die Förder-
tätigkeit ungeschmälert fortgesetzt werden kann; sie be-
finde sich aber noch in der Abstimmung. Ist bald mit
dieser Ausgleichsvereinbarung zu rechnen?
N
Herr Kollege, ich muss meine Antwort etwas differen-
zieren. Sie wissen, dass sich die Vereinbarung auf die För-
dertätigkeit im Zusammenhang mit dem ERP-Sonderver-
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede von: Unbekanntinfo_outline
)
)
Wir kommen zur Frage 8 der Kollegin Sevim
ağdelen:
Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu tref-
fen, um die zu erwartenden und laut Süddeutsche Zeitung vom
26. Mai 2008 ihr bekannten Probleme bei der Schulung von
Lehrerinnen und Lehrern an Volkshochschulen zu beheben,
die ab dem 1. September 2008 Interessierten Einbürgerungs-
kurse anbieten werden, jedoch aufgrund der Planung von
Schulferien und des Nichtvorliegens der 300 möglichen Fra-
gen für Einbürgerungstests in Vorbereitungsschwierigkeiten
geraten sind?
D
Frau Dağdelen, ich beantworte Ihre Frage wie folgt:
ie Bundesregierung sieht keine Veranlassung zu eige-
en Maßnahmen hinsichtlich der auf Länderebene anzu-
ietenden Einbürgerungskurse. Das für deren inhaltliche
orbereitung erforderliche Curriculum ist den zuständi-
en Länderverwaltungen seit Juni 2007 bekannt. Die
tändige Konferenz der Innenminister und -senatoren
er Länder hatte am 31. Mai/1. Juni 2007 in Berlin mit
em Konzept Bundeseinheitliche Standards für das
inbürgerungsverfahren auch die darin angelegte Ar-
eitsteilung zwischen Bund und Ländern gebilligt. Da-
ach sorgt der Bund zum 1. September 2008 für einen
aliden bundeseinheitlichen Einbürgerungstest. Dieser
ann unabhängig vom Besuch eines Einbürgerungskur-
es abgelegt werden. Der Bund bietet den Ländern au-
erdem für die technische Durchführung die Infrastruk-
ur des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge an.
ie Länder sorgen ihrerseits dafür, dass auf der Basis
es oben genannten IMK-Beschlusses solche vorberei-
enden Einbürgerungskurse angeboten werden. Die Teil-
ahme an solchen Kursen ist freiwillig.
Der Bundesregierung erschließt sich nicht, weshalb
on den Ländern mit der Planung ihrer Einbürgerungs-
urse betraute Anbieter, zum Beispiel Volkshochschu-
en, nicht in der Lage sein sollten, anhand eines ausfor-
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17461
)
)
Parl. Staatssekretär Dr. Christoph Bergner
mulierten konkreten Curriculums den Lehrstoff für einen
60-Stunden-Kurs aufzubereiten und ab September 2008
Einbürgerungskurse anzubieten.
Ergänzend ist anzumerken, dass ein Großteil der An-
bieter bereits im Auftrag des Bundesamts für Migration
und Flüchtlinge in dessen Integrationskursen erfolgreich
sogenannte Orientierungskurse von 45 Stunden zur glei-
chen Thematik durchführt. Einbürgerungskurse gezielt
nur auf die richtige Beantwortung prüfungsrelevanter
Multiple-Choice-Fragen auszurichten, liefe der Intention
des obengenannten IMK-Beschlusses entgegen, da dabei
auch staatsbürgerliches Verständniswissen und länderbe-
zogene Kenntnisse zu vermitteln sind.
Nachfrage, Kollegin Dağdelen?
