Gesamtes Protokol
Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sit-
zung ist eröffnet.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:
Befragung der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat als Thema der gestrigen Ka-
binettssitzung mitgeteilt: Strategie der Bundesregie-
rung zur Förderung der Kindergesundheit.
Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht
hat die Bundesministerin für Gesundheit, Ulla Schmidt.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnenund Kollegen! Das Kabinett hat gestern die Strategie derBundesregierung zur Förderung der Kindergesundheitbeschlossen. Ausgangspunkt dieser Strategie sind dieErgebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys,den wir gemeinsam mit dem Bundesforschungsministe-rium auf den Weg gebracht haben.Dieser belegt: Ein Aufwachsen in Gesundheit ist fürviele Kinder selbstverständlich, aber längst nicht für alle.Entscheidend für ein gesundes Aufwachsen ist, in wel-cher Familie und unter welchen Bedingungen KinderBmSMdAugwsaesAidDKüshcRedetaufwachsen. So haben Kinder aus sozial schwächerenFamilien oft eine deutlich schlechtere Gesundheit alsKinder von Bessergestellten. Es wird deutlich, dass sichKinder aus sozial schwächeren Familien in der Regelschlechter und ungesünder ernähren. Sie treiben seltenerSport und nehmen seltener Vorsorgeuntersuchungenwahr. Sie zeigen verstärkt psychische Auffälligkeiten undhaben deutlich mehr Erfahrungen mit Gewalt. Grundsätz-lich nehmen chronische Erkrankungen bei Kindern undJugendlichen an Bedeutung zu.Die Gesundheit der Kinder ist nicht nur eine Angele-genheit des Bundesgesundheitsministeriums, sie betrifftviele Politikfelder. Deshalb hat die Bundesregierung be-schlossen, das, was in den verschiedenenetwa im Bundesforschungsministerium, imministerium für Familie, im Bundesministerinährung, Landwirtschaft und Verbrauchers
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Auch wenn zum Teil andere Forderungen aufgestellt
werden: Wir wollen, dass erst die Datenlage ermittelt
wird und wir dann entscheiden, was notwendig ist.
Nun Kollege Peter Friedrich.
Herr Präsident, vielen Dank. – Frau Ministerin, die
Strategie der Bundesregierung enthält eine ganze Fülle
von Maßnahmen. Es fällt auf, dass das Thema Präven-
tionsgesetz an erster Stelle steht. Wenn man sich die
Ziele anschaut, ist offensichtlich, dass diese Ziele nur in
Settingmaßnahmen erreicht werden können, indem man
die gesamte Lebenswelt der Kinder erreicht und nicht
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ie Sie wissen, erfolgt noch eine Abwägung der einzel-
en Maßnahmen.
Konkret macht das Umweltministerium Folgendes:
u den Auswirkungen von Klimaveränderungen und
eränderten Umweltbedingungen auf die gesundheitli-
hen Risiken von Kindern werden Forschungspro-
ramme aufgelegt, damit wir auch hier über mehr Daten
erfügen, als es heute der Fall ist, und gezielt handeln
önnen.
Das eine kommt also im Juni, was ja nicht mehr so
ange hin ist; in der nächsten Woche ist schon Juni. Da-
er sollten wir abwarten, was dann entschieden werden
ird. Sie werden sehen, dass diese Bundesregierung eine
anze Menge auf den Weg bringt, um den Herausforde-
ungen durch die Klimaveränderungen zu begegnen und
irksame Maßnahmen einzuleiten. Im internationalen
ergleich stehen wir hier gar nicht schlecht da.
Sie haben die Beantwortung meiner Frage ein biss-
hen auf das Umweltministerium abgeschoben. Daher
rage ich noch einmal nach: Daten sind schön und gut.
ber wir haben in diesem Bereich eigentlich keine Er-
enntnisdefizite – wir wissen sehr viel und verfügen
ber Zahlen und Statistiken –, sondern wir haben Hand-
ungsdefizite. Was werden Sie in Ihrem Haus tun, um
iesen Krankheiten vorzubeugen?
Noch einmal: Wir beraten das Klimapaket und wer-en im Juni darüber entscheiden und es dann auch vor-tellen. Darin sind Maßnahmen enthalten.Die Weltgesundheitsorganisation hat in diesem Jahren Zusammenhang zwischen Klima und Gesundheit alsines ihrer Themen auf den Weg gebracht. In unseremause können wir in Zusammenarbeit mit dem Umwelt-inisterium Überlegungen anstellen, wie sich Klimaver-nderungen und veränderte Umweltbedingungen auf dieäufigkeit von Allergien, Asthma und anderen Erkran-ungen auswirken und wo auf diesem Felde gegenge-teuert werden muss. Dies ist keine Angelegenheit deresetzlichen Krankenversicherung, sondern hier müssenir an die Wurzel herangehen und versuchen, Umwelt-edingungen zu schaffen, die diese Krankheiten nicht
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Bundesministerin Ulla Schmidtauslösen. Der Klimaschutz verlangt ein gemeinsamesVorgehen; das kann nicht allein vom Bundesgesund-heitsministerium auf den Weg gebracht werden, zumalnicht über die gesetzliche Krankenversicherung.
Kollegin Dagmar Enkelmann, Sie sind an der Reihe.
Frau Ministerin, nach Ihrer Antwort auf die Frage des
Kollegen Koppelin hätte ich Sie gern nach der Finanz-
ausstattung der Kommunen gefragt. Dies verkneife ich
mir; darüber werden wir sicherlich noch an anderer
Stelle diskutieren.
– Frau Schmidt, Sie kennen sich da möglicherweise
nicht aus. Fragen Sie Kommunalpolitiker.
– Dann wissen Sie, wie die Situation ist und was man
den Kommunen an Aufgaben tatsächlich noch übertra-
gen kann.
Herr Präsident, das war aber jetzt nicht mein Thema.
Ich komme zu den Vorsorgeuntersuchungen zurück. Sie,
Frau Ministerin, hatten über verpflichtende Einladungen
gesprochen. Wäre es nicht sinnvoller, mit den Kassen
auch darüber zu reden, dass Vorsorgeuntersuchungen
zum Beispiel direkt in den Schulen und Kinderbetreu-
ungseinrichtungen vorgenommen werden? Ich muss sa-
gen, dass man in der DDR damit gute Erfahrungen ge-
macht hat.
Als ich Kind war, fanden diese Untersuchungen auch
in den Schulen statt. Dies ist eine gemeinsame Aufgabe,
und die Kassen sind zur Kooperation verpflichtet. Sol-
che Punkte können in Rahmenvereinbarungen gelöst
werden. Dabei geht es darum, ob der öffentliche Ge-
sundheitsdienst diese durchführt oder ob niedergelassene
Ärzte dafür bezahlt werden. Im Bereich der Zahnpro-
phylaxe wurden beispielsweise solche Verabredungen
getroffen. Die Frage ist also, wie es organisiert wird. Die
Tatsache, dass gerade im öffentlichen Gesundheitsdienst
in den letzten Jahren sehr viel eingespart worden ist,
führt heute zu einer Reihe von Engpässen. Die Kassen
können hier in Kooperation mit den Kommunen und den
Ländern dafür sorgen, dass möglichst alle Kinder er-
reicht werden und an Vorsorgeuntersuchungen teilneh-
men werden. Anderes können die Krankenkassen nicht
tun; sie können nicht das Wächteramt des Staates über-
nehmen.
Kollegin Elke Reinke hat jetzt das Wort.
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Kollegin Enkelmann.
Wir unterstützen den Antrag von Bündnis 90/
ie Grünen. Wir sind der Auffassung: Zu diesem Thema
ehört der Minister her.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht.
Frau Kollegin, bitte schön. So viel Zeit haben wir.
Ich glaube auch, dass wir so viel Zeit haben. Ich bitte
arum, im Zusammenhang mit der Abstimmung die Be-
chlussfähigkeit festzustellen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag derraktion Bündnis 90/Die Grünen, den Herrn Bundes-nnenminister zur Beantwortung der ersten dringlichenrage herbeizurufen. Wer stimmt für diesen Antrag? –er stimmt dagegen? – Damit ist der Antrag angenom-en. Ich setze die Beantwortung dieser dringlichenrage aus, bis der Herr Innenminister anwesend ist.
Ich frage zurück, ob das in Ihrem gemeinsamen Inte-esse liegt.
Ich will Sie nur darauf hinweisen: Die Beantwortungieser dringlichen Frage ist ausgesetzt, bis der Innen-inister kommt. Wir könnten mit der Beantwortung an-erer Fragen fortfahren. Wir können natürlich auch einenterbrechung herbeiführen. Wenn Sie Lust haben, ei-en Kaffee zu trinken, können Sie dem Antrag der Kol-egin Gleicke zustimmen. Wer stimmt für den Antrag derollegin Gleicke?
Die Kollegin Gleicke hat mir zugerufen, dass sie denntrag zurücknimmt.
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Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Wir können somit erfreulicherweise unsere Arbeitfortsetzen, was ich begrüße.
Es wird gerade festgestellt, wo der Innenminister ist,ob er im Land, in Berlin oder woanders ist. – Mir wirdgerade mitgeteilt, dass der Minister entschuldigt sei. Erist auf dem Weg nach Israel.Ich frage die parlamentarischen Geschäftsführer, obsie ernsthaft darauf bestehen, dass die Sitzung so langeunterbrochen wird, bis der Herr Minister hier erschienenist. Das scheint mir nicht besonders geschäftsführend zusein. Deswegen mache ich Ihnen noch einmal den – ichdenke: angemessenen – Vorschlag, die Beantwortungdieser dringlichen Frage auszusetzen und mit den dring-lichen Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesministe-riums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend fortzu-fahren. Zur Beantwortung dieser Fragen steht derParlamentarische Staatssekretär Hermann Kues zur Ver-fügung. Sind Sie mit diesem Verfahren einverstanden? –Ich höre keine Einwände. Dann verfahren wir so, oder?Wir sind uns einig: Wir behandeln zunächst die dring-lichen Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesministe-riums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. ZurBeantwortung steht der Parlamentarische StaatssekretärHermann Kues zur Verfügung.Die dringliche Frage 2 hat Dagmar Enkelmann ge-stellt:Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus deram Montag vom Bundesministerium für Familie, Senioren,Frauen und Jugend veröffentlichten Untersuchung desPrognos-Instituts, wonach jedes sechste Kind in Deutschlandin Armut lebt?Ich bitte Herrn Staatssekretär Kues, die Frage zu be-antworten.Dr
Die Antwort lautet folgendermaßen: Die Bundes-
regierung misst der Bekämpfung und Vermeidung von
Armutsrisiken von Familien und Kindern unverändert
eine überaus hohe Priorität bei. Das Kompetenzzentrum
für familienbezogene Leistungen im BMFSFJ, für das
die in der Frage angesprochene Untersuchung erstellt
wurde, hat in seinem am 28. April 2008 veröffentlichten
Arbeitsbericht eine Reihe von Empfehlungen ausgespro-
chen, mit welchen Maßnahmen die wirtschaftliche Stabi-
lität von Familien im Lebensverlauf gesichert und Ar-
mutsrisiken von Familien und Kindern vermieden
werden können. Des Weiteren wird der 3. Armuts- und
Reichtumsbericht ausführlich Auskunft darüber geben,
mit welchen Maßnahmen die Bundesregierung Einkom-
mensarmut allgemein und gezielt bei Familien und Kin-
dern bekämpft. Frau Bundesministerin von der Leyen
hat deutlich gemacht, dass sie insbesondere im Ausbau
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
er zwischen den Ressorts abgestimmt wird. Wenn das
rfolgt ist, werden die Zahlen abgeglichen. Es gibt teil-
eise unterschiedliche Zahlen – das kann ich jetzt schon
agen –, weil unterschiedliche Erhebungen vorgenom-
en worden sind. Die Bundesregierung wird aber insge-
amt das Datenmaterial zwischen den Ressorts abstim-
en und dann konkrete Vorschläge machen.
Weitere Nachfrage?
Ich möchte in meiner zweiten Nachfrage zu den Maß-
ahmen kommen, weil, wie ich denke, darüber zu reden
st. Beide Untersuchungen, sowohl der Armuts- und
eichtumsbericht als auch die UNICEF-Studie, machen
eutlich, dass bestimmte Personengruppen besonders
etroffen sind, also Kinder mit Migrationshintergrund,
inder von Alleinerziehenden und auch Kinder von
artz-IV-Empfängern. Kinder aus diesen Familien sind
n besonderem Maße von Armut betroffen. Welche Maß-
ahmen hat die Regierung wenigstens angedacht – ganz
orsichtig ausgedrückt –, was schwebt Ihnen vor, und
as müsste gemacht werden?
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Zunächst einmal muss man sagen, dass der Bericht ininer Umwälzungsphase der Bundesrepublik entstandenst. Wir hatten bis zum Jahr 2005 einen sehr starken An-tieg der Arbeitslosenzahl. Seit zwei Jahren haben wir
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Parl. Staatssekretär Dr. Hermann Kuesdort eine erhebliche Veränderung, um das ausdrücklicheinmal zu sagen. Dennoch bleiben die Armutsrisikengleich. Wir sind in der Tat der Auffassung, dass – Sie ha-ben das angesprochen – beispielsweise Kinder von Al-leinerziehenden, Kinder von Kinderreichen und Kindermit Migrationshintergrund in besonderer Weise betrof-fen sind. Es gibt überall Lösungsansätze, und es sindteilweise schon Maßnahmen auf den Weg gebracht wor-den, etwa im Hinblick auf Alleinerziehende. Wir werdenwesentlich mehr für Kinderbetreuung und die Vereinbar-keit von Familie und Beruf tun müssen – wir sind schondabei –, damit Alleinerziehende die Chance haben, ihrenLebensunterhalt selbst zu verdienen. Sie müssen einefaire Chance bekommen, um selbst für sich verantwort-lich sein zu können. Für kinderreiche Familien habenwir unter anderem den Kinderzuschlag auf den Weg ge-bracht. Man kann sich überlegen, ob man den weiter aus-baut. Das sind erste Schritte. Die Maßnahme gibt esschon länger, aber wir haben sie weiter entwickelt. Jetztmuss man die Wirkung abwarten. Was die Migranten be-trifft, so dient alles, was wir zum Thema Integrationüberlegt haben, dazu, dass Migranten eine faire Mög-lichkeit bekommen, ihren Lebensunterhalt selbst zu ver-dienen. Alles, was in Sachen Sprachförderung auf denWeg gebracht worden ist, sind letztlich vorbeugendeMaßnahmen gegen die spätere Armut von Familien, vonEltern und Kindern. Der Kerngedanke ist: Kinder sindnicht von vornherein arm, sondern die Eltern verdienenzu wenig, haben also ein zu geringes Einkommen, umihre Familie tatsächlich zu ernähren.