Ja. Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, dass die
Bundesregierung davon ausgeht, dass die Volkshoch-
schulen dafür verantwortlich sind, für an Einbürgerung
Interessierte 60-Stunden-Kurse anzubieten. Ich komme
aus Nordrhein-Westfalen, aus Bochum. Ende Juni begin-
nen dort die Sommerferien. Der Landesvorsitzende des
Volkshochschulverbandes in Nordrhein-Westfalen sagt,
dass nicht damit zu rechnen ist, dass die Lehrerinnen und
Lehrer, die dafür abgestellt werden, sich vorbereiten
können, weil ihnen die Fragen bisher noch nicht vorlie-
gen. Ich möchte Sie gerne fragen: Wann gedenkt die
Bundesregierung den Lehrerinnen und Lehrern die be-
treffenden Fragen vorzulegen, damit sie sich auf diese
Kurse dementsprechend vorbereiten können, damit es ab
1. September nicht dazu kommt, dass Interessierte nur
deswegen daran gehindert werden, Einbürgerungs-
anträge zu stellen, weil es zeitlich nicht angemessen vor-
bereitet wurde?
D
Frau Kollegin Dağdelen, ich glaube, Ihre Fragestel-
lung enthält zwei Missverständnisse.
Erstes Missverständnis. Sie fragen nach der Verant-
wortung der Bundesregierung. Ich darf noch einmal sa-
gen: Der IMK-Beschluss, den ich bereits zitiert habe,
sieht insoweit eine Arbeitsteilung vor, als der Bund für
einen einheitlichen Einbürgerungstest und die Länder für
die darauf vorbereitenden Einbürgerungskurse sorgen.
Das heißt, die Gestaltung der Kursverantwortung liegt
bei den Ländern.
Zweites Missverständnis. Der Bund hat nicht die Auf-
gabe, diese Einbürgerungskurse als Vorbereitung auf ein
Multiple-Choice-Fragenraster durchzuführen auch das
habe ich in der Beantwortung der Frage zum Ausdruck
zu bringen versucht ; vielmehr entwickelt der Bund ein
Rahmencurriculum. Das hat er in einem recht aufwändi-
gen Verfahren in einer Arbeitsgruppe der Innenminister-
konferenz, also unter Beteiligung der Länder, erarbeitet.
Nach diesem Rahmencurriculum sind entsprechende
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Frau Staatssekretärin, die in diesem Bericht genann-
ten Umweltgefährdungen beziehen sich zu einem we-
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Meine Frage bezog sich allerdings in erster Linie da-
auf, was Sie tun, damit die USA und Großbritannien
iese Gebiete veröffentlichen.
Lassen Sie mich aber, weil Sie ja das Wirtschaftsmi-
isterium vertreten, eine zweite Frage stellen.
Der Chef der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, und
er Direktor bei der EU-Generaldirektion Energie und
erkehr, Herr Hilbrecht, fordern einen freien Zugang
ritter zu den beiden Zuleitungen zur Ostseepipeline,
lso OPAL und NEL. Sie stimmen mit mir sicherlich da-
in überein, dass auch für diese Pipeline das europäische
ettbewerbsrecht gilt und die Regeln des Binnenmark-
es einzuhalten sind. Deshalb frage ich Sie: Wie will die
undesregierung den freien Zugang zur geplanten Pipe-
ine für unabhängige Gasversorger sicherstellen, und in
elcher Form wird die Bundesregierung die Einhaltung
ieser EU-Wettbewerbsregelung zur Bedingung machen,
enn sie demnächst über den Bauantrag entscheidet?
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17463
)
)
D
Wie Sie wissen, Herr Kollege Sie sind ja europapo-
litischer Sprecher Ihrer Fraktion , ist dies nicht ein Pro-
jekt eines einzelnen Staates, sondern ein Projekt vieler
Staaten und als ein Vorhaben bei den transeuropäischen
Netzen ausgewiesen. In dem Rahmen werden auch diese
Fragen zu überprüfen sein.
Wir kommen zur Frage 10 der Kollegin Sevim
Dağdelen:
Welchen Standpunkt vertritt die Bundesregierung bezüg-
nordrhein-westfälischen Landesregierung, die von ihrer For-
derung nach Rückzahlung der gezahlten Subventionen inklu-
sive Zinsen in Höhe von circa 60 Millionen Euro für das Werk
in Bochum abgerückt sei und eine Einigung mit Nokia über
die Rückzahlung von lediglich 30 Millionen Euro erzielt
habe, sofern die Bundesregierung diesem Vergleich zu-
stimme?