Kollegin Enkelmann hat eine dritte Nachfrage.
Frau Ministerin Schmidt hat eben in der Befragung
der Bundesregierung gesagt, dass die Bundesregierung
erst den Existenzminimumsbericht abwarten will, um zu
prüfen, ob der Regelsatz für Kinder aus Hartz-IV-Fami-
lien angepasst wird. Halten Sie die Zahlen, die gegen-
wärtig auf dem Tisch liegen, nicht für ausreichend, um
zu sagen: „Es muss jetzt schnellstens gehandelt werden;
wir können nicht den nächsten Bericht abwarten“?
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Nein. Ich glaube nicht, dass das zielgerichtet wäre.
Uns liegen Zahlen vor, wonach die Zahl der unter
15-jährigen Kinder in Hartz-IV-Familien rückläufig ist.
Das heißt: Wenn man sich Gedanken über Lösungs-
ansätze macht, dann muss man sich gezielt anschauen,
wo die Probleme sind und was die eigentlichen Ursachen
sind, Stichwort – es ist eben gefallen – „Alleinerzie-
hende“. In Paarfamilien sieht es ungleich besser aus, wie
wir wissen. Dort, wo es einen Migrationshintergrund
gibt, und bei Kinderreichen muss tatsächlich etwas getan
werden.
Kollegin Zimmermann, bitte.
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Kurz und präzise!
Genau! – Der Kinderzuschlag soll – das haben Sie
vorhin erwähnt – weiterentwickelt werden. Es wurde
auch schon behauptet: Er ist weiterentwickelt worden.
Es wurde eine Zahl genannt: 500 000 Kinder sollten von
dem Kinderzuschlag profitieren. Dann wurde die Zahl
auf 250 000 gesenkt. Nun frage ich mich, worin die Wei-
terentwicklung für die Anspruchsberechtigten liegt.
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Ausgangspunkt ist der alte Kinderzuschlag gewesen,
damit werden zurzeit rund 100 000 Kinder erreicht, näm-
lich mit einer einheitlichen Einkommensgrenze für Al-
leinerziehende von 600 Euro und für Paare von 900 Euro.
Außerdem haben wir die Berücksichtigung von Zuver-
diensten verändert. Statt 70 Prozent werden nur noch
50 Prozent pro Euro entzogen.
Die Zahl 500 000 zusätzliche Kinder ist einmal ge-
nannt worden im Zusammenhang mit der Umsetzung al-
ler möglichen Elemente einer Reform. Wir gehen davon
aus, dass wir mit den jetzt geplanten Reformschritten zu-
nächst insgesamt nur 240 000 Kinder erreichen werden.
Wie viele es tatsächlich sein werden, muss die Entwick-
lung nicht zuletzt am Arbeitsmarkt zeigen Dann wird
man Bilanz zu ziehen haben.
Die Ministerin ist der Auffassung – das habe ich
schon gesagt –, dass man dann auch sehen muss, ob man
den Kinderzuschlag nochmals weiterentwickelt, gerade
wenn man etwas für die Familien tun will, die durch
Kinderreichtum gekennzeichnet sind.
Danke schön.
Wir kommen damit zur nächsten dringlichen Frage,
nämlich der dringlichen Frage 3 der Kollegin Höll:
Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse und
politischen Handlungsempfehlungen des am Montag, dem
26. Mai 2008, vorgestellten UNICEF-Berichts zur Lage der
Kinder in Deutschland im Vergleich zu den Ergebnissen und
Schlussfolgerungen aus dem Entwurf des 3. Armuts- und
Reichtumsberichts der Bundesregierung vom 19. Mai 2008?
Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
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als bei denjenigen, die nicht vom Freibetrag profitieren,
also nur das Kindergeld bekommen. Das ist ohnehin
jetzt schon so. Wenn Sie also nach bedürftigen Kindern
fragen und diese mit Kindern von Hartz-IV-Empfängern
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Damit ist die dringliche Frage 3 beantwortet.
Ich komme noch einmal auf den Vorgang im Zusam-
menhang mit der dringlichen Frage 1 zurück. Mir wurde
jetzt ein Telefax vorgelegt, das alle Fraktionen erhalten
haben, also auch die Fraktionen, die heute den Antrag
gestellt haben, den Minister herbeizuzitieren. Darin wird
mitgeteilt, dass Herr Minister Schäuble sein Fernbleiben
entschuldigt.
Die Fraktion der Grünen wusste also seit gestern, dass
der Minister, den sie heute per Überfallbeschluss herbei-
zitieren wollte, nicht anwesend sein kann.
Ich erbitte eine freundliche Stellungnahme des zu-
ständigen Parlamentarischen Geschäftsführers zu diesem
eigentümlichen Vorgang.
Herr Präsident, ich finde es auch eigentümlich, dass
Sie hier jemanden zur Stellungnahme im Plenum zitie-
ren. Ich weiß nicht, auf welcher geschäftsordnungsrecht-
lichen Grundlage Sie das machen. Aber es liegt mir na-
türlich fern, den Präsidenten hier zu kritisieren, während
er die Sitzung leitet, weil sich das nach unserer Ge-
schäftsordnung nicht gehört.
Üblicherweise ist es so, dass die Geschäftsführer der
Großen Koalition uns in der Geschäftsführerrunde am
Dienstag mitteilen, wer sich für die Plenarsitzungen ent-
schuldigt hat. Das ist uns dann auch präsent. Dass uns
gestern auf Arbeitsebene noch ein Fax erreicht hat, ist
mir nicht zur Kenntnis gelangt.
Sonst hätte ich selbstverständlich den Antrag hier nicht
gestellt.
In der Sache ging es uns darum – dem Petitum kommt
die Bundesregierung jetzt ja auch nach –, dass uns der
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Die Regierung, die ja darüber entscheidet, wer auf
ine Frage antwortet, hat nun Gelegenheit, die dringliche
rage zu beantworten.
Kollegin Kressl beginnt, und danach werden entwe-
er Frau Zypries oder Herr Bergner zusätzlich Stellung
ehmen.
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Vielen Dank, Herr Präsident.
Ich lege Wert auf die Feststellung, dass für die ge-
amte Bundesregierung klar ist, dass die in dem zitierten
rtikel enthaltenen Vorwürfe so schnell wie möglich
ufgeklärt werden müssen. Das ist nicht nur ein gemein-
ames Interesse der Bundesregierung, sondern es ist
uch im Sinne unseres Demokratieverständnisses.
Wir wissen – Sie wahrscheinlich auch –, dass die
eutsche Telekom das dazu Erforderliche unternommen
at. Sie hat die Unterlagen, aus denen sich die Ver-
achtsmomente ergeben, an die Staatsanwaltschaft über-
eben und zugleich selbst eine Kölner Anwaltskanzlei
it einer unabhängigen Untersuchung der Vorfälle be-
uftragt.
Will noch jemand von der Regierungsbank zusätzlichtellung nehmen?
Also auf Nachfrage. – Bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es reichticht aus, dass angesichts dieses ungeheuren Daten-chutzskandals des Telekommunikationsunternehmens,
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Silke Stokar von Neuforndas über die Telefondaten von Millionen von Bürgernverfügt, meine Frage in dieser Art und Weise beantwor-tet wird. Ich hatte nach dem Handlungsbedarf der Bun-desregierung gefragt. Sie haben geantwortet: Die Tele-kom tut das Erforderliche.Ich bin dankbar, dass die Ministerin, die für die Vor-ratsdatenspeicherung die Verantwortung trägt, jetzt dieBeantwortung übernimmt.Meine konkrete Frage: Geht die Bundesregierung nachdiesem Skandal davon aus, dass die rechtlichen Sank-tionsmöglichkeiten im Telekommunikationsgesetz und imBundesdatenschutzgesetz ausreichen, um solche Daten-schutzskandale zu verhindern, also um eine abschre-ckende Wirkung zu entfalten?
Frau Abgeordnete, ich weise zunächst darauf hin,
dass der Vorfall bei der Deutschen Telekom, der auf Be-
treiben der Deutschen Telekom an die Staatsanwalt-
schaft gegeben wurde und nunmehr in dem Verfahren
aufgeklärt wird, das unsere Rechtsordnung dafür vor-
sieht, mit der Vorratsdatenspeicherung gar nichts zu tun
hat; denn dieser Vorfall liegt weit vor der Einführung der
Vorratsdatenspeicherung. Insofern ist der Schluss von
dem einen auf das andere für meine Begriffe unzulässig.
Vielmehr geht es – wenigstens nach Zeitungsberich-
ten – ganz offenbar darum, dass Kommunikation festge-
stellt wurde. Wozu oder ob sie verwendet wurde, wissen
wir noch nicht. Es handelt sich, wenigstens soweit der
Fall bekannt ist, auf alle Fälle um einen Verstoß gegen
das Fernmeldegeheimnis, und das ist als strafrechtliche
Norm im deutschen Strafrecht geregelt.
Was am Ende davon übrig bleibt, wird die Staatsan-
waltschaft zu klären haben. Dazu kann die Bundesregie-
rung im Moment nichts sagen. Jetzt geht es erst einmal
darum, zu ermitteln: Wer hat etwas getan, was wurde de-
finitiv getan, und wer trägt dafür die Verantwortung?
Weitere Nachfrage? – Bitte.
Ich habe eine Nachfrage. Ich habe den Zusammen-
hang mit der Vorratsdatenspeicherung hergestellt, weil
meiner Meinung nach der skandalöse Vorgang bei der
Telekom Beleg genug dafür ist, dass dieses Unterneh-
men derzeit insgesamt nicht sensibel mit Daten umgeht.
Im Zusammenhang mit dem Datenschutzskandal bei
Lidl ist von einem Mitglied der Bundesregierung, näm-
lich Herrn Seehofer, damals ins Spiel gebracht worden,
dass wir in Deutschland vielleicht einen etwas besseren
Arbeitnehmerdatenschutz brauchen. Da wir im Moment
wöchentlich Skandale im Datenschutzbereich haben,
dazu meine Frage: Wann wird die Bundesregierung ein
Arbeitnehmerdatenschutzgesetz vorlegen?
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nd wir uns zu einer kollektiven Beantwortung der Fra-
en entschlossen haben, übernehme ich jetzt die Ant-
ort. Zunächst einmal mache auch ich, wie die Kollegin
ypries, darauf aufmerksam, dass das Ermittlungsver-
ahren im Moment noch läuft und wir mit weitgehenden
chlussfolgerungen zurückhaltend sein sollten, bis ent-
prechende Ermittlungsergebnisse und Gerichtsentschei-
ungen vorliegen. Gleichwohl sind wir durch die Sach-
erhalte, die hier zutage getreten sind, beunruhigt. Sie
achen uns deutlich, dass man – bei aller berechtigten
ufmerksamkeit hinsichtlich des Datenschutzes bei
taatlichem Handeln – gut beraten ist, das Handeln pri-
atrechtlicher Unternehmen mit mindestens der gleichen
ufmerksamkeit zu beobachten und Regelungsbedarf
ort mit der gleichen Aufmerksamkeit zu identifizieren.
Eine Bewertung, inwieweit wir es hier tatsächlich mit
inem Sachverhalt zu tun haben, der Regelungslücken
m Arbeitnehmerdatenschutz aufzeigt, würde ich im Mo-
ent für verfrüht halten. Ich mache darauf aufmerksam,
ass es einvernehmliche Vereinbarungen zwischen Ar-
eitnehmern und Arbeitgebern über bestimmte Kontroll-
egularien bei Verwendung von dienstlichen Telefonen
nd anderem geben kann, die anders zu bewerten sind
ls eine verdeckte oder geheime Ausspionierung.
Ich sage noch einmal: Uns beunruhigt der Sachver-
alt, das, was bisher über die Medien mitgeteilt worden
st. Aber bereits jetzt über Gesetzgebungsbedarf zu be-
inden, halte ich für verfrüht.
Das Wort zu einer Nachfrage hat Kollege Volker
eck.
Für die Frage, wie wir auf diesen Skandal reagieren,pielt nicht allein eine Rolle, ob in einem Strafverfahrentrafrechtliche Schuld individuell in der Weise zuorden-ar ist, dass sie zu einer strafrechtlichen Verurteilungon Tätern führt. Denn unabhängig davon, ob diese Be-eise gelingen – was in einem Rechtsstaat, auch wennine Straftat zweifelsfrei vorliegt, nicht in jedem Fall ga-antiert werden kann –, gibt es Handlungsbedarf, wennnstrittig feststeht, dass von der Telekom Telekommuni-ationsdaten an eine externe Firma weitergegeben wur-en zum Zwecke des Abgleichs, ob Telefonkontakte zuestimmten Personen, in dem Fall Journalisten, vorlie-en.Für mich stellt sich damit die Frage: Welche Unter-ehmen in unserem Land nehmen Aufträge an, die denystematischen Bruch des Telekommunikationsgeheim-isses beinhalten? Das in Rede stehende Unternehmen,ie Detektei, hat den Auftrag der Telekom angenommen,us Telekommunikationsdatenbeständen Informationenerauszufiltern. Diesem Unternehmen hätte aber von
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Volker Beck
Anfang an klar sein müssen, dass es solche Daten über-haupt nicht entgegennehmen darf, weil schon das alleineine Straftat ist. Auch diejenigen, die diese Daten weiter-geben, begehen eine Straftat.Die Bundesregierung muss klären, welche Unterneh-men bei uns solche Aufträge annehmen, und muss dieFrage beantworten, wie man allen Beteiligten im Rechts-verkehr klarmachen kann, dass Verträge über solcherechtswidrigen Aufträge nicht abgeschlossen werdendürfen.Frau Ministerin, ich sehe übrigens schon einen Zu-sammenhang mit der Vorratsdatenspeicherung. Denn jemehr Datenbestände vorhanden sind, umso größer wirddie Gefahr, dass es neben einem gesetzesmäßigen Ge-brauch der Daten auch zu einem entsprechenden Miss-brauch der Daten – wie bei der Telekom – kommenkann. Ich frage Sie, an welche Präventionsmechanismendie Bundesregierung denkt, um die Daten der Bürgerin-nen und Bürger, die auf Vorrat gespeichert werden, vorsolchem Missbrauch zukünftig tatsächlich zu schützen.Auf Treu und Glauben kann man dies bei Telekommuni-kationsanbietern vom Schlage der Deutschen Telekomoffensichtlich nicht mehr machen.
Frau Ministerin.
Herr Abgeordneter, ich möchte zunächst darauf hin-
weisen, dass ich die pauschalen Verdächtigungen und
Anschuldigungen, die Sie hier vorgebracht haben, nicht
für richtig halte. Aufgrund eines Vorfalls bei der Tele-
kom sollte man nicht so tun, als seien bei diesem Unter-
nehmen die Daten generell nicht mehr sicher. Der Vor-
stand der Telekom bemüht sich sehr, aufzuklären und
festzustellen, was da tatsächlich passiert ist.