D
Frau Kollegin Dağdelen, die Antwort lautet wie folgt:
Die in der Presse vermeldeten Informationen sind un-
zutreffend. Der Bundeswirtschaftsminister würde eine
Einigung zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und
Nokia grundsätzlich begrüßen, erwartet nach Abschluss
der Verhandlungen die Vorlage des Ergebnisses bezüg-
lich der davon betroffenen Bundesmittel und würde im
Rahmen des rechtlich Möglichen an einer konstruktiven
Lösung mitwirken.
Bitte schön, eine Nachfrage.
Liebe Frau Wöhrl, hat die Bundesregierung oder das
Bundeswirtschaftsministerium Kenntnis vom Stand der
Verhandlungen, und inwieweit unterstützt die Bundesre-
gierung die Überlegung, die Subventionsrückzahlung
von Nokia als Verhandlungssache anzugehen?
D
Wir vom Ministerium haben Kenntnis davon: Es sind
Vergleichsverhandlungen im Gange. Man versucht, sich
außergerichtlich zu einigen. Es ist noch keine Einigung
erzielt worden; es ist also noch kein Vergleich zustande
gekommen. Die Vergleichsverhandlungen sind noch
nicht abgeschlossen. Sobald die Verhandlungen abge-
schlossen sind und es zu einem Vergleich gekommen ist,
wird die Bundesregierung auf der Basis dieses Ver-
gleichs nach Recht und Gesetz prüfen, wie wir uns an
dem Verfahren weiter beteiligen.
Noch eine Nachfrage?
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ausbau auf Wunsch der Bayerischen Staatsregierung auch die
Varianten C/C 2,80 mit einer Staustufe und D 2 mit drei Stau-
stufen untersucht wurden, b) dass durch die Regierung Nieder-
bayern nach Abschluss des Verfahrens die Variante C/C 2,80
empfohlen wurde, wobei im Verfahren die Bundesanstalt für
Gewässerkunde, BfG, und die Bundesanstalt für Wasserbau,
BAW, als Prüfungsinstanzen beteiligt wurden?
17464 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
K
Herr Präsident! Liebe Kollegin, ich beantworte Ihnen
Frage 17 gemäß den beiden Teilen wie folgt:
Ich beginne mit a): Das Raumordnungsverfahren un-
tersteht dem Landesrecht. Die Aussage, dass die
Bundesanstalt für Wasserbau und die Bundesanstalt für
Gewässerkunde beim Raumordnungsverfahren als Prü-
fungsinstanzen beteiligt wurden, ist nicht zutreffend.
Jetzt zu b): Die landesplanerische Beurteilung der Re-
gierung von Niederbayern kommt zu dem Ergebnis, dass
nur die Variante C/C 2,80, das heißt ein Ausbau mit
flussregelnden Maßnahmen durch eine Staustufe, den
Erfordernissen der Raumordnung entspricht. Die Bun-
desregierung hat diese Einschätzung der Regierung von
Niederbayern nicht zu bewerten. Sie ist für ein künftiges
Planfeststellungsverfahren rechtlich nicht verbindlich.
Nachfrage?
Ja. Frau Staatssekretärin, wie bewerten Sie denn die
Aktivitäten in Niederbayern? Der Bundestag hatte ja im
Jahre 2002 mit einer großen Mehrheit beschlossen, beim
Donauausbau die Variante A zu realisieren. Hier liegt ja
ein Widerspruch zu der Auffassung der Regierung von
Niederbayern vor. Wie bewerten Sie das?
K
Herr Präsident! Frau Kollegin, es ist so, dass das Land
Bayern, in dem Fall die Regierung von Niederbayern,
unabhängig vom Bund aktiv geworden ist. Das ist mög-
lich, aber das spielt zur Beurteilung von unserer Seite
keine Rolle.
Zweite Nachfrage? Nein.
Wir kommen zur Frage 18, ebenfalls von der Kollegin
Bulling-Schröter:
Wie bewertet die Bundesregierung angesichts des gelten-
den Bundestagsbeschlusses zum Donauausbau zwischen
Straubing und Vilshofen vom 7. Juni 2002, welcher einzig ei-
nen staustufenlosen Ausbau des Flusses vorsieht, die Tatsa-
che, dass der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung, Wolfgang Tiefensee, im Juli 2007 einen
Förderantrag der Rhein-Main-Donau Wasserstraßen GmbH,
RMD, für eine variantenunabhängige Untersuchung des Aus-
baus der Donau in diesem Abschnitt an die Europäische Kom-
mission stellte, welche laut Bundesministerium für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung Kosten von 33 Millionen Euro ver-
ursachen wird, obwohl die Bundesregierung aufgrund des
Bundestagsbeschlusses ausschließlich als Bauherr für die
Variante A zur Verfügung stehen kann?
K
Meine Antwort lautet wie folgt: Bundesverkehrsmi-
nister Tiefensee hat das Anliegen des Ausschusses für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung des Deutschen Bun-
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Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Frau
taatssekretärin, ist Ihnen das Gutachten des Wissen-
chaftlichen Dienstes bekannt, in dem festgehalten wird,
ass der Bund der alleinige Bauherr ist, und ist Ihnen
ekannt, dass es einen entsprechenden Bundestagsbe-
chluss gibt? Es ist daher vollkommen irrelevant, was
er Verkehrsausschuss beschlossen hat, weil das Plenum
es Deutschen Bundestages einen Beschluss gefasst hat.
ußerdem kann man nicht von einem Beschluss des Ver-
ehrsausschusses sprechen. Es gab vielmehr eine Bitte
er Frau Abgeordneten Blank und des Herrn Abgeordne-
en Scheuer.
Ist Ihnen also bekannt, dass es dieses Gutachten gibt
nd einen Ihrem Handeln widersprechenden gültigen
eschluss des Bundestages?
K
Herr Dr. Hofreiter, es gibt einen Beschluss des Bun-
estages zum Ausbau bezogen auf die Variante A. Wir
eranlassen jetzt eine variantenunabhängige Untersu-
hung, bei der das Ergebnis offen ist. Insofern handelt
ie Bundesregierung nicht gegen den Beschluss des
undestages. Der Bundestagsbeschluss bleibt vielmehr
estehen. Aber die weitere Untersuchung wird Näheres
eigen. Sie ist also zur Erhellung des Tatbestandes si-
herlich vernünftig.
Danke schön. Nun eine Frage des Kollegen
r. Andreas Scheuer.
Frau Staatssekretärin, ich will mich zunächst beim
ollegen Hofreiter bedanken. Aber ich muss schon sa-
en, dass es sich eher um eine Entscheidung des Ver-
ehrsministers gehandelt hat, da er die verkehrspoliti-
che Relevanz der Donau erkannt und damit die
ariantenunabhängigkeit in die Diskussion gebracht hat.
17466 Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008
)
)
Dr. Andreas Scheuer
Frau Staatssekretärin, vielleicht könnten Sie ganz
kurz Auskunft geben, was den Begriff der Variantenun-
abhängigkeit betrifft. Die Verkehrspolitiker und das Ver-
kehrsministerium machen sich sehr stark Gedanken, wie
ein Ausbau aufgrund der verkehrspolitischen Relevanz
der Donau unter Beachtung aller ökologischen Schutz-
maßnahmen durchgeführt werden kann. Wir haben ein
Moderationsverfahren innerhalb der Europäischen
Union angestoßen. Die Kollegin Irber weiß, dass die auf
EU-Ebene zuständige Moderatorin in die Region einge-
laden wurde. Können Sie bestätigen, dass durch die vari-
antenunabhängige Untersuchung sichergestellt ist, dass
wir die Durchführungen aller ökologischen Schutzmaß-
nahmen anstreben und entsprechende Überlegungen an-
stellen?