Man muss einfach konzedieren, dass es überall dort,
wo Menschen handeln, zu Fehlverhalten kommen kann.
Wenn wir von vornherein wüssten, welche Firmen und
Personen rechtswidrige Aufträge annehmen, dann wären
wir in Deutschland bei der Strafverfolgung ein gutes
Stück weiter. Leider ist dies aber nicht so. Denn Firmen
und Personen, die auf solche rechtswidrige Weise han-
deln, melden sich nicht bei uns. Wir können also erst
handeln, wenn wir Kenntnis von einer Straftat erhalten
und die Ermittlungsbehörden ihre Arbeit tun.
Ich will Ihre Fragen aber gerne zum Anlass nehmen,
einmal zu überlegen, in welcher Form weitere Kontrol-
len eingeführt werden können. Sie wissen, dass die Da-
tenschutzbeauftragten der Länder dafür zuständig sind,
private Unternehmen zu kontrollieren. Der Kollege
Bergner wird entsprechende Anregungen gerne in die
Konferenz der Datenschutzbeauftragten mitnehmen. Un-
abhängig davon werden wir anhand dieses Falles sicher-
lich mit den Datenschutzbeauftragten diskutieren, wie
Kontrollen – vielleicht auch in Form von Zufallskontrol-
len – verstärkt werden können.
Ich sage ganz offen: Wie in jedem anderen Fall gilt
auch in diesem Fall, dass man nicht meinen sollte, ein
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Wenn es darüber hinausgeht, wäre für mich die Antwortnatürlich klar; denn dann wären wir dagegen. Wir wollenja nicht, dass Europa uns diskriminiert. Vielleicht gebeich Ihnen erst einmal die Gelegenheit, die Frage zu be-antworten, ob die Regelungen darüber hinausgehen.
Ich kann es Ihnen nicht sagen, Herr Abgeordneter. Ich
kann Ihnen aber mitteilen, dass ich mit dem zuständigen
Kommissar Špidla darüber ein allgemeines Gespräch ge-
führt habe. Dabei hat er mir nicht gesagt, welche Rege-
lungen er nun eigentlich vorschlagen will.
Meine Mitarbeiter haben mir aufgeschrieben, dass wir
ursprünglich davon ausgegangen sind, dass es sich nur
um das Merkmal der Behinderung handele. Es sei aber
nicht abschätzbar, worum es tatsächlich gehe. Gerüchten
zufolge überlege die Kommission jetzt auch andere Re-
gelungen. – Sie sehen also, dass dies für uns nicht greif-
bar ist. Deswegen bitte ich Sie um Nachsicht, wenn ich
sage: Wir legen unsere Haltung dann fest, wenn wir wis-
sen, was tatsächlich vorgeschlagen wird. Dann wird
auch feststehen, wer innerhalb der Bundesregierung für
die Umsetzung federführend ist.
Dann noch einmal die konkrete Nachfrage: Verstehe
ich Sie richtig, dass die Bundesregierung im Moment
eine Festlegung vermeidet – bisher war die Haltung
ablehnend – und wartet, was aus Brüssel kommt? Die
Signale zeigen eindeutig, in welche Richtung es geht.
Zumindest das Europäische Parlament hat eine Richtung
vorgegeben. Durch Gespräche mit verschiedenen Vertre-
tern und auch mit den Franzosen, die uns im Ausschuss
für Arbeit und Soziales die Marschrichtung für den
1. Januar 2009 schon vorgegeben haben, ist klar gewor-
den, dass die Diskussionsgrundlage in Europa der
kleinste gemeinsame Nenner ist. Es geht um Behinde-
rung im nichtberuflichen Bereich. Damit ist das Thema
relativ genau eingegrenzt. Man könnte prüfen, ob es in
Deutschland dazu Regelungsbedarf gibt. Würden Sie
wenigstens eine Prüfung auf der Grundlage dieser Er-
kenntnisse und der Gespräche der verschiedenen Abge-
ordneten der verschiedenen Parlamente einleiten?
Ich glaube nicht, dass die Bundesregierung eine Prü-
fung einleiten wird, ob es einen Regelungsbedarf gibt,
Behinderte im zivilrechtlichen Bereich besserzustellen,
weil wir, wenigstens nach allem, was ich weiß, hier kei-
nen Bedarf sehen. Die Belange der Behinderten werden
mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz erfasst,
das sich auch auf das Zivilrecht bezieht. Mir sind, ehr-
lich gesagt, keine Fälle bekannt, in denen darüber hi-
nausgehend auch nur Beschwerden vorliegen. Ich weiß
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Noch eine Nachfrage? – Bitte.
Das sehe ich wie Sie: Selbstverständlich sollen dielteren mit einbezogen werden. Aber ich kritisiere dieorgehensweise. Es geht nämlich nicht nur, sondern
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Elke Reinkeunter anderem um Ältere. Es geht auch um jüngere Men-schen, die keinen Nebenjob haben. Mein Eindruck ist,dass man versucht, sie aus der Statistik zu drängen. Ichhabe das Gefühl, dass man im Vorfeld der anstehendenWahlen eine Verbesserung der Statistik vorweisen will,um sagen zu können: Wir haben die Erwerbslosigkeitgesenkt. – Das ist der Eindruck, den ich habe. Ich denke,dass hier noch Redebedarf besteht. Ich hoffe, dass wiruns darüber demnächst einmal ausführlicher austauschenkönnen.F
Das, was Sie gesagt haben, ist Ihre Einschätzung.
Aber ich frage Sie: Wie soll die Bundesagentur für Ar-
beit denn verfahren? Es gehört zu ihrer Aufgabe, Ar-
beitslose zu vermitteln und vor dem Hintergrund des
vielfältigen Angebots von Trainings- und Qualifizie-
rungsmaßnahmen zu untersuchen, welche Chancen sie
haben.
Vermittlungsfähig ist nur derjenige, der der Arbeits-
agentur zur Verfügung steht. Es ist gut, wenn jemand
eine Nebenbeschäftigung hat. Sie darf aber nicht dazu
führen, dass die Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt
wird. Wenn jemand, weil er einer Nebenbeschäftigung
nachgeht, nicht an Qualifizierungs-, Trainings- oder Ein-
gliederungsmaßnahmen teilnehmen kann, hemmt dies
seine Chance auf Eingliederung in den Arbeitsmarkt. In
einem solchen Fall muss man dieser Person sagen:
Nimm an diesen Maßnahmen teil, damit du eine Per-
spektive hast, eine neue Arbeitsstelle zu finden.
Ich kann die Eindrücke, die Sie gerade geschildert ha-
ben, jetzt nicht widerlegen. Wenn Sie mir sagen, wo das,
was Sie beschrieben haben, geschehen ist, kann ich dem
nachgehen. Ich will deutlich sagen: Angesichts gut
1 Million offener Stellen sind all unsere Aktivitäten da-
rauf gerichtet, die Menschen, die keine Arbeit haben, in
Arbeit zu bringen. Dazu dienen die vielfältigen Pro-
gramme für Ausbildung und Arbeit, die bereits aufgelegt
worden sind und an denen mittlerweile 400 000 bis
450 000 Menschen teilnehmen können. Unser Ziel ist,
zu integrieren. Die Zahlen der letzten Monate stimmen
uns sehr zuversichtlich. Sie machen uns nicht zufrieden,
aber sie spornen uns an. Deswegen werden wir daran
festhalten, die Menschen aktiv einzugliedern und ihnen
Perspektiven zu geben.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminis-
teriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Zur Be-
antwortung der Fragen steht die Parlamentarische Staats-
sekretärin Karin Roth zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 16 des Kollegen Heinrich Kolb,
FDP-Fraktion, auf:
Ist es zutreffend, dass auf der Bundesautobahn 3 im Tunnel
bei Hösbach zeitweise – so zum Beispiel am 13. Mai 2008 –
eine Blockabfertigung des Verkehrs erfolgt?
Bitte schön, Frau Staatssekretärin.
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Vielen Dank, Herr Präsident. Könnte die sehr geehrterau Staatssekretärin die zweite Frage auch gleich beant-
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Dr. Anton Hofreiterworten? Ich würde dann die Nachfragen en bloc stellen,da beide Fragen in einem engen Zusammenhang stehen.
Dann rufe ich auch die Frage 23 auf:
Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, ob die zur
Ausschreibung gelangten HGV-Triebzüge der Deutschen
Bahn AG für die Fahrradmitnahme ausgerüstet sein werden,
und was hat die Bundesregierung gegebenenfalls dazu beige-
tragen?
K
Diese Frage beantworte ich wie folgt: Die Bundes-
regierung ist an Ausschreibungsvorgängen der DB AG
nicht beteiligt und hat deshalb auch keinen Einfluss ge-
nommen.
Jetzt haben Sie Gelegenheit zu zwei bis vier Nachfra-
gen. Es müssen ja nicht vier sein.
Vielen Dank, Herr Präsident. Wenn die Antworten er-
schöpfender wären, könnte man sich auch manche Nach-
frage ersparen.
Frau Staatssekretärin, habe ich Sie richtig verstanden,
dass Sie, nachdem mehr als ein Jahr vergangen ist, seit
Herr Tiefensee öffentlichkeitswirksam angekündigt hat
– das ist zitierbar –, dass es eine Fahrradmitnahme im
ICE zumindest als Pilotversuch geben wird, in Ihren Ge-
sprächen mit der DB AG noch immer nicht zu einem
Abschluss gelangt sind?
Offensichtlich tanzt die DB AG dem Minister auf der
Nase herum. Deshalb die Frage: Wie lange will sich der
Minister dieses Verhalten eines zu 100 Prozent bundes-
eigenen Unternehmens noch gefallen lassen?
K
Herr Kollege Dr. Hofreiter, ich habe gerade deutlich
gemacht, dass wir wollen, dass man bei Bahnfernreisen
das Fahrrad mitnehmen kann. Die DB AG wird zeitnah
Vorschläge dazu unterbreiten. Im ICE ist eine Fahrrad-
mitnahme allerdings nicht ganz so einfach, weil dafür
technische Vorkehrungen getroffen werden müssen.
Deshalb sind wir mit der DB AG hier immer noch im
Gespräch.
Bitte schön, Herr Kollege.
Ich hätte noch eine Nachfrage. Es gibt im Zusammen-
hang mit der Fahrradmitnahme im Fernverkehr eine EG-
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Könnten Sie einen dezenten Hinweis geben, wie Sie
icherzustellen gedenken, dass diese EG-Verordnung
ingehalten wird?
K
Herr Dr. Hofreiter, die Vorschriften, die es gibt – oder
eben wird –, gelten nicht nur für die DB AG, sondern
ür alle Unternehmen, die Schienenverkehr anbieten.
elbstverständlich werden wir auch bei der DB AG die
orschriften umsetzen.
Sie haben das Wort zur nächsten Nachfrage.
Frau Staatssekretärin, das war keine Antwort auf
eine Frage. Ich habe nicht gefragt, ob, sondern wie Sie
icherzustellen gedenken, dass die Vorschriften einge-
alten werden. Dass man sich in Deutschland an die Ge-
etze zu halten hat, darüber müssen wir in diesem Hause
offentlich nicht streiten, auch wenn man beim Bahnver-
ehr manchmal einen anderen Eindruck bekommt. Noch
inmal: Meine Frage war wie, nicht ob.
K
Herr Dr. Hofreiter, ich habe gerade erklärt, dass die
B AG Vorschläge machen wird, wie sie eine Fahrrad-
itnahme im Fernverkehr realisieren will.
Damit sind Ihre Nachfragemöglichkeiten erschöpft.Wir kommen zur Frage 24 des Kollegen Dr. Edmundeter Geisen:Inwieweit sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit derZulassung von Fahrzeugen zur Ausübung der imkerlichen Tä-tigkeit als landwirtschaftliche Fahrzeuge, um die hohen Be-triebskosten eines Imkers vor dem Hintergrund der schwieri-gen wirtschaftlichen Bedingungen der Branche zu senken?
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17088 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 162. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. Mai 2008
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K
Herr Geisen, Sie wissen, dass es eine Fahrzeug-Zulas-
sungsverordnung gibt. Die Bedingungen, die darin auf-
geführt sind, müssen erfüllt sein. Das gilt nicht nur für
die Verwendung des Fahrzeugs; hinzutreten muss, dass
das Fahrzeug zum Beispiel einem land- oder forstwirt-
schaftlichen Betrieb gehört. Die zuständigen Landesbe-
hörden müssen dann im Einzelfall prüfen, ob Fahrzeuge
zur imkerlichen Tätigkeit die Bedingungen für die Zu-
lassungsfreiheit landwirtschaftlicher Fahrzeuge erfül-
len; dann ist nach der Fahrzeug-Zulassungsverordnung
eine Ausnahme von der Zulassungspflicht möglich.
Dann könnte das auch für Imkerfahrzeuge gelten. Die
Landesbehörden sind also für den Einzelfall zuständig
und haben Möglichkeiten, dies unter den beschriebenen
Bedingungen zu regeln.
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretä-
rin, soweit mir bekannt ist, haben alle Haupterwerbs-
imker nicht die Möglichkeit, ihre Fahrzeuge als land-
wirtschaftliche Fahrzeuge anerkennen zu lassen. Diese
Möglichkeit haben sehr wohl diejenigen, die als Land-
wirte die Imkerei als Nebenerwerb betreiben. Wie wir
alle wissen, leisten die Imker insbesondere in den Berei-
chen Natur, Landwirtschaft, Umwelt und Ökologie einen
unschätzbaren Beitrag für die Gesellschaft. Wir sollten
den Haupterwerbsimkern die Möglichkeit geben, ihre
Wirtschaftsfahrzeuge steuerlich zu entlasten. Sehen Sie
eine Möglichkeit? Könnten Sie andeuten, wie das hinzu-
bekommen wäre?
K
Herr Dr. Geisen, wie ich ausgeführt habe, haben die
Landesbehörden im Einzelfall einen Spielraum. Bei ei-
ner generellen Öffnung gilt es zwei Dinge zu berück-
sichtigen. Auf der einen Seite müssen die technischen
Vorgaben erfüllt werden. Das tun wahrscheinlich die
meisten Fahrzeuge. Auf der anderen Seite müssen sie
– darauf haben Sie hingewiesen – einem land- oder
forstwirtschaftlichen Betrieb gehören. Ich werde gerne
prüfen lassen, inwieweit hier eine Öffnung möglich ist.