K
Herr Kollege Dr. Scheuer, wir würden eine varianten-
unabhängige Prüfung nicht vornehmen, wenn wir nicht
der Auffassung wären, dass weitere Maßnahmen not-
wendig sind, um zu prüfen, inwieweit die ökologischen
Belange bei der Donau zu berücksichtigen sind. Wir ha-
ben zwar schon sehr viele Gutachten. Aber auch Sie wis-
sen, dass wir eine Einigung mit dem Freistaat Bayern
brauchen. Es geht von unserer Seite daher auch darum,
im Rahmen der variantenunabhängigen Untersuchung
gute Argumente für eine Ausbauvariante zu erhalten, die
nicht unbedingt diejenige Variante sein muss, die bei-
spielsweise das Land Bayern oder in diesem Fall die Re-
gierung von Niederbayern vorschlägt.
Danke. Die nächste Frage geht an die Kollegin
Brunhilde Irber.
Vielen Dank, Herr Präsident. Frau Staatssekretärin,
ich muss noch einmal nachfassen. Der Bundestagsbe-
schluss aus dem Jahre 2002 sah ausdrücklich vor, dass
die Variante A vom Bund weiter verfolgt werden soll.
Das impliziert, dass andere Varianten nicht weiter ver-
folgt werden sollen oder dürfen.
Deshalb frage ich Sie, wieso eine Variante, die vom
Freistaat Bayern als Ergebnis des Raumordnungsverfah-
rens ins Gespräch gebracht wurde, nun weiter geprüft
werden soll. Wie ist das mit dem bestehenden Bundes-
tagsbeschluss vereinbar?
K
Liebe Kollegin Irber, genau das ist nicht der Fall; das
habe ich gerade deutlich gemacht. Eine variantenunab-
hängige Untersuchung heißt auch, dass sie unabhängig
von den Empfehlungen des Landes Bayern ist. Es geht
darum, eine Lösung unter Einbeziehung des Bundestags-
beschlusses zu finden, um dann die ökologischen Maß-
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Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
Nein, das war ein Eingangssatz.
Frau Staatssekretärin, ist Ihnen bewusst, dass im Rah-
en der Variante C/C 2,80 täglich 840 20-Tonnen-Lkws
eniger auf der Autobahn fahren würden und deren La-
ung auf die Binnenwasserstraße Donau verfrachtet wer-
en könnte und dass bei der Variante A nur eine Redu-
ierung um 220 Lkws erfolgen würde und umgekehrt die
traßen zusätzlich belastet würden? Darüber hinaus
uss ich darauf verweisen
ich bitte, nicht gestört zu werden; auch ich habe Sie re-
en lassen , dass die Donau bei Variante C/C 2,80 an
90 Tagen nutzbar ist, während sie bei Variante A nur an
55 Tagen nutzbar ist, und dass sich das ist das Letzte
n diesem Zusammenhang zum Beispiel an den Ufer-
treifen zwischen Aicha und Straubing überhaupt nichts,
lso weder durch eine Buhne noch durch sonst etwas,
ndert. Das, was die Variante C/C 2,80 beinhaltet, ist
lso als umweltfreundlichste Lösung anzusehen.
K
Ich versuche, das zu beantworten, Herr Kollege
insken: Als Grundlage dafür, was am Ende im Ministe-
ium entschieden und dann dem Bundestag vorgelegt
ird, haben wir eine variantenunabhängige Untersu-
hung eingeleitet. Dieses Verfahren haben wir bei der
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17467
)
)
Parl. Staatssekretärin Karin Roth
Europäischen Kommission angemeldet. Wir gehen da-
von aus, dass die Europäische Kommission die entspre-
chenden Mittel bereitstellt. Sie hat es schon beschlossen;
aber das Europäische Parlament muss noch zustimmen.
So sieht das Verfahren zurzeit aus. Wir sind im Moment
in der Situation, dass wir noch nicht handeln können,
weil wir noch nicht das Go vonseiten des Parlaments ha-
ben.