Aber wie gesagt, die Landesbehörden haben im Einzel-
fall die Möglichkeit, Fahrzeuge zur imkerlichen Tätig-
keit mit einer Ausnahmegenehmigung steuerlich freizu-
stellen. Vielleicht ist das der bessere Weg. Ich will mit
meinem Hinweis auf die Landesbehörden zeigen, wie
man im Einzelfall bei den wenigen Imkern, die nicht als
land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb arbeiten, viel-
leicht einen Weg finden kann. Ich gehe davon aus, dass
man dies ohne eine große Änderung der entsprechenden
Verordnung machen kann. Ich stimme Ihnen jedenfalls
zu, dass die Aufgabe, die die Imker erfüllen, von großem
Wert ist.
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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär,ie haben meine Frage nur sehr unvollständig beantwor-et. Ich habe gefragt, was die Bundesregierung von derußerung des Bundesministers Sigmar Gabriel hält,ass die Fehmarnbelt-Querung eine „bekloppte Idee“ei. So hat er es im Kommunalwahlkampf laut Presseörtlich gesagt. Ihre Antwort überzeugt mich nicht soanz. Ich hätte gerne ein paar Gründe gewusst, warumer Umweltminister dieser Republik, der aus meinericht ein sehr ehrenwerter Mann ist, die Fehmarnbelt-uerung als „bekloppte Idee“ bezeichnet. Ich teile seineuffassung; denn hier sollen Steuergelder in Milliarden-öhe regelrecht verbrannt werden. Hat seine Äußerungtwas damit zu tun, dass vielleicht die jetzige hocheffi-iente Verkehrsverbindung mit einer Fähre über denehmarnbelt ökologisch viel sinnvoller im Vergleich zu
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Rainder Steenblockeiner Brücke ist, über die einst 9 000 Autos fahren sollenund für die knapp 6 Milliarden Euro verbaut werden sol-len?Meine Frage, um das noch einmal deutlich zu ma-chen, lautet: Resultiert vielleicht die Auffassung desUmweltministers, dass das eine „bekloppte Idee“ ist, ausökologischen Gründen und der adäquaten Fährverbin-dung?Mi
Entschuldigung, ich kann nur auf Ihre Frage antwor-
ten. Sie haben gefragt, wie die Bundesregierung das be-
urteilt. Ich habe jetzt die Auffassung der Bundesregie-
rung wiedergegeben. Insofern kann ich Ihre Aussage, die
Sie eben gemacht haben, nicht teilen. Ich habe exakt die
Auffassung der Bundesregierung wiedergegeben. Es
kann sein, dass Ihnen diese nicht passt – das ist in Ord-
nung –, aber Sie können nicht sagen, dass ich die Mei-
nung der Bundesregierung nicht wiedergegeben hätte.
Herr Staatssekretär, Sie brauchen sich gar nicht mit
mir zu streiten, Sie sollen bloß die Frage beantworten,
die ich gerade gestellt habe, nämlich ob das vielleicht
damit zu tun hat, dass die Fährverbindung über den Feh-
marnbelt die ökologischere Variante ist und dass diese
ökologischere Variante bei dem Umweltminister dieses
Landes eine gewisse Nachdenklichkeit erzeugt hat, was
das Verbrennen von Steuerngeldern durch die Autobrü-
cke betrifft. Das war meine Frage.
Mi
Trotz Ihrer sehr intensiv vorgetragenen Nachfrage
habe ich Ihre Frage schon beantwortet. Vielleicht passt
Ihnen das nicht. Es ist nicht exakt, was Sie sagen; denn
die Position, die ich hier wiederzugeben habe, ist die
Antwort der Bundesregierung. Die Antwort der Bundes-
regierung – das wiederhole ich – lautet: Die Bundes-
regierung wird ihre Verpflichtung gemäß der gemeinsa-
men Vereinbarung erfüllen. Punkt. Aus. – Wie ich das im
Einzelnen ökologisch bewerte, ergibt sich aus den Bera-
tungen, die wir durchführen. Dazu gehören die Umwelt-
verträglichkeitsprüfung, die Finanzregelung und die Ge-
samtabwägung. Im Augenblick findet genau dieser
Prozess statt.
Zu einer Nachfrage hat der Kollege Hofreiter das
Wort.
Es geht um die Beantwortung der Nachfrage. Die
Nachfrage lautete: Ist die Fährverbindung ökologischer
als die Brücke? Darauf kann man jetzt antworten.
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Ich möchte vorausschicken, dass ich diese Nachfrage
ls ein Kind der Insel Fehmarn stelle. Ich bin dort groß
eworden, meine Eltern wohnen nach wie vor in Putt-
arden. Meine erste Nachfrage: Prüft die Bundesregie-
ung auch die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Ent-
icklung und den Tourismus auf der Insel Fehmarn?
eine zweite Nachfrage: Teilt die Bundesregierung – –
So funktioniert das nicht. Sie haben nur die Möglich-
eit zu einer Nachfrage. Hätten Sie das weggelassen,
ätte es vielleicht funktionieren können.
Mic
Wenn Sie unser Haus fragen, so kann ich Ihnen sagen,
ass wir natürlich vor allem die ökologischen Aspekte
rüfen werden. Dazu gehören die FFH-Frage, die Frage,
ie es sich mit den Mündungsströmungen verhält, und
ieles andere mehr. Das werden wir sehr sorgfältig prü-
en, und unser Ministerium wird dazu eine Stellung-
ahme abgeben. Wenn ich hier für die Bundesregierung
ntworte, dann heißt das nicht, dass unser Haus keine
osition hätte. Wir haben eine, die wir in dieses Verfah-
en einbringen. Zu den anderen Fragen: Es ist selbstver-
tändlich, dass die anderen Ministerien solche Fragen
ie die Wirtschaftlichkeit und die Vertretbarkeit für den
ourismus prüfen. Sie werden natürlich auch prüfen, wie
s mit den vom Europäischen Parlament festgelegten
ranseuropäischen Netzen aussieht. Es gibt also eine
ielzahl von Fragen, die im Zusammenhang mit dieser
bsichtserklärung, die wir unterzeichnet haben, geprüft
erden müssen. Im Übrigen finde ich, ein bisschen mehr
elassenheit wäre angebracht.
Danke, Herr Staatssekretär. Wir sind damit am Endeieses Geschäftsbereichs.Ich rufe den Geschäftsbereich der Bundeskanzlerinnd des Bundeskanzleramtes auf. Die Fragen 30 und 31es Kollegen Dr. Ilja Seifert werden schriftlich beant-ortet, ebenso die Fragen 32 und 33 des Kollegenoland Claus.Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Aus-ärtigen Amtes.
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Vizepräsidentin Petra PauDie Fragen 34 und 35 des Kollegen Omid Nouripourwerden schriftlich beantwortet. Die Fragen 36 und 37der Kollegin Marieluise Beck werden eben-falls schriftlich beantwortet. Auch die Frage 38 der Kol-legin Dr. Gesine Lötzsch wird schriftlich beantwortet.Ich rufe die Frage 39 des Kollegen Volker Beck
auf:
Hat die Bundesregierung nach den jüngsten Ausschreitun-gen in Italien gegen Roma an die italienische Regierung ap-pelliert, die Vorfälle aufzuklären, besseren Schutz der Roma zugewährleisten und Maßnahmen gegen die gravierende Fremden-feindlichkeit und Diskriminierung gegenüber Roma in Italienvorzunehmen, und, wenn nein, plant die Bundesregierung,dies gegenüber der italienischen Regierung noch zu tun?Zur Beantwortung dieser Frage steht der Staatsminis-ter Günter Gloser zur Verfügung. Herr Gloser, Sie habendas Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Die Bundesregie-
rung hat die Ausschreitungen gegen Roma, die Mitte
Mai im Raum Neapel erfolgt sind, mit Sorge beobachtet.
Sie begrüßt es, dass die italienische Regierung eine
Reihe von Maßnahmen hinsichtlich der Deeskalation der
Situation und der Aufklärung von begangenen Straftaten
eingeleitet hat. Die Bundesregierung verweist auch auf
Äußerungen des italienischen Innenministers, Roberto
Maroni, der die gegen Sinti und Roma gerichteten Aus-
schreitungen verurteilt hat und angekündigt hat, dass
sich die italienische Regierung gegen jegliche Gewalt
und gegen jede Form von Kriminalität wenden werde.
Vor diesem Hintergrund sieht die Bundesregierung kei-
nen Anlass, darüber hinausgehende Appelle an die italie-
nische Regierung zu richten.
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.
Herr Staatsminister, das betrübt mich etwas. Ich
glaube nämlich, dass gerade das Zitat, auf das Sie zu
Recht verwiesen haben, das Dilemma bei dem Ansatz
zeigt, den die italienische Regierung im Umgang mit
diesem sozialen Konflikt verfolgt. Es geht eben nicht nur
um die Frage der Eindämmung von Kriminalität und von
Straftaten; dahinter liegt vielmehr ein massives Problem
von Vorurteilen und sozialer Diskriminierung. Wenn
man das nicht löst, wird man auch der Oberflächen-
phänomene der gewalttätigen Eruption nicht Herr wer-
den. Deshalb fände ich es schon sinnvoll, dass man unter
europäischen Partnern auch darüber einmal spricht. An-
sonsten wird sich die Situation für Roma in Italien wei-
ter verschärfen.
Dieses Problem haben wir ja nicht bloß situativ in
Neapel erlebt. Wir haben vor einigen Monaten ähnliche
Dinge in Rom gesehen. Man kann nicht sagen: Das liegt
an einem Bericht über eine fiktive Straftat, wodurch so
etwas ausgelöst worden ist. Offensichtlich gibt es da ein
tiefer liegendes soziales Problem, das nicht gelöst ist.
Herr Beck, ich gebe Ihnen Recht: Das ist ein tiefer lie-
gendes Problem. Man schaue sich einfach einmal an, wie
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sätzen des geltenden Datenschutzrechts geboten ist – keinezentrale Speicherung von Daten stattfindet?
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)
)
D
Ich beantworte die Frage wie folgt: In dem geplanten
Kompetenz- und Servicezentrum für Telekommunika-
tionsüberwachung soll keine Speicherung von Daten in
einer gemeinsamen Datei der beteiligten Behörden statt-
finden; vielmehr verbleibt die datenschutzrechtliche Ver-
antwortung für die Daten bei den jeweils zuständigen
Behörden. Die rechtliche Trennung kann durch techni-
sche Vorkehrungen sichergestellt werden.
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.
Herr Staatssekretär Bergner, ich habe eine Nachfrage.
Ich bezog mich in meiner Frage nicht nur auf das Schrei-
ben von Herrn Hanning, sondern auch auf einen Spiegel-
Bericht. Meine Frage geht ganz konkret dahin, ob Sie
mir noch etwas erläutern können.
Ich zitiere aus einer Stellungnahme des BMI betref-
fend die Aufbauorganisation für diese spezielle Abhör-
zentrale: „Aufgrund der politischen Sensibilität einer
neuen deutschen ‚Überwachungsbehörde‘ erscheint ein
schrittweises Vorgehen“ zur Umsetzung „angezeigt.“ –
Sie haben jetzt den ersten Schritt genannt. Ich will nicht
weiter zitieren, um die Frau Präsidentin nicht überzustra-
pazieren, sondern nur sagen: Darin ist ferner deutlich ge-
worden, dass in den nächsten Schritten auch der BND
beteiligt werden soll. Es findet sich die Aussage: Letzt-
endlich prüft das BMI, eine gleiche Behörde wie die
NSA in Amerika zu schaffen.
Meine Frage: Können Sie mir die nächsten Schritte
zur Schaffung einer neuen deutschen Überwachungsbe-
hörde hier einmal im Detail erläutern?
D
Frau Kollegin Stokar, hinter uns liegt eine intensive
Diskussion im Innenausschuss, deren wichtigste Ergeb-
nisse Sie eigentlich von dieser Art von Fragestellung ab-
halten sollten. Sie wissen, dass es sich nicht um eine
zentrale Abhöreinrichtung handelt, sondern dass der Be-
griff „Rechenzentrum“ zur Beschreibung der geplanten
Einrichtung wohl eher zutreffend ist. Es geht um die Zu-
sammenfassung von Technik, die im Sinne der Effizienz
der TKÜ notwendig ist, aber nicht um die Zusammen-
fassung von Befugnissen. Insofern verbietet sich auch
jeder Vergleich mit zentralen Abhöreinrichtungen, wie
sie beispielsweise in den USA oder in Großbritannien
betrieben werden.
Was nun das schrittweise Vorgehen betrifft: Sie wis-
sen, auch aus der Diskussion des Innenausschusses – ich
wiederhole sie gern –, dass wir es schon für sinnvoll hal-
ten, eine solche technische Dienstleistung so offen zu
gestalten, dass sie bei vorhandenem Interesse außerhalb
des Geschäftsbereichs des BMI auch anderen Bundes-
behörden bzw. entsprechenden Landesbehörden zur Ver-
fügung stehen kann. Dies ist eine Möglichkeit, über die
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Herr Staatssekretär, Sie wissen sehr genau, dass der
nnenausschuss nichtöffentlich tagt. Ich finde es beson-
ers toll, dass Sie eine zentrale Abhöreinrichtung hier als
eues „Servicezentrum“ verkaufen wollen. Ich glaube
icht, dass dieser Sprachgebrauch zur Klärung des Sach-
erhalts beiträgt.
Meine konkrete Frage: Ist es richtig, dass die Bundes-
egierung plant, ganze Abteilungen im BKA, im Bun-
esamt für Verfassungsschutz, im BSI und später im
ND aufzulösen und auch Personal räumlich zusam-
enzufassen – also neben der Schaffung eines gemein-
amen Computerzentrums –, und dass vom BMI durch
w-Vermerke bereits Schritte zur Auflösung der IT-
bteilungen in den einzelnen Sicherheitsbehörden ein-
eleitet wurden?
D
Frau Kollegin, ich lege noch einmal Wert darauf, dass
er von Ihnen immer wieder verwandte Begriff der Ab-
örzentrale irreführend ist,
a es sich um eine Zusammenfassung von technischen
inrichtungen handelt, diese aber nicht mit einer ent-
prechenden Zusammenfassung von Kompetenzen ver-
unden ist. Die Kompetenzen werden weiterhin von den
inzelnen Zentralbehörden, im Geschäftsbereich des
MI also BKA, Bundespolizei und Bundesamt für Ver-
assungsschutz, in eigener Zuständigkeit und eigener
erantwortung wahrgenommen.
Dass für den Aufbau einer solchen technischen Ser-
iceeinrichtung natürlich auch entsprechende personal-
irtschaftliche Vorkehrung getroffen werden muss, ist
lar. Dass dies unter dem Gesichtspunkt einer allgemei-
en Haushaltssparsamkeit steht und dass das Personal,
as hier nun im Bundesverwaltungsamt konzentriert
ird, möglichst an anderer Stelle eingespart werden soll,
st haushaltspolitisch sinnvoll. Dafür existieren auch ent-
prechende Pläne.