Die verkehrliche Seite ist das eine; es geht aber auch
um ökologische Fragen und um Fragen des Klimawan-
dels, die wir berücksichtigen müssen. Da sind neue As-
pekte aufgetaucht. Deshalb sind wir der Auffassung,
dass zusätzliche Untersuchungen notwendig sind, um
vor dem Hintergrund der Umweltverträglichkeit eine
entsprechende Variante vorzuschlagen. Wenn wir uns für
eine andere Variante als die, die im Bundestagsbeschluss
vorgesehen ist, entscheiden würden, müsste der Bundes-
tag damit befasst werden. Aber das ist offen.
Es ist noch eine ganze Reihe von Fragen zu diesem
Komplex gestellt worden, die anschließend aufgerufen
werden. Deswegen und weil wir keine Zeit mehr haben,
lasse ich als letzte Zusatzfrage die von Frau Kotting-Uhl
zu. Denn ansonsten haben die anderen Fragesteller, die
sich auf die Fragestunde vorbereitet haben, keine
Chance mehr, zu Wort zu kommen. Ich bitte also darum,
keine Zusatzfragen mehr zu stellen. Wir werden in der
vorgesehenen Reihenfolge fortfahren.
Frau Kotting-Uhl, bitte.
Danke schön, Herr Präsident. Es ist ja unser aller Zeit,
die beansprucht wird.
Ich muss sagen, dass ich als Mitglied des Umweltaus-
schusses, in dem ich einen anderen Umgang mit Be-
schlüssen des Bundestages gewohnt bin, etwas irritiert
bin. Ich möchte Sie fragen, ob dies im Verkehrsministe-
rium die übliche Art ist, mit Bundestagsbeschlüssen um-
zugehen.
K
Herr Präsident! Liebe Kollegin, Sie gehen davon aus,
dass der Bundestagsbeschluss für uns nicht maßgebend
ist. Das ist falsch. Wir gehen mit dem Bundestagsbe-
schluss so um, wie es sein muss. Er ist für uns Grund-
lage. Er wurde von unserer Seite auch nicht verändert.
Wir brauchen aber zusätzliche variantenunabhängige
Untersuchungen. Diese werden jetzt eingeleitet. Am
Ende wird ein Ergebnis stehen, mit dem sich der Bun-
destag befassen wird. Das Ergebnis ist offen. Sie können
der Bundesregierung nicht unterstellen, dass sie den
Auftrag des Verkehrsausschusses nicht umsetzt.
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Das ist interessant. Da wissen Sie mehr als ich.
Ihre dritte Nachfrage, Frau Irber.
Wird im Juli mit einer Entscheidung der Kommission
und einer Vergabe der Aufträge durch die RMD gerech-
net?
K
Frau Kollegin, ob die Kommission im Juli entschei-
det, weiß ich nicht. Das wäre aber zu wünschen. Das
weitere Verfahren wird dann geklärt.
Ihre vierte Nachfrage.
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Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, Sie sprachen von
inem fairen und transparenten Verfahren; gleichzeitig
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17469
)
)
Dr. Anton Hofreiter
sprachen Sie von der RMD. Ist Ihnen bekannt, dass es in
der Region keinen Beteiligten gibt, der auch nur an-
nimmt, dass die RMD in der Lage ist, ein faires und
transparentes Verfahren zu organisieren?
Oder anders gefragt: Bedeutet die Aussage, dass es ein
faires und transparentes Verfahren gibt, dass der RMD
der Auftrag entzogen wird?
K
Herr Dr. Hofreiter, es ist mir bekannt, dass es Diskus-
sionen über die RMD und deren Parteilichkeit gibt. Für
die Bundesregierung ist die RMD aufgrund unserer Ver-
träge mit ihr ein Partner. Von daher werden die Entschei-
dungen, wie die RMD im Rahmen des Donauausbaus in-
volviert ist oder sein wird, dann getroffen, wenn es so
weit ist. Es ist noch nicht so weit.
Die nächste Frage hat der Kollege Horst Meierhofer.
Frau Staatssekretärin, Sie haben darauf hingewiesen,
dass die Schifffahrt der umweltfreundlichste Verkehrs-
träger sei. Wie definieren Sie das? Definieren Sie das un-
ter Berücksichtigung aller ökologischen Probleme, die
vielleicht durch die Schaffung eines neuen Kanals, durch
die Staustufen oder durch Einflüsse auf Ökosysteme ein-
bezogen werden? Oder sehen Sie das erst so ab dem
Zeitpunkt, wenn der Fluss als Ökosystem bereits in die
Schranken gewiesen worden ist und dadurch unter Um-
ständen alles ökologisch Negative bereits erfolgt ist?
Sprich: Ist es das Umweltfreundlichste, wenn schon aus-
geteert oder ausbetoniert ist, oder definieren Sie das so
ab dem jetzigen Zeitpunkt? Wenn Sie wüssten, dass zum
jetzigen Zeitpunkt die Binnenschifffahrt der freund-
lichste Verkehrsträger ist, dann bräuchten Sie keine Un-
tersuchung durchzuführen, sondern wüssten, dass es ver-
nünftig ist, möglichst viele Staustufen zu bauen.
K
Herr Dr. Meierhofer, Sie unterstellen, dass ich das in
meiner Antwort nur auf die Donau bezogen habe. Ich
habe das generell gemeint. Das ist sehr wichtig und
stimmt auch. Es ist ganzheitlich betrachtet so. Sie kön-
nen auch nachlesen, dass die Binnenschifffahrt der um-
weltverträglichste Verkehrsträger ist.
Natürlich ist es notwendig, bezogen auf den jeweili-
gen Fluss, also auf die jeweilige Bundeswasserstraße,
entsprechende Vorkehrungen zu treffen, damit diese
Umweltverträglichkeit zum Tragen kommt. Deshalb gibt
es unterschiedliche Wasserstraßen. Es gibt, wie Sie wis-
sen, nicht nur staugeregelte Wasserstraßen. Insofern wi-
derspricht meine Aussage, die ich generell gemeint habe,
nicht dem Anliegen, das wir hinsichtlich der Donau ha-
ben. Wir müssen nur klären, welches die beste Variante
ist.
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ber das Einvernehmen gehört. Dann war der Bundes-
agsbeschluss von 2002 falsch; denn ein Einvernehmen
ab es damals noch nicht. Es ist des Öfteren der Fall,
ass auf Bundesebene Beschlüsse gefasst werden, für
ie es kein Einvernehmen mit den Ländern gibt. Ich
öchte Sie gerne fragen: Hätte der Bundestag diesen
eschluss damals nach Ihrer Meinung gar nicht fassen
ürfen?
K
Herr Präsident! Liebe Kollegin, der Bundestag kann
inen Beschluss fassen. Wenn der Freistaat Bayern mit
em nicht einverstanden ist, wird kein Einvernehmen
ergestellt. Genau darüber reden wir: dass es einen Be-
chluss gibt, der mit dem Land Bayern
ber nicht realisierbar ist.
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode 165. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Juni 2008 17471
(C)
(D)
Parl. Staatssekretärin Karin Roth
Das gilt für alle Länder, wenn man entsprechende ver-
tragliche Vorgaben hat. Das Grundgesetz gilt bekannt-
lich für alle, auch für die Länder. Das habe ich Ihnen ge-
rade vorgelesen.
Insofern hat der Deutsche Bundestag eine Meinungs-
äußerung vonseiten des Bundes getätigt.
Das ist der Beschluss, der gilt. Für die Realisierung brau-
chen wir allerdings ein Einvernehmen mit dem Land.
Wenn das Land die Realisierung der Variante A nicht er-
laubt bzw. diese nicht im Einvernehmen zu regeln ist,
müssen wir sehen, wie wir mit weiteren Argumenten va-
riantenunabhängig die Bayerische Staatsregierung über-
zeugen.
Vielen Dank, Frau Staatssekretärin!
Die Zeit für die Fragestunde ist seit geraumer Weile
abgelaufen. Deswegen beende ich die Fragestunde jetzt.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 5. Juni 2008,
9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.