Die Frage 41 der Kollegin Silke Stokar von Neufornurde zurückgezogen.Damit kommen wir zur Frage 42 des Kollegenolfgang Wieland:Welche konkreten Telekommunikationsüberwachungsauf-gaben soll das im Aufbau befindliche „Service- und Kompe-
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17092 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 162. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. Mai 2008
)
)
Einhaltung des Trennungsgebotes zwischen Polizei und Ge-heimdiensten sicherstellen?D
Herr Kollege Wieland, meine Antwort auf Ihre Frage
lautet wie folgt: Zur Bündelung der technischen TKÜ-
Einrichtungen und des technisch-wissenschaftlichen
Fachpersonals im Geschäftsbereich des BMI wird zum
einen ein Servicezentrum TKÜ beim Bundesverwal-
tungsamt eingerichtet. Dieses Servicezentrum TKÜ er-
richtet und betreibt eine hochmoderne TKÜ-Technik im
Wesentlichen für die Überwachung der Mobil- und Fest-
netztelefonie, E-Mail-, DSL- und weiterer Datendienste.
Dabei funktioniert es als reiner IT-Dienstleister, also als
Technikpool, ohne eigenständige Befugnisse – ich
wiederhole jetzt, was ich schon Frau Stokar zu erläutern
versuchte – zur Auswertung oder Nutzung der im Ser-
vicezentrum TKÜ aufgezeichneten Überwachungsdaten.
Die Auswertung und Nutzung der Inhalte von TKÜ-
Maßnahmen verbleiben bei den Sicherheitsbehörden auf
der Basis ihrer bestehenden Ermächtigungsgrundlagen.
Zur Bündelung des technisch-wissenschaftlichen
Fachpersonals wird zum anderen ein Kompetenzzentrum
eingerichtet, um den strategischen Herausforderungen
der TKÜ zu begegnen. Bei den strategischen Herausfor-
derungen handelt es sich zum Beispiel um die Beobach-
tung der Entwicklung der Telekommunikationstechnik
und der Konzeption daran angepasster Überwachungs-
technik, aber auch um organisatorische Umgestaltung
wie zum Beispiel die Reduktion der Zahl der TKÜ-An-
sprechpartner für die TK-Industrie.
Dem Gedanken eines Dienstleistungszentrums fol-
gend wird das Kompetenzzentrum TKÜ organisatorisch
beim Bundesverwaltungsamt angesiedelt. Die Kompe-
tenzen der TKÜ-Bedarfsträger werden durch noch zu
konzipierende Arbeits- und Projektgruppen in das Kom-
petenzzentrum TKÜ eingebracht. So wird sichergestellt,
dass die Anforderungen der Bedarfsträger an zeitgemäße
TKÜ-Technik jederzeit bekannt sind. Das Kompetenz-
zentrum TKÜ befindet sich derzeit noch in der Konzep-
tionsphase, in der Leistungsspektrum und Aufgaben ab-
schließend festgelegt werden.
Durch die vorgesehene strikte Trennung zwischen
technisch-wissenschaftlichen Aufgaben, die im Kompe-
tenzzentrum TKÜ wahrgenommen werden, und der in-
haltlichen Auswertung der TKÜ-Daten durch Ermittler
des Bundesamtes für Verfassungsschutz, des BKA oder
der Bundespolizei ist sichergestellt, dass an dem Prinzip
der organisatorischen Trennung von Polizei und Nach-
richtendiensten festgehalten wird.
Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.
Danke schön. – Herr Staatssekretär, nun haben Sie
selber in dem Schreiben an die Innenministerkonferenz,
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Dass die SED im gesellschaftlichen Leben alles imriff hatte, damit fanden sich nach und nach viele Bür-er ab. Die spätere Generation kannte – außer durch Be-ichte im Westfernsehen, durch Medien, die in be-timmte Regionen durchdrangen, jedoch nicht ins Taler Ahnungslosen, nach Dresden, wo wir viel Kulturatten, aber kein ARD und kein ZDF – nichts anderes;ie kannte den Begriff der Freiheit eigentlich nicht. Soaben sich die Menschen zunehmend auf ihr privates Le-en konzentriert. Sie haben Nischen gesucht und gefun-en und waren persönlich sehr glücklich. Es ist mirichtig, dass wir das zu Beginn dieser Debatte noch ein-al feststellen.Es menschelte auch in der DDR. Nach und nachusste jeder, dass, wenn irgendwo eine Versammlung,in Gespräch oder eine andere Gelegenheit war, zu derenschen zusammenkamen, immer ein Dritter, Vierterder Zehnter mit im Raum war, der sich nicht outete, wieir immer gesagt haben; deshalb der schöne Ausspruch:Horch und Guck“ ist mit dabei.Obwohl ich aus Bautzen komme und 1989 durch dieffnung des Stasigefängnisses in Bautzen die unermess-iche Tragik dieses Systems, das, was den Menschen an-etan worden ist, erlebt habe, habe ich das ganze Aus-aß dieses Bespitzelungssystems erst richtig begriffen,ls ich 1990, damals in der Volkskammer, die Hand-ungsorientierung, sprich: die Aktenanweisung, imrunde genommen Dienstanweisung, des Herrn Mielke
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Maria Michalkgesehen habe, der im Auftrag der SED als oberster Stasi-mann zu organisieren hatte, wie man IMs rekrutiert, wieman Menschen bespitzelt und wie man Menschen beider Stange hält. Ein Problembewusstsein dafür, dass hierin die intimsten Sphären der Menschen eingedrungenwurde, gab es nicht. Diese Erkenntnis wurde total ausge-blendet. Der Mensch war Objekt. Haargenau wurde be-schrieben – dies kann auch heute noch jedermann nach-lesen –, was ein IM, ein angehender IM oder ein aufProbe handelnder IM anzustellen hatte, um Menschenfür die Arbeit des Stasisystems zu gewinnen: Diese wur-den erpresst und letztendlich – auch dieser Ausdruckwurde immer wieder verwendet – weichgekocht.Leider müssen wir auch feststellen, dass sich vielefreiwillig in den Dienst dieses Apparates gestellt haben,weil es Geschenke und etwas zu verdienen gab. Ich willhier ein kurioses Ereignis erwähnen: Noch im Herbst1990 fragte ein alter Herr am Postschalter nach, warumer keine Überweisung mehr bekommen würde. Dieszeigt die ganze Komik und Dramatik. In jedem Fall kannman aber feststellen, dass es sich um ein Unrechtssystemhandelte.Es ist traurig, feststellen zu müssen, dass jemand, derin einem frei gewählten Parlament sitzt – ich meineHerrn Gysi –, in der Tradition fortfährt, die wir all dieJahre beobachten konnten, nämlich nur das zuzugeben,was schwarz auf weiß nachgewiesen wurde.
Eine Aufarbeitung findet durch die Partei, die diesenSchlamassel verursacht hat, nicht statt.
Deshalb war es richtig, in diesem Parlament für dasvereinte Deutschland ein Gesetz zu verabschieden, indem geregelt ist, wie man dieses Unrechtssystem nachrechtsstaatlichen Kriterien aufarbeitet. Es ist gut, dasswir die Stasi-Unterlagen-Behörde und ein Stasi-Unterla-gen-Gesetz haben. Das aktuelle Ereignis, über das wir indieser Aktuellen Stunde diskutieren, zeigt, wie gut eswar, dass wir Kriterien gefunden haben, um das Gesche-hene zu bewerten.Manche meinten damals, dass es nicht gut ist, die„Krake Stasi“ in das vereinte Deutschland mitzunehmen,weil dies uns blockieren würde. Aber das Gegenteil istder Fall: 19 Jahre nach dem Fall der Mauer und nach19 Jahren Aufarbeitung stellen wir fest, dass es richtigwar, strenge Zugangskriterien zu schaffen und Mecha-nismen zu entwickeln, wie wissenschaftliche und medi-ale Aufarbeitung erfolgen soll.Ich erwähne § 32 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, aufden sich das Verwaltungsgericht Berlin beruft.
Kollegin Michalk, kommen Sie bitte zum Schluss.
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Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Christoph
aitz das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Gregor Gysi macht uns seit Jahren vor, wieich alle verdächtigen Mitarbeiter der Staatssicherheiterhalten.
s wird alles geleugnet. Wenn Beweise auftauchen, wirdur das zugegeben, was längst aktenkundig und bewie-en ist.
Die Zeitungen zitieren übereinstimmend aus den Sta-iakten von Robert Havemann. Gregor Gysi war der An-alt von Havemann. Thomas Erwin war Gast im Hauseavemann und traf dort auf Gysi. Gysi nahm Erwin mitem Auto nach Berlin zurück. In der Akte steht dazu:Der IM nahm Erwin mit in die Stadt.“ Eine andere Per-on war im Auto nicht anwesend. Das Gesprächsproto-oll von der Autofahrt landete umgehend bei der Staats-icherheit.Gregor Gysi habe willentlich und wissentlich an dietasi berichtet. Das sagte die Bundesbeauftragte für dienterlagen des Staatssicherheitsdienstes Marianneirthler. Dieser Schluss ist in Anbetracht der Aktenlageuch in meinen Augen notwendig und zulässig.
Der 19-jährige Thomas Erwin geriet infolge dieseserichtes in die Fänge der Staatssicherheit. Er wird imtasiuntersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschönhausennhaftiert. Er bleibt Monate in Haft und wurde später inie Bundesrepublik abgeschoben – vermutlich nachdemr freigekauft wurde.So weit, so klar. Unklar ist mir jedoch, warum es soange gedauert hat, bis die Informationen zu Gregor Gysils IM-Unterlagen eingestuft und als solche von derStU herausgegeben wurden. Hat sich die Bewertunger Akten erst jetzt so dramatisch gewandelt? Dies wärein erstaunlicher Vorgang, waren doch ähnliche Vor-
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Christoph Waitzgänge im Zusammenhang mit dem Wirken von GregorGysi schon seit längerem bekannt. Die Gründe und Hin-tergründe der Neubewertung dieser Aktenmaterialiensind klärungsbedürftig.Wir alle beobachten sehr genau, wie der Kollege Gysimit den Vorwürfen gegen seine Person umgeht. Erspricht von „bösartigen“ Behauptungen, die „frei vonKenntnis“ erfolgten. Da wird Oskar Lafontaine vorge-schickt, der von „Angriffen“ gegen Gysi spricht und denKopf von Frau Birthler fordert.
Da wird die Linkspartei bemüht, sich hinter den Frak-tionsvorsitzenden zu stellen. Gregor Gysi gibt nur daszu, was schon bekannt ist. Er dreht, verdreht und windetsich. Dabei ist die Aktenlage aus meiner Sicht schlichtund ergreifend erdrückend.
Die FDP-Fraktion fordert Gregor Gysi und die Links-partei auf: Machen Sie Schluss mit dem unsinnigen Ver-steckspiel und klären Sie öffentlich die Rolle Ihres Frak-tionsvorsitzenden im Unrechtssystem der DDR! HerrGysi, suchen Sie
den Ausgleich mit denjenigen, denen Sie in Ihrer Rolleals Anwalt geschadet haben, und entschuldigen Sie sichfür das, was Sie getan haben!
Beteiligen Sie sich durch die Offenlegung Ihrer Akten ander Aufarbeitung des Unrechts!Meine Damen und Herren, AltbundespräsidentGustav Heinemann hat einmal gesagt:Wer auf andere mit dem ausgestreckten Zeigefingerzeigt, der deutet mit drei Fingern seiner Hand aufsich selbst.Es geht heute nicht darum, mit dem Finger nur aufGregor Gysi und die Linkspartei zu zeigen. Es geht viel-mehr um eine konsequente und unbeeinflusste Aufarbei-tung des SED-Unrechts und um Aufklärung darüber, wound in welchem Umfang die SED und die Staatssicher-heit das Leben von Bürgerinnen und Bürgern in Ost- undWestdeutschland beeinflusst, manipuliert und teilweiseruiniert und zerstört haben.
Bei diesen Bemühungen um Aufarbeitung stößt mansehr schnell an Grenzen. Die FDP-Bundestagsfraktionhat zweimal vergeblich bei der Bundesregierung ange-fragt, wie viele ehemalige Stasimitarbeiter in den Bun-desministerien und den nachgeordneten Behörden tätigslhflKMFgWnlbzaGhfesdtsmTDhSnBSdhdglwsh
Aber auch an uns geht der Krug nicht vorbei. Dennie Antwort auf die Frage, in welchem Umfang Bundes-agsabgeordnete im Zeitraum von 1949 bis 1989 wis-entlich und willentlich mit der Staatssicherheit zusam-engearbeitet haben, gehört auch für uns auf dieagesordnung.
er Einwand, dass die Archivbestände der Birthler-Be-örde keine Differenzierung von Tätern und Opfern dertaatssicherheit ermöglichten, ist unbegründet. Es ge-ügt ein einfacher Gang in die Außenstellen der Birthler-ehörde, um sich ein besseres Bild machen zu können.Gregor Gysi ist der Anlass der heutigen Aktuellentunde. Er muss Grund für uns sein, die Aufarbeitunges SED-Unrechts und seiner Konsequenzen bis zumeutigen Tag weiter zu intensivieren.
Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Jörg Tauss
as Wort.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-en! Natürlich besteht die spannende Frage, lieber Kol-ege Waitz, warum Ihre Partei diese Forderung nichtährend ihrer damaligen Regierungszeit gestellt hat,ondern erst heute; das ist aber ein Thema für sich. Dannätten wir vielleicht ein paar Probleme weniger.
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Jörg TaussHeute ist der Ticker voll mit Meldungen über OskarLafontaine. Ich sehe hier viele Mitglieder der PDS bzw.der Nachfolgepartei sitzen. Ich vermisse in der Tat HerrnGysi und Herrn Lafontaine, die beiden Betroffenen.
Ich halte es für skandalös, dass beide hier kneifen.Nun gut, von Lafontaine sind wir es gewohnt, dass erimmer kneift, wenn es darauf ankommt. Von Lafontainesind wir diesen Stil gewohnt. Als es für ihn damals imSaarland unbequem wurde, hat er die Pressegesetze ver-schärft. Jetzt wird Frau Birthler unangenehm. Daher for-dert heute Herr Lafontaine von der Kanzlerin – er solltesich einmal über die gesetzlich geregelte Unabhängig-keit der Stellung von Frau Birthler informieren –, siemöge Frau Birthler absetzen. Das ist bizarr. Diejenigen,von denen heute die Ticker mit Meldungen überquellen,kneifen und weigern sich, an dieser Debatte teilzuneh-men. Das ist für sie bequem. Aber, wie gesagt, wir So-zialdemokraten kennen das von Lafontaine. Ihr hingegenlernt ihn gerade kennen, wie ich es auf dem Parteitag ge-hört habe.
Heute gab es zusätzlich von Herrn Gysi den gelunge-nen Versuch, mit einer Reihe von juristischen Finten undVerfügungen, die Berichterstattung in den Medien überdas, was Frau Birthler gesagt hat und worüber wir heutediskutieren, zu verhindern. Auch dazu kann ich nur sa-gen: Das ist eine schöne Haltung zu Demokratie undPressefreiheit.
– Da kommt er ja gerade. Das finde ich ganz prima.Dann können wir die Diskussion ja fortsetzen. Herzlichwillkommen, Herr Lafontaine. Wir haben zu Ihnen ge-rade schon die richtigen Worte gefunden.Frau Birthler hat gesagt, Gysi habe der Stasi „willent-lich und wissentlich“ zugearbeitet. Gysi erklärte, er„überlege noch“, juristische Schritte zu ergreifen. Zwi-schenzeitlich ist er zumindest gegen die Medien juris-tisch vorgegangen. Ich kann nur sagen: Das, was FrauBirthler festgestellt hat, ergibt sich aus der logischen Be-wertung aller Unterlagen und der Zeugen, über die schongesprochen worden ist. Dafür muss man noch nicht ein-mal ein Jurist sein: Das ergibt sich aus der Aktenlage.
Es wäre an dieser Stelle gut, lieber Herr Gysi, dassSie Ihren Kettenhund Lafontaine zurückziehen
und an dieser Stelle klar sagen: Jawohl, ich stelle dar,was damals meine Rolle war.ILvSbzlAarsrSdnlngGNIvtducSdlBstvlvma2HeSwIbW
ch glaube, damit würden Sie der Demokratie diesesandes – das sollten Sie im Übrigen auch aus Achtungor sich selbst tun – einen besseren Dienst erweisen, alsie dies mit Ihren Beiträgen auf Ihrem Parteitag in Cott-us oder sonst wo getan haben, um dies in aller Klarheitu sagen.
Ich will bei dieser Gelegenheit auch wegen der unsäg-ichen Attacken Lafontaines auf Frau Birthler sagen: Dierbeit der BStU hinsichtlich der Aufarbeitung ist über-us positiv. Sie ist auch ein Beleg dafür, dass es unterechtsstaatlichen Aspekten und unter Wahrung der Per-önlichkeitsrechte möglich ist, die Situation des Un-echtsstaates DDR und die Tätigkeit der Stasi, diechwert und Schild der SED, also der Vorgängerparteier Linken, war, darzustellen. Sie haben sich bis heuteicht von der Vergangenheit distanziert. Sie sagen ledig-ich, dass das alles fast 20 Jahre her ist. Sie können abericht vor der Geschichte kneifen. 20 Jahre sind kein Ar-ument und keine Rechtfertigung dafür, sich der eigeneneschichte auch im persönlichen Bereich zu entziehen.
Ich war als Forschungspolitiker einige Male an derovellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes beteiligt.ch kann nur sagen, dass mit diesem Gesetz das von unserfolgte Ziel, eine politische und historische Aufarbei-ung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes unteren Bedingungen eines freiheitlichen Rechtsstaates undnter Wahrung von Persönlichkeitsrechten zu ermögli-hen, voll erreicht worden ist. Wir können an diesertelle auf die Arbeit der Behörde und auf Frau Birthler,ie diese Arbeit leistet, stolz sein. Ich sage in aller Deut-ichkeit für die SPD-Fraktion: Ich stehe hinter Frauirthler und der Art, wie sie diese Arbeit leistet.
Der Versuch, sie daran zu hindern, ist auch der Ver-uch, die Bewältigung der DDR-Vergangenheit zu hin-ertreiben. Man muss sich nicht darüber wundern, dassiele Jugendliche in den alten und in den neuen Bundes-ändern immer wieder sagen, sie hätten keine Ahnungon dem, was damals geschehen ist. Genau deshalbuss die Arbeit fortgeführt werden.Oskar Lafontaine verweist, wie gesagt, immer darauf,ll das seien olle Kamellen und die Mauer sei vor fast0 Jahren gefallen. Dazu habe ich etwas gesagt. Aber,err Lafontaine, man kann aus Ihren Bemerkungen nochtwas anderes schlussfolgern. Man hat den Eindruck,ie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen, und Sieüssten nicht nur ökonomisch, wo es langgehe. Aberhre Parteifreunde kommen aus einem Staat, der, un-eeinflusst von der Globalisierung, geschützt durch eineeltmacht hinter Mauern und Stacheldraht, all das reali-
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Jörg Tausssieren konnte, was Sie heute in Ihrem Wolkenkuckucks-heim auf Ihren Parteitagen formulieren. Dieser Staat istpleitegegangen. Sie wollen vertuschen, was vor20 Jahren in der DDR der Fall war.
Im Übrigen gilt das, was der Deutsche Bundestag– das ist in einer Drucksache aus der 13. Wahlperiodefestgehalten – klar festgestellt hat: Dr. Gregor Gysi– darüber waren wir uns mit großer Mehrheit einig – hatfür das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligenDeutschen Demokratischen Republik gearbeitet. Das istals erwiesen festgestellt worden.
Diese erwiesene Feststellung werden wir auch heute vonIhnen nicht vertuschen lassen.
Für die Fraktion Die Linke hat nun Dr. Gregor Gysi
das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was Sieheute hier mit der Debatte bieten, ist ein trauriges Schau-spiel
und zeigt das enge Zusammenwirken der Bundesbeauf-tragten Frau Birthler mit gegnerischen und konkurrieren-den Parteien der Linken.
Seit Jahren versuchen Sie mit allen Mitteln, mich zubeschädigen, um meine Partei zu treffen.
Es zeigt sich aber immer wieder, dass Sie frei vonKenntnissen und zumindest oftmals nur böswillig re-agieren.
VsRhSdmcaDsRBmddgwcbesbssDtDSbgut
Nachdem ich die Verteidigung und Vertretung vonobert Havemann übernommen hatte,
abe ich Folgendes erreicht: Gegen ihn wurde keintrafverfahren mehr durchgeführt; es gab keine Haus-urchsuchungen und Beschlagnahmen mehr. Nicht ein-al Ordnungsstrafen wurden noch gegen ihn ausgespro-hen. Der gegen ihn vorher verhängte Hausarrest wurdeufgehoben.
er Verkauf eines weiteren Hauses auf seinem Grund-tück an einen IM konnte durch mich verhindert werden.obert Havemann konnte sogar an Feierlichkeiten zurefreiung des faschistischen Zuchthauses Brandenburgit Erich Honecker teilnehmen, was damals ein in west-eutschen Medien Erstaunen auslösendes, herausragen-es Ereignis war.
Nennen Sie mir andere Abgeordnete des Bundesta-es, die sich für Robert Havemann so eingesetzt habenie ich und diesbezüglich so viel erreicht haben.
Der Stern schilderte einen Fall, in dem ein angebli-her IM Gespräche mit der Staatssicherheit geführt ha-en soll, obwohl er in Wirklichkeit zu dieser Zeit aufiner Theaterbühne stand, also gar nicht mit der Staats-icherheit sprechen konnte. Hierzu erklärte die Bundes-eauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit, dassie Diskrepanzen zwischen dem Akteninhalt und tat-ächlichen Begebenheiten nicht untersuchen dürfe.
ie Behörde sei auch nicht befugt, Unterlagen zu bewer-en, und auch nicht, Wahrheitsfeststellungen zu treffen.as alles können Sie in Nr. 16/2008 des Stern aufeite 135 nachlesen. Bei mir aber versuchte der Bundes-eauftragte bzw. die Bundesbeauftragte seit Jahren Ge-enteiliges, das heißt, den Vergleich von Akteninhaltnd tatsächlichen Begebenheiten, Bewertungen der Un-erlagen und vermeintliche Wahrheitsfeststellungen.
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Dr. Gregor GysiSie unterstellen mir, dass ich die Staatssicherheit überRobert Havemann im Oktober 1979 direkt informierthätte.
Sie wollen nicht zur Kenntnis nehmen, dass die Staats-sicherheit sich erst im September 1980 entschied, meineEignung als IM zu prüfen. Welcher Schwachsinn, wennich schon längst mit ihr zusammengearbeitet hätte.
1986 stellte die Staatssicherheit endgültig durch Be-schluss fest, dass ich als IM nicht infrage käme,
weil ich – nun wörtlich – „zur Aufklärung und Bekämp-fung politischer Untergrundtätigkeit nicht geeignet“ war.Die Staatssicherheit versuchte nicht einmal, mich anzu-werben.
Sie wollen auch nicht zur Kenntnis nehmen, dass dieStaatssicherheit anschließend gegen mich eine operativePersonenkontrolle zu meiner Überwachung eröffnete,unter anderem wegen meiner Kontakte zu Mitarbeiternder Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutsch-land in der DDR, wegen meiner Kontakte zu westdeut-schen Journalisten, wegen meiner Kontakte zu ehemaligenMandanten, das heißt zu Dissidenten, deren Verfahrenbereits abgeschlossen waren oder die die DDR schonverlassen hatten, zum Beispiel zu Rudolf Bahro. Wegenso bedeutender Dissidenten wie Robert Havemann undRudolf Bahro hatte ich in deren Auftrag regelmäßig Ge-spräche mit Mitarbeitern der Abteilung „Staat undRecht“ des Zentralkomitees der SED. Sie haben bisheute nicht begriffen, dass diese Partei in der DDR dieführende Rolle spielte.
Sie haben nicht begriffen, dass ich deshalb nur über dieseKontakte und nicht über ein Kreisgericht als Rechts-anwalt versuchen konnte, für beide Mandanten das zu er-reichen, was sie wollten und was zum Teil auch gelangRobert Havemann war zum Zeitpunkt des Endes derDDR bereits gestorben. Ich hatte ihn bis zu seinem Todvertreten. Rudolf Bahro hat auch nach der Wende meinenanwaltlichen Einsatz mehrfach und ausdrücklich gewür-digt.
In der DDR entschied das ZK der SED, wen es übersolche Gespräche wie die mit mir informierte. Das galtasbRWrIdSwlügsprAmSKüSpsskvZhGfo
ozu sollte ich das riskieren?Sie begreifen nicht, dass ich schon damals so souve-än war wie heute.
ch hatte Gespräche mit dem Zentralkomitee, der führen-en Kraft der DDR. Ich brauchte keine Kontakte zurtaatssicherheit. Sie waren gar nicht nötig, entspracheneder meinem Stil noch meiner Würde. Aus den Unter-agen ergibt sich klar, dass die Staatssicherheit michberwachte, mich nicht mochte. Das nützt mir bei Ihnenar nichts, weil Sie sich sehnlichst das Gegenteil wün-chen.
Ich weiß nicht, inwieweit Ihre wiederholten, michersönlich diffamierenden Attacken in den letzten Jah-en meiner Gesundheit geschadet haben.
ber eines weiß ich: So schaffen Sie letztlich wederich noch die Linke.
Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Thomas
trobl das Wort.
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Der 1. Ausschuss des Deutschen Bundestagesberprüft die Abgeordneten auf eine Tätigkeit für dentaatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR. Diese Über-rüfung nach § 44 c des Abgeordnetengesetzes ist grund-ätzlich freiwillig. Lediglich dann, wenn der 1. Aus-chuss mit einer Zweitdrittelmehrheit das Vorliegen vononkreten Anhaltspunkten für den Verdacht einer Stasi-erstrickung feststellt, erfolgt die Überprüfung auch ohneustimmung des Betroffenen.Bereits in der 12. und 13. Wahlperiode sind gegen deneutigen Fraktionsvorsitzenden der Linken Dr. Gregorysi ohne dessen Zustimmung zwei Verfahren durchge-ührt worden. Fast ist man geneigt, zu sagen: natürlichhne dessen Zustimmung.
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Thomas Strobl
Denn bis heute hat Kollege Gysi nichts zur Aufklärungder ihm zur Last gelegten Vorwürfe beigetragen, sichnicht einmal von der Staatssicherheit öffentlich distan-ziert. Das finde ich bemerkenswert.
Auf der Grundlage der Expertisen der Stasi-Unterla-gen-Behörde, der akribischen Prüfung und Bewertungder beim damaligen Bundesbeauftragten aufgefundenenDokumente sowie der zahlreichen Stellungnahmen Gysisselbst hat der 1. Ausschuss im Mai 1998 eine – ich zitie-re – „inoffizielle Tätigkeit des Abgeordneten Dr. GregorGysi für das Ministerium für Staatssicherheit der ehema-ligen Deutschen Demokratischen Republik als erwiesenfestgestellt“.
Wörtlich – ich darf in diesem Zusammenhang aus derentsprechenden Drucksache zitieren – lautete damals dasUrteil des Ausschusses:Dr. Gregor Gysi hat in der Zeit seiner inoffiziellenTätigkeit Anweisungen seiner Führungsoffiziereüber die Beeinflussung seiner Mandanten ausge-führt und über die Erfüllung seiner Arbeitsaufträgeberichtet. Er hat sich hierauf nicht beschränkt, son-dern auch eigene Vorschläge an das MfS herange-tragen. Dr. Gysi hat seine herausgehobene berufli-che Stellung als einer der wenigen Rechtsanwälte inder DDR genutzt, um als Anwalt auch internationalbekannter Oppositioneller die politische Ordnungder DDR vor seinen Mandanten zu schützen.Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Erhat als Anwalt international bekannter Oppositionellerdie politische Ordnung der DDR vor seinen Mandantengeschützt, nicht etwa seine Mandanten vor der DDR-Diktatur.
Anders gesagt: Er hat seine Mandanten in gemeinerWeise an die Staatssicherheit verraten. Das ist für einenAnwalt eine Schande.
In diesem Zusammenhang möchte ich nebenbei be-merken, dass Dr. Gregor Gysi, was eine Tätigkeit für denStaatssicherheitsdienst der DDR betrifft, in der FraktionDie Linke kein Einzelfall sein dürfte. So haben sich seitBeginn dieser Wahlperiode im Deutschen Bundestaginsgesamt 141 Abgeordnete freiwillig auf eine Stasitä-tigkeit überprüfen lassen; darunter befand sich genau eineinziges Mitglied der Fraktion Die Linke. Auch das isteine Schande.
Im Bericht des 1. Ausschusses ist auch das Verhältnisysis zu seinem damaligen Mandanten Robert Havemannntersucht worden. Gysi übernahm die anwaltliche Ver-retung Havemanns, der im Zweiten Weltkrieg nur knapper Vollstreckung eines Todesurteils der Nationalsozia-sten entgangen war und dann in den 60er-Jahren von derED aus der Humboldt-Universität vertrieben undchließlich durch Hausarrest und Kontaktverbot in derDR in die Isolation gezwungen wurde.Der Ausschuss sah es als erwiesen an, dass der heu-ige Fraktionsvorsitzende der Linken im Zeitraum vonnde 1979 bis 1982 personenbezogene Informationenber seinen Mandanten an den Staatssicherheitsdiensteitergegeben hat. Der Bruch des Anwaltsgeheimnissesst in unserem Rechtsstaat eine schwere Straftat und wirdntsprechend bestraft.
ber an Gemeinheit und Niedertracht kaum zu übertref-en ist es, einen Mandanten, der unter einer brutalen Dik-atur für die Freiheit des Denkens eintritt, an den Ge-eimdienst ebendieser Diktatur zu verraten. Das ist mehrls eine Schande. Das ist infam und niederträchtig.
Havemann war indessen nur das prominenteste Opfer,icht aber der einzige Mandant, den Gysi an die Staatssi-herheit verraten hat. Dabei wurde Gysi vom Ministe-ium für Staatssicherheit eine – ich zitiere – „umsichtigend parteiliche Erfüllung“ der ihm gestellten Aufgabenescheinigt, und er wurde von seinem Führungsoffizierohr für seine – ich zitiere – „Zuverlässigkeit und eineohe Einsatzbereitschaft“ gelobt.
Ebenso wie Havemann von Gysi verraten wurde, er-ing es dem Oppositionellen Rudolf Bahro, um ein wei-eres Beispiel zu nennen. So wurde in einem Stasiver-erk über ein Gespräch Gysis ausgeführt – ich zitiereus dem Bericht des 1. Ausschusses –:Er persönlich also Gysi –… halte Leute wie BAHRO für unverbesserlicheFeinde des Sozialismus, die man besser rechtzeitigversuchen solle, in die BRD abzuschieben, da eineideologische Umerziehung unmöglich sei. … Desweiteren gab er der Hoffnung Ausdruck, daß einegerichtliche Hauptverhandlung, falls eine solchestattfindet, nur „in ganz kleinem Rahmen“ durchge-führt wird und nicht aus „falschem Demokratiever-ständnis“ ein größerer Prozeß stattfindet.
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Thomas Strobl
So das Mandanten-Anwalt-Verhältnis aus Sicht desRechtsanwaltes Dr. Gysi. Es ist eine Schande.
Man reibt sich bei der Lektüre dieser Zeilen verwun-dert die Augen und fragt sich erstaunt, wie Herr Gysi,der nach Auffassung des 1. Ausschusses des DeutschenBundestages ein Inoffizieller Mitarbeiter der Staats-sicherheit war und unter gemeinstem, ja liederlichstemVerrat seiner Mandanten Informationen an die Repres-sionsorgane der DDR weitergab, Abgeordneter, ja Vor-sitzender einer Fraktion im Deutschen Bundestag wer-den konnte.
Kollege Strobl, das Zeichen am Pult zeigt Ihnen, dass
Sie Ihre Redzeit bereits eine Minute überschritten haben.
Ich komme gleich zum Ende, Frau Präsidentin.
Das Ziel der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes
unter Einbindung von Dr. Gysi war nämlich kein gerin-
geres als die möglichst wirksame Unterdrückung der de-
mokratischen Opposition in der DDR, falls notwendig
auch durch ihre brutale Zerschlagung oder die Vertrei-
bung und Verschleppung ihrer Angehörigen in Gefäng-
nisse.
Ich sage es klipp und klar: Wer solche Sauereien be-
gangen hat, ist als Volksvertreter diskreditiert. Der Ab-
gang ist überfällig.
Ziehen Sie die notwendigen Konsequenzen – Sie, Herr
Kollege Dr. Gysi, ganz persönlich und Sie in der Frak-
tion Die Linke ganz links in diesem Hause!
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der
Kollege Wolfgang Wieland das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als je-mand, der selber seit 30 Jahren als Anwalt tätig ist– gleicher Jahrgang wie der Kollege Gysi – und dasGlück hatte, diesen Beruf nie unter den Bedingungen ei-ner Diktatur ausüben zu müssen, neige ich wahrlichnicht zur Selbstgerechtigkeit. Ich lasse mir aber auchnicht sagen, dass ich, weil ich nicht unter dieser DiktaturgAHkDEuKupIDasgnegpKKdrhgLED
ier ist wahrlich nicht alles beliebig.Wenn der Mandant das weiß und ihn beauftragt hat,ann und muss der Anwalt auch mit dem Teufel reden.as gehört zum Job. Es muss aber Folgendes klar sein:r tut das im Auftrag und im Interesse des Mandantennd handelt nicht im Auftrag des Teufels. Hier musslarheit herrschen. Diese fehlt bei Gysi.
Dass wir hier kein neutrales Gremium sind, brauchtens der Kollege nicht zu sagen. Hier geht es auch umarteipolitische Interessen. Das ist doch gar keine Frage.ch gebe auch zu, dass die Auseinandersetzung mit derDR-Vergangenheit oft aufgeregt vonstattenging, wasus Sicht der Opfer auch völlig verständlich ist. Wieollten sie da emotionslos sein?Das alles erklärt, warum es Schwierigkeiten im Um-ang mit der Wahrheit gibt und warum es für den Einzel-en schwierig ist, ehrlich zu sein. Das kann aber niemalsntschuldigen, dass man bis zum heutigen Tag ein Lü-engebäude aufrechterhält, das im Übrigen gerade im-lodiert. Das tut Gysi bis zum heutigen Tag mit seinerette von Prozessen und seinem ständigen Versuch, dieolportage dessen, was wir hier sagen, durch die Me-ien zu verhindern. Nach dem Urteil des Verwaltungsge-ichtes hat er noch eine Chance gehabt, umzudenken. Erat sie wiederum verstreichen lassen.
Die Aktenlage ist widerleglich, aber man muss sie be-ründbar widerlegen. Ein Zitat des MfS-Majors Günterohr vom 27. November 1980:So bewies er in der bisherigen Zusammenarbeit Zu-verlässigkeit und eine hohe Einsatzbereitschaft, alser den Rechtsbeistand im Prozeß gegen Bahro über-nahm und im Verfahren gegen Robert Havemannwegen Verstoßes gegen das Devisengesetz unterstrenger Einhaltung der Konspiration über geplanteAktivitäten, über das weitere Vorgehen von Verbin-dungspersonen, Ziele und Absichten über dieRechtslagen und ihre Folgen berichtete.Die Zielstellung besteht darin, dass der Kandidatnach Abstimmung mit dem MfS … Pläne, Absich-ten und Vorhaben des Havemann, seiner Familien-mitglieder, seines Freundes- und Bekanntenkreisesim Rahmen seiner anwaltlichen Aufgaben in Erfah-rung bringt mit dem Ziel, diese für eine positive Be-einflussung, operative Nutzung bzw. für Zerset-zungsmaßnahmen zu nutzen.s steht dort ebenfalls:Der Kandidat soll mündlich, durch Handschlag,verpflichtet werden und den Decknamen „Notar“erhalten.as hat die Stasi zu Papier gebracht.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 162. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. Mai 2008 17101
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Wolfgang WielandNun hat sich Gregor Gysi hier hingestellt und gesagt,dass fünf, sechs Jahre später festgestellt wurde, dass erals IM nicht geeignet war. Das ist überhaupt kein Wider-spruch und widerlegt nicht, dass er zunächst zugearbeitetund tatsächlich einen eklatanten Mandanten- und Partei-verrat begangen hat. Dafür spricht alles.Seine bisherige Verteidigungslinie war, es seien nurVieraugengespräche gewesen, die abgehört worden seinkönnten, und es könnte jemand Unterlagen aus seinemAnwaltsbüro gestohlen haben.
Zu dieser bisherigen Verteidigungslinie zitiere ich dasVerwaltungsgericht Berlin. Es hat Folgendes gesagt – dasist die neue Qualität –:Nach alledem handelt es sich bei diesem Vorbrin-gen zur Überzeugung der Kammer um eine nichtglaubhafte bloße Schutzbehauptung.Ich wiederhole: „eine nicht glaubhafte bloße Schutzbe-hauptung“.
Diese Aussage des Verwaltungsgerichtes ist durch dieBerufungsrücknahme, die Gysi selber vorgenommen hat,bestandskräftig geworden.Was wollen Sie denn eigentlich? Sie stellen sich hierhin und sagen, dass alles sei für Ihren Parteitag getimtgewesen. Dabei ist es Sache von Herr Gysi, wann erseine Berufung zurücknimmt. Er hätte das vor einemJahr tun können; er hätte sie gar nicht einzulegen brau-chen.
Es ist völlig durchsichtig, wie Sie sich verhalten.Als Nächstes wurde Marianne Birthler angegriffen.Gysi sagte, sie werde als Archivarin bezahlt und führesich wie eine Art Polizeiermittlerin auf. Ich sage: Siehätten es gerne, wenn die Stasi-Unterlagen-Behörde nurein Teil des Bundesarchivs wäre. Darauf arbeiten Siehin. Noch ist es aber eine aktive Aufklärungsbehörde.
Wenn sie diesen Aufgaben nachkommt, ist sie nicht zukritisieren.Das Verwaltungsgericht hat dazu festgestellt, dass dieBehörde berechtigt – das Gericht sagt: „sogar verpflich-tet“ – sei, die Unterlagen an das NachrichtenmagazinDer Spiegel herauszugeben. Sie musste aufgrund derGesetzeslage so handeln.
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Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Stephan
ilsberg das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damennd Herren! Glauben Sie mir, dass es mir nicht leicht-ällt, zu diesem Thema zu sprechen, obwohl ich mich ineiner politischen Biografie viel mit Staatssicherheituseinandergesetzt habe. Es fällt mir schwer, meine Ge-anken und erst recht meine Gefühle zum Ausdruck zuringen. Ich werde das auch gar nicht richtig können.Ich werde versuchen, bei dem Thema ruhig zu blei-en, weil über einen solch schwierigen Sachverhalt nurn Ruhe diskutiert werden kann. Aber es ist unerträglich,n welcher Art und Weise diese Partei – Die Linke undnsbesondere ihr Frontmann Gregor Gysi – nach wie vorersucht, uns zu belügen und zu betrügen und die Öf-entlichkeit zu täuschen. Das ist in jeder Hinsicht uner-räglich, und zwar nicht nur für die Opfer, sondern für je-en, der ein solches Schicksal miterlebt hat.
Es geht, wie gesagt, nicht nur um die Opfer. Es gehtm Aufklärung. Wir werden die Zukunft nicht gewinnenönnen, ohne uns ein den Sachverhalten angemessenesild von den Fakten zu machen, die die DDR bestimmtaben. Dazu gehört die konspirative Machtausübung desinisteriums für Staatssicherheit, die untrennbar mit dertabilität verbunden ist, die die DDR bis 1989 besaß.Wie schwer einem die Aufklärung gemacht wird,eigt der Beitrag des Kollegen Gysi aufs Neue. Wir sindicht die Einzigen, die davon betroffen sind. Jedes Mal,enn jemand versucht, die Wahrheit und seine eigenenrfahrungen zum Ausdruck zu bringen, wenn Betroffenezw. ehemalige Opfer des Staatssicherheitsdienstes wierwin Thomas oder jetzt Erwin Klingenstein äußern,ass Gregor Gysi vermutlich IM gewesen sei, werden sieon Gregor Gysi mit Gerichtsverfahren überzogen.Gregor Gysi hat eine ungeheure Kampagnenaktivitätntfaltet, um zu verhindern, dass irgendjemand in die-em Deutschland sagt, was tatsächlich der Fall war,
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Stephan Hilsbergnämlich dass Gregor Gysi mit dem Ministerium fürStaatssicherheit aufs Allerengste zusammengearbeitethat.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Bundestag da-mit beschäftigt. Wir waren es der friedlichen Revolutionund vor allem den Bürgern schuldig, Aufklärung darüberzu leisten, inwieweit die Hinterlassenschaft der konspi-rativen Tätigkeit für die Staatssicherheit in den heutigenBundestag hineinreicht. Wir hatten niemals das Recht,einem Abgeordneten, der unter den Bedingungen derDemokratie frei gewählt ist, das Mandat abzusprechen,wie es in einigen Landesparlamenten versucht wurde.Ich habe das auch immer für richtig gehalten. Aber wirhatten die Pflicht – der sind wir auch nachgekommen –,über die tatsächlichen Hintergründe aufzuklären.Wir haben uns mit Abgeordneten aus den verschie-densten Parteien beschäftigt. Es war kein Zufall, dass diemeisten der Abgeordneten, die mit der Staatssicherheitzu tun hatten, in den Reihen der damaligen PDS zu fin-den sind. Ich will nicht alle Namen aufzählen, die an die-ser Stelle eine Rolle gespielt haben. Dazu gehört auchGregor Gysi.Wir haben uns lange und auf rechtsstaatliche Weiseabsolut fair und sehr intensiv mit der Staatssicherheitund der Aktenlage Gregor Gysis beschäftigt. Wir habenuns dafür ein eigenes Verfahren gegeben, das wir wohl-abgewogen haben. Wir haben uns dafür Zeit genommenund die gesamten Unterlagen studiert. Die Dokumentefüllen Bände, glauben Sie mir. Die Liste derjenigen, dieGregor Gysi bespitzelt hat, liest sich wie ein Who’s Whoder DDR-Opposition. Nicht alle, aber doch sehr vielesind darunter.Anschließend haben wir ein Urteil gefällt, das GregorGysi nie akzeptiert hat. Das ist sein gutes Recht. Wir ha-ben erst mit Zweidrittelmehrheit im Immunitätsaus-schuss und dann mit der großen Mehrheit der Bundes-tagsabgeordneten festgestellt, dass wir die Tätigkeit vonGregor Gysi für die Staatssicherheit der ehemaligenDDR als erwiesen ansehen. Dabei geht es gar nicht umdie Betitelung, ob er nun IM war oder nicht; das spieltüberhaupt keine Rolle. Die entscheidende Frage lautet:Wie ist sein Verhältnis zur Staatssicherheit zu bewerten?Das hat auch nichts mit seiner anwaltlichen Tätigkeit zutun, sondern einzig und allein damit, wie eng er mit denMitarbeitern der Staatssicherheit zusammengearbeitethat. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es überJahre enger im Grunde genommen gar nicht ging.Zum Schluss haben wir eine politische Bewertungvorgenommen, wozu wir auch verpflichtet gewesen wa-ren. Sie findet sich in der Bundestagsdrucksache 13/10893.Dort heißt es, der Ausschuss habe „eine inoffizielle Tä-tigkeit des Abg. Dr. Gregor Gysi … als erwiesen festge-stellt.“ Weiter heißt es:Dr. Gysi hat in dieser Zeit– es geht um die 70er- und 80er-Jahre –nachweislich … unter verschiedenen Decknamendem MfS inoffiziell zugearbeitet.DdPsw–ügdvfgwstwindIgM
Für die Unionsfraktion hat der Kollege Stephanayer das Wort.
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Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolle-
ginnen! Sehr geehrte Kollegen! Es ist schon schauder-
haft und abscheulich, mit welcher Chuzpe und mit wel-
chem Zynismus der Abgeordnete – ich möchte ihn gar
nicht als Kollegen bezeichnen – Gregor Gysi am Red-
nerpult des Deutschen Bundestages freiweg behauptet,
er sei ein großer Gegner der Stasi gewesen und niemand
habe in der ehemaligen DDR so viel für Robert
Havemann getan wie er. Dies ist eine Verhöhnung und
Missachtung der Tausende von Opfern, die in der ehe-
maligen DDR gedemütigt, physisch und psychisch ge-
foltert wurden, unter anderen sein ehemaliger Mandant
Robert Havemann.
So viel Bescheidenheit und so viel Zurückhaltung ist
man an sich von dem Abgeordneten Gysi gar nicht ge-
wohnt, dass er sich zunächst einmal in die letzte Reihe
setzt, dann seinen Redetext abliest, was man ebenfalls
nicht gewohnt ist, und anschließend sofort wieder ver-
schwindet. Wenn Herr Gysi Rückgrat hätte, würde er
sich in die erste Reihe setzen und zuhören, was wir ihm
zu sagen haben. Ehrlichkeit erfordert Mut, und die
Wahrheit ist manchmal hart; aber es ist höchste Zeit,
dass der Abgeordnete Gysi endlich Verantwortung über-
nimmt, dass er sich endlich der Verantwortung stellt.
Die Berichte der Birthler-Behörde aus den Jahren
2004 und 2005 lassen keinen Zweifel, dass Gysi Infor-
meller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit
der DDR war. Gysi ist es – das ist erwiesen –, der mit
Thomas Erwin – der später den Namen Klingenstein an-
nahm – am 3. Oktober 1979 von Grünheide mit dem
Auto nach Berlin fuhr, und es ist auch bekannt, dass die
Informationen, um die es geht, durch einen gezielten IM-
Einsatz bekannt wurden, also nicht aus einer Telefonab-
höraktion im Hause Havemann stammen können. Damit
steht unzweifelhaft fest, dass diese Informationen der In-
formelle Mitarbeiter Gregor Gysi an seinen Führungsof-
fizier weitergeleitet haben muss. Da hilft keine Noncha-
lance, da hilft keine Showmasterattitüde. Es ist
offenkundig, dass Gregor Gysi tief in das Unrechtsre-
gime der DDR verstrickt war. Er hat Mandanten verra-
ten. Auf Parteienverrat steht in Deutschland eine Frei-
heitsstrafe von bis zu fünf Jahren.
Bereits 1998 hat der Ausschuss für Wahlprüfung und
Immunität in einem Bericht festgestellt – mit einer
Mehrheit von zwei Dritteln der Abgeordneten –, dass er-
wiesen ist, dass Dr. Gregor Gysi als Informeller Mitar-
beiter für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR
tätig war. Auch in dem Gutachten der Gauck-Behörde
von 1995 wird dargestellt, dass Gregor Gysi offenkundig
unter den Decknamen Gregor, Lothar oder auch Sputnik
dem MfS zugearbeitet hat. Wie schon erwähnt: Der Füh-
rungsoffizier von der Stasi hat die Zuverlässigkeit und
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte
eutlich machen, dass Gregor Gysis Verhalten leider
ottes auch für die heutige Linke exemplarisch ist. Die
irthler-Behörde hat zutage gefördert, dass mindestens 7
er 53 Kolleginnen und Kollegen der Fraktion der Lin-
en Informelle Mitarbeiter der Staatssicherheit waren.
er – wenn auch mit einem schlechten Ergebnis – wie-
ergewählte Bundesvorsitzende der Linken, Klaus Ernst
auch er hat den Plenarsaal bereits verlassen –, hat in
er vergangenen Woche wortwörtlich gesagt: „Es beste-
en zum Teil noch die alten PDS-Strukturen.“
Die Linke ist die Nachfolgepartei der PDS, die PDS
iederum ist die Nachfolgepartei der SED, einer Partei,
ie ein brutales, menschenverachtendes Regime, ein Un-
echtsregime aufrechterhalten hat. Es ist höchste Zeit,
ass dafür endlich die Verantwortung übernommen wird.
ir können den Abgeordneten Dr. Gregor Gysi nur auf-
ordern, endlich die Verantwortung zu übernehmen,
eine politischen Ämter niederzulegen und, mindestens
enauso wichtig, seine Zulassung als Rechtsanwalt zu-
ückzugeben.
Herzlichen Dank.
Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Carl-
hristian Dressel das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als un-rträglich empfand ich das Verhalten der beiden Vorsit-enden der sogenannten Linksfraktion und ihres Hof-taats zu Beginn dieser Debatte,
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Dr. Carl-Christian Dresselhier aufzutauchen, auf den hinteren Rängen links Platzzu nehmen und nach dem Wortbeitrag des AbgeordnetenGregor Gysi diesem folgend den Plenarsaal des Deut-schen Bundestages zu verlassen.
Einen solchen Klamauk in dieser Aktuellen Stunde, inder es um einen der Vorsitzenden der Linksfraktion geht,aufzuführen, stellt in meinen Augen eine Verhöhnungnicht nur des Deutschen Bundestages, sondern des Parla-mentarismus insgesamt dar.
Lachen Sie nicht so töricht, meine Damen und Herrenvon der Linksfraktion! Hören Sie sich an, was Sie be-trifft, und sagen Sie bitte Ihren Fraktionsvorderen, dasssie anwesend sein sollten, wenn es um ihre eigene Ver-gangenheit geht.Es muss aber nicht die weitere Vergangenheit sein.Wenn ich in einer Tickermeldung lese, dass der Ko-vorsitzende der sogenannten Linksfraktion, Herr OskarLafontaine, fordert, Frau Merkel solle Frau Birthler alsBehördenchefin abziehen
– klatschen Sie nur, Frau Jelpke! –, dann zeigt das fürmich, wes Geistes Kind Sie sind.
Der Beauftragte für die Stasi-Unterlagen wird nach § 35Abs. 2 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes auf Vorschlag derBundesregierung vom Deutschen Bundestag gewählt.
Das heißt, der Vorsitzende der sogenannten Linksfrak-tion verlangt nichts anderes, als dass die Kanzlerin dorteingreift, wo das Parlament gesprochen hat. Ein sauberesDemokratieverständnis ist das!
Historisch lässt sich das gut in die Situation Ende 2006einreihen, als der Deutsche Bundestag in breitem parla-mentarischen Konsens das Stasi-Unterlagen-Gesetz be-schlossen hat. Jetzt fällt Ihnen Ihr damaliger Änderungs-antrag auf die Füße, der zum Ziel hatte, mit demAuslaufen der damaligen Frist die Überprüfungsmög-lichkeiten zu beenden. Sie wollen Schlussstriche undFreisprüche. Aber das macht die übergroße Mehrheit desDeutschen Bundestages nicht mit.
Sie handeln ausschließlich aus eigenem Interesse.
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Dass und inwieweit Herr Gysi willentlich und wis-entlich für das Ministerium für Staatssicherheit gearbei-et hat, hat der Deutsche Bundestag ausdrücklich festge-tellt, und er hat seine Schutzbehauptungen gewürdigt.enn er jetzt mit Klagen und Anträgen auf einstweiligeerfügung um sich wirft, dann zeigt das seine Meinungon der Pressefreiheit. Ich kann nur wiederholen, wasrau Birthler gesagt hat: Herr Gysi hat erwiesenermaßenillentlich und wissentlich für das Ministerium fürtaatssicherheit gearbeitet.Herr Gysi –
Kollege Dr. Dressel, achten Sie bitte auf das Zeichen
or Ihnen.
– danke, ich bin schon beim vorletzten Satz –, dericht da ist – wir sind es gewohnt, auch in seiner Abwe-enheit zu verhandeln –: Wenn Sie noch eine Spur vonharakter haben, dann ziehen Sie die Konsequenzen, le-en Sie Ihre politischen Mandate nieder, geben Sie Ihrenwaltszulassung zurück, und nehmen Sie aus Ihrer so-
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Dr. Carl-Christian Dresselgenannten Linksfraktion diejenigen gleich mit, für dieerwiesenermaßen dasselbe gilt!Ich danke Ihnen.
Für die Unionsfraktion hat nun die Kollegin Beatrix
Philipp das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es istmir ein besonderes Bedürfnis, zu Beginn meiner Aus-führungen Herrn Hilsberg ganz ausdrücklich für seinebemerkenswerten und beeindruckenden Worte zu dan-ken.
Wer Herrn Hilsberg kennt, der weiß, dass er in vielenGremien schmerzlich vermisst wird. Ich möchte das aus-drücklich hier am Anfang meiner Ausführungen sagen.Ich weiß natürlich, dass sein Appell, der zu unterstrei-chen ist, sicherlich ungehört verhallen wird.Herr Dr. Dressel hat den Auftritt und den Abgang vonHerrn Gysi als Klamauk bezeichnet. Dem ist eigentlichnicht viel hinzuzufügen, aber ich möchte doch noch sa-gen: Si tacuisses … Das gilt natürlich für Herrn Gysi.Angesichts all der Opfer und deren Familien ist es einHohn, was sich Herr Dr. Gysi hier geleistet hat. Wer dieStaatssicherheit zum Zeugen für seine Unschuld bemü-hen muss, ist weit gesunken. Das ist ein Schlag in dasGesicht aller,
die die Staatssicherheit auf dem Gewissen hat. Wer bisjetzt auch nur ansatzweise am Ergebnis der Arbeit desImmunitätsausschusses gezweifelt hat, dürfte nach die-sem Auftritt sicher sein, dass das Ergebnis ein richtigesgewesen ist.
Es gehört auch dazu, zu sagen, dass Herr Havemannmehrfach erklärt hat, dass er einem Anwalt seines Ver-trauens nicht zumuten könne, für ihn tätig zu werden.Herr Gysi war ein Element der Scheinjustiz. Auch das istheute ganz eindeutig klar geworden.Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum ich im-mer bedrückter und ärgerlicher werde, je länger dieseAktuelle Stunde dauert. Ich weiß jetzt auch, woran dasliegt: Es ist der Kontext, in dem das stattfindet, es ist dieuoeigLUfDnSPwvMhgAvnMWahsaplrrRrSstisrdadd
s ist die unverständliche Debatte über die Klarnamenm Rahmen einer Ausstellung, es ist die mangelnde Ab-renzung manch demokratischer Partei von SED, PDS,inken – oder wie sie sich gerade nennen – und derenmwerbung. Das macht mir Sorgen, und das regt michürchterlich auf.
ie Hoffnung, dass die Menschen das vergessen, darficht Wirklichkeit werden. Deswegen ist die Aktuelletunde heute richtig.
Mich regt noch etwas auf: Das sind die handelndenersonen, die mit ihrem Verhalten immer wieder den Be-eis dafür liefern, und zwar bis in die letzten Minutenor dieser Aktuellen Stunde, dass sie die Werkzeuge desfS immer noch sehr wohl zu nutzen wissen. Dazu ge-ört Herr Gysi ebenfalls. Dafür hat er eben einen Beweiseliefert. Da wird bis in die letzten Minuten vor dieserktuellen Stunde in mannigfachen Anläufen und auferschiedenen Wegen und mit unterschiedlichem Ergeb-is versucht, Fakten zu leugnen, Fakten umzudeuten,enschen unter Druck zu setzen, zu verhindern, dass dieahrheit ans Licht kommt, bis es überhaupt nicht mehrnders geht. Das heißt heute hier: Man versucht, zu ver-indern, dass Herr Erwin – jetzt Herr Klingenstein – aus-agen kann. Er würde untermauern, was der Immunitäts-usschuss 1998 als erwiesen festgestellt hat.Da werden von dieser Stelle aus immer wieder hoheolitische und moralische Ansprüche formuliert – natür-ich an die Adresse der anderen. Da werden Menschen-echte eingefordert. Das heißt heute hier: Erst ein Ge-icht musste urteilen, dass die Schweigepflicht desechtsanwalts, auf die Herr Gysi sich immer wieder be-uft, allein dem Schutz des Mandanten und nicht demchutz des Anwalts dient. Da meint man doch, der ge-unde Menschenverstand würde einen verlassen.
Da wird versucht, ausgetüftelt juristisch zu argumen-ieren. Schon 1998 hat der Immunitätsausschuss Gysisnoffizielle Tätigkeit für das Ministerium für Staats-icherheit festgestellt, worüber hier schon mehrfach be-ichtet wurde. Es wird immer wieder so getan, als wennas eigentlich nicht so ganz richtig wäre. Deswegen wirduch jeder, der dies als Tatsache behauptet, sofort mitrastischen juristischen Sanktionen überzogen.Diese Reihe ließe sich beliebig fortsetzen, etwa mitem heutigen Tickerdienst. Die absolute Spitzenmeldung
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Beatrix Philippdort ist nicht, dass Herr Gysi zurücktreten muss, sonderndass der Rücktritt von Frau Birthler gefordert wird. Dasschlägt eigentlich dem Fass den Boden aus.
Und: Herr Lafontaine fordert das. Wer noch ein bisschenmit seinem Gedächtnis unterwegs ist, der denkt viel-leicht: Das ist eine alte Verbundenheit zu HerrnHonecker. Die hat es nämlich zweifellos einmal gege-ben. Auch das sollte man an dieser Stelle nicht verges-sen.Wer Herrn Gysi in den letzten Jahren hier erlebt hat,der hat sich vielleicht einen Augenblick darüber gewun-dert, dass das Zurückziehen dieser Berufung eigentlichsehr ruhig, fast klammheimlich passiert ist. Es ist schonein bemerkenswerter Vorgang, dass sogar die taz am22. Mai titelte – ich zitiere –: „Gregor, gib’s doch end-lich zu!“
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.Wenn man jetzt über Konsequenzen reden würde,würde man den Rahmen einer Aktuellen Stunde spren-gen. Aber man kann nach diesen Feststellungen eigent-lich nicht zur Tagesordnung übergehen.
Nach wie vor stehen wir alle in der Verantwortung – ge-rade den Opfern der SED-Diktatur gegenüber –, Auf-arbeitung so weit wie möglich und noch intensiver alsbisher weiterzubetreiben. Darauf hat auch Herr Waitzhingewiesen. Die Arbeit der Birthler-Behörde ist dabeiebenso unverzichtbar wie die Fortführung und Inten-sivierung der Arbeit der automatisierten virtuellenRekonstruktion der vorvernichteten Stasi-Unterlagen imFraunhofer-Institut, hier in diesem Hause als „Schnipsel-maschine“ bekannt.Meine Damen und Herren, meine Fraktion wird allenStörmanövern, die jetzt schon zu bemerken sind und vondenen wir jetzt schon wissen, entgegenwirken – egal, auswelcher Ecke und von welcher Seite sie kommen.Vielen Dank.
Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Wir damit am Schluss unserer heutigen Tagesord-
nung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 29. Mai 2008,
9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.